Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts: Band 2 [4., veränd. Aufl. Reprint 2020] 9783112348123, 9783112348116


268 27 49MB

German Pages 561 [567] Year 1882

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts: Band 2 [4., veränd. Aufl. Reprint 2020]
 9783112348123, 9783112348116

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Theorie und Praris des

heutigen gemeinen preußischen

Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts.

Don

Dr. Franz Förster.

Vierte, veränderte Auflage.

Herauögegeben von

Dr. M. E. Eccius, Geh. Justizrath und vortr. Rath im Justizministerium.

II. B a ii d.

Berlin. Druck und Vertag von G. Reimer. 1882.

Förster,

Preußisches Privatrecht.

Vorwort. Bei Besprechung des ersten Bandes der neuen Ausgabe dieses Werk's in Gruchot's Beiträgen spricht Professor Behrend sein Be­ dauern darüber aus, daß es an einer augenfälligen Scheidung der älteren Bestandtheile von den Zusätzen und Aenderungen fehle, die der Herausgeber hinzugefügt hat. Von einer solchen Scheidung ist Abstand genommen worden, weil das Buch dadurch etwas ungemein Buntes, für das Auge Unerquickliches erhalten haben würde, ohne daß die prak­ tische Brauchbarkeit erhöht wäre. In den meisten Fällen wird der Inhalt des Gesagten, wo die Aenderung über den Versuch des be­ stimmteren Ausdrucks oder die Besserung eines Flüchtigkeitsversehens hinausgeht, die neue Hand erkennen lassen. Dem bei derselben Gelegen­ heit ausgesprochenen Wunsche nach summarischer Bezeichnung derjenigen Lehren, die ganz umgearbeitet oder in stärkerem Maße verändert sind, suchen für den zweiten Band die folgenden Bemerkungen zu entspre­ chen. Dabei bleiben die in allen Paragraphen gleichmäßig vorgenom­ menen Aenderungen in Einzelheiten außer Erwähnung. Wo dieselben nicht auf der veränderten Gesetzgebung beruhen, ist das sachliche Ab­ gehen vom Standpunkte Förster's regelmäßig bei der Aenderung selbst hervorgehoben. Eine übersichtliche Zusammenstellung ist nicht möglich; und ebensowenig läßt sich in einer Liste übersichtlich darstellen, wo und aus welchen Gründen Zusätze zu den früheren Ausführungen gemacht sind. Wesentlich neubearbeitet ist §. 130: „Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf". Die reichsgesetzliche Ordnung des Verkaufs durch den Gerichtsvollzieher bei der Zwangsvollstreckung führte bei dieser Lehre zu einer Darlegung der maßgebenden obligationsrechtlichen Ge­ sichtspunkte, und dieser Ausführung war dann die entsprechende Dar­ stellung der obligationsrechtlichen Momente der Subhastation eingehen­ der, als in den früheren Ausgaben, zur Seite zu stellen, und ebenso

war die Privatversteigerung etwas eingehender zu

behandeln.

Auch

VI

Vorwort.

§. 131, „der Zwangsverkauf, das Enteignungsrecht", hat auf der Grund­ lage der Enteignungsgesetzgebung einer erheblicheren Umarbeitung unter­ worfen werden müssen. In der Lehre von der Miethe (§. 136) hat die Einwirkung des öffentlichen Verkaufs auf die Dauer der Miethe und Pacht in Anm. 137—140 eine ausführliche Erörterung gefunden. Ebendaselbst ist bei Anm. 225—251 das Retentionsrecht des Verpäch­ ters und Vermiethers unter der Einwirkung des Reichskonkursrechts zum Theil neu dargestellt. Wie die Einwirkung der Civilprozeßordnung bei vielen Einzelheiten hervorgehoben ist, so hat die des neuen Konkursrechts bei einer Reihe von Vertragsverhältnissen, unter anderen insbesondere bei dem auch sonst nicht unwesentlich veränderten Verlagsvertrage (S. 198), der Dienstmiethe und Werkverdingung (S. 321), dem Vollmachtsvertrag (S. 380), dem Gesellschaftsvertrag (S. 414), der Bürgschaft (S. 431. 436) eine eingehende neue Erörterung veranlaßt. Der Herausgeber hat sich dem theoretischen Standpunkt Für st er's, der die Realverträge aus der Theorie des preußischen Rechts verbannen wollte, nicht an­ schließen können, und diese Verschiedenheit des Standpunkts hat bei dem Leihvertrag (§. 199), dem Darlehn (§. 137) und dem Verwährungs­ verträge (§. 139) zur Betonung einer Anzahl von Differenzen geführt. An die Darstellung des Verwahrungsvertrages und die durch die neue Gesetzgebung beeinflußte und deshalb abweichend dargestellte amtliche Verwahrung hat sich eine Erörterung des Hinterlegungsgeschästs der Hinterlegungsordnung angeschloffen. Die Lehre von der nützlichen Ver­ wendung (§. 148) ist unter Berücksichtigung der neueren Judikatur in erheblichen Theilen umgearbeitet. Das Reichswuchergesetz hat zu Er­ örterungen bei der Lehre vom Darlehn und von den Kondiktionen An­ laß gegeben. Möge der neuen Ausgabe auch in diesem Theile dieselbe wohl­ wollende Beurtheilung zu Theil werden, welche die beiden Abtheilungen des ersten Bandes gefunden haben, und möge sich das Buch in der neuen Gestalt der Praxis als nützlich erweisen.

Berlin, im Februar 1882.

Emus.

Jrchaltsverzeichniß des II. Bandes. Zweites Buch. Erster Theil.

Die besonderen Privatrechte. Die persönlichen Rechte oder die Lehre

von den Schuldverhältnissen.

Zweites Hauptstück. §. 121.

Die einzelnen Schuldverhältnisse.

Die systematische Ordnung................................................................................ Insbesondere Klassifizirung der Berträge. 4.

Erster Abschnitt.

Schuldverhältnisse aus Handlungen.

Erstes Kapitel.

Schnldverhältnisse aus Verträgen.

Erste Gruppe.

Verträge, deren Leistung ein Geben ist.

I. §. 122.

Seite 3

Die VeräußerungSvertrage.

Die Schenkung........................................................................................................ I. Stellung im System. 7. Definition des A.L.R. 8 11. Der Be­ griff. 8. Freiwillig, unentgeltlich, Verringerung der Vermögens des Gebers. 9. Bereicherung des Empfängers. 10. III. Innere Voraus­ setzungen : Schenkungsabsicht. 11. Wann wird fie vermuthet? 12. Geben auf Grund gesetzlicher Verpflichtung. 13. Fähigkeit zu schenken. An­ nahme der Schenkung. 14. IV. Gegenstand. 15. Ganzes Vermögen oder aliquoter Theil. 16. Erbschaft. 17. V. Schenkung an Meh­ rere. 18. VI. A. Die Form. 19. Römisches Recht. 20. Landrecht­ liche Form des Schenkungsvertrages. 21. Die ausgeführte Schenkung. 22. Schriftform neben Uebergabe des geschenkten Grundstücks. Auf­ lassung. Dauernde Bedeutung der Schriftform bei der Schenkung von Grundstücken. 23. Die Versicherung, daß die Schenkung nicht die Hälfte des Vermögens übersteige, keine Formvorschrift. 24. Keine ge­ richtliche Annahme des Schenkungsversprechenö. 25. B. Widerruf. 25. Römisches Recht. 26. Preußisches Recht. 1. Willensänderung ohne be­ sonderen Grund. 27. Anfechtung aus allgemeinen gesetzlichen Gründen noch nach 6 Monaten, Widerruf der durch Auflaffung eines Grundstücks ausgeführten Schenkung. 28. 2. Besondere Gründe: a. Uebermaß. 28. Verzicht auf Widerruf wegen Uebermaßes. 29. b. Grober Undank. 30 c. Nachgeborene Kinder. 31. d. Klage und Einrede des Widerrufs. 31. Vererblichkeit. 33. Stillschweigender Widerruf. 33. VIT. Verarmung

6

VIII

JnhaltSverzeichniß des II. Bandes.

Seite des Schenkenden, Kompetenz. 34. VIII. Klage auf Erfüllung, Gewähr­ leistung. 35. IX. Besondere Arten: a. Gemischte Schenkung. 36. b. Belohnende Schenkung. 36. c. Belastete Schenkung 39. d. Wechsel­ seitige Schenkung. 41. e. Schenkung auf den Todesfall. 42. Willkür­ liche Widerruflichkeit. 46. Verwandtschaft mit dem Legat. 47. X Schen­ kungen an Korporationen und andere juristische Personen. 48.

§. 123.

Der Tausch Ansichten der Römer. 49. Heute Konsensualvertrag. 50. pflicht. 50. Geldwechsel. 52.

48 EviktionS-

Der Kauf und Verkauf

§. 124.

I. Der Begriff und die Abschließung

52 52

A. Begriff. Gegenseitigkeit und Verschiedenheit der Leistungen. 53. Definition. 54. B. Käufer und Verkäufer. Unbestimmtheit des Er­ werbers. 54. Fähigkeit zum Verkauf, — VerfügungSberechtigung? 56. Fähigkeit zum Kauf. Erwerbsverbote. 57. C. Gegenstand. 58. Im freien Verkehr. 59. Bestimmtheit. 59. Fremde Sache. 60. Wirk­ liche. 62. Theiltz>eise Nichtexistenz. 63. v. Der Preis 63. Entsprechen­ der (justum). 64, wahrer, bestimmter. 65. Münzsorte. Nebenleistun­ gen. 67. E. Willenseinigung 67. Bedingungen. 68. Kauf auf Probe. 69. Zweifelhaft, ob er ein bedingter Kauf. Auffassung des röm. R. 70. Neuere Ansichten: Goldschmidt, Fitting, Unger. 71. Kritik derselben. 72. Einseitig bindende Offerte, nicht bedingter Kauf. 74. Nach prenß. R. 76. F. Die Form. 77. Gerichtlicher Verkauf. 78.

§. 125.

II. Die Wirkungen

78

A. Verbindlichkeiten deS Verkäufers. 1. Uebergabe. 78. An- und Zu­ wüchse, Früchte, Zubehör. 79. Unter Abwesenden. 80. Freier Besitz. Haftung deS Verkäufers für Versehen. 82. 2. Verzinsung des vor der Uebergabe empfangenen Preises. 82. 3. Ertheilung der Auflassung. 83. 4. Gewährleistung für Eviktion und für Fehler. Gewährleistung bei Viehhandel. 84. Klagen deS Käufers. 85. B. Verbindlichkeit des Käu­ fers : 1. Uebernahme. 85. Verzug dabei. 86. 2. Zahlung des Preises. Kreditirung. 87. Verhältniß von Kreditirung und Rücktritt bei verzö­ gerter Zahlung. 88. 3. Vorsatz und Versehen deS Käufers, insbesondere bei Abschluß deS Geschäfts. 88. Klagen des Verkäufers. 89. C. Uebergang des Eigenthums. 89. Bei Abwesenheit. 90. Uebergang der Ge­ fahr 90, der Vortheile und Nutzungen 92, insbesondere bei Grund­ stücken. 93.

§. 126.

III. Nebenverträge 1. Vorbehalt der Verwirkung (lex commissoria). 93. Ob als Bedin­ gung des Kaufs aufzufaffen? 94. 2. Vorbehalt deS Eigenthums. 96. Ob er den Kauf bedingt- 96. Als Hypothek an der Sache. 98. 3. Vorbehalt eines besseren Käufer- (in diem addictio). 99. Der Ver käufer entscheidet, ob das Gebot besser. Vorkaufsrecht. 100. 4. Reu­ vertrag. 101. 5. Wiederverkauf. 101. Zur Verdeckung eine- Wucherlichen DarlehnS. 105. 6. Borkauf. 105.

§. 127.

IV. Aufhebung und Anfechtung

A. Aufhebungsgründe: 1. Beiderseitige Einwilligung. 105. 2. Einseitig ausgebliebene Erfüllung. 106. ß. Anfechtungsgründe. Besonders Ver­ letzung über die Hälfte. 107. Nach gem. R 108. Preuß. R. Ver­ muthung des Irrthums des Käufers. 110. Feststellung der Ver­ letzung. 111. Wirkung der Anfechtung. 112. Entsagung, Verjährung der Anfechtung, Gesetzlicher Wegfall derselben. 113. Laesio enormis auch bei Tausch. 115.

93

ix

InhaltSverzeichniß des II. Bandes.

Seite §. 128.

115

V. Besonderheiten des Sachenkaufs

A. Der Antheilskauf (Quotenkauf). 115. B. Der Wahlkauf. 117. C. Der GattungS- und Mengekauf (emtio ad mensuram). 118. Die Aus­ scheidung. 119. Gewährleistung. 121. D. Der Kauf in Pausch und Bogen (emtio per aversionem). 121. Uebergang der Gefahr der Ver­ schlechterung mit dem Vertragschluß, Beschränkung der Gewährleistung. 123. Erbschaftskauf im Falle, wenn nur der Inbegriff der Erbschafts­ sachen gekauft wird. 124. E. Der Lieferungsvertrag. 124. Verschiedene Ansichten über denselben. 125. Begriff. 128. Besonderheiten. 129. Handel mit Staats-, Kredit- und Inhaberpapieren. 130. F. Gewagte Geschäfte. 130. Hoffnungskauf und künftige Vortheile. 131. Bon beiden Seiten gewagte Geschäfte. 133. Lotterievertrag. 134. Lotterieloose, Jnhaberpapiere. 134. Lotterieplan, Kollekteure. 135. AuSloosung, Verkauf künftiger Sachen. 136. §. 129.

138

VI. Besonderheiten des Kaufs von Rechten

A. Session. B. Erbschaftskauf. C. Verlagsrecht. D. Rechte auf künf­ tige Leistungen. 138. 1. Fortdauernde Prästationen. 2. Auszug und Altentheil. 139. 3. Leibrentenvertrag. 140. Bitalizienvertrag. Ton­ tine. 144.

§. 130.

VII. Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf

.

Möglichkeit einer Versteigerung auf Grund eines bindenden BersteigerungSangebotS. 145. Regelmäßig ein Mittel zur Auffindung eines Käu­ fers. 146. Form des Gebots. 147. I. Die Privatversteigerung. 147. Fälle derselben. 148. Auktionatoren und Gerichtsvollzieher bei Pri­ vatversteigerungen. Oeffentliche Versteigerung. Gerichtliche, notarielle Versteigerung. Freiwillige Subhastation. 149. II. Nothwendiger ge­ richtlicher Verkauf. Grundsätze des Landrechts für denselben. 150. 1. Versteigerung beweglicher Sachen und Rechte in der Zwangsvollstreckungs­ instanz. a. Rechtsstellung des Versteigernden (Gerichtsvollziehers), b. Obligation des beauftragenden Gläubigers. 151. c. Was macht den Vertrag perfekt- Voraussetzungen des Zuschlags. 152. d. Gesetzliche Derkaufsbedingungen. DaS Wesen des Verkaufs in Gemäßheit des §. 718 C.P. O. Accidentalien. 154. e. Bedingtes Eigenthum des Käufers. 154. f. Mündliches Gebot, g. Gebot des Gläubigers und Schuldners, h. Anfechtung des Zuschlags. Anfechtung des Geschäfts. 155. 2. Die Subhastation der Immobilien im Wege der Zwangsvollstreckung, a. DaS den Verkauf leitende Gericht. DaS Zuschlagsurtheil, b. Wer ist Verkäufer? 156. SubhastationSintereffenten. 157. c. WillenSeinigung. 158. d. Gläubiger und Schuldner als Bieter. 159. e. Gegen­ stand des Kaufvertrages. Hauptgegenstand. Bestimmung des Umfangs durch den Besitzstand. Pertinenzen. Verhältniß zum Begriff der Immobiliarmaffe. 160, zur Wirkung der Subhastation als Beschlagnahme. 161. f. Vertragerfüllung. Kaufklage gegen den Subhastaten. BertragSansprüche gegen andere SubhastationSintereffenten. 162. Rechte der auf das Kaufgeld angewiesenen Interessenten. Resubhastation. 163. g. Anfechtung des Zuschlags und der Versagung deffelben. 163. III. Behinderung Anderer am Mitbieten. 164.

§. 131.

VIII. Der Zwangsverkauf.

Das Enteignungsrecht

Verpflichtung zum Verkauf durch Vertrag. 165. Durch letztwillige Ver­ ordnung. 166. Durch Gesetz. ExpropriationSrecht. 166. Prinzip. 167. Grundzüge deö Verfahrens bei der Grundstücksenteignung. Charakter als Kauf. 169. Die Kontrahenten. Höhe der Entschädigung. 171. Feststellung derselben. 172. Enteignungserklärung. 173. Recht An­ derer als des Eigenthümers auf die Entschädigung. 174. Vorkaufsrecht des Enteigneten- 174.

145

X

InhaltSverzeichniß des II. Bandes. Seite

§. 132.

Der Trödelvertrag

175

Auffassung im röm. R. Heute Konsensualvertrag. 176. Uebergang des Eigenthums auf den Empfänger. 177. Rechte und Pflichten des Trödlers. Einwirkung des Konkurses. RechtSverhältniß Dritten gegenüber. 178. §. 133.

Das Spiel und die Wette

179

I. DaS Spiel. Heute nicht nach röm. Recht zu beurtheilen. 179. Un­ erlaubtes Spiel. Klaglosigkeit. Ausschluß der Kondiktion. 180. Dar­ lehn zum Spiel. 181. II. Wette. Unterschied vom Spiel. 181. Vor­ aussetzung der Klagbarkeit. 182. Darlehn znm Wetten. 183. §. 134.

183

Der Berlagövertrag

Gemischter Charakter de- Vertrags. Enthält stets Veräußerung des Verlagsrechts. 184. Begriff des Verlagsrechts. 185. Lehre vom gei­ stigen Eigenthum. 186. Urheberrecht. Der Grund desselben. 187. Sein Inhalt. 188. Gerbers abweichende Ansicht. 189. Subjekt des Ver­ lagsrechts. 189. Besteller. Herausgeber. Bearbeiter. Miturheber. 190. Juristische Personen. 191. Objekt des Verlagsrechts. 191. Rechte und Verbindlichkeiten des Urhebers. 193, des Verlegers. 195. Form des Vertrages, Klagerechte. 196. Einseitiger Rücktritt. Vererblichkeit. 197. Abtretbarkeit. Erlöschen deS Rechts des Verlegers. Konkurs desselben. 198.

II. §. 135.

Die Gebrauchsverträge.

Der Leihvertrag

199

Gebrauchen und nutzen. 199. Begriff der Leihe. 199. Konsensual­ vertrag? Bekämpfung dieser Auffassung. 200. Form, Gegenstand, Verbindlichkeiten deS LeiherS. 201. Zufall. 203. Unvollständiger Besttz des LeiherS. 204. Verbindlichkeiten des Verleihers. Prekarium. 204.

§. 136.

Die Sachenmiethe und Pacht I. Begriff und Abschließung. 205. Verhältniß zum Kauf. 206. Eingeschränktes Nutzungsrecht. Dinglichkeit, unvollständiger Besitz. 206. Uebergabe und Eintragung. 207. Persönliches Recht zur Sache. 208. Possessorische Rechtsmittel des Miethers. 209. Inhalt der Willenseinigung. 210. Form. 211. Gegenstand. 212. Preis. 213. II. Wirkungen. 1. Verbindlichkeiten des BermietherS u. Verpächters. Vorleistung. Ueberliefe­ rung. Erhaltung der Sache. 214. Gewährleistung für Fehler. 215. Ersatz von Schaden und Interesse. Zufällige Ersatzforderungen aus Verwendun­ gen. 216. Lasten und Abgaben. 217. Erben und Singularsnccessor des BermietherS. 218. Kauf bricht Miethe. 219. 2. Verbindlichkeiten des Miethers und Pächters. Zinöentrichtung als Nachleistung. 221. Lasten und Abgaben. Vertretung der Beschädigungen. Rückgabe. 223. Eintritt der Erben. Aftermiethe. 224. III. Beendigung. Nothwen­ digkeit der zeitlichen Beschränkung. Gegensatz der Erbpacht. 226. a. Ablauf der Zeit. Erreichter Zweck. 227. b. Kündigung. 228. Fälle, wo diese gesetzlich nothwendig: Formell unverbindliche, in Folge der Uebergabe ein Jahr geltende Verträge. Verträge von unbestimmter Dauer. 229. c. Kündigung und Rücktritt ohne Kündigung innerhalb der Vertragszeit: nothwendiger gerichtlicher Verkauf. 230. Fälle desselben, der dingliche Charakter der Miethe zeigt sich in der Nothwendigkeit der Kündigung. Eintritt des AdjudikatarS in den Vertrag bis zur Räu­ mung. 231 (Anm.). Kündigungsrecht des Käufers, der Gläubiger. 232 (Anm.). Bedingtheit der Kündigung der Gläubiger. 233 (Anm.). Recht des Miethers zu räumen im Falle der Kündigung durch den Gläubiger. 234. Nothwendiger Hauptbau. Tod des Pächters und Miethers. 234. Stellung der Wittwe. 235. Nicht freiwillig Herbeige-

205

JnhaltSverzeichniß des II. Bandes.

XI

Seite

führte Veränderung. Untüchtigkeit der Sache. 236. Mißbrauch. 237. Ende des Rechts des nur zur zeitweisen Verfügung berechtigten Vermiethers. Verweigerte Erfüllung deö einen Theils. Zweijähriger Zins­ rückstand. 238. Freiwillige Veräußerung. Konkurs. Besondere Abreden. Wirkung der Aufhebung innerhalb der Zeit. 239. IV. Verlänge­ rung (relocatio). 240. Stillschweigende Verlängerung. 240. V. Rechtsmittel. Persönliche und dingliche Klagerechte. 241. Actio locati. Die Exmissionsklage. 242. Einreden. 243. Actio conducti. 244. Besondere Sicherungsmittel: Kaution. 245. Zulässigkeit einer Zwangsverwaltung. 245 (Änm.). Gesetzliches Pfandrecht des Verpäch­ ters und BermietherS. Natur dieses Pfandrechts. 246. Nach der ReichSKonkurSordnung und dem AnSführungSgefetz dazu. 248. Pfandrecht gegen den Aftermiether. 249. Umfang des Pfandrechts. 250. Wirksam­ keit gegen eine Pfändung für andere Gläubiger des Miethers. 253. Begrenzung der Objekte der Retention auf das Nothwendige. 254. — VI. Landgüterpacht. 254. Pachtung nach Anschlag. Pacht in Pausch und Bogen. 255. Inventarium. 255. Form des Vertrages. Verpflich­ tungen des Verpächters. 256. Vorhandensein der Rubriken. Erhal­ tung. 257. Gewährleistung. Verjährung dieser Pflicht. 259.. Geltend­ machung der Ansprüche des Pächters. 260. Verpflichtungen des Päch­ ters. Erhaltung in nutzbarem Stande. 260. Lasten und Abgaben. Vertretung des Versehens. 262. Wann Entsetzung wegen Mißbrauch-? 262. Pflicht zur Rückgewähr. 263. Rückgewähr des Inventar- und Ansprüche bezüglich desselben 264, insbesondere im Falle der Eröffnung deS Konkursverfahrens über das Vermögen des Verpächters. 265. Ge­ fahr, insbesondere der Früchte, des Inventariums. Remission-anspruch. 265. Rechtliche Natur desselben. 266. Unterschied von der Gewähr­ leistung. 267. Begriff. 268. Totalremission. Vereitelung deS FruchtbezugS. 269, zufolge Unglücksfalls. 270. Benachrichtigung, Legung der Administrationsrechnung. 271. Partialremission. 272. Geltendmachung der Rem. nur als Einrede. Entsagung derselben. 273. — Aufkündi­ gung der Landgüterpacht in Kriegszeiten. Biehverstellung. 274.

§. 137.

Die Kapitalsleihe und Kapitalsmiethe.

DaS Darlehen

Auffassung im röm. R. 276. DaS heutige R. 277. Begriff nach A.L R. 281. Pflicht der DarlehnS-Hingabe und -Annahme. 282. Da­ formlose Darlehn und die Form für die Abrede von Abweichungen be­ züglich seiner Naturalien. Der Schuldschein. 283. Bedeutung desselben als schriftlicher Vertrag für beide Theile. 284. Einrede der nicht er­ haltenen Valuta. 285, nach Hypothekenrecht. 285. Einwirkung deS Grundbuchrechts. 286. Der DarlehnSempfänger. Eigenthümer des Ge­ liehenen. 287. Der gutgläubige Empfänger, wenn der Darleiher nicht Eigenthümer. Rechtsstellung des letzteren. 288. Bösgläubiger Empfang des DarlehnS. 289. Beschränkungen der DarlehnSfähigkeit: Mitglieder der königlichen Familie, 290, nicht Schauspieler, Mitglieder der königli­ chen Kapelle, aber Militärpersonen. 291. Anerkenntniß nach Aufhebung deS Militärstandes. 293. Darlehn an Unfähige nützlich verwendet. Darlehn zu verbotenen Zwecken. 294. Nothwendigkeit der Hingabe von Sachen gerade der Art, die zurückgegeben werden sollen 295. Zu­ rückleistung. 296. Kündigung. 297. Ort der Rückleistung. 299. Münz­ änderung. Verzinsung. 300. Verjährung. Uneigentliches Darlehn. 301. Rückleistung beim wucherlichen Darlehu. 302.

§. 138.

Die Dienstmiethe und Werkverdingung..................................................... I. Die Arbeit als Gegenstand der Miethe. 303. Vergütigung. 304. Ergänzung der ausdrücklichen BergütigungSabrede. 305. Leistung ersetzt die Form des Vertrages. 306. Rücktritt wegen verweigerter Erfüllung. 307. Verschuldete Unmöglichkeit der Erfüllung. 308. Zufällig. 309. Gegenüberstellung der Dienstmiethe und Werkverdingung. 309. II.

275

InhaltSverzeichniß deS II. Bandes.

XII

Seite Dieustmiethe. 310. Hand- und Tagearbeit. 312. Handwerker und Künstler. Operae liberales. 314. III. Werkverdingung mit sachverstän­ digen Werkmeistern. 315. Maß der Sorgfalt. Vertretung der Gefahr. 316. Abnahme. 317. Fehler. 318. Preis. Rücktrittsrecht. 319. Ins­ besondere von Bauverdingungen. 320. Verhältniß zu anderen Gläubi­ gern, insbesondere im Konkurse, Retentionsrecht, Titel des Bauwerkmeisterö zur Hypothek. 321. Konkurs des Werkmeisters. 322.

Verträge, deren Leistung ein Thun ist.

Zweite Gruppe. I. §. 139.

Die Verträge auf ein stellvertretendes Thun.

Der DerwahrungSvettrag................................................................................

323

Systematische Bemerkung. 323. Begriff. 324. Gegenstand. Regel­ mäßige, aber nicht wesentliche Einseitigkeit. 326. Pflicht der Verwah­ rung. 327. Nachmaliges gestattetes Gebrauchen. Ende des Gebrauches. 328. Maß der Diligenz. 329. Zufall. Pflicht der Rückgabe. 330. Wann an einen Andern? 332. Befitzklage des Verwahrers. Der vertragSunfähige Verwahrer. Verjährung der Klage. Mehrere Verwahrer oder Erben des Verwahrers. 333. Mehrere Erben des Niederlegers. Zufällige Gegenforderungen deS Verwahrers. 334. Depositum irre­ guläre. 335. Amtskautionen. 336 (Anm.). Gerichtliche Verwahrung. Fälle. 337. Kein DertragSverhältniß für den Staat 338, auch nicht für den bestellten Aufseher (Sequester). 339. Der Hinterlegungsvertrag der Hinterlegungsordnung. 339. Vertragsmäßige Sequestration. 341. §. 140.

Der. Gastaufnahmevertrag................................................................................

342

Heutige gemeinrechtliche Geltung, landrechtliche Bestimmungen. 342. Gesteigerte Verwahrung, gewerbsmäßiges Beherbergen. 343. Inhalt der Verpflichtung des Gapwirths. 344. Befreiung von der Vertretungs­ pflicht in Folge Erklärung 345, bei Gewalt von außen. 346. §. 141.

Der BollmachtSauftrag........................................................... I. Begriff. Konsensualvertrag. 347. Röm. Recht. Unentgeltlichkeit. Ge­ staltung im heutigen Recht. 348. Unterschied von der Dienstmiethe. 349. Stellvertretung bei einem Geschäft gegenüber einem Dritten. De­ finition des A.L.R. Für ihn und statt seiner. BollmachtSauftrag kein Pleonasmus. 350. Für ihn, im Interesse des Machtgeber-. 351. Rath und Empfehlung. 352. Statt feiner. Stellvertretung. Bereich der Voll­ macht. Kein BollmachtSauftrag an den Gerichtsvollzieher. 353. Spezial-, Generalvollmacht. 354. Umfang der Ermächtigung. Nothwendigkeit der Spezialistrung. 355. II. Abschluß. Form. 355. Vermuthete Voll­ macht. 357. Stillschweigende Vollmacht. 359. Legitimirende Kraft der schriftlichen Vollmacht. 359. Befehle. Ersatz der Vollmacht durch schriftliche Erklärung gegen den Dritten. Mündliche Erklärung gegen denselben. Nachträgliche Genehmigung. 360. III. Personen. Unfähige Bevollmächtigte. 361. Gegenstand. Erlaubtes Privatgeschäft. 362. (Staatsamt nicht Mandat. Note 67). Kollidirendes Interesse. 363. IV. Rechtsverhältniß zwischen Machtgeber und Bevollmächtigten. Pflichten des Bevollmächtigten. Mehrere. 364. Ueberschreitung und Abweichung. 365. Substitution. Gehilfen. 366. Auskunft. Rechenschaft. Abliefe­ rung. 367. Pflichten des Machtgebers. 368. Honorar. Schadloshal­ tung. 369. Befreiung von Verbindlichkeiten. Zurückbehaltungsrecht. 370. Zufall. 371. V. Das Rechtsverhältniß des Dritten zum Machtgeber und zum Bevollmächtigten. Unmittelbarkeit der Stellvertretung. 371. Innerhalb der Vollmacht. 372. Ueberschreitung. 374. Haftung meh­ rerer Machtgeber gegen den Dritten. 375. Zwischen dem Dritten und Bevollmächtigten. 375. VI. Aushebung. Widerruf. Konventionalstrafe

347

Iuhaltsverzeichniß des II. Bandes.

XIII

Seite und Schadenersatz für unzeitigen Widerruf. 376. Aufkündigung des Bevollmächtigten. 377. Tod des Machtgebers. 378. Fortdauer der Voll­ macht trotz des Todes. 379. Eintretende Unfähigkeit. 379. Konkurs des Bevollmächtigten. 380. Konkurs des Machtge-erS. Einwirkung auf die Dertretungöbefngniß 381, auf die gegenseitigen bei der Konkurs­ eröffnung rückständigen Leistungen aus bereits stattzehabten oder be­ gonnenen BertretungSakten. 382.

§. 142.

Der BerwaltungSvertrag.....................................................................................

383

Mischung von Verwahrung, Bevollmächtigung und Dienstmiethe. Form. Entgelt. 384. Widerruf. Aufkündigung. Pflichten des Verwalters. 385. Stellung des Verwalters als Inhaber. Rechnungslegung. 387. Abnahme der Rechnung. Quittung. 388. Fristen. Fiktion des Erlasses. 389. Wirkung der Quittung und Anfechtung derselben. 390. Verbindlichkeit deS Herrn zum Ersatz des Aufwandes. Honorar. Befreiung von Ver­ bindlichkeiten. Kaution. Leistung des Verwalters. 391. Zurückbehal­ tungsrecht desselben. 392. II.

§. 143.

Der Vertrag auf ein vereinigtes Thun.

Der Gesellschaftsvertrag....................................................................................

392

I. Begriff. 392. Vermögensrechtlicher Zweck. Gemeinschaft. Bestimmt­ heit des Sozius. 393. Offene Handelsgesellschaft. Kommanditgesell­ schaft. 394. Aktiengesellschaft. Aktienkommanditgesellschaft. 395. Ge­ nossenschaften. 396 (Anm). Die einfache Erwerbsgesellschaft. 396. qnoad sortem, quoad usum. 397. Der gemeinschaftliche Fonds des Landrechts. 398. Allgemeine und besondere Erwerbögesellschaft. 399. Form des Gesellschaftsvertrages. Communio meidens bei Formlosig­ keit. 400. II. Rechte und Pflichten der Mitglieder unter einander. 400. 1. Bildung des gemeinschaftlichen Fonds durch Einlagen und Beiträge. 401. Nachmalige Erhöhung der Einschüsse. 402. 2. Betheiligung am Geschäftsbetrieb. 402. 3. Rechnungslegung. 404. 4. Antheil am Gewinn. 405. Ceffion, Pfändung des Gewinnantheils. 406. 5. Antheil an Verlust und Gefahr. 407. III. Rechte und Pflichten der Gesellschafter gegen Dritte. 408. IV. Beendigung. Austritt einzelner Sozien. 410. Ausschluß. 412. Konkurs des einzelnen Gesellschafters. 413. Tod. 414. Auflösung (Liquidation) der Gesellschaft. 415. Actio communi dividundo im Vergleich mit der actio pro socio. 415.

Dritte Gruppe.

Die Sicherungsverträge. I.

§. 144.

Sicherung von Forderungsrechten.

Der Bürgschaftsvertrag.....................................................................................

Begriff und Fälle der Jntercession. 417. Zweck und Begriff der Bürg­ schaft. 418. Persönliche Fähigkeit. Abschluß. 419. Regel der subsidiären Haft. 420. Selbstschuldnerischer Bürge. 421. Existenz einer Haupt­ schuld. Biirgschaft für Vertragsschulden eines Unfähigen. 421. Bürg­ schaft für eine durch Kündigung zur Fälligkeit zu bringende Schuld. 422 (Anm.). Umfang der Bürgschastschuld. 422. Annehmbarkeit eines Bürgen zur Sicherheitsleistung. Afterbürge. Mehrheit der Bür­ gen. 424. Klage des Gläubigers gegen den Bürgen. Rechtswohlthat der DorauSklage. 425. Feststellung des Unvermögens des HauptfchuldnerS. 426. Fälle des Wegfalls der Einrede der Vorausklage. 427. Einreden des Bürgen aus der Bürgschaft, Termin, bis zu welchem die Bürgschaft für eine DarlehnSschuld übernommen. 428. Schuldhaftes Verhalten des Gläubigers gegen den Hauptschuldner. 429. Keine ex­ ceptio divisionis. 430. Einreden aus der Hauptschuld. Heranziehung

416

Inhaltsverzeichniß des II. Bandes.

XIV

Seite

des Bürgen in den gegen den Hauptschuldner anhängigen Prozeß durch den Gläubiger nach Landrecht. 430. Einrede der Verjährung. 431. Haftung des Akkordbürgen im Konkursverfahren. 431. Befreiung und Entlassung. Vererblichkeit. Rechtsverhältniß zw. Bürgen und Haupt­ schuldner. 432. Klageabtretung. 434. Einreden des Schuldners gegen den Bürgen für den Fall, daß dieser zunächst in Anspruch genommen ist. 435. Klage des Bürgen gegen den Schuldner auf Befreiung. 435. Verschiedene Stellung des Bürgen im Konkurse des Hauptschuldners, je nachdem er die Bürgschaft ohne ein Verbot des Hanptschuldners oder gegen ein solches übernommen hat. Kündigungsrecht gegen den Haupt­ schuldner. 436. Prämie. Vergütigung im Falle der Hinterlegung. 437. Rückbürge. Nachbürge. Beendigung der Bürgschaft. 437. QualifizirteS Mandat. 438. Kreditgeben auf Rechnung. 439. Empfehlung wider besseres Wissen. 442. Bürgschaft der Frauen, die älteren antiquirten Vorschriften darüber. 443. Bürgschaft der Ehefrauen und Schuldscheine, die von Mann und Frau ausgestellt sind. 444.

II. §. 145.

Sicherung des Eigenthums und der Person.

Versicherung gegen Gefahr an Sachen

445

Begriff. 446. Geschichtliche Entwickelung. 447. I. Allgemeine Grund­ sätze. Versicherung gegen Prämie. 447. Versicherung auf Gegenseitig­ keit. 448. Versicherung geben. 448. Versicherung nehmen. 449. Ge­ genstand. 450. Form. Einwirkung des Handelsgesetzbuchs. 451. Zweck. Schadenersatz, nicht Bereicherung, Ueberversicherung, Doppelversiche­ rung. 452. Ristorno. Nach- und Rückversicherung. 453. Inhalt der Vertragsabreden. Bona fides dabei. 454. a. Verbindlichkeiten des Ver­ sicherten. Zahlung der Prämie. 455. Andere Pflichten. 456. b. Lei­ stung des Versicherers. Abschätzung des Schadens. 457. Selbstverstcherung. Haftung des Versicherungsanspruchs für die Hypothek. 458. (Session und gesetzlicher Uebergang des Anspruchs. Aufhebung. Einseitiger Rücktritt. 459. Verjährung. Konkurs. 460. II. Besondere Fälle. Ver­ sicherung gegen Feuersgesahr. 461. Andere Fälle, besonders Versiche­ rung in Kriegszeiten. 462.

§. 146.

Versicherung der Person

463

Verschiedenheit und Verwandtschaft mit der Bermögensverstcherung. 463. Person des Versicherungsnehmers und des Versicherten. 464. Verschie­ dene Fälle. 465. Eigenthümlichkeiten: keine Schätzung. Versicherung für Andere, insbesondere für die Erben? 465. Session. Jnhaberpolize. Schenkung. 466. Die besonderen Bestimmungen des A.L.R. 467. Freiheitsberaubung. 468. Zweites Kapitel.

§. 147.

Schuldverhältnisse aus einseitigen Rechtshandlungen.

Die Bereicherung Die Obligation aus einseitigen Handlungen. Ouasikontrakte. 469. Nie­ mand soll sich mit dem Schaden des Andern bereichern. 470. Umfang der Bedeutung dieses Satzes. Neuere Meinungen. 471. Begriff der Bereicherung. 472.

§. 148.

Die nützliche Verwendung Die actio de in rem verso im römischen Recht und ihre abweichende Gestaltung im neueren gemeinen Recht. 475. Das preuß. Recht. Di­ rekte Verwendung aus dem einen in das andere Vermögen. 477. Koches abweichende Ansicht. 478. Kennt das L.R. eine nützliche Ver­ wendung, wenn das Verwendete einer Zwischenperson vertragsmäßig aus dem Vermögen des Klägers übertragen ist? 478. Verhältniß zur

469

InhaltSverzeichniß des II. Bandes.

xv Seite

condictio sine causa des R. R. Voraussetzungen der BersionSklage. Leistung ohne Zahlungspflicht, aber auch nicht donandi animo. 481. Wirkliche Verwendung. 482. Einwirkung nachmaligen Verlusts. Kein animus obligandi. 483. Zufällige Bereicherung. Zweck der Klage. Ausgleichung. 488. Besonderheit bei der Klage gegen einen Unfähigen. 484. Die BerwendungSklage gegen den Drittbesitzer. 485. Ver­ jährung. 486.

§. 149. Die Geschäftsbesorgung ohne Auftrag......................................................

