Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts: Band 3 [3. Aufl. Reprint 2019] 9783111472737, 9783111105864


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German Pages 736 [740] Year 1874

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis des III. Bandes
Zweiter Theil. Die dinglichen Rechte oder das Sachenrecht
§. 156. Einleitung
Erstes Hauptstück. Der Besitz
Erstes Kapitel. Das Recht des Besitzes
§. 157. Der Begriff und die Arten des Besitzes
§. 158. Das Subjekt des Besitze
§. 159. Der Gegenstand des Besitze
§. 160. Der Erwerb und der Anfang des Besitze
§. 161. Die Fortdauer und der Verlust des Besitze
§. 162. Der Inhalt des Besitzrechts
Zweites Kapitel. Das Recht zum Besitze
§. 163. Das bessere Recht zum Besitze
§. 164. Die Klage aus dem besseren Recht zum Besitze
§ 165. Das bessere Recht zum Besitz bei der Räumung
Zweites Hauptstück. Das Eigenthum
Erstes Kapitel. Der Begriff des Eigenthums
§. 166. Die Definition des Eigenthums
§. 167. Geschichtliches vom Eigenthum
§. 168. Das Subjekt und der Gegenstand des Eigenthums
169. Der Inhalt des Eigenthums
§. 170.
§. 171.
Zweites Kapitel. Der Erwerb des Eigenthums
§. 172. Allgemeines über die Erwerbsarten
§. 173. A. Eigenthumserwerb an neuen Sachen
174. B. Eigentumserwerb an herrenlosen und verlaffenen Sachen
§. 175. Der Fund und die Beute
§. 176. Arbeiterzeugnisse
§. 177. Die Ersitzung
§. 178. Der Erwerb durch Uebergabe und durch Auflassung
Drittes Kapitel
§. 179. Die Beendigung des Eigentums
Viertes Kapitel. Der Schutz des Eigentum
§. 180. Die Eigentumsklage (Vindicatio)
§. 181. Die Eigentumsfreiheitsklage (Actio negatoria)
Fünftes Kapitel. Die Arten des Eigentums
§. 182 . A. Die gemeinschaftliche Eigentum
§. 183. B. Das geteilte Eigentum
Drittes Hauptstück. Die dinglichen Rechte auf eine fremde Sache
§. 184. Vorbemerkung
Erste Gruppe. Die dinglichen Gebrauchs- und Nutzungsrechte
Erstes Kapitel. Die Dienstbarkeiten (Servituten.)
§. 185. Die allgemeinen Grundsätze
§. 186. A. Die Personaldienstbarkeiten
§. 187. B. Die Grundgerechtigkeiten
Zweites Kapitel. Die Reallasten
§. 188.
Zweite Gruppe. Die dinglichen Substanzrechte
Erstes Kapitel. Das Borkauss und Näherrecht
§. 189.
Zweites Kapitel. Das Pfandrecht
Erster Abschnitt. Die allgemeinen Lehren
§. 190. Der Begriff des Pfandrechts
§. 191. Geschichtliches vom Pfandrecht
§. 192. Die Voraussetzungen des Pfandrechts
§. 193. Die Begründung des Pfandrechts
§. 194. Der Umfang und die Wirkung des Pfandrechts
§. 195. Die Aufhebung des Pfandrechts
Zweiter Abschnitt. Das Pfandrecht im engeren Sinne
§. 196. Die Pfandbestellung durch körperliche Besitzübertragung
§. 197. Die Pfandbestellung durch f. g. symbolische Besitzübertragung
Dritter Abschnitt. Das Recht der Hypothek und der Grundschuld
§. 198. Die Begründung des Rechts
§. 199. Der Umfang des Recht- der Hypothek und der Grundschuld
§. 199 a. Der Uebergaug und die Umwandlung der Hypothek und der Gruudschuld
§. 200 Die Aufhebung des Rechts der Hypothek und der Grundschuld
Dritter Theil. Das Familienrecht
§. 201. Einleitung
Erstes Hauptstück. Das Eherecht
Erstes Kapitel. Die Begründung des Eherechts
§. 202. Vorbemerkung
§. 203. Die Ehehindernisse
§. 204. Das Eheverlöbniß
§. 205. Die Eheschließung
Zweites Kapitel. Die Wirkungen der Ehe
Erster Abschnitt
§. 206. Die persönlichen Wirkungen
Zweiter Abschnitt. Die vermögensrechtlichen Wirkungen
§. 207. Einleitung
§. 208. Das getrennte Güterrecht
§. 209. Die Gütergemeinschaft
Drittes Kapitel. Die Auflösung der Ehe
Erster Abschnitt
§. 210. Die Nichtigkeitserklärung der Ehe
Zweiter Abschnitt
§. 211. Die Auflösung der Ehe durch den Tod
Dritter Abschnitt. Die Auflösung der Ehe durch Scheidung
§. 212. Die Scheidungsgründe
§. 213. Das Scheidungsverfahren
§. 214. Die persönlichen Wirkungen
§. 215. Die vermögen-rechtlichen Wirkungen
Viertes Kapitel. Eheähnliche Derhaltnisse
§. 216. I. Die Ehe zur linken Hand
§. 217. II. Der außereheliche Geschlechtsverkehr
Zweites Hauptstück. Das Recht zwischen Eltern und Kindern
§. 218. Vorbemerkung
Erstes Kapitel. Die Begründung der väterlichen Gewalt
§. 219. Die eheliche Erzeugung und Legitimation
§. 220. Die Annahme an Kindesstatt
§. 221. Die Einkindschast
Zweites Kapitel. Die Wirkungen der väterlichen Gewalt
§. 222. Die persönlichen Wirkungen
§. 223. Die vermögensrechtlichen Wirkungen
Drittes Kapitel. Die Auflösung der väterlichen Gewalt
§. 224. Der Austritt aus der väterlichen Gewalt
§. 225. Der Verlust und die Einschränkung der väterlichen Gewalt
Viertes Kapitel. Rechtsverhältnisse anderer Kinder
§. 226. Die Kinder aus einer Ehe zur linken Hand
§. 227. Die Kinder aus nichtigen und ungültigen Ehen
§. 228. Die unehelichen Kinder
Drittes Hauptstück. Die Vormundschaft
§. 229. Einleitung
Erstes Kapitel. Die Altersvormundschaft
§. 230. Die Berufung zur Vormundschaft
§. 231. Das Amt des Vormundes
§. 232. Die Beaufsichtigung des Vormundes
§. 233. Die Beendigung der Vormundschaft
§. 234. Die Klagerechte aus der Vormundschaft
Zweites Kapitel. Die Vormundschaft über Gebrechliche, über Verschwender und über Abwesende
§. 235.
Drittes Kapitel. Die Kuratoren und Beistände
§. 236.
Viertes Hauptstück. Das Gesinderecht
§. 237. Das gemeine Gesinde
§. 288. Die Hausossizianten
Fünftes Hauptstück. Die Rechte im weiteren Familienverbände
Erstes Kapitel. Die Alimentationspflicht
§. 239. Die Alimentationspflicht
Zweites Kapitel. Die gemeinschaftlichen Familienrechte
§. 240. I. Im Allgemeinen
§. 241. II. Die Familienstiftung
§. 242. II. Das Familienfideikommiß
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Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts: Band 3 [3. Aufl. Reprint 2019]
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Theorie und Praris des

heutigen gemeinen preußischen

Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts.

Bon

Franz Förster, Dr. der Rechte, Ministerialdirektor.

III.

Ban d.

Dritte Anklage.

Berlin. Druck und Verlag von Georg Reimer. 1874.

Inhaltsverzeichnis; des III. Bandes. Zweites Buch. Die besonderen Privatrechte. Zweiter Theil. Die dingliche» Rechte oder daS Sachenrecht. §. 156.

Einleitung..................................................................................................................

Seite 1

Absolutheit und Dinglichkeit des Recht-. 1. Relativ dingliche- Recht; Liebarth- Theorie. 4. Gegenstand, Inhalt de- dinglichen Rechts. 7. System der dinglichen Rechte. 8. Erste- Hauptstück.

Erstes Kapitel.

§. 157.

Der Besitz.

Daö Recht des Besitzes.

Der Begriff und die Arten des Besitzes..........................................................

11

Ob Recht oder Nichtrecht. 11. Unvollkommenheit des Besitze- als Recht. 15. DaS Recht de- Besitzes nach A.L.R. 17. Einwirkung des deutschen Rechts. 18. Objectives und subjektives Moment im Be­ griff. 19. Arten: Sachen- und Recht--, vollständiger, unvollständiger (abgeleiteter?), redlicher, unredlicher, unrechtfettiger Besitz. 20. Sprach­ gebrauch des A L R. 21.

§. 158.

DaS Subjekt deö Besitze-......................................................................................

23

Rechtsfähigkeit, Handlungsunfähigkeit. 23. plares eandem rem possidere non possunt. 24. Mitbesitz. 25. Besitz juristischer Personen. 26. §. 159.

Der Gegenstand de- Besitze-.............................................................................

Sachen. Rechte. 27. Ob auch Obligationen? negative 33. UntersagungS-R. 34.

§. 160.

27

Affirmative R. 31.

Der Erwerb und der Anfang de- Besitze-..................................................... I Im Allgemeinen: corpus, animns. 34. II. Der vesitzwille. 35. III DerErwerbSakt. A. objektive Erfordernisse: bestimmte Sache. 38. Stehende Früchte, angeschlagene Bäume. 39. B. Subjektive- Erfor­ derniß : Besitzergreifung. 40. Custodia. 41. Einzelne Fälle. 41. Note 38. Inbegriff, Pertrnenz. 42. Besitzlosigkeit, ursprüngliche Besitzergreifung, Uebergabe. 43. Kein Vertrag und nicht Succession. 44. Körperliche, symbolische Uebergabe. 45. Durch richterliche Verordnung. 47. Durch Willenserklärung; nemo sibi causam possessionis mutare potest. 47. brevi manu traditio; constitutum possessorium. Form der Erklä­ rung. 48. Der Besttzerwerb an Rechten. 50. Bei affirmativen und negativen Rechten. 52. Bei Untersagung-rechten. 54. Besitzergreifung gegen Mehrere und gegen eine juristische Person. 55. IV. Der Besitz­ erwerb durch Stellvertreter. 55. Mandatar. 56. Verwalter, Nießbraucher, Miether, Pächter, Geschäftsführer. 57. Nothwendige Stellvertretung bei Handlungsunfähigen, juristischen Personen. 58. Ignorant! non acquiritur possessio. 59. V. Besitzfehler. 60. VI. Anfang de- Besitzrechts. 62.

*♦

34

JnhaltSverzeichniß des HI. Bande-.

IV

§. 16t. Die Fortdauer und der Verlust de- Besitze-................................................

Stile 62

I. Allgemeines. 62. Bethätigung des Besitzwillens im Objekt. 63. solo animo retinero possessionem. 64. Nach A L R. 65. Besitzen dürfen. 67. II. Die Fortdauer, eiutretende Unfähigkeit des Be sitzerS. 68. Vorübergehende- Nichtwollen oder Nichtkönnen. 68. III. Der Verlust a. de- Sachenbesitzes. 69 Nichtwollcn. 70. Nichtkönncn, Nichtdttrfen. 71. b. Des Rechtsbesitzes. 72. IV. Durch S tellvertreter. 73. a. Verlust an den Vertreter. 73. b. Verlust durch den Vertreter. 74. Besitzergreifung gegen den Vertreter. 75.

§. 162. Der Inhalt de- Besitzrechts..................................................................................

76

Wirkungen oder Inhalt? 76. Inhalt der Gewahrsam. 77. Register der Besitzrechte oder Vortheile. 78. Die Besitzklagcn. Störung, Ent­ setzung. 79. Begründung. 80. Kläger. 84. Erbe. 85. Singular­ folger. 86. Beklagter. 86. Gegenstand. 87. Antrag. 89. Verneinende Vertheidigung. 90. Einreden, insbesondere de- fehlerhaften Besitzer­ werbs. 91. Einrede der Verjährung. 93. Urtheil, Duplizität. 94. Zweite- Kapitel.

§. 163.

Das Recht zum Besitze.

Da- bessere Recht zum Besitze...............................................................................

95

Redlichkeit. 95. Unredlichkeit, des Stellvertreters, des Dorbesitzers. 96. Rechtmäßigkeit und Unrechtmäßigkeit. 97. mala fides superveuiens. 98. Unrechtfernger Besitz. 99. Bei Mitbesitz. 99. Bei dem Besitz juristi­ scher Personen. 100. §. 164.

Die Klage auS dem besseren Recht zum Besitze.................................................102

Die a. publiciana dcS röm. R. 102. Relativität de- EigenthumöbeweiseS nach deutschem R- 103. Delbrücks Theorie der dinglichen Klage des deutschen R. 104. Die Publiziana im preuß. R. 107. Der unredliche Besitzer weicht dem redlichen, der Inhaber dem Besitzer. 108. Begründung der Klage durch Verlust wider Willen. 109. Der voll­ ständige Besitzer weicht dem Eigenthümer. 110. Publiziana des un­ vollständigen Besitzers. 111. §

165.

Daö bessere Recht zum Besitz bei der Räumung................................................ 111 Veränderungen des Objekts. 111. Aufwendungen auf dasselbe. 112. A. Räumung des vollständigen redlichen Besitzers. Zurückgabe der Sache, der Nutzungen und Früchte. 113. Fruchterwerb des redlichen Be­ sitzers. 114. Theilung der letztjährigen Früchte. 115. Verwendun­ gen, nothwendige. 117. nützliche, zum Vergnügen. 118. Verschlech­ terungen; Lasten und Abgaben; ErwerbSpreiS; Kosten der Räu­ mung. 119. B. Räumung des vollständigen unredlichen Besitzers, und zwar des eigentlich unredlichen 119, des fingirt unredlichen. 120. des unrechtfertigen. 121. 0. Räumung des unvollständigen Besitzers. 121. Zweites Hauptstück.

Erstes Kapitel.

DaS Eigenthum.

Der Begriff des Eigenthums.

§. 166. Die Definition des Eigenthums.......................................•................................. 122

Totale Herrschaft über die Substanz der Sache. 122. Ob das Eigen­ thum ein Institut des positiven Rechts? 124. Momente des Begriffs: Ausschließlichkeit, Untheilbarkeit. 125. Freiheit, Unbeschränktheit. Recadenz. Beständigkeit. Dauer. Bedingtheit. 126. Sprachgebrauch. Syste­ matische Stellung im A L.R. 127. §. 167.

Geschichtliches vom Eigenthum..................................................................................127 Römisches R. 128. Deutsches R. 130. Gemeinrechtl. Doktrin. 131. Ober- und nutzbares Eigenthum. 132. Gesammteigenthum. 132. Kritik dieser Theorien. 133.

v

InhaltSverzeichniß des III. Bandes.

Seite

$. 168. Das Subjekt und der Gegenstand des Eigenthums................................ 135 I. DaS Subjekt. 135. Beschränkungen einzelner Personenktassen- 135. II. Der Gegenstaud. Sache» und Rechte. 136 Ob auch Forde­ rungen? Gerechtigkeiten. 137. Hypotheken. 138. Grundstücke, Luft­ säule, abwärts ins Innere. 139. Häuser, fließendes Waffer. 140. Stehendes Waffer. Bewegliche Sachen, Inbegriff. Fungibele Sachen, Inhaberpapiere. 141. 8 169. Der Inhalt des Eigenthums,

a. Im Allgemeinen................................ 142

Besitzen, gebrauchen, veräußern. Positiver, negativer Inhalt. 142. Mißbrauch. 143. Körperliches Eindringen in einen fremden Eigenthumskreis. 143. Begriff der gesetzlichen Begrenzungen des Eigen­ thums. 145.

§. 170. b. Gesetzliche Begrenzungen des Eigenthumsrechts an Grundstücken zum Besten des Nachbars.......................................................................... 146

Allgemeine Natur derselben. 146. a Unterlassungen. 1. Natürliche Privatflüffe. 147. Künstliche Wasserwege. ,148. Rame, Zwischenräume, Winkel, überragendes Bauwerk. 149. Bäume, Reben an Geländern, Schweineställe, Kloaken, Gruben, Rinnen, Kanäle. 149 Brunnen, Gra­ ben unter dem Grunde des Nachbars, gemeiuschaftliche Scheidewände. 150. Neue Gebäude, Licht und Luft. 151. Fenster 152. Thüren, Scheidungen. 153. Bodenerhöhungen und Erniedrigungen, Baume bei der Windmühle. 155. b. Duldungen. Wild ablaufende Niederschläge. Borflut. 155. Hammerschlags-, Schaufelschlags-, Leiterrecht. 156. Pflug­ recht (Anwende), Betretungsrecht. 157. §. 171. c. Gesetzliche Begrenzungen des EigenthumSrechtS au Grundstücken im Interesse des gemeinen Wesens.............................................................. 157

Allgemeine Natur derselben. 157. Verfall der Gebäude. 158. Bürger­ steig. Leinpfad. Merkpfahl. Zertheilung der Grundstücke. Beschränkung deS JagdrechtS. 159. Zweites Kapitel.

Der Erwerb des Eigenthums.

§• 172. Allgemeines über die Erwerbsarten........................................................... 160

Titel und Modus. 161. Ursprünglicher, abgeleiteter; unmittelbarer mittelbarer Erwerb. Succession. 162. Besitzergreifung. 164. Ver­ schiedenheit deS Erwerbs an beweglichen und unbeweglichen Sachen. 164. Aettere Befltztitelberichtigung 165. Eintragung im Grundbuch. 166. Kollision mehrerer Erwerber. 167. Systematische Anordnung. 168.

§. 173. A. Eigenthumserwerb an neuen Sachen

............................................... 170

I Fruchterwerb. 170. II. An- und Zuwüchse, Anspülungen. 171. Avulston. 172. Insel. 173. Zugelandetes und verlassenes Flußbett. 174. Säen und Pflanzen auf fremdem Boden. 175. Fremder Samen und fremde Pflanzen. Baum an der Grenze. 176. Befruchtung fremder Thiere. 177. 174. B. Eigenthumserwerb an herrenlose» und verlaffenen S^en ....

I. Ursprüngliche Besitznehmung. 177. Thierfang. 178. mung verlassener, in. preiß'gegebener Sachen. 180.

177

II. Besitzneh­

0. Eigenthumöerwerb an fremden Sachen. §. 175. Der Fund und die Beute...................................................................... 181. I. Der Fund. 181. Bedeutung des Zuschlags. 183. II. Die Beute. 187.

Schatzsnnd. 185.

VI

JnhaltSverzeichniß des III. Bande-.

Leite §. 176.

Arbeit-erzeugnisse..........................................................................................................189

1. Mechanische Berbindungen. 189. II. Verarbeitung (Spezifikation). 191. Bau aus fremden Boden mit fremdem Material. 194 Bau an an der Grenze. 196.

§. 177.

Die Ersitzung.............................................................................................................. 196

I. Der Begriff. 196. II. Die Erfordernisse. 200. A. Die ordent liche Ersitzung. 201. Sache oder Recht. 201. Vollständiger Besitz 202. Redlichkeit. 203. Titel. 204. Formsrage. 206. Pntativtitel. 207 Zeitablauf, Anfang. 208. Fortsetzung. 209. Zeitdauer. Unterbrechung. 210. Zusammenrechnung de- Besitze- (accessio). 212. B. Die außerordentliche Ersitzung. Die Dreißigjährige. 213. Die Vierzig­ jährige. 214. Bier und vierzig Jahre. 216. Normaljahr. 216 Fünf­ zig Jahre. III. Die Wirkung. 217. §. 178.

Der Erwerb durch Uebergabe und durch Auflassung...................................... 218 I. Uebergabe. Titel. Succession. 219 Willenserklärungen, Gesetz, ge­ richtliche- Erkenntniß. 220. Hindernisse de- Erwerbs durch Uebergabe. 222. Uebergabe durch Stellvertreter. 223. II. Auflassung. 224. Aeltere- deutsche- Recht. 224. Preuß. R. 225. Eingetragener Eigenthümer. 225. Miterben. 226. Mündliche und gleichzeitige Erklärung. 226. Unmittelbarer Anschluß der Eintragung. 227. Vollendung de- Eigen­ thum-übergänge-. 229. Auflassung kein dinglicher Vertrag. 230. Rechts­ grund der Auflassung. 230. Formelle Natur. 230. Anfechtung der Auflassung und Eintragung. 232. Unanfechtbare- Recht. 233 a. E. Bergwerk-eigenthum. 234.

Dritte- Kapitel.

3

179.

Die Beendigung de- Eigenthum-

........................................................................235

Veräußerungen. 235. Expropriation, rechtskräftige Abweisung der EigenthumSklage, Paullianische Klage, Widerruf der Schenkung, Konfiskation, gesetzliche Aufhebung, Resolutivbedingung. 235. Untergang, Verände­ rung. 236. Verbrauch, Verzehrung der Sache. Verlust der Unterscheidbarkeit. Bloßer Nießgebrauch. 237.

Vierte- Kapitel. §. 180.

Der Schutz de- Eigenthum-.

Die Eigenthum-klage (Vindicatio)

...................................................................237

Seltener Gebrauch dieser Klage. 238. Mittelstellung des A.V.R. zwischen dem römischen und deutschen R. 239. A. Die Begründung der Klage. 241. expressa cuusa. 241. B. Die Parteien. 242. Hau-kinder, Ehefrauen. Erben mit und ohne Vorbehalt. 242. Beklagter, wenn er nicht besitzt. 243. C. Der Gegenstand. 243. Vindikation einer Sache. 243. Vorbereitende Klage auf Absonderung (a. ad exbibendum). Geld und Jnhaberpapiere. Wechsel. 244. In den Läden von Kaufleuten, vom Fi-ku-, bei öffentlichen Versteigerungen erworbene Sachen. 245. Vindikation einer hypothekari­ schen Forderung und Grundschuld. 246. D. Der Umfang, cum omni causa. 246. E. Die Einrede». Die Einrede de-Titels. 247. Zurückhal­ tung. 247. Redlicher Erwerb de- Beklagten. 248. Einrede der Nomina­ tion. 249. Der Ersitzung. 249. Einrede der Verjährung. 250. Ersatzklage statt der Vindikation gegen den redlichen Besitzer. 250, gegen den unred­ lichen Besitzer. 251.

§. 181.

Die EigeOhum-freiheit-ktage (Actio negatoria)........................................... 251 Der Grund der Klage. 252. Ob da- Nichtrecht de- Beklagten zu be­ weisen? 252. Die Veranlassung zur Klage. 253. Kläger. 255. Be­ klagter 256. Einrede der Berechtigung, der Klagverjährung. Antrag auf Sicherstellung gegen künftige Störung. 257.

Fünfte- Kapitel.

§. 182.

Die Arten de- Eigenthum-.

A. Da- gemeinschaftliche Eigenthum................................................................... 257

I. Der Begriff. 258.

Theorie de- A.L.R. 258.

II. Entstehung. 261.

JnhaltSverzeichniß des III. Bande-.

VII Seite

communio incidens. 262. III. Gegenstand. 262. Antheil. 263. IV. Recht-verhältniß a. der Miteigenthümer unter einander und gegen Dritte während de- Bestehens der Gemeinschaft. 264. Uebereinstimmung der Theilnehmer. 264. Erhaltung, Gewahrsam, Verwaltung der Sache. Lasten und Kosten. 265. Nutzungen. Versehen. Verträge mit Dritten. Veräußerung, Verpfandung der Antheile. 266. b. Recht-verhältniß bei der Aushebung der Gemeinschaft. 267. Theilung. 267. Die Theilung al- Veräußerung-vertrag. 268. Wirkung der Theilung. 270. Actio communi dividundo. 271. Gemeinheit-theilung. 271. Grenzscheidung. 274. H. 183.

B. Da- getheilte Eigenthum................................................................... Theorie de- A.L.R. 275.

Drittes Hauptstück. 184.

.

.

275

Lehn, Erbzin-recht, Familienfideitommiß. 276.

Die dinglichen Rechte auf eine fremde Sache.

Vorbemerkung...............................................................................................................278 Verhältniß zum Eigenthum. 278. Konsolidation, Unterschied von Kon­ fusion. 279. Dingliche Wirkung gegen jeden Dritten an Besttz oder Eintragung gebunden. 280. Bedeutung der Eintragung nach dem Ges. v. 5. Mai 1872 für die dinglichen Rechte. 281. Rangordnung 284. Ausnahmen von der Eintragung. 285. Konfessorische Klage. 285. Fremde Sache. 286. Gebrauchs- und Nutzungsrechte (Servitut, Real­ last). 287. Substanzrechte (Näherrecht, Pfandrecht). 288. Allgemeine Grundsätze: mindeste Belastung des Eigenthums. 288. Gegenleistung. 289. Resoluto jure dantis resolvitur jus accipientis. 290.

Erste Gruppe. §. 185.

Die dinglichen Gebrauchs- und Nutzungsrechte.

Die allgemeinen Grundsätze...................................................................................... 291

I. Die Definition. 291. II. Die Arten; affirmative, negative. 292. serv. habendi, faciendi, prohibendi. 292. Personal-, Realservitut. 293. Ge­ bäude-, Landservitut. 293. continuae, diecontinuae. 296. III. a Servitus in faciendo consistere nequit. 296. b. res sua nemini servit. 296. c. servitus servitutis esse non polest, d. Vortheil. 297. e. perpetua causa, f. Bedürfniß, g. Unveräußerlichkeit. 298. h. Untheilbarkeit. 300. IV. Civiliter uti. 302. V. Irreguläre Servituten. 303. §. 186. A. Die Personaldienstbarkeiten..................................................................................304

Eingeschränktes und vollständige- Nntznng-recht (Nießbrauch). 304. I. Begriff. 306. II. Gegenstand. 306. Mineralien. 307. Forst. 308. III. Der Umfang. 309. Nießbrauch zur Nothdurft. 310. IV. Der In­ halt- 310. a. Keine Veränderung. 311. b. Erhaltung. 312. c. Berichti­ gung der Zinsen und Lasten 314. d. Prozesse. 315. e. Rückgewähr. 316. Verbesserungen. Verschlechterungen. 317. Auseinandersetzung über die Nutzungen der früheren Jahre 318, des letzten Jahres. 319. Sicherheit-rechte de- Eigenthümer-. 320. V. Begründung und Been­ digung. 320. Uneigentlicher Nießbrauch. 322.

§. 187.

B. Die Grundgerechtigkeiten.......................................................................................322 Unterschied von den gesetzlichen Einschränkungen. 323. I. Begrün­ dung. 323. Nothwendige Grundgerechtigkeit. 324. Titel und ModnS. 326. Eintragung nicht erforderlich, ob auch Besitzergreifung nöthig? 327. Ersitzung. 328. Ausübung als eigene- Recht. 329. Wissen und Dulden de- Eigenthümer-. 330. TranSlativer Titel. 331. II. Aufhebung. Stillschweigende Einwilligung de- Berechtigten. 332. Nichtgebrauch 333. Konsolidation. 334. Ablösung, Aufhebung, Eintritt einer resolvircnden Bedingung. 335. III. Ausübung. 335. IV. Die einzelnen Arten. 1. Gebäudeservituten. 336. Landservttuten. a. Wegegerechtigkeit. 338.

Jnhaltsverzeichniß des III. Bandes

VIII

Waffergerechtigkeiten. Weideberechtigungen. 339. Schäfereigerechtigleiten. 341. Forstberechtigungen. 343. Andere Gerechtigkeiten. 345. Gebäude, Baume oder Holzungen auf fremdem Grundstück 346.

Zweites Kapitel.

Die Reallasten.

§. 188...............................................................................................................................................

346

I. Allgemeines. Mittelstellung zwischen dinglichem und persönlichem R. 347. Affirmatives R 348. Verschiedene Theorien über den Begriff. 349. Gerbers Theorie. 350. Die Reallast ein dingliches Recht, was obligatorische Leistungen erzeugt. 351. Rückstände des DorbesttzerS. 353. Preuß. R. und Praxis. 355. II. Die besonderen Arten. 359. Altentheil. 361. Deich- und Siellast. 363. Zweite Gruppe. Erstes Kapitel.

Die dinglichen Substanzrechte.

Das Borkausö- und Näherrecht.

§. 189..............................................................................................................................................

364

Begriff. 364. Aufhebung der Näherrechte durch neuere Gesetze. 366. Persönliches und dingliches Vorkaufsrecht. 367. Voraussetzungen der Ausübung: wirklicher Verkauf. 367. Die Verpflichtung des Veräußerers. 369 Erklärung deö Berechtigten. 370. Schadenersatz bei persönlichem Borkauf. 371. Retrakt bei dinglichem Dorkauf. 372. Erlöschen des Vorkaufsrechts. 374. Zweites Kapitel.

DaS Pfandrecht.

Erster Abschnitt.

Die allgemeinen Lehren.

§. 190.

Der Begriff des Pfandrechts...................................................................................... 375

Verschiedenheit zwischen röm. und preuß. R. 376. Definition des A L R. 377. Bedenken gegen die dingliche Natur des Pfandrechts. 378. Zweck des Pfandrechts Realsicherheit für eine Forderung. 380. Accefforischer und selbständiger Charakter. 381. Unabhängigkeit der Hypothek und Grundschnld. 382. Geschichtliche Herkunft der selbständigen künd­ baren Belastung, und juristische Konstruktion. 383. Inhalt des Pfand­ rechts. 384. Aehnlichkeit mit anderen RechtSinstitnten. 385 S- 191.

Geschichtliches vom Pfandrecht..................................................................................386 Altdeutsches Pfandrecht an beweglichen Sachen. 386. neuere Satzung. 387. Institut der Ingroffation. 388. 389. Reform durch das Gesetz v 5. Mai 1872. 390.

§. 192.

Aeltere und In Preußen.

Die Voraussetzungen des Pfandrechts............................

391

I. Eine Forderung. Künftige Ansprüche. 391. Simulirte, ungiltige Wechsel. 392. II. Berechtigung und Befähigung deS Verpfänders. 393. Verpfändung fremder Sachen. 393. III. VerpfändungfähigeS Objekt. 395. Inbegriff, Jnhaberpapiere, künftige Sachen. 395. Forderungen. 396. Nach preuß. R. 3st7. Dingliche Rechte nach röm. R. 399. Atterpfand. 399. Nießbrauch. 400. Servituten. 401. Nach preuß R. 402. Selbständige Gerechtigkeiten. 403. BergwerkSeigenthnm. 403. 8

193.

Die Begründung deö Pfandrechts.............................................................................404 I Der Titel. 404. a. Gesetz. 404. Stillschweigendes Pfandrecht. 406. Vertrag, Testament. 407. Gerichtliche Verfügung. 408. II. Die Erwerbsart. Pfandrecht int engeren Sinne und Recht der Hypothek und der Grundschuld. 409.

JnhaltSverzeichniß des III. Bandes.

IX Seite

410 K. 194. Der Umfang und die Wirkung des Pfandrechts I. Umfang Zubehör. Recessionen. Insel. Schatz. 410. pignoris causa Individua. 411. Gesammthypothek und Gesammtgrundschuld. 412. II. Wirkung. A. Einwirkung aus daS Eigenthum. 412. B. Befugnisse deS Pfandgläubigers. I. DaS VeränßernngSrecht. 414. 1. Die juristische Natur desselben. 415. Der Gläubiger als Käufer. 417. 2. Die Voraus­ setzungen. 418. 3. Die Form. 420. 4. Die Wirkung. 421. «. für den Käufer. 421. ß. für den Schuldner und den Gläubiger. 422. y. Mehrere Gläubiger. 424. Priorität, gesetzliche Vorzugsrechte. 425. Korrealhypothek. 427. II. DaS Pfandrecht wirkt auf die Verjährung der Schuld. 428. III. Die Ktagerechte. 432 Die Einreden bei der hypothekarischen und der Grundschuldklage. 434. Einrede der Tilgung. 438. der BorauSklage, der Theilung 439., der Gegenrechnung. 440. §• 195. Die Aufhebung des Pfandrechts......................................................... 440 1. Durch Verkauf. 440. 2 Durch Untergang der Sache, 3. durch Til­ gung der Forderung, 4. durch Entsagung. 441. 5. Verlust zur Strafe, 6. Verwirkung, 7. Verjährung, 8. Ersitzung des Eigenthums, 9. Kon­ solidation 442. 10. Ablauf der Zeit. 443. Zweiter Abschnitt.

DaS Pfandrecht im engeren Sinne.

§. 196. Die Pfandbestellung durch körperliche Besitzübertragung....................... 444 I. Begründung, körperliche Gewahrsam. Symbolische Uebergabe als Ergänzung der Vertragsform. 444. II. Rechte und Pflichten des PfandgläubigerS: unvollständiger Besitz, Klagen, Gebrauch, Benutzung, Verwaltung. 445 AntichresiS. 446. Weiterer Versatz. 447. Rück­ gabe. 447. Vertretung dabei. 448. Abschlagszahlungen. Veräußerungs­ recht. 449. Pfandgewerbe. 449. §. 197. Die Pfandbestellung durch f. g. symbolische Besitzübertragung .... 450 I. Allgemeine Grundsätze, schriftliche Erklärung, Zeichen, Maßregeln. 450. H. Die einzelnen Fälle: Forderungen. 451. Frachtschiffe. 452. La­ gernde Waaren. 453. Ein- und ausgehende Waaren. Verpfändung an die Bank. 454. Dritter Abschnitt. DaS Recht der Hypothek und der Grundschuld. §. 198. Die Begründung deS Rechts............................................................. 455 I. Grundbuch. 455. Oeffeutlich^r Glaube. 456 Note 6. Rekognitionen. 456. II. Eintragung ausschließlicher Modus. 457. Bewilligung des EigenthümerS. 458. Bestimmtheit. 459. Vormerkung. 461. Vormer­ kung zur Erhaltung der Einreden. 464. Grnndschuldbriefe, Hypotheken­ briefe. 465. §. 199. Der Umfang des Recht- der Hypothek und der Grnndschuld............... 465 1. Wie weit haftet das Pfandobjekt? 466. Die ganze Sache 466. Früchte, Recessionen. 467. Pertinenzstücke. 468. Snbstanztheile. 468. 2. Wofür haftet das Pfandobjekt? 471. tz. 199 a. Der Uebcrgang und die Umwandlung der Hypothek und der Grnudschnld................................................................................................... 472 Uebertragbarkeit. 472. Blanko-Abtretung der Grundschuld. 473. ZinöquittungSscheiue. 473. Verpfändung. 474. Umwandlung der Hypothek in eine Grundschuld. 474. §. 200 Die Aushebung deS Rechts der Hypothek und der Grnndschuld .... Löschung. 474. Löschung auS Versehen. 475. Konfusion. Konsolidation. Hypothek deS EigenthümerS. 476. AeltereS Recht. 477. Verschiedene Theorien. 479. Ansicht des Obertribunals. 480. Gesetz v. 5. Mai 1872.

X

Jnhalt-verzeichniß de- III. Bandes. Leite

481. Analogie der hypothekarischen Succession. 484. Die objektiven Voraussetzungen. 485. Subjektive Voraussetzungen. 486. Konkursund persönliche Gläubiger. 487. Inhalt de- Rechts. Gesammthypothek und Gesammtgrundschuld. 488.

Dritter Theil.

DaS Familienrecht.

§• 201. Einleitung................................................................................................. 490 Systematische Bemerkung. 490 S. g. Zustandsrechte. Präjudizialklagen. 491. Familie. Blutsverwandtschaft. 492. Schwägerschaft. 494. Einzelne Theile des Familienrecht-. Gestaltung des deutschen Familien­ rechts nach der Reception. 495. Beurkundung de- Personenstandes. 495. Standesregister. 496. Geburtsregister. 496. Sterberegister. 497. Erstes Hauptstück.

Erstes Kapitel.

Da- Eherecht.

Die Begründung des Eherechts.

§. 202. Vorbemerkung......................................................................................... 498 Die Ehe kein Vertrag. 498. Unkonfessionelles Eherecht. Neuere Gesetz­ bücher. 499.

§. 203. Die Ehehindernisse ................................................................................. 499 I. Allgemeines. 499. II. Die einzelnen Hindernisse. 500. Alter. Ein­ willigung. 500. Genehmigung der Eltern, des Vormunds. 501. Actio ad supplendum conaeusum. 502. Erlaubniß des Königs. 503. Verwandtschaft, Schwägerschast. Vormundschaft. 503. Bestehende Ehe 504. Ehe zwischen Ehebrechern. 504. Aufgehobene Hindernisse. 505. §. 204. DaS Eheverlöbniß..................................................................................... 505 Inhalt, BorauSsetzuugen, Form des Vertrags. 506. Klagerecht. 507. Rücktritt. 508.

§• 205. Die Eheschließung........................... ,..................................................... 509 I. Allgemeines. Oeffentlicher Akt. Gewissensehe. 509. 11. Altes Recht Aufgebot. 510. Trauung. 511. Livilform. 512. 111. Neue- Recht. Bürgerliche Form. 512. Aufgebot Eheschließung. 513. Zweites Kapitel

Die Wirkungen der Ehe.

Erster Abschnitt.

§• 206. Die persönlichen Wirkungen...................................................................... 514 Römisches, deutsche- Recht. Sittliche Folgen. 514. Rechtliche Folgen im Allgemeinen. 515. Folgen au- der vormundschaftlichen Gewalt de- Mannes. Unterhalt der Frau. Kur- und Prozeßkosten. 516. Ver­ tretung der Frau durch den Mann. Handlungsunfähigkeit der Frau 518. Recht de- Mannes auf die Person der Frau. Selbständiger Gewerbs­ betrieb derselben. 519. Erwerb der Frau. 519. Zweiter Abschnitt. Die vermögensrechtlichen Wirkungen. §. 207. Einleitung.............................................................................................. 521 Römisches ehel. Güterrecht. System de- DotalrechtS. 521. Deutscheehel Güterrecht. System der Gütereinheit. 522. Gütergemeinschaft. 523. Erbrecht der Ehefrau. 524. Recht-bildung seit der Reception, System de- maritalischen Nießbrauchs. 525. System des A.L R., vor­ behaltene-, eingebrachtes Vermögen. 525. Gütergemeinschaft. 526. Code, österr. 526. sächs. Gesetzbuch. 527.

JnhaltSverzeichniß M III. Bandes.

XI

Seite

§. 208. Das getrennte Güterrecht..........................................................................527 A. Der Vorbehalt. 527. B. Das Eingebrachte. 530. Nießbrauch deManneS. 531. Mobilien. Grundstücke, Gerechtigkeiten, Kapitalien. 532. Entziehung des Nießbrauchs. 533. Schulden der Frau. 534. Siche­ rung wegen künftiger Rückgabe. Hypothek. Vorrecht im Konkurse. 535. Rückforderung-recht. 536. C. Eheverträge. D. Erbschatz. 537.

§. 209. Die Gütergemeinschaft . .

.............................................................. 538

A. Allgemeine-. 538. Geltungsbereich. 539. Werth derselben. 540. Recht­ liche Natur. 540. Theorie des Obertribunals. 541. Theorie des MiteigenthumS. 542. B. Entstehung. Provinzialrechtlich, statutarisch. 543. Bei doppeltem Wohnsitz. 544. Einführung durch Vertrag. 544. a. E C. DaS RechtSverhältuiß in der Gemeinschaft. 1. Die allgemeine G.G. 545. BerfügungSrecht deö Mannes, eingeschränkt bei Grundstücken, Gerechtigkeiten, Kapitalien. 547. Schenkungen des Mannes. Eheliche Schulden. 549. Voreheliche Schulden. 550. 2. Die besondere G G 551. D. Ausschließung und Aufhebung der G.G. 552. Drittes Kapitel. Die Auflösung der Ehe. Erster Abschnitt. §. 210. Die Nichtigkeitserklärung der Ehe.......................................................... 454 Nichtigkeit und Ungiltigkeit. 554. Vermögensrechtliche Folgen. 555. Zweiter Abschnitt. §. 211. Die Auflösung der Ehe durch den Tod...................................................556 Pflicht zum Begräbniß. Trauer. 556. Wirkungen auf da- Vermögen. A. Absonderung bei getrenntem Güterrecht. 557. Insbesondere 1. deö vorbehaltenen, 2. des eingebrachten Vermögens, a. deö baaren Geldes, 558. b. der Kapitalien. 559. c. der übrigen Mobilien 559. d. der Grundstücke und Gerechtigkeiten. 560. Nach dem Tode der Frau. 560. Nach dem Tode des Mannes. 562. e. Nießbrauch des Mannes. B. Absonderung bei bestandener GG. 563. Reservat deS Kaufgeld-Mehrbe­ trags. 566.

Dritter Abschnitt. Die Auflösung der Ehe durch Scheiduug. §. 212. Die Scheidungsgründe............................................................................. 569 Allgemeine Bemerkung. 569. Ehebruch. 569. Bösliche Verfassung. 570. Versagung der ehel. Pfi., unheilbare- Unvermögen, Raserei und Wahnsinn. Nachstellung nach dem Leben. 572. Grobe Verbrechen, un­ ordentliche Leben-art. 573. Versagung deS Unterhalts, ReligionSändernng, gegenseitige Einwilligung, einseitige Abneigung. 574. Schwere und minder schwere Gründe. Uebergewicht der Schuld. Kompensation. Verzicht. 575. §. 213. Da- ScheidungSversahren..........................................................................576 Sühneverfahren. 576. Besonderheiten. 577. Interimistikum. 578. Die Wirkungen der Ehescheidung §. 214. Die persönlichen Wirkungen...................................................................... 578 §. 215. Die vermögen-rechtlichen Wirkungen...................................................... 580 A. Absonderung bei getrenntem Güterrecht. Kein Theil überwiegend schuldig. 580. Ein Theil schuldig. Nießbrauch de- Manne-. 581. B. Absonderung bei bestandener G.G. Kein Theil überwiegend schuldig. 581. Ein Theil schuldig. 582. C. Abfindung bei getremmtem Güter­ recht. Verpflegung. 583. D. Abfindung bei bestandener GG. 584. Verträge über künftige Abfindung. 584. Freiheitsstrafe statt der Abfin­ dung. 585.

XII

InhaltSverzeichniß des III. Bande-. Seite

Vierte- Kapitel.

Eheähnliche DerhLltniffe.

§. 216. I. Die Ehe zur linken Hand .................................................................. 585 §. 217. II. Der außereheliche Geschlechtsverkehr.................................................. 586 Keine Delikt--, sondern eine an einen Zustand geknüpfte gesetzliche Obli­ gation. 587. Bedingungen der Entschädigung. 587. Da- Maß der Entschädigung. 590. Vererblichkeit und Verjährung der Klage. Eigen­ thümlichkeit deS Prozesses. 591. Kollision örtlicher Rechte. 592. Zweite- Hanptstück.

Da- Recht zwischen Eltern und Kindern.

§. 218. Vorbemerkung.......................................................................................... 593 Einfluß der Reception. Väterliche Gewalt als eine vormundschaftliche aufgefaßt.

Erstes Kapitel.

Die Begründung der väterlichen Gewalt.

§. 219. Die eheliche Erzeugung und Legitimation...............................................594 I. Die Ehelichkeit des Kindes. 594 In der Ehe erzeugt oder geboren? 596. Geburt nach dem Tode des Mannes. 597, nach der Scheidung. 598. Klagerechte des Vaters, der Mutter, 598. Anfechtung der Ehe­ lichkeit Seitens des Ehemanns, der Anwärter. 599. Ob das Kind seine Ehelichkeit anfechten kann? 600. II. Legitimation a. durch nachfolgende Heirat, b. durch Hofreskript. 601.

§. 220. Die Annahme an Kindesstatt...................................................................602 Form des Vertrages 602. Die Interessenten. 603. Die Wirkungen. 604. Aenderungen. 604. Aushebung. Pflegekinder. 605. §. 221. Die Einkindschast...................................................................................... 606 Geschichtliches und Systematisches. 606. Subsidiäre Bedeutung der Vor­ schriften deö A.L.R. 607. Begriff. 607. DaS Voraus der Dorkinder. Wirkungen. 608. Aufhebung. 609. Zweites Kapitel.

Die Wirkungen der väterlichen Gewalt.

§. 222. Die persönlichen Wirkungen...................................................................... 610 Im Allgemeinen. 610. Religiöse Erziehung bei gemischten Ehen 611. Erziehung nach der Scheidung. Erwerb für die Eltern. Rechtsgeschäfte deö Kindes. 612, des Vaters für das Kind; Verpflichtung des Vaters durch das Kind. 613. Andere Schulden des Kindes. 614. Macedonischer Senatsschluß. Unerlaubte Handlungen. 615.

223. Die vermögensrechtlichen Wirkungen...................................................... 616 Geschichtliches. 616. I. Freies Vermögen. 617. II. Nicht freies Ver­ mögen. 618. Grundstücke, Gerechtigkeiten, zur Sicherheit besonders verschriebene Kapitalien 619 Nießbrauch. Verlust des Nießbrauchs und der Verwaltung. 620. Im Konkurse. Besondere Sicherheit. 221. Dritte- Kapitel.

Die Auflösung der väterlichen Gewalt.

§. 224- Der Austritt aus der väterlichen Gewalt............................................... 622 L Abgesonderte Wirthschaft des Sohnes. 622. Entlassung des minder­ jährigen Sohne-. 625. II. Verheiratung der Tochter. III. Entlassung der unverheirateten Tochter. 626. IV. Wirkung der Entlassung. 627. Ausstattung. 627.

§. 225. Der Verlust und die Einschränkung der väterlichen Gewalt.................... 628 I. Verlust, II. Ruhen, III. Einschränkung, IV. Wirkung. 628. Viertes Kapitel.

Rechtsverhältnisse anderer Kinder.

JnhattSverzeichniß des III. Bandes.

XI u

Seite §.

226. Die Kinder aus einer Ehe zur linken Hand..................................................... 629

§.

227. Die Kinder aus nichtigen und ungiltigen Ehen................................................ 630

§.

228. Die unehelichen Kinder............................................................................................... 630

Zustands-, nicht Deliktsobligation. 631. Anspruch auf Erziehung und Unterhalt. 631. Klage aus rückständige Alimente. 633. Vererblichkeit und Verjährung der Klage. Gesetzliches Erbrecht. 634. Anspruch gegen Personen deS Soldatenstandes. 634.

Drittes Hauptstück.

§. 229.

Die Vormundschaft.

Einleitung..................................................................................................................

635

Geschichtliches. Römisches Recht. 636. Deutsches. 637. ReichSgesetz« gebung. 638. Preuß. R. 639. DaS Verhältniß deö Vormundes zur ObervormnndschaftSbehörde. 640. Erstes Kapitel.

§. 230.

Die Altersvormundschaft.

Die Berufung zur Vormundschaft....................................................................... 644

I. Wer wird bevormundet. 644. II. Berufung von AmtSwegen. 111. Durch da- zuständige Gericht. 645. IV. Bestallung. 646. V. Fähig­ keit zur Vormundschaft. 647. VI. Allgemeine Bürgerpflicht. Ableh­ nung. 648. VII. Verpflichtung. 648. VIII. Dauer der Bormnndschaft. IX. Mehrere Vormünder. 649. §. 231.

DaS Amt deS Vormundes...................................................................................... 650

I. Zm Allgemeinen. 650. Rechtsgeschäfte für den Pflegebefohlenen. 651. Vertretung von Versehen. 651. Kaution. 652. Unentgeltlichkeit. Ho­ norar. 653. II. Vorsorge für die Person, III. für das Vermögen 654. Siegelung, Inventur. 655. Auseinandersetzung, Verwaltung. 656. Baare Gelder. 657. Kapitalien. Prozesse. 658. Vergleiche, Schulden Grundstücke. 659. Veräußerung der Grundstücke. 660. Ankauf von Grundstücken. Pachtungen. Handlungen. Leibrente. Erbschaften. 664. §. 232.

Die Beaufsichtigung des Vormundes...................................................................664

I. Im Allgemeinen. Anzeige, Genehmigung, besondere Anweisungen. IahreSrechnung. 665. II. Befreite Vormünder. 666. III. Vertretungs­ pflicht des Gerichts. 667. §. 233.

...................................................................668

Die Beendigung der Vormundschaft

1. Großjährigkeit. Verlängerung der Vormundschaft. 668. Abkürzung, MajorennetätSerklärung. 669. Verheiratung, Adoption, Gewerbe, Amt. 670. II. In der Person deS Vormundes, Entlastung, Remotion. 671. III. Schlußrechnung, AuSantwortung deö Vermögen-, Decharge. 672.

§. 234.

Die Klagerechte aus der Vormundschaft

Die Dorm. eine gesetzliche Obligation. 672. gegen den Vormund, die subsidiäre gegen Klage des Vormundes. 674.







672

Die Klage deS Mündels das Gericht. 673. Die

Zweites Kapitel. Die Vormundschaft über Gebrechliche, über Verschwender und über Abwesende. §. 235.............................................................................................................................................. I.

Wahn- und

Drittes Kapitel.

Blödsinnige. 675.

Verschwender.

Abwesende.

676.

Die Kuratoren und Beistände.

§. 236. Kuratoren im Allgemeinen, über eine Leibesfrucht, 679, über Kinder unter väterl. Gewalt. 680, über bevormundete Personen, über Ehe-

675

XIV

JnhaltSverzeichniß M III. Bande-.

Seite

frauen, Zuchthaus-Strästinge, unbekannte Fremde. Prozeßkuratoren. Beistände. 682. Vierte- Hauptstück.

§. 237.

Interessenten.

681.

Für

Da- Gesinderecht.

Da- gemeine Gesinde...............................................................................................683

System. Stellung im Familienrecht. 683. Die Begründung. 684. Gegenstand, Inhalt de- Vertrag-. 685. Dauer, Aushebung. 688. Zeugniß. 690. §. 288.

Die Hau-offizianten....................................................................................................691

Fünfte- Hauptstück.

Erstes Kapitel.

Die Rechte im weiteren Familienverbande.

Die Alimentationspflicht.

§. 239

692

Verpflichtete Personen. 693. Eine gesetzliche, aber bedingte imb arbiträre Obligation. 694. Reihenfolge der Verpflichtung. 696. Gemeinschaft­ lich Verpflichtete. 696. Unverjährbarkeit. Vererblichkeit. 697. Rück forderungsrecht der Geschwister und Seitenverwandten. 698. Zweite- Kapitel. §. 240.

Die gemeinschaftlichen Familienrechte.

I. Im Allgemeinen....................................................................................................699 Begriff. Vorsteher der Familie. 699. Person? 700.

§. 241.

Ist die Familie eine juristische

II. Die Familienstiftuug...........................................................................................701 Begriff. 702. Errichtung. 702. JnterpretationSregeln des A L R 703. Familienschlüffe. 704. Die Stiftung als juristische Person. 705. Ans hören der Stiftung. 706.

§. 242.

II. Daö Familienfideikommiß.................................................................................707 I. Begriff und Errichtung. 707. Unterschied von der Familien-Stif­ tung. 708. II. Gegenstand. 712. III. Rechte und Pflichten de- Be­ sitzers und der Anwärter. Familienschlüsse. Verschuldung. 714. Schul­ den des Stifters. 715. Verwaltung. 715. SuccessionSrecht und Ord nung. 716. Mehrere F.-E. in einer Familie. 717. Weibliche Sucres sion. 718. Auseinandersetzung. 719. Aufhebung. Durch Familien schluß. 721. Subhastation. Verjährung einzelner Rechte. 722.

Förster, Preußisches Privatrecht.

Zweiter Theil.

Die dinglichen Rechte oder das Sachenrecht.

§. 156. A.L.R. T 2. J. 124-141

I. 10. §. 25.

Einleitung. I. 19. §. 2—6.

S. 114. §. 23. S. 230. ?. 50. S. 808. K. 61.

Oben B. 1. S. 76. §. 18.

Literatur s. bei 8-23.

Dazu Zie-

barth, Realexekution und Obligation, 1865. §. 15. S-170. §. 16. S. 179. ?. 17. S. 192. §. 18. S. 215. §. 19. ®. 229. — Böcking, Pand. B. 2. S- lf. 1855.

Alle« Vermögensrecht ist entweder persönlich oder dinglich.

Da­

persönliche Vermögensrecht ist das relative Rechts; das dingliche Recht ist absolut. DaS Sachenrecht ist dinglich, weil das Objekt de- Recht­ unmittelbar der Herrschaft des Subjekt- unterworfen ist; e- ist absolut, weil eS Anerkennung, Nichtstörung von allen Menschen beansprucht, weil eS seine Integrität nicht in einer besonderen Beziehung zu einer beson­ der- verpflichteten Person zu finden hat, weil eine solche Verpflichtung nicht sein Inhalt, sondern nur eine Folge de- Anspruchs auf allgemeine Anerkennung ist. ES ist da- vollendete Vermögensrecht, welche- nicht mehr durch ein Erfüllen oder Leisten bedingt ist. Da- Recht liegt auf ') Oben B. 1. S. 77. Savigny, System B. 5. S. 24 f. weist darauf hin, daß e- auch persönliche Klagerechte gebe, die gegen jeden Dritten gebraucht werden kön­ nen, insofern also absolute seien: Die actio meins causa, welche in rem scripta, die actio ad exhibendum, die a. aquae pluviae, die Noxalklagen, da- interd. quod legatorum. Aber diese Beispiele thun dem Satz, daß da- persönliche Recht da- relative sei, daß beide Begriffe sich decken, keinen Eintrag, weil in allen diesen Fällen, die Savigny S. 27 a. E selbst nur Ausnahmen nennt, besondere posi­ tive Momente hinzutreten, die die Ausdehnung de- Klagerechts bewirken. Bei der a. met. wirkt die Nothwendigkeit, da- Unsittliche de- Zwange- stärker anzu­ greifen; bei der a. ad exhib. ist jeder, der exhibiren kann, der persönlich dazu besonders Verpflichtete, und weil da- Exhibiren eine bestimmte Leistung ist, so bleibt die Klage von den in rem actt. geschieden, welche nur ein Nichtstören anstreben. Ein Gleiche- kann von der a. aquae pluv. gesagt werden. Die Noxalklagen sind unpraktisch. Bei dem interd. quod leg. wirkt, wie bei der a. met., die eigen­ mächtige Besitzergreifung de- Legatars. Förster, Preuß. Privatrecht. 111. 3. Aufl.

1

der Sache, durchdringt sie derartig, daß eS durch sie, so lange eS nicht aufgehört hat, zu existiren, jedem Erwerber der Sache zugetragen wird, eS ist eine Eigenschaft, eine causa rei. Darüber herrscht jetzt Einverständniß, daß Absolutheit und Dinglich­ keit deS Rechts nicht identische Begriffe sind. Nicht jedes absolute Recht ist dinglich, erstere- greift weiter. Aber nicht ebenso einstimmig sind die Meinungen über den anderen Satz: jede- dingliche Recht ist absolut. Man will die Absolutheit nicht als wesentliche Eigenschaft der Dinglich­ keit, sondern nur als gewöhnliche und regelmäßige Folge gelten lassen, so daß eS auch dingliche Rechte gebe, die nicht absolute seien. Diese Ansicht hat zuerst Savignh') angedeutet, dann Wächter') bestimmter aufgestellt, und Unger'), ihm sich anschließend, hat daran- weitere Folgerungen gezogen. So soll, da die Absolutheit nur Folge, nicht Grund de- ding­ lichen Recht- sei, auch nicht jede- Sachenrecht deßhalb schon ein ding­ liche- Sachenrecht sein, weil e- absolut verfolgbar ist. Aber hiergegen tritt der Zweifel hervor, der nicht beantwortet wird, wa- das für ein Sachen­ recht sein soll, welche- zwar absolut verfolgbar, aber doch kein dinglichesei. E» wäre also auch die Dinglichkeit nicht eine wesentliche Eigenschaft de- Sachenrechts, sondern nur eine regelmäßige Folge? Ein persönlicheSachenrecht aber giebt e- nicht und kann eS nicht geben'); so lange die Sache nur durch Vermittelung einer bestimmten Person erreicht werden kann, existirt ein Rechtsanspruch gegen diese Person, aber das Recht auf die Sache hat seine Verwirklichung noch nicht gefunden, e- befindet sich noch im Prozeß seines Werdens und ist noch nicht die unmittelbare Herr­ schaft über die Sache geworden. Weiter behauptet Unger'): da die Folge wegfallen kann, ohne daß deßhalb der Grund zu existiren aufhört, so bleibt da- Recht ein dingliche-, sollte eS ausnahmsweise auch nicht absolut verfolgbar sein. Er beruft sich auf Fälle aus dem römischen und deutschen Recht, wo ausnahmsweise die regelmäßige Wirkung der absolu­ ten Verfolgbarkeit einem dinglichen Rechte entzogen sei. Aber abgesehen davon, daß ein auSnahmSweiseS Fehlen der absoluten Recht-verfolgung eher darauf deutet, daß hier eine Abweichung vom Begriff, eine noch unvollendete oder eine gestörte Bildung vorliegt, daraus also gewiß nicht •) Savigny, System B 5. S. 26. *) Wächter, würtemb. Priv.R. II. 296. (Note 13. zahlt er hierher da» Pfandrecht, weil e» nicht gegen den bester berechtigten Pfandgläubiger geltend gemacht werden kann. Deshalb hört aber da» Pfandrecht nicht ans, absolut zn sein, e» wirkt nur nicht über seine Grenzen hinan», denn dem nachstehenden Gläubiger ist die Sache nur mit dem älteren Pfandrecht belastet verpfändet, und wenn die Last wegsällt, rückt der spatere Psandgläubiger von selbst herauf.) *) Unger, österr. PrivR- I- 517f.

') Ziebarth a. a. O. S. 203. •) A. a. O. S. 518 Nr. 3.

bewiesen werden kann, daß die Absolutheit nicht zum Begriff der Ding­ lichkeit gehöre, so sind auch die angeblichen Fälle au» dem römischen und deutschen Recht, ohne beweisende Kraft für jenen Satz. Unger selbst gesteht zu, daß für da» römische Recht diese Fälle sehr bestritten sind'), und in der That ist keiner von Bedeutung. Daß die hereditatis petitio nur gegen den angestellt werden darf, welcher pro berede oder pro possessore besitzt, ist keine Einschränkung ihre» absoluten Charakter», schon die Allgemeinheit de» pro possessore possidere widerspricht Uebrigenö ist da» Erbrecht — wa» Unger selbst «»»führt’) — ein ab­ solute», aber kein dingliche» Recht. E» würde also hier nicht einem ding­ lichen, sondern einem absoluten Recht die Absolutheit fehlen. Ebenso wenig begründet ist die Berufung auf die Paüliana in rem actio, die al» ein positive» Gebilde überhaupt unter eigenthümlichen Regeln steht'"), und die Beziehung auf die Bindikation der Dotalsachen, die die Frau nur gegen den Ehemann und dessen Erben, nicht gegen jeden Dritten an­ stelle» könne. Gerade diese Beschränkung aber ist bestritten, die Worte si tarnen extant beschränken die Klage nur in Beziehung auf die Gegen­ stände, nicht ihren absoluten Charakter, und diese Beschränkung erklärt sich au» der Besonderheit de» ehelichen Verhältnisses"). Gewiß auch be­ weist nicht» für Unger'»") Satz, daß in einzelnen positiven Rechten die absolute Berfolgbarkeit an bestimmte Formen oder Bedingungen gebunden ist, an eine allgemeine Erkennbarkeit, an die wirkliche Besitzergreifung, an gerichtliche Konfirmation oder an die Eintragung in öffentliche Bücher, denn in diesen Fällen erreicht da» Recht auch die Kraft der vollen Ding­ lichkeit erst, wenn diese Bedingungen erfüllt sind, bi» dahin befindet e» sich in einem Zwischenzustand de» Werden», de» noch nicht Vollendeten"). Endlich nicht eine Beseitigung der Absolutheit de» Eigenthum» ist e», wenn der Vindikant oder Pfandgläubiger die Sache von dem redlichen

*) Daselbst Note 29.

•) Arndt- im Recht-lexikon V. 211. Note 28.

♦) A a. O. S. 534 fgg. '•) Arndt-, Pand. 4. A §. 97. Anm. 4. Schröter in der Zeitschrift f. CivR. u. Proz. B. 6. S. 141 (die Klage geht auf reetituere). Arndt-, Pand. §. 411 Anm. (4. A. S. 647).

») A. a. O. S. 518 Note 30.

1. 30. C. V. 12.

S. 519 Note 33.

*’) Hierher gehört in»besondere da- A LR. Die Wirkung der Dinglichkeit ist an die Erkennbarkeit geknüpft; ehe nicht übergeben und der Befitz ergriffen oder da» Recht eingetragen worden, ist der Berechtigte noch nicht gegen Jedermann dinglich berechtigt. Da- seiner Natur nach dingliche Recht ist aber, bi» seine Erkennbarkeit für Jedermann durch Eintragung gesichert ist, nicht etwa nur ein Recht zur Sache, z. B. die Grundgerechtigkeit, die Reallast, der Nießbrauch. In diesen Fallen soll die Eintragung nicht die Dinglichkeit schaffen, sondern ihr nur die volle Wirkung geben. Entsch. V. 18. ©. 319fgg. Bergl. auch da- Nachwort in Striethorst SB. 7. S. 368.

Erwerber einlösen muß "), oder wenn dem an sich absoluten Recht ein ältere» absolute- Recht entgegentritt"). Nach alle dem muß dem unbestrittenen Satze: nicht jede- absolute Recht ist dinglich, der andere zur Seite gestellt werden: jede- dingliche Recht ist absolut, d. h. die Absolutheit ist eine wesentliche Eigenschaft der Dinglichkeit, oder: die Dinglichkeit ist die Aeußerung der Absolutheit im Gebiete de» Sachenrecht». Neuerding» ist aber dieser Satz noch von einem anderen Standpunkt an» bestritten und dagegen behauptet worden, daß sich im modernen Ver­ mögen-recht zwischen da» relative (persönliche) und da» absolute (dingliche) Recht ein Mittelglied eingeschoben habe, da» relativ dingliche Recht. Dadurch soll die Theorie de» Sachenrecht» wesentlich eine andere gewor­ den sein, al» bei den Römern, und insbesondere soll diese Theorie im preußischen Recht Ausdruck gefunden haben. Ziebarth") führt aus, daß, eine nothwendige Folge der jetzt allgemein zulässigen Realexekution, d. h. des Rechts, dem Schuldner die Sache unmittelbar wegznnehmen, statt, wie bei den Römern, sie sich von ihm geben zu lasten und auf das Geben einen indirekten Zwang zu üben, diese sei, daß der Gläubiger schon durch den Vertrag ein unmittelbare- Recht auf die Sache erlange, welche» wegen seiner Unmittelbarkeit ein dingliche-, aber weil e- noch nicht gegen Jedermann, sondern nur gegen den Schuldner und gegen denjenigen Dritten, der da» Recht kennt, geltend gemacht werden kann, nur ein relative- ist. Da- Recht zur Sache (jus ad rem) ist hiernach also eine und zwar die wichtigste Erscheinung der relativen Dinglichkeit. Sie erwächst hier au» einer Obligation, deren Inhalt ein dare oder tradere ist, und sie geht in die absolute Dinglichkeit über, wenn die Sache dem Gläubiger gegeben oder dem Schuldner genommen, wenn der Besitz er­ griffen ist. Andererseits soll ein absolute» dingliches Recht zum relativen “) Wie nach AL.R. I. 15. §. 25. 26. I. 20. §. 118. 119. Der deutsche Recht-satz: „Hand muß Hand wahren", aus welchen Unger und Wächter (würt. Priv.-R. II. 297. Rote 14.) besonder» Hinweisen, enthalt allerdings eine Beschränkung der Absolutheit der Diudikation. Solche positive Bildungen können aber den Begriff nicht aufheben, nur feine Verwirklichung beeinträchtigen; sie find meist Produkte einseitiger praktischer Rücksichten, wie jene Regel vielleicht ihre Erklärung in einer einseitigen Begünstigung de« städtischen Verkehr« mit beweglichen Sachen findet, oder darin, daß da« altere deutsche Recht den Begriff der Dinglichkeit aus die Fahrniß, wenn sie von der Gewere an dem Grundstück getrennt war, überhaupt nicht anwandte, und deßhalb die beweglichen Sachen nur so lange durch -läge schützt«, al» ihre Zugehörigkeit äußerlich erkennbar war. Damit hängt Art. 306. de« deutschen H G.B zusammen. “) 6« gilt hier dasselbe, wie von dem Verhältniß de» älteren zum jüngeren Pfand gläubiger! S- oben Note 3.

“) Realexekution und Obligation §. 14—19. Die Recension von Degenkolb in der krit. Vierteljahrschrift B. 9. S. 191 fg. prüft da» Werk nur vom Standpunkt de» röm. R., während sein Schwerpunkt wesentlich in den Umwandlungen liegt, die da» röm- R im modernen Rech« erfahren hat.

dadurch werden, daß der Berechtigte einem Andern an der Sache ein Recht einrSumt, welche» dieser durch Realexekution verwirklichen darf. So ist also relativ-dinglich berechtigt, wer eine Sache kauft, bi» zur Ueber« gäbe oder Besitzergreifung; so bleibt nur relativ «dinglich berechtigt der Eigenthümer dem Nießbraucher, Miether und Pächter gegenüber. Die Argumentation Ziebarth'» ist im Wesentlichen gestützt auf den Satz: der Bertrag auf Geben einer bestimmten Sache verleiht dem Gläubiger sofort da» Recht, die Sache zu nehmen. Dieser Satz aber kann nicht al» richtig eingeräumt werden. Die Bedeutung der im heutigen Recht geltenden Realexekution, vermöge welcher der Richter allerding» dem Schuldner die Sache nimmt, ist nicht, daß der Gläubiger sie nimmt, sondern daß der Richter sie ihm giebt. Der Gläubiger gelangt in den Besitz der Sache auch hier nur durch Geben, nicht durch eigene» Nehmen. Hiergegen wird zwar von Ziebarth eingewendet"): e» sei täuschender Schein, wenn man den Willen de» Schuldner», der sich durch den Ver­ trag zum Geben verpflichtet hat, durch den Richter ergänzen lasie, denn ein ergänzter Wille sei kein Wille. Aber der Richter vertritt oder er­ gänzt auch nicht den Willen d.'» Schuldner», er ist nicht bessert oder de» Gläubiger» Mandatar, auch ist da» Stadium der Exekution schon ein exceptionelle-, von ihm au» darf nicht auf die ursprüngliche Natur de» Recht» geschloffen werden, da» sehr wichtige Moment der rechtskräftigen Verurtheiluug liegt dazwischen. Durch diese» werden die gegenseitigen Recht-beziehungen der Parteien dahin geändert, daß nunmehr der Schuld­ ner wollen muß, oder vielmehr, daß fein Wille nicht mehr in Betracht kommt. Endlich auch berührt die Art, wie der Zwang gegen den Willen de» Schuldner» in» Werk gesetzt wird, direkt oder indirekt, zwar da» Verfahren de» Gericht», nicht aber da» Recht de» Gläubiger». Da» Recht zur Sache giebt keine Unmittelbarkeit auf die Sache, e» ist und bleibt ein persönliche» Recht, und die» spricht auch da» A.L.R. deut­ lich au», indem e» da» dingliche Recht erst entstehen läßt, wenn der Besitz auf Grund de» Recht» zur Sache eingeräumt ist"). Doch der nur noch zur Sache Berechtigte kann unter gewiffen Voraussetzungen sein Recht auch gegen den dritten Besitznehmer, also einen dinglich Berechtigten, gel­ tend machen, und e» fragt sich, ob nicht hierin der Beweis für eine rela­ tive Dinglichkeit zu finden ist. Gegen den Besitzer einer beweglichen Sache") macht nämlich der zur Sache Berechtigte sein Recht al» ein bessere» gel­ tend, wenn e» älter ist al» die Besitzergreifung de» Andern und wenn ") 1. a. O. S. 187 fg. ») I. 2. §. 135. ••) Durch die §. 4 15. des Gesetzes über beu Eigenthumserwerb v. 5 Mai 1872 ist die Anwendbarkeit de- §. 25.1.16. und §. 5.1. 19. aus Immobilien ausgeschlossen,

üben B. 1 S. 124.

6

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Letzterer bei seiner Besitzergreifung daö altere Recht de- Ersteren zur Sache gekannt hat"). Diese Bestimmungen haben jedoch nicht die Bedeutung, daß der gute Glaube ein dritte- Erforderniß in dem Bildung-prozeß der Dinglichkeit neben Titel und Modu- sei; nur zur Beseitigung einer Kol­ lision ist er berücksichtigt, da» Recht de- Einen zur Sache und da- Recht de- Andern auf die Sache müssen neben einander nicht bestehen können. Wo beide sich nicht stören, obgleich sie sich auf dasselbe Objekt beziehen, kommt auf Wissen und Glauben nicht- an. Wie aber kann da- schwächere Recht zur Sache mit dem stärkeren Recht auf die Sache koüidiren? An sich wohl nicht, denn nur da- ältere Recht zur Sache soll nach dem A.L.R. fähig sein, mit dem jüngeren Recht auf die Sache zu toi« lidiren, und die- auch nur, wenn dem dinglich Berechtigten der gute Glaube fehlt. Diese Zuthaten, diese zufälligen Umstände, da» höhere Alter und die Kenntniß davon schaffen die Kollision, nicht eine schon im Recht zur Sache liegende Dinglichkeit. Mag nun auch gesagt werden können, der Au-druck „persönliche- Recht zur Sache" sei ein Widerspruch, so darf daran erinnert werden, daß überhaupt diese Theilung des persön­ lichen Recht» nach dem Gegenstand in ein persönliches im engeren Sinn und in ein Recht zur Sache eine durchaus entbehrliche und unergiebige Erfindung des 18. Jahrhunderts ist"). Auch ist e- Ziebarth nicht gelungen, das Recht zur Sache als eine selbständige Recht-bildung zwi­ schen dem persönlichen und (absolut) dinglichen Recht zu konstruiren"), ") 1.10. §. 25. I. 19. §. 5. Gruchot B. 8. S. 603f. n) Oben B. 1 S. 121. Note 10. v. Brünneck, über den Ursprung de- s.g. jus ad rem, ein Beitrag zur Geschichte dieses Dogma. 1869. Baron, Abhandlungen aus dem preuß. R. 1860 S. 132 f. weist nach, daß auch hier die Redaktoren keineswegs einen neuen Gedanken erfunden haben, sondern nur den damaligen Praktikern, namentlich Leyser gefolgt find. Dergl. auch Lenz, Studien und Kri tiken e. 83 f. ”) Bergt, a. a. O. S. 205-215). Die- giebt auch HinschiuS (Zeitschrift II. 499) zu, gleichwohl halt er dadurch die Ausführungen Ziebarth- nicht für wider­ legt, da es sich hierbei um eine neuere Recht-bildung handele, welche den scharfen römischen Unterschied zwischen den dinglichen und obligatorischen Rechnen verwischt habe. Gewiß ist jener Kollision-fall uud die Entscheidung, die er im AL.R. über­ einstimmend mit der damaligen gemeinrechtlichen Praxi- gefunden hat, ein Be­ weis dafür, daß die Grenze zwischen Obligationen- und Sachenrecht in Verwirrung gerathen ist; daraus folgt aber nicht, dafi diese Verwirrung Anerkennung verdient und als eine berechtigte und weiter zu pflegende neuere Recht-bildung anzusehen ist. Vielmehr ist es geboten, die Grenzlinie wieder klar zu legen und daö Zwitterhafte, welches darin liegt, daß obligatorischen Rechten (relativ) dingliche Wirkungen bei­ gelegt werden, zu überwinden. Wie da- Ziel jetzt bereit- im Gebiet des Jmmobiliarsachenrechtö erreicht ist (s. Note 19), so wird eS auch für da- Gebiet des Mobiliarsachenrechts erreicht werden müssen. — Daß die Relativität de- publizianischen Recht- im neueren Recht eine Ausdehnung erfahren hat und nicht mehr als eine Ausnahme, sondern als ein allgemeiner Grundsatz betrachtet worden, be­ weist Nichts dafür, daß ein relativ dingliches Recht zwischen das Obligationen- und Sachenrecht eingeschoben werden muß, denn jene Relativität bewegt sich allein auf dem Gebiete des Sachenrechts, auf dem Gebiete des Beweises für die Existenz eines absolut dinglichen Rechts. Auf dem Standpunkt von Ziebarth steht im

denn außer jener einen Wirkung im Fall der Kollision ist und bleibt e» nicht- weiter als ein persönliches Recht gegen den Autor. Namentlich hat der zur Sache Berechtigte außerhalb jenes Falles kein Klagerecht gegen einen Dritten, nicht das Aquilische, nicht die condictio fnrtiva“) und die unmittelbare Einwirkung auf die Sache fehlt ihm ganz. Auch im Konkurse kann er nicht die Sache fordern, welche ihm der Kridar vertragsmäßig hätte übergeben sollen, sondern nur sein persönliche- Recht durch Liquidirung de» Intereffe geltend machen"). Hatte aber der Krldar die Sache in Besitz genommen in Kenntniß von dem älteren Recht eine» Anderen zu derselben, so ändert sich allerdings durch die Konkurseröffnuug der Anspruch de» Letzteren nicht; die Gläubiger müssen ihm die Sache herausgeben, weil sie die Kenntniß de» Kridar» von dem älteren Recht zur Zeit jener Besitzergreifung zu vertteten haben"). Ueber den Bildung-prozeß de» dinglichen Recht- ist im allgemei­ nen Theil ausführlich gehandelt"). Die Theorie de- A.L.R. ist durch die Reform de- Immobiliarrecht» nach der Richtung hin geändert worden, daß die Wirkung der Besitzergreifung hinter die Wirkung der Einttagung in da- Grundbuch zurückgetreten ist”). Der Gegenstand de» dinglichen Recht- ist immer entweder eine körperliche Sache oder ein solche- Recht, welche» vermöge seiner Gebun­ denheit an den Raum eine sachliche Existenz hat, und deßhalb der „Gegen­ stand eine» dauernden Recht»" sein kann"). Denn e» ist eine fernere Eigenthümlichkeit de» dinglichen Recht» im Gegensatz zum persönlichen"), daß e» nicht wie diese» seine Beendigung nothwendig in sich trägt, daß e» sich nicht durch die Ausübung erschöpft, die Ausübung e» vielmehr er­ hält und fortsetzt"). Der Inhalt de» dinglichen Recht» ist verschieden je nach dem Um­ fang und der Art der Befugnisse, die auf die Sache zustehen. Diese Wesentlichen auch v. Brünneck (Note 21.), et muß aber auch ihm gegenüber be­ hauptet werden, daß der Begriff des „dinglichen Vertrage»" der Klarheit entbehrt und daß, wenn in der älteren Theorie eine solche Beimischung des obligatorischen und dinglichen Recht- stattgesunden hat, daran- nicht folgt, daß fie beibehalten werden muß, und daß praktisch etwa» gewonnen ist, wenn man sie beibehält. '') Ziebarth S- 214. ") KoukOrdu. v. 1855 §. 15. Abs. 3.

’•) Aus den dolus der Gläubiger kommt et hierbei nicht an. S. 214 s. Rote 9.

A. M. Ziebarth

") v. 1. S. 121 f. ") B. 1. S. 124 fg. Unten §. 172.

«•) 8.1.6.97f. *») «. 1. S. 319. 472. 562. ••) Unger a. a. O. G. 528. Dieser Satz bezieht sich aber mir auf eine solche Aus­ übung de» dinglichen Recht-, durch welche die Sache gebraucht und genutzt wird- Verfügungen über die Substanz der Sache, z. B. ihre Veräußerung, er­ schöpfen, beendigen da» dingliche Recht. S. unten §. 190.

Befugnisse beziehen sich auf die Ausbeutung dessen, was die Sache als Recht-objekt zu bieten vermag. ES ist feit der Mitte deS 17. Jahrhun­ derts eine gangbare Eintheilung der dinglichen Rechte geworden: Besitz, Eigenthum, Servitut, Pfandrecht, Erbrecht"). Die neuere Theorie hat zunächst die Anffasfung des Besitzes als eines besonderen dinglichen Recht­ bestritten und ihn aus dem Sachenrecht entweder in da- Gebiet der Obligationen oder in den f. g. allgemeinen Theil verwiesen"), Puchta") betrachtet ihn als ein Recht „an der eigenen Person". Diese letztere An­ sicht hat nirgend- Anklang gefunden; in den Lehrbüchern deS gemeinen Rechts schwankt seine systematische Stellung, neuerdings aber neigt man sich mehr dazu, ihn an der Spitze des Sachenrechts zu erörtern ”). Da» A.L.R. schließt mit ihm den allgemeinen Theil"). In diesem Werk wird er an der Spitze des Sachenrechts abgehandelt nnd der rechtfertigende Grund dafür darin gefunden, daß der Besitz die unmittelbare Einwirkung auf die Sache bietet und insofern die Voraussetzung und die Aeußerung deö dinglichen Recht» ist. Sodann ist da» Erbrecht aus der Reihe der dinglichen Rechte mit gutem Grunde in der neueren Wissenschaft ge­ strichen"). Daß e» früher denselben zugerechnet wurde, war eine Folge de- jetzt Überwundenen Irrthum-, daß sich die Begriffe Dinglichkeit und Absolutheit deckten. Die Erbrecht-klage ist, sofern sie da- Erbrecht de» Erben al» solche-, al» dessen Eigenschaft verfolgt, zwar absolut aber nicht dinglich; sie ist, wenn einzelne im Nachlaß enthaltene Rechte geltend ge­ macht werden, nur die Voraussetzung (praejudicium), im Uebrigen aber ist die Klage auf das einzelne Nachlaßobjekt je nach der Beschaffenheit de» einzelnen Recht» eine persönliche oder dingliche. Auch die Anreihung deP fand recht» an die dinglichen Rechte ist bezweifelt worden"), und die­ ser Zweifel hat manche Berechtigung. Zunächst scheint e- nach römischem Recht, welche» bei der Hypothek den Besitz der beweglichen und unbeweg­ lichen Sache bei dem Eigenthümer läßt, und in Betreff der unbeweg­ lichen Sache kein Surrogat für die Besitzergreifung entwickelt hat, an der für die Dinglichkeit wesentlichen unmittelbaren Einwirkung zu fehlen. Nach A.L.R. fällt diese» Bedenken weg, weil e» an beweglichen Sachen **) Die Eintheilung rührt von Hahn her (1643).

S. Unger S. 523 sg.

") In den allgemeinen Theil stellen den Besitz: vangerow, Böcking, Seussert, Kiernlff, Koch (al« An-Übung der Rechte), Brun«, 8t. de« Besitze« S. 486. I» da« Obligationenrecht stellt ihn bekanntlich Savigny ($. 6). ”) Pandekten §. 122 fg. (4. Buch, 2. Kap ). **) Dafür hat sich Unger erklärt (I. S 524) Ebenso Sinteni« und Wind­ scheid. Arndt« und Keller stellen den Besitz in die Lehre vom Eigenthum.

**) B. i. S. 21. Note 2. Al- Uebergang zur Lehre vom Eigenthum. 317 f. Heydemann I. 39. ••) Unger I 534 fg.

") Unger I. 530 fg.

Oben B. 1. S. 118. Note 2.

Gruchot IV.

§. 156.

Einleitung.

9

nur Besitzpfand kennt und bei der Hypothek und Grundschuld die Un­ mittelbarkeit des Rechts auf die Sache durch die Eintragung in die öffentlichen Bücher für Jedermann erkennbar macht. Sodann fehlt dem Pfandrecht, abweichend von den anderen dinglichen Rechten, die Selbstän­ digkeit und die Dauer: e- wird, wie die Obligatton, durch die Ausübung beendigt, nicht erhalten. Aber alles dies sind doch nur, wie Unger richtig au-führt"), Modifikationen, Singularitäten, die den Charakter des ding­ lichen Rechts keineswegs aufheben"). Der entscheidende Hauptpunkt ist, daß das Pfandrecht auf der Sache selbst lastet, daß es eine causa rei ist, daß die Sache also nur mit dieser Last auf dritte Personen übergeht: si fundus pignoratus venierit, manet causa pignoris, quia cum sua causa fundus transeat"), daß seine Verwirklichung nicht abhängt von dem Wollen oder Nichtwollen anderer Personen. Da sich der Inhalt de» dingttchen Recht» verschieden gestaltet, je nach dem Umfang und der Art der unmittelbaren Beherrschung der Sache, so muß sich die Klassifizirung der dinglichen Rechte hiernach richten. Der Umfang und die Art der Beherrschung ist entweder völlig unbestitnmt, die Sache ist in ihrer Totalität, in Allem, was sie al» BermögenSobjekt zu bieten vermag, dem Rechtssubjekt unterworfen: da» Eigenthum. Oder die Sache ist nur beschränkt, nur nach gewissen Richtungen der Herrschaft eine» Subjekt- unterworfen. Dann ist die Sache nicht die eigene de» Berechtigten, sie bleibt ihm eine fremde und dient ihm nur theilweise — so weit die Berechtigung reicht: dingliche Rechte auf eine fremde Sache. Diese lassen sich nach zwei Gruppen scheiden. Entweder ist nur der Gebrauchs- und Nutzung-werth der Sache einem Dritten zuständig, wie dies nach römischem Recht bei der Servi­ tut, der Emphyteusi» und Superficies, und nach preußischem Recht außerdem bei jedem mit Besitzeinräumung verbundenen Gebrauch»- und Nutzungsrecht (Leihe, Miethe und Pacht), nach deutschem Recht bei den Reallasten der Fall ist, welche die Eigenthümlichkeit zeigen, daß nicht bloß die Sache dinglich dient, sondern auch ihr Eigenthümer persönlich zu Leistungen verpflichtet ist. Oder e» ist ein Recht auf den Substanz­ werth der Sache al» dingliche» Recht konstttuirt — entweder ein Er­ werbung-recht (Näherrecht) oder ein Veräußerung-recht (Pfand, Hypothek und Grnndschuld). Es kann sich mit letzterem ei» Nutzungs­ recht verbinden (Antichrese), aber auch hier ist die Sache dem Berechtig­ ten nicht in ihrer Totalität unterworfen: die Substanz darf nicht ver­ braucht und nicht vernichtet werden. Da- System der dinglichen Rechte «•) A. a. O. S. 532. ”) Oben Note 30. 85. Seuffert I. 318. Strieth. B 37. S. 322. — Ein Recht de- oberen Besitzer- darauf, daß der untere den Zufluß abwehre, existirt nicht. Strieth. $. 22 S. 272 Ebensowenig hat der untere ein Recht darauf, daß der Zufluß auf sein Grundstück sortdauere, der obere kann vielmehr den Ab­ fluß hindern Seuffert I. 5.

st) Ges. v. 15. November 1811. GS. S. 352 wegen de- Wasserstaue- bei Mühlen und Verschaffung der Borflut. Ges. v. 23. Januar 1846 betr. da- Aufgebotsverfahren für Entwässerungsanlagen. GS. S. 26 Ges. v. 11. Mai 1853. GS. S. 182, betr. (in Art. 3) die Anwendung der Dorflut-gesetze auf unterirdische Wafferableitungeu. Durch diese Gesetze sind die §§. 103—105. 117. d. T. mobb fizir', die §§. 106-109. 113-117. ausgehoben; die §§.110-112. d.T. gehören nicht in diese Materie. Heydemann S. 423. Die gesetzlichen Bvrschristcn über Gestattung der Vorflut finden aus Grundzerechtigkeiten nicht Anwendung. Strie th. 8 61 @ \ 88 d ") z. 13-15. Dorsiutges. Art. 3. Ges. v. 11. Mai 1853. Koch, R. d. F. Bd. 3.

S. 128. Entsch. B. 36. S. 39. ") §. 15 — 19 Borfl.-Ges. Ueber Bildung von Genossenschaften für Be- und Ent­ wässerungsanlagen: Ges. v. 28. Febr. 1843. §. 56—59. Gcs. v. 11 Mai 1853. Art. 2. Im Interesse der Landeskultur sind die Betheiligten dazu verpflichtet, nur bei Drain-Anlagen ist Einwilligung nöthig. ”) §. 20. Dorfl.-Ges. •°) §. 21—23. Vorfl.-Ges. •') Entsch. B. 40. S. 33.

Strieth. B. 37. S. 335. D. 40. S. 116c.

•5*)* *§.* 155. d. T. Schles. Arch. B. 4. S. 196. Entsch. B. 10. S. 252. In B 60. S. 24 wird bestritten, daß da- Hammerschlags- und Leiterrecht nach A L R. eine aus dem Nachbarrecht fließende gesetzliche Einschränkung des Eigenthums sei; es könne nur als Dienstbarkeit (Servitut) im einzelnen Falle begründet werden. Ueber den Schaufelschlag, der bei der Grabenräumung vorkommt, s. 1. 11. 1. I). VIII. 4. Seuffert II. 145. Wochenbl. f. merkw. RechtSf. 1845. S. 247. Bluntschli S. 238. Nc. 4. Hammerschlag und Leiterrecht: Bluntschli S. 26. Seuffert V. 107. II. 145.

§. 170.

Gesetzliche Begrenzungen de» Eigenthum-recht«.

157

pflichtung deS Eigenthümer», dem Nachbar zu gestatten, daß er auf sei­ nem Grundstück den Pflug wende, ist im A.L.R. in dieser Weise nicht aus­ genommen, weil der Rain, ans welchem die Pflugweudung erfolgt, als gemeinschaftliche- Eigenthum angesehen wird"). — 4. Das Betretungs­ recht. Der Eigenthümer darf seinen Bienenschwarm auf dem Grund­ stück des Nachbars verfolgen und einfanzen"), ebenso dort die Fische einfangen, welche bei großem Wasser oder einem Dammbruch ausgetreten sind"), und vom Grundstücke deS Nachbars den vom Sturm umgeworfenen Baum wegschaffen"). In allen diesen Fällen hat der Nachbar Ersatz deS ihm durch die Betretung, Einfangung oder Wegschaffung entstandenen Schaden» zu beanspruchen"). Zuletzt noch die Bemerkung, daß die im römischen Recht vorkommen­ den nachbarlichen Befugnisie: daß eine Ausweichung der Mauer in den Luftraum de» Nachbar», wenn sie nicht mehr al» '/, Fuß beträgt, geduldet werden muß"), daß der Nachbar je am 3. Tage seine über der Grenze herabgefallenen Früchte auflesen darf") und daß die Abhauung überra­ gender Aeste nur bi» auf 15 Fuß Höhe verlangt werden sann70), dem A.L.R. unbekannt sind7').

§. 171. e. Gesetzliche Begrenzungen de» EigenthumSrecht» an Grund­ stücken im Intereffr des gemeinen Wesens. A.L.R. l. S. §. 33 -98. ISO. Heydemann I.412f. bair. Tiv. R II. §. 123-128.

Gruchot VI. 126f. - Roth,

Im Gegensatz zu den in §. 170. besprochenen Begrenzungen de» Eigenthums sind diejenigen, welche im Interesse des gemeinen Wohls an­ geordnet sind, der Sphäre de» Privatrechts entrückt und der polizeilichen Aufsicht unterworfen'). Es kann daher eine Befreiung von solchen Be­ grenzungen weder durch Willenserklärungen noch durch Ersitzung erworben •s) •*) «) ") ") ••)

§. 118. d. T- Gegen Schelhaß a. a. O. S. 11. Note 7. §. 122. I. 9. §. 178. I. 9. Ueber die §§. 180ff. s. Entsch. B. 57. S. 20. §. 293—296. I. 9 §. 123 296.297. I. 9. Gruchot VH. 132 I. 17. pr. D. VIII. 5. Interd. de glande legenda. D. XLIII. 28. u) Interd. de arboribus caedendis. D. XLIII. 27. 7lj S. unten §. 173. bei II. 7. DaS A L R hat aus dem alten deutschen R das s. g UeberfallS' und UeberhangSrecht ansgelwmmen, waS stch vielfach in Deutsch­ land erhalten hat. Sachsensp. II. 52. Stryck, neue mod. XLIII. 28. §. 1. Seussert XVII. 7. •) Heydemann S. 412.

werden') und eine Klage zur Beseitigung der Uebcrschreitung dieser Grenzen ist nicht gegeben'). Die Klage auf Schadenersatz bleibt natür­ lich unberührt; sie charakterisirt sich entweder als eine Entschädigung»klage eine- Dritten gegen den Eigenthümer' au- unerlaubter Handlung, welche hier auch in Unterlassungen bestehen kann, weil positive Gesetze die Unterlasinngen verbieten'); oder al- Entschädigung-klage de- Eigen­ thümer- gegen den Staat, wenn durch Anordnung der Behörde dem ge­ meinen Wesen ein Opfer hat gebracht werden muffen'). UebrigenS äußert sich die Begrenzung de- Eigenthum- au- Gründen de- öffentlichen Wohlenicht bloß darin, daß der Eigenthümer etwa» dulden oder unterlassen, sondern auch darin, daß er etwa- thun muß (z. B. die Unterhaltung deHause- im baulichen Stande). Der Staat untersagt die Zerstörung oder Vernichtung de» Eigenthum-objekt-, wenn deffen Erhaltung für da» Ge­ meinwohl von erheblichem Nutzen ist, und er befiehlt dem Eigenthümer die Benutzung der Sache, wenn diese für da» Gemeinwohl erforderlich ist6). Mehrere der Vorschriften deö A.L.R. sind durch die neuere Gesetz­ gebung beseitigt, nämlich diejenigen, welche sich auf die Bewirthschaftnng und Benutzung der Wälder bezogen'), und diejenigen, welche gegen den Verfall ländlicher Grundstücke gerichtet waren6). ES bleiben nur noch übrig die Ordnungen für Gebäude in Städten und wenige Vorschriften, die sich auf Wafferleitnngen und Wafferbauten an öffentlichen Flüssen beziehen. In da- Detail der Bauvorschriften kann hier nicht eingegangen werden"). Es müssen folgende wenige Bemerkungen genügen. 1. Wenn der Eigenthümer zur Gefährdung de- Publikum- fein Gebäude ver­ fallen läßt, so ist die Polizeibehörde äußersten Fall- berechtigt, den ge­ richtlichen Verkauf de- Gebäude» unter der Verpflichtung seiner Her­ stellung zu beantragen, welcher in den Formen der nothwendigen Subhastation erfolgt'"). — 2. Jeder Hau-eigenthümer hat da» Recht, den *) §. 190. d. T.

3; Anderer Ansicht daS AG. Glogan in dem bei Gruchot II. 70. mitgetheilten Recht-fall. S. dagegen die Ausführung von Amecke, S. 72. Die Bemerkung von Gruchot S. 75. die Klage ließe sich aus einem Nothstände begründen, er­ scheint nicht annehmbar, denn daraus kann nicht hergclcitet werden,' daß der an­ stoßende Hausbesitzer etwa- thu» soll. S. auch das. VI. 128. Gelt, prakt Erörtcr. S. 94 sg.

«) Au» §. 26.1. 6.

Oben B. 1> S. 543.

Gruchot VI. 128. a. E.

') §. 30.31. d. T. •) §. 33.34. d. T. §. 1. 1.22.

’) §. 83-95. d. T. Durch §.1.4. 6. 7. de- Edikt- v. 9. Okt. 1807 und §. 4. de» Edikt- v. 14. Sept. 1811. *) §. 60—64. d T. Durch da» Edikt v. 14. Sept. 1811. Gesetzrevision XIII 55. Heydemann S. 415. A. M -och. Pr.-R. I. S. 424 Note6. Komm Note 39. zu §. 64. d. T.

') 1. 8. §. 35-82. '**) §• 40-59. d. T.

Koch, Pr.-R. I. S. 424 Note 5.

Gruchot VI. 130.

Der

Bürgersteig, soweit er dessen Pflaster unterhalten muß, unter der Vor­ aussetzung zu benutzen, daß dadurch keine Verengung, Verunstaltung oder Verunreinigung der Passage verursacht wird"). — 3. Der Eigen­ thümer de» an einem öffentlichen (schiffbaren) Flusse gelegenen Grundstücks muß den Schiffern den Leinpfad gestatten"). — 4. Der Eigenthümer einer Wassermühle oder einer sonstigen Stauung-anlage muß sich gefallen lassen, daß ihm die Höhe de» Wasserstandes durch einen Merkpfahl zu­ gemessen wird"). — 5. Ueber Zertheilungen der Grundstücke schweigt da» A.L.R. Darau» aber darf man nicht schließen, daß diese eine freie Bcfugniß de» Eigenthümer» sein sollten, denn daqial» kannte man Parzellirungen noch nicht. Durch da» Edikt v.- 9. October 1807. §. IV., durch da» Edikt v. 14. September 1811. §. 1. und durch die Verfassung-urkunde vom 31. Januar 1850. Art. 42. ist die Tbeilbarkeit de» Grundeigenthums grundsätzlich ausgesprochen, namentlich hat das letztere Gesetz die durch das Gesetz vom 3. Januar 1845 wieder eingeführten Beschränkungen die­ ser Befugnisse beseitigt. Aber bei der Bestimmung der BerfaffungSurkunde ist e» nicht geblieben. ES ist jedoch nicht erforderlich, die Jrrgänge der neueren Gesetze") hier darzulegen, da da» neueste Gesetz die Hemm­ nisse, welche durch erschwerte Vertrag-form den Parcellirungen entgegen­ gestellt worden sind, wieder beseitigt hat"). — 6. Da» neuere Recht hat noch eine gesetzliche Einschränkung de» Eigenthum» — offenbar doch im Interesse de» gemeinen Wohl» — erfunden. Durch das Gesetz vom 31. Oktober 1848 ist das Jagdrecht auf fremdem Grund nnd Boden al» selbständiges dingliche» Recht aufgehoben. Der Eigenthümer dcö Grundstücks ist nunmehr der allein Jagdberechtigte; das Jagdrecht ist in da- Eigenthum zurückgefallen, letztere- hat sich nach dieser Richtung konsolidirt. Aber da» Gesetz vom 7. März 1850 hat die Ausübung der jedem Grundbesitzer auf seinem Grund und Boden zustehenden Jagd eingeschränkt. Rur auf Besitzungen von zusammenhängenden 300 Morgen nothwendigen Subhaftation muß eine polizeiliche Aufforderung zur Wiederher­ stellung de-Gebäude-vorangehen, Strieth. B. 8. S. 358, aber nicht eine Klage und Bernrtheilung. Koch, Komm. Note 35 zu §. 40. ") §.81.78. d. T. Heydemann S. 415 Ueber Pflasterung uud Unterhaltung. Entsch. B 62. S. 36. Bergl. im Uebrigen das. S. 373. B. 67. S. 54.

") §. 98 d. T.

") Ges. v. 15. Novbr. 1811. §. I fg.

") Art. 42. der Derf-Urk. ist geändert durch da- Gesetz v. 14. April 1856. DaGesetz v. 3. Jan. 1845 ist theil- geändert, theil- ergänzt durch die Gesetze v. 24. Febr. 1850 und 24 Mai 1853, und mit einigen Aenderungen durch Ges. v. 26 Mai 1856 auch im Bezirk de- AG. Greif-wald eingeführt. Außerdem die Gesetze über die Veräußerung von einzelnen Parzellen und die Zertheilung kleiner Grundstücke, vom 13. April 1841, 3. März 1850, 27. Juni 1860. Bergl. Meyer, die preuß. Hypoth. und Subh -Gesetzgebung, 1854, S. 65fg. ") Gesetz v. 5. Mai 1872 über die Form der Verträge, durch welche Grundstücke getheilt werden.

Zweite» Buch.

160

Die besonderen Privatrechte.

Größe, in dauernd und vollständig cingefriedigtcn Grundstücken, und auf Seen, auf zur Fischerei eingerichteten Teichen und auf Inseln, Besitzthum bilden, ist sie unbeschränkt geblieben. als Drei Miteigenthümer solcher

die Ein

Dagegen müssen mehr

Besitzungen die Ausübung entweder

einem von ihnen oder einem angestellten Jäger übertragen, und Besitzungen, die jenen Erfordernissen der Größe mib Abgeschlossenheit nicht entsprechen,

müssen zu größeren Jagdbezirken vereinigt werden.

Wenn

die Eigen­

thümer dieser vereinigten Grundstücke die Jagd nicht gänzlich ruhen lassen

wollen, dürfen sie sie nur durch einen angestellten Jäger au-üben, oder sie müssen sie im Wege deS MeistgebotS oder aus freier Hand auf min­ destens 3 Jahr und längstens 12 Jahr und höchstens an Drei Personen

verpachten.

Die Pachtgelder werden von der Gemeindebehörde unter die

Eigenthümer der vereinigten Grundstücke vertheilt.

Außerdem

ist

noch

Besonderes über Grundstücke bestimmt, die von einem über 3000 zusam­ menhängende Morgen großen Walde eingeschlossen werden, und polizeiliche Maßregel angeordnet.

manche

Für daS Privatrecht interessirt nur,

daß durch diese- Gesetz dem Grundeigenthümer die Ausübung der Jagd

auf dem eignen Grundstück erheblich eingeschränkt worden ist.

Zweites Kapitel. Der Erwerb des Eigenthums. SLR. I. 9. 10. Gruchot VI. 419f. 567f. VII. 82. 259. 402. 560. VIII. 92. 262. 402.560. Förster, Grundbnchrecht S. 72fg. Achilles, die pr. Ges. über Grundeigenthum und Hypothekenrecht. 2 A. 1873. ©. 33ff. Dahlmann, das preuß. Grundbuchrecht. 2. A. 1873 S. 20ff. Peter», die preuß. Grundbuch­ gesetze. 1873. S. 7f. Dalcke, in Gnichot» Beitr. B. 17. ©454 Kayser, der Pr.-Grundbuchrichter. 1874. S. 7f. Heidenfeld, Pr. Jmmobiliarrecht. 1873. S. 13ff. Dornemann II. ©.3-131 Koch, Pr -R- I. 444—466. — Gesterding © 61—308. Pagenstecher II. ©.1—356. Leist, civil ©Indien. H. 3. ©. 65f. Arndt» S. 212. 8.144sg. BScking ll 53f. Brinz I. 191 f. Keller S. 224s. Puchta, Pand. S. 224 8.147s. Borles. I. S. 323. Sensfert I. ©. 160f. Siuteni» I. 479f. Bangerow I. 561 f. Windscheid I 473f. Roth, bair. Liv-R. II §. 135-147.

§. 172.

Allgemeines über die Erwerbsarten.

Der EigenthumSerwerb ist

die Thatsache, durch welche eine Sache

oder ein Recht — soweit letzteres EigenthumSobjekt zu sein fähig ist') — der vollen und ausschließlichen Herrschaft einer bestimmten Person unter­

worfen, durch welche also bewirkt wird, daß nunmehr die Sache oder daS *) Oben ©. 134 fg.

Recht der Person gehört. Die Thatsache muß diese Recht-wirkung äußern können. Die ältere Theorie, au» welcher da» A.8.R. erwachsen ist, hat unterschieden zwischen dem Grunde, welcher der Thatsache die Möglichkeit dieser Wirkung beilege, und der Vollziehung dieser Thatsache, der äußeren Handlung, durch welche die Möglichkeit zur Wirklichkeit werde. Jener Grund war der Titel, diese äußere Handlung der ModuSE). Ueber Beide ist bereit- früher gesprochen und e- ist dort hervorgehoben, daß, so verwerflich diese spaltende Theorie an sich ist, im Gebiete de- Sachenrecht- ihr doch wenigstens die Bedeutung nicht abge­ sprochen werde« kann, daß der ModuS die Erkennbarkeit, diese- wesent­ liche Moment der Dinglichkeit, erzeugt'). Richtig ist nur der Satz: die äußere Handlung muß in sich die Eigenschaft oder die Kraft haben, den Eigenthum-erwerb zu bewirken, und diese Eigenschaft oder Kraft hat sie, wenn sie von gewissen thatsächlichen Voraussetzungen begleitet ist, welche die Rechtsordnung als Erwerb-gründe anerkennt. Diese Voraussetzungen sind verschieden. War die Sache noch nicht im Eigenthum einer anderen Person, oder ist sie e- nicht mehr, so hat die äußere Handlung in sich selbst die Kraft, den Erwerb zu wirken. War die Sache bi-her im Eigenthum einer anderen Person, so muß erst noch eine Thatsache ein­ treten, welche diese» Eigenthum aufhebt und diese kann wiederum sehr verschieden sein, je nachdem die Aufhebung de- Eigenthum- ohne (gegen) den Willen oder mit dem Willen de- Eigenthümer» geschieht. Hiernach wird der ursprüngliche und der abgeleitete Erwerb unterschieden. Diese Eincheilung ist nicht identisch mit derjenigen, welche da» A.8.R. ansstellt, in unmittelbare und mittelbare Erwerb-arten: jene, wenn zum Titel nur noch Besitzergreifung erfordert wird, diese, wenn außer dem Titel noch eine Besitzerledigung de» bisherigen Eigenthümer- der Besitzergreifnng de» Erwerber» vorhergehen muß'). Insofern nicht iden­ tisch, al- der Begriff de- abgeleiteten Erwerbs weiter greift, als der de» mittelbaren. Abgeleitet ist der Erwerb immer, wenn die Sache schon EigenthumSobjekt eine» Anderen war und in diese» Eigenthum der Er­ werber fuccedirt; abgeleitet ist also der Erwerb durch Vererbung und durch Tradition, aber der erstere ist trotzdem ein unmittelbarer und nur *) S- die bei Gruchot VI. 419s. Litirteu Berger, Dariee, Wolff bi- auf Gesterding. ’) §. 1. 2. I. 9. Oben B. 1. S. 12J fg. Vcrgl. hierzu jetzt noch Gruchot a. a. O., welcher in Anschluß an Daran, Abhandlungen, 1860 ®. 130f. mit Recht her­ vorhebt , daß Titel und Modu» doch nur theoretische Schulbegriffe sind, welche aus die Praxi- keinen Einfluß üben, daß sie daher in ein Gesetzbuch nicht ge­ hören und ohne Nachtheil darau- entfernt werden können. Ueber die Bedentnng von Titel und Modu- im franz. R. s. Zachariä I. 425f. Der abgeschlossene Bertrag ist Titel und Modu» zugleich, ti bedarf nicht noch der Tradition oder einer äußeren Feierlichkeit. Das S. 430. Code 711. 938.1138. 1583. ') §. 5. 6. I. 9. 8 erster, Prruß. Prtvatrrcht. Ul. 3. Aull.

11

der letztere mittelbar. Die Adjudikation ist abgeleitet und mittelbar; die auf einen Titel gegründete Ersitzung kann al» abgeleiteter Erwerb aufgefaßt werden, ist aber jedenfalls ein unmittelbarer'). Für den abgeleiteten Erwerb ist der Begriff der Succession von Wichtigkeit. Succession ist der Eintritt in da» RechtSverhältniß eine» Anderen in der Art, daß da» Rechtsverhältniß objektiv dasselbe bleibt, nur eine andere subjektive Beziehung erhält. Da» Eigenthum de» A. wird jetzt das Eigenthum de» B., die Forderung de» A. wird jetzt die Forderung de» B., das gejammte Vermögen de» A. al» Ganzes wird jetzt da» Vermögen de» B. Succession beruht auf der Annahme, daß durch den Willen gesetzte Rechtsverhältnisse zur Sache oder zu einer Person ein objektive» Dasein haben, und vermöge dieser Objektivität, man kann bildlich sagen Körperlichkeit ihrer Existenz die Eigenschaft der Uebertragbarkeit besitzen'). E» wird nicht allein die Möglichkeit einer Succession in Forderungen noch immer lebhaft bestritten — wovon oben ausführlich gehandelt'), — sondern neuerdings ist auch die Succession in Sachen­ rechte angefochten"). Diese Opposition geht davon au», daß da» Recht stet» nur durch den Willen de» Erwerber», nicht durch Uebertragung ge­ schaffen werden könne. Der frühere Herr der Sache begründe nicht da» Recht de» ihm folgenden, sondern gebe nur sein eigene» Recht auf, ent­ äußere sich de» Objekt», spontan ergreife der Nachfolger die Sache, da» Recht sich selbst neu schaffend. Nicht durch Uebertragung also setzt sich da» alte Recht fort, sondern ursprünglich wird e» al» neue» gesetzt. Allein diese Ansicht ist unhaltbar. Sie verneint da» substanzielle Moment der Rechte, weil sie nur im Willen de» Subjekt» bestehen, sie verneint den Kausalnexus zwischen dem Willen de» Veräußerer» und dem de» Erwer­ ber», sie zerreißt den eigentlichen Akt de» Erwerbs durch Uebertragung in zwei selbständige Akte, von denen keiner auf den andern eine Bezie­ hung hat, sie übersieht endlich, daß da» Recht in seiner konkreten Einzelf) Eine eigenthümliche Art de» unmittelbaren und ursprünglichen Erwerbe- hat da« H G.B. Art. 306 geschaffen. Die Veräußerung de- Kaufmann« giebt dem Erwerber da- Eigenthum unabhängig von jedem früheren Recht eine- Dritten, insofern ent­ steht da- Eigenthum in der Person de- Erwerber- ursprünglich. Die Traditio» de« Sausmann» ist, wenn er nicht der Eigenthümer war, nicht Brfitzerledigung durch den vorigen Eigenthümer, und insofern ist der Erwerb ein unmittelbarer (§. 3. 1.10), wie bei der Ersitzung, wenn aus Grund eine- Titel» vom Nicht eigenthümer tradirt worden ist. S. Hauser im Arch. s. Wechselrecht v. Siebenhaar, B-16. S- 258 a. E. f •) Savigny, System B- 3. S.8fg.

Unget, Ssterr. Priv.-R. II. S. 16fg.

Savigny, S.9: „fortdauernde Identität de« Recht-verhLltniffer." •) Oben 8.1. S.625fg. •) Lenz, da« R. de« Besitze-, S. 45fg. Neuner, Wesen und Arten der Privat recht-verhältniffe, 1866, ©. 166 f. meint, e» werde nur der in einem Dürfen be­ stehende Stoff de«Recht- übertragen, in dem Nachfolger entstehe aber ein neueRecht. Bergl. auch Exner, der Recht-erwerb durch Tradition nach österr. und gemeinem R. 1867. S. 1 f.

z. 172.

Allgemeine- über die Erwerb-arten.

163

heit auch besondere Eigenschaften zeigen kann, z. D. da- Eigenthum an einer Sache Belastungen oder Einschränkungen oder Bedingtheit, und sie vermag nicht zu erklären, wie solche besondere Eigenschaften bei so spon­ taner Erwerbung erhalten bleiben können. Soll aber das Recht de- A. in der Person des B. sich fortsetzen, so ist nöthig, daß zwischen dem A. und dem B. eine juristische Verbin­ dung eintrete, welche den Uebergang des Rechts von dem Einen ans den Andern vermittelt"). Die Rechtsnachfolge ist nicht bloß ein zeitlicheAufeinanderfolgen"). Der Unterschied ist wesentlich: bei der Rechtsnach­ folge geht da- Recht mit seinen Beschränkungen und Belastungen, mit allen seinen besonderen Eigenschaften über, weil e- da- alte bleibt; bei äußerlicher Aneinanderreihung würde für einen solchen Uebergang die Ver­ mittelung fehlen"). Die Succession ist entweder Singular- oder Universalsucces­ sion. Die letztere ist der grundlegende Begriff de- Erbrechts, sie un­ terscheidet sich von jener nicht bloß durch das anders geartete Objekt oder durch den Umfang der Nachfolge, sondern hat in sich noch andere Mo­ mente, die hier nicht erörtert werden können. Für da- Sachenrecht ist nur der Begriff der Singularsuccession (Einzelrecht-folge) wichtig; sie ist die Rechtsnachfolge in ein oder mehrere Rechtsverhältnisse al- einzelne, also im Gebiet de- Sachenrecht- die Rechtsnachfolge in da- Eigenthum einzelner Sachen oder Rechte"). Bei der Singularsuccession ist der bi-*•) Puchta, Pand- §.47: Succession ist der Eintritt in da- Recht eine- Andern vermöge eine- juristischen Verhältnisse-, da- zwischen beiden besteht, und den Uebergang de-Recht- begründet. Unger S. 17: „Daß der Nachfolger kraft eine­ besonderen zwischen ihm und dem Dorbesitzer bestehenden juristischen Verhältnissean die Stelle desselben tritt." Es ist also eine Verbindung der Personen deö Vorgänger- und Nachfolger-. Ander- ist der Gedanke bei Savigny S. 9. 10 au-gedrückt: „e- müsse zwischen beiden Rechtsverhältnissen eine solche innere Verbindung wahrzunehmen sein, wodurch sie als ein eiuziges nur in verschiedenen Personen fortdauernde- Rechtsverhältniß erscheinen," und: „daS Wesen dieser Verbindung ist darin zu setzen, daß daS spätere Recht-verhältniß auf da- erste gegründet, von ihm abgeleitet, also auch durch dasselbe bedingt und von ihm ab­ hängig ist." Sav. scheint also zwei Rechtsverhältnisse anzunehmen, ein begrün­ dende- und ein abgeleitete-, welche nur als eines erscheinen. Die- ist aber keine fortdauernde „Identität" und widerspricht dem Begriff der Succession, bei welcher da- Recht substanziell erhalten bleibt und nur auf ein andere- Subjekt übertragen wird vermöge eine- diese Ueberttagung bewirkenden und vermittelnden Recht-akte-. Der letztere ist -da- Band zwischen dem Veräußerer und Erwerber, welche- daEigenthum von jenem zu diesem überleitet. Nicht da- Recht-verhältniß ist in der Person de- Erwerber- ein abgeleitete- oder abhängige-, sondern der Er­ werb ist ein abgeleiteter. ") Unger S. 17. M) Nicht Succession-erwerb ist e-, wenn eine derelinquirte Sache sofort okknpirt wird, auch nicht der Erwerb durch Usukapion. Koch, Priv.-R. II. S. 717 Note 2. ") Savigny S-12f. Unger S. 19. Die Quellenauödrücke sind: in rem succedere (1.3. §. 1. D. XXL 3. 1. 1. §. 13. D. XLIII. 3), in singularum renim dominium succedere (1.37. D. XXIX. 2.).

herige Eigenthümer der Urheber (Autor)") des Recht- de- ErwerberS uud daraus ergeben sich für ihn bestimmte Pflichten. Der Uebergang de- Eigenthum- muß daher durch den Willen de- bisherigen Eigenthümervermittelt werden: da- Recht wird veräußert"). Rach der Theorie de- A.L.R. ist zum Eigenthum-erwerb in der Regel die Besitzergreifung nothwendige» und unerläßliche» Erforderniß"). Bon dieser Regel giebt e» aber folgende Ausnahmen"): der Erwerb durch Vererbung, welcher sich im Augenblick de- Tode- de- Erblafferö von selbst vollzieht"), der Erwerb durch richterlichen Zuschlag im Fall der nothwen­ digen Snbhastation und Auktion"), und der Erwerb durch Finden eines Schatze»'"). Scheinbar könnte man noch den Fruchterwerb de- Nutzungs­ berechtigten hierher rechnen, weil der Erwerb mit der Entstehung der Frucht zusammenfällt") — aber nur scheinbar, weil der Nutzungsberechtigte schon unvollständiger Besitzer de- Grundstücks ist, die Frucht also in dem Kreise eine» vorhandenen Besitze- entsteht. AuS demselben Grunde ist eS keine Ausnahme, wenn Anspülungen und verlassene Flußbette ohne Besitz­ ergreifung erworben werden"), weil sich auch hier der Erwerb in dem Kreise eine» schon vorhandenen Besitze» vollzieht. Keine Ausnahme ist ferner der Alleinerwerb an bisher gemeinschaftlich besessenen untheilbaren Sachen durch die Entscheidung deS Looses"), und ebenso wenig der käuf­ liche Erwerb einer Erbschaft, weil dieser Session deS Erbrechts, also nicht Verkauf von Sachen ist"). Eine grundsätzliche Verschiedenheit deS Eigenthum-erwerbs an beweg­ lichen und unbeweglichen Sachen (Grundstücken, Gerechtigkeiten) war dem A.L.R. fremd. Auch für unbewegliche Sachen galt als Regel, daß '*) Puchta, Pand. 10 «. 6.72. §.47.

••) Oben B. 1. S. 82. '•) §.3. 1. 9.

Grnchot VI.424.

*’) §. 4. 1.9. Fälle, wo die Gesetze die Erwerbung de« Eigenthum- schon mit einer gewissen Begebenheit oder Willensäußerung allein ausdrücklich verbinden. ,8) §. 367. 1.9. DaS Eigenthum an der legirten Sache wird nach §. 288. 1.12. zwar auch schon mit dem Todestage des Erblassers erworben, aber der Legatar darf sich nicht eigenmächtig in den Besitz setzen, muß vielmehr dieUebergabc vom Erben verlangen. §.311. das. Deßhalb ist der Erwerb deS Legatars ein mittel­ barer; bis zur Uebergabe hat er an den Erben nur einen Anspruch. Borne­ mann VI. 80. Koch, Komm. Note45 zu I. 12. §. 288. Baron, Abh. S. 97. S. auch Koch, Uebergang der Forderungsrechte, S. 154f. Strieth. B. 21. S 240. Dagegen Grnchot, Beitr II. 63. Erbrecht I. 556 und HinschinS, Anw -Zeit. 1862. S. 2f. Das Nähere im Erbrecht.

■•) z. 342. I. 11.

Oben B. 1. S. 130 Note 42.

’•) Koch, Note 10 zu §.82. 1.9. Note 50.

Entfch. B. 54. S. 36fg.

") §. 221. I. 9.

") §. 227. 270. I. 9. *’) §. 573. I. 11.

Baron, Abh. S. 93 f.

") §. 474. I. 11.

Oben B. 2. S. 126.

Unten §.175.

bei

die mittelbare Erwerbung de« Eigenthums außer dem dazu nöthigen Titel die wirkliche Uebergabe erfordere. Zwar mnßte zu der Besitznahme noch ein Moment hinzukommen: die Berichtigung des Besitztitel« im Hypotheken» buch. Erst wenn diese geschehen, sollte der Erwerber in allen mit einem Dritten über das Grundstück geschloffenen Verhandlungen als der Eigen­ thümer desselben angesehen werden'*), oder, wie eS in der älteren Hypo­ thekenordnung von 1783 schärfer gesagt war: „Derjenige, für welchen solchergestalt der titulus possessionis auf ein Grundstück berichtigt worden, ist für den wahren und alleinigen Eigenthümer anzusehcn")". Gleichwohl war nicht die Berichtigung deS Besitztitels, sondern die Uebergabe der Akt, durch welchen das Eigenthum erworben wurde und die Praxi» hat diesen Grundsatz auch — abgesehen von einigen älteren Schwankungen — festgehalten"). Wer auf Grund eine» Veräußerung-titel» die Ueber­ gabe erhalten hatte, war auch ohne Eintragung der wahre, natürliche Eigenthümer, die Berichtigung de» Besitztitels hatte nur die Bedeutung, ihn als Eigenthümer Dritten gegenüber zu legitimsten. Darum mußte auch für die'Berichtigung der Nachweis der erfolgten Uebergabe beigebracht werden: „wer über ein Grundstück vor Gericht Verfügungen treffen will, der muß fein darauf erlangtes Eigenthum-recht dem Richter der Sache nachweisen und dasselbe (d. h. da» erlangte, bereit» erworbene Eigenthum) in dem Hypothekenbuch vermerken lassen")". Um die Angabe de» EigenthümerS im Hypothekenbuch im Einklang zu erhalten mit der wirklichen Sachlage, wurde nach dem A.L.R. jeder neue Erwerber gezwungen, seinen Besitztitel berichtigen zu lassen"). Diesen Zwang hat man später aufge­ geben") und dadurch ist der Zustand herbeigeführt worden, daß da» Hhpothekenbuch niemals mit Sicherheit, sondern nur zufällig eine richtige Auskunft über das Eigenthum gab: in zahlreichen Fällen war eine andere Person Eigenthümer, als der Eingetragene; der öffentliche Glaube deHypothekenbuchS in seiner ersten Rubrik war vernichtet"). Diesem un“) §■ 7. I. 10. Beiläufig fei hier bemerkt, daß die Eintragung bet Eigenthum- au einem Seeschiffe in bat Schiffsregister nach dem H G B. Art. 435. nicht die Be­ deutung der privatrechtlichen Beurkundung bet Eigenthum-, sondern den öffent­ lichen Zweck der Feststellung der Nationalität bet Schifft hat. Sergi. Hauser in Siebenhaar Arch s. Wechselrecht V. 16. S 260. ") II. $. 92. • ") Oben B- 1. S. 124 Rote 21. In den älteren Rescripten v. 24. August 1784 (Edikten-Samml. 1784. Kol 2909 u 2914) und v. 26. Mai 1804 (neues Archiv B. 3. S. 486. Rabe B. 8. S. 69) war die Auffassung enthalten, daß nicht die Befitzergreisung, sondern die Besitztitelberichtigung da- entscheidende Moment sei, diese Ansicht ist jedoch in den späteren Rescripten v. 19. Juni 1816, 27. Mai 1819, 26. März 1834 (». Kamptz B. 8. S. 53 B. 13. S. 303 B. 43. S. 203) fallen gelassen. “) 1.10. §. 6. 1. bergt mit §. 125. 1.11.

’•) I. 10. §. 12-14.

*•) Kab.-Ordre v. 31. Oktober 1831. •') Förster, Grundbuchrecht S- 45.

leugbaren Uebelstande hat das Gesetz vom 5. Mai 1872 über den EigenthumSerwerb abgeholfen. Im Anschluß an neuere deutsche Gesetzgebungen") und an da- ältere deutsche Recht") hat eS die Tradition-theorie aufge­ geben und dieselbe durch die Eintragung-- oder Auflassung-theorie ersetzt: im Falle der freiwilligen Veräußerung vollzieht sich der Eigenthum-erwerb nicht mehr durch die Uebergabe, sondern durch die auf Grund der Auf­ lassung erfolgte Eintragung de- Eigenthümer- im Grundbuch"). Die Uebergabe verleiht jetzt nur den Besitz. Durch die Eintragung wird der Erwerber erst Eigenthümer; der Veräußerung-vertrag und die Uebergäbe haben nicht mehr diese Wirkung. Dadurch ist der öffentliche Glaube de- Grundbuchs wieder hergestellt, der Zwiespalt, den da- Nebeneinander eine- wahren und fingirten Eigenthümer- erzeugen mußte, von denen der Erstere da- Grundstück veräußern aber nicht belasten, der Letztere eS zwar belasten aber nicht veräußern konnte, wieder aufgehoben. Der Eigen­ thum-erwerb an Grundstücken ist, der deutschen Recht-entwickelung ent­ sprechend, wieder ein öffentlicher Akt. Wie nun da- Recht-institut der Auflaffung rechtlich zu construiren ist, in welchem Verhältniß die Auf« laffung zum Veräußerung-vertrag, dem Titel, steht, wird später ausführlich zu erörtern sein"). Hier, wo nur die allgemeinen Gesichtspunkte zu Sprache kommen, ist aber noch hervorzuhebcn, daß die Eintragung daEigenthum am Grundstück nicht in allen Fällen erst giebt, daß vielmehr noch Fälle übrig sind, in denen eine andere al- die eingetragene Person Eigenthümer ist. Diese Fälle aber sind nicht geeignet, den Zwiespalt eine­ doppelten Eigenthums zu erhalten. Dieser Zwiespalt konnte in der That nur hervortreten bei freiwilligen Veräußerungen, also in Fällen de- s. g. mittelbaren Erwerbs. Die übrigen Fälle stellen nicht einen Veränßrer neben einen Erwerber, welche, wenn Ersterer aber nicht Letzterer einge­ tragen worden. Beide nebeneinander al- Eigenthümer erscheinen, und kollidirende Rechte in Betreff deö Grundstücks au-üben können. Hierher gehört der Erwerb im Erbgang, durch Abschluß einer gütergemeinschaft­ lichen Ehe, durch Besitzeinweisung bei der Enteignung, durch gerichtlichen Zuschlag bei der Zwangsversteigerung, durch Bestätigung de- Rezesse- bei Landabfindungen zum Zweck der Ablösung von Reallasten und der Au-**) Bergt. Gruchot VIII. 562, wo viel Material au» den »eueren Gesetzgebungen mitgetheilt ist. Stobbe, di« Auflaffung de» deutschen R. in Jhering und Unger, Jahrb. B- 12. bes. S- 247fg. Preuß. Gesetzentw. über Grundeigenth. u. Hyp.-R. 1869. S. 29 f. 37 f. Preuß. Entwurf v. 1864. S. 32f. M) Der in voriger Note citirte Aussatz von Stobbe weist in sehr dankenswerther Weise nach, daß die AuflassungSihcoric dcS neuesten preuß. Recht» nicht ein abso­ lut Neue», willkürlich Erfundenes ist, sonder» ihre Anknüpfung und historische Berechtigung in der deutschen Recht-entwickelung hat.

") Gesetz über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. §.1.2. “) Unten §. 178.

führung von GemeinheitStheilungen3'). Es läßt sich zwar nicht verkennen, daß der Erwerb durch Eintragung auch bei der Gütergemeinschaft, bei der Enteignung, der Zwangsversteigerung und den Landabfindungen sehr wohl hätte festgehalten werden können, nur ist der praftische Nachtheil dieser Abweichungen nicht erheblich, denn die gütergemeinschaftliche Ehe des Veräußerers kann kaum demjenigen unbekannt bleiben, der da» Grund­ stück von ihm erwerben will, und bei der Enteignung, der Zwangsver­ steigerung und den Landabfindungen hat die Gesetzgebung dafür gesorgt, daß diese Vorgänge zeitig durch Vermerke im Grundbuch ersichtlich werden und daß demnächst von Amt-wegen die Eintragung de» neuen Eigenthümer» besorgt wird. Während also die Auslastung und Eintragung nur in den Fällen einer freiwilligen Veräußerung der Erwerbakt ist, und in Betreff aller übrigen Erwerbfälle die Vorschriften de» älteren Recht» in Kraft geblieben sind3'), so hat doch da» neuere Gesetz zugleich Vorsorge getroffen, daß der neue Erwerber nicht außerhalb de» Grundbuchs bleibe, indem er, solange er al» Eigenthümer noch nicht eingetragen ist, da» Grundstück weder auflasten noch belasten kann"). Nur Miterben können ein ererb­ te» Grundstück auflassen, auch wenn sie noch nicht al» Eigenthümer ein­ getragen sind33). Die Unklarheit, welche die Theorie de» A.L.R. vom Eigenthum-erwerb an Grundstücken in Folge de» Bestreben» beherrscht, die Tradition al» ErwerbSakt festzuhalten und zugleich der Eintragung eine rechtliche Be­ deutung beizulegen, die zur Sicherung de» Verkehr» neben dem naturalen Eigenthum ein formale- schaffen mußte, hat die Nothwendigkeit herbei­ geführt, kasuistisch die Fälle der Kollisionen zu schlichten, welche zwischen zwei Erwerbern eine» Grundstück» eintreten können, welche ihren Titel entweder Beide von dem eingetragenen Eigenthümer oder Beide von dem nicht eingetragenen Eigenthümer, oder der Eine von dem nicht eingetra­ genen wahren, der Andere von dem eingetragenen nicht wahren Eigen­ thümer herleiten. Diese im 10. Titel, Theil 1 des A.L.R. enthaltenen Bestimmungen, welche der Auslegung viel Schwierigkeit gemacht haben, entbehren jetzt des rechtlichen Interesse. Indem da» Gesetz v. 5. Mai 1872 nur den eingetragenen Eigenthümer zur Auflaffung und Belastung deS Grundstücks berechtigt, kann derjenige, der seinen Titel von dem ein­ getragenen Eigenthümer erhalte» hat, mit Niemand mehr in Kollision gerathen, möge der Andere seinen Titel von einer nicht eingetragenen *•) Förster, Grundbuchrccht S. 96sg. ”) Ges. über den EigenthumSerwerb v. 5. Mai 1872 §. 5.

") Bergt, die Kommentare von Achilles, S. 35fg. zu dem Ges. v. 5. Mai 1872.

2. A. S. 41 fg.

Bahlmann 2. A.

••) Ueber die Rechtfertigung dieser Ausnahme: Förster, Grundbuchrecht S. 97.

Person habe«, oder von demselben eingetragenen Eigenthümer. Im ersten Fall entstehen nur persönliche Beziehungen zwischen den Kontrahenten, di« z« einem EigeuthumSerwerb am Grundstück nicht führen können; im zweiten Fall entscheidet die Auslastung, und derjenige Erwerber, dem sie ertheilt worden ist, geht jedem vor, der nur einen Titel zur Auslastung erhalten hat, mag dieser Titel älter oder neuer sein"). Bei dem Erwerb beweglicher Sachen sind aber noch Kollisionen zwischen älterem und jüngerem Titel denkbar"). Derjenige Titel ist der bessere, der sich vom wahren Eigenchümer herschreibt, und wenn mehrere kollidirende Titel von demselben Autor ertheilt sind, entscheidet die frühere Entstehung. Aber der jünger Berechtigte geht dem älter Berechtigten vor, wenn ihm die Sache übergeben worden"), und er bei der Uebergabe den älteren Titel de» Andern nicht gekannt hat"). Für die systematische Anordnung der verschiedenen Erwerbs» arten bieten sich mehrfache Eintheilung-gründe dar. Die Lehrbücher weichen daher hier sehr von einander afc"). Zunächst scheint eS nicht zweifelhaft, daß die Einteilungen de» römischen Recht-, namentlich auch die in naturalen und civilen Erwerb nicht mehr maßgebend sein können"). Ueberhaupt ist die Systematik de» heutigen Recht» unabhängig von der der Römer. Da» A.8.R. theilt in unmittelbaren und mittelbaren Er­ werb"), die Schriftsteller de» gemeinen Recht» entweder in ursprünglichen und abgeleiteten"), oder in Erwerb durch Vermittelung de» Besitze» und ohne vorgängige Besitzergreifung"), oder, auf den Willen de» Veräußerer»

°) z 4 Da» Gesetz über den EigeuthumSerwerb v. 5. Mai 1872. Förster, Grund buchrecht S.4Sfg. Oben B. 1. S. 128. — Die Aenderungen, welche durch jene» Gesetz die Einleitungs-Paragraphen de« 9. Titel» und der 10. Titel I. A.L.R. er­ litten haben, find in legislativer Form ersichtlich gemacht bei Förster, Grundbuchrecht S. 91 fg. 4I) §. 21. 22. 1.10. Gruchot a. a- O. S. 597 f. Als auf bewegliche Sachen wegen z. 7. 1.2. hat die §.21.22. das O.-Trib. auch auf Aktiva, welche Mehreren cedirt worden, angewendet. Entfch. B. 4. S 71, dagegen bei Kollisionen mehrerer Hypothekeugläubiger ausgeschlossen, weil diese kein Eigenthum an dem verpsändeten Objekt prätrndiren. Strieth. B. 18. S. 66. ") §. 23. 1.10. Der §. 23. ist eine Ausnahme von §. 22. Die körperliche Uebergabe geht der Uebergabe durch Anweisung vor. §. 74. I. 7- Bergl. hierzu Entsch. «.54. S. 60f.

«•) §. 24. 25. 1. 10. M) S. Pagenftecher II. S.2f.

vöckiug II. S. 55 Rote 15.

") Schon im justin. R. veraltet. Böcking das. Rote 16—19. Gest erding hat die Eintheilung in natürliche und bürgerliche Erwerb-arten noch befolgt. Ebenso Mühlenbruch, Pand. 3. A. B. 2. $. 245.246. 256.

**) §. 5.6. I. 9.

Gruchot VI. 425.

«) Göschen, Puchta, Siuteui», Arndt».

**) Dangerow, Keller. Gründen."

Letzterer hat allerdings noch die Kategorie: „aus anderen

j 178. Allgemeine« über die Erwerb-arten.

169

ober Erwerber» zurückgreifend, in nothwendigen und willkürlichen Erwerb"). Bei allen diesen Eintheilnngen bleiben Schwierigkeiten und Bedenken. Auch der unmittelbare Erwerb setzt in einigen Fällen Besitzerledigung vor­ an», ohne dadurch zum mittelbaren zu werden, so bei verlassenen, preißgegebenen, verlornen Sachen, bei der Ersitzung. Nicht überall ferner ist es zweifello», welcher Erwerb ursprünglich, oder abgeleitet ist, die Ersitzung ist scheinbar beide»"); auch ist die Ersitzung nicht bloß durch Besitz ver­ mittelter Erwerb und der durch Besitz nicht vermittelte Erwerb bildet nur eine Au-nahme, umfaßt nur Fälle „zersprengter Natur", kann daher nicht gleichberechtigt neben die Regel gestellt werden"). Endlich neben den nothwendigen und willkürlichen Erwerb müßte doch noch der zufällige treten, und die Adjudikation ist nicht, wie Böcking annimmt, ein will­ kürlicher, d. h. ein auf dem Willen de» Erwerber» oder de» früheren Eigenthümer» beruhender Erwerb"). Wind scheid, dessen Versuch der neueste ist, theilt in Erwerbsfälle an Sachen, die sich bereit» in einem Eigenthum befunden, und in solche, wo sich die Sache noch nicht oder nicht mehr in einem Eigenthum befindet. Er zerbricht aber die Konsequenz dieser Disposition durch die Beifügung einer dritten Gruppe von Erwerbs­ arten, welche er al» nur formale bezeichnet, weil sie zwar da» Eigenthum verleihen, aber nicht auch zum Behalten de» Vermögen-werth» der Sache berechtigen (Verbindung und Verfertigung)"). Hier wird also ein an­ derer EintheilungSgrund elngefchoben: der Gegensatz von formalem und materiellem Erwerb, der verwandt erscheint mit dem de» entgeltlichen und unentgeltlichen Erwerb», denn bei dem ersteren wird doch auch der Vermögen-werth der erworbenen Sache zurückgeleistet. Für die nachfolgende Erörterung wird folgende Eintheilung aufgestellt: A. Der Erwerb an ne« entstandenen Sachen (Frucht, natürliche An- und Zuwüchse: Alluvien, Avulsion, Insel, verlassene» Flußbett, Säen und Pflanzen, Grenzbaum, Befruchtung fremder Thiere); die­ ser Erwerb ist immer unmittelbar und ursprünglich. B. Der Erwerb an herrenlosen oder verlassenen Sachen (Okku­ pation, Thierfang, verlassene, preißgegebene Sachen): auch hier un­ mittelbar und ursprünglich. C. Der Erwerb an fremden Sachen (Fund, Schatz, Beute, mechanische Accessio» (Verbindung) Verarbeitung, Bau auf fremdem Boden und mit fremdem Material, Ersitzung, Tradition, Auflassung): unmittel") "*) “) •*) **)

Böcking a. a. O. S.55 Note 16 «. E. Leist, cito Studien, H. 3. Pagenstecher II. S. 5. Oben Note 5. Unten §. 177. bei Note 20. Pagenstecher S. 3. Pagenstecher S. 3.4. Pand. v. 1. H. 473 f.

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Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrrchte

barer und nur bei der Tradition und Auftastung mittelbarer Erwerb, bei letzteren beiden und der gemeinrechtlichen Adjudikation auch abgeleiteter, bei den übrigen ursprünglicher").

§. 173. A. Eigenthum-erwerb au neuen Sachen. Neu entstehen Sachen nur durch die Natur; Produkte menschlicher Thätigkeit sind Formungen vorhandenen Stoff-. Aber auch die von Na­ tur neue Sache ist ein relativer Begriff, weil sie nur durch Stoffwand­ lung hervorgebracht wird. Die Stoffwandlung vollzieht sich entweder von Innen herau- (Entstehung der Frucht), oder von Außen heran (An- und Zuwachs). Der Erwerb beider Arten von natürlich neuen Sachen wird hier besprochen. Sollen solche neue Sachen von dem Moment ihrer Entstehung oder ihrer räumlichen Veränderung in den Eigenthum-krei- einer bestimmten Person gehören, so setzt die» voraus, daß ihre Entstehung oder Rauniänderung in Beziehung zu einer Sache erfolgt, an welcher dieser Person das Eigenthum bereits zusteht, d. h. entweder organisch aus ihr her­ vorgeht, oder organisch sich mit ihr verbindet. Nach römischem Recht ist der Satz unbedingt anzunehmen, im preußischen Recht erleidet er bei der Fruchterzeugung eine Durchbrechung. Besitzergreifung ist bei dem Erwerb neuer Sachen nicht in allen Fällen erforderlich. I. Der Erwerb der Frucht'). Bet der Lehre vom Recht zum Besitze ist ausgeführt, daß das A.L.R. vom römischen Rechte abweicht'). Zwar der Eigenthümer des Grund und Bodens erwirbt nach beiden Rechten das Eigenthum der in ihm entstehenden Frucht durch die That­ sache ihrer Entstehung, ohne daß eS einer Handlung der Besitzergreifung bedarf'), und der Eigenthümer de- Mutterthieres da- Junge, sobald cS durch Trennung von der Mutter Einzelsache geworden'). Aber während nach römischem Rechte der Nutzungsberechtigte, welcher dem Eigenthümer gegenübersteht, und der redliche Besitzer die auf fremdem Boden erzeugte Frucht nur durch ihre Separation oder Perception, also durch einen Akt der Besitzergreifung erwerben'), gehört sie nach A.L.R. dem NutzungSberechM) Abgeleitet und doch unmittelbar ist der Erwerb durch Vererbung. im Erbrecht.

Ueber diesen

*) Gruchot VII. 87f. Pagenstecher II. SSfg. v. Scheurl, Beitrage I. Nr. 11. Wind scheid 1. 530. Oben §. 165. S- Ulf. — Ueber den Begriff der Frucht s. v. 1. S. 101 f. *) Oben 6.113 Note 20.

») §. 231. 1.9. 1. 44. D. VI. 1. 1.25 pr. D. XXII. 1. 1. 61. §. 8. D. XLVII. 2.

‘) §. 194. I. 7. 8 19.37. 3. II. 1. 1. 2 6. D. XLI. 1. Der Dünger vom Thier ist erworben, sobald er geworfen ist. Pagenstecher II. 98s. ') 3m

römischen Recht wird unterschieden zwischen den obligatorisch und dinglich

§. 173.

Eigenthum-erwerb an neuen Sachen.

171

tigten und dem redlichen Besitzer vvn ihrer Entstehung an, also noch stehend im fremden Bodens. Der Besitz an letzterem, den der Nutzungs­ berechtigte als unvollständigen hat, ergreift auch fofoit die entstehende Frucht: darum bedarf es zu ihrem Erwerb nicht noch einer besonderen Besitzergreifung. Der Titel zum Erwerb der Frucht liegt in dem Nutzungs­ recht oder Besitzrecht am Grundstück; der Modus in der Entstehung im besessenen Objekt'). II. An- und Zuwüchse, d. h. Sachen, die von außen her mit einer anderen Sache verbunden werden"), und soweit dies auf natür­ lichem Wege entsteht'), erwirbt, sobald die Verbindung sich vollendet hatder Eigenthümer der Hauptsache''). Hierher rechnet das A.L.R. folgende Fälle: 1. Anspülungen fremder Erdtheile an das eigene Grundstück (Alluvionen) erwirbt der Eigenthümer des Ufers, wo sie sich angesetzt haben, ohne besondere Besitzergreifung"). Ebenso anwachsende ErdNutzung-berechtigten. Der Pächter, welcher obligatorisch berechtigt ist, soll die Frucht nur durch eine Tradition de- Verpächters erwerben, welche in der Zu­ lassung der Perzeption gefunden wird, 1. 9. D. XIX. 2. S. hierüber B. 2. S. 224 a. E. f. und in diesem B. §. 168 Note 34. S 138. Der Nießbraucher dagegen, al- dinglich berechtigt, erwirbt nicht durch Tradition, sein Erwerb hängt nicht vom Willen de- Eigenthümer- ab. 1. 9. pr. D. VII. 1. S. hierüber Banger ow I. tz. 312. G. 576. Windscheid l. S 521. Note5. 6. Pagenstecher II. 96. §. 4. In 36 J. II. 1. werden Nießbraucher und Pächter beinahe (fere) gleich­ gestellt. Beide müssen perzipiren, um zu erwerben, aber wenn der Eigenthümer dem Ersteren die Perception wehrt, so geht die Klage auf Herausgabe der Früchte, wenn er ste dem letzteren entzieht, nur aus Entschädigung auf Grund de- Ver­ trage-. 1. 24. §. 4. D. XIX. 2. Für da- preuß. R. ist diese übrigen- auch bei den Romanisten nicht unbestrittene Auffassung wesenlos, da auch der Pächter ein ding­ liche- Recht hat und die Frucht in iyrer Entstehung erwirbt.

•) §. 221. § 165. ') A. M. §. 172.

I. 9. §. 189. I. 7. Ueber da- Verhältniß beider §§. zueinander s. oben S. 112. Gesetzrevisor XIII. S. 107. Bornemanu II. 34f. Gruchot IV. S. 461. S. hierüber oben §. 160. S. 38 Note 28 und S. 163.

•) § 222. I. 9. „Vermehrungen und Verbesserungen einer Sache, die sei e- durch Natur oder Kunst von außen her bewirkt werden, heißen An- und Zuwüchse." S. oben B. 1. S. 103- Da- ist der Begriff der Aceession, welcher die natür­ lichen und künstlichen, d. h. durch menschliche Thätigkeit bewirkten Verbindungen oder Erweiterungen des Objekts umfaßt, während die Verdeutschung des A-L.R. eigentlich nur dw natürlichen bezeichnet. Der Ausdruck Recession stützt stch auf §. 26. J. II. 1. 1. 4. pr. D. XXXIII. 9. Gruchot VII. 94f. (f. hier die Litate aus Nettelbladt und Hofacker). Oesterr. G.-B. §. 404fg. Pagenstecher II. 128. Wächter, im Recht-lex. I. Art. Accession. •) Ueber die mechanischen Accesstonen s. unten §. 176.

") 1. 7. §. 2. D. XLI. 1. ") §. 225. 227.1. 9. §. 56. II. 15. Pagenstecher S. 130. M. in der deutschen Gericht-zeit. 1866. Heft 3. S. 267. Wegen der unmerkbaren Allmähligkeit deAnspülen- ist Befitzergreifung unmöglich. Strieth. B. 52. S. 188. Entsch. B. 38. S. 52. 1. 7. §. 1. D. XLI. 1 incremcntum latens. §. 20. J. II. 1. Gaj. II. 70. Hindert ein öffentlicher Weg, der am Ufer hinläuft, den Erwerb der Alluvion für den hinter dem Weg liegenden Grundbesttzer- Nach röm. R. nicht, nach 1. 38. I). XLI. 1. Pagenstecher II. 135, nach preuß. Recht aber fällt die Alluvion dem Userbesitzer zu, und dieser ist jener Grundbesttzer nicht, sondern

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Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

jungen und Halbinseln"). Auch wenn sich dieser Anwuchs der Breite nach über die Mitte de- Fluße- erstreckt, hat der gegenüberlie­ gende Uferbesitzer kein Erwerb-recht"). Aber wenn sich der Anwuchs der Länge nach über die Eigenthum-grenze de- Ufer- au-dehnt, erwirbt der Nachbar den überragenden Theil"). Er verliert diesen Erwerb, wenn er drei Jahre lang gestattet, daß derjenige, an deffen Ufer die An­ setzung begonnen, diese über seine Grenze hinan- nutzt"). Anspülungen dürfen nicht künstlich befördert werden"), aber unter Berücksichtigung der wasierpolizeilichen Vorschriften darf jeder Uferbesitzer die ihm nachtheilige Verbreitung de- gegenüberliegenden Ufer- und das Ausreißen des Stromeam eigenen Ufer verhindern"). Das an der Anspülung, der Erdzunge oder Halbinsel erworbene Eigenthum geht nicht verloren, wenn später der Anwuchs durch da- Wasser von dem Ufer wieder getrennt wird"). 2. Abgerissenes Land (Avulsion) bleibt dem bisherigen Eigen­ thümer, wenn e- seine erkennbare Individualität behält und er eS binnen Jahresfrist zurücknimmt"). Später darf es sich derjenige Grundeigenthümer, an deffen Ufer es sich angelegt oder auf dessen Boden es ge­ worfen worden, durch Besitzergreifung ««eignen"). die Gemeinde oder der Staat- — Alluvien ist nicht auf Flüffe und Ströme be­ schrankt, also z. B. auch auf Anspülungen im Haff zu beziehen. Entsch. B- 28. S. 312. S trieth. B. 13. S. 290. Lacus et stagna schließen AlluvionSerwerb aus. 1.12. pr. D. XLI. 1. 1. 24. §. 3. D. XXXIX. 3. In Oldenburg (Barel) erwirbr die Alluvionen des Meeres der Staat. Seuffert V. 110. ") §. 226.1. 9.

") §. 228. d. T. ") §. 232. 233. 234. d. T. Gruchot VII. 101 zu $. 233. R. Pagenstecher S. 131.

Abweichend vom röm.

“) §. 235. d. T. Strieth. B. 51. S. 334. Entsch. B. 51. S. 80f. Die Verjäh­ rung beginnt nicht mit dem Anfang der Alluvion, sondern mit dem Anfang der Benutzung. Auch gegen den Fiskus. Entsch. B. 6. S. 245.

16) Nach röm. R. hindert dies nicht den Erwerb der Alluvion.

Seuff. XIII. 309.

") §. 229-231. 237-241. d. T- S- tit. de ripa muaienda, XLII1. 15. und 1. 1. C. VII. 41. Gesetzrev. XIII. 109. Bornemann II. 29. Note 1.

,8) §. 236 d. T. "j §. 223. d. T. Gruchot VII. 96f. 1. 7. §. 2 D. XLI. 1.1. 9. §. 2. D. XXXIX. 2. }. 21- J. II. 1. Da- preuß. R. weicht hiernach vom römischen darin ab, daß nach ersterem vindizirt werden kann binnen 1 Jahr, selbst wenn ein Zusammenwachsen stattgefunden hat, nach röm. R. die Bindikation aber wegsällt, wenn die Stücke zusammengewachsen find, mag dies kürzere Zeit als ein Jahr oder länger gedauert haben. Mit welchem Recht Pagenstecher S. 131 das Institut der Avulston im A L R überhaupt für antiquirt erklärt, ist nicht zu ersehen. Oesterr. G.-B. tz. 412. Code a. 559. — Der Eigenthümer des Grundes, auf welchen das Erdstück ge­ worfen, kann deffen Wegnahme nicht durch Klage erzwingen. A- M Scheele, Wafferrecht, S. 122, der §. 295 d- T. analog heranziehen will. 1. 9. § 1. D. XXXIX. 2. spricht nur davon, daß wenn der Eigentümer der aufgeschwemmten Sache diese wegnimmt, er den durch fie verursachten Schaden ersetzen muß. *•) §. 224 d. T. Der vorige Eigenthümer ist vom Okkupanten nicht zu entschädigen. Da- ist im gemeinen R. streittg, wird aber auch hier richtiger verneint. Gruchot VII. 98, und die dort Note 3 Litirten. Inseln im Meere unterliegen der freien Okkupation. S- 22 J. II. 1. 1. 7. §. 3.

§. 173.

Eigrnthnnwmvrrb an neuen Sachen.

173

3. Die Insel, d. h. eine solche Erderhebung in dem Bette eine­ öffentlichen oder PrivatfluffeS"), welche bei gewöhnlichem Wafferstande mit einem Nachen umfahren werden kann, wird durch wirkliche Besitzer­ greifung von dem oder den Eigenthümern der zunächst liegenden Ufer erworben"). Der vom Ufer durch Einbiegungen deS FluffeS getrennte Erdfleck ist keine Insel, und durch die Umströmung wird da- Eigenthum deffelben nicht geändert"). Nicht ohne Schwierigkeit ist bei dem Insel­ erwerb zu bestimmen, welchen Theil jeder Uferbefitzer in Besitz nehmen darf. Nach römischem Recht entscheidet die- eine durch die Mitte deS FluffeS gezogene Linie. Schneidet diese Linie die Insel, so fallen die da­ durch abgeschnittenen Theile derselben je dem gegenüberliegenden Uferbe­ sitzer, oder wenn die Insel vor mehreren angrenzenden Grundstücken sich erstreckt, jedem ihrer Eigenthümer so weit zu, alS die Insel läng- seineUfer- sich auSdehnt. Wird die Insel von dieser Linie nicht durchschnit­ ten, so gehört sie demjenigen ganz, dem sie zunächst liegt"). Rach dem A.L.R. wird die Linie ander- gezogen: sie folgt nicht der Mitte de- Flus­ se- in seinen Krümmungen, sondern sie verbindet in gerader Richtung die Mittelpunkte zweier Querlinien, welche die Endpunkte der Insel berührend von dem einen zu dem andern der gegenüberliegenden Ufer gezogen werden"). Dadurch kann e- kommen, daß der nächstliegende Uferbesitzer den kleinsten Theil erhält"). Benachbarte Uferbesitzer erwer­ ben den Theil der Insel, der durch die Mittellinie und eine von der •*) D. XLI. 1. Henrici z. L. vom Jnselerwerb, in Jhering und Unger, Jahrb. B. 13. S. 57. fg. ”) §. 242. 244.246. 1.9. I. 30. $. 2. D. XLI. 1. hat drei Entstehuug«ursa, und doch wohl eine Abweichung vom röm. 9t. A. M. Gruchot VII. 116. ") §. 276—278 d. T. Jakobi bei Gerber und Jhering IV. 249f und nützliche Verwend. S. 93 f. Wenn durch den Wind Same auf fremden Grund getrieben wird und ausgeht, so hat dessen Eigenthümer nicht zu entschädigen. Gruchot VII. 119. u) §. 279—281. d. T. Die Wegnahme ist an keine besondere Frist gebunden, muß als» sofort geschehen. Bornem. II 35 Note 5. ") §• 282. d. T. Plathner, Geist. II. 211.

176

Zweites Buch

Die besonderen Privatrechte.

6. Wer in da- eigene Grundstück fremden Samen au-streut oder fremde Pflanzen einsetzt, erwirbt zwar auch daran und an den dadurch erzeugten Früchten da- Eigenthum, aber er muß Samen und Pflanze dem Eigenthümer vergütigen und im Fall de- Betrug- (der Unredlicheit) den ihm entgangenen Bortheil ersetzen"). 7. Der Baum an der Grenze gehört dem, auf dessen Grund und Boden der Stamm au- der Erde kommt, der Baum auf der Grenze ist Miteigenthum der Nachbarn"). Ueberhangende Früchte, d. h. solche, welche der Eigenthümer de- Baume- nicht einsammelu kann, ohne den Boden de- Nachbar- zu betreten, darf Letzterer (Eigenthümer oder Nutzungsberechtigter) sich aneignen, wenn er duldet, daß die Wurzeln un­ ter seinem Boden fortlaufen oder die Zweige über die Grenze hangen"). Der Eigenthümer darf in diesem Fall die überhangenden Früchte nicht in seine Grenze herüberziehen"). Der Nachbar ist aber berechtigt, Wurzeln und Zweige abzuschlagen und da- Holz dem Eigenthümer an-zuliefern"). Früchte de- Baume-, die durch die Gewalt de- Winde- über die Grenze getrieben werden, eignet sich der Nachbar an, aber nicht den umgebroche­ nen Saum"). ") §. 283. 284. d. T. 1.25. pr. §. 1. D. XXII. 1. ") - 285. 28«. d. T. Gruchot VII. 119s Pagenstecher II. 145. Girtauner bei Gerber und Jhering III. 285. 1. 6. §. 2. D. XLVII. 7. §. 31. J. II. 1. So lange der Baum steht, ist er nach röm. R. getheilt durch eine auf der Grenzlinie stehende Fläche; ist der Baum gefällt, so tritt da- Miteigenthum pro indiviao hervor, weil nun die Theilung-fläche nicht mehr vorhanden ist. 1.19. pr. D. X.3. Hesse, RechtSverh. zw. Grundstücks-Nachbarn. II. 2. S. 187. Nach A.LR. ist der Daum noch stehend schon Miteigenthum pro indiviao. Gruchot S. 122. ") §. 289. d. T. Entsch. B. 30. S. 431. bes. 433 f. Da- ist da- au- dem alten deutschen Recht aufgenommene Ueberfall-- und Ueberhang-recht, welchesich vielfach in Deutschland gegen da- römische R. erhalten hat. Sachsenfp. II. 52. Sachs. Weichb. 128. §. 1. nach der Au-gabe von Daniels und Gruben. S. Stryck, ua mod. XLIII. 28. §. 1. Hellfeld §. 1875. I Grimm in der Z. f. gesch. R-W. III. 349. Emminghauß in der sachs. Zeitschr. f Recht-Pfl. u. Derw. N.F. XIX. 289. Bluntschli 3. A. S. 215. Beseler2. A. S. 331. Gruchot VII. 122. Oben §. 170. letzte Note.

") §. 290. d. T. Don seinem Grundstück au- kann aber der Eigenthümer deBaume- die überhangenden Zweige abhauen. §. 291. d. T. Gruchot S. 127. 47) §. 287. 288 d. T. Nach römischem R. behielt der Nachbar da- Holz. 1.1. 2. D. XLIII. 27. er durfte aber nur die Aeste, nicht die Wurzeln abschlagen. Zur Be­ seitigung der letzteren diente ihm die negatoria actio. Hesse a a O. S. 194f. Da- interd. de arboribua caedendia kennt da- preuß. R. nicht. Entsch. D. 30. S. 431. Strieth. B. 16. S. 255. Gruchot H. 77. Der Nachbar hat auch ein Slagerecht gegen den Eigenthümer auf Wegnahme der Überhangenden Zweige. Gierse in der Arn-b. jur. MonatSsch. I. 54. 348.

*•) - 292—297. d. T. Die §§. 295-297. find analog angewendet auf den Fall, wo ein Sahn durch Zufall in einem öffentlichen Fluß versunken. Gruchot II. 81. Der §. 292. schließt da- interd. de glande legenda auS. Das. S. 128fg. Der umgebrochene Daum muß vom Eigenthümer weggeschafft werden, sobald e- der Nachbar verlangt; thut er e- nicht, so ist der Baum von ihm derelinquirt. Gruchot 129.130f. Zu der Glosse 5 das. möchte zu bemerken sein, daß der Verpächter allerdings verpflichtet ist, dem Pächter den nmgestürzten Daum zu

§. 174.

Eigenthum-tNvtrb an herrenlosen n. verlassenen Sachen.

177

8. ES bleibt der letzte Fall des natürlichen An- nnd Zuwachses, wenn durch die Verbindung einer beweglichen Sache mit einer beweglichen organisch eine neue Sache entsteht: die Befruchtung fremder Thiere"). Das jnnge Thier erwirbt der Eigenthümer des Mutterthieres"). Dieser wird, wenn die Befruchtung mit seinem Willen geschehen, dem Eigenthü­ mer deS männlichen Thieres zu einer Bergütigung verpflichtet, deren Höhe sich durch lokale Gewohnheiten bestimmt"). Ob sonst Einer dem Andern einen Ersatz zu leisten hat, entscheidet sich nach den allgemeinen Grund­ sätzen der Entschädigungs-Obligation"). Insbesondere werden auch dritte Personen, welche die Befruchtung herbeiführen, wenn darau» Schaden entsteht, den Eigenthümern beider Thiere. nach diesen Grundsätzen ver< pflichtet").

§. 174. B. Eigenthnmserwerb an herrenlosen nnd verlaffenen Sachen. I. Ursprüngliche Besitznehmung ist diejenige, durch welche eine bisher herrenlose Sache ergriffen wird'). Wer sie „wirklich" in seine Gewalt bringt, erwirbt daö Eigenthum an ihr: eS genügt also nicht die Absicht oder daS Bestreben, sich die Sache anzueignen'). Niemand, der nicht selbst schon ein Recht auf die Sache erworben, darf die Besitz­ ergreifung untersagen, Niemand darf sie für diese gemachten Anstalten durch unerlaubte Handlungen stören ober durch Einschränkungen der persönlichen Freiheit des Okkupanten ihn vom Erwerb abhalten'). Gegewahren, ut fr ui liceat, und ebenso dem anderen Pächter, daß er von dem nmgestürzten Baum nicht Schaden leide im Benutz deS Grundstücks S. oben B. 2 S. 182. 217. Der Perpächter ist auch kontraktlich verpflichtet, den Baum wegzuschaffen. — Ueber den Schadenersatz, der dem Nachbar zu leisten, §. 296. 297. d. T. Gruchot S. 132. Oben §. 170. S. 155. ") §. 324—326 d. T. Gruchot VII. 280f. ") Pagenstecher II. 95. §. 3. S. 98. §. 7.

1.5. §. 2. D. VI. 1.

ei) §. 325. d. T. DaS s. g. Sprunggeld. M) Oben B 1. §. 89. 90. 1. 52. §. 20. D. XLVII. 2

M) Koch, Komm. Note 47 zu §. 326. d. T. ') §. 7. d. T.

§. 12. J. II. 1.

1. 3. D. XLL 1.

Oesterr G.-B. §. 381.

*) §. 9. 10. d. T. Dies war gemeinrechtlich nicht unbestritten. Da- A L R. schließt flch an Lay 8er, sp. 439 m 2. 3. Voet, XLL 1. §. 9. unb Hurt ad Pufendorf, jus nat. IV. c. 6. not. 2 an. Dagegen Bachov ad Treutl. II. 20. th. 2. II. Cocceji jus controv. XLI. 1. qu. 1., Berger, oecon.jur.il. 2. §12. not. 1., auch Wolff jus natur. II. I. §. 36., welche ein apprehendere oculis für ausreichend erachten. Die Neueren seit Geste rding S. 69 f. verwerfen diese Ansicht. Bergl. Entsch. B. 62. S. 276. §. 11-13. die Frage, erlangenmischt auch Herausgabe

d. T. Bornem. II. S. 8. Note4. Gruchot VI. 432. ES bleibt wie kann Jemand an einer herrenlosen Sache ein Recht zur Sache Vor der Besitzergreifung hat er noch gar kein Recht. DaS ALR. hier die bona fides ein. Gegen den Störer geht eine actio doli auf der Sache.

Förster, Preuß. Prtvatrecht. 111. 3. flufl.

12

178

Zweite- Buch-

Die besonderen Privatrechte.

wisse Sachen sind dem Staat Vorbehalten, dürfen also nur von ihm, nicht von Privatpersonen okkupirt werden: Grundstücke, erblose Berlassenschaften4). Ein Strandrecht ist dem römischen und preußischen Recht unbefannt4). Zur ursprünglichen Besitznehmung gehört der Thierfang4). Ein großer Theil der Borschriften de- A.L.R. ist durch da- Gesetz vom 31. Oktober 1848 aufgehoben, welche- da- Iagdrecht auf fremdem Grund und Boden al- selbständige- dingliche- Recht beseitigt hat. An dasselbe schließt sich da- Gesetz vom 7. März 1850, welche- au- polizeilichen Gesichts­ punkten die Au-übung der Jagd ans eigenem Grund und Boden gewissen Beschränkungen unterwirft^). Gegenstand de- Thierfangs sind wilde, ungezähmte Thiere, oder solche, welche in die Wildheit zurückgekehrt sind, waS der Fall ist, wenn sie die Gewohnheit, an den ihnen bestimmten Ort zurückzukehren, abgelegt haben4), d. h. also solche, welche noch «nicht, oder nicht mehr im Privateigenthnm stehen. Wenn der Thierfang auf frem­ dem Grund und Boden ohne Erlaubniß de- Eigenthümer- au-geübt wird, so muß diesem auf sein Verlangen da- gefangene Thier unentgeltlich anSgeliefert werden4). Tauben find Gegenstand de- freien Fange-, wenn 4) §. 8. d. T. II. 16. §. 1-4. 8fg 16fg. Der. $. 5. II. 16. ist durch die Beseiti­ gung de- IagdregalS (Ges. v. 31. Oktober 1848) aufgehoben. Auch daS aus­ schließliche Okkupation-recht de- Staat- au unterirdischen Naturschätzen besteht seit dem» Ges. über da- Bergrecht v. 24. Juni 1865 §. 3. nicht mehr, und ist dadurch §. 6 II. 16 aufgehoben.

•) I. 58. D. XLI. 1. u. a. St. Die authent. navigia zu L 18 C. VI 2. und die spätere deutsche Reich-gesetzgebung 0. 0. 0. 218. Reichö-Absch. von 1559. §.35. Böcking II. S. 174 Note 15. •) §. 107—126. 170-192. d. T.

Gruchot VI. 597fg.

Oesterr. G.-B.

§. 383f.

7) DaS Ges. v. 31. Okt. 1848 hat ALR. I 9. §. 127. 130-169. aufgehoben. Die Beschränkungen der Jagdausübung des Grundbesitzers durch da- Gesetz v. 7. März 1850 fallen in die Kategorie der gesetzlichen Einschränkungen de- Eigenthums aus Gründen des gemeinen Wohls. S. darüber oben §.171. S. 159f. Die §§. 128. 129. gelten noch: das angeschossene Thier ist noch nicht erworben, auch da- getödtete Thier nur dann, wenn eö in die Gewalt des Tödtenden gekommen ist. Gesterding S. 76f. A. M Pagenstecher II. 57f. Note 1, dem sich Gruchot VI. 613. anschließt.

•) §. 107-110. b. £. §. 12. J. II. 1. 1. 1. §. 1. D. XLI. 1. v. Brünneck, daö heutige deutsche Jaadrecht und der EigenthumSerwerb an widerrechtl. erlegtem Wild, im Arch. f. cwil Pr. D. 48. S. 80f. Derselbe, da- Wesen deS Recht­ an der Jagd und der Fischerei, nach deutschem und preuß. R. in Gruchot- Bei­ trägen B. 16. S. 182. DaS Thier ist gefangen, wenn man e- in seine custo­ dia gebracht hat. §. 128. 129. d. T. Ander- im neueren röm. R. §- 13. J. II. 1. S. vorige Note a. E. Ueber da- Fangen in Schlingen, Gruben und dergl. s. Gruchot S. 614. Ueber den animus revertendi §. 15 J. II. 1. 1. 8. §. 1. D. X. 2. •) §. 115 116. d. T. Gruchot VI. 603. Uebereinstimmend mit der gemeinrecht­ lichen Praxi- (Voet. XLI. 1. Nr. 4. Leyserm. 440. 5.), aber abweichend vom röm. R. § 12. J. II. 1 Auö §. 115. ist wohl anzunehmen, daß die unbefugte Okkupation de- Dritten nicht diesem, sondern dem Grundbesitzer da- Eigenthum giebt. Da- Thier ist nicht mehr herrenlos. Daraus würde folgen, daß der Grnndbesitzer gegen den Fänger die Vindikation hat- Auch in dem Falle, daß einer

§. 174.

Eigenthumserwerb an herrenlosen u. verlassenen Sachen.

179

sie von Jemand gehalten werden, der dazu nicht berechtigt ist10). Wer dazu berechtigt sei, bestimmen die Provinzialrechte, sonst ist es der, wel­ cher tragbare Becker in der Feldflur als Eigenthümer oder Nutzungsbe­ rechtigter besitzt"). Schwärmende Bienen darf der Eigenthümer auf fremdem Grund und Boden verfolgen und einfangen, muß aber dadurch verursachten Schaden ersetzen"). Giebt er die Verfolgung auf, so fängt den Schwarm der Eigenthümer des Grundstücks, auf welchem er sich be­ findet"). Fische in geschlossenen Privatgewässern (Teichen, Hältern, Seen) gehören dem Grundeigenthümer, und er kann sie auf fremdem Grunde einfangen, wenn sie in Folge eines Dammbruches oder bei gro­ ßem Wasier übergetreten sind"). In öffentlichen Gewässern ist der Fisch­ fang Regal. Wer hier die Fischereigerechtigkeit durch ein Privilegium deStaats erworben hat, ist ausschließlich zum Fischfang berechtigt, soweit sein Uferbesitz reicht"). In Privatflüssen steht dies den Uferbesitzern bi­

andern Person als dem Grundeigentümer das JagdauSübungSrecht zusteht, ge­ hört das von dem Wilderer erlegte Wild dem Ersteren, denn die Trennung der Ausübung der Jagd von dem Jagdrecht nach dem Gesetz v. 7. März 1850 hat nur eine polizeiliche Bedeutung und Wirkung. — Bergl. übrigens auch §. 24 des ged. Ges., wo sich eine Anerkennung des Prinzips findet. Auch wenn die Aus­ übung der Jagd verpachtet worden, fällt nicht dem Pächter, sondern dem Verpach­ ter das Eigenthum an dem widerrechtlich erlegten Wilde zu, aber der Verpächter muß dem Pächter dasselbe vermöge seiner obligatorischen Verpflichtung heranSgeben. Gerber, Pr.-R. §. 92. Note 3 Schütze bei Better und Muther VI. 61f. Brunneck diss. pe dominio ferarum qnae illicite capiunter, Hal. 1862. Derselbe in der Note 8. citirten Abhandlung, welche den Okkupanten als unfrei­ willigen Erwerbsrepräsentanten des Berechtigten aussaffen. Windscheid I. 469. Note 5. A. M vluntschli, S. 214 a. a A. Gruchot S. 606, vergl. S. 616. UebrigenS bezieht sich §. 115 nur auf gefangene Thiere. Weitere Kasuistik über diesen §. s. bei Gruchot S. 607.

*•) §. 111. d. T- Feldpolizeiordn. v. 1. Nov. 1846. §. 40. Nach römischer Anstcht haben Tauben und Pfauen feram naturam, obschon sie revolare solent, §. 15. J. II. 1., sie können also von Jedem gefangen werden.

") §. 112. 113. d. T. So bei Leyser sp. 440 m. 5. Berger, oecon. jur. II. 2. c. 10. not. 2. Struben, rechtl. Bed. 1. Nr. 223. S. Gruchot S. 602.

") §. 122. 123 d. T. Oben §. 170. S. 155. Apium quoque natura fera, nach §. 14. J. II. 1., aber examen, donec in conspectu tuo est, eousque intelligitur esse tuum, nec difficilis ejus persecutio. DaS alte deutsche Recht erklärt die Biene für wild und versagt die Verfolgung Sachs. Weichb. 119. Gruchot VI. 610. ") §. 124. d. T.

M) §.176- 178. d. T. Jurist. Zeit. 1832. S. 803f. 876f. Gruchot VI. 620. Bi- in Flüsse und Ströme oder in solche Gewässer, in denen ein Dritter daRecht zu fischen hat, darf die Verfolgung nicht fortgesetzt werden, wenn nicht die ausgetretenen Fische sichere Unterscheidungsmerkmale haben. §. 179. Fische, die ans Bächen, Flüssen oder anderen uneingeschloffenen Gewässern ausgetreten sind, dürfen nicht verfolgt werden. §. 180—182. Berger, oecon. jur. II. 2. c. 9. not. 2. Leyser 502,8. Ueber Lachen s. Gruchot VI. 622. Strieth. B. 62. S. 114.

") §. 170. d. T. §. 73 7i. II. 15. Entsch. B. 30. S. 184fg. Gruchot VI. 617f. Ueber Ersitzung der Fischereigerechtigkeit in öffentlichen Flüssen. Das. VIII. 209. 12*

180

Zweites Buch.

Die besouderen Privatrechte.

zur Grenze zu"). Hat in solchen Flüssen ein Dritter eine Fischereige­ rechtigkeit, so schließt diese den Uferbesitzer nicht auS"). II. Besitznehmung verlassener Sachen. Verlasiene Grund­ stücke erwirbt der Staat"). Berlassene bewegliche Sachen erwirbt der­ jenige, welcher sie in Besitz nimmt, wenn er fähig ist, Eigenthum zu er­ werben"). Verlasien ist die Sache nur dann, wenn ihr bisheriger Ei­ genthümer freiwillig und absichtlich ihren Besitz aufgiebt. Die Absicht kann ausdrücklich oder durch Handlungen ausgedrückt werden'"). Wer durch äußere Umstände genöthigt wird, die Sache im Stich zu lassen, bleibt ihr Eigenthümer"). Ein hilflos verlassenes krankes Thier erwirbt derjenige, der es verpflegt"). III. Besitznehmung preisgegebener Sachen. Eine Sache preißgeben heißt, sie mit der Absicht auswerfen, daß der, welcher sie in Besitz nimmt, ihr Eigenthümer werden soll"). Zwischen der Preißgebung und der Ergreifung ist die Sache herrenlos, der Erwerb ist also Okku­ pation"). Die Preißgebung kann zum Besten bestimmter Personen er­ folgen: dann sind Andere von dem Erwerb auögeschlosien"). Hat den­ noch ein solcher die Sache ergriffen, so fordert sie der vorige Eigenthü­ mer von ihm zurück"). Diese Klage ist die Bindikation, denn die Preißgebnng hat die Sache dem Beklagten gegenüber nicht zur herrenlosen ge­ macht"). ••) §. 74. II. 15. Praj. 1628a. (Sammt I S. 30). Entsch. B. 15. S. 361. S. auch nächste Note. I7) Praj. 1628b. (Sammt. I. S. 30). Präj 517 (Sammt I. S. 212). Echtes. Arch. B. 3. S. 99. 106. ArnSb. Arch. B 15. S. 649. Gr uch ot VI. 618. Scheele, Wafferrecht, S. 84. — Ueber unbefugte Arten, die Fischerei auszuüben, dispouireu die tz§. 184-190. Bergt, hierzu Strieth. B. 25. S. 128. B. 29. S. 1. Gruchot VI. 623.

")§. 15. I. 9. ■•) §. 14. b. £. Grucho t VI. 433. 1.1. 2. pr. v. XLI. 7. §. 47. J.II. 1. I. 43. §. 5 D. XLVI. 2. ao) §. 16 d. T- Strieth.B. 8. S. 181a. Nur der besitzende Eigenthümer einer Sache kann sie deretinquiren. §. 47. J. II. 1. 2. §. 1. I). XLI. 7. Pagenstecher II. 126. Hat der Miteigentümer derelinquirt, so erlangt der Okkupant nur NsukapionSbesitz 1.4. D. XLI. 7. Wenn der Erwerber nicht weiß, daß die Sache vom Eigenthümer absichtlich verlasien, so gilt sie als gefundene nnd es treten die Vorschriften §. 19fg. d. T. ein. Gruchot VI. 434fg. Bon einer Willenserklä­ rung des Deretinquenten gegen einen Dritten handelt eS sich in 8. 16. nicht. Ein Theil der Sache kann nicht derelinquirt werden. 1. 3. I). XLI. 7. ll) §. 17 b. %. 1.9. §.8. 1.44 58. D. XLI. 1. 1. 13. pr. D. XLI. 2. 1. 2. §. 8. 1. 8. D. XIV 2 z 1. 43. tz. 11. D. XLVII. 2. «) §. 18. d. T. Gruchot VI. 439.1. 2. C. VIII. 52. “) §. 343. d. T. Gruchot VII. 299. Ob ber jactus missilium als Dereliktion oder Tradition aufzufaffen, ist bestritten. “) §. 344. d. T. ’*) §. 345. 346 d. T. In diesem Fall schließt sich daS A.L.R. der Traditionstheorie deö jactus missilium an. ") §. 347. d. T. ") Koch, Priv.-R. I. 445

§. 175.

C.

Der Fund und die Bente.

181

EigenthnmSerw erb an fremden Sachen.

§. 175.

Der Fund und die Beute.

I. Der Fund'). Die Vorschriften des A.L.R. haben ihre Quelle im älteren deutschen Recht, sind aber mit willkürlichen Zuthaten gemischt. Daß eine Sache, die der Eigenthümer verloren hat'), von einem Dritten gefunden wird, kann das Recht des Eigenthümer- nicht ändern, denn daBerlieren entzieht wohl den Besitz, aber nicht das Eigenthum. Darum darf der Finder, wenn er die Sache an sich nimmt, die- nur in der Ab­ sicht thun, sie dem Herrn zurückzugeben und für ihn aufzubewahren. DieS ist der Standpunkt deö römischen Rechts'), und der gleiche Grundsatz ist vom A.L.R. an die Spitze gestellt. „Wer eine verlorene Sache findet, ist dieselbe dem Eigenthümer zurückzugeben schuldig'"). Um den unbekann­ ten Eigenthümer zu ermitteln, wird ein Aufgebot-verfahren vorgeschrieben und diese- Verfahren lehnt sich an da- ältere deutsche Recht an. Nach diesem nämlich muß der Fund der Obrigkeit angezeigt werden; diese hat unter Innehaltung bestimmter Fristen ein Aufgebot zu erlassen'). Mel­ det sich der Eigenthümer, so erhält er die Sache vom Finder zurück, muß diesem aber ein s. g. Fundgeld, d. h. ein Entgelt dfür, daß er in­ zwischen die Sache für ihn aufbewahrt hat, entrichten'). Meldet sich Letzterer nicht, so erhält nach sächsischem Recht der Finder 7V der Rich­ ter '/). Ohne auf die mancherlei partikulären Abweichungen, die in Be*) §. 19—73.1. 9. Oesterr.-B. §. 388f. Gan« in s. Beiträgen z. Revis, der Ge­ setzgebung, 1830. S. 18. Jur. Zeit. 1835. S. 1063. Arn«b. Arch. B. 11. S. 96. Gruchot VI. 442ff. — Sell, Versuche im Gebiet de« Civilrecht«, 1833. Nr 6. Besonder« Delbrück bei Gerber und Jhering III. Ifg. (1859). Ihm schließen sich an Hillebraud, deutsche« Pr.-R. 2. A. 1865. §. 51. Schütze int Archiv süe prakt. R.-W. N. F. II. S. 154. des. S. 376. Note 125. Gegen ihn Ein­ te ni« I. 488 8-50. Note 4. Windscheid I. 516. Note 7. ’) Ueber den Begriff de« Verlieren« s. Delbrück S. 19fg. 25.

’) §. 48 J. II. 1. 1. 67. D. VI. 1. 1. 31, §. 1. D. XLI. 1. 1. 3. §. 13. D. XLI. 2. Delbrück. S. 6f. Arch. s pr. R -W. N. F. III, 55. Auch die Naturrechtslehrer er­ kannten da« Finden nicht al» ErwerbSart an. Darios, §.466. Wolff, §. 261. Au« der Praxi« Seussert IV. 9. Der Verlierer hat auch eine actio ad exhibendum zum Nachsuchen aus fremdem Grundstück gegen Kautionsleistung. 1.15. D. X. 4. Seussert IV. 10.11. *) 8-19. d. T. ‘) Delbrück S. 9sg. wo die Quellenbelege, S. 25f. Die hier übrigen« u. S. 54. vertheidigte Ansicht, daß der Finder negotiorum gestor de« Eigenthümer« sei, ist wohl unhaltbar. Da« Finden und Aufheben kann doch nicht al« ein negotium angesehen werde». Erst wenn ihm (nach A L.R.) vom Richter die Aufbewahrung anvertraut wird, erscheint er al« negotorum gestor. *) Die Forderung eine« Fundgeld« ist vom Schwabensp. (Laßb. 347) verworfen, dem Sachensp. II. 37 unbekannt, aber im Görlitzer Lande. 47. §. 10., Kulmer R. III. 1. c 2 und sonst anerkannt. Delbrück S. 12.

*) Sachensp. II. 37.

Vermehrter Sachensp. (Ortloff) IV. 9. $. 8.

Dclbr. S. 13.

treff der Fristen, des FundgeldeS und des Antheils an der Sache Vor­ kommen, einzugehen, ist nur noch zu bemerken, daß anstatt des Richters und Finders hie und da die Ortsarmen vder sonst Anstalten zu milden Zwecken die ganze Sache oder einen Antheil an ihr erhalten'). In den gemeinrechtlichen Schriften hat sich die Nothwendigkeit eine- Aufgebot­ bäld Anerkennung verschafft'), auch wurde vielfach vertheidigt, daß der Fin­ der einen Anspruch auf die Sache habe"), aber gegen da- Fundgeld ei­ ferten die Romanisten, weil es keine anständige Form sei"). Zu einem gemeinrechtlichen Abschluß ist die Lehre bi- heute noch nicht gelangt"), dagegen ist da» Fundrecht in den einzelnen Gesetzgebungen festgestellt"). So weit sich ihre Bestimmungen auf das formelle Verfahren zur Ermit­ telung de- Eigenthümer» beziehen, gehören sie eigentlich dem Kapitel vom Eigenthumserwerb nicht an. Dahin gehört die Lehre erst, wenn der Ei­ genthümer nicht ermittelt worden. Da» A.L.R. verpflichtet den Finder den Fund der nächsten Obrig­ keit, d. h. dem Gericht anzuzeigen"). Der Richter kann die fernere Auf­ bewahrung der Sache dem Finder anvertrauen, der als redlicher unvoll­ ständiger Besitzer angesehen werden soll"). Hierin liegt eine Abweichung von dem Begriff de» unvollständigen Besitzes, da dieser die Absicht, die Sache für sich selbst zu haben, erfordert, der Finder sie aber für den Eigenthümer bewahrt, mithin eigentlich nur Inhaber sein kann"). Ver­ derbliche Sachen werden öffentlich verkauft, ihr Erlös ist da» Objekt des FundrechtS"). Der Richter erläßt ein Aufgebot, deffen Fristen und Förm­ lichkeiten da» Gesetzbuch genau vorschreibt"). Meldet sich der Verlierer und weiset er nach, daß er die Sache „vorher Besessen" habe, so wird sie ihm au-gehändigt"). Dem Verlierer liegt also nicht der Beweis des Eigenthums, sondern nur der des früheren Besitzes ob, und es ist an einer ') Delbrück S. 13.17. IS.

•) Schon bei den italienischen Juristen seit der Glosse heuretra zu 1. 43. §. 9 de furtis (47. 2). Delbrück S. 14- 17f.

*•) Delbrück S. 17. ") Im Anschluß an 1. 43. §. 9. D. XLVII. 2. Delbrück S. 17sg. der Anspruch von Voet, Hart, Justin Müller.

Anerkannt ist

n) Sintern- und Windscheid a. a. O. Seuffert IV. 9. Auch f. prakt. R-W. N- F. B. 3. S- 55. Ersterer verneint auch da- Bedürfniß zur Feststellung einer gemeinrechtlichen Theorie. ") Außer dem A.L.R. in §. 388—394. de- österr. G.-B ") §. 20. 22. d. T. M) §. 23—26. d. T.

u. a.

Aber der Finder hat nicht die Nutzungen.

Delbr- S. 18fg.

Gruchot S 446.

") §. 2. 3.1. 7. ") §. 26. 30. d, T. Auch wenn die Aufbewahrung Kosten verursacht, welche die Halste de- Werths übersteigen. §. 28.

") $. 31-42. d. Tlf) §. 57—60. d. T. Delbrück S. 29f.

Gef.-Rev. XIII. 85 in den Ergänz.

anderen Stelle gezeigt, daß sein Anspruch auf Herau-gabe die Natur der im preußischen Recht erweiterten Publiziana habe, der Klage au» Ver­ lust de» Besitze» wider Willen"). Der Verlierer ersetzt dem Finder und dem Gericht die Kosten, mit denen jedoch die inzwischen gezogenen Nutzun­ gen ausgerechnet werden, und zahlt dem Finder eine Belohnung, die des Sachwerths, und wenn dieser 500 Thlr. übersteigt, noch ein Prozent vom Ueberschuß beträgt"). Der Anspruch auf das Fundgeld ist ein obli­ gatorischer aus dem Gesetz; er fällt weg, wenn der Werth der Sache durch die Kosten absorbirt ist"). Meldet sich der Verlierer in Folge des Aufgebot- nicht, so müßte sich folgerecht der Richter auf den Ausspruch beschränken, daß die Sache herrenlos sei, und der Finder würde sie nun als Okkupant erwerben dür­ fen"). Das A.L.R. schreibt aber vor, daß der Richter mit dem Zu­ schläge der Sache verfahren soll und daß durch diesen Zuschlag der Fin­ der und die OrtSarmenkasse daS Eigenthum erwerben"). An den Finder allein wird nämlich zugeschlagen, wenn der Sachwerth nicht über 100 Thlr. geht; wenn er höher ist, gebührt von dem Ueberschuß dem Finder '/, und' der OrtSarmenkasse */,"). Die Kosten werden vorweg berichtigt"). Durch den Zuschlag also wird daS Eigenthum erworben. Dieser klar ausge­ sprochene Satz widerspricht der systematischen Stellung dieses Abschnitt» in dem Titel von den unmittelbaren Erwerbsarten, denn nicht durch da» Finden wird die Sache erworben. Gans hat die» als Inkonsequenz ge­ tadelt"); Bornemann legt dem Zuschlag aber die Bedeutung bei, daß er der letzte Akt derjenigen Operation sei, welche die Hindernisse, die dem Erwerb de» Finder» entgegenstehen, beseitigen und die Herrenlosigkeit der Sache feststellen solle, so daß also der Zuschlag den Titel gebe zu dem be­ reits vorangegangenen, in der Ergreifung liegenden Modus"). Die» ») Oben S. HO.

Delbrück S. 29fg.

**,' §. 61—66. d. T. Delbrück S. 33 fg. Kasuistik über den Anspruch auf Finderlohn bei Gruchot, S. 456fg. Entsch. B. 22. S. 130 (auch der Finder einer gestohlenen Sache erhält die Belohnung). ") §. 64 d. T.

") Delbrück S. 35 fg. führt aus, daß da» frühere Eigenthum durch die Präklusion in Folge de- Aufgebot» untergeht. S. 40 fg. Er vertritt dagegen nicht, wie ihn Windscheid a. a. O. mißversteht, die Ansicht, daß der Finder durch den Zu­ schlag da» Eigenthum erwerbe. Eine andere Meinung ist: der Finder erhalte Usukapion-besitz. Darüber Delbrück S. 37. Sie ist dem A.L.R. entschieden fremd, mit Ausnahme de» in §. 53. d. T. erwähnten Falle«. Koch, Pr.«R. 1. 466 a. E. de» §. 257 steht in dem Zuschlag uur den Ausspruch über die De­ reliktion, er sei nicht Erwerb-art“) §. 43. 49. d. T. Der Zuschlag präkludirt den Eigenthümer und alle Dritte, die ein Recht auf die gefundene Sache oder ein Recht zur Sache haben. Gruchot 452.

*») ") «) ’•)

§. 44- 48 d. T. §. 47. d. T. A. a. O. S. 18f. B. 2. S. 15.

würde mit der Definition der unmittelbaren Erwerb-art, bei welcher außer dem Titel nur Besitznehmung erfordert wird, Lbereinstimmen") und man wird kaum darin, daß hier der Titel dem Modu- nachfolgt, einen erheb­ lichen Einwurf gegen diese Ansicht finden können"). Nur der Wortlaut de- §. 49. d. T. scheint zu widersprechen, aber doch nicht so sehr, daß man nicht Bornemann beitreten dürfte, weil die Auslegung nicht aus­ geschlossen ist, daß deßhalb erst der Zuschlag wenigsten- dem Finder daEigenthum giebt, weil der Modus ohne den Titel dieses nicht geben kann"). Da- A.L.R. geht noch auf die dritte Möglichkeit ein: der Verlierer meldet sich nach dem Zuschläge"). Dann darf er die Zurückgabe der Sache nur fordern, wenn er den Verlust vor dem Zuschläge durch öffent­ liche Blätter der Provinz des Gericht- bekannt gemacht und der Richter dennoch den Zuschlag ertheilt hat"). Der Finder und die Armenkaffe haben in diesem Falle nicht da- Eigenthum, sondern, wenn auch ihnen die Anzeige de- Verlierers unbekannt geblieben, nur vollständigen redlichen Besitz erworben"). Daß diese Vorschrift durchaus willkürlich und prak­ tisch undurchführbar ist, springt in die Augen"). Noch unsicherer aber wird die Wirkung des Zuschlag- durch die Bestimmung, daß der Finder und die Armenkasse dem Verlierer ihre noch wirklich vorhandene Bereiche­ rung zurückgeben müssen, wenn dieser nachweist, daß ihm ohne Versehen da- Aufgebot unbekannt geblieben und wenn die Sache 100 Thlr. oder mehr werth ist"). Haben Mehrere die Sache gleichzeitig gefunden und ergriffen, so er­ werben sie gemeinschaftlich die Sache oder den Antheil an ihr oder daFundgeld, welche- sich nicht erhöht"). Streiten Mehrere darüber, wer die Sache gefunden, ohne daß au-gemittelt werden kann, wer sie zuerst ergriffen hat, so werden alle diejenigen al- gemeinschaftliche Finder an”) S. 5. d. T. “) Oben B. 1. S. 119.

••) S- Kochs Ansicht oben in Note 23. Gruchot S. 442. 451 meint, da» Finden gebe nur die Gelegenheit zum Eigenthum-erwerb. Diesen selbst vermittele der Zuschlag. Der Erwerb der Armenkaffe wird allerdings nur durch den Zuschlag vermittelt. '') §. 50 fg. d.T.

**) §. 52. d. T. D. h, wie au» §. 55. folgt, der Eigenthümer wird gegen den Zu­ schlag restituirt. Sonst ist Restitution au»geschl«ff«. Ueber die Verpflichtung de» Verlierer», die Identität der verlorenen Sache anzugeben, Wochenbl. f. merkw. Recht-f. 1862. S. 44 “) 8 53. d. T.

Hier haben also Finder und Armenlaffe nur UsukapionSbcsttz erlangt.

“) Nach §. 54. soll sogar der Richter, der unvorstchtig zugeschlagea, dafür bestraft werden! S. Delbrück S. 50. 51. Dergl. auch da» Reskr. v. 21. Ian. 1839. JMBl. S. 64. Bornemann II. 16 Note 2.

") §. 56. d. T. ") §. 67. 69. d. T.

Gruchot 459.

§. 175.

Dir Fund und dir Deute.

185

gesehen, welche sich gleichzeitig bestrebt haben, die Sache in Besitz zu nehmen"). Der Anspruch auf das Fundgeld geht verloren, wenn der Finder die Anzeige bei dem Gericht drei Tage verzögert; wenn er über vier Wochen den Fund verschweigt, wird er als unredlicher Besitzer vermuthet (d. h. er kann diese Annahme noch durch Gegenbeweis widerlegen); wenn er auf Befragen de» BerliererS den Fund ableugnet, so ist er unredlicher Besitzer, und wenn er auf Befragen de» Richter» den Fund ableugnet, so ist er al» Dieb zu betrachten, d. h. er wird wegen Unterschlagung bestraft"). Endlich normirt das A.L.R. noch besonder» den Schatzfund"). Ein Schatz ist diejenige bewegliche Sache von „einigem Werth", welche Uber oder unter der Erde verborgen liegt und deren Eigenthümer unbekannt ist"). Wesentlich ist, daß eine werthvolle Sache verborgen liegt, und daß wer ihr Eigenthümer sei, nicht auögemittelt werden kann"). Solange die Unerforschbarkeit de» Eigenthümer» nicht feststeht, oder wenn die Person desselben nicht zweifelhaft ist, und wenn die Sache offen da­ liegt, oder doch leicht entdeckt werden kann, ist sie trotz großen Werth» im rechtlichen Sinne nicht Schatz"). Auch s. g. Naturschätze in der Erde fallen nicht unter diesen Begriff"). Wenn aber eine werthvolle Sache verborgen ist und ihre Beschaffenheit angiebt, daß sie schon seit 100 Iah»’) § 68. d. T.

") §• 70-73. d. T. Str.G.B. §. 246. Delbrück S. 27fg. Nur die Anzeige bei dem Gericht, nicht eigenmächtige öffentliche Bekanntmachung erhält da« Finder­ recht. Gruchot 460. Ueber widerrechtliche Aneignung gefundener verschossener Munition Kab.-Ordre v. 23. Juli 1833 (G S. S. 86). 4I) §• 74—106. d. T. Gan«, in 567fg. — Sell, Versuche I. m erthal im Arch. s. civ- Pr. Grundstück« oder der Sache, in ständige Sache.

v. Kamptz Jahrb. B. 41. S. 3. Gruchot VI. Nr. 3. 4. Pagenstecher II. S. 81 fg. GimB. 51. S. 63. Der Schatz ist nicht Acccssion de« welcher er entdeckt wird, sondern bleibt eine selb­

*') §• 74. d. T. Oesterr. G.-B- §. 389f. 1. 31. §. 1. D. XLI. 1. vetua quaedam depositio, cujus non extat memoria, ut jam dominum non habeat; oder 1. un. C. X. 15. condita ab ignotis dominia tempore vetuatiori mobilia. Delbrück a. a. O. S. 20f. Wochenbl. f. merkw. Rechtes. 1862. S. 91. Die Streit­ frage, ob in beweglichen Sachen ein Schatz gesunden werden kann, ist gewiß zu bejahen, wenn sonst die Requisite de« Schatzbegriffs zutreffen. Keine Stelle im röm- R. spricht dagegen, auch nicht §. 74. d. T. für da» preuß. 8t. S. Sell a. a. O. @. 145fa. Pagenstecher S. 88fg. Windscheid l. 518 Rote 11. Dagegen sind Böcking und Puchta. Bornemann II. 24f. und Gruchot S. 571 fg. verneinen für preuß. R.

4‘) E« muß au« den Umständen erhellen, daß die Sache von einer Person , die nicht mehr zu ermitteln ist, verborgen worden; condita ab ignotis dominis. Da­ her kann eine zufällig verschüttete Sache nicht al» Schatz angesehen werden. §. 74. d- T. drückt die« nicht scharf au-, insofern er von „verborgen liegen spricht.

**) §. 74. 81. 104. d. T. “) §. 106. d. T. Z B. auch nicht werthvolle Versteinerungen, Gerippe urweltlicher Thiere. Gruchot S. 573-

3»eitrt Buch.

186

Die btfenbeteit Privatrechte

ren verborgen gewesen, so gilt sie ohne Weitere» als Schatz"). In je­ dem Fall muß der, welcher sie findet, dem Gericht innerhalb vier Wochen Anzeige machen"). Der Richter entscheidet, ob die Sache Schatz sei, oder ob noch eine Erforschung des Eigenthümer- nöthig ist. Im letzteren Fall findet wie bei dem Funde da- Aufgebot statt, mit der Abweichung, daß wenn der Eigenthümer sich meldet, er sein Recht an der Sache, d. h. sein Eigenthum vollständig nachweisen muß"). Im ersteren Fall ist ein Aufgebot nicht nöthig"). Bleibt der Eigenthümer unbekannt, so gehört der Schatz demjenigen, der ihn auf seinem Grundstück gefunden hat, so­ fern er nicht au- Sachen besteht, die dem Privatverkehr entzogen finb4!*). Ist er auf einem fremden Grundstück ohne absichtliche-Nachsuchcn durch Fremde, oder durch Dienst- und Arbeit-leute de- Grundbesitzer­ entdeckt, so erwirbt der Finder, '/, der Grundeigenthümer"). Hat dieser da- Nachsuchen einem Andern gestattet, so entscheidet über ihre beiderseitigen Antheile ihr Abkommen, im Zweifel wird gleich getheilt4'). Wird ohne Bewilligung de- Grundeigenthümer» von einem Dritten nach einem Schatze gesucht, so muß Letzterer seine Hälfte dem Fi-ku- über­ lasten"). Gleiches gilt von dem, welcher mit unerlaubten Mitteln, unter Gaukeleien und gegen Polizeigesetze nachsucht"). Der Finder auf frem­ dem Boden ist verpflichtet, dem - Grundbesitzer und Fi-ku- eidlich den Schatz anzugeben44) Die Thatsache de» Finden- entscheidet über den ") §. 79. 80. d. T. ") §. 75. d. T.

") §. 76 —78. d T.

Aber Erfüllung-eid ist zulässig.

Strieth. B. 47. S. 238.

") §. 79. d. T. ") §. 81. d. T. §.39. J. II. 1. I. un. 0. X. 15. Barnemann II. 20.

Eine- Zuschlag- bedarf e» nicht.

•°) 8 82. 83. d- T. §. 39. J. II. 1. 1.63. §. 3. D. XLI. 1. 1. un. X. C. 15. Berger, oecon. jur. II 11 th. 12. Kind, quaeet kor. II. 82. ed. 2. Ueber da- Entdecken einzelner Bruchstücke eine- Schatze- zu verschiedenen Zeiten s. Pagenstecher II. 81. Note 2. Der Entdecker ist der Finder, wenn er den Schatz auch nicht aufgehoben hat. «ornemann II. 22. — Nach der richtigen Ansicht erwirbt der Grundeigenthümer seine Hälfte ipso jure, nicht durch Tradition vom Finder, und e- bedarf nicht der Besitzergreifung. S. oben §. 172. Rote 20. Seuffert XI 15. Sell I. Nr. 4. §.4- Schmid, Handb. 1. 66. Pagen­ stecher II. 88. Windscheid 1. 517 Note 10. 1. 3. §. 10. D. XLIX. 14. 1. 63. D. XLI. 1. Daher macht sich der Finder der Unterschlagung schuldig, wenn er den ganzen Schatz oder mehr al- die ihm erworbene Hälfte bei Leite schafft. S. Entsch. B. 30. S. 359, wo jedoch die Unterschlagung darauf gegründet wird, daß der Grundeigenthümer Inhaber de- Schatze» gewesen.

Sl) §. 84. d. T. Verschieden von dem Gestatten ist da- Lustrageu, nach einem Schatz zu suchen. Im letzteren Fall erwirbt der Grundeigenthümer ihn ganz. Gruchot 583. ”) §. 85 d. T. Di« fiskalische Hälfte kennt natürlich da« röm. R. nicht 1. un. 0.

X. 15.

“) §. 86-88. d. T. ") §. 89. d- T-

1. un. C. X. 15.

Carpzov, des. p. II. c. 53. des. 8. §. 1. 2.

Erwerb, es bedarf nicht der Besitzergreifung; dieser Erwerb gehört also unter die AuSnahmefälle deS §. 4. d. T."). Miteigenthümer erwerben den Schatz oder die Hälfte an ihm nach Verhältniß ihrer Antheile. Hat einer derselben ihn gefunden, so er­ hält er noch die Hälfte de» Finder»"). Bei dem s. g7 getheilten Eigenthum erwirbt ihn nicht der Obereigenthümer, sondern der nutz­ bare, also der Besitzer de» Lehn» nnd Fideikommisse»"). Wird der Schatz auf der Grenze gefunden, so erhält jeder der Nachbarn die Hälfte ohne Rücksicht darauf, ob der Grund de» Einen oder Anderen mehr oder we­ niger von ihm berührt worden"). Da» entscheidet eine gemeinrechtliche Kontroverse"). Wer dingliche Nutzungsrechte auf da» Grundstück hat, der Nießbraucher, Pächter, Superfiziar, erwirbt den Schatz nicht, wenn er nicht al» Finder einen Anspruch hat"). Der Käufer de» Grundstücks erwirbt nicht den vor der Uebergabe gefundenen Schatz, aber e» gebührt ihm der Nutzen von demselben von dem Moment, wo die Ge­ fahr der Sache auf ihn übergegangen. Wußte er bei dem Kaufabschluß, daß in dem Grundstück ein Schatz liege und verschwieg er es dem Ver­ käufer, so hat er nur den Antheil deS Funde»"). Der fremde Entdecker eine» Schatze», welcher die Anzeige bei Ge­ richt unterläßt, verliert sein Erwerbsrecht"). Der Entdecker auf eigenem Grunde aber muß eine Geldstrafe bi» zur Hälfte seine» Antheil» ent­ richten"). II. Die Beute. Gegenstand derselben sind bewegliche Sachen, welche sich bei dem feindlichen Heere oder bei den unter den Waffen be­ findlichen Feinden, deren Marketendern und Lieferanten befinden, und nicht zu den dem Staat vorbehaltenen Krieg»- und Mundvorräthen gehören"). -) Entsch. B. 54. S. 33fg.

Koch, Rote 10 zu 82d. T.

»•) §. 90. 93. d. T.

M) §. 94. 95. 96. d. T. 3m Anschluß an die damalige gemeinrechtliche Praxi«. die Nachweisungen bei Gruchot 588.

S.

•*) §. 91-93. b. T*•) Dergl. Leyser med. 442. 3. bei Gruchot 587.

§. 97. 98. d. T. §. 41. I. 21. Auch in Anschluß an di« damalige Praxis, Gruchot 589. Ueber den redlichen Besitzer de- Grundstück-, in welchem der Schatz entdeckt wird, f. oben S. 113. Gruchot V. 515. •■) §. 99.100. d. T- Oben «-1. S- 734. B. 2. S- 83 Note91. Gruchot S. 590f. 6« war gemeinrechtlich streitig. Die Vorschrift de« §. 101. d. T. moralifirt wieder einmal zum Schaden der juristischen Konsequenz-, Pagenstecher S. 87. Gruchot s. 593.

••) In diesem Fall kommt aber die Hälfte de« Entdecker« nicht an den Fi-ku«. Hnudrich in der jur. Wochenschrift 1841. Sp. 75f.

•*) §. 102.103. d- T. Die dem fremden Entdecker gebührende Hälfte erhält dann der Fi-ku«. Entsch. B. 30. S. 421. A. M. Bornemann 11. 20.

") §. 196. 195. 198. d. T. Gan«, Beiträge. S. 155f. Heffter, Völkerrecht, 5.A§. 135. S. 242. Gruchot VU. 82fg. §. 17. J. II. 1.

188

Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

An solchen Sachen erwirbt derjenige das Eigenthum, der sie mit Erlaub­ niß des Staats, d. h. des Befehlshabers der Truppe, in Besitz nimmt”). Das Eigenthum feindlicher Unterthanen, die nicht zum Heere gehören und ihm nicht folgen, darf nur mit ausdrücklicher Erlaubniß de- Befehlshabers der Truppen erbeutet werden"). Das ist Plünderung. Seebeute ist nach neuerem Recht den Privatpersonen versagt; die Kaperei ist abgeschafft"). DaS den König!. Kriegsfahrzeugen zustehende Recht, feindliche Schiffe aufzubringen, und Prisen zu machen, gehört nicht in das Gebiet des Privatrechts"). Wa» der Feind erbeutet, verliert der Eigenthümer erst, wenn eS je­ ner in Sicherheit gebracht und er nicht mehr von den preußischen Truppen verfolgt wird"). Wird ihm durch diese die Beute wieder abgenommen, so erhält der vorige Eigenthümer seine Sache gegen eine billige Beloh­ nung an die Truppen zurück'"). Meldet sich der vorige Eigenthümer nicht, so behält sie derjenige, der sie dem Feinde abgenommen hat"). Hat der Feind seine Beute veräußert oder verschenkt, so steht dem vorigen Eigenthümer gegen den Besitzer ein Rückforderungörecht, im ersteren Fall gegen Erstattung des Gezahlten, zu (jus postliminii)”). “) §. 193.194. d. T- Entsch- B. 53. S. 49 f. sieht iu der Genehmigung de- Staat» nicht- andere», al- da- Anerkenntniß der Geltung de» objektiven Recht-satze-, daß nur der Soldat da» Recht hat, Beute zu machen. S. R. Koch in der deutschen Ger.-Z. 1866. Heft 2. S. 168.

•*) §. 197. d- T- Mevius, comm. in j. Lubec. III. 1. art 10. Nr. 11. 12., ab­ gedruckt bei Gruchot S. 84. S. auch Strubeu, recht!. Bedenken II. 20. Im heutige» Völkerrecht ist ein Beuterecht gegen feindliche Privatpersonen nicht zu begründen. Hesster a. a. O. S- 243 Note 1. •’) DO. v. >2. Juni 1856 (GS. S. 186).

ee) Bergl. da« Prisenrcglement v. 20. Juni 1864, GS. S. 369 s. und dazu die Ver­ handlungen de» Abgeordnetenhauses 1865. Stenograph. Berichte Bd. 3. S-2069, welche mit dem Beschluß S. 2086 endigten, daß die DO. v. 20. Juni 1864 wegen ermangelnder Zustimmung beider Häuser de» Landtag» für recht»ungiltig zu erklären. Der sehr ausführliche Kommission-bericht befindet sich B. 5. S. 6I5fg. «’) §. 201. 202. d. T. Gruchot S. 85. Hesster §. 136. Die Ansicht de» A.LR. entspricht der gemeinrechtlichen. A. M. Gesterding S. 107fg.

”) §. 203. d. T. gedruckt.

Mevius jus Lubec. 1. c. Nr. 14. 15. bei Gruchot S. 86 ab­

’•) §. 204. d. T.

”) § 199. 200. d. T- Hierüber s. da» Reskr. de- Ostpreuß. Proviuz.-Dep. v. 6. Mai 1808 bei Matthi» VII. 282. Rabe IX. 195 nmb in den Erg. zu §. 199. und da­ gegen Gesetzrevis. XIII. 105. Bornemaun II. 28. Koch, Pr.-R- I. 452. Note 10. Der frühere Eigenthümer vindizirt die Sache von dem, der sie vom Feinde erworben hat und al» redlicher Besitzer zu erachten ist Bon einem Wie­ derkauf kann nicht die Rede sein. — 1. 11. $.4. D. XLIV. 1.

§. 176.

Arbeit-erzeugnisse-

189

§. 176. Arbeit-erzeugnisse. I. Unter die Kategorie der „An- und Zuwüchse" hat da- A.9.R. auch die Fälle gerechnet, wo fremde Materialien mit eigenen oder fremden verbunden (vermengt, vermischt) werden'). Hier handelt eS sich um Verbindungen, welche durch eine mechanische Thätigkeit herbeigeführt worden (adjunctiones), welche auch nach römischem Recht unter den Be­ griff der Accession fallen. Da- A.L.R. schließt sich im obersten Grund­ satz zwar hier dem römischen Rechte an, weicht von demselben aber wesent­ lich in der Durchführung de- Einzelnen ab. Bei diesen mechanischen Verbindungen kommt e- darauf an, ob sie wieder gelöst werden können'). Ist die Sonderung möglich, so behält Jeder da- Eigenthum seine- Stoffs. Können die Stoffe nicht gesondert werden, so muß eine Veränderung de- Eigenthum- eintreten, welche sich nur in drei Möglichkeiten äußern kann: entweder entsteht ein Alleineigenthum de- oder der Eigenthümer der Stoffe, oder dessen, der durch ihre Verbindung da- neue Ganze hervorgebracht hat, oder e» wird ein Miteigenthum an diesem Ganzen erzeugt. Da- römische Recht entscheidet diese Fälle dahin, daß Derjenige Eigenthümer de- Ganzen wird, dem der bedeutendste Stoff gehört, und daß Miteigenthum entsteht, wenn von den verbundenen Stoffen keiner der bedeutendste ist'). Da- A.L.R. begnügt ') §. 298.ffl. I. 9. Bergt, besonder» die ausführlichen Glossen von Gruchot VII. 259ff. Bon der Verbindung der Stoffe ist die Verarbeitung de- Stoffs zu unterscheiden, und das A LR. unterscheidet auch beides (f. §. 304. d. T). Die Verbindung ist Aceession, sie kann auch Arbeit sein, aber nicht Verarbeitung, und die Verarbeitung an sich (Spezifikation) ist nicht Aceession. Freilich kann und wird oft mit der Verarbeitung eine Verbindung von Stoffen Zusammentreffen; dann aber entscheidet rechtlich der Gesichtspunkt der Verarbeitung da- dadurch her­ vorgerufene Verhältniß. Wind scheid I. 536 bei c.

’) §. 298. d. T. Soweit stimmt da- A.L R. mit dem römischen Recht, welche- auch von der Trennbarkeit oder Untrennbarkeit der Stoffe die Entscheidung abhängig macht, ob da- Eigenthum an dem einzelnen Stoffe bleibt, oder sich ändert. Bei vorhandener Trennbarkeit wird die a. ad exhibendum al- vorbereitend für die dann zustehende rei vindic. gegeben. 1. 3 §. 2 1. 5. §. 1. 1. 23 §. 5. D. VI. 1.16. I. 7. §. 1. 2. D. X 4. 1. 12. §. 1. 1. 27. §. 2. I) XLI. 1. Ueber die Trennbarkeit der Stoffe entscheidet nicht der Umstand, ob sie durch die Verbindung in den Zu­ sammenhang eine- Ganzen gebracht, oder ob sie nur vermischt worden sind, so daß jeder Stoff für sich geblieben. Aber wenn im letzteren Fall die Absonderung undurchführbar wird, weil die vermischten Stoffe gegen einander ihre Individua­ lität eingebüßt haben, so gelten sie als untrennbar (Gctraide, Geld), §. 28. J. II. 1. I. 5. pr. D. VI. 1 Welche Stoffe wieder geschieden werden können, lehrt die Chemie. Vieles ist jetzt scheidbar, waS sonst nicht geschieden werden konnte. ’) §. 26. 33. 34. J. II. 1. 1. 23. § 3.5. D. VI. 1. I. 9. §. 1. 2. D. XLI. 1—1. 3. §. 2. I. 5. §. 1. D. VI. 1. 1. 27. §. 2. D. XLI. 1. - Daö Eigenthum an der Hauptsache zieht daS Eigenthum an der Nebensache an sich; ist kein Stoff Hauptsache, so entsteht Miteigenthum. Aber wie bestimmt sich der Begriff der Hauptsache? utra utrius materiae sit accessio, visu atque usu rei, consuetudine patrisfamilias aestimandum est. 1. 29. §. 1. D. XXXIV. 2. DaS Corpus Juris

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Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

sich nicht mit diesem EintheilungSprinzipe, sondern stellt den moralischen Gesichtspunkt an die Spitze, und entwickelt aus diesem ein Wahlrecht für den, gegen oder ohne dessen Willen die Verbindung erfolgt ist4*).** 6* ES kommt also zunächst darauf an, ob die Verbindung arglistiger Weise, d. h. mit der Absicht, sich durch den Schaden deS Andern zu bereichern, be­ wirkt worden ist oder nichts. Zm ersten Fall hat der Benachtheiligte die Wahl, entweder gegen eine dem FiSkuS zufallende, nach dem niedrig­ sten Satz berechnete Bergvtigung des Arbeitslohnes und de- Werths deS ihm fremden verbundenen Stoffs das neue Ganze zu nehmen, oder es dem Andern zu überlassen und von diesem den höchsten Werth, den der ihm entzogene Stoff in der Zeit zwischen der widerrechtlichen Anmaßung und der Klagezustellung gehabt hat, zu verlangens. Daneben bleibt ihm der Anspruch auf Ersatz deS Schadens und entgangenen Gewinnes'). — Im zweiten Fall wird geprüft, welchem von Beiden der beträchtlichste Stoffantheil an dem Ganzen zustehe. Hat der Verbindende selbst den enthält viele erläuternde Beispiele, die in den Pandektenkompendien erwähnt werden. S. z. B. Windsch eid I. S. 535 Note 6. Die untrennbare Ver­ bindung von Stoffen ist aber nur dann Grund einer Veränderung de- Eigen­ thum-, wenn wenigsten-e i n Stoffeigenthümer die Verbindung nicht gewollt oder gewußt hat. Ist sie von allen Seiten beabsichtigt, so ist Tradition der Grund de- Erwerbe-. §. 27. J. II. 1. 1. 7. §. 8. D. XLI. 1. Gruchot 265. 4) Grüchot VII. 264: "Da- A LR. will in erster Linie nicht die Sache, sondern die dabei thätig gewesenen Personen, da- Recht oder Unrecht ihrer Handlung-weise in Betracht gezogen wissen .... Auf diese Weise wird die ganze Sache gewisser­ maßen au- der Lehre vom Eigenthum-erwerb in da- Obligationenrecht hinüber gespielt," nämlich in die Lehre von den Delikt-obligationen. Uebrigen- muß be­ merkt werden, daß dieser Gesichtspunkt von der damaligen gemeinrechtlichen Dok­ trin den Redaktoren de- A.L.R. entgegengebracht worden ist, und eine Anknüpfung an da- römische Recht insoweit hat, al- nur der bona fide Spezistzirende Eigen­ thum an der neuen Sache erwirbt, und Adjunktion und Spezifikation sich doch sehr nahe berühren, ja oft in einander übergehen. Da- Wahlrecht ist aber dem A.L.R. und dem österr. G.-B. §. 415. eigenthümlich. Ueber die bona fides s. Don eil üb IV. 12. §. 4. Vinnius ad §. 25. J. II. 1. Nr. 2. Berger, oecon. II. 2. 1. 6. Not. 1. (bei Gruchot S. 272) und unten bei Note 7. 16. Nach sächs. G.-V. §. 247. erwirbt der Eigenthümer der Hauptsache die Nebensache, anderenfalls entsteht Miteigenthum.

6) §. 299. d. T. Zu beachten ist, daß nur dolus, nicht auch schon culpa die Grenze beider Fälle bildet.

•) §. 299—302. d. T. Der Anspruch de- Fi-ku- ist ex lege, er leitet sich nicht von dem Beschädiger ab. Gruchot VII. S. 275. Der Beschädigte erwirbt da­ neue Ganze, wenn er e- nehmen will, ipso jure, nicht durch Tradition vom Ar­ beiter. Gruchot S. 273fg.

*) §. 303. d. T. Auch im römischen Recht wird der Entschädigungsanspruch nicht verkannt, 1. 23. §. 5. D. VI. 1. in factum wird geklagt, oder mit einer utilis rei vindicatio, mit welcher der Werthsatz gefordert wird, so in 1. 5. §. 3. eod. 1. 9. §. 2. D. XLI. 1. §. 26 34. J. II. 1. Jacobi, nützl. Derw. S. 99. Note 25. Selbst derjenige, der die Verbindung bona fide vorgenommen hat, und weil sein Stoff nicht die Haupssache ist, da- Eigenthum an den Andern verliert, hat Ersatz­ anspruch und Retention, 1. 23. §. 4 D. VI. 1. nur keine Klage. 1. 33. D. XII. 6. 1. 14. D. XL1V. 4 I. 14. §. 1. D. X Windscheid I. 536. Aber da- röm. R. läßt diesen Ersatzanspruch nicht den leitenden Geficht-punkt für die ganze Lehre fein.

größeren Antheil, so behält er da- Ganze, erstattet dem Andern da- Ma­ terial nach dem höchsten Preise z. Z. der Verbindung und leistet auch sonst vollständigen Ersatz'). Hat der Andere den größeren Antheil, so behält er entweder da- Ganze und vergütigt dem Verbindenden dessen Stoffantheil nach dem gemeinen Werthe z. Z. der Verbindung, welcher jedoch an dem Werth der Verbefferung seine Grenze findet; oder er überläßt da- Ganze dem Verbindenden und dann wird ihm von diesem sein Material und Schaden nach höchstem Preise und vollständig ersetzt'). Bleibt die Größe de- Materialantheils zweifelhaft, so hat derjenige, ohne dessen Zuthun die Verbindung erfolgt, dasselbe Wahlrecht"). — Die Auseinandersetzung kann sich endlich noch dann verwickeln, wenn ein Dritter die Materialien mehrerer Personen unter einander oder mit den seinigen verbunden und vermengt hat. Den mehreren Eigenthümern ge­ genüber bleibt der Verbindende in derselben Lage, wie Einem gegenüber"); aber die Intereffen der mehreren Eigenthümer unter einander müssen noch ausgeglichen werden. Ihr Wahlrecht dem Verbindenden gegenüber wird entweder von denen, die den beträchtlichsten Antheil am Material haben, oder durch da- Loo- bestimmt"). Unter ihnen entscheidet sich bei der Verbindung ungleichartiger Materialien, wer das Ganze behalten soll, entweder nach dem größeren Werth de- Antheils oder durch das LooS mit Abfindung der Andern"). Sind gleichartige Materialien verbunden, so werden sie Miteigenthümer de- Ganzen"). II. Die Verarbeitung fremden Stoffs bringt denselben in eine neue Form oder Gestalt: ex materia fit nova speciea (Spezifikation)"). Ueber die Frage, wer erwirbt da- Eigenthum an der nova species, stritten sich die römischen Iuristenschulen und int justinianischen Recht wurde der Streit durch Annahme einer Mittelmeinnng entschieden. Die Extreme waren: die neue Sache gehört entweder dem Herrn deS Stoff-

•) §. 307-311. d. T. *) §. 312. 313. d. T.

") §• 312. d. T. ") §. 315. d. T.

") ?. 316. 317. d. T. **) §. 319—321. d. T. Dir Abfindung wird berechnet nach dem Verhältniß de« Werth« der Stoffe zum Werth des Ganzen. Können sich die Interessenten über den Werth de» Ganzen nicht einigen, so wird dieser Werth durch öffentliche Licitation gesunden. §. 322. 323. d. T ») §. 318. d. T.

,s) §. 299. 304—306. 315fg. d. T. Grnchol» bei Note 1. erwähnte Glossen, welche namentlich viel Kasuistik zur Lehre von der Spezifikation bringen. — $. 25. J. II. 1. Gesterding S. 255. Schmid S. 167. Pagenstecher II. 113. 6eil Versuche I. 96. Bangervw I. § 310. S. 564. 7. A Dankwardt, Nationalökonomie und Jurisprudenz. H. 1. 1858. S. 27sg. Fitting, im Arch. s civ. P. 48. S. >fg. S. 149fg. S. 311fg. 1865.

192

Zweite» Buch

Die besonderen Privatrechte.

(SabinuS und Cassius), eher dem Arbeiter (ProkuluS und Nerva); die Mittelmeinung Justinian», welche übrigen» auch vor ihm schon vertreten war (GajuS, Ulpian, PaulluS, Callistratu»), giebt dem gutgläubigen Ver­ fertiger da» Eigenthum, wenn die Sache nicht mehr in ihre frühere Form zurückgebracht werden kann, sonst dem Herrn de» Stoffs"). Diese Ent­ scheidung ist eigentlich sinnlo», sie macht die RtchtSfrage abhängig von einem zufälligen äußeren Umstande und läßt auch in einzelnen Fällen im Stich"). Da» A.L.R. hat sich offenbar der Ansicht de» ProkuluS und Nerva einigermaßen genähert; der gutgläubige Arbeiter behält die durch seine Arbeit hervorgebrachte Sache, und er hat nur die natürliche Ver­ pflichtung, dem Herrn de» Stoff» Vergütigung zu leisten, deren Umfang sich nach dem Grade seine» Verschulden» bemißt"). Der Grund diese» Erwerb» ist freilich nicht der, den die Prokulejaner vortrugen, daß die Sache durch die Spezifikation eine herrenlose werde und der Arbeiter sie okkupire"), sondern die Arbeit erzeugt da» Eigenthum"). Der arglistige Arbeiter erwirbt nicht da» Produkt seiner Arbeit, sondern muß e» dem ") § 25. J. II. 1. Ueber bett alteren Schulstreit s. Gaj. II. 79. I. 7. §. 7. I. 26. §. 3. D. XLI. 1. Ueber bie Mittelmeitmttg I. 5. §. 1. D. VI. 1.1. 7. §. 7. I. 12. § 1 1. 24. D. XLI. 1. Ausführlich handelt hiervon der Aufsatz von Fitt i n g. — Daß bona fides zum Eigenthum-erwerb de- Spezifikanten gehöre, ist nach der richtigen Meinung anzunehmen, obgleich e- in den röm. Quellen nicht ausdrücklich gesagt wird. S. Windscheid I. 528. Note 3. Die altere Praxi- nahm e- an (Gruchot S. 272), neuerdings scheint sich die herrschende Meinung dagegen zu erklären. S. bes. Vangerow S. 566fg., aber die Spezifikation ist nicht Okku­ pation, sondern der Erwerb ruht auf der sittlichen Bedeutung der Arbeit. S. auch Dankwardt S. 31.41. — Die von Justinian schließlich festgesetzte Mittelmei­ nung scheint jedoch in einem Punkt von der des GajuS, Ulpian und PaulluS ab­ zuweichen: wenn zum Theil mit eigenem, zum Theil mit fremdem Stoff spezifizirt worden, soll der Spezifikant Eigenthümer werden, und es ist hier nicht Unter­ schieden, ob die Stoffe wieder getrennt werden können oder nicht. Als Grund ist angegeben quum non solum operam suam dedit, sed et partem ejus materiae praestavit. Entscheidend ist also die pars materiae, nicht die data opera. S. Ueber die dadurch entstandene Kontroverse unten bei Note 30.

n) S. hierüber Dankwardt S. 31f. Der Irrthum beruht hauptsächlich darin, daß in der Form der Stoff niemals untergeh t, mithin durch Vernichtung der Form immer wieder hergestellt werden kann. ,8) §, 304- 306. d. T- Also hier kein Wahlrecht, wie bei der Verbindung. Borne mann II. 40. Jacobi, nützl. Verwendung S. 98 Note 24. Entschädigungs­ anspruch des StoffeigenthümerS auch nach röm. R. Windscheid I. 529. 91.-6. Nach dem Code 570fg. behält der Herr des Stoffs die Sache, nur wenn die Ar­ beit den Werth der Sache erheblich übersteigt, behält der Arbeiter die Sache, und bezahlt dem Eigenthümer den Stoff. Auf die Wiederherstellbarkeit kommt nichts an. Nach dem sächs. G.B. § 246. erwirbt der Arbeiter das Eigenthum, und muß dem Eigenthümer des Stoff-, insofern er redlich gewesen, die Bereicherung, im Fall der Unredlichket den vollen Ersatz leisten.

”) 1.7. §.7. D. XLI. 1. quia quod factum est, antea nullius fuerat. wardt S. 30. 31.

Dank­

’•) Die- wird auch von einzelnen Neueren nicht verkannt, obschon die Romanisten immer noch der Mehrzahl nach bei der Okkupation-theorie stehen bleiben. S. Banaerow a. a. O. Gruchot S. 266sg. und jetzt auch für die richtige An­ sicht Windscheid I. 527. Note 2.

Herrn de- Stoff- überlassen, und die Vergiitigung, die dieser zu leisten hat, fallt an den Fi-ku-"). Es bleibt hier die Frage, wann gilt ein Stoff für so verarbeitet, daß er eine neue Form oder Gestalt bekommen? In den römischen Quellen wird behauptet, da- Ausdreschen de- Korn- sei keine Form­ gebung"), ebenso wenig da- Färben de- Stoff-") oder da- Beschreiben eine- Pergament-"). Solche einzelne Entscheidungen sind nicht bindend, sie sind übrigens auch verfehlt. Die Frage, was ist Formgebung, ist keine juristische, sondern eine volkSwirthschaftliche, sie wird von der Industrie beantwortet, und zwar dahin, daß da- durch die Arbeit gewonnene Pro­ dukt einen andern Werth darstellt"). Hiernach ist nicht zweifelhaft, daß jene Fälle al- wirkliche Umformungen de- Stoff- anzusehen sind. DaDreschen macht au- der Aehre Korn, da- Farben macht den Stoff brauch­ barer, werthvoller, ebenso da- Schreiben den Stoff, worauf geschrieben worden"). In keinem Fall aber kann mit Paullu- der Unterschied auf­ gestellt werden, ob der Stoff bleibe oder untergehe"), denn er geht im Fabrikat niemals unter, sondern ändert immer nur die Form. Im Schiff ist der Rohstoff de- Holze-, in der Statue da- Erz, in der Säule der Marmor erhalten, im Becher da- Gold"). Wenn zur Fabrikation fremder und eigener Rohstoff verwendet wor­ den, so gelten dieselben Grundsätze. Der Verfertiger wird der Eigen­ thümer de- Fabrikat- und entschädigt den Andern wegen de- Stoff-"). Nach römischem Recht dagegen erwirbt der Arbeiter da- Eigenthum nur dann, wenn sich au- dem Fabrikat die Stoffe nicht wieder herstellen lassen; wenn die Stoffe wieder getrennt werden können, entsteht Miteigenthum de- Stoffeigenthümer- und de- Arbeiter-"). »') §. 299. d. T.

*’) 1. 7. §. 7. D. XLI. 1.

«) 1.16. §. 3. D. XLI. 1. «) §. 33. J. II. 1.

I. 9. §. 1. D. XLI. 1.

”) S. hinüber bes. Dankwardt a. a. O. A. M. Fitting S. 188 Note 66. Aber ob die Römer die Frage vom volkswirthschastlichen Standpunkt aufgefaßt haben, od« nicht, kann offenbar hier nicht entscheiden. *•) Auffallender Weise, aber auch glücklicher Weise, entbehrt da» A.L R. sonstige Gewohnheit bei der Spezifikation ganz der Kasuistik.

gegen seine

") 1. 24. 26. D. XLI. 1.

’•) Dankwar dt S. 33.

”) Das folgt au- §. 304. d. T. Wenn da- Fabrikat au» verschiedenen, verschiedenen Eigenthümern gehörigen Stoffen gearbeitet ist, so treten in Betreff der Entschä­ digung der Stoffeigenlhümer dieselben Grundsätze ein, wie bei der bloßen Ver­ bindung von Stoffen, §. 315fg. d. T-, aber da- Wahlrecht über da- Eigenthum zwischen dem Verfertiger und dem Stoffeigenthümer sällt fort, denn auch in die­ sem Fall wird der Verfertiger nach §. 304, welcher nicht unterscheidet, Eigenthü­ mer M Fabrikat-.

“) 1. 5. §. 1. D. VI. 1.

1. 12. §. 1. D. XLI. 1.

Förster, Preuß. Priratrecht. III. 3. ’flufl.

Bangerow S. 566. Nr. 1.

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Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Eine besonder- hervor;uhebende Art der Spezifikation ist die inaedificatio, da- Bauen auf fremdem Boden oder mit fremden Ma­ terialien^). Wenn auf fremdem Boden ein Bau") aufgeführt wird, so fragt sich, ob der Bauende, oder der Grundbesitzer Eigenthümer deBaue- wird"). Nach römischem Recht gehört da- Gebäude dem Letzteren, so lange e- steht; eS fällt an den Erbauer zurück, wenn die Verbindung mit dem Boden aufhört, und er nicht wissentlich da- Gebäude auf dem fremden Grunde erbaut hat, worin ein Verzicht auf da- verwendete Material gefunden wird"). Nach A.L.R. entscheidet über da- Eigenthum der Wille de- Grundherrn")* Er kann da- Gebäude erhalten oder Windscheid S 529 Note 4. J. II. 1.

Es ist bestritten wegen der Schlußworte in 8.25.

,l) Inaedificatio. §. 327—338. d. T. (§. 339. ist durch die Konk.-Ordn. v. 1855 be­ seitigt). Gruchot VII. 282fg. Jakobi nützl. Verwend. S. 95fg. Pagen­ stecher II. 147. Zaun im Archiv für civil. Praxis. 9. 43. 6. 211 f. 309f. Bangerow I 8 329 S. 634 Anm. 1. tT) „Ein für sich selbst bestehendes gebautes, inaedificatio. 1. 60. dem Boden gehört hierher. 1. Entsch. B. 38. S. 74. B. 52. Arch. B. 10. S. 60.

Gebäude," d. h. ein fest in den Grund hinein­ D. XLI. 1. Auch mittelbarer Zusammenhang mit 28. D. XLI. 1. 1. 3. C. III. 32. §. 327. d T. S. 83. Auch eine freistehende Mauer. ArnSb.

”) Auf fremdem Boden baut auch derjenige, der die Baustelle für den Bau durch einen formell ungiltigen Vertrag erworben, Entsch. B 30. S. 31. B. 38 S. 61. 66. Strieth. B. 36. S. 80. Bornemann, Erörter. H. 1. S. 218s. A. M, aber aus unzureichendem Grunde Koch Komment. Note 52 zu §. 332, denn der for­ mell ungiltige Vertrag giebt keinen RechtSgrund zum Besitz, und der Besitzer besitzt hier nicht bona fide, sondern unrechtfertig. Bebaut der redliche Besitzer das Grund­ stück, so liegt darin eine Verwendung in das Grundstück und die Auöeinander- fetzung mit dem Eigenthümer richtet sich nach Tit. 7. §. 333. d. T. Entsch. B. 30. S. 35. Jakobi S. 97. Der Fall des EinreißenS und Wiederaufbauens gehört nicht unter §. 332fg. d. T. Gruchot VII. 293. Auch nicht der, wenn der Päch­ ter auf dem gepachteten Grundstück baut, denn auch dies ist unter Umständen Verwendung. Strieth. B 17. S. 19. B. 40. S. 125. Sintenis I. §. 50 Note 31 a. E. S. 492. Zaun a. a. O. S. 214. Seuffert VII. 30. Matthiä, Kontrov.-Lex. II. 66. ,4) §. 30. J. II. 1. Solo cedit, quod solo inaedificatur. S- hierüber und Über die an nicht zu vereinigende Stellen des corp. jur. anknüpfenden Kontroversen Dangerow S 634, Windscheid I. 532 Note 9. AIS sicher erscheint nur, daß der m. f. Bauende zwar daS jus tollendi, aber nicht die Bindikation der wieder losgelösten Materialien hat, und daß von einem jus retinendi an der Baustelle?) bei ihm hier nicht die Rede fein kann. Seuffert XII. 125. Jakobi in Ger­ ber und Jhering, Jahrb. IV. 248. Note 107. WaS insbesondere die Vindikation der Materialien betrifft, so widersprechen sich tz. 30. J. II. 1. 1. 7. §. 12. D. XLI. 1. welche die Vindikation versagen, und 1. 2 C. III. 32, welche sie zuläßt, direkt und eS wird daher mit Windscheid angenommen werden müssen, daß sich diese Stellen gegenseitig aufheben d. h daß dem m. f. Bauenden die Vindikation nicht gegeben ist. — Gebäude, auf der Grenze errichtet, gehören den beiden Grund eigenthümern pro diviso, d. h. nach der vertikalen, auf der Grenzlinie errichteten Fläche. Zaun S. 309f. Oben §. 168. S. 140.

8$) Gruchot S. 285. Nr. 6. Wer ist Eigenthümer de- Bauwerks, bis der Grundeigenthümer sich entschieden hat? Koch, Komm. Note 50 zu §. 327. meint, der Bauende als Superfiziar. Richtiger Gruchot, der den Grundbesitzer gleich als Eigenthümer des Baues ansieht. Jakobi 95 tritt Koch bei, indem er den

8- 176.

Arbeit-erzeugnisse.

195

dessen WegrLumung verlangen. Der erste Fall spaltet sich wieder in die Wahl deS Grundherrn, entweder daS Gebäude sich selbst zuzueignen, oder eS dem Bauenden zu überlassen. Eignet er eS sich an, so erstattet er die Baukosten, so weit sie nicht den Werth deS Gebäudes übersteigen"). Ueberläßt er das Gebäude mit der Baustelle dem Bauenden, so muß dieser den Werth deS Grund und BodenS und Schadenersatz leisten37). Im zweiten Fall muß Abbruch und Wegräumung auf Kosten deS Bauenden geschehen, der dem Grundherrn auch allen Schaden zu ersetzen hat3"). Aber dieses dreifache Wahlrecht ist an die Voraussetzung gebunden, daß der Grundherr, sobald er von dem Bau Kenntniß erlangt, demselben widerspricht. Unterläßt er den Widerspruch, so kann er weder den Ab­ bruch verlangen noch daS Gebäude sich aneignen, sondern muß eS gegen Entschädigung für den Grund und Boden dem Bauenden überlassen33). Sind fremde Materialien ohne Wissen ihres EigenthümerS auf dem eigenen Grund deS Bauenden verbaut, so hat dieser zwar für die Materialien Entschädigung zu leisten, wird aber ihr Eigenthümer"). Bauenden al- Spezifikanten, und da- Gebäude nicht als Accession deS BodenS anfieht. Bergl. auch Entsch. B. 30. S. 35. und Strieth. B. 11 S. 216.

,e) $.327. 329. 330. d. T. I. 7 §. 12. I 9. D. XLL 1. Leyser sp. 447. med. 1.2. In quantum locupletior fatetus. Jakobi S. 96. Heuser, Annalen. VI. 319. Ob auch der m. f. Bauende den Anspruch hat? Leyser med. 4. Pagenstecher II. 149, Note 2 bejahen. Im preuß. R. folgt die Bejahung au§. 236. 238. I. 7. Gruchot S. 289. ,7) § 331. b. X. Gruchot 289. „Zwangsannahme." Der Grundherr klagt auf Zahlung deS Werths der Baustelle actione emti venditi. Koch, Anleit. z. Proz.Pr. I. 218

") §. 323. d T.

Koch

Anleit. z. Proz.-PraxiS 1.219.

") $. 332. d. T. Abweichend vom gemeinen R. Gruchot 290fg. und die dort ans Hymmen, Beitr. VI. 94 95. eitirten Erkenntnisse des Kammergerichts von 1759. Im röm. R half die operis novi nuntiatio, nach preuß R. muß der Grundeigenthümer den Widerspruch durch daS Gericht dem Bauenden zustel­ len lassen. Koch a. a. O. S. 215. Bergl. auch die bei Gruchot S. 291fg mit­ getheilten ungedruckten Erkenntnisse. Auch der Miteigenthümer muß dem Dau des Miteigenthümer- widersprechen. Strieth. B. 11. S. 216. B. 36. S 80. Wo besondere Genehmigung zur Aufführung eines Baues erfordert wird, kann aus unterlassenem Widerspruch stillschweigende Genehmigung nicht gefolgert wer­ den. Strieth. B. 47. S. 255. Der §. 332. d. T. schützt nur den b. f. Bauen­ den gegen den nicht widersprechenden Grundbesitzer. Entsch. B. 38. S. 66. 61. Die Klage aus §. 332. hat eine persönliche Natur, ist daher nicht gegen den Singularsucceffor des Bauenden zulässig. Entsch. B. 56. S. 39. ") §. 334. 335. d. T. Der Verbauende wird in Folge der Spezifikation Eigenthümer deS Materials. Jakobi S. 96 Note 19. Der frühere Eigenthümer des Mate­ rials wird durch die Bergütigung abgefnnd-n und kann, wenn das Material wie­ der losgelöst, eS nicht vindiziren. Gruchot S. 296. Daffelbe würde übrigenS auch anzunehmen sein, wenn man mit Koch, Komm. Note 54 zu §.334. den Erwerb in der Accession finden will. — Nach röm. R. wird daS tignum junctum durch Accession Eigenthum deS bauenden Grundbesitzers. §. 29. D. II. 1 , die Vin­ dikation war, so lange daS Gebäude stand, nach dem Recht der 12. T. ausge­ schlossen, aber eS wachte wieder auf, wenn die Verbindung aufhörte, und daS tignum junctum ein furtivum war. Vangerow I. S. 553. tz. 300.

Wurden fremde Materialien auf fremdem Boden ohne Wissen beider Eigen­ thümer verbauet, so hat der Bauende dem Eigenthümer deS MaterialEntschädigung zu leisten und dieser keinen Anspruch an den Grund­ besitzer^'); die Frage aber, ob dieser oder der Bauende Eigenthümer deS Baue- wird, entscheidet sich nach dem vorhin angegebenen dreifachen Wahl­ recht des Grundbesitzers"). Ueber den Bau an derGrenze, welchen daS A.8.R. hier anschließt, ist bereits an einer anderen Stelle gehandelt").

§. 177.

Die Ersitzung.

A.L.Sk. I. 9. §. 579-669. Oben §. 46 57. ®. 1. S. 205f. 278f. Sruchot VH. 610f. VIII. 92f. 262f. Dornemann II 8Sf. Koch, Pr.-R. 1.286. 295 — 302. 311. 313. Baron, Abhandlungen aus dem preuß. Recht- 1860. S. 115f. — UnterHolzner, 2. A. v. Scheurl, Beiträge II. 29f. Stintzing, das Wesen von bona fides und justus titulus in der römischen UsukapionSlehre. 1852. Schirmer die Grundidee der Usukapion im römischen R. 1855. Derselbe z. L. von der bona fides und dem justus titulus in der Zeitschr. s. Civ.-R. und Proz. D 15. S. 207. 279. (1858', B. 16. S. 1. (1859). Wächter, die bona fides, insbeson­ dere bei der Ersitzung des Eigenthums. 1871. Bruns, das Wesen der bona fides bei der Ersitzung. 1872. Fitting, über das Wesen des Titels bei der Ersitzung, im Arch. s.civil. Prax. B. 51. S. lf. S. 248s. Siebenhaar in den Dresdner Annalen N. F. V. 10. S. 38hfg. Roth, bair. Liv. R. II. §. 145-147.

I. Der Begriff. Ueber die „Grundidee der Usukapion" sind von jeher verschiedene Meinungen aufgestellt worden. In der Zeit vor und während der Entstehung deS A.L.R. behaupteten die NatnrrechtSlehrer, daß der nicht besitzende Eigenthümer die Sache derelinquire, wenn er sich lange Zeit hindurch nicht bemühe, wieder in ihren Besitz zu gelangens. Die damaligen Juristen dagegen gingen von der Annahme aus, das In­ stitut sei erfunden zur Sicherung des Eigenthums, es beruhe auf der 4I) §. 337. 338. d. T. Das in §. 339. dem Materialeigenthümer beigelegte Vorrecht ist durch die K'onk.-Ordn. v. 1855. beseitigt ") §. 338. d. T. “) Oben §. 170. bei a. Nr. 5 Note 19. S. 149. G rotius II. 4. Pufendorf, jus natur. IV. 12. 8. Daries, inst, jurispr. univ. hat schol. II. zu §. 493. (ed. 5. v. 1757 p. 259) sich nicht näher darüber ausgesprochen. Die späteren R^chtSphilosophen sind über diesen Stand­ punkt im Wesentlichen nicht hinwegzekommen. Hegel 64. Trendelenburg, Naturrecht, 1860. S. 180 führt die Verjährung ebenfalls auf die Dereliktion des Eigenthums zurück. Dann bleibt aber unerklärt, wie Unredlichkeit von der Usu­ kapion ausschließen, wie sie überhaupt bei Okkupation einer herrenlosen Sache gedacht werden kann. Denn daß für den unredlichen Besitzer „das fremde Eigen­ thum nicht erloschen," beweist nicht, sondern ist erst zu beweisen.

$. 177.

Dir Ersitzung.

197

Vermuthung, daß der lange redliche Besitz sich auf einen richtigen Erwerb gründe, und sei eine Strafe für die Nachlässigkeit deS älteren Eigenthü­ mer-'). Die Neueren suchen die Rechtfertigung deS Institut- in den einzelnen Erfordernissen desselben auf: bald in dem Moment deS Besitze-, indem die Ersitzung die thatsächlich durchgeführte und deshalb vom Recht anerkannte Unterwerfung der Sache unter die Herrschaft der Person fei3*);4* 5 bald in dem redlichen Glauben, und man bezeichnete sie sogar al- die „Prämiirung eine- eingewurzelten Irrthum-"'); oder in dem Titel3), oder in dem Zeitablaufe, denn die Zeit habe die Macht, daß da-, walange bestanden, bloß deßhalb „dem menschlichen Gemüth" al- ein Festeund Unumstößliches erscheine3). .Mit Recht bemerkt Rudorfs') gegen alle diese Versuche, daß sie von einseitigen Gesichtspunkten auSgehen: ein­ seitig deshalb, weil die Usukapion nicht bloß ein im Interesse des PrivatrechtS, des Eigenthum-erwerbs, sondern auch im öffentlichen Interesse eingeführte- Institut ist. Puchta verwirft die Meinung, daß die Usu­ kapion erfunden sei, um die Sache dem zu geben, dem sie nicht gehört, sie sei bestimmt, da- Eigenthum zu sichern und namentlich seinen Beweis

*) Hell seid §. 579. ed. nova 1806 p. 238: ueucapio in genere definiri potest, quod ait acquisitio Juris ex lapsu temporia. Dominus enim, qui per tempua fege defiuitum jus suurn haud peraequitur, ob negligentiam jus auum amittit et alius per continuatam posaessionem illud acquirit. Bergl. noch S. 820 §. 1757. S. 821 §. 1757. 1760. Höpfner, 4. A. S. 344: die bürgerlichen Gesetze haben.sie eingeführt zur Strafe der Nach­ lässigkeit. Sie glauben, daß ein Mensch, der so lange seine Sache in fremden Händen läßt, und seine Rechte versäumt, billig mit deren Berlnst bestraft werde. Im Wesentlichen stimmt hiermit Rave, de praescriptione, ed. III. p. 9. §. X überein, der hier auch den allgemeinen Verjährung-begriff zu Grunde legt, und für ihre beiden Arten da- punire negligentiam al- Rechtfertigung hervorhebt. Dabei citirt er die 1. 1. D. XLI. 3. In dieser Auffassung zeigen sich Nach­ wirkungen der deutschen Recht-idee von dem Sich-Bersäumen. Oben B. 1. S. 211, bes. Note 3. Suarez sagt in seinen Bemerkungen zum Kircheisen'schen BesitzEntwurf (Mater) S. 421.: praescriptio acquiaitiva gründet sich auf da- priocipium: publici intereat, ut dominia rerum eint certa; sie hat eigentlich eine praeaumtionem Juris et de jure zum Grunde: daß derjenige, der eine Sache oder Recht durch lange Jahre ex Justo titulo ruhig besessen hat, wirklicher Eigen­ thümer der Sache sei." Er hat sich aber wiederholt dagegen ausgesprochen, daß die praescr. acquiaitiva eine poena negligentiae sei, während er gerade darin da- Fundament der extinctiva findet. Z. B. Mater. S- 421. 482. 543. Nr. 3. ’) Schirmer, Grundidee, § 2. Suarez, Mater. S 423 sagt: der Grund der Erwerbung liegt nicht in dem Abläufe der Zeit, sondern in dem qualifizirten Besitze. Auch S- 543 Nr. 3. 4) Baron S. 117. b) Scheurl II. Nr. 15. *) Windscheid I. 269. Stin tzing S. 3 ß. 3. Goldschmidt in s. Zeitschrift f. Handelsrecht, B. 8. S- 239 Note 28. 7) Zu Puchta, Pand. 10. A. S- 233 Note b. und zu dessen Institut. 6. A. B. 2. 5. 550 Note b.

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Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

zu erleichterns. Und ihm sich anschließend hat Delbrücks stärker be­ tont, daß sie ein Institut zum Schutze bestehenden Eigenthum- sei; dem wahren Eigenthümer sei gestattet worden, zur Ergänzung de- fehlenden schweren Beweise- seine- Erwerb- zur Ersitzung zu greifen, welche mit leichter erweisbaren Erfordernissen bekleidet auch eine leichtere Beweisung de- Eigenthums ermögliche. Hierin liege da- Motiv, der treibende Ge­ danke, und dieser habe seinen Ausdruck in der Einführung der Usukapion al- einer besonderen Erwerb-art gefunden"). Trotzdem, daß BrunS") diese Auffassung von der Ersitzuug für völlig unrömisch, für ein Herein­ tragen moderner Ideen in da- römische Recht erklärt, ist sie doch allein geeignet, diese- ganz positive „erfundene" Institut zu erklären und zu rechtfertigen. ES wird hierbei nicht- Moderne- in da- römische Recht hineingetragen. Die römischen Quellen bezeichnen die Usukapion ebenso bestimmt al- Erwerb-art"), was sie gewiß ihrer Wirkung nach ist, alsie andererseits geradezu betonen, daß sie eingeführt fei, um da- Eigen­ thum nicht durch lange Zeit ungesichert zu lassen, um Streitigkeiten über da- Eigenthum zu beseitigen"), womit sie sehr klar da- Motiv aussprechen. b) Institut. S 551. „Allerdings läßt sich der Erfolg, daß dem wahrhaften Eigen­ thümer dadurch fein Recht entzogen wird, nicht völlig ausschließen, diese Möglich­ keit soll aber mehr in die Ferne gerückt, und überhaupt zu einer erträglicheren gemacht werden durch die Erfordernisse der Usukapion." Pand. 8-155. (10. A. S. 233). Dagegen Vorles. (5. A- S. 350) I. 155: „Die Bedeutung der Er­ sitzung ist überhaupt Ergänzung einer unvollkommenen Erwerbung." Dergl. auch oben S- 101 §. 164. bei Note 3. •) Delbrück, dingliche Klage, S 5 §. 2. Vor ihm Burchardi, Lehrb. des röm. R. II. §. 175. ") Delbrück S 6: „der Fall, da der wahre Eigenthümer nur zur Ergänzung des fehlenden Beweises zur Usukapion greift, scheint die normale Grundlage, das in­ nere Motiv des ganzen Instituts, wenn nicht durchweg geschichtlich so dock wissenschaftlich zu bilden." u) Bei Dekker und Muther, Iahrb. B. 4. S. 10. Er dreht die Sache um, die Erleichterung des VindikationSbeweis es durch die Usukapion sei nur eine Folge, nicht ihr eigentlicher Grund und Zweck, dieser vielmehr, den jetzigen Besitzer gegen die Ansprüche früherer Besitzer und Eigenthümer zu sichern. Ihm tritt Zie barth, Realex. u- Oblig- S. 274s. bei: „die Usukapion will nicht dem Eigen­ thümer den Beweis erleichtern, sondern gradezn dem Nichteigenthümer die Sache schaffen, um ihn endlich einmal von der „ewigen Krankheit des absoluten Rechts zu befreien." Dagegen stimmt im Wesentlichen mit Delbrück, ohne ihn zu nennen, überein Briegleb, summar. Proz. tz. 45. S- 167. Auch Baron S. 117 verkennt den Gesichtspunkt nicht. Besonders interessant aber ist, daß er auch den Redaktoren des A.LR. nicht fern gelegen hat. Tevenar (Mater, von Simon und Strampff B- 3. S. 459f. und bei Gruchot VII. 413) spricht ihn klar aus. DaS O -Trib Entsch. B. 6. S. 418 sagt: der Zweck des Instituts ist nicht, Rechtsgeschäften, welche nach den Gesetzen ungiltig eingegangen sind, Giltigkeit zu verleihen, er ist vielmehr dahin gerichtet, die Rechtssicherheit zu be­ fördern, namentlich den guten Glauben zu schützen und einen rechtmäßigen und redlichen Erwerb vor den nachtheiligen Folgen eines ewig dauernden DindikationSrechtS zu bewahren. ") Ulp. fragm. XIX. 8. pr. 1. D. II. 6. 1. 3. D. XLI. 3. I3) Gaj. II. 44. 1. 5. pr. D. XLI, 10. 1. 1. D. XLI. 3.

§. 177.

199

Die Ersitzung.

Warum hat da- römische Recht neben der schwer durchführbaren Bindi­ kation die leichtere Publiziana ausgebildet, als um dem Eigenthümer die Verfolgung feine- Rechts mehr zu erleichtern?

dem Eigenthümer gegeben

Und wie die Publiziana

ist, zugleich aber folgeweise auch den gutgläu­

bigen Besitzer schützt"), so ist die eng mit ihr verbundene Ersitzung dem

Eigenthümer

weise

dem

zur Sicherung seines Rechts dargeboten,

gutgläubigen Besitzer

und dient folge­

al» Erwerbsgrund").

der Grundgedanke dieses Institut-.gewesen

sein, den

Es kann

nicht

Nichteigenthümer

durch einen positiven Satz zum Eigenthümer zu machen, denn ein solcher

wäre unvernünftig.

Auffallend ist gewiß die geschichtliche Thatsache, daß

die Usukapion ein Institut des römischen Recht- ist, welche- absoluten Beweis des Eigenthum-erwerbs verlangte, also einer Aushilfe bedurfte,

und daß sie dem deutschen Recht unbekannt war, welche- sich mit einem Nachweis des Eigenthums besitze- begnügte").

DaS A.L.R. sieht in der „Verjährung durch Besitz" unzweifelhaft eine Erwerbsart von eigenthümlicher Natur.

Sie giebt unter bestimmten Vor­

aussetzungen Eigenthum an einer Sache, indem sie gegen ein älteres Eigen­ thum an dieser Sache ankämpft und es schließlich überwindet.

neues Recht durch Verjährung erworben

Soll ein

werden, so gehört außer dem

Besitz und der Ausübung diese- neuen Rechts von Seiten des „Erwer­

benden" noch die Nichtausübung, der Nichtgebrauch des entgegenstehenden,

deS in einer anderen Person noch vorhandenen, kollidirenden Rechts"). ES ist früher anögeführt worden, daß es unrichtig ist, die Verjährung zu einem allgemeinen Gattungsbegriff zu erheben, daß zwar die Ersitzung

und die Klagenverjährung

eine durchgreifende Wirkung des Zeitablaufs

mit einander gemein haben, daß beide aber sonst wesentlich von einander

abweichen").

Bei der Ersitzung ist der Zeitverlauf nur eine- neben an­

deren gleich wichtigen positiven Momenten, bei der Klageverjährung, oder wie man sich verallgemeinernd anSdrückt, bei der erlöschenden Verjährung

ist er außer dem negativen Nichtgebrauch daS einzige"). Die Ersitzung bezeichnet daS A.L.R. als unmittelbare Erwerbsart,

also als eine solche,

bei welcher der Eintritt in ein begründetes Eigen-

'*) S. eben §. 164. a A. S- 103 Note 3. '•) Auch bei andern Sätzen de» materiellen Rechts ist nachweisbar, daß sie prozeffualischen Motiven entsprungen sind. Liehe Jhering, Seist de» röm. R. B. 2. ©. 328 fg. des B. 3. S- 195 fg. wo S- 199 Note 261 auch aus die Usnkapien hingewiesen wird.

**) Delbrück S 30f. Gerber, Pr.-R. §. 101. (8.91. S 246. Priv.-R. II. 279. Unterholzner I. S- 73.

") §. 501. 502. I. 9.

Unger, öst«r.

S. oben B. 1. S. 214fg.

*•) Oben B. 1. S- 210fg. Auch Suarez hat die- richtig erkannt, und beide In­ stitute trennen wollen. Mater. S. 422. 423. 426. ") § 502. d. T.

Zweites Buch.

200

Die besonderen Privatrechte.

thum, die Uebertragung desselben, eine Succession durch den Willen de-

bisherigen Eigenthümer- vermittelt nicht

stattfindet").

Der Usukapient

gründet sein Eigenthum ans einen selbständigen Thatbestand, er hat nicht­ über da- Eigenthum de- Vorbesitzers oder eines Autor- seine- Recht- zu

beweisen.

Dadurch ist nicht ausgeschlossen, daß die Sache mit.denjenigen

Beschränkungen

und Belastungen von

dem Ersitzenden

erworben wird,

welche schon vorher ihr angehaftet haben, und die sie vermöge ihrer ding­

lichen Eigenschaft jedem Erwerber mitbringt").

mittelbarkeit

de- Erwerb- nicht

Auch ist durch die Un­

ausgedrückt, daß herrenlose Sachen er­

sessen werden können, vielmehr setzt die Usukapion voraus, daß ein schon vorhanden

gewesene- Eigenthum von

ihr überwunden wird.

Herrenlose

Sachen werden okkupirt, e- bedarf nicht ihrer Ersitzung").

Zweifelhafter erscheint die Frage, ob die Ersitzung nach der gemein­ rechtlichen Terminologie ein ursprünglicher Erwerb ist.

Niemals zwar

in dem Sinne ursprünglich, daß ein frühere- Eigenthum nicht die Vor­

aussetzung sei, aber doch in dem Sinn, daß der Erwerb nicht in diesem früheren Eigenthum seinen Ursprung hat.

Der bei der ordentlichen Er­

sitzung erforderte Titel leitet daher nicht da- Eigenthum von dem früheren Eigenthümer auf den Erwerber über,

sondern soll nur dem Besitz, der

zur Ersitzung führt, eine objektive Recht-eigenschaft geben").

Die Zusammenfassung der erlöschenden und erwerbenden Verjährung zu einem Institut hat eö nothwendig gemacht, für beide Arten allge­

meine Grundsätze aufzustellen.

Auch diese sind schon früher erörtert,

und indem darauf zurückgewiesen werden darf"), kann gleich zu den der Ersitzung eigenthümlichen Regeln übergegangen werden. II.

Die Erfordernisse.

„Die Verjährung durch Besitz findet

in allen Fällen statt, wo Jemand eine Sache oder ein Recht au- einem

Titel, der an sich zur Erlangung de- Eigenthum- geschickt ist, durch die

in den Gesetzen bestimmte Frist ruhig und redlicher Weise besessen hat""). Res habilis, titulus, fides, possessio, tempus lautet da- alte Sprich­

wort.

Wo diese Erfordernisse vereinigt sind, tritt die ordentliche Er-

'») §. 5. i. 9. »') 1.44. 8.5.D.XLI. 3. 1. 1. §. 2 D.XX.1.1.17. §. 2. D. VII. 1.1. 7. 0. VIII. 14. a.8«. I. 20. §. 249. Gruchot VIII. 286f. ’*) Da« folgt au» §. 503. d. T, weil bei der Ergreifung herrenloser Sachen ein entgegenstehende« ältere« Eigenthum nicht zu überwinden ist. Un terholzner I. 356. Der Titel pro derelicto (Dig. XLI. 7.) ist bei verlassenen Sachen nur denkbar al« Putativtitel (pro suo), bei preißgegebenen Sachen aber ist die Preißgebung der Titel de« Erwerb«. Unterh I. 394. Pagenstecher II. 311f. ") Die Pandektisten geben der Ersitzung sehr abweichende Stellen im System, zu­ weilen muß sie sich damit begnügen, in einem Anhänge erörtert zu werden. Böcking ll. S. 55. Note 15. Pagensttcher II. S. 5f. ") B. 1. S. 214 f. ") §. 579. d. T-

§. 177.

Die Ersitzung.

201

sitzung, oder wie da- A.L.R. wenig empfehlenswert sich ausdrückt, die „gewöhnliche" Verjährung durch Besitz ein, zum Unterschied der außer­ ordentlichen oder ungewöhnlichen, bei welcher der Titel fehlt oder doch fehlen kann und dafür der Zeitraum verlängert wird'").

A. Die ordentliche Ersitzung, a. Sache oder Recht, d. h. soweit Eigenthum an ihnen auf den Erwerber übergehen sann*7). ES genügt hier an die früheren Ausführungen über Rechte als Gegenstände des Besitzes und Eigenthums zu erinnern"). Sachen und Rechte, an denen Besitz nicht möglich"), die gesetzlich oder durch eine den Erwerber verpflichtende Privatverfügung dem Verkehr entzogen sind"), gestohlene und geraubte Sachen in der Hand des Diebes und des ersten redlichen Besitzers"), das Eigenthum und dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen, die der Eintragung im Grundbuch bedürfen"), Rechte gegen ausdrückliche ") Das ALR. rechnet die 30jährige Ersitzung noch zur gewöhnlichen, sie ist aber jeden­ falls eine außerordentliche, weil sie vom Titel absieht und auch sonst ihrer inneren Natur nach der erlöschenden Verjährung näher steht. Im gemeinen Recht ist die titellose 30- und 40jährige ErsitzunA die außerordentliche. ES decken sich also die Bezeichnungen deS ALR gewöhnlich und ungewöhnlich nicht ganz mit den Be­ griffen ordentlich und außerordentlich. Nach A L R. ist ungewöhnlich jede Ersitzung, die mehr als 20 Jahr erfordert. S. Unter hol zu er II. S. 98. §. 180. ") §. 580. d. T. Nach Code 2279 §. 1. findet Ersitzung an beweglichen Sachen nicht statt, weil bei ihnen schon der Besitz den Erwerbstitel vertritt. Zacharial 536f. Nach sächs. GB. §. 260. 577. bezieht sich die Ersitzung nur auf bewegliche Sachen und Grunddienstbarkeiten. S. hierzu Kommentar von Siebenhaar und Sieg­ mann. I. S. 247.

") B. 1. S. 214 und in diesem Bande § 159. S. 29 f

§. 168. S. 134f.

") §. 580. d. T. Dieser §. umfaßt die subjektive Erwerbsfähigkeit des Ersitzenden und die objektiven Erfordernisse der Ersitzbarkeit des Gegenstandes.

w) §. 581. 582. d. T. Entsch. B. 51. S. 94 (Festungswerke sind dem Verkehr ent­ zogen, können daher von Privatpersonen nicht ersessen werden). An Kirchhöfen und Begräbnißstätten kann durch Ersitzung eine Servitut nicht erworben werden. Entsch. B. 66. S. 200. S. jedoch B- 61. S. 219. n) §. 584. 585. 586. d. T. (Ohne Unterscheidung von beweglichen Sachen und Im­ mobilien. Entsch. v. 46. S. 22). Mater. S. 488. 535. 536. Nr. 4 und S. 582f. Hiernach kann gestohlene und geraubte Sachen der zweite redliche Besitzer usukapiren, wenn er seinen Borbesitzer angeben kann. Ein Nachweis desselben wird nicht gefordert. Auf Sachen, die Jemand durch Betrug an sich gebracht, nicht auszudehnen. Mater. S. 536 Nr. 5. Nach römischem R sind res furtivae et vi possessae in der Hand jedes Dritten unersitzbar, sie erlangen die UsukapionSfähigkeit nur dadurch wieder, daß sie in den Besitz des Bestohlenen zurückkommen. §. 2. 3.8. J. II. 6. Unterholzner I. §. 61. S. 193. §. 68. S. 219. Die Er­ zeugnisse der gestohlenen Sache usukapirt aber der redliche Besitzer. 1. 4. §. 19. 1. 10. §. 2. D. XLI. 3 1. 48. §. 2. D. XLI. 1. Unterh. I. §. 67. S. 215 Nach preuß R entscheidet der Fruchterwerb des redlichen Besitzers. Weitere Kasuistik s. bei Gruchot VIII. 97. Verbessert wird die FurtivitätS- Eigenschaft auch da­ durch, daß der Dieb dem Bestohlenen die Sache bezahlt, und dieser sie jenem über­ läßt. 1. 4 §. 14. D. XLI. 3. 1. 32 pr. eod. Mater 536. — Die neueren Ge­ setzbücher sind von dieser Beschränkung der Ersitzbarkeit abgegangen. Oestr. §. 1476. Sächs. §. 272. *) §• 511. b. $. 6. und 12. des Ges. über den Eigenthumserwerb v. 5. Mai 1872. Oesterr. GB. §.1500. Sächs. §. 159. Gruchot VII. 428. Den §.511. d. T. bezog die Praxis nur auf dingliche Rechte außer dem Eigenthnm, Entsch.

202

Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Verbot-gesetze") können nicht ersessen werden. Ein Irrthum über Eigen­ schaften der Sache hindert die Ersitzung nicht"). Wer wegen Mangel­ persönlicher Eigenschaften unfähig ist, da- Eigenthum an dieser Sache oder an diesem Recht überhaupt zu erwerben, kann e-, so lange dieser Mangel besteht, durch Ersitzung nicht erwerben"). b. Besitz und zwar vollständiger"); der unvollständige Besitzer kann nicht Eigenthum ersitzen, weil er sich den Grund seine- Besitze- nicht ändern darf"). B. 34. S. 132f. Strieth. B. 37. S. 232. Da- Eigenthum dagegen wurde nicht durch Eintragung, sondern durch die Uebergabe erworben, e- war also der Fall noch denkbar, daß ein nicht eingetragener Besitzer da- Grundstück durch Er­ sitzung erwerben konnte. S. Heydemann Einleitung. D 2. S. 129 bei E. Deßhalb ist, um den öffentlichen Glauben des Grundbuchs sicher zu stellen, um nicht neben dessen Angaben über die Person des Eigenthümer- da- Eigenthum eine- Anderen außerhalb des Grundbuchs entstehen zu lassen, durch §. 6. des Ges. v. 5. Mai 1872 die Ersitzung gegen den eingetragenen Eigenthümer ausgeschlossen worden. Möglich ist sie noch gegen den nicht eingetragenen Erben, und wenn dann der Ersitzende sich als Eigenthümer eintragen lassen will, kommen ihm die älteren Vorschriften wegen Erleichterungen bei Berichtigung des Besitztitels (Ges. v. 7. März 1845) zu Gute. § 5 des Ges. über den EigenthumSerwerb v 5. Mai 1872. Bergt, über sächs. R. Siebenhaar a. a. O. S. 393fg. — WaS die ding­ lichen Rechte an Grundstücken betrifft, so können diejenigen, die nach §. 12. Abs 2. des Ges v. 5. Mai 1872 der Eintragung nicht bedürfen .Grunddienstbar­ keiten) auch jetzt noch — selbst gegen den eingetragenen Eigenthümer — durch Ersitzung erworben werden. Diejenigen dinglichen Rechte aber, welche nach Abs. 1. deS §. 12. ihre dingliche Wirksamkeit gegen Dritte nur durch Eintragung er­ langen können, sind zwar scheinbar insofern der Ersitzung nicht entzogen, als die letztere gegen denselben Eigenthümer begonnen und vollendet worden ist, aber der ErsitzungSerwerb ist ohne Eintragung effektlos gegen jeden Singularnachfolger deS EigenthümerS, ohne daß es auf seinen guten oder schlechten Glauben ankommt, und gegen jeden am Grundstück dinglich Berechtigten. Daraus ergiebt sich aber, daß solche dingliche Rechte, welche unter §. 12. Abs. 1. fallen, dem ErsitzungSerwerb in der That entzogen sind, denn Ersitzung ist nicht ErwerbSart für persönliche Rechte. S. unten §. 184 zu Note 16. Förster, Grundbuchrecht, S. 108fg. Achilles S. 55. A. M. Bahlmann S. 54. Die Fassung des §. 12. Abs. 1. weicht von der Fassung des Regierungsentwurfs, welcher nicht bloß die dingliche Wirksamkeit gegen Dritte, sondern die Begründung der dinglichen Rechte an die Eintragung allein anknüpste, erheblich ab. Die letztere Fassung war jeden­ falls korrekter und prinzipiell richtiger. Gegen eingetragene Rechte läßt sich eine Ersitzung der Freiheit nicht mehr denken, denn sie können ihre dingliche Wirkung nur durch Löschung verlieren. Ebenda. ") §. 664 d. T. Mater. S. 446. 558. Damit ist auch die gemeinrechtliche Kontro­ verse, ob hier Jmmemorialverjährung zulässig sei, beseitigt. Gruchot VIII. 281 fg. Heydemann Einl. B. 2. S. 133. Sl) §. 583. d. T.

") §. 587. 588. d. T. ••) Der Besitz mit dem animiis domini. 1. 3. 13. pr. 22. 25. D. XLI. WaS nicht besessen werden kann, kann nicht ersessen werden ES ist hier daran zu erinnern, waS tz. 160. S. 39. 42. über den Besitz an Theilen eines Ganzen, über den Besitz eines Inbegriffs und zusammengesetzter Sachen auSgesührt worden. Seuffert V. 111. Zum Nachweis de- Besitzes eines affirmativen Recht- al- Grund­ lage der Ersitzung ist die Behauptung nicht erforderlich, daß das Recht als fort­ dauernde Schuldigkeit gefordert worden. Entsch. B. 61. S. 14. B 62 S. 30.

") 1. 13. pr. D. XLI. 3. 1. 10. §. 5. D. XLI. 1. 1. 24 C. III. 32.. 1. 8. C. III. 33. 1. 2. C. VII. 39. Die Regel nemo sibi causam possessionis mutare polest

§. 177.

Die Ersitzung.

203

c. Redlichkeit (bona fides) des Besitzers"). Unrechtfertiger") und unredlicher Besitz schließen von der Ersitzung auS. ES genügt nicht Redlichkeit im Moment der Besitzergreifung"), sondern sie muß nach der auS dem kanonischen Recht herübergenommenen Theorie während des Be­ sitzes fortdauern"). Der Begriff der Redlichkeit ist an einer anderen Stelle als ein negativer dargestellt"). Er wurde bestimmt al- das Nicht­ wissen von dem vorhandenen kollidirenden Recht einer anderen Person auf dieselbe Sache. Dieser negative Charakter ihres Begriffs ist auch bei der Ersitzung kein anderer, obschon scheinbar hier mehr verlangt wird, nämlich die Ueberzeugung, daß man nicht bloß ein fremdes Recht nicht verletze, sondern daß man auch selbst die Sache fehlerlos erwerbe. Denn auch dieser Ueberzeugung liegt ein Nichtwissen zu Grunde: das Nichtwissen von dem Nichtrecht deS Autors und somit von den Mängeln des eigenen ErwerbSaktS. Dieses Nichtwissen ist ein Irrthum"), weil der Erwerb (s oben §. 160. S. 47. §. 161. Note 69 S. 74), hat hier ihre eigentliche Bedeutung. Unterholzner I. S- 335 §. 100. Windscheid 1. 446 Note 2. Doch kann nach preuß. R- der Erbe des Nießbrauchers und Pfandbesitzers unter Umständen das Eigenthum ersitzen. §. 94—97 I. 21. §. 251. 1. 20. 38) Möllenthiel, über die Natur des guten Glaubens bei der Verjährung. 1820. Unterholzner 1. 8- 91. 94 fg. 117fg. Savigny, System III- 369f. Stintzi ng. Über b. f. und tit. 1852. Schirmer, in der Zeitschr. f. Liv.-R- u Proz. B- 15 S. 207f. 1858. Die oben citirten Schriften von Wächter und Bruns. För­ ster, Grundbuchrecht S. 54fg. Bangerow 1. S- 601. §. 321 — Oben §. 163. S. 95 und über die Redlichkeit bei dem Besitzerwerb durch Stellvertreter S. 96. Bangerow I. 605. Anm. 3. ") Die Frage, ob Unrechtfertigkeit Ersitzung zulasse, ist von Plathner, Geist II. 266 und vom O.-Trib. bejahet in dem von Koch, Komm. Note 17a. zu §. 579 citirten Erkenntniß, dagegen verneint bei Strieth. B 32. S. 134. Außerdem ist in Entsch. B- 16. S. 524 der unrechtfertige Besitz bei der 30jähr. Ersitzung für hin­ reichend erklärt worden. Die Gründe für diesen Satz sind nicht veröffentlicht. Die Entscheidung dieses Zweifels hängt davon ab, ob Rechtsirrthum bei der ordent­ lichen Usukapion ausnahmsweis als entschuldbar angesehen werden soll. Nach römischem Recht ist dies unbedingt zu verneinen. 1. 4. D. XXII. 6 1 32. §. 1. D. XLI 3 in jure erranti non procedat usucapio. Scheurl II. S. 68fg. Bon diesem Grundsatz bei der Usukapion abzuweichen, ist um so weniger zulässig, als dieselbe ein positives Institut ist, welches einen Erwerb bewirken, oder seinen Nachweis erleichtern soll, während der Irrthum doch nur entschuldbar erscheint, wenn Nachtheil abgewendet werden soll. Bangerow I. 603 Nr. 3. §.579. d. T. verlangt Redlichkeit, und als ein redlicher Besitzer kann der unrechtfertige niemals angesehen werden. S. auch unten bei Note 116.

") Wie nach röm. R. 1. 48. K. 1.0. XLI. 1. I. S. 323. §.96.

1. un. C. VII. 31.

Unterholzner

4‘) §. 579. d. T. „Durch die Frist redlicher Weise." c. ult X. de praescr. II. 26. Unde oportet, ut qui praescribit, in nulla temporis parte rei habeat conscientiam alienae. Oben §. 163. S. 96. Unterh. I. S. 62. §. 20. S- 329. §. 98.

") Oben §. 163. S. 95. Schirmer, Zeitschr. B. 15. S 214 definirt: „Der gute Glaube ist die positive Ueberzeugung, durch die Aneignung der besessenen Sache Niemandem ein materielles Unrecht zuzufügen." Der Begriff wird dadurch nicht positiver. ") Ueber die Entschuldbarkeit des Irrthums f. oben §. 163. I. §. 321. S. 603 Nr. 3. Seuffert III. 144.

S. 97.

Bangerow

204

Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

in Wirklichkeit sich nicht fehlerlos vollzogen hat. Wäre er fehlerlos ge­ schehen, so könnte von Usukapion nicht die Rede sein, weil sie nicht ein Eigenthum geben soll und kann, waS nachweisbar schon erworben ist. Die vielfach noch festgehaltene Ansicht"), bei der Ersitzung bedeute bona fides die durch den vorhandenen Titel gerechtfertigte positive Ueberzeugung, durch diesen Titel Eigenthum erworben zu haben, geht zu wett, denn der Erwerber braucht seinen Titel nicht zu kennen, er kann sich über ihn irren, ja der Titel kann (bei der außerordentlichen Ersitzung) fehlen, und dennoch wird usukapirt, wenn der Erwerbende nur redlich nicht weiß, daß daS Eigenthum nicht auf ihn übergegangen ist"). Freilich wird sich thatsächlich dieses redliche Nichtwissen sehr oft anlehnen an die Ueber­ zeugung, daß der Titel einen vellgiltizen ErwerbSgrund abgegeben. Aber nicht bloß ein RechtfertigungSzrund für das wesentlich subjektive Er­ forderniß der Redlichkeit, sondern selbständig neben demselben alS ein objektives") der Ersitzung ist d. der Titel verlangt"). DaS A.L.R. bezeichnet ihn als einen solchen, der an sich zur Erlangung deS Eigenthums geschickt ist"). DaS „an sich" deutet klar darauf hin, daß dieses Erforderniß eine wesentlich objektive Natur hat")' In seiner äußeren Erscheinung muß der Vor­ gang, auS welchem der Usukapient seinen Erwerb herleitet, alle thatsäch") S. hierüber Bangerow I. §.321. S. 602 Anm. 1. Berücksichtigung der Litteratur übersichtlich erörtert ist.

wo die Kontroverse mit

") Daß die bona fides unabhängig vom Titel ist, daß „der Glaube an die Existenz und Rechtsbeständigkeit des Titels mit der bona fides gar nichts zu schaffen habe" (Bangerow), folgt für daS A.L.R. auS §. 617. 625. 630. d. T. Die bona fides besteht wesentlich in dem Glauben, daß der Autor Dispositionsrecht gehabt oder bei der Ersitzung derelinquirter Sachen in dem Glauben, daß die Sache von dem früheren Eigenthümer verlassen worden. L 109. de V. 8. 1. 27. D. XVIII. 1. §. 35. J. II. 1. pr. J. II. 6. Die Usukapion vollzieht sich auch, wenn der Ersitzende in der Meinung ist, keinen oder einen andern Titel zu haben, und ein wirklicher oder anderer UsukapionStitel vorhanden ist. 1. 2 §. 2. D. XLI. 4. 1. 3. D. XLL 6. 1.25. D. XXIV. 1. Schirmer, Zeitschr. B 16. S. 13. Ctintzing S. 73. Bangerow S. 593f. 603. Seuffert XI 17a. — Baron a. a. O. ist bei der Ansicht, daß der Titel der Rechtfertigungsgrund der bona fides sei, stehen geblie« den, jedoch ohne Berücksichtigung der darüber existirenden neueren Literatur. Auch Wind scheid I. S. 502 Note 8 hält diese Ansicht fest, aber es ist ihm nicht zuzugeben, daß immer, wenn der Titel fehlt, er durch einen Putativtitel ersetzt werden muß. 4e) Bangerow S. 602 Anm. 1. Nr. 1.

4T) Die Schriften von Stiutzing, Scheurl, Schirmer (Zeitschr. B. 16. S. 1), Fitting (Arch. f. civ. Pr. 93.51. S. 1s. 248f. B. 52. S. 381) u f. preuß. R. Baron a. a. O. Gruchot VII. 610fg.

4I) §. 579. d. T. (der Titel des Verjährenden, nicht seines Autors, dende. Strieth. B. 62. S- 146).

ist der entschei­

") Die Worte »an sich" sind erst bei der Schlußredaktion eingeschoben, sie finden sich noch nicht im gedruckten Entwurf. Die Gründe der Einschiebung find unbekannt. Vielleicht sollen die Worte der „kleine Beisatz" sein, von dem Suarez in der revis. monit. zu § 458. spricht, nm die „Wahrheit und Richtigkeit" des Titels schärfer auszudrücken. Dann würden sie bedeuten: der Titel muß wirklich und zwar als solcher existiren (titulus verus et justus). Entsch. B. 6. 416 f. S. Baron S. 123. 124. Mater. S. 476f. 534s. 582. 671. — Seuss. II. 137.

§. 177.

Die Ersitzung.

205

lichen Momente darstellen, welche nöthig sind, um ihn als ErwerLSakt zu qualifiziren. Man hat viel gestritten über die Begriffsbestimmung des Titels. Gewiß ist er ein äußerer Borgang, und zwar eine Rechtshand­ lung gerKhtet auf Erwerb des Eigenthums"). Diese Rechtshandlung **) Schirmer a. a. O. S. 3fg. Die Rechtshandlung ist also ein Erwerb-geschäft, entweder ein Veräußerung-vertrag oder ein einseitiger Erwerb-akt. Sie muß auf Uebertragung oder Erwerb des Eigenthums gerichtet sein. Entsch. B. 6. S. 423. Z. B Strieth. B 11. S. 86. Hierher gehört auch Präj. 410. Sammt. I. 42. DaS Corp. jur. zahlt bekanntlich die einzelnen UsukapionStitel auf in Dig. XLI. 4—10: pro emtore, pro berede vel pro possessore, pro donato, pro derelicto, pro legato, pro dote, pro suo (Bergt. Cod. VII. 26—29, wo noch pro transactione hinzukommt). AuS 1. 46. 48. D. XLI. 3. folgt noch ein Titel pro soluto. Die Aufzählung ist natürlich nicht erschöpfend. Jede causa traditionis, deren Inhalt EigenthumSerwerb, ist Titel. Ueber die einzelnen Titel f. Unterholzner I. §. 108—116. Man theilt die Titel in tranSlative, d- h. solche, welche noch Uebergabe erfordern, und konstitu­ tive, wo dies nicht der Fall ist. Rave de praescript. p. 23. § XV. definirt die constitutiva: illud ipsum jus, quod ab eo, contra quem praescribitur, amissum est, und die translativa: aliud quoddam jus contra ipsum adquisitum et oppositum Uli juri, quo hactenus gaudebat et quod amis­ sum ex praescriptione est. Materialien 'S. 407. 412. 413. (Klein). Unger österr. Pr.-R. II. 252. Einen Titel pro tradito giebt eS nicht weil Tra­ dition nicht Titel oder causa des Erwerbs, sondern (nach ALR) Modus ist. Mater. S. 428 Nr. 11 Deshalb ist auch die Uebergabe bei der Ersitzung nicht Beweiöthema. Strieth. B. 44. S. 311 Besonders bestritten ist, ob das rechts­ kräftige Judikat UsukapionStitel sei. Richtig ist die Verneinung, weil daS Ju­ dikat nicht einen anderen Erwerbsgrund schafft, nicht novirt. Unterholzneri. S. 398 8. 116. Bangerow I 598. Anm. 3. Windscheid I 504 bei Note 7. Auch nach preuß. R. ist die Frage zu verneinen, denn §. 7.1.16 läßt wohl durch daS Judikat Rechte erlöschen aber nicht begründen. Und sollte ein Judikat un­ richtig auS einem nicht wahren und wirklichen Titel Eigenthum zugesprochen ha­ ben, so bedarf eS nicht mehr der Usukapion. I. 10. §. 2. S. darüber unten §. 178. bei Note 10. — Die Redaktoren des A.L.R. haben die einzelnen ErsitzungStitel nicht aufzählen wollen. Mater. S. 428. 477. 535. Ein Titel aber, pro berede, ist besonders hervorgehoben. §. 612—619. d. T. Mater. S. 546. Schröter in der jurist. Zeit. 1832. S. 903. Dieser Titel besteht nicht darin, daß der Erbe die vom Erblaffer angefangene Ersitzung fortsetzt (darüber unten bei der accessio possessionis), sondern darin, daß er auf Grund seines Erbrecht- selbst eine Er­ sitzung an fangen kann. Er ersitzt die im Nachlaß Vorgefundenen Sachen, wenn sie nicht dem Erblaffer gehört haben, z. B ihm geliehene, bei ihm nieder­ gelegte, ihm verpfändete oder zum Nießbrauch überlassene, im guten Glauben alErbe, ohne eines anderen Titels zu bedürfen. § 251.252.1.20. Strieth. B. 70. S. 175. Der Nachlaß selbst kann gegen den wahren Erben nicht ersessen werden. Hat aber ein unredlicher Besitzer desselben sich mit dem wahren Erben auseinandergesetzt, oder abgefunden und dadurch seine Unredlichkeit gegen diesen beseitigt, so kann er gegen Dritte einzelne Sachen im Nachlaß ersitzen, wenn ihm nicht auch in Betreff ihrer Unredlichkeit zur Last fallt. Gegen die Bindikation hat der titulus pro berede die Wirkung, daß der beklagte Erbe als redlicher Be­ isitzer gilt- §. 35. I. 15. Dem neuesten röm. R. ist eine solche usuc. pro berede, nachdem die alte lucrativa als improba durch ein 8. C. unter Hadrian ausge­ hoben worden (Gaj. II. §. 57. 1. 20. §. 6. D. V. 3), unbekannt. Der Erbe usukapirt zwar einzelne Sachen, die er, obschon sie nicht zum Nachlaß gehören, redlich als dazugehörig in Befitzgenommen (1.3. D. XLI.5. 1. 5. §. l.D. XLI. 10 ), aber eigentlich nicht pro berede, sondern pro suo. Unterholzner I. 363. Die gemeinrechtliche Doktrin hat aber, an daS kanon. R. anknüpfend, dem redli­ chen Erben eine Usukapion gestattet, wenn er Sachen im Nachlaß vorfindet, selbst wenn sie der Erblaffer unredlich besessen. Da- ist deßhalb unrömisch, weil sich die Unredlichkeit de- Erblaffer- auf den Erben überträgt. S. die Nachweisungen bei

206

Zweite- Buch.

Die Lesonderen Privatrechte.

aber muß nicht allein nach ihrem Inhalt, sondern auch nach ihrer Form nicht bloß innerlich, sondern auch äußerlich die Merkmale derselben haben Daß sie dennoch den Erwerb deS Eigenthum- nicht bewirkt, verschuldet nicht sie, weil ihre objektive Existenz fehlerhaft ist, sondern da- ckird durch Gründe verschuldet, die so zu sagen hinter ihr liegen, von ihr verdeckt werden, und darum nicht erkennbar sind. Materiell und formell an sich geeignet, den Erwerb deS Eigenthum- herbeizuführen, bewirkt der Titel ihn dennoch nicht, weil in der Person deS Autor- nicht da- Recht oder die Fähigkeit der Deräußerung lag. Diesen Begriff deS Titel- hat ein Plenarbeschluß deS Obertribunals für die preußische Praxi- au- über­ zeugenden Gründen festgestellt"), und eS war diese Feststellung um so dankenSwerther, al- die dem A.L.R. eigenthümlichen Vorschriften über die schriftliche Form der Verträge allerdings den bedenklichen Zweifel erregen mußten, ob nicht ein Titel, der zwar nach seinem materiellen Inhalt sich geeignet zum Eigenthumserwerb darstellt, bei dem aber die gesetzliche Form nicht erfüllt sei, zur Ersitzung genüge. Die Schriftsteller über preußischeRecht haben viele abweichende Ansichten aufgestellt"), die Praxi- dehöchsten Gerichts ist aber festgeblieben") und wird auch durch den neuesten Angriff, welcher au- den Materialien zum A.L.R. eine Unterscheidung der Gruchot VHI. 29fg. Daher haben daö A.L.R , da- österr. G.-D §. 1463., dasächs, §. 277 ihre usucapio pro berede. Berg! Mater. S. 432f. 542. 546 Koch, Komm. Note 57 zu §. 617. — Diese Ersitzung deS Erben bezieht sich nur auf Sachen, nicht auf Gerechtigkeiten. Präj. 817 (Sammt. I. 42). Grundstücke, die der Erblasser durch mündlichen Vertrag erworben, kann der Erbe ersitzen. Entsch. B. 17. S. 130. Dieser Fall ist nach neuem Recht nicht mehr möglich, weil nicht durch Vertrag und Besitz, sondern nur durch Auflassung und Eintragung da- Eigenthum an einem Grundstück erworben werden kann. Ges. über den Eigenthumserwerb v. 5. Mai 1872. 1. 2. Das Erbrecht ist der selbständige UsukapionStitel und eö steht ihm der Umstand, daß der Erblasser die Sache unrechtfertig besessen, nicht entgegen, wenn nicht der Erbe selbst wußte oder auS den Umständen schließen mußte, daß die Sache nicht zum Nachlaß gehörte. Praj. 2359 ^Samml. II. 15). Dazu Entsch. B. 22 S 296. B. 25. S 111.

Bl) Entsch. B. 6. S. 410f. Dem gemeinen Recht ist natürlich eine solche, nur durch die Formvorschriften des A.L.R. erzeugte Kontroverse fremd. Jene- sieht die Fehler­ haftigkeit des Titels nur im Nichtrecht des Autors zur Veräußerung. Code 2267. M) S. die Uebersicht in den Ergänzungen. 5. A. I, S. 355fg. 358. Mit dem OberTribunal stimmen überein die E'esetzrevisoren und Koch, Komm. Note 17 zu §. 579. ") Beispiele: Schles. Arch. B- 6. S. 461. Strieth. B. 37. S. 145.230. B. 47. S. 54. Entsch. V. 17. S 132. Ein s. g. TranSlativtitel ist zur Erwerbung einer Grundgerechtigkeit nicht geeignet. Rechtsfälle B. 3. S. 43 (weil eine solche nur von dem Eigenthümer des dienenden Grundstücks bestellt werden fanif. S. hier­ über Sommer im AruSb. Arch. B 2. S. 409. Korte bei Gruchot II. 401. A. M Koch, in der cit. Anm. 17. Die Unrichtigkeit jenes Satze- ist aber noch keineswegs eine „längst ausgemachte und bekannte Sache." Im gemeinen Recht ist bei den Neueren die überwiegende Ansicht, daß ein Titel zur Ersitzung einer Servitut überhaupt nicht erforderlich sei. Damit fällt auch jene Kontroverse weg. S. Windscheid I. 8-213. Seuffert I. 408. IX. 132. Zur Zeit der Redaktion de- A LR. galt die entgegengesetzte Ansicht. Lauterbach, coli. th. pr. VIII. 1. §. 14. Leyser, sp. 110. m. 4. Walch, controv. II. 3. 8 28. Hell seid 8- 629. Unterholzner II. 112. Unten §. 187. bei Note 48.

207

Die Ersitzung.

5. 177.

Fälle, wo der Formfehler den Titel nichtig macht,

Klagbarkeit entzieht"), herleiten

will,

oder wo er nur die

nicht erschüttert

werden

dürfen.

Zwar der s. g. Kircheisensche Entwurf deS Besitze- giebt dieser Meinung

Anhalt"), aber die Bestimmungen desielben sind nicht in den ersten Ent­ vielmehr ist hier geradezu dem Formfehler die Wir­ kung beigelegt, daß er den Titel fehlerhaft mache"), und wenn im A.L.R. wurf ausgenommen, auch

diese Bestimmung wieder weggelassen"), so reicht diese Weglassung

nicht hin zu dem Beweise, daß man eine Unterscheidung zwischen nichtigen

und klaglosen Titeln

in Betreff der Form hat machen wollen").

Die

Bedeutung, welche der Form der Rechtsgeschäfte im A.L.R. beigelegt ist, widerspricht auch dieser Auffassung.

Wäre formlosen Verträgen nur die

Klagbarkeit entzogen, so könnte au- einem solchen auch nicht alternativ die Rückforderung gestattet werden.

trag ungiltig sein soll").

Gerade die- zeigt, daß der formlose Ver­

Und in der Bedeutung der Form ist auch zum

Theil die Entscheidung einer andern hierher gehörigen Kontroverse zu fin­

den, nämlich der Frage, ob ein s. g. P utativtitel zur Ersitzung genüge. Im gemeinen

Recht

wird cS

von Bielen

bejahet'").

Die Materialien

zum A.L.R. ergeben, daß die Redaktoren nicht abgeneigt waren, den Puta­

tivtitel zuzulassen").

Daraus könnte gefolgert werden, daß Rechtsgeschäfte

welche die Beobachtung einer besonderen Form nicht.bedürfen, auch puta­ tiv einen zur Ersitzung geeigneten Titel bilden. Wo aber eine Form vor­ geschrieben ist, ist schon

die Möglichkeit der Existenz eines Putativtitels

nicht zuzugeben.

Eine

entschieden dies

Das

nachweisbare

nicht ändern

schließt das Andere aus

und selbst eine

entgegengesetzte Ansicht der Redaktoren

können.

Hierdurch

wird

die Kontroverse

würde

von vorn-

Baron a. a. O. S. 125f. §. 474. 475. Mater. S. 51. §. 474. 475. und Suarez Bemerk, dazu. Mater. S. 119, 120. §. 20. S- die Ausführung hierüber in Entsch. B. 6. S. 429ss. Baron S. 126 führt als Fälle der Ungiltigkeit an : die Veräußerung eines Mündelgnts ohne nothwendige Subhastation und ohne Veräußerung-dekret de» BormundfchaflSrichter«, oder Adjudikatoria unter Verletzung der wesentlichen Form lichkeiten der Subhastation, al» Fall bloßer Klaglosigkeit den mündlichen Vertrags­ abschluß, wo Schriftsorm geboten. ") Oben B. 1. tz. 79. Note 74^

•*) M) »') *’) *•)

••) Die Regel ist der titulus verus §. 11. J. II. 6.1. 27. D. XLI. 3. aber: quod vulgo traditum est, eum, qui existimat se quid emisae, nee emerit, non posse pro emtore usucapere, hactenus verum esse ait, si nullam justam cau­ sam ejus erroris emtor babeat. 1. 11. D. XLI. 4. 1. 5. §. 1. D. XLI. 10. Also wenn entschuldbarer error facti vorliegt, kann auf Grund eine-'Putativti­ tel» ersessen werden. Unterhvlzner I. §. 103. S. 349fg. Stintzing S.89f. Seufsert II. 138. IX. 265. ") Mater. S. 429. 534. 535. Suarez sagt hier geradezu: daß die Wahrheit und Richtigkeit de» Titel» bei der Verjährung nicht nothwendig, sondern e« genug sei, wenn der Besitzer solchen nur bona fide für wahr gehalten, versteht sich von selbst, Baron S. 123f.

208

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

herein eine engere. Aber doch auch für die Fälle, wo keine besondere Form für das den Titel bildende Rechtsgeschäft erfordert wird, muß die Ersitzung auf Grund eines putativen Titels verneint werden, denn ein solcher kann niemals ein „an sich" geeigneter Erwerbstitel fein, diese bei­ den Worte schließen auch den thatsächlichen Irrthum über die Existenz de» Titels auö"). e. Der Zeitablauf. Ruhig soll durch die in den Gesetzen be­ stimmte Frist die Sache im Besitz des Erwerbenden bleiben"). ES kommt hier in Betracht der Anfang, die Fortsetzung, die Dauer, die Unterbrechung und die Zusammenrechnung deS Besitzes verschiedener Personen. — 1. Der Anfang. ES versteht sich nach dem Gesagten von selbst, daß nur derjenige ersitzen kann, der eine dazu geeignete Sache redlich und auf Grund eines ausreichenden Titels in Besitz genommen hat"). Sodann hindert Alles den Anfang der Ersitzung, was die Besitzergreifung hindert"), und Alles was überhaupt dem Anfang der Verjährung entgegensteht"). Letz­ teres ist früher erörtert67), und es ist dem dort Gesagten hier noch bei­ zufügen, daß auch gegen den Eigenthümer eines im Nießbrauch eines Dritten befindlichen Grundstücks eine Ersitzung nicht begonnen werden kann"), daß aber dieser Rechtssatz nach der Ansicht der Praxis nicht An­ wendung finden soll auf den Pfarrer, gegen welchen zum Nachtheil der Pfarre Ersitzung und Verjährung beginnt, weil er nicht bloß Nießbraucher sondern auch Verwalter ist"). Verschieden dagegen von der erlöschenden Verjährung76) beginnt die Ersitzung auch gegen Unmündige, Geisteskranke •**) Die Zulässigkeit de» Putativtitel» nehmen für da» A.L.R. au: Baron S. 122fg, dem Gruchot VII. 616. beitritt. Koch, cit. Note 17 schließt sich dem röm. Ran, und scheint auch dessen Bestimmung für da» preuß Recht aufrecht zu halten. Gegen den Putativtitel Bornemann II. 98. Arndt» im Arn»b. Arch. III. 310. Note 8, und neuerdings da» O.Ersitzung statt. Seuffert I. 323.

'-) Entsch. B. 23. S. 69.

Strieth. B. 5. S. 275.

*•*) Strieth. B 43. S. 41s. B. 67. 247. Auf die Giltigkeit de« Uebertragung«akte« kommt e« nicht an, denn er ist nicht UsukapionStitel, wohl aber aus den Titel, auf Grund besten der Borbesitzer die Ersitzung begonnen hat. Bei dereliuquirten Sachen findet keine Accession statt. Gruchot 122. Auch darf kein

Pir Usukapion ungeeigneter Zwischenbesitz eingetreten sein. Mater 431. I. 15. §. 1. D. XLIV. 3. quia conjuncta non est 1. 20 eod. Eine besitzlose Zwischenzeit wird eingerechnet. 1.31 §. 5. D. XLIV. 3. Bei Parzellirungen setzt der Erwerber einer Parzelle die Eervitutenusukapion, die der Veräußerer in Bettest de» ganzen Grundstück« angefangen hat, nicht sott, wegen der Untheilbarkeit der Servituten. Strieth. B. 25 S. 75. B. 26. S- 146. 155. — Auch dem Legatar kommt Accesslon zu. 1.13. $. 10. D. XLI. 3. Gruchot 124. Weitere Kasuistik s. das. Jnrbesondere Anrechnung de« Besitze« de« Käufers, wenn die Sache an den Berkäufer zurücksällt: 1.13. $. 2. D. XLI. 2. 1.19. D. XLI. 3. Gruchot 123. ,M) In diesem Baude S. 44 f. j 160.

177.

Die Ersitzung.

213

Besitz deS Vorgänger» oder Autor», den vielmehr der Nachfolger durch Ergreifung erworben haben muß, ehe von einem Zusammenrechnen die Rede sein sann103). Wenn der Erbe die vom Erblasser begonnene Er» fltzung fortsetzt, so kommt ihm bei Berechnung de» Zeitraum» die gesetz­ liche Ueberlegnng-frist zu statten103). Wer von einem unredlichen Bor­ besitzer den Besitz der Sache redlich erlangt, kann zwar die Besitzzeit seine» Autor» sich nicht anrechnen, aber selbst im Fall der Vererbung die Ersitzung neu anfangen""). Darin liegt eine Abweichung vom römischen Recht""). B. Die außerordentliche Ersitzung theilt mit der ordentlichen, daß der Erwerbende sich im vollständigen und redlichen Besitze der Sache oder de» Recht» während der Ersitzung-periode befunden haben muß. Aber sie unterscheidet sich von der ordentlichen dadurch, daß sie keinen Titel verlangt und daß statt dessen die Dauer der Ersitzung-zeit verlän­ gert ist""). Zunächst soll gegen Privatpersonen und nicht privilegirte Korporationen die titellose Ersitzung 30 Jahre dauern100). E» ist Suarez100) nicht entgangen, daß die dreißigjährige Präsiription begrifflich eigentlich nicht­ weiter ist al- die Verjährung der Eigenthum-klage und so wurde sie ,M) ES wird in die conditio ueucapiendi, nicht in den Besitz succedirt. Scheu rl, Beitr. I. 22. 90. Unger, österr. Privat-R. IL18. Note 11. Accessio ist nicht successio.

104) §. 616. d. T- Im röm. 8t setzte die hereditas jacens die Usukapion fort. Die­ sen Begriff hat das A.L.R. nicht, weil der (bekannte oder unbekannte) Erbe sofort erwirbt. Der Erbe muß aber auch nach A.LR. den Besitz ergreifen (Entsch. B. 18. S. 10), um die Ersitzung fortzusetzen. — Die hereditas jacens erscheint noch im Kircheisenschen Entwurf §. 822. Mat. 432 im gedruckten Entwurf S. 541. Im umgearbeiteten Entwurf §. 621. (S. 587) steht die Ueberleguna-frist, welche also die Zeit ante aditam hereditatem darstellen oder ersetzen soll. 105) §.614. d. T. Ausgenommen find auch vom Dorbesitzer gestohlene und geraubte Sachen, ß. 584. — Bei diesem Anfang einer neuen Verjährung (wo also nicht die Verjährung de- Vorbesttzer- durch den Nachfolger fortgesetzt wird) kommt eauf den Titel, durch welchen der Borbesitzer die Sache erhalten, nicht an, weil dieser für die neue Verjährung de- Nachfolger- nicht die Bedeutung de- Usukapion-titel- hat. Vielmehr ist der Uebertragung-akt (Veräußerung unter Lebenden oder Vererbung) der Titel der neuen Ersitzung. Und darum, weil e- sich hier um den Anfang einer neuen Ersitzung handelt, kommt es nur auf die Redlichkeit de- Nachfolgers an, die auch in der Person de- Erben vermuthet werden muß. Präj. 1061. Samml. I. S. 42. Entsch. B. 17. S. 130. B. 22. S. 296. B. 25. S 111. Strieth. B. 5. S. 133. B. 13. S. 144. Mater. S. 431. 432. 483. 541 f. 1 ••) Oben Note 99. Die Redaktoren sind absichtlich hier abgewichen. Mat. S. 431f. 503 f. Nr. 6 ••n 1. 8. 8 1. C. VII. 39. c. 15. C. 16. qu. 3.4. Fritz, in der Zeitschr. s. Eiv.-R. und Pro-. D.3. S. 435f. Unterholzner II. $. 176—179. S. 83f. Bangerow I. §. 325. S. 613fg. Seuffert XI. 17a.

,ea: § 625—628. d. T. Daß da- A.L.R. die 30jährige Ersitzung noch al- gewöhnliche anfieht, während sie nach röm. R. zur außerordentlichen gehört, s. oben Note 26. Gruchot VIII. 142fg.

'") Mat. S. 549.

214

Zweite« Bach

Die besonderen Privatrechte.

auch im älteren römischen Recht aufgefaßt110). Gemischt aber hat sich mit ihr der UsukapionScharakter insofern, als der dreißigjährige Besitz nicht bloß eine Einrede gegen die Vindikation, sondern auch die Vindika­ tion selbst für den Besitzer erzeugt1'1). Der dreißigjährige Zeitraum muß zwischen der ersten und letzten Besitzhandlung liegen111) und insbesondere bei affirmativen Rechten beginnt der Lauf mit der ersten wirklichen Lei­ stung1"). Weder Titel noch Uebergabe ist zu beweisen, der ruhige und, wenn Anfang und Ende nachgewiesen, für die Zwischenzeit vermuthete Besitz begründet diese Verjährung1"). Daß der Besitz fehlerhaft ergriffen, unredlich gewesen oder unterbrochen worden, hat der Gegner zu bewei­ sen1"). Die Praxis nimmt an, daß der unrechtfertige Besitz hier dem unredlichen nicht gleich stehe1"). Sodann eine Ersitzung von 40 Jahren bei geraubten und gestohlenen ,le) Im vorjupinianischen Recht schützte sie nur den Besitz durch Einrede gegen den Bindikanten, erzeugte aber kein selbständiges Klagerecht. Unterh. II. S. 83. §. 176. 1H) Diese erweiterte Wirkung ist durch Justinian in der 1. 8. §. 1—3. C. VII. 39. ein* geführt. Unterh. II. S. 86. Den UsukapionScharakter hat aber die 30jährige Verjährung nur bei redlichem Besitz; der unredliche Besitzer hatte nur eine Ein­ rede gegen die verjährte Bindikation. Nach kanon. R. wird natürlich die fort­ dauernde bona fides erfordert. Sonach ist jetzt die 30jährige Verjährung eine außerordentliche acquisttive, welche alle Erfordernisse der Klagverjährung gegen die Bindikation und außerdem noch das der bona fides besitzt. Letzteres Moment giebt ihr den erwerbenden Charakter. Bangerow S. 614f.

,w) Sie beginnt in dem Augenblick, wo die Bindikation actio nata geworden. B a ngerow615 Nr. 3. Es muß nachgewiesen werden die Besitzergreifung, und daß man von da gerechnet nach Ablauf des 30. Jahres noch im Besitz ist. Rechtsf. B. 3. S. 381. "') Entfch. B. 17. S. 136.

,M) Strieth. B 44. S. 311a.

§. 627. d. T.

1,s) Die Unredlichkeit kann dadurch nachgewiesen werden, daß der Besitz auf Grund eines zum Erwerb des Eigenthums nicht geschickten Titels ergriffen worden. Aber weder ist die Existenz eines solchen Titels immer allein hinreichend, um mala fides zu erweisen (Entsch. B- 27. S. 210), noch auch die einzige Art des Nachweises derselben. §. 628. d. T- Seuffert XVI. 9. "') Entsch. v. 16 S. 524. Strieth. B. 32. S. 134. B. 33. S. 201. ES stimmen bei Koch Note 67. zu §. 628. Pla thner, Geist. II. 266 und die Redaktionönote bei Strieth. B. 2. S. 366. Widersprechend sind da- Erk. bei Strieth. B. 2. S. 366 und Arndt- im ArnSb. Arch. B. 3. S. 317 wegen I 7. §. 14. Auch im gemeinen Recht ist die Frage streitig. Savigny will den Rechtsirrthum un­ berücksichtigt laffen (System B. 3. S. 371 b.\ dagegen Scheurl I Nr. 15. §. 23. Böckiug II. S. 122 Note 10. Bangerow I. 615. Nr. 2. Oben bei Note 39 ist die Ansicht vertreten, daß bei der ordentlichen (10. 2Ojähr.) Ersitzung der Rechts­ irrthum nicht entschuldbar sei, weil sich diese auf einen Titel gründet, und über die Recht-ailtigkeit de- Titels an sich ein Irrthum nicht obwalten darf. Der Irrthum über die Wirksamkeit des Titel-, über da- Recht des Autors, ist ein entschuldigter thatsächlicher. Da- steht aber ander- bei der 30jähr. Verjährung, welche sich an einen Titel nicht anknüpst. Hier ist eS daher überhaupt einfluß­ los, ob der Usukapient nicht- von einem Titel weiß, oder über besten RechtSgiltigkeit sich irrt. Auch in der gemeinrechtl. Praxis wird die- angenommen. Genffort XI. 17a. XV. 3.

Sachen in der Hand de- zweiten redlichen Besitzers'") und bei den Rechten, welche nicht alljährlich, sondern nur bei gewissen Gelegenheiten au-geübt werden können'"). Zur Vollendung de- ErsitzungSerwerbö bei einem solchen Recht gehören drei Ausübungen, von denen die erste und dritte mindestens 40 Jahre auseinander liegen müssen'"). Mögen zufällig in kürzerer Zeit viel mehr Ausübungen erfolgt fein, so muß dennoch der Nachweis, daß auch im 40. Jahre oder darüber hinaus da- Recht au-geübt worden, geführt werden""). Die nachzuweifenden Fälle müssen solche sein, in denen die Ausübung des Recht- nicht gestört worden'"). Die Eigenthümlichkeit der Untersagung-rechte, welche vom Verpflichteten ein Unterlasten verlangen, nicht aber den Berechtigten zu der Vornahme einer Handlung berechtigen, bringt e- mit sich, daß da- Recht erworben ist, wenn von der ersten erfolgreichen Untersagung innerhalb 40 Jahre keine dawider gerichtete Handlung de- Verpflichteten eingetreten ist; eS ist daher der Nachweis, daß noch zweimal untersagt worden, nicht nöthig, wohl aber der Nachweis, daß noch zweimal Gelegenheiten eingetreten sind, welche die entgegenstehende Handlungsweise de- Verpflichteten möglich gemacht hätten: nicht also noch zweimalige Untersagungen, wohl aber noch zweimalige Unterlassungen'"). Unterbrochen wird die vierzigjährige Er­ sitzung durch jede versäumte Gelegenheit, wenn nicht eine ausdrückliche Erklärung dem Verpflichteten abgegeben wird, oder eS ihm nicht sonst schon bekannt gewesen, daß die Ausübung nur aus Nachsicht oder Gunst gegen ihn unterblieben'"). Zur Zeit der Redaktion des A.L.R. stritten sich die gemeinrechtlichen Juristen darüber, ob solche diSkontinuirliche Rechte der ordentlichen Ersitzung von 10 und 20 Jahren zugänglich seien oder Jmmemorialverjährung verlangten""). Suarez hat diesen Stteit durch >") §. 648. d. T. Mater. S. 436. 488 f. 553. 594f. S. 15. Gruchot VIII. 269.

Schlußvortr. in Jahrb. B. 41

'•*) §. 649. b. T. Gruchot VIII. S. 187 f. 198f. 205. Welch« »echte hierher ge­ hören s. Entsch. B. 23. S. 91. Strieth. B. 8. S. 30. B. 11. S. 246. B. 15. S. 52. B. 49. S. 341. Da» charakteristische Merkmal ist, daß die Wiederholung der Ausübung nicht in der Willkür de» Berechtigten liegt. Daher nicht Jura discontinua in den Fällen Entsch. B. 43. S. 61. Strieth. B. 35. S. 142. Gruchot VIII. 203f.

"•) Praj. 289 (Sammt. I. 44). Schles. Arch. ». 4. S. 340. RechtSf. B. 1. S- 295. B. 4. S. 284. Strieth. «. 15. S. 52. §.650. d. T. In den Blättern sür RechtSauw. in Baiern B. 14. S. 209 ist von Schauer auSgesührt: die 40jähr. Ersitzung der Jura discont. nach A L », ist vollendet, wenn 1. seit der ersten Aus­ übung ein Zeitraum von 40 Jahren verflossen ist, 2. da» Recht seitdem noch zu 2 verschiedenen Malen au-geübt worden, 3. im Lause dieser Zeit bei keiner Ge­ legenheit die Ausübung' unterblieben ist; 1. und 2. hat der, der da» Recht an­ spricht, 3. der Widersprechende zu beweisen. "«) Entsch. B. 23. S. 91.

Strieth. B. 11. S. 246.

"') Entsch. B. 34. S. 94. “•) Präs. 1305. Sammt. I. 44. Arn«b. Arch. 8.13. S. 114 Gruchot VIII. 205. 1M) §- 651-654. d. T. *“) Glück B. 9. S. 148. Bei Meviua dec. IX. 164 ist der Zweisel-puukt, ob

die Festsetzung de- vierzigjährigen Zeitraum», der ihm einen Mittelweg darzubieten schien, abschneiden wollen'"). Die heutigen gemeinrechtlichen Juristen zweifeln kaum noch daran, daß die ordentliche Ersitzung Anwen­ dung finde und sie verlangen auch nicht eine gewisse Zahl von Ausübung», fällen, sondern den Nachweis, daß innerhalb de» Zeitraum» nur über­ haupt so viel Ausübungen, daß sie die Ueberzeugung eine» ununterbrochenen Besitze» gewähren können, stattgefunden haben'"). Ferner sind zur Vollendung der Ersitzung gegen den Fisku», gegen Kirchen und solche Korporationen, denen gleiche Rechte mit jenen beige­ legt sind, 44 Jahre erforderlich'"). Dieser Zeitraum muß selbst dann erfüllt werden, wenn sich die Ersitzung auf einen Titel gründet'"), auch dann, wenn eine solche privilegirte Korporation gegen eine andere ebenso privilegirte ersitzen will'"), er kommt dem nicht privilegirten Miteigenthümer einer solchen Korporation zu statten'"), kann aber von demjeni­ gen nicht beansprucht werden, der die Sache von ihr erworben hat'"). Hat jedoch der FiSku» oder die Anstalt den Erwerber zu vertreten, so steht ihnen gegen den Ersitzenden jener Zeitraum von 44 Jahren zu und der Erwerber kann, wenn auch gegen ihn schon die Ersitzung vollendet wäre, au» dem Recht seine» privilegirten Autor» die Sache von dem Ersitzenden vindiziren'"). Wenn umgekehrt die privilegirte Anstalt von einer Privatperson erwirbt, gegen welche die Ersitzung bereit» vollendet ist, so kann letztere nicht mehr angefochten werden'"). Eine Ausnahme von der Verjährung gegen den Fisknö ist der Besitz im f. g. Normal­ jahre '"). 30jährige oder Jmmemorialverjährung bei titelloser Ersitzung statthabe, die 10* und 20siihrige auf Grund eine-Titels laßt er zu. Auch Suarez, Jahrb. B. 41. E. 15 schließt sich dieser Auffassung der Kontroverse an. *”) Mater. S. 595.

Schlußrev. Jahrb. B. 41. S. 15.

>«) Baugerow I. §.351. S- 764. Seufsert I. 178. IX. 129 XII. 232. XIII. 83. XV. 206. XVI. 177. Die Praxis nimmt dagegen noch hänfig Jmmemorialver* jährung an. So namentlich auch GreifswaldBergl. Entsch. B. 56. S. 53 f. Da» O.-Trib. nimmt 10« und 20jährige Usukapion für das gemeine Recht an. Strieth. B. 10. S. 8. 95. v. 15. S. 1. B. 35. S. 75. Entsch. B. 32. S. 47. Gruchot VIII 189s. 199f.

'") § 629. d. TS- oben B. 1. §. 57. N. 35. Gruchot VIII. 262f. S. 554. 589. ,#) §. 630. d. T. Redlichkeit aber natürlich erforderlich. §. 631 d. T.

Mat.

*”) §. 635. d- T. Mater. S. 554. Nr. 5. Fiskalische Stationen gegen einander könueu durch Ersitzung nicht erwerben. Plen.-Beschl. Entsch. B. 20. S. 19. —) §. 640. d. T. Entsch. B. 3. S. 180. B. 28. S. 130 “*) §

636. d. T. Entsch. B. 23. S. 83.

Strieth v. 5. S. 222.

«*) §. 637. 638. d. T. *»’) 8 639. d. T.

Strieth. B. 5. S. 222

w) §. 641—647. d. T. Gruchot VIII. 266f. Ergänzungen ad §§. eit., wo die einschlagenden Fragen erörtert und Nachweisungen dazu gegeben sind. Man ver­ steht unter dieser, einem legi-latorischen Gedanken Friedrich» d. Gr. entsprungenen

§. 177.

Die Ersitzung

217

Endlich eine Ersitzung von 50 Jahren, bestimmt an die Stelle der gemeinrechtlichen Immemorialverjährung zu treten'"), wird erfordert, um die Freiheit von einer öffentlichen Last und Abgabe'"), die Ueberschreitung der Grenzen eines Rechts oder einer Sache zu ersitzen, welche durch Gesetz, Vertrag oder rechtskräftiges Erkenntniß genau und klar bestimmt sind'"). Im letzteren Fall genügt jedoch eine Ueberschreitung von 30 Jahren, wenn der dadurch Benachtheiligte ihr widersprochen und sich dennoch weiter beruhigt hat'"). UL Die Wirkung. Die vollendete Usukapion bewirkt soweit, att der usukapionsfähige Besitz während des Zeitraums gereicht hat, den Er­ werb des Eigenthums an der Sache oder an dem Recht'"), Quan­ tum possessum tantum praescriptum1"). * * * V. Auch VI. Miteigenthum kann Singularität, die bei den Rück- und Neuerwerbungen v. 1815 beibehalten ist, daß der vollständige ruhige Besitz einer Sache oder eine- Rechts in diesem, in einzel­ nen Provinzen verschieden bestimmten Normaljahre den Besitzer gegen jeden An­ spruch de- Fiskus sichert. Der vollständige Besitz wird durch Verpachtung im Normaljahre nicht beeinträchtigt. Entsch. B. 56. S. 80f. Die Ausübung deRechtS, welches man im Normaljahr besessen haben will, muß für dieses Jahr nachgewiesen werden, Entsch. B. 51. S. 105. Ein Desitztitel ist nicht erforderlich, ebenso wenig Gutgläubigkeit. Entsch. B. 16. S. 132 B. 17. S. 139. DaS Normaljahr bezieht sich nur aufPrivatrechte gegen den FiSkuS, Stengel D. 11. S. 289, der Unterschied aber, der Strieth. B. 15. S. 12, zwischen dem Besitz eines ganzen Domainengrundstückö und dem einer Servitut gegen ein solches gemacht worden, ist gewiß unhaltbar. Boots in der ArnSb. MonatSschr. B. 1. S. 385 fg. UebrigenS haben nicht alle Provinzen Normaljahre.

m) Mat. 503. 557. 598: „Eine Präskription, cujus initii memoria non exstat, ist ein wahres Unding." Bornemann II. S. 117f. ,N) § 655—659. d. T- Oeffentliche Lasten und Abgaben find nur solche, die an den Staat zu entrichten, nicht Gemeindesteuern, oder s. g. „gemeine Lasten." Entsch. V. 13. S. 42. Bergl. Gruchot VIII. 271 fg.

m) 660.661. d. T- Praescriptio contra jus. Mater. S. 468ff. 558. Gruchot VIII. 277. Weder Titel noch bona fides wird erfordert. Grenzen einer Sache find physische, bei einem Recht da- „waö den Umfang des Rechts bestimmt," d. h. der Umfang und die Art der Ausübung. Entsch. B. 6. S. 273. Der schon B e rechtigte muß überschreiten. Strieth. B. 50. S. 175. Die Grenzen müssen klar fein. Strieth. B. 48. S. 132. Gruchot VII. 379. Der §. 660. findet auch gegen Rechtsnachfolger desjenigen Anwendung, mit dem der Vertrag geschloffen worden, oder gegen den das Erkenntniß ergangen ist. Strieth. B. 67. @. 119. Der usucapio pro berede steht §. 660. nicht entgegen. ArnSb. Arch. B. 16. S. 79 „Diese neugeschaffene Verjährung-art ist mehr der theoretischen Spekula­ tion al- den Bedürfnissen des RechtSlebeyS entsprungen- Unsere Recht-praxi- hat stch daher auch nur selten mit ihr zu befassen." Gruchot VIII. 279.

§. 662. d. T. “■) §. 665. 666. d. T. Dgl. I. 22. §. 28. Mater. S. 491. 492. Beispiele: Präj. 2319. Samml. II. S. 42. Strieth. B. 26. S- 146. B. 53. S. 213. Bergt, auch Entsch. D. 16. S. 18. B. 45. S. 119. Strieth. B. 39. S. 201. Gruchot VI. 76. VIII 207. 290. Daß die aus dem Eigenthum ruhenden dinglichen Rechte (Pfandrechte) durch die Usukapion nicht ausgehoben werden, s. oben S. 204. 14e) 1. 43. pr. D. XLI. 2 1. 4. pr. I. 6. §. 1. XLI. 4. Nicht umgekehrt: quantum praescriptum tantum possessum. Dergl. Wochenbl. f. merkw. RechtSf. 1842. S. 395. 1858. S. 276. 1860. S. 17. Seuffert I. 175. XI. 117. XIII. 236. XVII. 12.