486

Regelmäßig keine Einmischung in fremde Geschäfte zulässig. Anspruch daraus. Billigkeit des Ausgleichs bei Annahme des Vortheils der Ge­ schäftsführung. 487. Voraussetzungen: a. ohne Auftrag und ohne Be­ rechtigung oder Verpflichtung, b. Stellvertretende Geschäftsbesorgung. 489. c. Fremdes Geschäft im Interesse des Andern. 490. d. Verpflichtungsabficht. 491. Führung fremder Geschäfte, die irrthümlich aleigene angesehen werden, e. Gleichgiltig ob der Herr verhindert ist. f. Wissenschaft des Herrn ohne erklärten Widerspruch wirkt Nothwen­ digkeit der Genehmigung. 492. g. Nützliche- Geschäft. 493. Nothwen­ digkeit und Bortheilhaftigkeit. 494. Vereitelung deS Erfolgs durch Zu­ fall. 493. Verpflichtungen des Geschäftsführers 495, des Geschäfts­ herrn. 496. Verjährung des Anspruchs aus der Geschäftsbesorgung und des Entschädigungsanspruchs wegen unbefugter Einmischung. Nachträg­ liche Genehmigung. 497. Verhältniß zum Dritten. 499. §. 150. Die Zurückforderungsrechte............................................................................

499

I. Allgemeines über das Wesen der Kondiktion. 500. Abgrenzung gegen andere Rückforderungen. 502. Die allgemeinen Erfordernisse: a. ein Gegebenes. 503. b. der Mangel eines Grundes. 504. c. Gegenstand der Rückforderung. 505. d. Verjährung. 506. II. Die einzelnen KondiktionSrechte: 1. Rückforderung wegen Nichtschuld, a. Leistung ohne Vorbehalt. 506. b. Keine, auch nicht eine moralische Verbindlichkeit. 507. Verfrühte Zahlung und Zahlung einer noch bedingten Schuld. 509. c. Unberechtigter Vortheil des Empfängers. 509. d. Irrthum. 510. Beweis desselben. 511. e. Kläger. 512. f. Beklagter, g. Gegen­ stand. 513. 2. Rückforderung wegen nicht erreichten Zwecks. 515. 3. Wegen ungerechtfertigten Zwecks. 516. Ist die Rückforderung des durch Wucher Geschädigten Kondiktion? 517. Rückforderung wegen uner­ laubten Zwecks. 518.

Drittes Kapitel.

§. 151.

Schuldverhältnisse aus rechtswidrigen Handlungen.

Verletzungen der Person................................................................................

519

Im Allgemeinen. 519. Tödtung. 520. Körperverletzung. 522. Schmer­ zensgeld. 523. Insbesondere vom Reichs-Haftpflichtgesetz. 525. Ehr­ verletzung, Freiheitsberaubung. 526. §. 152.

Die BermögenSbeschädigung.......................................................................

Abstrakter Charakter der Klage. henden Schadens. 527.

§• 153.

526

Kein Klagerecht zur Abwendung dro­

Der Nachdruck und andere Verletzungen immaterieller Rechte .... Begriff. Geschichtliches. Gesetzgebung. 528. Entschädigungspflicht. Ob­ jektiver Thatbestand. 529. Subjektiver. 530. Die Folgen. 530. Der Beschädigte. Zeitliche Beschränkung des Anspruchs. 531. Nachbildung von Kunstwerken. 532. Photographien, Muster und Modelle, Patent­ recht, Firmenrecht, gewerbliche Marken. 533.

527

JnhaltSverzeichniß des II. Bandes.

XVI

§. 154.

Die Beschädigung durch Amtshandlungen....................................................

Seite 533

Haftung der Beamten. Als solche sind nicht Rechtsanwälte, wohl aber No­ tare und Gerichtsvollzieher anzusehen. 534. Gemeines Recht. 535. Ins­ besondere die Richter. 536. Bei Geschäften der streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit. 537. Preußisches Recht nicht richterliche Thätigkeit. 537. Geringes oder mäßiges Versehen. Subsidiäre Haftung. 538. Konflikte. 539. Haftung für richterliche Thätigkeit. 539. Einzelne Fälle der Thätigkeit des Richters außer der Rechtsprechung. 540. Haf­ tung von Beamtenkollegien. 542. Haftung der Beamtenkaution für die Beschädigungen der Beamten. 543.

Zweiter Abschnitt. §. 155.

Schuldverhältniffe aus Zuständen.

Uebersicht

...................................................................................................

545

Förster,

Preußisches Privatrecht. Zweiter Band.

Erster Theil.

Die persönlichen Rechte oder die Lehre von den Schuld­ verhältnissen.

Zweites Hauptstück. Die

einzelnen Schuldverhältnisse. §. 121.

Die systematische Ordnung.

Der systematischen Anordnung der einzelnen Schuldverhältnisse ist die Haupteintheilung durch die Entstehungsgründe von selbst gegeben. Wie stüher ausgesührt wurde'), sind Handlungen und Begeben­ heiten die Quellen der Obligationen, erstere erscheinen als zweiseitige und einseitige und diese letzteren wiederum als Rechtshandlungen oder als rechtswidrige"). Es wird einer besonderen Rechtfertigung nicht be­ dürfen, wenn die aus Handlungen entstehenden Obligationen denen vor­ angestellt werden, welche ihre Quelle in Begebenheiten oder Zuständen haben, zumal letztere ohnehin ihr volles Verständniß erst bei der Dar­ stellung der Zustände finden können, aus denen fie hervorgehen, und die zur großen Mehrzahl dem Sachen- und Familienrecht angehören, fie daher in diesem Theil gerade nur berührt werden dürfen. Es wird auch dafür keine besondere Rechtfertigung nöthig sein, daß unter den Obligationen aus Handlungen die Verträge, die reichste und wich­ tigste Klaffe den Vorzug erhält. Schwieriger aber ist die Frage zu lösen, wie die Verträge unter einander zu gruppiren sind. Ein Blick auf die Lehr- und Handbücher überzeugt, daß jeder Verfaffer eine andere Reihenfolge aufstellt und kaum über die allgemeinsten Grundlagen eine Uebereinstimmung vorhanden ist. Zwar wird zugegeben werden müssen, *) B. 1 S. 464. -) B. 1 S. 466.

daß die in den römischen Rechtsquellen enthaltenen Eintheilungen für das heutige Recht, welches in vielen und wesentlichen Beziehungen von anderen Voraussetzungen ausgeht und Vertragsarten entwickelt hat, die dem römischen Recht noch fremd waren'), nicht mehr maßgebend sein können, und daß es der Sache Gewalt anthun heißt, wenn man noch immer Real- und Konsensualverträge'), oder Verträge und vertrags­ ähnliche Verhältnisse') dem System zu Grunde legen wollte. Nach dem Vorgänge v. d. Pfordten's') ist in der Mehrzahl der Werke über .ge­ meines Recht gegenwärtig die Eintheilung in ein- und gegenseitige Verträge beliebt, denen als Zwischenart die s. g. zufällig oder ungleich zweiseitigen Verträge hinzutreten'). Koch hat sich dieser Anordnung im Wesentlichen angeschloffene). Aber abgesehen davon, daß selbst diese Begriffe im heutigen Recht anders aufgefaßt werden, als im römischen, insofern jetzt einzelne Verträge, die das letztere sich als streng einseitige dachte, gewöhnlich als zweiseitige geschlossen werden, jedenfalls eine hin­ zutretende Zweiseitigkeit ihr Wesen nicht ändert, so leidet diese Eintheilung doch auch an einer zu großen Allgemeinheit, und es bleibt immer noch die schwierige Frage unbeantwortet, wie innerhalb jeder dieser Klaffen die einzelnen Verträge nach einander folgen sollen'). Das A.L.R. gruppirt die Verträge nach der Beziehung, die sie zum Eigenthum haben; zuerst diejenigen, welche einen Titel zum Erwerb desselben darbieten (1,11), sodann folgen die Verträge, welche Sachen und Rechte durch Dritte erwerben lassen (I, 13.), endlich diejenigen, welche das Eigenthum erhalten und sichern sollen (1,14.). Einzelne Verträge haben dann entferntere Stellen gefunden: der Gesellschafts­ vertrag wird bei der Lehre vom gemeinschaftlichen Eigenthum abgehan­ delt, die Leihe, Miethe, Pacht bei den dinglichen Rechten, das Receptum 3) Erzeugnisse des deutschen Rechts und des modernen Verkehrs, z. B. die Renten­ verträge, der DerlagSvertrag, die Versicherung, im AL.R. noch als besonderer Vertrag die Verwaltung. 4) Diese Eintheilung haben Dangerow und Brinz noch festgehalten.

5) So z B. bei Arndts. Puchta vermeidet nur scheinbar diesen Gegensatz, in­ dem er Verträge und Quasi-Verträge unter der Bezeichnung „Geschäftsobliga­ tionen" zusammenfaßt. Böck in g vereinigt sie unter der Bezeichnung: Die aus Rechtsgeschäften, Uebereinkunft oder analogen Rechtögründen entstehenden Schuld­ verhältnisse. Sintenis stellt auch neben die Verträge die „ähnlichen Verhält­ nisse". Wenn nur das Quast, das Aehnliche und Analoge für die Rechtswissen­ schaft, welche feste Begriffe verlangt, nicht zu unbestimmt wäre. 6) Abhandlungen aus dem Pandektenrecht. 1840. S. 302 f. ^.Angenommen von Puchta, Arndts, Böcking, Sintenis, Keller.

8) R. d. F. III. S. Ifg. Abweichend ist die fystem. Ordnung bei Unterholzner (II. S-3). Er unterscheidet Schuldansprüche, die wesentlich auf Erhaltung, und solche, die aus DerkehrSbewegung gerichtet sind,-und die letzteren in solche, die einen VeräußerungS- oder Leih- oder GenoffenschaftSverkehr bezwecken. 9) Hier zeigt sich auch die größte Verschiedenheit unter den Schriftstellern, mit mehr oder weniger Willkür werden die einzelnen Verträge neben einander gestellt.

§. 121. Die systematische Ordnung.

5

bei dem Bürgerstande (im Gewerberecht), der Versicherungsvertrag im Handelsrecht. Diese große Zersplitterung und die Gruppirung nach einer Richtung, die zwar an sich wichtig ist, aber doch nur einen ein­ seitigen Blick in die Natur der einzelnen Verträge öffnet, und mit der untergeordneten und abhängigen Stellung, welche das A.L.R. dem Obligationenrecht anweiset, zusammenhängt, ist daher ebenfalls nicht geeignet, als ein tadelfreies System zu gelten10). Man wird einer richtigeren und zugleich einfacheren Anordnung vielleicht näher kommen, wenn man auf die Bedeutung zurückgeht, welche die Verträge im Rechtsverkehr haben. Diese ist keine andere als die­ jenige, welche die Obligationen überhaupt haben. Sie sollen der Person für ihre Endlichkeit und Bedingtheit eine Ergänzung in dem Willen anderer Menschen bieten11).* 13Der * 1 Wille dieser wird der Person ver­ pflichtet zu einem Geben oder Thun"). Durch ersteres soll das Ver­ mögen vermehrt, durch letzteres die persönliche Thätigkeit des Einzelnen ergänzt, erweitert, unterstützt werden. Ordnen sich hiernach die Verträge in zwei Hauptklasien, je nachdem ihre Leistung ein Geben oder ein Thun ist, so muß weiter gesagt werden, daß das Geben entweder den Zweck hat, dem Vermögen des Berechtigten einen bleibenden Erwerb einzuverleiben, oder dem Berechtigten nur einen vorübergehenden Ge­ brauch, eine Nutzung zuzuführen. Die aus ein Thun gerichteten Ver­ träge aber bezwecken entweder eine Thätigkeit für den Berechtigten oder eine Thätigkeit gemeinsam mit ihm. Als dritte Gruppe schließen sich diejenigen Verträge an, die daraus abzielen, der Person für ihr Ver­ mögen eine Sicherung zu verschaffen: entweder eine Sicherung dafür, daß ihr die obligatorischen Berechtigungen wirklich geleistet, oder dafür, daß Nachtheile von ihrem Vermögen abgewendet werden, die durch zu­ fällige Ereigniffe eintreten können. Diese Eintheilung legt also die Be­ tonung auf die ökonomische Bedeutung der Verträge. Hier ist dieser Gesichtspunkt, auf den Dankwardt besonders aufmerksam gemacht hat, von entscheidender Bedeutung, weil das ökonomische Bedürfniß die Ver­ träge nicht allein erzeugt, sondern auch ihre Konstruktion bedingt, während er übrigens für das ganze System des Privatrechts keine aus­ reichende Grundlage darbietet"). Zwar wird auch bei dieser Gruppirung mancher Zweifel übrig bleiben, denn einzelne Verträge haben eine ge­ mischte Natur"), bei anderen schwankt noch die Auffassung"). Aber >°) B. 1 S. 22 fg. ll) B. 1 S. 371. '-) B. 1 S. 429 f.

13) B. 1 S- 25. ") Z. B. Trödelvertrag, Verlag-Vertrag, Gastaufnahme. 1S) Z. B. ob im heutigen Recht das Darlehn als Leihvertrag aufzufaffen, oder als Vertrag, durch welchen das Eigenthum an einer Summe erworben wird.

6

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

entscheiden muß, welches der verbundenen oder widerstreitenden Elemente das hauptsächliche in ihrem Begriff ist. Wo dergleichen Zweifel auf­ kommen können, ist bei der Darstellung der einzelnen Verträge versucht worden, dieselben zu beseitigen,6). Hier bleibt nur noch zu bemerken, daß bei den Sicherungsverträgen der Psandvertrag fehlt, weil es zweck­ mäßiger erscheint, ihn im Zusammenhang mit dem Pfandrecht zu er­ örtern. Das System der Verträge, wie es in diesem Werke befolgt werden

soll, ist hiernach übersichtlich folgendes: A. Verträge, deren Leistung ein Geben ist: I. Veräußerungsverträge, II. Gebrauchsverträge; B. Verträge, deren Leistung ein Thun ist: I. Verträge auf stellvertretendes Thun, II. Verträge aus gemeinschaftliches oder vereinigtes Thun; C. Sicherungsverträge: I. Sicherung obligatorischer Berechtigung, II. Sicherung des Eigenthums und der Person").

Erster Abschnitt.

Erstes Kapitel.

Erste Gruppe.

Schuldverhältnisse aus Handlungen.

Schuldverhältnisse aus Verträgen.

Verträge, deren Leistung ein Geben ist.

I. Die Veräußerungsverträge.

§. 122. ».8.8t. I. 11. §§.1037 — 1177. S. 110f.

Die Schenkung. Bornemann III.

Koch, Pr. R. II. S. 276f.

Beitr. B. 13 S. 77Sf.

S. 210 s.

8t. t>. F. III. S. 150f.

Dornburg II. §§. 161-165. —

v. Daniel» III. Grüchot in s.

Unterhol,ner II.

S. 518f. Savigny, System B. IV. S. I fg. Bangerow I. S. 1S4f. S. 99fg.

Sintenis I. S. 198f., II. S. 545fg.

scheid, Pand. II. §. 365.

v. Keller S. 123fg.

Arndts

Wind­

Unger, Oesterr. Priv.R. II. S. 189fg. — Meyer­

feld, die Lehre von den Schenkungen nach römischem R. B. 1 1. 1835, B. 2

Abth. 1 1837 (unvollendet geblieben). — Zachariä (Puchelt) IV. S. 195fg.

16) Insbesondere möge hier auf §. 139 verwiesen werden, wo näher ausgeführt wor­ den ist, warum die Dienstleistung und Werkverdingung als Arbei tSmiethe ihre Stellung in der zweiten Gruppe des ersten Kapitels, nicht im zweiten Kapitel erhalten hat. 17) Der Herausgeber hat auch hier der systematischen Anordnung Försters zu fol­ gen, ohne zu einer Beurtheilung berufen zu sein. Die früheren Ausgaben be­ merken noch: „Windscheid, Pand. Th. 2 §. 362 Note 1 sagt: „Wenn man von

einem System der einzelnen Forderungsrechte spricht, so wird man nicht vergessen

6

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

entscheiden muß, welches der verbundenen oder widerstreitenden Elemente das hauptsächliche in ihrem Begriff ist. Wo dergleichen Zweifel auf­ kommen können, ist bei der Darstellung der einzelnen Verträge versucht worden, dieselben zu beseitigen,6). Hier bleibt nur noch zu bemerken, daß bei den Sicherungsverträgen der Psandvertrag fehlt, weil es zweck­ mäßiger erscheint, ihn im Zusammenhang mit dem Pfandrecht zu er­ örtern. Das System der Verträge, wie es in diesem Werke befolgt werden

soll, ist hiernach übersichtlich folgendes: A. Verträge, deren Leistung ein Geben ist: I. Veräußerungsverträge, II. Gebrauchsverträge; B. Verträge, deren Leistung ein Thun ist: I. Verträge auf stellvertretendes Thun, II. Verträge aus gemeinschaftliches oder vereinigtes Thun; C. Sicherungsverträge: I. Sicherung obligatorischer Berechtigung, II. Sicherung des Eigenthums und der Person").

Erster Abschnitt.

Erstes Kapitel.

Erste Gruppe.

Schuldverhältnisse aus Handlungen.

Schuldverhältnisse aus Verträgen.

Verträge, deren Leistung ein Geben ist.

I. Die Veräußerungsverträge.

§. 122. ».8.8t. I. 11. §§.1037 — 1177. S. 110f.

Die Schenkung. Bornemann III.

Koch, Pr. R. II. S. 276f.

Beitr. B. 13 S. 77Sf.

S. 210 s.

8t. t>. F. III. S. 150f.

Dornburg II. §§. 161-165. —

v. Daniel» III. Grüchot in s.

Unterhol,ner II.

S. 518f. Savigny, System B. IV. S. I fg. Bangerow I. S. 1S4f. S. 99fg.

Sintenis I. S. 198f., II. S. 545fg.

scheid, Pand. II. §. 365.

v. Keller S. 123fg.

Arndts

Wind­

Unger, Oesterr. Priv.R. II. S. 189fg. — Meyer­

feld, die Lehre von den Schenkungen nach römischem R. B. 1 1. 1835, B. 2

Abth. 1 1837 (unvollendet geblieben). — Zachariä (Puchelt) IV. S. 195fg.

16) Insbesondere möge hier auf §. 139 verwiesen werden, wo näher ausgeführt wor­ den ist, warum die Dienstleistung und Werkverdingung als Arbei tSmiethe ihre Stellung in der zweiten Gruppe des ersten Kapitels, nicht im zweiten Kapitel erhalten hat. 17) Der Herausgeber hat auch hier der systematischen Anordnung Försters zu fol­ gen, ohne zu einer Beurtheilung berufen zu sein. Die früheren Ausgaben be­ merken noch: „Windscheid, Pand. Th. 2 §. 362 Note 1 sagt: „Wenn man von

einem System der einzelnen Forderungsrechte spricht, so wird man nicht vergessen

§ 122.

Die Schenkung.

7

I. In der neueren Zeit hat man nach dem Vorgänge von Puchta und Savigny der Lehre von der Schenkung im allgemeinen Theil des Systems ihre Stelle angewiesen, weil sie nicht ein einzelnes Rechtsgeschäft sei, sondern einen allgemeineren Charakter habe, welchen die verschieden­

sten Rechtsgeschäfte annehmen können').

Insofern man unter ihr jede

unentgeltliche und freiwillige Zuwendung eines Vermögensvortheils ver­ steht, ist dies auch richtig; eine solche kann unter den mannigfachsten Geschäftssormen erfolgen, und es ist ebenso einseitig, sie bei der Lehre vom Erwerb des Eigenthums abzuhandeln, tyie dies das A.L.R. nach

dem Vorbild der Institutionen des Justinian und der damaligen Praxis")

gethan hat, als sie den obligatorischen Verträgen anzureihen').

Der

Erwerb des Eigenthums an einer Sache kann ihr Zweck sein, ist es aber nicht immer, ein obligatorischer Vertrag ist sie nur in dem be­ sonderen Fall des Schenkungsversprechens4*).5 2 3Gleichwohl ist vom prakti­ schen Standpuntt diese Kontroverse doch nur ein Schulstreit, denn da

das positive Recht die Schenkung unter besondere und ihr eigenthüm­ liche Regeln gestellt hat, hat sie den Charakter der Allgemeinheit, der in ihrem Begriff liegt, eingebüßt und ist ein individualisirtes Rechts­ geschäft geworden4).

Wenn sie daher hier an die Spitze der Reihe der-

dürfen, daß e- sich hier nicht um die Aufweisung des Zusammenhanges von Be­ griffen, sondern um die Darstellung einer Reihe von thatsächlich vorhandenen recht­ lichen Erscheinungen handelt." Gegen diese Auffassung muß doch entschiedener Widerspruch erhoben werden; sie giebt eine systematische, d. h. eine den inneren, organischen oder begrifflichen Zusammenhang der einzelnen Obligationen klarlegende Darstellung auf, und setzt an ihre Stelle eine äußerliche Aneinanderreihung nach Gründen der Zweckmäßigkeit oder nach der Zufälligkeit der äußeren Erscheinung. Damit ist der wissenschaftlichen Erkenntniß nicht gedient, ihr vielmehr erheblicher Schade bereitet. Das zeigt sich denn auch in Windscheid's Anordnung, der ein innerer Zusammenhang ganz fehlt. Was soll die Kategorie: IV. Andere gesetzliche Forderungsrechte? WaS in den vorangestellten Klaffen nicht unter­ gebracht werden konnte, wird hier systemlos zusammengeworfen. Auch seine An­ ordnung der Verträge läßt einen inneren Zusammenhang, eine innere Nothwen­ digkeit ganz vermissen; jede Umstellung der von ihm gemachten Klaffen wäre ebenso berechtigt." ') Puchta, Institutionen B. 2 §.205. Pand. §. 68. Savigny B. 4 S. 3. Ihnen sind gefolgt Arndts, Vangerow, Sintenis, Unger (s. B-2 S. 200).

2) J. II. 7.

Höpfner, Kommentar §.408.

3) So bei Mühlenbruch, Göschen, Seuffert. DaS österreich. GB. stellt die Schenkung an die Spitze der Verträge (II. 18). Ebenso das sächs G^B. (III. 2). Der bairische Entwurf behandelt sie bei der Lehre von den'Rechtsgeschäften im Allgemeinen (I. Art. 91 fg.). Der Code verbindet Schenkungen und Testamente unter dem Gesammtbegriff der freigebigen Verfügungen (Art. 893—1100). An­ sprüche aus freigebigen Verfügungen (unter Lebenden und von Todes wegen) faßt auch das Konkursrecht (K O. §. 56 Nr. 4, preuß. K-O. §. 84 Nr. 3) zusammen. 4) Unger S. 197. 198c.

5) Dankwardt, Nationalökon. u. Jurisprudenz, Heft 2 1857. S- 48, faßt jede Schenkung als „Vertrag" auf, „weil aller Umlauf der Güter auf Vertrag beruht". Die Schenkung ist nach ihm ein einzelnes Geschäft, wie der Verkauf, und ebenso wenig wie dieser ein allgemeiner Charakter für die verschiedenartigsten RechtSge-

8

Zweites Buch.

Die besouderen Privatrechte.

jenigen Obligationen gestellt wird, deren Zweck es ist, Eigenthums­ werthe in ein anderes Vermögen zu übertragen, so rechtfertigt sich dies aus demselben Grunde, aus welchem die Lehre vom Vertrage oben°) nicht bei den allgemeinen Grundbegriffen, sondern im allgemeinen Theil des Obligationenrechts vorgetragen worden. Die Stellung wird a potiori genommen. Hiernach ist klar, warum die Definition des A.L.R.: „Schenkungen find Verträge, wodurch Einer dem Anderen das Eigenthum einer Sache oder eines Rechts unentgeltlich zu überlassen fich verpflichtet"'), zwar nicht für erschöpfend gehalten werden kann, weil sie nur den verpflichten­ den Vertrag, das Schenkungsversprechen, betrifft, aber sie trifft doch ge­ rade diejenigen Fälle der Schenkung, aus die sich vornehmlich die ein­ zelnen Regeln beziehen und die die wichtigsten für die Rechtstheorie sind. II. Der Begriff der Schenkung*). Sie ist die freiwillige und unentgeltliche Bereicherung des Vermögens einer anderen Person durch Verminderung des eigenen Vermögens. Der Geber vermindert frei­ willig sein Vermögen und wendet den Werth dieser Verminderung dem Vermögen des Beschenkten zu, welches um diesen Werth ohne Gegenschäfte; nur der Gegenstand der Schenkung kann verschieden sein, wie der Gegenstand des Verkaufs. Diese sehr apodiktisch ausgesprochene Ansicht verwechselt den Gegenstand mit der Form. Daß jener sehr verschieden sein kann, hat noch Niemand bestrillen; wenn der Schenkung ein allgemeiner Charakter beigelegt wird, so hat dies den Sinn, daß, abgesehen vom Schenkungsversprechen, der Schenkung keine besondere Rechtsform eigenthümlich ist, und insofern ist ste nicht, wie der Kauf, ein individualisirteS Geschäft, ste muß überall her, und sie kann überall her die RechtSsorm entlehnen. Außerdem ist der Schluß: die Schenkung sei ein Ver­ trag, weil aller Umlauf der Güter auf Vertrag beruhe, an sich schon bedenklich, es kann aber auch nicht zugegeben werden, daß es nur einen vertragsmäßigen Güterumlauf gebe.

6) Oben I. S. 467.

7) Oesterr. G.D. besinnt 5. 938: Ein Vertrag, wodurch eine Sache Jemand unent­ geltlich überlassen wird. Sächs. G.B. §. 1049: ,DaS Rechtsgeschäft, durch welches Jemand ohne Gegenleistung und aus Freigebigkeit einem Anderen einen Bermögensgegenstand zuwendet. 8) Savigny §§. 142. 143. Meyerfeld I. S-lfg. Unger II. 189. Ohne ausreichenden Grund nimmt Dernburg (Bormundschaftsrecht S. 177, Pr. Priv.R. II. §. 161 Anm. 2, III. §. 83 Anm. 16) an, daß in §. 38 Borm.Ordn. der Aus­ druck „Schenkung" in einem weiteren Sinne gebraucht sei. Vgl. dagegen EcciuS. Erörterungen aus dem Gebiete des BormundschaftSrechtS, S. 15 Anm. 16. ES ist übrigens unklar, was es heißen soll, wenn Dernburg bemerkt, daß die Aus­ gabe eines dem Mündel noch nicht erworbenen, aber angetragenen Vortheils aus Liberalität als Schenkung „ im weiteren Sinne" dem Vormund verboten und nichtig fein solle. Meint D., daß die Nichtannahme einer Vertragsofferte oder der „Nichtabschluß" eines Vortheilhaften Kaufs, um einem Dritten das Geschäft zuzuwenden (vgl. Dernburg II. S. 413 bei Anm. 8) nichtig sei? Was soll denn aus einer Nichtigkeit der Nichtannahme, des Nicht-Abschluffes des Geschäfts folgen? Die Entsagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses ist dem Vormund unter Genehmigung deS DormundschaftSgerichtS gestattet, ebenso die Aufgabe oder Min­ derung der für eine Forderung bestellten Sicherheit (B.O. §§. 41. 42). Dgl. unten Anm. 14. 17.

§. 122.

leistung bereichert wird.

9

Die Schenkung.

In diesem Begriff liegen folgende Merkmale.

Die Schenkung geschieht freiwillig'), der Geber muß zur Zuwendung

rechtlich in keiner Weise verpflichtet gewesen sein oder sich für verpflichtet

irrthümlich gehalten haben; gleichgiltig ist, ob das Motiv, was den Geber treibt, für ihn aus sittlichen oder anderen Gründen als zwingend

erscheint'"). — Sie geschieht unentgeltlich"); der Empfänger darf durch die Annahme des Geschenkes zu keiner Art Gegenleistung ver­ pflichtet werden.

Aus der Unentgeltlichkeit folgt aber nicht, daß dem

Geschenk nicht eine Last aufgelegt werden darf, eine besondere Art der

Schenkung hat gerade darin ihre Eigenthümlichkeit. — Die Schenkung ist eine Verminderung des Vermögens des Gebers"), er muß um den Werth des Geschenks ärmer werden.

Es ist keine Schenkung,

wenn Einer dem Anderen Dienste leistet, deren Erfolg zwar eine Ver­ besserung des Vermögens des Letzteren sein kann, die aber dem Ver-

9) 1. 1 pr. 1. 29 pr. D. XXXIX. 5. Donari videtur, quod nullo jure cogente conceditur. Vergl. 1.28 de R. J. Meyerfeld I. S- 22f. Die donatio necessaria, die Leyser, med. sp. 434 erfunden, ist ein Widerspruch in sich selbst. Die in besonderen Fällen vom Gesetz gebotene Remission des Pachtzinses (A.L.R. I. 21. §. 299 fg.) ist nicht Schenkung. ,0) S. g. Liebespflichten, Freundschaft, Dankbarkeit und dergl. Praxis Entsch. B. 13 S. 182.

Ein Beispiel aus der

n) 1.1 pr. I). XXXIX. 5 propter nullam aliam causam, quam ut liberalitatem et munificentiam exerceat. 1.28 §. 2 D. II. 14. Es ist also auch nicht Schenkung, wenn man etwas giebt, um zu verpflichten (ob causam dare). 1. 19 5. 6. D. XXXIX. 5. Darauf beruht der Unterschied von donatio und obli­ gatio oder negotium. 1.18 pr. D. XXXIX. ö. Meyerfeld I. S. 17. Verzicht auf ein noch zweifelhaftes Recht ist nicht Schenkung. Oesterr. G.B. §. 939. 12) Savigny S. 23 fg. Sehr bestimmt ausgesprochen in der 1. 31 §. 7 D. XXIV. 1: non videtur ea esse donatio, quia nihil ex bonis meis deminuitur. Der Schenkende muß zum Besten des Beschenkten sein Vermögen vermindern wollen. Daher ist nicht Schenkung, wenn man eine Sache derelinquirt, die ein Dritter anfhebt, wenn ein Anderer die Sache usucapirt, wenn man sein Recht verjähren läßt, wenn es nicht in der Absicht geschieht, den Anderen zu bereichern. Dann ist es einer Veräußerung gleich. Unger S. 191 Note 10, der in der Note 9a. a. Eа. M. Doch vergl. 1. 28 pr. D. de V. 8. Die Verminderung des eigenen Ver­ mögens muß sich als Zuwendung an den Anderen charakterisiren. Es ist nicht Schenkung, .wenn man nicht aus eigenen Mitteln hergiebt. Striethorst B. 42 S. 121. Das Hingeben eines unverzinslichen DarlehnS ist nicht Schenkung, weil das Vermögen des Darleihers nicht vermindert ist, er hat statt der Summe die Forderung, durch die er jene wiedererlaugt. Das wissentliche Anerkennen einer Nichtschuld wird als Schenkung aufzufassen sein (1. 7 §. 2 D. XLI. 4 1. 9 pr. б. IV. 5, Glück B. 13 S. 397) r dagegen nicht das Anerkennen einer wirklich bestehenden, aber nicht klagbaren Schuld, einer oblig. natur, nach Landrecht einer ohne die nothwendige Schriftform übernommenen Verbindlichkeit. §. 185fg. I. 5. Seuffert B. 7 Nr. 174. Der Erlaß ist Schenkung, wenn der Schuldner auch zahlungsunfähig ist. 1. 22 §. 3 1. 82 D. XXXV. 2. 1. 31 §. 1. 4. D. XXXIX. 6. Savigny S. 128. Seuffert B. 6 Nr. 39. B. 8 Nr. 133 Unger S- 192 Note 11. Nur uneigentlich könnte auch durch Leihen eine Schenkung bewirkt werden, indem das Vermögen des Beschenkten einen Vortheil erhält; aber einer­ seits fehlt es an der Veräußerung, andererseits ist der Vortheil doch nur vorüber­ gehend. S. über solche Fälle Savigny S. 32 fg.

10

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

mögen des Ersteren keinen Werth entziehen"), oder wenn Jemand zu Gunsten eines Anderen einen Erwerb ausschlägt, denn der noch nicht eingetretene Erwerb ist noch kein realer Bestandtheil seines Vermögens gewesen, dasselbe ist nicht vermindert, nur nicht vermehrt"). Dagegen ist es Schenkung, wenn man eine schon begründete aber erst künftig fällige Förderung, z. B. künftige Zinsen, ausgiebt oder vermindert'"). — Die Schenkung ist eine Bereicherung des Vermögens des Empfängers"). Der Beschenkte muß einen Werth erwerben, der ihm noch nicht gehörte, auf den er kein Recht hatte. Die Bestellung einer Sicherheit für ein schon zustehendes Recht, oder das Ausgeben der Sicherung für ein solches sind nicht SchenKmgen: dort wird das Ver­ mögen nicht vermehrt, hier noch nicht gemindert"). Die Bereicherung 13) §. 1037 d. T. spricht nur von Sachen und Rechten, nicht von Handlungen. Unger S-192 Note 12. Im einzelnen Fall kann dies zweifelhaft erscheinen, z B. wenn unentgeltlich Jemand eine Arbeit leistet, die sonst zu seiner GewerbSthätigkeit gehört. Hier nimmt unter Umständen Savigny S. 35 fg. Schenkung an (s. auch sächs. G.B. §. 1050); die fr. Ausgaben halten für entscheidend dagegen, daß eö an einem deminuere bona im eigentlichen Sinne fehle und heben gegen Dankwardt'S (a.a.O. S. 48) Ausführung, daß die Produktivdienste an stch Güter, Werthe find, wenn fie auch nicht als Bestandtheile des Vermögens gelten, hervor: vom ökonomischen Standpunkt könne der Andere dabei reicher werden, einen Vor­ theil erreichen, aber vom juristischen Standpunkt sei er nicht beschenkt. Dergl. auch Daniels III. 246 Gerade vom Standpunkt des preuß. Rechts aus, wird man hiergegen erinnern können, daß, da §. 873 L. 11a. L R. dem Leistenden, der eine Berufsthätigkeit übt, bei mangelnder Lohnabrede schlechthin das Recht auf an­ gemessenen Lohn giebt, in der Leistung aus Liberalität ein schenkweise erfolgender Verzicht auf diese Lohnforderung zu finden ist. “) 1. 5 §. 13. D. XXIV. 1. 1. 28 pr. D. de V. 8. Savigny S. 29, A.L.R. §. 1039. d. T. Ueber dessen Verhältniß zu §. 393. I. 16 s. Koch, Komm. Note zu § 1039. Der bloße Verzicht auf eine Erbschaft ist keine Schenkung: selbst wenn der Verzichtende dabei die Abstcht gehabt hätte, der nächstberechtigte solle stch be­ reichern. Der Verricht ist unwiderruflich, auch wenn diese Abficht nicht erreicht wird, weil auch der Zwerte ausschlägt. Dgl. Entsch. B. 8 S. 250. Eine Willenseinigung zwischen A u. B, kraft deren A zu Gunsten des nicht berechtigten B auf die Erb­ schaft verzichtet und B die Erbschaft annimmt, könnte nur dann als Schenkung angesehen werden, wenn fie die Interpretation zuließe, das Erbrecht des A soll durch eine dem ErbschastSkauf analoge Schenkung aus B übertragen werden. Sonst wird B nicht auö dem Vermögen des A bereichert. 15) Das ist streitig. Savigny S. 38 verneint es mit Bezug auf 1. 23 pr. D. XXXIX. 5. Daß aber diese Stelle, namentlich die Worte in ea donatione, mehr dafür als dagegen sprechen, darüber s. Unger S. 193 Note 17. Dagegen sächs. G B. §. 1051. 16) Savigny S. 52f. 1. 5 §. 8. 16. D. XXIV. 1. 17) 1.1 §. 19. D. XXXVIII. 5. 1. 18. D. XLII. 8. 1. 1 §. 1 1.11. D. XX. 6. Unger S. 194. Sächs. G B. §. 1051. Der Satz des TextS, insoweit er stch auf den Verzicht auf Bürgschaft und Pfandrecht bezieht, ist nicht zweifellos, da §. 393 I. 16 einen Unterschied nicht macht. Auch die Befreiung von einer bedingten Zahlungspflicht oder Last ist eine VermögenSvermehrung, der Pfandschuldner, auch wenn er bloß Pfand­ schuldner war, wird dadurch gewiß reicher; daß der VermögenSwerth „nicht bestimmt meßbar ist", wie Dernbur g II. §. 161 bei Anm. 13 hervorhebt, kann nicht wohl in Betracht kommen. Aber wer auf eine Sicherung seiner Forderung verzichtet, erleidet dadurch nicht nothwendig wirthschastlich einen Dermögenöverlust. Jeden­ falls behandelt auch die neuere Gesetzgebung den Verzicht auf eine Sicherheit nicht

§. 122.

Die Schenkung.

11

kann bestehen in der Uebertragung des Eigenthums an einer Sache, in der Einräumung eines dinglichen Rechts, in der Abtretung einer For­

derung des Gebers an einen Dritten — dare — oder in der Begrün­

dung einer persönlichen Fordemng an den Geber — obligare — oder in der Befreiung von einer Schuld oder Last gegenüber dem Schenken­

den oder einem Dritten — liberare —, in allen Fällen muß die Be­ reicherung des Vermögens des Beschenkten eine definitive sein. — Es

ist insofern gerechtfertigt, wenn man die Schenkung als die Zuwendung eines Eigenthumswerthes auffaßt, denn auch das eingeräumte dingliche Recht (Nießbrauch u. s. w.) oder die abgetretene Forderung muß des

Beschenkten eigene werden, und selbst bei dem liberare besteht die Zu­ wendung in einer dauernden Befreiung oder Entlastung des Eigenthums, vom ökonomischen Standpunkt in einer Erweiterung deffelben. — Vor­ ausgesetzt wird natürlich, daß der Schenkende an sich geschäftsfähig, über den Gegenstand des Geschenks zu verfügen berechtigt ist, und daß keine

unerlaubte Absicht zu Grunde liegt: „daß durch das Geschenk nicht un­ erlaubte Absichten befördert werden" *’).

III.

Die äußeren Merkmale vollenden den Begriff der Schenkung

nicht. Es gehören noch innere Voraussetzungen in der Wiüensrichtung beider Theile dazu: aus Seiten des Gebers, daß er schenken will, auf Seiten des Empfängers, daß er die Gabe als Geschenk annehmen Jene Schenkungsabsicht (animus donandi) hat ihr Charakte­ ristisches darin, daß der Geber nicht in eigenem Jntereffe, sondern ledig­

will.

lich um des Vortheils des Beschenkten willen ihm die Zuwendung macht, daß er dies weiß und will"). Das donare steht in einem Gegensatz

zum credere und solvere”). Die Absicht kann in einzelnen Fällen UNals Schenkung, die BormundschastSordnung §. 41 läßt ersteren unter Zustimmung des Gegenvormunds zu, während sie letztere als nichtig ansieht. §. 38.