218

Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

durch Ersitzung'erworben werden"'). Die Ersitzung eine« Inbegriff« giebt da« Eigenthum an den einzelnen in ihm enthaltenen und mit be« sesienen Sachen oder Rechten'"). Wa« der Miteigentümer für die ge­ meinschaftliche Sache ersessen, kommt feinen Genossen zu'"). Wer die Sache ersessen, hat die Bindikation und gegen den früheren Eigenthümer eine Einrede de« neueren Erwerb« (exc. recentioris dominii). Der Nichtgebrauch de« älteren Eigenthum« erzeugt für sich keine Einrede der Verjährung, denn Niemand ist gezwungen, sein Eigenthum zu gebrauchen. Der Nichtgebrauch an sich vernichtet e« nicht, sondern wird nur nach­ theilig durch eine entgegenstehende Ersitzung'"). Die Vorschrift, daß von Verträgen über die Ersitzung dasselbe gelten soll, wie bei der erlöschenden Verjährung, ist völlig sinnlos'")

§. 178.

Der Erwerb durch Uebergabe und durch Auflaffuug.

A.L.R. L 10. $. 1 — 5.

Gruchot VIII. 4O2f.

Noloff, in der jurist. Wochenschrift

1846. Sp- 377. 394. 410. Baron, Abhandl. S. 46s. Dernbnrg I. 506. — Gesterding S. 120. Schmid I. S. 71. Exner, die Lehre vom Recht-erwerb durch Tradition, nach österr. und gem R. 1867. Siebenhaar in den Dre-dner Annalen, N. F. v.6. Nr. 1. Roth, bair. Tiv.R. II. §.136. — Gesetz über den Eigen­

thum-erwerb v. 5. Mai 1872.

Achilles, die preußischen Gesetze über Grundei­

eigenthum und Hypothekenrecht, 2. Aust. 1873. S. 33sg.

ßische Grundbuchrecht, 2. Ausl. 1872 S. 20fg.

Bahlmann, da- preu­

Dernbnrg I. S. 512. Förster,

Grnndbuchrecht, S. 72. Heidenfeld da- preuß. Immobiliarrecht 1873- S. 13fg. Dalcke bei Gruchot B. 17. S. 454.

Johow, Jahrb. B. 3. S. 89f. 247f.

Stobbe, die Austastung de- deutschen Recht-, in Jhering und Unger, Jahrb. d. gem.

R. B. 12. S. 137fg.

(Dazu Behrend in s. Zeitschr. B. 6. S. 696f.)

Die Veräußerung wird bewirkt durch ein auf Willenseinigung be­ ruhendes Rechtsgeschäft (Titel), aus welchem zunächst die Pflicht folgt, daß der Veräußerer fein Recht an der Sache zu Gunsten des Erwerbers auch thatsächlich aufgiebt. Er ist bei beweglichen Sachen zur Ueber­ gabe, bei unbeweglichen Sachen zur Auflassung verpflichtet. Der Er­ werb ist daher hier mittelbar, d. h. durch die Handlung des bisherigen Eigentümers vermittelt, und abgeleitet, d. h. der Erwerber succedirt Freilich vom O.-Trib. Strieth. B. 10. S. 293. verneint. Doch s. Gruchot VIII. 288f. und Göppert, Miteigenthum S. 36f. Koch, Besitz S. 70. Komm. Note 1. zu 8- 1 I. 17. M1) §. 667. d. T. Ueber Universitas Juris et facti s. oben v. l.S. 95—97. Gr nchot VIH. S. 291. Die einzelnen Stücke oder Pertinenzien sind da- Objekt der Ersitzung und dürfen sich daher z. Z. der Besitzergreifung nicht im vollständigen Besitz eine- Andern befunden haben. S. oben §. 160. S. 42. Erbschaften können nicht dnrch Ersitzung erworben werden. Grnchot VIII. 194. Oben Note 50. §. 668. d. T. Oben B. l.§. 46. N. 18. §. 502. 503. 504. d. T. Unger, österr. Pr.-R. II. 273. j. 669. d. T. Grnchot VIII. 298. 299. Mat. S. 558.

§. 178.

in

Der Erwerb durch Uebergabe und durch Auflassung.

da» Recht de» Veräußerer».

Dieser ist ferner nach

219

der Uebergabe

oder Auflassung verpflichtet, den Erwerber zu vertreten, d. h. dafür ein»

zustehen, daß da» Recht dem Erwerber bleibe (EviktionSleistung) und daß der Erwerber die Sache

so erhalten habe,

war (Gewährleistung wegen Fehler). gehören

dem Obligationenrecht

an,

Die

wie e» dem Vertrage gemäß

beiden letzten Verpflichtungen

und sind dort erörtert'):

sie haben

keine Beziehung zum Eigenthum-erwerb, der hier darzustellen ist.

I.

Die Uebergabe.

unbeweglichen Sachen, für

Bei beweglichen Sachen und bei denjenigen welche ein Grundbuchblatt noch nicht angelegt

ist, vollendet sich der Erwerb durch die Uebergabe auf Grund de» Titel».

Die Uebergabe überträgt den Besitz, d. h. giebt dem Erwerber die Mög­

lichkeit, den Besitz zu ergreifen.

Der Veräußerer hat deßhalb seinerseits

den Besitz zu Gunsten de» Erwerber» aufzugeben').

Nicht durch den Akt

der Uebergabe wird

die Succession in

durch die im Titel,

in dem DeräußerungSgeschäft au-gedrückte Willens­

einigung').

da» Eigenthum bewirkt,

sondern

Beides, Titel und Uebergabe zusammen vollenden den Erwerb,

für welchen da»A.L.R. al» Regel die Besitzergreifung erfordert. Die Uebergabe

ist die Erfüllung de» Titel»').

Auch da» römische Recht hat die Sätze:

nunquam nuda traditio transfert dominium, sed ita, ei venditio vel aliqua causa praecesserit, propter quam traditio sequeretur, und:

traditionibus, non nudis pactis dominia rerum transferuntur').

Im

Grunde nicht» Andere» sagt da» A.L.R.: „die mittelbare Erwerbung de» Eigenthums einer Sache erfordert, außer dem

die wirkliche Uebergabe derselben"').

dazu nöthigen Titel auch

Im Titel liegt die causa traditi-

onis, die Willenseinigung auf Uebertragung des Eigenthum-'). *) Oben B. 1. §. 84.

’) Die Lehre von der Uebergabe ist bei dem Besitz ausführlich Bande S. 43fg.

erörtert.

In diesem

’) Puchta, Pand. §. 148.©. 225: Immer ist die Tradition nur der äußere Akt, der zu dem inneren Grund de- Eigenthum- hinzukommt, und ohne diesen der Wirkung der Eigenthum-übertragung entbehren würde. *) Windscheid 1.476 bezeichnet die Tradition al» Form de- Bertrage-, nämlich nicht de« Veräußerung-verträge-, z. B. de- Kaufs, sondern eine» besonderen Eigenthum-übertragnng-vrrtrage-. „Sie ist der Eigenthum-übertragung-vertrag." Gegen die Auffassung der Tradition al» eine- Bertrage» s. oben S. 44. Die Tradition an stch giebt nur den Besitz, daß der Erwerb de» Eigenthum» erfolgt, ist Wirkung der causa traditionis, die im Beräußerung-geschäft liegt, in ihm au-gedrückt ist. Daß die causa allein nicht genügt, sondern der äußere Akt der Tradition hinzukommen muß, ergiebt stch au» der Nothwendigkeit, auch die Herrschaft über die Sache, die durch den Erwerb erlangt werden soll, zu verwirk­ lichen. S- auch Puchta, Borles. 5. A. I. S. 324.». 148.

') 1.31. pr. D. XU. 1. I. 20. C. II. 3. •) I. 10. §. 1.

’) Mit dem Begriff der justa causa traditionis hat sich eine umfangreiche Litera­ tur beschäftigt. Savigntz, Obl -R. II. S. 254fg- Warnkönig im Arch. f. civil. Prax. B. 6. S. 111. Dernburg das. D. 40. S. 1. Strempel, über die justa causa bei der Tradition 1856. Bähr, die Anerkennung S. 11. 13f.

220

Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Da- A.L.R. bezeichnet als Titel des mittelbaren Erwerbs außer den Willenserklärungen, also besonders den auf Eigenthum-erwerb ge­ richteten BeräußerungSverträgen, noch Gesetz und gerichtliche - Er­ ken ntniß^). Dies bedarf näherer Bestimmung. Das Erkenntniß giebt in der Regel keinen Titel, weil eS nicht novirt, nicht Recht schafft, son­ dern nur ein vorhandene-, wenn auch bestrittene- Recht unstreitig macht und daß da- Erkenntniß die Verjährung des Anspruchs verlängert, hat nicht die Bedeutung, einen neuen Titel zu schaffen'). ES kann aber alErwerb-titel aufgefaßt werden, wenn eS falsch oder ungerecht entschieden, d. h. einen in Wahrheit nicht existirenden Titel als existirend der Verur­ teilung zu Grund gelegt hat, denn hier muß eS wegen der formalen Bedeutung der Rechtskraft bei der Entscheidung verbleiben"). Nach ge­ meinem Recht auch bei den Theilung-klagen die Adjudikation, welche dem Erwerber da- Alleineigenthum zuspricht und insofern für ihn den Erwerb-titel bildet"). Nach preußischem Recht schließt aber die TheilungSklage mit Ausnahme des Falle-, wo bei der Grenzscheidung dem Richter Pagenstecher II. 216sf. Puchta Dorles. I. 326f. und Beilage S- 49t. Mayer bic j. c. bei Tradition und Usucapion. 1871. Für preuß. R. Rolosf, Baron und Gruchot VIII. 420fg. ES handelt sich hauptsächlich um die Frage, ob die justa causa, unter welcher allgemein die Willenseinigung über Veräußerung und Erwerb des Eigenthums verstanden wird, ein Moment in dem Beräußerung-geschäft, oder in der Uebergabehandlung ist. Hier wird die erstere Ansicht vertreten. Nach der 1. 31. pr. D. XLI. 1 liegt die justa causa in der venditio, und wenn man sich der landrechtlichen Sprachweise bedient, so kann, wie oben, gesagt werden: die causa liegt im Titel. Dann bleibt die Tradition Ausführungshand­ lung, und erhält nicht den Charakter eines Vertrages. Wird die causa in die Tradition selbst gelegt, so kommt man zu einem neben dem BeräußerungSvertrage wirkenden zweiten Bertrage, dem s. g. EigenthumSübertragungSvertrage,-bei wel­ chem die Tradition das formelle Element ist. So Pagenftecher, Wind scheid (f. Note 4.) Aber in welchem Verhältniß stehen der Veräußerung-- und der EigenthumSübertragungSvertrag, und warum braucht man zur Vollendung des Erwerbs zwei Verträge? Neuerdings hat auch Exn er, Rechtserwerb durch Tra­ dition, 1867, den dinglichen Vertrag zu konstruiren versucht und ihn dem obliga­ torischen Vertrag als „Erfüllung" gegenübergestellt. S. 5f. Die Tradition destnirt er S. 10f. als „vertragsmäßigen Erwerb eine- dinglichen Rechts in der Form der Besitzergreifung, welche der Erwerber mit Zustimmung de- AuktorS vollzieht." — UebrigenS sind Titel und causa traditionis nicht identisch; ersterer kann feh­ len und letztere doch vorhanden sein, wie schon darau- folgt, daß, wenn die causa traditionis vorliegt, die Uebergabe den Eigenthum-erwerb bewirkt, obschon man sich über die Existenz oder die Individualität de- Titel- irrt. Die Kondiktionenlehre beruht ja gerade darauf, daß kein Titel der Uebergabe au Grunde liegt. Dergl. hierüber besonder- den Aufsatz von Roloff, und unten bet Note 23. Seuffe rt XIX. 122. •) I. 10. §. 2. Die Willenserklärung ist nicht nothwendig immer ein besonderer BeräußerungSvertrag (Titel), sondern die auch davon unabhängige Erklärung, daEigenthum zu überttagen und zu erwerben. S. vorige Note. •) WaS Baron a. a. O. S. 90 behauptet.

") Oben B. 1. §. 56.

Baron S. 90f.

n) §. 4—7. J. IV. 17 (quod istis judiciis alicui adjudicatum fuerit, id statim ejus fit, cui adjudicatum est, also Tradition ist nicht erfordert. Der Erwerb ist ein abgeleiteter, Successton, aber im Sinne de- A.L.R. ein unmittelbarer). Seuffert I. 173.

sichere Anhaltspunkte fehlen, und er deßhalb das streitige Land zwischen den Parteien gleich theilen muß, nicht mit einer Adjudikation ab"). Auch da» Zuschlag-erkenntniß bei der nothwendigen Subhastation ist nicht Er­ werb-titel. E» vertritt die Uebergabe oder richtiger gesagt, desien Publi­ kation fixirt den Zeitpunkt, in welchem das Eigenthum ohne Uebergabe erworben ist, der Titel diese- Erwerb- aber liegt in der Willen-einigung zwischen den Subhastation-intereffenten und dem Bieter, welche im Lizitation-protokoll den Abschluß findet"). — Wenn das Gesetz der Titel bei dem mittelbaren Erwerb sein soll, so heißt die-, daß der bi-herige Eigenthümer durch da» Gesetz verpflichtet ist, sich de- Besitze» der Sache zu entschlagen, damit sie der Erwerber in Besitz nehmen kann: eine ge­ setzliche Verpflichtung zur Uebergabe. Hierher gehören die Fälle: wenn jemand einem Verwandten, den er zu verpflegen verpflichtet ist, Geld oder Sachen zu Eigenthum übergiebt, wenn jemand eine gesetzliche Ausstattungs­ verpflichtung erfüllt, wenn die Partei dem Zeugen Kosten und Auslagen erstattet, wenn da» Gesetz zum Verkauf verpflichtet (Zwang-enteignung) also Fälle der s. g. gesetzlichen Obligationen"). Die Dürftigkeit dieser Beispiele zeigt, wie wenig und selten da- Gesetz al- Erwerb-titel in Be­ tracht kommt und wie wenig berechtigt e- ist, diesen Titel auf gleiche Stufe mit der Willenserklärung zu stellen, denn auch diese entnimmt ihre letzte verpflichtende Kraft au» dem Gesetz"). Damit durch die den Titel erfüllende Uebergabe der Eigenthum-er­ werb sich vollende, ist nöthig, daß der Veräußerer Eigenthümer bisher gewesen ist, denn er kann nur da» Recht übertragen, wa» er selbst auf die Sache hat"). 6» ist ferner nöthig, daß die Willen-einigung de'*) Unten §. 182. A L R. I. 17. §. 379-382. In diesem Fall ist übrigen- der Zn. schlag nicht mittelbarer, sondern unmittelbarer Erwerb. Vergl. Baron S.S2. Koch, Pr.-R. I. §■ 257. S- 466 verallgemeinert ohne Grund den §. 379. und nimmt auch nach preuß. R. Adjudikation bei allen Theilung-klagen an.

'•) Oben B 2. §. 130. Note 16. Baron S. 95. a. E. f. Koch, Pr.-R. I. ®.466. führt auch diese Adjudikation mit Unrecht al- Fall de- mittelbaren Erwerb« an. Sergi, hiermit seine abweichende Darstellung im R. d. F. III. 657 und Anl. z. Pro, -Prax. I. 886. Der §. 342.1. 11. A-L.R- und §. 61.1. 52. A.G.O. drücken denselben Gedanken au». Zweifelhaft kann e« nur erscheinen, wenn Subhastatieneintcrcffenteh dem Zuschlag widersprechen, und über diesen Widerspruch da» Erkeuntniß entscheiden must. Aber hier hat da» Erkenntniß, soweit e» den Streit entscheidet, nicht den Eharakter einer Adjudikation, d. h eine« Urtheil«, welche» Titel und Modu« für den Erwerb ist, sondern es entscheidet, wie andere Erkennt­ nisse, über einen streitigen Titel und der für richtig erklärte, nicht aber da» Ur» theil, ist der Erwerb-grund. ") Baron S- 89. Oben B- 2. $. 131. Die vom Staat angeordnete Expropria­ tion (B. 2. S. 141f.) hat nicht int Gesetz, sondern in dem durch die Anordnung de« Staat» bewirkten Berkaus ihren Titel. '») Oben B. 1. §. 23. Note 14.

") I. 10. ». 3. Sink. §. 101.1.11. §. 2. D. XIX. 1. 1.20. pr. D. XLI. 1. Oesterr. G.-B. §. 423. Sächs. §. 254. Die Tradition de» Nichteigenthümer» wird nach­ ttäglich giftig, wenn er da» Eigenthum erwirbt, seiner Vindikation steht dann eine

222

Zwritk« Buch,

Veräußerer-

und

©if besonderen Privatrechte

de- Erwerber- sich auf

E» hindert

thum»

richtet").

einem

andern Grund

die Uebertragung

den Erwerb,

übergiebt,

al-

de» Eigen­

der Veräußerer au»

wenn

der Erwerber

annimmt,

und die

Differenz der Meinungen gerade den Eigenthum-übergang trifft: wenn der

eine

die Sache

nur

vermiethen

oder

andere sie al- geschenkt annimmt").

sich die Parteien

zur Verwahrung geben will, der

E- hindert ferner den Erwerb, wenn

über den Gegenstand") oder über dessen gegenwärtige-

Eigenthum-verhältniß"),

oder

über die Person de- Erwerber- irren").

Aber e- hindert den Eigenthum-erwerb nicht, wenn die Parteien sich zwar über die Individualität de- Titel- irren, aber doch in der Absicht Eigen­

thum zu übertragen und zu erwerben übereinstimmen"). ner

den Eigenthum-erwerb nicht, wenn

man sich

ES hindert fer­

über die Existenz de-

Titels irrt, d. h. wenn irrthümlich Etwa- als Schuld geleistet, dem Em­ pfänger Eigenthum daran übertragen wird und dieser eS zu Eigenthum an­

nimmt.

Die so hingegebene Sache kann nicht vindizirt werden, weil der

Hingebende sie veräußern wollte; die nicht geschuldete Leistuug wird viel­

mehr kondizirt").

ES kann daher die Eigenthum-übertragung auch nicht

exceptio doli entgegen. 1. 17. D. XXL 2.1. 1. pr. D. XXL 3. 1. 17. D. XXIII. 5, (1. 42. D. XLL 3). Nicht in allen Fällen hindert daS Nichteigenthum des Tradenten den Eigenthum-erwerb, f. 1.15. § 42.43.44. Aber diese Vorschriften gehen nicht davon au-, daß der Nichteigenthümer Eigenthum übertrage, sondern beschränken im Interesse deS Verkehrs die Vindikation unter Umständen, wo der Tradent als Eigenthümer angenommen werden kann.

I7) Diese Willen-einigung ist kein besonderer Vertrag neben dem Veräußerungsver­ trag, sondern die in diesem enthaltene causa traditionie. Oben Note 7.

,8) Denn hier fehlt e- an einem Titel, in welchem die causa traditionis, die WillenSeinigung über den Eigenthum-übergang enthalten ist. Puchta, Dortes. I. 493. Vangerow I. 650fg. ie) 1. 2. §. 6. D. XLI. 4.

1. 34. pr. D. XLI. 2.

Oben B. 1. S. 150.

*•) Nemo rem euam errans amittit. 1. 35. D. XLI. 1. klärende 1. 49. D. XVIL 1. s. Vangerow I. 571 f.

Ueber die

schwer zu er­

«) 1. 52. §. 21. D. XLVIL 2. Oben B. 1. S. 150. te) 1 36. v. XLI. 1. Seuffert X. 231. Die causa traditionis, die Willen-eini­ gung über den Eigenthum-Übergang ist nämlich hier vorhanden, weil jeder der beiden Titel (Testament, Stipulation) sie enthält. „Da- Rechtsgeschäft, welches die justa causa enthält, hat für die Eigenrhum-frage nur durch diesen Inhalt eine Bedeutung. Sein übriger spezifischer Inhalt verhält sich dazu nur al- Motiv de- Willen-, der allein die justa causa ist. Hier tritt daher der Grundsatz ein, daß ein falsche- Motiv den Willen nicht au-fchließt." Puchta, Borles. I. S. 327 a. E 493. Ueber den Widerspruch, der in 1. 18. pr. D. XII. 1. hervortritt, ist unendlich viel geschrieben. Puchta, 493. Daugerow I 573. Pagenstecher 11.218. Dernburg im Archiv für civil. Praxis V. 40. S 3. Schütze bei Bekker und Muther II. 429 Rudorf zu Puchta, Pand. §. 148. Note h. a. E S. 226. Für das preuß, R. ist dieser Zweifel ohne Interesse. — Sachs. G.-B. §. 256.

") Oben B. 2. S. 440f. Baron S. 98fg. will unbegreiflicher Weise der ÄoitbiL Hon einen Bindikation-charakter beilegen. Gegen ihn Gruchot VIII. 434. Der die causa traditionis enthaltende Titel kann aus Seiten de- Empfänger- ein pu­ tativer sein und dennoch hat die causa die Wirkung, daß da- Eigenthum über­ geht. Gruchot S. 408fg. erörtert ausführlich die Frage, ob auch der Erwerber

§. 178.

Der Erwerb durch Uebergabe und durch Auflassung

223

dadurch gehindert werden, daß der Titel ungiltig ist, wenn nur sie von beiden Seiten beabsichtigt war"). Aber auch hier wieder drängt sich im preußischen Recht die Formfrage hervor: steht die formelle Uugiltigkeit de- Titels der Eigenthum-übertragung entgegen? Da- Gesetzbuch ent­ hält keine Entscheidung de- Zweifel-, die Praxi- neigt sich aber dazu, die Frage zu verneinen und daran festzuhalten, daß die Uebergabe mit der Absicht der Eigenthum-übertragung auch dann den Eigenthum-erwerb zur Folge hat, wenn der Vertrag wegen, nur mündlichen Abschlüsse- ungiltig ist, und daß die Rückforderung, welche hier da- Gesetz gestattet, nicht die Vindikation, sondern eine persönliche Klage ist"). — Wenn die Ueber­ gabe durch Stellvertreter erfolgt"), so entscheidet über den Eigen­ thum-übergang grundsätzlich die Willen-einigung de- vertretenen Erwer­ ber- mit dem Veräußerer, oder de- vertretenen Veräußerer- mit dem Erwerber; wenn diese einig sind, so ist eine abweichende Ansicht de- Ver­ treter- einflußlos. Aber e- kann vorkommen, daß der Tradent nicht weiß, daß der Empfänger nur Stellvertreter de- eigentlichen Erwerber- ist, sei e-, daß der Stellvertreter diese seine Eigenschaft nur nicht aufdeckt, oder daß er ausdrücklich in eigenem Namen mit dem Tradenten verhandelt und in eigenem Namen sich von diesem übergeben läßt, obschon er die stille Absicht hat, für den Vertretenen zu erwerben. In beiden Fällen, die sich im Wesentlichen nicht unterscheiden "), wird der Vertretene und nicht der sich über den Titel irren, d. h. redlich sein müsse. Er behauptet, der unredliche Empfänger erwerbe nicht Eigenthum und polemisirt gegen ein Lriminalerkenntniß des O.-Trib. (Entsch. B. 40. S. 54*). Aber Gruchot übersieht, daß nach preuß. R, welches neben der condictio indebiti nicht noch eine condictio furtiva aner­ kennt, für erstere der Irrthum des Empfängers kein Erforderniß ist. Oben B. 2 S. 451 bei Note 68. Der §. 35. I. 3. steht nicht entgegen, da der Empfänger nicht handelt, und §. 189. 1. 16. bedeutet nur, daß der unredliche Empfänger mit anderen Pflichten als der redliche, nämlich wie ein unredlicher Besitzer zurückleistet. Dies wird auch von Gruchot selbst S. 434 gegen Baron anerkannt. Bon einer DarlehnSklage ist nicht die Rede, die Frau (in dem Bei­ spiel) mußte kondiziren, durfte aber auch nicht Selbsthilfe anwenden.

“) War das BeräußerungSgeschäft durch Betrug des Erwerbers veranlaßt, so trifft dies auch die in jenem enthaltene causa traditionis; dasselbe gilt im Aall des

Zwanges. Aber die Tradition aus betrügerisch erschlichener causa übertragt nicht daS Eigenthum, die Tradition aus erzwungener causa überträgt nur dann nicht daS Eigenthum, wenn sie selbst erzwungen worden. Gruchot VIII. 425 426.438. Baron, Abh. S. 76s. Oben B. 1. S. 146f. S. 152 ist behauptet, daß Zwang und Betrug daS Geschäft nur anfechtbar machen; dann wäre, wenn nicht ange­ fochten wird, der Erwerb de- Eigenthums durch Tradition nicht gehindert. Die Frage ist übrigens sehr zweifelhaft. Bornemanu d I. über die Wirkung der Tradition auf Grund anfechtbarer Verträge, in der preuß. Gericht-zeitung 1860. S. 23f. —- Eine simulirte Tradition bewirkt nicht Eigenthum-erwerb. Gruchot S 425. ") Gruchot VIII. 445f. Entsch. B. 6. S. 279f. B. 34. S. 57f. D. 39. S. 47. und da- bei Gruchot das. S. 359 mitgetheilte Erkenntniß (s. oben B. 1. S. 733 Note 60). *') Gruchot S. 448ff. wo auch zahlreiche Nachweisungen au- der Literatur über die viel erörterte Frage vom Erwerb durch Stellvertreter. ”) Gruchot 460.

Brrtreter Eigenthümer, obwohl der Veräußerer nicht ander- weiß, aldaß er Letzterem da- Eigenthum übertrage; denn der Uebergang de- Eigen­ thum- auf diesen wird unmöglich, weil er e- für den Dritten erwerben will, da- Eigenthum wird durch seinen Willen sofort übergeleitet auf den Vertretenen, der Tradent befindet sich aber jedenfall- soweit in Ueber­ einstimmung mit jenem, al- er doch snn Eigenthum veräußern will"). Diese Ueberleitnng de- Erwerbs auf den Vertretenen wird aber durch­ brochen, wenn der Tradent nur dem Vertreter persönlich da- Eigenthum zuwenden will, — hier ist die Tradition unwirksam, weil dieser nicht erwerben will, und jener den Vertretenen nicht will erwerben fassen"). Eine andere Frage ist eS, wie sich die obligatorischen Beziehungen zwischen den Jntereffenten gestalten. Der Stellvertreter der sich al- solcher dem Veräußerer nicht bekannt gemacht, ist ihm gegenüber der verpflichtete Kontrahent"); der Stellvertreter, der gegen seinen Auftrag für sich er­ wirbt, bleibt dem Machtgeber au- dem Mandat zur Uebergabe ver­ pflichtet"). II. Die Auflassung. So verschieden auch die Gestalten und For­ men der Anflaffung im älteren deutschen Recht sich au-gebildet haben mö­ gen, ein Grundsatz ist in allen diesen Formen und zu allen Zeiten der gleiche gewesen: die Auflassung (resignatio) war der Verzicht de- bisherigen Eigenthümer- auf das Eigenthum an dem Grundstück zu Gunsten de- Er­ werber-. — Diese Verzichterklärung war ein öffentlicher Akt, entweder vor Zeugen oder, und zwar vorherrschend, vor Gericht, in späterer Zeit schloß sich daran die Eintragung in ein öffentliche-, diesem Zweck gewid­ mete- Buch an, und weder der Abschluß de- Veräußerung-vertrages noch auch die körperliche Uebergabe, sondern lediglich jene Berzichterklärung bewirkte den Eigenthum-übergang, welcher nach einzelnen Rechten noch 2') Puchta, Vorles. I. 329. 330 Nr. 3. Man braucht sich übrigen« für diesen Satz nicht aus die Möglichkeit der Traditio» an eine incerta persona (j actus missilium) zu berufen, da diese doch nur sehr uneigentlich als Tradition aufgefaßt werden kann. Oben §. 174. Note 23. 25. Scheurl, Beiträge B. 1. S. 208 ist schwankend. Für Puchta auch Brinz, Pand. §. 55. a E. und Gruchot S- 452. Dergl. oben §. 160. Note 126. In der gemeinrechtlichen Praxi« wird die Wiffenschast de« Tradenten, daß der Vertretene da« Eigenthum erwerben soll, verlangt. Seuffert V. 112 253. X. 134. XII. 122. ”) Puchta a. a. O. 329 Nr. 2. Z. B- der Tradent will die Sache nur dem Ver­ treter schenken, «der nur ihm verkaufen, weil er ihm creditsicher ist.

**) Oben B. 2. S. 317. ") Oben «. 2. S. 313 Note 100 Pl.-Beschl. Entsch. B-17. S. 19. S. Gruchot VIII. S. 453-464. In Betreff de« Kommissionshandel«, bei welchem die Frage, ob der Kommittent sofort oder erst durch Uebergabe de« Kommissionär«

erwirbt, streitig gewesen, hat da« HGB. Art. 360. entschieden, daß der Kommis­ sionär allein dem Dritten gegenüber berechtigt und verpflichtet ist, zwischen diesem und dem Kommittenten aber Rechte und Pflichten nicht bestehen. Dadurch ist mir die obligatorische Seite der Frage geregelt; die Frage, wie der Kommittent da« Eigenthum an der Waare erwirbt, ist offen geblieben und daher nach dem all­ gemeinen Landesrecht zu entscheiden. Lergl. überhaupt Gruchot VIII. 455ff.

durch einen nachfolgenden Besitz von Jahr und Tag oder durch ein Friede­ wirken deS Richter- unanfechtbar wurde"). CS ist daher eine ganz un­ historische Auffassung, die zuweilen und jetzt auch von Dernburg") behauptet worden ist, daß die durch da- Gesetz vom 5. Mai 1872 über den Eigenthum-erwerb an Grundstücken, Bergwerken und selbständigen Gerechtigkeiten in da- preußische Recht wieder eingeführte Auflassung ohne geschichtliche Anknüpfung an da- ältere deutsche Recht, eine neueste Erfin­ dung sei. Richt in der äußeren Form — die ohnehin sehr verschieden nach Zeit und Gegend gestaltet war —, sondern gerade in der inneren Bildung, in dem ihr zu Grunde liegenden inneren Gedanken erweist die neue Auflassung de- preußischen Recht- ihren Zusammenhang mit der deS deutschen Recht-. „Im Fall der freiwilligen Veräußerung," sagt daGesetz, „wird da- Eigenthum an einem Grundstück nur durch die auf Grund einer Auflassung erfolgte Eintragung deS Eigenthum-übergängeim Grundbuch erworben." Dieser Satz enthält da- materielle und for­ melle Erforderniß deS Eigenthum-überganges, des Erwerb-akte-; da- ma­ terielle ist die Auflassung, da- formelle die Eintragung, die Auflassung ist die Erklärung deS eingetragenen Eigenthümer-, daß er die Eintragung, deS neuen Erwerber-") bewillige, d. h. daß er auf fein Eigenthum-recht zu Gunsten deö Erwerber- verzichte"). Diese Verzicht-erklärung oder diese Bewilligung der Umschreibung deS Eigenthum- bedarf der Annahme de- Erwerbers, die durch feinen Antrag auf Umschreibung erllärt wird. Die beiderseitigen Erklärungen werden mündlich und gleichzeitig vor dem Grundbnchamt, welche- da- Grundbuch über da- betreffende Grundstück führt, abgegeben. Eine solenne feste Wortform schreibt da- Gesetz für die Auflassung nicht vor, die Erklärungen müssen nur dem Sinn deS § 2. deS Gesetze- entsprechen"). Zum Verzicht auf sein Eigenthum, zur Auf­ lassung ist nur der eingetragene Eigenthümer berechtigt, gleichviel ob er al- solcher vor oder nach dem 1. Oktober 1872, dem Tage, an welchem *’) Bergt, den citirten Aufsatz von Stobbe, und Fabriciu», da» älteste stralsundische Stadtbuch (1270—1310), 1872. S. 264. „Die Auflassung ist ein abstrakter Uebertragung»akt, der an sich wie die römische traditio da» zu Grunde liegende Rechtsgeschäft nicht erkennen läßt, und nicht selten bleibt die» bei den im Stadt­ buch eingetragenen Auflassungen unerwähnt."

**) Privatrecht I. 513. bei Note 3.

•*) Sprachwidrig nennt ihn Dernburg den „Ausgelassenen",

»der „Aufzulaffenden."

**) Diese Erklärung wird durch ein recht-kräftige» Erkenntniß, welche» den einge­ tragenen Eigenthümer zur Auflassung verurtheilt, ersetzt. §. 3. de» Ges., Förster, Grundbuchrecht S. 90. Auch der Erbe de» eingetragenen Veräußerer» kann zur Auflassung verurtheilt werden, »nd hat §. 3. aus ihn Anwendung. A. M. A chille» S. 40 Note 4. Die Berurtheilung muß eine unbedingte sein. Achilles a. a. O. Bahlmann S. 33. Note 31. ") Da» tadelt Da Icke S. 456 wohl mit Unrecht. Eine Vorschrift ganz bestimmter solenner Wortformeln, die mündlich ausgesprochen werden müssen, Hal doch die große Gefahr eine» zu starken Formalisiren» in sich. , Förster, Preup. Prioatrecht. 111. 3. Huf!.

15

226

Zweite» Buch. Die besonderen Privatrechte.

das neue Recht in Kraft trat, eingetragen worden ist''). Vorausgesetzt ist also, daß da- aufzulassende Grundstück ein Grundbuchblatt hat. ES giebt nun Fälle, in denen der Eigenthümer eines Grundstücks, obschon für die­ se- da- Grundbuch angelegt ist, doch nicht eingetragen ist — wenn er eS nicht durch freiwillige Veräußerung (Auflassung) erworben hat; eS giebt ferner Fälle, wo der Eigenthümer deßhalb nicht eingetragen ist, weil für da- Grundstück ein Grundbuchblatt nicht existirt, sei e», daß ein solchegesetzlich überhaupt nicht anzulegen war, oder noch nicht angelegt ist; eist endlich an die zahlreichen Fälle zu denken, in denen vor dem 1. Okto­ ber 1872 ein Grundstück durch Titel und Uebergabe oder auf sonst eine gesetzliche Weise erworben worden und der Erwerber sich seinen Besitztitel nicht hat berichtigen lasten. In solchen Fällen eine- nicht eingetragenen Eigenthümer- aber muß sich derselbe, wenn er auflaffen will, vorher ein­ tragen lasten, und eS muß das fehlende Grundbuchblatt für da» zu ver­ äußernde Grundstück angelegt werden. Wenn aber da- Blatt noch nicht angelegt werden kann, soll das Eigenthum noch nach den Vorschriften deS A.L.R. durch Titel und Uebergabe erworben werden können"). Bon der Regel, daß nur der eingetragene Eigenthümer anflasten kann, giebt eS eine einzige Ausnahme: „Miterben können ein ererbtes Grundstück auf­ lasten, auch wenn sie nicht als Eigenthümer destelben im Grundbuch ein­ getragen sind""). Man hat behauptet, daß diese Au-nahme eine» inne­ ren Grunde- entbehre"), e» jedenfalls nicht ohne Bedenken gefunden, dem Alleinerben, wenn er unter der RechtSwohlthat erworben habe, die Aus­ nahme zu versagen"). Andererseits ist die Ausnahme und ihre alleinige Zulastung bei Miterben durch die Erwägung gerechtfertigt worden, daß nur Miterben, solange sie im Miteigenthum deS ererbten Grundstücks verblieben sind, mithin in Betreff desselben eine Erbtheilung nicht vorge­ nommen haben, noch alS Repräsentanten deS eingetragenen Erblasser» ver­ äußern, während die Repräsentation deS Erblassers durch den Alleinerben im Moment des Erbschaftöerwerbs aufhört; und zwar auch wenn er unter der RechtSwohlthat erwirbt, denn dies hat nicht die Wirkung, daß der Vorbehaltserbe ein andere» Eigenthum erwirbt, als der vorbehaltlose, oder daß der Erwerb noch ein suSpendirter sei"). — Die Auflassung soll mündlich ”) Doch vergl. unten bei Note 56. Die Einträge vor dem 1. Oktbr. 1872 haben eine andere rechtliche Bedeutung al» die Einträge nach diesem Tage; da- wirkt ein auf die grundbuchmäßige Unansechibarkeit der Eintragung auf Grund der Austastung •’) $• 5. des Gesetzes über den EigenthiiiuSerwerb. §. 2. und §. 49. der Gr.P.O. Dernburg I. 524 c. ••) §. 5. des Gesetze- über den Eigenthumserwerb. ") Dernbnrg, Priv.-R. I. 516. Dalcke bei Gruchot B 17. S. 459. ") Achilles a. a. O. S. 42 Note 9. ") S. unten B. 4. §. 270 bei Note 3 und 26fg. und über die Ausnahme zu Gunsten der Wterben Förster, Gruudbuchrecht S- 97.

$. 178. Der Erwerb durch Uebergabe und durch Auflassung

227

und gleichzeitig vor dem Grundbuchamt") erklärt werden. Da- Er­ forderniß der Mündlichkeit schließt nicht die Erklärung durch Stellvertre­ ter oder Bevollmächtigte aus, mündlich ist nicht gleichbedeutend mit per­ sönlich"). Die Mündlichkeit ist die Konsequenz des Erfordernisse- der beiderseitigen Gleichzeitigkeit der Erklärung. Die Gleichzeitigkeit findet ihre Rechtfertigung in dem Verhältniß der Auflassung zur Eintragung, welche beide al- ein ungetrennter Akt, al- eine Einheit gedacht sind, wie Inhalt und Form. Beide vereinigt bewirken erst den Eigenthum-übergang, die Eintragung muß sich unmittelbar an die Auflassung an sch ließen"). Diese Einheitlichkeit beider Akte, der Auflassung-erklärung und der Ein­ tragung, setzt also al- Regel voraus, daß zwischen Beiden keine trennende Zeit liegt. Da- wird bei einfacher Sachlage auch praktisch durchführbar sein. Aber mannichfache zufällige Umstände können verhindern, daß der Grundbuchrichter sofort nachdem er die Austastung entgegen genommen hat, da- Eigenthum umschreiben kann. Zwar ist cS eine durchaus unrichtige Ansicht, daß irgend welche Prüfung der Recht-beständigkeit der Auflassung 4S) In der Praxi- sind einige Zweifel in Betreff der Erklärung vor dem Grundbuch­ amt aufgetreten, die al- unbegründet bezeichnet werden müssen. Bergl. Dalcke a. a. O. S. 456fg. Iohow, Iahrb. B. 3. S. 80fg. S. 247fg. Daß der Grundbuchrichter allein, d. h. ohne Protokollführer die Auflassung zu Protokoll nehmen kann, ist von dem Gesetz nicht verboten. Der regelmäßige Fall wird aber doch sein, daß der Buchstthrer zu­ gezogen wird, da er die unmittelbar sich anschließende Einschreibung in- Grundbuch vor­ nehmen muß. Ebenso wenig ist verboten, die Auflassung an einem anderen Orte al- an Gericht-stelle aufzunehmen, nur nicht in der Art, daß die Prüfung der Zulässigkeit derselben nach folgt. UnanAemeldete und noch nicht geprüfte Auflassungen können z. B. auf Gerichl-tag-termlnen nicht entgegengenommen werden, auch muß der Richter immer der zuständige Grundbnchrichter sein. Daß der Grnndbuchrichter über die entgegengenommene Auflassung ein Protokoll oder eine Registratur auf­ nehmen muß, ist wohl selbstverständlich, da der Akt doch beurkundet werden muß. Bergl. John, Erörter. einiger prakt Fragen au- dem pr. Grundbuchrecht, 1873. Nr. 1. Miterben haben an denjenigen Miterben, der da-Grundstück übernimmt, dasselbe auszulaffen, die Theilung de- Nachlasse- kann nur al- freiwillige Veräußerung, al- ein Verzicht auf da- durch den Erbfall erlangte Eigenthum an dem Grund­ stück zu Gunsten de- Miterben, dem e- bei der Theilung zum Alleineigenthum überwiesen wird, aufgesaßt werden. S. oben B. 2. S. 106. Note 7.; unten §. 182. bei Note 73. Band 4. 8. 273. Note 6. Hassenstein bei Iohow a. a. O. S. 247. A. M. Dalcke a. a. O. S. 459f. und bei Iohow a. a. O. S. 255. Achil­ les S. 43 Note 9. John a. a. O. S. 6fg, unter einer wohl nicht zu billigen­ den Auffassung de- Begriffs von Miteigenthum, welche- nicht eine Art Eigenthum, sondern nur em Recht sei. Wa- für ein Recht? etwa wie die Servitut, ein ding­ liche- Recht an einer fremden Sache, und ist etwa die im Miteigenthum befind­ liche Sache, weil ohne Eigenthümer, herrenlos? Auch in Betreff der Eintragung find Zweifel entstanden. Die Unterschrift de- Richter- und Buchftthrer- unter den Eintragungsvermerk (§. 44. Gr B O.) hat nicht die Bedeutung, daß die Ein­ wägung ohne die Unterschrift ungiltig ist; da- müßte ausdrücklich bestimmt sein. Auch die Beifügung de- Datnnlv gehört nicht zur Giltigkeit der Eintragung. 3. 44. ist nur instruktionell, die Echtheit und da- Datum der Eintragung können auch anderweitig nachgewiesen werden. Zu bemerken ist noch, daß im Falle de§. 59. Gr.B O. die Eintragung de- Eigenthum-Übergänge- im Grundbuch formell modifizirt ist, sie ist in diesem Falle eine bloße Abschreibung. Vergl. hierüber Förster, Grundbuchrecht S. 103f. ") Unrichtig Stobbe a. a. O. S. 253. Anm. 302 a. E, ") Gr.B.O. -. 48. a. E.

228

Zweite» Blich.

die sofortige Einschreibung

Die besonderen Privatrechte,

verhindern

denn da» Gesetz schreibt

könnte,

ausdrücklich vor, daß die Prüfung der Auflassung ihr voran gehen muß, daß die Auflassung von dem Grundbuchrichter erst entgegengenommen wer­

den darf, wenn er nach Prüfung der Sache dafür hält, daß der sofor­ tigen Eintragung de» Eigenthum» ein Hinderniß nicht entgegensteht"),

Wird nach erklärter Auslastung die Prüfung der Sache vorgenommen, so ist die» gegen da» Gesetz und wird in Folge dessen

Lbergang zeitlich verschoben, verfahrenden Richters.

so

der EigenthumS-

geschieht die» auf Gefahr de» unrichtig

Ander» aber steht e» in den Fällen, wo zwar die

AuflastungSerkläruug nach erfolgter Prüfung der Sache zweifellos entge­ gengenommen werden konnte, aber die Umschreibung selbst im Grundbuch nicht so einfach und leicht auszuführen ist, daß sie in unmittelbarem zeit­

lichen Anschluß erfolgen kann.

Die» ist eigentlich nur denkbar bei einer

mehrfachen GrundstückSzertheilung, bei welcher insbesondere neue Grundbuchblätter angelegt werden müssen.

In solchen einzelnen AuSnahmefällen

wird zwischen der Auflassung und der Eintragung ein mehr oder weniger

langer zeitlicher Zwischenraum liegen, dessen Tauer von der GeschäftSthä-

tigkeit und der Willkür de» Richter» abhängt.

ES entsteht hier die recht­

lich wichtige Frage, welche» Rechtsverhältniß in Betreff de» Eigenthums

am Grundstück in dieser Zwischenzeit besteht. ist noch nicht erfolgt, weil er noch nicht verbindlich begeben.

eingetragen

Eigenthümer seine»

sich der eingetragene

Der Eigenthumsübergang

ist,

Eigenthums

gleichwohl hat bereits rechts­

Dieser Zwischenzustand erhält allerdings den Eigen-

thumSübergang noch in der Schwebe, aber trotz der Zwischenzeit muß die

Eintragung sich unmittelbar an die Anflassung anschließen, d. h. in dieser Zwischenzeit kann der noch eingetragene Eigenthümer nicht mehr als sol­ cher bei dem Grundbuchamt über da» Grundstück verfügen, er darf nicht mehr an eine

andere Person auflassen, er darf nicht

Grundstücks bewilligen.

Auf den Uebergang

mehr Belastungen deS

der Gefahr aber hat

dies

zeitliche AnSeinanderfallen der Auflassung und Eintragung keinen Einfluß,

da derselbe ja überhaupt nicht von der Auflassung, sondern von der Ueber-

4. T- Z B Sei der Anlegung von Bewässerungen. Ges. v. 28. Febr. 1843. $. 24. 25. Da»A LR. lehnt sich an Leyser sp. 109. m. 9. an Die gemein rechtl. Praxi» hält begtßtn strenger daran fest, daß eine eerv. necess. nur im Falle der Nothwendigkeit gewährt werden dürfe. •’) Koch, R. d. F. IU. 101.

§. 7. d. T.

Koch, Note 6 (da» Verfahren regelt AGO

1.2. §. 167s.)

••) §. 10. d. T. Koch, Komm. Note 9. Böle a. a. O. S. 25. E» kann daher auch die Bestellung einer Servitut bei nur vorübergehender Nothdurst verlangt werden. Entsch. B. 51. S. 223. Strieth. B. 48. S-197.

*o) Oben B. 1. S. 124sg. ") Strieth. B. 7. S. 367s. v. 10. S. 44 B 25. S. 276 und zwar ohne Unter­ scheidung von Land- und Gebändeservituten, wenn auch letztere nicht durch äußere Anlagen kenntlich sind, z. B. die serv. ne altias tollatur, ne prospectui officiatur. ") Oben B. 1. S. 124.

**) In der älteren Hhp.-Ordn. I. §. 54. war nachgelassen, daß die Eintragung der Servituten nur aus Antrag erfolgen sollte; die Entstehung der Dinglichkeit war von der Eintragung nicht abhängig. Dergl. Prinz, Einfluß der Hhp -B.-Ders-, S. 13.

§. 187. Die Grundgerechtigkeiten.

327

des belasteten Grundstücks nicht geschmälert wird"), (eine Bestimmung, die sich durch die Geringfügigkeit solcher Servituten rechtfertigt), eingetragen werden sollten, um dingliche Wirkung gegen Dritte Besitzer de» belasteten Grundstücks zu behalten"). Aber abgeschreckt durch die äußeren Schwierigkeiten und Weitläufigkeiten solcher Eintragungen hat man diese Vorschrift schon 1798 wieder beseitigt und eS in das Belieben de» berech­ tigten und belasteten EigenthümerS gestellt, die Eintragung nachzusuchen, ohne daß bei dem Unterbleiben der Verlust de» dinglichen Rechts eintre­ ten solle"). Dadurch ist allerdings ein Riß in da» System de» Ä.8.R. gebracht, weil nun auch die unerkennbaren Grundgerechtigkeiten dingliche Wirkung gegen jeden dritten Besitzer de» belasteten Grundstück» ohne Eintragung äußern. Aber weiter geht auch der Riß nicht, und man darf ihn nicht weiter reißen. Die Frage, ob eine affirmative Grundgerechtig­ keit (ein negative» Recht) erworben") werden kann durch bloßen Vertrag, ist eine ganz andere; sie würde, wenn sie bejahet werden müßte, den Grundsatz, daß bei mittelbarem Erwerbe die Willenserklärung nur der Titel ist und die Uebergabe, — also bei dem Erwerb eine» Rechts die Gestattung der Ausübung (quasi-traditio), — als ModuS hinzukommen müsse, beseitigen"). Da» folgt nicht aus dem Wortlaut de- §. 13. d. T. und nicht au» dem de» Anhang tz. 58. Wenn dort gesagt ist: „Grund­ gerechtigkeiten können durch rechtSgiltige Willenserklärungen eingeräumt werden", so heißt da- nur, daß auch Willenserklärungen (Vertrag oder Testament) Bestellung-titel sind, aber e» folgt daraus nicht, daß die Servitut schon erworben ist, ehe der ModuS der Quasi-Tradition, die wirkliche Ausübung hinzugekoinmen ist"); und wenn die unterbliebene Eintragung den Verlust de» „wirklich bestehenden RealrechtS" nicht be­ wirken soll, so setzt die- doch eben ein schon bestehende» Realrecht vor­ aus, entscheidet aber nicht» darüber, wie die- Realrecht entstehen kann “) §. 16. 17. d. T. ’•) §. 18-24. d. T. ’•) Anh. 8 58. bei §. 18. d. T , entnommen aus der Lirenlarverf. v. 30. Dez. 1798 N. 0. c. X. p. 1851. Dadurch sind aufgehoben die 88- 18—24. d. T. Ueber die Aushebung de« §. 24. vergl. Präj 904. Samml. I. 131. Rechtspr. B. 4 S. 119. ”) Die negative» Servituten (Untersagung-rechte) werden durch bloßen Vertrag er­ worben. §. 87.1. 7. Die im Text erörterte Frage bezieht sich nur auf konstituirte nicht auf reservirte Servituten. Bergs. Seuffert IV. 207. *•) §. 135.136.1. 2. Da« O.-Trib. behauptet zwar, § 135. paffe hierher nicht (Strieth. B. 10. S. 45), aber begründet diese auffallende Behauptung mit keinem Worte. Ferner §. 1—6. I. 9. Diese 88 beziehen sich auf den Eigenthum«enverb, nach dem System de« A.L R. ist aber der Erwerb eine« dinglichen Recht« Eigen­ thum-erwerb an diesem Recht. ”) E» kann auch auf den Gegensatz zwischen eingeräumt und erworben in §■ 13. d. T- hingewiesen werden. Sollten Grundgerechtigkeiten durch bloßen Bertrag erworben werden, so wäre da« Wort eingeräumt in dem 8- überflüssig.

328

Zweite» Buch. Die besonderen Privatrechte.

oder soll. Diese Frage bleibt ganz unberührt und darf nach den allge­ meinen Grundsätzen des A.L.R. nur dahin beantwortet werden, daß zum Erwerb der Servitut nicht der Vertrag genügt, sondern Quasi-Tradition, Ausübung, dazu kommen muß, daß aber, wenn Vertrag und Ausübung nachgewiesen werden kann, die erworbene Servitut dingliche Wirkung gegen Jeden äußert, obschon sie trotz äußerlicher Unerkennbarkeit nicht ein­ getragen worden ist. Mit einem Wort: die beiden Voraussetzungen des Erwerbs eines dinglichen Rechts, Titel und Modus, müssen auch bei den Grundgerechtigkeiten vorhanden fein'"), aber ihre Erkennbarkeit ist nicht Voraussetzung der dinglichen Wirkung. b. Ersitzung"). Statt sich mit einer Verweisung auf den Ab­ schnitt von der Verjährung im 9. Titel, wo auch die Vorschriften über die Ersitzung von Rechten ausreichend zu finden sind, zu begnügen, hat da- A.L.R. hier in scheinbar scharfer Betonung ausgesprochen, daß bei dem Verjährung-erwerb einer Grundgerechtigkeit besonder» nachgewiesen werden müsse, daß der Besitzer de- berechtigten Grundstück» die Befugniß al- ein wirkliches Recht und nicht vermöge einer bloßen Vergünstigung in Besitz genommen und durch rechtsverjährte Zeit ununterbrochen aus­ geübt habe, daß aber, wenn zur Ausübung der Befugniß eine neue An­ lage in dem belasteten Grundstück gemacht worden, die Vermuthung gelten solle, daß dem Begünstigten eine wirkliche Grundgerechtigkeit eingeräumt worden sei"). Nur in diesem letzteren Falle hat also der Berechtigte jenen besonderen Nachweis nicht zu führen. ES ist nicht zu verwundern, •") Bergt. Sorte im ArnSb. Arch. B. 11. S. 430. Der §. 4. I. 9. findet also auf Servituten keine Anwendung; es fehlt an der ausdrücklichen Bestimmung des Gesetze», wenn diese fich z. V. in §. 367. I. 9. für den Erwerb durch Erbgang vorfindet. — Die Onafitradition ist auch bei Servituten nöthig, die durch An­ lagen kennbar find, die Anlage selbst ist nicht modua acquirendi. Strieth. B 36 S. 65. Daselbst B. 53. S. 74 ist der Erwerb einer Wegegerechtigkeit an vertrags­ mäßige Vereinbarung, an die Anweisung des Weges und die Ausübung gebunden, also Vertrag und Ouafitradition verlangt. S. auch Koch, Note 5 ju §• 4. I. 21 — Ob nach tönt. R. Servituten durch bloßen Vertrag erworben werden können, oder ob quaai-traditio hinzutreten muß, ist sehr kontrovers. Bi-Savigny war letztere» allgemein angenommen, heute ist erstere» die mehr herrschende Meinung, obgleich ste noch namentlich von Bangero w l. §. 350. Anm. 1. S. 750fg. mit guten Gründen bekämpft wird. Dagegen wieder Windscheib I. 544 Note 1. Für die im Text vertretene Ansicht spricht auch der Umstand, daß z. Z. der Re­ daktion de» A.LR Tradition zum Erwerb einer Servitut erfordert wurde, und nicht» ersehen läßt, daß die Redaktoren diesen Satz haben aufgeben wollen, ja e» ist, indem sie die Lehre von Titel und Modu» beibehalten haben, daran- eher ans da» Gegentheil zu schließen- Bergl. Wochenbl. für merkw. Rechtis. 1855. S. 397 (Besitzergreifung ist erforderlich). Ebenso Seuffert V. 12. Nr. 130. B 15. Nr. 5. B. 20. Nr. 110 — Nach franz. R. wird die Servitut durch Vertrag allein erworben. Zachariä ll. 60. •') -. 13.14. d. T- Oben §. 177. S- 196fg. Gruchot'» oben cit. Aufs, in B.8. Unterholzner, Verjähr. 2. A. SB.2. §. 187—216 Sillfg. bes. $. 195fg. S. 132 fg. Auch nach dem Ges. v. 5. Mai 1872 ist die Ersitzung einer Grund­ gerechtigkeit gegen den eingetragenen Eigenthümer nicht ausgeschlossen. ••) §. 15 d. T-

§. 187.

Die Srundgerechtigkeiten.

329

daß lange Zeit in der Praxis die Meinung vertreten worden ist, daß dex besondere Nachweis auch wirklich etwas Besondere-, ein Mehrere- sein solle, al» waS sonst von dem Beweis der Ersitzung eine- Recht» verlangt wird"). Dagegen sprach aber, daß da- A.L.R. hier ausdrücklich Bezug nimmt auf die Gesetze im 7. und 9. Titel von dem Besitz an Rechten, der Besitzübertragung und Verjährung und dadurch angedeutet scheint, daß doch nicht etwa- Besondere- verlangt werden sollte. Daran hält sich denn auch au» guten Gründen jetzt seit dem Plenarbeschluß v. 27. Aug. 1838 die Praxi», die Kontroverse ist dadurch beseitigt und e» lohnt nicht mehr der Mühe, nochmals die Gründe des Für und Wider ausführlich zu prüfen"). Der Berechtigte, welcher sich auf Ersitzung beruft, hat also nur nachzuweisen, daß er die Grundgerechtigkeit al» ein ihm gebührende» Recht (animo Juris) in Besitz genommen und während der Ersitzungszeit ununterbrochen auSgeübt habe"). Der Gegenbeweis hat sich darauf zu richten, daß der Besitz fehlerhaft"), unredlich ergriffen oder hinterher unredlich geworden") oder unterbrochen worden fei“). Einzelne Fragen treten aber hierbei doch noch hervor. Zunächst ist der Inhalt der Ab­ sicht, di«Gerechtigkeit al» eigene- Recht au-zuüben, offenbar nur darauf gerichtet, daß da- Recht eben diese Gerechtigkeit sei. Aber man hat die Ansicht aufgestellt, und da- Obertribunal hat sie nach anfänglichem SchwanS. über den Stand der Meinungen die Ergänz, zu §. 14. d. T“) Entsch. B. 4 S. 169. Strieth. 8.31. Ergänz, zu §. 14. d. T.

s. 40.

8.62. S. 341.

Bergl. die

’•) §. 627. I. 9. §. 14. d. T. §. 82.107. I. 7. Unterholzner, II. 183. Ueber den animuB Juris al8 Ersorderniß des Besitze- an Rechten s. oben S. 52. Note 84. Gruchot S. 27f. E- genügt die Darlegung von Umständen, welche auf den animue schließen lasten. Im Zweifel wird angenommen, daß man sich ein Recht nicht habe anmaßen wollen. Meviua, decia. IX. 165 Unterholzner II 185. De» zahlreichen Belegen au» der preuß. und gemeinrechtlichen Praxi», welche Gruchot beibringt, ist noch hinzuzusetzen Entsch. 8.4 180. Senfs. XIX. 216 Namentlich kann der auimus jaris zweifelhaft sein, wo für die Au-übung der Gerechtigkeit ein jährlicher Zin» entrichtet wird, weil in diesem Fall da» Recht»« Verhältniß sich leicht al» Pacht darstellt. Bergl. hierüber Strieth. B- 31. S. 126. 8.45. S. 181. Präj. 19. Sammt. I. 130. Gruchot VIII. S. 36. Da» O.A.G. München interpretirt den §■ 14. d T ebenso wie da» O.-Trib., »»d beruft sich dabei auf ein Reskript der preuß. Gesetz-Kommission v. K Nov. 1802 an die da­ malige Regierung zu Baireuth, abgedr. bei Arnold, Seite, z. deutschen Pr.-R. 8.2. S. 273. Bl. f. Recht»anw. in Baiern. B. 8. . 8. §■ 1.2. eod. •») §. 56.d. T. «°) Koch Note 40 ju §. 56. d. T. •’) §. 57. 58. d. T- Wenn als» die Reparatur der nnterfllitzenden Mauer nicht durch „bloßen Zufall", d. h. durch Verschulde» ihre» Eigenthümer» nothwendig gewor­ den, so muß er nach §. 57. da« aufgelegte Gebäude während de» Baue» unter­ stützen. Da« weicht ab von der 1. 8. pr. D. VIII. ft., welche dem Eigenthümer de» aufgelegten Gebäude« zur Pflicht macht, e« zu stützen. §. 59, d. T. Strieth. B. 61. S. 187. §. 1. J. II. 3. 1.1. pr. I. 2. 17. $. 3 1.20. pr. §. 2.-6. 1. 21.28. v VIII. 2. 1. 9. pr. 1. 16. D. VIII. 5. 1. 8. D. VIII. 6. Seusfert IV.209. •») Strieth. B. 11. S. 232. «) §. 61. d. T- Strieth. B. 16. S. 81. Koch Role41 und Pr.-R. 1.560 Note 31 gegen die augenscheinlich unrichtige Bemerkung der Gesetzrev. XIII. XIV. 182.

•*) §. 60. d. T.

Strieth B 61. S. 187.

») Strieth. V- 61. S.I880. »») 8. 62. d. T- $. 1. J. II. 3. I. 4. 6. 15. 17. pr. §. 1, 2. I. 22. 23. pr. I. 31. D. VIII. 2. 1. 16. D. VIII. 4. 1. 15. v. VIII. 5. — §. 2. J. IV. 6. 1. 3. 12 15. 16. D. VIII. 2. Förster, Preuß. Prtvatrechl. UI. 3. Aufl.

22

338

Zweite- Buch.

Die besondere« Privatrechte.

mittelbar an die Hof- oder Gartengrenze deS Nachbars anstoßenden Mauer,

dem Boden des Zimmers zu vergittern"). — 2. Landservi­

ohne genöthigt zu fein, dieselben 6 Fuß von

oder Behältnisses zu tuten").

erhöhen

und

a. Die Wegegerechtigkeit im Wesentlichen in den

ver­

schiedenen Formen deö römischen RechtS: das Recht zum Gehen (iter)")

schließt Reiten, Fahren, Karren aus");

der Berechtigte muß sich auf

dem bestimmten Wege halten, aber ist nicht beschränkt durch gewisse Be­ dürfnisse").

Die Breite deS Fußsteigs muß, wenn

die Interessenten

darüber nicht- vereinbart haben, und nicht der Umfang deS Besitzes bei

dem ErsitzungSerwerb größer oder geringer gewesen"), 3 Fuß betragen'"). Das Recht zum Fahren (via)"”) begreift in sich das Reiten,

Karren

und Vieh an Stricken zu führen, aber es schließt den Viehtrieb aus'"). Auch hier

muß der bestimmte Weg innegehalten

werden, und eine Be­

schränkung auf gewisse Bedürfnisse findet nicht statt, wenn die Servitut nicht auf einen gewissen Zweck ausdrücklich eingeschränkt worden ist'"). Die Breite ist, wenn Vertrag oder Ersitzung nicht anders

entscheiden,

für den Fahrweg geradeaus 8, in der Biegung 12 Fuß, für Reiten und

Karrenfahren 4 Fuß'").

Das Recht zum Viehtrieb (actus)105)

ent*••) •••)

•*) Diese Servitut befreit also den Berechtigten von der Beschränkung de- §. 136. I. 8. S. oben S. 153. Koch , Note 42 zu §. 62 d. T") Koch, Pr.-R. t- 561 f. Hofsmann S. 112f. Elver» S. 385f. Beseler S. 798 f. -) pr. J.II 3. 1.1. D. VIII. 3. Seussert X. 136. ") §. 65. d. T. (Analoge Anwendung auf öffentliche Stege, Strieth. B. 39. S.239). Der Bestellung einer besonderen Servitut zum Gehen bedarf es nicht bei gebahn­ ten Fußsteigen auf offenen Feldern; diese sind Jedermann zugänglich, wenn nicht der Eigenthümer durch Vorrichtnngeii ihre Benutzung untersagt hat. §. 63. 64. d. T. Bergl. hierzu Entsch. B. 32. S- 36. Solche Fußsteige aus offenen Feldern stehen öffentlichen Wegen gleich, an denen eine Servitut nicht erworben werden kann. Entsch. B. 13. S-161. Ueber polizeiliche Sperrungen oder Freigabe solcher Fußsteige s. Erg. Ueber da- Wort »Vergünstigung", welche- nicht ^»rsoariuw, sondern Grundgcrechtigkeit bedeutet, in §. 64. s. Gruchot B. 8. S. 34. — Seussert V. 5. ") §. 70. 71. d. T. ••) Arn-b. Arch. VIII. 481. “•) §. 78. d. T. '") pr. J. II. 3. I. 1. v. VIII. 3. ••*) §. 66 67. d. T- Im heutigen gemeinen R. wird abweichend vom römischen R. (s. vorige Note) angenommen, daß in der servil, viae die servil, itineris, aber nicht actus begriffen sei. Seussert IV. 13. XII. 127. XVII. 213. XVIII. 121. Die Servitut kann auch auf Reiten oder Fahren, oder Karrenschieben, oder Vieh­ führen beschränkt sein. Recht-f. B. 1. S. 109. 6. 66. bezieht sich nur auf da» Verhältniß de» Berechtigten zum Eigenthümer, nicht aus da» der Miteigenthümer de» Wege». Arn»b. jur. Monatschr. I. 601. *•’) $. 70. 71. d. T. Strieth. B. 25. S. 276 B. 37. S. 184. Aber eine größere Belastung darf nicht verursacht werden, z. B Recht«f. B. 4. S. 164. Ueber den Begriff der Bedürfniffe zu neuen Anlagen s. Strieth. B. 9. S. 35. •••) §. 79. 78. d. T- Nach röm. R iu porrectum 8, in anfractum 16 Fuß breite 1. 8. D. VIII. 3. 1. 6. D. VIII. 6. Die Bestimmungen de» A L.R über die Breite der Wege sind au» dem alten Sachsenrecht beibchalten. Sächs. Weichb. Art. 129. Hellfeld §. 676. *“) pr. J. II. 3. I. 1. D. VIII. 3. Seussert X. 233.

Die Grundgerechtigkeiten.

§. 187.

hält nicht da» Recht zum Fahren in sich"").

bestimmte Wege vor, aber ein

339

Hier kommen zwar selten

gewisser Wegezug muß

innegehalten'"'),

und eine Beschädigung durch Uebertreten vermieden werden, obschon we­ der der Berechtigte noch

der Belastete verpflichtet sind, deßhalb Ver­

zäunungen oder Verrickungen

anzulegen

Vieh darf nicht weiden und lagern""). 24 Fuß;

oder zu unterhalten"").

Da»

Die Breite ist 16, in der Biegung

ist sie schmäler bedungen oder hergebracht, und der Belastete

hat Vorrichtungen getroffen, um ein Uebertreten zu verhindern, so darf er diese nicht eingehen (offen110).

DaS Recht der Durchfahrt durch

einen Thorweg hindert den Belasteten, da» Thor zu verengen und zu erniedrigen'"),

b. Das A.L.R. erwähnt

nicht der Wasfergerechtig»

leiten, welche im römischen Recht vorkommen als serv. aquaeductus,

aquaehaustus, pecoris ad aquam adpulsus"*1), sie sind nach den Vor­ schriften der Wegerechte analog zu

beurtheilen"'),

rechtigungen sind in Deutschland von

c. Die Weidebe­

viel größerer Wichtigkeit

zeigen hier viel mannichfachere Formen, als bei den Römern.

und

Insbe­

sondere kommen sie häufig als gemeinsame Rechte vor, welche allen oder gewissen Klassen stehen'").

von Einwohnern des OrtS an einem Grundstück zu­

Der Berechtigte muß die Servitut so auSüben, daß der be­

lastete Eigenthümer an der Substanz der Sache keinen Schaden leidet und

an der Kultur und Benutzung nach Landesart nicht gehindert werde, dieser aber darf dem Berechtigten durch Aenderung der Kultur die Ausübung

der Servitut nicht beeinträchtigen'").

Da sie aus vielen Gründen knltnr-

schädlich sind, hat die neue Gesetzgebung gestrebt, sie durch Ablösung und Gemeinheit-theilung zu beseitigen, und schon daS A.L.R. ist besonders sorg­

fältig in den Vorschriften,

die eine Beschädigung deS dienenden Grund­

stück- durch die Ausübung dieser Servituten verhüten sollen, indem genau bestimmt wird die Art'") und die Zahl'") deS Viehes,

die Zeiten'")

"") §. 72. 68. d. T. '”) Strieth. B. 18. ©.94. Seuffert II. 140. IM) §. 72. 73. 74. d. T- Aber berechtigt sind sie zur Herstellung solchen Schutzes. Entsch. D. 39. ©• 169. Strieth. «. 48. S. 194. Gruchotll. 85. 437. ,M) Koch, Note 46 zu §. 72. d. T. Strieth. B. 14. S. 23. Glück v. 10. S. 169. "•) §. 79. 75. d. T. "') §. 76. d T. "’i Serv aquaednctua pr. J. II. 3. 1.1. pr. D. VIII. 3. aquaehaustua §.2. J.II.3. 1.14. §. 2. D. VIII. 1 1.1. §. 1. 1. 2. §. 1. 2. 1. 3. §. 3. 1. 9. 20. §. 3. D. VIII. 3. 1 10. D VIII. 2. 1.17. I). VIII. 6. Seusfert XVII. 215., ad aquam adpulaua §.2. J.II.3. 1.1. §. 1. 1.4.5. 8.1. 1.6. D. VIII. 3. 1.1. §. 18. D. XLIII. 20. Koch, Pr.-R. I. §. 349. S. 581. •'. 193) die Früchte nur aus Grund besonderer Bereinbarung verpfändet sein lassen. Da« Pfandrecht an den Früchten beruht, wie Huschle richtig bemerkt, darauf, daß sie au« der Hauptsache al« eine Erweiterung derselben bervorgehen- Nach rem. Rist aber die« Pfandrecht al« ein an einer künftigen Sache haftende« anzusehen, weil die Frucht erst durch die Separation RechtSobjekt wird.

•) 1. 9. S. 4. D. VII. 1. 13. .§. 2. D. XLIII 20. Dernburg S. 437. Huschle, S. 249: „denn diese bilden neue selbständige Sachen, welche zwar dem Eigen­ thümer gehören, auf die sich aber der Berpfändung«wille nicht mit bezog." Auch der Ususruktuar hat keinen Anspruch auf die Avulsion, da« Flußbett oder die Insel. Wenn aber solche Accessionen zur Zeit der Verpfändung der Hauptsache schon bei ihr waren, so sind sie vom Pfandrecht mit ergriffen. Huschle S 273.

4) Dernburg I. 437. W indscheid I 650 Rote 12. Für preuß. R. folgt das­ selbe au« §. 443. d. T., denn der Schatz ist keine Pertmenz de« Grundstück«. •) 6- 21.157. 443. 475-481. d. T.

Strieth. B..50. S. 323.

formale Einrichtung des Grundbuchs modifizirend ein, worüber das Nä­ here unten im §. 199 erörtert werden muß'). AuS dem römischen Recht ist der Satz überliefert: pignorig causa indivisa est7). Man mißversteht denselben, wenn man behauptet, daS Pfandrecht sei von Natur untheilbar wie die Servitut* **•) ). Dem Inhalt nach ist kein Recht, also auch daS Pfandrecht nicht in dem Sinne theilbar, daß der Theil noch dasselbe Recht sei, denn dazu gehört nothwendig, daß alle in dem Begriffe des Rechts liegende Befugniffe vereinigt blei­ ben'). Dem Umfang nach aber ist das Pfandrecht theilbar, d. h. es kann durch daS Gesetz oder durch die Parteien bestimmt werden, daß nicht die ganze Sache, sondern nur ein auSgesonderter Theil oder eine Quote der­ selben") von dem Pfandrecht ergriffen werden oder ein Theil der For­ derung durch daS Pfand gesichert sein soll. Nur wo eS an einer solchen Bestimmung fehlt, gilt der Satz, daß die ganze verpfändete Sache und jeder einzelne ihrer Theile für die ganze Forderung des Pfandgläubigers bis zu ihrem letzten Rest haftet"). In diesem Sinne ist das Pfandrecht untheilbar. Die reale Theilung der Sache (Parcellirung) ist ohne Ein­ fluß auf da» Pfandrecht"); die Verminderung der Schuld durch Ab­ schlagszahlungen befreit nicht einzelne Theile der Sache"), die ideelle Theilung der Sache, wenn sie in da- Miteigenthum Mehrerer fällt, än­ dert nicht»"), insbesondere entlastet die Theilung der Forderung oder Schuld, wenn sie an Mehrere vererbt wird, die verpfändete Sache nicht")Wie der Eigenthümer eine» RealtheilS, der diesen zur Befriedigung der ganzen Forderung hat hergeben müssen, sich mit dem Eigenthümer de» anderen Realtheil- der verpfändeten Sache auöeinanderzusetzen hat, ob der einzelne Miteigenthümer, au» deffen Quote die Forderung befriedigt wor•) $. 443 fg. b. T- Unten §. 199. 7) 1. 65. D. XXL 2. Wächter int Arch. f. civil. Prax. B. 27. S. 188f. Dernburg II. 28f. •) Oben 0. 288. Dernbnrg I. 29. ’) Oben B. 1. S. 78. '•) I. 5. 5. 1. D. XX. 2. 1. 11. §. 3. D. XIII. 6. 1. 7. §. 12. D. X. 3. 1. 10. 16. §. 8. D. XX. 1. I. 7. §. 4. D. XX. 6. Wächter a. a. O. S. 191. ") §• 443. 467. 468. b. T- Konk.-Ordnung v. 1855. §. 56. Nr. 1. Ges. über ben Ligenthnmterwerb v. 5. Mai 1872. §. 30. 1. 85. §. 6. D. XLV. 1. Wächter a- a. O. S. 189. **) §. 467. b. T- Rcskr. v. 19. Juli 1835. Jahrb. B- 42. S-182, uub zwar haftet jebe Parzelle für bie ganze Forderung, nicht bloß alle zusammen, wie Bor. nemanu IV. 231. behauptet. Natürlich vermindert sich aber bie Haftung der einzelnen Parzelle um benjeuigen Betrag, ber bei bem Pfaubverkauf der aubereu . auf bie Hypothek gezahlt worben ist. *•) §. 174. 177. b. T. 1. 19. D. XX. 1. 1. 8- g. 2. I. 9. g. 3.D. XIII. 7. I. 85. §. 6. in f. D. XLV. 1. 1. 6. C. VIII. 28. I. 2. C. VIII. 29. ") §. 468. b. T. '») Dernbnrg I. 0. 32fg. $. 83. 84. 1. 8. §. 2. D. XIII. 7. I. 25. g. 14. D. X. 2. 1.1. C. IV. 16. 1. 1.2. C. VIII. 32. 1. 16. 0. VIII. 28. 1.1. C. VIIL 31.

den, einen Regreßanspruch an die anderen Miteigenthümer hat, ist für den Pfandgläubiger ohne Interesse. Sind mehrere Sachen für eine Forde­ rung verpfändet, so haftet jede Sache für die ganze »«getheilte Forde­ rung"). Reben die Gesammthhpothek, welche schon da- ältere Recht anerkannte, hat das neuere noch die G«sammtgrundschuld gestellt. Voraussetzung ist, daß die mehreren mit derselben Hypothek oder Grund­ schuld belasteten Grundstücke selbständige sind, also entweder auf verschie­ denen Grundbuchblättern oder Artikeln verzeichnet, oder, wenngleich in demselben Blatt oder Artikel vereinigt (wie bei größeren, au» mehreren Gütern bestehenden Herrschaften), doch alS selbständig neben einander ge­ stellt sind. Dagegen fehlt das Moment der Selbständigkeit bei einem s. g. GutScomplex, d. h. einem auS mehreren Flächenabschnitten bestehenden aber im Grundbuch als Einheit eingetragenen Grundstück. Die bei der Gesammthaft vortretende Frage, wie bei der auf mehrere Grundstücke ein­ getragenen Hypothek oder Grundschuld vermieden werden kann, daß der Gläubiger auS jedem Grundstück sich volle Befriedigung verschaffe und seine Forderung durch die Zahl der verpfändeten Grundstücke ver­ vielfältige, muß unten erörtert werden"). II. Die Wirkung. AuS dem Zweck deS Pfandrechts, der Befrie­ digung deS Gläubigers eine Realsicherheit zu bieten, folgt einerseits, daß der Gläubiger sofort in bestimmte Rechte auf die Sache eintritt, anderer­ seits aber, daß diese nicht über den Zweck hinausgreifen dürfen, daß das Eigenthum, wie durch jedes darauf gelegte dingliche Recht nach der all­ gemeinen Regel, so auch durch das Pfandrecht möglichst wenig belastet oder beschränkt werde"). Für die weitere Untersuchung ergeben sich hier­ aus zwei Fragen: wie wirkt das Pfandrecht auf das Eigenthum ein, und welche Befugniffe gewährt e» dem Pfandgläubiger. ES wird sich zeigen, daß das Pfandrecht in der Form der Hypothek und Grundschuld während seines Bestehens den Eigenthümer weniger, wie andere dingliche Rechte beschränkt, daß eS aber in seiner Ausübung mehr wie alle anderen in daEigenthum eiligreift, indem es dasselbe gradezu aufhebt. A. Einwirkung auf das Eigenthum. „Der Eigenthümer der verpfändeten Sache kann bis zu ihrer Veräußerung darüber soweit, als “) 1.19. D. XX. 1. §. 467. 468. d. T. §. 42 be« Ges. über bett Eigenthumserwerb v. 5. Mai 1872. Die mehreren verpfändeten Grundstücke stehen in einem Kor« realverhAtniß, aber nicht beten Besitzer für ihre Person. Oben B. 1- S. 344 Rote 55. Entsch. B. 12. S. 168. Str ieth. «. 66. S. 264. Entsch. B. 24S. 100. ArnSb- Arch. B. 16. S. 133. Strieth. B. 50. S. 118. Die Unter« scheibnng, die v. Meibom (metflenb. Hyp.«R S. 114) zwischen Korreal« unb Berbanbhypvthek macht, ist nicht zn billigen. Förster, Grundbuchrecht S. 168. Beibe haben bte gleiche rechtliche Wirkung.

IT) Sergi. Konk. Ordn. v- 1855. 6. 56. neuere Fassung 395. §■ 42. be- Ges. über ben Ligenthum-erwerb v. 5 Mai 1872. Unten bei Note 108 ") Oben S. 288.

§. 194.

Der Umfang und die Wirkung de- Pfandrecht-.

413

eS den Rechten und der Sicherheit dev Gläubiger- unnachtheilig ist, frei verfugen""). So weit er im Besitz der Sache bleibt, also bei der Hypo­ thek und Grnndschnld, ist er ungehindert in dem Gebrauch, der Benutzung derselben"), er kann sie mit dinglichen Rechten, insbesondere mit weiteren Hypotheken und Grundschnlten belasten und die- Recht darf ihm selbst durch einen Vertrag nicht entzogen werden"). Er behält da- Veräußernng-recht"); nnr erhebliche Verringerungen der Substanz, durch welche die Sicherheit de- Gläubiger- gefährdet würde, darf er nicht vornehmen"). Wo dem Gläubiger der Besitz der Pfandsache übergeben worden, behält zwar der Eigenthümer auch da- Veräußerung-recht, aber er büßt doch den Gebrauch ein. Er behält ferner immer die au- dem Eigenthum fließenden Klagerechte, die Vindikation, die Negatoria gegen Dritte. Ein Vertrag, in welchem der Schuldner verspricht, die Sache nicht zu veräußern, entzieht ihm nicht da- Veräußerung-recht, der Erwerber erlangt durch ihn daEigenthum, aber Entschädigungsansprüche können für den Gläubiger an­ der Nichterfüllung eine- solchen Vertrage- erwachsen"). Die Bestellung ") §. 24

d. T.

Bangerow I. S. 869. §. 384

Zachariä II. 170.

10) Gegen die Verpachtung hat der Hypothekengläubiger kein Widerspruch-recht- Recht­ sprüche B. 1. S. 408.

*•) §. 437. 438.439. d. T. §. 48. deö Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. Förster, Grundbuchrecht, S. 167. Da- pactum de non amplius oppignorando ist von den Redaktoren abgelehnt worden, weil e- den Realcredit deö Schuldners hemme. Snarez, Schlnßvortr. S. 60 f unb revis. monit. Jahrb. B. 52. S. 37. Da- Verbot eines solchen Abkommens ist von der Praxis auch analog ausgedehnt auf fernere Eintragungen in der 2. Abth (Rnbrik'. Reskr. v. 21. Oktober 1842. JMBl. S. 331. Der §. 439. d. T. entscheidet die Kon­ troverse aus I. 7. §. 2. D. XX. 5. Uebrigenö steht §. 439. d. T- und §. 48. deGes. v. 5. Mai -1872 der Eintragung eines Arrestvermerks gegen weitere Ein­ tragungen nicht entgegen. St rieth. B 11. S. 30. Später auf das Grund­ stück gelegte Servituten braucht der ältere Hypothekengläubiger nicht anzuerkennen, d. h. er behält daö Recht, das Grundstück ohne diese Last zu verkaufen. Seuff. VI. 16. n) §. 48. d. T. Er darf Rechtspr. III. 285.

es aber nicht zum Nachtheil

deö Verpfänders auSttben.

") §. 441 442. d. T. 8- 50. des Ges. über den EigenthumSerwerb v. 5. Mai 1872 Förster, Grundbuchrecht, S. 167. Ueber den Begriff der erheblichen Verringerung der Substanz vergl. Koch, Note 75 zu §. 441. Just.-Min.-Reskr. v. 7. Febr. 1841. JMül. S. 99. Jur. Wochenschr. 1836. S. 77. Grnchot B 6. S. 531 f. Der Gläubiger wird bei solchen Snbstanzverringerungen berechtigt, auf Siche­ rung-maßregeln zu klagen, §. 442, oder auch seine Befriedigung vor der Verfall­ zeit zu fordern, tz. 441. Vergl. Entsch. B 39. S. 122. Striethorst B. 30. S. 184. B 50. S- 248. Die hieraus hergeleitete Klage de- Pfandyläubigerö ist die hypothekarische und geht auch gegen den Dritten, der sich mit dem Eigenthümer in die dem Gläubiger nachtheiligen Dispositionen einläßt. Strieth. V. 65. S. 98 f.

’•) Nach 1.19 § 6 1. 66. pr. D. XLVII. 2. 1. 22. pr. D XIII. 7. begeht der Schuld­ ner, der seine zum §pezialpsand au-gesehte Sache veräußert, ein furtum, aber die Veräußerung bleibt gütig. 1. 36. 1). IX. 4. Bangerow I. 870. In der 1. 7. §. 2. D. XX. 5 wird die Veräußerung al- nichtig bezeichnet, wenn sich der Schuldner vertragsmäßig der Veräußerung begeben hat. Dem prcuß. R. ist eine solche Bestimmung unbekannt.

eine- Pfandrecht» befreit den Schuldner nicht von seiner Verbindlichkeit"), aber der Gläubiger muß sich nun mit der angenommenen Sicherheit bis zur Zahlung-zeit begnügen und nur, wenn sich der Werth de- Pfandob­ jekt- durch Zuthun de- Schuldners, oder zufällig, oder durch offenbar gewordene Fehler so vermindert, daß die bedungene Sicherheit nicht mehr gewährt ist, darf beffere Sicherheit verlangt werden"). B. Befugnisse de- Pfandgläubigers. Hierher gehört nur die Erörterung derjenigen Befugnisse deffelben, die bei allen Arten der Verpfändung die gleichen sind; die besonderen au» dem Besitz de» Gläu­ biger- an der Pfandsache entspringenden Rechte und Pflichten werden später zur Sprache kommen. Die Befugnisse, die ein Recht gewährt, sind sein Inhalt. Bei dem Pfandrecht ist dieser Inhalt I. Da- Veräußerung-recht, bestimmter bezeichnet da- Recht de» Verkaufs"). Bei verpfändeten Forderungen tritt ein Einzie­ hung-recht dazu, welches, wenn Geldsummen schuldig waren, unmittel­ bar die Befriedigung bewirkt, wenn bestimmte Sachen zu leisten waren, da» Veräußerung-recht an diesen vorbereitet"). Alle- wa- dem Pfand­ recht sonst noch al» Inhalt gegeben ist, dient nur dazu, um diese» Ver­ äußerung-recht entweder zu sichern oder seine Ausführung zu modifiziren. ES ist der eigentliche Kern de- Pfandrechts, die Sache in Geld umzu­ setzen und dadurch die versicherte Forderung zu tilgen. Ein Pfandrecht dem diese Befugniß entzogen ist, ist eben kein Pfandrecht. Wenn daher die Gesetze die Verabredung gestatten, daß nicht die Sache verkauft, son­ dern der Gläubiger sich au- den Nutzungen bezahlt machen soll, so muß ihm doch die Veräußerung der Nutzungen gestattet sein, und e- liegt hierin wohl eine Beschränkung de» Umfang-, nicht aber eine Aenderung des wesentlichen Inhalt- de- Rechts"). Diese wäre eS, wenn die Veräuße­ rung dem Gläubiger ganz versagt würde"). ”) §. 44. d. T. ”) §. 22. 23. d. T. S. Simon, Rechlspr. II. 136 und dagegen Koch, Note22 zu 6. 24. Eine Anwendung des in §. 23 ausgesprochenen Grundsätze» ist §. 441 d. T. Bergt. Note 23. Oefterr. GB. §. 458.

**) -. 25 ff. §. 197fg. d. T. §.43. des Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. Koch I. 624. Dernburg II. S. 108ff. §. 95-124. Wenn in §. 121. d. T- unter gewissen Voraussetzungen dem Verpfänder gestattet wird, selbst wider den Willen de» Pfandgläubiger» den Berkaus de» Pfande» zu beantragen, so ist die» ein von den Redaktoren willkürlich erfundener Satz, der fich juristisch nicht rechtfertigen läßt. S. auch Motive zum bürgerl. GL. II. 2. S. 393. Koch, Note 38 zu §. 221. *•) §.290. d. T Oben §. 192. Note 40. Bei Forderungen aus künftige baare Hebungen muß erst deren Fälligkeit abgewartet werden, ehe sie eingezogen werden können. Berpsändete künftige Naturallieferungen muß der Verpflichtete auf An­ trag de» Psandglaubiger» an da» Gericht abliefern, welche- sie demnächst verkauft. Ges. v. 20. Mär, 1854 (GS. S. 115) §. 17. ") 8- 26. 225. d. T.

••) Oben bei Note 21.

Nach röm. R. kann der Pfandgläubiger, wenn ihm durch

tz. 194.

Der Umfang und bi« Wirkung b« Pfandrecht-.

415

Bei dem Veräußerung-recht sind zu erwägen: die juristische Natur, die Voraussetzungen, die Form und die Wirkungen desselben. 1. Die juristische Natur. Vielfach hat man sich von jeher mit der Frage beschäftigt, wie eS sich erklären lasse, daß der Gläubiger, ob­ gleich er nicht Eigenthümer der Pfandsache ist, doch durch die Veräußerung Eigenthum an den Erwerber übertrage"). Die Ansichten schwankten schon bei den Römern: der Gläubiger veräußere in Stellvertretung des Eigenthümer- oder er verkaufe au- eignem Recht. In der Periode der klassischen Juristen wurde da- Letztere von den bedeutendsten, von Papinian Ulpian, Paullu» verfochten"). GajuS vertritt die erstere Auffassung'; e» wird hiernach fingirt, daß der Eigenthümer dem Pfandgläubiger die Ver­ äußerung aufgetragen habe"). Und so stehen sich noch heute die Ansichten gegenüber"). Koch bezeichnet da- Verkauf-recht de- Gläubiger- al» ein Vertretungsrecht de- Eigenthümer- zum Verkauf, welche- keiner besonde­ ren Erlaubniß mehr bedarf"), da-soll heißen: der Gläubiger übt in Ver­ tretung de- Eigenthümer- dessen Verkauf-recht au». Im Gebiet de» preußischen Recht- wird die Frage dadurch verwickelter, daß hier nicht der Gläubiger selbst, sondern der Richter da- Pfand verkauft und daher weiter die Frage entsteht, ob und wen der Richter vertrete, den Eigenden Vertrag da- DistraktionSrecht versagt ist, dennoch veräußern, wenn er hxeimal vergeblich den Schuldner zur Einlösung aufgefordert hat. 1. 4. 5. D. XIII. 7. Glück v. 19. S. 386. 8I) R. Schneider, v. d. Rechte auf den Erlös aus einem von dem Pfandgläubiger oder dem Richter vorgenommenen Verkaufe des Pfandes, in der Zeitfchr. f. Rechtspflege u. Verwalt, in Sachsen. N. F. B 12. S. 385 sg. Dernburg II 108 fg.

") 1. 42. D. XIII. 7. (in venditione, quae fit, ex facto säum creditor negotium gerat'. 1. 5. §. 3. 1. 7. §. 1. D. XXVII. 9. I. 13 D. XX. 5. In einer andern Stelle. 1. 29. D. X. 2. sagt zwar PaulluS: pro eo habendum eat, ac ai debitor per procuratorem egiaaet. S. über diese Stelle Schneider a. a. O. S. 407f. „Die Stelle spricht gar nicht von dem Fall eine- Verkaufs des Pfande- von Seiten des Pfandgläubigers, sondern von dem Falle, wenn der eine Erbe dePfandgläubigerS bei der wegen der Erbtheilung vorgenommenen Versteigerung des Pfandrechts dasselbe ersteht und zugeschlagen erhält, also von einem Kauf deS Pfandrechts von Seiten eines Erben des Pfandgläubigers." S. auch Dern­ burg n. 112. ") Gaj. II. 64.

*4) T. Schneider a. a. O. S. 387. Gemeinrechtlich hat die Kontroverse noch die besondere praktische Bedeutung, daß nach ihr die Fra^e sich entscheidet, ob der Erlös zur Konkursmasse des Schuldners zu ziehen und die Pfandgläubiger dort ihre Befriedigung zu holen haben. Das Interesse dieser Frage fällt im preuß. R fort. Seuffert II. 355. Priv.-R. I. 624. Im R d. Ford. III. 820 sagt er: Verkäufer ist der Extrahent au- eigenem, jedoch von dem Eigenthümer abgeleiteten Rechte. Dem ist beizustimmen; aber im Komm. Note4l zu §. 43 d. T. wird die- wieder dahin modifizirt: die Gläubiger verkaufen zwar als Vertreter de- Schuldner-, d. h. in Ausübung de- Recht- de- Schuldners, dessen Disposition-befugniß auf sie übergegangen; aber sie verkaufen nicht für ihn und in Vollziehung seine- Willen-, etwa wie ein veaustragter, sondern vermöge eigenen Recht-, nach ihrem Willen und für sich selbst.

416

Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

tbiimer ober den Gläubiger? Die neuere Praxi- hat den Satz angenom­ men, daß der Verkauf durch das Gericht eine obrigkeitliche Vertretung deSchuldnerS (Eigenthümer-) fei"). Aber nun bleibt weiter zu fragen, was ist eine obrigkeitliche Vertretung? In diesem Werke ist bei der Lehre vom gerichtlichen Verkaufs) behauptet worden: der Gläubiger verkauft kraft eigenen Rechts, nicht als Stellvertreter des EigenthümerS: dem Ge­ richt steht nur die formelle Leitung kraft feines obrigkeitlichen Amtes zu. Auch dieses vertritt nicht den Schuldner, nicht den Gläubiger, eS hat viel­ mehr unparteiisch die Interessen Beider und die der übrigen Pfandgläu­ biger wahrzunehmen"). Bei dieser Ansicht muß hier stehen geblieben werden, aber sie bedarf hier der näheren Rechtfertigung"). Durch da- Pfandrecht erwirbt der Gläubiger daS Veräußerung-recht; er er­ wirbt eS zwar vom Schuldner (oder durch daS Gesetz oder durch gericht­ liche Verfügung), aber nicht so, daß d.r Schuldner sein Veräußerung-recht aufgiebt oder verliert"), sondern eS wird dem Gläubiger ein selbstän­ dige- Veräußerung-recht, al- dingliche- Recht konstituirt. So wenig der Servitutberechtigte da- Recht de- EigenthümerS in dessen Vertretung auSübt, obschon ihm die Servitut von dem Eigenthümer bestellt worden, so wenig übt der Pfandgläubiger ein Recht deS EigenthümerS anS. Die Ansicht, daß hier der Gläubiger den Schuldner vertrete, daß er dessen Veräußerung-recht a uSübe, wurzelt in ihrem letzten Grund in der fal­ schen Theorie, daß die VeräußerungSbefugniß deS EigenthümerS ein selb,e) Strieth. D. 60. S. 167. Auch Delbrück, Uebernahme S. 68 sieht den Schuld­ ner al- den durch das Gericht oder die Gläubiger (also durch wen eigentlich?) vertretenen Verkäufer an. •7) B. 2. S. 138. Dergl. noch Hartmann, die preuß. Subhastationögesetzgebung. S. 4. Note. •®) Indem das Gericht den Verkauf vornimmt, führt eö nicht das Geschäft aus, was der Schuldner hätte vornehmen sollen, sondern daS, waö der Gläubiger vornehmen darf. Der richtige Gesichtspunkt über die Stellung des Gerichts bei dem nothwendigen Berkans tritt in Entsch. B. 58. S. 86f. hervor. ES muß hier aber daran erinnert werden, daß durch die gerichtliche Ab Pfändung und Veräußerung 'einzelner Mobilien kein Pfandrecht an diesen Sachen sür den Gläubiger entsteht, (oben S. 408f. , mithin in diesem Fall der Gläubiger auch nicht der Verkäufer sein kann, vielmehr daS Gericht kraft obrigkeitlichen Amts für den Schuldner verkauft — Vergl. Seuffert XIX. 17. ••) A. M. ist Hoffmann bei Gruchot XI. 108. Stieve das. IX. 484. und Gruchot XL 163 sind auch der Ansicht, daß der Schuldner der Verkäufer sei. Vereinzelt ist hier Schmidt Pfandr. S. 470f., welcher eS für eine historische Schwäche hält, wenn man nicht den Richter als den Verkäufer ansehen will. 4°) Nach der 1. 7. §. 2. D. XX. 5 war eS sogar zweifelhaft, ob der Pfandgläubiger mit dem Verpfänder ein pactum de non alienando in der Weise abschließen dürfe, daß der Berpsäuder sein BeräußerungSrecht nicht mehr auSüben dürfe. Marcian bejahet zwar die Giltigkeit eines solchen Abkommens, aber eS kann doch keine andere Wirkung haben, als daß der Gläubiger durch eine solche Veräußerung nicht verhindert wird, sein Recht gegen den dritten Erwerber zu verfolgen und daß dieser die exc. excuea. ihm nicht entgegenstellen kann; und daS Alle- ist im preuß. R. schon die selbstverständliche Folge der Hypothekbestellung. S. übrigens über die 1. 7. tz. 2 Dangerow I. §. 299. Ann. 4b. und oben bei Note 24.

ständige» Recht im Eigenthum sei, welche- durch den Bestellung-akt an­ dern Eigenthum herau-geriffen oder abgelöst und auf den Gläubiger über­ tragen werde. Daß aber da- Eigenthum nicht eine Summe oder ein Bündel verschiedener neben einander liegender dinglicher Rechte sei, ist früher ausgeführt") und wird auch sonst allgemein anerkannt. Vollend» ist der Widerspruch einer Vertretung ju eigenem Rechte, einer Ver­ tretung gegen den Willen de- Vertretenen unerträglich. Da- «euere Recht giebt keine Ermächtigung, so den Begriff eine- procurator in rem ■uam ;u mißbrauchen"). Eine Vertretung wider Willen läßt sich juristisch in keiner Weise rechtfertigen und doch zeigt da- Pfandrecht grade darin seine Kraft, daß die Sache wider den Willen de» Schuldner» zum Ver­ kauf gebracht wird. Endlich, wer festhält daran, daß bei dem Verkauf der Schuldner durch den Gläubiger (oder durch da- Gericht) vertreten werde, der giebt dem Pfandrecht einen völlig anderen Inhalt; e» ist dann ent­ weder da- Recht de» Gläubiger», den Schuldner zum Verkauf zu zwingen oder ein bedingte-, jedoch jedenfalls unwiderrufliche» Verkauf-mandat für den Gläubiger. Al» ein selbständige- dingliche» Recht auf die Substanz einer fremden Sache kann e- dann nicht begriffen werden. Ein Bedenken jedoch gegen die hier vertheidigte Auffaffung muß an­ erkannt werden, und bedarf weiterer Prüfung. E» wurde oben behaup­ tet, daß wenn der Gläubiger selbst die Sache kaufe*'), die» nur scheinbar ein Kauf sei, in Wahrheit unter der Form de» Gebot» der Betrag er­ mittelt werde, für welchen der Gläubiger da» Pfand zum Zweck seiner Befriedigung erhalten soll"). Die Römer gestatten dem Gläubiger den Kauf nur in dem Falle, wenn da» Gericht eine im Wege der Exekution verpfändete Sache zur Veräußerung bringt; an einer Stelle wird die» da­ durch motivirt, daß die Sache trotz der Abpfändung noch Eigenthum de» Schuldner- geblieben"), an einer anderen Stelle wird der Gläubiger zu­ gelassen, wenn ein Fremder nicht genug bietet, oder der Schuldner ihn nicht befriedigt"). Dagegen verbietet da» römische Recht dem Gläubiger, der selbst da» Pfand verkauft, e» zu kaufen oder durch eine vorgeschobene Person e» für sich kaufen zu laffen, während er e» kaufen darf, wenn e» der Schuldner veräußert, wegen de» Konsense» zwischen Beiden"). “) Oben S. 125. Note 11. S. 142.

Bergt. Bremer, Pfande. 1867. S. 19fg.

**) So Zen th öfer bei Grnchot VIII. 6. Da- preußische Recht giebt am allerwenig­ sten die Berechtigung, einen procurator in rem auam anzunehmen; dieser Begriff ist ihm gänzlich fremd. Bergt, gegen die Vertretung-theorie Buchka, v. d. Stell­ vertretung S. 50f. Bremer a. a. L>. S. 69. Puchta betrachtet den Gläubiger al- den procurator de- Schuldner». *•) $. 42. d. T. Oben B. 2. S. 138. ") Bergt, über diese Frage Hoffmann a. a. O. in der Rote. ") 1. 12. pr. D. XX. 5. «•) 1. 2. C. VIII. 23. **) 1 10. C. VIII. 28. Wenn der Schuldner veräußert, übt er sein Veräußerung»'

»trfUr, Preuß. Prioatrecht. III. 3. Ausl

27

Zweite« Vuch.

418

Die besonderen Privatrechtt.

Gewiß ist, daß die Frage, ob der Gläubiger kaufen darf, erst hervorge­ rufen und möglich wird, wenn der Richter den Verkauf vermittelt, deun

dadurch verdunkelt oder

de» Verkäufer».

verdeckt fich die Person

der Gläubiger bei dem gerichtlichen Verkauf bietet,

Wenn

und ihm da» Pfand

zugeschlagen wird, so kann die» kein Kauf sein; e» wird durch die Licita«

tion nur der Preis gefunden, für welchen der Gläubiger da» Pfand be­

halten oder annehmen darf: der Zuschlag genehmigt diese Annahme, und schließt da» Einlösungsrecht de» Schuldner» au».

Der Fall liegt juristisch

ebenso, wie, wenn Schuldner und Gläubiger nach

eingetretenem Verfall­

tage sich darüber einigen") und e» ist hier ebenso wenig auffallend, dem Geschäft den Charakter de» Kauf- zu entziehen, setzten Fall,

wo,

wenn der Schuldner bietet,

wie in

dem entgegenge­

auch

wa» doch

nicht al»

Kauf anzusehen ist, weil man nicht seine eigene Sache kaufen kann, nur

angenommen

eine Einlösung durch Zahlung der Schuld Wenn aber endlich

gegen die Ansicht,

daß

werden darf").

der Gläubiger

au»

eigenem

Rechte der Verkäufer sei, vornehmlich immer wieder behauptet wird,

der

Gläubiger sei bei dem Verkauf nicht Eigenthümer der Sache und erwerbe

an dem gezahlten Preise nicht da» Eigenthum, sondern mache sich au» ihm

nur bezahlt, so ist zwar Beide» richtig, aber e» beweist Nicht» gegen jene Ansicht, denn der Inhalt de» Pfandrecht» besteht nur in

der Veräuße-

rungSbefugniß mit der nothwendigen Wirkung einer solchen, daß durch die Veräußerung auf den Erwerber Eigenthum übertragen werde.

Der Gläu­

biger hat, wie gesagt, ein selbständige» Veräußerung-recht, nicht da» de»

Eigenthümer», welche- dieser vielmehr trotz der Verpfändung behalten hat;

er bedarf daher zu deffen Au-Übung nicht selbst de» Eigenthum», er ver­

äußert wirklich nur eine fremde Sache und e» ist daher auch nicht auf­ fallend sondern folgerichtig,

daß er

den Preis

für

diese

fremde Sache

nicht erwirbt, daß dieser dem Eigenthümer der Sache gehört und für den Gläubiger nur Befriedigungsmittel wird"). 2.

Die Voraussetzungen.

termine ist der Gläubiger berechtigt, anzutragen").

Erst

nach

eingetretenem Zahlung»,

auf die Beräußeruug

Wenn aber der Schuldner durch

de» Pfande­

erhebliche Berringerun-

recht als Eigenthümer, wa- ihm ja trotz der Verpfändung geblieben. Fall findet also ein psandrechtlicher Verlauf gar nicht statt.

In diesem

«•) - 34. d. T. «•) $. 42. d. T. Oben B. 2. S-138 bei Rote 32. Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872.

Jetzt §. 46. de« Ges. über den

•*) Windscheid I. 693 Rote 16.17.

•') 5. 25.197. 490. d. T. Wenn der Anspruch vollstreckbar geworden: §. 43. de» Ges. über den Eigenthnm-erwerb v. 5. Mai 1872. Auffallend ist die Bestimmung in §. 84. d T , wonach der Eigenthümer einer verpfändeten Sache, wenn er fie bei dem Gläubiger eingelöst hat und in Folge dessen in seine Forderung ringe« treten ist, der Einrede de» Schuldner-, daß die Schuld noch nicht fällig sei, nicht au-gesetzt sein soll. E» scheint aber gemeint zu sein, daß der Eigenthümer gegen

§. 194.

Der Umfang und die Wirkung de- Pfandrecht-.

419

gen der Substanz seine Sicherheit schmälert, so kann vor der Berfallzeit da- Pfandrecht au-geübt werden"). Der Schuldner muß rechtlich gehört und zur Einlösung de- Pfande- aufgefordert werden"), die ihm bi- zum Moment de- Zuschlag- an den Käufer freisteht"). Bei der Hypothek und Grundschuld ist auch der spätere Pfandgläubiger berechtigt, den Ber­ kaus zu verlangen"); diesen kann aber jeder abwenden, dem ein dinglicheRecht") auf die Sache zusteht oder der für die Schuld Bürgschaft gelei­ stet hat, wenn er den Pfandgläubiger nach eingetretener Fälligkeit vollstän­ dig"), und wenn der Berkaus schon bei Gericht nachgesucht war, auch we­ gen der Kosten befriedigt"). Das Pfandrecht de- befriedigten Gläubiger­ geht dann auf den Dritten über"), und so kann auch jeder jüngere Pfand­ gläubiger in da- Pfandrecht de- älteren eintreten, ohne die Vorzugsrechte der Zwischenpfandgläubiger zu beeinträchtigen"). Die- ist da- Eintritts­ recht, jus offerendi61), welche- durch einen Vertrag zwischen dem Pfandden Schuldner, der die fremde Sache verpfändet hat, nicht sowohl mit der Klage de- Gläubiger- seine Befriedigung sucht, sondern eine selbständige Entschädigung-Nage austellt, die daher an die Fälligkeit der Schuld nicht gebunden sein kann, und daß der Eintritt in „alle Rechte de- Gläubiger-", §. 83. d. T-, nur die Be­ deutung hat, daß er bei der Entschädigung-klage sich auch der Borrechte de-Gläu­ biger- soll bedienen -können- Im Fall der Unredlichkeit de- Verpfänder- hat dieauch kein Bedenken. Im Fall ferner Redlichkeit aber würde eine selbständige Entschädigung-klage gegen ihn dem Eigenthümer nicht zuftehen, und wenn dieser mit der Klage de- Gläubiger- auftritt, so müßte diese an die Fälligkeit der Schuld gebunden sein. Koch, Rote 69 zu §. 84. will hier die Entscheidung au- §- 87. entnehmen, der zwar einen künftigen Anspruch vorau-setzt, aber doch eine paffende Analogie bietet: der Eigenthümer ruft da- Geschäft auf, für welche- die Verpfän­ dung seiner Sache stattgefunden hat. M) 8 441. d. T. §. 50. de- Ges. v. 5. Mai 1872. ") Bei schriftlicher Bestellung eine- Faustpfande- unter Kaufleuten au- Handelsge­ schäften kann sich der Gläubiger, sobald sich der Schuldner im Verzug befindet, ohne Klage auö dem Pfande bezahlt machen. HGB. Art. 310.

") §. 198. 200. d. T. Nur bei der Auktion kann der Zuschlag dem Schuldner die Einlösung entziehen, bei der Subhaftation wird ste ihm schon dadurch entzogen, daß die Licitation-Verhandlung abgeschloffen wird. S. oben B. 2. S. 134. Koch, Note 30 zu §. 200. “) §. 36. d. T- Da- neue Recht hat daran nicht- geändert. Abweichend vom rö­ mischen Recht, welche- nur dem besseren Pfandglänbiger da- verkauf-recht ge­ stattete. 1. 8. C. VIII. 18. 1. 1. C. VIII. 46.

ie) Auch der Miteigenthümer, der Servitutberechtigte.

ST) Also nicht auf einen Theil der Forderung kann werden. Motive z. bürgerlichen GB. S. 354. «) §. 36. 37. 39 40. d. T.

Koch, Note 36 zu §. 37. da-

Eintritt-recht

au-geübt

Bergl. Praj. 119b. Samml. I. S. 110.

*•) E- findet hier also eine hypothekarische Succession statt; ein bestehende- Pfandrecht wird auf eine andere Forderung übertragen. S. hierüber oben §. 190 Note 16. Da- Eintritt-recht folgt übrigen- auch schon au- § 47-50.1. 16. Koch, Komm Note 35 zu §. 37. d T. E- hat im preußischen Recht, welche- auch dem späteren Hypothekengläubiger den Verkauf gestattet, eine andere Bedeutung, al- im röm. Recht. 1. 22. 0. VIII. 14. 1. 5. C. VIII. 18. 1. 11. §. 4 1. 12. §. 6. D. XX. 4. aber e- ist ebenso wie in diesem erzwingbar. $. 37. d. T-) 8- 41. d. T. ") Ueber röm. R. s. Dernburg im Arch. f. civil. Prax. B. 41. S. 28. Pfandr. II. 518f. Heuser, kurheff. Annalen B. 14. S. 498fo.

420

Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

gläubiger und Schuldner nicht ausgeschlossen werden darf"), bei Hypothe­ ken und Grundschulden aber bedeutungslos ist, weil auch der spätere Gläubiger da- Grundstück zum Verkauf bringen darf, mithin da- Eintritts­ recht dazu nicht nöthig hat, und überdies der Gläubiger von jedem Drit­ ten Zahlung annehmen muß, vollend- aber deßhalb, weil der Gläubiger nach erhaltener Befriedigung dem Eigenthümer gegenüber verpflichtet ist, dem zahlenden Dritten Session zu ertheilen"). 3. Die Form ist nach preußischem Rechte die gerichtliche"). Der hypothekarische Gläubiger hat also nicht erst, wie nach römischem Rechte eine Klage auf Erlangung de- Besitze- an der Pfandsache. Da die Voraussetzung de- Verkauf- die rechtskräftige Verurtheilung de- Schuld­ ner- ist, und da- Gericht die Pfandsache verkauft, so hat ein solcher Ver­ kauf immer den Charakter einer Exekution-maßregel und er kann daher auch nur in den Formen eine- nothwendigen oder Zwang-verkauf- au-geführt werden, d. h. bei Mobilien durch Auktion, bei Immobilien und den ihnen gleichstehenden Gerechtigkeiten durch Subhastation"). Auch Schiffe werden subhastirt, da- deutsche Handelsgesetzbuch hat für sie diese Veräußerung-form nicht ofyjeaiitert66). Ein Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner, da- Pfand außergerichtlich zu veräußern, ist bei ver­ pfändeten beweglichen Sachen zwar giltig, setzt aber auch Einwilligung •2) §. 38. d. T. S. hierzu Koch, Note 37. Da- Eintritt-recht ist im System deA.L.R. nur insofern von praktischer Bedeutung, al- e- einen anderen dinglich Berechtigten gegen einen nachtheiligen Berkaus der Sache schützen soll; e- kann daher auch nur au-geübt werden, wenn der Gläubiger die Sache schon zum Berkauf gestellt hat, und ist dann unabhängig von einer Einwilligung de- Gläubiger­ oder Schuldners. Vorher bedarf es kein dinglich Berechtigter. *•) Förster, Grundbuchrecht S. 174.

") §. 28. 197. d. T. §. 43. de- Gef v. 5. Mai 1872. Oeffentlichen Kreditinstituten ist in ihren Privilegien und Statuten ein außergerichtlicher Verkauf gestattet; z. B. der Bank und der Seehandlung. KO. v 26. Mai 1826 und v. 31. Jan. 1827. Koch, Note 27 zu §.28. Die- Privilegium ist aber durch da- Gesetz über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872, welche- nur einen gerichtlichen Zwang-verkauf kennt, und in §. 71. nur die Privilegien außergerichtlicher ZwangsVerwaltung aufrecht erhalten hat, beseitigt. Ueber den Berkaus der nach Handels­ recht verpfändeten Sache s. HGB. Art. 310. 311. 312. — Oesterr. GB. $. 461.

«) §. 199. 490. d. T. Oben B. 2. S. 136. Subh.-Ordn. v. 15. März 1869. Ueber die Verwerthung der Inhaberpapiere s. Verordn, v. 4. Juli 1822. §. 12—20. Entweder kann sie der Gläubiger nach dem Cour-werth annehmen, oder daGericht verkauft sie durch einen vereidigten Maller an der Börse. Die §§. 207. 208 sind im neueren Recht unpraktisch geworden, weil nach der Subh.-Ordn. kost­ bare Mobilien nicht mehr der Subhastation unterliegen. — Der §. 490. d. Terwähnte außer der Subhastation noch der Sequestration und Immission. Seque­ stration (Zwang-verwaltung- erkennt da- neue Recht an. §. 43. de- Ges. über den Eigenthum-erwerb. Auch die Zwang-verwaltung erfolgt gerichtlich, d. h. unter gerichtlicher Beaufsichtigung, und soll ftattfinden, wenn der Schuldner nach­ weisen kann, daß die beizutreibende Forderung binnen Jahresfrist au- den Ein­ künften de- Grundstück- befriedigt werden kann. § 24. Exekut. - Ordnung v. 4. März 1834. Die Immission, welche wohl kaum noch vorgckommen ist, hat da- neue Recht nicht anerkannt. Förster, Grundbuchrecht, S. 167. -. 94 fg. der Subh.-Ordn. v. 15. März 1869.

{. 194.

Der Umfang und dir Wirkung brt Pfandrecht«.

421

de- dritten Verpfänder- voran-, und wenn ein solcher Vertrag vor Fäl­ ligkeit der Schuld abgeschlossen wird, so muß mit Zuziehung de- Schuld­ ner- von Sachverständigen eine Schätzung der Sache erfolgen, unter de­ ren Betrag sie dann der Gläubiger nicht verkaufen darf"). Hat der Gläubiger nach eingetretener Fälligkeit die Sache außergerichtlich mit aus­ drücklicher oder stillschweigender Genehmigung de- Schuldner» oder de» von diesem verschiedenen Eigenthümer- der Pfandsache veräußert, so hat e» dabei sein Bewenden"). Bei unbeweglichen Sachen aber ist ein außergerichtlicher Verkauf durch den Gläubiger unausführbar, weil nur ein eingetragener Eigenthümer die Auslassung ertheilen kann"). 4. Die Wirkung der Veräußerung tritt nach drei Richtungen ein'; sie erzeugt ein Recht-verhältniß zwischen dem verkaufenden Gläubiger und dem Käufer, sie äußert sich auf da» Verhältniß de- Gläubiger- zum Schuldner, und auf da» Verhältniß mehrerer Pfandgläubiger an dersel­ ben Sache, a. Der Käufer erlangt durch den gerichtlichen Zuschlag da» Eigenthum frei von allen Pfandrechten, aber nicht von den sonst auf der Sache liegenden dinglichen Rechten, Servituten, älteren Reallasten (Altentheil)"). Da» Pacht- und Miethrecht wird kündbar"). Der Uebergang de» Eigenthum» auf ihn bedarf nicht einer besonderen Uebergabe oder Auflassung von Seiten de- Gläubigers"); bei außergerichtlichem Verkauf muß der Gläubiger die bewegliche Sache tradiren. Bei dem ge­ richtlichen Verkauf hat der Gläubiger die Gewähr zu leisten wie beider Veräußerung in Paufch und Bogen"), bei dem außergerichtlichen wie ein *’) §. 29. 30. 32. d. T. Der Verkauf ohne Taxe macht den Gläubiger ersatzverbind­ lich gegeu den Schuldner, hindert aber nicht, daß aus den Erwerber da» Eigenthum übergeht. Entsch. B. 15. S- 254. Die Taxe ist nicht nöthig, wenn die Sache einen Marktpreis oder Börsenkour« hat. Rechtes. B. 2. S- 36. Entsch. B. 15. S- 249. Strieth. B. 24. S. 347. Ges. v. 4. Juli 1822. Die Gestaltung des außergerichtlichen Verkaufs kann auch aus den Umständen geschloffen werden, die bei der Verpfändung obgewaltet haben; z. B. Strieth. B. 24. 6.347. ") ! 31. d. T.

") Förster, Grundbuchrecht, S. 173s.

”) $.342. I. II. « L.R. §• 400. der Ikonk-Ordn. v. 1855. $.47. des Grs. über den Eigenthum-erwerb, v. 5. Mai 1872. Entsch B- 56. S. 105 f. Später be­ stellte Servituten und Realrechte hat der veräußernde Pfandgläubiger nicht anzu­ erkennen, sie erlöschen also durch den Verkauf und gehen nicht auf den Ersteher über. Dergl. Lübeck bei Seuffert VI. Nr. 16. ") §. 350-354. I. 21. Oben B- 2. S. 196. bes. Note 135. Der Grund, daß alle späteren, durch den Erlös nicht gedeckten Pfandrechte durch den Berkaus erlöschen, ist der, daß der Gläubiger sein Veräußerung-recht so ausübt, wie es ihm konstituirt worden, d. h. er überträgt das Eigenthum in der Beschaffenheit, in welcher es fich zur Zeit seiner Pfandbestellung befunden hat, frei von allen später daraus gelegten Pfandrechten. I 4. D. XIII. 7. 1.13.15. 18. C. VIII. 28. 1.1.6. VIII. 20. I. 3. pr. D. XX. 5. 1. 6. 7. C. IV. 10. Windscheid I. 693. ") $.342.1.11. 1872. $. 5.

Oben B. 2. S- 136.

Ges. über den Eigenthumserwerb v. 5. Mai

”) $.216. d. T. $.344.213. I. 11. Oben B. 2 S. 112. Zu erinnern ist hier an die Bestimmung de« deutschen HGV- Art- 306, daß die Veräußerung eines

gewöhnlicher Verkäufer"). Rur eine Singularität tritt hinzu: wenn der außergerichtliche Verkauf mit Zuziehung de- Schuldner- erfolgt, dieser also dem Käufer al- Mitkontrahent gegenübersteht, so hastet der Schuld­ ner zunächst, der Gläubiger erst hinterher au»hilf»weise für die Gewähr"). Diese Eigenthümlichkeit erkärt sich darau-, daß hier da- Veräußerungs­ recht de- Eigenthümer- und da- davon verschiedene de- Pfandgläubigers zusammenwirken, und dabei da- de- Eigenthümer- al» da- stärkere sich erweist. Die Vorschriften über die Gewährleistung beweisen den oben au-geführten Satz, daß der Gläubiger au» eigenem Recht verkauft, sie wären ohne diesen Satz schlechthin unerklärbar"). ß. Der Schuldner oder der dritte Pfandbesteller oder der Drittbesitzer de- Pfandstück- ver­ liert durch den Verkauf sein Eigenthum, aber der Erlös wird sein Eigen­ thum"). Der Gläubiger vernichtet durch die Au»übung sein Pfand­ recht und befriedigt sich auö dem Erlös für seine Forderung mit allen Zinsen und Äoften"). Sobald sein Anspruch gedeckt ist, ist sein Beräußerung-recht beendigt"), uud der Schuldner wurde nach dem Grundsatz de» A.L.R. auch frei von seiner persönlichen Verbindlichkeit, gleichviel ob der Käufer der Pfandsache da- Kanfgeld zahlte oder nicht. Diesen Grund­ satz hat aber die neue Subhastation-ordnung vom 15. März 1869 §. 66 geändert, indem hiernach, wenn der Ersteher nicht zahlt und in Folge dessen ein Theil der rückständigen Kaufgelder dem Hhpothekengläubiger überwiesen wird, darin nur eine Tilgung de» bisherigen Realanspruch­ liegen soll. E« bleibt also neben der neuen, dem Ersteher gegenüber be­ stellten Hypothek der persönliche Anspruch gegen den ursprünglichen Schuld­ ner bestehen"). Der Ueberschuß de» Erlöse» (die Hyperocha) muß an

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Kaufmann» in seinem Handelsbetrieb den redlichen Erwerber gegen alle Entwäh­ rung sichert. Oben B. 1. S. 501. §• 217. d. T. §. 218. d. T- Da» gemeine Recht erkennt eine Eviktion»pflicht de» verkaufenden Gläubiger» nicht an. 1.11. §. 16. D. XIX. 1. I. 10. D. XX. 5. 1.1. 2. C. VIII. 46. Seuffert VI. 22. VIU. 28. Hossmaun, bei Gruchot XI. 108. in der Rote nimmt hieran keinen Anstoß, und scheint die Erklärung für die Eviktion-Pflicht de» Gläubiger« darin zu finden, daß er au« den Kausgeldern bezahlt wird, worin wohl eine Erklärung nicht liegen kann. Ebenso unzureichend ist, wa« Stieve bei Gruchot IX. 484 Note behauptet. Koch, Note 37 zu §. 217. ergreift eine Fiktion al« Au-kanft-miUel, die ganz un« nöthig ist. Richt der Gläubiger wird Eigenthümer de« Kaufpreise«, wie Wiudscheid 1.625 bei Rr. 4 behauptet. Dieser Eigeuthumlerwerb würd« über die Zwecke bt« Pfand­ recht« hinau-gehen, denen genügt ist, wenn der Kaufpreis nur al« Befriedigungs­ mittel de« Gläubiger« aufgefagt wird. Keine Stelle im Corpus Juris beweist, daß der Gläubiger Eigenthümer de« Erlöse« wird, er wird freilich Eigenthümer desjenigen Theil- desselben, mit welchem er befriedigt worden, durch die an ihn geschehene Zahlung. §. 210.163-169. d. T. Entsch. v. 17. S. 490 II. Strieth. 8. 50. S. 118b. §. 201—203. d. T. Wenn mehrere Pfänder eingesetzt sind, wird als» mit dein

Verfalls abgebrochen, sobald di« Schuldsumme und die Kosten gedeckt find. *•) Dieser neue Recht-zustand hat erhebliche Bedenken gegen sich. Bergl. Förster,

§. 194.

Der Umfang und die Wirkung de» Pfandrecht».

423

Grundbuchrecht S. 210. Nach dem A.L.R. stand die Sache so: Der Schuldner befriedigt den Gläubiger durch da» Pfand, soweit dessen bei der Veräußerung er­ zielter Erlös die Forderung deckt. Der Schuldner wird persönlich frei, ohne daß die- von der dem Gläubiger von dem Käufer geleisteten Zahlung abhängt. §. 43. d. T. sagt: soweit der Gläubiger durch den Verkauf oder Zuschlag —d. h. nicht durch die Zahlung de- Erlöse- — der verpfändeten Sache befriedigt worden, entstehen daraus alle Wirkungen einer vom Schuldner unmittelbar geleisteten Zah­ lung. Der Verkauf ist also die Befriedigung de- Gläubiger-, und wirkt alZahlung de- Schuldners und muß letzteren befreien. Die Befriedigung, welche der Ersteher seinem Verkäufer, dem Gläubiger zu leisten hat, erfolgt aber nicht bloß durch baare Zahlung, sondern auch, wenn der Käufer nicht baar zahlt, ent­ weder durch ein vertragsmäßiges Abkommen mit dem Käufer, oder ohne ein solche- durch richterliche Hilfe. Zunächst ist e- nicht zweifelhaft, daß der Käufer eine persönliche Forderung an den Pfandglaubiger zur Kompensation bringen kann. Strieth. B. 6. S. 83. Letzterer kann auch den seine Forderung decken­ den Theil de- Kaufgeldes dem Ersteher erlassen. Alle diese Vereinbarungen be­ rühren dem Schuldner nicht mehr. Sodann aber wird der Gläubiger auch be­ friedigt, wenn der Ersteher mit seiner Einwilligung die Hypothek übernimmt. §. 17. der Subh - Ordn. v. 4. März 1834. Konkurs-Ordnung §.388. Abs. 2. § 399. Schles. Archiv. B. 3. S. 295. Strieth. B. 6. S. 84b. Daß diese Uebernahme den Schuldner persönlich befreit, ist zweifellos. Aber warum und wie ist die Uebernahme als Rechtsgeschäft zwischen Gläubiger und Ersteher zu bestimmen? Die Ansichten sind darüber sehr verschieden. Koch, Uebergang der Ford. S. 126, HinschiuS (jur. Wocheuschr. 1835. S. 319) und Tilmann im Arn-b. Arch. B. 14. S. 59 fanden hierin Expromission. Fuchs (jur. Wocheuschr. 1844. S. 570) nahm Delegation an, bei welcher die Kausgeldermaffe der Delegant sein soll. In der Praxis ist auch der Gesichtspunkt der Novation hervorgetreten, jedoch von demO-Trib. verworfen worden (Entfch D. 10. S. 156. Schles. Arch. B 3. S. 303). Koch sieht neuerdings hierin Hingabe an Zahlungsstatt: die Forderung de- Gläubigers au seinen Schuldner wird durch des Letzteren Kauf­ geldforderung an den Ersteher befriedigt. Schles. Arch. B. 3. S. 309. Komm. Note 41 zu §. 43. d. T. Stieve bei Gruchot IX. S. 505 endlich meint: der Schuldner werde frei, weil der Gläubiger, der sich die Uebernahme gefallen läßt, zur Hebung gekommen ist. Aber das erklärt doch nicht die rechtliche Natur deS GeschäftS. Der Käufer schuldet dem Eigenthümer da- Kaufgeld, obschon der Psandgläubiger der Verkäufer ist (oben S. 415fg ); er zahlt diese-, indem er durch eine Verhandlung mit dem Gläubiger die Schuld de- Eigenthümer- an diesen übernimmt. Dieser Hergang könnte al- Schuldübernahme, wie sie oben D. 1. §.102. S. 656fg. mit der Modifikation der Delbrück'schen Theorie ent­ wickelt worden, daß die Uebernahme nicht bloß Haftung für die Befreiung, son­ dern die Befreiung selbst ist, angesehen werden. Die Deklar. vom 21. März 1835 würde nach ihrem §. 5. hier nicht entgegenstehen. Aber gegen diese Auffassung spricht, daß die Schuldübernahme ein Rechtsgeschäft zwischen Schuldner und Uebernehmer ist; bei dem Pfandverkauf aber, der gegen den Willen de- Schuld­ ner- (Eigenthümer-) erfolgt, die Uebernahme durch ein Geschäft -wischen dem Gläubiger und Uebernehmer bewirkt wird. Ein solche- Geschäft kann aber in der That nur al- eine Expromisflon aufgefaßt werden, bei welcher der Expro­ mittent durch einen Vertrag mit dem Gläubiger iu eine fremde Schuld mit der Wirkung der Befteiung de- Schuldner- eintritt, und bei der Nicht- daraus an­ kommt, ob der Expromittent durch die Uebernahme eine andere eigene Verbind­ lichkeit gegen den alten Schuldner erfüllt — wa- hier allerdings der Fall ist — oder ob er dem Letzteren schenken will. Der Gläubiger bekommt mit seinem Willen statt seine- bisherigen Schuldners einen andern. Oben B. 1. S. 674 fg. Wenn Koch neuerdings Hingabe an Zahlung-statt annimmt, so ist damit zwar die Wirkung dieses Geschäfts für den Gläubiger gegenüber dem alten Schuld­ ner, aber nicht der Charakter des Rechtsverhältnisse» einerseits zwischen Gläu­ biger und Uebernehmer, andererseits zwischen Uebernehmer und Schuldner be­

stimmt, und es ist übersehen, daß der Gläubiger seine alte Forderung behält, aber nicht diese durch eine andere bezahlt wird. Wa- Stieve a. a. O. S- 502

Zweite» Buch.

424

Die besonderen Privatrechte.

den Schuldner gezahlt werden"). ES ist nicht gestattet, vor der Verfall­ zeit zu bedingen, daß der Gläubiger den Ueberschuß behalten soll"). Ver­ zögert dieser die Zurückzahlung des UeberschusseS, wenn er ihn in Folge außergerichtlichen Verkaufs in Händen hat, so ist er zu Verzugszinsen verpflichtet"). Reicht der Erlös zur Befriedigung des Gläubiger- nicht hin, so bleibt soweit seine Forderung an den Schuldner erhalten"). Ein vor der Verfallzeit abgeschlossener Vertrag, daß der Gläubiger den Ausfall seiner Forderung tragen soll, ist unverbindlich"). y. Mehrere Gläu­ biger an derselben Pfandsache können nach preußischem Recht nur bei der Hypothek und Grundschuld' vorkommen. Entweder konkurriren sie auf den Erlös mit gleichem Recht, so daß dieser verhältnißmaßig unter sie vertheilt werden muß, und die- ist der Fall bei Hypotheken und Grund­ schulden nur dann, wenn ausdrücklich im Grundbuch die gleiche Rangordim Anschluß an Lrelinger gegen die Expromission anführt, ist eigentlich inhaltlos. Der Adjudikatar macht sich, um eine eigene Verbindlichkeit gegen den Schuld­ ner zu erfüllen, statt diese- dem Pfandgläubiger verbindlich. Da- soll hier die Expromission au-schließen können? Und konsequent wie durch die freiwillig vom Gläubiger angenommene Anweisung auf den Kaufgeldrückstand, für welche ihm eine neue Hypothek gegeben wird, stellte auch die Befriedigung de- Gläu­ biger-durch richterliche Hilfe die Uebereiguung eine- entsprechenden Theil» de- rückständigen Kausgelde- dar und bewirkte die Befreiung de- Schuldners. Hier ist wirklich datio in solutum: der Gläubiger erhalt an Zahlung-statt die Kaufgeldforderung de- Schuldners an den Ersteher als eigene. KonkursOrdnung §. 388. 399. Entfch. B- 49. S. 399. Strieth. B. 48. S. 49. Nach älterem Recht, §. 19. Subh.-Verordn. v. 4. März 1834 erfolgte nicht Uebereignung, sondern Anweisung, mithin blieb der Subhastat persönlicher Schuldner. Entsch. B. 34. S. 133. Strieth. B. 22 S. 292. Stieve a. a. O. S. 495 f. Auf diesen Recht-zustand ist die neue Subhaftation-ordnung in §. 66. zurückgekehrt, indem sie sagt: „eine solche Ueberweisung wirkt nur die Tilgung de- Realanspruch-/' Man ist zu dieser Bestimmung gelangt au- dem praktischen Grunde, leichtfertigem Bieten und Lollusionen zwischen Subhastaten und Bieter zum Zweck, den Ber­ kaus zu verschleppen, entgegenzuwirken. Gegen die Bestimmung ist aber zu be­ merken, daß der Ausdruck „Ueberweisung" e- unklar läßt, ob darunter Asfignation oder Eession verstanden werden soll, und daß jener praktische Zweck -war dahin führen mußte, in der Subh. »Ordn, dem Gläubiger strengere und wirksamere Mittel gegen leichtsinnige Bieter an die Hand zu geben, nicht aber dahin, den Schuldner trotz de- Verluste- seine- Grundstücks noch persönlich in der Verbind­ lichkeit festzuhalten, wa- jedenfalls dann hart und unbillig ist, wenn er an der Zahlungsunfähigkeit de- Ersteher- und dem doch nur au- dieser entstandenen Aus­ fall de- Gläubigers unschuldig ist und kein Mittel an der Hand hatte, dem Ge­ bote de-Ersteher- entgegenzuwirken. Man kann hier nicht sagen, das Pfandobjekt fei unzulänglich gewesen, denn das die Hypothek de- Gläubigers deckende Gebot zeigt da- Gegentheil. Ob der Ersteher da- gebotene KaufgÄd erlegt, und wie er es erlegt, betrifft da» Recht-verhältniß zwischen dem verkaufenden Gläubiger und dem Ersteher; der Subhastat ist bei demselben nicht betheiligt. 8I) §. 212. 219. d. T. Aber der Pfandgläubiger, welcher außergerichtlich da- Pfand verkauft hat, kann die Hyperocha al- Kompensation-objekt für andere fällige Forderungen an den Schuldner benutzen. Strieth. B. 2t. S. 79. ") §.213. d. T.

«) §. 220. d. T. •l) §. 43. d. T.

") §. 213. d. r.

§. 399. Konk.-Ordn.

194. Der Umfang unb die Wirkung brt Pfandrecht«.

425

nung beider Posten vermerkt ist"); oder sie stehen untereinander im Ver­ hältniß der Priorität, d. h. der eine wird von dem andern au» dem Erlös beftiedigt. Da» preußische Recht kennt nur wenige gesetzliche Vorzugsrechte, nämlich: vorweg werden au» dem Kaufgeld die gericht« lichen Kosten abgezogen, sie werden daher von dem letzten zur Hebung ge­ langenden Gläubiger oder von dem an den Schuldner fallenden Ueberschuß getragen"); sodann werden der Reihe nach befriedigt: die Rück­ stände der zur Erfüllung der Deichpflicht erforderlichen Beiträge und Lei­ stungen au» den beiden letzten Jahren, die Rückstände direkter auf dem Grundstück lastender Staatssteuern au» gleicher Zeit, die Rückstände der auf dem Grundstücke haftenden gemeinen Lasten au» gleicher Zeit, die Rückstände de» letzten Jahre» an Lohn, Kostgeld und anderen Einkünften de» zur Landwirthschaft auf dem Gute gehaltenen Gesinde», der Forstund Wirthschaft-beamten"), so wie bei der Subhastation eine» Bergwerk» der letztjährige Rückstand der Lohn- und Cmolumentenforderung der Berg­ arbeiter"), die nicht zu den öffentlichen und gemeinen gehörigen, in dem Grundbuche eingetragenen Reallasten nach der Reihenfolge ihrer Eintra­ gung, und zwar bei jeder zuerst die laufende Leistung, dann die zweijäh­ rigen Rückstände, endlich da» Ablösung-kapital, wenn der Käufer die Last nicht übernehmen will"). Dann folgen die eingetragenen Hypotheken und Grundschulden in der Reihenfolge der Eintragung, welche ausschließlich die Rangordnung entscheidet"). Auch geht die ältere Hypothek der jüngeren **) $. 501. b. T- Auch bann, wenn bie Posten unter demselben Datum eingetragen finb. §. 17. Abs. 1.2. §• 34. bet Ges. über ben Eigenthum«erwerb v. 5. Mai 1872. •’) §. 211. b. T. ") Konk.-Ordn. v. 1855. §. 46 - 50. 383. **) $. 249. bet Berggesetze« v- 24 Znni 1865. ") flont.-Drbn. -.51. 52. •') §. 500. b. T. Konk.-Ordn. §. 53. Ges. über ben Eigenthum«enverb v. 5. Mai 1872. $. 17. 34 Die Reihenfolge bestimmt sich nach ben (aufenben Nummern der Eintragung; bie gleichzeitige Eintragung giebt also an sich keine Gleich­ berechtigung. Eine solche liegt nur vor, wenn bie Hypotheken verschiedener Gläu­ biger unter einer Nummer eingetragen sind, ober wenn bei ben unter verschie­ denen Nummern eingetragenen Posten ausdrücklich vermerkt ist, baß ste zu gleicher Mangerbnung eingetragen sind. Präs. 27. Sammt- I. 273). Eatsch. 811. S. 316 f. Ueber da« Verfahren des Grundbuchrichter« bei gleichzeitiger Anmeldung mehrerer Hypotheken auf dasselbe Grundstück s. Gr.B.O. $. 45. Die Reihenfolge entscheidet selbst bann über bie Priorität, wenn sich bet Richter bei der Eintragung geirrt hat. §. 502. 503. b. T. Der Richter wirb aber regreßpflichtig. Strieth. B. 37. S- 216. Bergt. B. 65. S. 364. Die Rangordnung zwischen ben Be­ lastungen bet zweiten unb brüten Abtheilung richtet sich bagegen nicht nach bet Reihenfolge, weil eine solche zwischen ihnen nicht existirt, sondern nach bem Datum ber Eintragungen. Gleiche« Datum giebt gleiche« Recht. §. 36. be« Ges. über ben Eigenthum«etwerb v. 5. Mai 1872 Die Rangordnung ber Hypotheken unb Ärnnbschnlben kann jedoch von ber Reihenfolge im Grundbuch abweichen, wenn ber vorstehenbe Gläubiger bem nachftehenben sein Borzug«recht einräumt. Die Einräumung bezieht sich auch von selbst ans die Nebenleiftungen von der vortre-

Zweite« Vach.

426

Die besonderen Privatrichte.

eingetragenen Reallast vor"). Der hypothekarische Gläubiger erhält an seiner Stelle zunächst die Kosten der Liquidation, Kündigung, Ausklagung und Beitreibung, und die sonstigen Kosten, wenn die Hypothek für sie be­ stellt ist, dann die lausenden Zinsen, wenn die Zinspflicht eingetragen ist, oder andere Iahre-zahlungen (;. B. Amortisation-beträge), dann deren zweijährige Rückstände, endlich da» Kapital"). Reicht da» Kaufgeld für alle Gläubiger au», so können gleich an der Stelle der eingetragenen Post die sämmtlichen unverjährten Rückstände befriedigt werden, sonst gehen vor: der persönliche Gläubiger, welcher die Subhastation beantragt hat, und der Realgläubiger, besten Forderung erst nach Einleitung der Subhastation entstanden ist und erst nach deren Befriedigung können ältere al» zwei­ jährige Rückstände berichtigt werden"). So «ertheilt da» Gericht nach preußischem Verfahren von AmtSwegen die Kaufgelder nach erfolgtem Zu­ schlag de» Grundstück» an den Ersteher"). In diesem Verfahren müssen auch die Streitigkeiten über Verität, Priorität der einzelnen Forderungen und ihre Anfechtbarkeit zur Sprache gebracht werdeu, welche die Auszah­ lung der Kaufgelder hindern und demnächst in besonderen Prozesten ihre Er­ ledigung finden"). Wer seine Befriedigung au» dem Kaufgeld nicht er­ hält, behält seine persönliche Forderung au den Schuldner"). Zahlt der Ersteher da» Kaufgeld gar nicht, oder nicht vollständig, so wird den Gläu­ bigern da» nicht Gezahlte vom Gericht übereignet"), und dieser übereig­ nete Betrag durch neue Hypothek auf dem Grundstück gesichert"), wobei tenben Post, darf btn Inhabern der Zwilchenposten nicht nachtheilig fein, und muß, um gegen dritte Erwerber der zurücktretenden Poft zu wirken, im Grund­ buch eingetragen werden. §. 35. de« Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. Gr.B.O. §• 86. **) Konk.-Ordn. §. 55. Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. §. 47. Abs 2. “) KonkOrdn. §. 54. §. 30. de- Ges. über den Eigenthum-enverb v. 5. Mai 1872. Subh.-Ordn. v. 15. März 1869. §.60. Wenn die Hypothek sich nur aus die Revenüeu erstreckt, so wird nach der Befriedigung der vorhergehenden Substanz­ gläubiger so viel von dem Kausgelde zurückbehalten und gerichckich deponirt, eie nöthig ist, um au- den Zinsen diese- Betrage- den Revenüeualänbiger zn befrie­ digen; erst nach dieser Befriedigung kann da- zurückgehalteue Kapital au die nach­ stehenden Gläubiger vertheilt werdeu. Entsch. B. 11. S. 316f. — Keltere alzweijährige Zinsrückstände werdeu nach der allgemeine» Borrecht-ordnung der per­ sönlichen Forderungen rangirt. Konk-Ordn. §. 401., durch welchen §. 505. d. X geändert worden. -) Subh.-Ordn. v. 15. März 1869. §. 60. •>) Subh-Ordn. v. 15. März 1869. §. 60 fg., welche die Grundsätze des bisherigen Recht» über die Dertheiluag der Kaufgelder im Wesentlichen beibehalten und die älteren Streitfragen entschieden hat.

-) Subh.-Ordn. v. 15. März 1869.

§. 70 sg.

•*) Konk -Ordn. §.399. Entsch. B. 10. S. 152. Eine neue Pfandbestellung kann vom Schuldner nicht verlangt werden. S trieth. B. 21. S. 97.

") S. oben Rote 81 a. E. wiesen " -) Konk.-Ordn

Die Subh-Ordn. v. 15. März 1869 § 66. sagt

§. 388. 400.

Subh.-Ordn. v.

15. März 1869. $. 79.

„über­

§. 194.

Der Umfang und die Wirkung de« Pfandrecht».

427

in Ermangelung ausdrücklicher Vereinbarungen der Gläubiger unter sich und mit dem Ersteher, durch welche die frühere Priorität für maßgebend erklärt wird, der Grundsatz entscheiden muß, daß die gleichzeitig im Grundbuch eingetragenen Posten zu gleichem Rechte stehen'**). Der Er­ steher wird zugleich auf Höhe seine» Rückstände» persönlicher Schuldner der auf diesen angewiesenen Gläubiger, und soweit da» Kaufgeld deren Ansprüche übersteigt, persönlicher Schuldner de» Subhastaten, der in Be­ treff de» Ueberschusse» ebenfalls Uebereignung und Hypothek erhält'*'). Verwickelter gestaltet sich sich da» Verfahren, wenn dieselbe Forderung ungetheilt ans mehreren Grundstücken eingetragen ist. Die For­ derung kann tun einmal befriedigt werden, obgleich der Gläubiger berech­ tigt ist, sich, für die ganze Forderung an jede» Grundstück zu halten'**). Diesen Grundsatz festhaltend hatte doch da» ältere Recht in sehr kasuisti­ scher Weise, au» einer angeblichen Billigkeit angenommen, daß die nachste­ henden Gläubiger auf dem anderen Grundstück, welche» nun von der bei dem ersten bezahlten Hypothek befreit wird, benachtheiligt werden dürften. Daher war eine antheilSweise Befriedigung der auf mehreren Grundstücken ungetheilt haftenden Hypothek au» dem Kaufgelde eine» jeden derselben vorgeschrieben'**), d. h. die mehreren Grundstücke wurden al» in einem passiven Korrealverhältniß stehend gedacht, au- welchem ein Regreßanspruch der nachstehenden unbefriedigten Gläubiger de» einen gegen die zur Be­ friedigung gelangenden de» andern wegen der Beträge hervorgeht, die sie mehr al» der Antheil de» ihnen verpfändeten Grundstück» zu leisten hatte, von ihren Hypotheken eingebüßt haben'**). Bei gleichzeitiger Vertheilung der Saufgelder aller oder einiger der verpfändeten Grundstücke wurde die antheilSweise Befriedigung von jedem sofort in'» Werk gesetzt'**), bei un­ gleichzeitiger Vertheilung mußte aber, um da» Ergebniß der früheren bei der späteren zu berücksichtigen, da» erstere sofort auf dem Folium de» noch nicht subhastirten Grundstück» vermerkt werden; e» wurde hier der Antheil eingetragen, der den Gläubigern diese» Grundstück- zu gute kom­ men muß'*'). Au» diesen Vorschriften haben sich in der Praxi» außerlw) 8» wird kaum Widerspruch von den Interessenten erfahren, wenn der Richter im Aaufgelderbeleguag»protokoll bei der Anweisung auf den Rückstand die frühere Priorität der Hypothekengläubiger au»drücklich für die neue Hypothek seflsetzt, uud es empfiehlt sich diese» Verfahren zur Abschneidung künftiger Streitigkeiten. Ueber da- Verfahren, wenn Hypotheken und Grundschuldcn auf den Kausgeldrückstand augewiesen werden, f. Förster, Srundbuchrecht S. 210fg.

'") $• 59. der Subh.-Ordn. v. 15. März 1869. "') Soul -Ordn

5 56. Nr. 1.

I“) lkonk -Ordn. §. 56. Rr. 2. 3. (alte Fassung). '") Strieth. B. 34. S. 168. B. 41. S. 26. V. 42. S. 74. B. 50. S. 118a. Gruchot II. 161 f. '•*) Kouk - Ordn. §• 56. Rr. 2. Ein Fall an» der gemeinrechtlichen Praxi» bei ©euffert VIII. 107. '") Konk.-Ordn. z. 56. Rr 3 Strieth. V. 54. @.218. S über Korrealhypo-

ordentliche Mißstände und Unzuträglichkeiten entwickelt, wie die» immer die Folge einer so unfruchtbaren Kasuistik sein muß, und e» war da­ dringende Bedürfniß hervorgetreten, zu einfacheren Grundsätzen zurückzukehreu. Die» ist durch da» neue Gesetz, die Abänderung einiger Bestim­ mungen der Konkur-ordnung v. 8. Mai 1855 betreffend, vom 12. März 1869 geschehen. Hier ist bestimmt, daß der Gläubiger berechtigt ist, sich an die Kaufgelder jede» einzelnen Grundstück» wegen seiner gan­ zen Forderung zu halten, und daß, soweit der Gläubiger au» den Kaufgeldern Eine» Grundstück» seine Befriedigung erlangt hat, die Korrealhhpothek auf den mitverhafteten Grundstücken erlischt und von AmtSwegen im Grundbuch« gelöscht werden muß""). E» erlangen daher auch die Eigenthümer der letzteren nicht da» Recht, über diese Post zu verfügen oder sie für sich zu liquidiren, weil dadurch die nacheingetragenen Gläubiger in ihrem Rechte benachtheiligt werden würden: sie haben vor sich nur eine Korreallast, nicht eine Solidarlast gehabt, mithin an» dem Grundbuch den Glauben entnommen daß nicht bloß diese», sondern auch andere Grundstücke für die Borhhpothek haften, daß da» ihnen hastende die Last nicht allein zu tragen habe"'). II. Da» Pfandrecht wirkt auf die Verjährung der Schuld ein. „Solange, heißt e» in §. 247. d. T., da» Pfandrecht dauert, kann auch keine Verjährung der Schuld zum Besten de» Schuldner» ansangen", und in §. 534. d. T.: „Solange eine in da» Hhpothekenbuch eingetragene For­ derung nicht wieder gelöscht worden, solange kann die Verjährung dersel­ ben nicht angefangen werden". Der Wortlaut beider §§. führt unwillkührlich zu der Annahme, daß durch die Bestellung eine» Pfandrecht» die Verjährung der Forderung überhaupt ausgeschloffen sein soll, daß diese dadurch bi» zur Aufhebung de» Pfandrecht» unverjährbar wird. Allein die» ist nicht der richtige Sinn de» hier ungenau au-gedrückten Recht»fatze». Zwar wo der Schuldner Eigenthümer de» Pfände» ist, beginnt, so lange da» Pfandrecht besteht, wirklich nicht die Verjährung der Schuld, denn die Existenz de» Pfandrecht» widerlegt die Vermuthung, daß die Schuld in der Zwischenzeit getilgt oder erloschen sei'"'). Auch unterbricht eine spätere Pfandbestellnng de» Schuldner» die angefangene Verjährung weil in ihr ein gegenseitige» Anerkenntnis der Schuld liegt""). Aber wo theken Gruchot II. 161 ff. V. 310f. 420f. 429. Koloff in der Preuß. Gerichttzeit. 1860. 6.45. Hinschiu« in der Anw.-Zeit. 1864. 6. 35fg. v. Wilmoreeti das. S. 153. Ges Sammt. S. 465. Art. I. §. 56. Da die Regreßantheile ans den Hypothekenblättern einer großen Anzahl von Grundstücken bereit« eingetragen waren, wur­ den Uebergang-bestimmungen nöthig, welche in Art. V. VI. VII. de« Gesetze« enthalten sind. ,M) Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5.Mai 1872. §. 42. Förster, Grundbuch­ recht, S. 168. '-) 8 568. 569. I. 9. Oben SB. 1. S. 304. '“) Oben B. 1. S- 301.

der Eigenthümer der Pfandsache ein Anderer ist, al» der Schuldner — sei e6, daß ursprünglich ein Dritter da» Pfand bestellt, oder nach der Be­ stellung der Schuldner da» Eigenthum der verpfändeten Sache veräußert hat, — da kann wegen der Getrenntheit der Verpflichteten da» bestehende Pfandrecht die persönliche Schuld nicht unverjährbar machen und e» scheint daher der Fall möglich, daß, wenn da» dingliche Recht zu einer Zeit gel­ tend gemacht wird, wo da» persönliche bereit» durch Verjährung erloschen ist, — und die Verjährung läßt eine Naturalobligation nicht zurück — da» seiner Natur nach nur accefforische Pfandrecht doch noch al» selbstän­ dige» Recht besteht. Im römischen Recht tritt eine solche Konsequenz nicht hervor, denn die verjährte Obligation bleibt noch al» Naturalobligation Grundlage de» Pfandrecht» und da» Pfandrecht selbst ist verjährbar'"). Aber für da» preußische Recht, in welchem da- bestehende Pfandrecht un­ verjährbar ist, drängt sich die Frage auf, ob in solchem Falle da» Pfand­ recht al» ein selbständige» Recht aufgefaßt werden darf. Diese Frage wird nicht dadurch entschieden, daß der Schuldner und der Eigenthümer Korrealverpflichtete de» Gläubiger» sind, denn e» kann zu Gunsten de» einen Korreu» die Schuld verjährt sein, während sie gegen den Anderen fortbesteht'"). Da» Korrealverhältniß bewirkt hier nur, daß ein Geltend­ machen der Forderung gegen den dinglich Verpflichteten die Verjährung gegen den persönlich Verpflichteten unterbricht'"). Die Praxi» hat die» in einem Fall angenommen, sonst aber im Allgemeinen verneint. Angenommen ist e», wenn der dinglich Verpflichtete dem Gläubiger die Zinsen gezahlt hat, so daß die Verjährung der persönlichen Schuld erst von der letzten Zinsleistung beginnt'"). Aber trotzdem ist die Unter­ brechung der Verjährung de» persönlichen Recht» durch die Verfolgung de» dinglichen geleugnet worden'"), weil da» „persönliche und da-HhpotheS in tenis, Psandr. S. 571. Dernbnrg II. §. 175 S 597f. Seusfert VI. 161. Da» röm. Recht hat eine andere, dem preußischen fremde Kontroverse: ob da» Pfandrecht durch Nichtgebrauch verjähre, oder ob uaucapio libertatis nöthig sei. S. hierüber Unterholzner, verjähr. II. 267. Windscheid.Pand. I 726.

"') Oben v. t. S. 348. "') Oben v. 1. S. 346 bei Note 70 und S. 344 Note 55. '") Schles Archiv v. 5. ®. 462 Nr. III. IV. Sntsch. B 8. S. 13 (v. I. 1842). Koch, Beurtheil. S. 149f., sein Vorwort im schles. Arch. B. 5. S. 439. Kom­ mentar Note 37 zu 439. I. 5. König in der jur Wochcnschr. 1848. S. 124 gegen v d- Hagen, das. 1846. S. 489. Da» Plenum de«O.-Trib. sagt B. 8. S. 16.17. .Der Gläubiger, welcher die Zahlung der Zinsen fordert und an­ nimmt, übt einen Theil seine» Recht» au», und erhält sich dadurch sein ganze« Recht", und die „Befugniß de» Gläubiger», sich auch an die Hypothek zu halten, ist nur ein An»fluß seine- Recht», ein Theil desselben. Immer ist e» nur ein iinb dasselbe Recht, wa« er verfolgt." Und hiermit vergleiche man die Deduktion von der Verschiedenheit und Unabhängigkeit de» persönlichen und ding­ lichen Recht- in den Gntsch. B. 9. S. 271 f. S. nächste Rote.

Enlsch

B. 9. S 266 III. v J 1843 des. S. 271.

In dieser Entsch. ist b(t in

430

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrrchte.

kenrecht genau j« trennen, jede- der beiden Rechte ein für sich bestehende« selbständige« Recht, jede- durch eine besondere -läge verfolgbar sei, weil die beiden Verpflichteten nicht Solidar- oder Mitschuldner au« derselben Verbindlichkeit seien, jeder au- einem besonderen Recht«grnnde hafte, die Dauer de« einen Recht- von der Dauer de« anderen nicht unbedingt und nothwendig abhänge." E« wird behauptet, §. 246 d. T. spreche ausschließ­ lich vom Pfandrecht, §. 247 von der Schuld al« Pfandschuld" und §. 248 von der persönlichen Schuld. Diese ganze Deduktion ist äußerst bedenk­ lich, sie geht von einer Auffaffung de« Pfandrecht« au«, die dem positi­ ven preußischen Recht geradezu und unzweifelhaft widerspricht, sie mischt den ebenso unklaren al« unwahren Begriff einer „Pfandschuld" ein, die doch nicht da« dingliche Recht selbst, und auch nicht mit der persönlichen Schuld identisch sein soll, folglich ein unbekannte«, in der Mitte zwischen beiden schwebende« Dritte« sein muß, deffen juristischen Charakter zu er­ mitteln wohl unmöglich bleiben wird. Da» Pfandrecht, abgesehen von der Grundschuld, ist nicht und niemals ein selbständige« Recht; au« der Ver­ schiedenheit de« dinglichen und de« persönlichen Recht«, die freilich nicht zu leugnen ist, folgt nicht ihre Unabhängigkeit, und der zaghafte Beisatz der Worte „nicht unbedingt und nothwendig" in der Deduktion de« Obertribunal- giebt ein Anzeichen, daß e« einen solchen Satz auch nicht unbedingt hat behaupten wollen. In §. 247. d. T. und §. 534. d. T. können die Worte Schuld und Forderung nur auf da» persönliche Recht gedeutet werden; da« zeigt die Anknüpfung de« §. 247. an den §. 246. durch da« Wort „auch." Unerklärbar wäre e«, wie die Zins­ zahlung de« Drittbesitzer- die Verjährung der persönlichen Schuld sollte unterbrechen können und doch wieder die Klage gegen den Drittbesitzer auf die ganze Schuld eine solche Wirkung nicht haben soll"'). Da» Richtige kann nur sein: vermöge der Korrealität, die unter dem persönlich und dem dinglich Verpflichteten besteht, unterbricht jede Verfolgung de« Recht- gegen den Letzteren auch die Verjährung de- Recht« gegen den Ersteren'"). Da« setzt freilich voran«, daß die Verjährung de- persön­ lichen Recht» nicht schon zu der Zeit, wo da« dingliche Recht verfolgt B. 8. abgedruckten nicht Erwähnung geschehen, mithin auch die Frage, ob beide vereinbar find, nicht erörtert. ne) Zu verwundern ist, daß Koch, welcher in Note37 zu §. 439 I. 5. die Entschei­ dung B 9. S. 266 f. tadelnd kritistrt und namentlich auf das Bedenken aufmerk­ sam macht, ob auS der Selbständigkeit und Unabhängigkeit des dinglichen und persönlichen Rechts neben einander auch gefolgert werden könne, daß beide gleich­ zeitig geltend gemacht werden können, doch in Note 52 Abf. 3. zu §. 248. d. T. vollständig, jedoch ohne fie zu citiren, in ihre Theorie hineingeräth (auch er macht hier die persönliche Klage und die Verfolgung deS Hypothekenrechts „völlig un­ abhängig" von einander), und im Priv -R. I. S 635 Rote 57 fie ohne Be­ denken citirt.

llT) Schlef. v 5. G. 462 Nr. VI.

wurde, vollendet war, und damit wird denn zu der Frage zmückgekehrt: ob eine solche Vollendung bei bestehendem Pfandrecht überhaupt möglich ist? Man überschätze übrigen- diese Frage nicht; sie ist nicht eine Frage verschiedener praktischer Resultate, sondern nur eine Frage der theoretischen Auffassung. Mag man annehmen, daß die Verjährung der Schuld unbe­ hindert sich vollende, oder daß sie durch da» bestehende Pfandrecht gehin­ dert werde, immer bleibt dasselbe praktische Resultat, daß der Drittbefitzer mit dem Pfand hastet, und der persönliche Schuldner nach Ablauf der Verjährung-zeit für den Ausfall mit seinem übrigen Vermögen nicht haftet. Die Forderung auf den Ausfall ist verjährt, da» sagt da- A.L.R. geradezu'"). Die theoretische Austastung aber geht entweder dahin: nur der Ausfall ist der Verjährung unterworfen gewesen, soweit also der Werth de- Pfande- reicht, hat da- Pfandrecht die Verjährung de- da­ durch gedeckten Theil- der Schuld unmöglich gemacht, da» Pfandrecht ist accefforisch geblieben, e» hat sich seine Forderung al» Unterlage konservirt'"); oder e» wird behauptet: die Forderung verjährt in ihrem ganzen Bestände, nach vollendeter Verjährung ist nur da» Pfandrecht übrig, wel­ che» nun ein selbständige» Recht ist'"). Die letztere Auffassung scheitert unwiderlegbar daran, daß da» A.k.R. da» Pfandrecht al» selbständige« Recht nicht kennt. Auch im neueren Recht ist die Hypothek ihre» accefsorischen Charakter» nicht entkleidet. Man wird daher zu der ersten Auf­ fassung geführt'"). Hiernach ist der Gedanke der Redaktoren gewesen: gegen die Verjährung der Obligation kämpft da» sichernde Pfandrecht an, und drängt erstere soweit zurück, al» e» selbst reicht, da» Pfand haftet auch nach Ablauf der Verjährung noch accefforisch für die Schuld, welche soweit al» nicht erloschen erachtet wird, (remanet propter pignus obli­ gatio kann auch hier gesagt werden)'"), der dritte Eigenthümer de» Pfande» haftet also zwar nur mit dem Pfande, aber doch für die Schuld. Folgeweise, da nur da» Pfand in diesem Falle die Schuld erhält, kann nach vollendeter Verjährung gegen den persönlichen Schuldner nicht mehr geklagt werden und e» bedarf, um gegen den Eigenthümer die dingliche >") 6. 248. 535. b. T. Bornemann in der 1. A. II. 115. In der 2 A. sagt er: da- persönliche Recht werde, soweit das Pfand reicht, bloß folgeweise erhalten, und auf denjenigen Theil der Schuld, welcher au- dem Pfand nicht bezahlt werden kann, finden die gewöhnlichen Regeln der Verjährung ihre Anwendung. In B. 4. S. 215 sagt er: daß die § 243-52 d. T. sich mit hinreichender Deutlichkeit aussprechen.

»»•) So da- O.-Trib. und Koch a. a. O.

ni) Dafür spricht doch auch der Wortlaut de- tz. 248: „Dagegen finden in An­ sehung desjenigen Theils der Schuld, welcher an- dem Pfande nicht bezahlt werden kann, die gewöhnlichen Regeln der Verjährung statt " Daß sich erst durch den Verkauf des Pfandes ermittelt, wie viel von der Schuld verjährt ist, fu-pendirt zwar die Gewißheit hierüber bis zu diesem Moment, tritt aber der Annahme nicht entgegen, daß diese Verjährung von Anfang an nur so weit wirkt. >“) I 59. D. XXXVI. 1.

Windscheid S. 645.

Klage anzustellen, auch nicht de- seltsamen prozessualischen Auskunft-mittelder Beiladung und de- rechtlichen Gehör- de- Schuldner- ohne doch seine Berurtheilung herbeifahren zu können, wie e- Koch in Vorschlag gebracht hat'"); vielmehr ist dem §. 198. d. T. genügt, wenn der dinglich Ver­ pflichtete, der auf Höhe de- Pfandwerth- Korrealschuldner ist, allein recht­ lich gehört worden. Die Einwirknag de» Pfandrecht» auf die Verjährung der Obligation beschränkt sich überhaupt nur auf ihren Hauptstuhl, oder auf da- persön­ liche Recht an sich; die au- diesem entspringenden einzelnen Leistungen, die Zin-ansprüche sind der Verjährung unterworfen'"). Liegt dagegen der Grundschuld eine persönliche Forderung unter und ver­ äußert der persönliche Schuldner und Besteller der Grundschuld da- belastete Grundstück, so wirkt der Fortbestand der Grundschuld auf den Fortbestand der persönlichen Forderung nicht ein, letztere verjährt trotz der ersteren und die. Verjährung wird durch die Klage gegen den Gruadschuldner nicht unterbrochen. Man muß weiter gehen, und behaupten, daß die Bestellung der Grundschuld auch dann die Verjährung der persönlichen Schuld nicht abwendet, wenn die Person de» Schuldner» und Eigenthümer» ein und dieselbe geblieben ist. Grundschuld und persönliche Schuld stehen selb­ ständig nebeneinander; daß die letztere die Veranlassung der ersteren ge­ wesen» bringt sie nicht in ein Abhängigkeit-verhältniß. III. Die Klagerechte'"). E» leuchtet ein, daß die wesentlichen prinzipiellen Abweichungen de» preußischen vom römischen Pfandrecht ihren Einfluß auch auf die Klagen au» demselben äußern. Da- römische Recht hat besondere possessorische und petitorische Klagen au- dem Pfand­ verhältniß überliefert, da» interdictum Salvianum und die actio bypothecaria quasi Serviana; daneben steht au- dem Pfandvertrage die per­ sönliche actio pignoratitia zu'"). Da» preußische Recht kennt für den Pfandgläubiger keine besondere Besitzklage, die allgemeinen stehen auch ihm zu, wenn ihm der Pfandbesitz übertragen worden. Wenn ein vertrags­ mäßiger oder gesetzlicher Titel zur Bestellung eine» Besitzpfande», einer ,n) Komment. Note 52 zu ?• 248. d. T. Weil der dinglich Verpflichtete Korreal­ schuldner ist, deßhalb bednrste tt auch in dem Fall bei Strie.th. B. 3. S 248 nicht der vorherigen Ao-klagung de« persönlich verpflichteten. Diese zu verlangen,

«eil der Pfandgläubiger nicht wie gegen einen Bürgen in gewissen Fällen gegen den Eigenthümer de« Pfande« mit Uebergehung de« persönlichen Schuldner« Nagen dürfe, läßt sich nicht rechtsertigen. Der Gläubiger kann zwischen den bei­ den Korrealschuldnern wählen. ■“) §. 248. d. T. In 4 Jahren. Ges. v. 31. März 1838. $. 2. Rr. 5. Die Derjährung wird gegen den dinglich Verpflichteten unterbrochen, wenn gegen den persönlich Verpflichteten rechtzeitig geNagt worden ist. Entsch. B. 3. S. 88. Rr. II. §. 440. 1. 5. §. 494. 495. I. 20. m) Koch, Pr.-R 1.633. Anteil, zur Proz.«Praxi« I 287f. Förster, Klage und . Einrede S- 320f. Gnmdbochrecht S. 189. Franklin bei Gruchot V. 48. 50s.

»") Dernburg II. 6. 286sg. §. 125-138.

Windscheid I. 618f.

Hypothek oder Grundschuld vorliegt, so hat der Gläubiger weder gegen den Eigenthümer noch gegen einen Dritten eine dingliche Pfandklage, son­ dern eine persönliche (a. pignoratitia) gegen seinen Schuldner oder Ver­ pfänder auf Erfüllung de« Pfangvertrage«, auf Bestellung der Hypothek oder Grundschuld'"). Bei dem Besitzpfand geht der Antrag ans Uebertragung deS Besitze«, bei einer Hypothek und Grundschuld auf Bewilligung der Eintragung. Hier also weicht da« preußische Recht von dem römischen ab, welche- auch bei beweglichen Sachen Verpfändung ohne Besitzüber­ tragung zuläßt, mithin schon au« dem VerpfändungSvertrage die dingliche Pfandklage, deren Fundament ein schon entstandene- Pfandrecht ist, giebt, auch besondere PfandrechtStttel und die Einttagung in die öffentlichen Bücher nicht kennt, mithin einer Klage zu diesen Zwecken nicht bedarf. Dagegen hat der Besitzpfandgläubiger sowohl gegen den Besteller wie gegen jeden Dritten, wenn da« Pfand seinem Besitz entzogen worden ist, die dingliche Klage auf Rückgabe de« Pfande«, welche sich ganz der Vin­ dikation anschließt, weßhalb sie gegen den redlichen dritten Besitzer der Sache auch nur gegen Einlösung angestellt werden kann '**). Der Grund dieser Klage ist da« gehörig (durch Besitzübergabe) bestellte Pfandrecht, die Fortdauer der Forderung, zu deren Sicherung e« eingeräumt worden ist, und der Verlust de« Besitze« wider Willen. Sie kann auch vor der Fälligkeit der Forderung angestellt werden, weil sie nur da« Besitzrecht de« Kläger« schützen soll"’). Bei der Hypothek und Grundschuld hat der Gläubiger keine Klage auf Einräumung de« Besitze-, er bedarf ihrer nicht, wie nach römischem Recht, weil er nicht selbst verkauft, sondern da« Gericht die Veräußerung vornimmt. Die hypothekarische Klage und die Klage au« der Grundschuld wird entweder auf Sicherung gegen nachthei­ lige Dispositionen de« Besitzer« über da« Grundstück""), oder gleich auf Ausübung de« Pfandrecht« durch Subhastation oder Sequestration gerich­ tet, und zwar gegen jeden Besitzer de« Grundstück«, wenn er auch nicht der persönliche Schuldner ist, und ohne daß er die Einrede der Redlich­ keit de« Besitze« und die mit diesem verbundenen Gegenansprüche erheben darf"'). Die angestellte Klage und die Zwangsvollstreckung wird auch nicht dadurch gehemmt, daß seit der Zustellung der Klage ein Wechsel in der Person de« Eigenthümer« de« Grundstücks eingetreten ist'"). Ist '”) Koch, Anleit 1. 287. §. 62. Priv.-R. I. 618. Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872.

§118—120. d. T. f. oben S. 246.

Ueber die Frage,

§. 19. Rr. 2. brt Ges. über den

ob eine Hypothek vindizirt werden kann,

"') Koch, Änt. I. 294. §. 84.1.

*”) Au« §.441. 442. b. T. § 50. de- Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. Bergt. Strieth. B. 65. S. 98f. und oben S. 413 bei Note 23.

•»') §. 492. 493. b. T. ,M) §. 44

de- Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872

Förster, Preuß. Privatrechr. IU. 3. Ausl.

434

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrecht«.

der persönliche Schuldner Besitzer des Grundstück», so kann die dingliche Klage mit der persönlichen Schuldklage verbunden werden. Der Kläger erlangt dadurch das Recht der Zwangsvollstreckung auch in da» übrige Vermögen de» Beklagten, wahrend er au» der dinglichen Klage allein nur da» Recht hat, das ihm haftende Grundstück anzugreifen'"). Gegen an­ dere hypothekarische Gläubiger an derselben Sache wird mit der au- dem Pfandrecht entspringenden dinglichen Klage das Vorrecht ausgeführt'"). Solche Klagen kommen namentlich dann vor, wenn da» Grundstück be­ reit» subhastirt ist, und e» sich um Vertheilung de» gelösten Kaufgeldes unter die Gläubiger handelt'"). Der Antrag richtet sich hier darauf, daß der Kläger au» dem Erlös voraus zu befriedigen sei. Es kann aber auch vor dem Verkauf die Priorität zwischen zwei Gläubigern streitig wer­ den und dann ist die Klage mit dem Anträge zulässig, daß der Hypothek oder Grundschuld de- Kläger» da» Vorrecht einzuräumen.

Während die hypothekarische Klage sowohl wie die Klage auS der Grundschuld ihre Begründung lediglich in der Thatsache der Eintragung hat und mit beiden Klagen nur die Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück erreicht werden kann'"), sind sie durch die Einreden, die ihnen entgegengestellt werden können, unterschieden'"). Zunächst zwar beiden Klagen gemeinsam ist der Ausschluß der Einrede gegen da» Ver­ fügungsrecht des Kläger» au» der Person seines eingetragenen RechtSurheber» — eine Vorschrift, die bereits dem älteren Recht angehört'") und durch den öffentlichen Glauben des Grundbuchs sich rechtfertigt. Sodann aber erleiden die Einreden gegen die hypothekarische Klage nnr eine Beschränkung, wenn der Kläger ein dritter entgeltlicher Erwerber der Hypothek ist. Einem solchen Erwerber müssen die Einreden vor oder bei dem Erwerb bekannt geworden sein, entweder durch da» Grundbuch, — sei eö, daß in demselben durch Vermittelung des Prozeßrichters der Eigenthümer deö belasteten Grundstücks oder der Cedent der Hypothek eine Einrede gegen die Belastung oder gegen den Cessionar hat eintragen laffen, sei e- daß sonst daS Grundbuch da» Material zu einer Einrede darbietet — oder aus anderen Quellen, z. B. durch die angehestete Schuldurknnde'"). *••) §. 37. daselbst. Wenn mit der Klage au» der Grundschuld die persönliche Klage verbunden wird, muß natürlich der Zusammenhang der persönlichen und der Grundschuld nachgewiesen werden, denn es darf nicht dieselbe Leistung doppelt verlangt werden. '") Strieth. B. 62. S. 30a.

*”) Konk.-Ordn. §. 394.

Lubh.-Ordn. v. 15. Marz 1869 §. 70.

*••) §. 37. de» Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872.

»") §. 38. de» cit. Grs.

'") Ges. v. 24. Mai 1853. §. 15. '••) Mit Recht hebt Achilles, Note 63. hervor, daß das Präjudiz 2000 (Samml. I. 119) noch gilt.

Im Uebrigen können die Einreden ebenso au» dem persönlichen Schuld­ verhältniß wie au» dem Hypothekenrecht entnommen sein, und gegen den ersten Gläubiger, sowie gegen den unentgeltlichen späteren Erwerber ist auch jene Beschränkung der Kenntniß nicht vorhanden. Da» ist im We­ sentlichen da» alte Recht""); e» folgt au» der accessorischen Natur der Hypothek, während die nicht au» ihr folgende Beschränkung dritten red­ lichen und entgeltlichen Erwerbern gegenüber au» der Bedeutung de» Grund­ buch», au» seinem öffentlichen Glauben sich erklärt"'). — Ander» muß sich die» bei den Einreden gegen die Grund schuldklage stellen. Die Grundschuld ist nicht accefforisch; Einreden, die au» dem Prinzipalen Rechtsverhältniß, au» der Obligation, entnommen werden, können folge­ weise nicht zugelaffen werden. So faßte der Regierung-entwurf die Sach­ lage auf; e» sollten gegen die Grundschuld alle Einreden au-geschloffen sein, die au» der ungiltigen Entstehung der persönlichen Schuld hergelei­ tet würden, weil die letzteren nicht da» Fundament der Grundschuldklage sei. Dieser Satz ist jedoch nicht in da» Gesetz übergegangen; noch über Artikel 82. der deutschen Wechselordnung hinaus, an welchen sich die Re­ gierungsvorlage angeschlossen hatte, ist die Einrede der Arglist (exceptio doli generalis) in vollem Umfang beibehalten. Jede Einrede ist zulässig, welche dem Beklagten gegen den jedesmaligen Kläger unmittelbar zusteht, mag sie herstammen au» dem persönlichen Schuldverhältniß, zu dessen Sicherung die Grundschuld bestellt worden ist'"), oder au- sonst irgend einem zwischen den Parteien bestehenden Recht-verhältniß, mag der Er­ werber der ursprüngliche Gläubiger der Grundschuld, oder ein späterer Erwer­ ber sein, mag er die Grundschuld entgeltlich oder unentgeltlich erworben haben. Jede Einrede ferner ist zulässig, welche dem Kläger bei dem Erwerb der Grundschuld bekannt gewesen ist, auch wenn sie dem Beklagten nicht unmittelbar gegen den Kläger, sondern gegen deffen Recht-vorgän­ ger zusteht; e- schützt den Kläger nicht, daß die Einrede nicht au- dem Grundbuch oder dem Grundschuldbrief ersichtlich ist; er hat vermöge seiner '«•) A L.R. I. 20. §. 422-424. Anh. §. 53. Jix §. 511. I. 20. Dagegen ist die Dorschrist der §§. 425. 426., insofern sie die innerhalb vier Wochen nach erfolgter Eintragung der Hypothek vermerkten Einreden auch gegen denjenigen redlichen Dritten wirken läßt, welcher vor Ablauf dieser vier Wochen die Hypothek erworben hat, in da« neue Recht nicht übergegangen. Der Vermerk einer Einrede wirkt nicht rückwärt-, sondern nur spateren Erwerbern gegenüber. Daß auch die 38tägige Frist au« §. 738. I. 11. ALR. jetzt bedeutungslos ist, f. oben ®. 2. ©. 245. Förster, Grundbuchrecht ®. 201 fg. 175f. "') Oben B 1. S. 127 fg. '") AuS dem persönlichen Schuldverhäktniß, d. h. da« letztere muß giltig entstanden fein und nur dem darau« herzuleitenden Anspruch kann eine Einrede entgegen­ gesetzt werden. Dagegen kann gegen die Grundschuldklage nicht die Einrede ge­ braucht werden, daß da« persönliche SchuldverhälMiß ungiltig entstanden sei, weil hieran« noch keine«weg« folgt, daß auch die Grundschuld, die lediglich auf der Bewilligung de« Eigenthümer« beruht, und kein Accefforinm ist, ungiltig ent­ standen sei. Richtig Achilles S. 91. Not« 60 d

Zweite- Buch.

436

Die besonderen Privatrechte.

Kenntniß der Thatsachen, auf weichen die Einrede beruht, bei dem Erwerb

der Grundschuld nicht den redlichen Glauben an die Richtigkeit des Grund­ buch» gehabt.

Auch hier übrigen» ohne Einfluß, ob der Erwerb ein un­

entgeltlicher oder entgeltlicher gewesen ist, ob die Einrede mit der Bestel­

lung der Grundschuld zusammenhängt, selbst, oder

also au»

dem Grundschuldrechte

au» einem ganz abliegenden Rechtsverhältniß stammt.

Die»

ist aber, soweit die Einrede nicht mit dem Grundschuldrecht zusammenhängt,

in der That nur eine Fiktion der Unredlichkeit, da trotz einer solchen Ein­ rede die Eintragung der Grundschuld eine ganz richtige, mithin trotz der

Kenntniß der Einrede dennoch der redliche Glaube an die Richtigkeit

des

Grundbuchs vollkommen vorhanden sein kann, jene Kenntniß diesen Glau­

ben nicht ausschließt.

Die Zulässigkeit solcher Einreden ist daher eine of­

fenbare Durchbrechung deS Prinzips, auf welchem

5. Mai 1872 über

den Eigenthumserwerb

sonst das Gesetz vom

beruht'").

Wodurch unter­

scheidet sich nun die Klage aus der Grundschuld von der hypothekarischen

Klage in Betreff der Einreden?

Wenn die Grund schuld in der Hand sind nur die unmittelbar gegen ihn

deS ersten Gläubigers sich befindet,

zustehenden Einreden unbeschränkt zulässig, ausgeschlossen dagegen diejenigen

Einreden, welche der Beklagte aus der Person seines RechtSvorgängerS herleitet: er kann keine persönliche Einrede geltend machen, welche seinem

Vorgänger im Eigenthum deS Grundstücks gegen den Gläubiger, wenn die­

ser gegen ihn au» der Grundschuld geklagt hätte, zugestanden haben würde. Eine solche Einrede wäre nämlich der Grundschulbklage gegenüber selbst in dem Falle auS dem Rechte eines Dritten hergeleitet (exceptio de jure

tertii), wenn die persönliche Einrede aus dem Schuldverhältniß entstammt,

welches

die Beranlaffung zur Bestellung

der Grundschuld

gegeben hat.

Befindet sich die Hypothek in der Hand des ersten Gläubigers, so kön­ nen ihm von dem Beklagten auch solche persönliche Einreden entgegengesetzt werden, welche auS der Person seines RechtSvorgängerS, der die Hypothek

bewilligt hat, hergeleitet sind, also insbesondere die Einrede der Ungiltigkeit der persönlichen Schuld, für welche die Hypothek bewilligt worden ist, auch

wenn sie nicht auS der Schuldurkunde erkennbar ist, nur nicht die Einrede der

Ungiltigkeit der Bewilligung, wenn diese Ungiltigkeit ihren Grund in dem man­ gelnden BerfügungSrecht des eingetragenen bewilligenden VoreigenthümerS,

des eingetragenen Rechtsurhebers der Hypothek, hat. Befindet sich die Grund-

sch uld in der Hand eines späteren Gläubigers, so können gegen diesen nicht nur solche Einreden erhoben werden, die dem Beklagten unmittelbar gegen ihn

zustehen, sondern auch die gegen den RechtSurheber deS Gläubigers zustehen­ den Einreden, wenn sie nur nicht da» BerfügungSrecht des eingetragenen

RechtSurheberS (Cedenten) betreffen,

und wenn sie dem Kläger

'") «ergl. Bahlmann S. 112 Rvle 159.

Achilles S- 93 Note 62.

bei dem

§. 194.

Der Umfang und di« Mrknng bet Pfandrechts.

Erwerb der Grundschuld bekannt gewesen sind.

437

Hiervon weicht die Klage

aus der Hypothek insofern ab, als dem späteren Gläubiger Einreden

au- dem persönlichen Schuldverhältniß, auch ohne deren Kenntniß entgegenge­

setzt werden dürfen, wenn der spätere Gläubiger die Hypothek unentgeltlich erworben hat, während bei dem entgeltlichen Erwerb wie bei der Grundschuld die Kenntniß von der Einrede nothwendig ist.

Praktisch kann man diesen

Unterschied nur als einen sehr geringfügigen bezeichnen. gegen hat größere Bedeutung.

Es folgt au»

Ein anderer da­

dem Glauben

des Grund­

buchs, daß Einreden, die da» Grundbuch ergiebt, sowohl gegen die Grund­

schuldklage wie

gegen die hypothekarische Klage muffen geltend gemacht

werden können.

Bei der hypothekarischen Klage ist der Satz auch aner­

kannt; gegen die Grundschuldklage sollen aber solche Einreden ausgeschlos­

sen sein,

wenn

sie sich nicht auch auS dem Grundschuldbrirfe ergeben.

Der Fall wird praktisch gewiß selten eintreten, »nd selten schädlich werden,

denn wenn der Grundschuldbrief nicht mit dem Grundbuch

in Einklang

steht, so wird immer — abgesehen von Fälschungen deS Briefes, die den­ selben aber ungeeignet zur Grundlage der Klage machen, — ein Versehen

deS Grundbuchamts die Ursache sein, der beklagte Eigenthümer also, der seine Einrede verliert, gegen den Grundbuchbeamten und gegen den Staat einen Ersatzanspruch haben.

Theoretisch aber ist der Satz falsch; während

der Hypothekengläubiger sich nur auf die Angaben

de» Grundbuch« ver­

lassen darf, kann der Grundschuldgläubiger sich auf die Angabe de» Grund­ schuldbriefs verlaffen, obschon letzterer nur eine Abschrift de- Grundbuch­ sein documentum referena) ist, und obschon die Grundschuld nur durch die Eintragung im Grundbuch begründet werden kann, also nur in die­ ser ihre Quelle hat.

die richtige Urschrift!

Die fehlerhafte Abschrift hat stärkeren Glauben al-

Man hat sich offenbar die Tragweite eine- solchen

Satzes und seine Konsequenzen nicht überlegt; wie er logisch unrichtig ist, so kann

den, daß

er auch durch die beliebte leere Reden-art nicht begründet wer­ der Grundschuldkricf der „Träger"

der Grundschuldforderung

sei, weil die Entstehung der Gruvdschuld nicht in der Ausfertigung de« Briefe-, sondern in

Briefe-, liegt.

der Eintragung im Grundbuch,

also außerhalb de-

Man könnte versucht werden, dem Gesetz eine engere Aus­

legung in dem Sinne zu geben, daß unter dem Ausdruck: „Einreden, die au- dem Grundschuldbrief sich ergeben" nur solche Einreden zu verstehen

seien, die sich der Eigenthümer zum Zweck ihrer Erhaltung im Grundbuch hat vermerken laffen,

so daß also nur

solche verloren

nicht auch im Grundschuldbrief enthalten sind.

gehen, wenn sie

ES behielte dann der Be­

klagte alle anderen Einreden, deren Material ihm da» Grundbuch an die Hand giebt,

spricht.

auch wenn dieses Material dem Inhalt deS Briefe- wider-

Einer solchen restriktiven Auslegung steht aber entgegen, daß of­

fenbar die Worte: „Einreden, die sich aus dem Grundschilldbrief ergeben",

438

Zweite- Vach.

Die besonderen Pnvatrechte.

d. h. die au- ihm gefolgert werden können, ganz gleichbedeutend sind mit dem Ausdruck: „Einreden, die sich aus dem Grundbuch ergeben", daß der Grundschuldbrief dem Grundbuch substituirt ist. Wenn also eine Grundschuld auf 1000 Mark eingetragen ist und der Brief lautet auf 1000 Thaler, so ist, obschon auf 2000 Mark eine Grundschuld gar nicht eingetragen, mithin auch gar nicht begründet ist, der Eigenthümer doch ge­ hindert, die- geltend zu machen, er muß 1000 Thaler zahlen und hat nur die EntschadigungSklage gegen die Grundbuchbeamten und den Staat, Daflelbe wird gelten müssen, wenn die Grundschuld theilweise bezahlt und insoweit im Grundbuch gelöscht, die Theillöschung aber auf dem Brief nicht vermerkt worden und letzterer redlich von einem Dritten erworben worden ist144). ES bedürfen einige Einreden noch besonderer Erwähnung. Zunächst die Einrede der Tilgung von Zinsen und sonstigen Jahresleistungen der Post; sie ist von jeder Beschränkung frei, steht gegen jeden Inhaber der Grundschuld oder Hypothek zu, auch wenn er diese redlich und ent­ geltlich erworben hat144). Der Satz ist, wie B ahlmann mit Recht her­ vorhebt, im Gesetz entbehrlich, weil er selbstverständlich ist146). Denn das Grundbuch ergiebt nichts über Zinsrückstände, sondern enthält nur die Zinspflicht; werden also Zinsrückstände cedirt, obwohl sie schon bezahlt sind, so kann der Eigenthümer hier so wenig, wie bei der Cession einer 1U) Achilles hat S. 93 die im Text erwähnten Beispiele ander- entschieden; er meint, die falsche Summe der Grundschuld und die Theillöschung könnten dem dritten Erwerber de- Briefe- gegenüber geltend gemacht werden, weil die- Ein­ reden seien, die dem Kläger gegenüber unmittelbar zuständen. Da- ist wohl aber nicht der Sinn de- „unmittelbar Zustehen-." Unmittelbar steht nur die Einrede zu, welche ihren Ursprung in einem zwischen den Parteien selbst begründeten Recht-verhältniß hat. Aber daran muß man sesthalten, daß sich derjenige auf den Inhalt de- Grundschuldbriefes nicht verlassen darf, der bei dem Erwerb des­ selben seine Unrichtigkeit, seine Nichtübereinstimmung mit dem Grundbuch gekannt hat, denn wenn auch da- Gesetz nur den redlichen Glauben au die Richtigkeit de- Grundbuchs kennt, so steht doch hier der Brief dem Buch gleich und jeden» fall- begründet der Dolus de- Klägers ein unmittelbare- Recht-verhältniß zum Beklagten, au- dem für diesen eine unmittelbare Einrede hervorgeht. — Achilles erwähnt noch a. a. O. de- Falle-, wenn der Brief eine beffere Priorität anyiebt, al- die Grundschuld im Grundbuch hat, und fragt, wie der SubhastationSrichter da- Kaufgeld vertheilen soll. Zweifellos richtig beantwortet er sie dahin, daß der SubhastationSrichter nur nach Inhalt de- Grundbuchs zu vertheilen hat; für ihn find nur maßgebend Subh-Ordn. v. 15. März 1869 §. 60. Abs. 1. Konk-Ordn. v. 8- Mai 1855 $.53., da- Gesetz über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872 §. 38. normirt nur da- Verhältniß zwischen dem Eigenthümer al- Bellagten und dem Gläubiger al- Kläger, der Subhastat ist aber bei der Reihenfolge der Kauf­ gelderveriheilung nicht betheiligt. Dernburg (Priv.-R. I. S. 422 Note 6) will die beffere Priorität de- Briefe- entscheiden lassen. Man vergegenwärtige flch nur, wie die Sache zu stehen käme, wenn zwei Briefe dieselbe Priorität hätten, während die beiden Grundschulden nicht zu gleichem Recht eingetragen find; sollen denn etwa die beiden Gläubiger antheil-weise au- dem Kaufgeld befriedigt werden, und wodurch würde der SubhastationSrichter berechtigt, so zu vertheilen? Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. §. 39. “•) A. a. Y. H. 112f. Rote 161. Achilles S- 95. Note 65.

persönlichen Forderung die Zahlung-einrede verlieren. — Sodann die Einrede der Vorau-klage (exceptio excussionis). Auch hier weicht da- preußische Recht von dem römischen erheblich ab, und muß abweichen, weil e- den Gegensatz de- letzteren zwischen General- nnd Spezialhhpothek nicht kennt, mithin eine Verweisung de- Gläubiger» an da» Spezialpfand nicht denkbar ist"'). Da- A.L.R. hat jenem Gegensatz einen andern substituirt, zwischen Pfandsache und »übrigem Vermögen" de» Schuldner», und gestattet dem persönlichen Schuldner, wenn er noch Eigenthümer der Pfandsache ist, den Gläubiger zuerst an da- Pfand zu verweisen, wenn der Realisirung de- Pfandrecht» kein Hinderniß entgegensteht oder nicht der Gläubiger seinem Pfandrecht entsagt hat (exe. excussionis realis)"e). Die Einrede fällt weg, wenn die verpfändete Sache in da» Ei­ genthum eine» Dritten übergegangen ist"') und dieser kann, wenn er mit der Pfandklage in Anspruch genommen wird, nicht die Einrede erhe­ ben, daß erst gegen den persönlichen Schuldner geklagt werden müsse, was ihm im römischen Recht gestattet ist""). Nur wo ein Bürge zur Sicher­ heit seiner Bürgschaft ein Pfand bestellt hat, darf er den Gläubiger zu­ nächst an den persönlichen Schuldner verweisen (exc. excussionis perso­ nal»), weil sich der subsidiarische Charakter der Bürgschaft hier auch auf die Pfandbestellung überträgt"'). Daß die Einrede der Vorau-klage dem persönlichen Schuldner, welcher gleichzeitig dem Gläubiger eine Grund­ schuld bestellt hat, nicht zusteht, folgt daran», daß ein Zusammenhang zwischen der persönlichen und der Grnndschuld nicht besteht, beide unab­ hängig von einander sind. — Dritten- die Einrede der Theilung ist '") Die Einrede, durch welche der Gläubiger zunächst an die Spezialhypothek ver­ wiesen wurde, ist durch die Nov. 4. c. 2 eingeführt. Daß die Einrede auch ge­ braucht werden könne, wenn Spezial- und Generalpfand sich noch im Besitz de» Schuldner» befinden, daß sie also auch dem Schuldner selbst zustehe, nicht bloß dem Dritten, der von ihm die mit dem Generalpfand belasteten Sachen erworben, hat sich erst seit der Gloffc al» Rechtssatz entwickelt, blieb aber bestritten. Ueber, die Entstehung-geschichte de» §.46. d.T. s. Bornemann IV. 191 Rote 1. Koch, Komm. Rote 44 zu §. 46. '") §. 45. 46. 47. d. T. Reskr. v. 24. Rov. 1842, Iahrb. B. 1. S. 276. Borne­ mann IV. 191. Koch, Anl. I. 297. Komment. Rote 44 zu §. 46. und Rote 45 zu §. 47. E» handelt sich hier um eine wirkliche Einrede, der Beklagte muß die Berweisung „beantragen". Der Schuldner kann der Einrede entsagen. Reskr. v. 30. Okt. 1828 (in den Ergänz, zn §. 46). Sie kann aber noch in der Exe« kution»instanz erhoben werden. Koch, Rote 44. Bornemann IV. 192. A. M. Schmidt, Pfandr. S. 480.

'") §. 49. 494. d. T. Sie fällt auch weg bei Lechselschulden. Ges. v. 11. Mai 1839 §. 3. Die deutsche Wechsel-Ordn. kennt die Einrede nicht. IM) §. 49. d. T. Der dritte Pfandbefteller, der stch nicht außerdem verbürgt hat, hastet nur mit dem Pfande (Präj. 1478. Sammt. 1.111). Nach §. 41. de» Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872 wird der aus da« Kaufgeld Hypo­ theken übernehmend« Erwerber persönlicher Schuldner, e» versteht sich also von selbst, daß, wenn er. verklagt wird, er den Kläger nicht an den ersten persönlichen Schuldner verweisen kann-

'") §. 51. 52. d. T.

wegen der Untheilbarkeit de- Pfandrecht- an sich ausgeschlossen'"), sie steht insbesondere auch nicht dem Besitzer eine- mit anderen zugleich (conjunctim) verpfändeten Grundstück- zu, wenn der Gläubiger gegen ihn die ganze Forderung geltend macht'"). —Endlich die Einrede der Gegen­ rechnung; sie war gegen den hypothekarischen Cessionar versagt, wenn sie nicht im Hypothekenbuch vermerkt oder dem Cessionar sonst bekannt gewesen war.'"), Im neuen Recht ist an diesem Satz nur da» geändert, daß der Cessionar die Hypothek gegen Entgelt erworben haben muß'"). Gegen den unentgeltlichen Erwerber kann also mit einer vor der Session entstandenen Forderung de- Schuldner» an den Cedenten auch dann kompensirt werden, wenn der Cessionar keine Kenntniß davon gehabt hat'"). Dagegen hat nach einer anderen Richtung da- neue Recht nicht verän­ dernd eingegriffen. Wenn der Erwerber eine- Grundstück- den Preis zur Bezahlung gewisser Schulden de- Veräußerer» zu verwenden versprochen hat, so darf er nach A.L.R.'") zum Nachtheil dieser Gläubiger mit an­ deren Forderungen an den Veräußerer nicht kompensiren. Nach neuem Recht wird der Erwerber, welcher Hypotheken in Anrechnung auf da» Kaufgeld übernimmt, auch persönlicher Schuldner de- Hypothekengläubi­ gers'"); er hat also zwar jetzt da» Recht, mit einer ihm selbst gegen diesen Gläubiger zustehenden Forderung zu kompensiren, auch wenn sie erst nach der Uebernahme der Hypothek entstanden ist, aber er darf ihm nicht eine Forderung zur Kompensation stellen, die er gegen den Veräu­ ßerer hat, der Satz de» A.8.R. ist also stehen geblieben'").

§. 195.

Die Aufhebung des Pfaudrechts.

Wa» da- A.L.R. unter dem Marginale Aufhebung de- Pfandrecht» beibringt'), ist nicht erschöpfend und muß anderweitig ergänzt werden. 1. Da- Pfandrecht hört auf durch den Verkauf derSache, und zwar nicht nur da- Pfandrecht desjenigen Gläubiger», auf dessen Antrag der Verkauf stattgefunden, sondern auch jedes andere Pfandrecht, was an “*) Oben © 411.

'”) Konk.-Ordn. $. 56. Nr. 1 Ges. über den Eigenthum-erwerb v. $.42. '“) Anh. §. 53. zu 511. I. 20. A.L.R.

5. Mai 1872.

•••) Ges über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. §. 38. *••) Wie bei der Eession persönlicher Forderungen.

Oben B. 1. S. 662.

»») §. 370. 1.16. “•) §. 41. de« Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872.

*••) Hiernach muß oben B. 1. S. 601 Note 112 berichtigt werden. § 370. spricht von Gegenforderungen de« Käufer« gegen den Verkäufer, nicht von Forderungen de« Käufer« gegen den übernommenen Gläubiger. ') {. 55-59 p. D

§. 195.

Die Aushebung brt Pfandrecht«.

441

der Sache gehastet hat'). ES geht 2. unter mit dem Untergang der Sache; aber hier treten die oben') erörterten Bestimmungen ein, daß wenn aus der untergegangenen Sache eine neue entsteht, auf diese da» Pfandrecht übergeht und daß eine Veränderung der Sache das auf ihr haftende Pfandrecht nicht aufhebt. Die anstatt der untergegangenen an­ geschaffte neue Sache tritt dagegen nicht in den Pfandnexus') und der Satz, daß der in Folge besonderer Ansprüche erzielte Werth der unter­ gegangenen Sache an deren Stelle trete, gilt nicht, nur die Feuersiche­ rungsgelder haften statt des abgebrannten Gebäude» dem Gläubiger'). Au» der Untheilbarkeit de» Pfandrecht» folgt, daß der letzte Rest der Sache noch immer für die ganze Forderung haftet'). Vermöge seiner accefsorischen Natur erlischt 3. das Pfandrecht, wenn die Forderung getilgt oder erloschen ist, eine Fortdauer desselben für eine Naturalobligation ist dem preußischen Rechte unbekannt'). Der Satz erleidet eine Modifikation bei der Hypothek, welche nur durch Löschung beseitigt werden kann, wovon später zu handeln ist'). Dem Pfandrecht kann 4. der Pfandgläubiger entsagen'). Aus der Entsagung folgt nicht, daß die Forderung aufge­ geben wird"), auch folgt aus der Bestellung einer anderweitigen Sicher­ heit für diese, z. B. der Annahme eint» Bürgen, nicht die Entsagung deS bestellten Pfandrechts"). Wenn der Besitzpfandgläubiger die bewegliche Sache freiwillig zurückgiebt, so gilt die» al» Entsagung auf da» Pfand') 1.15. D. VIII. 28. 1. 6. C. VIII. 18. I. 1. C. VIII. 20. 1.6.7. C. IV. 10. Oben S. 405 Note 71. •) Oben §. 184. S. 289 a. E. 4) Dagegen ist da« Gebäude verpfändet, wenn e« an Stelle de« abgebrannten auf der verpfändeten area erbaut worden. 1. 29 §. 2. 1. 35. D. XX. 1. *) Ges. über den Eigenthumserwerb v. 5. Mai 1872 §.30. (letzter Satz). Dagegen treten die Feuerversicherung-gelder an die Stelle beweglicher verpfändeter Sachen nicht. *) k 261. d. T. 1. 21. D. XIII. 7.

’) § 55. d. T. Die Forderung muß mit allen ihren Nebenansprüchen an Zinsen, Losten, Interesse, Konventionalstrafe und Verwendungen auf die Pfandsache selbst erloschen sein. 1. 8. §. 5. D. XIII. 7. 1. 6. C. VIII. 14. Dernburg I. 551. Leyser sp. 224. tu. 6. •) Unten §. 200. Da» Pfandrecht geht aber für den Gläubiger jedenfall« unter, so­ bald seine Forderung getilgt worden, mag die Hypothek gelöscht worden sein oder nicht. Enflch. 8. 18. S- 264. Strieth. 8. 43. S. 268. Der bezahlte Hhpothekengläubiger ist daher verpflichtet, löschung-fähige Quittung zn ertheilen. Strieth. B. 53. S. 90. *) §. 47. d. TAuch theilweise Entsagung. Reskr. v. 14. Rovbr. 1815 (Ergänz. Nr. 2. zu §. 47). Ueber stillschweigende Entsagung de« Pfandrecht» durch Ge­ nehmigung der Veräußerung. 1. 4. §. 1. D. XX. 6. Seuffert XVI. 17. (£>.«

Trib. Berlin). '•) Entsch. 8 9. S. 257. Daß die in derselben Entsch. enthaltene Umkehr de« Satze«: au« der Entsagung der persönlichen Forderung folgt nicht die Entsagung auf da» Hypothekenrecht, weil beide Berechtigungen ganz verschiedene und unabhängig von einander seien, unrichtig ist, ist oben schon erwähnt. S. 429 f.

") §. 68-70. d. T. 1. 6. j. 2. v. XX. 6. 1. 9. §. 3. v. XIII. 7.

442

Zweite« Buch

Die besonderen Privatrechte.

recht, und selbst ein bei der Zurückgabe gemachter Vorbehalt konservirt e- nicht gegen Dritte, sondern erzeugt nur persönliche Ansprüche gegen den Empfänger"). Bei einer verpfändeten unbeweglichen Sache vernichtet deren Zurückgabe da- Pfandrecht nicht, weil dieses hier auf der Eintra­ gung beruht"). 5. Zur Strafe verliert der Pfandgläubiger fein Pfand­ recht, wenn er den Besitz der Sache gegen den Schuldner oder Eigenthü­ mer vorsätzlich leugnet"). 6. Verwirkt wird das Pfandrecht, wenn der Gläubiger da- verfallene Gebäude zur Wiederherstellung nicht annehmen will und e- deßhalb einem Dritten zugeschlagen worden ist"). Solange der Gläubiger im Besitz der Pfandsache, oder die Hypothek und Grund­ schuld eingetragen ist, kann auch 7. da- Pfandrecht nicht verjähren"). Eine Verjährung desselben ist nur denkbar, wenn der Gläubiger den Besitz verloren oder die Hypothek und Grundschuld zu Unrecht gelöscht worden ist"). Da- Pfandrecht geht 8. nicht durch Ersitzung de- Eigenthums in der Hand des Pfandgläubigers unter, weil dieser den Grund seineBesitzrechtS sich nicht ändern kann"). Sein redlicher Erbe aber, d. h. der den Pfandbesitz nicht kennt, beginnt die Ersitzung des Eigenthums, mit deren Vollendung das Pfandrecht untergeht"). Wie jedes dingliche Recht erlischt 9. das Pfandrecht durch Konsolid ation, wenn der Pfand­ gläubiger Successor des Eigenthümer- in die Sache wird, oder der Ei'*) §. 253. 254. d. T. Die Rückgabe de- Pfande» muß aber wirklich und vollstän­ dig erfolgt sein; biet ist z. B. nicht der Fall, wenn da- verpfändete Hypotheken­ instrument zurückgegeben wird, der Pfandgläubiger aber die ihm ausgestellte DerPfändung-urkunde behält. S trie th. B. 38. S. 45. Die Rückgabe muß auch an den Schuldner oder Verpfänder erfolgt sein, da- Pfandrecht geht nicht ver­ loren, wenn da» Pfand dem Gericht übergeben wird. Strieth. B. 11. S. 124. B. 13. S. 219. '•) §. 255. 99.100. d. T.

Motive zum bürgerl. GB. S. 531.

") §. 256. d. T.

») §• 258. d. T. §. 44-53. I. 8. '*) $. 246. 535. d. T. §.511. I. 9. Weil da« Pfandrecht nicht durch naus entstehen kann, kann e- auch nicht durch non uaus untergehen. Bremer S. 146. Vgl. Seuffert XVI. 201 Nach Code 2198 erlischt die Inskription (aber nicht die Hypothek), wenn sie nicht vor Ablauf von 10 Jahren erneuert worden. Sergi, hierüber Zachariä II. 156f.

*’) $. 244. 526 f. d. T. Konsequenz von §. 511. I. 9. Koch, Pr.-R. I. 635. a. E. s. E« ist auffallend, daß §. 245. d. T. die 568. 569. I. 9. citirt Line solche Verweisung aus diese $$. kommt sonst im A LR. nicht vor (Koch, Komm. N 50 zu §. 245. d. T-), und ist auch hier überflüssig. Ueber die Rückwirkung der Un­ verjährbarkeit de» Pfandrecht» auf die Verjährbarkeit der Forderung s. oben S. 428 fg. Da» Pfandrecht für die einzelnen Zin»ansprüche au» eingetragenen Forderungen verjährt in 4 Jahren. Ges. v. 31. März 1838. $. 2. Rr. 5. Ueber gemeine« R. s. Unterholzner II. ß. 249. Windscheid I. 654.

Ie) 8- 250. d. T 1.44. $. 5. D. XLI. 3. Auch kann keine erwerbende Verjährung de« dritten Besitzer» de» Pfaudobjekt» gegen den Pfandgläubiger (auf Freiheit von dem Pfandrecht) eintreten. Seuffert XII. 11. *') §. 251. 252. d- T. S- 205 Note 50.

Die usucapio

pro

berede

nach §. 617. I. 9.

S- oben

genthümer die Forderung und damit da- Pfandrecht an seiner Sache er­ wirbt'"). Auch hier tritt modifizirend der Satz ein, daß eine Hypothek und Grundschuld bi» zur Löschung besteht und welche Konsequenzen da­ neuere Recht hieran geknüpft hat, wird später einer ausführlichen Erörte­ rung zu unterziehen sein"). 10. Der Ablauf der Zeit, für welche da» Pfandrecht bestellt worden, muß dasselbe anfhören lassen. Da» A.L.R. un­ terscheidet aber. Hat der Schuldner seine eigene Sache verpfändet, so wird die beigefügte Zeitbestimmung interpretirt al- Feststellung de» Zah­ lung-termin» für die Schuld"). Steht dieser Auslegung der Inhalt de» Bertrage- entgegen, und soll die Dauer de» Realrecht- durch die Zeitbe­ stimmung begrenzt werden, so hat ein solcher Vertrag zum Nachtheil de» Pfandgläubiger» keine Wirkung, d. h. der Verpfänder muß bei Ablauf der Zeit auch die Schuld zahlen, oder sich den Berkans de» Pfande» ge­ fallen lasten"). Dagegen wenn Jemand für eine fremde Verbindlichkeit Pfand auf eine bestimmte Zeit gegeben hat, finden die Vorschriften von der auf Zeit übernommenen Bürgschaft Anwendung, und da» Gleiche gilt in dem Fall, wo da» Eigenthum der Sache von dem Verpfänder inzwischen auf einen Dritten übergegangen ist"). Wieder verschieden ist endlich der Fall, wo die Giltigkeit der Verpfändung von der Einwilligung eine» Drit­ ten abhängt"). So bei der Verpfändung von Lehn- und Fideikommißgütern von der Einwilligung der Agnaten und Anwärter. Die Einwilli­ gung kann an Bedingungen und Zeitbestimmungen geknüpft werden"). Tritt die auflösende Bedingung oder die Zeit ein, so hat der Einwilligende da» Recht wie ein auf Zeit verpflichteter Bürge, und da» Pfandrecht geht dann so soweit unter, al» dessen Wirkungen dem Cinwilligenden nachthei­ lig sein würden"). «*) Oben 6.278 s. ’*) Unten §. 200.

”) §. 57. d. T. ”) $. 58. d. T- Wenn aber die Sache in den Besitz eine» Dritten übergegangen ist, so kann der Gläubiger sein Pfandrecht nach Ablauf der Zeit nicht mehr geltend machen. Da« folgt an» § 59. Koch, Note 57 zu §■ 58.

5I? $. 56. 59. d T. Oben v. 2. S. 367 bei Note 93. Gegen den Schuldner kann der Verpfänder auf Befreiung nur dann klagen, wenn er mit ihm einen Vertrag dahin geschlossen, daß er für ihn da« Pfand nur bi» zu einer bestimmten Zeit einsetze Oben B. 2. S. 370. St riet hör st B. 36. S 330 und dazu Koch, Note 55 a. (3. A.) zu §. 56. !l) §. 60fg. d T-

Schriftliche Form der Ginwillignng. § 65.

’•) §■ 61. d. T,T) $. 61. 63. d T- Rechtfälle B. 3. S. 250. Der Konseulireudc wird nicht Mitverpflichteter wie ein Bürge, d. h. er hat sich die Ausübung de» Pfandrecht« nur gefallen zu lassen, wenn der Schuldner vorher rechtlich gehört, rechtskräftig verurtheilt worden ist.

Zweiter Abschnitt. Da» Pfandrecht im engeren Sinne.

§. 196. Die Pfaudbestellung durch körperliche Befitziibertragung.

I. Die Begründung. Da» Pfandrecht im engeren Sinne kann an Mobilien und Immobilien nur durch Einräumung de» Besitze» bestellt werden, und zwar muß die Sache in die körperliche Gewahrsam de» Gläubiger» wirklich gelangen und in ihr verbleiben'). Dieser Satz gilt nicht bloß von dem vertragsmäßigen, sondern auch von dem auf Ge­ setz oder gerichtliche Verfügung gegründeten Pfandrecht: der Besitz muß ergriffen sein'). Durch eine s. g. symbolische Uebergabe wird ein Pfandrecht nicht begründet, außer in bestimmten später zu erörternden Fällen'). Giebt aber die symbolische Uebergabe auch kein Pfandrecht, so begründet sie doch eine Klage auf Uebergabe der Pfandsache, d. h. einen Pfandrechts­ titel, was besonder» in dem Fall, wenn der BerpfändungSvertrag wegen Mangel» der schriftlichen Form klaglos ist, wichtig wird'). Hier ergänzt die symbolische Uebergabe die Vertrag-form. Jede» freiwillige Aufgeben der Gewahrsam Seiten» de» Gläubiger» vernichtet sein Pfandrecht; Vorbe­ halte die er sich dabei macht, sind wirkungslos: er kann nicht die Sache dem Schuldner belaffen oder sie ihm zurückgeben mit der Anweisung, sie in seinem Namen, al» sein Stellvertreter zu besitzen'). II. .Rechte und Pflichten de» Pfandgläubigers. Der Pfand­ gläubiger erlangt durch die körperliche Uebergabe für die Zeit bi» zu sei­ ner vollständigen Befriedigung die Rechte und Pflichten eine» unvoll» ') §. 104. d. T. An einer deponirten Kaution erlangt der Gläubiger eiu Pfand­ recht. Strieth. B. 14. S. 173. Einem im Vertrage abgegebenen Anerkennt nisse der erfolgten Uebergabe dürfen die faktischen Umstände nicht widersprechen. Das. B. 12. S- 281.

’) §. 109-111. d. T

») §. 106. d. L.

Unten §• 197.

«) $. 107.108 d. T. •) §. 105. 253 254. d. T. Suarez, Schlußvortr. S- 59. Das O-Trib. hat an­ genommen, daß §. 105. auf den Fall nicht anwendbar sei, wenn Eigenthümer und Schuldner verschiedene Personen sind, zugleich der Psandeigenthümer der gesetzliche Vertreter ist (sein Kurator oder Vormund) und er in dieser Eigenschaft von dem Schuldner, dem er seine eigene Sache zum Zweck der Verpfändung übergeben, diese al» Pfand empfängt, — obschon er nun die Sache al« Eigenthümer und Pfandgläubiger besitzt, und Verpfänder und Psandempsänger Eine Person sindPräs. 1487 Sammt-1. S. 112. Entsch. B. 12. S- 271. Der von Koch Rote83 »»«gesprochene Tadel trifft nicht zu, denn von einem Kontrahiren mit sich selbst ist hier keine Rede- Der Schuldner verpfändet eine fremde Sache mit Einwilligung de» Eigenthümer», und die Pfandbestellung wird durch Uebergabe an diesen Eigenthümer in seiner Eigenschaft al» Vertreter de» Gläubiger» «»»geführt. Da«

schein» in der That zulässig, und §. 105, der nur den stellvertretenden Besitz de« Schuldner« au«schließt, gehört nicht hierher.

§. 196.

Die Pfandbestellung durch körperliche Befitzübertragung.

445

ständigen Besitzer- und hat al» solcher gegen Jeden, auch gegen den Verpfänder, außer den Besitzklagen die publizianische Klage (Bindika­ tion), wenn er den Besitz wider Willen verloren hat'). Diese Klage ist gegen den redlichen Drittbesitzer an die Einlösung-pflicht gebunden'). — Er hat ferner die Verpflichtung, die Sache al» guter Hau-vater zu ver­ wahren und vertritt mäßige» Versehen, auch wenn die verpfändete Sache nicht dem Schuldner, sondern einem Dritten gehört'). — Er ist nicht berechtigt, die Sache zu gebrauchen oder zu benutzen, er vertritt ge­ ringe» Versehen'), wenn er e» thut, und muß den erlangten Vortheil herau-geben oder nach Ermessen de» Richter» vergütigen, kann auch ge­ nöthigt werden, die Sache entweder gerichtlich niederzulegen oder dem Verpfänder gegen ferneren Mißbrauch Kaution zu bestellen"). Um den Gebrauch erlaubt erscheinen zu lassen, ist die Genehmigung de» Verpfän­ der» nöthig"). — Aber bei fruchttragenden Sachen ist die» ander-, sie bedürfen einer Verwaltung, der Einziehung der Früchte und Nutzun­ gen"). Nimmt der Gläubiger ein solche» Pfand an, so unterwirft er sich auch ohne ausdrückliche Verabredung mit dem Verpfänder der Pflicht eine» Verwalter», d. h. er hat die Früchte und Nutzungen zu ziehen, dieselben zunächst auf seine ZinSansprüche, dann auf seine Kapital-forderung abzu­ rechnen und über die» Alle» dem Verpfänder spätesten» bei der Rückgabe de» Pfande» unter Vertretung mäßigen Versehen» Rechnung zu legen"). Diese Rechnung muß immer jährlich abgeschlossen und kann vom Ver♦) 6.116. 117 IIS. d. T- Wenn aber die verpfändeten Jnhaberpapiere nicht außer EourS gesetzt worden sind, findet die Bindikation nicht statt§. 287. d. T. — Gegen den Derpfänder »der Schuldner steht ihm auch die persönliche Klage au« dem Pfandvertrage (a. pignorat. contraria) zu. ’) §.119. d. T. Bei der Bindikation gegen den Dritten muß der Gläubiger außer der Psandbestellung auch da« DirpofitiouSrecht de« Verpfänder« Nachweisen. S« versteht sich von selbst, daß, wenn ihm letzterer Beweis nicht gelingt, und er in Folge dessen abgewiesen wird, da« etwaige Recht de» Verpfänder« auf die Sache davon nicht berührt wird, da re« judicata jus facit iuter partes. S- hierüber Koch, Note 90 zu §. 118 d- T. •) §. 121.122. b. X. V. 307.

1.13. §. l.D. XIII.7.

Glück B. 1«. S. 74s.

Seuffert

') Nach $. 85. 1.14. vertritt der Depositar den Zufall, der sonst die Sacht nicht getroffen hätte. Der Ges.«Rev. will diese Bestimmung hier analog anwenden. Motive S. 371. Analogie ist aber nur statthaft, wo da« Gesetz eine Lücke bietet, hier dagegen hat e« eine positive Bestimmung. Koch, Note 92 zu ß. 124. d. T.

*•> §-123.124.126. d- T. Ueber den Gebrauch versiegelt oder verschloffen gegebener Pfänder f. §. 125. d. T. Oben B. 2. S- 2bO. ") §. 123. d. T**) Fruchttragende Sache ist nicht nur eine solche, welche natürliche Früchte trägt, nach §. 220. I. 9., sondern auch ein zinsbare» Kapital. Strieth. B- 44. S. 113. (Ander« B. 36. @. 237.) Koch, Note 100 zu §. 139. Auch da» Vieh- und Wirthschaft-inventarium- Strieth. B. 18. S. 97.

1,1 §- 139—144 d. TAuch wenn die Verpfändung nur auf einem mündlichen Vertrage beruht. Strieth. V.40. S. 66. B. 46 S. 343. Gntfch. B. 31. S. 302.

Pfänder jährlich gefordert werden, wenn ein Han», ein Landgut, ein In­ begriff nutzbarer Sachen, oder sonst ein Grundstück oder eine Gerechtig­ keit vou nicht ganz geringem Ertrage verpfändet worden ist"). Al- Ver­ walter muß er die zur Zeit der Verpfändung auf der Sache liegenden Realschulden befriedigen"). Mit neuen Reallasten darf der Verpfänder sie nicht mehr belegen; wenn aber der Pfandgläubiger darein gewilligt hat, so verliert er zwar nicht da- Vorrecht seine- Anspruch- vor diesen, aber er muß die au- ihnen entspringenden fortlaufenden Leistungen auden Nutzungen vorzüglich berichtigen"). Sobald er au- den Nutzungen sich selbst befriedigt hat, ist er verpflichtet, die- dem Verpfänder anzuzeigen und die Sache zurückzugeben; er wird von diesem Moment Inhaber einer fremden Sache, muß die ferner gezogenen Nutzungen nach dem höch­ sten Satz verzinsen, und ist unredlicher Besitzer, wenn er die Rückgabe verweigert"). Durch Vertrag mit dem Verpfänder kann dem Pfandgläubiger, welcher eine nutzbare Sache erhalten hat, die Pflicht zur Rechnungs­ legung erlaffen werden. Wenn ein solcher Vertrag vor der Verfallzeit geschloffen wird, mögen die Nutzungen zur Abgeltung der Zinsen oder deKapitals bestimmt sein"), Antichresi-, so erfordert er zu seiner Giltig­ keit nach neuestem Recht nicht mehr") die Prüfung und Bestätigung durch den Richter der Sache, weil diese nur vorgeschrieben war, um wncherliche Geschäfte zu verhüten, eine solche Rücksicht aber mit dem Grundsatz, daß die Höhe der vertragsmäßigen Zinsen der freien Vereinbarung unterliegt, unvereinbar ist"). Die Form de- Vertrage- folgt jetzt den allgemeinen •4) §. 145.146. b. T. “) §. 150—153. b. T. Er haftet aber ohn« persönliche Verpflichtung. *•) $. 154—156. b. T- Nach b«r Fassung des §. 156 auch vorzüglich vor seinen Zinsen. Au» den Materialien ist nicht zu ersehen, wie man hierzu gekommen ist, ba bet bet Redaktion da? Gegentheil beabsichtigt war. Motive zum bürgerlichen SB. ©. 528. *’) §. 147—149. b. T- Ueber bie Worte des §. 148: „vermöge des Standes de» Inhaber»" s. Koch, Note 3. Motive z. bürgerl. Gv. S- 374f. Inhaber kann nur Pfandbesteller bedeuten. *•) 8.242. b. T") Aeltere» Recht: §. 226. 227. 228 b. T- Suarez, Schlußvortr. S- 59. 1.11. §. 1. D. XX. 1. Bloß gerichtliche Aufnahme be» Vertrage» genügt nicht. Strieth. B. 16. S. 13. Mit der Antichrese kann Pacht verbunden werden, s. Strieth. 8. 40. S. 66. Zum Begriff der Antichrese gehört, baß da» Grund­ stück zu Pfandrecht dem Gläubiger übergeben wirb. Eutsch. 8-13. S 234 Beispiele von versteckter Antichrese Präj. 1218. Sammt. I. 112. Lenttalbl. 1838. S. 537 sg. Die Unterscheidung zwischen Verpfändung einer fruchttragenden Sache mit und ohne Rechnungslegung bezieht fich auf eine gemeinrechtliche Kontroverse. Bergt. Leyser spec. 157. m. 1. Walch, introd. in contra?, j. c. p. 540. ©trüben, rechtl. Bedenken II. Nr. 69 Böhmer, RechtSf. I. 2. Nr. 71. Glück 8.14. © 124. — Die durch die Verordn, v. 12. Mai 1866 erfolgte Aufhebung bet Zinsbeschrankungen bezog sich noch nicht aus antichretische Ver­ pfändung (GS- S. 225.) *•) Neuere» Recht: Bundesgesetz v. 14. November 1867. (B -G-Bl. ©. 159.) P Hinschiu» in bet Zettschr. s. Gesetzgebung und Rechtspflege in Preußen. B. 2. ©. 48. Aufgehoben find 227—237. 242 1. 20. A L.R.

$.196. Die PfaudbeMung durch körperliche Vesttzübertragnng.

447

Grundsätzen von der Schriftlichkeit. Der Vertrag behält seine Giltigkeit, wenn sich später auch der Ertrag erhöht oder vermindert, und der Pfand­ gläubiger hat in Betreff der Erhaltung und Verbesserung der Substanz die Pflichten und Rechte wie ein Pächter"). —Zum weiteren Versatz einer beweglichen Sache ist der Pfandinhaber nur befugt, wenn der Verpfänder ausdrücklich seine Einwilligung dazu erklärt hat; ausdrücklich iu-besondere muß dieser sich auch darüber erklären, ob der zweite Pfand­ inhaber berechtigt sein soll, über die Grenzen der ersten Verpfändung hin­ aus seine höhere oder zu einer andern Zeit fällige Forderung aus der Sache zu befriedigen"). Unbefugter weiterer Versatz hat die Folgen, daß der erste Pfandgläubiger den Zufall tragen muß, wenn er nicht die Ein­ rede beweisen kann, der Zufall würde die Sache auch in seiner Gewahr­ sam getroffen haben"), daß der Verpfänder berechtigt wird, vor der Ver­ fallzeit seiner Schuld das Pfand einzulösen"), und daß er gegen den zweiten Pfandinhaber die publizianisch« Klage oder Bindikation anstellen kann, mit der Beschränkung, daß beim Widerspruch deS ersten PfandgläubigerS, wenn dieser noch nicht befriedigt worden, die Sache gerichtlich nie­ dergelegt werden muß"). DaS Pfandrecht an einer unbeweglichen Sache kann ohne Einwilligung deS Verpfänders weiter verpfändet oder mit der Forderung veräußert werden"); der Gläubiger ist nur verpflich­ tet, den Verpfänder davon zu benachrichtigen und für die Handlungen des­ jenigen einzustehen, dem er den Besitz und die Berwaltuug des Grund­ stücks übertragen hat"). Diese Abweichung von den bei der weiteren Verpfändung beweglicher Sachen geltenden Grundsätzen erklärt sich daraus, daß da» Besitzpfandrecht an Immobilien auch noch int Grundbuch ver­ merkt werden muß, Hypotheken aber uneingeschränkt verpfändbar sind. — Endlich nach erlangter vollständiger Befriedigung ist der Pfandgläubiger verpflichtet, das Pfand zurückzngeben"). Er kann diese Rückgabe au» ”) §.238. 239. d. T. Sergi, k. 377. I. 5. Suarez, revie. monit, mitgetheilt in den Motiven z. bürgert. GB. S. 525. S. Koch, Note 48 zu §. 238. Arn»b. Archiv B 6. S. 279. — Gemeinrechtlich wird der antichretische Pfandgläubiger al» Nießbraucher angesehen und daran» gefolgert, daß er den Ersatz mäßiger Aufwendungen nicht verlangen kann, auch wenn ihm zugleich die Melioration de» Gute» vertragsmäßig auferlegt worden, die nützlichen Auslagen tragen mnß. Ley eer sp. 159. m. 9. 10. ") §. 127—130. d. T.

”) §. 131. d. T.

Eine Abweichung von §. 124.

**) §. 135. d. T Der Eigenthümer kann sich aber auch bloß Sicherheit bestellen lasten, auch $.126. d. T. Koch, Note 97. Motive z. bürgerlichen GB. S. 377 (Mittheil, au» den Materialien).

") §. 133.134. d. L. ’•) Ohne die Forderung ist eine Leräußernng de» Pfandrecht» nicht denkbar wegen seine» accefforifchen Eharakter». Koch, Note 98. ") §. 136—138. d. T. «*) $ 159. d. T.

Ueber da« unrichtige Reskr. v. 28. Febr. 1840. ZMBl

S. 104

dem Grunde, weil ihm an der Sache ein bessere» Recht zustehe, nur ebenso wie ein Verwahrer verweigern"). Für andere Forderungen an den Schuld­ ner und Verpfänder hat er kein Zurückbehaltung-recht, nur ein Arrest­ schlag kann unter Umstanden begründet sein"). Zur vollständigen Befriedigung gehört die Entrichtung der au» dem Hauptgeschäft ent­ sprungenen Kosten, der verfallenen Konventionalstrafe, der Zinsen, de» Kapital», der Ersatz der zur Erhaltung de» Pfande» nothwendig und nütz­ lich verwendeten Kosten"), der Verbesserungen der Sache, wie e» ein Ver­ wahrer oder Verwalter der Sache fordern kann, der Ersatz de» Schaden­ den die fehlerhafte Pfandsache dem Gläubiger zugefügt hat, wenn ihm von dem Schuldner der Fehler nicht angezeigt worden war, endlich die Rück­ gabe oder Modifizirung de» Pfandscheine»"). Da» Pfand wird zurück­ gegeben in dem Zustande, in welchem e» sich bei der Hingabe befunden hat"). Bei Beschädigungen vertritt der Gläubiger mäßige» Verse­ hen"); bei versiegelt oder verschlosien übergebenen Pfändern gelten die Vorschriften von dem Verwährung-verträge, bei nutzbaren Pfandsachen, welche eine Verwaltung erfordern, die Vorschriften von dem Verwaltungs­ verträge"). Den Verlust vertritt.der Pfandgläubiger wie der Verwah­ rer einer fremden Sache: er ersetzt dann den Werth, welchen er selbst im Empfangsschein angegeben; gründet sich dieser nur auf die Angabe de» Verpfänder», so darf der Gläubiger einen Minderwerth beweisen, der Verpfänder aber darf einen höheren Wetth nicht beanspruchen"). Hat der Gläubiger den Verlust vorsätzlich herbeigeführt, so ersetzt er den Werth der besonderen Vorliebe"). Zum Rückempfang berechtigt ist der Schuldner oder Verpfänder, dessen Erbe oder Spezialbevollmächtigter"); von mehreren Schuldnern, welche die Sache gemeinschaftlich verpfändet haben, der einzelne nur mit ausdrücklicher Bewilligung der übrigen"); s. Koch, Note 11. Wenn der Gläubiger in mora accipiendi ist, so kann der Schuldner auch schon vor der Zahlung auf Rückgabe de- Pfande- klagen. Seus fert VIII. 19 XVII. 119. ") §. 187. d. T.

Oben B. 2. S. 285.

••) §. 171—173. d. T. Dergl. hierzu Strieth. B. 45. S. 304. Recht-anw. B. 15. S. 239.

Bair. Blätter für

S1) Der Pfandgläubiger ist zu solchen Aufwendungen berechtigt, weil er ein eigeneInteresse an der Erhaltung de- Werth- der Sache hat. Voet, comm. XIII. 7. §. 10. Leyser sp. 167. m. 1. 1. 8. §. 5 1. 25. D. XIII. 7. Dagegen Glück B. 14. S. 66. S. überhaupt Dernburg I. 551 f. •’) §. 163-167. 169. d. T. ") $. 188. d. T.

Entsch. B. 9. S. 257.

84) §. 189. d. TEr kann seine Ersatzschuld mit seiner Forderung kompenstrett, oder zur Sicherung die letztere oder einen Theil derselben gerichtlich niederlegen. §. 190. d. T.

") L 191. 192. d. T. ") §. 196. d T.

") §. 181. d. T.

••) §. 193-195. d. T.

§. 180. d. T.

§. 196.

Dir Pfandbestellung durch körperliche Bifitzübertragung.

449

der verpfändet habende Bürge, auch wenn der Schuldner gezahlt hat"). Sind Zweifel über die Legitimation des Empfänger- vorhanden, so muß der Gläubiger die Sache gerichtlich niederlegen; er haftet hierbei für mä­ ßige- Versehen, d. h. er muß dem Eigenthümer den Werth oder die Ein­ lösung-summe ersetzen, wenn die Sache an einen unbefugten Dritten ge­ kommen ist, und von diesem entweder nicht oder nur gegen Einlösung wieder erlangt werden kann"). Für diesen Ersatz ist die Schuld deVerpfänder- Kompensation-objekt"). — Vermöge der Unteilbarkeit de» Pfandrecht- ist der Gläubiger, welcher Abschlagszahlungen empfan­ gen hat, nicht verpflichtet, Theile der Pfandsache zuriickzugeben"). Hat er die Abschlagszahlung annehmen müssen"), — und die- ist insbeson­ dere auch dann der Fall, wenn der Schuldner einen Theil der Forderung gekündigt und der Gläubiger nicht von seinem Rechte, die ganze Forderung zu kündigen, Gebrauch gemacht hat"), — kann ferner der Werth einejeden einzelnen Theile- bestimmt werden"), und sind Zinsen nicht mehr rückständig"), so soll soviel von der Pfandsache zurückgegeben werden, daß der Rest derselben den doppelten Betrag der Restschuld und zweijährige Zinsen sichert'"). Bezahlt der Eine von mehreren Mitschuldnern nur sei­ nen Antheil, so kann er die ganze Sache, auch wenn er allein sie ver­ pfändet hat, nicht zurückfordern, einen Theil derselben aber unter den gleichen Voraussetzungen, wie wenn ein einzelner Schuldner Theilzahlung geleistet fyrt"). — Daß der Gläubiger, wenn da- Pfand zu rechter Zeit nicht eingelöst wird, da- Veräußerung-recht hat, und wie dasselbe au-zuüben ist, wurde schon oben erörtert"), ebenso wie da- Pfandrecht aufgehoben wird"). Da» A.L.R. erwähnt noch de-Pfandgewerbes"). Privatrechtlich steht eS unter deu Grundsätzen, die vom Besitzpfand gelten, die polizeilichen Bestimmungen gehören aber nicht dem Recht-gebiet an").

**) §. 183. d. T. ") §. 182.184-186. d. T.

Rechtes. B. 4. S. 143.

") ?. 199. d.T.

*’) §. 177. d T. lung I. 110.

Dieser §. bezieht sich nicht auf Hypotheken. Oben S. 411. 1.19. D. XX. 1.

«) §. 174. d. T.

S. oben B. 1. S. 571 f.

Präj 119».

Samm­

“) Gesetz v. 8. Febr. 1811.

") §. 175. d. T.

Motive z. bllrgerl. GB. S. 381.

") §. 176. d. T. «•) §. 176. d. T.

") §. 178. 179. d. T. «) Oben S. 418 f.

»') Oben S. 440 f.

'') §. 263—270. d. T. H) Pergl. die in Koche Komment, hinter §. 270. d. T Leihreglement- nebst Zusätzen. Förster, Preuß. Privatrecht. IN. 3. Aufl

abgedruckten Pfand-

29

und

450

§. 197.

Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Die Pfaudbefttlluag durch f. g. symbolische Befitziibertraguug.

I. Allgemeine Grundsätze'). Da» dem preußischen Recht ei­ genthümliche Erforderniß der dinglichen Wirkung, die allgemeine Erkenn­ barkeit de» dinglichen Recht», ist nach der Natur der Recht-objekte nicht immer oder doch zuweilen nur schwer herstellbar. Gleichwohl können solche Objekte der Verpfändung nicht entzogen werden, weil sie al» DermögenSwerthe geeignet sind, einem Gläubiger für seine Forderung Real­ sicherheit zu bieten. Ausnahmsweise gestattet daher da» Gesetz, daß in solchen Fällen die Verpfändung erfolgen kann durch Handlungen, welche zwar die Sache nicht körperlich in die unmittelbare Gewalt de» Gläubi­ ger» geben, aber doch möglichst annähernd zur allgemeinen Erkennbarkeit bringen, daß die Disposition über die Sache dem Schuldner entzogen und dem Gläubiger übertragen worden ist. Da» A.L.R. spricht von symbo­ lischer Uebergabe'). Nach dem, wa» früher hierüber gesagt worden'), darf man an dem Namen nicht weiter Anstoß nehmen; von einer symbo­ lischen Handlung ist hier nicht die Rede, e» geschieht mehr, die rechtliche Disposition über die Sache wird dem verpfändenden Schuldner wirklich entzogen, und der Pfandgläubiger wird unvollständiger Besitzer'). Die Ver­ pfändung muß durch eine Handlung vermittelt sein, welche die mit dem Besitze vorgefallene Veränderung auch für Andere außer den kontrahirenden Parteien ersichtlich macht'). Wo auch dies nicht möglich wäre, ist die Möglichkeit einer Verpfändung ausgeschlossen. Wo körperliche Uebergabe möglich ist, giebt die nur symbolisch geschehene Verpfändung nicht daS dingliche Recht, aber einen Titel oder eine persönliche Klage (a. pignoratricia) auf Uebergabe'). DaS A.L.R. erfordert zur symbolischen Ver­ pfändung ersten» eine schriftliche Erklärung des Schuldner», den Besitz dem Gläubiger übertragen zu wollen, entweder im Pfandvertrage oder in einer besonderen Urkunde'); zweiten» Zeichen, welche die eigentliche symbolische Uebergabehandlungdarstellen'); drittens Maß­ regeln, welche die Wirkung de» dinglichen Recht« gegen Dritte erzeugen sollen, die also der Verpfänder und der Pfandgläubiger so treffen müssen, daß kein Dritter ohne eigene» grobe» Versehen zu dem Glauben verleitet werden kann, daß die Sache unverpfändet sei'). Sowohl die Zeichen alS die Maßregeln sind nicht allgemein für alle Fälle festzustellen; sie müssen *) Die Quelle dieser Bestimmungen ist die Detlar. v. 16. Juli 1785. (N. C. U. VIII. p. 3152. Suarez, Echlußvortr. S. 66. ') §. 271. d. T. Oesterr. SV. §. 452. ') Oben ©. 45 f. *) Lutsch. B. 53.S. 23 sg. ') §. 272. d T. •) § 106-108. d. T. Oben S. 444. ') §. 273.d. T. •) §. 272. d. T. ') $. 274.b. T. Koch, Note 70. 71.

?. 197.

Die Pfandbefiellung durch s. g. symbolische Besitzübertragung.

451

den thatsächlichen Umständen des einzelnen Falle- angemessen sein, und angemessen sind sie, wenn sie für die beabsichtigte Wirkung — Erkennbar­ keit de- Rechtsverhältnisse- für Dritte — au-reichen "). Unzureichende Maßregeln nehmen der Verpfändung jede Wirkung gegen Dritte, die auf die Sache ein dingliche- Recht erworben haben"). So lange da- Recht de- Dritten nur noch ein Recht zur Sache ist, überwindet e- zwar nicht da- symbolisch entstandene Pfandrecht, aber der Verpfänder nnd aushilfs­ weise der Pfandgläubiger, wenn er auf sein Pfandrecht nicht verzichten will, müssen dem Dritten, dem nicht ein grobe- Versehen zur Last fällt"), den „wirklichen" Schaden ersetzen, der ihm daran- entsteht, daß er über die Sache mit dem Eigenthümer kontrahirt hat"). Die symbolische Verpfändung ist nur bei solchen Sachen gestattet, welche entweder ihrer Natur nach keine eigentliche körperliche Uebergabe zulaffen, z. B. bei Forderungen, oder wo die Gesetze die Parteien aus­ drücklich von der körperlichen Uebergabe entbinden")., Da- A.L.R. rechnet hierher die Frachtschiffe, lagernde sowie ans dem Tran-port befindliche Kaufmann-waaren, und Waarenverpsändungen bei der Bank. Die Praxi- sieht die im A.L.R. ausgeführten Fälle al- Beispiele an, und hat insbesondere auch für Fabrikutensilien symbolische Verpfändung zugelaflen"). II. Dir einzelnen Falle. 1. Von der rechtlichen Natur der Verpfändung einer Forderung (pignus nominia) ist schon oben bei den Gegenständen de- Pfandrecht- die Rede gewesen"). Hier bleibt übrig anzugeben, wie eine solche Verpfändung stattzufinden hat. Da- A.L.R. verlangt Aushändigung der Schuldurkunde an den Pfandgläubiger; emuß daher, wenn nur ein Antheil an der Forderung verpfändet werden soll, ein Zweiginstrument gebildet werden"). Dazu ist ferner eine schrift­ liche Verpfändung-urkunde auSzustellen, wie die- auch bei Sessionen gilt"). Mit der Aushändigung dieser Schriftstücke ist da» Pfandrecht erworben. Eine Bekanntmachung an den Schuldner ist zwar nicht erforderlich, aber rathsam"), denn wenn sie unterblieben ist, so muß der Pfandgläubiger dir ") §. 274. 275. d. T.

") $. 275. d. T.

“) §. 274. 279. 280. d. T”) §. 276. 277. d. TEin grobes Versehen deß Dritten wird insbesondere ange­ nommen, wenn er die im 8.8.9t. erwähnten Vorschriften zur Einziehung näherer Erkundigung über die geschehene Verpfändung unbeachtet gelassen hat. §. 280. d. T. “) '») ") ")

§. 271. d. T. Gesetzrev. Pens. III. 214 fg. Entsch. B. 13. S. 243. Oben S. 396. §. 281. d. T. Strieth. B. 18. S. 57.

••) Verordnung b. 9. Dczbr. 1809 (91. E -S. XII. 909). $. 1. unter Verweisung ans . 8.8.9t. 1. 11. §. 394—417. Oben V. 1. S. 617. Strieth. V. 38. S. 44. Ueber Verpfändung durch Unterschrift in blanco s. das. B 36. S. 139. Ueber Verpfändung eines Wechsels durch blanco - Indossament Seuffert V. 307. ") §. 283. d. T.

in gutem Glauben vom Schuldner geleisteten Handlungen oder Zahlungen al» diesen befreiend gelten lassen'"). Forderungen dagegen, Uber welche eine schriftliche Urkunde nicht besteht, können nur durch Bekanntmachung an den Schuldner verpfändet werden"). Verpfändete Forderungen können unter Beobachtung derselben Vorschriften weiter verpfändet werden"). Bei Verpfändungen von Hhpothekenforderungen gelten besondere Vorschriften, welche später Erwähnung finden werden"). Daß die Verpfändung von Inhaberpapieren nicht unter den Begriff der Verpfändung einer Forderung fällt, sondern al» Verpfändung einer beweglichen Sache durch Besitzüber­ tragung aufgefaßt werden muß, wurde oben behauptet"). 2. Die Verpfändung von Frachtschiffen"). Die Bestimmungen de» A.L.R. sind durch da» deutsche Handelsgesetzbuch zum Theil geändert. Frachtschiffe aller Art auf Flüssen werden verpfändet durch einen gericht­ lichen oder notariellen Vermerk auf dem Meßbrief, dem Kaufbrief oder dem Certifikate"). Der Gläubiger erhält eine beglaubigte Abschrift dieser Urkunde mit dem BerpfändungSvermerk. Hierdurch ist da» Pfandrecht bestellt und e» dauert so lange, al» sich die Abschrift in der Hand de» Gläubiger» befindet, und der Vermerk auf der Originalurkunde nicht weg­ geschafft ist"). Eine ausdrückliche Bekanntmachung der Verpfändung an den Führer de» Schiffe» oder an den Steuermann ist nicht nöthig, kann aber von dem Gläubiger verlangt werden"). Die Verpfändung diese» Pfandrecht» steht unter den Regeln der Forderungs-Verpfändung"). Da» Pfandrecht am Schiff ergreift nicht die Versicherungssumme und nicht die Frachtgelder"). Soll erstere mit verpfändet werden, so muß die Polize dem Gläubiger eingehändigt und Vorsorge getroffen werden, daß der Ver­ sicherer die Summe nur an den Gläubiger oder dessen Ordre zahle"). Soll da» Frachtgeld verpfändet werden, so müssen die Urkunden, au» *•) Verordn, v. 9. Dezbr. 1809. §. 3.

") §. 293-295. b. T-

«) $. 288. d. T.

”) Entsch. ». 8. S. 39.

Unten 6-199.

M) Oben S- 395. Papiere, die durch Indossament übertragen werden können, werden durch Uebergabe de» indossirten Papier» verpfändet. D. HEB- Art. 309.

") §. 300ff d. T- Da» auch in §. 300. zeigt, daß Schiffe durch körperliche Ueber­ gabe verpfändet werden dürfen- Entsch. V. 18. S.315. Bergt. Koch, Note 87.

»•) ß 302. b. T. Entsch. B. 15. S. 256. Strieth. 8. 66. S. 157. Beilbriese kommen bei Stromschiffen nicht vor. Reskr. v. 16. Dezbr. 1837. Jahrb. B- 50. S. 533. ") §. 304—307. d. T- Motive z. bürgert. GB. S. 418. Da» Pfandrecht erlischt nicht, wenn dem Psandgläubiger die Urknnde, auf welcher der Berpsändung«vermerk sich noch befindet, wider Willen entzogen worden ist. Koch, Note 93 ju §. 307.

"j §. 306. d.T. ”) §. 308 d. T.

Suarez, revis. monit. in den Motive» z. bürgerl. GB. S. 418.

M) §. 309. 311. d. T-

") k. 310. d. T.

Doch bergt. Konk -Ordn. $. 64.

welchen die Fracht gefordert wird, dem Gläubiger übergeben und gleiche Borsorge wegen der Zahlung getroffen werden"). Die Rangordnung mehrerer PfandglSubiger an Flußschiffen ist in der Konkursordnung vom 8. Mai 1855 festgestellt"). — In gleicher Weise wie die Flußfracht­ schiffe werden die Küstenfahrzeuge im Sinne der Verordnung vom 27. Februar 1862 verpfändet"). — Seeschiffe dagegen und Parten an ihnen werden durch gerichtliche Eintragung der Forderung in da» Schiffs­ register verpfändet"). Die Eintragung begründet da» Pfandrecht und e» dauert bis zur Löschung; die Zeit der Eintragung entscheidet über da» Vorrecht unter mehreren Pfandgläubigern. Die Eintragung wird außer­ dem vom Gericht auf der Verpfändung-urkunde und dem Certifikat ver­ merkt. Die weitere Verpfändung diese» Pfandrecht» erfolgt in gleicher Weise durch Eintragung. Der Korrespondentrheder ist zur Verpfändung de» Schiffs nicht befugt, vielmehr kann da» ganze Schiff nur von allen Rhedern, die einzelne Part von deren Eigenthümer verpfändet werden"). — Da» Pfandrecht an Schiffen und Schiffsparten wird geltend gemacht durch Subhastation"); e» erlischt nicht nur durch den Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung, sondern bei Seeschiffen auch wenn der Schiffer im Falle zwingender Nothwendigkeit da» Schiff verkauft hat"). 3. Lagernde Waaren. Gewiffe Waarenartikel, welche der Ge­ genstand eine» kaufmännischen oder Marktverkehrs sind, und entweder ihrer Natur nach oder nach der in Handelsstädten üblichen Art der Aufbewah­ rung, oder weil sie sich nicht in der Gewahrsam de» Verpfänder- befin­ den"), nicht körperlich übergeben werden können, dürfen Kaufleute (im Sinne de- deutschen Handelsgesetzbuch»)"), Fabrikanten*'), Rittergutsbe­ sitzer und Pächter königlicher Domänen**) symbolisch verpfänden. Welche Zeichen oder Maßregeln hierbei genügen, muß nach den Umständen, der Beschaffenheit de» Gegenstände» und den Verabredungen der Parteien be­ urtheilt werden*'). Da» A.L.R. unterläßt nicht, den Richter für diese Beurtheilungen mit Belehrungen zu versehen**), beispielsweise: Aushän­ digung der Schlüffrl, Beaufsichtigung bei der Verarbeitung, abgesonderte Aufbewahrung, doppelter Verschluß, Ausstellung eine» Verpfändung-schei­ ne» und Aushändigung deffelben an den Aufseher oder Eigenthümer de» ") 5. 312. d. T. ”) Äont-Drbn. §. 64-71.

Einf.-Ges. z. HGB- Art. 29.

") HGB. S. 61. Einf.-Ges. ,. HGB. Art. 53. §. 10. ") Einf.-Ges. ,. HGB. Art. 59. ") HGB. Art. 460. ”) §. 1. Nr. 4. §. 94 f. be» Subhast.-Ges. v. 15. Mar, 1869. «•) HGB. Art. 780. 767. 769. ") §• 329. 330. b. T.

*») $.331. d. T.

Einf.-Ges. zum beutschen HGB. Art. 27. ") §• 333. b. T.

“) $. 332. d. T.

") §. 336. b. T.

R. Koch, in betAnw.-Z.

«) 6. 337-366. d. T.

1864. Nr. 28. 29.

Zu § 345. vergl. Entsch. v. 32. S. 361.

Speicher-, Bekanntmachung in gerichtlicher oder notarieller Form an solche Personen, welche öffentlich dazu bestellt sivd, gewisse Waaren zu messen oder zu wagen, Holzwaaren durch Bezeichnung mit einer Marke und An­ weisung an die HolzwLrter u. s. w. Insbesondere können die bereit- sym­ bolisch an die Bank verpfändeten Sachen weiter auf den Ueberrest ihreWerth- durch Aushändigung de- von der Bank ausgestellten Empfang­ schein- verpfändet werden"). 4. Eingehende Waaren: durch Uebergabe deö KonossementS und der Faktura, oder wenn ersteres zur Besorgung der Versicherung verschickt ist, der letzteren allein an den Gläubiger zugleich mit Benachrichtigung an den Korrespondenten, in dessen Händen sich da- Konoffement befin­ det"). An Ordre ausgestellte Konossemente berechtigen den Inhaber ohne Weiteres, die Waare, sobald sie abgeladen ist, in Pfandbesitz zu nehmen"). 5. Ausgehende Waaren: durch Uebergabe des Ladungsscheine» und anderer über die Versendung ausgestellter Urkunden und durch Be­ nachrichtigung an den Kommissionair oder Spediteur, an welchen die Waare adressirt worden"). Waaren auf dem Transport darf der Schiffer oder Fuhrmann nur verpfänden, wenn er sie für eigene Rechnung verladen oder vom Eigen­ thümer Disposition erhalten hat, und dies durch ein öffentliche» Attest bescheinigt"). 6. An die Bank werden Waaren außer der s. g. symbolischen Uebergabe, d. h. der Handlung, welche die Bank in die Möglichkeit der ausschließlichen Gewahrsam (custodia) setzt, noch durch die Eintragung in die Pfandbücher, welche betheiligten Dritten offen zu legen sind, ver­ pfändet'"). Nach Bedürfniß de» einzelnen Falle- kann die Bank mit dem Verpfänder noch andere Sicherung-maßregeln verabreden"). Wer über Waaren ein Geschäft abschließen will, mag sich bei dem Bankcomtoir de- Bezirks, in welchem der Eigenthümer wohnt oder die Waaren liegen, erkundigen, ob sie der Bank verpfändet sind"). Der wissenschaftlichen Erörterung bieten alle diese Vorschriften keinen Stoff, sie können nur registrirt werden. “) Motive zum bürget!. GB. S. 448. Ueber die Verpfandung von Holjwaaren s. Recht-fall in der Anw.-Zeit. HI. 217. VI. 599. «•) §. 367.368. d. T«') HGB. Art. 649. 650. ") $• 374 fg. d. T.

") §. 377—379. d. T. »») 8. 380 f. d. T. Motive z. bürgert. GB- S. 436. III. 217. IV. 599.

Recht-fall in der Anw.-Zeit.

*•) §. 386. 387. d. T. (in letzterem ist da- aqq. zu streichen.

") r. 382.383. d. T.

Motive S. 438 fg.

Koch, Note 31).

Hypothek und Grundschuld.

§. 198.

Die Begründung de» Recht«.

455

Dritter Abschnitt. Da- Recht der Hypothek und der Grundschuld.

§. 198.

Die Begründung deS Rechts.

I. Das Recht der Hypothek oder Grundschuld kann nur an Grund­ stücken, Bergwerken und Gerechtigkeiten erworben werden, weil es nur durch Eintragung im Grundbuch entsteht, und ein solche- nur für die er­ wähnten Vermögen-stücke angelegt wird'). Die Mobiliarhypothek ist dem preußischen Recht fremd, sofern sie nicht al- gesetzliche begründet ist'). Unter den Gerechtigkeiten sind diejenigen zu verstehen, die den unbewegli­ chen Sachen gleich geachtet sind, die s. g. selbständigen Gerechtigkeiten, deren Ausübung nicht an den Besitz eines bestimmten Grundstück», wie z. B. die der Servituten, gebunden ist'). Die Entstehung einer Hypothek oder Grundschuld setzt also zunächst äußerlich voraus nicht allein die Einrichtung eines Grundbuchs sondern auch, daß da» betreffende Immobile in dem Grundbuch ein Blatt für feine Einschreibungen erhalten hat. Nach der Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 muß jede- selbständige') Grundstück, welche- in den Steuerbüchern verzeichnet ist, ein Grundbuch­ blatt erhalten, ohne Rücksicht darauf, ob dingliche Belastungen einzutragen sind oder nicht. Hiervon sind zwar die Domainen und andere dem Staate gehörige Grundstücke, die Grundstücke der Kirchen, Klöster, Schulen und Gemeinden, die Eisenbahnen und öffentlichen Landwege ausgenommen, welche, solange sie nicht Verkehr-gegenstand sind, nicht in da- Grundbuch *) Gesetz über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. §. 18.68.69. Gr.BO. §. 1. 2.3. (Bergt. §. 390-393. I. 20. A.L.R. Hypoth.-Ordn. V. 1783 I. §. 6-8.14.)

*) Bergt, oben §. 193. S. 405.

•) Hypoth.-Ordn. v. 1783. I. §. 14. A-L.R. I. 20. §. 395. *) Rach §. 394. I. 20. A L R. erhalten Pertinenzstücke und Gerechtigkeiten, welche zu gewissen Hauptgrundstücken geschlagen find und nur mit selbigen zrmleich besessen »der au«geübt werden können, kein besondere« Folium. Die Gr.B O. v. 1872 sagt in §. 5., daß da« Grundbuchblatt alle Bestandtheile (d. h- Parzellen), unbe­ wegliche Zubehörstücke (Pertinenzien) und Gerechtigkeiten umfasse und die Zubehör­ stücke nur dann ein besondere« Grundbuchblatt erhalte», wenn da« Hauptgut im Auslande oder in dem Bezirk eine« anderen Grundbuchamt» liegt; nur im ersteren Fall wird da» inländische Zubehörstück al« selbständige« Grundstück im Grundbuch behaudel», wenn nicht Staatsverträge entgegensteheN, — im zweiten Fall ist da» Blatt nicht offen für Eintragungen, sondern e« wird mit dem Vermerk der Zu­ gehörigkeits-Eigenschaft geschloffen. Liegt ein Zubehörstück im Ausland, ein Fall, den die Gr.B.O. nicht erwähnt, so wird e» darauf ankommen, ob e« auf dem

Blatt de» inländischen Hauptgrundstück« zugeschrieben ist oder nicht. Im letzteren Fall intcresstrt e» bei dem Grundbuch nicht al« Zubehör. Liegt da» Hauptgut in einer preußischen Provinz, die die Grundbucheinrichtung nicht hat, wa» jetzt nur noch in der Rheinprovinz der Fall ist, so wird da» Zubehörstück im Grund­ buch al» selbständige» Grundstück behandelt werden müffen. Dahlmann S. 183

Note 16 b.

Zweite« Buch.

456

Die befonbertn Privatrechte

eingetragen werden. Sobald sie jedoch veräußert oder belastet werden sol­ len, oder der Eigenthümer oder ein Berechtigter darauf antrLgt, müssen auch diese Grundstücke ein Blatt erhalten'). Es kann daher niemals eine Hypothek oder Grundschuld anders als durch Eintragung erworben werden. Hypothekenbücher, oder wie sie nach neuerem Recht heißen, Grund­ bücher sind im Gebiet des A.L.R. bereits seit 1783 eingeführt'). Als später der Staat territoriale Veränderungen erlitt, mußte in den noch nicht mit Hypothekenbüchern versehenen Provinzen Vorsorge für die ErHaltung und den Erwerb dinglicher Rechte während des ZwischenzustandeS bis zur vollendeten Einrichtung der Bücher getroffen werden. Dies ist geschehen durch die Anordnung s. g. Rekognitionen'). Wer auf ein Grundstück in einem solchen Bezirk, in welchem das Grund­ buch noch nicht angelegt ist, den Titel zu einer Hypothek erwirbt, ist be­ rechtigt, denselben bei der Behörde, der die Anlegung des Buchs obliegt, behufs künftiger Eintragung unter Beifügung der urkundlichen Beweismit­ tel anzumelden. Die Behörde ist verpflichtet zur Prüfung, ob der ange­ meldete Anspruch sich zur künftigen Eintragung eignet, und wenn dies der Fall, ihn genau aufzuzeichnen und dem Anmeldenden hierüber eine Bescheinigung (Rekognition) zu ertheilen, welche entweder auf daS Dokument über die Verpfändung oder als besondere Urkunde ausgefertigt wird'). Die Urkunden und die Rekognition empfängt der Gläubiger; er erwirbt durch die Anmeldung und')'Bescheinigung das Recht, feinen Anspruch auch gegen dritte Besitzer des Grundstücks geltend zu machen"), ihn in •) Gr.B.O. § 2.

') Ueber die Einrichtung der Grundbücher f. Gr.B.O. §. 4.6fg. Oben B I S. 126. Für die Hypotheken und Grundschnlden interesfirt nur die 3. Abtheilung de« Grundbuchblatt«. Ueber den öffentlichen Glauben de» Grundbuch- oben B. 1. S. 127. Dem ist noch beizufügen: wenn nach §. 19. 1. 4 A.L.R. sich Niemand mit der Unwissenheit einer im Grundbuch enthaltenen Einwägung entschuldigen darf, so setzt die« voraus, daß die Eintragung an der richtigen Stelle im Grund­ buch erfolgt ist. Steht z B. eine in die -weite Abtheilung gehörige Reallast in der ersten Abtheilung, so begründet diese Eintragung nicht die Kenntniß de« Dritten. Entsch. B. 60. S.l. Ferner: au-dem öffentlichen Glauben de« Grund­

buch» folgt nicht, daß der postlozirte Gläubiger gehindert ist, die Borhypothek an« zusechten. Sachs. Wochenbl. f. merkw. Rfälle 1856 S. 207. ’) Verordn, v. 16. Juki 1820 sGS. S. 106), eingeführt in den neu und wieder­ erworbenen Provinzen, mit Ausnahme de« Hcrzogthum» Sachsen, für welche« unter gleichem Datum eine besondere Verordnung erlassen worden. Dazu die Deklaration v. 28. Juli 1838. GS. S. 428. Die Gr.B O. $. 133. hat für die Anlegung neuer Grundbücher, wo solche noch nicht existiren, die älteren provin­ ziellen Borschristen aufrecht erhalten und in §. 140. auch da« Rekognition-system beibehalten. Die §§. 134—139. enthalten noch einige ergänzende Vorschriften über die Anlegung der Grundbücher. 1 DeNar. ?. 2. •) BO. §. 5.

Entsch. B. 9. S. 276 Nr. III.

Strieth. B. 9. S. 302.

**) BO. §■ 5». Er muß dann aber nach §. 7. da« Recht seine« Autor«, de« DerPfänder« nachweisen.

Hypothek und Grundschuld.

§. 198.

Die Begründung brt Recht».

457

da- demnächst eingerichtete Grundbuch nach dem Zeitpunkt der geschehenen Anmeldung als Hypothek eintragen zu lassen") und bei einem Konkur» über das Vermögen des Schuldner- nicht genöthigt zu sein, sich in den­ selben einzulaffen, sondern wie andere Realgläubiger sein Recht abgeson­ dert bei der Subhastation de- Grundstück» zu verfolgen, und demzufolge auch selbst die Subhastation zu beantragen"). Daö Recht zu solcher vorläufigen Anmeldung und Rekognition fällt weg, sobald da» Gericht für seinen Bezirk da» Grundbuch angelegt, in diesem da» einzelne Grund­ stück sein Blatt erhalten hat und die» öffentlich bekannt gemacht worden ist"). E» leuchtet daher ein, daß Rekognitionen mit der hier beschriebenen Recht-wirkung nicht ertheilt werden dürfen für Grundstücke, welche von einem anderen im Grundbuch bereit» eingetragenen Grundstück abgetrennt worden sind und noch nicht ein eigene» Blatt erhalten haben, denn bi» zu diesem Moment sind sie auf dem de» Muttergrundstück» eingetragen geblieben"). Die Eintragung, der ausschließliche Modus de» Erwerb» einer Hypothek oder Grundschuld, erfolgt entweder, wenn der eingetragene oder seine Ein­ tragung gleichzeitig erlangende Eigenthümer sie bewilligt, oder wenn diese Bewilligung ersetzt wird durch ein rechtskräftig gegen den Eigenthümer er­ strittenes Erkenntniß, durch welche» er zur Bestellung einer Hypothek oder Grundschuld verurtheilt wird, oder wenn eine zuständige Behörde gegen den eingetragenen Eigenthümer die Eintragung nachsucht"). Auch wenn der Berechtigte einen gesetzlichen Pfandrecht-titel besitzt, bedarf er der Ein­ tragung, damit der Titel eine Hypothek werde"). Aber auch in diesem Fall muß der Eigenthümer die Eintragung bewilligen, oder er muß zur ") DO. §. 5 b. Der an die Zeit der Anmeldung geknüpfte Borrang erleidet aber insofern eine Ausnahme, al» die vor Einführung der Hypoth. »Ordn, in den be­ treffenden Landestheilen erworbenen Hypotheken den neu errichteten jedenfall» Vor­ gehen, wenn sie nur überhaupt innerhalb de« Prällnfivtermin«, also auch dann, wenn sie später al« die neuen, angemeldet worden find. $. 6. das. Wa» von der Hypothek vorgeschrieben worden ist, gilt jetzt natürlich auch von der Grund­ schuld. ") BO. §. 5 c. Konk. - Ordn. v. 8. Mai 1855 §. 46 f. DO. §. 8. — Wo übrigen« Rekognitionen ertheilt werden, weil da« Hypothekenbuch noch nicht fertig angelegt ist, bleiben die §. 408. 411. 412.1. 20. A.L.R-, §. 52. «nh. ,. A.L.R. außer AnWendung. DO. §. 9. Entsch. B. 9. S. 276. B. 15. S. 232. -) BO. §. 10.

Dell. §. 1.

“) Reskr. v. 1. Mai 1838.

Jahrb. v. 51. S. 410.

Strieth. B. 11. S. 200.

") Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. 5. 18

“) g. 412. d. T- Die gesetzlichen Hypothekentitel find A.L-R- I. 11. §. 972. I. 12. §. 290. I. 20. §. 2.3. II. 1. §. 254. II. 2. §. 176. II. 18. §. 296. Für Grund­ schulden giebt e» keinen gesetzlichen Titel. Tine Ausnahme von dem im Text ausgesprochenen Satz ist nur §. 19. Nr. 3. de« Ges. v. 5. Mai 1872. Hier kommt e« nicht auf die Bewilligung de« Eigenthümer« an. Der Exekution-richter hat »ach g. 22 der B v. 4. März 1834 (Ges.-S. 8. 31) die Zuständigkeit, eine Hy­ pothek im Wege der Exekution durch da« Grundbuchamt eintragen zu lassen, nicht aber Grundschulden.

458

Bnxite* Buch.

Die besonderen Pnvatrechtc.

Bewilligung vorher verurtheilt werden. Immer also ist die Bewilligung der Titel der Eintragung"). Die Bewilligung de- Eigenthümer- erfolgt entweder mit oder ohne Angabe de- Schuldgrunde- und hier liegt die Scheidelinie im Begriff der Hypothek und der Grundschuld"). Die Hypothek verlangt die Angabe de- Schuldgrundes, weil sie accesiorisch ist; die Grundschuld verträgt eine solche Angabe nicht, weil sie eine selbständige Belastung de- Grund­ stück- ist19). Die Bewilligung muß auf den Namen eine- bestimmten GläubigerIT) 8. 8. de- Ges. v. 24. Mai 1853, durch welchen §. 403. d. T. aufgehoben worden, verlangte in der Schuld- oder Verpfändung-urkunde entweder die BerpsändungSerklärung oder die Bewilligung der Eintragung, die demnächst von dem Gläubiger bei dem Hypothekenrichter unter Vorlegung der Urkunde beantragt wurde. DaS neue Recht verlangt nur die Bewilligung, welche von dem Eigenthümer dem Grundbuchamt gegenüber, schriftlich oder mündlich, erklärt werden muß. Da bei Gruudschulden eine besondere Schuldurkunde nicht existirt, so kann die Bewilligungs­ erklärung nicht in ihr enthalten sein. Bei Hypotheken muß die Schuldurkunde dem Gruudbuchamt vorgelegt werden und es ist gewiß zulässig, aber nicht noth­ wendig, daß die Bewilligung der Eintragung in ihr enthalten ist; sie kann jeden­ falls auch besonders und selbst nachträglich erklärt werden. Daran knüpft sich aber eine Streitfrage: kann der Gläubiger unter Vorlegung der Urkunde, welche die Bewilligung des EigenthümerS enthält, die Eintragung bei dem Grundbuchamt unmittelbar beantragen, oder steht der Antrag nur dem Eigenthümer zu? Bahlmann S. 71 fg. Note 98. 99. und Förster, Grundbuchrecht S. 159 lassen nur den Antrag des EigenthümerS zu; Achilles S. 64 Note 4. und Johow (Jahrb. f. eudgilt. Sntsch. B. 2.1873 S. 239) erachten auch den Gläubiger, wenn er die Bewilligung de- EigenthümerS vorlegen tarnt, zu dem Antrag berechtigt. Man wird den beiden Letzteren wohl zugeben müssen, daß sie den Wortlaut des Gesetzes für sich haben, nachdem das ursprüngliche Wort „beantragt" im Regierung-entwurf von 1869 später durch „bewilligt" vertauscht worden ist, aber auch nur den Wort­ laut; Sinn und Prinzip de- Gesetzes steht entgegen. Bewilligt wurde im Gesetz gesagt, um das ihm zu Grunde liegende Konsensprinzip scharf zum Ausdruck zu bringen; bewilligt und beantragt wollte man nicht sagen, um nicht dadurch zu der Annahme zu verleiten, als sei §. 402. 403. I. 20. A.L.R. wieder hergestellt. Da die Bewilligung nothwendig demjenigen gegenüber ausgesprochen werden muß, der die Eintragung auszuführen hat, d. h. dem Gruudbuchamt gegenüber, so steht der Auslegung nichts entgegen, daß daS bewilligt in §. 19. des Ges. v. 5. Mai 1872 ganz identisch ist mit: „bei dem Grundbuchamt beantragt." Dann gewinnt auch dte Vorschrift §. 122. Gr.B.O., wonach der Hypotheken- oder Grund­ schuldbrief immer dem Eigenthümer zuzustellen ist, allein ihren Sinn, denn waS sollte es wohl heißen, dem Eigenthümer die Urkunde zu behändigen, während der Gläubiger die Eintragung beantragt hat! Die Eintragungen und Löschungen im Grundbuch sind Geschäfte, die daS Amt für den Eigenthümer vornimmt, die letzterer besorgen läßt, der Gläubiger ist zu Anträgen bei dem Grundbuchamt erst berechtigt, wenn er im Grundbuch als Berechtigter eingeschrieben ist. Davon machen nur die Sicherung-anträge ans Vormerkungen, auf Sperrvermerke, welche der Gläubiger durch Bermittelung de- Prozeßrichters stellen kann, und die Vor­ schrift §.13. Abs. 2. de- Ges. v. 5. Mai 1872 eine Au-nahme. Gerade, daß dieser Punkt speziell bei den unwesentlicheren Eintragungen in der 2. Abth. zum Zweck praktischer Vereinfachung hervorgehoben ist, ist ein Beweis dafür, daß es sich hier um eine Ausnahme handelt. Leider ist freilich zu befürchten, daß in der Praxis, die sich schwer von den älteren Anschauungen und Gewöhnungen trennt, der Antrag deS Gläubigers vielfach zugelaffen werden wird.

*•) Ges. v. 5. Mai 1872. ") Oben S. 381 fg.

§. 19. Nr. 1.

Hypothek und Grundschuld.

§. 198.

Die Begründung de- Recht-.

459

lauten, da- verpfändete Grundstück bezeichnen, und eine bestimmte Summe in gesetzlicher Währung, den Zinssatz oder die Bemerkung der Zin-losigleit, den Anfang-tag der Verzinsung und die Bedingungen der Rückzah­ lung angeben. Die Eintragung muß genau der Bewilligung entsprechen"). DaS preußische Recht hat also jetzt da- Spezialität-prinzip nach allen Seiten durchgeführt: e- muß nicht allein die Person de- Gläubiger- und daPfandobjekt, — wa- schon nach altem Recht galt, — sondern auch die Belastung-summe eine bestimmte sein"). Der bestimmte Gläubiger kann bei der Grundschuld, aber nicht bei der Hypothek, der Eigenthü­ mer de- Grundstück- sein: er wird zwar dadurch nicht sein Schuldner, auch nicht Gläubiger gegen sein eigene- Grundstück, aber er erlangt da­ durch da» Recht, über die Grundschuld zu verfügen und auf dritte Per­ sonen die vollen Rechte eine» Grundschuldgläubigers, unter der Form der (Session oder de» Vermächtnisse», zu übertragen. Grundschuldgläubjger wird der Eigenthümer erst in dem Moment, wo er da- Eigenthum de» Grundstücks abgetreten hat, die Einheit de- berechtigten und verpflichteten Subjekt- aufgelöst worden ist. Hierauf kann man auch, wenigsten- nach preußischem Recht, welche- bei der Zwangsversteigerung da- Eigenthum auf den Ansteigerer durch Verkündung de» Zuschlag-bescheid» übergehen läßt, den an sich bedenklichen Satz zurvckführen, daß bei der Vertheilung der Kaufgelder in Folge einer gerichtlichen Zwangsversteigerung der bis­ herige Eigenthümer (der Subhastat) die Grundschuld für sich geltend machen kann"). Die namentliche Bestimmtheit de» Gläubiger» ist auch au-nahm-lo- nöthig, wenn Sessionen eingetragen werden, die unauSgefüllte Blankocession einer Grundschuld ist nicht eintragungsfähig. Die Bestimmtheit des Grundstücks wird jetzt dadurch bewirkt, daß der Titel de» Grundbuchblattes nach dem Inhalt der Steuerbücher da» Grundstück nach seiner Lage und Größe bezeichnen muß"). Die Be­ stimmtheit der Belastung besteht in einer fest begrenzten Summe, auch wenn noch nicht feststeht, ob der Anspruch, für welchen die Hypothek (bei Grundschulden kann dieser Fall nicht Vorkommen) bewilligt worden ist, künftig die Höhe der eingetragenen Summe erreichen wird. Bleibt sie unter der eingetragenen Summe, so geht die Differenz nicht auf den Ei’") §. 23. des Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872.

Gr.B O. §. 43.

’*) Kautionen müssen nach dem höchsten Betrag der Haftung eingetragen werden. §. 24. de- Gesetze-. ”) §. 27. 28. des Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. Förster, Grundbuchrecht, S. 140. Eine Hypothek kann niemals ursprünglich auf den

Eigenthümer eingetragen, sondern nur, wenn sie an ihn zurückfallt, umgeschrieben werden, oder, wenn er al» Gläubiger eingetragen worden und später da» Eigen­ thum am Grundstück erwirbt, ans seinen Namen stehen bleiben. § 64 66. de- Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. “) Gr.BO. §. 80. **) Gr.BO. §. 5.

Förster, Grundbuchrecht, S. 28fg.

genthümer über, sondern erlischt zu Gunsten der nacheingetragenen Gläu­ biger"). Man hat wohl die Behauptung ausgesprochen, daß die Gesammthhpothek oder Gesammtgrundschuld dem Prinzip der Spezialität der Summe widerspreche. Diese Behauptung ist aber unrichtig, denn jede» Grundstück hastet für die ganze Schuld und deren Höhe steht fest; da» Prinzip der Spezialität verlangt nur, daß ein nacheingetragener Gläubiger muß wissen und berechnen können, wie viel schlimmsten Fall» ihm vorgeht, wo also seine Sicherheit beginnt. Verbessert sie sich dann durch den zufälligen Umstand, daß da» ihm verpfändete Grundstück für die vorstehende Gesammthaft gar nicht, oder nicht zum vollen Betrage in Anspruch genom­ men wird, so wird er gewiß nicht beschädigt"). Berechtigt, die Eintragung einer Hypothek oder Grundschuld zu be­ willigen, ist nur ein solcher Eigenthümer, der im Grundbuch eingetragen ist, oder gleichzeitig seine Eintragung al» Eigenthümer erlangt. Niemal» darf eine Hypothek oder Grundschuld gegen einen nicht eingetragenen Ei­ genthümer eingetragen werden. Wer außerhalb der Fälle freiwilliger Ver­ äußerung ein Grundstück erworben hat, wird erst durch seine Eintragung zur Belastung legitimirt"). Um da» au» einem Veräußerung-verträge für den Veräußerer entstandene Recht auf Eintragung einer Hypothek oder Grundschuld zu sichern, und die Vorschrift de» § 408 L 20 A.L.R. zu ersetzen, ist dem Erwerber gestattet, gleichzeitig mit dem Antrag auf Umschreibung de» Eigenthum» die Bewilligung der Eintragung einer Hypothek oder Grundschuld zu erklären, so daß beide» in einem Akt im Grundbuch vorgenommen werden kann"). Natürlich steht da- gleiche Recht auch dem Erben und auch in Betreff von Belastungen zu, die nicht für den Veräußerer, sondern für andere Personen bewilligt werden. Miteigenthümer können auf ihren Antheil eine Hypothek oder Grundschnld bewilligen"); gewiß auch der eingetragene Miterbe, wenngleich der Belastung die Un­ sicherheit anhastet, daß bei der Theilung möglicher Weise dem Miterben da» Grundstück nicht zusällt und derjenige, der e» bei der Theilung er­ wirbt, die Löschung verlangen kann. Die einmal ertheilte Bewilligung kann nach erfolgter Eintragung zum Nachtheil der hinterher eingetragenen Gläu­ biger nicht erweitert werden, ausgenommen wenn e» sich nur darum han­ delt, nachträglich Zinsen bi» fünf Prozent zu bewilligen"). Die Bewilli-

“) S. oben Note 21.

§. 67. de» Ges. über den Eigenthumserwerb v. 5. Mai 1872.

") Die Gesammtposten zu beseitigen, ist schon deshalb unmöglich, Par-ellirung der Grundstücke von selbst entstehen.

weil sie bei der

”) Ges v. 5. Mai 1872. §. 5.

*•) Förster, Grundbuchrecht S. 159. ") Ges. v. 5. Mai 1872. §. 21.

*>- Ges. v. 5. Mai 1872. § 25. («eltere» Recht §. 30. bt» Ges. v. 24. Mai 1853, welche» jetzt etwa» erweitert ist. Förster, Grundbuchrecht S. 160).

§. 198.

Hypothek und Grundschuld.

Die Begründung M Recht«

461

gung kann unter einer Bedingung oder auf Zeit erklärt werden, die Be­ dingung und der Endtermin muß aber in da» Grundbuch eingetragen werden, um gegen Dritte zu wirken. Wenn der Anspruch, zu dessen Sicherung die Hypothek bewilligt worden ist, ein bedingter ist, so wird doch die Hypothek nur dann zu einer bedingten, wenn dies au- der Ein­ tragung hervorgeht: es steht nicht- entgegen, daß der Eigenthümer für einen bedingten Anspruch eine unbedingte Hypothek bewilligt, denn wenn auch die Schuldurkunde behuf- Eintragung der Hypothek vorzulegen ist und mit dem Hypothekenbrief verbunden wird, so ist sie doch nicht ein Gegenstand der Prüfung de- Grundbuchrichter-, für dessen Einschreibung die Erklä­ rung der Bewilligung allein entscheidet"). Der Gläubiger, der ein Recht auf Eintragung einer Hypothek oder Grundschuld erworben hat, kann zur Erhaltung diese- Recht- unter Ver­ mittelung de-Prozeßrichters eine Vormerkung auf dem Grundstück ein­ tragen lassen. Durch eine solche Vormerkung wird für die endgiltige Ein­ tragung die Stelle in der Reihenfolge der Eintragungen gesichert"). Der Vermittelung de- Prozeßrichters bedürfen diejenigen Behörden nicht, welche gesetzlich berechtigt sind, die Eintragung einer Hypothek zu verlangen"). Welche rechtliche Bedeutung hat eine solche Vormerkung?") E» wurde oben") hervorgehoben, daß durch eine Vormerkung da- Recht auf Ein­ tragung eine- dinglichen Recht-, also, wa- hier allein interessirt, einer Hypothek oder Grundschuld erhalten oder gesichert werden soll und e- ist anderweitig darauf hingewiesen, daß der Vermerk eine- WiderspruchrechtS gegen Verfügungen über eine Hypothek oder Grundschuld im Gesetz mit Unrecht al- Vormerkung bezeichnet worden sei"). Die Natur der Vor­ merkung ist aber auch anderweitig bereit- untersucht und dabei verschieden aufgefaßt worden"). Während Achilles in dem Wort nur eine Verdeut­ schung der Protestationen de- älteren Recht» findet und daher unter dieser Bezeichnung unterschied-lo- Protestationen zur Erhaltung eine- Realrecht» und Arreste verbindet, erachtet Dernburg zwar auch die Arreste al•*) Gr B.O §. 46, welcher in Betreff der Prüfung-pflicht keinen Unterschied zwischen Hypotheken und Grundschulden macht. Förster, Grundbuchrecht, G 147. Achil­ les, der in der 1 Ausl 6. 37 Note 5 a M. war, ist in der 2 A. G 66 Rote 5 beigetreten. Bergt. Bahlmann S. 229 Note 896. A. M. Johow, Jahrb. S. 248fg.

•*) Ges. v. 5. Mai 1872.

§ 22.

Gr.B O. §. 88.

”) Gin gesetzliche« Recht ans Eintragung einer Grundschnld existirt nicht. S. oben Rote 16. •*) Bergt, bes. Lehrend in s. Zeitschrift, v.7. S. 115ff. Förster, Grundbuch­ recht, S. 66f. Dernburg l. ®. 427fg. Bahlmann S. 43f. 80. Achille« S. 46 f. 69 f.

**) B. 1

S. 226.

”) Förster, Grundbuchrecht S. 68.

•’) Oben Rote 34.

Vormerkungen, theilt letztere aber, wozu da- Gesetz keinen Anhalt giebt, in echte und unechte: erstere sollen die vorläufigen Eintragungen zur Er­ haltung eine- dinglichen Recht» und die Arreste, letztere die Eintragungen von Einreden sein. Bahlmann hält fest an den ursprünglichen Inten­ tionen der Regierungsvorlage, wonach Vormerkungen nur zur Erhaltung eine- Realrechts dienen sollen, die Arreste aber nicht darunter zu ver­ stehen seien und will den hiervon abweichenden Bestimmungen im Gesetz dadurch gerecht werden, daß er letztere allein al- Vormerkungen im wei­ teren Sinne bezeichnet. Behr end endlich, der am ausführlichsten die Frage untersucht hat, führt au», daß die Vormerkungen entweder ein Recht an der Sache") oder ein Recht zur Sache schützen, daß die im Gesetz im Widerspruch mit der Regierungsvorlage als Vormerkungen be­ zeichneten Eintragungen ihrem materiellen Inhalt nach auch der Kategorie der Vormerkungen zum Schutz eine» Rechts an der Sache unterstellt werden können, Arreste aber ausgeschlossen seien. Diese Uebersicht der Meinungen zeigt, daß die Ansichten von Bahlmann, Behrend, För­ ster sich nahe stehen und daß eine Ausgleichung unter ihnen möglich ist. Sie stimmen darin überein, daß Arreste nicht Vormerkungen sind. Dies festgehalten, und nach den Worten de- Gesetze» über den Eigenthums­ erwerb und der Grundbuchordnung kann darüber ein Zweifel eigentlich nicht aufkommen, weil Vormerkungen überall nur als Schutzmittel, um ein Realrecht zu erhalten, bezeichnet werden, fragt es sich nur noch, ob die Vormerkung in §. 70. de» Gesetzes über den Eigenthum-erwerb, auf welchen sich §. 88. Absatz 2 der Grundbuchordnung bezieht, und die in §. 102. Absatz 2 der Grundbuchordnung erwähnte unter den Begriff der Vormerkung fallen, im Gesetz also dieser Begriff konsequent festgehalten worden ist. ES wird in dieser Hinsicht den Ausführungen von Behrend beizutreten sein, und man wird dann die Kategorie der Vormerkungen im weiteren Sinn, die Bahlmann in Vorschlag gebracht hat, alS entbehr­ lich fallen fassen können. Unzweifelhaft dient die Vormerkung in §. 102. Absatz 2 der Grundbuchordnung zur Sicherung eine» dinglichen Recht-, da» Gesetz sagt e» ausdrücklich, wobei ja hier dahin gestellt bleiben kann, ob man den Rückständen einzelner aus einem dinglichen Recht hervor­ gehender Leistungen auch dingliche Natur beizulegen hat. Aber gewiß hat Behrend gegen Förster auch darin Recht, daß da» Widerspruch-recht au» §. 70. de» Gesetze» über den Eigenthum-erwerb materiell darauf hinauSläuft, daß e» da» unbelastete Eigenthum, die Negatorienklage, sichern soll, mithin auch zur Erhaltung eine» Realrechts dient. Nimmt man nun al» feststehend an, daß der Begriff der Vormerkung der einer vorläufigen Eintragung zum Zweck der Erhaltung oder Sicherung eine- Realrechts *•) Behrend bedient sich bc8 landrechtlichen Auldrucks: hierüber oben B. 1. S. 119 Note 4

Recht aus die Sache.

S.

ist, so darf man doch unter Realrecht nicht bloß das Recht a n der Sache, sondern man muß darunter auch das Recht zur Sache begreifen, was allerdings hier wieder durchbricht und bei den Vormerkungen für eine Hypothek oder Grundschuld immer ein solches ist, während bei dem Eigen­ thum auch bereits ein Recht an der Sache durch die Vormerkung ge­ schützt werden kann, wenn nemlich das Eigenthum außerhalb einer frei­ willigen Veräußerung, nicht durch Auflassung erworben worden ist, über die Eintragung aber unter den Betheiligten noch gestritten wird. Man kann nicht sagen, daß die Vormerkung einer Hypothek oder Grundschuld die Bedeutung eine- bedingten dinglichen Rechts hat, sie ist vielmehr nur eine vorläufige Eintragung, die definitive Eintragung des Realrechts vor­ bereitend, und setzt voraus, daß der Rechtögrund des Realrechts bereits vorhanden und dem Prozeßrichter glaubhaft gemacht wird. Unter dem „glaubhaft machen" ist nicht der kasuistische und bestrittene Begriff der Bescheinigung des alten Rechts, auch nicht das Erfordern iß eines ArrestschlageS zu verstehen, obwohl wenn dieses vorliegt, wohl auch die Glaub­ haftigkeit gegeben ist. DaS „glaubhaft machen" ist ganz allgemein zu verstehen, eS hängt zusammen mit der freien Beweistheorie: eS soll in dem Prozeßrichter die Ueberzeugung hervorgerufen werden, daß der An­ spruch auf Eintragung einer Vormerkung begründet ist; wie und durch welche Mittel diese Ueberzeugung hervorgerufen wird, läßt das Gesetz dahingestellt, der Prozeßrichter hat dies zu ermessen. Die Vormerkung, welche gegen den Eigenthümer deS Grundstücks, oder gegen einen eingetragenen Berechtigten eingetragen wird, sichert die definitive Eintragung des beanspruchten Realrechts an der Stelle, an welcher die Vormerkung eingetragen ist, also auch die Rangordnung des­ selben. Die Vormerkung, welche der Eigenthümer des Grundstücks gegen einen eingetragenen Berechtigten oder ein solcher gegen einen andern nicht eingetragenen Prätendenten des Rechts eintragen läßt, sichert die Einreden, die der Eigenthümer gegen den Inhaber der Post, oder der eingetragene Berechtigte gegen den Prätendenten hat: der Eigenthümer will sich sein freie- Eigenthum, der eingetragene Gläubiger sein Realrecht am Grund­ stück sichern. Die Vormerkung umfaßt also, um eS kurz auszudrücken, die protestatio pro conservando jure et loco und die protestatio pro conservandis exceptionibus. Der Arrest zur Sicherung eines bloß per­ sönlichen Rechts, welches nicht ein Recht zur Sache in Betreff des Grund­ stücks ist, gehört dem Grundbuchrecht überhaupt nicht an. Natürlich kann der Arrestgläubiger auch das Grundstück seine» Schuldner» in Beschlag nehmen und das kann nur in den Formen de» Grundbuchrechts, d. h. durch Einschreiben eines Vermerks der Dispositionsbeschränkung, die allein der Arrest bewirkt, im Grundbuch geschehen"). *’) Ueber die Wirkung des Arrestes f. Entsch. B. 8. S. 57 (Pl . 122. Strieth. 8. 30. S. 184. Bergl. ferner in der Anwendung auf Subhastation Entsch. 8. 21. S. 429. Strieth. 8.2. S. 55 und Entsch. 8.19. S- 487, jedoch in Verbindung mit der jedenfalls zweifelhaften Beschränkung in B. 48. S- 139, Strieth. V. 48. S. 11 (f. hierüber Hinschiu» in der Anw.Zeit. 1863 IL S. 304 und R. Hoch in der Ger.-Zeit. 1863 S. 144, welche in der Entsch- 8. 51. S. 218 bestätigt worden. Der Sperrvermerk an» §. TO. der Subhast-Ordn v. 15. März 1869, kann dem Schuldner nur die Di-pofition über da» Grundstück, wie t» in dem Grundbuch eingetragen ist, entziehen. Soll er auch die Disposition über die beweglichen Pertinenzien und Früchte verlieren, so bietet sich dann die Seqnestration oder Arrestklage dar. Da» ans dem Gute be­ findliche bewegliche Pertineuzstück haftet auch dann dem Gläubiger, wenn der Eigenthümer daran einem Dritten ein 8esty- und Pfandrecht (eigentliche« Pfand­ recht) oder Retentionsrecht (z. 8. dem Schäfer an den Schafen) eingeräumt hat, Entsch. B. 16. S. 344.

470

Zweite« Buch

Die besonderen Privatrechte.

nen Sprachgebrauch der Unterschied nicht festgehalten wird"). Zwar müßte an sich auch hier der Umstand entscheidend sein, ob das eine Grund« stück dem Zwecke deS andern dient, und sonst conditioneni separatem et propriam bewahrt, oder ob eine ununterscheidbare Vereinigung beider stattgefunden hat, so daß sie fortan ein Grundstück bilden. Die Grund­ buchverfassung bringt aber ein neues formales Moment, welches über die Schwierigkeiten hinweg hilft. Ein entscheidendes Kennzeichen für die separate conditio ist es nämlich gewiß, wenn jedes der beiden Grund­ stücke eine besondere Diummer, d. h. ein besonderes Blatt im Grundbuch hat. Dann hat, selbst wenn beide demselben Besitzer gehören, — mag da» eine wegen der Zweckbestimmung für da» andere materiell oder thatsächlich al» dessen Pertinenz anzusehen sein, oder der Besitzer beide Grundstücke in solcher Einheit bewirthschaften, daß sie als ein ungetrenntes Grundstück erscheinen, — die Eintragung der Hypothek oder Grundschuld auf dem Blatt de» einen Grundstücks nicht von selbst die Verpfändung deS andern zur Folge, sondern eS muß die Post auch auf dem Blatt de» letzteren eingetragen werden"). Wo dagegen unbewegliche Pertinenzstücke auf dem Grundbuchblatt de» Hauptgutes zugeschrieben sind, werden sie von selbst von den Realverbindlichkeiten der letzteren ergriffen"). So ordnet die» auch da» neue Recht an und hat damit Zweifel beseitigt, die nach den Bestimmungen deS A.L.R. in der Praxis geherrscht haben, indem ein Un­ terschied zwischen Theilen und Zubehörstücken gemacht wurde, der, so sehr er auch sachlich oder dem Begriff nach begründet sein mag, doch durch die formale Einrichtung deS Grundbuchs überwunden werden mu6"). Wenn aber jedes einem Grundstück zngeschriebene unbewegliche Zubehörstück für alle dinglichen Rechte, die auf dem Blatt deS ersteren eingetragen sind, mithaftet, so folgt daraus an sich noch nicht, daß e» auch für diejenigen Belastungen mithaften muß, die vor seiner Zuschreibung auf dem Blatt deS Hauptgrundstücks bereits eingetragen waren. Da» neue Recht hat das gleichwohl vorgeschrieben, indem es den Grundsatz aufstellt, daß auch ein nach der Eintragung der Hypothek oder Grundschuld dem verpfände­ ten Grundstück als Zubehör zugeschriebenes Grundstück in die Pfandver­ bindlichkeiten deS ersteren eintritt; eö gehen jedoch die mitübertragenen Posten de» zugeschriebenen Stücks — soweit eS sich nm Befriedigung derselben “) S. Kretschmann bei Gruchot IV. S. 10fg, wo au« einzelnen Stellen de« R. L-R- nachgewiesen ist, daß unter Pertinenz bald der Substanztheil einbegriffen ist, bald nicht. Begrifflich ist beide« verschieden. Oben B. 1. S- 108 Note 34. **) Nur die zugeschriebeneu Pertinenzie» haften mit dem Hauptgut. Ges. über den EigenthumSerwerb §. 30. Abs. 6. §. 32. 33. w) S. vorige Note. “) Eine Darstellung de« älteren, jetzt antiquirten Recht-zustande« giebt die 2. Aust, diese« Werk- B. 3. S. 448fg. Ueber da« jetzige Recht Förster, Grundbuchrecht S. 163 f.

§. 199.

Der Umfang des Recht- der Hypothek und der Grundschuld

471

au- diesem Stück handelt — den zur Zeit der Zuschreibung auf dem Hauptgut eingetragenen Rechten vor"). 5., Das neue Recht hat im In­ teresse eine- praktischen Bedürfnisse- eine alte Kontroverse entschieden: die Versicherung-gelder für Früchte, für bewegliche- Zubehör, für abgebrannte oder durch Brand beschädigte Gebäude, wenn diese Gelder nicht statutenmäßig zur Wiederherstellung der Gebäude verwendet werden müssen, haften den Hypotheken- und Grundschuldgläubigern; folgeweise ist auch dem Eigenthümer eine Abtretung oder Berpfändung de- Anspruch­ auf solche Gelder zum Nachtheil der eingetragenen Gläubiger versagt"). 6. Endlich haften dem eingetragenen Gläubiger auch die dem Grundstück zugeschriebenen Gerechtigkeiten"). Solche Gerechtigkeiten sind nicht Pertinenzien, sondern Recht-eigenschaften der Sache"), und da- bei ihrer Ablösung gezahlte Abfindung-kapital ist dem Pfandrecht nicht unterworfen"). 2. Wofür haftet da- Pfandobjekt? Eö haftet für die ganze Schuld, d. h. für da- Kapital, für die eingetragenen Zinsen, für sonstige eingetragene Iahre-zahlungen, für die Kosten der Eintragung, der Kün­ digung, der Klage und Beitreibung"); für die Kosten auch dann, wenn sie nicht eingetragen sind, also vermögt de- Gesetze-. Unter eingetragenen Zinsen sind die vorbedungenen und die im Wege der Zwangsvollstreckung eingetragenen Zinsen, sowie natürlich auch die fällig gewordenen einzelnen Zinsraten") zu verstehen. Dagegen sind die Verzugszinsen ausgeschlossen Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. §. 32. Ges. über den Eigenthum-erwerb 8.3V. Abs. 8. 6. 31. Daselbst $. 30. Abs. 6. Vergl. vben B. 1. S. 114 Note 12. Oben B. 1. S. 110 Note 40 a. E. S. 112. In dem Pl - Beschl. Entsch. B. 5. S- 1 werden ste für Pertinenzien im Gegensatz von Substanztheilen erklärt. Auch in §. 458. 459. d. T. werden sie unter den Pertinenzstücken verstanden. S. v. Kamptz, Jahrb. B. 53. S- 49. Koch, Beurtheil S- 299f. *•) Da- Ablösung-kapital, die Rentenbriefe, werden aber vermöge gesetzlicher Anord­ nung zur Befriedigung derjenigen Realgläubiger verwendet, denen die abge­ lösten Rechte bereit« verhaftet gewesen waren. Oben B-1. S. 110 Note 40. Ge­ setz v. 29. Juni 1835 (GS. S. 135). Die Hypothekcngläubiger haben, wenn der Schuldner die Verwendung der Abfindung in ihrem Jntereffe nicht bewerkstelligt, ein an eine 6 wöchentliche Frist gebundene« Kündigung-recht vor der Bersallzett. §. 460—465. b. $. Diese Bestimmung ist noch gillig. Förster, Grundbuch­

*•) *’) ”) ”)

recht, S. 176. - Entsch. B 2. S. 267. B. 5. S. 1. Präj. 1315. Sammt. I. 361. Entsch. B. 30. S. 266. B. 32 S. 214 B. 33. S. 305. B- 36. S. 181. B. 38. S 469 f Arnöb. Arch B. 13. S. 343. Daher hastet auch nicht da« lasfitische Bauergut dem Hypothekengläubiger de« Rittergut-, sondern nur daRecht de- letzteren aus jene-, Entsch v. 13. S. 272. v. 40. S. 242. Strieth. B. 32. S. 337. Ueber da- pretium aucc. in locum rei bei Gemeinheit-thei­ lungen nach §. 147. der Gem-Th.-Ordn. v. 7. Juni 1821 s. Ko -mann in der deutschen Ger.-Zcit. 1865. S. 101 fg.

”) Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872

§• 30. Eingang.

”) Welche übrigen- in vier Jahren verjähren. Ges. v. 31. März 1838. Im Fall der Unzulänglichkeit de- Kausgelde- werden bei der Zwangsversteigerung nur zwei­ jährige Rückstände an Stelle de- Kapitals berichtigt. Subh.-Ordn. v. 15. März 1869 tz. 6V. Konk - Ordn. §. 54. Eine Zinsbeschränkung kennt das neue Recht auch bei Hypotheken und Grundschulden nicht. Bundesgesetz v. 19. Novbr. 1867 (B G.Bl. S> 159).

wie die- schon nach §. 483. d. T. der Fall war. Die Haft deS Grund­ stücks für Verzugszinsen wäre eine offenbare Verletzung de» Spezialität-Prinzip», denn sie können in keiner Weise durch da- Grundbuch ersichtlich gemacht werden, sie sind auch nicht Früchte de» eingetragenen Kapital-, sondern nur eine nach Maßgabe der Zinsen berechnete EntschadigungSforderung, die ihren Grund lediglich in einem persönlichen schuldbaren Ver­ halten de- Schuldners hat"). Unter den sonstigen Jahreszahlungen sol­ len die ausdrücklich stipulirten Strafgelder für versäumte Amortisations­ zahlungen und alle außer den Zinsen bedungenen jährlichen Zahlungen, wie insbesondere die nach den Statuten vieler Pfandbriefsinstitute als Zu­ schlag zu den Zinsen bedungenen Amortisationsquoten durch da- Gesetz als dinglich anerkannt verstanden werden. Daß da» Grundstück jetzt auch für die Kosten der Eintragung hastet, ist gegenüber dem alten Recht eine Neuerung und Erweiterung").

§. 199 a. Der Uebergaug und die Umwandlung der Hypothek und der Gruudschuld. I. Die Hypothek sowohl als die Grundschuld sind Gegenstände des Verkehrs und daher auf andere Personen übertragbar. Aber die accessorische Natur der ersteren und die Selbständigkeit der letzteren begründet einen Unterschied in der Uebertragbarkeit. Die Hypothek kann von der persönlichen Hauptschuld nicht getrennt, sie kann nur gemeinsam mit die­ ser abgetreten (cedirt) werden'). Die Grnndschuld wird allein cedirt, denn sie ist nicht mit einer Hauptschuld verbunden. Weil aber auch sie in einer persönlichen Schuld ihre Veranlaffung haben kann, weil sie zur Sicherung einer solchen bestellt sein kann, die Zusammengehörigkeit oder die Beziehung der Grundschuld auf eine persönliche Schuld aber aus dem Grundbuch und dem Grundschuldbrief nicht ersichtlich ist, so mußte dafür Vorsorge getroffen werden, daß eS dem Gläubiger nicht möglich wird die Grnndschuld und die persönliche Schuld jede selbständig an verschiedene Personen abzutreten, jene gegenseitige Beziehung zu zerreißen und den Schuldner in die Lage zu versetzen, doppelt zu zahlen. Da» Gesetz schreibt deßhalb vor: „wird eine zur Sicherung eine- persönlichen Recht- dienende Grundschuld ohne den persönlichen Anspruch abgetreten, so erlischt letzte­ rer');" d. h. der mit der persönlichen Klage belangte Schuldner hat die **) Oben B. 1. S. 391. Verzugszinsen können aber als Kapital eingetragen werden. Strieth. «.21. ©.14. M) Alte» Recht g. 488. d. T.

*) Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. ') Daselbst Absatz 2.

§. 52. Abs. 1.

§. 199 a. Der Uebergang u. dir Umwandlung der Hypothek u. der Gnindschuld

473

Einrede, daß die zu ihrer Sicherung von ihm bestellte Grundschuld abge­ treten worden, mithin die persönliche Schuld nicht mehr klagbar sei. Der Cessionar der letzteren muß sich an seinen Cedenten, der für die Verität der abgetretenen Forderung zu haften hat'), halten. Noch ein anderer wichtiger Unterschied besteht zwischen der Abtretung einer Hypothek und einer Grundschuld. Die Abtretung der ersteren muß immer an eine bestimmte Person erfolgen und in der Abtretungserklärung muß der Name derselben angegeben sein. Die Abtretnng der Grundschuld kann namenlos, in blanco erfolgen'). Jeder Inhaber erlangt dadurch da- Recht, die Blau» koabtretung durch einen Namen anSzufüllen, also auch mit dem Namen eine- Dritten, oder auch ohne solche Ausfüllung die Grundschuld weiter zu übertragen und die dingliche Klage anzustellen. Erst wenn die Abtretnng eingetragen werden soll, muß sie mit dem Namen de» Cessionar» au-gefüllt sein'). Um die Gefahren, die mit einer Blankoabtretung für dezz Schuldner verbunden sein können, weil er seinen Gläubiger nicht kennt und daher nicht weiß, an wen er die Zinsen zu zahlen hat, andrer­ seits aber e» zur großen Belästigung de» Verkehr» dienen würde, wenn man jede einzelne Zinszahlung an die Vorbedingung knüpfen wollte, daß jedesmal der Grundschuldbrief dem Schuldner vorgrzeigt werde, ist die Einrichtung getroffen worden, daß den Grundschuldbriesen ZinSquittungSscheine beigelegt werden, und der Schuldner ist berechtigt, an jeden In­ haber de» fälligen ZinSscheineS gegen Aushändigung deffelben die Zinsen zu zahlen'). Zm Uebrigen bedarf die Session einer Hypothek oder Grund­ schuld weder der Annahme Seiten- des Erwerber- noch der Eintragung int Grundbuch zu ihrer Giltigkeit'), die Eintragung muß aber, getreu dem KonsenSprinzip, von dem eingetragenen Gläubiger der Post bewilligt wer­ den. Seine Bewilligung wird auch hier ersetzt durch seine rechtskräftige VerurthAlung und gegen seinen Willen kann die Eintragung der Session nur von einer gesetzlich dazu berechtigten Behörde, also z. B. von dem Prozeßrichter im Wege der Zwangsvollstreckung, nachgesucht werden'). Die Kosten der Abtretung und und deren Eintragung werden von dem abtretenden Gläubiger und dem Erwerber zu gleichen Theilen getragen, dage­ gen von dem Eigenthümer de- Grundstück- allein, wenn auf seine Ver3) Oben SB. 1. S. 655. 4) Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. buchrecht, S. 144.

§.55.

Förster, Grund-

’) Gr.B O. §. 80. •) Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. §. 39. Abs. I. Förster, Grundbuchrecht, S. 145. Ueber die Beibringung der Zin-quittung-scheine behufs Löschung der Grundschuld s. Gr.D.O. §. 95. 96. Ueber die Form derselben §. 128. das.

') Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. ■) Ges. über den Eigenthum-erwerb §. 53.

§. 54.

Gr B.O- §. 80.

anlassung der Gläubiger zur Abtretung an Stelle der Quittung genöthigt worden ist"). In diesem Fall, — der dem alten Recht unbekannt war, — geschieht die Abtretung ohne die Pflicht zur Gewährleistung"'). Im Wesentlichen unter denselben Regeln mit der Abtretung steht die VerPfändung einer Hypothek oder Grundschuld, nur daß die der letzteren freilich nicht in blanco erfolgen kann. Die Eintragung der Verpfändung ist ebenso wenig zu ihrer Wirksamkeit nöthig und bedarf einer gleichen Be­ willigung; erfolgt sie, so muß sie den Glänbiger und die Forderung bezeich­ nen, zu deren Sicherheit die Verpfändung dienen soll; die Kosten trägt der Verpfänder"). Eine solche Verpfändung hat den Charakter der Ver­ pfändung einer Forderung"). II. Die Hypothek kann in eine Grundschuld umgewandelt wer­ den"). Dies setzt nicht allein die Einigung des hypothekarischen Gläu­ biger- mit dem Eigenthümer, also des letzteren Bewilligung beim Grund­ buch voraus, sondern erfordert auch die Genehmigung der gleich- und nacheingetragenen Berechtigten, welche vor dem 1. Oktober 1872 bereit­ eingetragen waren. Der Genehmigung später eingetragener Gläubiger bedarf eS nicht. Die Umwandlung bewirkt, daß die Hypothek nnnmehr ganz die Natur der Grundschuld erhält, von ihrer Obligation losgelöst wird — eigentlich eine neue Eintragung der Grundschuld an der Stelle der Hypothek.

§. 200. Die Aufhebung des Rechts der Hypothek und der Grundschuld. Dem Satz, daß eine Grundschuld nur durch Eintragung erworben wird, kann man mit gleicher Unbedingtheit den anderen gegenüberstellen, daß sie nur durch Löschung aufgehoben werde. Auch von der Hypothek sagt zwar das Gesetz, daß sie nur durch Löschung aufgehoben werde'). Hier tritt aber die im geltenden Recht festgehaltene accessorische Natur deö Hy­ pothekenrechts hervor nnd der daraus abfließende, im A.L.R. auch an die Spitze gestellte Satz'), daß das dingliche Recht des Gläubigers erlischt, soweit der Anspruch, für welchen die Hypothek bestellt worden, getilgt ist. Sie erlischt materiell, wenn sie auch im Grundbuch formell fortbesteht. Der befriedigte Gläubiger verliert sein dingliche-Recht, wenn auch die Hypothek nicht gelöscht, worden ist, die Löschung hängt von dem Antrag •) Das. §. 56.

") Das. §. 63.

••) Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872. §. 53. 54.56 ») §. 5t5. d. T

Oben S. 396 s.

") Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872.

§. 29.

*) Ges. über den Eigenthum-erwerb v. 5. Mai 1872.

§. 57.

') §. 520. d. T-

Gr.B.O. §. 84.

de- Schuldners ab3). Der nicht befriedigte Gläubiger verliert durch die erfolgte Löschung, oder wenn bei der Abschreibung de- Grundstücks die Post nicht übertragen worden ist, sein dingliches Recht, aber nicht noth­ wendig seinen persönlichen Anspruch, der vielmehr unversichert fortbestehen sann4). Wenn bei der Löschung der Grundbuchrichter die gesetzlichen Vorschriften beobachtet hat, so ist die Hypothek und Grundschuld vernich­ tet, auch wenn sie der Gläubiger selbst irrthümlich herbeigeführt oder sie durch Betrug veranlaßt worden ist3). Diejenige Löschung aber, bei wel­ cher der Richter gesetzliche Vorschriften unbeachtet gelassen, die er au» Versehen vorgenommen hat, soll dem Gläubiger nicht unbedingt da- durch die Eintragung erworbene Recht entziehen4). Da- kann nicht heißen, daß der Gläubiger trotz der Löschung die Hypothek, sondern e» soll heißen, daß er seinen Eintragungstitel behalten hat, und er verlangt kraft dessen die Wiedereintragung seiner Hypothek, welche auch erfolgen muß'). Der öffent­ liche Glaube des Buchs bringt aber mit sich, daß die Veränderungen, die inzwischen bei demselben eingetragen sind, berücksichtigt werden müssen. Die Gläubiger der zur Zeit der ungebührlichen Löschung schon eingetra­ gen gewesenen Hinterposten müssen eie Wiedereintragung sich ohne Weite­ re» gefallen lassen, wenn nicht inzwischen die Posten durch Session oder Verpfändung an Dritte gediehen sind und die Cession oder Verpfändung eingetragen worden ist. Die nach der Löschung eingetragenen Posten gehen der wiedereingetragenen Hypothek vor. Soweit der Gläubiger also in Folge solcher Nachstellungen Schaden erleidet, wird ihm der Richter und der Staat regreßpflichtig4). — Abweichend von dem allgemeinen Grundsatz, daß der Gläubiger die Kosten der Quittung zu tragen hat, fallen dem Schuldner die Kosten der Quittung und Löschung zur Last'). — Der Schuldner hat gegen den befriedigten Gläubiger eine Klage auf Bewilligung der Löschung, d. h. Freigabe des Pfandobjekts, und er muß, um sich gegen weitere ihm nachtheilige Dispositionen des Gläubigers über die Post zu sichern, seinen Widerspruch dagegen im Grundbuch vormerken *) Ges. über den Eigenthum-erwerb §. 58. S. 264. Strieth. B. 43. S. 268.

Gr.B Or ?. 92.

Dergl. Enlsch. B. 18.

*) §. 524. 525. d. T.

•) Präj. 324. Sammt I 119. Reskr. v. 30. Mai 1825 (Ergänz, zu §. 524—526. Rr. 2). Koch, Note 53 zu 8- 526. Ein Beispiel von Löschung au- Irrthum de- Richter« Entsch. 8. 3. @. 88. Strieth. B. 15 -S. 38. 8. 16. S. 183. Seusfert V. 260. ') Gr B.O. 8 118

*) Der Richter kann auch von Amt-wegen die ungebührlich gelöschte Hypothek wieder eintragen. Reskr. v. 24. Aug. 1838. Jahrb. B. 52. S. 217. •) Gr.B.O. §. 29. •) Gesetz über den Eigenthum-erwerb 8. 61. Der dritte Eigenthümer, welcher die Post in Anrechnung auf da- Kaufgeld ausdrücklich übernommen, kaun die Erstat­ tung der Löschung-kosten von seinem Veräußerer, dem gewesenen Schuldner, nicht verlangen. Er zahlt auch al- persönlicher Schuldner, tz. 41. de- eit. Ges.

lassen'"). Unterläßt er dies oder beantragt er die Löschung nicht, so muß er die von Dritten redlich durch Verhandlung mit dem Gläubiger an der Post erworbenen Rechte anerkennen. Wenn der Hhpothekenglänbiger den persönlichen Schuldner, oder um­ gekehrt dieser jenen beerbt, so erlischt der durch die Hypothek gesicherte Anspruch durch Konfusion und folgeweise ist die Hypothek aufgehoben"). Wenn der Grundschuld- oder Hypothekengläubiger Eigenthümer de- ver­ pfändeten Grundstücks wird, so muß Konsolidation eintreten, neben dem Eigenthum kann für dieselbe Person die Grundschuld und Hypothek nicht mehr bestehen"). Konsolidation de» Eigenthum» muß auch eintreten, wenn die durch die Hypothek gesicherte Forderung auf irgend eine Weise, durch Zahlung, Kompensation, Erlaß, getilgt wird, weil dann die Hypothek al» Accessorium wegfällt. Da aber in allen Fällen die Löschung der Hypothek und Grundschuld nur vom Schuldner und Eigenthümer de» Grundstück» herbeigeführt werden kann, so entsteht die Möglichkeit, daß trotz bezahlter oder durch Konfusion erloschener Schuld und trotz konsolidirtem Eigenthum die Hypothek und Grundschuld formell fortbesteht, wenn deren Löschung nicht beantragt worden ist. Diesen Umstand hat die Gesetzgebung schon früher be­ nutzt, um eine solche ungelöschte Hypothek dem Eigenthümer de» Grundstück« zur ferneren Disposition zu überlasten. Die an den AnhangS-ß. 52 und dessen Deklaration vom 3. April 1824 sich anknüpfende Kontroverse von der Hypothek de» Eigenthümer» ist, wa» die Zahl der hervorgetre­ tenen Meinungen und die Reichhaltigkeit der daraus in der Praxi» hervorgegangenen Kasuistik betrifft, weitaus die umfangreichste und bedeutendste im Gebiete de» preußischen Privatrechts") gewesen, jetzt aber durch da» *•) §.60. bte Ges. über den Eigenthum-erwerb. Auch der frühere Besitzer de» verpfändeten Grundstück« ist zur Klag« legitimirt, wenu er sich gegen seinen Käu­ fer verpflichtet hat, da» Grundstück von der Hypothek zu befreien. Etrieth. B. 30. S. 68. ") Oben B. 1. S. 609 Note 1. ") Oben S. 279 Note 5. **) Dergl die Uebersicht der Literatur in den Ergänzungen zu den preuß. Recht«, büchern, 5. Aufl I. S- 726 beiIV. Dieser ist noch beizusügen: Delbrück, die Uebernahme fremder Schulden, 1853. S 63sg. Prinz, Einfluß der Hypothekenbnch-Derf. auf da« Sachenrecht. S- 233f. Galli, z. L v. d. Hypothek de« Eigen­ thümer«, bei Gruchot X. 513 Hoyer, das. XI. 23. Zenthöfer in der Anwalt-Zeit- 1864. S. 243. Göppert, das 1864. S. 279f. Geck, das. 1865. S. 113. Silberschlag, das. 1866. S. 289. Hinschiu«, das. 1866. Rr. 44. 45. Bremer, Grundschuld und Hypothek. S. 46fg. — Da« öster­ reichische GB. §. 1446. schließt die Aushebung von Rechten und Verbindlichkeiten in Einer Person au«, und läßt die Hypothek nur durch Löschung untergehen. Nach der Praxi» in Hamburg (JMBl. 1848 S. 42) ist der Eigenthümer befugt, die eingelöste Hypothek aus seinen Namen umschreiben zu lasten und dann zu cediren. Da« würtembergische Psandgesetz v. 15. April 1825 Art. 107—109.120. berechtigt den Schuldner, dem Darleiher, mit dessen Geld ein Pfandgläubiger be­ friedigt wird, besten Pfand und Priorität einzuräumen, und giebt dem Käufer, mit besten Kaufgeldzahlung Pfandgläubiger befriedigt worden sind, die Rechte derselben. Da» sind Fälle, dir auch da« röm. R. anerkennt. Nach dem bairi-

§. 200.

Die Aushebung de- Recht- der Hypothek nnb der Grundschuld.

477

Gesetz über den Eigenthum-erwerb vom 5. Mai 1872 zum Abschluß ge­ bracht"). Denn während der AnhangStz. 52 mit seiner Deklaration nur für einen einzelnen Fall die s. g. Hypothek de- Eigenthümer- zuließ, so zu sagen concedirte, brachte er in da- hypothekarische System de- A.L.R. einen Riß, an dem seither die Praxi- krankte und den auch die Wissen­ schaft nicht zu heilen vermochte. Da- Gesetz vom 5. Mai 1872 hat nun neben der Grundschuld de- Eigenthümer-"), auch die Hypothek deEigenthümerS al- ein besondere- Recht-institut abgeschlossen und nach al­ len Seiten ausgebildet, so daß wenigsten- die praktische Verwendung der­ selben nicht mehr Zweifel erregen wird, wenngleich die theoretische Kon­ struktion de- Institut- auch in seiner neuen Gestalt noch manche Schwie­ rigkeit darbietet. Geschichtlich ist zunächst zu bemerken, daß der Anh. §. seine Ent­ stehung einem Gutachten der Gesetzkommission vom 10. Juli 1802 ver­ dankt"), durch welche- die Frage entschieden werden sollte, „ob Schuld­ forderungen, welche im Hypothekenbuch eingetragen sind, für erloschen zu erachten, wenn sie durch Erbgang-recht oder au- einem anderen Rechts­ grunde aus den Inhaber de- verpfändeten Grundstück- tran-ferirt werden; oder ob Letzterer seiner Qualität al- Eigenthümer und Debitor unbeschadet dergleichen Ansprüche anderweit cediren dürfe?" Man wollte au- prakti­ schen Zweckmäßigkeit-gründen dem Eigenthümer ein Disposition-recht über die in sein Eigenthum zurückgefallene Hypothek mit ihrer Priorität ge­ währen und, indem man davon au-ging, daß ein solche- Disposition-recht nicht schon au- seinem Eigenthum hervorgehe, weil nach dem Erlöschen der vorderen Hypothek die nachstehenden von selbst sich vorschieben, wollte man ihn selbst an seiner eignen Sache zum creditor hypothecarius cum jure praelationis machen. War ihm gestattet, neben seiner Eigenschaft al- Eigenthümer de- Grundstück- die Eigenschaft eine- hypothekarischen Gläubiger- beizubehalten, so hatte er damit die Möglichkeit, die Hypothek scheu Hypothekengesetz v. t.Juni 1822 § 84. kann der Schuldner den Rang einer getilgten aber nicht gelöschten Hypothek einem neuen Gläubiger übertragen. Da» sächs. Hypothekengesetz v. 6. Nov. 1843 giebt in $. 99. dem persönlich verpflich­ teten Eigenthümer, wenn er die Hypothek gezahlt hat, da» Recht, an der Stelle eine andere Hypothek eintragen zu lassen, e» gestattet in §. 117. 118. die Session an den Eigenthümer und in §. 119. diesem, auch wenn er nicht Tesston er­ halten, und dem Gläubiger, wenn er da» Grundstück erwirbt, die Session der Hypothek. Die revidirte Mecklenburger Hypothekenordn. von 1848 § 16. Nr. 4 bestimmt, daß der Eigenthümer für fich selbst und auf seinen eigenen Namen eine Hypothek eintragen lassen kann, daß bereit» eingetragene Hypochekcn ihm cedirt und auf seinen Namen umgeschrieben werden können. — In dem Bezirk de» Appellation-gericht» Greifswald hatte sich, bevor dort die Hypothekenordnung v. 1868 eingesührt war, seit lange die Praxi» au»gebildet, daß der hypothekarische Gläubiger, wenn ihm der Schuldner zahlt, diesem entweder eine Session in blanco ertheilte, oder die Hypothek an eine ihm vom Schuldner benannte Person abtrat.

“) ß. 63-66. d. G. *’) S. oben S. 382f. *•) Abgedruckt bei Amelung a. a- £>. S. 457—473.

wieder in den Verkehr zu bringen und sich dadurch einen Kredit zu ver­ schaffen, der ihm versagt werden Wörde, wenn der neue Gläubiger der letzte werden müßte. Der Anh. § läßt eS dahin gestellt, wie die Ber­ einigung deS Hypothekcnrecht» mit dem Eigenthum zu Stande gekommen, ob durch Erwerb de- Grundstück-eigenthum- durch den Gläubiger, ob durch Erwerb der Forderung durch den Eigenthümer"). Zweifelhaft blieb jedenfalls, ob er sich auch auf die Fälle beziehen konnte und sollte, wo der Eigenthümer de- Grundstück- die durch die Hypothek gesicherte For­ derung durch Zahlung oder durch sonst eine Art, z. B. Kompensation, getilgt hatte, denn unmöglich konnte man doch behaupten, daß der Schuldner, der seine Schuld bezahlt, die ihr entsprechende Forderung er­ werbe, oder daß durch die Zahlung sich eine Konfusion von Forderung und Schuld in seiner Person vollziehe. Diese Zweifel sollte die Deklara­ tion beseitigen; auch die von dem Eigenthümer bezahlte Hypothekenforderung soll er zu weiterer Disposition erhalten"). Daß tiefe Vorschriften eine Anomalie in dem System de- landrecht­ lichen Hypothekenrechts und gegen die Natur der Obligationen sind, ist nicht zu verkennen. Sie widersprechen der accefforischen Natur der Hy­ pothek, wie sie da- A.L.R. durchaus festhält, wenn man annehmen muß, daß die von einer Konfusion oder Zahlung oder sonst einer Tilgung-art getroffene persönliche Forderung nicht mehr fortbesteheu kann; sie wider­ sprechen, auch wenn man der Hypothek eine selbständige Fortdauer nach dem Wegfall der Obligation einräumen dürste, doch dem Grundsatz, daß dem Eigenthümer an seiner Sache nicht noch ein besondere- dinglicheRecht zustehen kann, und nur die formale Einwirkung de- öffentlichen Hypothekenbuch- könnte hierfür eine Erklärung ermöglichen; sie wider­ sprechen endlich der Natur der Obligation, wenn man deren Fortbestehen trotz ihrer Tilgung oder ihrer Konfusion annehmcn müßte, weil der Schuld*’) Es heißt in dem Gutachten S- 457: wir werden bei der nachfolgenden Erörte­ rung jede Art der Bereinigung des Eigenthum» einer hypothelansch versicherten Schnldsordcning und des verpfändeten Grundstücks in Einer Person voranSsetzen." '•) Der Deklaration v. 3. April 1824 (GS- S. 77) liegt ein Gutachten des Staats­ rath», Abtheil, für Justiz und Inneres, v. 22. Jan. 1824 zu Grunde, abgedrnckt in Kamptz, Jahrb. B. 50. S- 177 fg. Da» Gutachten ist auch von dem Ger­ manisten Eichhorn und von Savigny unterzeichnet. Dazu noch S. 205 das. der AuSzng au» dem Staat»rath»protokoll v. 16. März 1824. Unter den damaligen Gerichten (f. Gutachten S. 191) hatten die OLGerichte von Westprenßen und Pommern die Hypothek de» Eigenthümer» auch auf gezahlte Hypotheken angewendet, da» Kammergericht, da» OLG. Posen und da» Trib. in Königsberg sich da­ gegen erklärt. Die begutachtenden Mitglieder de» Staat-rath» standen sich vier und vier gegenüber, endlich entschied für die Deklaration die Erwägung, »daß c» auf die preußische Hypothekenversaffung ankomme, und daß den Grundbesitzern zu sehr die Gelegenheit erschwert werden würde, wenn sie über die gezahlte Hypo­ thekenpost nicht anderweitig sollten verfügen können, gegenseitig aber nur den spä­ teren Hypolhekengläubigern ein Bortheil erwachsen würde, worauf sie weder An­ spruch haben, noch auf welchen sie hätten rechnen können." S. 206.