18) A.L.R. I. 11 §. 1070. Der Anh. §. 27 gab dem Fiskus daS Recht, Schenkungen ausgetretener Kantonisten anzufechten; Koch, Kommentar (zu Anh. §.27) und, ihm zustimmend die fr. Auflagen halten das nach heutigem Recht für analog dahin anwendbar, daß Fiskus befugt ist, solche Schenkungen anzufechten, so weit eö nöthig ist, um die wegen Verletzung der Wehrpflicht erkannte Geldstrafe beizutreiben. DaS läßt sich nicht aufrecht erhalten. Die frühere Konfiskation ergab Rechte des Staats, die durch Schenkungen geschmälert wurden: hier konnte von einer Vermuthung einer auf Schmälerung gerichteten Absicht die Rede sein; dagegen besteht jetzt auf die möglicher Weise zu erkennende Geldstrafe noch kein Recht des Staats, von dessen Schmälerung geredet werden könnte. Abgesehen hiervon aber handelt eö sich in Anh. §. 27 um eine Anfechtung des in fraudem creditoris Geschenkten; diese ist zur Zeit nur noch nach den reichsgesetzlichen Bestimmungen zulässig. — Das zur Beförderung unerlaubter Absichten wirklich Gegebene kann der FiSkuS vom Empfänger zurückfordern, eine strafrechtliche Einmischung in das Privatrecht. §. 1071. d. T. — 1. 27 §. 4 D. II. 14 19) Savigny S. 77fg.

20) Man pflegt in der heutigen Theorie die Permögenszuwendungen auf die drei causae credendi, solvendi, donandi zurückzuführen. Diese Ansicht, schon bei Unterholzner, Verjähr. I. §. 108, hat besonders Meyerfeld I. S. 26s. zur

12

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

ausgedrückt, mithin äußerlich nicht erkennbar sein.

Dies trifft besonders

ein, wenn durch Hingeben ohne vorangegangenes Versprechen geschenkt

wird, wenn bei dem Akt der Schenkung eine ausdrückliche Willenser­ klärung des Gebers nicht erfolgt ist.

Wo die Schenkung dagegen nur

durch eine Willenserklärung vollzogen werden kann, wie bei dem Ver­ pflichten ünd Befreien, da muß auch die Absicht zum Ausdruck kommen.

Es bedarf daher nur für jene Fälle gesetzlicher Anhaltspunkte"), wie aus den Umständen auf die Absicht zu schließen, und das A.L.R. hat

nicht unterlassen, solche Vorschriften für die Auslegung zu ertheilen.

An die Spitze stellt es den Satz: „daß eine Sache als Geschenk gegeben worden, wird nicht vermuthet""), und hieran schließt es die Angabe einzelner Umstände, welche gegen jene Regel die Vermuthung begrün­ den").

Natürlich kann die Vermuthung durch Gegenbeweis widerlegt

werden; dieser richtet sich entweder daraus,

daß Umstände vorliegen,

welche die freigebige Absicht ausschließen"), oder darauf, daß bei dem

Hingeben selbst eine die Schenkungsabsicht beseitigende Willensäußerung erfolgt, daß, wie das A.L.R. sich ausdrückt, „mit Vorbehalt" gegeben worden ist").

Vermuthet wird die Absicht zu schenken, wenn der Ge­

ber gegen den Empfänger eine besondere persönliche Verpflichtung zur Wohlthätigkeit hat"). Dies trifft in der Regel zu bei Verwandten

in aus- und absteigender Linie, bei Geschwistern, Eheleuten").

Die

Bestimmung des donare, Liebe, Stipulation S. 86, und Gneist, die formellen Verträge S-116f., zur Feststellung des Begriffs der VertragSaansa überhaupt verwandt. Andere haben fich gegen diese Eintheilung erklärt, nicht allein weil sie in den römischen Rechtsquellen als solche nicht aufgestellt werde, sondern auch weil ste nicht erschöpfend sei- Wind scheid, Voraussetzung S. 89. Erxleben, die condictiones I. S. 33. Unger S. 195 Note 25. Witte, in der kri.t. Bierteljahrschr. B. 6 S. 341, u. A. Beide Angriffspunkte können und müssen als be­ gründet zugegeben werden. Der erste würde freilich nicht viel Gewicht haben, der zweite ist insofern richtig, als einzelne Dermögenszuwendungen nicht unter einen der drei Begriffe gebracht werden können, aber einerseits sind dergleichen Zuwen­ dungen (z. B- conditionis implendae causa) praktisch von sehr geringer Wich­ tigkeit, andererseits können trotzdem jene drei Begriffe sehr gut dazu dienen, daS Verständniß des einen klar zu machen an dem Gegensatz der beiden anderen. Vgl. ArndtS, Pand. §. 233 S. 376. 21) Koch, Kommentar Note zu §. 1040. d. T. 22) §. 1040. d- T.

Vgl. Seuffert IX. 288.

Gruchot B. 13 S. 795.

23) §§. 1041—1045.

24) Die Absicht zu schenken wird nicht vermuthet, wenn Jemand.die Schuld eines Anderen bezahlt. I. 16. §.46. Entsch. B. 7 S- 88. Striethorst B. 6 S- 332b. 25) §§. 1041.1044. Schles. Archiv B. 4 S..368. Durch die Worte „ohne Vorbehalt" ist nur so viel ausgesprochen, daß bei dem Geben eben nicht- Besonderes, da­ gegenseitige Rechtsverhältniß Bestimmendes erklärt worden. Das Geben ohne Vor­ behalt setzt eine positive Handlung voraus; daß man eine Zeit lang unterläßt, eine vertragsmäßige Forderung geltend zu machen, kann die Vermuthung der Schenkung nicht begründen. Striethorst B. 57 S. 222. 26) §. 1041.

Hierzu Koch, im Kommentar.

Strieth. B. 60 S« 247 c. d.

27) §. 1042. Daß dieser §. nur ein Beispiel, spricht das Präj. 260. (Samml. I. S. 71) aus. Andere Beispiele: Rechtsfälle B. 3 S. 164 und ArnSb. Arch. B. 4 S. 61

§. 122.

13

Die Schenkung.

Verpflichtung muß auf einem besonderen Grunde beruhen, sie darf aber nicht schon eine gesetzlich erzwingbare sein"), und die begleitenden Um­ stände dürfen nicht widersprechen").

Es soll die Absicht zu schenken

auch angenommen werden, wenn man einem Armen etwas zum Unter­

halt giebt, oder einer Armenanstalt und milden Stiftung etwas zuwen­ det, ohne gesetzlich dazu verpflichtet zu sein oder ausdrücklich jene Ab­ sicht auszuschließen"); endlich in Fällen, wo sich „gar keine andere Ab­ sicht des Gebenden denken läßt", wo also die Umstände jede Annahme

eines anderen Rechtsgrundes sernhalten"). Wo dagegen eine unentgelt­ liche Zuwendung in Folge einer gesetzlichen Verpflichtung geschieht, fehlt

es an der Freiwilligkeit, eine solche Zuwendung ist daher keine Schen­ kung.

Dahin gehört das Versprechen oder Geben einer gewissen Sache

oder Summe zur Ausstattung oder als Brautschatz von dem, der dem Empfänger gegenüber zur Ausstattung verpflichtet ist").

Endlich schließt

eine Gegenleistung, weil sie dem Begriff der Unentgeltlichkeit widerspricht, auch dann die Schenkung aus, wenn die Gegenleistung nicht dem Geber

zufällt. So wenn dem Versprechen einer Mitgift, welches von einem dazu nicht Verpflichteten gegeben ist, als bedungene Gegenleistung das Versprechen eine bestimmte Ehe zu schließen, gegenüber steht"). (im Verhältniß der Schwägerschaft). Ob die Vermuthung auch bei Stiefeltern, Stiefkindern und weiteren Verwandten eintritt, wird nach den Umständen zu er­ messen sein. Für gemeines Recht bejahet es Meyerfeld I. S. 215. 222, dagegen verneinen Glück B 5 S. 384 und Unterholzner II. S. 610 Note w.

28) Deßhalb ist angenommen, daß die Erklärung des Vaters, einem Kinde eine Summe zahlen zu wollen, welche dasselbe auf sein künftiges Erbtheil anzurechnen verpflich­ tet sein soll, eine Schenkung sei. Striethorst B. 49 S. 245. 29) Z B. Schles. Archiv B. 4 S. 368. Entsch. B. 20 S. 288 (wenn der Empfänger Gläubiger war). 'ArnSb. Arch. B. 5 S. 605 (kei fehlgeschlagener Erwartung der formlos zugestcherten Hofesfolge). 30) §§• 1043.1044. Ueber das „Ebenso" in §. 1043 s. Koch'S Note zu RechtSfälle B. 4 S. 121. Entsch. B. 11 S. 410.

diesem §.

31) §. 1045. Ein Beispiel in der jurist. Wochenschr. 1838. S. 729 und Schles. Arch. IV. 138 (gastliche Gefälligkeiten). Dahin gehören auch die Fälle, wo man sich eine wissentlich unmögliche Gegenleistung versprechen läßt, z. B. I. 11 §. 41 I. 5 §. 55. S. hierüber Koch, R. d. F. III. S. 155fg. 32) §§. 1046.1047. Ueber den Begriff der gewissen Sache oder Summe s. Entscheid. B. 31 S. 398. — Auch was auf Grund öffentlich rechtlicher Verpflichtungen ge­ währt wird, z. B. die vom Armenverbande gegebene Unterstützung ist im RechtSstnne kein Geschenk. Entsch. 53b. 11 S. 410. Ob dieselbe aus anderen Gründen zurückverlangt werden kann, wird in §. 148 erörtert werden. 33) Wenn die Berheirathung als Gegenleistung bedungen ist, so daß der andere Theil sich 3ur Eingehung der Ehe verpflichtet hat, liegt in der That ein zweiseitiger Ver­ trag vor. Auch die Schenkung unter dem modus der Eheschließung wird „einem lästigen Vertrage gleichgeachtet". I. 11 §. 1048. Die Ehe darf nicht bloß die Beranlaffung oder Gelegenheit zur Zuwendung gegeben haben (§. 1049); denn dann ist letztere eine einfache Schenkung. Vgl. noch daö Präj. 765 Samml. I. S. 71. Den Ausdruck, „in rechtsgiltiger Form versprochen" deutet die Praxis dahin, daß ein nur schriftlich (nicht in gerichtlicher Form) ertheiltes Versprechen klagbar ist. Würde ein wirklicher zweiseitiger Vertrag vorliegen, so würde die Leistung der Hand-

14

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Der Geschenkgeber muß vertragsfähig sein. Um für einen Ande­ ren zu schenken, bedarf man spezieller Vollmacht. Dies gilt auch von dem Verwalter. Auch wer traft des Gesetzes als Verwalter des Vermögens eines Anderen den letzteren vertritt, kann regelmäßig nicht für denselben schenken. Indessen machen solche Geschenke, die gerade durch die Vermö­ gensverwaltung begründet werden, eine Ausnahme: z. B. die für gewisse Dienste üblichen Trinkgelder, die den Charakter einer eigentlichen Libe­ ralität nicht haben. Daß die Hingabe von Geschenken durch die Vermögensverwaltung „begründet" sein kann, erkennt die Vormundschafts­ ordnung §. 38 ausdrücklich an. Der Vormund ist darüber hinaus auch zu „üblichen" Geschenken berechtigt. Eine unzulässige Schenkung des Vormunds kann den Mündel nicht verpflichten. Daß der Empfänger die Gabe als Geschenk an nehme, verlangt das A.L.R. für alle Schenkungen "), sie mögen durch Geben oder durch Versprechen geschehen. In der gemeinrechtlichen Theorie ist dieses Er­ forderniß namentlich von Savigny geleugnet worden"). Die ältere Doktrin zur Zeit der Redaktion hielt die Annahme für nöthig zur Voll­ endung der Schenkung"). Bei der bestimmten Vorschrift des A.L.R. ist diese Kontroverse für das preußische Recht interesselos; es muß übrigens die ältere Ansicht als mit den Zeugnissen des römischen Rechts und dem Wesen der Schenkung übereinstimmend behauptet werden"). Wie die Absicht zu schenken einer strengeren, so soll im Gegensatz die Absicht anzunehmen einer günstigeren Auslegung unterliegen. Die Anlung (Eheschluß) auch das mündliche Versprechen klagbar machen. Dgl. Entsch. B. 12 S. 159. Strietborst B. 66 S. 159, D. 67 S. 70, B. 83 S. 308, B. 85 S. 290, B. 88 S. 332. RG. bei Gruchot B. 25 S. 733. 34) §. 1058 „wie bei anderen Verträgen". Diese Worte haben keine besondere Be­ deutung; fie stehen in Bezichung zu der zu engen Definition in §. 1037. Und doch nimmt Koch (Komm.) an, daß durch die Acceptation die Sachlage in einen Vertrag zwischen Schenker und Beschenktem übergeht. Dann wäre die Definition in tz. 1037 nicht zu eng, was doch Koch selbst behauptet. — DaS sächs. GB. §. 1054 verlangt die Annahme nur bei dem Schenkungsversprechen. — Die -Schenkung zu Gunsten eines Dritten verlangt auch deffen Annahme (Beitritt). Gruchot II. 243. Oben B. 1 S. 487. Bergt. Strieth. B. 81 S. 192. 35) Savigny S. 145fg. Wo übrigens die Schenkung als Vertrag erscheint, ver­ kennt Savigny natürlich die Nothwendigkeit der Annahme nicht. S. 150f. Siehe auch Meyerfeld I. S. 34 fg. Don älteren Juristen haben Gleiches be­ hauptet Faber, de error. pragmat. decad. 47. error. 1. J. P. de Ludewig, dissert. sei. Vol. 3 n. 21. 36) Schiller, exerc. 43. th. 24. Leyser, sp. 433 med. 8. Höpfner, Komm. §. 411. Don den Neueren behaupten die Nothwendigkeit der Acceptation Puchta, Znstit. §. 205 Note p. Dangerow I. §. 121 Nr. III. Arndts §. 80. Unger II. S. 195f. Windscheid §. 365 Anm. 5. 37) 1.19 §. 2. D. XXXIX. 5. Non polest liberalitas nolenti acquiri. 1. 69. D. de R. J. Invito beneficium non datur. 1.1 §. 6 D. XXXVIII. 5 in liberalitatibus, quas non admisit is, cui quis donatum voluit. Daß dies im rö­ mischen Rechtsbewußtsein gelegen, ergiebt fich auch auö Cic. Top. c. 8 in f. ne-

§. 122.

15

Die Schenkung.

nähme ist an keine Form gebunden ’8), sie kann ausdrücklich und durch

Handlungen geschehen, und im zweifelhaften Fall sollen die Worte und Handlungen so gedeutet werden, daß der Empfänger das Geschenk habe

annehmen wollen"). Die Annahme ist an die Person dessen gebunden, dem das Geschenk angeboten. Seine Erben haben wider den Willen des Gebers nicht das Recht anzunehmen").

Stirbt der Geber vor der

Annahme, so wird nach den allgemeinen Grundsätzen entschieden, ob seine Erben sich die Annahme noch gefallen lassen müssen oder den Antrag

des Geschenks zurücknehmen können"). Dies hängt davon ab, ob der Tod des Versprechenden an sich den Rücktritt vom Vertrage motiviren würde, d. h. ob der Gegenstand der Schenkung eine Handlung war, die

nur vom Erblasser persönlich geleistet werden konnte").

Im Uebrigen

unterliegt die Annahme einer Schenkung, namentlich was die Zeit ihrer

Erklärung betrifft, den allgemeinen Grundsätzen, und nur von Willens­ unfähigen gilt noch die besondere, begünstigende Vorschrift, daß „jeder zum Besten eines wegen Kindheit, Krankheit oder Geistes­ schwäche an der Annahmeerklärung Behinderten annehmen darf").

Dritte"

IV. Wie aus Obigem folgt, kann Gegenstand einer Schenkung Alles sein, was geeignet ist, als Werth aus dem einen Vermögen in das andere übertragen zu werden"). — Bei der Schenkung des Eigen­ thums an einer Sache oder eines dinglichen Rechts an der Sache des

Gebers (einer Servitut, eines Gebrauchs- oder Nutzungsrechts) vollendet die Uebergabe oder der für die Bestellung des dinglichen Rechts sonst

vorgeschriebene Att (Auflassung, Gestattung der Ausübung) den Erwerb; die Schenkung einer Forderung, die dem Geber bisher zustand, geschieht

38)

M) 40)

41) 42) 43)

44)

que donationem sine acceptatione intelligi posse. Daß Niemand dem Andern etwas wider seinen Willen schenken kann, auch nach deutschem Rechtsbewußtsein, s. Grimm, Rechtsalterthümer 1. A. S. 606. Man darf nur das Annehmen nicht so auffaffen, daß dadurch ein besonderer, förmlicher Vertrag zu Stande komme, sondern dahin, daß der Beschenkte Kenntniß von der Zuwendung erhalten und den Werth derselben seinem Vermögen einverleibt. Bangerow l. S. 196s. bei ni. Seuffert B. 2 Nr. 45. Das folgt auch aus dem mehr thatsächlichen Charakter der Annahme, siehe vorige Note. §. 1059. §. 1061. Statt „anzunehmen" muß es hier heißen „zurückzunehmen". Reskr. v. 29. Dezember 1837 (Iahrb. B. 50 S. 469). Mit dem A.L.R. stimmen Voet, comm. ad Fand. 39. 5 Nr. 13. Wernher, observ. 1.1 p. 1 obs. 157. Savigny S. 152. Im System des Landrechts bildet der Satz eine Ausnahme von der Regel, daß eine Dertragsofferte durch den Tod des Empfängers derselben ihre verbindliche Kraft nicht verliert. Er entspricht aber dem §. 107 1.5. S. B. I. S. 504. I. 5. §§. 90-108. I. 5. §§. 108. 416. §. 1060. Striethorst B. 17 S. 184. (Auch der Theilungskurator kann ein Geschenk des Vaters an sein Kind acceptiren.) Mithin kann auch der Miteigenthümer seinem Miteigenthümer schenken, s. Koch, Komment. Note 3 zu §. 1037 gegen die Entsch. im Arnsberger Archiv B. 8 S. 173.

Zweites Buch.

16

Die besonderen Privatrechte.

durch Session oder Delegation"); die Zuwendung einer Forderung an den Geber selbst durch das Schenkungsversprechen, welches, weil es dem

Beschenkten eine Erfüllungsklage gegen den Schenkenden giebt, nicht als ein vorbereitendes Versprechen einer künftigen Schenkung aufgefaßt werden darf"); bei Befteiungen durch die entsprechende Erklärung, daß dem

Beschenkten eine an sich gütige, nicht schon durch Einreden zu beseitigende Schuld") erlassen, daß von seinem Vermögen eine Last genommen werden soll, also durch Nachlaßvertrag (pactum de non petendo), durch Ausstellung einer Quittung über die nicht bezahlte Schuld, Zurückgabe oder Kasfirung des Schuldscheins, durch Expromission, indem der Schen­ kende die Schuld des Beschenkten an einen Dritten übernimmt"). Be­

sonders hervorzuheben ist als Gegenstand ein ganzes Vermögen oder ein aliquoter Theil deffelben").

Das A.L.R. erwähnt eine solche

Schenkung nur beiläufig als möglich"); einzelne Regeln giebt es für

sie nicht, und aus einer Aeußerung von Suarez") geht hervor, daß

45) Das geschieht dadurch, daß ein Gläubiger seinen Schuldner anweiset, einem Drit­ ten (dem Delegatar) die Schuld zu versprechen. Letzterer ist der Beschenkte. 1. 2. §. 1. 1. 21 §. 1. D. XXXIX. 5. Wie Koch, Komm. Note zu §. 1065. d. T., dazu kommt, diesen Hergang Expromisston zu nennen (s. auch R. d. Forder. III. S. 162 bei Note 6 a.), ist nicht zu verstehen, denn durch Expromisston kann doch nur in der Weise geschenkt werden, daß der Schenkende die Schuld des Be­ schenkten an einen Dritten diesem letzteren zu zahlen verspricht. DaS Präj. 1709, Entsch. B. 13 S. 190, bezieht fich auf Schenkung durch Delegation: der Schen­ ker delegirte seinen Schuldner dxm Beschenkten, indem er unter Rückgabe des In­ struments an den Schuldner diesen anwies, eine neue Urkunde auf den Namen des Beschenkten auszustellen. Die Gründe der Entsch. sagen kein Wort von Ex­ promisston. UebrigenS bezeichnet Koch, Note zu ß. 1037, das Geschäft wieder richtig als Delegation. Aber da er zu §. 1065 sagt: Die Liberation von der Schuld des zu Beschenkenden an einen Dritten kann nicht Mittel der Schen­ kung sein, weil der Letztere nur auf dem Wege des Erlasses befreit wird — so scheint er eine Schenkung durch Expromisston, durch welche allerdings der Beschenkte von seiner Schuld gegen einen Dritten befreit wird, für unaus­ führbar zu halten. Warum wohl? Darauf die Antwort, wie eö scheint, in Notel, weil es an der nöthigen Aeeeptation fehlt, „denn bis dahin fei Nicht­ geschehen, was zur Vollziehung einer Schenkung gehöre". Eö ist aber gerade so viel geschehen, wie bei schenkung-weiser Uebergabe einer Sache, oder Abtretung einer Forderung — die Annahme de- Geschenks folgt; freilich muß ste folgen auch bei Schenkungen durch Expromisston, aber ste kann hier auch ebenso gut, wie bei jeder anderen Art der Schenkung folgen. Man beachte, wie Koch in Note 1 dem Expromittenten die Regreßklage giebt und nimmt. Die Regreßforderung kann gar nicht entstehen, wenn der Expromittent die Abstcht gehabt hat zu schenken. — 46) Unger II. S. 198fg. 47) Unger S. 198 Note 37 a. E. Der Erlaß erfordert ausdrückliche Erklärung und ist nicht schon au- der Aushändigung der Schuldurkunde zu entnehmen. Entsch. B. 7 S. 88.

48) Siehe oben gegen Koch Note 45. 49) Meyerfeld II. S. 1 (§. 21).

Savigny S. 134.

Unger S. 207.

b) §§• 1056.1057. Ueber die Schwierigkeit, unter Umständen eine solche Entschädigung zu berechnen, s. Koch, Note zu §. 1057.

,M) Vgl. oben Anm. 33. Die früheren Auflagen nehmen bezüglich der Form des Schenkungöversprechenö sub modo, insofern dasselbe eine wirkliche Belastung be­ wirkt und also dem lästigen Vertrage gleich geachtet wird, also auch außer dem Fall deö §. 1048 an, daß es verbindlich sei ohne Wahrung der gerichtlichen Form. Das kann nach Anficht des Herausgebers auö den Worten, daß die (als wirksam vorausgesetzte) Schenkung den lästigen Verträgen gleich geachtet wird, nicht gefol­ gert werden. Die Gleichachtung bezieht stch nur auf den Widerruf.

§. 122.

Die Schenkung.

41

daß die Bestimmung oder der Endzweck nur zum Schein beigefügt wor­ den, soll die Schenkung in Ansehung des Widerrufs als Schenkung beurtheilt werden", sowie daraus, daß im §. 1056 die lediglich zum Besten des Beschenkten abzielende Belastung für nicht geeignet erklärt wird, den Charakter der Schenkung zu alteriren, ist zu entnehmen, daß die Bestimmung dahin zu verstehen ist, jede ernstliche, den Annahmen reiner Liberalität beschränkende, Belastung zu Gunsten eines dritten solle zur Folge haben, daß das Geschenk bezüglich der Widerruflichkeit als lästiger Vertrag behandelt werde""). Im Falle der Erfüllung der Auflage ist also der Widerruf ausgeschlossen. Weigert sich der Beschenkte, die Auflage zu erfüllen, so darf nicht aus Erfüllung, sondern es muß aus Zurückgabe des Geschenks geklagt werden"'). — Eine bedingte Schenkung kann nur dann einen Zweifel über die Natur des Geschäfts erregen, wenn die Bedingung in einer Leistung oder Handlung des Be­ schenkten selbst besteht"'). Dann wird sie wie die mit einem Endzweck belastete Schenkung beurtheilt und jm Zweifel die Bedingung als Gegen­ leistung aufgefaßt"'). Auch hier giebt es anderen Falls keine Klage aus Erfüllung der Bedingung'"). d. Ohne Grund wird die wechselseitige Schenkung (d. reciproca)191) als eine besondere Art aufgesührt; jede der beiden Schenkun­ gen ist selbständig, wenn sie auch in Beziehung auf die andere zuge­ wendet oder versprochen worden. Das A.L.R. hat diesen richtigen Gesichtspunkt"") — aber von einer Singularität der damaligen Praris, welche solche Schenkungen als belohnende auffaßte, hat es sich nicht ganz sreigehalten: wenn der Eine widermft, so soll der Andere für das, 1M) Vgl. auch R.G. bei Gruchot B. 25 S. 435. 18T) Oben B. 1 §• 38. Nach gemeinem Recht nimmt man an, daß der Schenker ans Erfüllung deö Modus mit einer a. praescr. verbis oder einer a. ex stipulatu klagen, 1. 9. 22. 0. VIII. 54, sächs. G.B. §. 1066, oder daS Gegebene mit einer condictio ob causam znrückfordern kann, 1. 3. 8. C. IV. 6, Unger S- 226. Das, A L.R. giebt nur die Klage auf Zurückgabe (§§. 154. 157. 158. I. 4). Entsch. B. 37 S. 22sg. Koch läßt die Klage auf Erfüllung des Zwecks zu (Kommentar Note zu §. 1053) mit Berufung auf Entsch. B. 12 S. 150. Diese Entscheidung handelt aber nur von dem Klagerecht der Kontrahenten auf Erfüllung eines Ver­ trages zu Gunsten eines Dritten, also von einem ganz anderen Fall. Zu I. 4. 155 behauptet dagegen Koch, daß nach §. 158 I. 4 nur die Zurückforderung des Gegebenen zustehe — also nicht eine Klage auf Erfüllung des Modus. — War die Erfüllung des Modus von Anfang an unmöglich und dies dem Schen­ kenden bekannt, so liegt einfache Schenkung vor. 188) Savigny S. 164f. 189) §. 1053fg. 19°) Oben B 1 tz. 36. Tritt die Bedingung nicht ein, so muß das schon vorher ge­ gebene Geschenk znrückgegeben werden. Seuffert XL 242. Koch, R. d. F. S. 158. Meyerfeld I. S. 370. Savigny S. 92. Unger S. 222. 19a) §. 1051. d. T.

42

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

was er schon gegeben oder geleistet, entschädigt werden'"). Man wir-, um dieser Bestimmung wenigstens einigen juristischen Sinn beizulegen, annehmen müssen, daß die Entschädigungsberechtigung des anderen

Theils nur dann eintritt, wenn es zwischen beiden Theilen zur aus­ drücklichen Willenseinigung darüber gekommen ist,

daß das eine Ge­

schenk mit Rücksicht aus das andere, als Erkenntlichkeit dafür, gegeben,

und

daß die Entschädigungspflicht des Widerrufenden nicht in der

Leistung eines Vertragsinteresse, sondern in der Zurückgabe des empfan­ genen Geschenks besteht, daß also in jener Bestimmung der Rechtssatz ausgedrückt ist: bei wechselseitigen Geschenken berechtigt der Widerruf

des einen Theils (der ihm wie bei jeder anderen Schenkung nur aus den gesetzlichen Gründen zusteht) auch den anderen Theil zum Widerrufe, wenn er sich selbst nicht auf einen solchen Grund stützen kann'"),

e.

Wichtiger ist die Schenkung aus den Todesfall (mortis

causa d.)*96).

Der Tod des Schenkenden'9') kann in verschiedener Art

mit der Schenkung in Verbindung gebracht werden.

Es kann erstens

im Allgemeinen der bevorstehende Tod, oder eine bestimmte Todesgefahr

nur der Beweggrund für die Schenkung sein:

besondere Wirkung.

dann äußert er keine

Das den Schenkungen eigenthümliche Widerrufs­

recht ist vor und nach überstandener Gefahr gestattet'99), und ebenso

wenig vererblich, d. h. der Erbe des Gebers kann nur dessen bereits

gerichtlich erklärten Widerspruch geltend machen'99). Auch ist die ge­ richtliche Form des Versprechens nothwendig. Oder zweitens, das Ge­ schenk soll dem Bereicherten nur bis oder erst vom Tode des Gebers zugewendet werden: hier ist der Todestag die Zeitbestimmung'99).

Mit seinem Eintritt hört entweder das gegebene Geschenk aus und der

>") §. 1052. Koch's Note hierzu. 194) War bei der ersten Schenkung eine Gegenschenkung bedungen, so ist es velut genus quoddam permutationis. I. 25 §. 11 D. de H. P. Oesterr. G B. §. 942. 195) §§. 1134-1139. d. T. Bornemann III. S. 228. Koch, Pr.R. II. S. 278. 279. R. d. F. III. S. 152. Dernburg III. §. 154. — v. Schröter, in der Z. f. C.R. u. Proz. B. 2 S. 97f. Wiederhold, daselbst B. 15 S. 96f. Savigny B. 4 S. 239 fg. Unger, österreich. Pr.R. B. 6 (Erbrecht) S. 322 fg. — Unterholzner II. S.499. Bangerow II. S. 656. Arndt- S. 862fg. Sinteni- HI. S. 721. Keller S. 134. 196) Der Tod eine- Dritten oder des- Beschenkten qualistzirt die Schenkung in keiner Weise. 1. 11. 18 pr. D. XXXIX. 6. 1. 37 §. 3 de leg. III. 1. 2 C. VIII. 55. Savigny S. 243. Unger S. 325 Note 4. 197) §. 1138. d. T. 1. 3 D. XXXIX. 5. Sehr bezeichnend' sind in 1.42 §. 1 D. XXXIX. 6 die Worte: non tarn mortis causa, quam morientem donare. 1.27 v. XXXIX. 6. 198) §. 1139. d. T. 199) Als dies quando. S. oben B. 1 §. 37. Unger S- 332 Note 22. Seuffert XII. 31. XX. 34.

§. 122. Die Schenkung.

43

Erbe kann vindiziren und kondiziren, oder es beginnt jetzt erst seine Wirksamkeit und der Beschenkte hat gegen den Erben die Ansprüche aus

Uebergabe, Abtretung u. s. w.

Auch dieser Fall unterscheidet sich nicht

von der einfachen Schenkung. Es kann drittens aber das Geschenk unter der Bedingung'"") zugewendet oder versprochen sein, daß der Beschenkte den Geber überlebt""').

In diesem Fall wird eine Schen­

kung auf den Todesfall angenommen, welche wegen der Eigenthümlich­

keit, daß ihre Perfektion durch den früheren Tod des Gebers bedingt ist,

als

ein besonderes Rechtsinstitut aufgefaßt wird.

Die Römer

sagen hier: der Schenker will die Sache lieber haben, als sie dem Be­

schenkten geben, letzterem sie aber lieber geben, als sie dem Erben hinter­ lassen'"').

Das ist eine vulgäre Anschauung (quare vulgo dicatur), Hier äußert der frühere Tod

kein Rechtsprinzip und erklärt nichts.

des Beschenkten bei schon vollzogener Schenkung die Wirkung einer auf­ lösenden Bedingung'"'), der Geber fordert den Gegenstand deffelben von dem Erben des Beschenkten zurück.

Das ist kein Widerruf im

technischen Sinn'"'), obgleich das A.L.R. von „widerrufen"'"') spricht.

Vielmehr ist die Klage des Gebers entweder eine Vindikation oder eine

Kondiktion'""). Bei einem Schenkungsversprechen bleibt die Ausführung 20°) §. 1136. d. T. erwähnt zwar nicht den Fall, wo der Tod des Gebers überhaupt das bedingende Ereigniß ist, sondern mir den speziellen Fall, wo der Tod durch eine bestimmte Gefahr zur Bedingung gemacht ist. Aber auch der erstere gehört hierher. — Wo der Eintritt des Todes die Bedingung ist, da gilt, was 1. 32 D. XXXIX. 6 sagt: non videtur perfecta donatio mortis causa facta, antequam mors insequatur, d. h. bis zum Eintritt der Bedingung ist daS davon abhängig gemachte Rechtsverhältniß noch nicht perfekt. S. oben B. 1 §. 36 S. 184. 201) §. 1 J. II. 7 mortis causa donatio est, quae propter mortis fit suspicionem: cum quis ita donat, ut, si quid humanitus ei contigisset, haberet is, qui accepit; sin autem supervixisset is, qui donavit, reciperet, vel si eum donationis poenituisset aut prior decesserit is, cui donatum sit. Dergl. 1.2 (sola cogitatione mortalitatis), 1. 32 I). XXXIX. 6. Dresdener Annalen IV. 281. 202) 1. 35 §. 2. D. XXXIX. 6. is, qui mortis causa donat, se cogitat, atque amore vitae recepisse potius, quam dedisse mavult; et hoc est, quare vulgo dicatur, se potius habere vult, quam eum, cui donat, illum deinde potius, quam heredem suum. 203) 1. 2. 29 D. XXXIX. 6. Die Tradition kann auch Gunter aufschiebender Bedingung geschehen, das ist aber im Zweifel nicht anzunehmen. Savigny S. 246 fg. Unger S. 325 Note 3. Vergleiche den in §. 263 I. 11. A.L.R. ausgedrückten Rechtssatz. ao4) D. h. kein Widerruf, wie er ausnahmsweise aus besonderen gesetzlichen Gründen (wegen Uebermaßes, Undanks, nachgeborener Kinder) bei jeder Schenkung gestattet ist. S. oben bei VI. B. ns) §. 1137. d. T. 206) 1. 19 pr. D. XII. 1. 1. 29. 1. 35 §. 3. 1. 39 D. XXXIX. 6. 1.12 D. XII. 4. §. 1 I. II 7. Auch die a. praescriptis verbis ist anwendbar. Savigny S. 255. Vindizirt wird cum omni causa, aber der Beklagte giebt als redlicher Besitzer zurück. Die a. revocatoria ist nur persönlich (cond. ex lege), s. über diese oben bei VI. B. d.

44

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

bis zum früheren Tode des Gebers suspendirt, und der Beschenkte hat

dann

gegen den Erben

dem Schenkungsversprechen.

die Klage aus

Dieses bedarf der gerichtlichen, ist die Schenkung von Todeswegen als eine

remuneratorische gekennzeichnet, der Schriftform; und der Widerruf steht

dem Geber aus den gesetzlichen Gründen und in den Lesetzlichen Fristen zu. Ein besonderer Fall dieser bedingten Schenkung ist der, wenn die Be­ dingung darin gesetzt wird, daß der Geber eine bestimmte, ihm bevor­

stehende Todesgefahr nicht überleben würde.

Die Schenkung fällt weg,

wenn der Geber diese Gefahr überlebt oder auf andere Art gestorben ist,

und die Klage auf Rückleistung des bereits übergebenen Gegenstandes steht dem Geber und dessen Erben zu.

Unterliegt er der Gefahr, so

hat der Beschenkte die Erfüllungsklage gegen den Erben, der seinerseits nicht widerrufen darf, aber nicht gehindert ist, einen von dem Geschenkgeber selbst bereits gerichtlich erklärten Widerruf aus gesetzlichen Gründen zu ver­

folgen. — In allen diesen Fällen tritt nichts Besonderes hervor.

Sie

unterscheiden sich in nichts von anderen Rechtsverhältnissen, die mit dem

Eintritt eines ungewissen Ereignisses in Verbindung

gebracht,

durch

dasselbe bedingt oder betagt werden. Ein besonderes Rechtsinstitut hier anzunehmen, ist an sich gänzlich unmotivirt""). Aber ein sehr dunkles Gesetz Justinian's'°°) hat bewirkt, daß den mit dem Tode des Gebers in Verbindung gebrachten Schenkungen in der gemeinrechtlichen Praxis

ein eigenthümlich schwankender, zwitterhafter Charakter beigelegt worden ist, indem man auf sie einige Regeln von Legaten anwandte, von an­

deren derselben sie befreite.

Namentlich stritt man sich über die Form

und darüber, ob solche Schenkungen wie letztwillige Verfügungen will­ kürlich widerruflich seien. Das A.L.R. hat diese sehr unfruchtbaren Kontroversen abgeschnitten. Es entzieht solchen Schenkungen den Cha­

rakter letztwilliger Verfügungen grundsätzlich, behandelt sie als Geschäfte unter Lebenden, und gestattet nur, daß bei der auf den Tod gestellten Schenkung der Geber sich ausdrücklich Vorbehalten darf, das Geschenk willkürlich bis zu seinem Tode zu widerrufen, d. h. auch ohne besondere

Widerrufsgründe"").

Eines ausdrücklichen Vorbehalts bedarf es nicht,

wenn eine „instehende" Todesgefahr der erweisliche Anlaß oder Beweg-

20r) Deßhalb stellt das A.L.R. in §. 1137. d. T. auch mit Recht die AuSleguugsregel hin, daß eine gewöhnliche Schenkung vermuthet werden soll, wenn sie auch von Todeswegen genannt worden. Es stimmt hier mit Stryk, us. mod. 39. 6. §. 2. Leyser, sp. 438. m. 2. Hofacker, princ. j. civ. II. §. 1009. r°°) I. 4 C. VIII. 57. 2®9) §. 1135 vergl. mit §. 1134. d. T. Dieser willkürliche Widerruf ist eine ganz andere Besugniß, als der Widerruf, der bei jeder Schenkung aus besonderen Gründen gestattet ist. Seuffert V. 131. XVIII. 37.

45

§. 122. Die Schenkung.

gründ der Schenkung gewesen ist,

ohne daß die Schenkung von der

Bedingung abhängig gemacht ist, daß der Geschenkgeber diese Todes­ gefahr nicht überleben werde.

In solchem Falle hat der Geschenkgeber

gerade so, wie bei dem ausdrücklichen Vorbehalt des Widerrufs aber

erst nach überstandener Gefahr das Recht des Widerrufs; aber nur er

selbst, nicht seine Erben. — In diesen Fällen des zulässigen Widerrufs

tritt eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Legat hervor. zweifelhaft,

Es ist nicht

den ausdrücklichen Vorbehalt willkürlichen Widerrufs auch

zu gestatten bei sofort durch einen Uebertragsakt vollzogenen Schenkungen, wenngleich das A.L.R. nur von dem Schenkungsvertrage spricht. Wider­ ruft der Schenkende, so fällt jede Wirkung der Zuwendung weg; wider­

ruft er nicht, so soll der Beschenkte auf den Nachlaß „eben die Rechte, wie ein Legatarius" haben""). Damit ist zunächst nichts weiter gesagt, als daß er wie ein solcher den persönlichen Anspruch an den Erben auf

Erfüllung des Schenkungsversprechens hat"'), und daß er bei unzureichen­ dem Nachlaß hinter

die eigentlichen Nachlaßgläubiger zurücktritt.

Er

ist aber auch den Abzügen, die der Erbe dem Legatar bei Unzuläng­ lichkeit der Masse ansinnen darf, unterworfen; ob auch dann, wenn er schon bei Lebzeiten des Erblassers die Sache bereits erhalten, ist streitig"').

Der Erbe hat kein Widerrufsrecht.

Das einzige Kriterium der eigent­

lichen Schenkung aus den Todesfall ist also, daß der Geber aus Grund

eines ausdrücklichen, sonst formlosen'") Vorbehalts nicht bloß aus den

"°) Au-gedrückt ist dies im Gesetz nur für den Fall des ausdrücklich vorbehalteuen Widerrufs (§. 1136), nicht auch für den Fall des §. 1138: derselbe muß aber gleich behandelt werden.

'") Nach §. 288f. I. 12. Verneint wurde die Frage von den früheren Ausgaben in Uebereinstimmnng mit Koch. Komm. Rote ,n §. 1135. d. T. J.M.Resk. v. 27.Rovbr. 1840 (S M Bl. S. 397), bejahet-von Dernburglll. §. 154 Anm. 20 ohne nähere Erörterung. Da §. 335 1.12 die Schenkungen von Todeswegen nicht nur dem Abzug sondern auch dem Beitrag der Legatarien unterwirft, so glaubt der Herausgeber sich der Dernburg'schen Ansicht anschließen zu müssen. Nach römischem Recht wurde auf die m. c. don. auch das Anwachsungsrecht wie bei Legaten angewendet, 1. un. §. 14 C. VI. 51, und sie wurde in den Pflichttheil de» Beschenkten eingerechnet, 1.1 §. 1 D. XXXVIII. 5. Nach preuß. Recht fällt da» Anwachsungsrecht weg; 1.12 §. 366f. geben es nur den Legatarien, und §■ 1135 1.11 spricht nur davon, daß die Rechte des Legatars gegen den Erben dem Beschenkten zustehen sollen. Daß der Pflichttheilserbe sich in den Pflichttheil auch die auf den Todesfall er­ haltene Schenkung einrechnen muß, wenn diese in Grundstücken, Gerechtigkeiten oder ausstehenden Kapitalien bestanden, ist nichts Besondere». II. 2 §§. 327. 328. 393. A.L.R.

21a) Daß Bornemann hier einen gerichtlichen Widerruf verlangt (a-a.O. S. 229f.), weil er ebenso auSgeübt werden muß, wie der Widerruf von anderen Schenkungen, ist ganz unhaltbar. Auch bei andere» Schenkungen bedarf der Widerruf nicht der gerichtlichen Form; diese ist nur nöthig, wenn der Erbe ihn fortzusetzen berechtigt sein soll. Das bloße Verzehren oder Vernichten der Sache soll ja genügen. §. 1168.

46

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

gesetzlichen Gründen (wegen Uebermaßes, Undankbarkeit, wegen nachgeborner Kinder), sondern willkürlich widerrufen darf. Im Uebrigen bleibt eine solche Schenkung den Regeln der Schenkung unter Lebenden

unterworfen, denen der Vermächtnisse entzogen.

Namentlich bedarf das

nicht ausgeführte Versprechen'") der gerichtlichen, beziehungsweise als remuneratorische Schenkung der Schriftform, und jede solche Schenkung der Annahme'"). Auch nach gemeinem Recht ist übrigens die Ansicht nicht haltbar, daß eine solche Schenkung unter die Rechtsgeschäfte von

Todeswegen zu rechnen sei"').

die wesentlichsten Unterschiede.

Zwischen ihr und dem Legat bleiben

Die Schenkung ist ein Geschäft zwischen

Geber und Empfänger'"), der Empfänger hat aus der Uebergabe so­ fort Eigenthum'"), aus dem Versprechen sofort eine Forderung er­

worben, deren Erfüllung der Erbe als eine Schuld des Erblaffers über­

kommt'");

bei dem Legat aber beginnt das Recht des Legatars erst

mit dem Tode, seine Forderung ist keine Schuld des Erblassers,

die

mit dem Nachlaß aus den Erben übergeht, sondern eine Auflage an den Erben. Darum entzieht der Widerruf der Schenkung durch den Geber dem Beschenkten ein Recht, der Widerruf eines Legats ist nichts

als Willensänderung"").

Dort wird

das Vermögen des Beschenkten Im

durch den Widerruf wieder vermindert, hier nur nicht bereichert.

römischen Recht wird bei jeder aus den Tod des Gebers gestellten

Siehe oben Note 138f. Schröter S. 147.

Auch formlos nach gem. Recht.

Savigny S. 244.

214) Nur das Versprechen bedarf der gerichtlichen Form, um die Ersllllungsklage zu erzeugen. Daher kann eine durch Uebergabe vollzogene Schenkung von Todeswegen nicht von den Erben des Schenkenden wegen Mangels der gericht­ lichen Form widerrufen oder angefochten werden. Entsch. B. 55 S. 38. 215) Bei dem Wortlaut des §. 1058. d. T. kann dies nicht bezweifelt werden. S. da­ gegen SeuffertXIX. 246. (Annahme sei nur^nöthig, wo die Schenkung in Form und Folge eines Vertrages errichtet werde.) 2^) Savigny S. 18 h. 144. Schröter S. 107f. Bangerow S. 662f. Unger S. 327 Note 11. 13. 14.

217) DaS hat seinen sehr bestimmten Ausdruck in den Worten der 1. 38 D. XXXIX. 6. gefunden: praesens praesenti dat. Vangerow S. 657. Der Erblasser ist der Schuldner, nicht der Erbe der Onerirte. Derselbe S. 665.

218) Savigny S. 244f. 219) e Das zeigt sich besonders darin, daß die Erfüllung der aus dem Schenkungsver­ sprechen entspringenden Forderung ganz unabhängig von der Beerbung ist. Schlägt der Testamentserbe aus, so muß der Intestaterbe erfüllen. Auch die Fähigkeit des Beschenkten, ein Legat zu erwerben, ist nicht erforderlich. 1. 25 D. XXXIX. 5. 1. 5 §. 17 I). XXXIV. 9. Schröter a. a. O. S. 104f. Im Testament braucht die Schenkung gar nicht erwähnt zu sein, es bildet nicht den Klagegrund gegen den Erben, es ist daher auch gleichgiltig, ob es als nichtig wegfällt. Wäre nur im Testament eine Schenkung versprochen, so wäre die Zuwendung als reines Legat, oder, wenn sie das ganze Vermögen oder eine Quote betrifft, als Erbein­ setzung aufzufassen.

22°) Schröter S. 108f.

§. 122.

Die Schenkung.

47

Schenkung deren freie und willkürliche Widerruflichkeit vorausgesetzt"'). Dadurch wurde die gemeinrechtliche Theorie verleitet, diese Schenkungen auch ihrem Wesen nach mit dem Legate in nahe Berührung zu bringen und doch ergiebt eine genauere Betrachtung der Fälle, in denen die Schenkung auf den Todesfall mit dem Legat zusammengestellt wird, daß sie nur Momente betreffen, die unbeschadet der Selbständigkeit beider Rechtsinstitute bei dem einen und anderen in gleicher Weise entschieden werden konnten und darum so entschieden worden sind "'). Die Neuerung Justinian's, die so viel Zweifel erregt hat, bezieht sich auf die Form, indem er neben der Insinuation bei großen Schenkungen die Kodizillarform (mit fünf Zeugen) zur Wahl stellte""). In der Praxis wird häufig die letztere als die ausschließliche angenommen'"). Im Ganzen darf man bei den Abweichungen dieser Lehre nach ge­ meinem und preußischem Recht den Redaktoren des letzteren das Zeug­ niß nicht versagen, daß es ihnen gelungen ist, diese „dunkelste und verwickeltste" Lehre des römischen Rechts, wie sie Suarez"") bezeichnet, von den „inextrikablen Verlegenheiten" befreit und vereinfacht zu haben. Sie haben einen praktisch glücklichen Griff gethan, indem sie den Satz abwiesen, daß jede aus den Tod gestellte Schenkung willkürlich wider-

221) Die Widerruflichkeit aus bloßer Sinnesänderung, aus Reue (si eum donationis poenituisset, §. 1 J. II. 7, vergl. 1. 16, Bef. 1. 30 D. XXXIX. 6) versteht sich hier von selbst, wenn sie nicht ausgeschlossen r-orden, während die donatio inter vivos unwiderruflich ist, außer aus besonderen gesetzlichen Ursachen. Daß die revocatio ex poenitentia Bei der m. c. don. ausgeschlossen werden kann, ohne ihr Wesen aufzuheben , folgt aus 1. 35 §. 4 D. eod.: sic quoque donari mortis causa, ut nullo casu sit repetitio, id est ne si convaluerit quidem donator. Daraus erklärt sich die 1. 27 eod. dahin, daß nur nicht ausgemacht werden darf, die Schenkung solle auch dann bestehen, wenn der Geber später als der Be­ schenkte stirbt. Da eS oft sehr zweifelhaft ist, ob eine m. c. oder eine inter vivos don. vorliegt, so ist die Praxis geneigt, in der revocatio ex poenitentia ein entscheidendes Kriterium für erstere zu sehen. Dgl. Savigny241. Unger S. 329 Note 16. Dangerow II. S. 660. II. 2. Dresdener Annalen B. 4 S. 283. 323. Seuffert B. 18 Nr. 37. Wird Unwiderruflichkeit zwischen Geber und Empfänger verabredet, so geht das Geschäft in einen Erbvertrag über. Dresdener Annalen B. 4 S. 284. Schirach im Archiv für civilist. Praxis II. S. 315. 222) Siehe hierüber besonders Bangerow tz. 562 S. 662fg. Note 15. 16 S. 328 fg.

823) Bangerow tz 563 S. 667fg. S. 135 f.

Unger S. 323 und

Savigny, System IV. 261 f. Schröter a. a. O.

224) Für die Wahl: DreSdn. Ann. IV. 281, bes. 285. Wolfenbüttel, S euffert XV. 146. Stuttgart, Tafel, Eiv.RsPr. II. 245. Für die Kodizillarform als ausschließliche: Kiel (Seuffert VII. 336), Celle, das. XV. 146 und die Praxis des A G. Greifs­ wald (Kremer w. Meier'fche Erben. 1857. Klages w. Karten. 1860. Junghardt w. Krehmke. 1863. Keding w. Keding. 1864). Die Streitfrage theilt sich übrigens noch in mehrere Unterfragen, je nachdem es sich von Schenkungen über oder unter 500 Solidi handelt. Daraus kann hier nicht eingegangen werden. 225) Jahrb. B. 41 S. 25.

Zweites Buch.

48

Die besonderen Privatrechte.

ruslich wie ein Legat sei und eine solche Widerruflichkeit regelmäßig nur in Folge eines ausdrücklichen Vorbehalts zuließen'"). X. Das positive Recht'") unterwirft einer besonderen Beaufsichti­ gung die Schenkungen an Korporationen und andere juristische Personen, indem es den Erwerb an die staatliche Genehmigung knüpft, wenn er mehr beträgt, als 1000 Thlr., und ohne Unterschied des Be­ trages, wenn durch die Zuwendung eine neue juristische Person gestiftet oder einer vorhandenen ein anderer Zweck gegeben werden soll. Diese Bestätigung wird vom König selbst oder wenn lediglich die Objektshöhe die Genehmigung erforderlich macht, auch von der ein für alle Mal bestimmten Verwaltungsbehörde ausgesprochen. Die Schenkung wird, wenn die Genehmigung ertheilt worden, als von Anfang an giltig betrachtet, so daß die gezogenen Nutzungen der Sache seit dem Tage der Schenkung mitzugeben sind'"). Die Genehmignng kann anch auf einen Theil der Schenkung beschränkt werden.

§. 123. A.L.R. I. 11. §§.363-375.

Der Tausch.

Gruchot XL 194fg.

Bornemann B. 3 S. 63.

v. Daniels B. 3 S- 193. Koch, Pr.R. B. 2 S- 428. R. d. F. B. 3 S. 828. Dernburg II. §. 157. — Treitschke, der Kaufkontrakt, 1838. S.264f. 2. Av. Weng le r, 1865. S. 391 fg. Dankwardt, Nationalökonomie und Juris­ prudenz. 1. Heft. 1858.. S»23f. 3. H. S. 41. 4. H. S-29. — Unterholzner B. 2 S. 300. Arndts S. 498. Sintenis B. 2 S. 590. Windfcheid II. §. 398.

Mit dem Tausch beginnt die Reihe derjenigen Verträge, welche be­ stimmt find, Etgenthumswerthe entgeltlich in ein anderes Vermögen zu übertragen. Er ist die primitive Rechtssorm solcher Verträge, sein Zweck ist, individuelle Werthe zu wechseln und zwar dadurch, daß man eine Sache (Waare) hingiebt, um eine andere Sache zurückzuempfangen'). 226) Nicht so gelungen sind dir Bestimmungen des österr. G.B. §.956, welches die Schenkung auf den Todesfall durchweg als Vermächtniß behandelt, wenn nicht die Widerruflichkeit ausgeschlossen worden. Unger S. 323. Das sächs. G.B. §. 2500 schließt sich hier dem österr. 9t. an, eS beurtheilt die Schenkung aus den Todesfall sowohl in Betreff der Form als der Wirkungen wie eine letztwillige Verfügung, im Fall der Annahme wie einen Erbvertrag. Ebenso der bairische Entwurf Art. 122 f. 227) Ges. v. 23. Febr. 1870. (AeltereS Recht Ges. v. 13. Mai 1833. K O. v. 22. Mai 1836. B.O. v. 21. Juli 1843.) Ueber den älteren Rechtszustand s. Löwenberg, Motive B. 1 S. 213f. Seit Friedrich d. Gr. (Edikt v. 21. Juni 1753 bei Rabe B. 1 S- 317) hat man die freigebigen Zuwendungen an die todte Hand durch die Gesetzgebung zu beschränken gesucht. 228) §. 3 G- v. 23. Febr. 1870: ein zweifelloser Fall der Rllckziehung bei einer con­ ditio legis.

') § 363. d. T.

Endemann, deutsches Handelsrecht-

§.102.

§. 123.

Der Tausch.

49

Jeder Kontrahent hat, weil jeder eine bestimmte Sache leistet, das­ selbe Recht und dieselbe Pflicht, wie der andere, keiner vom anderen eine verschiedene Berechtigung oder Verpflichtung. Dieser Gedanke hat im A.L.R. den Ausdruck erhalten: jeder ist Verkäufer und Käufer'). Und doch liegt grade hierin der wesentliche Unterschied vom Kauf'), bei welchem jede Partei andere Pflichten und Rechte hat, weil bei ihm nicht individuelle Werthe mit einander gewechselt, sondern ein indivi­ dueller Werth gegen einen allgemeinen Werth hingegeben wird4*).* * Es ist bekannt, daß die römischen Juristenschulen sich darüber stritten, ob überhaupt Tausch und Kauf verschieden seien. Die Sabinianer sagten: si ego togam dedi, ut tunicam acciperem, esse emtionem et venditionem und die Prokujelaner erwiderten permutationem, non emtionem hoc esse5). Offenbar sind die Letzteren tiefer in das Wesen der Sache eingedrungen. Man kann hinzusügen: der Tausch befriedigt direkt, der Kauf indirekt das Vermögensbedürsniß der Parteien. Wer Waare gegen Waare eintauscht, erhält unmittelbar, wessen er bedarf; wer Geld für eine Sache empfängt, hat ein allgemeines Tauschmittel, das ihm dazu dienen soll, sich erst die Sache anzuschaffen, die er bedarf'). So geht begrifflich und geschichtlich der Tausch dem Kauf voran, der direkte Aus­ tausch von individuellen Werthen reicht bei gesteigertem Verkehr und bei Vervielfältigung der Bedürfnisse nicht aus; die Ausgleichung muß dann eine allgemeinere, abstraktere werden. Auch dieser Hergang ist von den Römern nicht unbemerkt gelassen, wie. der bekannte Ausspruch des Paulus zeigt'). Im römischen Recht war der Tausch ein unbenannter Realvertrag nach der Formel do ut des; erst durch das Hingeben von der einen Seite wurde er bindend für den anderen Theil und gegen diesen ge­ schützt mit einer actio praescriptis verbis’). Dem heutigen Recht ist diese Ausfaffung fremd. Der Tauschvertrag ist bindend abgeschloffen

-) §. 364. d. T. 8) Treitschke S. 392. (2. A.) meint mit Unrecht, die Ansicht der Proknlejaner sei nur durch den Sprachgebrauch gehalten worden.

4) Dankwardt H. 1 S. 25. 5) 1.1. §. 1 v. XVIH. 1.

Bergl. §. 2. I. III. 23.

1. 7. C. IV. 64.

®) Dankwardt H. 1 S.24. 26.

9 1. pr. D. XVIII. 1. Sed quia non semper nec facile concurrebät, ut, quum tu haberes, quod ego desiderarem, invicem haberem, quod tu accipere veiles, electa materia est, cujus publica et perpetua aestimatio difficultatibus permutationum aequalitate quantitatis subveniret. *) 1.1. §. 2 D. XIX. 4: permutatio autem ex re tradita initium Obligation! praebet, und 1. 3. C. IV. 64: ex placito permutationis nülla re secuta constat nemini actionem competere. 1. 4. 8. C. TV. 64. 1. 5. §. 1 D. XIX. 5. görst er, Preuß. Privatrecht. II. 4. Aust.

4

50

Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte-

durch die erreichte Willenseinigung (consensu), und jeder Theil hat gegen

den anderen die Klage auf Erfüllung, d. h. auf Uebergabe der Sache'). Wenig eigenthümliche Regeln hat der Tausch, im Wesentlichen werden sie von dem Kauf entlehnt *°). Die Eviktionspflicht gestaltet sich

anders").

Man hat in der älteren Praxis den Satz ausgestellt, daß

während ein Kauf über eine fremde Sache an sich zulässig sei, dies beim Tausch anders sich verhalte, daß mithin, wenn hier eine fremde

Sache hingegeben, und diese dem Empfänger entwehrt worden, Letzterer nicht einen Anspruch aus dem Vertrage auf Eviktionsleistung erheben könne, sondern mit einer condictio causa data die von ihm hingegebene

Sache zurückfordern müsse").

Diese Ansicht ist in das A.L.R. über­

gegangen: wenn eine ausgetauschte Sache entwehrt worden, so hat der,

») Glück B. 18 S- 115. Höpfner, Inst. S. 872 §. 802 Note 6. Treitschke S-394. GruchotXI. 196. Dadurch ist der Tausch dem Kans näher gerückt. Wenn schon vor der Hingabe ein DertragSverhältniß besteht, so treten die Regeln von gegenseitigen Verbindlichkeiten in Betreff des Verschuldens und Intereffe ein, ebenso ist die Frage, wer die Gefahr zu tragen, nach den allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. WaS letztere betrifft, so läßt daS röm. R. die Gefahr des Unter­ gangs zwar von demjenigen Kontrahenten tragen, der die untergegangene Sache zu empfangen hat, 1. 5 §. 1 D. XIX. 5, d. h. er darf keinen Ersatz fordern, aber er darf die Sache, die er hingegeben, zurückfordern. 1. ult. C. XII. 4. Hier trifft im Resultat das römische mit dem preußischen R. überein, welches den Vertrag als aufgehoben betrachtet, so daß das bereits Geleistete zurückgeleistet werden muß, das KondiktionSrecht paßt aber nicht zu der im heutigen gemeinen Recht vorwal­ tenden Auffaffung, daß der Tausch consensu geschloffen wird, und deßhalb muß eS auch ausgeschloffen bleiben. A. M. Treitschke S. 397, der von dem un­ richtigen Satz ausgeht: casum sentit dominus. — Zur Erfüllung des Vertrages gehört wirkliche Uebergabe nach den Vorschriften von Tit. 7 Th. I. §. 58 und, wenn der Vertrag schriftlich hätte geschloffen werden sollen, aber nur mündlich geschloffen worden ist, kann der Umstand, daß der andere Theil ohne Bethätigung des Uebergabewillens des Vertauschenden in den Gewahrsam der Sache gekommen ist, allein nicht die Wirkungen der Vertragserfüllung begründen. StriethorstB. 50 S. 206.

10) Die Verwandtschaft von Tausch und Kauf ist auch in den röm. Quellen vielfach ausgedrückt. 1. 2 D. XIX. 4. 1. 62 D. XXIII. 3. Insbesondere wird die Ge­ währleistung für Fehler wie beim Kauf beurtheilt. 1. 19 §. 5 D. XXL 1. n) Nach gemeinem Recht werden auch auf die Eviktionspflicht die beim Kauf gelten­ den Regeln angewendet. Treitschke S. 395. 1. 29 C. VIII. 45. 1. 1 C. IV. 64. (der Entwehrte hat die Wahl zwischen Entschädigung und Rückforderung des Ge­ gebenen). I2) Siehe hierüber Gruchot XI. 204. Koch, R. d. F. S. 837fg., dem bei Note 11 S. 838 zuzusetzen ist: Walch, controv. jur. civ. p. 662. Ferner Marezoll in der Z. f. E.R. u. Pr.B. 1 S. 462. Duntze, im Arch. f. civ. Pr. B-10 S. 369. Wochenblatt für merkw. Recht-fälle. 1851. S. 261. Heuser, Annalen IV. 248. In 1. 1 §. 3 D. XIX. 4 heißt eS zwar: alienam rem dantem null am contrahere permutationem; das paßt aber nur zum re contrahere, weil hier das Hingeben sofort Eigenthum übertragen soll. Bei dem Konsensualvertrag dagegen soll daS Eigenthum gewährt werden, und da kann auch eine fremde Sache ge­ geben werden. Die ältere Praxis hat daher eine Nachwirkung der römischen Auf­ faffung deö Tausches als Realkontrakts erlitten. Die Kondiktion ist ausgeschlossen, wenn der Veräußerer daS Eigenthum nach Abschluß des Tausche- erworben. Seuffert I. 207 (Wiesbaden).

§. 123.

51

Der Tausch.

welcher sie gegeben, die Pflicht, die dafür empfangene zurück zu geben13).

Dies ist kein Wandelrecht, sondern eine Kondiktion.

Bei einem Betrug

des Gebers hat der Empfänger die Wahl zwischen Zurücknahme und Forderung des vollen Interesse aus der erlittenen Entwehrung u). Theil­ weise Entwehrung wird dadurch

ausgeglichen,

daß beide vertauschte

Sachen abgeschätzt und der Werth des entzogenen Theils „verhältniß-

mäßig" bestimmt wird'3).

Das heißt, der Werth des entwehrten Theils

der empfangenen Sache wird von dem Werth der hingegebenen Sache, welche als der Preis für jene aufzufassen, nach dem Verhältniß abgezogen, in welchem sich der Werth jenes Theils zu seinem Ganzen

befindet'3). Die Differenz muß dem Entwehrten ersetzt werden. Die Klage auf Rückleistung findet also nicht statt, nur die Klage auf Ent­ schädigung bleibt übrig, welche man mit Koch"), aber doch nur un­

eigentlich als Minderungsklage ansehen kann, denn diese bezieht sich nicht auf Entwehrungen'°). Bei drohender Entziehung ist der Bedrohte, wie

der Käufer, berechtigt, die als Preis hinzugebende Sache gerichtlich zu

hinterlegen ").

Wie beim Kauf ferner werden, wenn zurückgeleistet wird,

die Nutzungen der einen Sache gegen die Nutzungen der anderen auf­ gerechnet"'). Wie beim Kauf endlich hat beim Tausch jeder Theil, weil jeder auch in der Lage des Käufers sich befindet, das Rechtsmittel aus der enormen Verletzung"), was nur dann ausgeschlossen ist, wenn die *’) §• 368. d. T. gütigen.

Oder im Fall ihres zufälligen Unterganges deren Werth zu ver-

") §. 369. d. T. *5) §• 370. d. T. Die Praxis bezieht diesen §. nur auf Entziehung eines Theils oder Stücks, nicht auf Lasten, die der Sache anhaften. Präj. 1514 (Sammt. I. S. 56). Striethorst B. 58 S. 171. *6) Siehe hierüber Bornemann S. 64. Koch, R. d. Ford. S. 839. Er führt als Beispiel an: «in Landgut von 50 Tausend ist gegen ein Landgut von 40 Tausend geradeaus getauscht; von ersterem wird ein Theil zu 25 Tausend evinzirt: dann muß von den 40 Tausend so viel abgezogen werden, als das Verhältniß de» evinzirten Stücks zu seinem Ganzen beträgt, d. h. die Hälfte, also 20 T., nicht 25 T. Wenn von dem Gute von 40 T. ein Theil von 20 T. evinzirt worden, so muß demzufolge von dem Gute von 50 T. die Hälfte mit 25 T- abgerechnet werden. Die Gesetzrevisoren wollen ander» rechnen. Sie wollen den Werth de» entwehr« ten Stücks von seinem Ganzen abziehen und diese Differenz ersetzen lassen, als» nach obigem Beispiel im ersten Fall 25, im zweite» 20 T. Dagegen spricht nicht nur da» Wort „verhältnißmäßig" in §. 370, welche» doch jedenfalls bezeichnen soll, daß eine Vergleichung stattzufinden hat mit dem Werth der al» Preis hin­ gegebenen Sache, sondern auch der Begriff der Entschädigung, denn der Entwehrte würde dann entweder mehr oder weniger al» sein Schaden beträgt, erhalten. S. Ergänz, zu §. 370. d. T.

w) Koch S. 838. ") S. oben B. 1 S. 587.

**)

372. d. T-

Oben B. 1 S- 588.

Hier zeigt sich der Konsmsualvertrag.

ao) §. 371. d. T. 81) §: 365. d. T.

Auch nach gemeinem Recht

52

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

eingetauschte Sache ihrer Seltenheit wegen nicht schätzbar erscheint, z. B. seltene Medaillen oder Münzen"). Der Geldwechsel") ist nichts weiter als Tausch, wenn dabei die ausgewechselten Geldstücke nicht in ihrer Eigenschaft als allgemeine Werthmeffer, sondern als individuelle Werthe, als Waaren, in Betracht kommen. Deßhalb muß er in soweit unter denselben Regeln stehen, wie der Sachentausch. Das A.L.R. hat aber die besondere Vorschrift: „wenn Geld gegen Geld gewechselt wird, so treten die Gesetze von Zah­ lungen ein" "). Diese Bestimmung kann nicht mit den früheren Aus­ gaben als „inhaltlos" bezeichnet werden. Die Abrede ist, in soweit sie unbestimmt ist, durch Hingabe solchen Geldes zu erfüllen, das als gesetz­ liches Zahlungsmittel genommen werden muß, und zwar von so viel, als dem hingegebenen Betrag entspricht, nach der Hingabe von der einen und von der anderen Seite aber ist eben nur eine Geldzah­ lung erfolgt, insofern gesetzliche Zahlungsmittel ausgetauscht find. Han­ delt es fich um Umwechselung einer Münze oder eines Geldpapiers, das im Znlande nicht Zahlungsmittel ist, in inländisches Geld, so steht das Geschäft unter den Regeln vom Kauf").

Der Kauf und Verkauf. A.L.R. 1.11 §§. 1-362. Gruchot IX. S. 69f. 26öf. X. 105f. 168f. 569. XI. 127f. Bornemann B. 3 S. I fg. DanielSB.3 S. 159. Koch, Pr.R. B-2 S.422. R. b. F. B. 3 S. 715. Dernburg II. §§. 133ff. — Westphal, Lehre des gern. R. von Kauf-, Pacht- und ErbzinSvertrag u. f. w. 2. A. 1807. Glück B. 16 S. 1f. B. 17. 20. Grath, im Rechislexikon B. 6 S. 10. Wilda, das. S. 46 (in Be­ ziehung auf Waarenhandel). T r ei t sch ke, der Kaufkontrakt in besonderer Beziehung auf den Waarenhandel). 1838. 2. A, bearbeitet von Wengler. 1865 (nach dieser wird eitirt). Bernhoest in JheringS Jahrb. Bd. 14 S. 58. Bechmann. Der Kauf. B. I. 1876. Die Lehrbücher über Handelsrecht, bef. Thöl, 4. A. §§. 62c.—90. Brinkmann §§. 67—104. Gad S. 200 §§. 105—127. Ende­ mann S.496fg. Bluntschli 3. A.S.461-476. Gerber, 8.A. S. 450f. — Unterholzner B. 2 S. 217. Dangerow B. 3 S. 441f. Arndts S.481fg. Sintenis B. 2 S. 594fg. Keller S. 605f. Windscheid II. §§. 385ff. ZachariL (Puchelt) II. 444.

§. 124. I. Der Begriff imb die Abschließung. A. Begriff. Der eigentliche Typus der zweiseitigen oder ent­ geltlichen (lästigen) Verträge ist der Kauf und Verkauf. An ihm M) ”) ") ")

§. 375. d. T. Unterholzner @. 302 bei IV. § 373. d. T. Koch S. 836 Role 3.

Sintenis S. 593.

Der Verkauf.

§. 110. Der Begriff und die Abschließung.

53

lassen sich alle Regeln, die diese Verträge charakterisiren, entwickeln und er kann so mannigfache Gestaltungen annehmen, daß er wohl eine Gruppe von Verträgen genannt werden darf'). Es erschwert die Einsicht und Uebersicht, daß im A.L.R. viele einzelne Verträge, die sich alle aus Kauf und Verkauf zurückführen lassen und diesen nur in Einzelheiten, nament­ lich nach Verschiedenheit ihres Gegenstandes, modifiziren, als selbstän­ dige Verträge erscheinen, die je nach dem eigenthümlichen System des Gesetzbuchs unter abweichenden Gesichtspunkten dargestellt werden. Man findet Kaufverträge unter den Gesammtbezeichnungen „gewagte Ge­ schäfte", und „Verträge über Handlungen". Hier werden alle Verträge zusammengestellt, welche die Eigenthums-Uebertragung eines individuellen Werths aus dem einen in ein anderes Vermögen gegen Rückempfang des in einer Geldsumme ausgedrückten Werths bezwecken'). Es ist nicht zufällig, daß weder die lateinische noch die deutsche Sprache für die gegenseitigen Beziehungen dieses Rechtsgeschäfts ein gemeinsames Wort hat. Die Römer nennen es emtio-venditio1); * 3unser Kauf bezeichnet die eine Seite, Verkauf die andere — und es ist nicht ohne guten Grund, daß im A.L.R. der 1. Abschnitt des 11. Titels die Ueberschrist erhalten hat: „von Kaufs-und Verkaussgeschästen". Denn es ist das Charakteristische der gegenseitigen Verträge, daß sie von zwei Seiten gegeneinander verschiedene Rechte und Verbindlichkeiten stellen4).5 6 7 Im Tausch ist dieser Charakter noch unentwickelt, die gegenüberstehenden Rechte und Pflichten sind gleichartige; von ihm kann nicht gesagt werden, wie es Paullus treffend ausdrückt: aliud est vendere, aliud emere, alius emptor, alias venditor, sic aliud est pretium, aliud merx, denn: in permutatione discerni non potest, uter emtor, uter venditor sit1). Dieses Resultat war erst erreichbar, als man dazu gelangte, indi­ viduelle Werthe mit dem abstrakten Werthmesser zu wechseln"). Es ist das wesentlichste Moment im Begriff des Kaufs und Verkaufs, daß eine Sache für Geld ausgetauscht wird — Waare für Preis'). Aber

’) Sinteni« S. 593 a. E. 641. Keller S. 606 Ms. 4. -) Gruchot IX. 70. 3) Doch vergl. 1. 19 D. XIX. 1. Veteres in emtione venditioneque appellationibus promiscue utebantur. 4) B. 1 S. 547. 5) 1.1 §. 1 D. XVIII. 1. Leist, Mancipation und Eigenthumstradition. 1865. S. 46 fg. 6) Dankwardt, National-Oekon. und Jurispr. H. 1 S. 25fg. Keller S. 605: „Oekonomisch charakterisirt es den Kauf, daß er auf einen Kapitalumsatz abzielt, nicht auf einen bloßen Ertragsumsatz". 7) Dangerow III. S. 442. Thöl Z. 63. Treitschke S. 3. Wilda a. a. O. S. 47. Gruchor IX. S. 69 §. 2 J. III. 24. 1. 1 §. 1 1.2 §. 1 D. XVIII. 1. 1. 1 pr. D. XIX. 4. Preis und Waare sind generisch verschieden.

54

Zweit«- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

der Begriff der Sache muß hier im weitesten Sinne genommen werden als Vermögensobjekt überhaupt. Sachen und Rechte können "für Geld ausgetauscht werden. Wenn also das A.L.R. besinnt: „Das Kauf­ geschäft ist ein Vertrag, wodurch der eine Kontrahent zur Abtretung des Eigenthums einer Sache, und der andere zur Erlegung einer be­ stimmten Geldsumme dafür fich verpflichtet", so ist dieselbe im Wesent­ lichen richtig, wenn man Sache auffaßt im Sinne der §§. 1. 2. I, 2. als vermögensrechtliches Objekt9) und wenn man unter Eigenthum nur allgemein das eigene, unabhängige, unwiderrufliche Recht an dem Ob­

jekt, nicht nur im technischen Sinn das Sacheigenthum versteht'). B. Käufer und Verkäufer. Wenn zum Abschluß eines jeden Kaufs ein bestimmter Verkäufer und ein bestimmter Käufer gefordert wird''), so ist damit etwas Besonderes nicht angeordnet, denn es ge­ hört schon zum Begriff der Obligation, daß sie zwischen bestimmten Personen zu Stande komme"). Aber warum hat das A.L.R. nicht neben den Verkäufer den Käufer gestellt, warum bedient es sich der schwerfälligen Umschreibung: „die Person, aus welche das Eigenthum übergehen soll?" Wird damit angedeutet, daß diese Person von dem Käufer, dem eigentlichen Kontrahenten, verschieden sein kann? Die daran sich anschließenden §§. scheinen diese Frage zu bejahen"). Es ist denk­ bar, daß ein Anderer kauft, ein Anderer dadurch das Eigenthum er­ langen soll. Es kann jener für diesen kaufen, ohne bessen Stellvertreter zu sein. Die Person des Käufers, die das Angebot des Verkäufers annimmt, muß immer bestimmt sein; will er selbst Eigenthum dadurch erwerben, so ist auch die Person, auf welche das Eigenthum übergehen soll, bestimmt; sie ist es ferner, wenn der Käufer sich als Stellvertreter eines Anderen bekennt. Aber wenn dies nicht geschieht, wenn der Käufer zwar kaust, aber zugleich erklärt, daß das Eigenthum nicht aus ihn, sondern auf irgend einen Dritten übergehen soll, so gehört es zum Ab­ schluß des Vertrages, daß auch dieser Dritte bekannt, eine bestimmte Person werde. Das kann geschehen durch eine Beziehung auf eine be­ stimmte Begebenheit, welche über die Person entscheiden wird, oder in’) Ob-n B. 1 S. 110 ff. ') Oben B. 1 §. 99 bei Note 8 S. 722.

") §. 12. d. T. Koch, R. d. F. III. S. 721. Bestimmtheit de« Verkäufer« fehlte in dem Fall Entsch. B. 4 S. 193fg. „Die Expedition de« Erzähler«". Vergl. auch Striethorst B. 51 S. 92. (Statt de« Verkäufer« ein anderer al« solcher m der Faktura bezeichnet.) ") B. 1 §§. 62. 64. a. A. I2) §§. 13—18. d. T. Koch, R. d. F. HI. S. 721, und Kommentar Note zu §. 13. Schwiele in der Arnsberger juristischen Monatsschrift. 1855. B. 1 S. 714f. Gad, die Person de« Käufer« nach altländ. preuß. Recht in Gruchot'S Beiträgen B- 3 S. 181 f. und in seinem Handelsrecht S- 89 § 51.

Der Kauf.

§. 110. Der Begriff und die Abschließung.

55

dem die Bestimmung dem Ausspruch eines Anderen überlassen wird. Entscheidet die Begebenheit nicht, erfolgt der Ausspruch nicht, für wel­ chen die Parteien (Verkäufer und Käufer) oder der Richter eine Frist setzen kann, so ist der Vertrag als nicht geschlossen anzusehen, weil es unmöglich geworden, ihn auszuführen. Der Käufer will nicht, und kann daher nicht das Eigenthum durch Uebergabe oder Auflassung er­ werben, und ein Anderer ist hierzu nicht vorhanden. Der Kauf bleibt so zu sagen hängen, „die Sache kann keinen exitum haben und eine inextrikable Ungewißheit des Eigenthums entsteht, die das Gesetz nicht zulassen toitt"13).* 15Hiernach 16 verordnen die §§.13—18 nicht, wie die Person eines unbestimmten Käufers zu suchen, sondern wie der neue Eigenthümer zu finden ist. So aufgesaßt verlieren fie die Jnhaltlofigkeit, die ihnen Koch vorwirst"), aber fie erhalten auch nicht den Inhalt, den ihnen Gad retten will'3). Uebrigens ist Suarez selbst, ihr eigentlicher Autor, der sie gegen die Monenten vertheidigte, über ihren Sinn und die Sachlage sehr unklar"). Er ist in der That da­ von ausgegangen, der unbekannte Dritte sei der Käufer. Gegen diese Vorstellung erhebt man mit Recht Widerspruch; die Worte des Gesetzes nöthigen nicht, es so auszulegen, wie es Suarez gemeint oder gewollt"). 13) Ges.Rev.P. XIV. S. 7.

Koch, Komm. Note zu §. 13. d. T.

") Die citirte Note und R d. F. S. 722. Auch Schwiele S. 723 kommt zu dem Resultat, den §§. 13—18 die Anwendbarkeit abzusprechen, ihre Rechtfertigung sei unmöglich, ste ständen mit den Regeln von Verträgen in offenbarem Widerspruch.

15) A a. O. Der Verfasser führt aus, daß unter der Person, aus welche da- Eigen­ thum übergehen soll, nur der Käufer gemeint sein könne, der andere Kontrahent. Er verweist auf zwei Falle, wo auch die Person des anderen Kontrahenten un­ bestimmt sei (Auslobung tz 992.1. 11, Versicherung „für wen es angeht" §. 2071, II. 8). Beide Fälle beweisen nicht, daß mit einer unbekannten Person ein Ver­ trag abgeschlossen werden kann. Die Auslobung ist nur Offerte (B. 1 S. 506), die Versicherung für wen eS angeht ist eine dem Handelsrecht eigenthümliche Er­ leichterung der Uebertragung des Rechts aus dem Versicherungsverträge. Der Versicherungsnehmer muß eine bestimmte Person sein, und dem Dritten wird der DersicherungSgeber erst zur Zahlung verpflichtet, wenn er sich diesem legitimirt hat, d. h. bestimmt geworden ist. Wenn der Vf. ferner auS dem System des A-L.R., aus der Stellung des Oblig.-R. seine Ansicht rechtfertigen will, und behauptet (S. 185): „sind Sachen und deren Rechtsverhältnisse Hauptbestandtheile der Obli­ gationen, die Personen aber nur als „Stützen" dieser Rechtsbestandtheile berück­ sichtigt, so liegt die Unterschiedenheit der Persönlichkeiten außer dem Wesen der Obligation", so ist dies nicht zu verstehen. Im §. 1330. II. 8 steht nicht dem Verkäufer eine persona incerta gegenüber; im Gegentheil, der Mäkler muß den Käufer, dessen Stellvertreter er ist, nennen. Noch unverständlicher ist das, was Gad im HandelSr. S. 89 hierüber sagt. Was ist die „deutsche Anschauung"? 16) Die citirte Note bei Koch, Komm. Daniels B. 3 S. 168 Note nimmt an, daß der.Verkäufer, während die Entscheidung schwebt, gebunden ist. Das wäre also eine einseitige Offerte; aber wie steht es denn mit dem, der die Offerte für den dritten, unbekannten Käufer angenommen hat? was für eine Stellung hat er im Rechtsgeschäft, er kann doch nicht übersehen werden? Darauf bleibt auch Gad die Antwort schuldig. Er scheint ihn als negotiorum gestor aufzufaffen. ") Suarez hat sich offenbar Voet, Comment, ad Fand. XVIII. 1 Nr. 8 an­ geschloffen, aber dieser betrachtet doch den, qui emit pro eo, quem postea

Zweites Buch.

56

Die besonderen Privatrechte.