§. 200.

Die Aufhebung bc8 Rechts der Hypothek und der Grundschnld

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ner nicht sein eigener Gläubiger sein kann. Der Theorie erwuchs durch diese Gesetze die Aufgabe, für den von ihnen geschaffenen anomalen Rechtssatz eine juristische Konstruktion zu finden, welche möglichst in Einklang mit den feststehenden Prinzipien des Obligationen- nnd Pfandrechts bliebe, und der Praxis die fast noch schwerere Aufgabe, die Grenzen und Vor. auSsetzungen seiner Anwendbarkeit im Einzelnen zu bestimmen. ES sind verschiedene Erklärungsversuche hervorgetreten, und wenn dieselben auch jetzt nur noch ein dogmengeschichtliches Interesse gewähren, so können sie doch hier nicht ganz übergangen werden, weil e» von Werth ist, in ihnen den Gegensatz zu der Theorie deS neuen Rechts zu zeigen. Zuerst hatten die beiden Anffaffungen, daß der Eigenthümer nur die Hhpothekenstelle (den locus auf dem Folium) zur Disposition erhalte'"), und daß jedem späteren Gläubiger nicht die ganze Sache, sondern nur deren Werthrest verpfändet sei, mithin mit dem Wegfall eines vorderen Gläubigers der betreffende Werth der Sache wieder freies Eigenthum des Besitzers und diesem ungehindert zur Verfügung gestellt werde'"), einige Zeit lang An­ sehen. Allein, wie jetzt wohl übereinstimmend angenommen wird, sind beide Meinungen unhaltbar. Gegen die erste spricht, daß die Stelle auf dem Folium keine juristische Existenz hat, nicht Gegenstand von Rechtsge­ schäften sein kann"); sie ist an sich ein Vakuum, was erst durch ein Objekt ausgefüllt werden muß. Die zweite widerspricht unzweifelhaft dem Grundsatz, daß jedem Gläubiger die ganze Sache verpfändet ist, und ge­ rade weil dieser Grundsatz auch im preußischen Recht volle Anerkennung gefunden hat, glaubte die Gesetzkommission, daß ein Dispositionsrecht des GrnndeigenthümerS über die Hypothek aus seinem Eigenthum allein sich nicht herleiten lasse"). — Delb rück") findet die wiffenschaftliche Erklä­ rung in dem von ihm ausgestellten Unterschied von Obligation und Schuld: die Obligation geht unter durch Konfusion, Zahlung, u. s. w., aber die Schuld kann als Sache, als VerkehrSobjekt, bestehen bleiben. Daß je­ doch diese Ablösung der Schuld und Forderung von ihrem Grunde, dem persönlichen Verhältniß zwischen Schuldner und Gläubiger (der Obligation) durch welche- allein sie ihre Existenz haben, unhaltbar ist, wurde schon früher auSgesührt"). — Koch hat behauptet: die persönliche Verbindlich­ keit geht zwar unter, aber daS Hypothekenrecht als „dingliches FordernngS") In den Reste, de« Just. M. v. 24. Marz und 13. Mai 1831 vertreten. über Bornemann IV. 248

S. hier­

In der Schrift v. d. Hagen, die Hypothek de« EigeuthUmcrS, 1836, auSgesührt. Bergt, desselben Aufsatz im ArnSb. Arch. B 5. 'S. 359. •’*) Bornemann a. a O. v. d. Hagen a. a. O. S. 80.

”) S. hierüber S. 468.

Bornemann IV. 249f.

") A. a. O. S. 65.

»*) Oben B. 1. S. 679.

Gutachten

Entsch

K. 5. S. 59.

der Ges.-Komm, a

a. O.

recht" gedacht, durch die hypothekenrechtliche Form aufrecht erhalten, dau­ ert fort"). Diese Ansicht steht und fällt mit der Annahme eine» ding­ lichen Forderung-recht», eine» Widerspruch» in sich selbst. Dann ist Göpp ert"), insofern er sich die Belastung eine» Grundstücks al» succes­ sive Parzellirung seine» Werthe» denkt, der Theorie v. d. Hagen» wieder nahe gekommen, und wenn er die Cession de» Eigenthümer» al» eine neue Pfandbestellung bezeichnet, die ihm in der Priorität der alten Hypothek zugestanden sei, so erinnert die» auch an die Theorie vom LokuS. Dabei bleibt nach dem jetzt geltenden Recht unerklärt, wie dem neuen Gläubiger, der dem Eigenthümer ein Darlehn gegeben, oder Arbeitslohn von ihm zu fordern hat, eine Hypothek über einen Kaufgeldrückstand cedirt werden kann, ohne daß er nunmehr auch Gläubiger de» Rückstände» werden soll. Ist die Cession de» Eigenthümer» eine ne ne Pfandbestellung nur mit alter Priorität, so muß eine neue Eintragung der Forderung de» neuen Gläubigers, also eine Umschreibung der allen Hypothek auf den neuen Schuldgrund erfolgen"). Gegenüber diesen verschiedenen wissenschaftlichen Erklärungsversuchen hat die Praxi» de» Obertribunals in dem Ple­ narbeschluß vom 27. Mai 1839") ausgesprochen und später fest daran gehalten, daß durch den Anh. §. 52 und dessen Deklaration nicht bloß da» Hypothekenrecht, sondern auch die Obligation erhalten werde, daß die Tilgung der letzteren nicht al» Tilgung aufgefaßt werden soll, daß folgeweise auch eine Konsolidation de» Eigenthums, eine Befrei­ ung de» Grundstücks von dem Pfandrecht nicht eintrete, und der Eigen­ thümer die Verfügung Uber.die Forderung mit ihrer Hypothek er­ halte. ES ist nun freilich leicht, hiergegen anzuführen, daß eine bezahlte, durch Erbgang auf den Schuldner übergegangene d. h. durch Konfusion erloschene, eine durch Kompensation berichtigte, eine erlassene Schuld un­ möglich ungetilgt sortbestehen könne, daß eS unmöglich sei zu sagen, der Schuldner erwerbe die von ihm bezahlte oder sonst getilgte Schuld, oder die bezahlte Schuld solle hier trotzdem nicht durch „Konfusion" un­ tergehen, denn eine bezahlte Schuld geht gewiß nicht durch Konfusion, sondern durch Zahlung unter. Man kann auch nicht sagen, daß der Schuldner durch Cession die Forderung an sich selbst erwerben könne, denn Niemand kann sein eigener Schuldner oder Gläubiger, Niemand auch sein eigener Hypothekengläubiger sein. Der Fehler dieser ganzen Kon­ struktion des Dogma'» liegt darin, daß man den Eigenthümer, an den **) Koch, bes. jetzt in seinem Komm. Note 6. I. 2. zn Anh. §.52. (3. A 518). **) Anwaltjcitung 1864 S. 279. das. 1866. Nr. 44. 45.

Seiner Auffassung nähert sich die von Hinschin«

”) Die« wird auch für die Gesetzreviston von Göppert vorgeschlagen. über den Schluß diese« §. ”) Entsch. B 5. S. 56 fg.

Dergl. hier­

§. 200.

Die Aushebung de- Recht- der Hypothek und der Grundschuld.

481

eine Hypothek zurückgefalleu war, durchaus und wirklich als Gläubiger der Forderung und der Hypothek auffaßte, ihn in diese Gläubigerrolle gewiffermaßen hineindrängte. Dadurch wurde das ganze Institut eine Ano­ malie, ein positiver Satz, für den man nur allenfalls Zweckmäßigkeits­ gründe anführen konnte"). Aber der Fehler lag nicht in der Theorie, sondern im Gesetz selbst und eS war deßhalb hoffnungslos, ihn durch die Theorie zu überwinden. AuS dem Gutachten der Gesetzkommission geht mit Sicherheit hervor, daß die hypothekarische Schuldforderurg erhalten bleiben sollte"), die ein­ getragene Forderung, also Obligation und Hypothek in ihrer Einheit, zwar natürlich nicht so, daß der Eigenthümer Obligation und Hypothek gegen sich selbst und für sich selbst geltend machen könnte, sondern so, daß für das persönliche und dingliche Recht ein den Untergang beider ausschließendes ruhendes Verhältniß vermöge der Form der Hypothekenbuchseinrichtung geschaffen werde"), welches ermöglicht, daß der Eigenthü­ mer über beides für Dritte di-poniren, sich einem Dritten gegenüber wieder zum Schuldner dieser Schuld machen könne. Die Forderung und ihre Hypothek sollten trotz Konfusion oder Zahlung vermöge einer Fiktion erhalten bleiben, indem die Thatsache, daß der Schuldner die Post nicht hat löschen fassen, anzeigen soll, daß die Zahlung von ihm nicht in der Tilgungsabsicht (animo solvendi) geleistet worden"). DaS Gesetz vom 5. Mai 1872 vermeidet es, eine bestimmte theore") In dem Gutachten der Gesetz-Kommission (a. a. O. S. 468) ist al- Motiv aus­ gesprochen, e- solle dem Eigenthümer der Titel gewährt werden, um gegen nach­ stehende hypothekarische Gläubiger die freie Di-Posttion über die in Rücksicht seiner allein vakante Hypothekenstelle behaupten zu können, damit er nöthigenfall- den Kredit finde, welchen er vielleicht nicht erlangen würde, wenn er nur den Theil de- Werthes seines Grundstücks verpfänden dürfte, welchen die Forderungen der ihm als Kreditoren nachstehenden hypothekarischen Gläubiger übrig lasten." ") ES wird in dem Gutachten immer von der eingetragenen, ungelöscht gebliebenen Schuldforderung gesprochen. Entsch. B. 5. S. 59. ") DaS Gutachten knüpft S. 458 an die Bestimmung der Hyp.-Ordn. II. §. 241 an. ”) So faßt e- inSbes. das Gutachten v. 22. Jan. 1824 (a. a. O. S. 182 fg.) auf, indem die Solution in diesem Sinne (d. h. wenn der zahlende Schuldner dabei die Absicht hat, über die Forderung weiter zu disponiren) nicht als wirlliche Solution angesehen werden könne. In dem Gutachten v. 22. Jan. 1824 heißt es S. 181 a. a. O.: „e- ist nicht der Eigenthümer des Grundstücks, sondern der hypothekarische Gläubiger, deffen Forderung im Hypothekenbuch noch ungelöscht steht, der das Recht, welche- er daran hat, einem Andern cedirt. Die- ist wenig­ stens die Ansicht, welche die ehemalige Gesetz-Kommission in dem Gutachten v. 10. Juli 1802 aufgestellt hat." Darin zeigt sich, daß der cedirende Eigenthümer eigentlich nur eine Bermittlerrolle hat. So hat die Sache namentlich auch Savlgny aufgefaßt, welcher in seiner Vorlesung über das A L.R. sagt: „z. B. ich habe sechs Kreditoren auf meinem Hause, nun findet sich Jemand, der dem Ersten die Schuld abkaufen will; die- kann geschehen und dieser B. tritt nun in die erste Stelle. Warum soll die- nun nicht durch Vermittlung de- Schuldners ge­ schehen? Ist die- aber erlaubt, warum soll er nicht auch im Vorau- die- so einrichten können- Er zahlt dem A. ohne noch dem B verpfändet zu haben, und hofft, daß die- später der Fall sein werde." (Nachgeschriebene- Heft). Förster, Preuß. Privatrecht. 111. S. Aufl. 31

tische Auffassung deö Dogma'- auszusprechen; die Wissenschaft hat aber trotzdem die Pflicht au» dem Gesetz eine Theorie zu entwickeln. Die Vor­ schriften lauten wörtlich: §. 63. „Wenn eine Hypothek oder Grundschuld von dem Eigenthümer bezahlt oder auf andere Weise getilgt worden ist, so ist der bisherige Gläubiger nach der Wahl de» Eigenthümer» verpflich­ tet, entweder Quittung oder Löschung-bewilligung zu ertheilen, oder die Post ohne Gewährleistung abzutreten." §. 64. „Der eingetragene Eigen­ thümer ist berechtigt, auf Grund der Quittung oder Löschung-bewilligung die Post ans seinen Namen umschreiben zu lasten, oder über sie zu verfü­ gen." §. 65. „Ein gleiche» Recht hat der eingetragene Eigenthümer, wel­ cher die Hypothek oder Grundschnld von TodeSwegen erworben hat, auf Grund de- Testament-, de» Erbvertrags oder der Crbbescheinigung. Hat derselbe die Post al» Vermächtnißnehmer erworben, so bedarf eS zur Um­ schreibung der Einwilligung de- Erben oder seiner rechtskräftigen Verurtheilung zu derselben". §. 66. „Erwirbt der Gläubiger da- verpfändete Grundstück, so kann er die Hypothek oder Grundschuld auf seinen Namen stehen lasten, oder über sie verfügen." Zunächst fällt der erhebliche Unterschied gegen da- alte Recht auf, daß da- Gesetz nicht wie diese- nur den Fall der Tilgung oder Zahlung regelt, sondern systematisch vollständig alle Fälle ordnet, in denen eine Vereinigung der Person de- Gläubiger- mit der Person de- belasteten Eigenthümer» eintreten kann: der Eigenthümer tilgt die auf seinem Grund­ stück eingetragene Grundschuld und Hypothek; der Eigenthümer erwirbt dieselbe durch Erbgang, al- Erbe oder Vermächtnißnehmer; der Gläubiger wird Eigenthümer de- belasteten Grundstücks, sei e- durch ein Geschäft unter Lebenden oder von Todeswegen. Ein anderer Fall ist nicht denk­ bar. Daß der Eigenthümer eine Grundschuld auf seinem Grundstück ur­ sprünglich für sich selbst eintragen lassen kann, ist oben erwähnt; eine Hypothek kann er nicht für sich neu eintragen lasten"). Sodann sagt da» Gesetz nirgend, daß der Eigenthümer, der eine ge­ tilgte oder erworbene Hypothek oder Grundschuld ans seinem Grundstück ungelöscht stehen läßt, dadurch in die rechtliche Lage eine- Hypotheken­ oder GrundschnldgläubigerS komme. Roch kurz vorher hatte da-Hypothe­ kengesetz für Neuvorpommern und Rügen vom 21. März 1868 in §. 81. ganz kategorisch ausgesprochen, daß der Eigenthümer „in da» Verhältniß eine» Hypothekengläubigers trete". Es lag also nahe, dieselbe Austastung in da- Gesetz vom 5. Mai 1872 zu übertragen. ES ist nicht geschehen, e» ist dem Eigenthümer nur und ausdrücklich das Recht gegeben worden, über die Hypothek und Grundschuld zu verfügen d. h. dritten Personen die Post abzutreten und diese dadurch zu vollem Recht zu Gläubigern der

§. 200.

Die Aufhebung bet Recht- der Hypothek und der Grundschuld.

483

Hypothek und Grundschuld zu machen, obgleich er selbst nicht ein solcher fei; die Session de» Eigenthümer» bietet die Form für diese» Verfügungs­ recht, dasselbe hat, angelehnt an die Einrichtung de» Grundbuch», die Na­ tur eine» formalen Recht». Daß die» die Auffaffung de» Gesetze» ist und daß e» die Auffassung, der Eigenthümer sei wirklicher Gläubiger seiner selbst, entschieden abweist, folgt zweifellos daran», daß nach §. 28 der Eigenthümer, welcher auf seinem Grundstück für sich eine Grundschuld hat eintragen fassen, erst dann alle Rechte eine- Grundschuldgläubiger» erlangt, wenn er da» Eigenthum de» Grundstücks abgetreten hat, wenn ihm also eine andere Person al» Eigenthümer de» belasteten Grundstück», ein Verpflichteter gegenüber vorhanden ist. Ganz daffelbe gilt von den Fällen der §§ 64 bi» 66. Auch die Motive de» Regierung-entwurf» lasten darüber keinen Zweifel"). Nachdem sie die Bestimmung de» neu« vorpommerschen Gesetze» erwähnt haben, fahren sie in dessen Kritik fort: ,,E» fehlen dem Eigenthümer die wesentlichen Rechte de» Hypothekengläubiger»; er kann nicht blo» keine Zinsen von sich selbst fordern, er kann auch nicht die Zahlung de» Kapital» durch den Antrag auf Subhastation gegen sich erzwingen und etwa dadurch ein bequeme» Mittel erlangen, sich von den dann ausfallenden Hypotheken zu befreien. Die Hypothek ruht, so lange sie sich in seinen Händen befindet, sie ist kein selbständige» DermögenSobjekt für ihn, und hat uur den negativen Werth, daß der Eigen­ thümer Kapital und Zinsen der Hypothek keinem Dritten schuldet. Nur ein Recht hat er, und nur diese» verlangt da» praktische Bedürfniß, ihm zu geben: im Jntereffe seine» Kredit» muß ihm gestattet werden, die Hy­ pothek zu veräußern und sich dadurch Kapital zu verschaffen, er muß über dieselbe verfügen können. In dem Moment, wo er die Hypothek veräu­ ßert und da» Grundstück behält, wird er Hypothekenschuldner. Umgekehrt in dem Moment, wo er aufhört, Eigenthümer de» Grundstück» zu sein und die Hypothek behält, wird er Hypothekengläubiger." Da» Verfügung-recht erlangt der Eigenthümer durch die Quittung, oder Löschung-bewilligung oder die Session de» Gläubiger» an ihn, durch den erbrechtlichen Erwerb-titel; der Gläubiger, welcher da» Grundstück erwirbt, auf welchem seine Hypothek oder Grundschuld lastet, hört auf Gläubiger zu sein und behält nur da» Verfügung-recht. Während Gläu­ biger und Eigenthümer Eine Person sind, ist die Post kein realer Be­ standtheil seine» Mobiliarvermögens, nur eine Befreiung de» Eigenthums an dem Grundstück von einer Last, die aber über ihm noch schwebt und sich wieder auf dasselbe legt, so bald über die Post zu Gunsten eine» Dritten verfügt worden ist. •*) Die prcuß. Gesetzentwürfe über Grundeigenth

Berlin 1869. S. 63.

u. Hypotheken recht, nebst Motiven.

E- kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Vorschrift de- §. 27. Absatz 2 de» Gesetze- vom 5. Mai 1872, wonach bei der Kaufgeldvertheilung in Folge einer gerichtlichen Zwangsversteigerung der (bisherige) Eigen­ thümer die Post für sich liquidiren kann, auch auf die Fälle der §§ 64 bi- 66 Anwendung findet. Sie entspricht der Judikatur de» Obertribunals schon nach altem Recht"): daß ihr Werth aber ein zweifelhafter ist, wurde bereit- oben erwähnt. Direkt abgelehnt ist der Satz in dem kgl. sächsischen Civilgesetzbuch") und einem mecklenburgischen Gesetz von 1869. Der Eigenthümer überträgt die ihm heimgefallene Hypothek an den Dritten mit ihrer Forderung, ihrem Schuldgrund. Der Dritte erwirbt nicht bloß die Hypothek, sondern auch die persönliche Forderung. Mag der Schuldgrund der Hypothek z. B. ein Kaufgeldrückstand sein, und der neue Erwerber derselben dem Eigenthümer nur ein Darlehn geben wol­ len, so haftet von nun an nicht die Hypothek für da- Darlehn und wech­ selt ihren Schuldgrund, sondern die Darlehn-summe ist der Erwerb-preiS für die Kaufgeldforderung, beide Forderungen werden ausgetauscht. Eine analoge juristische Konstruktion bietet übrigen- auch da- rö­ mische Recht in der mittelbaren hypothekarischen Succession dar, — aber auch nur eine analoge. Mit dieser nämlich hat die HypothekenCession de- Eigenthümer- den Grundgedanken gemeinsam, daß der Nach­ folger in die Rechte eine» früheren Pfandgläubigers eintritt, ohne daß dessen Einwilligung nothwendig ist”). Abgesehen von den anderen Fällen der hypothekarischen Succession (im Falle der s. g. Novation, de- Ein­ tritt-recht-), giebt da- römische Recht demjenigen, der dem Eigenthümer Geld leihet, um einen Pfandgläubiger zu befriedigen, da» Recht, sich dafür da- Pfandrecht de» abgefundenen Gläubiger- übertragen zu lasten") und e» gestattet demjenigen, der da- verpfändete Grundstück kauft, um einen Pfandgläubiger abzufinden, die Befugniß, einem anderen Gläubiger die Pfandsicherheit eine- abgefundenen zu gewähren"). Die Aehnlichkeit ist doch nicht zu verkennen"), aber auch nicht die Verschiedenheit. Im preu") Sntsch. B. 12. S. 66.

Strieth. B. 11. S. 1.

B. 14. S. 142.

B. 16. S. 64.

-) Sachs. Liv.GB. ?. 444. S. oben S. 459.

,T) Dernburg, Pfandrecht. II. S. 491.

”) 1. 12. 5. 8. D. XX. 4.

1. 3. v. XX. 3.

*») 1.17. D. XX. 4. 1. 3. C. VIII. 19.

1. 1. C. VIII. 19.

Seuffcrt XIII. 310.

") Sie ist auch in den beiden Gutachten, der Gesetz-Kommission und de« Staats­ rath«, hervorgehoben und der in dem Anh. §. 52. ausgedrückte Rechtssatz hat auch der damaligen gemeinrechtlichen Theorie nicht fern gelegen. Da« Gutachten der Gesetz-Kommission beruft sich auf Cocceji j. civ. controv. c. 46. tit. 6 ?. VIII. und XI fg, welcher auSsührt, daß nach röm. R. die Berpfiichtung de« Schuldner« und die damit verknüpften Pfandrechte durch die Konfusion nicht gänzlich, sondern nur in Ansehung der persönlichen Verbindlichkeit derjenigen, in deffen Person da« Recht und die Pflicht zusammentrefft», ipso jure aufhören. Auch Hei ovoo ins, elem. inetit. §. 351. 378. 951 Dcrnbnrg Pfandr. II. S. 512 Rote 8 citirl eine Schrift von Becmann, de aucceasione bypothecaria, 1782, welche in

§. 200.

Die Aushebung de- Recht- der Hypothek und der Grundschuld.

485

ßischen Recht vermittelt den Uebcrgang des Pfandrechts auf den neuen Gläubiger der Eigenthümer selbst und um ihm diese Bermittelung möglich zu machen giebt ihm das Gesetz ein Verfügung-recht über die Post, waer an sich nicht hätte. Auch wird hier auf den neuen Gläubiger die Hy­ pothek mit der alten Forderung, im römischen Recht aber nur da- Pfand­ recht auf die neue Forderung übertragen"). Im preußischen Recht succedirt also der neue Gläubiger nicht bloß in da- Pfandrecht, sondern auch in die Forderung, er nimmt diese statt seiner ursprünglichen an den Schuldner. Die objektiven Voraussetzungen für die Anwendung der §§ 64 bis 66 des Gesetzes über den Eigenthum-erwerb sind folgende: 1. Es wird erfordert, daß die Hypothek und Grundschuld in ein vollständig eingerichtete- Grundbuch eingetragen ist; eine Anwendung auf die s. g. Rekognitionen ist ausgeschlossen, und zwar auS dem entscheidenden Grunde, weil bei dem RekognitionSsystem die Garantie für die RechtSgiltigkeit der Post noch fehlt, die Rekognition nur über eine ungeprüfte, provisorische Anmeldung ertheilt wird"). — 2. Die Hypothek muß eine definitive sein d. h. eS muß ihr auch eine gewiffe Forderung unterliegen"), eS darf na­ mentlich bei bedingten Forderungen nicht schon feststehen, daß sie über­ haupt nicht existent werden. Darum ist z. B. eine Kaution") nicht ge­ eignet, vom Eigenthümer weiter übertragen zu werden. Pfandbriefsposten haben, insofern sie von dem Besitzer nicht eingelöst werden können, son­ dern durch Amortisation getilgt werden, nicht die Natur der Hypotheken­ rechte, und können daher von dem Eigenthümer, wenn er die Pfandbriefe erworben, nicht als Hypothek cedirt werden"). Daß die Hypothek oder §. 14 f. au»fUhrt, daß wenn der Schuldner dem Gläubiger zahle, da» Pfandrecht au» dem Eigenthum de» Gläubiger» in da» de» Schuldner» zurücktrete, und e» nun dessen Willkür anheimgestellt sei, ob er da» Pfandrecht mit seinem Eigen­ thum vereinigen oder einem Dritten verleihen wolle. Dem Berf. ist e» leider nicht gelungen, diese Schrift zu erlangen. *') So ist die herrschende Ansicht. S. Arndt» §. 374. a. E. Sinteni» I. 632f. Bangerow I. §. 378. Dagegen will Dernburg a. a. O. nachweist», daß dem neuen Gläubiger ein neue» Pfandrecht mit der Priorität de» alten bestellt werde, er mithin nur in die Priorität, nicht in da» alte Pfandrecht snccedire. Bergl. Windscheid I. S. 811 Note 16. Scuffert XVI. 200. Heuser, kurheff. An­ nalen XIV. 498 fg. — Die oben bei Note 27 im Text erwähnte Ansicht von Göppert de lege ferenda knüpft an die römische hypothekarische.Successton an. ") Entsch. B. 15. S. 232. überein) IV. 262 fg.

A. M. Bornemann (2. A , in der 1. stimmte er noch

") Gutachten de» O.-Trib. v. 11. Mär, 1839. JMBl. S. 175. S. 149.

Strieth. ®. 47.

") §. 67. des Ges. über den Eigenthum-erwerb. Bergl. über ältere» Recht Entsch. B. 26. S. 292. Eine Geldforderung ist zwar in dem Fall der Kaution-bestellung eingetragen, indeß nicht al» eine schon existirende Forderung, sondern nur al» die Summenbegrenzung einer möglichen künftigen Forderung, die gar nicht existent wird, wenn Defekte nicht zu vertreten sind. “) Rechtes. B. 2. S. 116.

Strieth. B. 55. S. 287.

Reskr. v. 29. Septbr. 1832,

486

Zweite« Buch.

Die besonderen Pnvatrechte.

Grundschuld nur auf den Revenüen de- Grundstück» hastet"), schließt nicht da» Verfügung-recht de» Eigenthümer» au»"). E» schadet auch nicht, daß die Post al» Vormerkung zur Erhaltung de» dinglichen Recht» und der Rangordnung eingetragen ist"). Ebenso wenig kann die Verfügung dadurch gehindert werden, daß der Schuldner bei der Post Einredm hat vormerken lassen. Bloße Arrestvermerke geben keine Hypothek, sind daher vom Eigenthümer nicht abtretbar, wenn der Grund de» Arreste» beseitigt worden"). Die Zahlung der au» der Hhpothekenforderung hervorgehen­ den Nebenrechte, der Zinsen, giebt nicht da» Recht, über die Hypothek de» ZinSrecht» weiter zu verfügen, die sich von der Hypothek de» Kapital­ nicht trennen läjjt*0). Al» subjektive Voraussetzung bezeichnet da» Gesetz, daß der Eigenthümer de» Grundstück» da» DiSpositionSrecht erhalten soll, wenn ihm die Hypothek oder Grundschuld angefallen ist, oder er die Post getilgt hat"). Seine Legitimation zur Verfügung über die Post liegt in dem Jahrb. B. 40. S. 164, v. 5 Juni 1833 u. 31. Mai 1834, Jahrb. B. 41. S. 542. B. 43. S. 587. Nach einzelnen Reglement- sind aber die Pfandbriefe wirkliche Hypotheken, und in solchen Fallen wird die Anwendung de- Anh. 8.52. nicht au-geschloffen sein.

") Oben S. 384.

47) Entsch. B. 49. S. 112. ") Entsch. B. 13. S. 257.

JMBl. 1844. S. 270 f.

4f) JMDl. 1844. S. 268 sg. ’•) Entsch. B. 48. S. 127. 5I) Der Eigenthümer selbst muß die Hypothek bezahlt haben, oder ein Dritter in seinem Auftrag oder in seinem Interesse. Entsch. B. 30. S. 439. B. 37. S. 91. Strieth. B. 35. S. 228. — Der Adjudikatar kann nicht über die Hypothek durch Session verfügen, welche bei der Kaufgelderbeleguug durch Zahlung getilgt worden, denn nicht er hat die Hypothek gezahlt, sondern der Subhastat au- dem von jenem erlegten Kaufgelde. Reskr. v. 12. Okt. 1839. JMBl. S. 342. Koch, Uebergang der Ford.-Rechte. S. 124. Er erlangt auch nicht die Disposition über diejenigen Posten, die ausgefallen sind, weil sie von Amt-wegen gelöscht werden müssen. Reskr. v. 17. Dezbr. 1831, 29. Septbr. 1832, 3. Ian. und 23. Febr. 1839, Jahrb. D. 38. S. 423. B. 40. S. 164. B. 53 S. 149. 185. A. M. Schmidt, Pfandrecht S. 559fg. Sein Argument: „wenn der Adjudikatar die zur Hebung kommenden Hypotheken erwirbt, so müffe die- in Ansehung der ausfallen­ den um so mehr geschehen, al- die- da-Geringere ist", ist aber ganz unhaltbar. Er erwirbt weder die zur Hebung gekommenen Hypotheken, noch ist der Ausfall da- Geringere. Hypotheken, die der Adjudikatar in Anrechnung auf da- Kauf­ geld übernimmt und später bezahlt, sowie die Hypothek, welche ihm selbst aus dem Grundstück zustand, fallen aber seiner DiSposttiou anheim. Entsch. B. 47. S.138. Strieth. B. 44. S. 257. — Die Zahlung eine- Dritten giebt nach der An­ sicht de- Ober - Trib. dem Eigenthümer da- Disposition-recht, wenn der Dritte, zwar nicht im Auftrag und für den Eigenthümer aber auf Grund einer persönlichen Verpflichtung oder au- Irrthum gezahlt hat. Entsch. B. 6. S. 127 I. 2. Dieser Satz stimmt nicht mit den Entscheidungen B. 30. S. 439 und B. 37. S. 91 und ist auch unrichtig, denn entweder war der Dritte negotiorum gestor de- Eigenthümer-, und dann erwirbt dieser die Hypothek, oder nicht, und dann ist nicht einzusehen, warum der zahlende Dritte die Hypothek nicht erwerben soll. S. Koch, Note 6 II. c. «. b. (3. A. S. 523). Wenn aber der persönlich ver­ pflichtete Boreigenthümer gezahlt und Ouittung erhalten hat, so erlangt

§• 300.

Die Aufhebung brt Recht» der Hypothek nnb der Grundschuld.

487

Nachweis, daß er entweder durch Erbgang die auf seinem Grundstück ein­ getragene Post oder das Grundstück, auf welchem für ihn dieselbe einge­ tragen ist, erworben, oder daß er sie auf irgend eine Weise getilgt hat. Die Tilgung muß er durch eine Quittung, oder Löschungsbewilligung oder Cesflon auf sich nachweisen. Die frühere Praxis hat weiter gefolgert, daß der Eigenthümer auch noch nach der Veräußerung de- Grund­ stücks zur Cefsion einer solchen Hypothek berechtigt sei. Der Satz ist durch Plenarbeschluß festgestellt"), und wenn er auch nach älterem Recht zweifelhaft erscheinen mag, so hat doch das neue Recht die Sachlage ge­ ändert. Nach der Veräußerung wird der Eigenthümer wirklicher Gläubi­ ger der Hypothek oder Grundschuld, kann sie also wie jeder andere Gläu­ biger cediren. Die Praxi» hat ferner, und zwar ebenfalls durch Plenar­ beschluß, angenommen, daß die Konkursgläubiger an die Stelle de» gemeinschuldnerischen Eigenthümer- treten"). Der Satz ist anzuerkennen, denn den Konkursgläubigern muß da» Verfügung-recht de» Eigenthümer», d. h. sein Recht zur Session der ungelöscht gebliebenen Hypothek oder Grundschuld zustehen. Da da- Gesetz den Eigenthümer berechtigt, bei der Snbhastation seine Hypothek oder Grundschuld zu liquidiren, so kann natürlich auch seinen Konkursgläubigern da» Recht nicht versagt werden"). Auch können persönliche Gläubiger, welche einen exekutivischen Titel haben, die Hypothek oder Grundschuld de» Eigenthümer» dadurch erlan­ gen, daß sie ihnen auf Grund deö Gesetze» vom 4. Juli 1822 übereignet wird. Diese Uebereignung wirkt wie die Cefsion de» EigenthümerS"). er kein Recht auf die Hypothek und auch nicht der gegenwärtige Eigenthümer ein solche«. Da« ändert sich auch nicht für den Dorbesitzer, wenn ihm der Zahlung empfangende Gläubiger die Hypothek cedirt; er tritt gegen den Eigenthümer nicht an die Stelle de« cedirenden Gläubiger«, weil hier der allgemeine Grundsatz durchgreist, daß der persönliche Schuldner nicht durch Zahlung der Forderung er» werben kann. Entsch. B. 36. S. 122. Unberührt bleibt davon die weitere Frage, ob der Borbesttzer einen Erstattung«anspruch gegen den Eigenthümer hat, die sich mir au« dem BeräußerungSvertrage beantworten läßt, je nachdem der Nachfolger die Hypothek auf da« Kaufgeld übernommen, oder der Derkäufer sich zur Liberation verpflichtet hat. A. M. ist hier Koch, Note 6II. c. «. b. (3. A. S. 522). Da §. 41. des Gesetze« über den Eigenthum«enverb auf dm Ueber» nehmer der Hypothek auch die persönliche Verbindlichkeit überträgt, so ist jetzt der zahlende frühere Schuldner ein Dritter und der Gläubiger kann ihm ungehindert die Hypothek abtreten. Die Entsch. B. 36. S. 122 ist daher antiquirt. »’) Entsch. B. 5. S. 51. Strieth. B. 8. S. 234. B. 30. S. 59. v. d. Hagen, Hypoth. de« Eigenth. S. 140s. Bornemann IV. 257. Anheimgesallen sein muß aber die Hypothek dem Eigenthümer während seine« Besitze«. Entsch. 8 36. S. 117. Strieth. 8. 25. S- 344. >•) Entsch. B. 12. S. 66. Strieth. 8.11. S. 1. 8.14. S. 142. Koch, der in der 1. A. de» R. der Ford. I. 636 Note anderer Meinung gewesen, ist später dem O.»Trib. beigetreten. Komm- Note 6II. 3. b. bb. ") S. oben S. 459. “) Entsch. B. 22. S. 218. Strieth. 8.12. S. 39. Da« O.-Trib. läßt in den citirten Entsch., in Konsequenz seine« Pl.-Beschl. B. 5. S. 51 (s. oben Note 54) die Uebereignung auch noch später, nach der Veräußerung de» Grundstück«, zu. Nach nmem Recht hat die« keinen Zweifel.

488

Zweite- Vuch.

Die besonderen Privatrechte.

3. AIS der Inhalt de- dem Grundbesitzer verliehenen Recht­ wurde die DiSpesitionSbefugniß bezeichnet. Er tritt die Grundschuld oder die Hypothek und zwar diese mit der persönlichen Forderung einem neuen Gläubiger ab"). — Er hat da- Di-positionSrecht auch, wenn nur ein Theil der Forderung an ihn gefallen oder von ihm bezahlt worden — natürlich dann nur über diesen Theil, und wenn er ihn cedirt, steht die­ ser Theil dem ihm noch nicht zur Disposition gestellten Rest nach"). Auch kann er, wenn ihm die ganze Forderung zur Disposition steht, einen Theil derselben abtreten, der dann da- Borrecht vor dem ihm verbleiben­ den Rest erlangt"). — Da da- preußische Recht die Gesammtgrund­ schuld und Gesammthypothek kennt, so tritt die Frage hervor, ob, wenn der Eigenthümer eine auf mehreren seiner Grundstücke eingetragene Hypothek oder Grundschuld an sich gebracht und sie auf dem Blatt deeinen hat löschen lasten, noch berechtigt ist, die auf dem andern Grund­ stück stehen gebliebene Post zu cediren. Die Frage ist schon in der älte­ ren Praxi- mit Recht verneint worden"), weil dadurch, während die nach••) Oben S. 482 fg.

iT) Entsch. B. 6. S. 127 unter I. 1., doch ist unter II. angenommen, daß der Rest kein Borrecht habe. Dergl. hiermit AnlSb. Arch. B. 6. S. 27, jurist. Wochen­ schrift 1846 S. 241 fgGruchot, Beittäge B. 2. S. 108. Strieth. B. 44. S. 1. B. 45. S. 70 (der theilweise befriedigte Gläubiger kann die Löschung ver­ langen und dann ist der Eigenthümer nicht berechtigt, auf Grund der Quittung über die Theilzahlung zu cediren). Dergl. auch Koch, Uebergang der Forder. S. 184 und Komm. Note 6II. 2. c. ß zu Anh. 52. Arndt- im ArnSb. Arch. a. a. O. Der Unterschied, der von beiden gemacht wird, je nachdem der theilweis befriedigte Gläubiger nur quittirt oder dem Eigenthümer ausdrückliche (Session ertheilt hat, ist ohne Bedeutung, denn eine solche (Session ist nur eine Form der Quittung: es kommt immer nur darauf an, ob der Gläubiger bei der Quittung oder (Session eine ausdrückliche Erklärung über die Priorität feines Restes abge­ geben hat; fehlt eine solche, so kann niemals angenommen werden, daß er mit seinem Rest hinter den bezahlten Theil treten, oder auch nur in gleichem Recht mit letzterem stehen will. Die Abschlagszahlung trifft immer den letzten Theil der Forderung. Der Ansicht des O.-Trib. über die gleiche Priorität des gezahlten, vom Eigenthümer demnächst cedirten und des ungezahlten Theils kann daher nicht beigetreten werden. In Strieth. B 64. 6. 84c. ist angenommen, daß wenn der Eigenthümer, welcher eine Schuld theilweise zahlt, zuglerch der persön­ liche Schuldner ist, ihm ein Recht auf Theilnahme an der Hypothek mit gleicher Priorität nicht zustehe. “) Wenn nicht ein anderes zwischen dem Eigeuthümer und dem neuen Gläubiger verabredet worden.

••) Koch, Uebergang S. 88. 124. Gesetzrevis. Pens. XIV. S. 159f. Reskr. v. 6. Mai 1835. Jahrb. B. 45. S. 502. v. d Hagen, Hypoth. des Eigenth. S. 98f. In dem Reskr. v. 5. Febr. 1819, Jahrb. B. 13. S. 45, ist die entgegengesetzte Ansicht ausgeführt. Allein der Grund, die postlozirten Gläubiger eines jeden Grundstücks müßten sich doch gefallen fassen, daß der Gläubiger wegen seiner ganzen Forderung au- dem einen Grundstück sich befriedige, weil jedes für die ganze Forderung hafte, enffcheidet hier nicht, denn dieser Grundsatz bestimmt nur das Recht des Korrealgläubigers gegenüber den anderen Gläubigern, die ihm nachstehen, nicht aber kann er auf die Stellung des Schuldners zu diesen übrigen Gläubigern angewendet werden. — Wenn auf abverkauste Parzellen die Hypotheken voll übertragen werden, haften sie nur korreal für eine Hypothek. Oben S.411 467.— Auch nach der neuestenFaffung, dieß.56. derKonk.-Ordn.

S. 200. Die Aushebung bt« Recht» der Hypothek lind der Grundschuld.

489

stehenden Gläubiger auf dem ersten Grundstück in Folge der Löschung vor­ rücken, die nachstehenden Gläubiger deS zweiten Grundstücks in Folge der Cession insoweit zurnckgedrängt werden würden, alS für die Post das frei gewordene Grundstück nicht mehr mit hastet. DaS Gesetz v. 5. Mai 1872 hat diesen Recht-zustand aufrecht erhalten: die auf dem einen Grundstück gelöschte Post muß auch auf den mithastenden Grundstücken gelöscht wer­ den"). Dagegen ist er berechtigt über die auf allen Grundstücken ungelöscht ge­ bliebene Post alS eine zu veräußern. Endlich ist der Eigenthümer, der eine Post auf seinem Grundstück erworben hat, bei der Parzellirung deS letzte­ ren nicht berechtigt, die Parzelle frei von der Post abschreiben zu lassen, wenn noch eingetragene Gläubiger auf dem Muttergrundstück vorhan­ den sind. in Art. I. deS Gesetzes v. 12. März 1869 erhalten hat, erlischt die au- dem einen Grundstück befriedigte Hypothek auf den mitverhasteten Grundstücken und muß bei diesen gelöscht werden. Der Eigenthümer erlangt nicht die Disposition über eine solche Hypothek. e,y Gesetz über den Eigenthum-erwerb v. 5 Mai 1872. ?. 42. Abs. 2.

Dritter Theil.

Das Familienrecht. A.L.R. II. 1-5. 18.

Bornemann B. 5. (ohne daS Vormundschaft-recht).

Koch Pri­

vatrecht. II. 549-715. Schmidt, da- preuß. Familienrecht nach dem A.L.R-, mit Rücksicht aus daS gemeine und deutsche Recht, dogm.-krit. dargest. 1843. — Glück B. 22. S. 375. D. 23-27. D.28. S.49. ArudtS §. 393-462. Keller

8- 386fg. S. 713 (1. Ausl.). Puchta §. 411-445. SinteniS III. S. 1 f. Bangerow B. 1. Buch 2 Windscheid II. S. 770. — Beseler S. 548f. Bluntschli S. 558f. Gengler, deutsches Privatrecht II. 795 fg. Gerb er S. 570 (8. Ausl.) §. 221 f. D. 1. S. 226 f ).

— Zacharia (Anschütz) B-3. (Vormundschaft in

§. 201. A-L.R I. 1. §. 40-45. 11.3. §. 1-8.

Einleitung. Bornemann V. S. 2f. §. 300.

Pr-R. I. 152fg. Schmidt, §. 80. 81. ©. 622jg. S. 504 f. §. 60. des. S. 510.

Koch,

Unger, österr. Pr. R. I

Der erste Theil des A.L.R. normirt die Rechtsverhältnisse der Person

als einzelner und ihres Vermögens. Im zweiten Theil sind die RechtSverhältnisie enthalten, in denen sich die Person als Glied höherer Einheiten befindet, und diesem systematisch richtigen Gedanken ent­ sprechend') wird hier zur Darstellung derjenigen Rechtsinstitute überge­ gangen, welche den Kreis dieser höheren Einheiten, soweit sie dem Gebiete deS Privatrechts angehören, umfassen. Von ihnen aus vollzieht sich dann fortschreitend der Uebergang in da- öffentliche Recht, in daS Recht des Staat» und der Kirche. ') Oben SB. 1. 6. 21.

Familieurecht

k. 201.

Einleitung

491

Die Recht-institute, welche diesem Gebiete de- Privatrechts ange­ hören, geben der Person s. g. Zustand-rechte, welche ihrer Natur nach absolute sind, d. h. die Verbindungen, in welche hier die einzelne Person tritt, oder in denen sie sich befindet, und die Rechtsfolgen, die sich für sie au- ihnen ergeben, fordern allgemeine Anerkennung und Unverletztheit, auch von denen, die außerhalb dieser Verbindungen stehen'). Man hat vielfach in der älteren und neueren Theorie die s. g. PersonenzustandSrechte in einen ParalleliSmuS zu den Vermögensrechten gebracht und wie bei diesen Sachen und Handlungen die Gegenstände de- Recht- sind, so bei jenen den Zustand selbst, daS Bestehen desielben und die Zugehörig­ keit zu ihm al» Gegenstand eine» Recht- aufgefaßt'). In Wahrheit aber ist die Zugehörigkeit der Person zu einem solchen Zustand, die Thatsache, daß die Person ein Glied eine- solchen Berhältniffe- ist, nicht ein Recht, so wenig wie die Persönlichkeit selbst oder die Rechtsfähigkeit ein Recht ist, sondern eine Qualifikation, eine bestimmte Eigenschaft der Person, au- welcher für sie einzelne Rechte folgen, eine Eigenschaft die nicht im objektiven Recht, sondern in der sittlichen und natürlichen Ordnung demenschlichen Leben- ihre Quelle hat'). Daß der Einzelne einer Familie angehört, in ihr sich in der Stellung de-Gatten, de-Vater» oder deKindes befindet, ist nicht ein ihm zustehendes Privatrecht, welche- chm von der allgemeinen Rechtsordnung verliehen ist; aber au» diesen Ver» hältnissen entstehen für ihn Wirkungen, welche von der Rechtsordnung anerkannt und geregelt werden müssen, und deßhalb seine Privatrechte sind. Die Darstellung dieser Verhältnisie hat daher wesentlich zwei Auf­ gaben: einmal ihre Voraussetzung, d. h. die Existenz des Zustande» nach seinem Anfang und Aufhören festzustellen, und sodann die Wir­ kungen de- Zustandes — soweit sie dem Gebiete de- Recht- angehören — zu erörtern. Diese Wirkungen haben sich zu Recht-instituten mit konkre­ tem Inhalt verdichtet, und je nachdem dieser Inhalt ein personenrecht­ licher oder vermögen-rechtlicher ist, theilt man die Zustandsrechte in reine und angewandte. Die reinen Zustand-rechte sind aber großen Theil» nicht Rechte, sondern sittliche Anforderungen und e» ist ein Verkennen der Grenzlinie zwischen Recht und Sittlichkeit, daß man auch solche An­ sprüche, z. B. auf eheliche Treue, auf Gehorsam gegen die Eltern, al» Rechte aufzählt. — Um der rechtlichen Wirkungen willen muß auch ihre Voraussetzung, der Zustand, rechtlichen Schutz genießen, wenn seine Exi­ stenz dem Einzelnen bestritten wird. Diesen Schutz gewähren die s. g. Präjudizialklagen, d. h. solche, welche bezwecken, daß der Zustand al» ’) Oben L 1. S. 76. Unten Note 6. ’) S. hierüber bes. Unger I. S. 504fg. *) Unger S. 510.

492

Zweite« knch.

Die besonderen Pnvatrechte.

existirend, als der bestimmten Person angehörig anerkannt werde, und welche einen absoluten Charakter haben *). *•) Die rechtskräftige Entscheidung auf solche Klagen macht Recht gegen Alle, nicht nur zwischen den Par­ teien'). Parallel diesen auf Anerkennung gerichteten, also affirmativen Klagen stehen negative, die dahin abzielen, einer Person einen gewissen Zustand, z. B. die Zugehörigkeit zur Familie al- eheliches Kind, die Eigen­ schaft eine- Ehegatten, abzusprechen'). Die au» dem Zustand hervor­ gehenden Wirkungen, jene besonderen Privatrechte, z. B. auf Alimentirung, auf Erziehung, ans Ausstattung und bergt, werden durch besondere Klagen geltend gemacht, welche nicht präjudizieller Natur sind, sondern theil» — soweit sie sich gegen einen bestimmten Verpflichteten, den Ehegatten, den Vater, da» Kind, den Vormund, richten, einen persönlichen, soweit durch sie ein Vermögensrecht gegen eine dritte Person verfolgt werden soll, einen dinglichen Charakter haben'). Die erste und wichtigste jener höheren Einheiten, deren Glied der einzelne Mensch ist, der er sein Dasein verdankt und untrennbar bi» zum Tode angehört, ist die Familie, die Verbindung mehrerer Personen durch Abstammung von gemeinschaftlichen Vorfahren'). Die Zugehörigkeit zu einer Familie setzt Blutsverwandtschaft voran». Blutsverwandte sind Personen, welche gemeinschaftliche Stammeltern haben "), also Eltern und Kinder, Geschwister und deren Abkömmlinge bi» in die weitesten Grade. Auf die au» der Blutsverwandtschaft hervorgehende Familien Verbindung und die daran» abfließenden Rechte hat der Umstand, ob die Abstammung eine eheliche oder uneheliche ist, vielfachen und erheblichen Einfluß"). Der Unterschied von Agnaten und Kognaten, welcher im römischen Recht auf der Verbindung durch Hau-gewalt (patria poteetas) beruht"), hat im heutigen, insbesondere auch im preußischen Recht einen anderen Sinn. Agnaten sind diejenigen, welche ununterbrochen durch Männer von demselben Stammvater abstammen, Kognaten, deren Ab­ stammung von ihrem Stammvater durch eine weibliche Ascendentin un­ terbrochen ist "). Die Unterscheidung ist von Wichtigkeit für die Lehre von der Succession in Familienfideikommißgüter und Lehen, und hierbei ist noch zu bemerken, daß der Ausdruck Agnaten eine engere Bedeutung *) Oben B. 1. §. 360. d. T. 3) Ueber die Auslegung de» Worte« „ausdrücklich" in z. 360. s. Borneinann V. ©• 111s. Koch, Note 17. Entsch. 8.10. S 70s. Im gemeinen Recht giebt e« für die vertragsmäßige Gütergemeinschaft keine andere Entscheidung-quelle, als den Vertrag. Scuffert HI. 64.

*) PublPat. v. 9 Novbr. 1816 §. 12. (GS. S. 217. 225). (GS. S 374). ') Ges. v. 16. April 1860.

•) Ges. v. 4. Aug. 1865.

Ges. v. 5. Juni 1863

GS. S. 165.

GS. S. 873.

’) In Ostpreußen Prov.-R. Zus. 92. In Westpreußen Prov R. v. 17. April 1844. 17. In Pommern gilt in den Städten Lübische» Recht, auf dem Laude die Bauerordnung v 30. Dezbr. 1764. In Ncuvorpommern neben dem gemeinen Dotalrecht da» lüb. R- und die Bauerordnung von 1616. Jahrb. v. 28. S. 273. B. 49. S. 386. Provinz.-R. für Neuvorpommern u. Rügen B. 3. S. 26 sg.

') Ges. v. 11. Juli 1845.

GS. S-471.

•) Sua?ez, Schlußvortr. S. 115. Siewert, Mater. H. 1. S. 52. Nr 28. Be­ kanntlich enthält da» lübische Recht keine unmittelbare Anordnung der allgemeinen Gütergemeinschaft, nur au» einzelnen Vorschriften desselben ist sie in der Praxi» namentlich gefolgert worden. Zeitschr. f. deutsche» R. B. 6. S. 226. Entscheid. B- 10. S- 64. Grade die am meisten charakteristische, daß die Entstehung der

obgleich er sich früher gegen daffelbe erklärt hatte"), meinte zuletzt doch, daß keine Theorie einfacher, der Natur und der Innigkeit Ver ehelichen Verbindung angemeffener sei, als die Lehre von der Gemeinschaft der Güter, und daß e» sehr zu wünschen wäre, wenn sie allgemeine- Recht in allen Gebieten de» Staate- ohne Unterschied der Stände werden könnte"). Ein besonderer Vortheil wird in der Sicherheit gefunden, die sie den Gläubigern der Eheleute darbiete. Grolmann war gleicher An­ sicht") und noch in neuester Zeit ist bei der Redaktion der Konkur-ordnung diese Vorliebe hervorgetreten"). In der That aber übergiebt diese» System de» ehelichen Güterrechts die Frau mit ihrem Vermögen und die Zukunft der Kinder widerstandslos mit gebundenen Händen dem Manne, und bietet gegen dessen schlechte Verwaltung de» gemeinschaftlichen Ver­ mögen- kein Mittel bi» zum völligen Ruin der Familie. Die Rücksicht auf die Gläubiger kann aber über den Werth de» Institut» nicht allein entscheiden. Die schwierigste Frage ist von jeher gewesen, wie die Gütergemein­ schaft juristisch zu konstruiren sei, welche» Prinzip ihr zu Grunde liege"). E» mag, um nicht in bekannten Dingen weitläufig zu werden, hier nur an die Theorie vom Gesammteigenthum"), von der juristischen Persönlich­ keit der Ehe"), von der Recht-gemeinschaft") erinnert werden, von denen jede noch Anhänger hat, aber auch jede vielfach angegriffen worden ist. Die Narr Erörterung dieser einzelnen Theorien in der zweiten Auflage de» Civilrecht» von Bornemann gestattet, auf sie zu verweisen"). Keine jener Theorien ist haltbar, die de» Gesammteigenthum» fällt mit der Unmöglichkeit eine» solchen Begriffs, die der juristischen Persönlichkeit Gütergemeinschaft an die beerbte Ehe geknüpft ist, hat im A.L.R keine Aufnahme gefunden. Die Praxi« hat jedoch bei unbeerbter Ehe Gütergemeinschaft angenom­ men. Bergt. Provinz.-R- v. Neuvorpommern u Rügen. B. 6 ©. 109 f. Da« O.-Trib. hat durch Pl.-Beschl. angenommen, daß nach lüb. R. mit Eingehung der Ehe eine durch die Geburt eine« Kinde« bedingte ehel. Gütergemeinschaft entstehe, und wenn diese Bedingung eintritt, diese rückwirkende Kraft habe. Präj 611. Sammt. I. S. 278. Jurist. Wochenschrift 1846. S. 478. Bergt, überhaupt v WilmowSki, lübisch. Recht in Pommern. 1867. S. 89. $. 37—44. Die Hauptstellen finden fich im Lübisch. R. 1. Tit. 5. u s hierzu Meviua, Comment, zu art. 5., besonder« von Nr. 15 an. Kerner Lübisch. R. II. Tit. 2., wo von dem Recht des überlebenden Ehegatten auf den Nachlaß de« verstorbenen und von der fortgesetzten Gemeinschaft mit den Kindern und deren Abschichtung die Rede ist. *•) Bornemann V. 76.

*') Schlußvortr. S-115 a. E- f.

") Bornemann V. S. 75. *•) Wentzel und Klose, Konk-Ordn. S. 27 a. E. s. “) Eine vollständige Uebersicht der verschiedenen Theorien bei Gen gl er S. 973 f.

••) J. Veraciua, 1681. Für da» A.L.R. nimmt diese Theorie an Löcher, System de« preuß- Landr. 6. 211. S- dagegen Seuffert XVIII. 146. Duncker, Gesammteigenthum. §. 13 14. “) Hasse. 1808. **) * Runde. 1841. *•) B. 5. 6.113-119.

!. 209.

Die Gütergemeinschaft.

541

führt zu völlig unnatürlichen Konsequenzen, die der Recht-gemeinschaft befriedigt auch nicht, weil die weitere Frage unbeantwortet bleibt, auwelchem Prinzip denn wieder diese Recht-gemeinschaft stammt, die doch zunächst nur ein thatsächlicher Zustand ist, der sehr abweichende RechtSgründe haben kann. Hier ist am wichtigsten die Frage, wie gerade die landrechtliche Gütergemeinschaft aufzufassen sei. Ein direkter AuSspruch findet sich natürlich hierüber im Gesetzbuch nicht. Im Titel vom „ge­ meinschaftlichen Eigenthum" wird beiläufig auch der Gütergemeinschaft wie einer Art diese- Gattungsbegriff- gedacht"). Dem entsprechend wird wiederholt in dem Abschnitt von der G.G. vom „gemeinschaftlichen Ver­ mögen" gesprochen"), e- wird an zwei Stellen gesagt, daß der einzelne Ehegatte ein „Miteigenthum" habe"), e- werden an anderen Stellen die „Antheile" erwähnt"), die dem einzelnen Ehegatten an diesem ge­ meinschaftlichen Vermögen zustehen. Alle diese All-sprüche führen zu der Annahme, lassen sie wenigsten- zu, daß im A.L.R. die Gütergemeinschaft al- eine eigenthümliche Art de-Miteigenthum- gedacht ist, d. h. al- eine Gemeinschaft, an welcher den einzelnen Ehegatten ideelle Antheile (partes pro indiviso) zustehen. Nicht- deutet darauf hin, daß man von der Theorie deS GesammteigenthumS oder der moralischen Person anSgegangen sei. Die letztere Theorie ist überhaupt erst später hervorgetreten und war z. Z. der Redaktion noch gänzlich unbekannt. Suarez giebt aus­ drücklich der Frau ein condomiuium pro indiviso"). Trotzdem hat da- Obertribunal in dem Gutachten vom 24. August 1840, beherrscht von der damals in Ansehen stehenden Theorie von Hasse, in aller Schärfe behauptet: „das berechtigte Subjekt ist die eheliche Gesellschaft, da« Ehepaar als moralische Person verschieden von dem Individuum""). Vorher hatte das Justizministerium auf die Gütergemeinschaft die Vor­ schriften des MiteigenthumS angewandt, sie also als eine Art desselben aufgefaßt"). Von den Schriftstellern sind Koch und Schm idt über da» Institut im Unklaren. Wenn Ersterer") sagt, der Mann sei Disponent, ja Eigenthümer der Gesaniintmasse und nur bei einzelnen Gegenständen beschränkt und an die Autorisation der Frau gebunden, die Gesammtmasse sei nicht nach intellektuellen Antheilen zu scheiden, oder an einer anderen Stelle"), der Mann sei soweit, als da- Gesetz seine Disposition a.f 91.1 17. §. 81. §. 371. 377. 380 ff. U f. w. §. 365. 373 d. T. ") § 383. 385. 386. d. TZMBl. 1840. S. 375. Bornemann V. 138. JMt>l. 1840. S- 373 oben. Reskr. v. 1. März 1840. JMBl. S. 106. Ebenso Deiters, die ehrt. Güter­ gemeinschaft 8- 136. Grothe in der Jur. Wochenschr. 1840. S. 625f. “) Schles. Arch. B. 4. S. 40. ”) Komment. Note 29 letzter Absatz zu §. 378. d. T. In Role 19 zu § 363. d. T.

") *•) 2I) ’’) ’4) ’5)

über daS gemeinschaftliche Vermögen an die Einwilligung der Frau binde, einem Handlungsunfähigen gleich, an das Bollwort eines Aufsehers ge­ bunden, unter der Quasi-Vormundschaft seiner Frau, so leuchtet wohl das ganz Schiefe solcher Behauptungen ohne Weiteres ein, durch welche gewiß keine Erklärung für die rechtliche Natur des Instituts gewonnen wird; und wenn Letzterer die Eigenthümlichkeit nur darin findet, daß das Gut, welche- während der Ehe ungezweiet sei, bei Auflösung derselben sich nicht in seine ursprünglichen Bestandtheile, nach seiner Herkunft, son­ dern in Antheile an der Gesammtheit zertheile"), so ist damit weder eine Aufklärung über die Natur der Ungezweitheit während der Ehe gegeben, noch auch sind die Eigenthümlichkeiten deS Instituts erschöpfend hervor­ gehoben, die sich doch nicht bloß bei der Auflösung der Ehe zeigen. Bornemann, welcher früher mit dem Obertribunal die Theorie von der moralischen Person getheilt hatte, ist später von ihr zurückgekommen und wieder der Theorie de- MiteigenthumS näher getreten"). Er nimmt an, daß schon während der Ehe jeder Gatte einen ideellen (und zwar gleichen) Antheil an den zu einem Ganzen vereinigten beiden Massen habe, daß diese Antheile aber nur nicht in die rechtliche Erscheinung treten, weil dem Manne allein die Vertretung der gemeinschaftlichen Rechte znstehe, und die Gemeinschaft untrennbar an die Ehe geknüpft sei. Diese Aufsassung ist allein richtig, die einzige, welche dem Institut eine klare und sichere juristische Basis giebt"). Die Gütergemeinschaft ist Miteigenthum, d. h. Eigenthum Mehrerer an demselben Objekt nach Antheilen, aber in Folge der Einwirkung der Ehe, welche dieses Miteigenthum erzeugt, und für welche allein es bestehen kann, nnterscheidet eS sich von dem gewöhn­ lichen Miteigenthum dadurch, daß nur der eine der beiden Miteigenthümer, der Mann als Haupt der Ehe und vermöge seiner vormundschaftlichen Gewalt über die Frau die alleinige Disposition nach außen hat, daß er allein das ganze gemeinschaftliche Vermögen vertritt"), soweit nicht durch wird da» Verhältniß als Gesammteigenthum (condomininm pro indiviso, iu solidum) bezeichnet. *•) Familienrecht S. 256 fg.

”) A. a. O. S. 119 fg. ••) In B. 57. der Entsch. S. 67. 68. 69. nimmt da» O.-Trib. an, daß die eheliche Gütergemeinschaft im AL R- nur als gemeinschaftliche» Eigenthum im Sinne des Tit. 17. Th. 1, d- h. al» Miteigenthum zu ideellen Antheilen aufzusassen sei. Wenn e» S. 69 behauptet, dieselbe Auffassung liege dem Gutachten v. 24. Aug. 1840 (oben Note 24) zu Grunde, so widersprechen dieser Behauptung die Worte in letzterem direkt. Aber da» ist allerdings richtig, daß in diesem Gutachten die Theorie de»Gesammteigenthum» verworfen ist. Bergt. Hiuschiu» iu s. Zeitschr.

f. Gesetzgebung und RechtSpfl. in Preußen. B. 1. 1867. S. 718 oben. — Budde im ArnSb. Arch. B. 11. S. 471 vertritt die Miteigeathum-theorie.

•*) Und zwar „zum Zwecke der Ehe." Der Mann darf als» nicht Verträge über da« gemeinschaftliche Vermögen abschließen, welche diese Zwecke zum Nachtheil der Ehefrau vereiteln. Entsch. 8. 57. S. 147f. S. 151 f Strieth. B. 67. S. 74. Vergl. Seuffert I. 71. 72. XVIII. 147.

positive Satzung in einzelnen Fällen die Mitwirkung oder Einwilligung der Frau geboten ist —, daß ferner in Folge der Innigkeit des ehelichen Lebens die Antheile des einen Ehegatten am Ganzen während der Ehe keine rechtliche Wirkung äußern, und erst hervortreten, wenn sich die Ehe auflöst. Was man gegen die Theorie des MiteigenthumS hier einwendet, daß ein solche- sich nur auf körperliche Sachen beziehe, ist ein romanisirendeS Argument. Das gemeine Recht und insbesondere das preußische kennt auch ein Miteigenthum an Rechten und die Obligationen können Mehreren gemeinschaftlich zustehen. ES kann also daran festgehalten wer­ den : die Gütergemeinschaft ist Miteigenthum mit latenten Antheilen. Sie enthält eine Rechtsveränderung des Eigenthums, und wesentlich hierdurch unterscheidet sie sich von der Gütereinheit, bei welcher jeder Gatte sein Eigenthum behält und eS bei Auflösung der Ehe heranSzieht, eS vom Eigenthum des Andern absondert. Bei der Gütergemeinschaft verlieren die zusammengebrachten VermögenSinassen ihr besonderes EigenthumSverhältniß zu dem einen oder andern Ehegatten, sie bilden ununterschieden eine Masse und an dieser entsteht das neue Miteigenthum mit Ideal­ antheilen"). Darum bei Auflösung der Ehe kein Herausziehen der ein­ gebrachten Masse, sondern Quotentheilung deS Ganzen ohne Rücksicht auf seine Herkunft. Auf diese einheitliche Mafle gehen die Schulden über, welche von dem einzelnen Gatten mit seinem Vermögen in die Gemein­ schaft gebracht werden; sie haftet als Ganzes für jede Schuld, welche in giltiger Weise während der Ehe kontrahirt wird.

B. Entstehung der Gütergemeinschaft. Unmittelbar nach vollzogener Trauung (oder Eintragung in da- Register bei der Civilehe) nimmt die Gütergemeinschaft von Rechtswegen ihren Anfang, wenn sie an dem ersten ehelichen Wohnsitz provinzialrechtlich oder statutarisch gilt"). Der provinziellen G.G. ist jede Ehe unterworfen, der statutari­ schen nur die Ehe solcher Personen, welche nach älterer GerichtSverfasiung von der Lokalgerichtsbarkeit nicht eximirt toaren"). Die spätere Verlegung deS Wohnsitzes an einen Ort, an welchem nicht G.G. gilt, ändert daS ”) Seuffert XVI. 56.

XVIII. 146.

§. 360. 361. 350. b. T. Der Mann bestimmt den Wohnsitz, dessen Domizil ist also für das Güterrecht entscheidend. Strieth. B. 24. S. 256. Dabei eiitsteht die Frage, ob, wen» die Fran dem Mann nicht in sein Domizil gefolgt, sondern eine» Wohnort hat, an welchem ein andere« Gllterrecht gilt, ihre hier mit Dritten geschloffenen Berlräge nach diesem oder jenem Recht zu beurtheilen sind. Die persönliche Handlungsfähigkeit der Frau ist nach ihrem Wohnort zu beurtheilen. Strieth. B 36. S. 108, und wenn ihr Bertrag hiernach giltig ist, so kann sich der gutgläubige Dritte anch an ihr Vermögen halten.

“) §. 345. 346. d. T. Verordn, v. 2. Januar 1849. §. 15. (Beamte und Adelige). Enlsch. v. 42. S. 26. Kab-Ordre v. 29. Mai 1833 l Jahrb. B 41. S. 469). Entsch. B. 27. S. 263. Die Frage, ob Ehen der Juden unter Gütergemeinschaft stehen oder nicht, ist jetzt antiguirl, da sie den« bürgerlichen Recht ebenso wie Christen unterworfen sind.

zwischen den Ehegatten durch den ersten Wohnsitz begründete Güterrecht nicht, Dritten gegenüber werden aber die einseitigen Handlungen de» Manne- nach den Regeln de- getrennten Güterrechts beurtheilt"). Wenn umgekehrt durch da» Recht am ersten Wohnsitz zwischen den Eheleuten getrennte» Güterrecht begründet worden, und sie in einen Ort ziehen, an welchem G.G. gilt, so wird zwar auch da» Recht-verhältniß unter den Eheleuten selbst nicht gewandelt, aber Dritten gegenüber sind alle an dem neuen Wohnort vorgenommenen Rechtsgeschäfte nach den Regeln der G.G. zu beurtheilen, wenn nicht durch öffentliche gerichtliche Bekanntmachung diesen Folgen von den Eheleuten vorgebeogt worden ist"). Bei der nur lokalen oder provinziellen Natur des Institut» sind ^auch Regeln für die Fälle erforderlich, wo die Eheleute einer doppelten Gerichtsbarkeit an Orten unterworfen sind, an denen ein verschiedene» Güterrecht gilt. Grundsatz ist hierbei, daß gegen die lokale oder provinzielle G.G. entschie­ den wird. Also: an dem einen Orte gilt G.G., an dem andern nicht — dann ist unter den Eheleuten keine G.G. entstanden"); an dem einen gilt die allgemeine, an dem andern die besondere G.G. — dann steht die Ehe nur unter den Regeln der letzteren"); an dem einen und andern Ort ist die G.G. zwar gleicher Art aber abweichenden Vorschriften unterwor­ fen — dann gelten diejenigen Vorschriften, welche am meisten den land­ rechtlichen entsprechen"). Wenn bevormundete minderjährige weibliche Personen eine Ehe schließen, die unter die Regel der G.G. fallen würde, so gelten besondere Vorschriften, welche beweisen, wie man doch genöthigt gewesen ist, Schutz gegen die Nachtheile diese» gepriesenen Institut» zu schaffen"). Wollen die Ehegatten unter sich die G.G. durch Vertrag “) §• 351. d. T. Ueber dir Einwirkung der Veränderung de» Wohnsitzes aus da« Güterrecht s. oben B. 1. S. 59. und in diesem B. S. 495 Note 4. Zu Rote 38 ist noch nachzutragen Strieth. B. 41. S. 99. Eine Uebersicht der verschiedenen Ansichten bei Senfs. XVIII. 1. — Den Grundsatz, daß dem Dritten gegenüber, der von der Fortsetzung der Gütergemeinschaft in dem neuen Wohnort, an welchem getrennte« Güterrecht gilt, keine Kenntniß hat, die Gütergemeinschaft nicht ent­ scheidet, hat da» O.-Trib. Entsch. B. 13. S. 297 anerkannt. Koch, Note 6 zu §. 352. hat sich dagegen erklärt. Der Grund, da« Publikum gegen Betrug zu schützen, ist aber in diesem Fall« ebenso vorhanden, wie in dem umgekehrten, von welchem §. 352. spricht, wenn Eheleute, die bisher in getrenntem Güterrecht ge­ lebt haben, an einen Ort ziehen, wo Gütergemeinschaft gilt. Da» O.-Trib. sagt mit Recht, daß der in §. 352 enthaltene allgemeine Grundsatz: der redliche Dritte soll durch die Unkenntniß von dem zwischen den Eheleuten herrschenden Güterrecht nicht Schaden leiden, eine über den Fall M §. 352. hinau»gehende Anwendung finde; r» ist hier ein echter Fall analoger Gesetzanwendung. Bergl. auch Entsch. B. 60. S. 153f. Oben v. 1. S. 67. ••) § 352. d. T. S. vorige Note. Der §. 352 bezieht sich als» nicht auf Recht« geschiiste, die außerhalb M am neuen Wohnort geltenden Recht-gebiet« abgeschlossen «erden. Entsch. B. 69. S. 101. ") §. 347. d. T.

*•) §. 348. d. T.

") §. 349. d- T.

*•) §. 415. d. T- « LR II. 18. §. 782-792. 794. Die Gütergemeinschaft soll bi« zur Aushebung der Vormundschaft ausgesetzt bleiben, wenn nicht der Bormund

§. 209.

Die Gütergemeinschaft.

545

einführen, so muß der Bertrag vor Vollziehung der Ehe, gerichtlich und

unter Zuziehung de- Vater- der Ehefrau oder eine- rechtskundigen Bei­ standes errichtet oder anerkannt werden. rung oder Bestätigung und

Einer gerichtlichen Verlautba­

einer öffentlichen Bekanntmachung bedarf e-

nic$t41 * *).** ** * Während * * * * * * * * * * *der * * * Ehe * * * * *kann * * * * *durch * Vertrag begründet werden,

wenn

die Eheleute

von

die G.G. nur dann

einem Ort

mit

getrenntem

Güterrecht an einen, wo G.G. gilt, ihren Wohnsitz verlegen4').

Auch die­

ser Vertrag bedarf der gerichtlichen Form und der Zuziehung deS Vater­ oder

eine- Beistandes

für die Frau44).

Die

G.G.

beginnt

diesem

in

Falle vom Tage der gerichtlich abgegebenen Erklärung44). C.

DaS Rechtsverhältniß

allgemeine G.G.

In

in

der Gemeinschaft.

1.

Die

die Gemeinschaft gehört Alle-, waS der freien

Veräußerung eines jeden Ehegatten unterworfen ist44), auch die Nutzungen ihren sofortigen Eintritt für offenbar zuträglich hält. Erklärt dann bei Aushebung der Vormundschaft der bisher bevormundete Ehegatte, daß die Gütergemeinschaft bestehen soll, so erstrecken sich ihre Wirkungen bis auf den Ansang der Ehe zurück Entsch. B. 49. S. 274. Gruchot X. 409. Die DerwaltungSmaßregeln, die der Mann während der Vormundschaft seiner Frau über deren Vermögen getroffen (z. B. Verpachtung des Grundstücks) bleiben giltig, wenn dann auch die Güter­ gemeinschaft ausgeschlossen und daö Vermögen der Frau für vorbehaltenes erklärt wird. Entsch. B. 52. S. 148sg. Wird die Gütergemeinschaft ausgeschlossen, so muß dies öffentlich bekannt gemacht werden. Strieth. B. 43. S. 190. Dagegen ist die Suspension der Gütergemeinschaft nicht bekannt zu machen. Reskr. vom 5. Septbr. 1796. Rabe B. 3 S. 522. Eine Ausdehnung auf Personen, die aus anderen Gründen als den der Minderjährigkeit bevormundet werden, z. B. auf Verschwender, findet §. 415 keine Anwendung Entsch. B. 70. S. 95. Ob auf männliche Pflegebefohlene sich diese Bestimmungen erstrecken, ist zweifelhaft. Koch, Note 51a. zu §. 415. d. T. bejahet, weil das Vormundschaft-recht sedes materiae sei und die §. 782fg. II. 18. keinen Unterschied nach dem Geschlecht der Pflegebefohlenen machen. §. 780 erwähnt die Pflegebefohlenen männlichen und weiblichen Geschlechts. Wenn §. 785 nur d i e gewesene Pflegebefohlene vernehmen lassen will, so folgt daraus allerdings nur, daß eine weibliche vernommen wer­ den mnß, nicht aber, daß der männliche die Ausschließung überhaupt nicht er­ klären kann. Die Praxis gestattet die Ausschließung auch dem männlichen Pflege­ befohlenen. Entsch. B. 30. S. 123. Der abweichende §. 415. d. T. erklärt sich daraus, daß allerdings die Redaktoren anfangs die Absicht hatten, nur den weib­ lichen Pflegebefohlenen das nachträgliche Ausschließungsrecht zu geben (s Suarez, Schlußvortr. S. 187. bei Nr. 7) und daß bei der späteren Aenderung dieser Ab­ sicht im 18. Tit. an den §. 415. nicht mehr gedacht worden. Er kann um so weniger entscheiden, als er nur eine Verweisung enthält. Bergl. noch Koch, Note 58 zu § 785. II. 18. ArndtS und Leonhard, Bormundschaft-recht S. 91. Note 272.

*') §. 356. 357. 358. d. T.

Ges. v. 20. März 1837. §.1.3. 5.

4I) §. 555. d. T Dieser §. bezieht sich nur auf nicht eximirte Personen. Präj. 1138. Sammt. I. S. 142. Die Gründe sind mitgetheilt in der jurist. Wochenschr. 1845. S. 57. ") §. 356-358. d. T. Interpretation-regel bei der vertragsmäßigen Gütergemein­ schaft, daß int Zweifel gegen die allgemeine und für die partikuläre vermuthet wird. §. 359. d. T.

"

Ges. v. 20. März 1837. §. 4. §. 362. d. T.

"

§.363. Bornemann V. 129. Auch da- Nießbrauch-recht de- einen Ehegatten fällt in die Gemeinschaft. Rechtspr. B. 2. S. 305. Ausgeschlossen sind nur Lehne, Fideikommisse und solche Dermögen-stücke, welche nur für die bestimmte Person

-örüer, Preuß. Privatrecht, in. 3. Aüfl.

35

646

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

von solchen Grundstücken, die der freien Veräußerung entzogen sind"), der Erwerb während der Ehe und was durch GlückSfälle, Geschenke, Erb­ schaft oder Bermächtniß dem einen Ehegatten zufällt, wenn nicht der Ge­ schenkgeber oder Testator durch eine ausdrückliche Erklärung den andern Ehegatten ausschließt''). Die nothwendigen Kleidungsstücke der Frau sind immer von der Gemeinschaft ausgenommen"). WaS insbesondere die Grundstücke betrifft, so bedarf eS der Eintragung der G.G., wenn diese durch Vertrag eingeführt oder wenn da» Grundstück in einem GerichtSsprengel liegt, in welchem G.G. nicht gilt, sonst kann die Gemeinschaft demjenigen Dritten, der sich mit dem Manne oder der Frau allein in Rechtsgeschäfte über daS Grundstück nach den Regeln de» gemeinen (ge­ trennten) preußischen oder römischen GüterrechtS eingelassen hat, nicht nachtheilig werden"). Ist die Ehe nicht der G.G. unterworfen, so ist eS auch da- Grundstück nicht, wenngleich es in einem anderen güterge­ meinschaftlichen Bezirk liegt"). Wenn der Geschenkgeber oder Testator den einen Ehegatten von dem Miteigenthum an dem Grundstück auSgeschloffen hat, so muß dieser Ausschluß eingetragen werden, sonst gilt er Dritten gegenüber nicht"). — Die rechtliche Wirkung der G.G. besteht darin, daß alle einseitigen Verfügungen des Manne» über das gemein­ schaftliche Vermögen giltig sind"), daß für alle während der Che vom Manne gemachten Schulden diese» Vermögen haftet"), daß anch die vor­ ehelichen Schulden jede» Ehegatten gemeinschaftliche werden"). Diese gewidmet sind. Strieth. 8. 41. S. 130. Nicht der freien Veräußerung de« einen Ehegatten ist auch dasjenige Grundstück unterworfen, über welche« er sich mit den Kiudern erster Ehe auseinandersetzen muß, ehe er zur zweiten Ehe schreitet. Ist daher die Auseinandersetzung vor Abschluß der zweiten Ehe nicht erfolgt, so tritt auch da» Grundstück nicht in die Gütergemeinschaft. §. 35. II. 18. §. 1004. II. 1. Entsch. B. 41. S. 190. ") §. 370. d. T.

") §. 371-373. d. T.

Entsch. B. 26. S. 340.

Strieth. B. 9. S. 343.

") §. 364. d. T. ") § 365—368. d. T. Der Eintragung der Gütergemeinschaft bedarf e- gewiß nicht, wenn die Gütergemeinschaft provinzialrechtlich oder statutarisch für da» Grundstück und die Eheleute gilt. Früher war da» Justizministerium a. M S. Bornemann V. 130 s. Wenn das Grundstück (z. B. ein Rittergut) von der Gütergemeinschaft eximirt ist, so behält der eingetragene Befltzer die alleinige Disposition, wenn er anch in Gütergemeinschaft lebt. Recht-fälle 8- 2. S. 236. ») §. 369. d. T. »') 8- 374 - 376. d. T.

**) §. 477. 380. d. T. Ueber die Verfügung nur „zuin Zwecke der Ehe" s. oben Note 31. Wa« der Ehemann in Folge seiner Verfügung erlangt, z. B. den Kauf­ preis für eine veräußerte Sache, fällt von Rechtswegen in die Gemeinschaft Durch letzlwillige Verfügung darf er die Ansprüche seiner Frau auf da« gemein­ schaftliche Vermögen nicht benachtheiligcn. Strieth. B. 52. S. 43. Senssert I. 247. 248. 351.

“) 8- 380. d- TDie Frau kann aber gegen die Bersüguug des Mannes die Ein rede der Simulation gebrauchen. Präj. 551. Sammt. I. 144. “) 8.391. d. T.

Aber nicht Wechselprozeß gegen den Mann an« vorehel. Wechsel-

$. 209.

Die Glltergemcinschast.

547

drei Sätze sind aber noch näherer Bestimmung unterworfen. Zunächst ist das Verfügung-recht de- Mannes insofern eingeschränkt, al-er Grundstücke und Gerechtigkeiten nicht ohne schriftliche") Einwilli­ gung seiner Frau verpfänden oder veräußern"), Kapitalien, die auf den Namen der Fran, ihre- Erblasser- oder Geschenkgebers oder beider Eheleute geschrieben sind, nicht ohne solche Einwilligung kündigen und einziehen darf"). Hat der Mann einseitig über dergleichen BermögenSschnlden der Frau- Entsch. B. 34. S. 193. Voreheliche Alimentationöperpflichtung der Frau: Strieth. V. 45. S. 48. Unten §. 329 Note 2. 8S) Entsch. B. 14. S. 44 D. 29. S. 45 «nicht der gerichtlichen Form mit Belehrung der Frau). Die schriftliche Einwilligung kann auch nachgebracht werden' und be­ wirkt ConvaleScenz der Veräußerung. Entsch. B. 67. S. 92.

sl) Die Veräußerung setzt aber voraus, das das Grundstück schon zum gemeinschaft­ lichen Vermögen gehört hat. S. Entsch. B. 58. S. 248 fg. Zu diesem Vermögen gehört es, wenn eö auch durch mündlichen Vertrag und Uebergabe erworben worden ist. Das. S. 255 f. S. unten bei Note 62.

67) §. 378. 379. d. T- Der §. 232. d. T. geht weiter in der Beschränkung des Mannes: „noch sonst etwas vornehmen, wodurch dem eingebrachten Vermögen eine bleibende dingliche Last auferlegt würde." Vergl Entsch. 93. 61. S. 147 Diese Beschrän­ kung bezieht sich auch nur auf direkte freiwillige Veräußerung oder Verpfän­ dung Der in G.G. lebende Ehemann ist daher nicht gehindert, die von ihm erworbenen persönlichen Rechte aus einem Meistgebot auf den Zuschlag eines nothwendig subhastirten Grundstücks vor dem erhaltenen Zuschlag ohne Einwilli­ gung der Frau an einen Dritten zu cediren. In die G.G. tritt das Grundstück erst durch den Zuschlag an den Ehemann und erst hiennit beginnt das Einwilli­ gungsrecht der Ehefrau. Vergl. Entsch. B. 64. S. 160 f. ES fragt sich, ob dieser Rechtöznstand durch daS neue Recht, insbesondere durch Absatz 2. §. 42. der Subh.Ordn. v. 15. März 1869 geändert ist. Man wird dies verneinen müssen. Die Subh.-O. giebt nur eine — vom rechtlichen Standpunkt aus allerdings sehr be­ denkliche (Förster, Grundb.-R. S. 206f.) — instruktionelle Vorschrift für den Zuschlagsrichter; daö auö der (Session hervorgehende Recht des Eesstonars kann hierdurch nicht beseitigt werden. Wenn der Zuschlag hiernach dem Eedenten er­ theilt werden muß, trotz der (Session, und in Folge dessen der Ledent als Eigen­ thümer im Grundbuch eingeschrieben ist, mithin dadurch das Grundstück der G.G. angehört, so samt der Eesstonar nach dem Ges. v. 5. Mai 1872 über den EigenthumSerwerb §. 9. dem Ehemann gegenüber den EigenthumSübergang anfechten und wenn er mit der Anfechtung durchdringt, so ist dadurch erwiesen, daß die Eintragung des EigenthumSübergangeS ungiltig, das Grundstück nicht mit Recht Bestandtheil der G.G. geworden ist, und daran ist auch die Ehefrau gebunden. Nach lüb. R. I. 5. Art. 9 ist dem Manne nur die Veräußerung nnd Verpfändung liegender Gründe und stehender Erbgüter, die ihm von seinem Weibe zuge­ bracht worden, untersagt. NachA.L.R. darf er aber auch die von ihm selbst in die Gemeinschaft gebrachten Grundstücke nicht einseitig veräußern und ver­ pfänden. DaS O.-Trib. hat zwar durch Pl-Beschl. (Entsch. B. 10. S. 61) ange­ nommen, daß der Mann nach lüb. R- auch nicht über die eigenen Immobilien verfügen dürfe; diese Entscheidung benrht aber auf dem Satz, daß, weil das lüb. R- über die Disposition des Mannes über seine eigenen Immobilien überhaupt nichts enthalte, dasselbe durch §. 378. d. T-gemäß §. 360. d. T. ergänzt werden müsse. Die Frau ffagt ohne Beitritt ihres Mannes gegen diesen und den andern Eontrahenten auf UngutigkeitSerklärung der von ihr nicht bewilligten Veräußerung und auf Räumung des Grundstücks. Strieth. B. 65. S. 74. Auch der Ver­ kauf einer Windmühle zum Abbruch bedarf der Einwilligung. Strieth. B. 47. S. 278. Entsch. B. 52. S. 153. Ebenso Feststellung der Entschädigung bei einer Expropriation. Strieth. 93. 49. S. 207. Entsch. D. 49. S. 182. Einer unzulässigen einseitigen Veräußerung steht gleich, wenn der Mann allein in einem Prozeß daS Eigenthum des Dritten am Grundstück anerkennt, aber er kann

35*

548

Zweite- Buch.

Die btsonderen Privatrechte.

objette verfügt, so ist das Geschäft nichtig und gilt auch nicht in Betreff seiner selbst"). Versagt die Frau die Einwilligung, so kann diese von dem BormundschaftSgericht ergänzt werden"). Die Einwilligung der min­ derjährigen Ehefrau bedarf der vormundschaftlichen Genehmigung"). Die Auflegung von Servituten oder Reallasten fällt hier nicht unter den Be­ griff der Veräußerung"); auch bezieht sich diese Einschränkung deS VerfügungSrechtS nicht auf solche Fälle, wo das Grundstück oder die Gerech­ tigkeit noch nicht Bestandtheile des gemeinschaftlichen Vermögens gewor­ den, sondern der Mann erst einen persönlichen Anspruch auf den Erwerb erlangt hat"). Die Rechte auS solchem Anspruch kann er unabhängig veräußern. Ebenso darf der Mann, wenn seine Frau in die Veräuße­ rung gewilligt hat, den persönlichen Anspruch auS dem Veräußerungsantrage gegen den Käufer vor der Uebergabe ohne Beitritt der Frau cediren"). Dagegen kann die Frau gegen jede Verfügung des Mannes Widerspruch erheben, indem sie diesen dem dritten Kontrahenten aus­ drücklich äußert, und dadurch die Wirkung der Verfügung auf das ge­ meinschaftliche Vermögen abwenden"). Ein solcher Widerspruch kann sich allein auf den DindikationSprozeß einlassen. Entsch. B. 50. S. 258. 263. Die Ueberlaffung eines Antheils an dem Reinerträge eines Torfstichs fleht dem Manne zu. Strieth. B. 43. S. 32. — Bei den Kapitalien ist es ohne Ein­ fluß. ob sie im Grundbuch eingetragen sind oder nicht. Strieth. B. 12. S. 31 Ueber die Kündigung f. oben v. 2. S. 254 Note. 129. Entsch. B. 39. S. 177. Der Ehemann darf auch nicht einseitig dem Schuldner die Schuld ganz oder theilweise erlassen. Strieth. v. 6. S. 22. Ueber die Kapitalien, die zum Erwerbe gehören, kann der Mann einseitig diSponiren. Das. B. 12. S. 31. Keine Einrede für den Dritten aus der mangelnden Einwilligung der Frau. Das. B. 20. S. 209. e8) Schles. Archiv B. 4. Nr. 3. Gruchot B. 9. S. 45 Strieth. B. 7. S. 31. B. 31. S. 145. Gutachten des O.-Trib. v. 24. August 1840. IMDl. S. 369. Daß die Veräußerung auch nicht auf den Antheil des Mannes bestehen kann, folgt daraus, daß während der Ehe dieser Antheil des einzelnen Gatten nicht konstirt. S. oben S. 523. .Bornemann V. 138f. Wenn aber das vom Manne einseitig veräußerte Grundstück auf seinen Namen allein im Grundbuch ein­ getragen war, so bleibt die Veräußerung bestehen, wegen §. 7. 8. 1. 10. A.L.R. Gruchot IX. 45. WaS aus der einseitigen Veräußerung des Mannes in das gemeinschaftliche Vermögen gekommen, muß reftituirt werden, und dafür haftet auch die Frau. Entsch. B. 41. S. 196.

") §. 388. d. T.

•°) Strieth. B. 47. S. 112. Auch wenn vom Manne da- Grundstück in die Ehe gebracht ist. IMBl. 1851. S. 282. •') Entsch. B. 47. S. 231.

B. 48. S. 178.

") Daher ist der Verzicht des Ehemannes auf die EigenthumSregulirung einer von ihm nicht erblich besessenen Rustikalstelle nach 8.4. des Edikt- v. 14. Sept. 1811 nicht eine Veräußerung, die der Einwilligung der Frau bedarf. Entsch. v. 12. S. 311. Recht-fälle B. 2. S. 96. Vergl. ferner Strieth. B. 58. S 107. Oben Note 56. ••) Strieth. B. 3. S. 293.

•*) §. 387. d. T. Entsch. D. 53. S. 157. Hiernach würde auch die Frau wider­ sprechen können, wenn der Mann eine ihr angefallene Erbschaft annehmen, sie dieselbe an-schlagen will. S. hierüber Seusfert IX. 301.

§. 209.

Die Gütergemeinschaft.

549

nur, um ihn wirkungslos zu machen, vom vormundschaftlichen Gericht beseitigt werden*'). Schenkungen des Manne» sind zwar gillig, aber da» Widerrufsrecht, wa» ihm zustände, darf auch die Frau auSüben"). Uebermäßige Schenkungen, d. h. solche, welche nicht allein da» vom Manne cingebrachte Vermögen erschöpfen, sondern auch noch in da» Frauengut eingreifen, so daß bei der Auseinandersetzung die Frau au» der Gemein­ schaft weniger erhalten würde, als sie eingebracht hat, widerruft sie aueigenem Recht soweit, um da» an ihrem Einbringen Fehlende zu ergän­ zen"). Immer aber wird bei der künftigen Auseinandersetzung der Be­ trag der Schenkung auf den Antheil des Manne» gerechnet"). — So­ dann haftet zwar für eheliche Schulden de» Manne» und für solche, welche eine Ehefrau giltig kontrahiren kann, da» ganze Vermögen") und selbst für die Entschädigungsansprüche au» unerlaubten Handlungen der grau70), für Geldstrafen und Untersuchungskosten, aber die Schulden letzterer Art werden bei Auflösung der Gemeinschaft auf den Antheil de»-

“) §. 387. d. T.

-) §. 381. b. T.

Bornemann V. 141.

") §. 382. d. T. Strieth. B. 56. S. 1. 182. der Schenkung in fraudem uxoris.

B. 67. S. 62 über den Begriff

**) §. 383. d. T. D. h. der Betrag der Schenkung wird als noch im gemeinschaft­ lichen Vermögen vorhanden angesehen, zur Theilung-masse hinzugerechnet, und demnächst die dem Manne zufallende Hälfte darauf angewiesen. Uebersteigt die Schenkung seine Hälfte, so hat er den übersteigenden Betrag nicht zurückzuleisten. ES wird ebenso verfahren, wie bei der Kollation der Erben. Z B. der Mann hat 50,000 Rthlr. verschenkt, bei der Theilung sind noch 20,000 Rthlr. da, Thei­ lung-masse sind 70,000 Rthlr., davon die Hälfte 35,000 Rthlr., der Mann wird auf die 50,000 Rthlr. angewiesen und erhält nicht-, die Erben erhalten die vor­ handenen 20,000 Rthlr., und büßen 15,000 Rthlr. ein. Wollte man, wozu der Wortlaut de- §. 383 verleiten könnte, dem Manne nur seine Schenkung anrech­ nen, ihren Betrag aber nicht der Theilung-masse znrechnen, so käme ein irra­ tionelles Resultat heraus, nämlich dann wären Theilung-masse 20,000 Rthlr, die Hälfte des Manne- betrüge 10,000 Rthlr., er erhält sie nicht, denn er wird auf die verschenkten 50,000 Rthlr. angewiesen — aber wer erhält diese 10,000 Rthlr ?

••) Aber nicht die Person der Frau, wenn sie nicht persönlich die Schuld giltig kontrahirt hat. Die Person de- Manne- haftet für alle Schulden, die er selbst und die seine Frau mit seiner Einwilligung kontrahirt hat. Schles. Arch. B. 6. S. 542. Strieth. B. 25. S- 332. Der Erbe der Frau haftet also auch nur so, wie diese selbst. Bergt, hierüber Arn-b. Arch. B. 1. S. 557. Witte, Intestaterbr. S. 101. Unrichtig ist die bei Gruchot I. 24 geäußerte Ansicht, daß die Frau eine persönliche Haftbarkeit überkomme, wenn sie nach dem Tode deMannes in den Gütern sitzen bleibt. S. dagegen Lesser das. S. 429. Ueber gemeinrechtliche Praxis vergl. Seuffert I. 247.

Entsch. B. 47. S- 238. Strieth. B. 46. S. 132. Ander- B. 41. S. 267. Gruchot VII. 239. Im gemeinen Recht ist die Frage bestritten. Dafür sind die neueren Germanisten, z. B. Beseler S. 592. Dagegen Mevius, ad jus Lub. I. 5 art. 7. Nr. 40. und von Neueren Bluntschli S. 598.627. Bergt, über die Frage Heuser, Aunalen B. 7. S. 79fg. Zu den Verneinenden gehört auch Koch, Komment. B. 4. Nachtr. Abth. I. S-320 zu Note 38a. S. 133 de- dritten Bande-.

550

Zweite« Luch.

Die besondere» Privatrechte.

jenigen Ehegatten verrechnet, der sie verursacht hat"). ES ist nicht zu bezweifeln, daß die Gläubiger deS Mannes sich auch an die zur Gemein­ schaft gehörigen, seiner einseitigen Veräußerung entzogenen Grundstücke, Gerechtigkeiten und Kapitalien unbeschränkt halten können"), aber wegen solcher Schulden deS Mannes, die er sich bei der künftigen Aufhebung der Gemeinschaft auf seinen Antheil verrechnen lasten muß, sollen die von der Fran eingebrachten Grundstücke und Gerechtigkeiten erst dann ange­ griffen werden, wenn das übrige gemeinschaftliche Vermögen nicht auöreicht"). Im Konkurse ideö Mannes kann die Fran ihr Vermögen nur insoweit zurückfordern, als nach dem für diese Ehe geltenden Rechte ihr Gut oder das gemeinschaftliche Vermögen für eine Schuld des Mannes nicht haftet"). — Endlich voreheliche Schulden des einen Ehegatten, wenn sie dessen Aktiva übersteigen, berechtigen den andern, innerhalb zweier Jahre nach vollzogener Ehe das eigene eingebrachte Vermögen ab­ zusondern und damit die vorehelichen und späteren Gläubiger des Ueberschuldeten an dcsten Vermögen allein zu verweisen"). Für die Schulden, welche bis dahin während der Ehe gemacht worden, haftet aber das bei") §. 384. 385. 389. 390. d. T. In 8.389. sind die Allegate falsch; es müssen citirt fein §. 321. 324—337. Entsch. B. 47. S. 238. Strieth. B. 46. S. 132. Geseyrev. XIV. 161 f.

77) Präj. 803. Samml. I. S. 144. Gutachten de- O.-Trib. v. 24. August 1840. JMBl. S. 369. Bornemann V. 145. Entsch. B. 57. S. 171 Nr. 2.

7S) §. 386. d. TDurch seine Beziehung auf §. 384. von sehr geringer praktischer Tragweite. Bornemann V. 143. Schulden des Ehemannes, welche nach Auf­ hebung der G.G. in Folge Ehescheidung entstanden sind, können nicht gegen das Grundstück der Ehefrau geltend gemacht werden. Entsch. B. 68. S- 173. 7‘) Konk.-Ordn. §. 94. 7a) §. 392. 393. d. TDiese Absonderung ist ein von den Redaktoren erfundenes Institut. Nach lüb. R- (I. 5. Art. 2.) steht die Absonderung mir der Ehefrau in unbeerbter Ehe zu. Gutachten der Gesctzkomm. v. 22. Oktbr. 1800. Nr. Hl. bei Rabe B. 6. S. 332. Entsch. B. 58. S. 275f. Die gemeinrechtliche Praxis giebt der belauschten Ehefrau eine Restitution. — Die Absonderung beseitigt die Gütergemeinschaft nur in Betreff der vorehelichen Schulden, Reskr. v. 8. Juli 1815. Iahrb. B. 6. S. 179, und der nach der Absonderung entstandenen Schulden des anderen Ehegatten, Entsch. B. 16. S. 226. Strieth. B. 65. S. 344, nicht aber von selbst die unter den Eheleuten bestehende G.G., „es hängt vielmehr von dem Entschluß nud der Erklärung deS unverschuldeten Ehegatten ab, ob er sich bloß auf den Antrag der Dermögenöabsonderung beschränken, oder zugleich die Aushebung der G.G. für die Zukunft nachsuchen will." Entsch. B. 67. S. 108 ff. — Die öffentliche Bekanntmachung der Absonderung ist nicht erforderlich. Pl.Deschl. des O.-Trib. in den Jahrb. B. 51. S. 141. Ueber das Verfahren dabei f. Reskr. v. 26. Okt- 1838. Jahrb. B. 52. S. 457. — Auch die innerhalb 2 Jahre aus dem von der Frau zur Gemeinschaft eingebrachten Grundstück eingetragene Hypothek für eine voreheliche Schuld des Manne- ist unwirksam; der Glaube deS Grundbuchs schützt den Gläubiger nicht. Entsch. B. 30. S. 456. Dagegen Roloff in der Arnsberger Monatschr. B. 1. S. 216, weil die Hypothek ein während der Ehe erworbenes Recht des Gläubiger- auf da- gemeinschaftliche Vermögen sei, und daher von der Absonderung nicht berührt werde. Allein die Hypothek ist kein von der Forderung unabhängige- Recht, und wenn die Frau für letztere nicht verpflichtet ist, so kann sie auch die Hypothek nicht gegen sich gelten lassen. —

derseitige Vermögen als gemeinschaftliches, und wenn die zweijährige Frist versäumt worden, kann bei der Auseinandersetzung dem überschuldet in die Ehe getretenen Gatten nichts angerechnet werden"). Das SeparationSrecht können auch die Erben des vor Ablanf der zwei Jahre gestor­ benen Ehegatten geltend machen"). 2. Die besondere G.G. ist eine Gemeinschaft deS Erwerbs in der Ehe"). Die Eigenthümlichkeit dieses Instituts besteht darin, daß die Gläubiger sich nur an den gemeinschaft­ lichen Erwerb halten können, neben welchem ihnen zwar noch die Sub­ stanz des besonderen Vermögens des anderen Ehegatten haftet, welcher die Schuld vor oder in der Ehe kontrahirt hat, daß aber die Substanz des besonderen Vermögens des anderen Ehegatten von der Haftung frei ist, und daß, wenn durch die Gläubiger des einen der gemeinschaftliche Erwerb geschwächt wird, an- dem Vermögen dieses Ehegatten die Min­ derung ergänzt werden muß"). Don Wichtigkeit ist eS daher, von An­ fang an festzustellen, wa- zum gemeinschaftlichen Erwerb und was zum besonderen Vermögen gehört. Dies wird erreicht durch eine gerichtlich zu beglaubigende und unter Zuziehung des Vaters der Frau oder eines rechtskundigen Beistandes bei Abschließung der Che oder bei der vertrags­ mäßigen Begründung dieser besonderen Gemeinschaft zu errichtende Jnventarisirung deS beiderseitigen Vermögens mit Werthangabe für die ein­ zelnen Stücke'"). WaS in dieses Berzeichniß nicht ausgenommen ist, wird als zum Erwerb gehörig vermuthet; wird das Berzeichniß nicht angefer­ tigt, so wird bei der Auseinandersetzung alles vorhandene zum Erwerb ge­ rechnet"). Was während der Ehe durch Schenkung, Vererbung oder Vermächtniß dem einen Ehegatten zufällt, gehört nicht zur Gemeinschaft des Erwerbs, wohl aber was durch andere Glücksfälle gewonnen ist und alle Nutzungen von dem gesonderten Vermögen"). Tritt ein Ehegatte mit Schulden und ohne eigenes Vermögen in die Ehe, so kann der andere innerhalb zweier Jahre auf Absonderung des künftigen gemeinschaftlichen Erwerbs antragrn"). ") §. 394. 395. d. T. Suarez, Schlußvortr. S. 45. Das abgesonderte Vermögen M einen Ehegatten hastet aber nicht an- dein während der Ehe vor der Abson­ derung ausgestellten Wechsel de- ander» über eine voreheliche Schuld. Strieth. B. 17. S. 146.

”) Da« ist streitig. S. jedoch Koch, Note43 zu §. 395. A. M. Gruchot in der Arnsberger Monatschrist I. S-172 u A. Neuerdings vom O.-Trib. im bejahen­ den Sinne entschieden. Eutsch. B. 60. S. 158 sg. Präj. 2754.

’•) §. 396. d. TGleichviel, von Strieth. B. 19. S. 289. ’•) §. 406—409. d. T.

welchem Ehegatten der Erwerb gemacht worden.

Eutsch. B. 19. S. 403.

’•) §. 397—399. d. T. "> §. 400. 401. d. T.

”) §. 402—405. d. T. ”) §. 410. d. T-

Bornemann V. 147f.

552

Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

D. Au S schließnng und Aufhebung der G.G. Bor der Ehe kann die am ersten Wohnsitz provinzialrechtlich oder statutarisch geltende G.G. durch einen gerichtlich aufgenommenen oder anerkannten Bertrag ausgeschlossen werden"). Die- genügt, um die Ausschließung zwischen den Eheleuten wirksam zu machen, und diese Wirkung tritt ein mit dem Tage der gerichtlichen Erklärung"). Sell aber die Ausschließung auch gegen Dritte wirken, so muß der Vertrag dreimal innerhalb vier Wochen durch die Provinzialzeitung und das Amtsblatt"), bei Kaufleuten (im Sinne deS Handelsgesetzbuchs) durch Eintragung in das Handelsregister und Mittheilung derselben durch die öffentlichen Blatter") bekannt ge­ macht, und ans den Grundbuchblättern der Grundstücke eingetragen") wer­ den. Die Ausschließung tritt dann dem gutgläubigen Dritten gegenüber ein nach Ablauf des zur Bekanntmachung bestimmten vierwöchentlichcn Zeitraums, die Wirkung wird aber bis auf den Tag der Eheschließung zurückbezogen, wenn von da innerhalb vier Wochen die öffentliche Bekannt­ machung bei Gericht beantragt worden und diese innerhalb der nächsten vier Wochen stattgefunden hat"). Während der Ehe kann diebestehende G.G. zwar auch vertragsmäßig aufgehoben werden, wenn die Wirkung davon sich nur auf die Eheleute beziehen soll"), und die durch Vertrag entstandene kann jederzeit durch gerichtlichen, öffentlich bekannt zu machen-

w) §. 2 deS Ges. v. 20. März 1837. Wenn der Ausschließung-Vertrag vor einem ausländischen Richter oder dazu kompetenten Notar ausgenommen, so bedars eS nach dem Grundsatz locus regit actum nicht noch der Anerkennung deS Vertrages vor dem inländischen Richter, der die Bekanntmachung zu bewirken hat. Koch, Note 13 zu §. 2 deS Ges. v. 20. März 1837 gegen daS Reskr. v. 29. Mai 1841. IMBl S. 374. Die Form deS Vertrages über Einsührung und Ausschließung der Gütergemeinschaft nach dem Ges. v. 20. März 1837 bezieht sich nur auf den Geltungsbereich des ALR. Strieth. B. 66. S. 118.

M) §. 412 413 427. d. T••) §. 422. d. T. Ges. v. 20. März 1837. §. 4. Eine Bekanntmachung der Aus­ schließung ist nur in Betreff der Schulden während der Ehe, nicht in Betreff vorehelicher Schulden nöthig. Entsch. B 7. S. 384. Bornemann V. 150. Note 6. •7) Einf.-Ges. zum HGB Art. 20. Diese Bekanntmachung wirkt gegen solche Dritte, welche mit dem kaufmännischen Ehegatten in Geschäftsverbindung getreten sind. Gegen die Gläubiger des nicht kaufmännischen Ehegatten genügt die allgemeine Bekanntmachung. Entsch. B. 56. S. 215. B. 61. S. 151. War die Ehe vor Einsührung de- A.H.G.B. eingegangeu und die Ausschließung der G G. gehörig bekannt gemacht, so bedars es nicht der nachträglichen Eintragung im Handels­ register. Entsch. B. 66. S. 96. M) §. 424. d. T.

8e) Ges v 20. März 1837 §.4. Entsch. B. 15. S. 501. Die Ausschließung der G.G. muß auch in dem Falle öffentlich bekannt gemacht werden, wenn die Ehe­ frau minderjährig und bevormundet ist. Die 780ff II. 18. stehen nicht ent­ gegen. Entsch. B 62. S. 301. Der Dritte, der ohne öffentliche Bekanntmachung Kenntniß von der Ausschließung hatte, muß diese gegen sich wirken lassen. Da­ selbst S. 307.

•°) §. 418. d. T-

Entsch. B. 48. S. 195. Strieth. B. 46. S. 290. Auch die W-

den Vertrag aufgehoben werden"). Dagegen darf die durch Provinzialrecht und Statut begründete Gemeinschaft grundsätzlich selbst dann später nicht aufgehoben werden, wenn auch die Ehegatten bei Abschließung der Ehe noch minderjährig gewesen"). Bon diesem Grundsatz giebt es Aus­ nahmen. Zunächst die schon erwähnte Absonderung innerhalb zweier Jahre im Fall deS überschuldeten Eintritts de- einen Gatten in die Ehe"). Sodann im Fall der Verlegung deS Wohnsitzes, mag diese von einem Orte des getrennten Güterrechts an einen Ort der Gemeinschaft, oder von einem Ort der Gemeinschaft an einen andern, wo diese ebenfalls gilt, erfolgen"). Endlich wenn der eine Ehegatte in Konkurs versunken und der andere für die Zukunft die Gemeinschaft auöschließen will"). Natürlich muß auch in allen diesen Fällen der Vertrag in gerichtlicher Form errichtet und öffentlich bekannt gemacht werden"). Desgleichen bedarf die am ersten Wohnsitz bereits ausgeschlossene Gemeinschaft bei der Verlegung des Wohnsitzes an einen andern gütergemeinschaftlichen Ort einer Wiederholung der Bekanntmachung"). Niemals darf die Aufhebung der Gemeinschaft den früheren Gläubigern nachtheilig werden, und wenn die Bekanntmachung oder die Eintragung im Grundbuch unterblieben, auch nicht denen, die später gutgläubig über diese BermögenSstücke mit dem Manne Rechtsgeschäfte abgeschlossen haben"). Welche Wirkung bei der Auflösung der Ehe durch Tod oder Schei­ dung die Gemeinschaft der Güter äußert, wird in den §§. 211. 215. er­ örtert werden. Eine thatsächliche Trennung der Eheleute während be­ stehender Ehe hebt die Gütergemeinschaft nicht auf"). sicht auf den Pflichttheil der Kinder hindert nicht. Reskr. v. 30. Oktbr. 1797. N. G. C. X. p. 1937 N. 43 deS Nachtrag« 1798. Rabe B. 4. S. 336 - §. 422. bezieht sich nicht aus §. 418. Entsch. 8. 52. S. 155. Strieth. B. 54. S- 328. *') §. 419. d. T. •*) §. 354. 413. 414 d T. §. 780. 78t. II. 18 Unzweifelhaft aber kann, wenn die Eheleute die Gütergemeinschaft ausgeschloffen haben, dieselbe während der Ehr von ihnen auch wieder eingesührt werden. Ein solcher Vertrag bedarf auch der Zuziehung de» Vater» der Ehefrau. Reskr. v. 14. Frbr. 1834. Koch, Note 10 zu §. 354, der jedoch die Zuziehung de» Vater» nicht für nöthig hält. “) §. 420 d. T.

**) §.416. 417. d T- Da» A LR- spricht sich nicht darüber au», ob im Fall de» §. 416. die Aushebung vor der Verlegung de» Wohnsitze» erfolgen müsse. Die Analogie de» §. 354. spricht bei gleichen Gründen dafür. Ges.-Rev. XIV. 289. Die Reskr. v 1. März 1822 und 53. Oktbr. 1826 lassen die Aufhebung auch noch nach der Aenderung de« Wohnsitze» zu”) §. 421. d. T. ") §. 422. d. T.

") 8-426. d. TEntsch. B. 30 S. 132. Strieth. B. 16. S. 219. lübischem Recht. Strieth. B. 43. S. 190.

Auch nach

M) §. 428-432. d. T- Ueber die Gutgläubigkeit de» Dritten s. Strieth. B. 2. S. 348. B 31. S. 172. Entsch B- 40. S- 171. ”) Seusfert XII. 341.

Die besonderen Privatrechte.

Zweite» Buch

554

Dritte» Kapitel. Die Auflösung der Ehe.

Erster Abschnitt.

§. 210. A.L.R

Die Nichtigkeitserklärung der Ehe.

II. 1. 8. 933-1014.

Gitzler S. 162s.

Schmidt 8.8. 9- S. 35fe.

Ja-

cobson S. 572f.

ES ist in §. 203. der Unterschied von nichtigen und ungiltigen Ehen

erörtert,

welcher sich

bestimmt.

Nach

nach

dem Grade der Wirkung der Ehehindernisse

dem System

des A.L.R.

und

nach

neuerem Recht ist

eine Ehe nichtig bei zu naher Verwandtschaft und Schwägerschast, bei

noch bestehender Ehe,

wenn der schon

verheiratete Ehegatte dies gewußt

hat, zwischen Ehebrechern, bei mangelndem Konsens für Militairpersonen. Dagegen

ist

im

neueren

Recht aufgehoben der

Nichtigkeitsgrund des

Standesunterschiedes und der Religionsverschiedenheit').

Ungiltig ist die

Ehe bei noch nicht mannbarem Lebensalter, mangelnder Freiheit der Ein­

willigung, bei bestehender Adoption und Vormundschaft, bei fehlender Ge­ nehmigung der Eltern oder Vormünder, die aus unverschuldetem Irrthum über die Auflösung der älteren Ehe eingegangene zweite Ehe (s. g. Puta­

tivehe)'), und die Ehe zwischen Neffe» und Tante, wenn nicht Dispensa­

tion ertheilt worden ist'). Die nichtige Ehe muß von AmtSwegen aufge­ löst werden, der Staatsanwalt hat deßhalb bei dem Gericht Klage zu er­ heben'); die nichtige Ehe kann niemals Rechte und Pflichten wie aus einer wirklichen Ehe zwischen den Verbundene» erzeugen'), sie kann auch nicht hinterher giltig werden, wenn daS Hinderniß wegfallt, vielmehr bedarf es

dann einer

neuen Ehevollziehung').

Die

ungiltige Ehe bleibt bestehen,

wenn sie nicht von den Betheiligten angefochten wird, und sie wird hinter') Ges. v. 22. Febr. 1869 (@ef ©. E- 365).

Ges. v. 9. März 1874. §. 56.

’) Der Begriff der Putativehe ist übrige»» ein allgemeiner, sie ist vorhanden, wenn sie im Irrthum über einen Richtigkeitsgrund abgeschlossen worden. Richter 8.267. ©euffett I. 236. II. 60. ’) §. 942. 968—972. d. T. Die Putativehe wird giltig, wenn die frühere Ehe dem­ nächst durch den Tod de» anderen Ehegatten aufgelöst worden ist. S- hierüber Gesetzrev. XV. 468 f. Borne mann V. S. 26.

«) §. 950. 951. d. T. Ges. v. 28. Jnni 1844 §. 5. Ze»,Höfer in der Anw.-Z. 1864. S. 89. Entsch. B. 1. S. 32. B. 34. g. 177. B. 44. S. 140. B. 51. S. 250. Strie th. B. 22. S. 331. B- 44. g. 244.

s) 8- 952. d. T. So lange aber die Ehe nicht gerichtlich vernichtet worden, bestehen zwischen den getränten Personen die Pflichte» der Ehegatten, namentlich die Pflicht de» Manne», die Frau zu alimenliren. Seufsert XIII. 39. «) 8-941. 946. d. T-

§. 210.

her

als

Die Nichtigkeitserklärung der Ehe.

von Anfang an giltlg,

den ist'). Hiernach bestimmen nichtigen Ehen:

wenn

555

da- Hinderniß

gehoben wor­

sich die vermögen-rechtlichen Folgen.

1.

Bei

a. haben beide Theile den Nichtigkeit-grund gekannt,

so wird der Mann, der das Vermögen der Frau verwaltet hat, al- ein

Verwalter fremder Güter verpflichtet, nur ist er davon frei, über die ge­ zogenen Nutzungen Rechnung zu lege,«, weil diese auf den der Frau ge­

währten Unterhalt verrechnet werden sollen'),

b. War dem Mann allein

die Nichtigkeit bekannt, so gilt er als unredlicher Besitzer des Frauenguts,

er muß die Nutzungen desselben und die Verschlechterungen wie ein sol­

cher vertreten und darf nur abziehen, wa- er in den Nutzen und zum Unterhalt der Frau wirklich verwendet hat'). Im Konkurse de- Mannehat die Frau ein Rückforderungörecht und soweit sie >amit nicht befrie­ digt wird, ein gleiche- Vorrecht, wie eheliche Kinder.

Da- Vorrecht fällt

aber weg, wenn der Mann ein Handel-mann, Schiffsrheder oder Fabrik­ besitzer ist"),

c. War der Frau allein die Nichtigkeit bekannt, so vertritt

der Mann bei Rückgabe des Vermögens nur grobe- Versehen").

In den

Fällen b. und c. muß außerdem der unschuldige Theil von dem schuldigen schadlos gehalten werden").

Die Schadloshaltung wird berechnet nach

dem höchsten Satz der Ehescheidung-strafen, sie wird aber verwirkt, wenn der unwissende Theil Handlungen begangen hat, welche bei giltiger Ehe Scheidung mit Strafe nach sich ziehen würden"),

d. Die Rechtsgeschäfte

mit dritten Personen werden, wenn ihnen da- trennende Hinderniß un­

bekannt gewesen, von der Vernichtung der Ehe nicht berührt, nur im Fall

der Doppelehe darf da- Recht de- ersten

und

wahren Ehegatten nicht

durch Verhandlungen mit Dritten gekränkt werden"). — 2. Bei ungiltigen Ehen ist die Anfechtbarkeit an die kurze Frist von 6 Monaten ge­

bunden, deren Anfang entweder vom Tage der Ehevollziehung, oder von der erlangten Kenntniß de- Hindernisse-, oder im Falle der Minderjährig’) §. 973—976. d. T. Der §. 975. unterscheidet nicht, ob da» Hinderniß durch Veränderung der Umstände, oder durch die Gesetzgebung geboten worden ist. Entsch. B. 46. S. 208. Kläger in dem Prozeß wegen Ungiltigkeit ist entweder der eine Ehegatte gegen den anderen, oder der dritte Berechtigte gegen die Ehe­ gatte». Der Staat-anwalt hat nicht von Amtswegen einznschreiten, sondern wird bei dem Prozeß nur zugezoge». S. Zenthöser a. a. O. S. 90. Ueber de» Unterschied von UngiltigkeitS- und Scheidungsklagen s. Strieth. B. 15. S. 18. — Wenn eine Ehe rechtskräftig für nichtig oder ungiltig erklärt ist, muß dies am Rande im Heiratsregister vermerkt werden. §. 38. de» Ges. v. 9. März 1874.

•) §. 953-955. d. T.

,0) 8. 958. d. T.

•) §. 956. 957. d. T.

Konk.-Ordn. 1855 §. 80. Abs. 2.

") §• 959. d. T. I2) Deßhalb ist auch der Antrag, den Beklagten für den schuldigen Theil zu erklären, zulässig, und e» muß über ihn erkannt werden. Strieth. B. 47. S. 107. ,3) §. 963-965. 967. d. T.

“) § 960-962. d. T.

leit vom Tage des vollendeten 24. Lebensjahres berechnet wird"). Die Wirkung der Anfechtung ist dieselbe, wie bei der Nichtigkeitserklärung: die Ehe wird durch das Urtheil aufgelöst und die vermögensrechtlichen Folgen werden ebenso bestimmt"). Nur einige Besonderheiten sind hervorzuhe­ ben. Wenn die wegen Vormundschaft anfechtbare Che nach erfolgter Prüfung aufrecht erhalten wird, so bleibt dennoch das Vermögen der Frau bis zu ihrer Volljährigkeit unter der Verwaltung deS neuen Vor­ munde-, der Ehemann erhält aus demselben, was zum standeSmäßigen Unterhalt der Frau nöthig ist, die Frau darf bis zur Volljährigkeit ihrem Manne nichts zuwenden und bei erreichter Volljährigkeit hat sie die freie Bestimmung, wie viel von ihrem Vermögen Eingebrachte- werden soll"). Wenn die wegen Adoption anfechtbare Ehe giltig wird, so sind die Rechte und Pflichten aus der Adoption beseitigt"); wird sie vernichtet, so ver­ liert der Adoptivvater alle Rechte aus der Adoption, die Adoptirte behält aber ihre Ansprüche auS derselben"). Wird die wegen mangelnder Ge­ nehmigung der Eltern anfechtbare Ehe nicht angefochten, so können dennoch die Eltern da- Kind bis auf den halben Pflichttheil enterben'"). Zweiter Abschnitt.

§.211. Die Auflösung der Ehe durch de« Tod. A.L-R. II. 1. §§.434-437. 501-620. 734-664.

Pr-R II. S. 578fg. 590f.

Bornemann V. 153.

Koch,

Schmidt §. 31- 35. §. 49. S. 200f. 371 f.

Wird die Ehe durch den Tod getrennt, so hat der überlebende Ehe­ gatte die Pflicht, den Verstorbenen anständig begraben zu lassen, und zwar aus eigenen Mitteln, wenn der Nachlaß dazu nicht hinreicht'). Die vom A.L.R. noch erwähnte Pflicht zur Trauer, welche damals polizeilich geregelt worden ist'), hat die Kab.-Ordre v. 28. November 1845 aufge”) §. 976. 984. 986.990. 994. b. T. Nur bei der Anfechtung der Ehe wegen de« Mangel- der freien Einwilligung (Zwang, Irrthum, Betrug) ist eine seche­ wöchentliche Frist zur Klaganstellung geboten. §. 41. d. T. — E« handelt sich vier nicht um Verjährung de« Klagerechts, sondern um Fristen, welche auch wäh­ rend der Minderjährigkeit laufen. Ges.-Rev. XV. 473. Ueber den Beginn der Frist s. Enlsch. B. 29. S. 380. Strieth. B. 14. S. 351. •*) §. 974. d. T. ") §. 977-984. d. T. “) §• 985—987. d. T.

») §. 987. 988. d. T. “) §. 994 — 1000. d T. Auch die Mutter kann bi« auf den halben Pfiichttheil ent­ erben. S. hierüber Hinschiu« in der Anw.-Zeit. 1866. S. 665.

') §. 434 435. d. T. -) §. 436. Anh. §. 77. d. T.

hoben'). Die Trauer ist jetzt mit Rücksicht auf da» Herkommen dem Gefühl der Betheiligten überlaffen. Bon rechtlicher Wichtigkeit sind dagegen die Wirkungen auf da­ beiderseitige Vermögen, wenn die Ehe durch den Tod gelöst worden ist. E- treten dann Erbrechte de- Ueberlebenden an den Nachlaß und da- Bedürfniß hervor, den Nachlaß von dem Vermögen de» Ueberlebenden abzusondern. Bon den erbrechtlichen Ansprüchen der Ehegatten ist später zn handeln; hier ist nur zu erörtern, wie die beiderseitigen Bermögen»mafsen zu sondern sind. Diese Absonderung tritt ein, wenn die gesetzliche Erbfolge stattfindet und nicht letztwillige Anordnungen Andere» bestimmt haben 4), sie ist eine verschiedene, je nachdem während der Che Getrennt­ heit oder Gemeinschaft der Güter bestanden hat.

A. Absonderung bei getrenntem Güterrecht. An der Spitze steht der Grundsatz: dem Ehemann, desien Erben oder Gläubigern kommt die Vermuthung zu statten, daß da» Vorhandene zu seinem Vermögen ge­ höre **), d. h. er ist frei von dem Beweise, daß die einzelnen Stücke ihm gehören, e» muß die Frau oder deren Erbe nachweisen, daß und wa» von ihr eingebracht worden ist *). Daß im Konkurse über da» Vermögen, also auch über den Nachlaß de» Manne» diese Dewei-last der Frau noch er­ schwert worden, ist oben gezeigt'). Insbesondere ist hier daran zu er­ innern, daß den Gläubigern de» Manne» gegenüber die Quittung desselben über die Illation von der Frau al» Beweisurkunde nicht gebraucht wer­ den kann. Sie ist e» aber dem Manne und seinen Erben gegenüber. Nach römischem Recht wird bekanntlich dem vom Manne in der Heirats­ urkunde (pactum dotale) gegebenen Bekenntnisse der empfangenen Do» die gleiche Wirkung beigclegt, wie dem Bekenntniß eine» empfangenen Darlehn», d. h. es wird mit der querela non numeratae dotis ent« kräftigt, welche von der querela non numeratae pecuniae nur in den Fristen abweicht'). Die Redaktoren des A.8.R. haben diese Einrede wie beim Darlehn so auch in Betreff de» eingebrachten Ehevermögen» abgewiesen *). — Die Absonderung de» Nachlasse» und de» eigenthümlichen Vermögen» de» Ueberlebenden ferner setzt ein ordnungsmäßige» Verfahren voraus, welches den ganzen Stand de» eingebrachten Vermögen» in aktiver •) GS. S. 830. *) Enlfch. B. 8. S- 315 f.

’) §. 543. 544. d. T. •) Die Beweisführung wird einen oder andern Stücks hat nicht von vornherein mögen mit zu jpezifizirenT) Konk.-Ordn. §. 92.

aber natürlich erst nöthig, wenn die Zugehörigkeit des zum Vermögen der Frau streitig geworden. Letztere im Nachlaßinventarium des Mannes ihr eignes Ver­ Strieth. D. 10. S. 281.

Oben S. 536 fg.

•) Windscheid, Pandekten II. 451.

•) Oben B. 2. S. 242.

Die besonderen Privatrechte.

Zweit«» Buch.

558

und passiver Beziehung klar legt.

ES ist unzulässig, nur einzelne Theile

de- Vermögens herauszugreifen und ihre Aussonderung zu verlangen, weil

dann nicht ermittelt werden kann, ob früheren Rückempfang

nicht durch Gegenansprüche oder

einzelner Beträge oder Stücke der Anspruch auf

Absonderung beseitigt ist'").

Im Einzelnen wird nach folgenden Regeln

die Absonderung bewirkt: 1.

DaS vorbehaltene Vermögen nimmt die Frau oder deren

Erbe in dem Zustande, in welchem eS sich bei der Trennung der Ehe be­ findet.

Der Mann oder defien Erbe hat nur dann eine Vertretung für

Verlust und Schaden, wenn er entweder sich ohne oder wider Willen der Frau eine Verfügung über dasselbe angemaßt hat — und zwar wie ein

unredlicher Besitzer —, oder wenn die Frau eS ihm ganz oder theilweise

zur Verwaltung übergeben hat — und zwar in diesem Fall wie bei ein­

gebrachtem Vermögen "). Der Gesetzrevisor macht hier eine Unterschei­ dung, je nachdem die Frau dem Manne die Verwaltung des Vermögens in ihrem Interesse übertragen hat, wo er auS dem Vertrage nach den

allgemeinen Grundsätzen als Bevollmächtigter

oder Verwalter fremden

Vermögens haften soll, oder ihm die Verwaltung im eigenen Interesse für sich selbst von der Frau überlasten worden, wo die Regeln von der

Der §. 547 d. T. scheint

Vertretung des Eingebrachten eintreten “).

aber einer solchen Unterscheidung keinen Anhalt zu bieten, und auch Koch

verwirft sie *3).

Die Gläubiger deö Mannes haben dagegen nicht den

Anspruch, mit der Masse destelben in dem Falle, wenn der Mann nur beauftragter Verwalter für die Frau gewesen, so wie für Eingebrachtes

zu haften, vielmehr treten ihnen gegenüber die Ansprüche auf die strengere Vertretung eines Mandatars oder Verwalters, durchweg für mäßiges Versehen, hervor "). 2.

Das eingebrachte Vermögen,

a.

BaareS Geld wird zum

vollen Betrage zurückgegeben, mag es der Mann verwendet oder durch Zufall verloren haben "). Die Verpflichtung zum restituere tantundem

ist hier eine unbedingte nach dem Grundsatz genas nonperit16).

Zinsen

hat der Mann oder sein Erbe jedoch erst von dem Ablauf desjenigen

Vierteljahrs zu entrichten, in welchem der Tod erfolgt ist "). ") Entsch. B. 30. S. 113 sän) §. 545—547. d. T.

Der Mann vertritt also dilig. suis rebus coneuetam.

”) Motive zu §. 102—106. deS Entw. S. 252 f. ") Koch, Komment. Note 55 Abs. 2 zu §. 547.

") Bornemann V. 153. Note 2.

») §. 548. d. T. ,e) Koch, Note 56 zu § 548. d. T. Bergl. §. 121. I. 2. von Schmidt, Familienrecht. S. 203f.

Ohne Grund bestritten

17) §. 549. d. T- Diese Befiimmnng findet keine analoge Anwendung auf den Fall, wenn die Kinder ihr Vermögen vom väterlichen Nachlaß absondern und die Väter-

b. Bei auSgeliehenen eingebrachten Kapitalien wird unter­ schieden, ob die Ausleihung auf den Namen der Frau, oder auf den Namen des Manne- oder auf den Namen Beider erfolgt ist. In allen Fällen muß zwar festgestellt werden, daß da- Kapital au- eingebrachten Geldern der Frau herrührt, der Name, auf welchen e- geschrieben, ent­ scheidet darüber allein nicht"); aber wenn die Ausleihung eingebrachter Gelder auf den Namen der Frau geschehen und diese ausdrücklich, wenn auch nur außergerichtlich und mündlich in die Verleihung an einen bestimmten Schuldner eingewilligt hat, so empfängt sie nur da- Schuld­ instrument, wie wenn sie dieses eingebracht hatte "), sonst hat sie, wenn eine soche Einwilligung von ihr nicht ertheilt worden, die Wahl, entweder das Instrument anzunehmen, oder baare Rückzahlung zu fordern *°). Bei der Ausleihung auf den Namen der Frau ist ein mäßige» Versehen de» Mannes unter Berücksichtigung seiner persönlichen Fähigkeiten und Einsichten zu vertreten “). Ausleihungen eingebrachter Gelder auf den Namen des Mannes werden bei der Aussonderung wie baar einge­ brachtes Geld behandelt, das Kapital muß unbedingt baar restituirt wer­ den "). Sind eingebrachte Kapitalien auf den Namen Beider anSgcliehen, so gilt in Betreff deS Antheil- der Frau dasselbe, wie von Kapitalien, die auf ihren Namen allein auSgeliehen worden sind "). c. Von allen anderen beweglichen Sachen"), welche zum ge­ meinschaftlichen Gebrauch in der Ehe von der Frau hingegeben sind, auch wenn sie auS vorbehaltenem Vermögen angeschafft worden "), empfängt die Frau zurück, was noch vorhanden und was an die Stelle der einge­ brachten Stücke angeschafft worden "). Entschädigung für die nicht mehr vorhandenen oder verschlechterten Stücke wird nicht gewährt, wenn nicht die Vernichtung, Veräußerung oder Verschlechterung vom Manne vorsätz­ liche Gewalt schon vor dem Tode des Bater» aufgehört hatte. S. 218. Strieth. B. 49. S. 82. Bergt. §. 276. II. 2.

Entsch. B. 49.

") Entsch. B. 20. S. 250f.

") §. 551. 553. d. T. Gleiche» gilt von solchen Kapitalien der Frau, die der Mann während der Ehe eingezogen und auf ihren Namen wieder au-geliehen hat. §. 552. d. T. Arn-b. jurist. Monatsch. I. 682.

«) §. 550. 552. d. T.

*') §. 554. 555. d. T-

”) 8. 556. d. T. °) §. 557. 558. d. T. M) i>cr Ausdruck Mobilien

in §. 559

hat

offenbar

nicht den

engeren

Sinn in

§. 18. I. 2. ”) §. 562. d. T. ”) §. 559. 560. d. T- Hierbei wird davon ausgegangen, baß die Mobilien in der Ehe gebraucht und dabei abgenutzt worden sind. Ist dies nicht geschehen, der Ehemann hat sie vielmehr veräußert, so ist er in Höhe deS Kaufpreise- Schuldner der Frau. Strieth. B. 53. S. 138. Entsch. B. 51. S. 240 Die Surrogation entspricht den Grundsätzen in I. 2. §.38. I 21. §. 121.173. Ueber die Zurück­ nahme eingebrachter Mobilien im Fall de- Konkurse- s. oben S. 538.

560

Zweite« Buch. Die besonderen Privatrechte.

lich ober durch grobes Versehen herbeigesührt worden ”): denn eS ist, wie Suarez sagt, billig, daß wenn die Möbeln in der Ehe durch Gebrauch abgenutzt worden, die Frau qua domina den casum trägt *’). Deßhalb sollte zwar ursprünglich auch die Surrogation anSgeschloffen werden, man ist aber später davon zurückgetreten "). Sind die Mobilien zu einem an­ geschlagenen Werth inferirte gewesen, so wählt die Frau entweder die Rückgabe in Natur oder Zahlung de- Anschlag-werth-; wenn sie erstere vorzieht, so tritt der Werth nicht an die Stelle der nicht mehr vorhan­ denen oder abgenutzten Stücke, und verlangt sie den Werth, so wird von diesem nicht- für die fehlenden Stücke abgezogen 30). Hat die Frau die Mobilien dem Mann zu einem gewisten Preise verkauft, so wird bei der Absonderung nur der Kaufpreis gefordert"). d. Sehr eigenthümlich und völlig abweichend von damaliger Praxis und dem gemeinen Recht ist ") die Absonderung eingebrachter Grund­ stücke und Gerechtigkeiten normirt. Au- der ausführlichen Motivirung von Suarez33) ergiebt sich, daß NützlichkeitS- und BilligkeitSgründe ent­ scheidend gewesen, namentlich neben dem Bestreben, weitläufige Erörterungen über den früheren und gegenwärtigen Werth solcher Objekte abzuschneiden, auch der an sich sehr berechtigte Gedanke, den Mann nicht nm die Er­ folge seiner während der Ehe gut besorgten Bewirthschaftung zu bringen und diese allein den Erben der Frau zu Theil werden zu lassen. Leider ist nur auch hier eingetreten, daß die Billigkeit viel zu kasuistisch behandelt und dadurch wieder zur Unbilligkeit geworden ist •*). Nach dem Tode der Fran wählt der Man», ob er das Grund­ stück selbst behalten oder eS ihren Erben znrückgeben will'3). Behält er eS, so zahlt er den Anschlag, zu welchem es ihm inferirt worden"), an *’)

’•) *•) ••) •*) ")

“) ")

") M)

561. d. T. Der Nießbraucher hat für mäßige» Versehen einznstehen; von dieser Regel weicht §. 561. zu Gunsten der Manne« ab. Dergl. noch Strieth. B. 53. S- 138. Entsch B- 51. S. 240 (vorige Note). In der revisio monit. zum ungedruckten Entwurf. Bornemann V. 155. Bergt. Seussect V. 187. Bornemann a. a O$■ 564—569. d- T. Dos taxationis causa aestimata. §. 563. d. T- Dos venditionis causa aestimata. Da« gemeine R. kennt nur eine Zurückgabe de« fundus dotalis, wenn er nicht venditionis causa aestimatus dem Manne übergeben worden. Schlußreviston. Jahrb. B. 41. S- 120f. Bornemann V. 155s. bei d.t Bornemann V. 156. Die Unbilligkeit zeigt stch darin, daß die Erben unbe­ dingt an den Anschlag gebunden find, wahrend der überlebende Mann davon ab­ gehen kann, und diese Unbilligkeit wird besonder« deutlich, wenn die Kinder die Erben sind, und der Mann später zur zweiten Ehe schreitet. §. 570. d. T. Koch, Note 65 zu §.571. macht mit Recht darauf aufmerksam, daß wenn der Anschlag den Mann verbindlich machen soll, dieser mit ihm stch einverstanden et« klart haben muß, und daß eine solche Erklärung, wenn vor der Ehe abgegeben, der schriftlichen Form, wenn nach Abschluß der Ehe, der gerichtlichen Form nach

$. 2(1.

Di« Auslösung der Eh« durch den Tod.

561

den Nachlaß der Frau. Verbesserungen werden nicht weiter berücksichtigt, Verringerungen der Substanz berechtigen den Mann zu einem Abzug von dem Anschlag-prei-, wenn sie ohne sein mäßiges Versehen eingetreten sind. Während der Ehe dem eingebrachten Grundstück zugeschlagen« selb­ ständige Grundstücke oder Gerechtigkeiten werden nicht durch den An» schlagSpreiS gedeckt, sondern als besonders eingebracht behandelt"). — Fehlt eS dagegen an einem Anschläge, so setzen die Erben einen Werth und dann hat der Mann die Wahl, entweder diesen Werth zu zahlen, oder daS Grundstück aufzugeben"). Können sich die Erben über den zu setzenden Werth nicht einigen"), oder lasten sie ohne Erklärung über den Werth 6 Monate verstreichen, so wird von AmlSwegen") eine gericht­ liche Taxe ausgenommen und dem Manne vorgelegt, gegen welche die Erben nicht weiter Einwendungen erheben dürfen"). Giebt der Mann daS Grundstück zurück, so wird der gesetzte Werth bei der Theilung des Nachlasses, zu welchem er Miterbe ist, in Rechnung gebracht"). Mag nun der Mann das Grundstück für den ihm gesetzten Werth behalten oder eS den Erben der Frau zurückgeben, so bleiben ihm noch seine Ansprüche an den Nachlaß der Frau wegen Berbesternngen und Verwendungen, wie er andererseits dem Nachlaß die Verringerungen zu vertreten hat. Im Allgemeinen gelten von solcher Bergütigung und Vertretung die Grund­ sätze vom Nießbrauch"). Der Anspruch auS einer Verbesterung hängt also davon ab, daß die Frau in dieselbe eingewilligt hat, entweder in gerichtlicher Form, oder schriftlich unter Zuziehung eine- ihrer nächsten Verwandten oder eine- wirthschaftSkundigen Beistandes"). Hat die Frau 8- 198f. b. T- bedarf. Die Annahme nach dem Anschläge aufzufasse». Strieth. 8. 51. L. 165.

") §. 571. 601. 608. b. T.

ist

nicht als Kauf

”) §. 572. 575. 578. b. T.

") Da« Gesetz verlangt also Einstimmigkeit der Erben über den Werth. Bergl. Entsch. 8. 20. S . 261. B. 49. S. 198. Strieth. v. 1. S. 135. B. 20. S. 275, unb Koch, Note 67 zu §. 577. *•) Da« heißt wohl auf Antrag be« Manne«?

*') §• 577. 579. 580. b. T. Diese gerichtliche Taxe kann nicht burch eine Taxe ersetzt werben, welche bie Erben zu ihrer Jnsormation (6. 575. b. haben aufnehmen lassen. Entsch. B. 49. ©. 193. Strieth. B. 25. S. 166. 8. 50. S. 15. ") §. 574. b. T. **) § 609. 586. 595. b. T. Wenn Suarez bei der Schlußrevision (Zahrb. 8 41. S. 124) sagt, daß e» auf Meliorationea nicht ankomme. wenn bie Erben einen Werth setzen, weil alsbann bie Derbesferungen unter biesem pro statu praesenti bestimmten Werlhe schon mitbegriffen |inb, so ist bie« unverfiänblich. Wenn der Mann für ben von den Erben gesetzten Werth ba« Grundstück annimmt, so be­ zahlt er ja ben Erben ba» verbesserte Grundstück, er muß also noch seinen An­ spruch au» der Verwendung haben. Dasselbe gilt, wenn er be« Grundstück beit Erben für beit Werth läßt, weil bieser Werth bei. der Erbtheilung zwischen ihm unb ben Erben maßgebenb ist. So weit er an bem Nachlaß al« Erbe Theil nimmt, erhalt er nur zu biesem Theil seine Bergütigung. Da« A.L.R giebt ihm daher auch in beiben Fällen ben Anspruch auf Ersatz ber Verwendungen.

") 8- 587. b T.

Oben S. 313.

Förster, Preuß. Prioalrecht. III. r. Aust.

36

Zweite« Buch.

562

Die besonderen Privattechte.

ihre Einwilligung versagt, so muß sie vom vormundschaftlichen Gericht ergänzt worden sein, wenn

der

Mann Ersatzanspruch

machen

will").

Der Mann liquidlrt ferner die Verwendung aus eigenen Mitteln, (d. h.

über den Betrag des

Nießbrauchs) für die Erhaltung oder für die Be­

freiung des Grundstücks von Kapitalien

und dinglichen Vasten4*).

Ver­

besserungen, die in einer dem Manne zugewendeten landesherrlichen Gnade ihren Ursprung haben, werden ihm nach den Regeln vom redlichen

Hat er Grundstücke oder Gerechtigkeiten, die früher von

Besitz vergütigt").

dem eingebrachten Gute getrennt worden, zurückerworben, so werden ihm die Kosten dafür ersetzt; hat er ohne Einwilligung der Frau neue Grund­ stücke oder Gerechtigkeiten zugekauft, so hat er die Wahl, ob er sie zurück­ nehmen oder an den Nachlaß abzeben will, und der Erbe der Frau muß

ihm hit letzteren Fall den wahren Werth der Pertinenz für sich ohne Rücksicht auf ihre Verbindung mit dem inferirten Gut ersetzen4*). Hat der Mann Pertinenzien

des Gutes

mit Einwilligung feiner Frau ver­

äußert, so erhält deren Erbe den dafür gelösten Preis4'); hat er sie ohne

Einwilligung der Frau veräußert, so kann deren Erbe sie entweder vom dritten Besitzer vindiziren, und, wenn er sie von diesem einlösen muß,

diesen Betrag vom Manne fordern oder gleich ihren wahren Werth von Letzterem verlangen, soweit nicht daraus eine in den Nutzen der Frau

geschehene Verwendung oder eine in ihrem Nachlaß noch wirklich vorhan­ dene Bereicherung eine Gegenforderung begründet"). Nach dem Tode

des Mannes verlangt die Frau entweder den

bei der Jnferirung angeschlagenen Werth, oder sie nimmt daS Grundstück in Natur zurück").

Ihre Ersatzpflicht gegen den Nachlaß des Mannes

wegen dessen Verbesserungen oder ihr Anspruch an diesen Nachlaß wegen Verringerungen werden ebenso beurtheilt, wie wenn der Mann ihrem Erben bei der Absonderung gegenübersteht"). Wird daS Grundstück der Frau oder deren Erben zurückgegeben,

so

ist eS in dem Zustand zu gewähren, in welchem eS sich znr Zeit der ge«•) §. 588. d. T. «) §. 589. 590. d. T.

") s. 59 t. d. T.

Hierzu Koch, Note 74.

") §. 592—594. d. T. Koch macht hierzu Note 75 die Bemerkung, daß eine vom Manne dem Grundstück der Fran vielleicht mit großen Opfern erworbene sehr nützliche Grundgerechtigkeit, ohne Verbindung mit dem Gute gedacht, werthloS sei. Die dem Gute erworbene Grundgerechtigkeit ist aber keine Pertinenz, sondern eine Recht-eigenschaft de- Gute- und deren Werth erhöht den Werth de- Gutes. §. 594. hat hierauf keine Beziehung. Oben B. 1. S. 109. Note 40. ") §. 596. d. T.

••) §. 597. 598. d. T. Die §§. 599. 600. bestimmen für den Fall, daß der dritte Besitzer nach der Vindikation der Frau sich an den Mann oder dessen Nachlaß hält DaS Prinzip ist, daß die Frau oder deren Erben sich nicht zum Nachtheil de- Mannes oder dessen NachlaffeS unbillig bereichern sollen. ") §. 581. 582. d. T.

") §. 586. 595. d. T.

§. 911.

Die Auflösung der LH« durch btn Tod.

563

trennten Ehe befunden"). Zugleich muß da» gesetzliche Zubehör, bei Landgütern also da» nöthige todte und lebende Inventarium znrückgewLhrt werden, und ergeben sich an diesem Derbesterungen oder Berringerungen, so entscheiden wegen Dergütigung oder Ersatz dieselben Regeln, wie in Betreff de» Grundstück» selbst"). e. Der Nießbrauch de» Manne» hört mit dem Tode eine» der Ehegatten auf"). Die Auseinandersetzung geschieht wie bei dem gewöhn­ lichen Nießbrauch mit zwei geringen Modifikationen: au» den Einkünften de» Sterbejahr» müssen auch die Zinsen solcher giltigen Kapital-schulden der Frau, welche nicht auf ihrem Grundstück haften, und zu deren Be­ richtigung die Einkünfte de» übrigen eingebrachten Bermögen» nicht hin­ reichen, bezahlt werden"), und dem überlebenden Ehegatten muß bi» zum Ablauf de» nächsten Quartal» nach demjenigen, in welchem der Todesfall sich ereignet hat, in dem vorhandenen Hause die bisherige Wohnung gelaffen werden"). B. Absonderung bei bestandener Gütergemeinschaft. Der Tod eine- Ehegatten endigt die Gütergemeinschaft; die in dem lübischen Recht, in der pommerschen Bauerordnung und einzelnen westphätischen Lokalrechten geltende fortgesetzte Gemeinschaft (communio prorogata) de­ ll verlebenden Ehegatten mit den Kindern ist im A.L.R. nicht ausgenommen"). Bi» zur Abschichtung ist da» Recht-verhältniß dastelbe wie bei der zufälli­ gen Gemeinschaft (communio incidens), d. h. der überlebende Ehegatte und die Erben de- Verstorbenen sind Miteigenthümer der ehelichen Dermögen-masse ohne die eigenthümlichen Wirkungen der ehelichen Güterge« ") §. 585. d. T. ") 8.611—613. d.T.

**) $. 616. b. T.

“) s- 614. b. $.

Bergt, hierzu Koch, Note 81.

«) 8. 617. b. T.

••) 8. 634. b. T. Entsch. B. 22. S. 251. Strieth. v. 4. S. 190. B. 25. ®. 133. Gruchot IX. 241. Auch wenn bie Mutter mit btn Kindern in btt Gemein­ schaft bleibt, 8- 410. II. 18., wirb das Recht-verhältniß doch nur nach §. 634. b.T beurtheilt. Borneman« VI. 232. Witte, preuß Jntestaterbrecht S. 103f. Koch, Pr.-R. B. 2. S. 591 Note 4. Entsch. B-58. S. 259. Die Entscheidung der Gesetzkommission v. 17. April 1805 hatte das Gegentheil angenommen. Bei beerbter Ehe bleibt nach lüb. R die Wittwe mit den Kindern in der Gemein­ schaft auf Gedeih und Berberb. Lüb. R. II. 2. Art. 2. 3 6. 8. Me viua, comm. II. 2 art. 2 nr. 5. art. 8. nr. 6. 32 s. Provinz-Recht für Neuvorpommern und Rügen, B. 6. S. 143. § 207. Nach der in Neuvorpommern herrschenden Ob­ servanz wird in diesem Fall keine Vormundschaft über die Kinder eingeleitet. Das. 8-208. S. 144. Bornemann, Recht-fälle. S- 2. Auch die pommersche Bauerordnnng v. 30. Dezbr. 1764. IV. §. 2. hat die fortgesetzte Gemeinschaft. Entsch. B. 21. S. 470. B. 40. S 193. v. 58. S. 253 Strieth. B. 65. S. 158sg Die Eigenthümlichkeit der communio prorogata besteht entweder darin, daß die Berwallung und Verfügung über da- bisher gemeinschaftliche Vermögen in der Hand dev überlebenden Ehegatten sich vereinigen (Konsolidation-theorie); oder e- gelangen die Kinder sofort in da» Miteigenthum und dem überlebenden Ehegatten gebührt nur Verwaltung und Nießbrauch am Ganzen. Z. B. Entsch. B. 26 S. 126. 171. v. 58. S. 264.

Zweite« Buch.

564

meinschaft").

Dir besondere« Pridatrechtr.

Zwar bleibt der überlebende Ehegatte noch in Besitz und

Verwaltung, aber er muß nunmehr darüber Rechnung legen — sofern

ihm nicht auch ferner der Nießbrauch am Ganzen gebührt'"). Der spätere Er­

werb auS Erbschaften, Vermächtnissen, Geschenken und Glück-fällen und überhaupt, waS der Ueberlebende ohne Rücksicht ans den Besitz der Masse nach dem Todesfall erwirbt, wird nicht mehr gemeinsam"); auch die spä­ teren Schulden sind nicht mehr gemeinsame"), die Antheile der Einzelnen

sind nicht mehr unveräußerlich und nicht mehr durch da- eheliche Verhält­

niß zugedeckt.

Dor allen Dingen muß festgestellt werden, was gemein­

schaftliches Vermögen gewesen, weil das nicht gemeinschaftliche der gemei­

nen Erbfolge anheimfällt").

Dann wird der Antheil des Gestorbenen an

dem gemeinschaftlichen Vermöge» als Nachlaß abgesondert, d. h. dasselbe

wird halbirt").

Nun ist weiter zu unterscheiden, ob der Verstorbene außer

seinem Ehegatten noch Descendenz hinterläßt.

Ist die- der Fall und die

Descendenz noch nicht abgefunden, so erhält diese die eine Hälfte deS gemeinschaftlich gewesenen Vermögens, mit dem Voraus der zum persön­

lichen Gebrauch des Verstorbenen bestimmt gewesenen Kleider, Betten und Leibwäsche, der Ehegatte die andere Hälfte mit dem Voraus der ihm per­ sönlich nöthigen Kleider, Betten und Leibwäsche").

Abgefundene Kin­

der können auf die Nachlaßhälfte keinen Anspruch mehr machen").

Sie

werden aber in der Konkurrenz mit Seitenverwandten ersten Grades d. h. mit Geschwistern und Geschwisterkindern bei der Berechnung der Antheile

der letzteren an der Nachlaßhälfte berücksichtigt, indem der dann auf die ab­ gefundenen Kinder fallende Antheil dem überlebenden Ehegatten verbleibt. Konkurrirt

der

überlebende Ehegatte mit

Ascendenten

oder Seitenver­

wandten des Verstorbenen bis zum 6. Grade voller oder halber Geburt, so nimmt er die eine Hälfte, die andere ist der vererbliche Nachlaß und

auch an diesem behält der überlebende Ehegatte, soweit er daraus nicht

sein Erbtheil und den für etwa vorhandene abzefundene Kinder berechneten Antheil empfängt, den lebenslänglichen Nießbrauch, so daß den konkurriren-

den Verwandten erst nach dessen Tode die Erbtheile ausgeantwortet werden"). ••) §.653. d. T.

*•) §. 656. 657. d. T.

"

§. 658-660. d. T.

«) 8- 66 t. d. T. ••) §. 635. 636. d. T Bei einer Gemeinschaft de« Erwerb« wird da« beiderseitige Sondervermögen getrennt und der Erwerb dann halbirt. §. 662—664. d. TDie Redaktoren haben über die Erbfolge bei der Gütergemeinschaft eine „Theorie au« freier Hand" gebildet. Suarez, Jahrb. B. 41. S. 125.

“) §. 637. 638. d. T. **) §. 639-641. d. T. Ueber da« Vorau« der Wittwe nach ostpreußischem Provinzialrecht s. Entsch. B. 58. S. 278.

••) Ueber den Abfindung-vertrag, der im Erbrecht näher zu erörtern sein wird, vergl. Krantz bei Gruchot II. 55 f.

•’) §. 642—646.622. d. T-

Da» gilt nur, wenn nicht testamentarische Anordnungen

§. 311.

Dir Auflösung der Ehe durch den Lod.

565

Wie aber wird daS gemeinschaftliche Vermögen halbirt? Die zum täglichen Hausgebrauch bestimmten Mobilien werden taxirt und der überlebende Ehegatte wählt, ob er sie gegen die Taxe behalten oder nach Maßgabe derselben zwischen sich und den Erben theilen lasten will"); alle übrigen Mobilien werden ebenfalls nach seiner Wahl entweder in Natur vertheilt oder öffentlich verkauft"). Im Fall der Naturaltheilung legen die Erben die Theile und der Ehegatte wählt. Die dabei den ersteren zufallenden Stücke werden ihnen sofort ausgeantwortet"). Die Theilung der Immobilien geschieht so, daß die Erben, wenn nicht schon ein maßgebender Anschlag vorliegt, eine Taxe setzen, welche gerichtlich ans« genommen werden muß, wenn sich unter ihnen Minderjährige befinden"), und daß der Ehegatte wählt, ob er daS Grundstück für diese Taxe nehmen oder den Erben überlassen will"). Eine singuläre, auS der Praxis einiger anders bestimmt haben, und der überlebende Ehegatte nicht aus dem Testament die Erbschaft angenommen hat. Entsch. B. 8 S. 315 fg. Ueber daS Verhältniß des §. 644. d. T, welcher die abgefundenen Kinder den Seitenverwandten gleich­ stellt, zu den §. 373. 374 H. 2 , welche den abgefundenen Kindern allen Anspruch auf den Nachlaß des verstorbenen ParenS absprechen, hat man viel gestritten. S. Ergänz, zu § 644 Die Frage gehört ins Erbrecht, denn es handelt sich darum, ob das abgefundene Kind an der Hälfte des gütergemeinschaftlichen Vermögens, welche Nachlaß geworden, noch erben kann. DaS kann es nicht, sondern was eS sonst nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge erhalten würde, bleibt dem über­ lebenden ParenS. Koch, Note 96 zu §• 644 d. T-, bezieht diesen §. auf den Fall, wo der überlebende Ehegatte nur mit abgefundeuen, die §§. 373 374. II. 2. auf den, wo er mit abgefundenen und nicht abgefundenen Kindern konkurrirt. Davon sagt aber daS Gesetz nichts. Ebensowenig kann Krantz (bei Gruchot III. 55 f.) beigestimmt werden, der 8. 644. auf den Fall bezieht, daß die Abfin­ dung nicht zu Gunsten des überlebenden Ehegatten, sondern zu Gunsten anderer Personen geschehen sei; denn auch hiervon enthält der §. nichts. Es ist in der That ein Widerspruch vorhanden, der nur dadurch beseitigt werden kann, daß die §. 373. 374. II. 2. als die entscheidenden, §. 644 d. T. aber als inhaltlos an­ genommen wird. Wie Bornemann VI. 246 aus den Materialien nachweist, ist er überhaupt nur in Folge eines Versehen- stehen geblieben. Abgefundene Kinder erhalten dem Überlebenden Ehegatten gegenüber aus der Nachlaßhälfte nichts. Fällt von dieser dann % an Geschwister (s. g. Seitenverwandte 1. Gra­ des), so nehmen zwar an diesen 3/s die abgefundenen Kinder wie Geschwister Theil, d. h sie treten bei der Berechnung über die Vertheilung der */, der Zahl der Geschwister zu, aber waS für sie berechnet wird, fällt an den überlebenden Ehe­ gatten. Hiernach kann 8- 644., wenn man ihm eine Bedeutung retten will, nur den Sinn haben zu verhüten, daß die Geschwister einen Vorzug vor abgefundenen Kindern erlangen. Sie sollen ihnen nur glrichstehen. Hiernach ist oben der Text redigirt. ••) §. 649. d. T.