Ja man darf ihm hier um so weniger folgen, als anderwärts ausdrück­ lich gesagt ist: dadurch, daß die erkaufte Sache für einen Anderen bestimmt ist, wird das Rechtsverhältniß zwischen Käufer und Verkäufer nicht geändert"). Der Andere ist derjenige, „auf den das Eigenthum übergehen soll". Käufer und Verkäufer müssen nach den allgemeinen Grundsätzen »ertragsfähig"), jeder Verkäufer muß über den Gegenstand des Ver­ kaufs zu verfügen berechtigt und der Käufer ihn zu erwerben und zu besitzen fähig sein. Der §. 19 d. T. erregt doppeltes Bedenken, weil er verlangt, daß der Verkäufer über das „Eigenthum" der Sache zu ver­ fügen berechtigt sei, und doch eine fremde Sache verkauft werden darf, weil er ferner verlangt, daß der Käufer sie zu besitzen fähig sei und es doch nur darauf ankommt, daß er bis zur Zeit der Uebergabe dazu fähig geworden"). So kann der §. nicht ausgelegt werden, daß der Verkäufer immer Eigenthümer sein muß: denn daun wäre es unnöthig, von einer Pflicht zur Eviktionsleistung noch zu sprechen"). Entweder sollte — wie es das Obertribunal angenommen"), ausgedrückt werden: dem Eigenthümer gegenüber gilt der Verkauf durch den Nichteigenthümer nicht — dann wäre der §. eine überflüssige Phrase"). Oder es ist, nominaturus est, als verpflichteten chot IX. 113.

emtor.

Die Stelle ist abgedruckt bei Gru-

18) §. 27. b. £. Aus diesen weisen auch die Ges.-Rev. hin (S. 8) und Koch, im Komm, zu tz. 27. Bester wäre es jedenfalls gewesen, wenn die §§. 13fg. aus dem Gesetzbuch weggeblieben wären, zumal ein praktisches Bedürfniß fie nicht nöthig machte. Daß sie hineingekommen, findet aber vielleicht darin eine Erklä­ rung, daß daö A.L.R. die Gewährleistungspflicht des Verkäufers geradezu auf das Eigenthum, nicht bloß auf daö habere licere stellt, der Verkäufer also wissen muß, wem er daö Eigenthum übertragen soll, wenn eö der Käufer nicht erwerben will. ES kommt insbesondere auch darauf an, ob der Dritte daS Eigenthum an dem Gegenstände des Kaufs erwerben kann. Vgl. den Rechtsfall im ArnSb. Arch. B. 13 S. 263. 19) §. 2. d. T.

§. 2. I. 4.

30) Koch, R. d. F. III. S. 723fg. 726f. Gruchot IX. 113fg. Dernburg II. S. 333 nimmt freilich an, daß das Landrecht grundsätzlich zur Giltigkeit des Kauf­ vertrags in der That das Eigenthum des Verkäufers fordere, — aber er fügt hinzu, daß dies nur für den Fall Bedeutung habe, wenn beide Theile das Nichteigenthum kannten, und er muß aus dem §. 139. d. T. u. §. 46 I. 5 das Wort „ausdrücklich" Herausinterpretiren. Vgl. unten Anm. 52. 31) Der Verkäufer kann nicht deßhalb, weil ihm daS Eigenthum gemangelt, den Kauf anfechten. Entsch. B. 29 S. 351. Strieth. B. 14 S. 337. Gruchot B. 7 S. 225. Auch der Käufer, der in der Meinung gewesen, daß der Verkäufer Ei­ genthümer sei, kann sich nicht auf einen wesentlichen Irrthum beziehen. Strieth. B. 31 S. 55. Mommsen, Beiträge z. Obl.R. I. S. 14.

33) Präj. 601. (Samml. B. 1 S. 47 a. E.). d. F. III. S. 7241.

Dergl. hierzu Note 12 bei Koch, R.

33) Koch, R. d. F. III. S. 724f. Nach Hand.GB. Art. 306 wird steilich durch den verkaufenden Kaufmann immer Eigenthum übertragen, wenn er auch nicht Eigen­ thümer ist. Auch nach der Regel „Hand wahre Hand" bleibt die Veräußerung durch den Nichteigenthümer giltig. Dagegen wird die Vindikation des Eigen-

Der Kauf.

§. 124.

Der Begriff und die Abschließung.

57

wie Koch annimmt"), und wie jedenfalls vorzuziehen, gemeint, der Vertrag sei zwar giltig, aber die dadurch herbeigesührte Veräuße­ rung sei ungiltig — was freilich einer besonderen Hervorhebung auch nicht bedurft hätte. Die Bestimmung über Besitzfähigkeit läßt sich aber nur auf den Fall beziehen, wo der Käufer dieselbe überhaupt nicht er­ langen kann, was z. B. bei Sachen außer Verkehr eintritt"). Wie das römische Recht, so hat auch das preußische einzelne Er­ werbsverbote aufgestellt. Fremde Sachen und Güter und deren Nutzungen soll der Verwalter derselben nicht ohne Genehmigung des Eigenthümers durch Kauf er­ werben"), bei Versteigerungen oder gerichtlichen Verkäufen sollen die dabei thätigen Beamten (Auktionskommiffarien, an deren Stelle die öffentlichen beeidigten Auktionatoren getreten sind, aber auch die thümers durch den Verkauf nach gemeinem und preußischem Recht nicht aus­ geschlossen, ausgenommen, wenn FiSkuS verkauft hat- AL.R I. 15 § 42. 1. 2. 3. C. VII. 37. 1. 5. C. X. 3. Der Verkauf der ganzen gemeinschaftlichen Sache durch einen Miteigenthümer ist an sich zulässig, der andere Miteigenthümer kann aber seine pars indivisa vindiziren. Strieth. B. 61 S. 130. 24) Daselbst S. 726. 25) Koch, S. 726. 727. Außerdem kann etwa nur noch die Besitz- und folgeweise Erwerbunfähigkeit für Grundstücke in Betracht kommen. Zur Zeit ist indessen kaum ein anderer Fall Praktisch, als der, daß eine ausländische Korporation ohne die erforderliche landesherrliche Genehmigung (Ges. v. 4. Mai 1846, Ges. v. 23. Febr. 1870 §. 4) ein inländisches Grundstück erwerben will. Don anderen Fällen er­ wähnen die früheren Auflagen, daß nach Entsch. B. 31 S. 78 ein gerichtliches General-Depositorium nicht das Eigenthum an Grundstücken erwerben kann: dies beruht aber darauf, daß das frühere General-Depositorium Überhaupt keine juri­ stische Person, sondern lediglich eine Kaffe war. Bezüglich der Erwerbsfähigkeit von Ausländern wurde verwiesen auf Entsch. B. 38 S. 448. B. 46 S. 406. Strieth. B. 26 S 328. B 41 S. 311; jetzt ist noch hinzuzufügen Ges. v. 28. Mai 1874 (GS. S. 195) und Art. 3 der Reichsverfassung. Bedingt erwerbs­ unfähig ferner waren früher in Beziehung auf Grundstücke: Mennoniten und Quäker, wenn sie sich der Militairdienstpflicht nicht unterwarfen, Ed. v. 30. Juli 1789. N. C. C. VIII. S. 2541. Dekl. v. 17. Dezbr. 1801. N. C. C. XL S. 1277. Kab.Ordre v. 25. Febr. 1824 (Kamptz, Annalen B. 8 S. 189.). K.O. v. 16. Mai 1830. (G S. S. 82) — s. jetzt oben §. 19 c. u. B.G. v. 9. Nov. 1867 —; ferner Unteroffiziere und Gemeine ohne Genehmigung ihrer Regiments- oder Bataillons­ kommandeure. A.L.R. II. 10 §§.27. 28. B.O. v. 18. März 1811 §. 2 (G.S. 1812 S. 5): — aufgehoben durch §. 42 des Reichs« MilttairgesetzeS v. 2. Mai 1874 —. Was die Bestimmung anlangt, daß inländische juristische Personen regel­ mäßig einer Genehmigung der Auffichtsbehörde bedürfen, um Grundbesitz zu er­ werben (A.L.R. II. 6 '§. 83), so handelt eS sich hierbei um eine bedingte Hand­ lungsfähigkeit nicht um mangelnde Besitz- und Erwerbsfähigkeit; die Bestimmung §. 33 II. 7, daß Dorfgemeinden zum Grunderwerb der Genehmigung der GerichtSobrigkeit (jetzt des KreiSauSschuffes) bedürfen, ist hiervon lediglich eine Anwendung. Dagegen sind Dorfgemeinden nach K-O. v. 25. Januar 1831 im Erwerb von Rittergütern beschränkt, was indessen im Geltungsgebiet der Kreisordnung v. 13. Dez. 1872 durch deren §. 135 IX. antiquirt ist. Für Westphalen vgl. §. 53 der Landgemeindeordnung vom 19. März 1856. 26) §. 20. d. T. Z. B. Domainen-BerwaltungSbeamte, K.O. v. 29. Febr. 1812. (G S. S. 16) ; Forstbeamte, K.O. v. 5. Septbr. 1821 (G.S. S. 158.), diesen ist auch versagt, Grundstücke zu erwerben, die an ihren Amtsbezirk grenzen. Bgl. Koch, R. d. F. III. S. 730 fg. 1. 34 §. 7. D. XVIII. 1.

58

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

unbeeidigten Auktionatoren als Bevollmächtigte des Verkäufers — und Ausrufer^ Richter und Protokollführer) die ausgebotene Sache nicht er­ stehen dürfen"). Aber der Kauf ist nicht nichtig, er kann von den Interessenten genehmigt werden"). Verweigern sie die Genehmigung, so muß der Käufer als unredlicher Besitzer zurückgeben und sich den weiteren Verkauf aus seine Gefahr und Kosten gefallen lassen"). C. Gegenstand. Alle Sachen und alle Rechte, welche Vermögens­ objekte sind, können gekauft werden"), nicht bloß dingliche"), sondern auch persönliche Rechte"). Ansprüche auf Handlungen, die ein Dritter leisten soll, sind daher ebenfalls verkäuflich — aber nicht die Hand­ lungen selbst, weil diese nicht Bestandtheile im Vermögen des Handeln­ den, nicht übertragbar aus diesem in das des Empfängers, weil sie nicht an sich Werthe sind, sondern Werthe erzeugen sollen"). Im Ein-37) §§• 21. 22 d. T. SBfll. auch wegen der Gerichtsvollzieher §. 75 Abs. 3 der preuß. GeschäftSauweisung für Gerichtsvollzieher vom 24. Juli 1879. Wenn ein Dor­ mund daö Gut des Mündels in der öffentlichen Versteigerung erwerben will, so muß er es vorher dem vormundfch. Gericht anzeigen und dieses dem Mündel für diesen Fall einen Pfleger bestellen. Dieser für das frühere Recht anerkannte Satz (vgl. A.L R. II. 18 §. 259, Entsch. B. 12 S. 513, D. 26 S. 54, I M-Bl. 1853 S. 119, Str ieth. B 21 S 298) wird für das Vormundschaft-recht der Borm. Ordn, bestritten: vgl. Jaeckel Subh Ordn. zu tz. 39 Nr. 4 am Ende, Neu­ mann Borm.Ordn. S 105, Dernburg Vorm.Recht S. 204. Aber der dabei als entscheidend angenommene Satz, daß bei der nothwendigen Subhastation die Gläubiger als Verkäufer anzusehen seien, nicht aber der Subhastat, ist jedenfalls insofern ungenau und nicht entscheidend, als eö bei der Subhastation auch der Zuziehung des Subhastaten, seiner wirklichen oder fingirten Zustimmung bedarf, die, wenn der Vormund betheiligt, also verhindert ist, nur durch einen Pfleger gegeben werden kann. Der Zuschlag an den bietenden Vormund wird aber im Falle der nothwendigen Subhastation aus anderem Grunde erfolgen müssen, weil zur Zeit der Zustellung des SubhastationSpatentS an den Vormund dieser der gehörige Vertreter des Mündels war, und der im Laufe des Verfahrens ein­ tretende Mangel der DertretungSfähigkeit die früher erfolgte Zustellung in ihrer Giltigkeit nicht berührt. §. 19 Nr. 3 Subh Ordn. In Betreff der Beamten: Seuffert XVIII. 222. Glück XVI. 150. 151. 1. 46. v. XVIII. 1. 1. 18. C. IV. 44. 28) §. 23. d. T Strieth. D. 10 S. 163. Ein nichtiges Geschäft könnte nicht durch nachträgliche Genehmigung giltig werden. Oben B. 1 S. 192 f. 29) §§. 24. 25. d. T. 30) §. 28. d. T. §. 1 I. 8 §. 381 I. 11. Koch, R. d. F- III. S. 734. 1. 34 §. 1. D. XVIII. 1. omnium rerum, quam quis habere vel possidere vel persequi potest, venditio recte fit. Kann baareö Geld als Sache gekauft werden? Vangerow III. S. 442 verneint schlechthin; dagegen Heyer in der Z. f. E R. u. Pr. XVIII. 216. Daß das A.L.R. I. 11 §. 373 solche Geschäfte unter die Regeln der Zahlung stellt, s. oben §. 123 a. E., ebendort ist auögeführt, daß das Wechseln von Münzen, die nicht Geld im RechtSfinne find, als Kauf erscheint. Die Ge­ schäfte deS Banquiers und Geldwechslers (H.G.B. Art. 272 Nr. 2) gehören des Näheren in das Handelsrecht. 31) 1. 80 §. 1. D. XVIII. 1. 1. 8 §. 2. D. XVIII. 6. 1. 11 §. 2. 1. 12. v. XX. 1. 1.10. D. XXL 2. 1.13 tz. 8. D. V. 3. (die Erbschaft). Dazu noch 1. 7. D. XVIII. 4. 33) 1.9. C. IV. 39 §. 381. I. 11. Oben B. 1 S. 724. 33) Deßhalb können auch Handlungen (Dienste) nicht geschenkt werden. Siehe oben §.122 Note 13. Daniels III. 246. Ander- aber, wenn durch sie schon

Der Kauf.

§-124.

Der Begriff und die Abschließung.

59

zelnen ist zu bemerken:

1. Das Vermögensobjekt muß dem freien

Verkehr offen stehen").

Wissen beide Theile, oder der Käufer allein,

daß ihm diese Eigenschaft fehlt, so ist der Vertrag, weil über Unmög­

liches geschlossen, nichtig — der geleistete Preis kann aber, weil beim Käufer der Irrthum fehlt, nicht kondizirt werden, er gilt, wenn der Käufer allein der Wissende war, als geschenkt"). käufer

allein,

Weiß es der Ver­

so besteht der Vertrag in der Jnteressesorderung des

Käufers fort").

War es beiden Theilen unbekannt, so ist ebenfalls

ein Kaufgeschäft nicht zu Stande gekommen"). 2. Das Vermögens­ objekt muß ein bestimmt bezeichnetes fein, über seine Identität darf kein Zweifel obwalten").

Quantitäten werden ihrer Größe nach be­

stimmt durch Zahl oder durch das marktgängige Maß oder Gewicht"), Einzelfachen nach ihren Merkmalen. Die Bestimmung kann der Wahl der Parteien überlassen werden"), dann müssen aber die in den Kreis der Wahl gehörigen Sachen schon individualisirt sein41).

Die Bestim­

mung kann ferner einer künftigen Begebenheit Vorbehalten fein").

34)

35) 36) 37)

38) 39)

40) 41) 42)

Werthe erzeugt worden. So nimmt Greifswald an, daß die entgeltliche Ueber­ nahme der Saat- und Ackerarbeiteu vom anziehenden Pächter Kauf ist. (Langemak w. Bentzmer. 1860.) §. 28. d. T. §§. 58ff. I. 5. 1. 8. pr. 1. 34 §. 1. D. XVIII. 1. 1. 7. I). XVIII. 4. Glück XVI. 44. Treitschke S. 21sg. Ausgeschlossen vom Verkehr so, daß das Hinderniß nicht gehoben werden kann, ist insbesondere auch die künftige Erb­ schaft eines noch Lebenden §. 446. d. T. 1. 1. D. XVIII. 4 Oesterr. G.B. §. 879. Insofern das Hinderniß gehoben werden kann, die Sache also bedingt verkehrs­ fähig ist, gilt der Vertrag nach den näheren Bestimmungen der §§. 58 ff. I. 5. Ueber Sachen außerhalb des Verkehrs und in der Berkehrsentziehung durch Privat­ verfügung f. oben B. I. S. 118 und S. 437. Ueber Zulässigkeit der Veräußerung einer res litigiosa vgl. B. I. S. 287 u. S. 758. §§. 67. 54. 55. I. 5. §§. 67. 53. I. 5. 1. 62 §. 1. D. XVIII. 1. §. 28. d. T. J. 1 §. 9. D. XLIV. 7. Den römischen Juristen war eS zweifelhaft, ob der Verkäufer einer dem Verkehr entzogenen Sache, wenn er nur in culpa war, das Interesse leisten müßte. Mommsen, Beitr. z. Obl.R. I. 117f. In der heutigen Doktrin ist es ebenfalls bestritten, ob dem unwiffenden Käufer ge­ genüber der Vertrag giltig sei, oder nicht. Für die Giltigkeit z. B. Richelmann, Einfluß des Irrthums auf Verträge S. 15. 87. Dagegen Sintenis II. S. 24. Savigny, System III. S. 302 f. §§. 12. 30. d. T. Gruchot I. 469. IX. 122. Endemann S. 507fg. Dresden. Ann. IV. 106. Unter marktgängigem Maß und Gewicht ist das am Erfüllungsorte des Vertrags, d. h. am Ort der Uebergabe oder Ablieferung gel­ tende zu verstehen. §. 32 d. T. Oesterr. G.B. 905. H.G.B. Art. 336. 353. Ueber den Genußkauf f. unten §. 128. Ueberhaupt über die Bestimmbarkeit der Gattungssachen: Endemann S. 508f. Ob Netto- oder Bruttogewicht s. H.G-B. Art. 352. §. 33fg. d. T. 1. 25. pr. D. XVIII. 1. Gruchot IX. 270f. S. unten §. 128. §• 38. d. T. Oben B. 1. §. 65 und unten §. 128B. Gruchot IX. 275. 276. §• 31. d. T. Koch, R. d. F. III. S. 736. 1. 8. pr. §. 1. D. XVIII. 1. Fructus, partus futuri, alea. 1. 11 §. 18 in f. I). XIX. 1. Thierfang. Vgl. unten §. 128 Anm. 130.

60

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Dann soll, sagt das A.L.R., der Vertrag als gewagtes Geschäft beur­ theilt werden: er verliert damit nicht den Charakter eines Kaufs und Verkaufs. Hierher gehört der Kauf einer Hoffnung und einer ge­ hofften Sache. Dort liegt die Bestimmung darin, daß die Hoffnung eine bestimmte, konkrete Richtung hat, und daß der Gegenstand der­ selben wirklich werden kann"), hier darin, daß der Gegenstand schon gegenwärtig bestimmt ist, aus welchem die Entstehung der gehofften Sache nach dem natürlichen Laufe der Dinge erwartet wird"). Ob im einzelnen Fall das Objekt des Kaufs und Verkaufs genügend von den Parteien individualisirt worden, ist eine thatsächliche Frage, die der Richter aus den Umständen zu beantworten hat: es kommt nur daraus an, daß „kein gegründeter Zweifel stattfinden kann""). 3. Das Ver­ mögensobjekt braucht nicht das eigene des Verkäufers, aber es darf nicht das eigene des Käufers sein"). Der Kauf der eigenen Sache ist wegen mangelnden Objekts nichtig; kannte der Käufer den Umstand, so ist der von ihm gezahlte Preis geschenkt, befand er fich im Irrthum, so kann er kondiziren"). Der Verkauf einer fremden Sache ist statt-

43y §§. 527. 528. d. T.

“) §. 529. d. T.

45) Hinreichende Bestimmtheit z. B- bei Strieth. B. 32 S. 271. Ferner hat sie das O.Tnb. in dem Fall angenommen, wenn ein Grundbesitzer seinen Anspruch auf eine bestimmte Anzahl Metzen Roggen jährlicher Rente, der ihm aus der Separation der Feldmark zusteht, mit der Bestimmung verkauft, daß dem Käufer das dieser Rente entsprechende Quantum Morgen bei der künftigen Planlage eigenthümlich überwiesen werden soll Entsch. B. 13 S. 168. Hinreichende Be­ stimmtheit liegt auch vor, wenn man in einer Fabrik Waaren, die noch dort fabrizirt werden sollen, bestellt. Strieth. B. 18 S 250. Die Bestellung geht in den Kauf Über, sobald sie ausgeführt worden. Ferner: die Veräußerung der Ausbeute an einem bestimmten und vorhandenen Flötz ist Kauf (nicht Pacht, auch nicht emptio spei oder rei speratae). Strieth. B. 27 S. 149. Vgl. auch Strieth. B. 59 S. 79. Bei Heuser, Ann. VII. 171. „Der Branntwein, den Kläger, sobald er das Brennen in seiner Brennerei begonnen haben werde, bis zum Jan. 1847 erzielen würde" ist ein bestimmt bezeichnetes Kaufobjekt. 46) Koch III. S. 738. Suae rei emtio non valet, sive sciens sive ignorans emi, sed si ignorans emi, quod solvero repetere potero, quia nnlla obli­ gatio fuit. 1. 16. D. XVIII. 1. 1. 45. pr. D. de R. J. Oben B. 1 §. 78. c. 1. Wer eine ihm unter Bedingung vermachte Sache unwissend vom Erben kauft, kann von diesem den Preis zurückverlangen, und zwar, wie die 1. 29. I). XIX. 1. sagt, mit der a. emti. quia non ex causa legati rem habet. Diese Stelle bezeugt, daß mit der VertragSklage auch die Giltigkeit des Vertrage- selbst angefochten werden kann. Man kann aber eine Sache kaufen, von der man den Nießbrauch schon hat, 1. 16 §. 1. eit, man kann auch daö Besitzrecht an seiner eignen Sache kaufen. 1. 34 §. 4. cit. 1. 28. D. XLI. 2. Dagegen ist der Kauf des auf der eigenen Sache liegenden Pfandrechts nicht Kauf, sondern Einlösung oder Schuldzahlung. 1. 39. eod. Dernburg, Pfandrecht I. S. 160. Das sub conditione emere in der 1. 61. D. XVIII. 1. ist auch nicht ein bedingter Kauf der eigenen Sache, sondern ein Ablösen der resolvirenden Bedingung. Vergl. Treitschke a. a. O. S. 34—37. 47) 1. 16. pr. D. XVIII. 1.

Gruchot IX. 115.

Der Kauf.

§. 124. Der Begriff und die Abschließung.

61

hast, weil nicht durch den Vertrag das Eigenthum übergeht, sondern aus ihm die Pflicht des Verkäufers entsteht, das Eigenthum zu ge­ währen"). Es bleibt also der Verkauf gütig, der Verkäufer hat sich zu bemühen, die Sache zu verschaffen"), und wenn es ihm nicht ge­ lingt, aus der Entwehrung oder für das Interesse zu hasten, ohne daß es darauf ankommt, ob er wissentlich oder unwissentlich die fremde Sache verkauft hat"). Aber der Käufer darf es nicht gewußt haben, sonst bleibt er dem nichtwiffenden Verkäufer verpflichtet und er hat keinen Anspruch aus der Entwehrung"). Wußten beide Theile, daß die Sache eine fremde, und haben fie diesen Umstand bei dem Vertragsabschluß ausdrücklich erwähnt"), so wird der Vertrag zunächst als ein Vertrag angesehen über die «Handlung eines Dritten"). Es entsteht also die Verpflichtung, daß der Verkäufer sich bemühe, die Handlung herbeizu­ führen. Schlägt dies fehl, so tritt die Ungiltigkeit ein, der Vertrag ist ausgehoben"). Kondiziren kann der Käufer den gezahlten Preis nur wenn das Geschäft nicht als unerlaubte Handlung erscheint (wie bei dem wissentlichen Verkauf und Kauf einer gestohlenen Sache)"). Hier soll der Preis dem Fiskus zufallen"). 4. Endlich muß das Objekt 48) §. 135. d. T. 1. 28 D. XVIII. 1. Rem alienam distrahere quem posse, nulla dubitatio est: nam emtio est et venditio: sei res emptori auferri potest. 1. 30. §. 1 D. XIX. 1. Heuser, AnnalenII. 652. Ueber die Bedeutung des §. 19. d.T. s. oben bei Anm. 20. Wenn ein Miteigenthümer daS Ganze verkauft, so ist dies der Berkaus einer fremden Sache. Str ieth. B. 35 S. 226. Nach Code 1599 ist der Verkauf einer fremden Sache nichtig, wenn der Verkäufer sie als die seinige au-gegeben, aber der Käufer erhält trotzdem durch die Uebergabe Usukapionsbesitz, a. 2239. ") §. 46 I. 5. Der Käufer kann die Annahme des Kaufgegenstand- unter keinen Umständen um deshalb weigern, weil derselbe zur Zeit des Vertrages noch nicht dem Verkäufer gehörte. Entsch. B. 29 S. 351, Striethorst B. 31 S. 55, B. 74 S. 185. w) §. 136. d. T. Gruchot VII. 225, auch der nicht wissende Verkäufer „nach Ver­ hältniß seiner Verschuldung" (§. 155. d. T ), vgl. darüber B 1 S. 584ff. Nach H.G.B. Art. 306. 307 ist gutgläubige Veräußerung einer fremden Sache schlecht­ hin giltig und schützt gegen Entwehrung Dritter. Oben B. 1 §. 86. X. 51) §. 159. d. T. 1. 34 §. 3. D. XVIII. 1. si emtor solus seit, non obligabitur venditor. Seuffert XVII. 29. 53) Ueber die Ausdrücklichkeit s. Präj. 526. (Samml. B. 1 S. 51) Koch R. d. F. III. S. 727. Strieth. B. 75 S. 338. Dernburg B. 2 S. 333 meint, auf da- Wort „ausdrücklich" komme es nicht an, die entgegengesetzte Auffaffung deS Obertribunals treffe „wohl nicht" den Sinn des §. 139. I. 11. Der wissentliche Verkauf einer fremden Sache ohne ausdrückliche Hervorhebung, ist aber gesetzlich gemißbilligt. Vgl. Anm. 55. 56. M) §. 139. d. T. Koch S. 728. “) §§. 40. 41 I. 5. Oben B. 1 §. 66. Seuffert II. 171. M) Ueber den fahrlässigen Ankauf eine- gestohlenen Pferdes s. Verordn, v 13. Febr. 1843. Entsch. B. 67 S. 84. *«) §. 42.50.1. 5. §§. 159.160. I. 11. 1. 34 §§. 3. D. XVIII. 1. Si et emtor et venditor seit furtivum esse quod venit, a neutra parte obligatio contrahitur; si emtor solus seit, non obligabitur venditor, nee tarnen ex vendito quidquam

62

Zweit«« Buch.

Wirklich

Die besonderen Privatrechte.

ejriftiren17); das ist aber,

da auch künftige und gehoffte

nur erforderlich,

Sachen gekauft werden können,

wenn es als gegen­

wärtiges, wirklich existirendes Gegenstand des Geschäfts geworden"). War es beiden Theilen bekannt oder unbekannt, daß die Sache über­ haupt nicht existirt, so ist nichts verhandelt"), im ersten Fall kompen-

firt sich die Arglist Beider").

Kannte die Nichtexistenz nur der Ver­

käufer, so ist zwar auch kein Kauf und Verkauf abgeschlossen, aber we­

gen des Verschuldens beim Abschluß") wird der Verkäufer dem Käufer

aus das Jntereffe verpflichtet").

Kannte nur der Käufer die Nicht­

existenz, so ist ebenfalls Nichts verhandelt, und der gezahlte wie der versprochene Preis ist geschenkt"). Wenn die zur Zeit des Vertrags­ abschluffes noch existirende Sache vor der Uebergabe zufällig untergeht,

so ist nach preußischem Recht der Vertrag aufgehoben").

In gleicher

consequitur, nisi ultro quod convenerit, praestet; quod si venditor seit, emtor ignoravit, utrimque obligatio contrahitur.

57) §. 1.1. HI. 19. 1. 8 pr. 1. 15 pr. 1. 57 pr. §§. 1. 3. 1.58 D. XVIII. 1. §. 39. d. T. Oben B. 1 §. 78. c. 2. Treitschke S. 81. Gruchot IX. 277. Öesterr. G.B. §. 878, Sachs. G.B. §. 793. 68) 1. 15 pr. cit. 1. 8 §. 1 eod. venditio sine re, veluti quum quasi alea emitur. Keller S. 607 Abs. 2. 59) §. 39. d. T. 1. 15 pr. cit. nulla emtio est it. 1. 57 §. 3 eod. nihil actum est. 1. 1 §. 9. D. XLIV. 7. Die"l. 70. D. XVIII. 1, welche den unwissentlichen Verkauf eines freien Menschen bestehen läßt, kann nicht irre machen, denn sie referirt nur die Meinung Einiger. Treitschke S. 82 Note 3.

60) Es kann daher der Käufer das gezahlte Kaufgeld nicht kondiziren. 1. 57 §. 3. D. XVIII. 1. dolointer utramque partem compensando, und die bei Koch, Komm, zu §. 39 citirte Entsch. des O.Trib. ES ist auch Koch gegen Bornemann Syst. B. 3 S. 6 beizutreten, daß das Kaufgeld nicht als geschenkt gellen kann: dem gegenseitigen dolus eine SchenkungSabstcht anzunehmen, ist unzulässtg. — AuS §. 357 I. 5 kann gegen die im Text ausgestellte Anficht ein Argument nicht her­ geleitet werden, denn §. 357 setzt voraus, daß dem Vertrag trotz des beiderseitigen Betrugs noch ein substanzieller Inhalt geblieben, während, wenn beiden Theilen die Nrchtexistenz der Sache bekannt war, der Vertrag ganz gegenstandlos ist. Vergl. §§. 51. 52 I. 5. 61) Oben B 1 8. 104 bei Note 42. 62) §. 40. d. T. 1. 57 §. 1. D. XVIII. 1. Mommsen, Beitr. z. Obl.R. 1.136. Das Interesse besteht in dem Schaden, der dem Käufer durch Abschließung des Ver­ trages erwachsen. Das. S. 133 fg.

63) §♦ 41. d. T. Derselbe harmonirt nicht mit I. 5 §. 55, denn dieser erklärt nur das auf ein unmögliches Versprechen wirklich Gegebene für geschenkt. Aber da das Schenkungsversprechen der gerichtlichen Form bedarf, so würde hier nur bei Beob­ achtung dieser Form der versprochene Kaufpreis als Geschenk eingeklagt werden können. Oben §. 122 Note 92. Gruchot I. 326. IX. 280. Nach 1. 57 §. D. XVIII. 1 hat der wissende Käufer das versprochene Kaufgeld zu zahlen., und es wird mit der a. emti gegen ihn eingeklagt, es gilt also nicht als geschenkt. Koch, Note zu tz. 41. d. T. findet einen Unterschied zwischen diesem und dem §. 55. I. 5 darin, daß im letzteren Fall der, welcher stch daS bedingt Unmögliche versprechen ließ, daS Eintreten der Möglichkeit bis zur Erfüllungszeit abwarten konnte. Daber bezieht er stch auf 8. 56. I. 5, der davon nicht ein Wort sagt. Die Unterscheidung ist auch ebenso unklar wie unschlüsstg. 64) 8-100. d. L. Nach gem. R. trifft den Käufer die Gefahr, Unterganges daS Kaufgeld zahlen. Oben B. 1 §. 108.

er muß

trotz des

Der Kauf.

§. 124. Der Begriff und die Abschließung.

63

Weise wird der Fall behandelt, wenn ein Gesetz nach Abschluß des Ver­ trags und vor der Uebergabe den Gegenstand außer Verkehr bringt"). Theilweise Nichtexistenz der Substanz kann an sich nicht unter den Gesichtspunkt fehlender Eigenschaften gebracht werden; sie ruft also nicht Ansprüche auf Entschädigung oder auf Gewährleistung für Fehler oder ein Wandelungsrecht für den nicht wiffenden Käufer hervor, ist aber nicht ohne Wirkung auf den Vertrag. Das römische Recht unterscheidet in dem Fall, wenn die Nichteristenz beiden Theilen unbekannt, je nach­ dem der nichtexistirende Theil mehr oder weniger als die Hälfte vom Ganzen beträgt. Dort, und wenn sich das Werthverhältniß des Unter­ gegangenen zum Ganzen nicht mehr ermitteln läßt, darf der Käufer zu­ rücktreten, hier nur die Gegenleistung mindern"). Das A.L.R. unter­ scheidet in anderer Weise"). Ohne Rücksicht auf das Größenverhältniß ist der Vertrag nicht geschloffen"), wenn kein Theil es gewußt; wußte es nur der Käufer, so besteht der Vertrag"), wußte es nur der Ver­ käufer, so hat der Käufer die Wahl zwischen dem Rücktritt vom Ver­ trage und der Forderung aus der Gewährleistung. Wählt er den Rück­ tritt, so darf er Leistung des Jntereffe beanspruchen wegen des Ver­ schuldens bei Eingehung des Vertrags"). Wußten beide Kontrahenten, daß ein Theil der Substanz nicht vorhanden sei, so kann der Käufer weder zurücktreten noch Entschädigung fordern"). v. Der Preis ist eine bestimmte Geldsumme, d. h. die Par­ teien müssen sich über einen Geldbetrag als den in das Vermögen des 65) §. 29. d. T- § 2 I. III. 19. Gebr. Overbeck, Medit. IX. Nr. 468. öftere. Pr.R. I. S. 125 Note 39. Oesterr. G B. §. 880.

Unger,

66) Treitschke S. 84. 1. 44. 57 pr. D. XVIII. 1 je nachdem die amplior pars domus niedergebrannt. Vangerow III. 279. Interessant ist auch das Beispiel in der 1. 58. Wenn Bäume auf dem gekauften Grundstücke verbrannt oder durch den Wind' auSgerisfen sind, so soll eö darauf ankommen, ob man daS Grundstück um dieser Bäume willen (z. B. wegen der Oelfrucht) gekauft hat, oder nicht. Diese Fälle haben übrigens mit dem Tragen der Gefahr Seitens des Käufers keinen Zusammenhang, weil bei ihnen der Untergang der Sache schon vor dem Vertragsabschluß stattgefunden. Theilweise Nichtexistenz des Kaufobjekts ist es nach 1. 44 D. XVIII. 1 auch, wenn von mehreren zusammengehörigen Sachen eine vor dem Vertragsabschluß untergegangen. Das setzt aber voraus, daß die mehreren Sachen von den Parteien zusammen als ein Objekt aufgefaßt worden. Momm­ sen, Beitr. z. Obl.R. I. 173f. Gruchot IX. 281 f. Heuser, Ann. II. 669.

6T) §§. 42—45. d. T. 68) Entsch. B. 11 S. 250. Der Vertrag wird also nicht wie nach röm. R. im Fall eines minder beträchtlichen Untergangs nur modifizirt. 69) §. 43. d. T- Daö rechtfertigt stch durch die Annahme, daß der Käufer den ver­ sprochenen Preis auch als angemessen für den Ueberrest erachtet hat. Mommsen a. a. O. I. 168 f. T0) §.44. d. T.

Oben B. 1 S. 801 Note 42.

Mommsen a. a. O. 166f.

n) Entscheid, des O.Trib. in Stengels Beitr. B. 16 S. 168.

64

Zweit«- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Verkäufers zurückkehrenden Werth geeinigt haben"). Nicht nöthig ist, daß dieser Geldbetrag auch gezahlt, es kann ein Anderes dafür gegeben werden (Hingabe an Zahlungsstatt)"). Auch in diesem Falle liegt nicht Tausch vor, weil es bei letzterem an dem Einverständniß darüber fehlt, welche Sache als Preis für die andere gegeben werden soll"). Es ist ebenso ohne Einfluß auf das Kaufgeschäft, wenn der Käufer mit fremdem Gelde zahlt"). Man sagt, der Preis muß ein wahrer (nicht scheinbarer), ein be­ stimmter, ein entsprechender (justum) sein. Das letzte Erforderniß ist unrichtig, vom preußischen Recht auch nicht anerkannt"). Es giebt keinen objektiven Maßstab für das entsprechende, das liegt in der Vor­ stellung der Kontrahenten, und Über den Standpunkt obrigkeitlicher Taren ist die Gegenwart weg"). ") §§. 12. 46. d. T. Koch, R. d. F. HI. 739f. Gruchot IX. 284. Strietborst B. 45 ®. 181. Treitschk« S. 49f. §. 2.1. III. 24. 1.1 §. 1. 1. 2 §. 1. I). XVIII. 1. Sine pretio nulla venditio est. Non autem pretii numeratio, sed conventio perficit emtionem. Oesterr. G B. §. 1054. Der Kaufpreis kann aber nach dem Willen der PaciScenten in anderer Weise als durch Baarzahlung belegt oder als gezahlt angenommen werden. Wenn durch Wechsel gezahlt werden soll, so muß dies' besonders bedungen sein; an sich ist ein Wechselaccept nicht Zahlung. Oben B. 1 S. 711 Note 12. Ablösungskapitalien und Rentenbriefe sind der Kaufpreis für die abgelösten Berechtigungen. Strieth. B. 29 S. 335. 73) 1. 21 §. 4. D. XIX. 1, vergl. mit 1. 79. D. XVIII. 1. Hier ist ein Grundstück verkauft für einen bestimmten Preis und ein zu einem bestimmten Preise veran­ schlagtes Pachtrecht. Letzteres gilt als datio in solutum. Dergl. oben B 1 S. 582. I. 9. 0. IV. 44. Der Kaufpreis kann auch gezahlt werden durch Ueber­ nahme von Schulden, Entfch. B. 50 S. 120. Oben B. 1 S. 684 f. Subh.Ord. v. 15. März 1869 §. 66. Ges. über den Eigenthumserwerb v. 5. Mai 1872 §. 41. Delbrück. Uebernahme S. 45, oder durch andere vertragsmäßige Leistungen, wenn diese zu einem bestimmten Geldwerth fixirt werden können, und einer bestimmten Kaufgeldsumme hinzutreten. Entfch. B. 46 S. 27. Strieth. B. 14 S- 16 B 43 S. 10. Gruchot IX. S. 285. Beispiele auö dem röm. R. außer den angeführten 1. 79. D. XVIII. 1. 1. 21. §. 4. D. XIX. 1 noch 1. 6 §. 1. 2 eod. — Die Pferdetauschgeschäfte, bei denen für jedes Pferd ein bestimmter Werth oder Preis zwischen den Parteien festgestellt wird, sind Käufe mit datio in solutum. ") Oben §. 123. 1. 7. C. IV. 64. Glück B. 16 S. 68. Die Praktiker schwankten, ob Kauf oder Tausch anzunehmen. Lauterbach, colleg. th. pr. §.39 ent­ scheidet danach, ob der Preis oder die andere Leistung überwiegt. S. Heuser, Ann. II. 512. 75) §. 27. d. T. Doch muß § 72 I. 16 beachtet werden, d. h. der Verkäufer darf nicht wissentlich sich fremdes Geld zahlen lassen. Oben B. 1 §. 91 Nr. 5 1. 8. 9. 0. IV. 50. 1. 6. D. in. 32. Gruchot IX. 117. 76) §. 58. d. T. Auch nach gemeinem Recht nicht. Keller S. 610. Treitschke S. 64. DaS Rechtsmittel aus der Verletzung über die Hälfte, wie es im A-L.R. erscheint, hat aber eine Beziehung auf das justum pretium. Nur ist hier an sich der Kauf bis zur Anfechtung giltig. Ebenso kann man für das gemeine Recht die lex Anastasiana als das Gebot eines justum pretium für eine verkaufte Forderung ansehen. 7T) Die Beschränkung, daß gemeine Landleute ihre Früchte nicht unter dem Markt­ preis verkaufen dürfen, gilt nicht mehr. B.O. v. 9. Nov. 1843. (Ges.S. S. 347). Bgl. oben Anm. 42. Dagegen werden Arzeneien noch nach der obrigkeitlichen Taxe verkauft. R.Gew.Ordn- §. 80: auch scheint neuerdings für andere Gegenstände

Der Sauf.