") §. 650. d. T-

,0) I. 651. 652. d. T. n) Entsch. B. 11. S. 333.

Strieth B. 5. S. 327. B. 12. S. 75.

n) §. 648 d. T. DaS Wahlrecht hat der überlebende Ehegatte auch den noch unab­ gefundenen Kindern gegenüber, wenn nicht provinzielle und statutarische Rechte etwas Anderes bestimmen. Entsch. B- 6. S- 325 f. Der §. 576. II. 18. findet hier keine Anwendung. Präj. 1532. Samml. I. S. 146. Wenn der überlebende Ehegatte die Annahme des Grundstücks wählt, so bedarf der Erbe, der mit sei­ ner Frau in Gütergemeinschaft lebt, nicht der Genehmigung der letzteren zur Ueberlaffung des Grundstücks an den Wittwer, weil es noch nicht ein Bestand­ theil des gemeinschaftlichen Vermögens geworden. Entsch. B. 58. S. 248.

schlesischen Stift-gerichte hervorgegangene, nunmehr aber durch die Ge­ setzgebung gemeinrechtlich gewordene Vorschrift ist der Anh. §. 79."), nach welchem dem überlebenden Vater, der sich mit seinen minder­ jährigen Linder auseinandersetzen will, das auf seinen Namen ein­ getragene Grundstück gegen den Erwerbspreis ohne gerichtliche Taxe und Subhastation überlasten werden kann, er sich aber gefallen lasten muß, daß in das Grundbuch Abth. III. der Vermerk eingetragen wird"): daß bei einem höheren Verkaufe des Grundstücks die Differenz der gemeinschaftlichen Masse zuwachse. Diese Bestimmung ist, wie in der Regel willkürlich erfundene Rechtssätze, in vielfacher Hinsicht kontrovers. Zunächst schon entscheidet sie nicht den naheliegenden Zweifel, ob der spätere höhere Preis nur im Verhältniß zum Annahmepreis berechnet, oder ob auf inzwischen eingetretene Verbesserungen des Gutes, bieder Vater selbst durch seine Sorgfalt nnd Mühwaltung herbeigeführt hat, Rücksicht genommen werden soll. Dieser Zweifel ist von der Praxis noch nicht beantwortet worden, und dies zeigt deutlich, daß das Reservat eine Seltenheit geblieben, daß für diese Singularität ein Bedürfniß nicht vor­ handen ist. Theoretisch kann nur angenommen werden, daß der Werth solcher Verbesserungen, die der Vater nach Eintragung des Vermerks be­ wirkt hat, von dem höheren Verkaufspreis in Abzug gebracht werden muß, weil der Anspruch der Kinder an diesen Preis nur auf den Zustand des Grundstücks sich beziehen läßt, den es zur Zeit der Annahme deS Vaters hatte"). Die Verbesserung deS Substanz- oder NutzungSwerthS wird berechnet nach den Grundsätzen des redlichen Besitzes; Verbesserungen, die schon während der Ehe eingetreten, und Verschlechterungen während und nach aufgelöster Ehe finden keine Berücksichtigung"). Im Uebrigen ist noch folgendes über die praktische Anwendung dieses abnormen Ge­ setzes zu bemerken. ES wird durch dasselbe dem Vater eine Begünstigung zugewendet, indem ihm möglich gemacht werden soll, sich auf dem Grund­ stück zu halten, weil dies auch seinen Kindern indirekt zum Vortheil ge­ reicht. Die Begünstigung steht daher nur dem Vater für seine Pern) Entnommen au« dem Reskr. v. 1. April 1799. Rabe V. 394. Löwenberg, Materialien de« Anh. B. 2. S. 48. 119. Arndt« und Leonhard, BormundschaftSrecht B. 122. Krantz bei Gruchot IIl. 353f. Klingberg in der Abth. der schles. Gescllsch. f. vaterl. Kultur. 1862. H. 2. S- 23 fg. der die Entstehungs­ geschichte ausführlich mittheilt. Die Ansicht von Schmidt, Familienr. S. 374, daß der Anh. ?• nur provinzialrcchtliche Geltung habe, ist offenbar unhaltbar. Entsch. B. 20. S. 274.

M) E» ist nicht mehr kontrovers, daß der Vermerk in die 3- Abtheilung gehört. Die Praxi, steht fest. Entsch. B- 20. S. 276. B- 24. S-122. Klingberg S. 41. Rach tz. 24. de» Ges. über den EigrnthumSerwerb muß im Eintragungsvermerk ein höchster Betrag angegeben werden. »’) Krantz S. 358.

Klingberg S. 34,

»ergl. Entsch. V.64. S. 178.

’*) Ueber die Berechnung f. Klingberg S. 35. Die Ansicht von Krantz S-358 weicht ab. Bergl. noch Lewy bei Behrend, Zeitschr. B. 6. S. 596.

$. 211.

Dir Auflösung der Ehe durch den Tod.

567

son zu, nicht der überlebenden Mutter"), nicht den Erben de» Vater», wenn dieser nicht bei Lebzeiten da- Grundstück verkauft hat"). Auch können die Kinder keine Rechte au» dem Reservat erheben, wenn nach dem Tode de» Vater» da» Grundstück zum Zweck der Erbtheilung höher veräußert wird"). ES steht dem Vater nur zu gegenüber „seinen min­ derjährigen Kindern", also weder gegenüber Stiefkindern, noch wenn min­ derjährige mit großjährigen Kindern fonfurrirtn60). E» bezieht sich nur auf Grundstücke, die z. Zeit der Konstituirung de» Reservat» „auf den Namen de» Vater»" eingetragen sind, also auf selche, die er schon vor der Ehe und zwar allein besessen hat, nicht auf solche, an denen er nur ein Miteigenthum gehabt, nicht auf die von der Frau in die Gütergemein­ schaft eingebrachten oder während der Ehe erworbenen*'). Die Begün­ stigung „kann" dem Vater zugestanden werden, er hat kein erzwingbare» Recht darauf, daß sie ihm zugestanden werde; e» hängt vielmehr von dem Ermessen de» Theilung-kurator» der minderjährigen Kinder und de» vor­ mundschaftlichen Gericht» ab, sie zu bewilligen oder zu versagen*'). Die Kinder haben au» dem Reservat ein Recht nur dann, wenn bei Lebzeiten de» Vater» da» Grundstück „verkauft" wird, sei e» freiwillig vom Vater oder im Wege der Expropriation oder Subhastation"). Im letzteren Fall entsteht die schwierige Frage, ob der Anspruch au» dem Reservat den hinterher eingetragenen Hypotheken vor- oder nachsteht. Da» Ober­ tribunal hat letztere» angenommen"), und, obschon die Eintragung de» Re­ servat» die Natur einer bedingten Hypothek hat, die an der Stelle ihrer Eintragung Befriedigung erhalten müßte, so spricht doch entscheidend für die Ansicht de» Obertribunal-, daß von einem Mehrerlös, der der gemein­ schaftlichen Maffe zuwachsen soll, erst nach Befriedigung aller Realansprvche die Rede sein kann, und daß der Vater durch die Eintragung de» Reservat» an der Disposition über da» Grundstück in keiner Weise ge­ hindert ist**). Wie die Kinder nicht widersprechen dürfen, wenn der Vater da» Grundstück ander» al» kaufsweise, oder unter dem Annahme­ preise veräußert, oder e» verschlechtert, so müssen sie sich auch die spätere Schuldenbelastung gefallen lasten. Dagegen wird dem Vater gegen­ über die spätere Schuldenbelastung de» Grundstücks dem höheren Kauf77) 7«) ”) ®°)

Reskr. v. 2. Juni 1834. Jahrb. B. 43. S- 454. Enlsch. B. 11 S- 339. Klingberg S.27f. Entsch. B. 19. S. 486. B. 20. S. 276. B. 45. S. 213. Klingberg S. 29f. Klingberg S. 27. An die Stelle der Kinder treten die Enkel. §. 40. 41.

°') Klingberg S. 28. 31 f. Entsch. B. 20. S. 274. Strieth. 8.7. S-163. B. 12. S. 83. Krantz S. 354f. Klingberg S-27. 83) Klingberg S. 31. Ueber Parzellirungen s. das. S- 33. M) Entsch. 8. 41. S. 225 Klingberg S. 37. ®5) A. M. ist hier Klingberg S. 38fg.

568

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

preis zugerechnet"). Verglichen werden der Erwerbs- und der Ver­ kaufspreis, beide müssen also in bestimmten Summen bestehen, der erstere ist nicht nothwendig auch ein Kaufpreis"). Naturalnebenleistungen wer­ den nicht in Betracht gezogen"); dagegen müssen die Ablösungskapitalien oder Renten, welche dem Vater während seines Alleinbesitzes nach aufge­ löster Ehe zugefallen, dem Verkaufspreis zugerechnet werden"). Da» Reservat der Kinder erster Ehe geht unbedingt einem solchen der Kinder zweiter Che vor und auch die zweite Ehefrau muß eS sich gefallen lassen"). Gegen den dritten Käufer des Grundstücks, welcher das Kaufgeld schuldig geblieben ist, kann der Anspruch auS dem Reservat erst dann geltend ge­ macht werden, wenn er durch eine nachträgliche Auseinandersetzung mit dem Vater auf eine bestimmte Summe festgestellt worden ist, denn der Vater kann möglicher Weise Kompensationsansprüche gegen die Kinder haben, die da» Reservat verkleinern"). DaS Reservat erlischt und e» muß von den Kindern die LöschnngSeinwilligung ertheilt werden, wenn e» verwirklicht worden, sodann wenn bis zum Tode des Vaters daö Grund­ stück nicht verkauft worden, oder wenn er eS unter dem ErwerbSprei» oder durch ein anderes Rechtsgeschäft veräußert hat, und wenn bei dem Verkauf zu einem höheren Preise nach Befriedigung aller RealglSubiger nichts übrig bleibt"). DaS Gesetz bewährt die alte Erfahrung, daß Billigkeitsmotive ohne Rechtsprinzipien immer zu Unbilligkeiten führen, nach beiden Seiten. Dem Vater entstehen leicht Härten, wenn ihm die später eingetretenen zufälligen Wertherhöhungen entrissen werden, wenn ihm zugemuthet werden soll, die durch eigene Arbeit bewirkten Verbesse­ rungen weitläufigen und zweifelhaften Ermittelungen auSznsetzen; den Kindern erster Ehe entstehen Härten, wenn sie auf ihren Antheil an dem vielleicht sehr niedrigen ErwerbSprei» verwiesen bleiben, und sie den spä­ teren höheren Werth, wenn da» Grundstück nicht verkauft wird, mit der zweiten Ehefrau und den Kindern zweiter Ehe theilen müssen. So kann denn dem Urtheil KlingbergS nur beigetreten werden, daß da» Gesetz der Doktrin durchaus fernstehe, und mit dem Shstem der ehelichen Güter­ gemeinschaft und der AbschichtungStheorie überall in schroffen Widerspruch trete"). Wird außerhalb der Gütergemeinschaft, der Mutter oder zu Gunsten dritter Personen ein solche» Reservat vertragsmäßig einge«) ,T) ««) «») *>) 91) ”) M)

Entsch. v. 48. S. 219 fg. Alingberg S. 28. A- M Krantz S- 355. Krantz S. 355. Entsch. B. 39. S. 182 Strieth. B. 29. S, 335. Klingberg S. 33. Entsch. B- 24. S. 118. Klingberg S. 40. Klingberg S. 40s. 42. bei Nr. 3. Klingberg S. 43. Koch, Note 3 zum Anh. §. 79.

räumt, so versteht sich von selbst, daß auf ein solche- Recht-verhältniß der Anh. §. 79, der ein bestimmt begrenzte- Gebiet hat, keine Anwendung findet, sondern der Bertrag die allein entscheidende Norm ist").

Dritter Abschnitt. Die Auflösung der Ehe durch Scheidung. §. 212. ALR

II. 1

S- 171 f.

§■ «SS-722.

Die ScheiduugSgründe.

Bornemann V. S-161fg.

Schmidt S- 393fg

Aochll.594s.

«Kitzler,

Jacobson S. S74f.

ES ziemt nicht, in einem Werke, welche- das geltende Privatrecht erörtern soll, die Lehre von den Gründen, au- welchen eine Ehe geschie­ den werden varf, vom Standpunkt der Kirche.oder de- allgemeinen bür­ gerlichen Wohles zu untersuchen und zu kritisiren. Da- muß den kirchen­ rechtlichen Darstellungen überlassen bleiben'). Daher möge nur die Be­ merkung vorau-geschickt werden, daß die Vorschriften de- A.L.R. über die Scheidung-gründe, welche sich an die älteren deö Edikt- v. 17. November 1782 anschließen, diese aber zum Theil noch durch Verallgemeinerung der Kategorien erweitert haben'), die Ehescheidung zu sehr erleichtern, insofern sie nicht allein die Verschuldungen der Ehegatten, durch welche die Ehe in ihrem Wesen vernichtet wird, sondern auch da- während der Ehe eingetretene Unglück und selbst die Willkür zum Au-gang-punkt nehmen. Eine an sich giltige') Ehe kann durch richterlichen Au-spruch getrennt werden; die- darf aber nur au- sehr erheblichen Ursachen stattfinden'). Al-solche sind bezeichnet: 1. Ehebruch, welchem unnatürliche Laster und ein solcher unerlaubter Umgang gleichstehen, welcher nicht bloß einen Verdacht, sondern die dringende Vermuthung der Verletzung der ehelichen Treue begründet'). Die- letztere ist besonder- der Fall, wenn dem be»•) Strieth- v. 7. S- 163.

Eatsch. 8. 45. S. 213.

') Jacobson a. a. O- S. 579f.

Klingberg S. 41.

Richter, Kirchcnrecht § 269. 4. A- S. 576.

') S. hierüber Jacobson S. 575f. Bornemann V. S. 161 fg. Snarez, Schlußvortr. S. 125. *) Darum kann die Ehescheidungsklage nicht mit der Nichtigkeitsklage verbunden werden. Glück B. 4. §. 284 c. ) §. 691. d. T. “) §. 689. d T. §. 67. der Verordnung. ”) §. 693. d. T.

572

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

abgewartet und statt der Scheidung muß die Todeserklärung beantragt werden"). — 3. Halsstarrige und fortdauernde Versagung der ehelichen Pflicht"). AuS dem Wort Versagung folgt nicht, daß der andere Ehegatte, insbesondere die Frau zur Leistung vergeblich aufgefordert haben muß"). Der Versagung steht gleich, wenn der eine Ehegatte bei oder nach der Beiwohnung sich vorsätzlich so beträgt, daß ihr Zweck vereitelt wird"). — 4. Gänzliches und unheilbares Unvermögen zur Leistung der ehelichen Pflicht, gleichviel ob es während der Ehe, ver­ schuldet oder unverschuldet entstanden ist"). Natürlich kann nicht deßhalb auf Scheidung geklagt werden, wenn das Unvermögen die Folge des er­ reichten höheren Alters ist"). Unheilbare und ekelhafte Gebrechen, wenn sie die Erfüllung der Zwecke des Ehestandes verhindern"). — 5. Rase­ rei und Wahnsinn, aber nicht Blödsinn"), wenn sie länger als ein Jahr dauern und Wahrscheinlichkeit der Heilung nicht vorhanden ist"). Die Berechnung deS Jahres kann nur so verstanden werden, daß vom Tage der Älaganstellung rückwärts die Geisteskrankheit ein Jahr lang vorhanden gewesen"). Die Ansicht des Obertribunals, daß der kranke Ehegatte erst durch Urtheil für wahnsinnig oder rasend erklärt sein müsse, ehe auf Scheidung geklagt werden darf"), rechtfertigt sich nicht aus den Worten des Gesetzes. — 6. Nachstellung nach dem Leben, möge dieselbe in Thätlichkeiten, welche Leben und Gesundheit gefährden, oder in boshafter Unverträglichkeit und Zanksucht mit gleicher Gefahr sich äußern"). ’’) § 692. d. T**) § 694. d. T. Präj. 156. Sam ml. I S. 152. Ob die Versagung halsstarrig und fortdauernd ist, hat da« richterliche Ermessen zu beurtheile». S. Ergänz. Beispiel: Strieth. B. 4 S. 207. Rechtspr. B-1 S- 399. Entsch. B. 18. S. 534. Eeuffert XVII. 56. ») Lutsch. B. 22. S. 38 41. Strieth. B. 3. S. 259. Schles. Arch. B. 2. S. 568. ") §. 695. d. T.

Rechtspr. B 1

S- 399.

**) §. 696. d- T. Suarez, rev. mon. Jahrb. B. 52. S. 49. Unfruchtbarkeit der Frau ist nicht nothwendig Unvermögen zur Leistung der ehel. Pflicht. Ueber die Beweiskraft de« Geständnisse« der Impotenz entscheidet §. 40. der Verordnung v. 28. Juni 1844. **) Präj. 935. S I. S. 152.

*•) §• 697. d. T- Ekel erregend« Unreinlichkeit ist kein Gebrechen. Reslr. v. 9. Dez. 1837 s. Ergänz. Wenn da« Gebrechen nicht verschuldet ist, so kann der Beklagte auch nicht für den schuldigen Theil erklärt werden. Entsch. v. 62. S. 160. *) Präj. 138. Sammt. I. 152. Strieth. B 10. S. 296. ") §. 698. d. T. Seusfert II. 195. V. 295. VII. 58. , wenn sie diese nicht zur Beur­ kundung in Anspruch nehmen. Die» ist dann ein Akt der freiwilligen Gerichts­ barkeit. Streiten sich dann die Eheleute über einzelne Punkte und kann sie der Richter der 11. Abth. nicht au-gleichen, so muß der Prozeßrichter sie entscheiden und da kann e» genügen, die vor dem Ersteren stattgefundenen Verhandlungen dem Letzteren zum weiteren Verfahren mitzutheilen, aber man wird den Parteien doch nicht versagen dürfen, eine förmliche Klage einzureichen und nochmal» voll­ ständigen Schriftwechsel einlreten zu lasten. Wird die Pflicht zur Absonderung überhaupt bestritten, so kann btt Richter der II. Abth. gar nicht» thu», sondern die Parteien müsse» mit förmlicher Klage zum Prozeßrichter gehen. Dergl. auch die Abhandlung: über die Funktionen der Richter und über ihre Kompetenz, wenn bei Nachlaßregulirungen nnd Dermögen»au»einandersetzungen Streitpunkte zur Entscheidung vor den Prozeßrichter gelangen, von einem praktischen Juristen. BreSlau 1858. Förster, Kl. und Einr. S. 250sg. *) §. 751. 752. d T. «) §. 753. d. T. •) §. 754. d. T.

de» einen, oder erhellt sonst, daß der Erbschatz hauptsächlich zu Gunsten de» einen Ehegatten gegeben werden, so wird dieser Eigenthümer de» Ganzen, der andere Nießbraucher an der Hälfte'). — b. Ein Theil ist für schuldig er Härt. Die Absonderung erfolgt auch hier wie im Fall de» Tode», indem dir Begünstigungen de» überlebenden Ehegatten gegen­ über den Erben, insbesondere da» Wahlrecht, dem unschuldigen Theil bei« gelegt werden, die Taxe aber gerichtlich ausgenommen werden muß'). Dieser kann ferner die empfangenen Brautgeschenke behalten, die gegebenen zurückfordern, Schenkungen während der Ehe wegen Undankbarkeit wider­ rufen'). Die von Dritten den Eheleuten ohne Hervorhebung de» einen gemachten Schenkungen werden al» gemeinschaftliche betrachtet'). Wegen HochzeitSkesten hat kein Theil einen Erstattungsanspruch"). An einem Erbschatz behält der unschuldige den Nießbrauch mit der subsidiären Ver­ pflichtung, davon zur Erziehung und Verpflegung der Kinder beizutragen, denen da» Eigenthum anfällt. Bei kinderloser Ehe gewinnt der Besteller die freie Verfügung; lebt er zur Zeit der Scheidung nicht mehr, so fällt der Erbschatz an den unschuldigen Ehegatten und wenn er dem schuldigen bestellt worden war, so können ihn zwar die Erben de» Besteller» zu­ rückfordern, aber der Nießbrauch bleibt dem unschuldigen"). — c. Der Nießbrauch de» Manne» endigt in jedem Fall (a. b.) mit dem Tage der Publikation (nicht Insinuation) de» ScheidungSurtheil»"), und zwar mit der Publikation de» Urtheils derjenigen Instanz, welche zuerst die Scheidung ausgesprochen hat, wenn der für schuldig erklärte Mann ein unbegründetes Rechtsmittel eingelegt hat und in den späteren In­ stanzen Bestätigung erfolgt ist"). In der Zwischenzeit bi» zur Rechts­ kraft kann die Frau da» eingebrachte Grundstück entweder in eigene Ver­ waltung nehmen, oder auf Kosten de» Manne« einen gemeinschaftlichen Verwalter bestellen lassen"). B. Absonderung bei bestandener Gütergemeinschaft, welche mit der Rechtskraft de» ScheidungSurtheil» endigt"), a. Kein ') §. 761-765. d. T. *) §. 766—768. d. T. Da» Wahlrecht des unschuldige» Ehemanne» ist dadurch nicht gehindert, daß da» Grundstück der Ehefrau wahrend der Ehe dem Nießbrauch eine» Dritten unterworfen war, sich mithin im Nießbrauch de» Ehemanne» nicht befunden hat. Entsch. B. 69. S. 106. •) §. 773-775. d. T. ’) §. 776. d. T. ") §. 777. d. S ") 778-782 d. T. ") §. 769. d T. S. oben §. 214. Note 1, unten 8- 219. Note 20. Entsch. D. 45. S. 209. B. 57. S- 178. Nicht erst mit dem Tage der Purificatoria. Entsch. B. 66. S. 142. *’) §. 770. 771. d- T- Es ist keine unberechtigte Einlegung de» Recht-mittel», wenn der der Scheidung widersprechende Theil appellirt hat. Entsch. B. 44. S. 163. Strieth. B. 38. S. 277. “) § 772. d. T. Die Au-einandersetzung erfolgt aber nach Maßgabe der §§■ 170. 171. I. 21. Eotsch. D. 66. S. 143f. “) Strieth. B. 7. S. 120. Entsch. v. 42. S. 219.

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Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Theil ist überwiegend schuldig. Jeder Theil nimmt in Natur zu­ rück, waS er in die Che gebracht, oder während derselben durch Erb­ schaften, Vermächtnisse, Geschenke oder GlückSfälle erworben"); was dann übrig bleibt, oder wovon nicht nachweisbar ist, welcher der Ehegatten eS eingebracht, wird als gemeinschaftlich gleich getheilt"). Rechte der Gläu­ biger auf das Gemeinschaftsvermögen werden dadurch nicht verkürzt"). Wenn die Ehe wegen Geisteskrankheit oder unverschuldet eingetretener körperlicher Gebrechen geschieden worden, so muß der andere Theil für die standeSmäßig nothdürftige Verpflegung deS kranken nach seinem Ver­ mögen und Kräften sorgen"), b. Der eine Theil ist schuldig er­ klärt. Der unschuldige Theil hat die Wahl, ob er nach gleichen Grund­ sätzen daS eigene Vermögen abscndern, oder die Hälfte des gemeinschaft­ lichen mit dem Voraus an Kleidern, Betten und Leibwäsche nehmen will"). Der Werth der Grundstücke wird durch eine gerichtliche Taxe ermittelt, und der Unschuldige hat die Wahl, ob er daS Gut für die Taxe nehmen oder dem andern lassen will, auch darf er Privatversteigerung zwischen sich und dem schuldigen Theil verlangen"). Bei der Berechnung deS gemein­ schaftlichen Vermögen» kommen nur diejenigen Schulden in Abzug, die vor Anmeldung der Scheidungsklage entstanden sind"). Der Anspruch auf Absonderung mit den Begünstigungen deS un­ schuldigen Theils wird vererblich, wenn letzterer nach fruchtlos angestelltem Sühneversuch gestorben ist. Seine Erben sind berechtigt, zu diesem Zweck *•) 8 755. d- T. Ueber die Entstehung dieser §?. 755-758- Bornemann V. 219. Auch hier setzt die Ermittelung de« ein gebrachten Bermögen» eine vollständige Klarlegung de« beiderseitigen Bermögen» durch Inventur voraus. Dabei ist da» eingebrachte Bermögen eine Schuld der gemeinschaftlichen Masse. Erk. de» OberTribunal« in der jurist. Wochenschr. 1842. S. 677. Koch, Note 94 zu §. 755. Entsch. B. 16. S. 233. Recht-fälle B. 3. S. 245. Strieth. B. 46. S. 122. Eingebracht ist auch ein Grundstück, welche» vor der Ehe durch mündlichen Dertrag und Ueberzabe erworben. Entsch. B- 47. S 264. Eingebracht ist ferner ein Grundstück, welche» der Ehemann in Folge Auseinandersetzung mit seinen Kindern erster Ehe al» Alleineigenthum übernommen hat, auch wenn der Erd­ rezeß erst nach Abschluß der zweiten Ehe zu Stande gekommen ist. Entsch. B. 66. S. 129. Um ein Berni ögensstück in Natur zurückzunehmen, muß die Jllation wahrend der Ehe oder die lukrative Erwerb-art durch Erbschaft, Legat, Geschenk, Glück-fall bewiesen werden. Strieth. B. 66. S. 271.

") 8 755. 756. d. T. Auch der Erwerb bei der besonderen Gütergemeinschaft wird gleich getheilt. §. 822. d- T. Strieth. B. 45. S- 228

••) 8- 757. d. T. Darum bedarf e» auch nicht einer besonderen Berücksichtigung der Schulden bei der Bermögen«s»nderung, Entsch. B. 42. S. 245, aber sie kann, wenn e» der eine Ehegatte verlangt, erfolgen. Entsch. B. 50. S. 300. Strieth. B. 52. S. 195. ") 8- 759. 760. d. T- Bornemann V. 226. ”) 8. 811.812. d. T. »*) 8- 817-819. d. T. ”) §. 820. d. TDieser §. berührt aber nicht die Rechte der Gläubiger, sondern regelt nur da« Verhältniß der Eheleute unter einander. Jurist. Wochenschr. 1840. S. 179. Präs. 704. Sammt. I. S-158.

die Scheidungsklage weiter zu verfolgen"). Bei Gütergemeinschaft haben sie die Wahl zwischen der Absonderung und der Hälfte"). C. Abfindung bei getrenntem Güterrecht. Die Abfindung tritt an die Stelle der künftigen Erbfolge"), sie ist ein persönlicher An­ spruch des unschuldigen Ehegatten auf einen Theil deS Vermögens de» schuldigen, und setzt voran-, daß da- beiderseitige Vermögen thatsächlich gesondert worden"). Der unschuldige Ehegatte erhält ’/4 vom Vermögen deS schuldigen, wenn die Ehe wegen grober, ’/„ wenn sie wegen minder schwerer Vergehungen geschieden worden"). DaS Vermögen wird gericht­ lich taxirt, außer Berechnung bleiben solche Objekte, welche der freien Veräußerung nicht unterworfen sind (z. B. Lehne, Fideikommisse), und abgerechnet werden die zur Zeit der Anmeldung der Scheidungsklage vor­ handen gewesenen Schulden"). Haben die Ehegatten die gegenseitige Erbfolge durch Verträge bestimmt, so kommt eS darauf an, ob der ver­ tragsmäßige Erbansprnch größer oder geringer ist, als der gesetzliche, und ob Kinder vorhanden sind, oder nicht. Sind Kinder vorhanden, so muß der unschuldige Ehegatte sich mit dem geringeren Betrage begnügen; sind Kinder nicht vorhanden, so kann er den höheren Betrag wählen, niemals aber über 7* von der Substanz oder dem Nießbrauch deS Vermögen- deSchuldigen"). Statt der Abfindung kann die unschuldige Frau eine stande-mäßige, nach Verhältniß des Gewerbes oder der sonstigen Einnahmen des Mannes zu berechnende und durch ihre zweite Ehe nicht wegfallende Verpflegung bis an ihren Tod verlangen"). Bei der Berechnung dieser Verpflegungs­ gelder werden der Frau die eigenen Einkünfte aus dem von ihr zurückge*•) §. 827—829. d. T. Präj. 89. Sammt. 1.159. Auch die Erben de- für schuldig erklärten Theils können wegen ihre» Bermögen-intercffe bei der Absonderung den Prozeß sortsetzen. Entsch. B. 34. S. 235. «) §.831. d. T. ”) §. 783. d. T. Es wird dabei angenommen, daß der Tag der Rechtskraft de» Scheidung-urtheil» der Tode»tag sei. §. 784. Das an diesem Tage vorhandene Vermögen de» Schuldigen ist also für die Abfindung da» maßgebende. Strieth. B. 42. S. 107. Bergt, das. S. 93 und Entsch. B 45. S. 206. B. 46. S. 327. Zögrrung»zinsen von der Scheidung-strafe beginnen aber erst an dem Tage, wo die Summe derselben sestgestellt ist. S. Koch, Note 5a. zu §. 784 gegen die Ansicht de» O.-Trib. welche» ihren Laus vom Tage der Recht-kraft al» dem fingirten Tode-tage beginnen läßt. “) Strieth. B. 67. S. 127. ") §. 785. 786. d. T. Da» */, ist neu. Da» gemeine R. kennt nur die Quart. Bei gegenseitigen Verschuldungen ist nur der überwiegend Schuldige zur Zahlung der Abfindung verpflichtet. Vesetzrev. Pens. XVI. S. 425. ") §• 787—791. d. T. ”) tz. 792—797. d. T. Diese Vorschriften sollen nur zum Vortheil de» Unschuldigen gereichen, er ist also im Fall der Scheidung nicht mehr an den Erbvertrag ge­ bunden. Recht-fälle B. 3. S. 398s. Bergt. Bornemann V. 221s., wo au»sührlich di« Entstehungsgeschichte dieser §§. mitgetheilt ist. ") §. 798. 799. 805. d. T. Auch dieser Anspruch setzt die Sonderung de» beider­ seitigen Vermögen» voran». Strieth. B- 2. S. 289. Seusfert Xll. 40.

nommenen eingebrachten") Vermögen und der ihr zugefallene Nießbrauch am Erbschatz angerechnet"). Spätere Verbesserung der Vermögen-ver­ hältnisse de- Mannes giebt keinen Anspruch ans Erhöhung der Derpflegung-gclder, aber auf bessere Sicherstellung derselben"). Eine Aenderung der von der Frau getroffenen Wahl der BerpflegungSgelder ist unzu­ lässig"). Wenn aber bei dem Tode des Mannes so wenig Nachlaß vor­ handen ist, daß die BerpflegungSgelder die Hälfte seines Ertrages über­ steigen, so ist sie berechtigt, die ferneren Zahlungen derselben fallen zu lasten, und die gesetzliche Abfindung zu verlangen, bei deren Berechnung die bisher gezahlten Verpflegung-gelder ihr nicht angerechnet werden, und der Vermögen-bestand de- Manne- zur Zeit der Scheidung oder zur Zeit seine- Tode- zn Grunde gelegt wird, je nachdem der eine oder andere der geringere ist"). — Der unschuldige Mann hat ein gleiche- Recht auf Verpflegung statt der Abfindung nur dann, wenn er durch Alter, Krankheit oder andere Unglück-fälle außer Stande ist, sich selbst den Unterhalt zu verdienen"). D. Abfindung bei bestandener Gütergemeinschaft. Hat der unschuldige Ehegatte die Absonderung gewählt, so erhält er die Ab­ findung nach den bei C. entwickelten Grundsätzen"). Hat er die Hälfte de- Vermögens genommen, so empfängt er keine weitere Abfindung"). Verträge über die künftige Abfindung für den Fall der Eheschei­ dung sind zwar al« gegen die guten Sitten verstoßend ungiltig"), auch sollen außergerichtliche Verträge, in welchen der unschuldige Ehegatte auf seine gesetzliche Abfindung verzichtet, unverbindlich sein, aber gestattet ist e- den Eheleuten, unbeschadet der Rechte der Kinder und Gläubiger, wenn die Pflicht zur Abfindung eingetreten ist, dieselbe vertragsmäßig anf bestimmte Summen oder Sachen festznsetzen"). ") Präj. 1168. Sammt I. 158.

") 8 801. d. T.

”) §. 803. d. T. Da« setzt voraus, daß der Ehemann z Z. der Feststellung der Alimente noch gar keinen Ansprnch auf die spätere Verbesserung seine« Vermögen­ hatte. Präj. 361. Sammt. I. 158. Spätere Verschlechterung de- Vermögen- de» Manne» ist einflußlos. Reskr. v. 26. März 1834 in den Ergänz zu $. 803. d. T.

••) §. 804. d. T. Umgekehrt aber kann die Frau, wenn ihr auf ihren Antrag die Kapitalabfindung zugesprochen worden, nachträglich statt dieser Verpflegung-gelder fordern. Präj. 687. Sammt 1. S. 157. Unwiderruflich wird die Wahl der

Äapitalabfindung erst, wenn diese ihrem Betrage nach Bornemann V. 224 fg Gesetzrev. XVI. 439. »») §. 806 - 808 d T.

festgesetzt

worden

ist.

") 8 809. 810. d. T-

”) 8.811.812. d- TBergl. über die Frage, ob, wenn die Abfindung gewählt worden, der unschuldige Theil berechtigt ist, die vom schuldigen in die Ehe ge­ brachten Grundstücke zu übernehmen, oder ob nur deren Taxwerth in Berechnung zu bringen ist, Voigt in der Anw.-Zeit. 1863. S- 245, der sich mit Recht für die zweite Alternative entscheidet.

»•) 8- 813. 814. d. T. ") Enssch. «.29. S. 373.

Strieth. B-14. S. 341.

Seusfert III. 332.

Die Klage auf Abfindung kann mit der Scheidungsklage verbunden, aber auch nach erfolgter Scheidung auf Grund des rechtskräftigen Erkenntnisics besonders angestellt werden"), sie ist nicht vererblich. Wenn schon bei Lebzeiten deS unschuldigen Ehegatten ihm die Abfindung zuerkannt worden ist, und da- Erkenntniß auch erst nach seinem Tode rechtskräftig wird, so können sie die Erben fordern"). Ebenso die beim Tode noch rückständigen BerpfleguugSgelder"). Passiv vererblich ist der Abfindung»» anspruch und er darf durch letztwillige Verfügungen deS schuldigen Theil» nicht beeinträchtigtet werden"). E. Hat der schuldige Theil kein Vermögen, au» welchem Abfindung oder Verpflegung-gelder gewährt werden können, so soll gegen ihn auf Antrag de» unschuldigen auf eine Freiheitsstrafe von 14 Tagen bi» 3 Monate vom Ehegericht erkannt werden").

Viertes Kapitel.

Eheähnliche Verhältnisse.

§. 216. I. Die Ehe zur linken Hand. A.LR

II.

§- 835—932.

Borneman»

V. 259.

Koch,

Priv. -R. II.

S- 606.

Schmidt. 8- 56. S. 421.

DaS Institut der Ehe zur linken Hand ist dem praktischen Rechts­ leben fremd geblieben; es verdankt seine Aufnahme in das Gesetzbuch einem wunderlichen Borurtheil von Suarez, an welchem er trotz viel­ facher Einwürfe festhielt. Er meinte, daß durch diese Form der Ehe einerseits unehelichem Geschlechtsverkehr, andererseits einer Ehelosigkeit vorgebeugt werden könnte, die eine Folge der Schwierigkeit sei, bei den 4I) §. 830. d T. Strieth. B. 41. S. 168 (wenn die Entscheidung noch von einem Reinigung-eide abhängt). Auch wenn die Publikation de- Scheidung-urtheil- auf 1 Jahr au-gesetzt worden und der schuldige Ehegatte vor der Publikation ge­ storben ist. Entsch. B. 17. S- 507.

") Koch, Anleit, zur gerichtl. Praxis. D- 1. (Klagen u. Einreden.) S. 1149 s. In Entsch. B. 37. S. 218. strieth. B- 30. S 6. ist die Separatklage zugelaffen, nachdem sie in einem früheren Fall bei Strieth. B. 30. S. 1. versagt worden war. Die Voraussetzung bildet immer, daß im Scheidung-urtheil über die Schuld­ srage ausdrücklich erkannt worden, denn über diese kann außerhalb de- ScheidungSprozeffe- nicht mehr verhandelt werden, und daß in letzterem die Partei nicht auf die Ehescheidung-strafe verzichtet hat. Entsch. B. 49. S. 202. In der gemeinrechtlichen Praxis ist die besondere Einklagung der Ehescheidungsstrafe bejahet von Jena bei Seuffert XXIII. 259.

") §. 832. d. T. 44) §.833. d. T.

Bornemann V. 226.

48) §.823. d. T. Gesetzrevisor XVI. S. 446 f. Die Strafe hat die Nattkr einer Privatstrafe, e- kann also nur auf sie erkannt werden, wenn e- beantragt wor­ den ist.

gesteigerten Bedürfnissen de» LebenS eine Frau standeSmaßig zu unter­ halten'). Da da» Institut keine praktische Anwendung gefunden, so be­ darf e» hier nur kurzer Bemerkungen zu seiner Charakterisirung. Nach gemeinem deutschen Recht ist die morganatische Ehe nur dem hohen Adel gestattet. Im A.L.R. ist dagegen eine solche Ehe mit landes­ herrlicher Genehmigung — die auch schon da» ältere preußische Recht er­ fordert hatte') — Männern höheren Geburt-stande» mit Frauen niederen Stande» möglich. Die Ehe ist kirchlich vcllgiltig, e» gelten bei ihr die­ selben Ehehindernisie, sie wird symbolisch zur linken Hand vollzogen. Bürgerlich unterscheidet sie sich von der vollen Ehe dadurch, daß die Frau nicht Theil hat am höheren Stande de» Manne», nicht in seine Familie eintritt. Die BermögenSverhältniffe müssen durch einen Ver­ trag festgestellt werden. Die Frau bleibt freie Eigenthümerin und Ver­ walterin ihre» Vermögen», e» wird nicht dem Manne eingebracht, er hat an ihm nicht den Nießbrauch. Gütergemeinschaft darf nicht verabredet werden. Bei der Aufhebung einer solchen Ehe wird kein gegenseitige» Erbrecht begründet, die Frau erhält nur die vertragsmäßige Abfindung, welche sie, wenn sie bei der Scheidung für den schuldigen Theil erklärt wird, einbüßt, und welche, wenn der Mann der schuldige Theil ist, ihr verdoppelt gegeben werden muß.

§. 217. II. Der außereheliche Geschlechtsverkehr. Gesetz v. 24. April 1854 (GS. S. 193).

A.LR. II. 1. §• 1015—1119 gehoben. S. 424f.

Durch diese- sind die Bestimmungen de-

mit Au-nahme de- noch giltigen Anh. §.84. auf­

Koch, Priv.«R. II. @.610.

Gitzler, Eherecht. S. 151.

Schmidt

Frieden-burg, die Lehre von den rechtlichen Folgen der außerehelichen

Schwängerung. 1854.



Glück, G. 28

S. 183.

stellung der Rechte geschwächter Frauenspersonen-

verhältnisse aus der außerehel.

Busch, theoret-prakt. Dar­

Gett, über die Rechts­

1828.

Geschlecht-gemeinschaft.

1836.

v.

Kräwel,

Pflichten de- unehel. BaterS, im Archiv f. civil. Praxis, B. 50. S. 341 fg

die

(Kritik

de- bestehenden Rechts), u- A, namentlich ausführlich auch Holzschuher, Theorie und Kasuistik. 3. A. B. 1. §. 481 fg.

AuS der Thatsache des außerehelichen Geschlechtsverkehr- entspringen zwei verschiedene Ansprüche, einer für die Geschwächte auf Entschädigung'), der andere für da- Kind auf Unterhalt, beide gegen den Schwängerer •) Ueber die Entstehungsgeschichte s. Bornemann V.259.

') Konstitution v. 15. Dezbr. 1694. B. 13. S. 7.

C. C. M. I. Abth. 2. Nr. 85. S. 117.

Rabe

l) Hje gemeinrechtliche Praxis hat zuweilen der Geschwächten um ihrer Ehre willen eine Präjudizialklage auf Anerkennung der unehel. Vaterschaft gegeben, ohne gleich­ zeitige Klage ans Entschädigung. Für und wider bei Seusfert II. 55. Dapreuß R. kennt eine solche Klage nicht.

§. 217.

Der außereheliche Geschlecht-verkehr.

587

gerichtet. Hier ist nur der erstere zu erörtern. Man hat in neuerer Zeit diesen Anspruch au» einem Delikt hergeleitet, jedoch mit vollem Un­ recht. Es kommt bei ihm weder auf eine Arglist oder ein Verschulden deS Mannes noch auf dessen Zurechnung-fähigkeit an, wie dies bei einem Delikt nothwendig wäre, vielmehr liegt hier einer von dep Fällen vor, von denen die Römer so bezeichnend sagen ex re venit obligatio**). Da» Gesetz knüpft an die Thatsache der Schwängerung auS Gründen der Bil­ ligkeit einen obligatorischen Anspruch*). Nur freilich wird eS Aufgabe der Gesetzgebung sein, die Billigkeit in den nöthigen engen Grenzen zu halten. Da» war bei der Redaktion de» A.L.R. nicht beachtet worden, weil man damals auch von dem Gedanken ausging, man müsse dem KindeSmord möglichst vorbeugen*). Enger dagegen sind nunmehr durch da» Gesetz vom 24. April 1854, welche» die Bestimmungen de» A.L.R. aufgehoben hat*), die Grenzen für diesen Anspruch gezogen, und nach ihm ist jetzt Folgendepraktische» Recht. Die EntschSdigungöfordernng einer geschwächten Frauensperson an ihren Schwängerer ist im Allgemeinen daran gebunden, daß der Frauens­ person nicht ein besonders verwerfliches unsittliche- Verhalten zur Last fällt, und daß nicht Umstände vorliegen, welche die Schwächung durch den in Anspruch genommenen Mann von vornherein unsicher machen. Deßhalb haben Frauen, welche zur Zeit de- außerehelichen Beischlaf- und während der ganzen Konzeptionszeit verheiratet waren, gar kein Klage­ recht'), unverheiratete Personen aber nur dann, wenn sie in der Kon» zeptionözeit nicht auch mit anderen Männern den Beischlaf vollzogen *) Glück B. 1. §. 2. a. E.

Seusfert VI. 47.

’) Oben B. 1 S. 398 (Note 6). Vangerow I. §. 260. Anm. 1. Heerwart im Arch. f. civil Praxi«. B. 14. S. 437 fg. Seuffert IV. Nr. 255. VL Nr. 47. Entsch. B. 18. S. 43 fg. Die Frage wird zwar in diese» Schriften und Erkennt­ nissen nur in Beziehung auf den Anspruch de» unehelichen Kinde» an seinen Er­ zeuger erörtert, wobei allerdings noch auffallender klar wird, daß ein Delikt oder Ouasidelikt nicht die Grundlage sein kann; aber auch der Anspruch der Ge­ schwächten läßt sich durchaus nicht aus diesen Gesichtspunkt zurückführen, wenig­ sten» nicht in den Fällen freiwilliger Hingabe. Dagegen tritt wieder der Delikts­ theorie bei Kräwel a a. O. S. 360. — Der Zustand der Schwängerung, welcher die Entschädigung-obligation erzeugt, ist nur dann vorhanden, wenn au» dem Beischlaf die Geburt oder die Fehlgeburt eine» Kinde» erfolgt', nicht aber bann, wenn der Geschwächten eine f. g. Mole, d. h. eine der menschliche» Bil­ dung entbehrende Masse abgeht. Entsch. B-58. S. 291. Strieth. v. 67. S. 185. ') Suarez, Schlußvortr. S. 130.

Kräwel a. a. O. S. 344.

•) 8- 22. M Ges. ') 8- 9. de» Ges., a- Ans. wenn die Geschwächte sich nach der Konzeption-zeit mit einem Andern verheiratet, so verliert sie nicht ihr Klagerecht. Entsch. B- 32. S. 96. Strieth. B. 20. S. 317. B. 42. S. 104. V. 48. S. 260. v. 66. S. 114. b. Auch gemeinrechtlich wird einer Ehefrau da- Klagerecht gegen den außerehel- Schwängerer versagt wegen der Regel pater eet, quem naptiae demoustrant, die nur von dem Ehemann beseitigt werden kann. Seuffert II. 296. V. 292. VI. 46. X. 54. XVII. 50.

588

Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

habens und nicht in dieser Zeit") in geschlechtlicher Beziehung bescholten gewesen sind"). Der Schwerpunkt des ganzen Gesetze- liegt daher in §. 9'0). Die KenzeptionSzeit ist der Zeitraum vom 285. bi- 210. Tage vor der Entbindung, d. h. vor der vollendeten Trennung de- Kinde- von der Mutter"). Ein kürzerer Zwischenraum genügt nur dann, wenn die Beschaffenheit der Frucht nach dem Urtheil Sachverständiger mit der Zeit de- Beischlafs übereinstimmt"). Der Tag der Vollziehung de- Bei­ schlafs wird in die Frist nicht eingerechnet"). Daß die Frauensperson sich auch mit anderen Personen geschlechtlich eingelassen, hat der beklagte Schwängerer zu beweisen und wenn die Einrede auch gewiß in der Weise substanziirt werden muß, daß bestimmte andere Männer namentlich an­ gegeben werden, so folgt daran- doch nicht die Nothwendigkeit, die Namen dieser Manner in die Norm de- Eide- aufzunehmen, der demnächst der *) §. 9. des Ges. Nr. 1. *) Strieth. v. 23. S. 338.

•) §. 9. des Ges. Nr. 2. le) Entsch. B. 44. S. 179. Das zeigt sich darin, daß alle in §. 1—7. des Ges. be­ zeichneten Entschädigungen wegfallen sollen, wenn der Klägerin eine- derjenigen Verhältnisse entgegensteht, die in §. 9. aufgeführt sind. Also auch eine genoth­ züchtigte Person (Entsch. a. a- £).), eine durch Vorspiegelungen Verleitete, eine im bewußt- und willenlosen Zustand Geschwängerte kann nichts fordern, wenn ihr ein Umstand aus §. 9. entgegengesetzt werden kann. Dasselbe gilt von den in §. 6. erwähnten Personen. Dagegen bat daS O.-Trib. angenommen, daß in Be­ treff der im Brautstand Geschwängerten §. 5. den §. 9. ausschließe (Entsch. B. 47. S. 271. Strieth. B. 44. S. 289), nicht also der eine neben dem andern gelte. So wahr eS nun auch sein mag daß nicht immer ein der Braut gegebenes Ge­ schenk nach §. 9. Nr. 2. a. zu beurtheilen ist, wenn sie dem Verlobten den Beischlaf gestattet, dies vielmehr immer nur thatsächlich im einzelnen Fall entschieden wer­ den kann (— im vorliegenden Fall sprach freilich Alles dafür, das Geschenk nach §. 9. Nr. 2. a zu beurtheile» —), so kann doch nicht als allgemeiner Satz aus­ gestellt werden, daß sich der beklagte Verlobte nicht auf §. 8. einredeweise zurück ziehen darf, da dieser doch auch auf Fälle sich bezieht, die nicht gerade unter § 5. Nr. 1. gehören. Eine im Sinn des §. 9. Nr. 2. beschotterte Person soll auch dann keinen Anspruch haben, wenn sie von ihrem Verlobten geschwängert worden ist, und außerdem — waS aus dem Brautstand speziell folgt — nicht, wenn ihr aus §. 5. eine Einrede entgegengesetzt werden kann. n) §. 15. des Gef. DaS OAG. München hält es für genügend, wenn der EntbindungSakt vor Ablauf des 285. Tages begonnen hat, wennauch die Vollendung der Geburt erst einige Tage später erfolgt. Bl. f. RechtSanw. D. 1. S. 159. In der preuß. Praxis ist das Gegentheil angenommen. Jur. Wochenschr. 1841. S. 777. 779. Bornemann V. 314. Entsch. B. 30. S. 140. Die durch die Vollziehung des Beischlafs in der Konzeptionszeit, welche das Fundament der Klage bildet (Strieth. B. 52. S. 192), begründete Vermuthung, daß die Ge­ burt aus dieser Beiwohnung entstanden, darf durch Gegenbeweis nicht wider­ legt werden Jurist. Wochenschr. 1846. S. 348. Strieth. B. 37. S. 70. Ueber die Beweisführung durch Eideszuschiebung s. unten bei Note 46. — Nach gemeinem Recht der 300.—182. Tag. Strieth. B. 50. S. 194. B. 54. S. 47 Seuffert X. 170. XV. 98. XVII. 115. XVIII. 108. 109.

”) Vorausgesetzt, daß Klägerin nicht auch mit anderen Männern sich eingelaffen hat. Entsch. B. 50. S 324. Strieth. B. 50. S. 252. Koch, Note 31. zu §. 15. des Ges. Ueber einen längeren Zeitraum s. Seuffert XIII. 123. ") Präj. 772. Samml. l. S. 180.

Strieth. B. 58. S. 313.

i 217.

Der außereheliche Geschlechtsverkehr.

589

Klägerin darüber zuerkannt wird **). Den Begriff der geschlechtlichen Bescholtenheit hat daS Gesetz an bestimmte Thatsachen, jedoch nur bei­ spielsweise '•) geknüpft; a. wenn für die Gestattung des Beischlafs Be­ zahlung in Gelde oder in Geschenken angenommen worden "). ES ist gleichgiltig, ob die Bezahlung vor oder nach der Gestattung deS Bei­ schlaf» *7), ob sie bei diesem Fall vom Beklagten, oder ob sie von einem anderen Manne, dem man sich auch hingezeben, geleistet worden "); da­ gegen muß feststehen, daß daS Geld oder Geschenk für die Hingebung» alS Entgelt dafür, angenommen worden ist *’). DaS ist eine thatsächliche Frage im einzelnen Fall und wird z. B. oft nicht anzunehmen sein, wenn eine im Brautstand geschwängerte Person von ihrem Verlobten während deS Brautstandes Geschenke empfängt'"). b. Wenn die Frauensperson wegen unzüchtigen Lebenswandels berüchtigt ist"). Die Berüchtigung selbst ist eine auS anderen Thatsachen hervorgehende Thatsache, welche erwiesen werden kann, ohne daß der Beweis jener Thatsachen gelingt, auS der sie hervorgeht “). Daß der schlechte Ruf auf Verleumdungen und falschen Annahmen beruht, hat die Klägerin zu beweisen "). c. Wen» die Klägerin schon früher außer der Ehe von einem anderen Manne alS dem gegenwärtig Beklagten geschwängert worden ist"). ES kommt hier nur auf die frühere außereheliche Schwächung an, ohne Unterschei­ dung, ob die Frauensperson mit ihrem damaligen Schwängerer verlobt war oder ihn später geheiratet hat "). Von dem Beklagten ist zu be­ weisen, daß die ältere Schwängerung durch einen anderen Mann ge­ schehen; es ist eine unrichtige, von der Praxis gebilligte") Bertheilung der Bcweislast, wonach der Beklagte nur die Thatsache früherer Schwän­ gerung zu beweisen braucht, der Klägerin aber der Beweis, daß auch da­ mals der Beklagte ihr Schwängerer gewesen, auferlegt wird. Dagegen '*) Bergt. Strieth. B. 35. S. 14. mit B. 43. S. 72. “) Das Gesetz sagt „insbesondere." Bergt. Strieth B. 44. S. 294. B. 34. S. 210 B 39 S. 29. Spätere Besserung des Lebenswandel» ist einflußlos. Das. B. 51. S. 246. '•) 8 9. Nr. 2. a. de» Ges. ") Strieth. B. 25. S. 54. '•) Strieth. B. 22. S. 238. B. 25. S. 54. v. 45 S. 324. Entsch. B. 57. S. 220.

") Sntsch. B. 48. S. 223.

Strieth. B. 33. S. 199. ®. 58 S. 313.

*") Entsch. B. 44. S. 179. — obgleich grade hier zweifelhaft erscheint, ob nicht trotz de» Brautstande» dennoch da» Geschenk al» für die Gestattung de» Beischlaf» ge­ geben hätte erachtet werden müssen. Borher Note 10. ferner Entsch. B. 47. S. 271. ’•) §. 9 Nr. 2. b.

**) Strieth. B. 51 S. 248. ” S- vorige Note

“) § 9. Nr. 2. c de« Ges. ") Entsch. B. 38. S. 178. B. 50. S. 317. Strieth. B. 43. S. 90. B. 49. S. 193. B. 56. S. 106. ") Entsch. B- 43. S. 207. Strieth. B. 38. S. 153.

Zweite« Buch.

590

Die besonderen Privatrechte.

spricht entscheidend, daß der excipirende Beklagte den ganzen Thatbestand

der Einrede zu

beweisen hat"),

d.

Wenn

sich die Klägerin

früher

eines Ehebruchs schuldig gemacht hat "), und zwar mag sie selbst damals

Ehefrau oder ihr Schwangerer Ehemann sein ").

und

ihr dies

bekannt gewesen

Ist dagegen nur die Schwängerung, aus welcher geklagt wird,

von einem Ehemann bewirkt, so ist an- diesem Grunde die Einrede der Bescholtenheit

nicht gegeben ’°)

Ob die

frühere ehebrecherische Schwä­

chung von dem jetzigen Beklagten oder einem anderen Manne herrührte,

begründet keinen Unterschied ").

e. Wenn die Klägerin ihren angeblichen

Schwängerer, der jünger als sie und noch nicht 20 Jahr alt war, zum

hat").

Zu beweisen ist das Alter und die Berfüh-

rung "). Der Anspruch einer

unverheirateten und nach Vorstehendem unbe­

Beischlaf verführt

scholtenen Frauensperson ist unter bestimmten Voraussetzungen von ver­

schiedenem vierte

Umfange.

Theil

vcm

Das

höchste Maß,

Vermögen des

d. h. als Absonderung

SchwängererS,

der

außerdem Ersatz der

Niederkunft-- und Taufkosten, standeSmäßige Verpflegung in der Wochen­

zeit und Erstattung der sonstigen durch

das Wochenbett herbeigeführten

unvermeidlichen Anfwendungen gebührt einer Frauensperson, welche ge­

nothzüchtigt, in einem bewußt« oder willenlosen Zustande, oder unter der Vorspiegelung einer vollzogenen Trauung oder unter Erregung eines an­

deren Irrthums, in welchem sie den Beischlaf für einen ehelichen halten

mußte, geschwängert worden ist

ES kommt hier nicht darauf an, daß

ein Ehehinderniß vorhanden ist oder die Geschwächte dem Schwängerer die Che verweigert.

Das mittlere Maß, nämlich als Abfindung den

sechsten Theil vom Vermögen des Beklagten, sowie Erstattung der Kosten

der Niederkunft, des Wochenbetts, der Taufe, standeSmäßige Verpflegung während der sechs Wochen verlangt die während des Brautstandes von ihrem Verlobten Geschwängerte").

Ein Brautstand aber ist nicht allein

”) Oben P. 1. S. 264. Koch. Note IS zu §. 9 Nr. 2. c. Gruchot VII. 53. VIII. 387. ’•) §. 9. Nr. 2. d. de» Ges. **) S da» Präj. 25 de» Kammergerichts in den Ergänz. 5. A. B. 2 S. 151 bei 13«. Da« O -Trib. nimmt dagegen an, daß die Hingebung einer unverheirateten Person an einen Ehemann nicht unter §. 9. Nr. 2. d. falle. Stricth. B 35. S. 6. »•) Entsch. B. 40 S. 218. *•) Entsch B. 40. S. 212. Strieth. 59. 33 S. 13. ”) §. 9. Nr. 2. d. de» Ges. ’’) Strieth. B. 40. S. 342. ") §. 1. 7. de« Ges. ’5) tz. 2. 7 des Ges. Der 4.2. sagt: wenn ihr die Ehe verweigert wird," d. h. die Klage fällt weg, wenn der Derlobte die geschwächte Braut heiratet, aber e» ist iiilbt die sörmlich auSgcsprockeue Weigerung die Bedingung der Klage. Entsch. B. 37. S. 225. B. 56. ®. 225f.

8. 217.

Der außrrehclichr Geschlkchtrvrrkehr.

591

dann vorhanden, wenn ein rechtSgiltigeS Berlöbniß oder Aufgebot voran­ gegangen, sondern auch dann, wenn die Ehe mit Zustimmung der Eltern oder Vormünder verabredet, oder wenn in Fällen, wo eS solcher Zu­ stimmung nicht bedarf, die Verlobung von beiden Theilen oder vom Bräu­ tigam allein bekannt gemacht oder in Gegenwart von Verwandten oder Bekannten geschlossen oder erklärt worden ist"). Die Braut hat keinen Anspruch auf Entschädigung, wenn ein Hinderniß ihrer Ehe mit dem Schwängerer entgegenstand und ihr dies zur Zeit des Beischlafs bekannt gewesen"); sie verliert ihren Anspruch, wenn sie bis zur Weigerung des Beklagten, mit ihr die Ehe zu schließen, Handlungen verübt hat, welche Ehescheidungsgründe sind, oder wenn sie selbst sich weigert, mit dem Schwängerer die Ehe einzugehen und diesem nicht gleiche Handlungen zur Last fallen"). Dieselbe Abfindung wie einer Braut steht einer unbe­ scholtenen Person zu, die zwischen ihrem 14. und 16. Lebensjahr zum Beischlaf verführt oder geschwängert worden ist, und zwar kommt eS hier nicht darauf an, ob zwischen den Parteien ein Ehehinderniß vorhanden gewesen oder nicht"). Endlich daS geringste Maß der Entschädigung, nämlich nur Erstattung der NiederkunftS-, Tauf- und Wochenkosten, empfangen andere außerehelich geschwächte unbescholtene FrauenSperfonen"). Der Beklagte ist derjenige, welcher innerhalb der Konzeption-zeit mit der Klägerin den Beischlaf vollzogen hat"); daß er zur Zeit der Klage dem Soldatenstande angehört, hindert die Klage nicht, aber die Voll­ streckung deS ErkenntniffeS darf bei Soldaten vom Feldwebel abwärts nicht in den Sold, und bei Offizieren nur auf einen bestimmten Betrag vom Solde stattfinden"). “) §. 3. de« Ges. ") §. 4. de« Ges. ••) 8. 5. des Ges. S. oben Note 10. Nach älterem Recht (§. 1079. II. 1.) war in der Praxi- angenommen, daß ein spätere- Berlöbniß der Geschwächten mit einem anderen Manne ihr die Klage gegen ihren früheren Bräutigam und Schwängerer nicht entziehe, Entsch. B. 4. S. 102. bes. S. 111. und e- ist Koch, Note 9 zn § 5. d. G. darin -eizustimmen, daß ein spätere- Berlöbniß nicht al- eine Hand­ lung aufzufafsen, welche eine Ehescheidung begründen würde, mithin nicht unter § 5. fällt — wenn nicht zu dem späteren Berlöbniß eine solche Handlung hinzu­ tritt. Wenn stch die geschwächte Braut vor der Klage mit einem Anderen ver­ heiratet, so kann nur dann angenommen werden, daß sie ihren Anspnich nicht verloren, wenn sie sich nach ausdrücklicher Weigerung ihres ersten Verlobten, die Ehe mit ihr zu vollziehen, mit dem Andern verheiratet hat. ») §. 6 des Ges. ") §. 8. de- Ges. 41) ß. 15. des Ges. Wenn die Klägerin einen bestimmten Tag de- Beischlafs be­ zeichnet, der Beklagte einen anderen Tag angiebt, so muß Klägerin ihre Behaupt tung beweisen, wenn auch der zugestandene Tag in die Konzeption-zeit fällt. Seusfert I. 227. ") §. 21. M Ges.

692

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Die Klage ist auf beiden Seiten vererblich"); sie verjährt in zwei Jahren nach erfolgter Niederkunft oder Fehlgeburt, wobei jedoch die Zwischenzeit nicht in Anrechnung kommt, während welcher der Klägerin der Aufenthalt de- Schwangerer- unbekannt gebliefcen"). Verlegt der Letztere seinen Wohnsitz an einen anderen Ort im Inlande, so kann die Klage gegen ihn noch in seinem vorigen Gerichtsstände zur Zeit der Schwängerung angestellt werden"). Endlich hat der durch die Klage hervorgerufene Prozeß eine Besonderheit in Betreff der Beweisführung. Die Eideszuschiebung ist zwar zulässig über die Thatsache de- Beischlaf­ oder seine Zeit oder über die Umstände, welche die Vermuthung des statt­ gefundenen Beischlafs begründen oder auSschließen sollen, aber der Richter hat nach den Umständen zu befinden, ob ein solcher Eid überhaupt zuzulasien, und welcher der Parteien er anfzuerlegen sei"). Ueber die vielbesprochene streitige Frage der Kollision verschiedener örtlicher Rechte ist früher gehandelt"). Nach der preußischen Praxis steht jetzt fest, daß der Wohnsitz der Mutter zur Zeit der Schwän­ gerung über ihr und deS Kindes Recht gegen den Erzeuger entscheidet. Zu bemerken ist noch, daß in Preußen unter väterlicher Gewalt stehende oder bevormundete, im AuSlande dienende und dort ge­ schwängerte Personen dem preußischen Recht unterworfen sind, weil daDienstverhältniß an sich keinen Wohnsitz begründet, mithin daS inländische Domizil ihnen geblieben ist, daß dagegen für minderjährige Ausländerinnen

") $. 19. de« Ges. ") ?. 10. 1l. de« Ges Auch wenn der Schwangerer im Inland geblieben, aber an einem der Klägerin unbekannten Ort sich aufgehalten. Gntsch. B. 35. S. 86. S trieth. B. 2«. S. 84. (Ander« in älterer Praxi«, Entsch. B. 19. S. 241 ) Ueber den Begriff einer Fehlgeburt, welche doch immer noch die Niederkunst mit einem Kinde mit menschlicher Bildung erfordert, s. Entsch. B. 58. S. 291. Strieth. B. 67. S. 185. Oben Note 1. ") i. 11 Abs 2. de« Ges-, entnommen au« einer Kombination de« §. 1087. II. 1. und der Kab-Ordre v. 30. Septbr. 1835 (GS. S. 216). Berg! noch Entsch. B. 20. S. 280. B 47. S. 278. Die Vorschrift de« §. 119.1. 2. und $. 34. Aich: AGO. gilt daneben. Bergl. die eit. Kab.-Ordre und Koch, Note 25 zu §. 11. de« Ges. ") §. 16.17. de«Ges. Dazu Strieth. B. 30. S 165. B. 36. S. 27. (Keine Kon­ tumaz bei au«bleibender Annahme). B. 37. S. 292 (auf die Einrede-Thatsachen beziehen sich die i§. 16. 17. nicht) Da« Ermessen de» Richter« muß nicht grade aus schon erwiesene Thatsachen sich gründen, welche nur noch der Ergänzung durch einen nothwendigen Eid bedürfen; er kann auch auf den Eid für die eine oder andere Partei erkennen, wenn die EideSdelation da« einzige Beweismittel ist. Anw. Zeit. 1866. S. 422. Gruchvt VII. 248. Kräwel, a. a. O. S. 368. Wenn der Beischlaf an einem bestimmten Tage eidlich adgelehnt worden, kann dann au« einem Beischlaf an einem anderen Tage gegen denselben Beklagten geklagt werden, oder steht der neuen Klage die exe. rei jud. entgegen? s. Gruchot. VIII. 254. Die letztere Ansicht erscheint al« die richtige, weil die natürliche Vater­ schaft da« rechtskräftig abgewiesene Fundament ist.

") Oden B. 1. S. 59 Note 43.

Da» Recht zwischen Eltern und Kindern.

5- 218

B»rbemerlang.

593

die in Preußen dienen, in Folge der KabinetSordreS vom 4. Juli 1832 und 5. Dezember 1835 für Alimentenprozesse der Dienstort in Preußen als Wohnsitz anzusehen ist").

Zweite- Haoptstiick. Das Recht zwischen Eltern und Kindern. ALR. II-2. §. 1—270. 555- 591. 592-665. 666—716. 717—752. 753—773. Bornemann V. 261—389. Koch, Pr.-R. II. 613—642. G itzler, gern, und preuß. Eherecht. 1840. S 129fg. Schmidt, Familienrecht. S. 460—621. — Kraut die Vormundschaft nach den Grundsätzen de- deutschen Recht-. 2. B1845. S. 586ff. Rudorfs, Vormundschaft. B. I.tz 25. S 179fg. Beseler S. 557s. Bluntschli S. 643. Gengler S. 1162fg. Gerber (8 A ) S. 622 Arndt- §. 419fg. Keller §. 710fg. 1. A. S. 759f. Puchta §. 430fg. Sintenis III. 137. Bangerow I. §. 229fg. Windscheid II. 827. — Zacharia (Anschütz) D.3. S. 342fg.

§. 218.

Vorbemerkung.

Was oben von dem Familienrecht im Allgemeinen behauptet worden, daß auf diesem Gebiete die Reception des fremden Rechts eine sehr ein» geschränkte gewesen ist und die entgegengesetzte vaterländische Auffassung der ihm angehörigen RechtSverhältniffe nicht hat überwinden können'), gilt auch insbesondere von dem Recht der väterlichen Gewalt. ThomasiuS hat am Anfang des 18. Jahrh, sogar geradezu bestritten, daß da­ römische Recht hierauf Anwendung finden dürfe"). Allein diese Behaup­ tung geht zu weit und wird durch die gemeinrechtliche Praxis widerlegt. Zwar wie das alte römische Recht die väterliche Gewalt auffaßte, als eine unbedingte Herrschaft über das Kind, dem die selbständige Persönlich­ keit versagt war, welches kein Vermögen haben, nichts für sich erwerben konnte, so ist sie in Deutschland nicht ausgenommen. Schon daS römi­ sche Siecht hatte ja in dem peculium castrense und quasi castrense einen Ansatz zu einer freieren vermögensrechtlichen Stellung des Kindes. Nach älterem deutschen Recht') hatte der Vater eine vormundschaftliche Gewalt über daS Kind; dieses konnte eigenes Vermögen haben, aber sein Vermögen stand unter der Verwaltung des Vaters, er hatte eS in seiner ") Entsch. ». 50. S. 3IOf.

Strieth. B. 49. ©. 305.

') Oben S. 495. ') Dissert. de neu practico titoli Instit. de patria potestate 1712 (in dessen vis», acad. III. 98.) 3) A raut a. a. O. S. 586—615. Förster, Preuß. Privatrechr. in. 3. flufl.

38

694

Zwkitr« vuch- Die besonderen Privatrechtr.

Gewere und den Nießbrauch daran. Der im römischen Recht hervor­ tretende Gedanke einer Personeneinheit zwischen Dater und Kind ist dem deutschen Recht durchaus fremd, und ist auch in daS heutige gemeine Recht nicht eingedrnngen. Dagegen sind andere Recht-sätze und RechtSinstitute, die sich auf die väterliche Gewalt beziehen, unzweifelhaft recipirt, so die Arten der Legitimation, die Befugniß zur Pupillarsubstirution, zur Ernennung eine- Vormunde- für da- Kind, da- Institut der Adoption u. a. Man mnß hiernach sagen: obwohl einzelne römische Recht-sätze und Recht-institute auch auf diesem Gebiet Eingang gefunden und prakti­ sche- Recht geworden sind, so ist doch seine Grundanschauung über daWesen der väterlichen Gewalt nicht herrschend geworden, e- hat sich viel­ mehr da- Prinzip erhalten, daß da- Kind auch in der väterlichen Gewalt Persönlichkeit hat, Vermögen besitzen und für sich erwerben kann, daß dem Vater nur eine vormundschaftliche mit dem Recht de- Nießbrauchan dem Vermögen de» Kindes verbundene Gewalt über daffelbe zusteht, daß insbesondere die Art und Weise, wie die väterliche Gewalt aufhört, wesentlich den deutschrechtlichen Charakter behalten hat'). ES prägt sich diese Mischung de- deutschen und römischen Recht-, bei welcher da- erstere ein gewiffeS Uebergewicht im Ganzen behauptet, und da- letztere nur Einzelnes hergegeben hat, in den Partikularrechten und insbesondere auch im ALR. aus. Die väterliche Gewalt de- preußischen Recht- ist wesent­ lich in eine der Regel nach von obervormundschaftlicher Aufsicht freie und durch gewisse Befugnisse ans da- Vermögen de- Kinde- erweiterte Vor­ mundschaft.

Erste- Kapitel.

Die Begründung der väterlichen Gewalt.

§. 219. Die eheliche Erzeugung und Legitimation. I. Die Voraussetzung für die väterliche Gewalt ist die Ehelich­ keit de- Kindes. Jedes.Kind ist ehelich, welches in einer rechten Ehe erzeugt oder geboren worden, d. h. es gilt die Vermuthung, daß solche 4) Kraut a. a. O. S. 618 fg. Heuser, 8p. 3 correl.[3 tom. V. p. 430.

Annalen B. 8.

S. 230f.

Leyser

•) Der Ausdruck „int Gesetz bestellte Vormünder" in §. 10. I. 5. paßt nur auf den Vater. Man vergl. damit die Verweisung in §. 125. II. 2. auf §. 11—13. I. 5. Rechtsprüche B. 3. S. 389-394 u 396 bei Nr. 1, ferner Entsch. B. 23. S. 66f. B. 58. S. 299. Seusfert Vif. 197. — Im Code ist ebenfalls die Auffassung des röm. Rechts zurückgedrängt, der Inhalt der väterlichen Gewalt aber zu sehr abgeschwächt. Zachariä 111. S. 343f.

Die eheliche Erzeugung und Legitimation.

6. 219.

595

Kinder von dem Ehemanne erzeugt worden'). Pater est, quem nuptiae demonstrant1).

Diese

gesetzliche

Vermuthung')

kann

durch

nur

den

überzeugenden') Nachweis (Gegenbeweis) widerlegt werden, daß der Mann

der Frau

des 302. und 210. Tage-')

innerhalb

Kindes nicht ehelich

beigewohnt habe').

durch Eideszuschiebung geführt werden darf, men^).

vor

der

Geburt

des

Daß dieser Gegenbeweis auch ist in der Praxis angenom­

Da- Zeugniß der Mutter soll weder für noch wider die Ehe­

lichkeit gehört werden').

Die Behauptung, daß die Frau in der Empfüng-

nißzeit Ehebruch getrieben, ist nicht hinreichend, die Ehelichkeit de- KindeS

Gründet sich

zu beseitigen').

der Gegenbeweis

auf

Unvermögen

oder

Abwesenheit des Manne-, so ist zu beweisen, daß während de- ganzen Zeitraum- zwischen

dem 302. und 210. Tage vor der Geburt ununter­

brochen da- Unvermögen obgewaltet oder die Abwesenheit von der Frau

stattgefunden hat, so daß der Mann ihr die eheliche Pflicht nicht hat leisten können"). ') § 1. d. T.

') 1. 5. D. II. 4.

Strieth. B. 64 S. 143.

•) §. 2. d. T. Da- O.-Trib. hat in Entsch. B. 2. S 292. diese Vermuthung aleine unumstößliche (praes. Juris et de jure) bezeichnet. Darunter versteht man eine Vermuthung, die den Gegenbeweis au-schließt, und stch von der Fiktion nur dadurch unterscheidet, daß sie sich an thatsächliche Verhältnisse anlehnt, während die- bei der Fiktion nicht geschieht. Oben B. 1. S. 265 Note 15. Der Aus­ schluß de- Gegenbeweises findet aber bei der Vermuthung der Ehelichkeit nicht statt, der Gegenbeweis ist nur erschwert. Dergl. gegen die Ansicht de- O. - Trib. Koch, Komm. Note 2. a. E. zu §. 1. Beurtheil. S. 111f. Rönne in der jurist. Wochenschr. 1838. S. 405 f. 421 f. u A. 4) Erfüllung-eid soll nach der Ansicht der Praxi- dadurch au-geschloffen sein. Präj. 1125. Samml. I. S. 163. Jurist. Zeit. 1835. S. 805. Jurist. Wochensch. 1842. S. 509. Da dieser Ausschluß eine- nothwendigen Eide- dem gemeinen Recht nicht entspricht, so muß ein solcher Eid in denjenigen Lande-theilen, in welchen A.L.R. II. 2. su-pendirt ist, zugelafsen werden. UebrigenS hat da- O-Trib. neuestendurch einen Beschluß v. 15. Novbr. 1867 da- Präj. 1125 aufgehoben. ES han­ delt sich hier nicht um eine formelle Beweisregel, sondern um einen materiellen Recht-satz. Strieth. B. 10. S. 262. •) Die Bestimmung de- Zeitraum- ist al- Mittelweg zwischen den streitenden An­ sichten der Schriftsteller (f. j. S. Cocceji, jus coutrov. 1. 6. qu. 5. 6.) gewählt worden. Suarez, Schlußrevis. S. 132. Ueber gem. Recht Savigny, System v. 2. S. 390. Seuffert I. 161. Der fehlende Zeitraum wird durch die An­ erkennung de- Vater- ersetzt. I. 163. XIII. 232.

•) 5. 2. d. T.

Seuffert X. 267. XX 198. 1. 6. D. I 6.

f) Präj. 1320. Samml. I. S. 163. Strieth. B. 1. S. 233. B. 11. S. 107. Gruchot VII. 522. E- kann auch auf einen zugeschobenen Eid erkannt werden, wenn seine Erheblichkeit bestritten worden. Pl -Beschl. Präj. 1455. Samml. I. S. 163. IMBl. 1844. S. 220. Doch vergl. oben Note 4.

•) 5. 6. d. T. Heuser, Annalen B. 2. S. 111. Seuffert I. 162. II. 186. 296. IV. 234 V. 196. Struben, recht!. Bedenken 1. 6. 331. Gail, observ. 97. I. 11. Nr. 7. 8. •) §. 5. d. T. 1. 11. §. 9. D. XLVIII. 5. 1. 29. §. 1. D. XXII. 3. Dergl. hierüber Seuffert XX. S. 330. Nr. 198.

’•) §.3.4. d, TUeber den Begriff der Impotenz s. Strieth. B. 38. S. 47. Ueber den Fall der Verschollenheit de- Manne- s. R Koch in der Anw.-Zeit. 38**

Zweite« Buch

596

Die besonderen Privatrechte.

An die Wortfassung der §§. 1. 2. knüpft sich die Frage,

ob al-

ehelich auch solche Kinder gelten sollen, welche vor dem 210. Tage nach Abschluß

der

Ehe geboren, also

erzeugt worden").

vorehelich

Die

Fasiung deS §. 1. „erzeugt und geboren" scheint dafür zu sprechen und die mitgetheilten Materialien machen zweifellos, daß bei der Berathung über den ersten schriftlichen Entwurf, welcher die Worte „erzeugt und

geboren

sind" enthielt, von der Ansicht auSgegangen worden ist, der müsse auch den Kindern zu Gute kommen, die

favor legitimationis

24 Stunden

nach der Hochzeit geboren

nahm die- an, und es

wurde absichtlich

Namentlich Suare;

werden. das

und

in

oder geändert.

Diese Ansicht entspricht nicht dem gemeinen Recht, welches nur den in der Ehe erzeugten Kindern die Ehelichkeit beilegt"), eS widerspricht ihr

die jetzige Fassung deS §. 2. d. T., welcher eine eheliche Beiwohnung verlangt, und eine spätere Aeußerung von Suare; selbst bei der Schluß­

revision, welcher nach den Sätzen des Gesetzbuchs ein Kind pro legitimo et ex justis nuptiis procreato erklärt, wenn von der Hochzeit bis zur Geburt auch nur 7 Monate und wenn von der Trennung der Ehe bis

zur Geburt 10 Monat und 2 Tage verlaufen sind.

Hiernach hat er in

diesem letzten Stadium der Redaktion die eheliche Erzeugung, nicht bloß

die Geburt in der Ehe, für nöthig erachtet und scheinlicher, daß diese Auffassung die schließlich

obschon die Materialien

darüber

im Unklaren

es wird um

so wahr­

entscheidende gewesen —

lassen —, als auch die

Fassung deS §. 2, der ursprünglich die Worte enthielt: „von ihm nicht erzeugt sein könne" später in die jetzigen Worte: „ehelich beigewohnt habe"

umgeändert

worden ist,

und daraus gefolgert werden muß, daß diese

Aenderung nicht bloß eine ungenaue und unbedachte sei.

Dazu komnit,

daß alle die weiteren Bestimmungen darüber, wie der Gegenbeweis gegen die Vermuthung der Ehelichkeit zu führen, nur unter der Annahme passen,

daß das Gesetz an eheliche Beiwohnung gedacht hat. Endlich aber hat da- Wort oder in §. 1. d. T., auch wenn man die eheliche Erzeugung verlangt, noch immer einen Sinn, während bei der entgegengesetzten Aus­

legung das Wert erzeugt ganz bedentungSloS wird.

Dieser §. 1. mußte

1865. S. 742 s. Abwesenheit und Unvermögen sind nur Beispiele. Pl.-Beschl. B. 8 S. 73. Nr. 2. Abeentia, iüfirmitas, vel a 1 i a causa. 1. 6. D. I 6. Seussert XX. 198 (nicht bloß physische Unmöglichkeit). Leyser sp. 260. med. 4. ep. 322. med. 1. 2. Oestcrr. bürgert. GB. §. 158, sächs. GB 6 1772. Dagegen Code a. 313. Aus der gemeinrechtl Praxis vergl. ferner Seusfert 1. 162. II. 186. V 176. X. 276. XIX. 16. - Ueber den Einfluß des Reise grade» de» Kinde» auf den Beweis s. SeuffertXl. 11. **) Bergt, die ausführlichen Mittheilungen über diese Streitfrage in den Ergänzungen. '*) Savigny, Shflem. B. 2. S. 414s. I. 12. D. I. 5. I. 3. §. 1. 2. D. XXV. 3. 1.11. U. V. 27. Nov. 89. c. 8. §. 1. Seussert I. 163. XL 10. 11. Da» Kind muß srühesteii» am 182. Tage nach Eingehung der Ehe geboren sein. Ueber die Berechnung de» 182. Tages das. XII. 36.

§. SIS.

597

Die ehelich« Erzeugung und Legitimation.

nämlich ebenso den Fall, wo das Kind in der Ehe erzeugt und geboren

worden, als den, wo es zwar in der Ehe erzeugt aber erst nach deren

Auflösung geboren,

umfassen.

Mit Recht macht Bornemann

darauf

aufmerksam"), daß beide im §. 1. enthaltene Fälle demnächst in den fol­ genden §§. anSgeführt werden, zuerst wenn das Kind in stehender Ehe, sodann wenn eS nach dem Tode des Ehemanns, endlich wenn eS nach

der erfolgten Scheidung

geboren

ist,

und

während bei den Fällen der

Geburt nach gelöster Ehe die Konzeptionsfristen in die früher bestandene Ehe zurückweisen, sie also von selbst die eheliche Erzeugung voraussetzen,

wird diese bei der Geburt in der Ehe, wo sich die Erzeugung doch auch als

voreheliche denken läßt, in §. 2. d. T. ausdrücklich hervorgehoben.

Bon der Mehrheit der Schriftsteller über preußisches Recht wird hiernach

auch angenommen, daß die Ehelichkeit des in der Ehe geborenen Kindes

von der Erzeugung in der Ehe abhänge"). lationSgericht München

die

Ebenso hat das Oberappel"

§§. 1. 2. d. T. interpretirt").

DaS Ober­

tribunal hat aber von jeher"), endlich durch einen Plenarbeschluß") an dem Satz festgehalten: „die gesetzliche Vermuthung, daß Kinder, die wäh­ rend der Ehe erzeugt oder geboren worden, von dem Manne erzeugt sind,

kommt auch den Kindern zu statten, welche zwar nicht in der Ehe erzeugt, wohl aber in der Ehe geboren sind." Hiernach gilt in der preußischen Praxis ein vom gemeinen Recht abweichender Satz. Während also nach der Praxis des ObcrtribnnalS jedes in der Ehe

geborne Kind, oder nach der entgegengesetzten Ansicht nur dasjenige Kind, welches frühestens am 210. Tage feit Abschluß der Ehe in derselben ge­

boren worden, alS eheliches gilt, ist ein nach dem Tode des Mannes geborneS Kind dann noch für ehelich zu halten, wenn eS spätestens am

302. Tage nach dem Todesfall geboren und nicht entweder seine unreife Beschaffenheit die Annahme nothwendig macht, daß seine Erzeugung nicht

mehr in das Leben deS Ehemanns treffen kann, oder nicht eben solche Gründe gegen die Ehelichkeit überzeugend sprechen, welche der verstorbene

Mann selbst hätte geltend machen können").

Wenn die Wittwe sich zu

früh wieder verheiratet hat, so gilt die Vermuthung für die Ehelichkeit

••) B. 5. S. 268. '*) Sv Bornemann a. a. O. Koch, Beurth. S. 534. Komment. Note 2 zu §. 1 d. T- v. d Hagen in der jur. Wochenschr 1842. S- 505 u A. Schmidt S. 406—463. Dagegen Savigny, System D. 2. S. 416. 417. Gitzler, Eherecht. S. 131. Note 3. ’4) Blätter f. Recht-anwendung B. 18. Beilageheft S. 27. “) Aeltere Entscheidungen s. in Paalzow, Handb. f. prall. Recht-gelehrte in den preuß. Staaten. D. 2. S. 171. Rechtspr. B. 4. S. 164. Koch, schief. Archiv B. 3. S. 557. ") Entsch. B. 8. S. 73. ") §. 19-21. d. T.

Die besonderen Privatrechte.

Zweite« Vach.

598

Ist die Ehe durch Schei-

nur bei einer Geburt bi» zum 270. Tage").

düng getrennt,

wird da» bis znm

so

302. Tage nach der Rechtskraft

des Urtheil» geborene Kind als eheliche» angesehen").

welche

Vorsichtsmaßregeln,

da»

AAR.

über

die

Die detaillirten

Beaufsichtigung

einer

schwangeren Wittwe oder geschiedenen Ehefrau zur Verhütung von Unter­ schiebungen enthält"), sind polizeilicher Natur und werden daher hier bei

Seite gelassen. Die Frage der Ehelichkeit eine» Kinde» erzeugt affirmative und ne­ gative Präjudizial kl «gerechte").

Auf Grund der Vermuthung de» §. 1.

d. T. kann der Vater gegen jeden, der ihm

die Vaterschaft über da»

von seiner Ehefrau geborne Kind bestreitet, auf deren Anerkennung drin­

gen.

Diese Klage (actio de paternitate affirmativa) ist der ordentlichen

Verjährung unterworfen

und nicht aktiv vererblich, weil sie nur ein ganz

persönliches Recht de» Vater» verfolgt.

der ihm sein

eheliche»

langen (interdictum nicht

die Einrede

Kind

Derselbe kann ferner von jedem,

vorenthält, die Auslieferung defielben ver­

de liberis exbibendis)").

Retention bi»

der

Gegen diese Klage ist

zur Erstattung von

Auslagen"),

dagegen die Einrede gegeben, daß der Vater die Gewalt verloren, oder

da» Kind hilflos

verlafien und verstoßen habe, in Folge welcher Hand­

lungsweise er die väterliche Gewalt verliert"), oder daß mundschaftlicher Anordnung

das

Vaters entzogen worden ist").

Kind der

Pflege

und

in Folge vor­ Erziehung

de»

Auch der Mutter steht das Recht zu,

die Ehelichkeit des Kindes sowohl gegen den Vater als gegen dessen Erben

durch Klage geltend zu machen

(actio de partu agnoscendo)"), und

'•) §■ 22—24. d. T- Gleichviel, ob die Frau sich mit oder ohne Dispensation zu früh wieder verheiratet hat. Leonhard bei Gruchot IV. 261.

”) i. 40. d. T-, wohl mit analoger Anwendung de« S. 21. d. T. Boruemann V. 275. Der Tag der Rechtskraft ist nach einer Ansicht de« O.-Trib. (Entsch. B 22. S 367. Str ieth. B 5. S. 114) der Tag der Insinuation des un­ angefochten gebliebenen Erkenntnisses, nach einer neueren Ansicht (Entsch. 8 57. S- 177) der Tag, mit welchem die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist. Wie stehen beide Ansichten »eben einander und wie stellt sich die Sacht, wenn da» Erkenntniß jedem der Ehegatten an einem anderen Tage instnuirt worden ist? Richtiger wird der Tag der Publikation angenommen. S- Förster bei Gruchot B. 2 S. 359fg., und dagegen Oehlfchläger das. B. 6. S. 373. Oben §• 214. Note 1. »') §. 26-39. 42-49. d. T. ”) Förster, Kl. und Einr. S. 254f. Koch, Anleit. z. Proz.-Prax. I. @. 120fg. Die rechtskräftige Entscheidung über eine solche Präjudizialklage hat auch Wirkung gegen Dritte. Strieth. B 48. S 260 womit Entsch. B. 46. S. 213 zu ver­ gleichen. Oben B. 1. S. 276 und in diesem B. §. 201. Note 6 ") Koch, a- a. S. 1158

“) Bergl. Seuffert l. Nr. 82. «) §. 255—259. d. T-

l. 2. 0. VIII. 52.

") tz 90. 91. 266. d. T.

»’) Glück v. 28. S. 81.

Koch, a. a- O. S. 123 a. E. f.

dessen Herausgabe zu verlangen, wenn ihr (z. B. als dem unschuldigen Theil im ScheidungSurtheil) das ausschließliche Recht, das Kind in eigner Pflege und Erziehung zu halten, beigelegt worden ist'"). Daß da- Kind selbst seine Eigenschaft als eine» ehelichen gegen den Ehemann seiner Mutter und deffen Erben ausführen kann, versteht sich von selbst (actio filialis affirmativa)*’). Verwandt mit dieser Klage, aber doch auch wesentlich verschieden von ihr, ist die eine» unehelichen Kinde» gegen sei­ nen Erzeuger, welche später eine besondere Ausführung erhalten wird'"). Die Ehelichkeit des Kinde» kann der Ehemann innerhalb eine» Jah­ re» nach erhaltener Kenntniß von der Geburt durch Klage anfechten (actio de paternitate negativa): er hat dann den oben erwähnten Ge­ genbeweis gegen die gesetzliche Vermuthung zu führen"). Als Beklagter steht ihm da» durch einen Vormund vertretene Kind gegenüber"), welche» der Klage auch durch die Einrede begegnen kann, daß seine Ehelichkeit vom Kläger anerkannt worden sei"). Die bereit» anhängig gemachte Klage geht auf die Erben de» Manne» über; hat dieser die Klage noch nicht angemeldet, so sind seine Erben zu ihrer Anstellung nur binnen Jahresfrist berechtigt, welche auch hier von dem Tage gerechnet wird, wo der Erblaffer Kenntniß von der Geburt erhalten hat"). Den Erben kann außer dem ausdrücklichen auch da» stillschweigende Anerkenntniß de» Erblaffer- al» Einrede entgegengesetzt werden"). Wird da» Kind erst nach dem Tode de» Vater» geboren, so haben deffen Erben au» eignem Recht, aber unter denselben Bedingungen wie dieser, die Anfechtungs­ klage"). Lehn- und Fideikommiß-Anwärter haben ein selbständige» Recht zur Anfechtung der Ehelichkeit, welche» in 3 Jahren vom Tode de» *") 6- 92 fg. d. T. ’•) Koch, a. a. O. S. 124. Ueber die Beweisführung bei einer solchen Klage s. Heuser, Annalen. B. 9. S. 280f. Das Kind ist aber nicht legitimirt, al» Erbe seiner Mutter deren Klage gegen den Mann ans Anerkennung de» ehelichen Ber» hältniffe» anzustellen oder fortzusetzen. Seuffert I. 75. X 265.

°) Unten §. 228. •') $.7. d. T. Der Dormund eine» geisteskranken Ehemanne» kann für diesen die Illegitimität-klage anstellen, denn er vertritt deffen Person, Entsch. B. 57. S 179 (a. M. Gruchot, XL 760f.), aber der Kurator einte abwesenden Ehemann» kann ste nicht anstellen, weil er ihn nur in Betreff de» Vermögen» vertritt. Entsch. B. 8. S.320. auch in Seussert I. 164. Gruchot VII. 527. A. M. Bornemann V. 27$. — Bergl. über die Illegitimität-klage Schmidt

§.61. S. 469 fg.

•*) Da da» so folgt für da» Rote 11

Kind bi» zur Entscheidung de» Recht-streit» al» eheliche» präsumirt wird, daran», daß da» ordentliche Gericht de» klagenden Vater» den Vormund Kind zn bestellen hat. §■ 8. 9. d. T. Bornemann V. 272. Koch, zu §. 9.

•*) Strieth. B. 51. S 217. ") §. 14. 15. d. T. -) § 16. d. T.

Anw.Zeit. 1865. S. 742. «) $. 20. d. T.

Awrite« Buch. Dir befonbnen Privatrechte.

600

Vater- erlischt und ihnen kann die Einrede de- AnerkenntniffeS gar nicht

entgegengesetzt werden"). — Die Mutter hat die negative Klage nicht, weil sie eine solche nur durch ihre unehrbare Handlung würde begründen

können. Ob auch daS Kind selbst im Wege der Klage gegen den Vater auSführen darf, nicht sein eheliches Kind zu sein (actio filialis negativa),

ist zweifelhaft.

DaS Obertribunal hat eS in einem älteren RevisionS-

urtheil indirekt jugelaffen”), in einem späteren es für unzulässig erklärt,

weil die in §. 1. ausgesprochene Vermuthung eine unumstößliche sei, ge­

gen welche

ausnahmsweise nur dem Ehemann und den Anwärtern ein

Anfechtungsrecht gestattet sei").

Koch hat in der Kritik dieser Entschei-

scheidnng die Existenz eines solchen negativen Klagerechts auch für daS preu­

ßische Recht behauptet") und es muß ihm beigetreten werden.

Daß nur

dem Vater und den Anwärtern die Anfechtung der Ehelichkeit zustehe, im

Uebrigen aber die Vermuthung nach §. 1. b. T. eine unumstößliche sei, ist eine willkürliche Behauptung. Daß des negativen Klagerechts deS KindeS nicht Erwähnung geschieht, ist überhaupt nicht auffallend, da daS AM.

den mit den einzelnen Rechtsinstituten zusammenhängenden Klagerechten

keine besondere

Aufmerksamkeit gewidmet hat.

Entscheidend aber ist, daß

nirgends im Gesetzbuch dem Kinde ein solches Klagerecht entzogen ist, daß

ein rechtliches Interesse für eine negative Klage sehr wohl denkbar ist")

und ohne ausdrückliches Verbot de« Gesetzes doch Niemandem die Klage für fein wirkliches Zustand-recht versagt werden darf").

Muß man aber

eine solche Klage gestatte», so muß auch ferner behauptet werden, daß sie,

wenn daS an fechtende Kind von der Ehefrau des Beklagten geboren wor­ den , zu ihrer Begründung nicht einer Widerlegung der in §. 1. d. T. nur zu Gunsten des Kindes aufgestellten Vermuthung bedarf, daß auch der Vater hieraus keine Einrede herleiten, daß

die Klage nicht an eine

einjährige Frist, für welche eS am Anfangspunkt fehlen würde, gebunden

sein kann und daß sie unbeschränkt vererblich ist41 * *).** ** * II. Unehelich erzeugten und gebornen Kindern wird die Eigenschaft der Ehelichkeit beigelegt durch den Rechtsakt der Legitimation44).

Die-

”) § 17. 18. b. T. Weil für die Anwärter ein ex pacto et provideotia majorum hergeleitet«« Vermögensrecht vorliegt. Suarez in den Jahrb. B. 52. S. 50 fg.

”) Eutsch. B. 2. S 29«. «) Cntsch. B 2. S. 298 fg. *•) Beurtheilung S. 111 fg.

S- auch Schmidt @. 486fg.

4I) Z. B wenn durch die zu frühe Wiederverheiratung der Wittwe zweifelhaft ge> worden, ob der erste oder zweite Ehemann der Soler ist. §. 22—24. d. T. ") Senffert VIII. 344. ") Koch, Beurtheil. S- 115.

Sergi. Seuffert IV. 234.

VIII. 344.

4I) Bornemann V. 349. Koch, Priv.-R. II. 622, dessen Erbrecht S. 901 f.907f. Gr uchot, preuß. Erbrecht. III. S. 6s — Sinteni« III. 96. Windscheid

§. 219. Die eheliche Erzeugung und Legitimation.

601

geschieht a. wenn der Erzeuger die Mutter heiratet (legitimatio per subsequens matrimonium), und zwar erhält dadurch da- Kind vom Tage der Trauung von Rechtswegen die Eigenschaft eine- ehelichen in voller Wirkung, sofern nicht besondere gesetzliche Ausnahmen bestehen45). Wenn das Kind zur Zeit der Verheiratung seiner Eltern bereits ver­ storben und eheliche Descendenz hinterlassen hat, so tritt diese in die Rechte und Pflichten ehelicher Enkelkinder gegen die Großeltern46). b. In beschränkterer Weise, d. h. nur gegenüber der Person deS Vater-, ohne in dessen Familie einzutreten, kann dem unehelichen Kinde auf An­ trag deS Vater- und nach Prüfung der Sachlage, namentlich ob die Le­ gitimation dem Kinde zuträglich sei, demselben die Eigenschaft eine- ehe­ lichen durch ein s. g. Hofreskript, ivaS von dem Vater bei dem Justiz­ minister zu beantragen ist47), beigelegt werden (entsprechend der gemein» II. 493. Nach römischem R konnten nur Konkubinenkinder legitimirt werden. Heute ist diese Beschränkung weggefallen, nur wegen der adulterini bestehen noch Zweifel wegen c. 6. X. IV. 17. Die Praxis bejahet aber überwiegend. Dergl. Seuffert I. 352. V. 188. XIII. 43. XV. 227. XVIII. 261. DaS preuß. R. läßt alle uneheliche Kinder ohne Unterscheidung legitimiren, aber per subsequens matrimonium können im Ehebruch gezeugte Kinder nicht legitimirt werden, weil zwischen Ehebrechern, wenn die ältere Ehe deßhalb geschieden worden, die Ehe verboten ist, und von diesem Hinderniß nicht diSpensirt werden kann. Oben S. 505. Bergl. ferner aus der gemeinrechtlichen Praxis: Emminghauß, corp. Juris Germ. 2. A. S. 892 (Darmstadt), Strippelmann, Samml. v. Entsch. B. 5. S. 459 (Kassel), Wochenblatt für merkwürdige RechtSsälle. 1846. S. 33. 1848. S 211. (Dresden). Blätter f. RechtSanwend. B 9. S. 43. (München). Stryck sp. 1. m. 6 §. 12. Eichhorn, Kirchenrecht II. 451. Dieck, Bei­ trag zur Legitimation durch nachfolgende Ehe S. 147 s. — Dergl. über preuß. Recht noch das Reskript vom 18. Februar 1818 in den Jahrb. B. 11. S. 8. Gesetzrevisor XV. 148. Bornemann V. 351. Koch, Note 7 zu §. 596. und Erbrecht S. 903. 596. 598. d. TEs muß aber die Erzeugung durch den Ehemann feststehen, Strieth. B. 18. S. 268. B. 29. S. 193. B. 45. S. 129, und die Ehe muß eine giltige sein, Centralblatt 1837. S. 1163. Die Legitimation durch nachf. Ehe wird nicht dadurch gehindert, daß die Mutter während der ConceptionSzeit auch anderen Männern den Beischlaf gestattet hat. Entsch. B. 64. S- 218. — Dom Tage der Trauung, also ohne rückwirkende Kraft. DaS war damalige sicht. Hellfeld, jurispr. for. §. 146. Glück II. 325. Koch, Note 12 zu §. 598. Entscheid. B. 32. S. 406. Von Rechtswegen, ohne daß es der Zustim­ mung des Kindes oder eines Kurators für dasselbe bedarf. Strieth. D 18. S 268. c. 6 X. IV. 17. Glück B. 7. S. 298. Die Quelle dieser Legitima­ tion ist deutsches Recht. Schwabensp. c. 377. Gruchot, Erbrecht III. S. 6. Note 2. — Celle bei Seuffert XI. 50 hat angenommen, daß das uneheliche Kind einwilligen muß, wenn es durch die Legitimation Pflichten gegen den unehe­ lichen Vater übernehmen soll. DaS durch nachfolgende Ehe legitimirte Kind kann aber seine Ehelichkeit gegen den Vater anfechten. Koch, Erbrecht S. 902. Oben Note 40. Eine gesetzliche Ausnahme von solcher Legitimation besteht im preußi­ schen Recht auch nicht bei der LehnSfolge. I. 18. §. 361. Bornemann V. 351. Dergl. II. Feud. 26 § 10. Im gemeinen Recht ist eS streitig. S. die Ueber­ sicht der Literatur bei Holzschuher, 3. A. I- 751. Note. ") §. 600. d. T.

") Der Antrag des Vaters kann auch in feinem Testament ausgesprochen sein. Nov. 74. c 2. Nov. 89. c. 10. Eine solche Legitimation ist auch im AuSlande wirksam. Seufsert VII. 332.

Zweit« Buch

602

Die besonderen Privatrechle.

rechtlichen legitimatio per rescriptum principis), auch wenn die Eltern sich nicht geheiratet haben"). Da» Kind erhält den Stand de- Vater-, also auch seinen Adelstand und sonst alle Rechte und Pflichten eine» ehe­ lichen Kinde-"). Soll e» aber in die Familie de» Vaters oder der Mutter als eheliche» eintreten, so müssen die Verwandten de» Ersteren oder der Letzteren durch einen Vertrag einwilligen"). Zwischen dem durch Reskript legitimirten und den ehelichen Kindern de» Vater» entsteht, ohne daß e» der Einwilligung der Letzteren bedarf, da- Verhältniß wie zwischen Halbgeschwistern von demselben Vater"). Die beiden im ALR. noch erwähnten Arten der Legitimation durch gerichtliche» Erkenntniß und durch gerichtliche» Anerkenntnlß de» Erzeuger» sind durch da» Gesetz vom 24. April 1854 beseitigt").

§. 220.

Die Annahme an KindeSftatt.

ALR- II. 2. §. 666. 716. Bornemann V. 378. Koch, Pr.-R. II. 620. Dessen Erbrecht S. 914f. Schmidt §. 78. 79. S. 6I0f. Witte, preuß. Jntestaterbrecht. S. 22. 139s. Gruchot, preuß. Erbrecht III. S. 377. — Sin lenir III. 99.

Windscheid II. 848.

Ohne die Unterscheidung de» gemeinen Recht» zwischen Adoption und Arrogation') und auch sonst mit einzelnen Abweichungen von demselben ist da» Recht-institut der Annahme an Kinde-statt (Wahlkindschaft) in da» A.L.R. ausgenommen'). Die Annahme an KindeSftatt erfordert einen schriftlichen Vertrag, der von dem persönlichen Gericht de» Annehmenden geprüft und bestätigt werden muß'). Die Natur eine» solchen Vertrage» schließt die Beifügung *•) §. 601—603. d. T Auch adulteriui können aus diese Weise legitimiri werden. Oben Note 44. Nov. 74. pr. c. I. 2. Nov. 89. c. 9. Des. Koch, Erbrecht. @. 907 fg. Vergl. noch Kraut, Borm. II. 589. Seusfert III. 65. XIII. 42. XIV. 239. **) §. 603. d. T. Reskr. v. 12 Juni 1832 iu den Ergänz.

••) §. 604. 605. d- T•') $. 606. d. T. ") §. 22. des Ges.

Gesetzrev. XV. S. 161 fg.

Bornemaun V. 358.

Koch, Erbrecht. S. 903.

•) Adoptio bei einer persona in potesiate, arrogatio bei einer persona sui Juris. ’) Suarez, Schlußrev. S. 145, sagte zwar, daß man keine wesentlichen Abwei­ chungen von den principiis des Juris Romani in diesem Abschnitt finden werde, wenn man dasjenige abrechne, was blos in der jnrisprndentia formularia und der besonderen Staatsverfaffung der römischen Republik seine» Grund habe. Es find aber doch noch einige Abweichungen festgesetzt worden. ') §. 666. 667. d. T. verordn, v. 2. Januar 1849. §. 22. 25. — Glück II. 845. Zm gemeinen R wird die Klage aus Erfüllung einte Adoptionsversprechens für unstatthaft gehalten. Seusfert XV. 134 (Rostock).

$. 220.

Die Annahme an Kinderstatt.

603

Durch letztwillige Anordnungen kann eine Adoption

von Bedingungen au«4).

nicht begründet werden4).

Die Interessenten sind der Annehmende, der

natürliche Vater deS Anzunehmenden, und dieser selbst,

welcher, wenn er

noch unter väterlicher Gewalt steht oder minderjährig ist, durch den natür­

lichen Vater oder Vormund vertreten wird4).

Der großjährige Hau-sohn

Adoptiren können nur Personen,

hat neben seinem Vater einzuwilligen').

die da- 50. Jahr vollendet haben, nicht eheliche Descendenz besitzen, nicht

durch ihren Stand zur Ehelosigkeit verpflichtet und älter sind al- die an­ zunehmende Person').

Auch weibliche Personen dürfen adoptiren, Frauen

Die Eltern deS Annehmenden müssen

mit Einwilligung ihre- Manne-').

einwilligen; den

fehlt ihre Einwilligung,

so behalten sie ihren

Pflichttheil am Nachlaß des An nehmenden").

In

Anspruch auf

gleicher Weise

behält ihr unverkürzte- Erbrecht die Ehefrau deS Annehmenden, wenn die Adoption ohne ihre Einwilligung erfolgt

ihr Erzeuger adoptiren").

kann

wegen

seiner Aufnahme

mung

der Staat-regierung").

gen

Stand

führen soll,

de-

in

den

Adoptirende»

mag er selbst

ist").

Auch uneheliche Kinder

Die Adoption eine- Au-lSnder- bedarf preußischen Staat-verband der Zustim­

Wenn

der

eintreten,

zu Adoptirende in den adeli­

dessen

Namen

und

Wappen

von bürgerlicher oder adeliger Herkunft

sein,

oder wenn ein Adeliger einen Bürgerlichen adoptiren will, auch wenn die•) l 34. D. I. 7.

Bl. f. Recht»«»». B. 18. L. 63.

*) §. 666. d. T- schließt die- au-. Gesetzrev. XV. S 213. Bornemann V. 382. Auch gemeinrechtlich nicht statthaft. Dirks en, Versuche. S. 73. •) §.679.680. d. T. Dornemann V. 381 (auch wenn der adoptandus nicht mehr in der potestas de- Vater- steht, muß dieser einwilligen). T) §. 678. d. T.

•) § 668—671.677. d. T. Bon dem Alter von 50 Jahren kann der Iustizminister di-penflren. §. 669. d. T. Kab.-Ordre v. 18. Juli 1836, v. 13. Novbr. .1838. Jahrb. D- 52. S. 471. Diese Dispensation kann nicht mehr nachgeholt werden nach dem Tode de- Adoptirten. Gruchot X. 419. Um wie viel der Adoptirte jünger sein muß, bestimmt da- A.L.R. nicht, der vom gemeinen Recht angenom­ mene Unterschied von 18 Jahren gilt also nicht. Borne mann V. 380. Nach gem. R. muß der Adoptirende 60 Jahr alt sein, wenn nicht morbus aut valetudo aut alia justa causa adrogandi sit. Die Redaktoren haben stch Voet, I. 7. §. 6 angeschlossen. R. v 13. Dezbr. 1797 bei Stengel VI. 172. DaA L R. enthalt kein Verbot der Adoption durch Kastraten und Spadonen; sie ist daher gestattet. Die 1. 17. §. 2 D. I. 7. stimmt mit §. 671. d. T. •) §. 674. 675. d. T.

Beschränkter im. röm. R- §. 10. J. I 11.

1. 5. C. VIII. 48.

") §. 672. 673. d. T.

") §. 676. d- T") Borne mann V. 381. Auch da- Reskr. v. 17. März 1834 in den Ergänzungen In diesem Fall entsteht eine adoptio plena. 1. 10. C. VIII. 48. Bestritten im gemeinen R., weil uneheliche Kinder legitimirt werden können. Bangerow §. 249. Anm. 5.

") Reskr. v. 25. Jan. 1838. bei Nr. 4.

Lentralblatt S- 171

und in den Ergänz, zu ß. 667.

604

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte

fer nicht in den Adel eintritt, so bedarf eS einer Berichterstattung an den Justizminister"). Die Adoption bewirkt, daß da- angenommene Kind in die väterliche Gewalt deS annehmenden Vater-, in die Rechte seine- Stande-, wie bei der Geburt an« rechter Ehe, eintritt, seinen Namen erhält, und auf daVermögen desselben alle Rechte eine- ehelich gebornen Kinde- erwirbt, die ihm auch nicht entzogen werden, wenn der Adoptivvater später noch leibliche Descendenz gewinnt"). Zn der Ehefrau deS Adoptivvater-, wenn sie nicht gemeinschaftlich mit diesem adoptirt hat, entsteht ein Stiefverhältniß"). Hat eine weibliche Person adoptirt, so erlangt sie über daAdoptivkind alle Rechte und Pflichten einer leiblichen Mutter, und über­ trägt ans daflelbe ihren Stand und Geschlecht-namen, den Namen ihrefrüheren Ehemann- aber nur, wenn besten Verwandte nicht widersprechen, und der Justizminister e- bewilligt"). Da- Adoptivkind tritt nicht an­ der Familie, in welcher es geboren ist, und nicht in die Familie der Adoptiveltern, auch nicht in ein Geschwisterverhältniß zu den späteren leib' lichen Kindern derselben"). Durch einen besonderen Familienvertrag kann e- in die Familie der Adoptiveltern ausgenommen werden"). Die Descendenz deS Adoptivkindes steht in dem Verhältniß wie Blutsverwandte zu den Adoptiveltern"). — Diese erlangen keine Rechte auf da- Ver­ mögen de« angenommenen Kinde-, insbesondere kein Jntestaterbrecht auf seinen Nachlaß, welche- die leiblichen Eltern behalten"). Dem Kinde verbleibt auch fein gesetzliche- Erbrecht auf den Nachlaß der Letzteren"). Da« großjährige Adoptivkind verwaltet und nutzt sein eigenthümlicheVermögen selbständig, für da- minderjährige verwaltet eS fein natürlicher Vater ferner al« Vormund ohne eignen Nießbrauch"). Stirbt dieser, so kann zwar die vormundschaftliche Vermögen-Verwaltung ohne Nieß­ brauch-recht dem Adoptivvater übertragen werden, da- vormundschaftliche Gericht ist aber an seine Person nicht gebunden"). Die gesetzlichen Bestimmungen über den Inhalt de- Adoption-ver­ träge- sind, soweit dadurch da- Wesentliche deS Geschäfts nicht aufgehoben “) Anh. §. 100. und §. 684 685.

Bergt, hierüber die Ergänzungen.

**) 8. 681—685. 691—693. d. T- Die Worte „in Ansehung seiner" in 8- 693. bedeuten: in Ansehung de» Vater«. Gesetzrev. XV. S. 226. Koch, Erbrecht. S. 916. “) §. 686. 687. d. T. ") §. 688 - 690. d. T*•) 8. 711—713. 708 709. d. T- Die Adoption de» A.L R. ist also eine minus pleuu 1 10. C. VIII. 48. ") §. 710. d. T. '") 8. 707. d T. Bergt, hierzu «och, Erbrecht. S 915fg.

*•) §. 594. 701. d. T. *•) 8 695-598. d. T. «) tz. 699. 700. d. T.

”) §. 702. d. T.

wird, vertragsmäßiger Aenderung zugänglich"). Aenderungen in Betreff des Vermögens muß, wenn das Adoptivkind noch minderjährig ist, das Vormundschaft-gericht prüfen"). Sein Anspruch auf den Pflichtthcil vom Nachlaß der Adoptiveltern darf durch Vertrag nicht auSgeschloffen werden"). Die Adoption kann ebenso, wie sie begründet, durch Vertrag unter Einwilligung aller Intereffenten und gerichtlicher Bestätigung aufgehoben werden. Dann verliert sie alle Wirkung und das bisherige Adoptivkind tritt auch nicht in die väterliche Gewalt seines natürlichen Vaters zu­ rück"). Hier läßt sich eine kurze Bemerkung über das Verhältniß der Pflege­ kinder anknüpfen. Wer ein von seinen Eltern verlassenes Kind in seine Pflege nimmt, erlangt über daffelbe alle persönlichen Rechte deS natür­ lichen Vaters oder der leiblichen Mutter, aber gegenseitige VermögenSund Erbrechte entstehen nicht"). Doch sollen die Pflegeeltern bei der Intestatfolge an die Stelle derjenigen Verwandten deS Kindes treten, die sich wissentlich und vorsätzlich geweigert haben, sich seiner, alS eS verlassen war, anzunehmen"). Sie haben auch einen Anspruch auf Entschädigung aus dem Nachlaß des Kindes wegen ihrer Aufwendungen für dieses"). Die Redaktoren wollten, indem sie das seiner Natur nach nur faktische Verhältniß der Pflege in ein rechtliche- mit allerlei Detailvorschriften umwandelten, deren nähere Erwähnung überflüssig erscheint, einen Antrieb schaffen, um unehelichen Kindern Wohltbaten zu erweisen"). „DaS In-

*•) §. 703. 704. d. T.

Anh. §. 102.

Vornemann V. S. 383.

*•) §. 705. d T.

*’) §.706. d. T.

Bornemann V. 384.

") §.714-716. d. T. Schröter in der Themis, 1837. ®. 1185s. In dieser Bestimmung, baß die Aushebung der Adoption nur durch Vertrag erfolgen kann, liegt eine Abweichung vom röm. R , nach welchem der Adoptivvater einseitig das Adoptivkind emancipiren konnte, wodurch eS sein Erbrecht verlor. §. 11. J. III. 1 >. 9. 10. pr. §. 2 C. VIII. 48. Gruchot, Erbrecht. III. S. 380f. *•) §. 753—761. d. T. Nach §. 247. StrGB. kann ein Diebstahl des Pflegekindes gegen die Pflegeeltern (Erzieher) nur auf deren Antrag zur Untersuchung gezogen werden. Da­ bezieht sich nicht auf vertragsmäßige Pflege. Goltdammer, Archiv für Strafrecht. B. 9. S. 784. B 13. S. 597. B. 19. S. 815. Ueberhaupt handeln die §§. 753 fg. d. T. nicht von vertragsmäßig übernommener Pflege. §. 772. 773. d.T. Daher erledigt auch der Rücktritt oder der Tod de« Vater«, der fein Kind einem Dritten in Erziehung und Pflege auf bestimmte Zeit gegeben, an sich den Ver­ trag nicht, d. h. der znrücktretende Vater und Vormund muß zwar dem Erzieher die Gegenleistung oder Entschädigung gewähren, aber der Rücktritt darf nicht ver­ sagt werden. Bergt. Entsch. B. 53. S. 161 und dagegen Hinschiu» in der Anw.-Zeit. 1866 Ep. 42.

»*) $. 762. d. T.

•') §. 763. d. T- Die Vermuthung der Schenkung findet aus Pflegeeltern keine An' Wendung. Seufsert IV. 52.



Suarez, Schlußrev S. 146.

stitut hat da» Schicksal aller Recht-erfindungen gehabt; et ist todt ge­ blieben", sagt -och mit gutem Grunde").

§. 221.

Die Eiukiadschaft.

A.S.R. II. 2 §. 717-752. »ornemenn VI. 251 f Koch, Pr-R. II. 623. Dessen Erbrecht S. 917. Strombeck, in v. Kamptz Jahrb. B. 13. S- 335f. Schmidt

Familienrecht §. 73. S. 571 f. Witte, da» preuß. Jnteftaterbrecht, 1838. S- 23. 120f. Gruchot, preuß. Erbrecht III 1867. S. 382. — Beseler, Erbverträge

II. 2. S. 150. Deutsche» Priv.-R S. 611. Bluntschli S 651. Gengler II- S 860. Gerber (8. A.) S. 676. §. 272. Hillebrand! in der Zeitschr. f. deutsche« Recht, B. 10. ©. 420fg.

Ob da» RechtSinstitut der Einkindschaft in die Lehre von der Begründung von Eltern- und KindeSrechten oder in die Lehre von den Erbverträgen oder von der Intestaterbfolge gehöre, kann zweifelhaft sein. Der geschichtliche Ausgangspunkt ist wohl der, vertragsmäßig ein Erbrecht zwischen Stiefeltern und Stiefkindern zu begründen'). Aber schon früh­ zeitig wurde damit die Auffassung verbunden, daß durch derartige Verab­ redungen auch Famillenverhältnisse erzeugt würden. Meist enthielten die Verträge solche Abreden und dadurch kam da» Institut in nahe Berüh­ rung mit der Adoption'). So stand die Sache zur Zeit der Redaktion des A.L.R., und dieses enthält beide Richtungen: einerseits gehe, sagt das Ge­ setzbuch, die Absicht dahin, zwischen Stiefeltern und Stiefkindern die per­ sönlichen Rechte und Pflichten, wie zwischen leiblichen Eltern und Kindern, und wechselseitige SnccessionSrechte hervorzubringen'); andererseits ist grade die wesentliche Wirkung de- Erbvertrags auch der Einkindschaft vindizirt, nämlich die durch diesen Vertrag begründete Erbfolge kann der eine Theil zum Schaden des andern durch letztwillige Verfügung nicht aufheben'). Immerhin ist jetzt, nachdem die ursprünglich vielleicht nur gewöhnlichen Abreden über die persönlichen Familienrechte in die Begriffs­ bestimmung des Instituts ausgenommen sind, systematisch entscheidend die Begründung dieser Rechte, aus ihnen folgen die Erbrechtsabreden. Deß“) Komment. Rote 1 a. E- zu §. 753. d. T.

*) Gerber S. 678f. 681. Mevius, Comment, ad jus Lub. II. 1. nr. 113. Stryck, tractatus de euccessione ab intest. VII. c. 6. Beseler @. 612 bestreitet, daß der Erbvertrag der Au»gang«punlt für diese« Institut sei. Bergl. des. über die verschiedenen Theorien Gengler S- 878sg. *) S. Hillebrandt a a. O. S. 421 Note 3. Beseler, Pr.>R. S-612. Gai II. pract. observ. II. 125. Carpzov, resp. jur. elect. V. 1. resp. 6. Schil­ ler, praxis jur. Rom I. exerc. 3. §. 17. Dagegen Heineccius, elem. jur. Germ. I. §. 161. Seusfert II 64. •) §• 720. d. T-

*) § 747. t. T.

halb wird die Lehre von der Einkindschast in Uebereinstimmung mit Koch — während Bornemann sie in daS Erbrecht verwiesen hat, — hier abgehandelt'). Die Aufnahme der Einkindschaft in daS A.L.R. hat dieselbe Bedeu­ tung und denselben Zweck, wie die der Redaktion de- LehnrechtS und der Gütergemeinschaft: da- Institut ist nur partikularrechtlich, seine Heimat ist am Rhein und in einzelnen Gegenden Westphalens; die Borschriften de- A.L.R. sollten für die Ausarbeitung de» Provinzialrecht- Normen auf­ stellen'). Zunächst also würde über den Inhalt einer Einkindschast der Vertrag selbst die Entscheidung-quelle und dieser nach den provinzialrechtlichen Bestimmungen zu interpretiren sein, nur au-hilfSweise bieten sich die Vorschriften de- A.L.R?) dar. Aber durch die Aufnahme in dasselbe ist da- Institut doch ein Bestandtheil de» gemeinen preußischen Recht­ geworden, und wenn ein solcher Vertrag in Gegenden, wo dasselbe nicht provinzialrechtlich notmitt ist, errichtet wird, so ist da- A.L.R. da- Prin­ zipale Gesetz. Im gemeinen deutschen Recht knüpft die Einkindschast an da- im fränkischen Güterrecht geltende BerfangenschaftSrecht, und an die Güter­ gemeinschaft an'). Wenn ein Ehegatte, der mit seinen Kindern in fort­ gesetzter Gemeinschaft lebte, zur anderen Ehe schritt, so sollte, statt eine Abschichtung dieser Kinder vorzunehmen und dadurch da» Gemeinschafts­ vermögen zu schwächen, diese- der Gütermasse der zweiten Ehe einverleibt werden. Die Borkinder mußten also auf ihren Abschichtung-anspruch verzichten, gewannen dafür aber ein Erbrecht auf da- ganze gemeinschaft­ liche Vermögen der zweiten Ehe, d. h. auch auf die Masse, die der zweite Ehegatte einwarf. Eine solche Anknüpfung an die Gütergemeinschaft kennt da» A.L.R. nicht; ohne Unterscheidung ist die Errichtung einer Einkind­ schast möglich bei gemeinschaftlichem und getrenntem ehelichem Güterrecht'). Die Einkindschast ist derjenige Vertrag, durch welchen zwischen den erstehelichen Kindern de- einen Ehegatten bei Eingehung einer späteren Ehe mit dem eintretenden Ehegatten eine Familienverbindung und zwischen beiden Theilen wechselseitige Erbrechte begründet werden"). Der Ver­ trag muß gerichtlich vollzogen und bestätigt werden"); den noch minder•) Bergt, auch Koch, Erbrecht S. S17f.

•) Suarez, Schlußrevision S. 146.

’) Strieth. v. 5. S. 161. *) Witte, Jntestatcrbrecht S. 120f. Hillebrand! a- a. O. S. 426. S- 677 Heuser Annalen II. 580. Seusfert V. 191.

Gerber

•) Witte a. a. O. S. 122-124. ••) 8. 718. 719. 720. d. T. Uneheliche Kinder können nicht in die Einkindschast ge­ bracht werden. Bornemann VI. 255. Bl. f. Rechtsanw. IV. 249. ■*••) ) Nicht nothwendig vor dem persönlichen Gericht der Kontrahenten. AGO. II. 1. tz. 9. Nr 10. Koch, Komm Note 5 zu §. 721. d. T. Die Zuziehung eine« Pro«

608

Zweite« Buch

Die besonderen Privatrechte.

jährigen Kindern wird ein Kurator bestellt, und da- vormundschaftliche Gericht hat zu prüfen, ob der Vertrag den Kindern Vortheilhaft ist"). Zur Perfektion deS Vertrage- gehört, daß beide Ehegatten und die Kinder, oder deren Vormund, einwilligen"). Auch müssen die Ascendenten der Ehegatten einwilligen, wenn ihnen ihr Pflichitheil-recht auf den Nachlaß ihre- Descendenten durch die Einkindschaft beeinträchtigt wird"). An­ gleichem Grnnve ist die Einwilligung deS geschiedenen Ehegatten au- der Borehe erforderlich"). Die Borkinder erhalten auö dem Vermögen ihrer leiblichen Eltern ein Voran-, mindesten-die Hälfte diese» Vermögen-"). Diese- Vorau- hat die Natur eine- vertragsmäßig ausgesetzten künftigen Erl'theilS, cS verliert also der anSsetzende leibliche ParenS nicht da- Eigen­ thum und die Verfügung unter Lebenden darüber"). Durch den Vertrag dürfen weder die Vorkinder noch die demnächst in der neuen Ehe erzeugten Rachkinder in ihrem Pflichttheil verletzt werden"). Die Wirkung einesolchen BertrageS ist, daß e- so angesehen wird, al- stammten auch die Borkinder an- der späteren Ehe. Der Stiefvater oder die Stiefmutter erlangen die vollen elterlichen Rechte und Pflichten") an den Personen der Stiefkinder, diese die Rechte und Pflichten leiblicher Kinder gegen jene'"). Weiter greift die Familienverbindung nicht; unter den zusammen­ gebrachten Kindern selbst, oder zwischen diesen und den Verwandten deanderen Ehegatten entsteht keine Verwandtschaft und kein Erbrecht"), tokollsührer« ist nur nöthig, wenn andere Erbrechte festgesetzt werden, al» au« der Einkindschast folgen. Präj 1176. Samml. I. ©. 293. Jur. Wochenschr. 1845. S. 835. Nach preuß R nicht nothwendig vor dem Abschluß der 2. Ehe §. 722. d. T. Witte a. a. O. S-127. •*) §. 721—724. d. T. Seussert II. 65. Eine Anfechtung de« Einkindschast-vertrage« wegen Verletzung über die Hälfte ist weder nach gemeinem noch nach preuß. R. ft-tchast. Seussert IV. 135. XIII. 148. XVII. 232

") § 723. d. T

“) §. 728. 729. d. T. ") §. 730. d. T. *•) §. 725. 726. 727. d. T. Witte a a. O. S. 127fg., der aber darin irrt, daß er auch den Stiesparen« zum Aussetzen eine« Boran« verpflichtet hält. S. 128. Gengler S 890f. Da« Voraus kann aber auch geringer sein, wenn sonst die Prüfung de« EinkindfchastsvertrazcS den Vortheil der unirten Kinder erzieht. Arnsb. Arch. B 8. S. 558. Präj. 414. S. I. 174. Gutachten der Gesetztem« Mission v. ISeptbr. 1801 bei Amelung, neue« Arch. II. 150 j. Da» Borau» kommt auch im gem. R für die N ach linder vor. Seussert XI. 251. Da« Borau» ist Svndergut der Kinder. Das XV. 29. •’) Gesetzrev. XV. 342 *•) Anh ?. 103, der sich aus alle Einki»dschast«verträge bezieht. Bornemann VI. S 254. Seussert IV. 135. ••) §. 732. d. T. spricht zwa» nur von den Rechten, aber unzweifelhaft entstehen auch die entsprechenden elterlichen Pflichten. Strombeck a. a. O. S-381. Dergl. §. 720. d. T. Gesetzrev XV. S 343 s. Beschränkt ist da« elterliche R. in der gemeinrechtl. Praxi« zugestanden. Seussert II. 64.

r») § 732 720. 734. 735. d T. *') §. 752. d. T. Hofacker, princip. jur. civ. I. §. 610.

An dem nicht von der Einkindschai't ergriffenen Vermögen der Kinder, wozu namentlich auch der spätere Erwerb derselben, der ihnen anderwärts her zugefallen, gehört, hat jedoch der Stiefvater nicht die Rechte des leib­ lichen, d. h. nicht Verwaltung und Nießbrauch"). Das aus der begrün­ deten Familienverbindung hervorgehendc Erbrecht der Stiefkinder erstreckt sich auf das ganze, auch später erworbene Vermögen der Stiefeltern, die Stiefkinder sind in dieser Hinsicht den leiblichen Kindern gleichgestellt"); das Erbrecht der Stiefeltern aber bezieht sich nur auf dasjenige Vermögen der Kinder, was sie in die Einkindschaft eingebracht haben, so daß die späteren Vermehrungen von anderwärts davon ausgeschlossen sind"). Das wechselseitige Erbrecht darf nicht einseitig durch Testament entzogen werden, wenn nicht Enterbungsgründe vorliegen, oder in guter Absicht enterbt wird"); es ist daher auch unstatthaft, daß die Stiefeltern das in die Einkindschaft aufgenommene Kind durch letztwillige Anordnung auf den Pflichttheil beschränken"). Die gegenseitigen SuccessionSrechte wer­ den nicht dadurch bedingt, daß jeder Ehegatte Borkinder in die Ehe ge­ bracht, und nicht dadurch wieder beseitigt, daß diese zweite Ehe kinder­ los geblieben"). Die Errichtung der Einkindschaft ist auch bei Eingehung einer dritten und folgenden Ehe zulässig, nur mit der sich von selbst ver­ stehenden Beschränkung, daß weder Bor- noch Nachkinder dadurch in ihrem PflichttheilSrecht verletzt werden dürfen"). Die Einkindschafl wird aufgehoben durch Scheidung der Ehe von Rechtswege» und durch gerichtliche» Vertrag sämmtlicher Interessenten") ") §. 733. 736. d. T. *’) §. 737. 740. d. TDie Succession geht nach den Regeln der gesetzlichen Erb­ folge. Entsch. B. 7. S. 380. Seuffert II. 67. Die unirten Stiefkinder schlie­ ßen daher auch die Ascendenten und Kollateralen de» vorstorbenen Paren» au». §. 741. d. T. Entsch. B 7. S. 380. «. 42. S. 259. Strieth. B. 35. S. 347. Besteht Gütergemeinschaft in der zweiten Ehe, so können bei deren Auflösung durch den Tod de» leiblichen Paren» die unirten Kinder nicht sofort die AuSantwortung ihre» Erbtheil» verlangen. Präj. 1226. Samml. 1.174. Werden sie abgeschichtet, so verlieren sie ihr Erbrecht. Witte a. a. O. S. 24.

**) $. 73^. 736. d. T. Wenn nach dem Tode de» leiblichen Paren» dessen Kind da» Betau» erhalten und demnächst vor dem Stiefvater stirbt, so hat dieser auch am Vorau» da» Erbrecht. Witte S. 133. “) $.747-749. d. T. Koch, Note 18 zu §. 749. A. M. Strombeck a. a. O. S. 395 in Betreff der Enterbung in guter Absicht. I» Betreff der leiblichen Kinder bleibt die Testirfreiheit unverändert. Strombeck S. 390f. Borne­ mann VI. 260. Gruchot IV. 237.

“) Blätter f. Rechwanw. B. 7. S. 164 (München). Entsch. B. 2. S. 39. Ander­ nach gemeinem Recht Strieth. B. 45. S. 10. B. 48. S. 99. Entsch. B. 48. S. 241. GruchotlX. 237. Senfsert V. ,98. XIII. 108. XV. 230 (Berlin, O.-Trib.).

") §. 719. 741 d. T- Gruchot, Erbrecht S. 387f. Seusfert B. 2. Nr. 66. B. 5. Nr. 190. B. 7. Nr. 188. B. 10. Nr. 180. B. 13. S. 108. ") Anh. §. 103. Au» einem Gutachten der Gesetzkommisflon. Löwenberg, Motive B. 2. S. 56. 120 ”) §. 750. 751. d. T.

isörsttr, Prrup. PrlvalreHt. Ilf. 3. foufl.

Zweite« Buch.

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Die besonderen Privatrechte.

Zweites Kapitel. Die Wirkungen der väterlichen Gewalt. §. 222. A.L.R. II. 2

$. 58-146.

Die persönlichen Wirkungen.

Bornemann V. 278f.

Koch, Priv.-R. II. 213f. 613.

626f. Gitzler, Eherecht S. 130. Schmidt, Familienrecht §. 62. 63. S.497sg.

ArndtS und Leonhard, preuß. BormundschastSrecht 1862. S. 80f.

Daß das A.L.R. bei Feststellung der familienrechtlichen Regeln, soweit sie da- persönliche Verhältniß betreffen, in da- sittliche Gebiet überge­ griffen hat, wurde schon erwähnt'). Auch von dem, wa- eS über da­ persönliche Verhältniß der Eltern und Kinder sagt, gilt dasselbe. Beiden Eltern sind die Kinder Ehrfurcht und Gehorsam schuldig, aber dem Vater steht die Gewalt Uber sie $ii9). Sie führen den Namen de- Vater-, sie treten in seinen Geburt-stand9) und seine Familie, sie sind seiner Ge­ richtsbarkeit auch nach seinem Tode unterworfen, solange nicht darin eine im Gesetz zugelassene Aenderung eintritt4*),* *der Vater hat da- minder­ jährige Kind vor Gericht zu vertreten und zu schützens. Beide Eltern, vornehmlich aber der Vater, haben die Pflicht der Gewährung standeSmäßigen Unterhalt-9), der Pflege und Erziehung, und zu diesem Zweck da- Recht der Zucht?); bis zum vollendeten vierten Lebensjahr de- Kinde-

') Oben S. 514fg.

*) §. 61. 62. d. T. Auch der bevormundete minderjährige Vater hat über die Person seiner Kinder die väterliche Gewalt; über daS Vermögen der letzteren steht dem Vormund deS Vaters die vormundschaftliche Verwaltung zu. tz. 804 bi- 806. II. 18. ’) Nicht in seinen Berufsstand

Strieth. B. 43. S. 349.

4) Seuffert XV. 184.

*) §. 58—60. d. T- Der großjährige Sohn kann ohne Beistand des Vaters vor Gericht austreten, seine Verpflichtungen find insoweit verbindlich, als nicht die väterliche Gewalt durch sie beeinträchtigt wird, und vollstreckbar in das freie Ver­ mögen. Strieth. B. 58. S. 131. DerVater hat dieKosten des für da-HauS kind geführten Prozesses zu tragen. Koch, R. d. Ford. III. 18. Komm. Note 28. zu §. 126. A. M das O.-Trib. in den Rechtsfällen B. 3. S. 446 f. Da- Ver­ mögen der Kinder haftet aber wohl nur subsidiär. Bei Prozessen über daS freie Vermögen der Kinder dagegen haftet dieses allein. Vergl. noch den Aufsatz von Sydow in der Deutschen Ger-Zeit. 1860. S. 107.

•) Auch da- Kind hat eine Alimentationspflicht gegen die Eltern. §. 63. d. T. Ueber die Alimentationspflicht der Verwandten überhaupt f. unten §.237. T) §. 64—73 74. 75. 86. Der Unterhalt wird nach Stand und Vermögen gewahrt. Entsch. B. 32. S. 92. Wenn die von ihrem Ehemann getrennt lebende Mutter den Unterhalt und die Erziehung der Kinder aus eignen Mitteln bestreitet, so hat fie eine Erstattungsforderung an den Vater nicht unbedingt. Seuffert I. 348. VII. 327.

soll diese Pflicht und dieses Recht besonders der Mutter übertragen wer­ den, wenn nicht erhebliche Gründe dafür sprechen, sie ihr zu entziehen'). Der Wille de- Vaters giebt bei der Erziehung'), der Wahl des LebenSberufS"), der Verheiratung") den Ausschlag. Aber diese väterliche Ge­ walt hat, wie gesagt wurde, einen vormundschaftlichen Charakter, darum kann mildernd die obervormundschaftliche Aufsicht, obgleich sie in der Re­ gel fern bleibt von der Gewalt deS Vaters, in einzelnen Fällen gegen Ueberschreitungen eingreifen"), und sie unterstützen, wenn die Mittel de» VaterS zur Züchtigung nicht ausreichen"). Hervorzuheben sind folgende Punkte. a. Bei gemischten Ehen bestimmt die Religion deS VaterS die religiöse Erziehung der Kinder"). DaS A.9.R. trennte noch nach den Geschlechtern"), aber schon die Deklaration v. 21. November 1803"). hob diesen Grundsatz in der richtigen Einsicht auf, daß durch ihn der re­ ligiöse Zwiespalt in den Familien dauernd gemacht werde. Zwar steht eS den Eltern frei, sich darüber zu einigen, in welchem religiösen Bekennt­ niß sie ihre Kinder erziehen wollen, und kein Dritter darf sie daran hin­ dern"); aber diese Einigung bindet nicht über den Tod deS VaterS, da» Vormundschaftsgericht darf davon abgehen, zum gesetzlichen Grundsatz, daß die Religion deS BaterS bestimmend sei, zurückkehren, und selbst dessen in der letzten Krankheit erklärte ReligionSändernng unbeachtet lassen"). Nur wenn der Vater schon ein Jahr lang vor seinem Tode da» Kind im Bekenntniß der Mutter hat unterrichten lassen, soll eS dabei verblei­ ben"). Das Kind hat mit vollendetem 14. Jahr da» Recht, selbst sein Bekenntniß zu wählen, entzieht sich aber durch die Wahl eine- andern al» deS elterlichen Bekenntnisses nicht seinen Kindespflichten"). ') §. 70-73. d. T. *•) §. 109-118. d. T-

•) §. 74. d. T.

Suarez, Schlußrev. S. 135.

Seussert I. 81.

") 8-119 120. d. T. ”) §. 72. 90. 91. 112. 113. d. T- Bei der verweigerten Einwilligung in eine Heirat ergänzt der Prozeßrichter den Konsens. §. 120. d. T. vergl. §. 68fg. II. i. Oben S. 502. *’) §• 87f. d. T- Dazu s. die Ergänz., inSbes. Reskr. v. 11. März 1806 bei Rabe B. 8 S. 493. ") An ton in der prcuß. Anw.-Zeit. 1862. S. 58s

*») §. 76. 77. 80. d. T. ") N. 0. C. XL 1931. Rabe VII. 524. V- 17. Aug. 1825. GS. S- 221.

Senfsert V. 181

Gesetzrev. XV. S. 35f.

Dazu Kab.-O.

IT) §.78. d. T. Suarez, Schlußrev- S. 134s. Gesetzrev. XV. 39. ••) §.81. d- T. Reskr. v. 8. August 1836 und ein Reskr. v. 1859 mitgetheilt in den Ergänz. Nr. 3. 4. zu §. 80— 82. Koch, Komm. Note 10 zn § 82. ") §. 82. d. T.

’•) § 83—85. vergl. mit §. 79. d. T. Wenn ein jüdische» Kind die christliche Reli­ gion wählt, so verliert sein jüdischer Bater nicht die väterlicke Gewalt. Entsch. B. 13. S. 324.

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Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

d. Die Erziehung der Kinder nach erfolgter Scheidung der Ehe soll in der Regel dem unschuldigen Theil zugewiesen werden; ist kein Theil schuldig, so behält die Mutter die Kinder bi- zum vollendeten 4. Jahr, dann kommen sie zum Vater"). Die Kosten der Erziehung treffen den letzteren"), die schuldige Mutter soll aber einen Beitrag leisten, insbesondere hat sie die Kosten bi- zum vollendeten 4. Jahre de- Kindezu tragen, wenn e- ihr gelassen oder anderen zur Pflege anvertraut werden muß, und statt de- unvermögenden BaterS tritt sie überhaupt ein"). c. Solange da- Kind in der väterlichen Gewalt steht, und darüber hinaus, wenn eS im Hausstand der Eltern ernährt wird, ist eS verpflichtet den Eltern in ihrer Wirthschaft und in ihrem Gewerbe thätig zu helfen; waS eS dabei erwirbt, erwirbt eS den Eltern"). d. Die künstliche römische Idee der Personeneinheit zwischen Vater und Sohn kennt das preußische Recht nicht und stimmt hierin mit dem heutigen gemeinen deutschen Recht überein"). DaS Kind kann hiernach selbständig Vermögen und Rechte erwerben, ohne daß eS des Beitritts des Vaters bedarf"). ES kann Rechtsgeschäfte mit dem Vater selbst ab­ schließen, und bedarf dazu nur, wenn eS noch minderjährig ist, der Ein­ willigung eines Kurators"). Rechtsgeschäfte mit Dritten, durch welche eS auch Verbindlichkeiten übernimmt, erfordern zur Giltigkeit die Ein­ willigung des Vaters"), welche, wenn er dem Kinde außer seinem Hause “) §. 92—103. d.T. Vergl. hierzu die Ergänzungen. Zu §. 92 Strieth. B. 35. S. 286. ») Seuffert l. 348. VI. 212. VIII. 269. X. 179. XIV. 145. ") §. 103-107. d. T. Zu §. 105. Enlsch. B. 40 S. 205. Der Satz, daß die Mutter, wenn sie schuldig ist, Erziehung-kosten tragen soll, hat seine Quelle in der falschen Interpretation der Nov. 117. c. 7. und der authent. si pater ad leg. un. 0. V. 24, die von Irneriu« herrührt. S. hierüber Koch, R. d. F. III. 22. Glück B. 27. S. 106 Note 4 Durch die Schuld der Mutter sollte der Bater von seiner Pflicht, den Kindern Unterhalt zu gewähren, nicht befreit werden. **) .121—123. d T. ArnSb. Arch. B 6. S. 607. Präj. 556. Samml. I. 165. Kraut a. a. O. S. 638f. Da» Kind kann auch für solche Dienste keinen Lohn in Anspruch nehmen, Seussert I. 354. (nur bei bestimmtem Lohuversprechen), VII. 196 (Eelle). VIII. 59. IX. 44 (Eelle). 174 (Lübeck). XV. 135. XVII. 256 2l) Kraut, Vormundschaft II. S- 630fs. Savigny, System II. 57. Glück B 2 S. 272sg. Entsch. B. 49- S. 226fg. Strieth. B 47. S. 307. Heuser, An­ nalen I. 444. Seussert I. 353. VII. 195 (Kassel). Da« gem. R- ist aber doch nicht ohne Schwanken, z. B. das. IX. 304 (Wiesbaden). Ferner das. XV. 113. XVII. 255. *•) §. 124. d T. Ein Beispiel Strieth. B. 55. S. 34. Auch nach dem österr. GB. §. 149f. ,T) Auch selbst über sein nicht freie« Vermögen, trotz §. 201. d. T. Rechtsp. B. 2. S. 257. Präj. 1641. Samml. I. 166. Strieth. Ö. 28. S. 250. « 40. S. 328. Anw.-Zeit. 1865. Sp. 781. Gesetzrev. XV. 107. Seuffert XIII. 267. Auch Schenkung-verträge, das. XIV. 44. XV. 30. »•) $. 125. d. T. Auch bei Wechselverbindlichkeiten der großjährigen Hau-söhne. Entsch. B 22. 401. Borchardt, Wechselordn. 3. A. S. 4f. Nach gemeinem

eine Beschäftigung gestaltet, stillschweigend für alle Handlungen ertheilt gilt, tpelche nothwendig sind, um diese Beschäftigung auszuführen"). Der §. 127. d. T., ein Anklang an das alte Pekulienrecht, hat ein Janus­ gesicht: er bezieht sich nicht nur auf Fälle, wo der Vater durch da» Kind verpflichtet wird"), sondern auch auf solche, wo da» Kind durch seine Geschäfte sich selbst verpflichten kann, und enthält insofern eine nähere Bestimmung deS §. 125. d. T., als nicht immer eine ausdrückliche, son­ dern auch eine stillschweigende, au» thatsächlichen Derhältnisien zu folgernde Einwilligung deS Vaters da» Kind fähig macht, rechtliche Verbindlichkeiten für sich zu übernehmen. Die wichtigste Anwendung hiervon im täglichen Leben ist das Dienen des Kinde» außer dem Haufe deS Vater», wenn dieser den Eintritt in solches Verhältniß ein für alle Male gestattet hat"). e. Der Vater hat vermöge seiner Gewalt eine DiSpositionSbefugniß über das Vermögen des Kinde», er kann daher diese» seiner Gewalt un­ terworfene Vermögen durch Rechtsgeschäfte belasten und verpflichtet inso­ weit da» Kind, aber weil die Idee der Personeneinheit nicht gilt, so ver­ pflichtet er das Kind nicht persönlich über den Betrag jene- Vermögen» hinaus"). f. Da» Kind verpflichtet den Vater nur vermöge eine» Auftrags, einer Genehmigung oder durch eine Verwendung in den Nutzen de» Va­ ter»"). Der ausdrückliche Auftrag bedarf keiner näheren Bestimmung. Der stillschweigend ertheilte Auftrag ist in §. 127. d. T. auSgedrückt, und die» ist die zweite Beziehung diese- Gesetzes: das Kind verpflichtet den Vater durch alle Geschäfte, welche e» vornehmen muß, um eine Be­ schäftigung auszuführen, die ihm der Vater außer seinem Hause angeRccht ist der großjährige Hau-sohn wechselfähig nach 1. 39 D. XLIV. 7. Seusfert XV. 51. In Betreff des freien Vermögen« ist der großjährige Hau«sehn zwar vertrag-fähig, aber der Gläubiger muß gegen ihn beweisen, daß der Vertrag in Ansehung des freien Vermögen« geschloffen worden. Strieth. 8. 50. S-162. Die Einwilligung des Vater« genügt auch bei Geschäften, die seine Hau«kinder unter einander abschließen. Enlsch. 8- 12. S. 332 Strieth. 8. 47. S. 112. Wenn der Vertrag de« Hauslmdcs der schristlichen Form bedarf, so muß auch der Vater schriftlich einwilligen. Strieth. 8. 26. S- 296. Die Genehmigung muß bei Lebzeiten de« Sohne« ertheilt sei». Das. B- 55. S. 294. Durch die Genehmigung wird der Vater nicht mitverpflichtel; hier gilt nicht dasselbe wie von der Genehmigung de« Ehemanne«. Oben S. 534 f. Koch, Note 26 a. E. zu §• 125. A. M Gesetz«». XV. S. 60f. Nach gem. R. ist da» Hau«Ii»d fähig, sich auch ohne Beitritt de« Vater» durch Verträge gegen Dritte zu verpflichten. Seuffert VIII. 118. 146. ”) §. 127. d. T.

••) Wie Koch, Komm. Note 29 zu §. 127 behauptet, au« den Materialien Nachweisen will-

und Bornemann V. 286.

") Strieth. B. 55. S. 34. A. M. Gruchot, Beitr. 8.1. S. 310 Nr. 2 in An» Wendung auf einen im Prozeß abgeschlossenen Vergleich.

M) Strieth. 8. 67. S. 143f.

") K. 126. d. T-

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Zweite- Buch.

Die besonberrn Privatrrchte.

wiesen fyat"). Die Genehmigung ist dadurch eingeschränkt, daß wenn der Bater Schulden des Kinde- bezahlt hat, daran- nicht di; Ermächti­ gung zu fernerem Schuldenmachen gefolgert werden darf"). Bei der nützlichen Verwendung werden zwei Fälle unterschieden. Ersten-: ein Dritter hat dem außer dem väterlichen Hause lebende Kinde Etwazu den nothwendigsten und dringendsten Lebensbedürfnissen gegeben; daGegebene gilt al- in den Nutzen de- Vater- verwendet, und dieser wird dadurch verpflichtet zur Gegenleistung. WaS als nothwendige» und drin­ gende- Bedürfniß de- Leben» zu erachten, muß im einzelnen Falle erwogen werden, der dritte Gläubiger aber muß nachweisen, daß ein solche» Be­ dürfniß auch für da» Kind wirklich vorhanden gewesen"). Zweiten-: andere Bedürfnisse, die nicht zu den dringenden und nothwendigen deLeben- gehören, sind dem außer dem Hause lebenden Kinde befriedigt worden; dann soll der Bater verpflichtet werden, wenn da- Kind nicht Gelegenheit gehabt, von ihm die Unterstützung zu erhalten. Den Mangel der Gelegenheit muß der Gläubiger nachweisen. Immer aber müssen eS auch hier Bedürfnisse sein, zu deren Befriedigung der Dritte Sachen oder Gelder gegeben hat"). Bei einem Dar lehn insbesondere hat der Gläubiger nachzuweisen, daß der Bater dem Sohne die Mittel zu einer nothwendigen oder nützlichen Aufwendung nicht gegeben, der Sohn also ohne eigene Schuld den Kredit hat nachsuchen müssen"). Durch andere Schulden de- Hau-kinde- wird weder der Vater noch da- Kind verpflichtet"); sie werden nicht giltig nach aufgehobenem Ge­ waltverhältniß"), nicht giltig durch den Vorwand, daß da- Kind vorge­ geben, e- stehe nicht mehr in der Gewalt"). Der Gläubiger kann nur auö dem Vermögen de- Kinde- Ersatz fordern, soweit sich diese- zur Zeit der Klaganstellung noch im Besitz de- durch die Verwendung be­ wirkten Vortheils befindet"), oder wenn da- Kind ihn betrügerisch zum Vertrage verleitet hat und er selbst dabei frei von mäßigem Versehen gewesen"). Der Gläubiger kann ferner die ihm aus die ungiltige Schuld geleistete Zahlung zurückhalten, auch wenn die Zahlung vor aufge­ hobener Gewalt geschehen ist; e- ist also die Kondiktion ausgeschlossen"). Endlich kann die ungiltige Schuld durch ein nach aufgehobener väterlicher •*) §. 127. d. T. ’») §. 128. b. T. ’•) §. 129. b. T. Präj. 792. Sammt. I. S. 165. Entsch. B. 18. S. 285. Strieth. B. 24. S. 119. Seusfert IX. 305. 306. X 61. XVII. 64 ”) §.130. b. T. Ueber ba« Verhältniß bc- §. 130. zu §. 129. f. Strieth. B. 39. S. 95. ") §. 708 f. I. 11. Oben B. 2. S. 252. §.131. b. T. ")§. 132. b. T. ") §. 134. b. T. ") §• 133. b. T. Oben B. 2. S. 419. Strieth. ®. 56. S. 261. ") §. 135. b. T. ") §. 138. b. T.

§. 222. Die persönlichen Wirkungen der väterliche» Gewalt.

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Gewalt ausdrücklich- gerichtlich oder notariell erklärte- Anerkenntniß de- Kinde- für diese- giltig werden. Da- Anerkenntniß muß aber für sich selbst al- ein neuer rechtSgiltiger Vertrag anzusehen sein, insbe­ sondere also die Verpflichtung zur Zahlung enthalten"). In dieser Weise hat der Recht-zustand, den im römischen Recht der Macedonische Senat-schluß geschaffen, Eingang in da- preußische Recht gefunden. Man sieht ohne Weitere», daß hier große Verschiedenheiten bestehen. Diese zeigen sich nicht bloß darin, daß, wie Suarez vorträgt die Vorschriften über da- Darlehn auf andere Geschäfte ausgedehnt, daß die Einrede aus der nützlichen Verwendung eingeschränkt und die des nachträglichen AnerkenntnifleS erschwert worden"), sondern sie liegen viel tiefer. Die Basis ist im römischen und preußischen Recht eine ganz an­ dere und mußte mit der Aenderung de- PekulienrechtS eine andere wer­ den. Der römische Hau-sohn war trotz seiner Vermögen-unfähigkeit doch fähig, sich und den Vater ans Höhe de- PekuliumS au- Verträgen zu verpflichten, er und sein Vater sollten deßhalb bei Gelddarlehnen durch die Einrede de- SenatSschlusieS gesichert werben17). Nach preußischem Recht ist der HauSsohn handlungsunfähig, seine Schuld ist ungiltig, er bedarf also einer solchen Einrede ebensowenig wie der Vater, denn der Gläubiger hat schon kein Klagerecht, und wenn von der Handlungsun­ fähigkeit ausgegangen wird, so ist der Ausschluß der Kondiktion eine Inlonfequenj"), während sie im römischen Recht auS der natürlichen Ver­ bindlichkeit des Hau-kinde» folgt"). g. Durch unerlaubte Handlungen des Kindes wird der Vater nicht verpflichtet, außer wenn er es dazu verleitet, die That gebilligt, nicht verhütet hat, oder sie als eine Folge vernachlässigter Erziehung er­ scheint"). In gleicher Weise wird die Mutter verpflichtet"). Diese Verpflichtung ist eine solidarische neben der deS Kindes"). Diese» haftet ") §. 136.137. d. T. bergt mit §. 37. I. 5. Strieth. B. SS. S. 261. Oben B. 1. S. 196f. Bornemann B. 288. Der §. 137. bezieht sich auch auf An­ erkenntnisse bevormundet gewesener Kinder. Strieth. B. 26. S 201. ") Schlußrevis. S. 135. Weil bei der Redaktion von der Ansicht au-gegangen wurde, daß man im Wesentlichen da» römische R. ausgenommen habe, so gelten diese Bestimmungen de« ALR. nicht al« fuSpendirt. Pl.-Beschl. Entsch. B. 22. S. 171. Strieth. B. 5. S. 88. Koch, Note 27 zu §. 125. *’) Sergi. Dietzel, da« SCtum Macedonianum. 1856. Wiud scheid XL §. 373. 6. 369. Seussert XI. 229. *•) Oben B. 1. S. 409 f. ") Streitig ist im gern. R, ob der Vater kondiziren kann. Die Au-sprüche von Ulpian 1.14. D. XII. 1. I. 9. §. 1. D. XIV. 6. scheinen sich zu widersprechen. S. Windscheid a. a. O. S. 375 Note 16. »•) §. 139-143. d. T. ") §. 144. 145. d. T. ") Bei der Redaktion hat Grolmann im Fall de« 8.143. eine subsidiarische Haf­ tung angenommen, weil die Eltern hier nur entfernte Urheber der Handlung sind. Bergt Borne mann II. 189. Note 5. V. 289.

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Zweite« Buch

Die besonderen Privatrechte.

für den Schadenersatz mit seinem eigenen Vermögen, auch wenn dieses erst nach Aufhebung der Gewalt von ihm erworben worden").

§. 223.

Dir vermögtusrechllichen Wirkungen.

ALR u. 2. § 147-209. Bornemann V. 289s. Koch, Priv.R. II. 630f. Schmidt

§. 64—72.S. 522s. Arndt« u. Leonhard, Vormundschaft«!. S- 93. — Glück B. 2. S. 208f. 214s. 5. 14. S. 355fg. «raut, Bormundschast II. S. 640s. Wind,

scheid II. §. 484. S.399fg. 476f.

Savigny, Oblig.-R. II. S. 52.

Dietzel, in

Bekker und Muther Jahrb. B. 2. S. 47fg.

In seinen Vorträgen bei der Schlußrevision hat Suarez bemerkt, daß die mancherlei römischen Eintheilungen des PekuliumS heute kaum einen doktrinellen Nutzen haben, und eS daher einer Vertheidigung nicht bedürfe, daß diese Distinktionen im Gesetzbuch übergangen und die Sache durch den Gegensatz des freien und nicht freien Vermögens vereinfacht worden. UebrigenS hebt er hervor, daß die Vorschriften des Gesetzbuchs nicht gegen das bisherige gemeine Recht wären'). Diese Bemerkung ist richtig; daS römische peculium profectitium ist im gemeinen Recht nicht mehr praktisch'), eS bleibt daher, da das HauSkind vermögensfähig ist, und Verträge zwischen ihm und dem Vater zulässig sind, in der That nnr der Gegensatz von solchem Vermögen übrig, wa» der Verwaltung und dem Nießbrauch des Vaters unterworfen, oder entzogen ist. Die» ist der Gegensatz zwischen peculium castrense, quasi castrense, adventitium irreguläre einerseits und peculium adventitium reguläre andererseits. Diesen Gegensatz haben die Redaktoren passend bezeichnet durch freies und nicht freies Vermögen der Kinder. »•) §.146. 203. d. T. ') Jahrb. v. 41. S. 136.

’) Sergi. Leyser sp. 164 handelt zwar wesentlich nur vom pec. advent. aber in weck. VII. hält er doch daran fest, daß für da« pec. profectitium zu vermuthen sei Dagegen bestreitet Stryck, us. mod. XV. I. gradezn die Rezeption de« pec. prof. und de« Titel« Dig. XV. 1. Cocceji jus controv. XV. 1. qu. 16. unterscheidet, ob der Sohn in oder selbständig außer dem Hause de» Vater« lebt, im ersteren Fall nimmt er da« profect. noch an. Dagegen wieder Lauterbach, colleg. th. pr. XV. 1. §. 41: haec actio de peculio hodie plus difficultatis quam utilitatis habet. Vergl noch Schiller, prax. jur. Rom. exerc. 27. §. 85. Kraut a. a. O. S. 640s. Dollmann in den Bl. s. Recht«anw B. 14 S. 129. Seusfert, Pand. B-3. §. 485. Savigny a. a. O. Dietzel S. 50. Dagegen will Windscheid a. a. O-S. 750 Note 4 in den Fällen, wo der Vater dem Sohne Vermögen nicht zur Begründung einer eignen Wirthschaft und nicht in der Absicht zu schenken, überläßt, noch ein pec. prof. annehmen. Allein int ersten Fall kann doch nur angeuommeu werde», daß der Sohn in der Verwaltung de« überlassenen Vermögen« Stellvertreter de« Vater« ist, und dann müssen die Regeln der Stellvertretung entscheiden; im zweiten Fall aber ist der Sohn Schuldner de« Vater«.