§. 124.

Der Begriff und di« Abschließung.

65

Der Preis muß ein wahrer sein (pretium verum)76), d. h. nicht scheinbar, sondern wirklich als Gegenleistung gewollt; sonst gilt das Geschäft nicht als Kauf, sondern entweder als Schenkung, wenn die Absicht zu schenken vorhanden war76), oder es ist nichts verhandelt66). Wahr kann der Preis auch sein, wenn er in der schriftlichen Urkunde falsch angegeben ist. Es kommt aus die Willenseinigung an6'). Spä­ terer Erlaß des Preises ist ohne Einfluß auf die Natur des Geschäfts67). — Der Preis muß entweder in sich, oder in Beziehung aus ein künf­ tiges Ereigniß bestimmt sein (pretium certum)63). Die Bestimmtheit in Frage gestellt werden zu sollen, o- die Gegenwart wirklich auf dem Gebiete des Kaufs über obrigkeitliche Laxen weg ist.

n) §§. 70. 73. d. T. Koch HI. 740. Gruchot IX. 334. 1. 36. D. XVIII. 1. simulirten Kaufpreis s. Entsch. B. 64 S. 62.

Ueber

T9) 1. 36. 38. D. XVIII. 1. DaS bloße minoris vendere ist einflußlos. Der in der Absicht zu schenken stipulirte Scheinpreis darf nicht eingeklagt werden. 1. 9. C. IV. 38. Das A.L.R. sagt §.71: ob das durch den Scheinkauf verborgene Geschäft giltig sei oder nicht, ist nach den eigenthümlichen Regeln dieses Geschäfts zu beur­ theilen. S. oben §. 122 bei Note 152 v. d. gemischten Schenkung.

M) 1. 55. D. XVIII. 1.

81) §§. 72. 73. d. T. Plus valet, quod agitur, quam quod simulate concipitur. 1. 34 D. L. 17. 1. 1. C. IV. 22. DaS Publckandum v. 20. Febr. 1802. (N. C. C. XL 767 auch abgedr. in Kochs Komment, zu §. 72) sucht denjenigen, die durch unwahre Angabe des Kaufpreises betrogen werden sollen, Schutz zu geben. Bergt. Strieth. D. 23 S. 4, B. 29 S. 85. Seuffert VI. 82. XI. 33 Wenn aber der Vertrag zu seiner Giltigkeit der schriftlichen Form bedurfte, und in der Urkunde ist der Preis falsch angegeben, so ist der Kauf nicht verbindlich. Mathis, jur. Monats­ schrift III. 9. Gruchot IX. 338. Oben B. 1 §.79 Note 70. Erfüllung von beiden Seiten beseitigt daö Recht des Rücktritts, Präj. 1371. (Sammt. I. S 48), vergl. hierzu Entsch. B. 56 S. 97; dagegen nicht die Uebergabe allein. Entsch. B. 38 S. 98. Dergl. auch Striethorft B. 19 S. 116. 82) Es bedarf dies keines Beweises, aber es kann dafür die von der Miethe handelnde 1. 5. D. XIX. 2 und 1. 5. C. IV. 65 als Argument angeführt werden. Behauptet der Käufer, gegen den der Preis eingeklagt wird, einen ihm bewilligten Rabatt, so sehen die fr. AuSg. unter Bezugnahme auf Se usf. XV. 163 (vergl. auch IV. 76. X. 198. XVI. 63) dies als eine vom Käufer zu beweisende Einrede des Erlasses an. DaS kann, wenn der Rabatt beim Vertragschluß selbst bewilligt sein soll, nicht zugegeben werden. Sind 100 nach Abzug von 5% Rabatt verabredet, so beträgt der Preis nur 95, und der Verkäufer wird dem die Abrede von 100 mit 5%

Rabatt behauptenden Käufer gegenüber die Abrede von 100 beweisen müssen. M) §§. 46. 47. d. T. Koch III. S. 741 f. Treitschke S. 52fg. Beispiele von Un­ bestimmtheit, die den Kaufvertrag nicht bestehen läßt: Strieth. B. 19 S. 72. B. 45 S. 181. Ein zweifelhafter Fall bei Gruchot B. 4 S. 402fg. Mehrere Alleineigenthümer verschiedener Grundstücke verkaufen diese in einem Vertrage für einen Gesamm tpreiS. Die Gerichte haben die Bestimmtheit des Preises ver­ mißt, weil so viele verschiedene Käufe geschloffen als verschiedene Verkäufer und Grundstücke. Gruchot ist dagegen, weil der Käufer jedenfalls bestimmt gewußt hat, was er an Alle zusammen zu leisten habe. Die letztere Ansicht wird aber nur dann für die richtige zu halten sein, wenn auS dem Vertrage nur ein gemein­ schaftliches Klagerecht der Verkäufer hervorgehen sollte. Soll jeder eine besondere Klage haben, was freilich regelmäßig nicht der Fall sein wird, so ist die fehlende Be­ stimmung der Einzelpreise wesentlich. Die Entscheidung redueirt sich auf die that­ sächliche Lage der Sache. — Auf den Eintritt oder Nichteintritt deS bestimmenden Ereignisses darf kein Kontrahent einwirken. Striethorst B. 13 S. 14. Soll der Preis nach dem Gewicht berechnet werden, so geht das Gewicht der Verpackung

-örster, Preuß. Privatrecht. II. 4. Aust.

5

Zweite- Buch.

66

Die besonderen Privatrechte.

ist objektiv zu nehmen, wenn sie auch als solche nicht tat Bewußtsein der Kontrahenten liegt"); sie besteht zunächst im Betrage; dieser kann durch Beziehung aus eine anderwärts schon feststehende Summe ge­ geben sein, selbst wenn die letztere den Parteien noch unbekannt, nur daß sie zuverlässig zu ermitteln ist"). Bei einer Beziehung auf den Marktpreis wird der mittlere zur Zeit des Vertragsabschlusses ange­ nommen 86 * *).** * Bei * * * *der * * *Beziehung * 85 auf das Gutbefinden eines oder mehre­ rer bestimmter Dritter müssen sich beide Theile deren Ausspruch unter­ werfen"), und können sich die mehreren Schätzer nicht einigen, so gilt der Durchschnitt ihrer Angaben als Preis88). Der Kauf kommt nicht zu Stande, wenn der eine oder andere Dritte einen Ausspruch nicht thun kann oder will88),* und wenn ein Kontrahent auf diesen Ausspruch betrüglich eingewirkt hat88). Hier liegt aber Verschulden bei Abschlie­ ßung des Vertrages Dor91), und dies begründet eine Forderung auf das (Tara) ab. Im Handel wird da- Taragewicht häufig nach einem bestimmten Ver­ hältniß vom Ganzen abgezogen, oder e- wird dem Käufer ein Gutgewicht auf da- Taragewicht und eine Refaktie auf da- Gewicht der Waare berechnet. D. H. G.B. 352. Beziehung auf ein künftige- Ereigniß ist es z. D. wenn der Preigezahlt werden soll, den der Käufer bei dem Wiederverkauf der Waare erzielt. Seuffert XII. 20. 1. 7. §§. 1. 2. D. XVIII. 1. 1. ult. C. IV. 38. Bergl. auch den Anhang §. 79 zu §. 648. II. 1. A.LR für einen besonderen Fall de- späteren höheren Weiterverkaufs. Der Umstand, daß eine dem Käufer bedungene Neben­ leistung (Altentheil) nicht genau bestimmt ist, macht den Prei- noch nicht unbestimmt. Striethorst B. 14 S. 16. Gruchot VII. 47. M) Seuffert VII. 26. Die Bestimmung des Preises muß nur der Willkür der Kon­ trahenten durch ihre Verabredung entzogen sein. 1. 7. §. 1. D. XVIII. 1.

85) §§. 52. 53. d. T. Beispiele: Rechtspr. B. 3 S. 224. Striethorst B. 49 S. 323. Der Preis soll so viel betragen, als in dem vorgezeigten Kasten Geld befindlich: I. 7. §. 1. 1. 37 D. XVIII. 1. Wenn man bei einem Kaufmann Waaren ent­ nimmt, ohne besonders über den Preis zu verhandeln, so muß die Summe als Preis betrachtet werden, für welche der Kaufmann diese Waaren seil hält. Nach röm. R. war hier nicht a. venditi, sondern praescr. vcrbis gegeben, §. 1 I. III. 24. 1. 35. §. 1. D. XVIII. 1. Auf diesen Klagen-Unterschied kommt im heu­ tigen Rechte nicht- an. Dergl. unten Note 92. Striethorst B. 49 S. 323. Endemann S. 516. Seuffert IV. 316, bes. S. 331. XI. 223. XII. 20. XVI. 41. XVII. 30. *6) §. 54. d. T. Bergl. D. G.H.B. Art. 353. S. oben Note 39. Oesterr. G.B. §. 1058.

Der Marktpreis am Erfüllungsort.

w) §. 48. d. T. Kochs Note dazu. Bergl. die Unterscheidung, die in der 1. 76. D. XVII. 2 gemacht ist: si ex compromisso ad arbitrum oder ad boni viri arbitrium itum est. §. 1 I. III. 23. Heuser II. 658.

88) §• 50. d. T. So auch das sächs. G.B. §. 805. ES entscheidet also nicht die Mehr­ heit. Das weicht ab vom röm. R., welches Einigkeit der mehreren Schätzer ver­ langt. 1. ult. C. IV. 38. Ebenso österr. G.B. §. 1057. Die Sache muß in dem Zustande taxirt werden, in welchem ste sich zur Zeit des DertragSabschluffeS be­ findet. S. auch Heuser, Ann. II. 658. 89) §• öl. d. T. 1. ult. C. IV. 38, welche ältere Zweifel abschnitt. Unterholzner II. S. 230 Note e. Dergl. da- bei Gruchot IX. 307 a. E. mitgetheilte Erkennt­ niß des O.Trib. v. 20. Septbr. 1861.

w) §. 49 d. T.

Striethorst B. 13 S. 14.

91) Oben B. 1 §. 104 Note 42.

Der Kauf.

§. 124.

Der Begriff und die Abschließung.

67

Interesse ’*). Dem reinen Belieben eines Kontrahenten darf die Preis­ bestimmung nicht überlasten werden"). Die Münzsorte kann zur Zeit bei den im Inland zu erfüllenden Verträgen nicht mehr zweifelhaft sein. An die Stelle der Landeswährung ist die Reichsgoldwährung getreten"), aber ein in fremder Währung verabredeter Preis bleibt ein Kaufpreis, das Geschäft ein Kauf. Auch entscheidet die Reichsgoldwährung im Zweifel nur, wenn im Jnlande zu erfüllen ist; sonst kommt es aus Auslegung des Vertrages an. Vom Gesetze des ausländischen Zah­ lungsorts wird es abhängen, in wieweit mit der dort geltenden Münze gezahlt werden muß"). Die dem deutschen Recht bekannten Nebenleistungen, die unter ver­ schiedenen Namen vorkommen (Weinkaus, Schlüffelgeld u. s. w.) können nur verlangt werden, wenn sie ausdrücklich bedungen worden"). Dann find sie ein Zusatz zum Preise. E. Willenseinigung. Die zum Abschluß eines Kaufs und Verkaufs nothwendige Willenseinigung ist erreicht, sobald die beidm Kontrahenten über den Austausch einer bestimmten Waare gegen einen bestimmten Preis dafür sich geeinigt haben"). Die allgemeinen Regeln

'-) §. 49. d. T. »-) 1. 36. ß. 1. D. XVIII. 1. 1. ult. C. IV. 38. Sergi. 1. 25 pr. v. XIX. 2. Glück B. 16 S. 82. Seuffert VII. 26. Bestritten ist, ob die Bestimmung des Preiseeinem Kontrahenten boni viri arbitratu überlassen werden kann. Im Geschäfts­ verkehr kommt es vor. Keller S. 609. Aus der 1. 22 §. 1 de R. J. ist nichts zu folgern. Bangerow (III. S. 446) will eine a. praescr. verb. auf ange­ messenen Preis geben. Siehe auch Thon, in der Heitschr. f. Civ.R. u. Proz. B. 10 Nr. 7. Man wird in dem billigen Ermessen in der That eine objective Beziehung finden müssen, der unbilligen Willkür tritt die Möglichkeit, auf eine Schätzung Anspruch zu machen, korrigirend gegenüber. Bgl. auch R-O.H.G. B. 1 S. 56, B. 13 S. 75, B. 15 S. 334, B. 19 S. 169. 94) §. 56. d. T. ReichSmüvzgesetz v. 9. Juli 1873: Früheres Recht. §. 56. d. T. 95) Treitschke S. 53. Gruchot IX. 312. 96) §. 55. d. T. Anders im Handelsverkehr R.O.H.G. D. 14 S. 27. w) §. 12. d. T. Gruchot IX. 103. 1. 1. §. 2. 1. 9. v. XVIII. 1. 1. 8. pr. D. XVIII. 6.: si id quod venierit, appareat, quid, quäle, quantum sit, sit et pretium, et pure venit, perfecta est emtio. Die Parteien müssen auch darüber einig geworden fein, daß der Handel zwischen ihnen abgeschlossen sein soll. Seuffe rt lV. 33. Wenn also die Parteien auch über Kaufgegenstand und Preis einig, über sonstige Modalitäten aber uneinig oder auch nur darüber noch nicht einig find, daß jene Einigung alle- enthalte, was fie Über den Geschästsschluß verabreden wollen, liegt noch kein Vertragschluß vor. Ob die Willenseinigung erreicht worden, ist quaestio facti. Seuffert XIII. S. 187 u. Nr. 219. Es kommt dabei nicht darauf an, wie die Kontrahenten das Geschäft genannt haben. Dresdn. Ann. II. 532. Ein Beispiel, wie ein Geschäft, welches die Parteien ausdrücklich als Kauf bezeichnet haben, als ein antichretischer Pfandvertrag aufgefaßt werden mußte, im Eentralblatt 1838. S. 537. 586. 607. 634. 674. 729. 777. Nach L80 §. 3. D. XVIII. 1. ist es locatio, aut aliud genus contractus, aber nicht emtio venditio, wenn verabredet worden, ne dominium ad emtorem transeat. Darüber, unter welchen Umständen im Handelsverkehr die Zusendung und daö Behalten

5*

68

Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

von der Willenseinigung gelten auch hier"); der Wille kann sich ab­ hängig machen von einer Zeitbestimmung und Bedingung.

Die auf­

schiebende Bedingung bewirkt, daß das aus dem Kauf und Verkauf ent­ springende gegenseitige Rechtsverhältniß nicht eher „zur Wirklichkeit ge­

langt", als bis die Bedingung eingetreten.

Die Rückziehung aus den

Bei der auflösenden Bedingung tritt das Rechtsverhältniß sofort in Wirksamkeit 10 * *°), * * die * * * Uebergäbe ** der Sache

Abschluß ist also abgewiesen").

giebt dem Käufer Eigenthum, er muß den Preis zahlen, er hat die

Pflicht, bei Eintritt der Bedingung die Sache dem Verkäufer zurück zu

übergeben, und wenn er das Nichtkönnen verschuldet hat, das Interesse zu leisten, der Rückfall tritt daher nicht von selbst (ipso jure) ein, sondern der Eintritt der Bedingung erzeugt nur eine persönliche Pflicht

des Käufers. Sofortige Uebergabe soll im Zweifel die Bedingung als auflösend zeigen'"); ist sie dennoch nach der Absicht der Parteien auf­ schiebend, so verwaltet der Käufer die Sache als eine fremde""), die

Uebergabe hat also noch nicht an ihn Eigenthum übertragen.

Der in

diesem Fall vor der Entscheidung über die ausschiebende Bedingung ge­

zahlte Preis wird bei eintretender Entscheidung in der Art zurückgezahlt, daß die Nutzungen der Sache und die Zinsen des Preises gegen ein­ ander aufgehoben werden'"'). Gegen Dritte welche später an der be­ dingt verkauften Sache ein dingliches Recht erwerben, wirkt die Bedin­

gung nur, wenn sie ihnen bekannt geworden'"'), oder aus dem Grund­ buche ersichtlich ist'"'). Für Grundstücke ist der letztere Theil des Satzes

Auch für bewegliche Sachen ist der Satz in seinem ersten Theil wohl zu allgemein. Unzweifelhaft fteilich

jetzt ausschließlich maßgebend'"').

unbestellter Waaren als stillschweigender Kaufschluß angesehen werden kann und welche Bedeutung das widerspruchslose Entgegennehmen einer Faktura über ge­ sandte Waaren unter verschiedenen Verhältnissen annimmt, kann nur in einer handelsrechtlichen Erörterung näher gehandelt werden.

98) §. 2. d. T. S. 70fg.

Ueber die Wirkung des Irrthum- stehe D. 1 §. 78 II.

Treitschke

") B. 1 S. 195 fg. tz. 258. d. L. Ueber eine aufschiebende Potestativbedingung s. Heuser, Annalen VII. 171. Der im heutigen Verkehr nicht seltene s. g. Möbel­ leihvertrag (vergl. Brünn eck bei Gruchot X. 339. Boigtel das. XI. 747) ist ein mit Miethe gemischter su-pendirter Kaufvertrag, bei dem jedoch da- letztere Moment da- überwiegende ist.

10°) §§. 261. 262. d. T.

Gruchot X. 305f.

w1) §. 263. d. T.

102) §. 259. d. T. lM) §. 260. d. T. 1M) §. 264. d. T.

1W) §. 265. d. L. 106) Die Auflassung läßt eine Bedingung nicht zu. Derjenige, dem auf Grund einebedingten Vertrage- ein Grundstück aufgelassen ist, wird also nicht bedingter, son­ dern unbedingter Eigenthümer, gleichviel ob die Vertrag-bedingung suspensiv oder

Der Kauf.

§. 124.

Der Begriff und die Abschließung.

69

kann bei auflösender Bedingung der Käufer die Sache mit dinglichen Rechten belasten, denn er ist Eigenthümer, und hier ist Regel, daß der Dritte, der das dingliche Recht erworben, ohne von der Bedingung Kenntniß erhalten zu haben, auch nach erfolgter Auflösung gegen den Verkäufer, oder an wen sonst das Eigenthum zurückfällt, geschützt ist107). Wenn aber der Käufer unter einer Suspensivbedingung, dem die Sache übergeben ist, während seiner Gewahrsam Rechte auf die Sache legt, so kann sie der Dritte auch gutgläubig nicht erwerben, denn sein Autor war nur Verwalter. Die suspensive Bedingung wirkt also gegen den Dritten, der aber freilich den Schutz des redlichen entgeltlichen Erwerbs in Anspruch nehmen kann und eventuell durch den Eviktionsanspruch an seinen Autor geschützt wird,09). Eine Reihe von Bedingungen, die bei dem Kauf und Verkauf vor­ kommen, werden paffender abgesondert erörtert (§. 126), weil bei ihnen Eigenthümlichkeiten zu erwägen sind, die es zweifelhaft machen, ob solche Verabredungen überhaupt als Bedingungen, oder nicht vielmehr als Nebenverträge (pacta adjecta) aufgefaßt werden müssen. Nur eine im Verkehr oft vorkommende Abrede ist schon hier zu erwähnen, weil sie recht eigentlich die Willenseinigung selbst trifft. Es wird gekauft auf Probe, auf Besicht oder bis zum Besehen, bis zum Kosten100). resolutiv gemeint war. Der Erfolg der Rückgewähr kann nur durch Eintragung einer Vormerkung des bedingten Rechts auf Zurückauflassung gesichert werden. 10T) Die persönliche Verpflichtung des resolutiv bedingten Käufers gegen seinen Ver­ käufer auf Rückgabe berührt den Dritten nicht. Hierin liegt eine Beschränkung des Grundsatzes resolute jure dantis etc , die Dinglichkeit ist stärker. S. oben B. 1 §. 18 Note 28. S- auch Heuser IX. 344f. — Der Text der früheren AuSg fährt fort: „Ebenso unzweifelhaft bezieht sich tz. 264, welcher nur von Rechten aus die Sache spricht, nicht auf den EigenthumSerwerb eines Dritten, denn daS Eigenthum ist nicht ein Recht auf die Sache, sondern ergreift die ganze Sache, und kann ohne Rücksicht auf Wissen oder Nichtwissen von einem bedingt berech­ tigten Autor nicht unbedingt abgeleitet werden." Wie wenig unzweifelhaft dieser Satz Förster selbst geblieben, geht daraus hervor, daß er in § 126 Anm. 51 für den Fall der addictio in diem den §. 264 anders auffaßt. Vgl. auch Gruchot B. 8 S. 321, B 10 S. 305. los) Der Autor hat dann als Nichteigenthümer veräußert. l09) §§. 333-339. d. T. Gruchot XI. 132f. Koch, R. d. F. III. S. 746fg. Unterholzner II. S. 253f. Nr. 4. Thöl §§. 71. 72. Brinkmann, HandelsRecht. 1853—60. §§ 82—86. Wilda im Recht-lexikon VI. S. 50. Treitschke S. 192 Bluntschli 3. A. @.‘471. Endemann S. 581. Gad S. 242. — Cropp in s. und Heise'S 2'bhandl. B. 1 Nr. 12. Goldschmidt in s. Zeitschr. für Handelsrecht B. 1 S. 66f. 262f. 386f. Fitting daselbst B. 2 S. 203. B. 5 S 79 Unger daselbst B. 3 S- 386s. Fitting Arch. für civ. Prax. B. 46 S. 237. — Vangerow III. S. 452. SinteniS II. S. 594. Die verschiedenen Ausdrücke für ein solches Geschäft sind z B. auf Probe, auf Besicht, aus Nachsiechen, aus Nachziehen. Ueber die verschiedenen Formeln ausführlich Goldschmidt a. a. O. I. S. 435 fg. Die Prüfung kann durch Sehen, Fühlen, Hören, Schmecken zu bewirken sein. Koch S. 749. Goldschmidt (I. 118) schlägt vor: Handel nach Belieben, Unger (III. 414), dem Fitting (V. 79) jetzt beitritt: Handel auf Gefallen. Der Kauf nach Probe gehört mcht hierher, er ist ein

70

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Es fragt sich ob dies ein bedingter Kauf oder nur eine noch nicht zum Abschluß gelangte vorläufige Verhandlung über einen beabsichtigten Kauf ist. Die rechtliche Natur dieser Abrede ist in neuerer Zeit lebhaft erörtert toorbcn "°). Die Schwierigkeit der Beantwortung liegt wesent­ lich in dem Umstand, daß, wenn ein bedingter Kauf angenommen wird, der Grundsatz verletzt wird, daß eine Verpflichtung nicht aus das bloße Wollen und Belieben (si velim, si velis) gestellt werden kann, weil in diesem Fall die zum Abschluß auch eines bedingten Vertrags nothwendige Willenscinigung noch nicht erreicht ist"'). Die Aussprüche der römischen Rechtsquellen scheinen allerdings davon auszugehen, daß der Kauf aus Probe ein bedingter Kauf sei; fie zeigen nur ein Schwanken zwischen der Annahme einer aufschiebenden und auflösenden Bedingung'"). Aber in dieser Hinficht ist wohl Goldschmidt beizu­ treten'"), der aus den Quellen nachweist'"), daß weder für die eine noch für die andere Art der Bedingung zu vermuthen, es vielmehr eine reine Jnterpretationssrage ist, welche Art anzunehmen sei. Auch der neuere Handelsgebrauch hat geschwankt'"), die neueren Gesetzgebungen unbedingter perfekter Kauf, bei welchem die Probe nur zur Bestimmung de« Ge­ genstandes nach Güte und Identität dient; verg). D. H GB. Art. 340. Bluntschli S. 470. Striethorst B. 12 S. 192. B.35 S. 125. B.52 S. 225. Heuser II. 682. Dresdn. Ann. I. 155. IV. 83. 111. VI. 266. Seuffert I. 361. II. 169. V. 129. 154. VI. 27. VII. 304. Besonders handelt e- flch hier um die Beweislast, wenn die Nichtprobemäßigkeit der Lieferung behauptet wird und die Probe dem Käufer übergeben war. S. Beseler, Pr.R. III. S. 317 Note 22. .Wochenblatt s. merk. Rf. B. 14 (1866) S. 503. Heise u. Cropp B I. S. 218. Martiniu- bei Gruchot B. 19 S. 469. ROHG. VI. S. 336, XII. S. 7. S. 118. Der Kauf zur Probe besagt juristisch nicht- Eigenthümliche-; eist hierdurch nur der Beweggrund au-gedrückt, daß man von derselben Waare mehr kaufen will, wenn da- Gekaufte zusagt. HGB. Art. 341. Eine Bestellung zur Probe und Auswahl ist kein perfekter Kauf. Striethorst B. 45 S. 295. no) In den Abhandlungen von Goldschmidt, Fitting und Unger. Siehe vorige Note. Fitting giebt auch eine Uebersicht der älteren Meinungen über diese Streitfrage, von der Gloffatorenzeit an. In diesen Abhandlungen wird aber ebenso, wie in allen Hand- und Lehrbüchern de- gemeinen Civilrechtö und de- Handels­ rechts durchaus von der feststehenden Voraussetzung ausgegangen, daß e- sich um ein bedingtes Geschäft handele. 11‘) Oben B. 1 S. 188 Note 21.

na) Z. B. 1. 3. D. XVIII. 1 (Resolutivbedingung), §. 4. I. III. 23 (Suspensivbedin­ gung). 113) I. S. 111 fg. a. a. O. vergl. S. 283.

1M) Vergl. §. 4. I. III. 23. 1. 52 §. 3. D. IX. 2. 1. 3. 1. 34 §. 6. D. XVIII. 1. 1.6. v. XVIII. 5. 1. 20. pr. §. 1. D. XIX. 5. 1. 3. D. XX. 6. 1. 31 §. 22. v. XXI. 1. 1. 2 §. 5. D. XLI. 4. 1.11. § 13. D. XLIII. 24. 1.4. C. IV. 58. Diese Belege ergeben eine dreifache Auffassung: resolutiv, suspensiv bedingt und unbedingt mit einem Nebenvertrag auf Rücktritt. Interessant ist besonder- auch die 1. 52 §. 3. D. IX. 2 und die 1. 20 §. 1. D. XIX. 5. Die 1. 78. D. XLVII. 2. handelt nicht vom Kauf auf Probe, sondern von dem Innominatvertrag rem inspiciendum dare, der eine a. praescr. verb. erzeugt. 1.17 §. 2. D. XIX. 5.

*") Goldschmidt I.

S. 401 fg. 429f.

Seuffert X.

40.

Ueber hamburgische

Der Kauf.

§. 124.

Der Begriff und die Abschließung.

71

haben sich für die Suspensivbedingung entschieden'"). Es find neuer­ dings drei Erklärungen versucht worden, um die unleugbare Anomalie zu beseitigen, daß das si velim als Bedingung gelten soll. Gold­ schmidt führt aus, es liege nur ein einseitiges Verkaufsversprechen (er nennt es einen einseitigen Verkaufsvertrag) vor, welches, weil der Uebergang in den gegenseitigen Vertrag von einer dem Käufer anheim gegebenen Potestativbedingung abhänge, selbst schon als bedingter Kauf aufgesaßt werden darf, wie es in den Quellen geschehe'"). Fitting giebt dem Grundsatz, daß das willkürliche si velim noch kein bedingtes Geschäft erzeuge, eine andere, beschränktere Bedeutung: es heiße nur, das Geschäft dürfe nicht ausdrücklich nur auf das Wollen und Be­ lieben gestellt sein, hier werde es aber auf das Probiren oder Kosten, mithin auf den schon objekiven Umstand gestellt, daß die Waare beftiedige oder gefalle (si placuerit)ne). Unger endlich saßt die Abrede Praxi«, die sich für Resolutivbedingung entschieden, s. Hirsch im neue» Archiv f. H R. von Doigt und Heimchen, D. 1 S. 155 fg. DreSdn. I. 553. 116) Code art. 1588 präsumirt die Suspensivbedingung. Oesterr. G.B. §. 1080 bis 1082 steht den Käufer während der Probezeit, wenn er den Preis noch nicht be­ zahlt hat, als Entlehnev, wenn er gezahlt, hat, als Eigenthümer mit der Befugniß des Rücktritts an. Sächs. G.B. §. HOL Deutsches H.G.B. Art. 339. Bairischer Entw. Art. 352.

117) Goldschmidt scheidet von dem Kauf auf Probe oder nach Belieben die degustatio vini aus (I. S. 73—110). Der Weinkauf werde unter der resolvirenden Be­ dingung abgeschloffen, daß, wenn sich bei der Probe eine Weinkrankheit zeige, der Käufer die Waare zurückgeben kann, der Kauf aufgelöst wird. Die Probe muß vorgenommen werden, sobald der Käufer kann, oder in der gesetzten Frist, sie braucht nicht besonders Vorbehalten zu werden, weil man Wein gewöhnlich so zu kaufen pflege. Wird die Probe nicht vorgenommen, so gilt nach Ablauf der Zeit die Waare als genehmigt. Das ädilitifche Edikt hat sich auf Wein nicht bezogen, seine langen Fristen waren hier auch unanwendbar, die Weinprobe vertrat jenes. Die Quellenzeugniffe über die degustatio sind enthalten in 1.1. pr. 1. 4. pr. §. 1. 1.15. v. XVIII. 6. 1.34 §. 5. D. XVIII. 1. Dieser Deduktion ist im Wesent­ lichen nichts entgegenzusetzen; der Weinkäufer kann wandeln, wenn sich bei der in kurzer Frist vorzunehmenken Probe eine Weinkrankheit herausstellt, gleichviel, ob sie schon bei Abschluß des Kaufs oder nachher entstanden. DaS Institut hat eine offenbar nahe Verwandtschaft mit der Haftung wegen vorausgesetzter Eigenschaften, besonders aber mit der Wandelung beim Biehhandel, wie sie das deutsche Recht entwickelt hat. Unten §. 125 Note 29.Aber gerade dies führt darauf, daß die Annahme einer Resolutivbedingung nicht richtig erscheint, denn sonst wäre jeder Kauf, der wegen Fehler der Sache gewandelt werden kann, ein resolutiv bedingter. Der Kauf ist unbedingt abgeschlossen, und wenn eS heißt, die Gefahr des Unter­ gangs bleibt beim Verkäufer, so steht dies in vollem Einklang mit dem Grundsatz vom Tragen der Gefahr überhaupt, d. h. der wandelnde Käufer hat nichts zu vertreten, gewandelt kann werden, wenn die Sache auch zufällig untergegangen. Bei der Wandelung ist der zurückempfanßende Verkäufer creditor, und creditoris est rei periculum. Daß Goldschmidt die degustatio vini vom Handel nach Belieben ausgeschieden hat, ist das wesentlichste Verdienst seiner Abhandlung. Denn allerdings ganz verschieden von einem solchen Kauf ist eS, wenn eine Sache zum Kaufen hingeftellt wird für den Fall, daß sie dem Käufer gefalle. (Gold­ schmidt I. S. 110fg) S. die Stellen oben Note 113. Goldschmidts im Text oben referirte Auffaffung des Instituts findet sich a. a. O. I. S. 271. 275 fg. 282fg. 118) A. a. O. D.2 S. 232 f. 239. 275. II. 2. B 5 S. 83 f. 140.

72

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

auf Probe durchaus objektiv, der Käufer ist gebunden, der Vertrag per­ fekt, sobald die Probe — nicht nach dem Belieben des Käufers, sondern nach dem Ermessen eines rechtschaffenen, gewissenhaften Mannes (boni viri arbitrato)”“) gefalle. Das si volueris und si res placuerit unter­ scheide sich wie das rein subjektive, willkürliche Belieben, was einen Ver­ trag gar nicht entstehen lasse, und das von der objektiven Thatsache der Probemäßigkeit der Waare abhängende Gefallen. Die probemäßige Waare muß gefallen, und darum ist eine solche Abrede bedingend'"). Nun sind freilich die Ausleger des römischen Rechts an die Quellen gebunden, und da diese den Kauf auf Probe einmal als bedingten be­ handeln, so ist das Bestreben erklärlich, die in die Augen fallende Ano­ malie aus irgend eine Weise zu beseitigen, wenn man sich nicht damit begnügen will, sie schlechthin als eine solche hinzunehmen, wie es Savigny und Koch gethan'"). Aber man wird doch jene drei Er­ klärungen als sehr künstliche und spitzfindige Versuche bezeichnen müssen, die deshalb nicht befriedigen können. Gegen Goldschmidt ist mit Recht eingewendet worden'"), daß es auffallend sei, ein einseitiges Ver­ sprechen bloß deßhalb, weil es zu einem zweiseitigen Vertrage sühreu kann, schon in Voraus als bedingt zweiseitigen Vertrag gelten zu lassen; es ist hinzuzusügen, daß der Begriff eines einseitigen Verkaussvertrags, der etwas anders sein soll als eine Verkaufsofferte, doch kaum juristisch konstruirbar ist. Gegen Fitting spricht, daß aus den Quellen seine Unterscheidung zwischen dem wörtlich und einem durch andere Satzwendungen bezeichneten Belieben nicht folgt, denn es liegt in der Natur der Sache, daß juristische Regeln durch abstrakt ausge­ drückte Beispiele erläutert werden, weil es unmöglich ist, jede denkbare Satzwendung zu erschöpfen. Darum sprechen die Quellen von si voluerit, si velit, und fassen in dieser allgemeinen, abstrakten Formel alle denkbaren Fälle zusammen, in denen sich ein subjektives Belieben äußern kann; daß sie aber einen formellen Gegensatz bezeichne gegen jede an­ dere konkretere Ausdrucksweise, geht aus keiner Stelle hervor'"). Und »") A. a. O. B. 3 S. 407fg. 1S0) Gleichviel, ob der Käufer die Waare geprüft habe oder nicht. Unger bezieht fich hierfür auf 1. 7. pr. in f. D. XVIII. 1. '") Savigny, System B.3 §.117 Note i. S. 131. Koch, R. d. F. III. S. 746 a. E. und Kommentar Note zu §. 333. d. T. 1M) Fitting a. a. O. B.2 @.228fg. Unger a. a. O. B.3. @.388fg. '“) S. 1.108. §. 1 de V. 0. 1.17 eod. Auf die 1. 52. D. XXXV. 4 kann sich Fitting gewiß nicht berufen, denn zwischen si Maevius voluerit und si Capitolium ascenderit ist erstlich an sich ein großer Unterschied, sofern si voluerit auSdrückt: wenn MaeviuS will, daß TitiuS das Legat erhalte, si ascenderit aber zunächst wenigstens gar keine Beziehung auf das Legat hat, vielmehr ein zufälliges Ereigniß ist; und dazu kommt, daß hrer Maevius ein Dritter ist, nicht einer der Kontrahenten. Die Regel expressa nocent, non expressa non nocent ist ein

Der Kauf.

§. 124.

Der Begriff und die Abschließung.

73

dann fehlt doch Fitting's Unterscheidung auch jeder sachliche Inhalt: es ist kaum zu begreifen, wie eine solche Aeußerlichkeit juristische Ver­ schiedenheiten soll erzeugen können. Bestechender ist Unger's Ansicht, die übrigens an die viel ältere von Stryck anknüpft'"), der auch den arbitratus boni viri entscheiden lassen will, weil sie sachlich einen be­ stimmteren, so zu sagen greifbareren Unterschied aufstellt. Aber doch auch hier ist einzuwenden, daß das si res placuerit, wenn es nicht aus die Rechtfertigung durch objektive Gründe ankommen soll, in Wirklich­ keit gleichbedeutend ist mit si tibi res placuerit, daß man also dem subjektiven Belieben nicht entflieht'"). Die nothwendige Konsequenz seiner Ansicht, daß der Kauf perfekt werde, wenn die Waare als probe­ mäßig sich herausstellt, gleichviel ob sie der Käufer dafür hält, findet nicht allein keine Bestätigung in den Quellen'"), sondern widerspricht auch der Rechtsübung durchaus'"). Es ist sehr erschwerend, wenn die Beantwortung solcher Fragen, die aus festen Grundbegriffen durch ein­ fache logische Schlüffe erörtert werden können und sollten, an Ouellenaussprüche gefesselt ist: die römischen Juristen können doch auch geirrt haben. Darum, weil sie die Abrede als eine bedingte auffaffen, oder, wie eigentlich gesagt werden muß, aufzufaffen scheinen, wird fie noch keine bedingte, wenn der Begriff der Bedingung damit unvereinbar ist. Und man bedenke überdies, wie verschieden die Bedeutungen find, die das Wort conditio in den Quellen hat'"). Unvereinbar mit dem Be­ griff der aufschiebenden Bedingung'") ist aber in der That die Abrede aus Probe, wenn man sich vergegenwärtigt, daß jene nicht das Rechts­ geschäft, sondern das daraus hervorgehende Rechtsverhältniß be­ dingt, den Abschluß des Geschäfts vielmehr voraussetzt'"). Bei dem sehr trivialer Gemeinplatz ohne konkrete Bedeutung. S. jedoch hierüber Unger B. 3 S. 393 398 f. 404 f. Ebenso verhält es sich mit der 1. 68. eod. Bergt. 1.1. pr. de leg. II.: quid enim interest, „Si Titius in Capitolium ascenderit“, mihi legetur, an „si voluerit“? Es ist doch ein Unterschied, denn TitiuS kann zu dem Gange aus das Capitol genöthigt sein. 1M) Stryck, de jure sensuum, diss. VI. c.2. nr.27. Glück B. 17 S. 166. 12S) Gegen Unger s Fitting B 5 S.90fg. S. bes. Unger S. 411.

U6) Bergl. Fi tting B. 5 S. 101, besonders das quod ei magis displicuerat in der 1.31 §.22. 23. D. XXL 1. und 1.20. pr. D.X1X. 5. 127) S. die Nachweisungen oben bei Note 114. Seuffert X. 40 (Lübeck). XVIII. 239. 18e) Wie sehr die römischen Juristen über die Auffassung des Geschäfts geschwankt haben, zeigen die oben Note 111. 113 citirten Stellen. Ueber die verschiedenen Bedeutungen von conditio s. Windscheid, Voraussetzung. ,29) Als Resolutivbedingung die Probe verabredet, ist das Geschäft nichts anderes, als ein perfekter Verkauf mit dem Nebenvertrage der Reue. Fitting B 5 S. 113. Die Zweifel beziehen sich nur darauf, ob die Abrede als suspensive Bedingung aufgefaßt werden kann. 13°) Oben B. 1 §. 36 S. 185ff. Bei Seuff. XVIII. 236 ist auffallender Weise auSgeführt, ein bedingter Vertrag fei noch gar nicht abgeschlossen, existire noch nicht!

74

Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrecht«.