§. 223.

Die vermögen-rechtlichen Wirkungen der väterl. Gewalt.

617

I. Zum freien Vermögen, welches da» dem väterlichen Nieß­ brauch nicht unterworfene eigenthümliche Vermögen der Kinder ist'), ge­ hört ihr eigener Erwerb außerhalb des väterlichen Geschäft», die ihnen von dem Vater oder Anderen gegebene Ausrüstung und Beihilfe für ihren Berufsdienst, Lehne, Belohnungen de» Fleiße» und der Geschicklichkeit, die dem Kinde von den Eltern oder Anderen zugewendet werden, Geschenke und Vermächtnisse die ihnen au» Erkenntlichkeit für geleistete Dienste oder erwiesene Gefälligkeiten zufließen. Alle» da», waö ihnen von Eltern, Ver­ wandten, Freunden mit ausdrücklicher Ausschließung des väterlichen Nieß­ brauchs, — den nur die Ascendenten de» Vaters diesem nicht entziehen dürfen, weil sie ihm den Pflichttheil hinterlassen müssen —, beschicken wird, endlich die Ersparniß von demjenigen, was ihnen die Eltern zum Unterhalt außer dem Hause überwiesen haben'). Wenn außerdem im einzelnen Fall zweifelhaft erscheint, ob ein VermögenStheil zum freien oder nicht freien Vermögen gehört, so muß die Regel entscheiden, daß da« freie Vermögen die Ausnahme bildet'), daß wo der väterliche Nießbrauch an sich begründet ist, derselbe nur durch eine ausdrückliche Willenserklärung ausgeschlossen werden kann'). Ueber da» freie Vermögen haben die Kinder unbeschränkte EigenthumSbefugniß, als ob sie nicht unter väterlicher Gewalt ständen'). Während der Minderjährigkeit gebührt dem Vater die vormundschaftliche Verwal­ tung, wenn nicht der Dritte, von dem das Vermögen dem Kinde zugewendet worden, auch diese aiiSgeschlossen hat'). Au» den Nutzungen de» freien Vermögens wird das Kind verpflegt und erzogen, der Ueberrest wächst der Substanz zu'). Die Substanz also darf der Vater auch nicht ') §. 147. d. T. *) §. 148-155 d. T. Seusftrt XII. 43. *) Strieth. D 45. S. 311. 8.49. S. 82. B 50. S. 162. Wenn ein Dritter dem Kinde ein Kapital, und der Mutter die Zinsen davon auf Leben-zeit zuwen­ det, so gehört deßhalb da- Kapital nicht zum freien Vermögen de» Kinde»; der väterliche Nießbranch ist hier nicht au-geschlossen, sondern nur ansgeschoben, wie Koch, Komm. Note 4 zu 8. 154 mit Recht bemerkt, gegen Siewert II. 197. Augesallene Fideikommisse, Stistung-revenüen, der gesetzliche Nießbranch de» Haus­ sohne» an dem eingebrachteii Vermögen seiner Fran, die Entschädigung einer Ge­ schwächten (s. Seufsert III. 271. bei Nr. 5), überhaupt Entschädigungen, die einem Hau-kinde gezahlt werden, die abgeschichteten Vermögen-theile der Kinder, wenn durch teil Tod der Mutter die Gütergemeinschaft aufgehoben worden, ein dem Kinde vom Vater bei der Gülerveräußernng ans den Kanfgeldrückstand angewie­ sene- Kapital. — Alle- da- gehört zum nicht freien Vermögen de- Kinde-. S. hierüber die Ergänz, zu $. 154-156. d. T. Grnchot Vlll. 390. Es ist fest­ zuhalten, daß die 8.148—155. d. T- nicht bloß Beispiele sind, sondern die Fälle de» freien Vermögen- erschöpfen. •) Gesetzrevisor XV. 69. ’) §. 158. d. T. •' 5.159. 160. d. T. Ueber die Pflichten de» Vater- al» Kurator- Uber da- freie Vermögen de- Kinde» s. §. 984sg 11. 18. Unten §. 236. *) §. 161.162. d. T. Im gemeinen Recht wird die Frage, ob der Vater verpflichtet

Zweite« Bach

618

Die besonderen Privatrechte.

für den Unterhalt und die Erziehung des Kinde- angreifen. ter Großjährigkeit oder

nach

sonstigem Wegfall der

Nach erlang­

vormundschaftlichen

Verwaltung erhalten die Kinder auch die selbständige Verfügung und Ge­ schäftsfähigkeit, ohne daß es de- väterlichen Beitritt- zu ihren Verträgen Während der Daner der väterlichen Ge­

über diese- Vermögen bedarf'").

walt ist aber der Gläubiger de- Kinde- immer in der Vage, nachweisen

zu müssen, daß der Vertrag in Beziehung auf da- freie Vermögen abge­

schloffen und daß solche- vorhanden sei").

Er soll sich daher — ähnlich

wie der Gläubiger auf da- vorbehaltene Vermögen der Frau") — seine

Forderung durch

Eintragung in das Grundbuch

auf

dem

Blatt de-

freien Grundstücks des Kindes, oder durch Uebergabe des ihm verpfände­

ten Schuldinstrumentes oder der verpfändeten beweglichen Sache beson­

der- sichern").

Großjährige Kinder müssen zwar die Einkünfte ihre- freien

Vermögens vorzüglich zu ihrem Unterhalte verwenden, aber nur „soweit

diese hinreichen", darüber hinan- hat der Later einzutreten, und die Sub­ stanz deö freien Vermögens wird auch hier konservirt").

Für den Ersatz

au- unerlaubten Handlungen des Kinde- haftet dieses Vermögen zunächst,

und zwar auch die Substanz"). II. Zum nicht freien Vermögen gehört Alles Andere, insbesondere „bloße" Schenkungen, Vermächtnisse, Erbschaften, Glück-erwerbe de- Kin­ Der Vater hat hieran Verwaltung und Nießbrauch bis zur Auf­

de-").

hebung der väterlichen Gewalt"); ohne Beitritt und Einwilligung

es können also die Kinder

de- Vaters

unter Lebenden verfügen, dagegen

so lange

über dieses Vermögen nicht

testiren").

Aus

unerlaubten Hand­

lungen des Kindes hastet auch das nicht freie Vermögen dem Beschädigten selbst der Substanz nach, doch hinter dem freien").

Die Verwaltung

de- Vater- ist zwar eine freiere, al- die eine- Vormundes,

denn sie ist

sein eigenes, nicht ein übertragenes Recht, aber sie hat den vormundschaft­

lichen Charakter und unterliegt in einzelnen Fällen der gerichtliche«; Auf­

ist, den Sohn zu alimentiren, wenn dieser eigne« Vermögen hat, auf Grund der 1. S §. 7. D. XXV, 3. und der I. 8. C. VI. 61. verneint; V ost, comm. XXV. 3. nr. 15. Berger, oecon. jur. 1. 3. 15. not. 10. Heuser, Annalen V. 365fSenffert XII. 45. '•) §. 163. 165. d. T.

") Strieth. B. 50. S. 162. ") Oben S. 530.

'') §. 166. d. T-

") §. 164. d. T. ") 8-167. *•) §. 156. 157. d. T. Auch die Pathengeschenke. den 7. Sohn s. Kab -Ordre v. 7. Ang. 1821 (v. ") Da« väterliche Nießbrauch«recht ist nicht cessibel.

d. T. I» Betreff der königlichen für Kamptz, Annalen B. 5. S. 526.) Senffert XX. 222 (Kassel).

") §. 168. 202. d. T. Kraut II. 612s. Bei Seussert III. 340 (Kassel) ist an­ genommen, daß der Bater eine Universalklage auf Anerkennung seine« Verwal­ tung«- und Nießbrauch«recht« nicht habe. ") $. 203. d. r-

§. 223. Die vermögen-rechtlichen Wirkungen der väterl. Gewalt.

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sicht. Wenn die Sinder minderjährig sind, so ist die Einwilligung deGericht- nöthig zu Substanzveränderungen, die der Nießbraucher nicht ohne den Eigenthümer vornehmen darf, bei Veräußerung, Verpfändung, dauernder dinglicher Belastung der Grundstücke oder Gerechtigkei­ ten^). Der Vater hat dem Gericht die Nothwendigkeit oder Nützlichkeit nachzuweisen"). Bei der Veräußerung bloß deS Nutzen- wegen soll da­ gelöste Kaufgeld für da- Kind wieder sicher angelegt werden, in Grund­ stücken oder al- Hypothek, oder gegen Kaution de- Vaters"). Will dieser Verbesserungen deS Grundstücke- sich künftig au- dem Vermögen deKinde- vergütigen lassen, so muß er die Einwilligung de- Gericht- zu der Verbesierung sich verschalen"). Großjährige Kinder haben in allen diesen Fällen selbst einzuwilligen. WaS die Kapitalien der Kinder betrifft, so steht eS zwar im freien Gntbefinden de- Vater-, wie er sie anlegen oder ob er sie einziehen, oder sich selbst zum Schuldner dafür bestellen will"); aber wenn ein Kapital den Kindern „zur Sicherheit besonder- verschrie­ ben", wenn die Verwaltung de- Vater- durch besondere Gesetze oder recht-giltige Willenserklärungen eingeschränkt ist, so darf er auch die Ka­ pitalien nicht ohne Einwilligung der Kinder oder deS Gericht- einziehen ”) §.170. 171. d. T. Die Genehmigung des Gerichts ist natürlich auch nöthig, wenn das Grundstück, welches der Bater verkaufen will, zum freien Vermögen des minderj Lhrigen Kindes gehört. Strieth. B. 39. S. 88. Die Veräußerung ohne Genehmigung ist anfechtbar, die Anfechtbarkeit wird aber geheilt durch spä­ tere ausdrückliche oder stillschweigende Genehmigung des Kindes, analog nach §. 593f. II. 18. Dagegen Gruchot III. 438. Strieth. B. 34. S 333. — Seuffert III. 334. Das A.G. Hamm (Gruchot III. 441) hat mit Rücksicht auf §. 168. d. T. auSgeftthrt, daß, wenn der Bater ein Grundstück, welches ihm und seinem Sohne zusammen gehört, als ihm allein gehörig verkauft hat, der Sohn gegen den Käufer auf Herausgabe seines Antheils an dem Grundstück so lange nicht klagen kann, als die väterliche Gewalt dauert, weil solange der Bater doch Besttz und Nießbrauch an diesem Antheil haben würde und der Käufer an seine Stelle getreten ist. Die Entscheidung ist bedenklich. Den väterlichen Defitz und Nießbrauch kann der Käufer nicht erlangt haben, er wollte Eigenthümer werden, und der Kauf in Betreff des Kindestheils ist anfechtbar, mithin dieser Antheil evinzirbar. Ueber Tradition eines ideellen Theils s. übrigens oben B. 2 S. 106. Note 7. — Der § 170. bezieht sich nur auf solche Fälle, wo der Bater den Nießbrauch an dem DermögenSstück hat, über welches er substanziell verfügt. Wo ein solcher Nießbrauch nicht vorliegt, bedarf die Disposition des Bater- nicht der Genehmigung des Gerichts. Entfch. B. 22 S. 376f. ES bedarf auch nicht der Genehmigung des Gericht-, wenn der Bater für da- Kind ein Grund­ stück ankauft, selbst wenn da- Kaufgeld rückständig bleibt. Strieth. D. 67. S. 144. Auf mobile Effekten bezieht sich §. 170 auch nicht. Koch, Komm. Note 17. Dergl. in Betreff dieser die §§. 279—286. d. T. — Nach altdeutschem Rechte, Sachsensp. I. 11. hatte der Vater kein BeräußerungSrecht. Kraut II. 609.

,l) §. 172 173. d. T- Nothwendig ist die Aufnahme einer Taxe nicht, um den Nach­ weis der Nützlichkeit zu führen. Koch, Priv -R. II. S. 633. Note 21. Ueberhaupt ist die Genehmigung des Gerichts ganz arbiträr, auch nicht durch §. 563. II. 18. gebunden. Seuffert III. 334. 335. ") §. 174. d. T. ") §. 175. d. T.

") S. z. B. Strieth. B- 26. S- 318.

Seuffert XVII. 65.

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Zweite» Buch

Die besonderen Privatrechte.

und anderweitig anlegen''). Im Uebrigen unterliegt die Verwaltung des Bater- keiner Beaufsichtigung de- vormundschaftlichen Gericht-"); er be­ darf insbesondere nach der richtigeren Meinung nicht der Einwilligung desselben, um eine dem Kinde angefallene Erbschaft vorbehaltlos anzuneh­ men oder au-zuschlagen"). Der Nießbrauch des Vater- ist dadurch bedingt, daß er den Kindern standeSmäßig Unterhalt und Erziehung ge­ währt; im Uebrigen hängt die Verwendung der Einkünfte ganz von sei­ nem Belieben ab, und seine Gläubiger können auS ihnen sich befriedigen"). — Der Vater verliert den Nießbrauch und die Verwaltung, wenn er in Konkurs geräth, die Kinder nicht mehr standeSmäßig verpflegen und ") §. 169. d. T. Darüber, wa» „den Kindern zur Sicherheit besonders verschrieben" bedeute, hat man gestritten. In der Praxis ist sestgestellt, daß Hypothekbestellung nicht die einzige Art solcher Verschreibung zur Sicherheit ist (Reskr. v. 26. Juli 1814. Iahrb. D. 3. S. 270. Reskr. v.7. Febr. 1840. I MBl. S. 71). und daß §. 169. auch ans den Fall anzuwenden, wenn der Bater selbst das Kapital seinen Kindern zur Sicherheit bestellt und aus ihren Namen aus seinem eigenen Grund­ stück hat eintragen lassen. Entsch. B. 14. S. 60. Pl. Beschl. Dagegen sind Hy­ pothekenkapitalien, die auf Grundstücken Dritter auf den Namen der Kinder ein­ getragen sind, nicht deßhalb allein zur besonderen Sicherheit ihnen verschriebene. Entsch. B. 41. S. 238. Strieth. B. 45. S. 311. Man wird sagen müssen, daß der Fall der besonders bestellten Sicherheit im mer vorliegt, wenn der Bater selbst auf seinem Grundstück auf den Namen seiner Kinder ein Kapital eintragen läßt, daß aber der Dritte, der das Kapital dem Kinde zuwendet, ausdrücklich er­ klärt haben muß, daß es zur Sicherheit dem Vater gegenüber auf den Namen de- Kindes geschrieben werden soll. Bergt, die Ergänz, zu §. 169, Koch, Komm Note 15 zu §. 169. und in der jur. Wochenschr. 1837. S. 257. Arndt- und Leonhard, DormundschastSrecht S. 112 Note 369. Unmotivirt ist die Behaup­ tung, daß solche Dokumente im gerichtlichen Depositum verwahrt werden müssen: die Praxis nimmt dies dann als nöthig an, wenn das Kapital auf dem Grund­ stück des Baters eingetragen ist. Bergt. Ergänz, bei Nr. 4 zu §. 16S. d-TNach geni: R. kann der Bater ohne Weiteres die Kapitalien der Kinder einziehen, Seuffert X. 181. 2e) Z B. Entsch. B. 52. S. 171. B. 58. S. 298. Strieth. B. 52. S. 236. Sicherheitsmaßregeln: Seuffert III. 336. VII. 198

”) Das ist bestritten. Das O.-Trib. hat angenommen, daß der Vater durch Ver­ säumung der Frist zur Einreichung des Inventariums einer dem Kinde angefallenen, zum nicht freien Vermögen gehörigen Erbschaft, dasselbe der RechtSwohlthat verlustig mache, Entsch. B. 23. S. 63. Bergl. Ergänz zu §. 168—175. d. T. Die im Text als richtig behauptete Meinung wird vertreten von Arndts und Leonhard, Vormundschaft-recht, 1862. S. 132. Gruchot, Erbrecht I. S. 89. Koch, Komm. Note 14 zu §. 168, besonders Schütz in der jnrist. Wochenschr. 1841. S. 101, der mit Recht darauf hinweist, daß eine solche Erklärung des Va­ ters kein Akt der Vermögensverwaltung, sondern eine Vertretung des noch un­ fähigen Willens des HauSkindeS ist. Soll dagegen die Erbschaft zum freien Ver­ mögen des Kindes gehören, so vertritt der Vater das minderjährige Kind nur wie ein gewöhnlicher Vormund, und bedarf dann allerdings der gerichtlichen Ein­ willigung. Koch a. a. O. Ueber die Verpflichtung des Kindes durch Dispositionen des Baters s. oben §. 222. bei e. S. 613.

§. 204. 205. b. T. Der standeSmäßige Unterhalt kann auch aus dem nicht freien Vermögen der Kinder gewährt werden. Präj. 1740. Samml. 1. S. 166. — Seuff ert 11.306.307. UI. 337. 338. V. 296 XII. 169. XIV. 100. Der Vater ist persönlich verpflichtet, den Zins einer seinen Kindern zusteheuden, von ihm vermöge seine- Nießbrauch-rechts betriebenen Pacht zu entrichten. Entsch. B. 62. €>. 156*

§. 223.

Dir vermögen-rechtlichen Wirkungen der vüterl. flktoelt.

621

erziehen kann, und er behält dann mir einen Anspruch auf Unterstützung au- den Einkünften de- Kindesvermögens"). Im Konkurse des Vaters haben die Ansprüche der Kinder wegen

ihres gesetzlich in die Verwaltung und Nutznießung, oder nur in die Ver­

waltung desselben gekommenen Vermögens ein gleiche- Vorrecht wie die

Ehefrau des Gemeinschuldners, jedoch ohne den An-fchlnß desselben bei Handelsleuten, Rheder» und Fabrikbesitzern.

Da- Vorrecht ist aber nur

gegeben, wenn der Anspruch de- Kinde- binnen zwei Jahren nach Be­ endigung der väterlichen Verwaltung, oder, wenn in diesem Moment die

Kinder minderjährig sind, binnen zwei Jahren von dem Tage, wo da­

vormundschaftliche Gericht Kenntniß von dieser Beendigung erhalten, durch Klage geltend gemacht und bi- zur Eröffnung de- Konkurse-

ununter­

brochen verfolgt worden ist'").

Besondere Sicherheit hat der Vater nicht zu bestellen").

dem Kinde in der Regel

Von dieser Regel giebt eS Ausnahmen: wenn er

in Vermögen-verfall zn gerathen anfängt"), wenn er ein Amt, mit wel­ chem eine mit fiskalischen Rechten bekleidete Kassenverwaltung verbunden ist, oder eine Pachtung übernimmt, oder zur Zeit, wo da- Vermögen de-

KindeS in seine Verwaltung gelangt, sich bereit- in einer solchen Stellung befindet").

In diesen Fällen soll der Vater den Kindern für ihr Ver­

mögen Sicherheit leisten und vermag er e- nicht, so muß den Kindern

ein Kurator unter Aufsicht de- vormundschaftlichen Gericht- bestellt wer­ — Schreitet der Vater zur anderweitigen Ehe, so hat er

den").

sich mit den Kindern au- der vorigen Ehe über ihr Vermögen au-einanderzusetzen, wobei den minderjährigen ein Kurator bestellt wird"). Besitzt der Vater Grundstücke und Gerechtigkeiten, so muß da- Vermögen ”) §. 206-209. d. T. Die Wiederaufhebnng des Konkui'seS giebt dem Vater den Nießbrauch nicht wieder. Entsch. B. 35. S 92. S tr ieth. B. 13. S. 328. Im Fall des §. 206. verliert der Vater den Nießbrauch von Recht- wegen, ohne daß es cines besondere» Entziehung-akte-bedarf Stri eth. B. 49. S. 153.

M) Äonk -Ordu. §. 80. 81. §. 176. d. T. ") 178. d. T. ”) Beispiel Entsch. B. 13. S. 409. die bestellte Sicherheit.

Spätere bessere Vermögenslage beseitigt nicht

”) 8 179 -181. Anb. §. 86 87. 89. Bergt hierzu die Ergänzungen. »*) 8.182—186. d. T. ”) §. 18. II. 1. $. 187. Anh. §. 89. §. 191 d T. Ueber die Pflichten eine- solchen Kurator- f. §. 970 fg. 11. 18. Unten §. 236. Testamentarisch kann die Au»ein« andersetzung au-geschlossen sein. Entsch. B. 48 S. 210fg Strieth B. 50. S. 9. Der überlebende Ehegatte hat dann die Stellung eine» befreiten Vormun­ de», darf aber nicht die Vermögen-substanz angreifen und verzehren »der vermin­ dern. Anh. §. 168. bei 9- 689.11. 18. Bergt, hierzu Strieth. B. 32 S. 96. B. 34. S. 50. Die Auseinandersetzung de- Vater- mit den Kindern ist trotz der Mitwirkung de» vorniundschaftlichen Gericht- nicht eine Theilung im Sinne de« §. 111. I. 17. und daher wegen Irrthum» anfechtbar. Entsch. B-50. S. 183. Strieth. V. 12. S. 76 Der Vater ist verpflichtet, da» mütterliche Vermögen der Kinder zu verzeichnen. Scusfert XX. 141.

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Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

der Kinder auS der vorigen Ehe, d. h. das von der Mutter an sie ge­ fallene, wie es bei der Auseinandersetzung berechnet worden, eingetragen werden"). Die Eintragung hat die Wirkung einer Kaution"). Da» ALR. giebt noch vorsorglich Anordnungen darüber, wer für die Sicherstellung des Kindervermögens zu folgen verpflichtet sei, wenn ein solcher Fall eintritt"): natürlich vorzugsweise der Vater selbst, und wenn er vorsätzlich unterläßt, dein vormundschaftlichen Gericht Anzeige davon zu machen, daß ein solcher Fall bei ihm eingetreten, so verliert er seinen Nießbrauch").

Dritte» Kapitel. Die Auflösung der väterlichen Gewalt.

§. 224. Der Austritt aus der väterlichen Gewalt. A.L.R. II. 2. §. 210 - 254.

Bornemann V. 300f.

Vormundschaft II. S-643f.

Koch, Pr.-R Il

Zimmermann im Archiv für

«35.

Kraut,

civilistische Praxi»

B. 50. 1867. S. 158fg.

Abgesehen davon, daß die väterliche Gewalt durch den natürlichen Tod de» BaterS — einen bürgerlichen Tod kennt da» heutige preußische Recht nicht') — ihr Ende erreicht'), sind im AkR. diejenigen Aufhebungs­ arten ausgenommen, welche sich gegen die Reception al» deutsch-rechtliche erhalten haben. 1. Abgesonderte Wirthschaft des Sohnes. Die erlangte **) Nur da» mütterliche Vermögen, nicht auch da» von Dritten an die Kinder ge­ fallene. A. M Koch, Komm. Note 34. zu §. 187. Aber da» Vermögen ,,au» voriger Ehe" kann wohl kein andere» fein und ei fehlt an einem Grunde, west­ halb der Vater weiter zur Sicherheit verpflichtet fein soll. Wenn die Mutter ihren Kindern mehr al» den Pflichttheil hinterläßt, kann sie den Vater im Testa­ ment von der Sicherstellung befreien. S trieth. B. 58. S. 241. Statt der Ein­ tragung steht dem Vater andere Sicherstellung frei. Koch, Note 34. zu §. 187.

•*) §. 187.188. d. T- Bestritten ist, ob der Vater, wenn er da» Grundstück verkauft, die Löschung der für seine Kinder eingetragenen Kaution verlangen kann. Da» O.-Trib. verneint, weil ihm da» Gesetz diese Befugniß nicht ausdrücklich beilegt, im Einverständniß mit einem Reskr. v. 27. April 1829. Jahrb. B 33. S. 339. Centralbl. 1837. S. 709. Die bejahende Ansicht scheint aber die richtigere zu sein, sie ist in dem Reskr. v. 6. Aug 1806 angenommen (N. C. C. XII. 711. Rabe B- 8. S- 645). Koch, Note 34 zu §. 187. Arndt» und Leonhard, BormundschastSrecht S. 95. Anm. 292.

“) K. 189—198. d. T.

Die §§. 195 196 sind antiquirt.

S. Koch, Komm Note 37.

»•) §. 199. 200. d. T.

') Verfass.-Urk. Art. 10. Nur »ach abgelegtem Klostergelübde wird man „in An­ sehung aller weltlichen Geschäfte al» verstorben angesehen." §. 1199fg II. 11. Darau« folgt in diesem Fall auch da» Aushören der väterlichen Gewalt. ') §. 270. d. T.

§. 224

Der Austritt aus der väterliche» Gewalt.

623

Großjährigkeit allein beendigt nicht die väterliche Gewalt'); e- müssen andere thatsächliche Verhältnisse hinzutreten, um diese Wirkung hervor­ zubringen. Von jeher ist in Deutschland anerkannt und insbesondere in den Ländern deS sächsischen Rechts seit 1572 auch gesetzlich ausgesprochen'), daß die Errichtung eines selbständigen HauShaltS den Sohn von der Ge­ walt des Vaters befreit'). Aber eS ist hierbei in der Praxis des gemei­ nen Rechts vieles streitig. Schon schwierig ist eS, den Begriff eine­ selbständigen HauShaltS auf einen allgemeinen Satz zurückzuführen, dem die große Mannichfaltigkeit der Gestaltungen im Leben untergeordnet wer­ den kann'); man stritt außerdem darüber, ob der Sohn auch die Groß­ jährigkeit erreicht haben müsse73),84 **ob 10 * eine ausdrückliche Einwilligung deBaterS nothwendig fei'), ob nicht auch die Tochter auf diese Weise an­ der Gewalt heraustreten könne'). DaS ALR. hat diese Kontroversen im Anschluß an da- Sachsenrecht entschieden: „wenn ein Sohn nach erlangter Großjährigkeit eine eigene, von den Eltern abgesonderte Wirthschaft er­ richtet, so geht er dadurch an- der väterlichen Gewalt""): also nur ein großjähriger Sohn und ohne daß eS einer ausdrücklichen Einwilligung des Vaters bedarf"). Der Vater darf zwar bei Gericht widersprechen, aber der Widerspruch muß durch Gründe getragen sein, welche hinreichen, 3) Wohl aber nach dem österr. G.B. § 172, wenn nicht besondere Gründe entgegenstehen. DeSgl. nach dem code civil, a. 372. 4) Konstit Kurf. August v. S v. 21. April 1572 in den constit. Saxon. II. 10. „da sich Kinder, so zu ihren mündigen Jahren kommen, von dem Bater mit Anstellung ihrer eignen Haushaltung und Nahrung scheiden, daß alsdann solchefür eine Emancipation zu achten und derselben Wirkung haben soll, ungeachtet obgleich solche Emancipation anderer Gestalt und für Gericht nicht geschehen und fürgenommen würde." Bergl. Schott, inst. jur. Saxon. p. 153. Müller, promptuarium Juris s. v. emancipatio. Berger, oecon. jur. ed. Haubold p. 169. (I. 3. 16. 5.) Hommmel, raps. obs. 667. (etiam invito patre). WeiSke, Abhandl. 1830. S. 45f. 8) Siehe andere Belege bei Kraut a. a. O. S. 644f. in Note 3, welche zeigen, daß diese Art der Beendigung der väterlichen Gewalt fast in allen Gegenden Deutsch­ lands sich erhalten hat. DeSgl. die Quellenzeugniffe bei Zimmermann a. a. O. S. 159- 166. Eö ist dies eine Selbstxmancipation des Sohnes, wie sie S chmid t, Familienrecht S. 512f. richtig bezeichnet. •) Kraut S- 647f.

7) Kraut S. 649. 8) Krant S. 649f.

Zimmermann S. 169f.

Zimmermann S. 167.

Glück II. S. 383.

Zimmermann S. 177f.

*) Kraut S. 658f. Zimmermann S-176s. Beide erklärten sich dafür, daß nach den heutigen Lebenöverhältnissen auch einer großjährigen Tochter das Recht nicht abgefprvchen werden darf, durch Errichtung eine- eignen HauShaltS oder Betrieb einer eignen Erwerbsthätigkeit aus der väterlichen Gewalt auSzu treten. Diese Ansicht ist auch eine nothwendige Konsequenz der allgemeinen Beseitigung der Geschlecht-vormundschaft. Bergl. noch Schenk in der Zeitschrist für Gesetz­ gebung und Rechtspflege in Preußen von F. und P. HinschiuS l. S- 790.

10) §.210. d. T. ") Strieth. B. 58. S. 117. Es ist ferner B 27. S. 54 angenommen, daß bei einem großjährigen Sohn nicht die Vermuthung dafür spricht, daß er noch unter väterlicher Gewalt stehe, der Sohn muß also beweisen, daß er noch unselbständig. —

624

Zweite« Buch.

Di« befonbtren Privatrechte.

den Sohn füt einen Verschwender zu erklären"). Anch für den Begriff der abgesonderten Wirthschaft giebt das Gesetzbuch einige, obwohl nicht erschöpfende Anhaltspunkte: der Betrieb eines eignen Gewerb-, die Ueber­ nahme eines öffentlichen Amts, bei aktiven Militairpersonen die Stellung eine- Kompagnie- oder ESkadronfiihrerS sind Kriterien derselben"), da­ gegen nicht auch, daß der Sohn durch seine selbständige Beschäftigung ganz frei von der Unterstützung oder Beihülfe deö Vaters wird"). Daraus ergiebt sich der Satz: eine ;»m Austritt aus der väterlichen Gewalt er­ forderte abgesonderte Wirthschaft ist vorhanden, wenn der Sohn außer­ halb deS Geschäftskreises seines Vaters eine Berufsarbeit übernimmt, die an sich geeignet sein kann, ihm einen selbständige» Unterhalt zu ge­ währen, wenn sie ihn auch im einzelnen Falle noch nicht vollständig ge­ währt"). Wo nachweisbar die Berufsarbeit dem Sohne möglich macht,

") ") ") ,B)

Der Bater kann den großjährigen Sohn durch eine Erklärung ohne Weiteres an­ der Gewalt entlassen, wenn auch ein selbständiger Haushalt nicht errichtet wird. Seufsert III. 268. tz. 21l.d. T. Krant S. 650. Eichhorn, Einleit 9. 316. Anh. §. 90. §. 212. a. b. d.T. RechtSf. B. 2. S 149. Es kommt darauf an, daß der Sohn nicht mehr im Brod des DaterS lebt und auch nicht nach einiger Zeit in daffelbe zurückkehren soll; vielmehr sich dauernd durch eigene Arbeit im Wesentlichen selbständig ernährt. Zimmermann E 169f. Beispiele auS der Praxis: bloßer Erwerb des Bürgerrechts be­ wirkt nicht den Austritt aus der väterl. Gewalt. Entsch. B. 7. S. 139., deSgl nicht die Uebernahme eines unbesoldeten Gemeindeamtes. Strieth. B. 29. S. 206. Eigenes Gewerbe, d. h. ein solches, welches eine fortwährende, gleichartige Be­ schäftigung außerhalb des väterlichen Hauses bietet, bewirkt die Entlastung immer, auch wenn der Bater noch Unterstützung gewähren muß, Entsch. D. 22. S. 378. RechtSf. B. 2 S- 149. Wenn der Sohn sich durch Abschluß eines Vertrags einen selbständigen Erwerb schafft, so tritt er dadurch auS der Gewalt. Entsch. B. 29. S. 118. Strieth. B. 15. S. 139. Die Beschäftigung als Privatschreiber in dem Büreau eines Rechtsanwalts auf Grund eines mündlichen Vertrages giebt nicht Selbständigkeit, unter besonderen thatsächlichen Umständen kann eS aber der Fall sein. Strieth. B 51. S. 340. Vertragsmäßige Uebernahme einer Oekonomie-Jnspektion, einer Pachtung, einer Ackerwirthschaft, Betrieb deS der Frau gehörigen Gewerbes bewirken den Austritt Strieth. B. 58. S. 318. Entsch. B. 8. S. 384. B. 12. S-332. RechtSf. B. 4. B. 540. So lange der HandlungSdiener, der Provisor in einer Apotheke, der Handwerksgeselle ihre Beschäfti­ gung nur zur Ausbildung für künftiges selbständiges Etabliffement treiben, blei­ ben sie in der Gewalt des VaterS; wenn sie dauernd die Absicht eines eigenen Etablissements ausgeben und in der Stellung deS Diener- und Gesellen verblei­ ben, so treten sie auS der Gewalt. Gesetzrev. XV. 119 Bauernsöhne, welche auswärts dieneu, um die Landwirthschaft zu lernen, bleiben in der Gewalt. Ein Dienstverhältniß als Hausgesinde, Fabrikarbeiter, Tagelöhner, befreit an sich nicht von ihr, kann aber die Wirkung haben, wenn eS als eine dauernd be­ festigte Erwerbsbeschäftigung erscheint. Gesetzrev. a. a. O. 120. Heuser IV. 256. Referendariat befreit nicht von der Gewalt, aber, wie die Praxis nicht unbedenklich annimmt, das noch unbesoldete Affefforat. Entsch B. 46. S 243. Strieth. B- 43. S- 155. Gruch 0t B. 6. S. 61. Die bestandene Staatsprüfung als Arzt oder die zweite Prüfung des theolog. Kandidaten, die diätarische Beschäftigung als Aktuarius, wenn sie ihn nicht dauernd aus dem väterlichen Hause entfernt, hebt die Gewalt nicht aus. Strieth. B. 23. S. 37. Dagegen Militairdienst aus Ka-

§. 224.

Der Austritt an» der väterlichen Gewalt.

625

ohne Unterstützung des Vaters zu leben, da muß der Vater die Ueber­ nahme einer solchen Beschäftigung dem Sohne gestatten und ihn dadurch au- seiner Gewalt entlassen"). Einen minderjährigen Sohn unter 20 Jahren darf der Vater nicht entlassen, nach zurückgelegtem 20. Jahr kann er ihn entlassen, aber da- setzt voran- entweder eine ausdrückliche, vor dem Vormundschaft-gericht verlautbarte Erklärung de-Vater- und Zustimmung de- Sohne-, oder eine .ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung de- Vater-, daß der Sohn ein besondere- Gewerbe für eigne Rechnung anfange"). Daraus allein dagegen, daß der Vater dem minderjährigen Sohne gestattet hat, ein öffentliche- Amt zu übernehmen, oder daß er au- seinem oder seiner Frau Vermögen ihm eine besondere Wirthschaft eingerichtet hat, folgt an sich nicht die Gewaltentlassung; dazu bedarf e- jener gerichtliche» Verlautbarung"). Wenn der Sohn dapitulation (Berufssoldaten), Reskr. v. 14. März und 24. Okt. 1812. Jahrb. B. 2. S 170. Wenn der Vater seinem Sohne Mitbesitz und Verwaltung seine- Ver­ mögen- einräumt, so liegt darin keine Entlaffung au- der Gewalt. Strieth. B. 29. S. 206. Wohl aber wenn der Vater dem Sohne da- Gut überträgt und al- Ausgedinger bei ihm bleibt. Desgleichen wenn der Vater dem Sohn die Verwaltung eine- von seinem Wohnsitz entfernt liegenden Gutes überträgt und der Sohn auf diesem Gut seinen Wohnsitz nimmt. ROHG. B. 3. Nr. 74. S. 355. Stegemann B 4. S. 157. Ebenso hat daS ROHG. B- 4. Nr. 80. S. 388 angenommen, daß ein Sohn, der bei seinem Vater al- Handwerk-gehilfe in Lohn und Brod tritt, dadurch aus der väterlichen Gewalt tritt. Die Ueber­ nahme eine- kaufmännischen Geschäfts, wenn sie mit Errichtung eine- Haus­ standes verbunden ist, befreit von der Gewalt. Seuffert III. 269. Die Aus­ weisung des Sohnes ans dem väterl. Hause hebt die Gewalt des Vater- nicht auf. Heuser Aunalen IV. 256. Andere Beispiele auS der gemeinrechtlichen Praxis f. bei Seuffert II. 308. V. 30. XL 51. 52. XII. 168. XVI. 58. XVII. 257. ") §. 213. d. T. Der Vater muß dann also auch dem Sohn sein eigenthümliches Vermögen herausgeben. Bedenklich ist die Entscheid, bei Seuffert XVII. 257. n) §. 214-218. 224. d. T. Die vom Vater vor Gericht verlautbarte Erklärung, daß er den minderjährigen Sohn au- der Gewalt entlasse, ist verschieden von der vom Vater bei Gericht nachgesuchten MajorennetätSerklärung des Sohnes. Bei letzterer bedarf es der Prüfung und Genehmigung des Gerichts, 8. 715. 716. II. 18., aber nicht bei jener Verlautbarung, bei welcher daS Gericht nichts zu ertheilen hat als eine Bescheinigung, mit deren Aushändigung die Wir­ kung der Entlaffung beginnt. Entsch. B. 8. S. 384. B. 12. S. 321. B. 18. S. 289. ROHG. B. 6. S- 317. Die Wirkungen sind freilich'bei beiden gleich, und eine Unterscheidung beider daher ganz überflüssig. Töchter können durch Entlassungs­ erklärung des Vater- nicht au- seiner Gewalt treten, dazu bedarf e- einer Majo­ rennetätSerklärung des Gericht-. Anh. §. 91. Bergt, auch die Ergänz, hierüber. Die Verlautbarung wird nicht ersetzt durch die im Testament des BaterS ausge­ sprochene Entlaffung. Hier muß vielmehr da- Gericht noch die MajorennetätSerklärung geben, tz. 717. II. 18. Dergl. Arnöb. Arch. B. 16. S. 319. — Da nach Art. 60. Nr. 1. des Einführ.-Ges. zum HGB- K. 477. II. 8. A L.R auf­ gehoben ist, so ist damit die Kontroverse über den Widerspruch mit tz. 218. 224. d. T- (f. hierüber Strieth. B. 21. S. 268) beseitigt. — Die stillschwei­ gende Einwilligung des Vaters ist Wissen ohne Widerspruch. Strieth. B. 26. S. 373. Entsch. B. 57. S. 186. Der Sohn muß daö Gewerbe in Folge der Einwilligung des Vaters wirklich an gefangen haben. Strieth. B. 31. S. 320. — Der Sohn wird als großjährig angesehen und kann nicht nach dem Tode des Vaters noch unter Vormundschaft gestellt werden. Entsch. B. 8. S. 384. ,8) §. 219—221. 223. d. T- In den amtlichen Geschäften ist dann aber der Sohn

Förster, Preup. ^»rivatrecht. 111. 3. tliifl.

40

Amt oder die besondere Wirthschaft bis über das 21. Jahr fortgesetzt hat, tritt er aus der Gewalt auch ohne die Verlautbarung"). Der an­ der Gewalt entlassene minderjährige Sohn bedarf noch, wenn er sein Grundstück veräußern oder verpfänden will, der gerichtlich erklärten Ein­ willigung des Vaters"). II. Verheiratung der Tochter. „Wenn die Tochter mit Ein­ willigung des Vater- oder durch den Prozeßrichter ergänzter Einwilligung heiratet, so hört die väterliche Gewalt über sie auf""). Auch diese EntlassungSart ist deutsches Recht und mußte sich in diesem entwickeln, weil die Tochter durch die Heirat in die Vormundschaft deS Mannes trat, beide Gewaltverhältnisse aber nicht neben einander bestehen konnten"). Die Tochter tritt nicht in die Gewalt zurück, wenn die Ehe wieder gelöst wird"); sie bleibt auch nicht in der Gewalt, wenn sie mit ihrem Manne im Haushalt des Vaters fortlebt"). Inkonsequent ist die Bestimmung deS AM., daß die Gewalt des Vaters bei der Verheiratung einer min­ derjährigen Tochter sich in die eines Vormundes verwandelt"). III. Unverheiratete Töchter können während ihrer Minder­ jährigkeit weder aus der Gewalt anStreten noch entlassen werden; nach erlangter Großjährigkeit bedarf eS einer ausdrücklichen Erklärung des Vaters").

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frei von der Gewalt des Vaters. Der §. 222. gehört nicht hierher, er ist eine Instruktion für die Anstellungsbehörde. §.225. d. T. Ges. v. 9. Dezbr. 1869 (Ges-S. S. 1177). §. 225. 227. d. T. Aber sonst darf er das Grundstück dinglich belasten. S trieth. B. 20. S. 59. Dagegen Koch, Komm. Note 16a. zu §. 226, allein seine Aus­ fassung, daß Grundgerechtigkeiten und Reallasten qualitative „Absplisse" de- Eigen­ thums seien, ist unrichtig. Oben S. 125 Note 11 §.184. a. A. § 228. d. T. Wenn in Entsch. B. 30. S. 114, Strieth. B. 15. S. 280. an­ genommen ist, daß die Verheiratung der Tochter ohne Konsens die väterl. Gewalt nicht aufhebt, auch wenn der Vater die Ehe nicht anficht, so ist zwar dagegen zu fragen, welche Gewalt in diesem Falle der Ehemann über seine Frau hat, und deßhalb hält Koch, Note 17a. die Entscheidung für unrichtig, aber der Wortlaut des §. 228. ist so bestimmt, daß der Ansicht des O.-Trib doch beigetreten werden muß. Wenn der Vater die Ehe nicht anficht, so ist sie zwar giltig, aber die väterl. Gewalt bleibt bestehen, und das Recht des Ehemannes kann nur unbeschadet des väterlichen Rechts sich geltend machen. Der Vater behält also Verwaltung und Nießbrauch des nicht freien Vermögens der Tochter. Kraut S. 660fg. Zimmermann S. 178f. Auch nicht, wenn bei der Auflösung der Ehe die Tochter noch minderjährig ist. Bornemann V. 308. Koch, Note 18. Zimmermann a. a- O. S. 179. Kraut S. 661. Anders Seuffert III. 270 (Kassel). §. 229. d. T. Diese vormundschaftliche Stellung des Vaters unterwirft ihn aber nicht in höherem Maße der obervormundschaftlichen Aufsicht. Entsch. B. 15. S 511 RechtSf. B. 3. S. 318. S. Ergänz. Nr. 2. 3. zu §. 229. §. 230. d. T. Die ausdrückliche Erklärung braucht aber nicht vor Gericht ver­ lautbart zu werden, wie bei der Entlassung eines minderjährigen Sohnes. Daß der Vater einer nicht heiratenden Tochter eine besondere Wirthschaft einrichtet, ist nicht eine Gewaltentlaffnng, daher bezieht sich auch die Ausstattungspflicht des Vater- nicht auf einen solchen Fall. Entsch. B- 50. S. 330.

§. 224. Der Austritt au» der väterlichen Ottoalt.

627

IV. Wirkung der Entlassung. Die Aufhebung der väterlichen Gewalt beseitigt nicht den Anspruch der Eltern auf kindliche Ehrerbietung, auch nicht die Pflicht des KindeS, zur Verheiratung die Einwilligung der Eltern nachzusuchen"). Aber die Rechte de- Vater» auf da» Vermögen de» Kindes hören auf, diese» wird unbeschränkt geschäftsfähig"). Sein eigenthümliches Vermögen muß ihm vom Vater ausgeantwortet werden"); außerdem ist der Vater, aushilfsweise die Mutter verpflichtet, den Sohn für sein Gewerbe oder Amt, die Tochter für ihre Verheiratung") nach eignen Vermögenskräften") auszustatten, wenn nicht da» eigene Ver­ mögen de» Kindes die Mittel dazu gewährt"). Ein Klagerecht auf Aus­ stattung hat daS Kind übrigens nicht, vielmehr soll das Vormundschafts­ gericht das Nöthige ordnen"). Die Größe der Ausstattung begrenzt sich durch da», was zur ersten Einrichtung für daS Gewerbe oder den ehe­ lichen Hausstand unentbehrlich ist; ein Anspruch auf eine besondere Mit­ gift (oder Brautschah) und eine spätere nochmalige Ausstattung besteht nicht"). Au» welchem Vermögen die über die Ausstattung gegebene Mit­ gift genommen, darüber giebt da» A.L.R. Vermuthungen, welche die BeweiSlast de» ausgestatteten Kindes bei künftigen Auseinandersetzungen über ”) §. 249. 250. b. T. Oben S. 481. **) Wenn der minderjährige Sohn vom Batet entlassen worden, so gilt er al» groß­ jährig. Bornemann V. 307. Ergänz Nr. 7. zu §. 218. d. T. *•) §. 231 d. T. Bei Seusfert III. 339 (Kassel) ist angenommen, daß eine Klage de» Sohne» auf Herausgabe seine» Vermögen», weil er ein Gewerbe anfangen wolle, unstatthaft sei. Wie die Abtrennung de» väterlichen Vermögen» von dem de» Kinde» zu «folgen hat, ist im Einzelnen in den S§. 275—299. d. T. vorge­ schrieben. Im Allgemeinen gelten dieselben Grundsätze, wie bei der Auseinander­ setzung zwischen dem einen Ehegatten und den Erben de» andern. Wissenschaft­ licher Erörterung bieten diese Vorschriften keinen weiteren Stoff. War die Ehe der Eltern eine gütergemeinschastliche, so kann da» an» der väterlichen Gewalt getretene Kind nur dann Herausgabe seines Vermögens »«langen, wenn e» durch Abschichtung bereit» sestgestellt worden ist. Entsch. v. 13. S. 413. Verzinsung von Ablauf de» Vierteljahres, in welchem der väterliche Nießbrauch aufhört. Entsch. ®. 49. S. 221. *°) Entsch. e. 50. S. 332. ") Seusfert VII. 60. ") §. 232—237. d. T. Bergl. hierzu Entsch. B. 20. S. 284. Ueber die Unrichtig­ keit der Entsch. B. 24. S. 133 s. Koch, Note 22 zu §■ 234. §. 234. setzt Vorau», daß da» Kind zur Zeit seiner Ausstattung bereit« eigne» Vermögen befitzt, nicht nur solche» zu erwarten hat. Auch da» Reservat aus Anh. §. 79. (oben S. 566 fg) ist noch kein Vermögen de» Kinde». Strieth. B. 21. S. 74. B. 54. S. 298. Entsch. B- 52. S. 178. Der Vater kann au» dem Vermögen de« Kinde» die Ausstattung nehmen, hat er aber ohne Vorbehalt au» seinem Vermögen au»gestattel, so kann er da» Gegebene nicht hinterher dem Kinde anrechnen. Gruchot III. 249. — Ueber die Au»stattung»pflicht der Eltern s. noch Suarez, Schlußvortr. S. 138f. I. ult. C. V. 11. Seusfert I. 238. Gemeinrechtlich eine Aus­ stattungspflicht nur der Tochter gegenüber. Das. XII. 275. Au»ftattung»pslicht der Mutter XVI. 225. ") §. 238-241. b T. -) §. 232. 233. 242. 243. 244. d. T.

das elterliche Vermögen regeln"). Die Aufhebung der väterlichen Gewalt endlich ändert nicht» an der wechselseitigen Unterstützung-pflicht; schuldlose Verarmung verpflichtet zur Gewährung anständigen, verschuldete zur Gewährung nothdvrftigen Unterhalt»"). Werden Kinder von den Eltern noch ernährt, so müflen sie diesen in ihrer Wirthschaft und im Gewerbe helfen").

§. 225.

Der Verlust und die Einschränkung der väterlichen Gewalt.

A.L.R. II. 2 §. 90. 91. 255-270.

Koch, Pr.-R. II. 637.

I. Der Vater verliert die väterliche Gewalt, wenn er rechtskräftig zu Zuchthausstrafe, zu mehr al» zehnjähriger Einschließung verurtheilt, für einen Verschwender erklärt worden, wenn er sich durch Entfernung au» Preußen seinen Unterthanenpflichten entzieht, die Kinder vorsätzlich hilf»und aufsichtslos verläßt'). In diesen Fällen erwacht die Gewalt nie wieder'). II. Die väterliche Gewalt ruht, wenn der Vater zu mehr alzweijähriger Freiheitsstrafe verurtheilt, geisteS- oder gemüthskrank gewor­ den'): in diesen Fällen wacht, wenn die Kinder nicht schon bei dem Ein­ tritt dieses Zustandes großjährig waren'), die Gewalt wieder auf mit der Verbüßung, Begnadigung oder Genesung'). III. Die väterliche Gewalt wird eingeschränkt, und zwar in Ansehung deS Erziehungsrechts, wenn der Vater die Erziehung vernach­ lässigt, die Kinder grausam mißhandelt, sie zum Bösen verleitet, ihnen den nöthigen Unterhalt versagt, in Ansehung seiner Rechte auf daS Vermögen der Kinder, wenn er für ihr Vermögen nicht dem Gesetz entsprechend Sicherheit leistet, wenn er in Konkurs verfällt, seine Kinder standeSmäßig zu erziehen und zu ernähren unvermögend geworden ist6). VI. In allen diesen Fällen bleibt der Vater persönlich und mit seinem Vermögen zunächst verhaftet, die in der väterlichen Gewalt liegen••) §. 245—248. d. T. ’•) §. 251—253. d. T. Ueber die Alimentationsverbindlichkeit der Blutsverwandten wird unten 5. 239. im Zusammenhang« gehandelt werden. ") §. 254. d. T.

') §. 255 - 258. d. T. Landesverweisung kennt da- jetzige Strafrecht nicht. — Die Berurtheilung muß rechtskräftig geworden sein. Strieth. B. 4. S. 145. *) z. 259. d. T. Ob auch nicht im Fall der Begnadigung? vergl. bejahend Triest in Holtzendorf Strasrechtzeitung 1861. Sp 182. Für die Verneinung spricht der Gegensatz der §§. 259. 262. S. auch Koch, Note 35. *) §. 260. 261. d. T. *) ». 265. d. T. ') §. 262. d. T. •) §. 266- 268. d. T. Seussert III. 342.

den Pflichten zu erfüllen'). Den minderjährigen Kindern muß bei L und II. ein Vormund bestellt werden'), der Vater verliert die Verwal­ tung und den Nießbrauch am Vermögen de» Kinde», wa» von den Kosten der Verpflegung und Erziehung übrig bleibt, wächst der Substanz zu, er behält nur den Anspruch auf Unterstützung au» diesem Vermögen'). Bei III. erhalten die Kinder einen Kurator, der entweder ihre Erziehung zu beaufsichtigen und zu leiten, oder ihr Vermögen zu verwalten hat.

Vierte» Kapitel. Rechtsverhältnisse anderer Kinder.

§. 226. Die Kinder aus einer Ehe zur liulen Haud. A.L.R. II. 2. §. 555-575. 590. 591.

S. 584.

Koch, Pr.-R. II. S. 638.

Schmidt §• 75.

Oben §. 216. S. 565.

Die Kinder au» einer Ehe zur linken Hand sind eheliche Kinder, auch für sie gilt die Vermuthung au» ß. I. d. T., ihre Kindesrechte wer­ den mit denselben Präjudizialklagen angegriffen oder vertheidigt. Aber dadurch unterscheidet sich ihre rechtliche Stellung von derjenigen der Kin­ der au» rechter Ehe, daß sie nicht in die Familie de» Vater» eintreten, nicht seinen Namen erhalten, nicht an seinem Stande theilnehmen, daß der Vater zwar die persönlichen Rechte der väterlichen Gewalt über sie hat, und für ihre Erziehung und ihren Unterhalt sorgen muß, aber daß ihm kein Nießbrauch an dem eigenen Vermögen der Kinder zusteht, mithin alle» Kindervermögen freie» ist'), und nur während der Minderjährigkeit von ihm al» Vormund und zwar unter obervormundschaftlicher Aufsicht verwaltet wird. Die Vertrag-fähigkeit solcher minderjährigen Kinder wird wie bei anderen Pflegebefohlenen beurtheilt. Dagegen führen diese Kinder den Geschlecht-namen der Mutter, sie treten in ihre Familie ein, und der Stand der Mutter entscheidet über da» Maß und die Art ihre» Anspruch­ auf Unterhalt und Erziehung und über die Wahl ihre» Beruf»'.). Sind bei dem Tode de» Vater» die Kinder noch nicht erzogen oder ausgestattet ’) §. 269. d. T.

') §. 263. d. T.

•) §• 264. d. T. ') Da hier dem Vater kein Recht am Vermögen de» Kinde» zusteht, so hat er auch nicht die Besugniß, pupillariter ihm zu substituiren. Koch, Komm. Note 3 zu §. 561. d. T.

’) Mit der kunft, so zurichten ernähren

auffälligen Bestimmung § 564: ist die Mutter von bürgerlicher Her­ ist der Vater die Erziehuog und den Unterricht der Kinder nur so ein­ verbunden, wie ein handwerktreibender Bürger seine ehelichen Kinder zu und zu erziehen Pflegt.

so müssen Erziehung-kosten und Ausstattung von dem vormundschaftlichen Gericht billig bemessen werden und der festgesetzte Betrag ist al» Nach­ laßschuld vorweg zu berichtigen'). Bei der Konkurrenz mit Kindern aurechter Ehe sollen letztere noch einmal so viel al» die Kinder au- der Ehe zur linken Hand au» dem Nachlaß erhalten. Wird die Ehe gericht­ lich geschieden, so muß der schuldige Vater den Kindern die gebührende Ausstattung au-setzen, die schuldige Mutter aber sie wegen de» Pflicht­ theil» wie Kinder au» rechter Ehe sicher stellen. Ueber da» Erbrecht der Kinder au» der Ehe zur linken Hand wird später gehandelt werden.

§. 227. Die Sinder aus nichtigen und ungiftigen Ehen. A.L.R. II. 2. §. 50—57.

Koch, II. S. 615.

Schmidt S. 583.

Die au» nichtigen Ehen erzeugten Kinder haben gegen ihre Eltern unmittelbar alle Rechte ehelicher Kinder, unter sich alle Rechte ehelicher Geschwister, sie erhalten den Geschlecht-namen der Mutter, treten aber weder in die Familie de» Vater» noch in die der Mutter, und stehen da­ her zu deren Ascendenten und Seitenverwandten in keinem Verwandt­ schaft-verhältniß, entbehren folglich de» gesetzlichen Erbrecht» diesen gegen­ über. Eltern, welche wisientlich die nichtige Ehe geschlossen, erlangen über die Kinder nicht elterliche Rechte: wenn sie ihnen Erziehung und Unter­ halt gewähren, gelten sie al» Pflegeeltern. Wenn die Ehe nichtig ist wegen de» nicht eingeholten königlichen Konsense» bei Militairpersonen, haben die Kinder die Rechte der Kinder au» einer Ehe zur linken Hand. Ungiltige Ehen wirken auf da» Rechtsverhältniß zwischen Eltern uud Kindern erst wenn sie in Folge der Anfechtung gerichtlich aufgelöst wor­ den. Dann gilt von den Kindern dasselbe wie von denen au» nichtiger Ehe. So haben die Redaktoren „die Härte de» römischen und kanonischen Recht» gegen die liberos ex damnato coitu gemildert"').

§. 228. Die unehelichen Kinder. A.L.R. II. 2. §.612-665.

Ges. v. 24. April 1854. GS. @.193 (durch welche« aus.

gehoben find die §§. 613. 618. 619. 620. 628. 653. II. 2).

Bornemann V. 359f.

Koch II. 639. 8t. d Forder. III. S. 25. Schmidt, Familienrecht S. 424s. 600f. Gitzler, Eherecht S. 141 f. Gengler, deutsche- Priv.-R. II. 1209fg.

•) Die Kinder sind also in diesem Fall Gläubiger de- Nachlasse-, nicht Erben.

').Suarez, Schlußrevision S. 134.

§. 228.

Wilds,

von

den

B. 15. S. 237.

Die unehelichen Kinder.

unecht geborenen Kindern in

631

der Zeitschrift für deutsche-R.

Kräwel, die Pflichten de- ehelichen Vater- im Arch. f. civil.

Praxis, V. 50. S. 341 fg.

S. oben §. 217.

Unehelich erzeugte Kinder treten in keine Familienverbindung, sie er­ halten den angeborenen Geschlechtsnamen der Mutter, jedoch nicht deren Adel, und werden vom Staat bevormundet, wenn nicht die Mutter selbst noch unter väterlicher Gewalt steht'). Mehrere uneheliche Kinder der­ selben Mutter sollen, auch wenn die Erzeuger verschiedene Personen sind, al- Halbgeschwister gelten'). In Folge eine- vom römischen Recht ab­ weichenden allgemeinen deutschen Gerichtsgebrauchs, der in den Landes­ gesetzgebungen anerkannt worden, hat das Kind gegen den Erzeuger einen Anspruch auf Unterhalt und Erziehung'), dessen Grund nicht das angeb­ liche Delikt des außerehelichen Geschlechtsverkehrs, sondern der Zustand der natürlichen Vaterschaft oder Verwandtschaft ist, welcher eine gesetzliche Obligation (Zustand-obligation) erzeugt'). Die Thatsache der unehelichen *) §. 639—641. 644. 614. Anh. §. 95. d. T. Der mütterliche Großvater hat da­ uneheliche Enkelkind in seiner väterlichen Gewalt, wenn dessen Mutter fich noch unter seiner Gewalt befindet. Deßhalb fällt hier eine staatliche Bevormundung oder Beaufsichtigung weg. Der Großvater bedarf nicht der Genehmigung devormundschaftlichen Gericht- bei Dergleichen, die er über die Alimente für da• Kind abschließt. Entsch. B. 29. S. 34. Pl.-Beschl. *) §. 6. II. 3.

•) Zum Unterhalt gehören die Alimente, die Tauf- und etwaigen Begrabnißkosten, da- Schul- und Lehrgeld, §. 626. d. T. Da- Kind wird erzogen im religiösen Bekenntniß der Mutter; wenn diese nicht Christin, der Erzeuger aber Christ ist, so wird da- Kind in der christlichen Religion erzogen. §. 642. 643. d. T. an­ der älteren Kab.-Ordre v. 9. Oktober 1789. Reskr. v. 11. April 1823. Iahrb. D. 21. S. 249 u. a. ES entsteht aber die wohl zu bejahende Frage, ob nicht §. 643. d. T. durch §. 72. deS Ges. v. 23. Juli 1847 (GS. S. 263) aufgehoben ist, und da- uneheliche Kind einer Jüdin jetzt auch dann in der jüdischen Reli­ gion zu erziehen ist, wenn der Erzeuger ein Christ. Hilfe bei Gruchot XL 34. Bergt. Strieth. B. 32. S. 366. — Daß der Alimentation-anspruch des Kindegegen seinen Erzeuger seine Quelle nicht im römischen Recht, sondern in der durch da- kanonische Recht veranlaßten gemeinrechtl. Doktrin und Praxi- hat, s. Heuser, Annalen III. 17. Kräwel S. 342f. Gewöhnlich wird die Ali­ mentationspflicht des Erzeugers im gem. R. nur aufgefaßt als ein Beitrag zur Alimentation. S. hierüber Seuffert XH. 35. Ebenso sächs. GB. §• 1858. 4) Oben S. 587. Seuffert V. 290 VI. 47 (auch ein wahnsinniger Erzeuger muß alimentiren). XI. 50 XII. 162. Dieser Gesichtspunkt ist auch in der Praxis des Obertribunals durchaus festgehalten. Dergl. ferner gegen die erst in der neueren Zeit erfundene Delikt-theorie, He erwart im Archiv für civil. Praxis B. 14. S. 435f. Schröter, in der Zeitschr. f. Civ-R- u. Proz. B. 5. Nr. 21. Fabricius bei Bekker u. Muther, B. 6. S. 371 f. Gengler S. 1222. A. M. Kräwel a. a. O. S. 360. Die Frage, ob schon vor der Niederkunft von der Geschwächten für da- erwartete Kind auf Alimente geklagt werden kann, ist bei Seuffert V. 290. IX. 165 (Dresden) bejahet, in der preuß. Praxis wird sie gewöhnlich verneint, und zwar mit Recht, denn nicht der Beischlaf, sondern die durch die Geburt entstehende natürliche Verwandtschaft ist da- Fundament deKinde-anspruch-, die Zustand-obligation entspringt au- der Geburt und existirt daher vorher noch nicht, eine Klage auf Erfüllung künftiger Obligationen giebt e- aber nicht. Oben B. 1. S. 789 f.

Zweite« Buch.

632

Dir besonderen Privatrechte.

Kindschaft ist also die Präjudizialfrage für die Alimentation, aber sie ist

auch nicht mehr als

dieses,

und eine Klage auf Anerkennung einer

solchen Kindschaft ist unzulässig, weil sie nicht, ein ZustandSrecht

ist1).

wie die ehelicht Kindschaft

Die natürliche Vaterschaft

wird angenommen,

wenn die Vollziehung des Beischlafs mit der Mutter innerhalb deS 285. und 210. Tages vor der Geburt stattgefunden hat') und der Entschädi­ gungsanspruch') der Mutter nicht durch eine Einrede beseitigt werden

kann'), oder wenn der Anspruch des Kindes sich auf ein ausdrückliches,

in einer öffentlichen Urkunde oder im Prozeß selbst von dem Beklagten persönlich dem Richter abgegebenes Anerkenntniß des Erzeugers gründet').

In diesem letzteren Falle kann der Vater der Klage des Kinde» keine Einrede aus

dem Verhalten

der Mutter entgegenstellen"'),

sowie auch

spätere Unterlassungen oder Handlungen der Mutter, insbesondere daß sie versäumt hat,

ihre eigne Entschädigung-klage binnen

stellen, Einreden gegen

diese Klage nicht

zwei Jahren anzu­

begründen").

Die Höhe deS

Unterhalts richtet sich nach dem, was die Erziehung eines ehelichen Kindes vom Bauern- oder gemeinen Bürgerstande ortsüblich kostet, die Verpflich­ tung dazu hört auf mit dem vollendeten 14. Lebensjahre des Kinde», wenn

nicht die HilfSbedürftigkeit desselben eine längere Unterstützung nöthig macht"). Bis zum vollendeten 4. Lebensjahre muß der Erzeuger das

*) Seussert II 55. VIII. 262. Heuser, Annalen I S. 451. III. 296. •) §. 15. des Ges. v. 24. April 1854. Oben §.217. S. 584 und über die Beweissührung S. 592. ’) Nicht der Anspruch ans Abfindung. Entsch. B. 32. S. 121. •) Dagegen vom legislatorischen Standpunkt Kräwel a. a. O. S. 358f. 364.

•) §. 13 des Ges. v. 24. April 1854. Die Vaterschaft selbst muß anerkannt sein, da» Zugeständniß der Beischlassvollziehung allein genügt nicht, und ist auch über­ flüssig. Strieth. B. 19. S. 132. «. 20. S. 284 B. 47. S. 130. B. 53. S. 8. Entsch B- 47. S. 308. Ein Anerkenntniß vor der Geburt de» Kinde« ist nicht verbindlich, wenn die Geschwängerte bereit» früher von einem Dritten geschwän­ gert worden war. Strieth. B. 56. S. 106. Aber au» diesem Grunde ist ein nach der Geburt de» Kinde» abgegebene« Anerkenntniß nicht widerruflich. Das. B. 47. S. 130. B. 49. S. 280. Die Bemerkung im Taufschein de« Kinde», daß der Vater ein Anerkenntniß gegeben habe, genügt nicht. Entsch. B. 47. S. 303. '") §. 13. Nr. 2 Verb, mit §. 12. d. Ges. *•) §. 14. d. Ges. ") §. 626. 627. 633—637. d. T. Suarez, Schlußvortr. S. 144. Da» Gericht arbitrirt die Höhe der Alimente. Strieth. B.48. S. 330. Die Ortsüblichkeit will da« O-Trib. nach dem Orte bestimmen, wo die Mutter z. Z. der Klagan­ stellung wohnt. Präj. 1224. Sammt. 1. 172. Strieth B. 2 S 326. B. 17. S. 304 B. 40. S. 95. Richtiger aber nach dem Orte, wo da» Kind erzogen wird. S. Ergänz, zu §. 627. bei Nr. 5. Vgl. Seussert VI. 203. XI. 41. 245. Wenn über das 14. Jahr hinaus dem Kinde wegen seiner HilfSbedürftigkeit Alimente gegeben werden müssen, so hört die Verpflichtung de« Vater« nicht mit seinem Tode aus, sondern sie geht al« eine Verpflichtung au« einer gesetzlichen l Zustand«-)Obligation auf seine Erben über. Mit Unrecht dagegen Koch, Komm. Note 41». zu tz. 637. Entsch. 8. 53. S. 177. Ander« in der gemeinrechtlichen Praxis. Scuffcrt I. 228.

8. 228.

Die unehelichen Kinder.

633

Kind bei der Mutter lassen, spater hat er daS Recht, eS selbst in Pflege und Erziehung zu nehmen, oder anderen Personen zu übergeben, vorbe­ haltlich obervormundschaftlicher Aufsicht"). Den Erben des Vater- steht dieses Recht nicht zu"). Der Vater wird von seiner Alimentationspflicht gegen da- Kind nicht dadurch frei, daß andere Personen eS unterhalten haben, und das Kind kann auch für die Vergangenheit Alimente ein­ klagen, weil diese Pflicht des Vaters keine subsidiäre, durch die Noth deS Kindes bedingte ist15). ,3) §• 621. 622. d. T. Der Bater hat ein Recht, die Pflege und Erziehung selbst zu übernehmen, und dieses Recht kann ihm nicht vorenthalten werden bis zum Nach­ weis, daß er dazu im Stande sei. Strieth. B. 66. S. 216 und nicht dadurch entzogen werden, daß er zur Zahlung von Alimenten an die Mutter verurtheilt worden ist. Koch, R. d. F. III. 31. FabriciuS bei Better und Muther, B. 6. S. 365 f. 385. Entsch. B. 54. S. 224. Der Vater wird aber frei von der Alimentationspflicht, wenn die Mutter, oder deren Vater als ihr gesetzlicher Vertreter (Strieth. B. 28 S. 315), das Kind auch über das 4. Jahr auf alleinige Kosten erziehen und verpflegen will, oder eS ihm nach erhaltener Auf­ forderung herauSzugeben weigert; im ersten Fall hat er kein Recht zum Wider­ spruch, im andern Fall aber wird man ihm daS interd. de exhib. liberis nicht versagen können, wie auch die Mutter später wieder ihren Entschluß ändern und dem Bater daS Kind zum Unterhalt übergeben kann. Bergl. die Ergänz, zn §. 622. 624. Nr. 2. §. 623. Präj. 282. Samml. I. S. 171. Entsch. B. 25. S. 166. Will der Bater das Kind selbst übernehmen, so muß er dies der Mut­ ter erklären und es bei dieser abholen, er darf dann der Mutter auch nicht den Zutritt zum Kinde versagen. Entsch. B. 11. S. 344. Präj. 249. Samml. I. 171. Strieth. B 32 S. 247. B. 53. S. 59. B. 55. S. 14. Auch der Bormund des minderjährigen BaterS kann die AuSantwortung des Kindes fordern. Das. B. 15. S. 43. Daß der Bater die Erziehung und Pflege des Kindes auch Dritten Per­ sonen dann übertragen kann, und nicht genöthigt ist, persönlich diese Sorge zu übernehmen, ist unzweifelhaft; auch hier jedoch bleibt dem BormundschaftSgericht die Aufsicht. Präj. 2291. Samml. II. S. 59. Bl. f. RechtSanwend. (München) B. 2. S. 418. Koch, Komment. Note 26 zu §. 622. Seuffert XII. 163.

") Entsch. B. 47. S. 294.

") A. M- Koch, R d. F. III. 75. Die im Text aufgestellte Ansicht scheint dem Grundsatz zu widersprechen: in praetertum non vivitur. Allein die Bedeutung dieses oft viel zu allgemein angewendeten Satzes ist nur die, daß die Alimen­ tationsverbindlichkeit, die ihren Grund in der Noth und Hilfsbedürftigkeit hat, ihrer Natur nach eine von der Noth bedingte ist, daß mithin für die Ver­ gangenheit, welche bereits überwunden worden, der Bedürftige einen Anspruch nicht mehr erheben kann. S. auch Heuser XL 309f. Die Pflicht des un­ ehelichen BaterS, dem Kinde Unterhalt und Erziehung zu gewähren, ist aber keine bedingte, von der Bedürftigkeit abhängige, sondern ganz absolut; auch dem reichen unehelichen Kinde muß der Bater Unterhalt und Erziehung gewähren. Er kann daher dadurch, daß andere Personen, etwa aus Wohlthätigkeit, bisher die Kosten für daS Kind bestritten, von seiner Verbindlichkeit nicht befreit werden, es wäre denn, daß der Dritte von ihm entweder beauftragt worden oder für ihn auftragloS daS Geschäft besorgt hätte. DaS bezieht sich aber nur auf die Ver­ pflichtung des BaterS bis zum vollendeten 14. Jahr. Wenn er nach §. 637. d. T. genöthigt ist, über diesen Zeitraum hinaus daS Kind zu unterhalten, so ist seine Alimentationsverpflichtung die gewöhnliche subsidiäre, und dann kann wegen der Vergangenheit nicht gettagt werden. Darum ist auch für diese spätere Zeit nicht mehr der nach §. 626. 627. d. T. festgesetzte Alimentenbetrag maßgebend, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen muß daS dann Nothwendige gereicht werden. Entsch. B. 40. S. 219. Strieth B. 32. S. 333. In der gemeinrechtl. Praxis wird dem Kinde die Klage auf Alimentenrückstände abgesprochen. Seuf­ fert I. 83. IV. 49. XU. 164; das findet aber darin seine Erklärung, daß die

Die Klage ist vererblich"), aber nach neuerem Recht nicht mehr au-hilfSweise gegen die Eltern des Erzeugers") und auch dann nicht gegen die Erben statthaft, wenn die HilfSbedürftigkeit des Kindes über das 14. Jahr erst nach dem Tode des Erzeuger- hervorgetreten ist"). Von einer Verjährung des Anspruchs kann in soweit nicht die Rede sein, als, solange die Pflicht deS Vaters zum Unterhalt dauert, die Klage an­ stellbar bleibt. Dagegen verjährt die Klage gegen den Vater auf Erstat­ tung nicht geleisteter Alimente in 4 Jahren"). Die Thatsache der Erzeugung durch den angeblichen Vater, mag diese festgestellt sein durch sein ausdrückliche-, in öffentlicher Urkunde vor oder nach der Geburt des Kinde- erklärtes Anerkenntniß oder durch ein rechts­ kräftige- Urtheil, welches noch bei seinen Lebzeiten gegen ihn ergangen sein muß, giebt ferner dem Kinde ein gesetzliches Erbrecht, aber kein Pflichttheilsrecht an dem Nachlaß deS Vater-"). Das Erbrecht ist aus­ geschlossen, wenn der Vater eheliche Kinder hinterläßt, und statt des Erb­ rechts kann das uneheliche Kind die gesetzlichen oder ihm vertragsmäßig ausgesetzten Alimente wählen"). Für Personen deS Soldatenstandes gilt die Besonderheit, daß ihnen zur Befriedigung der Ansprüche deS Kinde- Abzüge vom Solde überhaupt

ie)

")

18)

*•) ae) «)

Alimente des Vater- nur als ein Beitrag ausgefaßt werden. Oben Note 3. Die Entsch. B 55. S. 105 muß für richtig gehalten werden (s. auch HinschiuS in s. Zeitschr. f. RechtSpfl. I. 103 f), wenngleich was dort am Schluß von der exceptio de jure tertii gesagt ist, nicht gutrifft, denn von einer solchen könnte doch nur die Rede sein, wenn der Bater durch seine Einrede ein Recht deDritten für sich geltend machte, während umgekehrt hier der Bater behauptet, daß daß klagende Kind ein Recht geltend macht, waS einem Dritten zustehe (also eine actio ex jure tertii). Ueber daS Klagerecht des Dritten vergl. Strieth. B. 22. S. 189. B. 65. S. 193s. Die Klage des Kindes auf rückständige Ali­ mente fällt weg, wenn der Dritte, oder die Mutter, welche die Verpflegung über­ nommen, aus der nützlichen Verwendung oder Geschäft-besorgung gegen den Bater Nagen, wie andererseits die Klage des Kindes auch die Klage des Dritten aus der nützlichen Verwendung oder Geschäftsbesorgung ausschließt; denn im ersten Fall hat der Vater seine Verbindlichkeit erfüllt, wenn er den Dritten befriedigt, im letzten liegt kein negotium gestum, keine utilis versio in rem vor. §. 19. deS Ges v. 24. April 1854. Die Pflicht vererbt sich, wie jede Zustands­ obligation, und die Vererblichkeit ist keine unjuristische Beimischung, die dem In­ stitut gegeben, wie Koch, Note 41a. zu §. 637. behauptet. Senf fert XL 42. §. 20. deS Ges. Hinter dem Vater hastet nur die Mutter und deren Eltern. Wegen ihrer subsidiären Verbindlichkeit ist die Mutter auch selbständig berechtigt, für daS Kind auf Alimentirung zu klagen. Strieth. B. 39. S-81. Senfs. XL 43. XVII. 49. 50. Aber eine Klage de partu agnoscendo hat die Mutter eines unehelichen Kindes nicht. Wochenbl. f. merkw. Recht-fälle 1847. Nr. 52. Doch vergl. oben §. 217. Note 1 S. 581. Entsch. B. 32. S. 121, weil hier die Obligation zur Zeit des Tode- de- Vaternoch nicht bestanden hat, mithin nicht vererbt werden konnte. Ges. v. 31. März 1838 §. 2. Nr. 5. §. 652. 654. 655. d. T. §. 19. de- Gef., dazu Entsch. B. 47. S. 308. Strieth. B. 8. S. 202. §. 651. d. T. Auh. -.97.

nicht, oder nur zur einem bestimmten Betrage gemacht werden dürfen"). Da- hindert nicht ihre Berurtheilung, sondern nur die Exekution"). Ueber die Frage, welches örtliche Recht anwendbar sei, wenn die Mutter und das Kind einem andern Orte angehören, al» der Erzeuger, ist oben gehandelt").

Drittes Hauptftück.

Die Vormundschaft. A.L.R. II. 18.

Bittaume, da- preuß. Bormundschast-recht und seine Reform. 1846.

Temme, da- preuß. Bormundschast-recht. 1849. Arndt- und Leonhard, dapreuß. Bormundschast-recht. 1862. Koch, Pr.-R. II. S. 658fg. — Glück D. 28.

S. 435. B. 29. 30. 31. 32. 33 bi- S. 310.

Rudorfs, da- Recht der Bor-

mundschast au- den gemeinen in Deutschland geltenden Rechten entwickelt. 3 Bde. 1832—34. Kraut, die Vormundschaft nach den Grundsätzen de- deutschen R.

3 Bände. 1836. 1847. — Arndt- §. 439fg. Keller S. 786 (1. A.) §. 423f. Puchta §. 331 fg. SinteniS III. 174. Bangerow I §. 261 fg. Wind­

scheid II. S. 572. 857f. — Beseler S. 615. Bluntschli S. 671. Gengler II. 1228s. Gerber §. 243f. S. 628. - Zachariä lAnschütz) I. S. 226f.

§. 229. Einleitung. Der 18. Titel de» zweiten Theils im A.L.R. enthält über das BormundschaftSrecht 100 7 §§., das französische Gesetzbuch widmet dem glei­ chen Gegenstand nur 86, daS österreichische nur 97, daS sächsische 123 §§. Die große Ausführlichkeit des A.L.R, beruht wesentlich auf der bis in da­ äußerste Detail auslaufenden Menge instruktiver Verwaltung-vorschriften und diese sind wohl hauptsächlich der Grund, weßhalb da- preußische Vor­ mundschaft-recht bi» jetzt wenig zu eigentlich dogmatischer Bearbeitung angeregt hat, denn bei einer solchen kann unmöglich in diese Einzelheiten eingegangen werden. DaS Bormundschast-recht ist eines der wenigen Gebiete des Privat­ rechts, auf welchem die deutsche Reich-gesetzgebung thätig gewesen istDurch sie ist dem gemeinen Recht eine bestimmte prinzipielle Auffassung diese» Institut» gegeben worden, welche ältere- deutsches Recht festhaltend vom römischen Recht abweicht. Letztere» gilt zwar im Wesentlichen in denjenigen Sätzen, welche da» Rechtsverhältniß zwischen Vormund und

Zweit«» Buch.

636

Dir besonderen Privatrechte.

Pupillen, die Verwaltung, die Vertretungspflicht, d. h. die zwischen beiden bestehende Obligation, normiren, aber auch hier hat da- neuere Recht

Vieles modifizirt. Im römischen Recht knüpft die Vormundschaft an das Familienund Erbrecht an; erst wo weder eine legitima noch testamentaria tutela

eintreten konnte, sorgte die Obrigkeit für die Bestellung des Vormundes Es wurde unterschieden zwischen

(tutela dativa)'). pillus) und minor.

dem impubes (puDer Erstere mußte einen Tutor haben'); der minor

hatte keinen Tutor, sondern wenn er wollte einen Kurator').

Der Un­

terschied zwischen Tutel und Kuratel beruht darauf, daß nur der impubes handlungsunfähig war; der minor dagegen war im Wesentlichen hand­

lungsfähig, antreten,

er konnte sich nach Civilrecht obligiren, testiren, Erbschaften

nur für Veräußerungen und bei der Prozeßführung war seine

Handlungsfähigkeit beschränkt, und an

Kurators gebunden').

den Konsens oder Beistand eines

Die auctoritas des Tutors gab das Bollwort zu

der eigenen Rechtshandlung des Pupille»; er schloß nicht das Geschäft in dessen Namen, als sein Stellvertreter ab, weil eine Stellvertretung durch

freie Personen nicht zugelassen war, sondern der Pupill handelte, sobald er

die Jahre der infantia überschritten, selbst und nur weil seine Handlungs­ fähigkeit im Recht nicht anerkannt war, mußte sie durch die genehmigende

Erklärung des Tutors zu einer rechtlich wirksamen gemacht werden.

Diese

Erklärung setzte persönliche Gegenwart des Tutors bei dem Geschäft deö Pupillen voraus, sie mußte unmittelbar ans die Erklärung deS letzteren erfolgen, und durfte nicht durch Bedingungen oder Vorbehalte eingeschränkt sein').

Die Willenserklärung des Pupillen und das Bollwort des Tutors

galten zusammen als eine Erklärnng. War der Pupill noch in den Jahren der infantia, also willensunfähig, so konnte er selbst eine Erklä­ rung über das Geschäft nicht abgeben, aber auch der Vormund nicht für

ihn, weil er ihn nicht vertrat, sondern cS mußte ein unfreier Stellver­ treter des infans die Erklärung aussprechen und zu dieser ertheilte der

Tutor feine Auktoritaö').

Waren die Jahre der Jmputertät überschritten,

so hörte die Tutel auf und der Minderjährige hatte sich bei der Obrig­

keit einen Kurator zu erbitten, dessen Thätigkeit darin bestand, bei gewissen Rechtsgeschäften

des Minderjährigen zu

konsentiren, d.

h. durch

seine

Prüfung und Genehmigung des Geschäfts den Minderjährigen vor nach-

>> Rudersf I. 165. 1. 13. de R. J. 1. 1. pr. D. XXVI. 4. 1. 10. 0. VI. 58. 5) «uborff I. 35f. *) atuborff I. 92f. 102. Baugerow I. §. 263. §. 4. J. I. 23. I 12. pr. §. 2. D. XXVI. 5. I. 2. 6. C. V. 70. «) atuborff II. 271. 283f. §. 2. J. I. 23. 1.7. § 2. D. IV. 4. 1. 1. 7. C. V. 31. •) atuborff II. 292f. §. 124-126. ') Rudorfs II. 310. 320s.

theiligen Folgen der Uebereilung und Unerfahrenheit zu bewahren'). Der Konsens konnte daher auch nachträglich ertheilt werden, er war an eine bestimmte Form nicht gebunden, und bildete mit der Erklärung deS Minor nicht in dem Sinne eine Einheit, daß der Kurator dadurch auctor deS Geschäft- geworden wäre'). — Die Römer faßten die Vormundschaft als ein munus privatum auf, welches zwar insofern auch eine Beimischung von dem Charakter deS öffentlichen Rechts an sich hatte, als jeder dazu Berufene das Amt übernehmen mußte, hierdurch aber nicht der Sphäre de- Privatrechts entrückt und zur ausschließlichen Sorge des Staates ge­ macht wurde'). Daher kannten die Römer auch keine Obervormundschaft, keine Aufsicht über die Vormünder durch staatliche Behörden — nur im Allgemeinen zeigt sich, daß dem Prätor eine gewiffe Sorge für die Pu­ pillen obliegen sollte und im Besonderen entwickelte sich bei Veräußerungen vom Vermögen des Pupillen durch den Vormund eine Aufsicht de« Staa­ tes"), in Betreff der persönlichen Verhältniffe des Pflegebefohlenen aber tritt eine mitrathende und beaufsichtigende Thätigkeit der Familie, der Kognaten und Affinen, ein Consilium necessariorum ein"), welches bekanntlich in neuerer Zeit im französischen Recht in dem Institut deS Familienraths eine weitere Ausbildung und Feststellung erfahren hat"). — AuS dem Mangel einer organisirten staatlichen Aufsicht ergab sich endlich die Nothwendigkeit einer den Minderjährigen in ausgedehntem Maße be­ willigten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand"). — Dem deutschen Recht waren Unterscheidungen, wie zwischen impubes und minor, zwischen tutor und curator, zwischen auctoritas und Consensus unbekannt"). Ebenso wenig galt hier der Grundsatz, daß eine Stellvertretung durch freie Personen unzulässig sei. Die Vormundschaft gewährte den fehlenden Familienschutz"); sie war für den nächsten Erben deS Unmündigen nicht sowohl Pflicht alS vielmehr ein Recht"). Der Vormund vertrat den Unmündigen, handelte statt seiner, verwaltete sein Vermögen bis zur Er­ reichung der Jahre der Mündigkeit"). Eigenthümlich aber war dem deutschen Recht, daß die obligatorische Seite deS Rechtsverhältnisses zwischen Vormund und Mündel nur unvollständig entwickelt war; Sicherstellung, ’) Rudorfs I. 39. II. 271. 283f. §. •) Rudorfs I. 39. Note 53. ') Rudorfs I. 4fg. ») Rudorfs I. 11 fg. ") Rudorfs I. 17fg. I. 1. pr. §. 1. '*)••)ZachariL I. 231 f. Bergt, über der Familienrath, Wien 1863. ") 1. 3. §. 2. v. IV. 4. '*) Rudorfs I. 111. ") Kraut I. 62f. ••) Kraut I 231 a.E.f.

123.

I. 5. D. XXVII. 2. den Familienrath die Schrift von Schenk,

•’) «raut II. ß. 43—46.

638

Stent« Buch.

Die befoebmn Privatrechte.

Rechnungslegung wird zwar in den Quellen gefordert, aber nicht sowohl für den Mündel, al» für den nächsten Erben desselben, und sie fallen da­ her weg, wenn der Vormund selbst der nächste Erbe war"), ja nach ver­ schiedenen RechtSquellen hatte der Vormund sogar ein eigne- Nutzungs­ recht an dem Vermögen des Mündels"). Au» dem alten KönigSfchutz entwickelte sich sodann in Deutschland eine wirkliche Obervormundschaft'"). Im Recht der Landeshoheit war eine Aufsicht über die Vormünder ent­ halten, die durch besondere, meist gerichtliche Behörden auSgeübt wurde und sich immer eingreifender anSdehnte. Endlich bildete sich der Grund­ satz au», daß jeder Vormund von der Obrigkeit „gesetzt" sein müsse"). Durch ihn und durch die Aufsicht der Behörden wurde da» Institut der Vormundschaft dem Familienrecht, ja fast dem Privatrecht entzogen und in da» öffentliche Recht hinübergeschoben.

Den durch die Reception de» römischen Recht» entstandenen Konflikt hat die Reich-gesetzgebung zum Abschluß gebracht"). E» wurde au» dem deutschen Recht die Obervormundschaft al» ein Recht und eine Pflicht der Landeshoheit, und die Bestellung oder Ernennung de» Vormund» durch die Behörde allgemein fanktionirt. Dadurch löste sich der Zusammenhang de» Institut- mit dem Familien- und dem Erbrecht. E» wurde die Un­ terscheidung von Tutor und Kurator nach den Jahren der infantia zurück­ gewiesen"). Im Uebrigen aber erhielt sich die privatrechtliche Auffassung de» römischen Recht- über da» obligatorische Verhältniß de» Vormundzum Mündel. So kann man im heutigen gemeinen Recht wohl zweifel­ haft sein, ob die Vormundschaft — obschon sie immer noch dem Privat­ recht angehört und nicht al- ein Institut de» öffentlichen Rechts angesehen werden darf — systematisch dem Familienrecht oder Obligationenrecht an­ zureihen sei. Ihre natürlichste Stellung hat sie aber trotz Allem bei dem Familienrecht, denn der. Grund und Zweck der ganzen Einrichtung bleibt die Ergänzung de» Schutze-, den die väterliche Gewalt dem Handlungs­ unfähigen gewährt. Ob die Reich-gesetzgebung den Unterschied zwischen dem handlungs­ unfähigen Pupillen und dem handlungsfähigen Minderjährigen beibehal­ ten oder einen solchen Unterschied überhaupt nicht anerkenne und sich in dieser Hinsicht dem alten deutschen Recht anschließe, ist längere Zeit streitig gewesen und noch von den beiden Hauptschriftstellern über diese Materie, ") Kraut II. §. 47. 48. Sachsensp. I 32. §. 2. II. 58. §. 3. '•) Kraut II. 54f. §.49. Kraut I. 63f. 77f. 84f. Rudorfs I. 367f. •') Kraut I. 94. *’) Reichopolizeiordnung v. 1548. Tit. 31., v. 1577. Tit. 32. Kraut II. §.51—59. ") Dollmann in den Bl. f. RechtSanwend. B. 14. S 97.

Rudorfs") und Kraut") entgegengesetzt beantwortet worden. Die ge­ meinrechtliche Praxi- tritt der von dem Letzteren vertretenen Ansicht, daß jener Unterschied nicht mehr bestehe, fast durchweg bei"); in den neueren Lände-gesetzgebungen ist sie unzweifelhaft vorherrschend"), weßhalb hier ein nähere» Eingehen in diese Kontroverse unter Hinweisung auf Krautüberzeugende Argumente unterbleiben darf. Da- preußische Recht schließt sich im Wesentlichen genau dem gemeinen Recht an"). ES hat an- ihm da- Institut der durch Gerichte au-geübten staatlichen Oberaufsicht, den Grundsatz der Bestellung de- Vor­ mund- durch die Behörde, die privatrechtliche Obligation de- Bormunds gegenüber dem Mündel ausgenommen, und kennt bei der AlterSvormuudschaft keinen Unterschied zwischen Pupillen und Minderjährigen, Tutor und Kurator, AuktoritaS und Konsensus, wie eS auch die im gemeinen Rechte anerkannte Repräsentation des Pflegebefohlenen durch den Vormund unbedenklich zuläßt. Nur darin kann man zwischen dem preußischen und gemeinen Recht einen Unterschied nicht sowohl des Prinzips, welche- im letzteren immer noch mit einer gewissen Dehnbarkeit bei der praktischen Anwendung versehen ist, alS vielmehr der Energie, mit welcher da- Prinzip durchgeführt worden ist, finden, daß die Oberaufsicht des Staate- strenger, mehr in da- Detail ausgedehnt, das Amt de- Vormunds als ein staat­ licher Auftrag stärker betont, und, indem die Bevormundung solcher Per­ sonen, welche für sich selbst zu sorgen nicht im Stande sind, für einen Gegenstand der besonderen Vorsorge de- Staate- erklärt worden"), die Ablösung de- Instituts vom Familienrecht noch entschiedener durch­ geführt ist, so daß e- dem öffentlichen Recht, zu welchem eS im Ge­ setzbuch auch gestellt ist, fast als einverleibt angesehen werden kann"). Ein weiterer Unterschied, den Suarez besonders hervorgehoben hat"), ist ein Beweis dafür, daß die Konsequenzen an- der umfaffenden Staatsaufsicht rücksichtsloser gezogen sind. Die Wiedereinsetzung der Minderjährigen in den vorigen Stand ist im römischen Recht, dem die Obervormundschaft “) Rudorfs I. 113f. 11.291. ••) Kraut II. 97fg. “) Oben B. 1. S. 408 Note IS. Seuff. II. 198. V. 202. XI. 25. XIII. 241. Dagegen XVI. 121. Die Kontroverse bezieht sich überhaupt nur auf den minor eui Juris, nicht auf den minor unter väterlicher Gewalt, welcher vielmehr wie im römischen R. so im heutigen gemeinen handlungsfähig ist, denn auf ihn bezieht fich die Reich-gesetzgebung nicht.

**) Nachweisungen bei Kraut II. 107f.

") Suarez, Schlußrevision @. 184f.

Mathis, jnr. Monatschr. 8. 2. S. 90fg.

«) $. 1. d. T.

’•) Deßhalb hat auch Bornemann da» Vormundschaft-recht au» seiner Darstellung de» Civilrecht» ausgeschlossen. E» hat jedoch die Obligation zwischen Dormund und Pupillen immer noch den privatrechtlichen Charakter. ") Schlußrevision S- 192fg.

Sergi. Mathis, Monatschr. II. 93.

fehlte, sehr gerechtfertigt, im gemeinen Recht bei ausgebildeter Aufsicht über die Vormünder eine Inkonsequenz, daS A.L.R. verwirft sie daher, und läßt sie nur in sehr beschränkter Weise gegen den Ablauf der Ver­ jährung und im Prozeß zu").

ES haben sich im preußischen Recht über daS Verhältniß der Obervormundschaftsbehörde zum Vormund verschiedene Auffaffungen entwickelt, die von prinzipieller Wichtigkeit sind. In einem Reskript deS Justizministers vom 4. Januar 1842”) und — wie nicht verkannt werden darf — vielfach immer noch in der Praxis der DormundschaftSbehörden wird die Meinung vertreten, der Vormund sei nur ein Bevollmächtigter, die Behörde als Organ des Staats führe die Vor­ mundschaft und könne daher auch mit Uebergehung des Vormundes selbst handeln und verwalten, Geschäfte für den Pupillen abschließen, überall den Vormund mit Anweisung versehen und ihn al- unselbständigen Voll­ strecker ihrer Anordnungen benutzen. Diese Auffassung ist nicht allein falsch, sondern auch dem Institut sehr schädlich, — an sie knüpfen sich hauptsächlich die vielfachen Beschwerden, die gegen daS preußische BormundschaftSrecht erhoben worden sind. Gegenüber dieser Ansicht steht diejenige, welche auch für daS preußische Recht den Schwerpunkt vor­ mundschaftlicher Pflichten und Rechte in die Person deS Vormundes legt, ihn als den eigentlichen tutor gerens festhält und der Behörde nur das Aussichtsrecht und ein aus diesem hervorgehendes Recht zur Ertheilung von Anweisungen zugesteht. Diese Ansicht überwiegt bei den Schriftstel­ lern") und ist insbesondere in mehreren wichtigen Entscheidungen deS Obertribunals vertreten”). DaS Gesetzbuch selbst spricht sich über die Stellung deS Vormundes zur Behörde in folgender Weise anS: „dem Vormund hat der Staat die Sorge für den Pflegebefohlenen aufge­ tragen"”), „der Vormund ist der Bevollmächtigte des Staats, er ist also schuldig, sich bei Führung seines Amts nach den Vorschriften der Gesetze und den besonderen Anweisungen des vormundschaft•*) Oben B. 1. S. 313. S. 408 Note 17. §. 13.

ALR. I. 9. §. 537. 594. AGO. I. 16.

•’) JMBl. 1842. S. 22. Bergt, hierüber Arndt» und Leonhard S. 30 Note 115. •*) Meher in der jur. Wvchenschr. 1843. S. 585s. Schütz in der jur. Wochen­ schrift 1846. S. 16f. Piner» int Arn-berger Archiv II. 457. Arndt» und Leonhard S. 74fg. des. Note 182. Koch, Komm. Note 91 zu ß. 235. d. Tii. Priv.-R- II. 663 Note 13 bezeichnet die in dem Reskript v. 4. Januar 1842 ausgesprochene Ansicht al« eine unwiffenschaftliche und billigt die entgegenftehende Praxi» de» Obertribunal». Gleichwohl hält er in Rote 1 letzten Absatz zu 8.1. d. T-. im Priv.-R. II. 660. 677 Note 2 die in dem Reskript an»gedrücktc Aufsassung für die den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende. »') Entsch. B. 11. S. 383. B. 12. S. 512. B. 13. S. 3.

") tz. 3. d. T.

Die Vormundschaft.

§. 329.

Einleitung.

641

lichen Gerichts zu achten"), da» letztere ist ihn zu dirigiren und unter beständiger

Aufsicht zu

verpflichtet"").

halten

Bei

dem Gericht hat

sich der Bormund in allen wichtigeren und bedenklicheren Angelegenheiten Genehmigung und Anweisung zu holen, aber in Beziehung auf den Pflege­

befohlenen vertritt

er zunächst

die Stelle

Er hat

der Eltern").

wie ein ordentlicher Hausvater in eigenen Angelegenheiten die de» Mündel» zu besorgen und vertritt

ihm

auf eigene

mäßige» Versehen"). Ueberall

erst nach ihm, subsidiär").

sonst

Da» Gericht haftet

tritt der Vormund

al» die

Verantwortung handelnde Person hervor, nur bei der Vor­

nahme bestimmter

Geschäfte ist die Giltigkeit derselben abhängig gemacht

von der Genehmigung de» Gericht»"), nämlich bei der Veräußerung von Grundstücken, dem Abschluß eine» Vergleich», der vorbehaltlosen Antretung

oder Ablehnung einer Erbschaft,

der Anstellung

eine» Prozesse»,

und so.

wenig kann da» Gericht für berechtigt gehalten werden, mit Uebergehung

de» Vormunde»

selbst zu handeln,

daß e»,

und

zwar auch

nur in be-

stimmten Fällen, verpflichtet ist, neben den Vormund einen Kurator zu

bestellen, wenn der erstere gehindert ist, den Pflegebefohlenen zu vertreten"), und daß e» den bestellten Vormund keineswegs willkürlich entlassen darf"). Don dieser Regel macht auch die Vorschrift, daß bi'e Benachrichtigung eine»

Pflegebefohlenen, er sei in einem Testament bedacht worden, an da» vor­

mundschaftliche

Gericht ergehen fofle"), keine Ausnahme, sie ist kein Zeug­

niß dafür, daß da» Gericht unmittelbar für den Pflegebefohlenen handeln könne, ganz abgesehen davon, daß die Entgegennahme einer Benachrichti­

gung wohl nicht ein Handeln ist, und solchen ZweckmäßigkeitSgeboten über­

haupt eine prinzipielle Bedeutung nicht beigelegt werden

man hinzu, daß die

1718") ebenso wenig

Vormunde» kennt, daß eine

bars").

Nimmt

ältere brandenburgische Vormundschaft-ordnung von

ein

selbständige» Handeln

daß keine Aeußerung

so wesentliche

und tief

Recht beabsichtigt worden"),

de» Gericht»

statt

de»

von Suarez darauf hindeutet,

eingreifende Abweichung vom gemeinen

vielmehr

von

ihm grade hervorgehoben ist,

§. 235. 236. d. T. ") §. 237. d. T. ") §. 238-240. d. T. §. 275. 276. d. T. ") § 302. 303. d. T. Oben B. 1. S. 407 Note 6. §. 46—48. d. T. „nur alsdann". Ueber Entlastung und Remotion s- unten §. 233. ALR. I. 12. §. 232. ArndtS und Leonhard S. 77 Note 182 a.D. C. 0. M. II. 2. Nr. 32. Koch, Pr.-R. I. 26. II. 663. Ueber gemeine» R f. Schiller, prax. jur. Rom. exerc. 37. §. 48. bei Koch, Pr.>R. II. S. 662 Note 8. Doch scheint auch bei den damaligen gemeinrechtlichen Juristen eine andere Auffassung vorgekommen zu sein. Degen die hier citirtc Aeußerung von Schiller polemistrend sagt J. G. Heineccius, de euprema tatela, Vitbr. 1732 p. 22: recte dicit Carpzov: „ipeemet magietratue tutorie vicee gerit, quin et tutor euperior appellitatur, qui conetituendo Förster, Prruß. Prtoatrecht. in. 3. Last. 41

") *•) **) ") “) ") *•) ") *•)

642

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

daß sich außer den speziell bezeichneten in wesentlichen Stücken keine haupt­ sächlichen Abweichungen von dem bisherigen Rechte vorfinden"), so bleibt für die entgegengesetzte Ansicht nur noch da» sehr dürftige Argument, daß der Vormund ein „Bevollmächtigter" de» Staat» sei, woran» gefolgert wird, daß da» Verhältniß de» Mandatar» und Mandanten zwischen ihm und dem Gericht bestehe, da- Geschäft aber, wa» der Mandatar auSzuführen beauftragt sei, der Mandant auch selbst vornehmen könne. Aber diese Bevollmächtigung ist nicht ein privatrechtliches Mandat, „nicht der Richter, der den Vormund anstellt und dirigirt, ist dessen Mandant, der Vormund hat vielmehr seine Autorität und DertretungSgewalt durch da» Gesetz"'"), die Bevollmächtigung ist die Uebertragung eine» Amt», der Vormund vertritt bei seiner Thätigkeit nicht da» Gericht, sondern den Pfle­ gebefohlenen und deffen Vater. ES widerspricht endlich der Natur der Sache, daß die beaufsichtigende Behörde da», wa» zum Amte de» Vor­ munde» gehört, selbst besorgt, weil nicht die Führung der Vormundschaft und deren Beaufsichtigung in einer Person vereinigt sein können, und daher ist e» auch so bezeichnend, daß da» A.L.R., obschon e» die Vertre­ tung-pflicht de» Gerichts bestimmt hervorhebt, gerade eine solche für den Fall eine» selbständigen Handeln», bei welchem sie am wenigsten entbehrt werden kann, gar nicht kennt, sondern sie überall — mit Ausnahme we­ niger bestimmter Fälle — nur al» eine subsidiäre auffaßt"). Al» Resul­ tat muß also behauptet werden: die preußische Vormundschaft ist wie die gemeinrechtliche ein vom Staat übertragene» Amt (ein munus), mehr wie im römischen Recht ein öffentliche» Amt (munus publicum), und wie e» im Begriff de» Amt» liegt, ist der Vormund selbständiger Vertreter und Verwalter der Angelegenheiten seine» Pflegebefohlenen, seine Auto­ rität wurzelt im Gesetz, entnimmt au» diesem da» Recht, nach eigenem curatorem nupillo, tutorem non habenti, facnltatem contrahendi simul ei conferre videtur, perinde ac si tutor datue curatorem substitnerit, ex quo hujuemodi curator nomine magistratus seu superioris tutoris, in judicio pupilli causam agit.“ Frustra Schilt er ex Romano jure id oppugnat: apud Romanos enim magistratus tutores non erant, sed tu­ toris judices, quem etiam ad rationes reddendas cogere non solebant, nisi actione tutelae vel rationibus distrahendis pulsatum. Nomen Ober­ vormund indicat, apud Germanos non solum jus inspiciendo magistratui competere. ") Schlußrevision S. 185. ") Entsch. B. 12. S. 512. Strieth. B. 49. S. 141a. Entsch. B. 64. S. 250f. B1) Wenn in §. 299. d. T. gesagt ist, daß der Vormund Handlungen nicht zu ver­ treten habe, die da- Gericht ohne seine Zuziehung vorgenommen hat, so kaun daraus doch unmöglich gefolgert werden, daß das Gericht berechtigt und befähigt sein soll, für den Pflegebefohlenen Verträge abzuschließen, Quittung zu leisten, Löschung zu bewilligen, Ausleihungen vorzunehmen oder in Beziehung auf die Person deS Pflegebefohlenen anderen Personen al- dem Vormund Anweisungen oder Befehle zu ertheilen. Bergl. Seuffert II. 198. Ueber die Fälle, wo daS Gericht Prinzipal für Versehen haftet, s. unten §. 232. bei III.

Die Vormundschaft.

§. 229.

Einleitung.

643

pflichtmäßigen Ermessen zu handeln, er kann diese- Recht auch gegen da- Vormundschaft-gericht im Wege der Beschwerde verfechten. Seine Selbständigkeit begrenzt aber da» Gesetz, denn diese» ermächtigt da» Gericht zur beständigen Aufsicht und Direktion, e» giebt ihm da» Recht, dem Vormund besondere Anweisungen zu ertheilen, die er zu befolgen hat; e» empfiehlt dem Vormund, in wichtigeren Angelegenheiten sich der Ge­ nehmigung de» Gericht» zu versichern, um nicht selbst einer strengeren Vertretung zu verfallen; e» gebietet endlich dem Vormund in bestimm­ ten Fällen die Genehmigung de» Gericht» einzuholen, indem sonst da» Geschäft auch in Betreff de» Dritten nichtig ist. In Anwendung dieser richtigen Auffaffung der Stellung de» Vormunde» hat da» Obertribunal die prinzipiell wichtigen Sätze aufgestellt: ein rerklagter Vormund, der die eingeklagte Forderung einräumt, bedarf dazu weder der obervormundschaft­ lichen Ermächtigung noch einer besonderen Instruktion de» Gericht»"); bei Subhastatlonen, wobei Pflegebefohlene interessirt sind, muß der BittungStermin dem Vormund bekannt gemacht werden, und e» genügt nicht die Benachrichtigung de» Vormundschaftsgericht»"); zur Ungiltigkeit». erklärung eine» vom Vormunde für den Mündel geschloffenen Vertrage» reicht der Umstand allein, daß die Genehmigung de» VormundschaftSgerichtS vorgeschrieben aber nicht eingeholt ist, nicht hin"). Allen diesen Entscheidungen liegt der Gedanke zu Grunde: der selbständige Vertreter de» Pflegebefohlenen ist der Vormund, nicht da» Gericht, die Selbständig­ keit ist ihm nur ausnahmsweise in einzelnen Fällen, die da» Gesetz aus­ drücklich bezeichnet hat, entzogen. Da» A.L.R. unterscheidet Vormünder, Kuratoren und Bei­ stände"). Dem Vormund ist die Sorge für alle Angelegenheiten de» Pflegebefohlenen übertragen, er hat eine poteatas ad tuendum über die Person und da» Vermögen de» Mündel», er vertritt daffelbe in allen seinen Beziehungen und ergänzt die ihm fehlende Handlungsfähigkeit, personae datur non rei vel certae causae"). Der Kurator hat ent­ weder nur die Aufsicht über die Person und die Erziehung, oder nur die Besorgung einzelner Geschäfte und Angelegenheiten deffelben zu führen"). Beistände werden zu Hilfe genommen bei gewiffen Geschäften, die Jemand **) Entsch. B. 11. S. 383. Unter der Voraussetzung jedoch, daß die eingeräumte Forderung eine gesetzlich klagbare «ar. Entsch. B- 35. S- 460. Strieth. B. 24. S. 116. “) Entsch. 8.12. S. 510. “) Entsch. B. 13. S. 3. Pl..Beschl- Strieth. B. 53. S. 11. ") §. 3-5. d. T. “) §. 3. d. T- §. 4. J. I. 14. 1. 12-15. D. XXVI. 2. I. 2. pr. $. 1. D. XXVL 1. Rudorfs I. 24fg. Savignh, Beruf. S-104. Bethmann-Hollweg, im rhein. Museum 8. 6. S. 253. ”) §. 4. d. T. §• 2. J. 1.23.

644

Zweit«» Buch

Die besonderen Privatrecht«.

allein vorzunehmen gesetzlich nicht befähigt ist oder vorzunehmen sich nicht getraut").

Unter den verschiedenen Fällen der Bevormundung ist die Altersvormundschaft,

nach

die wichtigste

ihr richten sich die anderen Fälle,

ihre Erörterung muß daher an die Spitze gestellt werden.

Eine Geschlechts»

Vormundschaft kennt das preußische Recht nicht mehr.

Erste» Kapitel. Die Altersvormundschaft.

§. 230.

I.

Die Berufung zur Bormuudschast.

Minderjährige Personen, d. h. diejenigen, welche daS 21. Le­

bensjahr nicht vollendet haben, muffen vom Staat bevormundet werden,

wenn sie nicht unter väterlicher Gewalt stehen'): also uneheliche Kinder,

deren Mutter nicht unter der Gewalt ihres BaterS steht'), eheliche Kinder, deren Bater gestorben

ist, oder die Gewalt zur Strafe verloren hat').

Ob Adoptivkinder, deren natürlicher Bater noch lebt, nach dem Tode des Adoptivvaters zu bevormunden seien, ist streitig'). Die verneinende Mei­ nung muß aber deßhalb für die richtige gehalten werden, weil der natür­ liche Vater selbst während deS Lebens des Adoptivvaters das eigenthüm­

liche Vermögen deö Kindes ohne Nießbrauchsrecht als Vormund verwal­ tet und kein Grund vorliegt, weßhalb ihm bei dem Tode des Adoptivvaters

diese vormundschaftliche Verwaltung entzogen

und auf einen

bestellten

Vormund übertragen werden soll'). AuS den in dem Reskript v. 10. Okto­ ber 1831 für die bejahende Ansicht citirten §§. 697. 716. 147. 159. II. 2. A.L.R. folgt nichts für dieselbe.

Ebenso wenig bedarf die minderjährig

Wittwe gewordene Tochter, obschon sie in die väterliche Gewalt nicht zu­

rücktritt, der Bestellung eines Vormundes, weil ihr Vater auch während ihrer Ehe schon die Stellung eines Vormunds zu ihr gehabt hat, und

diese nach dem Tode des Manne» behält'). ")

5. d. T-

') §• 2. d. T. *) §. 614.615. Anh. §. 95. II. 2.

S. oben S. 631 Note 1.

*) Oben S. 628. §. 225.

4) Bejahet in dem Reftr. v. 10. Olt. 1831. Koch, Komment. Note 2 ju §. 2. d. T-

Jahrb. B. 38. S. 292.

S. dagegen

») Oben S. 604 Note 23. *) Oben S. 626. Nach gemeinem Recht ist die« zweifelhaft, weil während bestehen­ der Ehe die Frau nicht unter der Vormundschaft de« Pater« steht- Jurist. Zeit. 1833. S. 1164.

II. Die Bevormundung muß von AmtSwegen eingeleitet werben7). Sobald daher ein solcher Fall eintritt, muß er der DormundschaftSbehörde angezeigt werden. Das Gesetz legt gewissen Personen eine Anzeige­ pflicht ans, deren Verabsäumung sie dem Minderjährigen verantwortlich macht'). Zunächst soll eS die Mutter längstens binnen sechs Wochen nach dem Tode des BaterS anzeigen, dann die Übrigen Verwandten, und zwar vorzugsweise diejenigen, welche mit dem Minderjährigen an demselben Orte leben. Der in einem näheren Grade Verwandte ist vor dem ent­ fernteren dazu verpflichtet, Verwandte jenseits des 4. Grades haften dem Pflegebefohlenen nur dann, wenn sie „vorsätzlich um die Bevormundung zu hindern", die Anzeige Unterlasten haben'). Außerdem sollen sich auch Prediger, Dorfgerichte, und andere Mitbürger, die von dem Tode des BaterS amtlich oder sonst Kenntniß erhalten, der Anzeige nicht entziehen und büßen die Unterlassung mit einer fiskalischen Strafe"). Verant­ wortlichkeit und Strafe fallen für alle weg, wenn irgend Einer die An­ zeige wirklich gemacht hat"). Die Anzeige muß dem zuständigen VormundschaftSgericht, oder wenn dies nicht bekannt ist, dem nächsten Gericht erstattet werden"). III. Das zuständige Gericht hat die Vormundschaft einzuleiten"). Die Zuständigkeitsfrage ist feit Aufhebung der MilitairgerichtSbarkeit für Civilfachen, des eximirten Gerichtsstandes und der Privatgerichtsbarkeit we­ sentlich vereinfacht"). Zuständig ist das KreiSgericht oder die Gerichts­ kommission, in deren Bezirk der Vater zur Zeit seines Ablebens seinen Wohnsitz gehabt, bei doppeltem Wohnsitz dasjenige Gericht, in dessen Be­ zirk er zur Zeit des Todes wirklich gewohnt hat, d. h. wo er gestorben ist"). Bei Kindern aus einer Ehe zur linken Hand und bei unehelichen Kindern ist das Gericht, vor welchem die Mutter ihren persönlichen Ge­ richtsstand zur Zeit des Eintritts der Bevormundung hat, zuständig"), bei ausgesetzten Kindern das Gericht des OrtS, wo sie gefunden worden'7). Eine spätere Veränderung des Wohnorts des Pflegebefohlenen oder der Mutter hebt die Zuständigkeit des Gerichts nicht auf und nur, wenn ’) §.90. d. T. Arndt» und Leonhard S. 50. Oesterr. GB. §. 190. f-ichf. §. 1884. *) 6- 91 fg. d. T. Ueber die petitio nach rSm. R. f. Rudorff l. S. 406. Kraut I. 279 fg. Oesterr. GB. §. 189.

') § 101. 102. 97—100. d. T. '•) §. 93. 94. d. T. ") §. 90. 91.95. d. T.

") §. 106. d. T. ") §. 56 fg. d. T.

'») Aufgehoben sind die §§. 67-69 73-80. Anh. §. 154. 155. Geändert sind die §§. 64. 65. 70. S. hierüber Koch, Landrecht. Ist die Zuständigkeit nicht zu er­ mitteln, so entscheidet da» Obertribunal aus Grund de» Art. V. Nr. 2. der B. v. 26. April 1851. Koch, Note 22 zu §. 86. d. T. ») §. 57. 58. 63. 64. 65. d. T. «och, Not- 32 zu §. 58. ") §. 61. d. T. Koch, Note 23 zu §. 61. «) §. 62. d. T.

überwiegende Gründe für das Beste de» Pflegebefohlenen nachweisbar find, kann die Vormundschaft an das Gericht de» neuen Wohnorts ab­ gegeben werden"). Die Zuständigkeit de» die Vormundschaft einleitenden Gericht» erstreckt sich über das ganze Vermögen des Pflegebefohlenen, auch über da» außerhalb feine» Bezirks befindliche"). Für da» auswärtige Vermögen können Spezialkuratelen eingeleitet werden"). IV. Das zuständige Gericht bestellt den Vormund"). Die Er­ nennung eines solchen durch daS Testament oder durch eine andere Er­ klärung") des Vaters oder der Mutter oder die Bestimmung eines Familienvertrage- soll dabei vorzugsweise berücksichtigt werden"). Einen gesetz­ lichen Anspruch auf die Vormundschaft haben die Mutter und Großmut­ ter, wenn sie persönlich dazu fähig sind, erstere solange sie Wittwe bleibt"). Außerdem werden noch andere Personen, Verwandte, BerufSgenofien des Vaters als vorzüglich berechtigt zur Führung der Vormundschaft bezeich­ net'^). DaS Gericht ist aber weder an die Auswahl des Vaters oder der Mutter, noch an den Anspruch der letzteren noch an die vorzugsweise Be­ rechtigten gebunden, es kann in allen Fällen diese Personen übergehen, wenn es nach gewisienhafter Prüfung findet, daß die Bestellung derselben dem Pflegebefohlenen nachtheilig sein würde"): in diesem Sinne fehlt eS also zwar nicht an einem testamentarischen, vertragsmäßigen und gesetzli­ chen Berufstitel, aber, wie im gemeinen Recht, sind diese Titel nicht ent­ scheidend und daher alle Vormundschaft eine s. g. dativa”). Die Be­ stellung durch die Behörde hat, wie eS daS A.L.R. ausdrücklich sagt, den **) §. 85. 86. d- T. Die» bezieht sich auch auf da» Verhältniß der altländischen zu den rheinpreußischen Gerichten. Restr. v. 15. Febr 1841. JMBl. €.101. Im Fall der Auswanderung mit Konsens hört die preußische Vormundschaft auf, und die Fortsetzung der letzteren ist der auswärtigrn Behörde zu überlassen. Restr. v. 12. Jan. 1837. Jahrb. B. 49. S. 167. Seuffert VI. 49. ") §. 81. d. T. §. 17. J. I. 25. 1. 21. §. 2. D. XXVII. 1. I. 5. $. 12. D. XXVII. 9. Seuffert VIII. 148.

*•) §. 82. d. T. 1.10. §. 4. 1. 19. 21. §. 2. D. XXVII. 2. 1. 27. pr. D. XXVI. 5. 1. 2. 0. V. 62.

**) $.110. d. T. Arndt» nnd Leonhard S. 59. M) Dem preuß. R sind die gemeinrechtlichen Kontroversen fremd, ob der Vater nur in einem förmlichen Testament, oder auch in einem nicht konfirmirten Kodizill oder einer divisio parentum inter liberos einen Vormund ernennen darf. Glück B- 29. S. 218. Bülow und Hagemann, prakt. Erörter. II. 302. ") §. 172-178. d T. ”) $.181.186 fg. d. T. Mutter und Großmutter haben ein Recht auf die Vor­ mundschaft, aber sind nicht verpflichtet, sie zu übernehmen. Restr. v. 12. Novbr. 1829 in den Ergänz, zu $.186. Glück B. 30. 6.67. Kraut I. 245. II. 128. Rudorfs I. $. 33. S. 246fg. Novelle 94. c. 1. 2.

”) $. 192-199. d- T.

*•) $. 184.185. d. T. Die weiteren $$. 186—199. enthalten Instruktionen für den Richter über die Auswahl de» Vormunde«. Sachs. GB. §. 1886. ") Suarez, Schlußrevision S. 185. Lauterbach, coli. th. pr. XXVI.3. §. 16.

Charakter der Uebertragung eine- Amts und darf nicht unter den Ge­ sichtspunkt eine» von dem Gericht in Vertretung des Pupillen mit dem Vormund abgefchloffenen Vertrags gebracht werden"). Die übergan­ gene Person hat gegen die Verfügung de» Gerichts einen Anspruch auf rechtliche- Gehör, welcher zunächst durch einen Antrag bei diesem Gericht selbst, und wenn dieser fruchtlos bleibt, im Wege der Beschwerde bei dem Appellation-gericht geltend zu machen ist"). Ein prozeffualischeS Verfah­ ren kann hierbei nicht stattfinden, weil eS an dem Prozeßgegner fehlen würde, die Entscheidung erfolgt daher auch nicht durch Erkenntniß, wovon §. 200. d. T. spricht, sondern sie ergeht in der Form einer s. g. Resolu­ tion, d. h. einer mit Gründen au-gefertigten Verfügung'"). V. Der vom Gericht berufene Vormund muß zur Uebernahme der Vormundschaft fähig sein"). Gewisse Personen sind dazu absolut, an­ dere relativ unfähig. Da- Gesetzbuch zählt die einzelnen Fälle der einen und anderen Unfähigkeit auf und eS ist nicht» Wesentliches über sie zu bemerken"). Wichtig dagegen ist die Frage, welche Folgen eintreten, wenn ein Unfähiger zum Vormund bestellt worden. Um dies zu vermei­ den, ist jeder Berufene verpflichtet, die ihm entgegenstehende Unfähigkeit dem Gericht anzuzeigen"); unterläßt er eS, so entstehen daraus für ihn Nach­ theile, die nach den einzelnen Unfähigkeit-gründen verschieden bestimmt sind: die gezogenen Vortheile und Belohnungen müssen immer zurück­ gegeben werden"); der Vormund, welcher Gläubiger de- Pflegebefohlenen ist, verliert seine Forderung"), der Vormund, welcher deflen Schuldner ist, seine Einreden und muß den Betrag der Forderung, soweit sie richtig ist, als Strafe erlegen"), wenn sie vorsätzlich und au» Gefährde ihr obli­ gatorische» Verhältniß zum Pflegebefohlenen verschwiegen habens; wenn aber Vorsatz oder Gefährde bei ihnen nicht nachweisbar ist, so sollen sie bi- zum zehnten Theil der Forderung bestraft werden"). Dem PflegeGlück B. 29. S. 307. Urb« vertrag-mäßige Vormundschaft, die in Deutschland gewohnheit-rechtlich sich «halten hat, s. Leyser, med. sp. 328. Glück B.29. S. 162.170. Kraut I. 271 fg. Nach österr. GB. 196-199. tritt die gericht­ liche Bestellung eine- Vormunde» erst ein, wenn keine testamentarische oder ge­ setzliche Berufung vorliegt. ”) A. M Koch, Anleitung zur Prozeßpraxis B. 1. S. 1167 §. 275. bei Note 1». Unten §. 234. a. A. ”) §.200.201. d.T. Arndt, und Leonhard S. 61. '”) AGO. I. 39. §. 11.12. Strieth. B. 33. S- 5. S. «och, Note84 zu §. 200. d. T.

") §. 129fg. d. T. Arudt, und Leonhard S. 53. Rudorsf II. 17ff. «) §. 130-136. d. T. Falle d« absoluten; §. 137-157. Falle d« relativen Unsähigkeit. Oesterr. GB. §. 191 — 194. •*) §. 164. d. T. **) * §. 165. d. T. ") §. 167. d. T. ") §. 168. d. T. ”) §. 169. d. T.

Novelle 72.

Seuffert X. 268. XII. 47.

Zweite« Buch. Die besonderen Privatrechte.

648 befohlenen

haftet der

unfähige Vormund,

wenn

er auf Befragen de-

RichterS vorsätzlich seine Unfähigfeit verschwiegen, für geringe- Versehen vom Tage der Einmischung in dessen Angelegenheiten"). Wer wissentlich dem Gericht einen Unfähigen zum Vormund vorgeschlagen, haftet neben diesem al- Bürge").

erlangt, muß

Sobald da- Gericht Kenntniß von der Unfähigkeit

eS dem Unfähigen

die inzwischen von demselben

die Vormundschaft wieder abnehmen;

vorgenommenen Rechtshandlungen bleiben

aber giftig, wenn seine Unfähigkeit nicht eine Handlungsunfähigkeit gewesen

ist"). — Gewisse Personen endlich bedürfen einer besonderen Erlaub«

n iß zur Uebernahme einer Vormundschaft, Militairpersonen, Staatsbeamte, Geistliche, Verwalter von königlichen und prinzlichen Domänen oder Ein­

von

künften,

Vermögen

öffentlicher

Korporationen

und

milder

Stif­

tungen").

VI.

Die Uebernahme einer Vormundschaft, zu welcher man

von

dem zuständigen Gericht berufen worden, ist allgemeine Bürgerpflicht. „Kein Bürger kann sich einer von der Obrigkeit ihm aufgetragenen Vor­

mundschaft, ohne besondere

und

erhebliche Ursachen entziehen'"').

Wer

sich ohne eine solche Ursache weigert, wird durch Geldstrafe dazu gezwun­

gen"),

er muß dem Pflegebefohlenen den Schaden vertreten, der durch

die Weigerung entstanden ist, und wenn seine Weigerung durch die Geld­ strafe nicht gebrochen werden kann, dem bestellten anderen Vormund ein Honorar zahlen, auch die Eintragung einer Kaution für diese- auf seinem Grundstücke sich gefallen lassen"). DaS Gesetz führt die einzelnen zulässi­

gen Ablehnungsgründe

auf").

Ueber

da-

Vorhandensein solcher

Gründe muß der Vormund vom Gericht gehört werden, eS wird darüber durch eine Resolution entschieden, welche dnrch Beschwerde bei dem Gericht

zweiter Instanz angreifbar ist, und durch welche der Vormund, wenn der

Ablehnung-grund verworfen worden, nicht seine Einrede gegen eine auf der verweigerten Annahme gegründete CntschädigungSklage verliert"). Die EntschnldigungSgründe dürfen nicht mehr geltend gemacht werden, wenn

der Berufene bereit- durch eine schriftliche Erklärung sich zur Uebernahme der Vormundschaft verpflichtet hat").

VII. Der berufene Vormund wird vom Gericht durch Handschlag an EideSstatt verpflichtet und erhält eine schriftliche Bestallung

") ") 4I) ") ")

§. 166. 297. b. T. ”) §. 171. d. T. §. 165. d. T. Arndt« und Leonhard S. 57. §. 158-163. d. T. ") §. 109. d T. §. 202. d. T. ") §. 204—207. d. T. §. 208-217. d. T. Arndt« und Leonhard S. 62. Kraut I. 242.

Rudorfs II. S. 43ff.

§. 230.

(tutorium)48).

Erst

Die Berufung zur Vormundschaft.

649

mit dem Empfang der letzteren wird er Vormund,

bis dahin ist er nur zu Geschäften, die keinen Aufschub erleiden, legiti-

mirt48).

Die Bestallung muß

zugleich

die

besonderen Einschränkungen

und Instruktionen enthalten, die daS Gericht vorschreiben will88).

Fehlt

eS an solchen, so ist der Vormund für seine Pflichten und Rechte an die

gesetzlichen Vorschriften gewiesen.

VIII.

Die Ernennung deS Vormundes

Dauer der Vormundschaft8').

einer gewissen Zeit

ist unstatthaft,

bezieht sich auf

die ganze

Eine Bestellung auf Zeit oder von doch wird dem Vater und anderen

Personen, die dem Pflegebefohlenen etwas zuwenden, das Recht zu einer solchen Ernennung eingeräumt, und dann soll daS Gericht nicht ohne er­ hebliche Gründe von dieser Anordnung abgehen8').

IX.

In der Regel ist die Bestellung eines Vormundes für einen

Pflegebefohlenen

oder für Geschwister

hinreichend88).

auch mehrere Vormünder bestellt werden.

zu unterscheiden84):

ES können aber

Dabei ist in folgender Art

sollen sie die Angelegenheiten

der Pflegebefohlenen

gemeinschaftlich besorgen, so stellen sie, wie sich daS A.L.R. nneigentlich auSdrückt, eine moralische Person dar88), d. h. sie müssen gemeinschaft­

lich handeln, durch die Handlung deS Einzelnen wird

der

Pflegebefoh­

lene nicht verpflichtet, und wenn sie sich nicht einigen können, so entschei­ det daS Gericht88).

Dasielbe Verhältniß gilt, wenn sie sich untereinander

die verschiedenen Geschäfte getheilt haben8'). Gericht jedem von ihnen

Hat der Erblaffer oder daS

eine getrennte Verwaltung aufgetragen,

so

steht dem einzelnen keine Mitverwaltung bei den Geschäften deS andern zu88). 48) §. 220. 222. 223. d. T Arndts und Leonhard S. 64. Confirmatio ex jure Germanico. Rudorfs II. 211 f. Kraut I. 235 f. II. 118f. Oesterr. GB. §. 205. 206. Die Reichsgesetze verlangen eine Vereidigung. *') §. 221. 225 d. T. Wer ohne gerichtlichen Auftrag und Bestallung fich in vor­ mundschaftliche Geschäfte mischt, (protutor, faleus tutor), wird wie ein Vormund zur Vertretung verpflichtet und haftet für allen Schaden, wenn er nicht dem Ge­ richt Anzeige macht und seine Bestätigung nachsucht. §. 227—230. d. T. Arndts und Leonhard S. 44. ,n) ji. 437. d. T. “) §. 125. d. T. 1. 6. §. 1. D. XXVI. 1. 1. 77. de R. J. “) §. 126—128. d. T. §• 3. J. I. 14. 1. 8. §. 2. D. XXVI. 2. ’•) §. 112.113. d. T. “) Gruchot in s. Beitr. I. 310fg. ArndtS und Leonhard S. 43. “) §. 114. 115. d. T. Anders nach röm. R. 1. 24 §. 1. D XXVI. 7. ") §. 116.117. d. T. Suarez, rev. monit. Jahrb. B. 52. S. 57. 1.3. §. 7. D. XXVI. 7. Rudorff II. 237. Hat der Erblaffer mehrere Vormünder als be­ freit« ernannt und über den Ausgleich ihrer Meinungsverschiedenheit nichts be­ stimmt, so muß gleichwohl das Gericht darüber entscheiden. S. darüber ArnSb. Arch. B. 1. S- 294. Gemeinrechtlich kann der einzelne von mehreren tutoree ge­ reutes, wenn eine Theilung der Geschäfte nicht eingetrete», auch allein handel», der Mitvormund aber widersprechen. Heuser XII. 93f. Seufs. XVII. 259. ”) §. 118. d. T. Dergl. B. 1. s. 592 bei Note 43 1. 46. §. 1.1). XXVI 7. »') §. 119. d. T. Rudorff II. 240f. Seuffert XV 228.

Wer nicht theiluimmt an der Verwaltung, sondern nur Aufsicht über den eigentlich verwaltenden Vormund führen soll, heißt Ehrenvormund"). Bei getrennter Verwaltung mehrerer Vormünder ist auch der eine zugleich Ehrenvormund neben dem andern").

§. 231.

Das Amt des Vormundes.

I. Im Allgemeinen. Es wurde oben ausgeführt, daß auch nach preußischem Recht das Amt des Vormundes zwar einer Beaufsichtigung der Behörde und einer Einwirkung Seiten» derselben unterworfen ist, daß eS im Uebrigen aber selbständig mit eigner Verantwortlichkeit geführt wird'). Da» Recht und die Pflicht diese» Amte- hat sowohl die Person de» Pflegebefohlenen al» dessen Vermögen zum Gegenstände, e» kennt keine Beschränkung auf eine einzelne Richtung der Vorsorge für den Pflegebe­ fohlenen'). Wo die Sorge für die Person desselben in Widerspruch kommt mit der Sorge für da» Vermögen, da soll die letztere der ersteren nach­ stehen'), dem Pflegebefohlenen gegenüber vertritt der Vormund den Vater'), er bat daher wie dieser Gehorsam und Ehrerbietung zu fordern'). Nach vollendetem 18. Lebensjahr kann der Pflegebefohlene verlangen, bei erheb­ lichen Vorfällen, welche die Substanz seine» Vermögen- betreffen, gehört zu werden, obgleich seine Meinung nicht entscheidend ist'). Gegen Ueberschreitungen oder Versagung de» Gehör» wird der Pflegebefohlene durch da- Gericht geschützt'). In Betreff de» Vermögen» vertritt der Vormund den Pflegebefohlenen Dritten gegenüber'). Dieser kann sich selbst „ohne Zuthun", d. h. ohne Genehmigung de» Vormund» gegen Niemand ver­ pflichten'), ungehörig verweigerte Genehmigung kann da» Gericht beseitigen, M) §. 120. d. T, quasi obaervator et custos. 1. 3. §. 1. 2. D. XXVI. 7. im Arch. f. civil. Praxis B. 11. S. 1.

Löhr

••) §.121-122. d. T.

') §. 231. d. T-

') S. 617. 4) §. 240. die der tungen, 1. 5. §.

') §. 234. d. T.

242. d. T. Oesterr. GB. §. 216. Aber auch unabhängig von Vorschriften, Vater in Betreff der Person der Kinder hinterlassen, oder von Rich­ die er bei der Erziehung und Ausbildung derselben eingeschlagen hat. 8. 9. D. XXVI. 7. 1. 2. §. 3. D. XXVII. 2.

•) §. 241. d. T.

Arndtö und Leonhard S- 30f.

•) §. 244 245. d. T.

Oesterr. GB. §. 217.

Davon eine Ausnahme in $. 561. d- T-

7) §. 243. 246. d. T. •) Kraut I. 113ff.

Sachs. GB. §. 1910ff.

•) §. 247. d. T- ArndtS und Leonhard S. 3t. Rudorfs II. 277s. 283f. 321 f. Seuffert XIII. 241. Der Pflegebefohlene darf stch nicht rechtlich verpflichten, wohl aber auch ohne Genehmigung des Vormundes thatsächliche Zugeständnisse machen, wenngleich aus diesen rechtliche Verpflichtungen folgen. Jurist. Wochen­ schrift 1841. S. 271. Ueber die Geschäftsfähigkeit Minderjähriger bei Verträgen §. 10-21. 24. 25. I. 5 , Über ihre Verpflichtung aus unerlaubten Handlungen

Z. 231.

Da« Amt btt Vormund«.

651

indem eS die fehlende Bestimmung ergänzt"). Rechtsgeschäfte, die der Vormund ausdrücklich für den Pflegebefohlenen mit Dritten abgeschlos­ sen, verpflichten diesen unmittelbar"). Hat der Vormund zwar in eigenem Namen aber unter Umständen abgeschloffen, die es klar machen daß eS für den Pflegebefohlenen geschehen, so hat der Dritte die Wahl, ob er sich an diesen oder den Vormund halten will"), und der Pflegebe­ fohlene erwirbt auS einem solchen Geschäfte Rechte, wenn dem Dritten bekannt gewesen, daß eS für ihn abgeschloffen worden"). Mit dem Pfle­ gebefohlenen selbst kann der Vormund nicht kontrahiren; handelt eS sich um ein solche» Geschäft, so wird dem ersteren ein besonderer Ku­ rator bestellt"), wenn nicht ein solcher bereit- ernannt worden ist"). Der Vormund hat bei der Besorgung der ihm anvertrauten Ange­ legenheiten diejenige Aufmerksamkeit anzuwenden, welche ein ordentlicher Hau-vater seinen eignen Angelegenheiten widmet"): er vertritt vom Tage seiner Verpflichtung") mäßige- Versehen und auch den zufälligen Schaden, wenn dieser in Folge eine- mäßigen Versehen- eingetreten ist"). Seine Haftpflicht steigert sich in gewiffen Fällen bi- zur Vertretung einegeringen Versehen-, nämlich: wenn er Geschäfte, die eine besondere Sachkenntniß erfordern, ohne einen Sachverständigen vorgenommen, wenn er selbst Sachverständiger ist, wenn ihm da- Gesetz ausdrücklich zur Pflicht

$. 41—44. I. 6., über ihre Testament-fähigkeit §. 16-18. 21. 22. 26-34. I. 12. über ihre Fähigkeit zur Eheschließung §. 49—57. II. 1. ALR. Aus der Bereiche­ rung hastet er. Oben B. 2 S. 419. Seuffert XI. 25. ,e) §. 248. d. T. ") §. 250. d. T. Den dolus und die culpa des Bormundes vertritt der Pflege­ befohlene gegen Dritte, vorbehaltlich seines Entschädigungsanspruchs an den Vor­ mund. Gesetzrev. VII. 145. Rudorfs II. §.131. S. 340fg. führt auS, daß der Vormund aus seinem Rechtsgeschäft für den Pflegebefohlenen für dolus und culpa hafte, daß aber letzterer aus dem dolus auch nicht gewinnen darf, daß so­ weit dem Dritten gegen ihn die Klage gegeben werde und auch in dem Fall, wenn der Pupill Aussicht hat, aus dem Vermögen de- Vormundes Erstattung zu er­ langen. ") §• 251. d. T. ") §. 252. d. T. ") §. 253. 254. d. T. Bergl. Reskr. v. 6. Sept. 1802 im Neuen Arch. B. 2. S. 484. Entsch. B. 12. S. 513. Strieth. B. 21. S. 289. Arndt- und Leonhard S. 31 f. Note 128. Rudorffll. S. 471. 475. 1. 5. §. 2-6. 1. 6. D. XXVI. 8. 1. 5. 0. IV. 38. Seuffert I. 84. V. 193.

") Entsch. B. 51, S. 341. ") 8. 275. d. T. 1949 f. 1T) §. 297. d. T.

Arndts und Leonhard S. 34.

Oesterr. Gv. §.228.

Sächs.

") §. 276. 282. d. T. Entsch. B. 8. S. 378 (zwischen dem Zufall und Verschulden muß ein ursächlicher Zusammenhang nachweisbar sein). Vergl. I. 13. §.13. A L R. Rudor ff III. 71. Nach gemeinem R. in faciendo omnis culpa, iu non faciendo diligentia, quam suis. 1. 1. pr. D. XXVII. 3. 1. 33. pr. D.XXVI. 7. 1. 23. D. L. 17. 1. 7. C. V. 51.

Zweite- Buch.

652

Die besonderen Privairechte.

macht, für ein Geschäft bei dem Gericht anjufragen und er die Anfrage

unterlassen hat").

Seine Haftpflicht ermäßigt sich bis zur Vertretung

eines groben Versehens, wenn er bei Prozessen für den Pflegebefohlenen

die Anweisung de» Gerichts nicht befolgt hat'"), wenn er bei Prüfung der Sicherheit der vom Erblasier bereit» ausgeliehenen Kapitalien neu hervor­ getretene Bedenken gegen die Sicherheit nicht beachtet hat")',

wenn er

Geschäfte zur Fortsetzung übernimmt, die bereits der Vater oder Erblasser oder frühere Vormund eingeleitet, und Umstände unbeachtet gelassen hat,

die ihm zu einer Abänderung hätten Anlaß geben sollen").

Mehrere

Vormünder, welche gemeinschaftlich die Verwaltung geführt haben, haften solidarisch mit gegenseitigem Regreß"), doch wenn sie sich unter

einander die Geschäfte getheilt haben, der eine nur aushilfsweise für den andern"). Hat der Erblasser die Verwaltung unter die Vormünder ge­ theilt, so haftet jeder nur für seinen Geschäftskreis"); hat da» Gericht

sie- getheilt, so vertritt der Ehrenvormund aushilfsweise grobes Versehen Die Erben deS

bei der Aussicht über den verwaltenden Vormund").

Vormundes haften für das von ihrem Erblasser begangene grobe Ver­ sehen, und wenn schon bei seinen Lebzeiten gegen ihn geklagt worden, für denjenigen Grad, den er selbst zu vertreten hat").

Zur Sicherung ihre» Anspruch» haben die Pflegebefohlenen im Kon­

kurse des verwaltenden Vormundes das gleiche Vorrecht mit den Kindern im Konkurse des Vaters, wenn die Ersatzforderung innerhalb zweier Jahre

der Vormundschaft eingeklagt und bi» zur Eröffnung des Konkurses die Klage ununterbrochen verfolgt worden ist"). Außer­ nach Beendigung

dem haben sie einen Anspruch auf Eintragung deö Defekts auf dem Grundstück deö Vormundes (gesetzlichen Pfandtitel)"). Endlich sollen die Vormünder auch Kaution durch Bürgen, Pfänder oder Hypothek für denjenigen Theil des Vermögen» und der Einkünfte des Pflegebefohlenen

*•) §. 278—280. d- T. ”) §.513. d. T. *') §. 462. d. T. Culpa lata in exigendo. 1. 15. 1. 35. D. XXVI. 7. 1. 2. 6. C. V. 51. ”) §. 283-285. d. T. *•) §. 288. 289. d. T. 1. 3. pr. 1. 24. §. 1. D. XXVI. 7. I. 4 D. XXVI. 8. 1. 7. §. 3. D. XXVII. 10. 1. 5. C. V. 59. Löhr im Archiv für civil. Praxi» B. 11. S. 15. Die einzelnen Vormünder haben nach preuß. 8L nicht die exc. divisionia ob« cedendarum actionuni. Oben B. 1 350. Seuffert V. 297. Heuser IV. 346. Oesterr. Gv. §. 210. Sachs. §. 1957 f. ") §. 286. 287. d. T- Also eine exceptio excuaaionie. ") §. 290.d. T. 1. 2. C. V. 38. 1. 2. 0. V. 40. 1. 2 C. V. 52. I. 5. C- V. 59. **) §. 291 292. d. T- 1. 3. §. 1. 2. D. XXVI. 7. beneficium excuaaionie. ") §. 293. 294. d. T.' 1.1. C. V. 54. Gesetzrev. VII. 151. Kont.-Ordn. v. 1855. §. 80. 81. ”) §. 296. d. T.

bestellen, den sie in Händen haben, und der auf eine bestimmte Summe fixirt werden muß"). Befreit davon sind solche Vormünder, die von dem Erblasser ernannt worden, und die bei ihrer Vermögenslage eine solche nicht bestellen können"). In der Praxi- wird wegen der großen Be­ lästigung, die in dieser Pflicht für die Vormünder liegt, fast immer von derselben abgesehen und sie ist auch um so überflüssiger, al- die ausge­ dehnte gerichtliche Depositalverwaltung des Mündelvermögens ausreichende Sicherheit bieten kann"). Frei von aller Vertretung ist der Vormund, wenn das Gericht ohne ihn zuzuziehen die Handlung vorgenommen, und wenn er nach erkärtem Widerspruch von dem Gericht zur Vornahme angewiesen worden ist"). Da- Amt des Vormunds muß von ihm unentgeltlich geführt werden"). CS sollen ihm nur die Schäden, die er ohne eigene- grobeoder mäßige- Versehen bei der Erfüllung seiner Pflicht — nicht bloß bei Gelegenheit derselben — erlitten"), die aus eigenem Vermögen für den Pflegebefohlenen nützlich verwendeten Kosten und Auslagen für nothwendige Reisen erstattet werden"). Ausnahmsweise darf dem Vormund, wenn er durch kluge und mühsame Verwaltung daS Vermögen deS Pflegebefohle­ nen beträchtlich vermehrt hat, oder von den Einkünften ein Ansehnlicheerübrigt wird, von dem Gericht ein Honorar ausgesetzt werden"). Hat der Erblasser da- Honorar auSgesetzt, so behält eö dabei da- Bewenden"). Ein dem Vormunde zugewendetes und angenommenes Dermächtniß schließt aber die Bewilligung eines Honorar- auö"). Für Dienste, die er ver­ möge seiner Wisienschaft, Kunst oder seines Gewerbe- leistet, empfängt er die für solche vorgeschriebenen oder angemessenen Gebühren"). “) §. 424—437. d T. Eigentlich ist die Kaution bei der tutela dativa überflüssig, quia satis idonei electi sunt, 1. 4. C. V. 42 Sie wird besonder- nöthig, wenn der Bormund wegen einer ihm übertragenen Kaffenverwaltung dem FiSruS ver­ antwortlich ist. S. hierüber Reskript v. 4. Mai 1805. Neue- Archiv IV. 34. Arndt- und Leonhard S. 36f. Rudorfs II. 218fg.

•*) §• 433. 434. d. T.

n) Keine Kaution nach dem §. 1902. “) -. 299. 300 d. T.

österr.

GB.

§• 237.

Wohl aber nach sachs. GB

") Arndt- und Leonhard S. 77. 85. 86. Rudorfs II. 249f. 255f. II. 125 f. “) §• 263. d. T. Arndt- und Leonhard S. 32f. ") Glück B. 32. S. 285. III. 124. ") §. 255—261. d. T.

Kraut

Den Ersatz de- zufälligen Schaden- verneint Rudorfs

”) §. 264—268. d. T. Oesterr. GB. §. 266. Sachs. §. 1954 f. Da- deutsche Recht ging in der Zubilligung einer Dergütigung für den Vormund weiter, daHonorar ist hier ein Rest der tutela usufructuaria. Kraut II. 81.159. DaA.L R. schließt sich dem jetzt geltenden gemeinen R. an. ”) §. 269. d. T. “) S. 270. d. T.

654

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

II. Die Vorsorge für die Person4'). Der Vormund hat nach den Kräften de» Vermögen» dem Pflegebefohlenen den Unterhalt zu gewähren, gegen den unehelichen Vater die Rechte de» Kinde» zu verfolgen, bei unzulänglichen Mitteln die alimentation-pflichtigen Verwandten oder die öffentliche Armenpflege in Anspruch zu nehmen, den Pflegebefohlenen standeSmäßig zu erziehen, sich dabei nach den Anordnungen de» Vater» zu richten, und die Erziehung unter seiner Ueberwachung vorzugsweise der Mutter, sodann den Großeltern und Seitenverwandten anzuvertrauen, wenn nicht besondere Gründe dagegenstehen^. Die Erziehung erfolgt bei ehelichen Kindern im religiösen Bekenntniß de» Vater», wenn dieser nicht abweichend bestimmt hat"), bei unehelichen Kindern im Bekenntniß der Mutter"). Für die Erziehung-kosten, welche auf einen bestimmten Be­ trag festzusetzen sind, kann bei nicht ausreichenden Einkünften die Substanz de» Vermögens verwendet werden"). Bei der Wahl de» Lebensberufs soll der Vormund, wenn nicht schon Bestimmungen de» Vater» vorliegen und eine Abweichung nicht nöthig erscheint, da» Gutachten der Mutter und Großeltern hören, und die Genehmigung de» Gericht» einholen"). Bei der Verheiratung hat der Vormund mit Genehmigung de» Gericht» einzuwilligen"). III. Die Vorsorge für da» Vermögen"). Da» Nächste, wa» geschehen muß, sobald die Nothwendigkeit eintritt, eine Vormundschaft ein­ zuleiten, sind Sicherungömaßregeln für da» Vermögen. Da» Gericht 4I) §. 262. d. T. Ueber die Frage, wa» ein Rechtsanwalt für seine Thätigkeit al» Dormund liquidiren kann, s. die Ergänz, zu diesem §.

“) §. 308-328. d. T. §. 615 II. 2. Oesterr. GB. §. 218. 219. 221. Sachs. §. 1923. Die öffentliche Armenpflege tritt erst ein, wenn auch da» Kapitalver­ mögen de» Pflegebefohlenen verzehrt ist. Reskr. v. 7. Oktbr. 1826 in den Ergänz, zu §. 309. E» kann zwar keinem begründeten Zweifel unterworfen werden, daß die Gerichte vermöge ihre» Recht» der Aufsicht und Anweisung den Dormündern die Einreichung von Erziehungsberichten aufgeben und ste zum Zweck derselben auch anweisen dürfen, sich mit den Geistlichen, Schullehrern, Ortrvorständen u. s. w. in Einvernehmen zu setzen, aber freilich zeigt ein solche» Bersahren nützliche Er­ folge nur in den einfachsten Fällen, wo in denselben kleineren Orten Bormund und Pflegebefohlene ihren Wohnsitz haben und derselben Parochie angehören. In

großen Städten, oder wenn z. B. der Pflegebefohlene au»wärt» in Diensten sich aushält, ist die Einrichtung nur ein nutzlose» Formale, wa» Weitläufigkeit und Schreiberei vermehrt. E» wäre daher zu empfehlen, dieselbe auf Pflegebefohlene zu beschranken, die noch die Schule besuchen oder mit dem Bormund in einer Parochie wohnen. Bergt. JMBl. 1845. S. 47 f. S. 63.

“) Oben S. 611 bei Rote 17—19.

Anton in der Anw.-Zeit. 1862. I. 58fg.

“) Oben S. 631 Note 3.. Entsch. B. 41 S. 242.

“) §. 335-337. d. T.

Strieth. B. 32. S. 366.

Oesterr. GD. §. 220.

") 8- 329-334. d. T.

") §. 338—340. d. T. Oben S- 501. Die nicht eingeholte Genehmigung de« Ge­ richt» macht die Einwilligung de» Vormunde» nicht ungiltig. S. noch da» Reskr. v. 23. Novbr. 1835 in den Ergänz. Seuffert X. 182. °) Arndt» und Leonhard S. 66ffg. 89ff.

Kraut II. 135f.

$. 931.

Da« Amt de- Vormuode«

665

hat von Amtswegen die Siegelung vorzunehmen, die leicht verderbbaren und mit unnützen Kosten aufzubewahrenden Gegenstände zu verkaufen"). Die Siegelung kann der Erblasser untersagen und sie darf, wenn ein Ehegatte besserten im Sterbehause wohnt, nur mit desien Bewilligung erfolgen"). Sodann tritt die erste Thätigkeit des bestellten Vormunde», ein: er hat die Inventur des Vermögen» zu besorgen. Diese Inven­ tur muß den ganzen Nachlaß vollständig verzeichnen"), und wird gericht­ lich ausgenommen, wenn nicht der überlebende Ehegatte oder ein zuver­ lässiger naher Verwandter de» Pflegebefohlenen sich im Besitze de» Nach­ lasse» befinden"). Diese können ein Privatverzeichniß überreichen und haben desien Richtigkeit an Eidesstatt zu versichern, unter Umständen auch zu beeidigen, jedenfalls die Wittwe, wenn sie sich wieder verheiratet"). Auch die gerichtliche Inventur, oder deren Beeidigung kann der Erblasser untersagen, und die» Verbot liegt in dem Verbot der gerichtlichen Siege­ lung"). Dagegen wird durch basierte die Aufnahme eines Privatver­ zeichnisses nicht betroffen, vielmehr muß ein solche» von dem Inhaber de» Nachlasses, d. h. von dem Vormunde und den großjährigen Miterben angefertigt, in Gegenwart de» vormundschaftlichen Gerichts versiegelt und in gerichtliche Verwahrung niedergelegt werden"). Von dem, der e» an­ gefertigt und überreicht hat, kann die eidesstattliche Versicherung verlangt werden, daß da» Verzeichniß mit den gesetzlichen Erfordernissen versehen und von ihm nach seiner besten Kenntniß und Wiffenschaft treulich aus­ genommen worden sei"). Die Fälle, in denen daS Gericht zur Eröffnung eine» solchen versiegelten VerzeichniffeS berechtigt und verpflichtet wird, bezeichnet da» Gesetz"). Ist hiernach der Bestand deS Nachlasses oder Vermögens sicherge­ stellt und auSgemittelt, so folgt al» weitere Sorge die Absonderung de» dem Pflegebefohlenen gehörigen Antheils daran. „Nach berichtigtem In*•) §. 351—375. d. T. Zu §■ 354. s. Rkskr. b. 7. Juli 1810 in den Ergänzungen. Rudorfs II. 242. Äraut II. 118. ••) $.372 -375. 371. d. T. °') AGO. II. 5. §. 36fg. A.L.R. I. 9. §. 434fg. Rudorfs II. 243. 246. Kraut II. 119. ”) §. 376-382. d. T”) §. 383 f. 389—394. d. T- Der Bormund taun aber der wiederheiratenden Mutter den Lid erlassen- Koch, Note 37 zu 8 392. •‘) §. 393—398. d. T. Zu §. 394. bergt Strieth. B. 48. S. 50. — Rudorfs II. 245. 1. 13. §. 1. 0. V. 51. Glück B 30. S. 205. Seuffert VI. 225. Da« österr. GB- §. 223. berücksichtigt ein Verbot de« Vater« nicht. ••) §. 399—402. d- T. Bergt. Enisch. der Gesetzkommission v. 6. Dezbr. 1785. Klein, Annalen I. 217. Gesetzrevis. VII. 176. 1.10. D. XXVI. 3. 1. 5. §. 7. D. XXVI. 7. Glück B. 30. @.206. Sachs. GB- §. 1907. Auch nach gemeinrechtlicher Praxi«. Seuffert V. 192. ••) §. 403. d. T. •’) §. 405-408. d. T.

Zweite« Buch.

656

Die besonderen Privatrechte.

ventario muß der Pflegebefohlene mit denjenigen, welchen ein Miteigenthum an der Masie oder irgend einem Theile derselben gebühret, au««

einandergcsetzt

Diese entweder von dem VormundschastS-

werden"").

richter selbst, wenn er zugleich ErbschaftSrichter ist, unter Zuziehung de«

Vormunde« und aller übrigen Interessenten geleitete, oder, wenn e« nicht

der ErbschaftSrichter ist, bei diesem zu beantragende Auseinandersetzung ist die dem preußischen Recht eigenthümliche Form der actio samiliae herciscundae; sie wird, solange kein Widerspruch hervortritt, al« Akt der

s. g. freiwilligen Gerichtsbarkeit behandelt, und wenn eine Einigung nicht erzielt werden kann,

werden die Streitpunkte zur Entscheidung an den

Prozeßrichter abgegeben, demnächst aber wird auf Grund der rechtskräfti­ gen Erkenntnisse vom Nachlaß- und Vormundschaftsrichter der Rezeß auf­

gestellt und dieser von den Interessenten vollzogen").

Im Falle der s. g.

fortgesetzten Gütergemeinschaft, oder wenn der Erblasser die Fortsetzung der Geimeinschaft unter den Pflegebefohlenen oder mit einem Dritten ange­ ordnet hat, unterbleibt die Auseinandersetzung, wenn nicht Umstände her­ vortreten, die den Pflegebefohlenen bei dauernder Gemeinschaft Nachtheil

drohen").

DaS

zum

Nachlaß

gehörige Grundstück darf nicht getheilt

werden, seine Veräußerung zum Zweck der Auseinandersetzung kann aber

von den großjährigen Interessenten verlangt, von dem Vormunde jedoch nur dann beantragt werden, wenn die Veräußerung an sich gerechtfertigt wäre").

Vorzeitige Veräußerungen

der Grundstücke benachtheiligen oft

den Vermögensbestand und schädlich ist die in der Praxi« wohl zuweilen

hervorgetretene Ansicht, daß da« Grundstück immer gleich zum Zweck der Auseinandersetzung verkauft werden müsse. Rach erfolgter Absonderung beginnt die waltung deS Vormunde«").

ordentliche laufende Ver­

Er ist befugt und verpflichtet, Alle« zu

thun und zu besorgen, wa« einem guten HauSwirthe in Ansehung seines eigenen Vermögens cblicgt, insofern er dabei nicht durch das Gesetz, durch

Anordnungen

des Erblassers

eingeschränkt ist").

oder besondere Anweisungen deS Gerichts

Die Verwaltung wird zunächst von dem Grundsatz

M) $. 409. d. T. Arndts und Leonhard S. 71. 98. ") Oben S. 271. § 419. 420. d. T. Bergl. die Schrift: über die Funktionen der Richter und ihre Kompetenz, wenn bei Nachlaßregulirungen und BermögenSau»einandersetzungen Streitpunkte zur Entscheidung vor den Prozeßrichter gelangen, von einem prakt. Juristen. DreSlau 1858. Auch wenn die Vormünder befreite find, muß die Auseinandersetzung vom Gericht dirigirt und geprüft werden. R. v. 5. Mai 1844. JMBl. S-108. Dagegen Jacobi in der jurist. Wochenschrift 1844. S. 9f. 26f. 33 f. Ueber die Einwirkung der TestamentSexekutoren bei der Auseinandersetzung s. Anh. §. 157. zu §■ 421. Enlsch. B-13. S. 376. •*) 8- 410. 411-417. d. T. Bergl. R. v. 22. Januar 1843. JMB. S. 30. Ueber fortgesetzte Gütergemeinschaft s. oben S. 563 f. ••) §. 418. d. T. •*) § 421-423. 438sg- d. T- Arndt« und Leonhard S. 73. ") §. 438. d. T.

beherrscht, daß da» Vermögen des Pflegebefohlenen ungeschmälert erhal­ ten bleibe*4), eS sind daher freigebige Veräußerungen dem Vormunde nicht gestattet, womit jedoch nicht gesagt ist, daß ihm kleinere Geschenke und Verzichtleistnngen unter Umständen, wo eS der Anstand und der Vortheil des Pflegebefohlenen anräth, verboten fein sollen"). Neben der Erhaltung des Vermögens hat der Vormund aber auch die Pflicht, e» soweit möglich zu verbessern und zu vermehren, vorausgesetzt, daß ein guter, vorsichtiger HauSwirth ein Gleiches thun würde, d. h. bedenk­ liche Spekulationen sind zu unterlassen"). Indem das A.L.R. die Verwaltungsthätigkeit des Vormundes bis in das Kleinste und Einzelnste mit Verboten und Geboten umglebt, beengt eS da- freie Ermessen desselben so sehr, daß dem Vermögen des Pflegebefohlenen großer Nachtheil daraus entstehen kann. Diese instruktiven Einzelheiten dürfen hier nur soweit erwähnt werden, als sie Rechtsgrundsätze enthalten, a. Mob ilien sollen bis ans den Bedarf der Pflegebefohlenen verkauft werden, in der Regel durch Auktion, und nur wenn die Mutter oder großjährige Miterben ein so vortheilhafteS Gebot geben, wie eS durch öffentlichen Verkauf nicht erreichbar erscheint, oder wenn Dritte die volle Taxe bieten und der Vor­ mund und die nächsten Verwandten das Gebot für vortheilhaft erklären, darf die Veräußerung aus freier Hand erfolgen"). Besonderes ist zu beachten bei der Veräußerung von Juwelen, Kostbarkeiten, Gold- und Silbersachen. Soll die Veräußerung solcher Sachen nur deshalb statt­ finden, weil daraus dem Pflegebefohlenen ein erheblicher Nutzen verschafft werden kann, so bedarf e» dazu zur Vermeidung der Nichtigkeit der Genehmigung deö vormundschaftlichen Gerichts"). —b. Baare Gel­ der müssen nutzbar und sicher angelegt werden, in der Hand des Vor­ munde» darf sich nur da» Nöthige für den Unterhalt, die Erziehung und die BerwaltungSkosten befinden"). Für sich selbst darf er die Gelder nicht verwenden, sonst muß er sie mit 8. Prozent verzinst sofort zurück­ zahlen"). Solange die zinsbare Anlegung nicht gelingt, befinden sich die •*) Rudorfs II. 357f. •*) §. 233. d. T. Koch, in der jurist. Wochenschr. 1837. S. 727, und Komment. Rote 90 zn diesem §. Rudorfs II. 378. 1. 22. 1.46. §. 7. D. XXVI. 7. 1. 12. D. XXVII. 10. 1.12. §. 3. D. XXVI. 7. 1.1. §. 5. D. XXVII. 3. Seuffert B. 8. Nr. 61. Eine Verpfändung ist keine Liberalität-handlung, Heuser VI. 118)., wohl aber da« Aufgeben einer Sicherheit- Das. VI. 57.