Kauf auf Probe ist es aber gerade zu einem solchen Abschluß noch nicht gekommen: es ist angeboten, aber das Angebot noch nicht ange­ nommen, es fehlt Einigung über Waare und Preis, es steht noch ganz dahin, ob und wie ein Kauf über diese Waare und zu welchem Preise zu Stande kommen wird"'). — Aber allerdings, ein Vertrag ist doch geschloffen, nur nicht ein bedingter Kauf, ein Vertrag des Inhalts, daß der Offerent bis zur vorbehaltenen Erklärung der Zufriedenheit gebun­ den sein soll. Hierüber besteht Willenseinigung, und zwar unbedingte. Möglicherweise führt dann die Erklärung der Zufriedenheit zu dem Ab­ schluß eines Kaufs; wenn der, welcher kaufen soll, nicht zufrieden ist, so ist er an nichts gebunden, und der Offerent wird wieder frei. Es ist nicht nöthig, ein solches Abkommen als Innominatkontrakt zu be­ zeichnen, das ist ein inhaltloses Wort, mit welchem die Rechtswissen­ schaft nichts ansangen kann. Aber es genügt auch, wenn man erkennt, Dann ist freilich auch der Kauf auf Probe ein bedingter, d. h. ein noch nicht existirender Kauf. Da« ist schließlich eine Wortspielerei. 131) 1. 13. C. IV. 38. In vendentis vel ementis voluntatem collata cpnditione comparandi, quia non adstringit necessitate contrahentes, nulla obligatio est. Die sehr bezeichnende Stelle, welche zugleich zeigt, daß unter conditio nicht immer an den technischen Begriff der Bedingung zu denken ist, sucht Goldschmidt I. 278 zu beseitigen, indem man conditio comparandi übersetzt: Bedingung des Erwerbes, d. h. Bedingung, unter der das Kaufgeschäft abgeschloffen worden. Die Stelle spricht aber nicht von irgend einer conditio, sondern von der in voluntatem collata und sagt daher ganz deutlich: eS ist kein Kauf, wenn man noch nicht einig ist, ob man taufen oder verkaufen will. Ebenso ist in der 1. 20. §. 1 D. XIX. 5 und in der 1. 52. § 3. D. IX. 2 zu beachten, daß in diesen, wo mulae, ut experiaris et si placuissent, eas emeres, und boves ea lege, ut daret experiundos, zum Berkaus übergeben worden sind, der Gegensatz nicht zwischen bedingtem und unbedingtem Kauf, sondern zwischen Kauf und Nicht-Kauf gefunden wird. In der ersten Stelle ist zugleich daS dare ad experiundum ein miethähnlicher Innominatkontrakt gegen eine merces. Dergl. hierzu einen ähnlichen Fall bei Seuffert XIII. 236. Fitting a. a. O. D. 2 S- 272 findet in der zweiten Stelle (1. 52) Resolutivbedingung. DaS muß aber erst hineingetragen werden. Wenn die Römer von einer emtio imperfecta sprechen, so ist damit gemeint, daß noch nicht appareat, quid quäle quantum ematur, 1. 8 pr. D. XVIII. 6, ein bedingter Kauf ist aber emtio perfecta. Imperfecta ist die emtio ad mensuram, bei welcher bis zur Ausscheidung noch nicht daS quantum apparet (Better in f. Iahrb. V. 39lf.), und ebenso der Kauf auf Probe, bei welchem bis zur Erklärung des Käufers sogar noch nicht quäle et quantum apparet. Bei Seuffert III. 46 heißt eS: „Die Einwilli­ gung fei suSpendirt"; daS ist kein bedingter Vertrag. DaS D. H.G-B. 339.: „der Käufer ist vor seiner Genehmigung an den Kauf nicht gebunden". Wenn danach nur eine einseitige Gebundenheit besteht, so ist die Ausdrucksweise in Absatz 1 dieses Paragraphen, ein solcher Kauf sei unter der Bedingung der Prüfung und Genehmigung geschlossen, für die Frage ob man daS RechtSverHLltniß der Gebundenheit des Verkäufers mit Recht als einen bedingten Kauf an­ sehen kann, nicht entscheidend. Anderer Anficht R.O.H.G. B. VII. S. 320. — Weil der Kauf auf Probe nicht als bedingter Kauf anzusehen ist, so ist die Be­ hauptung einer solchen Abrede gegen die a. emti nicht Einrede, sondern Klagver­ neinung; Kläger hat den Beweis des abgeschloffenen Kaufs, Beklagter nur den direkten Gegenbeweis des ProbekaufS. Bergl. Seuffert XVIII. 236, f. jedoch auch, was Note 130 über diese Entscheidung bemerkt ist.

Der kauf.

§. 124.

Der Begriff und di« Abschließung.

75

daß das Abkommen eine bis zu einem gewissen, entweder vertragsmäßig festgesetzten oder von dem andern Theil zu bestimmenden Zeitpunkt ein­ seitig bindende Vertragsofferte ist. Nicht nothwendig eine Offerte zum Kauf; es läßt sich denken, daß eine Probezeit bedungen ist, um dann die Sache zu miethen, selbst auf Dienstmiethe ist sie anwendbar'"). Das Resultat also: einseitig gebunden ist der Offerent. Ihm bleibt die Gefahr der Sache, auch wenn er sie dem Andern übergeben hat, er muß in Gemäßheit seines Angebots die Sache verkaufen, vermiethen, wenn demnächst der Andere sich einverstanden, sich zufrieden erklärt. Aber dieser ist in keiner Weise verpflichtet. Er kann ganz nach Belieben und WillWr die Probe vornehmen oder unterlassen, er kann vom Handel zurücktreten, selbst wenn er nicht probirt, ja die Waare nicht einmal gesehen hat, bloß weil er sie nicht haben will. Ist ihm die Waare noch nicht zu­ gestellt, so braucht er sich auch nicht einmal zu erklären; ist sie ihm zugestellt, so bedarf es allerdings einer Mißbilligung, weil im Behalten ein Billigen liegen kann. Die Mißbilligung liegt auch im stillschweigen­ den Zurücksenden. Ist dem Empfänger eine Frist zur Erklärung ge­ setzt, so gilt das Schweigen, auch wenn er die Waare bei sich liegen läßt, als Mißbilligung. Eines Verzuges kann er sich nicht schuldig machen durch die Nichterklärung'"). Wird dann der durch das An­ gebot beabsichtigte Vertrag geschloffen, so treten die Rechte und Pflichten aus diesem in Kraft, ohne daß man sagen kann, die ftühere Abrede aus Probe wirke noch modifizirend aus diese ein. Die Gefahr geht vom Abschluß an aus den Käufer über, der Uebergang des Eigenthums ist nach gemeinem Recht an die Tradition und Preiszahlung gebunden, für Evittion hat der Verkäufer zu hasten. Aber auch für Fehler Ge­ währ zu leisten? Man sollte meinen, das Probiren, die dann erfolgte Zusriedenheitserklärung müßte diese Ansprüche grade beseitigen. Und doch für verborgene Fehler muß der Verkäufer gewiß noch einstehen, und es ist nichts damit gesagt, daß hier der Irrthum deffelben beson­ ders streng nach seiner Entschuldbarkeit geprüft werben müsse, daß nur wegen „sehr verborgener Fehler", die durch sorgfältigste Untersuchung nicht entdeckt werden können, Preisminderung oder Wandelung gestattet werden dürfe'"). Aber in der Zuftiedenheitserklärung kann unter Um­ ständen gewiß ein Verzicht aus diese Rechtsmittel liegen, besonders

1M) Seuffert XVIII. 239 (ein Schauspieler auf Probe angenommen).

13S) Ueber die im Text al» Resultat hingestellten Sätze herrscht im Wesentlichen in Theorie und Praxi« Einstimmigkeit. E» genügt, auf den Aufsatz von Gold­ schmidt zu verweisen, wo man sehr reiche Nachweisungen au» den Quellen, der Literatur und Praxi« findet.

13”) §. 591. d. T.

"') §. 592. d. T. S. Kochs Note dazu über die Nichtbestimmbarkeit de» Begriffs eines gemeinen Landmannes. 14°) §. 593. d. T-

'“) Ges. v. 11. Juli 1845. §. 1.

(Ges.S. S. 495) hat den §. 583. d. T. aufgehoben.

138

Zweite« Buch.

§. 129.

Die besonderen Privatrechte.

VI. Besonderheiten des Kaufs von Rechten.

A. Wenn bei einer Cession für das persönliche Recht, welches der Cessionar als eigenes erwerben soll, von ihm baares Geld (Valuta) gezahlt wird, so finden die Regeln des Kaufs Anwendung: die Forde­ rung ist gekauft. Hierüber ist das Nähere in §. 99 ausgeführt *). B. Der Erbschastskaus ist nach A.L.R. der Kauf des Erbschafts­ rechts oder eines Theiles defielben. Der Gegenstand des Kaufs ist also nicht die Erbschaft als Vermögensmaffe, sondern das Erbrecht selbst'). Diese dem gemeinen Recht nicht entsprechende Auffassung ist auch im preußischen Recht nicht ohne Schwanken sestgehalten ’). Da jedoch die Erörterung dieses Rechtsinstituts eine genaue Kenntniß der erbrecht­ lichen Grundsätze voraussetzt, so muß dieselbe für das Erbrecht vorbe­ halten bleiben. C. Das Verlagsrecht wird gekauft, wenn der Erwerber (Ver­ leger) dem Verfasser (Urheber) ein bestimmtes Honorar dafür zahlt. Der Verlagsvertrag bietet aber noch andere Seiten der Betrachtung dar, er ist nicht bloß Veräußerung, sondern er verpflichtet auch zu Hand­ lungen; es rechtfertigt sich daher, ihn einer abgesonderten Untersuchung zu unterwerfen'), hier würde sie unter einem einseitigen Gesichtspunkt erscheinen. D. Wie künftige Sachen, deren Entstehung entweder gewiß oder ungewiß ist, gekauft werden können, so auch Rechte auf künftige Leistungen, bei denen entweder der Eintritt überhaupt oder die Zeit­ dauer ungewiß ist. Deßhalb treten solche Geschäfte unter die Kategorie der gewagten Geschäfte. Das A.L.R. führt auf: den Ankauf fortdauemder Prästationen, Altentheilsverträge, Leibrenten, Wittwen-, Heirats­ und Sterbekaffen'). 1) B l S. 635. §.381. 1.11. 8) §. 447. 1.11. Strieth. ®. 68 S. 136. Vgl. oben §. 21. Anm. 4 u. §. 98. Anm. 21. 3) Neben dem wirklichen Erbschaftskauf (§. 447) tritt der Verkauf eines Inbegriffs von Erbschaftssachen oder der Erbschaft nach einem Inventarium (§§. 448. 449. d. T.) hervor. Unger, österr. Priv.R. B. 6 S. 223. Note 3. Gruchot, preuß. Erbr. I. S. 246. S. oben S. 124.

4) Unten §. 134. 5) In Betreff der Heirats-, Wittwen- mtb Sterbekaffen verweist das A.L.R. auf die Statuten des einzelnen Unternehmens. Sie bedürfen der königl. Genehmigung §§. 651. 652. d. T. Diese Genehmigung ist durch Kab.Ord. vom 29. Sept. 1833 (Ges.S. S. 121) dem Minister des Innern (bzw. den Oberprästdenten), bei Beamten­ kaffen unter Zuziehung des Reffortministers übertragen. Bergl. Str.G-B. §. 360 Nr. 9. Als Bedeutung der seitens des Königs delegirten Genehmigung ist, wie in dem Iustiz-Ministerial-Refer. v. 9. Sept. 1844 (I. M. Bl. S. 206) ausgeführt

§. 129. Besonderheiten der Kaufs von Rechten. Witthum. Leibrente.

139

1. Unter fortdauernden Prästationen') werden Leistungen ver­ standen, welche nach der Lebensdauer eines Menschen oder nach einem anderen ungewissen Zeitraum bestimmt werden. Wer einen Preis zahlt, um solche Leistungen zu erwerben, ist der Käufer des Rechts auf die­ selben. Die Leistungen können verschiedenartig bedungen werden, es ist nicht nothwendig, daß sie in Geld bestehen. Das A.L.R. erwähnt als einen besonderen Fall das Witthum, welches nicht der Ehemann (seine Eltern oder Geschwister) seiner Frau, sondern ein Dritter einer Frau für ihren künftigen Wittwenstand aussetzt'). Das ist eine uneigentliche Verwendung des Worts. Die Verbindlichkeit zur Leistung des Witthums dauert so lange, als die Frau Wittwe bleibt, sie hört mit der Wieder­ verheiratung ganz auf, wenn ihr das Witthum unentgeltlich zugewendet worden, sie gelangt aber wieder zur Kraft, wenn die wiederverheiratete Frau wieder Wittwe wird, und das Recht auf das Witthum entgeltlich (also käuflich) erworben worden. Eine Ehetrennung, bei welcher die Frau nicht für den schuldigen Theil erklärt worden, wird wie die Ehe­ lösung durch Tod angesehen, d. h. die Frau hat gleich einer Wittwe das Witthum zu fordern. 2. Eine Erörterung des Auszugs- oder Altentheilsvertrages gehört nicht in eine Darstellung des gemeinen preußischen Rechts, denn die näheren Bestimmungen über dieses Institut sind den Provin­ zialgesetzen Vorbehalten'). In der That gehört es den Provinzialrechten an; das A.L.R. giebt nur eine Definition: Auszug oder Altentheile heißen diejenigen Vortheile, welche der Uebernehmer einer Rustikalstelle dem vorigen Besitzer zu einer Versorgung auf Lebenslang anweist').

6) 7) 8) 9)

und in konstanter Derwaltungspraxis festgehalten ist, anzusehen, daß der auS den Beiträgen der Mitglieder gesammelte und zu sammelnde Fonds, die Kasse, als eine DersorgungSanstalt im Sinne des §. 42. II. 19. ALR- die Rechte einer mo­ ralischen Person erhält. Auf.diese Kaffen finden also nicht die Bestimmungen deS sechsten Titels des II. Theils A.L.R. von Gesellschaften Anwendung. Vgl. Entsch. B. 23 S. 347, B. 40 S. 79, R.O.H.G. B. 17 S. 88. (Die früheren Ausgaben waren ohne nähere Begründung anderer Anstcht.) Der besonderen Genehmigung bedürfen nicht die „eingeschriebenen HülfSkaffen" in Gemäßheit des Reichsgesetzes vom 7. April 1876 (R.GBl. S. 125) und die durch Ortsstatut in Gemäßheit der Gewerbeordnung §§.141. 141a.ff. in der Fassung des Gesetzes v. 8. April 1876 (R G.Bl. S. 134) angeordneten gewerblichen HülfSkaffen. — Der Vertrag mit einer Wittwenkasse ist nicht Kauf eines Rechts, sondern ein Versicherungs­ vertrag auf den Zufall des früheren Todeö deS Mannes. Bergl. Pfeiffer, prakt. Ausführ. VIII. 222 f. und in der Zeitschr. f. deutsches R. IX. 440f. Rückert, der Leibrentenvertrag. 1857. S. 11. Unten §. 146. §§. 595-601. I. 11. Gruchot, Beitr. B. 12 S. 425. §. 598 f. d. T. §. 605. d. T- Gruchot a. a. O. S. 426. §• 602. d. T. Vgl. Entsch. B. 39 S. 74, B. 60 S. 8. Strieth. B. 3 S. 325, B. 12 S. 327, B. 16 S. 344, B. 58 S. 246, B. 82 S. 20, B. 84 S. 69.

140

Zweite» Buch.

Die besondere» Privatrechte.

Das Geschäft tritt nie selbständig auf, es wird verbunden mit einer Gutsüberlassung, und bildet einen Theil der Gegenleistung für die Ueberlassung. Die weitere Bestimmung, die das A.L.R. noch als ge­ meinrechtliche für Preußen enthielt, über die Form und die Thätigkeit des Richters bei der Regulirung solcher Altentheile, hat das neuere Recht beseitigt'").

3. Leibrenten-Vertrag"). Gegen Empfang einer bestimmten Summe Geldes (Preis) verpflichtet sich Jemand, einem Andem auf die Lebenszeit eines Menschen eine bestimmte jährliche Abgabe (Rente) zu leisten. Dadurch entsteht ein persönliches Schuldverhältniß, kein ding­ liches Recht"). Wer den Preis zahlt, kaust das Recht auf die Ab­ gabe"). Statt des Preises kann auch eine Sache, ein Grundstück, eine Gerechtigkeit vom Erwerber der Leibrente gegeben werden"). Wenn dieses Hingeben an Zahlungsstatt erfolgt, so wird dadurch die Natur des Kaufs nicht geändert, und so soll es auch ausgefaßt werden, denn die Sache muß nach einem bestimmten Werth veranschlagt sein, die 10) Die §§. 603. 604 sind aufgehoben durch das Ges. v. 11. Juli 1845. §. 1 Ges.-S. S. 495. Ueber den Altentheil als Reallast s. unten §. 188. ") §§. 606-650. d. T. Bornem. III. 134. Daniels III. 286. Koch, Pr.R. II. 450. R. d. F. III. 840. Gruchot, Deitr. B. 12 S-464. Dernburg B.il. tz. 160. — Beseler, deutsches Pr.R. II. 365. Gerber 8. A. S. 487f. Bluntschli 3.A. S. 351. Holzschuher 3 A. III. 758. Rückert, der Leib­ rentenvertrag. 1857 (auch auf preuß. R. eingehend); dazu die Rez. v. Burchardi in der Heidelb. Irit. Zeitschr. V. 215. Oesterr. G.B. §. 1284s. Stobbe, Bei­ träge z. Geschichte deö deutschen Rechts. 1865. S. 25.

12) § 611. d. T. Dadurch unterscheidet stch der Leibrentenvertrag von der Leib zücht, welche mit der Abtretung eines Grundstücks verbunden ist und diesem als ding­ liche Last auferlegt wird. Bluntschli S. 347. 351. Beseler III. 131. 145. Gerber 487. Runde, die Rechtslehre von der Leibzucht und dem Altentheil, 1805. Rückert.S.3f. Das A.L.R. enthält über die Leibzucht keine gemein­ rechtlichen Vorschriften (vergl. §§. 602. 605. Oben Note 8). Bom Gülten- oder Rentenkauf unterscheidet sich der Leibrentenvertrag dadurch, daß bei diesem die Rente nicht vererblich ist und das Kapital mit dem Tode dessen, auf dessen Leben die Rente gestellt ist, erlischt. Koch, R. d. F. III. 841. Der s. g. Derpfründungövertrag besteht darin, daß dem Verkäufer der Pfründe (gewöhnlich eine Anstalt) ein Erbrecht in das Vermögen des Pfründers eingeräumt wird. Bluntschli S. 347. Rückert S. 4fg. Dem A.L.R. unbekannt. Rückert §. 3 S. 7f. (ebenso Dresden. Ann. IV. 27) will systematisch den Leibrentenvertrag dem Darlehn anschließen; weil im regelmäßigen Fall die Einlage eine Geldsumme ist, mithin Waare und Preis nicht unterscheidbar seien, könne er nicht als Kauf angesehen werden. Aber hier wird übersehen, daß nicht die Rente, die periodisch zahlbare Geldsumme, der Gegenstand des Kaufs ist, sondern das Recht auf die Rente. Das Geschäft ist der Kauf eines Rechts, daö Kapital ist der Kaufpreis. Bom Darlehn unterscheidet es stch wesentlich, insofern, was Rückert S. 5 nicht verkennt, das Kapital nicht zurückzuleisten ist, sondern durch die fortdauernden Renten erschöpft wird. Burchardi S. 115 f. Der Leibrentenvertrag ist übrigens ein Konsensual-, nicht ein Realvertrag. Rückert tz. 4 S. 14. Er muß nach §§. 136. 137. I. 5 immer schriftlich abgeschlossen werden. Oben B. 1 S. 526 Note 67. 13) §. 609. d. T.

“) §. 607. d. T.

Sachs. G.B. §. 1151.

§. 129. Besonderheiten des Kaufs von Rechten. Leibrentenvertrag.

141

Parteien müssen sich hierüber vereinbaren. Dieser Werth gilt als Preis­ bestimmung"). Auch die Leibrente kann in anderen als Geldleistungen bestehen"). Ihr Verhältniß zum Preis ist nicht nothwendig das des landesüblichen Zinsfußes zum Kapital, die Festsetzung des Preises und der Rente hing vielmehr schon zur Zeit der Zinstaxen ganz vom Uebereinkommen der Parteien ab"), die Rente kann niedriger als der gesetz­ liche Zinsfuß bedungen werden, aber es muß doch immer noch das Kapital in einem solchen Verhältniß zur Rente stehen, daß der Vertrag als ein entgeltlicher, nicht als eine verdeckte Schenkung anzusehen ist. Bei zu hohem Preis und zu niedriger Rente würde der Preis als geschentt erscheinen"). Die Leibrente kann für einen Dritten gekauft werden, dann treten die Regeln von Verträgen zu Gunsten Dritter ein (§. 75)"). Das Ungewisse oder Gewagte des Geschäfts liegt aus Seite des Verkäufers, insofern er nicht weiß, wie lange er zur Leistung der Rente sich verpflichtet, und ob nicht die Rente allmälig das alterum tantum des Kapitals, welches er als Preis empfangen, übersteigen wird. Die Dauer der Verpflichtung muß nach der Lebenszeit eines Menschen bestimmt werden: entweder des Käufers oder des Verkäufers oder eines Dritten"). Darum wirkt vorsätzlich oder schuldbar herbeigesührter Tod 15) §.608. d. T. Warum Koch zu diesem §. diese Bestimmung eine willkürliche nennt, ist nicht zu begründen. Die statt der Kapitalsumme hinzugebende Sache soll den Kaufpreis darstellen, es wird also der Geldwerth dieser Sache als Zahlungs­ mittel benutzt und deßhalb müssen sich die Parteien über diesen Werth einigen. S. oben B. 1 S. 673. Rückert S. 17f. 19 findet auch den §. 608 befremdlich. Suarez bei Bornemann III. 134 Note 5. Strieth. B. 47 S. 183.

1G) Das hat daö O.Trib. Entsch. B. 29 S. 368, B. 30 S. 43. Strieth. B. 15 S. 274 angenommen, es muß aber die statt der Geldsumme zu gewährende Lei­ stung auf einen bestimmten Geldwerth reduzirt sein. Es ist daher auch hier Hingabe an Zahlungsstatt.' Strieth. B. 9 S. 192. Deßhalb ist auch das Präj. 1606 (Sammt. I. S. 63) richtig: „zum Begriffe des Leibrentenvertrages genügt nicht die allgemein übernommene Verpflichtung zur Alimentirung eines Anderen". 17) §. 610. d. T. Dazu KabOrdre v. 10. Juni 1835 (Ges.S. S. 100). Die kano­ nischen Zinsbeschränkungen fanden auf dieses Geschäft keine Anwendung. Aber wenn in Folge des Eintritts einer kassatorischen Klausel der Vertrag fich auflöst, so muß die Rückleistung wie bei einem Darlehn mit Rücksicht aus die Zinsverbote geschehen. Dresden. Ann. IX. 35. Unten Note 29. Man stritt gemeinrechtlich und in der preuß. Praxis, ob es ein Leibrentenvertrag fein könne, wenn die Rente unter dem Zinsfuß verabredet worden, weil hierdurch nur der Nutzungswerth des Kapitals, nicht die Uebereignung deö Kapitals selbst vergolten werde. Jene K.O. hat diesen Streitpunkt nicht getroffen (Koch, R. d. F. III. 844), aber durch den positiven Satz abgeschnitten, daß auch in diesem Fall noch ein Leibrentenvertrag angenommen werden soll. Rückert S. 20f. Ueber die Prozentsätze im älteren deutschen R., welches namentlich das Lebensalter des RentenkäuferS berücksichtigte, f. Stobbe a. a. O. S. 27f. 18) Daö wäre ein gemischtes Geschäft.

Dergl. oben §. 122 S- 32.

19) §§. 612. 613. d. T. Oben B. 1 S. 481 fg. Auch im älteren deutschen R. wurden Leibrenten für Dritte gekauft. Stobbe S. 32. 30) §. 614. d. T. Wenn die Rentenpflicht ans daö Leben deö Verkäufers gestellt ist, so „nähert sich daö Geschäft dem Spiel". Rückert S. 27.

142

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

des Berechtigten oder Verpflichteten auf das Geschäft ein. Veranlaßt der Verkäufer vorsätzlich den Tod des Käufers, oder des Dritten, so muß er das Kapital an die Erben herausgeben und zwar ohne Abzug der bereits gezahlten Renten"). Zu den Erben gehört auch der Fiskus, wenn der Gestorbene keine gesetzlichen Erben hinterlassen hat"). Kürzt der Verkäufer die auf seine Lebensdauer gestellte Verpflichtung durch Selbstmord oder verwirkte Todesstrafe ab, so fordert der Käufer das Kapital zurück, muß fich aber davon die erhaltenen Renten, soweit der landübliche Zinsfuß durch sie überstiegen worden, abrechnen"). Die Abrechnung geschieht so, daß der übersteigende Betrag in jedem Jahr von dem Kapital abgezogen, und im folgenden Jahr der landübliche Zins nur von dem Ueberrest des Kapitals berechnet wird"). Zinsen von Zinsen werden nicht berücksichtigt"). Wählt der Dritte, auf dessen Lebenszeit die Dauer der Rentenpflicht bedungen worden, eine gefähr­ liche Lebensart, so berechtigt dies den Käufer nicht zum Rücktritt"). — Der Käufer der Rente erwirbt ein persönliches Recht gegen den Ver­ käufer, also die als Kaufsklage charakterisirte Klage aus dem Vertrage"). Fällig ist die Rente, wenn die Parteien darüber nichts Besonderes verabredet haben, jährlich an dem Tage, an welchem sie das erste Mal geleistet worden, und für das letzte Lebensjahr muß sie voll gezahlt werden, wenn der Berechtigte überhaupt nur den Fälligkeitstag erlebt hat"). — Das Rentenrecht kann unter Resolutivbedingung konstituirt werden. Bei deren Eintritt fällt das Kapital nach Abzug der 21) §§• 621. 622. 623. d. T. Gemeinrechtlich ist bestritten, ob auch Fahrlässigkeit (culpa) des Verkäufers diese Wirkung habe. Das A L.R. entscheidet die Kontro­ verse, indem es ausdrücklich vorsätzliche Tödtmig erfordert. Man kann also nicht mit Koch, Note zu §. 621, annehmen, daß hier unter vorsätzlich auch fahr­ lässig verstanden werden müsse. Der zufällige Tod des Rentenkäuser» ist die Be­ dingung für die Dauer der Rentenzahlung; auf den Eintritt der Bedingung darf der Verkäufer nicht einwirken (1.4. §. 104 A L R ). Das ist daS Prinzip für §.621. d- T. Rückert S. 33f. hält nach gemeinem R. culpa nicht für aus­ reichend, ist aber schwankend in Betreff des preuß. (Rach sächs. G-B. §• 1155 ist dolus erfordert). Insofern §. 622 den Rentenverkäufer verpflichtet, auch den den Zinsfuß übersteigenden Betrag zu erstatte», trifft ihn eine Buße. Rückert S. 34. Burchardi S- 218 S. 3.

M) §. 624. d. T. ”) §§. 626. 627. d. TM) §§. 629. 630. d. T. ”) §. 628. d. T. Ueber die Berechnung nach §. 629 und sein Verhältniß zu §. 628 s. Schweikart in der jur. Wochenschr. 1846. S. 109. A. M. Burchardi S. 219. 26) §. 625. d. T. §. 611. d. T. S. oben Note 12. 88) §§. 649. 650. d. T. Rückert S. 28. Nach sachs. G.B. §. 1154 vierteljährige Vorauszahlungen. Volle Zahlung für das ganze Jahr auch wenn kürzere Zahlungs­ termine aber nichts über das Ende der Zahlungen verabredet worden. R-O.H.GB. 21 S- 401. A. M- Dernburg II. §. 160 Anin- 21.

§. 129.

Besonderheiten des Kaufs von Rechten. Leibrentenvertrag.

143

Renten an den Käufer zurück. Wird der Eintritt vom Verkäufer schuld­ hast herbeigeführt, so zahlt er das Kapital ohne Abzug der Renten zu­ rück; wird er vom Käufer verschuldet, so verliert dieser, was er bisher über den Betrag der landüblichen Zinsen empfangen, und er muß sogar den Ueberschuß mit Zinsen dem Verkäufer zurückzahlen, wenn die Berech­ nung ergiebt, daß er mehr erhalten, als das Kapital mit landüblichen Zinsen beträgt"). — Das Recht erlischt durch den (natürlichen oder gewaltsamen) Tod dessen, auf dessen Lebensdauer cs bezogen war"). Hier weicht das A.L.R. von seiner eigenen Auffassung der aktiven Korrealität bemerkbar ab. Haben nämlich Mehrere gemeinschaftlich eine Leibrente gekauft, so wächst nicht der Rentenantheil des Ausfallenden dem Ueberlebenden zu, sondern er fällt zu Gunsten des Verkäufers fort. Das ist das Prinzip der Theilung, nicht der Gemeinschaftlichkeit"). Zurücktreten kann der Käufer von dem Vertrage, wenn der Verkäufer drei Jahre hintereinander die Rente nicht geleistet hat. Das als Preis gezahlte Kapital wird ohne Abzug der stüher geleisteten Renten und mit Zinsen vom Tage des Rückstandes zurückgesordert"). — Ansechten können den Leibrentenvertrag die Gläubiger des Käufers zur Zeit nur nach Maßgabe der allgemeinen Bestimmungen über die Anfechtung von nicht freigebigen Rechtshandlungen des Schuldners (§. 88)"). Dagegen findet eine besondere Anfechtung statt seitens der pslichttheilsberechtigten Kinder (darüber im Erbrecht)"). Anfechtung wegen Verletzung über die Hälfte ist nicht gestattet"). — Endlich hat der Käufer selbst einen Widerruf, wie bei dem Schenknngsversprechen, wegen nachgeborner Kinder"). In diesem Fall müssen die gezahlten Renten vom Kapital abgerechnet werden. — Vererblich ist die Leibrente nicht, wenn fie 29) §§. 631 — 634. d. T. Vergl. §. 104. I. 4. Rückert S. 35 sieht in einer solchen Resolutivbedingung einen dies incertus, der gleich dem Tode des Renten­ käufers und neben diesem noch für das Geschäft gesetzt ist. §. 633 enthält auch eine Bußbestimmung (oben Note 21). Burchardi S. 218 Nr. 4. Dresden. Ann. IV. 35. 30) §§. 619. 620. d. T. 31) §§. 615. 616. Oben B. 1 S. 342 bei Note 44. Das ist der Gegensatz zur s. g. Tontine, von welcher die §§. 617. 618 handeln. Daniels III. 284. 32) §§. 647. 648. d. T. Strieth. B. 19 S. 16. Rückert §. 7 S. 28. 33) AeltereS Recht §§.640.641. Dazu Anfecht.Ges. v. 9. Mai 1851. §.5 Nr. 1. Konk.Ordn. v. 8. Mai 1851 §. 102 Nr. 1. Die ReichS-KonkurSordnung und das AnfechtungSgesetz vom 21. Juli 1879 haben entsprechende Vorschriften absichtlich nicht ausgenommen. Bgl. Motive zur K.O. S. 136. Aehnlich österr. GB. §. 1286, welcher den Gläubigern nur das Recht giebt, die Leibrente zu beziehen. 34) §§. 637—639. d. T. Anders nach österr. G.B. §. 1287, welcher den Kindern nur ein Recht auf Hinterlegung eines entbehrlichen Theils der Rente giebt, ans welchem sie sich den Unterhalt sichern können. 25) §§. 528. 530. d. T. Göppert p. 28. 36) §§. 635. 636. d. T.

144

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

auf das Leben des Käufers selbst gestellt ist, aber sie wird den Erben des Käufers fortgezahlt, wenn sie aus das Leben des Verkäufers oder eines Dritten bedungen ist, und diese den Käufer überleben"). Ver­ äußerlich ist das Recht auf die Rente wie jedes persönliche Recht durch Session"). Geräth der Käufer in Konkurs, so hat die Masse die Rente zu beziehen zum Besten der Gläubiger"). Fällt der Ver­ käufer in Konkurs, so muß der Berechtigte die Rente nach ihrem Schätzungswerth geltend machen"). Das Recht auf die einzelne Renten­ hebung verjährt in 4 Jahren, das Rentenrecht selbst, wenn 30 Jahre die Renten nicht erhoben worden"). Eine besondere Art des Leibrenten-Vertrags ist der s. g. Vitalizien-Vertrag; er unterscheidet sich von jenem dadurch, daß bei ihm der Käufer der Rente sein ganzes Ver­ mögen als Inbegriff zum Preis giebt"). Das A.L.R. erwähnt diese Gestalt des Geschäfts nur im Interesse der Gläubiger des Käufers. Es soll unter Vermögen hier dasjenige verstanden werden, was nach Abzug der Schulden übrig bleibt. Der Satz drückt den Gedanken aus: die Schulden hasten am Vermögen, sie gehen, wenn sie nicht vorher berichtigt worden, aus den Rentenkäufer über; dieser wird Schuldüber­ nehmer und hastet den Gläubigern des Rentenkäufers direkt (§. 102)"). Im heutigen Recht kommen selten Leibrentenverträge vor, die zwi­ schen einzelnen Käufern und Verkäufern errichtet werden. Das seit dem frühen Mittelalter nachweisbare Institut ist jetzt im Absterben, weil das moderne Genossenschaftswesen sich des Geschäfts bemächtigt hat, es unter den mannichsachsten Kombinationen, auch als Gegenstand der Spekulation entwickelt, und, weil eine Genossenschaft größere Sicherheit den Käufern bietet, als ein einzelner Verkäufer, das Bedürfniß zum Abschluß der alten Leibrentenverträge nicht mehr hervortreten kann"). Unpraktisch find auch die vom A.L.R. noch erwähnten, nach dem 30jährigen Kriege hervorgetretenen s. g. Tontinen, welche seit Ausgang des

1T) §§. 606. 614. d. T. 38) Der Leibrentenvertrag ist von der allgemeinen Regel der Cesstbilität der Vertrags­ rechte nicht ausgenommen. Oben B. 1 S. 730 fg. Natürlich darf dadurch die Dauer der Verpflichtung des RentenkäuferS nicht verlängert werden, sie erlischt durch den Tod dessen, auf dessen Leben die Rente gestellt worden. 39) §. 646. d. T. 40) K.O. §.62. Rückert S. 42f. 45. Ein Vorzugsrecht hat der Rentenkäufer nicht. Bergl. preuß. Konk.Ordn. v. 1855. §§. 62. 85. 251. 41) Ges. v. 31. März 1838. Seuffert ll. 126. ") Anh. §. 19 zu §. 646. d. T. «) Oben B. 1 S. 780. Dazu noch Strieth. B. 9 S. 96, B. 13 S. 132, B. 19 S. 209, B. 20 S. 65, B. 52 S. 260, B. 97 S. 218. Entsch. B. 16 S. 519, B. 79 S. 135. ") Bluntschli S. 353. Burchardi S. 217.

§. 130.

Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf.

145

17. Jahrhunderts in Brandenburg als Finanzmaßregel ausgebeutet wur­ den"). Sie bestehen darin, daß für mehrere Personen eine Leibrente bedungen und dieselbe solange zum vollen Betrage fortgezahlt werden muß, als noch einer der Käufer lebt. Sie haben sittlich gegen sich, daß die mehreren Käufer gegenseitig aus ihren Tod spekuliren").

§. 130.

VII. Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf.

In der gegenwärtigen Ausgabe dieses Buchs ist (§. 77) ’) der Standpunkt eingenommen, daß der Inhalt der bei der Versteigerung zu Grunde liegenden Aufforderung darüber entscheidet, ob damit eine Offerte bezweckt wird, mittels welcher der Auffordernde dem durch die Verstei­ gerung sestzustellenden Kontrahenten, wer immer dieser sei, zu dem aus der Versteigerung sich ergebenden Preise sich verpflichten will'). Theoretisch ist die Zulässigkeit eines solchen Geschäftsschluffes indessen bestritten, und man wird berechtigt sein, eine Aufforderung im Zweifel dahin zu deuten, daß sie den Auffordernden noch nicht verpflichten soll. Insofern kann also an der Auffassung der früheren Ausgaben festgehalten wer­ den, so daß dieser regelmäßige Fall eingehender zu erörtern ist. Sofern also der Inhalt der Aufforderung nicht bestimmt zu anderen Schlüssen führt, ist die Versteigerung lediglich ein Mittel, einen Kon­ trahenten zu finden; erst wenn er sich gesunden, wird der Vertrag ab­ geschloffen. In dem öffentlichen Anbieten einer Sache zum Verkauf ") §§. 617. 618. d. T. Eine D.O. des Kurfürsten Friedrich III. v. 1696 führte sie in Brandenburg ein. S- Rückert S. 6. 46) Bluntschli S. 353. >) Oben B- 1 S. 508. — §§. 340-362. 1.11. — Bornemann III. 56. Koch, Pr.R. II. 444. R. d. F. III. 818fg. Gab bei Gruchot B. 3 S. 192fg. — Unlerholzner I. S. 54, II. S. 626. Arndts S. 373 Anm. 4. Sintenis II. 242fg. Keller S. 443s. Kindervater und Jhering in des letzteren Iahrb. B. 7 S. Ifg., S. 166f. und dieselben das. S. 356f. Neuling das. B. 10 S. 355. Strippelmann, SubhastaüonSverfahren. Versteigerungen an den Meistbietenden bei Kauf, Pacht und Miethe; Versteigerungen an den Mmdestfordernden bei Lieferungsverträgen und Verdingungen von Dienst-leistungen und Werken. a) Auch die früheren Auflagen erkannten dies an. In Anm. 5 hieß es: die Ver­ steigerungsbedingungen können eS dem Verkäufer zur Pflicht machen, dem Meist­ bietenden zuzuschlagen, dann hat er sich seines Wahlrechts begeben. S. Senfs er t VIII. 38. Demnächst wurde freilich in Anm. 6 gegen Kindervater a. a. O. S. 9, der schlechthin in der Versteigerung Verkauf an den Meistbietenden sieht und annimmt, mit jedem Gebot werde der Vertrag unter der Suspensivbedingung perfekt, daß in der festgesetzten Zeit ein besseres Gebot nicht abgegeben werde, aus dem Grunde polemisirt, weil hierbei die Möglichkeit eines Angebots an eine per­ sona incerta zu Grunde liege, unter Berufung auf Jhering a. a. O. S. 173. Im Text, wird weiter unten zu erörtern sein, ob nicht die gesetzlichen Vorschriften für die gerichtliche Versteigerung zu der Auffassung führen, daß die Versteigerung durch eine bindende Offerte eingeleitet wird. Ueber die theoretische Zulässigkeit einer Auffassung der Aufforderung als Offerte vgl. Winds cheid tz. 309. Anm. 9. Förster, Preuß. Privatrecht. II. 4. Aust. 10

146

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

liegt nur der Anfang der Offerte, aber sie ist noch nicht bindend, denn es fehlt nicht allein die Bestimmtheit des Käufers, sondern auch jede Bestimmtheit des Preises, für den der Ausbietende die Sache zu über­ lassen sich verpflichtet, und dies selbst dann, wenn im Voraus ein Min­ destbetrag verkündigt worden'). Das Proklama soll nur die Absicht zu ver­ kaufen bekannt machen und zu Offerten auffordern'). Bei der Versteige­ rungsverhandlung dreht sich dann die Sache um. Nicht der Verkäufer, sondern der welcher kaufen will, bietet; ersterer nimmt an und es liegt in seinem freien Willen, das Gebot anzunehmen oder zurückzuweisen'). Erst wenn er erklärt, daß er das Gebot annehme, ist die Willenseinigung und damit der Vertragsabschluß erreicht. Der Verkäufer kann also trotz geschehener Gebote seinen Entschluß zu verkaufen wieder ändem, die Sache zurückziehen; er kann auch — denn das ist das Mindere — unter mehreren Geboten wählen, er ist nicht verpflichtet in das höchste Gebot einzugehen'). Zur Entscheidung des Verkäufers bleibt die Frage, 3) Für diesen Fall will Unger (Jhering Jahrb. B. 8 S. 134f.) eine verbindende Offerte in incertam personam und pretium certum annehmen. Es soll also ein Vertrag unter addictio in diem geschlossen sein. DaS widerlegt sich dadurch, daß der Ausbietende nach seiner zu vermuthenden Absicht doch noch das Recht haben muß, die Person sich anzusehen, ihre Zahlungsfähigkeit zu prüfen; eine Ver­ pflichtung, zuzuschlagen, wenn ein Mehrgebot nicht erfolgt ist, existirt danach im Zweifel nicht. 4) Koch S. 821 Note 4. Jhering S. 174. SinteniS II. S. 255 Note 22. Puchta tz. 252 Pand. und Borles. nimmt an, jedes Gebot sei als wirkliche Ab­ schließung des Vertrages zu betrachten, aber mit der zu Gunsten beider Kontra­ henten beigefügten Bedingung, wenn sich nicht ein besserer Bieter finde. Ihm tritt Keller S. 443s. insoweit bei, als er imÄebot den Abschluß steht, aber die

Resolutivbedingung der in diem addictio will er nicht gelten lassen. Beide über­ sehen, daß das Bieten allein den Vertrag nicht perfekt machen kann, daß das An­ nehmen dazu gehört, und daß dies in der Aufforderung zum Bieten, in der öffentlichen Feilstellung der Sache nach der Absicht des Auffvrdernden nicht ge­ funden werden kann. Unter den preußischen Juristen hat Gärtner (jurist. Wochensch. 1835. S- 245) eine ähnliche Ansicht geäußert.