••) §. 438. 233. d. T.

Rudorfs II. 367f.

’’) §. 439— 444. d. T. Daß die Mobilien zu verkaufen find, ist eine Abweichung vom römischen Recht, dessen Veräußerung-verbot sich auch auf diese erstreckte. Auch die ReichSpoliz-Ordn v. 1577. Tit. 32. §. 3. spricht allgemein von „Gütern." Kraut l-144- ArndtS und Leonhard S. 103. Sächs. GB. §. 1940. 1941. ••) §. 445—453 554. d. T. Subhastation findet hierbei nicht mehr statt. Gesetz v. 4. März 1834. §. 1. §. 454. 422. d- T.

’») §.486. d. T.

Arndt» und Leonhard S. 105ff.

Rudorfs II. S. 475.

Förster, Preu). Privatrecht, m. 3. Ausl.

Dessert. GB. §. 230.

«raut II. 141.

42

Gelder im gerichtlichen Depositorium, in welchem sie zinsbar verwendet werden. — c. Ausstehende Kapitalien sind, wenn sie nicht sicher zn stehen scheinen, zu kündigen, einzuziehen und anderweitig sicher unterzu­ bringen"). Ueber den Begriff der pupillarischen Sicherheit be­ stehen viele Vorschriften"). Eine Ermäßigung derselben findet statt, wenn eilt Erbtheil des Pflegebefohlenen sich bei deffen Eltern oder großjährigen Geschwistern befindet"). Die Kündigung und Einziehung eines unsicheren Kapital» kann vom Erblasser ausgeschloffen werden, und diese Anordnung ist aufrecht zu erhalten, wenn durch sie der Pflegebefohlene nicht im Pflicht­ theil verletzt wird"). Bei neuer Ausleihung soll der Vormund sich die Genehmigung de» Gericht» einholen; diese Rückfrage fällt weg, wenn er für die Substanz de» Vermögens vollständige Sicherheit geleistet hat"). Gesetzwidrige Ausleihung verpflichtet den Vormund zum vollen Schaden­ ersatz^'). Er ist außerdem verpflichtet, seine Aufmerksamkeit fortgesetzt ans die Wirthschaft und Vermögenslage des Schuldner» zu richten, damit er nachtheilige Veränderungen in der Sicherheit wahrnehme und das Ka­ pital zu rechter Zeit wieder einziehen kann"). Zinslos sollen die Kapi­ talien nicht angelegt werden, aber die bessere Sicherheit ist dem höheren Zinssatz vorzuziehen"). Die Einziehung der Zinsen hat der Vormund zu betreiben, wenn nicht die Schuldner vom Gericht angewiesen worden sind, die Zinsen in da» Depositorium einzuzahlen"). Zur Aufkündigung bedarf der Vormund dem Schuldner gegenüber nicht der Ermächtigung de» Gericht»"). Kapitalszahlungen dagegen darf er nicht annehmen, ohne dazu ausdrücklich autorisirt worden zu fein"). — d. Prozesse darf der Vormund für den Pflegebefohlenen als Kläger, Wiederkläger oder In­ tervenient nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Gerichts zur Ver") §. 455—500. d. T.

”) ArndtSIund Leonhard S. 105f. Note338. ") §. 483. 484. d. T.

”) §. 458—460. d. T.

”) §. 479. b. T.

,6) §.470. d. T. Auch wenn das Gericht sie genehmigt hat. XI. 253. XIII. 150.

Seuffert III. 72.

,7) §. 473. d. T. Der Vormund muß auch die Au-loosung der Etaattschuldver schreibungen überwachen, wenn nicht da» Gericht sie angeschafft und verwahrt und den Vormund ohne Kenntniß von der Nummer gelassen hat. S trieth. B. 39. S. 13.

") §• 489-491. d. T.

Zu ß.490. s. da» Ges. v. S.Novbr. 1841.

GS. S. 294.

") §. 492—496. d. T- Der Vormund bedarf daher zur Einklagung der Zinsen nicht der obervormundschaftlichen Genehmigung. §. 493. 501. d. T.

•o) §. 497. d. T. ") §• 499. 500. d. T. Bergl. hierzu Striet h. B. 12. S. 107, und über nachträg­ liche stillschweigende Genehmigung B. 53. @. 11b. Kraut ll. 150 Gemein­ rechtlich ist streitig, ob der Schuldner durch die Zahlung an den Vormund befreit wird, wenn dieser auch vom Gericht nicht autorisirt worden. Dafür Seussert I. 251. Dagegen XI. 53. Ander» im Oesterr. GB z. 234.

§. 231.

Da- Amt des Vormundes.

659

Meldung der Nichtigkeit anstellen"). AIS Beklagter muß er sich einlassen, ohne einer solchen Genehmigung zu bedürfen. Diese ist auch nicht nöthig, wenn er gesetzlich zulässige Rechtsmittel einlegt, oder sich bei der Entscheidung beruhigt — nur steht dann der nachtheilige AuSgang zu seiner Gefahr"). — e. Der Abschluß eine- Vergleiche- ist ohne Ge­ nehmigung de- Gerichts nichtig"). — f. Vorhandene Schulden müssen unter Rücksicht auf die größere Lästigkeit für den Pflegebefohlenen bezahlt werden, aber bei beträchtlicher Schuldenlast muß die Befriedigung einzelner Gläubiger zum Nachtheil anderer bevorrechteter vermieden werden"). Neue Schulden dürfen ohne ausdrückliche Genehmigung de- Gericht- nicht ausgenommen werden, sonst haftet das Vermögen des Pflegebefohlenen dem Gläubiger nur auf den Betrag der erweislichen nützlichen Verwen­ dung"). — g. Ueber die Verwaltung, Bewirthfchaftung, Verpachtung, Vermiethung der Grundstücke giebt das A.L.R. sehr ausführliche In­ struktionen"). Hervorzuheben ist, daß der Vormund sofort für die Be­ richtigung des BesitztitelS zu sorgen hat, eine Aenderung in der bisherigen Bewirthschaftung, neue Bauten, Hauptreparaturen und Meliorationen ohne Genehmigung des Gerichts nicht vornehmen soll, daß er die GutSeinkünfte, Pacht und Miethgelder pünktlich einzuziehen, die Ueberschüsse *'-) §. 501—503. d. T. Ausgenommen Zinsenklagen. §. 493. Arndts und Leon­ hard S. 133. Wenn für den Pflegebefohlenen ein Prozeß zu führen ist, den der Vormund unfähig ist zu führen, so muß ein Kurator bestellt werden; das DormundschaftSgericht darf nicht unmittelbar durch einen Mandatar den Prozeß führen, Entsch. B. 12. S. 513, wenngleich andererseits auch angenommen worden, daß dem BormunöschastSgericht nicht verwehrt sein soll, unmittelbar Erllärungen oder Requisitionen zu den Prozeßakten zu geben, welche den Fortbetrieb des Prozesses betreffen und keiner besonderen prozessualischen Form bedürfen, z. B. daS Rechts­ mittel der Appellation direkt anzumelden. Entsch. B. 49. S. 299. Strieth. v. 49. S. 141b. B. 56. S. 15. Es ist aber dagegen doch zu erinnern, daß das BormundschaftSgericht den Pflegebefohlenen nicht vertritt, mithin auch nicht legitimirt fein kann, in seiner Vertretung daö Rechtsmittel anzumelden, und wie soll es mit dem Rekurse stehen, bei welchem die Anmeldung mit der Rechtfertigung verbunden werden muß? — Stellt der Vormund ohne Genehmigung des Gerichts den Prozeß an, so geht dies auf seine Gefahr; verliert er ihn, so zahlt er die Kosten, der Pflegebefohlene wird aber dem Gegner nicht verpflichtet, und beseitigt die Derurtheilung durch eine Restitutionsklage; gewinnt er ihn, so ist die Ent­ scheidung dem Pflegebefohlenen gegenüber giltig. AGO. I. 16. §. 2. Nr. 4. Koch, Note 73 zu 8. 502. ÄrndtS und Leonhard S. 134 Note 471. Strieth. B. 54. S. 350. Ueber gemeines R. f. Rudorff II. §. 145—148. S. 450f. Kraut II. 131 fg. Seuffert IX. 307. 332. 83) §. 504—512. 515 516. d. T- Wenn der Vormund eine ungiltige Schuld im Prozeß anerkennt, so bindet das Anerkenntniß den Pflegebefohlenen nicht. Strieth. B. 24. S. 116. sl) §• 521. d. T. Vergl. hierzu die Präj. 1335. 1534. Samml. I. 222. Ueber still­ schweigende Genehmigung eines vor dem VormundfchastSrichter abgeschlossenen Erbvergleichs. Strieth. B. 53. S. Ile. ’5) §. 522. 523. 524. d. T. Rudorff II. 377. b6) §. 525—527. d. T. b7) §. 528-549. d. T. Arndtö und Leonhard S. 115fg.

innerhalb sechs Wochen in das Depositorium abzuliefern oder von da zu verzinsen, die Hypothelenschulden und Zinsen zu berichtigen verpflichtet ist, und-neue Schulden und dingliche Lasten ohne gerichtliche Genehmigung dem Grundstück nicht auflegen, auch Remission dem Pächter nicht bewilligen darf"). — Besonder« wichtig ist aber die Frage nach der Veräußerung der Grundstücke"). Im römischen Recht ist jede Veräußerung, wenn sie nicht der Erblasser im Testament angeordnet hat, ohne Erlaubniß deS Gerichts oder deS Landesherrn (decretum de alienando) dem Vormund verboten, und die Behörde darf die Erlaubniß nur ertheilen, wenn eine justa causa vorliegt. Die Veräußerung ohne Dekret ist nichtig, der Pu­ pill hat die Vindikation"). Im Wesentlichen hat sich hiernach das ge­ meine Recht gebildet, doch nimmt die Praxis nicht bloß Nothwendigkeit, sondern auch Vortheil als Veräußerungsgrund an"). Dies ist auch der Standpunkt des preußischen Rechts"). Die größere Strenge, die dieses im Vergleich mit dem gemeinen Recht zeigt, rührt theils aus der größeren Detaillirung seiner Vorschriften, welche daS etwaige Ermesien noch mehr beengt, theils aus der erschwerten Form, unter welcher eine solche Ver­ äußerung erfolgen soll. DaS allgemeine Prinzip ist, daß Grundstücke der Pflegebefohlenen nicht ohne erhebliche Gründe, nicht ohne Genehmigung de» Gerichts"), nicht ohne gerichtliche Taxe und nur in den Formen der Subhastation veräußert werden dürfen, Anordnungen deS Erblassers aber diese Voraussetzungen modifiziren können"). Die wichtigen Gründe sind entweder solche von zwingender Nothwendigkeit oder solche eines erheb­ lichen Nutzens. Nothwendig ist die Veräußerung, weyn Gläubiger an­ dringen und au» dem übrigen Vermögen nicht befriedigt werden können, wenn das Grundstück so sehr in Verfall gerathen, daß seine Wiederher•’) E« ist hier daran zu erinnern, daß alle birgt Geschäfte, wenn sie der Vormund ohne Genehmigung deS Gericht« vorgenommen hat, nicht nichtig, und dem Dritten gegenüber verbindlich stnd. Oben S. 642 f. ") §. 550—596. d T- Arndt« und Leonhard S. 116fg. Unter Veräußerung wird hier nur die Eigenthum-Übertragung, nicht die Bestellung eine- dinglichen Recht- verstanden. Strieth. B. 61. S. 63.

*) Rudorfs II. §. 139-142. S. 384sg. 1. 22. C. V. 37. venditio tutoria nulla eat eine interpoaitione decreti. Seuffert XIV. 101. ") Kraut I. §. 56. S. 144f. §. 1943.

Seuffert III. 344.

Oesterr. GB. §. 232.

Sächs.

’-) Da- preuß. Recht bezieht aber da» Veräußerung-verbot nur auf Grundstücke und nur aus Juwelen und Kostbarkeiten, nicht allgemein auf bewegliche Sachen. Oben Note 67. 93) Und zwar des Gericht-, welche» die Vormundschaft leitet, wenn auch da- Grund­ stück in einem andern Gericht-bezirk liegt. Seuffert II. 2. VIII. 148. M) §. 550. 564 fg. d. T. Diese Vorschriften beziehen sich nur aus Grundstücke, die preuß. Pflegebefohlenen gehören. Gesetzrev. VII. 75. Da- Grundstück muß auch dem Pflegebefohlenen selbst gehören; di« Veräußerung de- Grundstücks einer groß­ jährigen Ehefrau ist nicht an diese Vorschriften gebunden, wen» ihr Mann minder­ jährig ist. Entsch. B. 39. S. 300.

%. 231. Da« Amt brt Sormunbrt.

661

stellung nicht ohne eine Berschnldnng desselben über V***) deS *••) Werths mög­ lich ist, wenn durch die Beibehaltung des Grundstück- da- Vermögen dePflegebefohlenen beträchtlichen Abbruch erleiden, wenn die Fortsetzung des MiteigenthumS dem Pflegebefohlenen schädlich sein würde"), Hn allen

diesen Fällen genügt da- Dekret des Vormundschaft-gerichts zur Geneh­ migung"). Wo dagegen nur um eine- erheblichen Nutzen- willen d. h. eine- solchen, der die nach wirtschaftlichen Grundsätzen aufgenommene Taxe wenigstens um ein Biertheil übersteigt"), veräußert werden soll, muß da- Dekret deS Vormundschaftsgericht» noch von dessen vorgesetzter Instanz (dem Appellation-gericht) geprüft und genehmigt werden"). ES darf ferner einer solchen Veräußerung der über 18 Jahr alte Pflegebe­ fohlene nicht widersprochen haben"), und wenn s. g. adlige Güter, wo­ runter die Rittergüter nach herkömmlicher Bezeichnung zu verstehen sind, nm Vortheilöwillen verkauft werden sollen, müssen noch zwei nächste Ver­ wandte deS Pflegebefohlenen mit ihrem Gutachten gehört werden""). Zertheilungen der Landgüter um Vortheilswillen sind unzulässig"') — Die gerichtlich genehmigte Veräußerung erfolgt auf Grund einer gerichtlich aufgenommenen Taxe durch Subhastation"'). Hierzu ist der Richter der Sache zuständig, der zu diesem Zweck von dem Vormundschaft-richter angegangen werden muß'"). Da- Unterbleiben der Taxe und Sub­ hastation macht die Veräußerung nichtig, aber eS ist nach der Ansicht der Praxis nicht nöthig, daß die Taxe gerade zum Zweck dieser Subhastation ausgenommen worden"'). Ausnahmsweise darf"') aus freier Hand “) §. 551—553. 566. 567. d. T- Wenn ein Miteigenthümer zum Zweck der Thei­ lung die Veräußerung verlangt, bedarf t« keiner Genehmigung de« Gericht«. Reskr. v. 3. Dezbr. 1840. JMBl. 1841. S- 8. •♦) Da« O.-Trib- hält auch eine stillschweigende Genehmigung de« Gericht» für au«, reichend. Arn-b. Archiv I. 229. Dagegen mit Recht Hoch, Note 84 zu §. 550. Die Genehmigung kann auch nachträglich ertheilt werden. Glück B. 33. S. 47. Mündliche Genehmigung genügt nicht nach gem. R. Senfs. XIV. 101 Note 1. ") §. 563. d. T. **) §. 556. 557. d. T. Wenn die höhere Instanz die Genehmigung versagt, kann der andere Kontrahent sofort vom Vertrage zurücktreten. Rcchtsp. I. 300.

••) §. 560. 561. d- T- Abweichend von §. 245. d. T. Ist der Pflegebefohlene aber nicht gehört und die Veräußerung vom vormundschaftlichen Gericht genehmigt, so ist der Mangel beseitigt. Strikth. v. 55. S. 155. "") §. 558. 559. d. T.

'«') §. 562. Anh §. 163. b. T. If”) Gemeinrechtlich ist Subhastation bei Immobilien nicht nothwendig. Leyser 344. IN. 4. Glück B. 33. S. 51. Rudorfs II. 425, aber bei Mobilien. Kraut II. 148. Seuffert XIII. 149.

«") §. 568. d. T. "") §. 585. d. T.

Strieth. B. 38. S. 265.

*••) Aber der Vormund ist nicht dazu gezwungen. Reskr. v. 12. Fcbr. 1843. ZMBl. S. 55.

ArnSb. Archiv B. 12. S- 599.

Zweites Buch.

662

Dir befonbtrtu Privatrechte.

verkauft werden, wenn bei der Theilung mit großjährigen Miterben der

Pflegebefohlene selbst das Grundstück übernimmt, wenn ein anderer Mit­ erbe eS entweder für die Taxe annimmt und zugleich dem Pflegebefohlenen

Bortheile bietet, die von einem Dritten für ihn nicht zu erwarten stehen,

oder wenn er eS zwar nur unter der Taxe annehmen will, zugleich aber

dem Pflegebefohlenen solche Vortheile bietet, welche die Differenz zwischen Gebot und Taxe erheblich übersteigen; wenn mehrere großjährige Miterben über den Verkauf aus freier Hand für die Taxe an einen von ihnen oder

an einen Dritten einig sind, und kein Grund zu der Besorgniß vorliegt,

daß

der Pflegebefohlene

benachtheiligt

werden

soll;

ferner wenn

das

Grundstück zugleich mit einem Handlungsgeschäft, mit welchem eS untrenn­ ist, verkauft werden soll106).

bar verbunden

Endlich kann allgemein auf

Grund einer Taxe in außerordentlichen Fällen von der Subhastation diSpensirt werden,

wenn der Verkauf aus freier Hand dem Pflegebefohlenen

„offenbar" Vortheile bietet, die bei gerichtlichem Verkauf nicht zu erwarten

sind'"').

auf

Bon Einfluß

Anordnungen des

die Veräußerung der Grundstücke sind die

Erblassers.

oder gestattet er sie nur zu

dadurch

nothwendige

Untersagt er die Veräußerung,

einem bestimmt gesetzten Preise, so können

Veräußerungen

nicht

aufgehalten

werden"").

Erlaubt er die Veräußerung im Allgemeinen, so kann sie nur stattfinden, wenn die oben erörterten Bedingungen der Nothwendigkeit oder deS Vor­

theils, der gerichtlichen Genehmigung, der Taxe und Subhastation vor­ liegen""); erlaubt er sie mit Bestimmung eines Preises, so darf der Verkauf

um

VortheilSwillen

unter diesem Preise nicht

stattfinden"").

Gebietet er die Veräußerung im Allgemeinen, so fällt zwar die Unter­ suchung der Nützlichkeit weg, nicht aber die Taxe und Subhastation"');

gebietet er den Verkauf an eine bestimmte Person für einen bestimmten

Preis, und tritt dabei nicht die Besorgniß hervor, daß der Pflegebefohlene

§. 574.575. 576. 578. 579-582. 636. d. T- Bei gütergemeinschaftlicher Ehe ist der überlebende Ehegatte nicht Miterbe; nimmt er daS Grundstück an, so ent­ scheidet §. 648. II. 1. A L R. Präj. 1532. Sammt. I. 146. Zu §. 578. ist zu be merken, daß die Taxe nicht gerichtlich ausgenommen zu sein braucht. Entsch. B. 15. S. 490. RechtSfälle III. 207. zu §. 582. Entsch. B. 16. S. 283. RechtSfälle III. 287.

,0T) 8. 586. d. T. Ueber die Nothwendigkeit der Taxe s. Strieth. D 5. S. 327. Die Genehmigung der höheren Jnstan- ist aufgehoben, eS genügt der Kollegial­ beschluß deS Vormundschaftsgerichts. Verordn, v. 2. Jan. 1849. §. 14. Als in­ struktive Vorschriften sind hierzu zu merken Kab.-O. v. 23. Septbr. 1812, Deklar. v. 7. Febr. 1835 in den Ergänz, zu diesem §. "') §. 584. d. T.

,0*) §• 564. 565. d. T. Die Anordnung des ErblafferS, daS Grundstück zu ver­ äußern, muß nicht nothwendig im Testament ausgesprochen sein, sie kann auch ans andere Weise festgestellt werden. Entsch. der Gesetzkommission v. 17. Febr. 1791. Klein Annalen VIII. 303.

H0) 8. 583. d. T.

1H) 8. 564. d- T.

5. 231.

Da« Amt be» Vormundes.

663

im Pflichttheil verletzt worden, so fällt Taxe itnb Subhastation weg'"); gebietet er den Verkauf aus freier Hand, aber ohne Bestimmung einePreifeS, so muß taxirt werden, und nur wenn der freie Verkauf die Taxe erreicht, kann die Subhastation unterbleiben"'). — Der Pflegebefohlene vi ndizirt, wenn die Veräußerung nichtig ist, das Grundstück gegen Er­ stattung des wirklich in seinen Nutzen verwendeten Kaufpreise-; über die Nutzungen, Verbesserungen, Verschlechterungen entscheiden die allgemeinen Grundsätze mit Rücksicht auf den guten oder schlechten Glauben deS Be» sitzerS'"). Dir Bindikation ist unstatthaft, wenn der Verkauf auf Grund eine- gerichtlichen Dekret- durch Subhastation oder in den gesetzlich er­ laubten Fällen au- freier Hand erfolgt und nur bei der Prüfung der Nothwendigkeit oder Nützlichkeit oder bei der Abschätzung gefehlt worden ist'"). Die Vindikation deS Pflegebefohlenen fällt weg, wenn er nach aufgehobener Vormundschaft die Veräußerung ausdrücklich oder stillschwei­ gend genehmigt, wenn er z. B. rückständige- Kaufgeld einfordert oder an­ nimmt, oder da- Grundstück vom Besitzer pachtet'"). Die Vindikation verjährt in zehn Jahren nach aufgehobener Vormundschaft'"). Sie wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Pflegebefohlene Erbe deS Vormundes geworden, aber die Entschädigungsansprüche des Dritten an den Vormund treffen ihn dann'"). Neben und statt der Vindikation hat der Pflegebe­ fohlene noch die Klage auf Schadenersatz gegen den Vormund und da- Gericht, welche der ordentlichen Verjährung unterworfen ist und durch die dem Vormunde ertheilte Decharge nicht beseitigt wird'"). Der "') §. 569—571. d. T. Dies setzt testamentarische Anordnung de« Erblassers vor­ aus. Entsch. B. 16. ®. 275. Ueber die Frage, wenn und wie weit ein Pflichttheilsberechtigter Taxe und Subhastation verlangen kann, worüber im Erbrecht zu handeln sein wird, s. Ergänz, zu §. 574. d. T. und Anh. 8-164. Strieth. B. 15. S. 82. B. 21. S. 291. B- 23. S. 77. "') §. 572. 573 d. T*“) §. 585.589- 590. d. T. Bindizirt ein Dritter, so kann er dem Beklagten den Mangel der gerichtlichen Genehmigung nicht entgegenstellen. Strieth. B. 19. 6. 183. 1. 5. §. 15. D. XXVII. 9. Gemeinrechtlich ist die Beweislast streitig. Glück «. 33. S. 59. "'*) §. 587. 588. d. T. Daß der Kaufvertrag gerichtlich ausgenommen, ist nicht noth­ wendig. Strieth. B. 55. S-155. u‘) §.593. 594- d. T. Auch Annahme eines Theils der Kaufgelder. RechtSf. B. 4. S. 300. Die dem Bormunde und dem Gericht ertheilte Decharge ist nicht eine Genehmigung der Veräußerung des Grundstück». Strieth. B. 5. S. 326. >") §. 595. d. T. Nach römischem R. 5 Jahr. 1. 2. 3. C. V. 74. 1.1.2. C. II. 46. Seufsert III. 180. XI. 160. Dagegen XVI. 121. Die« ist Verjährung, nicht eine ErklärungSsrist. S. Koch, Anleitung zur Prozeßpraxis S. 1170. Hat der Pflegebefohlene selbst ohne Zuziehung de» Bormundes da» Grundstück veräußert, so wird der Vertrag »ach den allgemeinen Vorschriften über die Berwägc Minder­ jähriger beurtheilt, und die 10jährige Verjährung findet hierauf keine Anwendung. Präj. 1496. Sammt. I. 223. *") 8 596. d. T. "•) §. 588. 591. d. T. Strieth. V. 326. Ueber die Verjährung von 30 Jahren s. oben B. 1. S- 809 Note 13. 1. 5. ß. 15. D. XXVII. 9.

664

Zwritr» Buch.

Die besonder« Privatrechte.

Dritte, welcher da» Grundstück hat zurückgeben müssen, behält seine Evik­ tion-- und Entschädigungsansprüche gegen den Veräußerer'"). — h. Da» Vermögen des Pflegebefohlenen darf zwar zum Ankauf unbeweglicher Güter verwendet werden, — die Nichteinholung gerichtlicher Genehmi­ gung erhöht die BertretungSpflicht des Vormundes, macht aber da- Ge­ schäft nicht nichtig'"), — aber die zinsbare Anlegung der Kapitalien ist dem Ankauf von Grundstücken vorzuziehen'"). —i. Pachtungen soll der Pflegebefohlene nicht übernehmen, die vom Vater ererbte ist nur so­ lange als gesetzlich nothwendig fortzusetzen'"). — k. DaS Vermögen de» Pflegebefohlenen soll zur Anlegung einer neuen Handlung nicht ver­ wendet werden. Ob und wie unter Umständen die bestehende Handlung fortzusetzen oder aufzulösen, darüber giebt da» A.L.R. eine ungemein weitläufige Instruktion'"). — 1. Wenn der verheirateten Pflegebefohlenen der Vormund eine Leibrente gekauft hat, so muß der Ehemann die jähr­ lichen Beiträge auS den Einkünften der Frau zahlen, wenn er ihr nicht eine andere gleich gute Versorgung sichert'"). — m. Erbschaften, die dem Pflegebefohlenen anfallen, nimmt der Vormund unter der RechtSwohlthat de» Inventars an, ohne einer Genehmigung des Gericht» zu bedürfen; letztere ist aber zur Vermeidung der Nichtigkeit nothwen­ dig, wenn die Erbschaft vorbehaltlos angenommen oder wenn sie abgelehnt werden soll'").

§. 232. Die Beaufsichtigung des Vormundes. I. Da» Gericht ist „befugt und verpflichtet, den Vormund bei der Führung feines Amt» zu dirigiren und unter beständiger Aufsicht zu hal­ ten'"). Zu dem Zweck ist der Vormund, so oft in Ansehung der Person '") §. 592. d. T. **') Strieth. v. 50 S. 353. m) §. 597—599. d. T- Kauft der Vormund in nothwendiger Subhastation für den Pflegebefohlenen, so ist sein Gebot giltig. wenn auch die Genehmigung de- Ge­ richt- erst nachträglich ertheilt wird. Strieth. B. 9. S. 74. Der Vormund kann da- Vorkaufsrecht de- Pflegebefohlenen ausüben, auch ohne Genehmigung der Obervormundschaft. Entsch. B 26. S. 51. Strieth. B. 9. S. 369.

IM) §. 602 - 604. d. T.

Arndt- und Leonhard S. 128.

1M) §. 605-642. d. T.

Arndt- und Leonhard S. 129.

lM) § 600. 601. d. T. m) §. 643—646. V £.

Kraut II. 134.

Arndt- und Leonhard S. 132.

Die

Entsagung de- Vormunde- ist giltig, wenn die Genehmigung de- Vormundschafts­ gerichts auch erst nach Ablauf der Entsagung-frist ertheilt wird. Strieth. B. 23. S. 247. Zur vorbehaltlichen Anerkennung eine- Testament- bedarf der Vormund nicht der obervormundschastlichen Genehmigung, selbst wenn der Pflegebefohlene itn Pflichttheil verletzt ist. Das. B. 38. S. 175. Ueber gemeinrechtliche Praxis. Seuffert IX. 311. XVIII. 148. *) §. 237. d. T. Da- Vormundschaft-gericht wird selbst wieder von der vorgesetzten Behörde beaufsichtigt. Heuser I. 473.

oder de- Vermögens de- Pflegebefohlenen eine erhebliche Aenderung vor« genommen werden soll, besonders wenn au- einer Handlung oder einem Vorfall bedenkliche oder gefährliche Folgen für ihn entstehen können, ver­ pflichtet, dem Gericht Anzeige zu machen und dessen Genehmigung einzuholen'). Diese Genehmigung hat, wie oben auSgeführt wurde'), eine verschiedene Bedeutung. In einigen vom Gesetz hervorgehobenen Fällen ist sie so nothwendig, daß da- Geschäft oder die Handlung deS Vormunde- ohne dieselbe nichtig ist, also auch dritte Personen daraunicht verpflichtet und nicht berechtigt werden'). Außer diesen Fällen hat die Genehmigung nur den Werth, daß die Obervormundschaft mit dem Vormund in die Verantwortlichkeit gezogen wird, daß, wenn der Vormund sie nicht eingeholt hat, er allein und zwar für geringe- Versehen haftet'); aber da- vom Vormund ohne Genehmigung vorgenommene Geschäft ist nicht nichtig, der Dritte wird durch dasselbe berechtigt und verpflichtet'). — Der Vormund hat ferner den besonderen Anweisungen des Ge­ richt- Folge zu leisten'). Halt er dieselben dem Interesse de- Pfle­ gebefohlenen für schädlich, so steht ihm die Beschwerde an da- AppellationSgericht offen, bei dessen Entscheidung es verbleibt'). Muß der Vor­ mund nach erhobenem Widerspruch der Anweisung deS Gerichts nachkom­ men, so ist er die Folgen der Handlung zu vertreten nicht schuldig'). — Endlich muß jeder verwaltende Vormund jährlich dem Gericht Rech­ nung legen"); mehrere Vormünder, welche die Verwaltung gemein­ schaftlich führen, legen sie gemeinschaftlich, bei getrennter Verwaltung wer­ den Spezialrechnungen aufgemacht und unter Umständen wird aus diesen eine Hauptrechnung formirt"). Der Ehrenvormund hat die Rechnung nachzusehen und etwaige Ausstellungen dagegen zu machen"). Das Ge­ richt prüft die Rechnung sowohl nach ihrem materiellen Inhalt, al- nach *) §. 238. 239. d. T. Diese 88- normiren nur das Verhältniß zwischen Vormund und Gericht, berühren aber nicht daS Zwischen dem Vormund und dem Dritten, mit dem er, ohne die Genehmigung de» Gericht» eingeholt zu haben, für den Mündel kontrahirt. Beispiele: Entsch. B. 26. S. 51. Strieth. B. 9. S. 369. B. 23. S. 247. B. 38. S- 175. 237. ’) Oben S. 643. *) So hat auch Suarez unterschieden. Entsch. B. 13. S. 17.

‘) 8- § 280. d- T.

Aber nicht für bloßen Zufall, Entsch. B. 8. S. 378.

') Entsch. B. 13. S. 14 fg.

’) §. 236. d- T. Ueber die von den Bormundschaft»behörden angeordnete Einrei­ chung von Erziehung-berichten s. oben S. 649 Note 42.

•) Gesetz v. 2. Januar 1849. 8- 35. •) §. 300. d. T. '•) 8. 647-678. d. T. Arndt» und Leonhard S. 38. Oesterr. G«. 8- 239f. Eine Anleitung zur Rechnungslegung s. JMBl. 1843. S. 87. Verwaltend und deßhalb zur Rechnungslegung verpflichtet ist auch der Vormund, wenn er da» Vermögen nicht selbst in Händen hat, sondern et sich int Depositorimn befindet. Recht-fälle V. 3. S. 66. — Rudorfs II. 478. 481. Kraut II. 151 f.

") 8- 648-650. d. T.

*’) ß. 665. 666. b. T.

Zweite« Buch. Dir besonderen Privatrechte.

666

ihrer rechnungsmäßigen Form, sorgt von AmtSwegen für die Berichtigung

der gezogenen Defekte und ertheilt dem Vormund schriftliche Quittung").

Bei geringem Vermögen genügt die Rechnungslegung

je im 2. oder 3-

Jahr; sind die Einkünfte der Mutter oder einem Dritten zur Erziehung oder Verpflegung der Mündel überlassen, so vertritt ein jährlicher Nach­

weis der Substanz deS Vermögens die Stelle der Rechnung"). II.

Bis auf einen

gewissen Grad

ist der Erblafler deS Pflegebe­

fohlenen, wenn er diesem mehr als den Pflichttheil hinterlassen hat, befugt,

den von ihm ernannten Vormund von der besonderen Beaufsichtigung deS Gerichts zu befreien"). Dies muß geschehen entweder in einer ge­

richtlichen Erklärung oder im Testament").

Wie weit der Vormund be­

freit sein soll, muß speziell angegeben sein").

AuS dem Verbot offener

Inventur folgt die Befreiung von der Rechnungslegung, aus der Befrei­ ung von letzterer aber nicht der Erlaß der Substanznachweisung").

Die

Befreiung erstreckt sich zwar nicht bloß auf die Verwaltung desjenigen Vermögens, was der Vater hinterläßt, sondern auch auf dasjenige, waS

das Kind noch bei Lebzeiten deS VaterS und mit deffen Kenntniß erwor­

ben hat, niemals aber auf solches, was ihm nach dem Tode deS VaterS angefallen ist, und sie kommt dem nachfolgenden Vormunde nicht zu statten, wenn sie nicht ausdrücklich ihm mit ertheilt ist"). Auch der befreite Vormund muß vom Gericht verpflichtet, mit Bestallung versehen werden,

und ist der allgemeinen Aufsicht unterworfen").

Bei der Veräußerung

und Verpfändung von Grundstücken hat das Gericht die Nothwendigkeit

oder Nützlichkeit nur nach den Angaben deS befreiten Vormundes zu prü­ Unbesonnene Verwaltung, Unredlichkeit, eigener Vermögenöverfall

fen").

*•) §. 662. 663. 667. 678. d. T- Die Quittung des Gerichts bindet auch den Pflegebefohlenen, er kann nicht nochmals Rechnungslegung fordern, Heuser IV. 26, auch wenn die Rechnungen verloren gegangen sind. Das. VI. 560.

“) §.651. 652. d. T. *‘) §. 681—694. d. T. Arndt» und d'couhard S. 40. Voigt in der Anw.-Z. 1863. II. 41 fg. §. 682 d. T. Ueber die Frage, ob ein befreiter Vormund in einem Lodizill er­ nannt werden kann, vergl. unten B 4. §. 244. und Entsch. B. 61. S. 320. Nr. 3”) Es muß aus der Befreiung-erklärung erhellen, welche von den in deu §.422 bi« 678. angegebenen Einschränkungen sür die vormundschaftliche Verwaltung weg­ sallen sollen. Wenn der Vormund von allen befreit sein sock', so genügt, daß der Vater in der Erklärung die §• 422—678 citirt ") §. 693. 694. d. T. ") Anh. 8- 166. 8- 692. d- T. Vergl. RechtSsp. B. 3. S. 3. Die Befreiung hört aber nicht dadurch auf, daß in der Folge eine» der bevormundeten Geschwister stirbt, und von den andern beerbt wird. Koch, Note 26. Sommer im ArnSb. Arch. B- 11. S. 110. ’•) §. 684. 685 d. T- Wenn mehrere befreite Vormünder in Meinungsverschieden­ heit sind, und der Erblasser für diesen Fall nicht Bestimmung getroffen hat, so ist diese gemäß §. 117. d. T. vom Gericht zu entscheiden. Vergl. Sommer im ArnSb. Arch. I. 294f. — Kraut 11. 154. ”) §.686. 687. Anh. §. 167. d. T. Koch, Note 29. Die Giltigkeit der Veräuße-

Die Beaufsichtigung des Vormundes.

§. 232.

des

BormundeS

verpflichten das Gericht,

ihm die Befreiung zu

667

ent­

ziehen"). III.

Die VertretungSpflicht des Gerichts bei seiner Direk­

tion und Aufsicht über den Vormund ist im A.L.R. mit peinlicher Genau­

igkeit normirt"). ES ist nicht ursprünglich deutsche-, sonderuauö der Reichs­ gesetzgebung, welche die Bestimmungen deS römischen Recht- verallgemeinert

hat, in die Lände-gesetzgebungen übergegangenes Recht, daß die obervor­ mundschaftliche Behörde dem Pflegebefohlenen für Versehen haftet"). Grundsatz ist, daß

da- Gericht aushilfsweise nach dem Vormunde

mäßige- Versehen vertritt").

sehen vertreten,

Ausnahmsweise wird nur grobe- Ver­

eine gesetzlich unfähige Person zum Vormund be­

wenn

stellt"), oder bei der Aufsicht über einen befreiten Vormund gefehlt wor­ den ist").

Da- Appellation-gericht haftet, wenn eS die Veräußerung eine-

Grundstücks de- Nutzen- wegen genehmigt, für grobe- Versehen, wenn es

sie ablehnt, niemals").

In einigen Fällen

haftet da- Gericht allein,

nämlich wenn es ohne Zuziehung deö Vormunde- eine Handlung vorge­ nommen, oder ihn gegen seinen ausdrücklichen Widerspruch dazu angewie­ sen hat"); eS haftet vorzüglich, d. h. vor dem Vormunde, wenn eS bei der Ausleihung eine- Kapitals und bei der Prüfung, ob ein Prozeß anzu­

fangen oder fortzusetzen, in der rechtlichen Beurtheilung ein mäßige- Ver­ Die Erben deö Richter- hafte» wie die Erben

sehen begangen hat").

de- BormundeS"), fein Amtsnachfolger hinter dem Vorgänger und

dessen Erben, wenn er die Fehler hätte entdecken und ihre Folgen besei­ tigen können, für grobe-Versehen").

Wie die Kollegien verantwortlich

sind, ist ausführlich in §. 154. erörtert").

rung dem Dritten gegenüber hängt aber auch bei befreiter Vormundschaft von der Genehmigung des Gerichts ab. Entfch. B. 33. S. 445. ”) §. 688. 689. 691. d. T. Ebenso nach dem Reslr. v. 26. Mai 1804 (Neue- Arch­ iv. 3. S- 331), wenn von mehreren befreiten Vormündern einer in der Folg« ausscheidet. I» Entsch. B. 61. S. 320 ist dem vom Vater ernannten befreiten Vormund, dem da- Gericht die Besrciung nicht zngestanden hatte, weil sie in einem Lodizill ausgesprochen war (s. oben Note 16), gegen den Pflegebefohlenen eine Klage auf befreite Dormuudschast zugestand«» worden. Sie würde nicht zu­ gestanden werden tonnen, wenn da- Gericht dem Vormund die Befreiung z. B. wegen Besorgniß der Benachtheiligung des Mündel» entzogen hätte. ”) $. 301-307. d. T.

Rudorfs III. 171.

Arndt« und Leonhard S. 23.

") Kraut I. 97. II. 151.

") §.301 302. 465. 514. d. T.

’•) §. 170. d. T. ") §. 557. d. T. ") §. 299. 300. d. T.

«) §. 690. d. T. S. oben S. 642 Note 51.

") §. 464. 475. 514. d. T.

ArnSb. Monatschrift I. 29.

") §. 304. d. T. ”) §. 306. 307. d. T. ") §• 305. d. T. Oben B. 2. S. 478 s.

Zweite« Buch.

668

§. 233.

Dir besonderen Privatrechte.

Die Beendigung der Vormundschaft.

Die Vormundschaft wird fortgeführt bis zum Tode des Pflege­

I.

befohlenen, oder bis er großjährig geworden ist'). er in die volle Selbständigkeit').

A.L.R. angeordnet, daß

ihm nach

Mit diesem Tage tritt

Um ihn darauf vorzubereiten, hat das zurückgelegtem 20. Jahre

unter vor­

mundschaftlicher Aufsicht die Einkünfte, und mit Ausnahme der Grund­

stücke und ausstehenden Kapitalien, auch die Substanz feines Vermögens zu eigener Verwaltung

und Verwendung

überlasten werden können').

Er erlangt dadurch zugleich die Vertragsfähigkeit, dieser Verwaltung nothwendig ist,

so

weit ihm solche zu

nicht aber die Berechtigung Darlehne

aufzunehmen'). Die Beendigung der Vormnndschaft kann ausnahmsweise über den Großjährigkeit-tag hinausgeschoben

oder vor dem Eintritt desselben ange­

ordnet werden. Verlängert wird die Vormundschaft — jedoch höchsten- sechs Jahr über die Großjährigkeit hinaus —, wenn es der Vater ausdrücklich an­

geordnet hat; die Gründe, die ihn dazu bewogen, hat das Gericht nicht zu

prüfen').

wenn ein anderer

Wohl aber ist eine Prüfung nothwendig,

Erblasser die Fortsetzung der Vormundschaft über die Großjährigkeit in Betreff deS von ihm dem Pflegebefohlenen zugewendeten Vermögens ver­ langt hat, und als erhebliche Gründe gelten nur solche, welche zur Einlei­ tung einer Vormundschaft wegen Verschwendung hinreichen würden, oder

wenn eine erhebliche GemüthSschwSche vorhanden ist').

Die Verlängerung

soll zur Sicherung deS Publikum- im Rechtsverkehr mit dem Pflegebefohlenen öffentlich bekannt gemacht werden').

Dem Pflegebefohlenen steht,

sobald er die Großjährigkeit erreicht hat, rechtliches Gehör gegen die an­

geordnete Verlängerung der Vormundschaft zu'). ist ein

verschiedenes.

In

allen

Fällen

wird

Da- Verfahren dabei zunächst

das vormund-

’) Bei einer Domizilveränderung wird die Vormundschaft nur dann fortgesetzt, wenn sie auch im neuen Domizil nothwendig ist. Strieth. B. 58. S. 48. Nach dem Gesetz v. 9. Dezbr. 1869 beginnt vom 1. Juli 1870 die Großjährigkeit mit dem vollendeten 2 l. Lebensjahr. ’) §. 860. 695 — 697. d. T. Zu bemerken ist noch, daß die Dormundschaft auch dann aushört, wenn der Pflegebefohlene mit Konsens auSgewandert ist und die Eigen­ schaft eine« Preußen verloren hat. ArndtS und Leonhard S- 137 Note489. Oben S. 646. Note 18. *) §. 728-735. d. T. Kraut II. 169 4) §■ 733. 734. d. T. Oefterr. GB. §. 247. s) 8- 697. 698. d. T. Refkr. v. 11. Marz 1822. Jahrb. B. 19. S- 172. Die Ver­ längerung der Altersvormundschaft ist gemeinrechtlich nicht zulässig. Kraut II. 171. *) §■ 699-701. d. T’) §. 704. d. T •) §. 702. 703 d. T- Snarez, rev. monit. Jahrb. B. 52. S. 58 zu §. 696. de» Entwurfs. Nur der Pflegebefohlene kann das rechtliche Gehör verlangen, nicht der Dritte, der sich mit ihm eingelassen. S.trieth. B. 39. S. 49.

schastliche Gericht zu prüfen und zu entscheiden haben; erst wenn seine Entscheidung gegen die Aufhebung der Vormundschaft auSfällt, hat der Pflegebefohlene da« Recht, die Einleitung deS förmlichen EntmündigungSprozesieS wegen GemüthSfchwSche oder Verschwendung zu verlangen, in welchem ein ihm bestellter Kurator seine Rechte gegen den Vormund wahrzunehmen hat'). Es kann auch geschehen, daß eine von seinem Vor­ munde gegen die Giltigkeit deS väterlichen Testaments gerichtete Klage ihn von der verlängerten Vormundschaft befreit"). Der rechtliche Charakter der Verlängerung ist der einer Fortsetzung der AlterSvorm undschaft"). Daraus folgt, daß bei dem Wegfall der väterlichen Gewalt die Einleitung der Vormundschaft wegen Minderjährigkeit erfolgt sein muß, daß aber, wenn in diesem Moment die Großjährigkeit schon er­ reicht war, eine Fortsetzung der Vormundschaft nicht mehr möglich ist"). — Verschieden von der fortgesetzten Vormundschaft sind Dispositions­ beschränkungen, welche der Vater, jedoch unbeschadet der Freiheit deS Pflichttheils, oder ein anderer Erblasser über die Volljährigkeit hinaus und ohne an eine IahreSgrenze dabei gebunden zu sein, anordnen darf"). Hier wird nicht die Vormundschaft fortgesetzt, sondern bei Beendigung derselben soll nur dafür Sorge getragen werden, daß die Beschränkung in das Grundbuch vermerkt oder den Schuldnern bekannt gemacht werde"). Verkürzt wird die Vormundschaft im Fall der Majo renn etätSerk lärung"). Diese beantragt der Pflegebefohlene, wenn der Vater sie nicht verboten oder auch nicht seinen Willen dahin geäußert hat, daß die Vormundschaft bis znr Großjährigkeit fortgesetzt werden soll"), wenn er daS 20. (weibliche Mündel das 18.) Jahr zurückgelegt hat, wenn er nach­ weisen kann, daß er sich selbst vorzustehen vollkommen fähig sei, und die Aufhebung der Vormundschaft seinen wahren und dauernden Vortheil mehr alS deren «Fortsetzung befördern werde"). DaS Gericht hat die da­ für geltend gemachten Umstände unter Zuziehung deS Vormundes, der anwesenden nächsten großjährigen Verwandten und derjenigen Personen unter deren Aufsicht der Pflegebefohlene bisher gestanden, zu prüfen"). •) Gesetzrevisor VII. 242.

'•) ArndtS und Leonhard S. 139. Note496. **) §. 698. d T-

„Verlängerung" der Vormundschaft.

••) Koch, Note 38 zu §. 698.

Arndt» und Leonhard S. 139. Note 495.

*’) §. 707. 708. d. T.

") § 709-711. d. T.

••) §. 713—727. d. T. Ueber die vom Vater selbst bei dem B»rmundschasl»gericht nachgesuchte MajorennetätSerklärung s. oben S. 625. Arndt» und Leonhard S. 140. Kraut II. 168. ") § 718. d. T.

") § 719.713. v. T.

■***) ) §. 714. d. T- Einer Bestätigung de« Appellation-gericht» bedarf e» nicht. Ordrr v. 16. Juni 1808. Mathi» B. 6. S. 193.

Kab.-

Diese Untersuchung fällt weg, wenn der verstorbene Vater selbst die Ab­ kürzung angeordnet, und der Vormund nicht erhebliche Gründe dagegen vorzubringen hat"). Die MajorennetätSerklärnng hat gleiche Wirkung mit der erreichten natürlichen Volljährigkeit"). Nur in Betreff der Ver­ äußerung oder Verpfändung der zur Zeit der Erklärung dem Pflegebe­ fohlenen gehörigen Grundstücke können Einschränkungen angeordnet und die Giltigkeit solcher Dispositionen an die Genehmigung des bisherigen Vormundschaftsgerichts gebunden werden"). Die Verheiratung eines männlichen Pflegebefohlenen ändert in der über ihn geführten Vormundschaft nichts"). Auch die Verheiratung der weiblichen Pflegebefohlenen hebt die Vormundschaft über sie nicht auf, aber das A.L.R. ergeht sich in größter Weitläufigkeit über die Rechte deS Mannes an dem Vermögen seiner bevormundeten Frau, je nachdem die Ehe mit getrenntem Güterrecht oder mit Gütergemeinschaft eingegangen wird, und ertheilt dem Vormunde eine Menge Verhaltungsvorschriften, die dahin abzwecken, daS Vermögen der Frau gegenüber den Rechten deS Mannes an demselben möglichst zu sichern. ES kann hier nur auf daS Gesetzbuch verwiesen werden"). Die Adoption eines Pflegebefohlenen, die Anstellung und der Be­ trieb eines Gewerbes, wozu der Pflegebefohlene überhaupt nicht vor seiner MajorennetätSerklärnng verstattet werden soll"), tie Uebernahme eines Amtes heben die Vormundschaft nicht auf"). II. In der Person deS Vormundes endigt die Vormundschaft, ab­ gesehen von seinem Tode, wenn die Zeit abgelaufen, für welche ihm daS Amt übertragen worden"), wenn er selbst unfähig und unter Vormund­ schaft gestellt tohrb"), wenn er ein OrdenSgelübde ablegt"), wenn die bevormundende Mutter wieder heiratet"), insbesondere aber durch seine *•) §. 717. d. T. ”) §. 724. d. T. **) §. 725-727. d. T. 1. 2. §. 1. 1. 3. C. II. 45. Kraut II. 170f. ”) §. 802- 806. d T. Zu §. 806. s. Suarez, revie. monit. Jahrb. B. 52. S. 59. Kraut II. 172f. Da- A-L.R- schließt sich an Mevius, Comment, ad jus Lubec. I. 7. 6. Nr. 20. 21. Leyser, med. 350. 7. §. 736—801. d. T., die Ergänzungen dazu, und oben S. 493. ArndtS und Leonhard S. 90. 101 f. Auch gemeinrechtlich hört die Vormundschaft durch die Verheiratung nicht aus. Seuffert VII. 276. XIII. 99. ") S- hierzu Strieth. B. 38. S. 238. ”) 8- 814. 807-813 d. T. Wenn der Pflegebefohlene mit Genehmigung des Vor­ mundes ein selbständiges Gewerbe betreibt, so ist er insoweit vertragSfahig. Strieth. B. 38. S. 58. Auf Amtshandlungen erstreckt sich die Vormundschaft nicht. ’•) §. 125-128. d. T. ") §. 944—946. d. T") §. 134. d. T. ”) §. 947—949. d. T. Wenn bei der Wiederverheiratung der Mutter mit dem zweiten Ehemanne eine Einkindschast abgeschlossen wird, so hört zwar die Bor mundschaft der Mutter aus, aber es wird keine neue Vormundschaft eingeleitet. Oben S. 608. 646. Kraut II. 187.

§. 233.

Die Beendigung der Vormundschaft-

671

Entlassung und Remotion. Ein freiwilliger Rücktritt ohne einen beson­ deren gesetzlichen Entschuldigung-grund ist dem Vormund nicht gestattet"). Die Entlassung kann da- vormundschaftliche Gericht verfügen, wenn die Beibehaltung de- Vormunde- in Folge seiner Nachlässigkeit dem Besten de- Pflegebefohlenen unzuträglich oder bei Vormündern, deren Bestellung nach dem Gesetz vorzugsweise erfolgen soll, schädlich oder ge­ fährlich sein würde"). Widerspricht der Vormund seiner Entlastung, so findet ein in der A.G.O. vorgeschriebenes") eigenthümliche- prozessualischeVerfahren statt, welche- zunächst in Erörterungen vor dem vormundschaft­ lichen Gericht besteht und durch eine Resolution desselben einen Abschluß findet, aber bei fortgesetztem Widerspruch zu einem förmlichen Prozeß führt, in welchem der entlassene Vormund al- Kläger gegen den dem Pflege­ befohlenen neu bestellten Vormund oder einen ernannten Kurator auf­ tritt"). Daß im Fall der Nachlässigkeit der Vormund nicht ohne Weitereentlassen werden kann, sondern daß ihm rechtliche- Gehör dagegen zusteht, beweist nicht am wenigsten, daß auch im preußischen Recht der Vormund ein selbständige- Recht auf sein Amt hat und nicht bloß Werkzeug deGerichts ist"). Die Remotion de- Vormunde- erfolgt, wenn er un­ redlich gegen den Pflegebefohlenen gewesen"). Die Untreue und Un­ redlichkeit wird in dem ordentlichen Strafverfahren thatsächlich festgestellt"). Demnächst wird, wenn der Vormund der Remotion widerspricht, int Civilprozeß zwischen ihm und einem Kurator de- Pflegebefohlenen darüber er­ kannt"). ES kann nicht zweifelhaft sein, daß die thatsächliche Feststellung der Untreue durch den Strafrichter für den Prozeßrichter bindend sein muß"). Der entlassene und entfernte Vormund behält die Pflichten seine» Amt- bi- zur Bestellung de- neuen Vormunde-"). IU. Nach beendigter Vormundschaft muß dem Pflegebefohlenen oder dessen Erben die Schlußrechn ung gelegt werden"), entweder vom Bor*«) ") ") ”)

") «) ") ") “) ")

§. 109. 941-943. d. T- Ander« im österr GB. §■ 257. §. 918-923. d. TAGO. I. 39. §. 13fg. AGO. 1. 39. §. 17. 22. ArndtS und Leonhard S. 145 Note 532. Das prozessualische Verfahren findet nicht statt, wenn der Vormund wegen Unfähig­ keit vom Gericht entlaffen worden ist. Entsch. B. 33. S. 155. Strieth. B 33. S- 4. Ein Vormund, welcher zur Führung derselben vorzüglich berechtigt ist, darf nicht wegen bloßer Nachlässigkeit, sondern nur dann entlassen werden, wenn seine Beibehaltung schädlich oder gefährlich ist. §. 919. d- T. Oben S. 622. 8 924-940. d. T. Arndt» und Leonhard S. 146. AGO. I. 39. §. 22. AGO. I. 39. 8 23 Oben B. 1. S. 269. Note 11. “) 8- 950. d. TArndtS u. Leonhard S. 147. Rudorfs ll 480. Henser 1.664. Oesterr. Gv. §. 262.

672

Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

innerhalb zwei Monate"), oder von

seinen Er­

ben innerhalb sechs Wochen, oder bei Abwesenheit derselben

oder Vor­

mund selbst, und zwar handensein

minorenner Erben innerhalb

UeberlegungSfrist").

drei Monate nach Ablauf der

Im rechtlichen Sinne ist der Vormund der Rech-

nungSleger, wenngleich es sich in der Praxis in Folge der Depositalverwaltung des Mündelvermögens meist so stellt, daß das Gericht selbst die Rechnung anfmacht").

Diese Pflicht hat auch der durch den

von der Aufsicht de» Gerichts befreite Vormund,

wenn

Erblasser

ihm nicht auch

dem Pflegebefohlenen gegenüber die Rechnungslegung ausdrücklich erlassen

worden ist, ist**).

in welchem Fall

nur

Zugleich mit der Rechnung

mögen auszuantworten").

eine Snbstanznachweisung

vorzulegen

ist dem Pflegebefohlenen sein Ver­

Der Pflegebefohlene ist dann verpflichtet

spätestens innerhalb eines Jahres die Rechnung abzunehmen, seine Aus­

stellungen, die sich auch auf bereits vom Gericht dechargirte JahreSrechnungen bis auf 10 Jahr zurück beziehen können"), zu erheben und dem Vormund und dem Gericht Quittung zu ertheilen").

Die letztere darf

wegen Ausstellungen gegen einzelne Punkte, deren besondere Erörterung

vorbehalten bleibt, nicht verweigert werden").

§. 234. Die Klagerechle aus der Bornnmdschast. Die Vormundschaft ist nicht al» ein Vertrag aufzufassen, welchen in Vertretung de» Pflegebefohlenen das Gericht mit dem Vormund abschließt,

indem es diesen verpflichtet und mit Bestallung versieht'). nicht ein s.

g. Quasikontrakt, eine beliebte, Nicht»

von Obligationen').

Sie ist auch

erklärende Kategorie

Sie ist vielmehr eine durch die Bestellung de- Vor­

munde» hervorgerufene gesetzliche Obligation').

Durch die Bestellung de»

Vormundes wird ein rechtliches Verhältniß desselben zum Pflegebefohlenen §. 861-879. 951. b. T. ") §. 906- 909. b. T. Gesetzrevisor VII. 262. §. 870-876. b. T. “) §. 880-884. b. T. 8 894. 865. 866. b. T- Arnbt» unb Leonharb S. 151 f. §• 885—899. b. T. Die Decharge fällt weg, wenn Vermögen für ben Pflegebe­ fohlenen nicht verwaltet »erben. Reskr. v. 22. Juni 1835 in ben Ergänz, unb v. 17. März 1844. JMBl S 82, v. 24. Juni 1844. 6. 158. Ueber Rechnungs­ fehler 8 897. b. T unb Strieth. B. 44. ®. 338. — Kraut II. 189f. ") 8- 886 887. b. T- Entsch B 37. S. 335. Eine uneingeschränkt ertheilte Generalbecharge entzieht bem Pflegebefohlenen ba» Recht, nachträglich Rechnungs­ legung zu fordern, wenn der Vormund ein befreiter gewesen. B. 48. S. 413.

“) “) “) ") 4T)

*) So saßt Koch, Anleit, zur Prozeßpraxis I. S. 1/67 Note la. da« Rechtsverhältniß auf. S. dagegen oben S. 622 Note 28. Jurist. Wochenschr. 1839. S. 5. ') Oben V 2. S. 405 Note 1. *) Oben B. 1. S. 399.

geschaffen, dessen Inhalt aus dem Gesetz entspringt, und persönliche Klage­ rechte erzeugt. Bon den im römischen Recht erwähnten Klagen ist zu­ nächst die actio distrahendis rationibus auch im gemeinen Recht un­ praktisch und dem preußischen unbekannt'). Die Klage des Pflegebefoh­ lenen gegen den Vormund und subsidiär gegen das Gericht ist die actio tutelae, welche als umgewandte (contraria) dem Vormund und dem Ge­ richt gegen den Pflegebefohlenen gegeben wird'). AIS direkte Klage des Mündels gegen den Vormund geht sie auf Rechnungslegung, Herausgabe des verwalteten Vermögens, Ersatz der Defekte und des durch ein vertretbares Versehen verursachten Schadens'). Welche Einreden dem Vormunde hiergegen zustrhen, ergiebt sich all- dem bisher Erörterten. Zu bemerken ist noch, daß nach römischem Recht diese Klage erst nach Beendigung der Vormundschaft statthaft war, bah sie aber nach preußischem Rechte — soweit Schadenersatz verlangt wird — auch während der Dauer derselben angestellt werden kann, indem daS Gericht dem Pflegebefohlenen dazu einen Kurator giebt'). Ein Klagerecht deS Pflegebefohlenen gegen den Vormund auf Legung der IahreSrechnung existlrt aber nicht, weil diese Rechnungen nicht dem Pflegebefohlenen, sondern zur Ausübung deS Aufsichtsrechts dem Gericht gelegt werden, und diesem unmittelbare Zwangsmittel zu Gebote stehen'). Die Klage verjährt nach der richtigen Meinung in 30 Jahren, weil mit ihr die Erfüllung auS einem Rechtsverhältniß erstrebt wird'). Als subsidiäre Klage geht sie gegen da- obervormundschaftliche Gericht, und zwar gegen die einzelnen Mitglieder desselben, deren Erben und unter gewissen Voraussetzungen auch gegen die Amtsnachfolger, ans AuSantwortung des Vermögen-, Vertretung der Defekte und de» sonstigen Schaden»"). Sie verjährt in 3 Jahren von dem Tage, wo der bishe­ rige Pflegebefohlene Kenntniß vom Schaden und von dem Versehen de» Richter» erlangt hat, und diese Frist verlängert sich nicht durch den Um« *) S> Rudorfs III. 4, der die Klage noch für praktisch anwendbar hält. Unterholzner, Schuldverh. B. 2. S- 640 bei g.

‘) Ueber preuß. R s. Förster, Klage und Einrede S. 434 f. zur Prozeßpraxi« I. €>. 1167fg

Dagegen

Koch, Anleitung

•) Die Klage auf Schadenersatz gegen den Vormund seht aber voraus, daß nicht von Anderen, die durch den Vormund eine ungerechtfertigte Bereicherung erlangt haben, der Schadenersatz verlangt werden kann. Insofern hat also die Klage einen snbfidiären Eharakter. Heuser l. 470.476. Die a. tutelae ist nach preuß. R. bei dem persönlichen Richter des Vormundes anzustellen, nach gem. R. wird der Ge­ richtsstand der geführten Verwaltung angenommen. Heuser II. 432. ’) Kraut II. 157.

*) Arndt- und Leonhard S. 38 Note 163. Praxis. Seuffert X. 83.

•) Oben B. 1. S. 809 Note 13. ") Seuffert V. 298.

Först er, Preuß. Priratrecht. UL s. Aust.

So auch in der gemeinrechtlichen

674

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

stand, daß erst gegen den Vormund geklagt und gegen diesen die Nichter­ langung de» Schadenersatzes festgestellt werden muß"). Ausnahmsweise ist sie auch gegen das Gericht die direkte Klage in den Fallen, wo da» Gericht den Schaden allein -oder in erster Reihe zu vertreten hat"). AIS umgewandte Klage steht sie dem Vormund gegen den Pflege­ befohlen zu wegen Ertheilung der Quittung, Abnahme der Vermögens­ verwaltung, Erstattung der Auslagen, Zahlung des vom Gericht bewilligten rückständigen Honorars und Rückzahlung der geleisteten Kaution, oder Ein­ willigung der Löschung derselben auf dem Grundstück de» Vormundes. Sie verjährt in 30 Jahren ans gleichem Grunde wie die direkte Klage. Verlangt der Vormund Zahlung für Dienste, die er vermöge seiner Kunst oder Wiflenschaft, vermöge seines LebenSbernfS geleistet hat, so ist dies nicht die Klage ans der Vormundschaft, sondern au» der Dienstleistung. — Da» Gericht und zwar als solches klagt gegen den Pflegebefohlenen auf Quittungsleistung"). Da zwischen Vormund und Gericht kein privatrechtlich-obligatorisches Verhältniß besteht,. hier vielmehr der Charakter deS öffentlichen Rechts bestimmend ist, so folgt daraus, daß zwischen ihnen Klagen nicht gegeben sind. Wo der Vormund befngt ist, gegen eine Verfügung de» Gerichts rechtliche» Gehör zu verlangen, wird immer nicht das Gericht die Gegen­ partei"). “) Dcklar. v. 31. Marz 1838. §. 2. GS. S- 252. Die« zeigt, daß Pflegebefohlenen und dem Gericht kein Recht-verhältniß besteht. S. 809.

zwischen dem Oben v. 1.

») Oben S. 667. *’) §■ 894. d. T. Da« O.-Trib. hat angenommen, daß diese Klage dem Gericht al« solchem, nicht den einzelnen Mitglieder» zustehe. Entsch. B. 11. S. 398. B 37. S- 335. Koch, Rote 93 polemifirt dagegen, weil „der FiSkuS" bei dieser Klage gar nicht intercssirt sei. Da« ist insoweit allerdings richtig, al« der Fall, daß „da» Gericht," d. h. der Justizfisku« dem Pflegebefohlenen regreßpflichtig werden kann, nicht denkbar ist, denn regreßpflichtig sind immer nur die einzelnen Mit­ glieder. Da» O.-Trib. motivirt seine Ansicht wesentlich dadurch, daß da» Gericht nicht eher die Akten reponiren darf. al« bi« e» Decharge erhalten, daß diese sich auf die richtige AuSliefernng de» unter der Verwaltung de« Gericht« befindlich gewesenen Vermögen« beziehe, für welche da« Gericht allein und al« solche« ver­ haftet sei. Da« ist auch richtig und von Koch nicht au«reichend beachtet. Die Auslieferung de« im Depositorium befindlichen Vermögen« kann der gewesene Pflegebefohlene nur vom Gericht al« Behörde, nicht von den einzelnen Milgliedern fordern, und wenn die Auslieferung erfolgt ist, so muß über diese dem Ge richt auch quittirt werden. Den Regreßansprüchen gegen die einzelnen Mitglieder wird durch diese Quittung nicht prajudizirt.

") Förster a- a. O. S. 438.

Zweite« Kapitel.

Die Vormundschaft über Gebrechliche, über Verschwender und über Abwesende. §. 235.

I. Wer durch ein rechtskräftiges Erkenntniß für wahn- oder blöds innig erklärt worden, sich nicht unter dem Schutze eines Ehemannes oder Vater- befindet, und großjährig ist'), muß bevormundet werden'). Desgleichen taub und stumm Geborene und solche Personen, welche vor vollendetem 14. Lebensjahr taubstumm geworden sind'). Wer später in diesen Zustand gerathen, wird nur dann unter Vormundschaft gestellt, wenn er sich durch allgemein verständliche Zeichen nicht ausdrücken kann; wenn er sich verständlich machen kann, so soll ihm wider seinen Willen ein Vormund nicht aufgedrungen werden, d. h. er darf die Be­ vormundung nachsuchen'). Taube und zugleich Blinde werden na­ türlich auch bevormundet'). Die Vormundschaft über alle diese Personen steht unter den Grundsätzen der Altersvormundschaft mit den aus der Verschiedenheit des Zwecks sich von selbst ergebenden Modifikationen'). Bei der Beaufsichtigung der Geisteskranken tritt die besondere Pflicht hinzu, Sorge zu tragen, daß sie weder sich noch Anderen schaden, daß für ihre noch zu hoffende Heilung die nöthigen Mittel nach Möglichkeit gewährt werden müssen, und daß der Staat ihre Verwahrung in öffentlichen An­ stalten zu übernehmen hat, wenn ihre Beaufsichtigung wegen ihres Zu­ standes Privatpersonen nicht angesonnen werden kann'). — Die Vor­ mundschaft wird aufgehoben, wenn der Geisteskranke den völligen Gebrauch seines Verstandes wieder erlangt; das-wird durch Untersuchung des vor­ mundschaftlichen Gerichts unter Zuziehung Sachverständiger festgestellt'). ') Seuffert XV. 233. *) §. 12. 13. d. T- Die Bevormundung muß auch hier von Amt-wegen eingeleitet werden, wenn da- Erkenntniß aus Imbezillität-erklärung lautet. Jur. Wochenschr. 1841. S. 346. Ueber die Bormnndschast partiell Wahnsinniger. Strieth. B. 36. S. 284. Ueber gemeine» R. vergl. Rudorfs l. 118. Kraut II. 191.

') §• 15. d. T. *) §. 16. 17. d. T.

Sächs. GB. §. 1982.

•) Reskr. de- IM. v. 11. April 1841. JMBl. S. 151, nach §. 24. I. 5. A.LR. und §. 4s. II. 3. AGO. Arndt» und Leonhard S. 15 Rote 13.

’) Ueber da» Honorar de» Bormunde» für einen Geiste-kranken s. §■ 274. d. T. Der Bormund vertritt auch die Person und die persönlichen Rechte de» Pflege­ befohlenen. Heuser VII. 525. Er kann daher für den blödsinnigen Ehemann die Illegitimität-klage anstellen. Entsch. B. 57. S 179. Oben S. 579 Note 31. Ebenso gegen dessen Ehefrau wegen Ehebruch» klagen. Heuser V. 221 ’) §. 341-348. d. T. *) §. 815—820. d. T. Der Entwurf zum A.L.R. enthielt die Bestimmung, daß nn-

43*

II. Wer durch rechtskräftige- Erkenntniß für einen Verschwender erklärt worden, muß bevormundet werden'). Dem Vormund liegt die besondere Sorge ob, eine Besserung de- Leben-wandel- herbeizufiihren und er kann zu diesem Zweck unter Leitung und Genehmigung de- GerichtZwang-mittel anwenden"). Die Vormundschaft ist also nicht bloß, wie nach römischem Recht eine Vermögen-kuratel"). Eine bestehende Alters­ vormundschaft schließt auch sie au-, sie ist daher nur über großjährige Personen denkbar. Dem Verschwender darf der Betrieb eine- selbständigen Gewerbe- nicht gestattet werden"). Wenn der Verschwender überzeugende Beweise einer gründlichen und wenigsten» zwei Jahre anhaltenden Besse­ rung gegeben hat, so kann da» Gericht nach Anhörung der Verwandten die Vormundschaft aufheben"). III. Wer über ein Jahr lang abwesend ist, ohne daß man seinen Aufenthalt kennt, oder Nachricht von ihm erhalten und ohne daß er einen Bevollmächtigten zur Besorgung seiner Angelegenheiten hinterlassen hat, dem muß vom Staat zur Erhaltung seine- zurückgelasienen Vermögenund zur Besorgung seiner übrigen Angelegenheiten ein Vormund gegeben werden (Verschollener)"); ebenso demjenigen Abwesenden, drsien Aufent­ halt zwar bekannt ist, der aber wider seinen Willen an der eigenen Be­ sorgung seiner Angelegenheiten gehindert wird"). Früher al- vor Ablauf eine- Jahre- darf eine Vormundschaft nur eingeleitet werden, wenn wich­ tige Fälle dazu Veranlassung geben"). Wo die Vollmacht de- bestellten Mandatar- für ein Geschäft nicht au-reicht, genügt die Beiordnung eineKurator-"); hat aber der Mandatar 3 Jahre lang keine Nachricht von seinem Machtgeber erhalten, und ist er nicht zugleich dessen VertragSheilbare Geisteskranke für tobt erklärt werden sollten. Jahrb. B. SS. S. 59.

Suarez, revis. monit.

*) $. 14 b. TVertragsmäßig kann man sich nicht wegen Verschwendung unter, Bormnnbschast stellen. SeusfertXV. 136. XVIII. 125.

") §. 349. 350. b. T. Wie unb welche Zwangsmittel anzuwenden sinb, muß der einzelne Fall angeben. Arndts unb Leonharb S. 80 Note 205: „es ist da« Möglichste zu versuchen." ") Kraut II. 2I0fg. Rudorfs l. 128fg. bonorum adminietratio prodigo interdicitur.. I. I.pr. 0.XXVII. 10. Zur Verheiratung des Verschwender« ist die Genehmigung be» Vormundes nicht erforderlich. Oben S. 502 Note 19. Seusfert XIII. 101. ") §. 812. b. T. ") 8 856-859. b. T. AGO. I. 38. §. 35-44. Wenn die Vormundschaft über bett Verschwender aufgehoben wird, so bedarf es nicht der öffentlichen Bekannt­ machung, aber der Verschwender kann darum nachsuchen. Koch, Note 84 zu §. 859. Aushebung in Folge Auswanderung brt Verschwenders Seusfert XIII. 102. ") §• 19. 20. 23. b. T- Eine zurückgelafsene Ehefrau gilt al« Bevollmächtigte § 202. 326.11. 1. Arndt« und Leonharb S. 15 Note 14. Die Bevormundung fällt auch weg, wenn der Abwesende noch unter väterlicher Gewalt steht. Reskr. v. 27. Mai 1801. N. Arch. III. 77. Mathi« I. 126.

») 8- rr. b. T-

••) §. 21. b. T.

") 8. 24. b. T.

§. 235. Die Bormundsch. üb. Gebrechliche, Verschwender u. Abwesende.

677

erbe, so können die Verwandten die Bestellung eine- Vormunde» bean­ tragen"). Desgleichen wenn der Bevollmächtigte stirbt, die Vollmacht kündigt, schlecht verwaltet oder in Umstände geräth, die eine Zurücknahme der Vollmacht rechtfertigen"). Die Vormundschaft über Abwesende unterscheidet sich wesentlich darin, daß sie eigentlich nur eine Vermögen-kuratel ist, die Person de» Abwe­ senden wird nicht bevormundet. Der Vormund hat daher kein rein per­ sönliche- Recht in Vertretung de- Abwesenden auSzuüben, nicht dessen väterliche Gewalt, nicht dessen persönliche Schutzgewalt über die Ehefrau; er kann nicht die Ehelichkeit de» von dieser gebornen Kinde» anfechten"). Wenn gleichwohl da» A.L.R. diese Vormundschaft al» eigentliche auffaßt und sie nicht den Fällen der bloßen Kuratel beizählt, so hat e» hierfür einen bestimmten Grund. Der Vormund de» Abwesenden verwaltet nicht bloß deffen vorhandene» Vermögen, sondern er vertritt auch seine Person bei Rechtsgeschäften, er kontrahirt für ihn mit Dritten, führt für ihn seine Prozesse über vermögen-rechtliche Gegenstände"). Insofern ist er mehr et» Kurator und darau- erklärt sich die Entscheidung der gemein­ rechtlichen Kontroverse"), ob der Vormund für den Abwesenden eine Erbschaft annehmen könne: nach A.L.R. giebt der Vormund de- Abwesen­ den für ihn die Erklärung über die Antretung oder Entsagung einer ihm angefallenen Erbschaft ab"). Die UeberlegungSfrist beginnt mit dem Tage, wo dem Vormund der Anfall bekannt geworden ist"). Natürlich bedarf e» auch hier zur Vermeidung der Nichtigkeit der Genehmigung de» Gericht», wenn vorbehaltlos angenommen oder entsagt werden soll"). Nach preußischem Recht kann daher auch die Vormundschaft über den Abwesenden nicht al» eine anticipirte oder bedingte erbrechtliche Nachfolge aufgefaßt werden, wie die» im älteren deutschen Gewohnheitsrecht hervor­ trat"), sondern e» schließt sich dem römischen Recht an, indem der Vor­ mund dem Abwesenden, nicht dem Erben bestellt wird, mithin für jenen, nicht für diesen da» Vermögen verwaltet, und eine provisorische Besitz­ einweisung de- Erben nicht stattfindet"). E» existiren also im preußischen ") ”) ”) ”)

«) u) ") M)

§. 25. 26. d. T. ") §. 28. d. T. Obe» S. 599 Note 31. §. 19. d. T. „zur Besorgung ihrer übrigen Angelegenheiteu." Kraut II. 251.252. Kraut II. 253f. BrunS in Better und Muther, Iahrb. D- 1. S. 114f. 168f. Harder in der Zeitschr. f. Eiv.-R. u- Proz. N. F- B. 19. S. 293fg. Northofs, im Arch. f. prakt. RechtSwiss. N F. B. 2. S. Ifg. Entsch. B. 17. S. 87. Recht-fälle B. 4. S. 3 A.L.R. 1. 9. §. 390. Entsch. B 16. S. 126 Nr. II. Oben S 664. Rudorfs I. 148f. Kraut II. 217fg. 220fg. Brun- a. a. O. S. 133fg. 157 ff. 163.

") Rudorfs 1. 146.

Zweite« Buch.

678

Die besonderen Privatrechte.

Recht nicht die Streitfragen, ob nach Feststellung des Todes des Abwesen­ den die Nachfolge

ex tune oder ex nunc eintrete,

Abwesenheit der Fruchtgenuß zufalle,

stattfinben könne.

ob während

wem während der

derselben

ein Erwerb

So lange der Abwesende nicht für todt erklärt oder

solange sein Tod nicht sonst festgestellt ist, gilt er als lebend, als Herr seines Vermögens, er erwirbt die Früchte desselben und was ihm sonst

zufällt; er wird bei der Verwaltung deS Vermögens und bei dem Erwerb durch den Vormund vertreten, ihm ist wenn er zurückkehrt, vom Vormund unverkürzt das Vermögen auszuantworten und über die Verwaltung Rech­

nung zu legen. Die Vormundschaft über einen Abwesenden hört auf, wenn er zurück­

kehrt"), oder wenn von ihm Nachricht eingeht und er einen Bevollmäch­ tigten bestellt, wozu er denn von dem vormundschaftlichen Gericht aufge­ fordert werden soll"), wenn sein Tod nachgewiesen oder endlich wenn er

durch rechtskräftiges Erkenntniß für todt erklärt worden ist'"). Todeserklärung ist

oben ausführlich

gehandelt").

Ueber die

DaS Vermögen

fällt

dann demjenigen zu, welcher am wirklichen Todestage oder am Tage der

Rechtskraft

deS Erkenntnisses, d. h. am Tage seiner vollendeten Publi­

kation") der nächste gesetzliche Erbe ist, wenn nicht ein Testament von dem Abwesenden hinterlassen

stimmt hat").

worden,

oder ein Erbvertrag die Nachfolge be­

Hier treten aber noch zwei Fragen hervor,

sich die Sache, wenn der für todt Erklärte zurückkehrt?

terscheidet, ob

a. Wie stellt

DaS Gesetz un­

der Abwesende innerhalb 30 Jahre nach der Todeserklä­

rung oder später zurückkehrt. Im ersten Fall muß ihm der besitzende Erbe sein Vermögen, soweit dasselbe oder sein Werth noch vorhanden ist, zurückgeben und zwar als redlicher Besitzer, wenn er nicht überführt wer­

den kann, daß er von dem fortdauernden Lebe» deS Abwesenden Kenntniß gehabt hat").

Die mit Dritten vom Besitzer abgeschlossenen

schäfte dürfen zum Nachtheil deö Dritten nicht angefochten

Rechtsge­

werden,

rein

muß der Empfänger als redlicher Besitzer herausgeben, soweit sich das Geschenkte oder dessen Werth noch wirklich freigebige Schenkungen aber

in seinen Händen befindet").

Im anderen Fall, d. h. wenn er erst nach

30 Jahren zurückkchrt, hat er unt* seine erbberechtigte Descendenz") ge­ gen den Besitzer seines früheren Vermögens nur den Anspruch auf eine nothdürftig

seinem Stande

entsprechende Alimentation,

soweit das Vcr-

§. 821. d. T. ”) §. 321. 822. d. T. §. 823-838. d. T. ") B. 1. S. 91 f. B. 1. S. 92 Note 18. §. 839. 840. b T. Eine bonorum possessio nach prenß. Recht. Entsch. B. 18. S. 236. ") §. 847—851. d. T. 31) §. 849. 850 b. T. ’•) §. 853. b. T.

») ") ”) ”)

§. 235.

Die Bormundsch. üb- Gebrechliche, Verschwender u. Abwesende.

679

mögen dazu hinreicht"), b. Wie stellt sich ;bie Sache, wenn nach der Todeserklärung nachgewiesen wird, daß der Abwesende an einem andern Tage gestorben und hiernach, oder weil noch ein Testament oder Erbver­ trag ermittelt wird, der Nachlaß einer anderen Person als dem Besitzer angefallen wäre? Der näher berechtigte Erbe fordert vom Besitzer die Herausgabe des Nachlasses, soweit dieser oder dessen Werth noch vorhan­ den, und der Besitzer, restituirl ihn als redlicher Besitzer, wenn er nicht von dem früheren oder späteren Tode oder von der Existenz des Testa­ ments oder Erbvertrags Kenntniß gehabt hat, und deßhalb als un­ redlich gilt").

Drittes Kapitel.

Die Kuratoren und Beistände. §. 236.

I. Kuratoren werden zu einzelnen Geschäften oder für einen be­ stimmte» Kreis von Angelegenheiten') bestellt und haben in Betreff dieser Geschäfte oder Angelegenheiten die Rechte und Pflichten der Vormünder, also insbesondere, wenn ihnen eine Vermögensverwaltung übertragen ist, ein Inventarium zu errichten, Rechnung zu legen, Kaution zu bestellen'). Die Pflegebefohlenen haben dann dieselben Sicherungsrechte in dem Ver­ mögen der Kuratoren; es entspringen aus dem Rechtsverhältnisse dieselbe Verpflichtung zur Vertretung eines Versehens und dieselben Klagerechte'). DaS Amt des Kurators hört auf, wenn das Geschäft erledigt, oder der Pflegebefohlene in die Lage gekommen ist, sich selbst vorzustehen; dann wird, wo eS nöthig, Schlußrechnung gelegt, das Vermögen auSgeantwortet, dem Kurator und dem Gericht quittirt'). Die einzelnen Fälle sind folgende: a. Einer Leibesfrucht wird ein Kurator bestellt, wenn die schwan­ gere Frau nicht unter ehemännlicher Gewalt steht'), theils um die Mutter ") §. 852. d. T.

") §• 842-845. b. T-

') Ein Beispiel Entsch. S. 51. S. 341 f. 348. 2) §. 953. 956—958. b. T. B. 51. S 349.

Zu §. 957. vergl. Strieth. B. 50. S. 338.

Entsch.

’) §.959. d. T. Auch mehrere Kuratoren für dieselbe Angelegenheit haften wie mehrere Vormünder. §. 123.124. d. T. 4) §. 960. 961. d.T.

5) ArndtS u. Leonhard S. 157. 158. Die Sicherheitsmaßregeln zur Verhütung von Unterschiebungen, welche die §§. 42 fg. II. 2. vorschreiben, sind nicht unter den Gesichtspunkt der cura ventris zu bringen. A. M. Koch, Pr.-R. II. S- 708 §. 808 bei Note 4.

Zweite- Buch.

680

Die besonderen Privatrechte.

zu verpflegen (cura ventris), theils um da- dem Kinde anfallende Der«

mögen einstweilen sicher zu stellen und zu verwalten, letzteres, wenn der Kurator zugleich zum Nachlaßkurator bestellt worden (cura bonorum)6), theils nm die Rechte

des KindeS gegen

den Erzeuger wahrzunehmen').

Bei der Geburt geht die Kuratel in eine eigentliche Vormundschaft über,

wenn das Kind dann nicht unter die Gewalt feine» natürlichen Vaters tritt').

b. Den unter väterlicher Gewalt stehenden Kindern wird — abgesehen

von den Fällen, wo die väterliche Gewalt beschränkt ist oder

ruht'), oder wo zwischen Vater und Kind ein einzelne- Rechtsgeschäft abgeschlossen werden soll oder der Ehescheidungsprozeß der Eltern die Be­

stellung eineö Kurators für die Kinder nöthig macht") — insbesondere ein Kurator bestellt, wenn sie mit dem Vater über da- von der Mutter

vererbte Vermögen auseinandergesetzt werden sollen"),

oder wenn ihnen

sonst eigenthümliche- Vermögen zufällt, und der Vater von dessen Ver­ waltung ausgeschlossen sein soll").

Im ersten Fall beschränkt sich da-

Geschäft deS Kurator- auf die AuSmittelung und Sicherstellung des Kin­ dervermögens,

und

Sicherheit nicht

auf eine fortgesetzte Aufmerksamkeit darauf, daß die

schlechter wird, wobei

er grobe- Versehen zu vertreten

hat"), während dem Vater nach den gesetzlichen Vorschriften Verwaltung

und Nießbrauch verbleibt.

Im letzteren Fall hat der Kurator auch die

Pflicht der Verwaltung de- Kindervermögens wie ein Vormund und der Vater steht neben ihm als Ehrenvormund, so daß er bei allen wichtigeren

Verfügungen gutachtlich gehört werden Nießbrauch

an

muß, namentlich wenn ihm der

diesem -Vermögen gebührt").

Wenn

freie- Vermögen

•) §.963. d. T. ß. 371-381. I. 9.

’) §. 962. 964. 967. d. T.

') §. 965-969. d. T. ') Oben S. 628. '•) §. 28-33. d. T.

Zu §. 28. 29. vergl. Stritth. B. 40. S. 328.

•■) $. 34 -38. 970-975. b- T. Leonhard S. 16.159.

Oben §. 223 bei Note 36 S. 621.

”) §. 976—983. d. T. Eine solche Anordnung kann Testament treffen. Heuser X. 102.

auch

Arndt» und

die Mutter in ihrem

”) §. 970—975. d. T. Der Theilung-kurator ist nicht zuzuziehen, wenn das Grunde stück, auf welchem das Kapital der Kinder eingetragen ist, subhastirt wird, viel­ mehr werden hierbei die Kinder durch ihren Bater vertreten, Strieth. B. 4. S. 101, auch ist er nicht legitimirt, die Kinder bei der Subhastation de- väter­ lichen Grundstücks zu vertreten, vielmehr muß dazu ein besonderer Kurator er­ nannt werden, daselbst B. 7. S. 241. B. 23. S. 208. In wie weit der Theilungskurator mit Dritten Geschäfte abschließen darf s. daselbst B. 50. S. 338. Entsch. 51. S. 349.

u) $. 977—981. d. T. In der Anordnung einer solchen Kuratel liegt nicht die Ent­ ziehung der väterlichen Gewalt, jene muß daher, was die Befugnisse deS Kura­ tors betrifft, streng interpretirt werden. Heuser IX. 121.

minderjährigen oder zur selbständigen Verwaltung unfähigen Kindern an« fällt, so hat vorzüglich der Vater die Anzeigepflicht, er hat in der Zwischen­ zeit bi- zur Bestellung de» Kurators die Pflichten eine» solchen und ver­ tritt geringe» Versehen"), unterläßt er die Anzeige, so wird er vom vormundschaftlichen Gericht mit einer Geldbuße bestraft, und verliert die Verwaltung, wenn er von dieser auch sonst nicht auögeschlosien sein sollte"). c. Bevormundeten Personen wird neben ihrem Vormunde „nur alsdann" ein Kurator bestellt, wenn sie mit dem Vormunde selbst Geschäfte abzuschließen haben, wenn e» sich um eine Angelegenheit handelt, die eine besondere, dem Vormund nicht beiwohnende Sachkenntniß erfor­ dert, wenn zwischen mehreren Pflegebefohlenen desselben Vormunde» ein kollidirende» Interesse besteht, und wenn ein Vermögen de» Pflegebefohle­ nen verwaltet werden muß, wa» sich außerhalb de» Amtsbezirk» de» BormnndschaftSrichter» befindet"). Die Gerichte sind nicht befugt, nach Be­ lieben neben dem Vormunde Kuratoren zu ernennen, um Maßregeln durchzusetzen, denen der Vormund al» nachtheilig widerspricht"). Da» A.k.R. giebt wenigsten» einer solchen Annahme keinen Anhalt. d. Großjährige Ehefrauen welche sich in Umständen befinden, die an sich eine Bevormundung nöthig machen würden, erhalten Kuratoren, wenn über ihr eingebrachte» Vermögen Verfügungen getroffen werden sollen, zu denen ihre Einwilligung nothwendig ist, und wenn bei einer Verfügung über ihr vorbehaltene» Vermögen da» Interesse de» Manne» mit dem der Frau kollidirt"). e. Unbekannten oder entfernten Interessenten werden Kuratoren bestellt, welche die Person derselben zu ermitteln und inzwischen die Sache zu erhalten oder da» unaufschiebbare Geschäft zu betteiben haben"). Insbesondere gehört hierher die Nachlaßkuratel. Den Be­ griff einer s. g. ruhenden Erbschaft kennt da» preußische Recht, wie später zu zeigen sein wird, nicht"); der Kurator wird dem unbekannten oder verhinderten Erben bestellt, und hat vorzüglich die Pflicht, den Nachlaß ") §. 984. d. T'«) §. 985. 986. b. T. ") §.46—48. d- T- Arndt» und Leonhard S. 17 Der Kurator neben dem Bormund ist nicht nothwendig aus ein einzelne- bestimmte- Geschäft beschränkt. St rieth. B. 50. S- 337. ") §. 82 d. T*’) Der Gegner de« Mündel», für welche» ein Eurator statt de- Vormunde» den Prozeß führt, hat nicht gegen den Eurator den Einwand der mangelnden Legiti­ mation. Entsch. B. 65. S. 366 f. ’«) §. 39-45. d. T- Dergl. 6. 232-239. II. 1. Arndt« und Leonhard S. 17. =') §. 49. d. T. Arndt« u. Leonhard S. 162. Strieth. B- 19. S. 100.

”) Gruchot, Erbrecht I. 44.

682

Zweit«» Buch.

Di« betonteren Privatrcchte.

zu erhalten, Verdunkelungen zu verhindern, nur soweit eS unumgänglich nothwendig ist. Verwaltung-maßregeln vorzunehmen, und die Person deErben auSzumitteln"). f. Wenn Fremde in Preußen in Umstände gerathen, welche eine Bevormundung nöthig machen, oder Kinder in solchen Umständen zurück­ lassen, so sollen ihnen Kuratoren interimistisch bestellt werden, bi- ihre ordentliche Obrigkeit die Vormundschaft übernimmt"). g. Außerdem kennt da- Recht noch zahlreiche Fälle, wo Prozeß­ kuratoren bestellt werden müssen, so wenn gegen eine Person wegen GeisteSkranhkeit oder wegen Verschwendung auf Entmündigung geklagt ist"), wenn während eine- schwebenben Prozesse- die Bevormundung einer Partei nothwendig wird, und die Sache keinen Aufschub erleidet"), wenn bevormundete oder unter väterlicher Gewalt stehende Personen, welche sich an anderen Orten in Dienst- oder Arbeit-verhältnissen befinden, Prozesse au- diesen Verhältnissen oder wegen Ehrverletzung, leichter Mißhandlung, wegen Alimente und Entschädigung al- Kläger oder Beklagte zu führen haben"), wenn bei Subhastationen für unbekannte oder nicht ausreichend legitimirte Jntereffenteu au- der Hebung Spezialmafien gebildet werden"). In allen diesen Fällen ernennt der Prozeßrichter den Kurator. h. Die antiquirte Lehn-kuratel bedarf keiner weiteren Erwäh­ nung"). II. Beistände müssen bei gewissen Rechtsgeschäften von gewissen Personen zugezogen werden; sie werden von der Partei selbst gewählt, in einzelnen Fällen müssen sie Rechtsverständige sein"). Sie haben nur bei dem einzelnen Akt als Rathgeber mitzuwirken, und haften für grobes Versehen"). Das dem gemeinen Recht in dieser Art unbekannte und durchaus entbehrliche Institut ist ein schwacher Nachklang der alten, sonst antiquirten Geschlechtsvormundschaft"). “) §. 471—481. 487. I. 9. Gruchot a. a. O. I. 6. 211 f. 220. Arndt« und Leonhard S. 17 Note 31. S. 160. **) §. 71. 72. d. T. “) §. 5. Anh. §. 283. 284. I. 38. AGO. ") § 11. 12. 1.1. AGO. ”) Kab« Ordre v. 4. Juli 1832 (GS. S. 175), Kab. - Ordre vom 5. Dczbr. 1835. (GS- S. 294). “) §. 405.414. Kouk.-Ordn. Bergl. hierzu Strieth. B. 12. S. 296. ”) §. 996 sg. d. T. ") §. 5. 18. 51-55. d. T. Koch, Pr.-R. II. 667. Arndt« u. Leonhard S. 18. ") §. 1005-1007. d. T. ") Koch, Pr.-R. II. 714f.

§. 237.

Da- gemeine Gesinde.

683

Vierte- Hauptstück.

Das Gesinderecht. Gesiiidevrdnung v. 8. Novbr. 1810 (GS. S- 101). A LR- II. 5. §. 177-195. Koch, Priv -R. II. 642. Glück B- 2. S. 144sg. Kirchhoff, Gesinderecht nach den Grundsätzen des altgem. n. preuß. R. 1835. — Dorn, Versuch einer ausführ­ lichen Abhandlung des Gesinderechts. 1794. BuddeuS im Recht-lexikon. B. 4. S. 768f. Keller §. 422. 1. Aufl. S. 784. Beseler S. 525. Bluntschli S. 685. - Zachariä (Anschütz) B. 2. S. 443f.

§. 237. Das gemeine Gesinde. Die geschichtlichen Anfänge des Gesindewesens, welches für das mo­ derne wirthschaftliche Leben ein so bedeutsames Institut ist, weisen bis in

das 13. Jahrhundert zurück').

Schon frühzeitig entstanden Gesindeord­

nungen, die meist von lokaler Geltung waren.

So waren auch in Preußen

in den einzelnen Landestheilen sehr viele verschiedene Ordnungen erlassen

worden, welche nach dem A.L.R. II. 5. Giltigkeit behalten hatten.

Nach­

dem durch die Aufhebung der Erbunterthänigkeit und des Zunftzwanges, und durch die Ablösbarkeit der Dienste in ökonomischeer und sozialer Be­ ziehung eine große Umwälzung der herkömmlichen Lebensgestaltungen be­

wirkt worden war, trat auch sofort das Bedürfniß hervor, recht einer Revision zu unterwerfen.

das Gesinde­

Das Ergebniß derselben ist die jetzt

geltende Gestndeordnung v. 8. November 1810, welche unter Aufhebung aller provinziellen oder lokalen Ordnungen und der §§. 1—174. II. 5.

sie jedoch im Wesentlichen übereinstimmt, die aus­

A.L.R. mit welchen

schließliche Norm für dieses Institut in denjenigen Provinzen geworden ist,

welche damals zum preußischen Staate gehörten.

Später ist sie mit dem

A.L.R. in die neu und wiedererworbenen Landestheile eingeführt worden. Die Rheinprovinz

erhielt erst 1844, Neuvorpommern

und Rügen 1845

eine besondere Ordnung. Das A.L.R. sagt: „auch das Gesinde wird mit zur häuslichen Ge­

sellschaft gerechnet"'), und dem entsprechend steht das Gesinderecht bei dem Familienrecht (II. 5.).

Dadurch ist die Frage nach seiner systematischen

Stellung im preußischen Recht entschieden'). Gleichwohl hat die Frage, ob das Gesinderecht dem Familien- oder dem BertragSrecht angehört, nicht

bloß eine systematische Bedeutung,

sondern sie ist auch erheblich für die

') S. Spieg. I. 22. §. 2. I. 52. •§. 4. II. 32. 1. 2. 3. II. 33. 34. §. 1. II. 40. §. 4. III. 6. §. 1—3. Äl Kaiserrecht (Endemann) II. 28. ’) §• 4. 1.1. ') Oben S. 494.

684

Zweite« Such. Die besonderen Privatrechte.

dogmatische Auffassung deS Institut-. Wenn nicht verkannt werden darf, daß heutigen Tage- da- vertragsmäßige Element in diesem Verhält­ niß mehr in den Vordergrund getreten ist, so hat doch die Gesetzgebung in Preußen wenigsten- da- Element der Zugehörigkeit zum Hau-stand, zum gemeinschaftlichen Familienleben nicht ganz zurückdrängen laffen. Wenn Gesinde überhaupt nur im Familienverhältniß angenommen werden sann4), wenn e- der Zucht deS Hausherrn, der Hau-ordnung unterworfen, zur Treue und Ehrerbietung gegen die Dienstherrschaft verpflichtet, wenn sein sittliches und körperliches Wohl namentlich bei Erkrankungen der Herrschaft zu einer Recht-pflicht gemacht worden ist, wenn eS im Bereich der häuslichen und wirthschaftlichen Dienste ungemeffen seine Arbeitskraft dem Intereffe der Herrschaft widmen, auch außer dem Dienste da- Beste der Herrschaft zu fördern bemüht sein muß, so deutet die- Alle- darauf hin, daß da- Verhältniß zwischen Gesinde und Herrschaft nicht bloß da­ äußerliche ist, wie e- durch den Vertrag geschaffen werden kann, sondern daß auch in seinem Wesen eine gegenseitige innere sittliche Beziehung liegt, die wie bei den Gliedern der Familie rechtliche Wirkungen erzeugt4). Viele- ist hierbei eben wegen de- Flüssigen und Unbestimmbaren, was damit nothwendig verbunden ist, einer polizeilichen Beaufsichtigung über­ tragen4). Hier find nur die rechtlichen Gesichtspunkte in Betracht zu ziehen. I. Die Bgründung. Das Gesindeverhältniß gründet sich auf einen Vertrag, durch welchen ein Theil zur Leistung gewiffer häuslicher oder wirthschaftlicher Dienste') auf eine bestimmte Zeit, der andere zu einer dafür zu gebenden bestimmten Belohnung sich verpflichtet. Der Abschluß deS Vertrages setzt voraus, daß wer sich als Gesinde vermiethen will, über seine Person frei verfügen kann. Gewaltunterworfene und be­ vormundete Personen bedürfen der Einwilligung deS Vater- und Vormun­ de», verheiratete Frauen der Einwilligung ihre» Manne». Die Einwilli­ gung wird aber al» ein für alle Mal ertheilt angesehen, wenn sie nicht *) Entsch. B. 7. S. 215. Die von einer Privatgesellschaft (Markgenoffen, Gewerk­ schaften, Aktiengesellschaften), welche nicht eine Familie bildet, angenommenen Die­ ner gehören nicht zum Gesinde, sind auch nicht Haueoffizianten. Koch, Beurth. S. 499. •) Buddeu« a. a. O. S.770, vergl. mitBluntschli S.685. Deseler S. 525. Kuntze in Holzschuher, 3. A. B. 1. S. 810fg. ♦) S. §. 10. 12. 13—21. 31. 51.160. 167. 168. 172. 173 176. GO. Beral. außer­ dem da» Gesetz v. 24. April 1854, betr. die Verletzungen der Dienstpflichten de» Gesinde» und der ländlichen Arbeiter. GS. S. 214. ’) §1. GO. Bergl Gesetzrevisor XV. 6. Ein vom Posthalter gemietheter Postillon ist ihm gegenüber Gesinde, daneben aber auch Beamter, Strieth. B. 44. S. 188. Entsch. B. 37. S. 38.* Handlung-diener, Gewerbsgehilfen, Wirth»schaft»eleven gehören nicht zum Gesinde, weil und wenn ihre Dienste nicht H8u»liche oder wirthschaftliche sind, bei den Lehrlingen kommt noch hinzu, daß sie zum Zweck ihrer Au»bildung, nicht um zu dienen arbeiten.

ausdrücklich nur für einen einzelnen Fall oder nur für eine bestimmte Zeit gegeben worden ist'). Das Gesinde darf ferner nicht schon durch ein andere» Dienstverhältniß gebunden fein und eS ist daher vorgefchrieben, daß eS bei dem Antritt eine- neuen Dienste» die Entlassung au- dem alten nachweisen soll'). In der häuslichen Gesellschaft steht e» dem Ehemanne zu, da» Gesinde zu miethen, nur die weiblichen Dienstboten kann die Frau, vorbehaltlich de» Recht» de» Manne», ihnen mit der ge­ setzlichen Frist aufzukündigen, annehmen"'). Zur Form de» Vertrage­ bedarf e» nicht der Schriftlichkeit; sie wird durch da» Geben und Nehmen eine», demnächst aus den Lohn abzurechnenden Miethgelde», also durch eine Draufgabe (arrha) erfüllt, dessen Betrag freier Vereinbarung unter­ liegt, und von der Herrschaft auch dann auf den Lohn angerechnet werden kann, wenn sie sich der Abrechnung ausdrücklich begeben hat, da» Gesinde aber die verabredete Dienstzeit nicht auShSlt"). Die der Zeit nach erste Annahme diese» Miethgelde» entscheidet über den Vorzug der Herrschaft, wenn sich da» Gesinde bei mehreren gleichzeitig vermiethet hat; die dann zurücktretende Herrschaft hat da» von ihr gegebene Miethgeld zurückzu­ fordern und Schadenersatz in Anspruch zu nehmen, der in der Differenz de» höheren Lohn» besteht, den sie einem anderen Gesinde etwa geben muß"). II. Der Gege nstand de» Vertrage» sind erlaubte HSu-liche oder wirthschaftliche Dienste, in der Regel ungemeffene, wenn nicht ausdrücklich nur gewisse bestimmte Dienste bedungen sind"). Nach der Art der Dienste, je nachdem sie nur im häuslichen Wesen, oder in der Land­ wirthschaft zu leisten sind, wird städtische» und ländliche» Gesinde nnterschieden, eine Unterscheidung, die in Betreff der Antritt-zeiten und Kündigungsfristen sich geltend macht"). UI. Nach dem Inhalt charakterisirt sich der Vertrag al» eine Art der Dienstmiethe (locatio conductio operarum)11), aber, wie oben ') §. 5-8. GO. •) Nicht schon bei dem Vertragsabschluß. 9. der GO.

S. die Reskr. hierüber in den Ergänz, zu

§• 2—4. GO.

") §• 22-26. 46. SO. Oben v. 1. ©. 468 Note 6 Diese Art M Abschlüsse« durch Arrha ist alte deutsche Gewohnheit, aber dem preuß. R. eigenthümlich ist die Anrechnung auf den Lohn. Buddeu« S. 771.

") §. 27

30. GO.

”) 6. 1. 56. 57. 60. GO. stimmte Dienste.

Hirten, Revierjager, Kunstgärtner find Tefinde für be­

**) Die Frage, ob Gestnde städtische« oder ländliche« sei, hängt nicht bloß von dem Ort, sondern auch von der Art de« Dienste«, und zwar vornehmlich von dieser ab. Entsch. 8. 17. ©. 510. Der Wirthschaft-inspektor eine« Gute« gehört zum ländlichen Gestnde. ©trieth. B. 43. S. 221. Bergl. Gcsetzrevisor XV. 28. ») B. 2. S. 264. §. 894. I 11.

Zweit«! Buch.

686

Dir besonderen Privatrechte.

erwähnt, mit einer den Beziehungen zur Familie entnommenen Beimischung,

a. DaS Gesinde ist verpflichtet, den Dienst zum bestimmten Tage (welcher bei städtischem Gesinde der zweite jede« Quartal« ist, bei länd­

lichen durch freie Abrede oder verschiedene Ortsüblichkeit bestimmt wird"), anzutreten").

Weigert sich

das Gesinde des Antritt-,

so wird t»

schaden-ersatzpflichtig und muß da« Miethgeld zurückgeben").

Berechtigt

zur Weigerung ist eS, wenn es Handlungen der Herrschaft.au- dem letzten Jahre Nachweisen kann, wegen deren eS den Dienst ohne Aufkündigung

würde verlassen dürfen").

DaS Gesinde ist ferner schuldig, die ihm auf­

getragenen Dienste treu,

fleißig und

richten").

anfmerksam

in Person

zu ver­

ES hat diese Dienste allen Gliedern der Familie und den

gastweise bei ihr anfgenommenen Personen zu leisten; die nähere Anord­

nung geht vom Familienhaupte aus").

Die Dienste eine« erkrankten oder

zeitweise verhinderten Dienstboten muß das Nebengesiude übernehmen"). Das Gesinde vertritt bei seinen Diensten mäßiges Versehen; geringes nur dann, wenn eS wider den

ausdrücklichen Befehl der Herrschaft ge­

handelt oder eS sich zu Geschäften hat annehmen lassen, die besondere Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit »orouöfefcen"). Zur Deckung des Schadens kann die Herrschaft den Lohn

vorenthalten

oder die anderen

Habseligkeiten des Gesindes rctiniren, oder von ihm unentgeltliche Dienst­

leistung auf verhältnißmäßige Zeit verlangen33). die Herrschaft ehrerbietig und bescheiden sein

DaS Gesinde soll gegen

und darf wegen erlittener

Scheltwort« oder geringer Thätlichkeiten nicht gerichtlich klagen"). folgt aber keineswegs ein

Daraus

eigentliches Züchtigungsrecht der Herrschaft").

ES ist dSr Hausordnung nnterworfen, darf sich daher nicht

ohne Er-

*•) Ueber die verschiedenen Termine in den einzelnen Provinzen s. Ergänz, zu §.43. ,8) §. 51. GO.

") §. 42-44 GO.

") §. 52. GO. §. 64. 62. 63. GO. Hat daS Gesinde einen Vertreter gestellt, so hastet eS für diesen, wenn eS dessen Untauglichkeit oder Verdächtigkeit gekannt hat. Ausnahms­ weise Berechtigung zur Stellung eines Vertreters nach §. 54. 2I) §. 58. 59. 73. GO. ") §. 60. 61. GO.

") §. 65

67. GO.

BuddeuS S. 772.

’4) §. 68. 69. GO. Retentionsrecht, aber kein Pfandrecht an den Sachen des Gesindes. Koch, Komm. Note 35a. ”) § 76—78. GO. Nothwehr gegen gefährliche Mißhandlungen ist gestattet. §. 79. Der §. 77. bezieht sich nur persönlich auf die Dienstherrschaft, nicht auf andere Mitglieder der Familie oder Aufseher über daS Gesinde. Strieth. B- 10. S- 72. G oltdammer, Arch. f. Strafr. B. 2. S- 543. B. 3. S. 255, wenn nicht der Aufseher oder Verwalter das Recht hat, daS Gesinde selbständig zu miethen und zu entlassen. Strieth. v. 35. S. 33. Goltdammer B. 8. S. 278. Auch muß der Dienstbote unmittelbar im Dienst der Herrschaft stehen, also nicht das Gesinde des Gesinde-, z. B. der Lehrling des Gärtners. Das. B. 13. S. 510.

*•) Koch, Komment. Note 38 zu §. 77. GO. S. 774. a. E. s.

Bluntschli S. 686.

BuddeuS

laubniß aus seinem Dienst und au» dem Hause entfernen17). Bemerkte Untreue de» NebengesindeS soll e» der Herrschaft anzeigen, sonst wird c» aushilfsweise für den Schaden verhaftet11), b. Die Herrschaft ist verpflichtet, da» Gesinde an dem bestimmten AntrittStage anzuneh­ men; weigert sie sich dessen ohne einen solchen Grund, der sie berechtigen würde, den Dienstboten ohne Aufkündigung zu entlassen, so verliert sie da» gegebene Miethgeld und wird zur Schadloshaltung verpflichtet, die in dem bedungenen Lohn und Kost für die Zeit besteht, während welcher er auS dem Vertrage berechtigt gewesen wäre, wenn er sich nicht früher anderweitig auf gleiche Bedingung vermiethet"). Die Herrschaft ist ferner verpflichtet, dem Gesinde den bedungenen Lohn, die bedungene Kleidung und gesunde Kost, letztere in ausreichendem Maße, zu ge­ währen11). Der Lohn muß in Vorau» bestimmt sein durch eine Geld­ summe oder außer oder neben ihr durch gewisse Naturalleistungen, die namentlich bei ländlichem Gesinde vorkommen"). Die Höhe de» Lohn» und die Art der Kost ist entweder durch den Vertrag festgestellt oder sie richtet sich nach Ortsüblichkeit"). Die Kleidung (Livree) wird nur bei männlichem Gesinde gegeben; sie wird nach Ablauf der Dienstzeit Eigen­ thum desselben, mit Ausnahme einer besonderen StaatSlivröe, de» Man­ tel- und Pelze»"). Ein Anspruch aus Weihnacht--, Neujahrs- oder an­ dere Geschenke steht dem Gesinde nicht zu, selbst wenn sie versprochen worden sind"). Die Herrschaft darf dem Gesinde nicht ungebührliche, übermäßig schwere Dienste zumuthen"), eS nicht vom öffentlichen Gottes­ dienst abhalten"), und muß dem erkrankten Gesinde Kur und Pflege ohne Abzug vom Lohn bi» zum Ablauf der Dienstzeit angedeihen lassen, wenn die Krankheit durch den Dienst oder bei Gelegenheit desselben, ohne ein vertretbares Versehen des Gesindes entstanden ist17). Sie muß auch jede andere Krankenpflege ans gleiche Zeitdauer zunächst übernehmen, wenn da» Gesinde nicht Verwandte in der Nähe hat, denen die Vorsorge zu»') §. 73-75. GO.

") §. 70-72. GO.

") §. 45. 47—50. GO. *°) §. 82. 83. GO. Die Lohnforderung verjährt in 4 Jahren, Ges. v. 3t. März 1838. §. 2. und die Verjährung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Höhe de« Lohne« nicht vertragsmäßig festgesetzt worden, sondern nach Maßgabe nützlicher Verwendung arbitrirt werden soll. Entsch. B. 53. S. 64. Heuser Annalen B. 6. S. 501.

”) §. 1. GO. bestimmte Belohnung. ") §• 32. 33. GO.

«) §. 37-39. GO.

") §. 34. GO.

»») §. 85. GO.

*•) §.84. GO.

•’) $. 86. 87. 92. GO. Bergt. Gesetzrevisor XV. 49 f. Jurist. Wochenschr. 1844. S. 617. Strieth. B. 15. S. 367. Der §. 92. bezieht sich auch auf den Fall, wo die Krankheit im Dienst entstanden ist. Entsch. B. 46. S. 228. Strieth. B. 42. S. 126.

fällt, kann aber in solchen Fällen den Lohn auf die Kurkosten anrechnen"). DaS Gesinde darf nicht widerstehen, wenn die Herrschaft eS zur Heilung einer öffentlichen Anstalt übergiebt"). Ueber die Dienstzeit hinaus muß die Herrschaft Schadenersatz (Kurkosten und nothdiirftigen Unterhalt) leisten, wenn da- Gesinde in dem Dienst oder bei Gelegenheit desselben unter Umständen zufällig zu Schaden kommt, wo ein Machtgeber den Be­ vollmächtigten entschädigen muß"). Die allgemeinen Recht-regeln ent­ scheiden über die Entschädigung-pflicht, wenn die Herrschaft da- Gesinde durch Mißhandlung an der Gesundheit beschädigt hat und nicht ein grobeVersehen de- Gesinde- fonfurrirt41). IV. Die Dauer de- Dienstverhältniffe» hängt von der freien Uebereinkunft ab; sie muß durch eine gewiffe Anzahl von Jahren, Mo­ naten, Wochen oder Tagen au-gedrückt oder doch so bestimmt sein, daß jedem Theil freibleibt, da- Verhältniß durch Aufkündigung zu lösen4'). Fehlt e- an einer besonderen Verabredung, so gilt der Vertrag bei städti­ schem Gesinde auf drei Monate, bei ländlichem auf ein Jahr4'). Bei dem Austritt au - dem Di enst muß da- Gesinde alle ihm anvertrauten Sachen der Herrschaft richtig abliefern, und den an diesen durch seine Schuld entstandenen Schaden ersetzen44). V. Der Vertrag wird aufgehoben mit Ablauf der bestimmten Zeit, für welche er geschlossen, sonst bedarf eS regelmäßig einer Aufkün­ digung) die jedem Theile freisteht, die während der bedungenen Dienst­ zeit ausgeschlossen und an bestimmte Fristen gebunden ist"). Wird nicht gekündigt, so setzt sich daS Dienstverhältniß für eine so lange Periode fort, alS eS ursprünglich eingegangen worden44). Jeder Theil ist aber aus besonderen^Gründen auch berechtigt, den Dienst innerhalb der Dienst­ zeit entweder gegen vorherige Aufkündigung oder selbst ohne solche sofort ") §• 88. 89.91. 92. GO. Sergi Gesetzrevisor XV. 53 fg. Die Verpflichtung ist nicht gemeinrechtlich. Struben, recht!. Bed. B. 3. S. 69. Buddeu« S. 773.

•*) §• 90. GO. Dann muß die Herrschaft die Kurkosten zahlen, auch wenn die Krank­ heit nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Dienst steht. Entsch. B. 27. S. 160.

'") §. 94. 95. GO. “) §. 96 GO. Auch Beschimpfungen und üble Nachreden, die dem Gesinde für sein Fortkommen nachtheilig sind, haben gerichtliche Genugthuung zur Folge, tz. 97.

") §■ 40. GO. Dienstkontrakte, welche Väter oder Vormünder für ihre minder jährigen Kinder und Pflegebefohlenen abschließen, können von diesen nach erlangter Volljährigkeit „unbedingt" ausgekündigt werden mit der gesetzlichen Frist, auch wenn in dem Vertrage eine längere Frist verabredet worden. Gesetzrev. XV. 26. — Wenn da« Gesinde auf Lebenszeit gemiethet worden, so ist die Kündigung der Herrschaft ausgeschlossen, wenn durch deren freien Willen Umstände eingetreten sind, unter denen die Dienste des Gesinde« nicht mehr gebraucht werden. §. 9.10. I. 18. D. XIX 2. Heuser, Annalen ». 1 S. 239. ") § 41. GO.

*•)

40. 110-113 GO.

") §. 169. 170. GO. ") §.114-116, GO.

I. 19.

§. 237. DaS gemeine Gesinde.

689

aufzuheben. Die einzelnen Gründe führt das Gesetz auf*7). Wenn das Gesinde die zeitigere Lösung veranlaßt hat, so empfängt eS nur nach Verhältniß der Zeit, wo eS wirklich gedient, Lohn und Kost"); wenn die Herrschaft durch ihr Verhalten das Gesinde berechtigt hat, den Dienst so­ fort zu verlassen, so empfängt eS Lohn und Kost für das laufende Viertel­ jahr (oder Monat), und wenn bei Eintritt des Grundes die gesetzliche Kündigungsfrist schon verstrichen war, noch für daS nächste Vierteljahr (oder Monat)"). Außerdem giebt hier das Gesetz noch besondere Vor­ schriften über den Anspruch deS Bedienten auf die Livree"). Wird das Gesinde vor Ablauf der Zeit ohne gesetzlichen Grund entlassen oder ver­ läßt eS selbst ohne solchen den Dienst, so entstehen im ersten Fall für die Herrschaft, im andern für daS Gesinde EntschädigungSpflichten, wenn durch polizeiliche Einwirkung daS Verhältniß nicht mehr hat wiederhergestellt werden können"). Wenn der Dienstvertrag durch den Tod des Gesindes gelöst wird, so erhalten seine Erben Lohn und Kostgeld (dieses natürlich nicht, wenn dem Gesinde Naturalkost gewährt worden ist) für die Zeit bis zur Erkrankung"). Für daS Begräbniß hat die Herrschaft 4T) §. 117—149. GO. Hervorzuheben ist der Fall der Verheiratung des Gesindes. §. 147. Zu den einzelnen §§. vergl. aus der Praxis: §. 117. Strieth. B.45. S. 287. B. 39. S. 238. Zu §. 118. das. B. 17. S. 90. B. 43. S. 221. Zu §. 125. das. B. 44. S. 324. B. 38. S. 247. ES ist nicht nöthig, daß bei der Entlassung deS Gesindes ihm der bestimmende Grund mitgetheilt werde. Entsch. D. 65. S. 177. ") §. 150. 151. GO. ") § 152. 153. GO. 80) §. 154-159. GO. 81) §. 160—166. GO. Hinschiuö in der Anw.-Zeitung. 1865. Nr. 50. S. 785f, welcher richtig auSsührt, daß §. 160 GO. eine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen bei Verträgen über Handlungen nach §. 408. I. 5. enthält. DaS vorläufige Verfahren ans Wiederherstellung fällt jetzt der OrtSpolizei anheim. Deren Vermittelung bezieht sich aber nur auf solche Fälle, welche Verletzungen der GO. sind. Strieth. B 35. S. 127. Wenn daS ohne Grund entlassene Ge finde den Wiedereintritt verweigert, so fällt sie weg. Strieth. V. 25. S. 67. Sie muß innerhalb der Dienstzeit nachgesucht werden. Entsch. B. 6. S. 59. B. 17. S. 509. Strieth. B. 24. S. 54, aber es ist ein dolus des Gesindes, wenn eS so lange damit gezögert, bis die Herrschaft ein anderes Gesinde genom men hat. Koch, Schlef. Arch. W. 1. S. 503. Komm. Note 78. Es darf nicht schon ein rechtskräftiges Urtheil den Dienstvertrag aufgelöst haben. Strieth. B. 24. S- 54. Eine polizeiliche Vermittelung findet nicht statt, wenn der Besitz­ nachfolger des Gutsherrn das ländliche Gesinde entlaßt. Das. D. 30. S. 109. Das erfolglose Ansuchen der Bermittelung ist Voraussetzung der gerichtlichen Klage. Pl -Befehl. Entsch. B 14. S. 94. Erfolglosigkeit ist eS auch, wenn die Polizeibehörde die Bermittelung zurückweist. Entsch. B 41. S. 257. Strieth. B. 57. S. 225. — Daß daS Gesinde einen anderen Dienst gefunden oder hätte erlangen können, ist eine von der beklagten Herrschaft zu beweisende Einrede. Das. B. 32. S. 305. Wenn die Herrschaft nach erfolgloser polizeilicher Vermittelung daS Gesinde wieder anfnehmen will, so soll dieses nach der Ansicht des O.-Trib. wegen §. 163. verpflichtet sein, darauf einzugehen, wenn eS durch den Wieder eintritt in den früheren Dienst nicht schlechter gestellt wird. Entsch. B. 49. S. 233. Dagegen ist aber zu bemerken, daß ein anderweitiges Unterkommen doch wohl nur ein Unterkommen bei einer anderen Herrschaft ist. S. HinschiuS, in der Anw.-Zeit. 1864. S. 80. M) §. 99. GO. Förster, Preuß. Privatrecht. III. 3. Aufl.

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Zweite« Buch

Dir besonderen Privatrechte.

nicht zu sorgen"). Der Tod des FamilienhanpteS oder desjenigen Mitglied- der Familie, zu dessen speziellem Dienst da- Gesinde angenom­ men, verpflichtet die Erben nur noch bis zur nächsten gesetzlichen Ziehzeit, wenn auch die vertragsmäßige Dienstperiode eine längere ist"). Erfolgt der Tod nach der Kündigungsfrist, so erhält städtisches Gesinde noch den baaren Lohn für da- nächste Vierteljahr (oder Monat), das ländliche Ge­ sinde aber muß noch für das nächste Jahr behalten »erben"). Auch hier besondere Vorschriften über den Anspruch deS Bedienten auf die Klei­ dung"). Verfällt das Familienhaupt in Konkurs, so wird der Tag der Konkurseröffnung als Todestag angesehen und die Gläubiger haben dann das dem Gesinde zu leisten, was den Erben obliegt"). Wegen der letztjährigen Rückstände an Lohn, Kostgeld und anderen Emolumenten hat das Gesinde das 5. Vorrecht; daö ländliche Gesinde aber ein den Hypo­ theken vorgehendes gesetzliches Pfandrecht auf dem landwirthfchaftlichen Grundstück"). VI. Bei dem Abzüge hat das Gesinde Anspruch auf ein schriftliche« Zeugniß über sein Verhalten im Dienst (Abschied)"). Sind unwahre Beschuldigungen darin enthalten, so hat die Polizei eine Abänderung her­ beizuführen; verschweigt die Herrschaft wiffentlich darin grobe Laster und Veruntreuungen deS Gesindes, so wird sie der folgenden Herrschaft zur etwaigen Entschädigung verpflichtet"). ") §. 100. GO. M) §. 101. 103. GO. Nur die Erben, nicht daS Gesinde hat in der vorzeitigen Aufkündigung. Koch, Note 56. Ist der läster auf Lebenszeit angenommen (vereidigte Privatförster), digt werden, Entsch. D. 34. S. 260. Strreth. B. 23. S. aber wegen Injurien gegen die Herrschaft ist die Entlastung XIV. 276. S. auch oben Note 42.

diesem Fall das Recht Dienstbote vom Erbso darf nicht gekün­ 120. B. 35. S. 127, zulässig. Sen sfert

M) §. 102. GO. ■•) 8 104-106. GO. ") §. 107. 108. GO. 58) 8 109. GO. 8 77. 50. Konk.-Ordn. Die Herrschaft hat einen gesetzlichen PsandrechtStitel an dem Vermögen des Gesindes wegen der Gelder und Effekten die sie ihm zum Behuf der Dienstverrichtung anvertraut, aber dafür kein Vorzugsrecht im Konkurse. Eiuführ.-Ges. z. Konk -Ordn XI. 3.

••) 8» 171 GO. Bergl. die Verordn, v. 29. Septbr. 1846 wegen Einrichtung von Gefindebttchern. GS. S. 467.

60) 8. 172—175. GO. DaS Gesinde hat gegen die Herrschaft auch die Injurienklage. Goltdammer, Arch. B. 10. S. 187. ES hat die Beschuldigung durch Beweis zu widerlegen. Koch, Note 88. Bergl. dagegen Heuser, kurheff. Annalen B. 1. S. 720, wo vom OAG. Kassel angenommen ist, daß die Vermuthung für die Wahrheit solcher Zeugnisse nicht so weit gehe, um von den gesetzlichen Regeln der Beweislast abzuweichen, wenn es sich um Feststellung von Thatsachen handelt, von denen privatrechtliche Befugniffe der Herrschaft gegen daS Gesinde abhängen. Hassenpflug, das. B. 3. S. 449f Ebenso Seuffert X. 157. — Die EntschädignngSpflicht gegenüber der nachfolgenden Herrschaft charakterisirt sich als eine für mittelbaren Schaden außerhalb eines Vertrages, nach den Grundsätzen von I. 6. A.L.R. Koch, Note 88.

§. 238. Die HausoWaoten. ALR

II. 5. §. 177-195.

Koch, Pr.-R. II. S. 655.

ES kann im besonderen Falle sehr leicht zweifelhaft werden, wie die HauSoffizianten vom gemeinen Gesinde zu unterscheiden sind: am wenigsten dann, wenn Jemand zu einer Thätigkeit in da» Hau» ausge­ nommen ist, welche nicht in mechanischen Verrichtungen besteht, also wenn Leistungen in Wissenschaft, Kunst, technischen Fertigkeiten von ihm verlangt werden sollen, mehr aber, wenn die Thätigkeit sich gerade auf wirthschaftliche Verrichtungen bezieht. DaS unterscheidende Kriterium wird hier darin zn setzen sein, daß, wie da» A.L.R. sich auSdrückt, ein bestimmte» „Geschäft" in der Haushaltung oder die Aufsicht über einen gewiffen „Theil" der Wirthschaft übertragen worden, und wenn, wie ergänzend hinzugesetzt werden muß, da» bestimmte Geschäft einen gewissen Grad von selbständiger Beurtheilung in dessen Verrichtung erfordert'), und die Aufsicht nicht bloß eine Aufsicht über die mechanische Thätigkeit an­ derer Personen, de» gemeinen Gesinde», ist, sondern selbständig die ganze Wirthschaft oder einen besonderen Zweig derselben umfaßt, so daß in die Aufsicht auch die Anordnung der Arbeiten fällt. Personen, denen der­ artige Geschäfte oder eine derartige Aufsicht übertragen worden, heißen vorzugsweise HauSoffizianten'). WaS dabei der Natur der Sache nach unbestimmt bleibt, muß vom Richter arbiträr beurtheilt werden'). Die Annahme von HanSoffizianten erfordert einen schriftlichen Ver­ trag; daS Geben und Nehmen von Miethgeld begründet ihn nicht, es kann daher noch jeder Theil unter Verlust oder Erstattung desselben zurück­ treten'). Wenn dem nur mündlichen Vertrag der Dienstantritt gefolgt ') Eine Selbständigkeit, die doch immer noch von einer Direktion oder Oberleitung abhängt. S. Stri eth. B. 34. S. 62. D. 45. S. 177. Eine solche beschränkte Selbständigkeit hat auch z. B. ein Privatförster, dem nur die technische Verwal­ tung de- Forste- übertragen worden. Strieth. B. 56. S. 48.

’) A.L.R. II. 5. §. 177.

') Koch a. a O. und Note 92 im Komm, zu §. 177. II. 5. Aus der Praxis ist zu bemerken: DaS O.-Trib. hat Wirthschaft-beamte, die mit Verwaltung und Beaufsichtigung eines Gutes beauftragt sind, die Vorsteherin des Haushalts und der Wirthschaft eines Gutsbesitzers nicht als HauSoffizianten angesehen. Strieth. B. 45. S. 177. B. 23. S. 316. Beide Entscheidungen dürsten in dieser Allge­ meinheit bedenklich sein. Brenner auf Landgütern sind HauSoffizianten. Das. B. 3. S. 300. *) §. 177—179. II. 5. A L R. Kann der schriftliche Vertrag stillschweigend verlängert werden? DaS O.-Trib. bejahet. Entsch. B. 15. S. 61 Pl -Beschl. Die Ana­ logie des §. 154. I. 5. paßt hier aber nicht, weil es an einer ausdrücklichen Be­ stimmung für die Frist der Verlängerung fehlt. Dagegen Koch, Note 99 zu §. 186. d. T., welcher jedoch darin irrt, daß sich Entsch. B. 7. S. 215 auf einen HauSoffizianten beziehe. Der Pl.-Beschl. ändert also diese Entscheidung nicht ab. Oben §. 237. Note 4.

692

Zweite« Buch.

ist, so darf jeder Theil

Die besonderen Privatrechte.

jede- Vierteljahrs

mit Ablauf

wöchentlicher Kündigung abgehend,

der mündlichen Abrede, oder nach dem üblicher Angemessenheit

und mit sechs­

der Lohn wird dann

entrichtet').

entweder nach

bisher Gegebenen oder in orts­

Im

Allgemeinen

stehen

auch die

HauSoffizianten unter den für das gemeine Gesinde gegebenen Regeln'); ein Unterschied liegt darin, daß sie nur zu denjenigen Verrichtungen ange­

halten werden können, zu denen sie besonders angenommen, und nur im

dringendsten Nothfall anderen häuslichen Geschäften sich unterziehen müssen'). Sie vertreten mäßiges Versehen'). Erzieher sollen nicht als HauSoffizianten angesehen werden.

Ihr

Recht-verhältniß richtet sich nach dem Inhalt de- Vertrages, der oben als Freidienstmiethe bezeichnet

worden'").

Zu

häuslichen Diensten sind sie

niemals verpflichtet").

Fünftes Hanptstiick.

Die Rechte im weiteren Familienverbande. Erste- Kapitel.

§. 239. Die Alimentationspflicht. AL.R- H- 3- §• 14—30. II. 2. §. 63. 251- 254. Bornemann V. S. 5f. Koch, Priv R. II. 255. R. d. Ford. III. §. 196—198. S. 5fg. §. 203-205. S. 53s. Schmidt, Familienrecht S. 632f. §.82. Löweuberg in der jurist. Zeitung, 1832. Sp. 8!f. Förster, Klage und Einrede. S. 261 f. — Glück B. 28. S. 50- 300. Unterholzner, Schuldverhältnisse U. S. 568f. Arndts §. 348. Puchta, Pand. §.316. 10. A. S. 495. Borles. 5. A. II. S. 180. SinteniS III. 133f. BangerowI. S. 484. Anm. 2. Windscheid II. 714. ’) §. 180. d. T. Unter Vierteljahr versteht die Praxis daS Kalenderquartal. Entsch. D. 46. S. 220. Strieth. B 42. S 306. Dagegen Koch, Note 94 und Nach trag B. 4. Abth. 2. S. 328. Die eine oder andere Annahme ist willkürlich, es ist daher jedenfalls gut, eine feste Praxis zu haben. Die Kündigungsfrist beginnt vom Dienstantritt. Refkr. v. 21. März 1834 in den Ergänzungen. 6) §. 181 d T. Strieth. B. 19. S. 58. 7) §• 186. d. T, d. h. jetzt unter der an die Stelle des A L.R. getretenen Ges.-Ordn, v. 8. Novbr. 1810. Entsch. B. 4. S. 112. Plen. - Beschl. Anch Hausoffizianten müssen nach §. 160f. GO. die polizeiliche Dermittelnng vor der Klage in An spruch nehmen. Präj. 255. Sammt. I. 176. Strieth. B. 24 S. 54 Da« Strafgesetz v 24. April 1854 (GS. S. 214) hat keine Anwendung auf sie. §. 4. des Gesetzes. •) §. 182. 183. d. T. ') §• 184. d. T. ,0) §. 187 fg. d. T. Oben B. 2. S. 268H) §. 189. d. T.

§. 239.

Die Alimentationspflicht.

693

ES ist eine Folge der rechtswidrigen Handlung der Körperbeschädi­ gung oder der Tödtung eines Menschen, daß dem Verletzten oder den Hinterbliebenen Verpflegung gewährt werden muß; es ist ein Ausfluß der Gewalt des Ehemanns und Vaters, daß von ihnen während der Dauer dieser Gewalt die Ehefrau und die ehelichen Kinder len Unterhalt empfan­ gen müssen; eS ist eine Konsequenz auS der Schuld des einen Ehegatten, wenn er verpflichtet ist, dem andere» Ehegatten nach der Scheidung Ali­ mente zu reichen; eS ist eine durch die Thatsache der Erzeugung begrün­ dete Verbindlichkeit, daß der Erzeuger dem uneheliche» Kinde solche leiste. Ueber diese Verbindlichkeiten ist bereits früher gehandelt worden'). ' Nunmehr ist aber noch die Frage zu erörtern, ob auch nach aufge­ löster väterlicher Gewalt und in dem weiteren Familienverbande, insbe­ sondere unter Seitenverwandten und zwar wegen ihrer Verwandtschaft eine Pflicht besteht, sich gegenseitig Unterhalt zu gewähren. DaS A.L.R. bejahet diese Frage: Kinder und Eltern müssen einander wechselseitig un­ terstützen nach aufgehobener väterlicher Gewalt'); ebenso die Verwandten auf- und absteigender Linie in den weiteren Graden'); endlich auch die Geschwister'). Weitere Seitenverwandte können zwar hierzu nicht ge­ zwungen werden, aber sie verlieren ihr gesetzliches Erbrecht'), wenn sie sich der Unterstützung eines Verwandten nach ausdrücklicher Auffordernng entziehen, und nicht durch unverschuldetes eigenes Unvermögen daran ge­ hindert werden'). Das gemeine Recht erkennt die gegenseitige Unter» •) Oben B. 2. S. 455 fg. Zn diesem Bande S. 516. 583. 631. ’) 8 251—254 II. 2. Auch Adoptivkinder und Adoptiveltern, weil zwischen ihnen dieselben Rechte und Pflichten entstehen, wie zwischen leiblichen Eltern und Kin­ der». 8-681. II. 2. Daneben besteht fort die Alimentationspflicht zwischen dem Adoptivkinde und dessen natürlichen Eltern. §. 712. II. 2. — Zwischen Schwieger­ eltern und Schwicgerkindern besteht keine solche Verpflichtung. Entsch. B. 29. S. 380. Strieth. B. 14. S. 351. Auch nicht zwischen Stiefeltern und Stief­ kindern. Seusfert XI. 210. Wenn die zur Alimentation der Eltern verpflichtete Tochter sich verheiratet, so muß diese gesetzliche Pflicht aus ihrem eingebrachten Vermögen, oder wenn sie in Gütergemeinschaft tritt, au» dem gemeinschaftlichen Vermögen vom Manne erfüllt werden, ohne Unterschied, ob die Pflicht vor oder nach der Verheiratung entstanden ist. Strieth. B. 44. S- 283. B. 45. S. 48. Entsch. B. 47. S. 372. *) §• 14. II. 3. ') §. 15. II. 3. Der Ausdruck „ganz unfähig" soll uicht einen höheren Grad von Unfähigkeit au-drücken. Schmidt S. 633. Bornemann V. 9. Auch die ver­ heiratete Schwester ist dazu verpflichtet, mag sie mit ihrem Manne in getrenntem Güterrecht oder in Gütergemeinschaft leben, mag die Verpflichtung vor oder nach der Verheiratung hervorgetreten sein. Oben Note 2. Entsch. B 38. S. 214. Dagegen Strieth. B. 7. S. 137. B. 14 S 201 (aber der Nießbrauch deSManueS kann erst eintreten nach Abzug der gesetzlichen Schulden der Frau). Eine Ehefrau kann von ihren Geschwistern erst dann Alimente fordern, wenn sestgestellt worden, daß ihr Mann sie nicht ernähren kann. Strieth. B. 44. S- 101. ') DaS Erbrecht verlieren auch Ascendenten, Descendenten und Geschwister, wenn sie sich ihrer Alimentationspflicht entziehen, zu Gunsten dessen, der die Alimentation übernommen hat. Gesetzrevisor XV. 265f 6) §• 22. 23. 24. 29. II. 3. Die Aufforderung kann auch nur mündlich geschehen. Bornemann V. 10. VI.279.

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Zweites Buch.

Die besonderen Pnvatrechte.

stützung-pflicht der De- und Ascendenten an7), aber die der Geschwister ist bestritten nnd die verneinende Meinung herrscht tot8).9 Auch daObertribunal hat eine Zwang-pflicht der Geschwister nach gemeinem Recht verneint8). Bei der Redaktion de- A.L.R. ist die Frage umständlich er­ örtert und durch den Beschluß, daß auch Geschwister ersten Grade- ihren Geschwistern, die sich selbst zu ernähren ganz unfähig sind, den notdürf­ tigen Unterhalt reichen müssen, ist die Kontroverse entschieden worden"). ES macht hierbei keinen Unterschied, ob die Geschwister in voller oder halber Geburt, au- einer Ehe zur rechten oder linken Hand oder durch uneheliche Geburt verwandt sind"), aber Geschwisterkinder sind der Zwang-pflicht nicht mehr unterworfen. Diese Alimentation-Verbindlichkeit ist eine au- dem Zustand der Bluts­ verwandtschaft entspringende gesetzliche Obligation"), sie ist ihrer Natur nach eine bedingte und eine arbiträre. Bedingt ist sie durch die Be­ dürftigkeit deS Verwandten, und sie unterscheidet sich hierdurch wesent­ lich von der unbedingten Alimentationspflicht, die au- ehemännlicher oder väterlicher Gewalt oder aus der Thatsache unehelicher Erzeugung ent­ springt''). Man sollte meinen, daß sie auch durch die Thatsache bedingt sei, daß der Verpflichtete zur Zeit, wo er in Anspruch genommen wird, die Unterstützung zu gewähren vermöge"). Allein die preußische Praxis 7) 1. 5. §. 1. 2. 3. 13. 16. 17. D. XXV. 3. 1. 8. §. 5. C. VI. 61.

Seuss. VI. 205.

8) Glück B. 28. S. 236. 241 f. Unterholzner II. 577. Koch, R. d. Forder. III. 24. Vangerow a. a. O. Windscheid II. 719 Bejahet wurde e- in älterer Praxis von Leyser, sp.325 med.1.2. Pufendorf, observ. IV. 166. §• 13. Hofacker, princ. jur. civ. I. §. 556.

9) Entsch. B. 34. S. 254 (In den Ergänz, zu §. 15. 16. II. 3. Entscheidung unrichtig für die entgegengesetzte Ansicht eitirt). ,e) Gesetzrevisor XV. 258.

Note 1

ist diese

Bornemann V. 9.

") § 16 d. T. In Betreff der unehelichen Geschwister kann eS zweifelhaft erscheinen, weil in Betreff ihrer in §. 632. II. 2. hinter dem Erzeuger und der Mutter gleich der Staat als verpflichtet zur Unterstützung genannt ist. Allein uneheliche Kinder derselben Mutter werden nach §. 6. II. 3. als Halbgeschwister von der Mutterseite angesehen. ES muß daher mit Schmidt (S. 632) und Koch (Komm. Note 6 zu §. 16. II. 3.) gegen den Gesetzrevisor XV. 258. angenommen werden, daß eine Alimentationspflicht unter ihnen besteht, und zwar weil diese an das gesetzliche Erbrecht anknüpft (§. 17. II. 3.) und uneheliche Geschwister ein gegen­ seitiges Erbrecht haben. Entsch. B. 6. S. 189. Strieth. B. 3. S. 56.

,a) Oben B. 1. S. 397f. Unterholzner faßt die Obligation als ein Ouasidelikt auf! II. 570. Note e. Weil die Obligation aus dem persönlichen Zustand der Berwandtschaft entspringt, so steht sie nach §. 23 Einl. z. A.L.R. unter dem Recht des Wohnsitzes des Berechtigten. Entsch. B. 56. S. 8f. Bei Seuff. XI. 52 ist angenommen, daß durch die Legitimation unehelicher Geburt eine Alimen­ tationspflicht nicht begründet wird (Celle). Allein eine Blutsverwandtschaft, die der Grund der Verbindlichkeit ist, besteht doch auch zwischen dem Baler und seinem unehelichen, später legitimirten Kinde. ") Oben S. 631 Note 15. Koch, R d. F. III. 6. 7., der richtig auf den Unter­ schied von der bedingten und subsidiären Obligation hinweist, während in der Praxis sehr häufig beide Begriffe hier verwechselt werden. ") Seuffert VI. 204. X. 262.

S- 339.

Dir Alimentationspflicht.

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hat dies verneint, weil dem Kläger die Bekanntschaft mit den Vermögens» Verhältnissen des Beklagten nicht zugemuthet werden könne"), und diese falsche Praxis ist jetzt durch die Deklaration v. 21. Juli 1843 geltendes Recht geworden"). Es giebt hiernach eine Einrede des eigenen Un­ vermögens, während eine solche Behauptung eigentlich nur als Verneinung der Klage aufgefaßt werden kann, und rS hat nach dem geltenden Recht der Beklagte eine verneinende Behauptung zu beweisen. Daraus, daß der Anspruch durch die Bedürftigkeit bedingt ist, folgt, daß er sich nicht auf die Vergangenheit erstrecken kann. Hier hat der Satz in praeteritum non vivitur seine Geltung; man kann nicht rückwärts bedürftig sein"). — Arbiträr ist der Begriff der Bedürftigkeit: man muß außer Stande sein, sich selbst zu ernähren, sei es durch die Mittel, die man besitzt, sei e» durch eigene Thätigkeit"). Arbiträr ist, was der Beklagte bei der Ein­ rede zu beweisen hat: daß ihm nach Bestreitung seiner eigenen Bedürfniffe nichts mehr übrig bleibt"), namentlich in wie weit der durch seine Ar­ beitskraft zu beschaffende Erwerb dabei zu berücksichtigen ist"). Aber ekommt allein auf den Zeitpunkt an, wo gegen ihn der Anspruch erhoben wird, so daß, wenn seine Verhältniffe sich später bessern, eine Verpflich­ tung zur Nachzahlung nicht entsteht"). Arbiträr ist ferner der Umfang der Verbindlichkeit. Da» Gesetz unterscheidet zwischen nothdürftigem und anständigem Unterhalt, sagt aber nicht, worin der Unterschied liegt, die Bestimmung ist daher in das richterliche Ermeffen gelegt"). Ver­ wandte in auf- und absteigender Linie haben einander „anständigen" Un­ terhalt zu gewähren, wenn die Verarmung unverschuldet eingetreten ist, — „notdürftigen", wenn sie verschuldet ist"). Seitenverwandte geben immer nur notdürftigen Unterhalt"). Schul- und Lehrgeld und KrankheitS'•) Entsch. B. 8. S. 331 f. (auch bei Scussert I. 233. Koch, Beurtheil. S. 577. W. d. F. III. 8. ") GS. S. 296. Koch, R. b. F. III. 7fg. Nach A.L.R. II. 11. §. 595. ist bei dem AlimentationSanspruch de» Patron» gegen die Kirche al» besten Boraus­ setzung anerkannt, baß bie Einkünfte ber Kirche bazu hinreichen, e» muß bit» also vom Patron al» Kläger nachgewiesen werben. ") Oben S. 631 Note 15. Seuffert VI. 36. XII. 164 '•) Koch, R. b. F. III. 6. 1. 5. §. 7. I. 6. §. 1. 1. 9. D. XXV. 3. Glück v. 28. S. 58. Heuser, Annalen 1.135. ") 1. 5. §. 25. D. XXV. 3. ”) Entsch. SB. 20. S. 37. Pl.-Beschl. ”) Entsch. B. 23. S. 297. ”) Gesetzrevisor XV. 260f. Koch, R. b. Fort,. III. 11 f. Glück v. 28. S.58. Unterholzner II. 269s. Seuffert X. 53. Die Unterscheibung findet sich nicht im römischen Recht, aber bie gemeinrechtliche Praxi« unterschieb zwischen stanbe»mäßigen (civilia) unb nothbürstigen (naturalia) Alimenten. Berger, oecon. jur. I. 3. §. 14. Note 15. Lauterbach, colleg. XXV. 3. §. 18. “) §. 252. 253. II. 2. $. 14. II. 3. «). §. 15. II. 3.

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Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

kosten gehören dazu, aber nicht Prozeßkosten"). Arbiträr endlich ist der Anspruch auch insofern, alS er wegfällt, sich vermindert oder erhöht, wenn der Zustand der Bedürftigkeit sich bessert oder steigert, oder auf Seiten de» Verpflichteten der Zustand des Unvermögens hervortritt, oder ab» nimmt"). — Eigenthümlich ist auch dieser Verbindlichkeit, daß die Ali­ mente in Voraus geleistet werden müssen"). Unter mehreren Verwandten richtet sich die Verpflichtung nach der Nähe deS BerwandtschaftSverhältnisseS, der Vater ist vor der Mutter"), diese vor dem Großvater"), daS Kind vor der Mutter") und vor dem Enkel"), das vollbürtige Geschwister vor dem halbbürtigen") verpflichtet, sonst von den Seitenverwandten wird der nächste Erbe zuerst berufen"). Die entfernteren sind subsidiär verpflichtet, sie treten ein, wenn der zu­ nächst Verpflichtete selbst unvermögend ist"). Mehrere gleich nahe Ver­ wandte sollen den Unterhalt „gemeinschaftlich, jedoch nach Verhältniß ihres Vermögens" bestreiten"). Die Auslegung dieser Worte ist zweifelhaft. Der Begriff „gemeinschaftlich" bedeutet „alle zusammen"") und steht entgegen einerseits der Verpflichtung des Einzelnen von Mehreren aufs Ganze, d. h. der Solidarität, andererseits der.Beschränkung der Pflicht des Einzelnen auf einen Theil, er giebt dem einzelnen Beklagten die Ein­ rede der mehreren Verpflichteten (exceptio plurium consortium) und in diesem Sinne hat das Obertribunal die Bestimmung aufgefaßt: der *’) Koch, R d. g. III. 12 15f. Die Pflicht zur Alimentation eine« Verwandten erstreckt sich übrigen« nur auf seine Person, nicht aus seine Ehefrau und Kinder. Gesetzrevisor XV. 263 f. Bornemann V. 10. Seufsert X. 264 (nicht auf die Stiefmutter). Zur Alimentation gehören nach röm. Recht victue, I. 23. D. XXXIV. 1., Krankheitskosten, 1. 43. 44. D. L. 16, veatitus, habitatio. 1. 6. D. XXXIV. 1. Auch Unterrichtskosten, aber nicht Kosten für ein Universitätsstudium. Glück B. 28. S- 56. Voet, Comment. II. 25. 3. §. 4. *•) Die rechtskräftige Berurtheilung zur Leistung eines bestimmten Alimentations­ quantum bindet also nicht für die Zukunft. Es kann neu auf ein höhere«, oder auf Herabsetzung des früher erkannten Quantum» geklagt werden. Koch, R. d. Ford. III. 55. Bl. f. RechtSanwend. VIII. 155. 1. 5. §. 8. S. 10. D. XXV. 3. Unterholzn er II. 579. ") Seufsert III. 56. ") z. 64. 107. II. 2. Koch, R. d. Ford. S.21 f. Unterholzner II. 576. ’•) Seufsert XI 154 Die Ascendenten väterlicher meinschaftlich zur Alimentation verpflichtet, die also nicht bloß snbsidiär. Glück S- 219. Koch ’•) Ader nicht vor dem Vater, der immer der zuerst

und mütterlicher Seite sind ge­ mütterlichen Ascendenten hasten a. a. O. Verpflichtete ist.

") Kock, S. 23 Aber die Kinder verstorbener Kinder treten an deren Stelle neben deren Geschwistern. §. 17. 18. II. 3. •’) Strieth. B. 38. S. 9.

») §. 18. II. 3. §• 19. II. 3. Als Unvermögen gilt auch eine unerreichbare Entfernung im Aus­ lande. Strieth. P. 19. S. 141. Seufsert III. 266. ”) §. 20. II. 3.

“) Z. B. A.L.R. I. 17. §. 127.151.

8. 239. Die Alimentationspflicht

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Bedürftige muß gegen Alle zugleich seinen Anspruch richten, eS ist un­ statthaft, gegen den Einzelnen auf das Ganze zu klagen und ihm nur seinen Rückgriff gegen die llebrigen freizulaffen, wenn nicht zugleich nach­ gewiesen werden kann, daß die Uebrigen unvermögend sind"). @8 ist aber statthaft, von dem Einzelnen den Beitrag zum Unterhalt zu fordern, welchen er nach Verhältniß seines Vermögens geben muß. Koch hält die Forderung, daß die Klage gegen alle gleich nahe Verpflichtete zusammen­ erhoben werden soll, für praktisch unausführbar, und will deßhalb unter der Gemeinschaftlichkeit der Verpflichtung Solidarität verstehen"). Aber die Klage gegen Alle auf einmal ist hier ebenso sehr oder ebenso wenig unpraktisch wie in dem Fall der Klage gegen mehrere Erben"). Dieser Begriff der Gemeinschaftlichkeit ist dem A.L.R. eigenthümlich, erzeugt durch das Bestreben, der Vervielfältigung der Prozeffe entgegenzuwirken, er ist unklar, er erschwert in ungerechter Weise daö Klagerecht, aber eS ist un­ richtig, daß das A.L.R. unter Gemeinschaftlichkeit gewöhnlich die Solidarität (Einer für Alle und Alle für Einen) verstehe"). Die Alimentationspflicht ist unverjährbar4') und weder aktiv noch passiv vererblich"). Sie erlischt also, wenn der Berechtigte oder der Verpflichtete stirbt41 * *), ****wenn * * * *die * Bedürftigkeit deS Verpflegten aufhört44), — und zwar muß das Nichtverbrauchte von den in Vorau» gegebenen Alimenten zurückgeleistet werden41) —, wenn der Verpflichtete selbst un­ vermögend44), wenn daS AdoptionSverhältniß durch Vertrag aufgelöst wird41). Undank, grobe, eine Enterbung rechtfertigende Beleidigung, ”) Praj. 1202. Sammt. I. S. ,67. Elltsch. B- 25. S. 155. Strieth. B. 38. S.9. B. 39. S-175. ’•) R. d. ff III. 67f. Ebenso Förster a. a O. S. 263. Der Vers. tritt hier von dieser Anstcht zurück. *•) Aus §. 127. 128. I. 17. ") Bergt, auch oben B. 2. 6. 348 Note 88. v. 1. S. 343. *•) Koch, R d. F. III. 69. Die einzelnen in quali et qaanto feststehenden Alimentenleistnngen verjähren in 4 Jahren. Gesetz v. 31. März 1838. §. 2. Nr. 5. Präj- 2039. Entsch. B. 16. S- 512. Sammt. 1. 410. 41) Koch, R. d. F. III. 53. 1. 8. §. 10. D. II. 15. 1. 20 26. §. 2. D. XXXVI. 2. Seufsert VI. 205. ") I. 5. §. 17. I. 8. D. XXV. 3 Ob der gesetzliche Erbe de- Berpflichteten ver­ pflichtet ist, hängt von seinem persönlichen Verhältniß zum Verarmten ab. E» geht aber auf den Testamenterben, der nicht zugleich der gesetzliche Srbe ist, die Verpflichtung als Nachlaßschuld über, wenn sie gegen den Erblaffer rechtskräftig erkannt worden ist. ") Auch darüber entscheidet da» richterliche Ermessen. Seufsert X. 179. ") Koch, R d. F. III. 72. Aber da» Verbrauchte ist nicht zurückzuleisten, weil die Gewährung de» Unterhalt» nicht ein bloße» Vorschießcn ist. I. 11. C. II. 19. Unterholzner II. 575. *•) Daher auch, wenn er in Konkurs verfällt. Auf die Konkursgläubiger geht die gesetzliche Verbindlichkeit nicht über, vergl. Glück B- 28. S- 208, wohl aber eine vertragsmäßige. S e u f f e r t X. 324. ") §. 714. 715. II. 2.

schlechter Leben-Wandel de- Verarmten befreien den Verpflichteten nicht, aber sie ermäßigen seine Pflicht bi- auf da- Nothdürftige"). Dagegen find Seitenverwandte nicht verpflichtet, den Unterhalt zu gewähren, wenn der Verpflegte sich in gerichtlicher Haft befindet"). Da- A.L.R. giebt den Geschwistern ausdrücklich da- Recht, das, was sie als Unterhalt zur Nothdurft") gewahrt haben, von dem Ver­ pflegten zurückzufordern, wenn die Umstände de- letzteren sich so ver­ bessern, daß er den Ersatz ohne Abbruch der eigenen und der ©einigen Nothdurft leisten kann"). Dieses Gesetz hat die Natur einer Ausnahme, denn wer verpflichtet war zu leisten, — und die Verpflichtung ist hier nicht eine subsidiäre —, kann nicht zurückfordern, und ebenso wenig der, welcher mit der Absicht der Freigebigkeit geleistet hat"). ES wird dadurch die Verpflichtung der Geschwister dahin modifizirt, daß sie nur vorbehalt­ lich eine- Rückforderung-recht- zu erfüllen ist. Wenn aber mit freigebiger Absicht von ihnen geleistet worden, so gilt auch hier die Vermuthung der Schenkung"), und die Rückforderung fällt weg. ES hat sich daran die Streitfrage geknüpft, ob die entfernteren Seitenverwandten, wenn sie alimentirt haben, unter gleichen Vorau-setznngen zurückfordern können. Die Praxi- bejahet es, obschon die Worte de- Gesetzes die Rückforderungen nur den Geschwistern gestatten, weil diese- „nur" nicht den Gegensatz zu entfernteren Seitenverwandten, sondern zu den näheren in der graden Linie au-drücke, und was Geschwistern gestattet sei, um so mehr den wei­ teren Verwandten gestattet werden müsse"). Aber eS wird bei dieser Schlußfolge übersehen, daß die weiteren Seitenverwandten nicht verpflichtet sind, sondern daß sie, wenn sie Alimente leisten, dies immer freiwillig thun und die Rückforderung daher von der Frage abhängen muß, ob sie in der Absicht, freigebig zu sein, — waö zunächst zu vermuthen ist —, oder in der Absicht, den Empfänger sich zu verpflichten, oder an- Irr­ thum über ihre Verpflichtung geleistet haben"). *•) 8. 253. II. 2. Koch. R. d. F. III. 59fg. Gesetzrevisor XV. 26«s. UnterHolzner II. 575. Dadurch ist eine gemeinrechtliche Kontroverse entschieden; vergl. Leyser sp. 18. m. 5. Stryck, usus. mod. XXV. 3. §.7. Glück B. 28. S. 59. Seuffert V. 285. ") Deklar. v. 20. Oft 1822 (GS. S. 216). Ascendenten sind dagegen auch in bio fein Fall zur Alimentation verpflichtet. Seuffert VII.49. *>) Strieth. B. 18. S. 132.

»') §. 21. II. 3.

M) Koch, R- d. F. III. 70fg. §. 1041-1043. I. 11. A.L.R. 51) §. 1042. 1043. I. 11. ") Schles. Archiv B. 6. S. 274. Dafür auch Bornemann V. S. 10f. Dagegen Gesetzrevisor XV. 261. •5*)* *Bergl. hierüber noch Koch, R. d. Ford. III. 70. Schles. Archiv D- 6. S. 275. Komm. Note 9 zu §. 21. d. T. Schmidt S- 636. Seuffert II. 43.

Zweite- Kapitel.

Die gemeinschaftlichen Familienrechte.

§. 240. I. Im Allgemeinen. A-L.R. II. 4. §. 1-20.

»entern. VI. 355f.

Schmidt, Familienr.