5) SinteniS II. S. 254. 255 Note 22 giebt zwar dem Versteigerer das Recht, ganz zurückzutreten, hält es aber im Widerspruch mit dem Zweck des Geschäfts, daß er die Wahl unter den Lizitanten haben soll.

6) Jhering S. 166f. 177. SinteniS a. a. O. Keller S. 244. Das Wahl­ recht wird vielfach geleugnet, ein Uebergebot mache den früheren Bieter frei: vgl. Wind scheid tz. 308 Anm. 13. Auch hier wird es vom Inhalt, der LicitationSbedingungen abhängen, soweit nicht die Gesetze eine ausdrückliche Anordnung ent­ halten. In der nothwendigen Subhastation des preußischen Rechts kommt nur der Zuschlag an den Meistbietenden in Frage, der nur durch Antrag aus einen neuen Bersteigerungötermin oder Zurücknahme des SubhastationSantragS bezw. Einstellung des Verfahrens abgewendet werden kann (§§. 26—33 Subh.Ordn. v. 4. März 1879, älteres Recht tz. 38. I. 52. A G.O). Insofern hängt auch hier der Zuschlag noch, wie unten näher darzulegen, von der Erklärung der Inter­ essenten über Ertheilung desselben ab. Bei der freiwilligen Subhastation hängt der Ausgang ganz „von der Bereinigung der Extrahenten mit den sich meldenden Licitanten" ab. (§§. 70ff. I. 52. A G.O-, tz. 2 B. v. 6. April 1839. G S. S. 125.) DaS ältere preuß. R. (tz 38. I. 52. G.O.) bestimmt ausdrücklich, daß der Meist­ bietende durch das Gebot allein noch kein Recht auf den Zuschlag erhält. Ebenso tz. 2. B O. v. 6. April 1839 bei freiwilligen Snbhastationeu.

§. 130. Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf.

147

welches Gebot annehmbar sei, und diese Entscheidung hängt noch von anderen Momenten, z. B. der Zahlungsfähigkeit des Bieters, seiner Tüchtigkeit zur Bewirthschaftung des Grundstücks oder zum Betrieb des sonst mit demselben verbundenen Gewerbes u. s. w. ab. Die erklärte

Annahme des Gebots fixirt also den Vertragsabschluß,

macht sie in symbolischer Form kenntlich').

der Zuschlag

Wie lange der Bietende

als Offerent an sein Gebot gebunden ist, wird von den besonderen ge­ setzlichen Regeln und, wo solche fehlen, vom Inhalt der Lizitationsbe­

dingungen, eventuell von den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften über

die Dauer der Haftung des Offerenten abhängen.

Daß er gebunden

ist, wie die früheren Ausgaben sagen, bis der Verkäufer sich über die Annahme otzer Abweisung erklärt hat, läßt sich in dieser Allgemeinheit

nicht aufrecht erhalten. Nach preußischem Recht greisen aber auch die Vorschriften über die Vertragssorm ein. Eine Offerte wird bei der Versteigerung, wenn sie aus mehr als 150 Mark geht, regelmäßig nur bindend, wenn sie schriftlich erklärt ist7 8).9 10 Es kann sich also jeder Bieter

von seinem Gebot entfernt.

dadurch befreien,

daß er sich ohne Unterschrift

I. Daß nach preußischem Recht Privatversteigerungen zu­ lässig sind, ist nicht zu bestreiten8), obschon das A.L.R. darüber keine

besondere Vorschriften enthält.

Man muß daher annehmen, daß sie in

Betreff der Uebergabe, des Uebergangs der Gefahr, der Gewährleistung für Fehler und

Kaufs stehen.

für Entwehrung unter den allgemeinen Regeln des

Ob der Bieter, dem die Sache zugeschlagen worden, den

Kauf wegen Verletzung über die Hälfte anfechten kann, erscheint wegen der Natur der Versteigerung zweifelhaft.

Steht das Rechtsmittel, wie

nach gemeinem Recht, dem Verkäufer zu, so wird man seine Anwen­

dung aus Versteigerung verneinen müssen'8),

weil es deren Begriff

7) Deshalb kann man sagen, durch den Zuschlag werde der Vertrag perfekt. ®) Entsch. B. 33 R. 267fg. Striethorst B. 20 S. 352. Der Satz galt früher auch für nothwendige Subhastationen: vgl. indessen Entsch. B. 38 S. 460. Be­ züglich des jetzt geltenden Rechts f. unten unter II. Nr. 2. — Der Text der fr. Ausgaben erklärte Schriftform nur für Subhastationen nothwendig, bei Auktionen binde das mündliche Gebot. Dieser Satz läßt sich nach Ansicht des Herausgebers für die freiwillige Auktion nicht begründen. Bezüglich der Auktion in der Zwangs­ vollstreckungsinstanz vgl. unten II. n. 1. 9) Aeltere' Reskripte erklären Privatversteigerungen für zulässig, so das vom 20. Juni 1795 (N. C. 0. IX. 2597): „soll eS privatis sowohl, als piis corporibus nach wie vor freistehen, ohne Rücksicht auf die Größe und Quantität des Objekts bei vorhandenen Privatverkäufen und Verheuerungen die etwanigen Liebhaber zusammenzuberusen, und unter den dabei sich Meldenden eine Privatlizitation zu ver­ anlassen." S. auch A.L.R. II. 1. §. 819. 10) Die Ansichten gehen auseinander. Auch bei Versteigerungen wollen die 1. 2. C. IV. 44 anwenden: Mevius dec. II. 206. Lauterbach coli. th. pr. XVIII. 5. §.34. Glück XVII. S. 93. Unterholzner 11.248. Vangerow III. S. 354 a. E. fg. (der die entgegengesetzte Meinung lächerlich nennt). Seuffert VI. 323.

148

Zweites Buch.

Die besondere» Privatrechte.

widerstreitet, und der Verkäufer ja danach strebt, ein möglichst hohes Gebot zu erreichen. Aber der Käufer kann sich auch hier über den Werth der Sache irren, und wenn man ihm diese Anfechtung versagen will, so kann man sich nur darauf stützen, daß dem Rechtsmittel eine möglichst eingeschränkte Anwendung gestattet werden darf. Das reicht aber nicht aus"). Bei einer Privatversteigerung wird aber auch ferner die Vorschrift zu beachten sein, daß wenn der Preis nicht Zug um Zug gezahlt wird, der Verkäufer zurücktreten darf, und daß er es nicht darf, wenn er das Kausgeld kreditirt hat"). Die Privatversteigerung kann von dem Eigenthümer der Sache selbst vorgenommen werden, und er kann sich dazu eines Beauftragten bedienen. Auch die im amtlichen Auftrag vorgenommenen fiskalischen Versteigerungen haben im allgemeinen rechtlich keine andere Natur als die Privatversteigerungen. Als solche erscheinen auch die Versteigemngen (Auktionen) beweglicher Psandstücke, welche von Kaufleuten ") oder ge­ werbsmäßigen Pfandleihern") bezw. unter Zustimmung des Schuldners von andern Pfandgläubigern zur Realisation ihres Pfandrechts ohne gerichtliche Mitwirkung ins Werk gesetzt werden. Die gewerbliche Uebernahme der Ausführung einer Versteigerung für einen Andern ist zur Zeit ein freies Gewerbe; es giebt indessen „Auktionatoren", die als solche beeidigt und öffentlich angestellt sind"). Ihr Rechtsverhältniß zu den Auftraggebern richtet sich, wie das der freien Auktionatoren nach den Grundsätzen vom Mandat, und die von ihnen vorgenommenen Versteigerungen stehen nicht unter besonderen Rechtsregeln. Daffelbe gilt von den Gerichtsvollziehern, wenn ihnen freiwillige Versteigerungen

ll)

13) 13)

H)

(Lübeck). XIII. 244. A. M. sind Stryck XVIII. 5. §.5. Leyser sp. 205. 1. Klein (Mitredakteur des A.LR), merkwürdige Rechtssprüche der Hallischen Juri­ stenfakultät I. Nr. 44. Seuffert IV. 92. IX. 17 (München). Holzschuher 3. A. III. S- 756 und Andere. Göppert, diss. de remed. ob laes. enorm, j. comm. Boruss. 1863 berührt die Frage in Betreff der Privatversteigerungen nicht. Koch, Komm, zu §. 43 gestaltet ebenfalls das Rechtsmittel bei Privatversteigerungen, weil §. 343 es nur bei gerichtlichen ausschließt. §§. 230. 226. I. 11. H.G B. Art. 311. Goldschmidt Handelsrecht I. S. 929. Die Versteigerung muß „öffentlich" stattfinden. Daß der „öffentliche Verkauf" auf Grund der Art. 343. 348. 354. 365. eine Privatversteigerung ist, bedarf keiner näheren Aus­ führung. §§. 9 ff. Ges. betr. daS Pfandleihegewerbe vom 17. März 1881 (G S.S. 265): Die Versteigerung muß durch einen Gerichtsvollzieher oder einen beeideten und an­ gestellten Auktionator nach öffentlicher — gesetzlich besonders geregelter — Bekannt­ machung geschehen. AeltereS Recht: Deklaration vom 4. April 1803.

15) §. 36 Gewerbeordnung v. 21. Juni 1869. Die Auktionatoren find nicht behindert, den Auftrag freiwilliger Versteigerung von Grundstücken anzunehmen. (M-Bl. d. inn. Berw. 1848. S. 305. 1872. S. 303) Ueber ihre Stellung zum Man­ danten, vgl. Striethorst B. 17 S- 299.

§. 130. Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf.

149

aufgetragen sind"). — Wenn eine Versteigerung öffentlich, d. h. nach sachgemäßer öffentlicher Bekanntmachung erfolgt, so ist die dadurch ver­ äußerte bewegliche Sache, ebenso wie wenn sie vom Fiskus veräußert ist, der Vindikation entzogen"). — Die Privatversteigerung nimmt dadurch keinen anderen Charakter an, daß die Hergänge derselben als Akte freiwilliger Gerichtsbarkeit notariell oder gerichtlich beurkundet wer­ den. Für den freiwilligen gerichtlichen Verkauf bestimmt indessen eine positive Gesetzesvorschrift, daß Anfechtung des Kaufs wegen Verletzung über die Hälfte nicht stattfindet. Die Bestimmung") bezieht sich aber nur auf die s. g. freiwillige Subhastation der Immobilien, welche in der allgemeinen Gerichtsordnung insbesondere für die Veräußerung von Immobilien, die im Miteigenthum stehen, und von Mündelgütern geordnet war, und zwar in der Weise, daß sie mit einem gerichtlichen Zuschlagsbescheid endete"). Letzteres ist jetzt weggefallen’°). Die voll­ zogene Lizitationsverhandlung, die Lizitationsbedingungen und die Urkunde über erfolgte oder ergänzte") Zustimmung der Betheiligten bilden den schriftlichen Kaufvertrag. Es giebt zur Zeit keine Bestim­ mung mehr, nach welcher die Form der freiwilligen Subhastation zu einem Grundstücksverkauf gewählt werden muß"); dagegen ist dieselbe noch jetzt in der früheren Anwendungssphäre zulässig"). II. Gegenstand besonderer gesetzlicher Regelung ist die Versteige­ rung in der Zwangsvollstreckungsinstanz, der sich die anderen

16) Nur zulässig für Mobilien, Früchte auf dem Halm und Holz auf dem Stamm. §. 74 Ausf.G. z. Ger.Vs. Ges. v. 24. April 1878. 17) §.42. 1.15. A.L.R. Daß derselbe nur auf bewegliche Sachen anwendbar, dar­ über vgl. Entsch. B. 30 S- 69. B. 44 S. 77. le) §• 343. 1.11. Die einschränkende Interpretation des Tests ergiebt der jetzt auf­ gehobene §. 361, der die freiwilligen gerichtlich«« Verkäufe der ZK. 343. 360 mit den durch AdjndikationS-Erkenntniß zu beendigenden Subhastationen identifizirt. 19) §§. 66ff. 1.52. A G O. Ohne gesetzliche Grundlage ist es, wenn Dernburg I. (3. Aust.) S- 849 davon spricht, daß bei der sreiwill. Subhast, da- Gericht den Antragsteller vertrete. 20) D. betr. das Vers, bei freiwill. Subh. v. 6. April 1839 (G S. S. 125). Jnstr. v. 20. Mai 1839. (J.M.Bl. S. 190). 21) Vgl. §. 71. I. 52. A.G.O. 22) Für den Fall des Verkaufs von Miteigenthum hat schon §. 2 V. v. 4. März 1834 (G S. S. 39) die Zulässigkeit der nothwendigen Suhastation theilungshalber ein­ geführt. Vgl. §§. 112 ff. der SubhastationSordnung vom 15. März 1869. Nach §. 44 der Vormundschaftsordnung v. 5. Juli 1875 ordnet das Vormundschafts­ gericht die Art der Veräußerung unbeweglicher Mündelgüter mit freier Wahl zwischen gerichtlicher Versteigerung, notarieller Versteigerung und Verkauf aus freier Hand. 23) Unter Berufung auf Koch, R. d. F. III. 825 heben die fr. Ausgabe als eine Eigenthümlichkeit der freiwilligen Subhastation noch hervor, daß eine Anfechtung wegen Verletzung wesentlicher Formvorschriften stattfinde. Das möchte sich gesetz­ lich nicht begründen lassen.

150

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Fälle eines nothwendigen gerichtlichen Verkaufs anschließen. Das Landrecht ordnet für alle Fälle desselben eine Reihe von Besonder­ heiten"). Bei dem nothwendigen Verkauf gehen Eigenthum, Nutzung, Gefahr und Lasten aus den Käufer nicht erst mit der Uebergabe son­ dern schon mit dem Zuschlag über. Ein Gewährleistungsanspruch kann nur geltend gemacht werden wie beim Verkauf in Pausch und Bogen. Die Anfechtung wegen Verletzung über die Hälfte ist ausdrücklich aus­ geschlossen. Der Ort des gerichtlichen Zuschlags ist im Zweifel der Zahlungsort. Erfolgt zur festgesetzten Zeit die Zahlung nicht, so muß sich der Käufer gefallen lassen, daß die Sache anderweitig gerichtlich verkauft wird. Der nicht zahlende Käufer wird aber nicht aus seinen aus dem Gebot entspringenden Verbindlichkeiten entlassen, vielmehr bleibt er dem Verkäufer für den Unterschied zwischen seinem höheren und dem später erzielten niedrigeren Gebot und für die Kosten des neuen Verkaufs verhaftet, hat auch die Gefahr zu tragen"), und bei einem höheren Gebote erhält er den Ueberschuß"), das Geschäft ist endlich anfechtbar wegen Verletzung wesentlicher Förmlichkeiten. Im Folgenden soll der Hauptsall der nothwendigen Versteigerung"), die Versteigerung in der Zwangsvollstreckungsinstanz unter Auseinanderhaltung der Ver­

steigerung beweglicher und unbeweglicher Gegenstände noch etwas näher erörtert werden. 1. Die Versteigerung beweglicher Sachen und Rechte in der Zwangsvollstreckungsinstanz regelt sich zur Zeit in erster Linie nach reichsrechtlichen Bestimmungen. Sie setzt eine Pfändung voraus, welche zum Zwecke der Beitreibung einer Geldsorderung statt­ gefunden hat, und schließt sich an die Pfändung, wenn der gepfändete Gegenstand eine körperliche Sache ist, kraft des Gesetzes, wenn eine Forderung oder ein Recht gepfändet ist, nach einer besonderen Anord-

2‘) §§. 342 ff. d. T.

25) §. 346. d. T. 26) Das fÄgt daraus, daß der anderweitige Verkauf auf feine Gefahr geschieht. Ihm fallt also auch da« commodum zu; durch den Zuschlag war' er Eigenthümer geworden, es kann also nur ihm zufallen, wenn das Gesetz nichts Abweichendes be­ stimmt. §. 346 d. T. Subh.O. §. 59. a. E. Ueber den abweichenden Standpunkt der Reichscivilprozeßordnung, stehe unter II. 1. Man hat schon vom Standpunkt des gemeinen Rechts ausgesprochen, daß die gerichtliche Versteigerung unter dem Vorbehalt der Verwirkung (lex commissoria) geschehe. Berger, Oecon. jur. IV. 29. th. 2. not. 11 und eine besondere Schnft von Grell, legem commiss. subhastationibus tacite inesse 1746. (Nicht zugänglich gewesen.) Vielleicht wäre es richtiger gewesen, Verkauf unter Vorbehalt des Eigenthums für den Fall nicht pünktlicher Zahlung anzunehmen. 27) Der Zwangsversteigerung eines Grundstücks in der Zwangsvollstreckungsinstanz steht diejenige auf Antrag des Konkurskurators (K.O. §. 116) gleich. Besonder­ heiten hat die Subhastation auf Antrag eines Benefizial-Erben und Theilunghalber.

§. 130.

Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf.

151

nung des Gerichts an"). Die Versteigerung erfolgt im ersten Falle durch den im Pfandbesitz befindlichen Gerichtsvollzieher, doch kann das Gericht sie auf Antrag einer anderen Person übertragen. Bei der Ver­ steigerung der Rechte bedarf es der besonderen Anordnung des Gerichts auch bezüglich des Organs der Versteigerung"). Es fragt sich nun zunächst a) welche Rechtsstellung der Versteigernde einnimmt. Eine verbreitete Ansicht sieht in ihm, weil der Psändungsauftrag vom Gläu­ biger ausgeht, einen bevollmächtigten Stellvertreter des Gläubigers. Daß diese Ansicht unhaltbar ist, wird in der Lehre vom Mandat näher darzulegen sein. In Wahrheit wird der Gerichtsvollzieher, wie früher das Gericht, als Organ der Staatsgewalt angerufen. Er handelt bei der Versteigerung kraft seines Amts, indem er dem Verkausswillen des Gläubigers die Kraft giebt, über die Sache zu verfügen, als ob der Schuldner zugestimmt hätte. Er beugt den widerstrebenden Willen des Schuldners, und er wird nicht von dem Willen des Gläubigers, sondern nur von dem übereinstimmenden Willen des Gläubigers und Schuld­ ners geleitet, auch dieses nur, soweit nicht seine Amtspflicht gesetzlich präzisirt ist. — b) Insoweit der durch Versteigerung zu. Stande ge­ brachte Vertrag eine Obligation des Verkäufers erzeugt, gilt als Ver­ käufer der Gläubiger, dessen Pfandrecht realisirt wird. An ihn wird sich der Käufer hiernach wegen Gewährsmängel, soweit eine Haf­ tung begründet ist, zu halten haben"). — e) Was macht, den Verkauf­ schluß perfekt? Der §. 718 C.P.O. schreibt vor: der Zuschlag erfolgt nach dreimaligem Aufgebot. Im §. 721 wird hinzugefügt, daß Goldund Silbersachen nicht unter ihrem Gold- nnd Silberwerth zugeschlagen werden dürfen. Wie letzteres eine negative Beschränkung ist, enthält auch das erstere jedenfalls den Satz, daß der Zuschlag vor dreimaligem Aufgebot unzulässig ist. Auch läßt sich aus einem Zusammenfaffen der Bestimmungen entnehmen, daß der Versteigerer nur bei Gold- und

i") §§. 716. 743. 746. 754 C.P.O.

29) §§. 716. 726. 743. 754 C.P.O.

so) Die« bestimmt ausdrücklich §. 216. I. 20; die Civilprozeßordnung regelt den Punkt nicht. — Die Haftung kann sich, — sofern nicht unter Zustimmung des Gläubiger« und Schuldners in den Verkausbedingunge» bestimmte dicta et promissa ausge­ nommen sind, — nur auf die verborgenen Mängel erstrecken. Auch sür die Bezeich­ nung, unter welcher der Gerichtsvollzieher die Sache ausbietet, kann der Gläubiger nicht hasten, wenn nicht besondere Kaufbedingungen aufgestellt sind, in welche die Bezeichnung als eine zu vertretende ausgenommen ist. An und für sich ist der Gerichtsvollzieher nicht in der Lage durch besonderes dictum den Gläubiger zu verpflichten. Der Kauf geschieht, wie zu besehen. — Eine actio ernt, auf Uebergabe steht dem Käufer gegen den Gläubiger oder den Bollstreckungsschuldner nicht zu. Vgl. den Text unter e am E Von einem Entwehrungsanspruch kann nicht die Rede sein, da der Verkauf in öffentlicher Auktion Eigenthum überträgt, auch wenn der Schuldner nicht Eigenthümer war.

152

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Silbersachen befugt ist, aus einer Differenz des Werths und des Meist­ gebots Anlaß zu nehmen, von Amtswegen den Zuschlag zu versagen. Die Kommentatoren der C.P.O. ziehen aber, soviel ich sehe, saft einmüthig aus §. 718 die weitere Folgerung, daß nach dreimaligem Auf­ gebot der Zuschlag an den Meistbietenden erfolgen müsse, daß der Meistbietende ein Recht aus den Zuschlag habe, sobald die Erfolglosig­ keit des dritten Aufrufs konstatirt sei, und daß der Zuschlag nicht Acceptation des Gebots, sondern amtliche Feststellung dieser Erfolglo­ sigkeit sei"). Müßte man diesen Ausführungen Recht geben, so wäre man zu der Annahme genöthigt, der C.P.O. liege die Auffassung zu Grunde, daß das Aufgebot Verkaufsofferte an den Meistbietenden sei, und daß jedes Gebot einen bedingten Kaufvertrag perfekt mache, be­ dingt dadurch, daß nicht bis zur Konstatirung der Erfolglosigkeit einer dreifachen Aufforderung zu ferneren Geboten mittels des Zuschlags ein anderes Gebot abgegeben werde. Es läßt sich nicht annehmen, daß die C.P.O. den alten Streit, ob die Versteigerung so auszufassen sei oder auch nur so aufgefaßt werden könne, habe erledigen wollen. Jener Standpunkt würde aber auch zu der weiteren Folgerung führen, daß jeder Bieter das Recht habe, daraus zu dringen, daß sestgestellt werde, ob die Bedingung seines Kaufs eingetreten sei, daß also eine begonnene Versteigerung schlechthin zu Ende geführt werden muß. Freigabe des Pfands durch den Gläubiger, Zahlung der Schuld, Einstellung des Ver­ fahrens, Aufhebung der erfolgten Vollstreckungsmaßregeln: das alles wäre, sowie ein Gebot abgegeben ist, wirkungslos, könnte das bedingte Recht des Bieters nicht erschüttern. Wäre dies die Absicht der C.P.O. gewesen, so hätte in den von der Einstellung und Aufhebung der Voll­ streckung handelnden Bestimmungen diese Grenze berücksichtigt werden müssen. Dies ist nicht geschehen, vielmehr ergeben diese Bestimmungen, daß bis zum ausgesprochenen Zuschlag die Pfändung beseitigt werden kann"). Bis dahin wird also auch der Gläubiger das Pfand nicht nur freigeben, er wird unter Zustimmung des Schuldners auch ohne Freigabe dem Zuschlag für das letzte Gebot widersprechen und Aussetzung des Verkaufs sowie Anberqumung eines neuen Versteigerungstermins

31) Nur Petersen II. S. 754 und v. Bülow S. 494 theilen den Standpunkt nicht. Sogar noch weiter geht v. Wilmowski zu §. 718 S. 835: schon mit dem letzten Ausruf werde der Kauf perfekt. Daö ist gewiß nicht aus dem Gesetz zu ent­ nehmen. Der Aufruf fordert zu Geboten auf, und eine Auffassung des Gesetzes, daß eine dritte Aufforderung zwar ergehen muß, ein derselben entsprechendes Gebot aber nicht gehört werden darf, vielmehr sogleich nach dem dritten Aufruf ohne Berücksichtigung deS späteren für das zuletzt vorher abgegebene Gebot der Zuschlag erfolgen muß, wäre widersinnig. 32) C.P.O. §§. 668. 688-690. 691. 692.

§. 130. Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf.

wirksam verlangen können").

153

Der Zuschlag des Versteigerers hat hier­

nach auch bei der Versteigerung nach §. 718 der Civilprozeßordnung die

Natur der Annahme der mit dem Gebot gemachten Offerte nicht ver­ loren.

Mit dem Zuschlag wird amtlich erklärt, daß in Gemäßheit des

fortdauernden Verkausswillens des Gläubigers und unter Ergänzung der Zustimmung des Schuldners der Verkauf geschlossen sein solle. —

d.

Gesetzliche Verkaufsbedingungen stellt die C.P.O. als solche

nicht auf.

Die preuß. Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher be­

zeichnet freilich die Bestimmungen des §. 718 C.P.O. in dieser Weise

mit dem Hinzufügen, daß durch Gläubiger und Schuldner eine Abän­ derung vereinbart werden könne.

das Gesetz nicht").

Eine solche Abänderbarkeit ergiebt aber

Der §. 718 bezeichnet in Absatz 2 u. 3 Pflichten

des Gerichtsvollziehers und Rechtsgrundsätze, welche aus dem gesetzlich gewollten Wesen der Versteigerung hervorgehen und für die Interessenten

unabänderlich sind, weil mit ihrer Abänderung die von dem Gesetz ge­ wollte Sicherheit, daß der Pfandverkauf einen Erlös bringe, beseitigt wäre.

Die Pfandsache soll

danach bis zur vollen Baarzahlung mit

Nothwendigkeit in der Hand des Gerichtsvollziehers bleiben, so daß er bei unterbliebener Zahlung sofort und ohne neue Pfändung zu der vom Gesetz gewollten anderen Versteigerung schreiten kann. Die Versteigerung ist dadurch essentiell eigenthümlich gestaltet, und gesetzliche Bedingungen

derselben sind nur die naturalia des Kaufgeschäfts überhaupt, soweit sie

nicht gerade durch diese Bestimmung oder sonst landesrechtlich für den Fall des Zwangsverkaufs modifizirt sind. Letzteres ist im preußischen Recht, wie oben angegeben, insofern der Fall, als der Zuschlag Eigen-

M) Der Schuldner hat, wie der Gläubiger, da» Recht, daß die Versteigerung ohne neue Kosten zu Ende gebracht werde, es kann deshalb, wenn der Gläubiger nicht das Pfandrecht aufgiebt, ohne Zustimmung des Schuldner» nicht eine Aussetzung der Versteigerung statt finden. Aus dem unter d im Text Gesagten folgt auch, daß Gläubiger und Schuldner als besondere Verkausbedingung ein Minimum de» Gebots feststelleu können, bei dessen Nichterreichung der Versteigerer nicht zuschlagen darf. Sieht man mit der GeschäftSanweisung für Gerichtsvollzieher v. 24. Juli 1879 die im §. 718 enthaltenen Bestimmungen als Berkaufbedin­ gungen an, die nach dem Willen des Interessenten abgeändert werden können, so muß der Satz erst recht als zweifellos angesehen werden.

**) Nach Protok. S. 394 wurde in der Reichstagskommission ein Antrag Pfafferott, nach welchem die Ablieferung der Sache an den Käufer ohne Kaufgeldzahlung dann sollte stattfinden könne, wenn Gläubiger und Schuldner über Stundung de« Kaufgelds einverstanden feien, ausdrücklich abgelehnt. — Nach §. 726 E.P.O. kann zwar auf Antrag durch das Gericht eine andere Art der Verwerthung der Pfandsache angeordnet werden: aber wenn dies geschieht, wird eben die gesetzlich geordnete Versteigerung deS §. 718 durch das wesentlich verschiedene vom Gericht bestimmte Geschäft ersetzt. Daraus ergiebt sich nicht eine Abänderlichkeit des ge­ setzlich geordneten Geschäft« nach seinem gesetzlich gewollten Wesen durch Partei­ willkür. — Der §. 718. Absatz 1 enthält schlechthin keine Verkanfbedindungen, keine Bestimmung des fertigen Kaufvertrags, sondern eine Bestimmung wie e» zu dem Vertrage kommt.

154 thum begründet.

Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Ueber das Verhältniß dieser Bestimmung zu §. 718

soll sogleich gehandelt werben.

Was an zulässigen Accidentalien übrig

bleibt, Zeit der Kaufgeldzahlung insbesondere"), Zusicherungen über

Eigenschaften, sonstige Abreden über Gewährleistung u. dgl. kann als besondere Verkausbedingung sestgestellt werden, Schuldner sich darüber einigen,

e.

wenn Gläubiger und

Der Anwendung des preußisch recht­

lichen Satzes, daß der Zuschlag Eigenthum begründe, steht das Reichs­ recht nicht entgegen. Aber der Zuschlag und also auch der Eigenthums­

erwerb ist nach §. 718 Absatz 2 u. 3 nach dem inneren Wesen des

ersteren bedingt durch pünktliche Baarzahlung des Kaufpreises.

Er­

folgt diese nicht, so wird die Sache anderweit versteigert und zwar als

eine dem Vollstreckungsschuldner gehörige Sache, so daß der Mehrerlös diesem zusällt").

Zur Sicherung dieser anderweitigen Versteigerung

dient gerade, wie schon gesagt, die Fortdauer der Beschlagnahme, also Fortdauer des Besitzes seitens des Gerichtsvollziehers.

Der ver­

kaufende Gläubiger, welcher den Besitz der Sache nie erlangt hat, na­

mentlich auch nicht durch den Gerichtsvollzieher besitzt, hat keine Ver­

bindlichkeit zur Uebergabe der Sache, der neue Eigenthümer erlangt ein nur gegen den Gerichtsvollzieher zu verfolgendes Recht auf den Besitz der Sache, aber auch dieses erst mit der Vollzahlung. — f) Münd­

liches Gebot. Es ist oben aus den Standpunkt des preußischen Rechts verwiesen, nach welchem bei Gegenständen über 150 Mark nur das schriftliche Gebot bindet. Nach §. 718 Absatz 3 der C.P.O. hastet aber der Meistbietende schlechthin aus seinem Meistgebot; damit ist das

Eingreifen der preußisch rechtlichen Formvorschrift beseitigt.

Das form­

lose Gebot ist als schlechthin verpflichtend anerkannt. — g) Das Reichs­

recht schließt nicht aus, daß der Gläubiger und der Schuldner selbst

als Licitanten mitbieten und den Zuschlag erhalten. Es wird des­ halb die Geltung der landrechtlichen Bestimmung37), welche den ersteren

’5) Naturale negotii wäre sofortige Zahlung imiTermin; daß etwa» anderes festgesetzt werben kann, «giebt §. 718. Abs. 3 „zu der in den Versteigerungsbedingungen festgesetzten Zeit". Diese Zeit ist übrigen» auch nach dem Zuschlag nicht unab­ änderlich, ste kann auch nachh« erstreckt, und damit der Eintritt der Resolutiv­ bedingung des Kauf» hinausgeschoben werben. Ebenso kann nach dem Zuschläge durch Gläubiger und Schuldner wirksam darin gewilligt werden, daß die Sache trotz Kreditirung de» Kaufpreise» dem Käufer au»gehändigt werden: darin liegt feiten» de» Gläubiger» Aufgabe der weiteren Rechte au» der Pfändung, Einwilli­ gung in die Freigabe, als» Verzicht auf den Wiederverkauf de» Pfande» bei nicht pünktlicher Zahlung. 86) Hierin liegt eine Abweichung von dem preußischen Recht: s. Anm- 26. ”) §. 42. 1.20. Der Schuldner kann nur gegen baare Zahlung mitbieten. Ist er persönlicher Schuldner so wird er durch die Baarzahlung de» Gebot» zwar die Freiheit der Sache vom PsäudungSpfaud erlangen, aber er bleibt dem ausgesetzt, daß die Sache für den unbefriedigten Gläubiger sofort wieder abgepfändet wird.

§. 130.

Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf.

155

schlechthin, den letzteren bedingt zuläßt, nicht zu bestreiten sein. Reichs­ rechtlich ausgeschlossen vom Mitgebot ist der Meistbietende, dessen Säumniß eine anderweitige Versteigerung zur Folge gehabt hat. — h) Das Land­ recht ließ eine Anfechtung des Zuschlags seitens des Gläubigers und Schuldners, aber nicht seitens des Käufers wegen bestimmter wesentlicher Mängel des Verfahrens durch eine binnen sechs Wochen nach dem Zu­ schlag angebrachte Klage zu"). Es gab also eine im Prozeßwege geltend zu machende, bestimmt abgegrenzte Nichtigkeit des Zuschlags. Die For­ men des Versteigerungsverfahrens sind jetzt in der Civilprozeßordnung selbständig geordnet; welche dieser Formen wesentlich, kann nicht nach landrechtlicher Bestimmung ermessen werden. Ferner weist §. 685 C.P.O. die Entscheidung über alle Erinnerungen gegen das Verfahren des Ge­ richtsvollziehers dem Vollstreckungsgericht zu. Dasselbe wird auf er­ hobene Beschwerde wegen versäumter Form des Versteigerungsverfahrens den vom Gerichtsvollzieher ertheilten Zuschlag ausheben können. An eine Frist find diese Erinnerungen nicht geknüpft"). — Unabhängig hiervon ist die Anfechtung des Geschäfts, welches durch den formell giltigcn Zuschlag scheinbar zu Stande gekommen ist, aus anderen Gründen: z. B. Geschäftsunfähigkeit des Bieters, Irrthum über den Gegenstand u. s. w., hierüber ist im Rechtswege zu entscheiden. Die Klage wird gegen Gläubiger und Schuldner zu richten sein. 2. Die Subhastation von Immobilien im Wege der Zwangsvollstreckung") hat durch die Subhastationsordnung vom 5. Juli 1869 eine gesetzliche Regelung erfahren"), welche die oben be­ zeichneten Grundsätze des Landrechts über die obligatorische Seite des „gerichtlichen Verkaufs" nicht verändert hat. Einige Punkte bedürfen aber auch hier noch der näheren Erörterung, a) Zunächst kann eine Bemerkung über die Stellung des den Verkauf leitenden Gerichts nicht umgangen werden. Daß es der amtlichen Thätigkeit des Gerichts

") §§. 349. 360. 352. d. T. 8S) Im Falle der Aufhebung des Zuschlag« regelt sich das Rechtsverhältniß nach wie vor durch §§. 353. 354. d. T. 40) Vgl. Hartmann, die preuß. SubhastationSgesetzgebnng 1861. Die Kommentare der SubhastationS-Ordnung v. 15. März 1869 von Wachter (3. Aufl. 1880) und Jäckel (2. Aufl. 1880). Kurlbaum, die preußische Subhastationsordnung v. 15. März 1869 unter dem Einfluß der deutschen Justizgesetze 1879. Dernburg B. I. §§. 345 ff. ") Das Gesetz vom 4. März 1879, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbe­ wegliche Vermögen, ist dazu bestimmt gewesen, die Subhastationsordnung mit den Reichs-Justizgesetzen in Einklang zu bringen. Wünschenswerth bleibt der Erlaß einer neuen einheitlichen Subhastationsordnung. — Das ältere Recht vor der Subh.O. v. 1869 hatte seine Hauptquelle in A.G.O. I. 52 und in der B- v. 4. März 1834 über den SubhastationS- und Kaufgelderliquidationsprozeß, G-S. 5. 39.

156

Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

in keiner Weise entspricht, wenn man dasselbe als Vertreter des Gläu­

bigers oder des Subhastaten bezeichnet hat, bedarf keiner weitläuftigen

Auseinandersetzung, aber auch, wenn gesagt wird, der Richter veräußere das zur Subhastation gestellte Objekt fräst seiner obrigkeitlichen Macht­ vollkommenheit"), so ist das ein schiefer Ausdruck.

äußert überhaupt nicht, Alienationswillen.

Der Richter ver­

er schließt kein Geschäft, er hat nicht den

Seine Ausgabe geht lediglich dahin, ein Verfahren

zu leiten, welches auf Grund des Antrags eines berechtigten Gläubigers

unter Berücksichtigung der Erklärungen des Eigenthümers und anderer

Interessenten zu einer wirklichen oder kraft des Gesetzes anzunehmen­ den Willenseinigung zwischen einem Kauflustigen und interessenten führt.

den Verkaufs­

Das Zuschlagsurtheil, welches das Verfahren

abschließt, stellt in seinem Hauptbestandtheil jene thatsächliche oder als vorhanden anzusehende Willenseinigung fest, indem es durch den Zu­

schlag das begründete Recht des Bieters anerkennt und gleichzeitig verwirklicht"). — b) Ueber die Frage: wer ist Verkäufer? sagen die früheren Auflagen dieses Buchs: „Der nothwendige Verkauf findet statt als Exekutionsmaßregel um dem Gläubiger Beftiedigung zu verschaffen,

er ist die einzige zulässige Form, um das Pfandobjekt zu veräußern"). Hier verkauft unter Leitung des Gerichts der Gläubiger, indem ihm in

Folge des Rechtsverhältnisses, in welchem er zu seinem Schuldner, dem

Eigenthümer, steht, die Ausübung der Veräußerungsbesugniß desselben übertragen ist"): er verkauft aus eigenem Rechte, nicht als Stellver­ treter des Eigenthümers, der mit seinem besonderen Eigenthumsinteresse konkurrirt und den Anspruch auf den Preis, soviel davon nach Befrie­

digung des Gläubigers übrig bleibt, behält." Diese Auffassung kann nach manchen früheren Schwankungen als die in der Praxis herrschende

") Vgl. Dernburg I. (3. Ausl.) S. 849. 43) Die übrigen Bestandtheile des ZuschlagSurtheilS sind hier nicht näher zu besprechen. In der Entscheidung über den Zuschlag bringt daS Gericht nicht den DeräußerungSvertrag zur Perfektion; es steht vielmehr schon mit dem Abschluß der BietungSverhandlung objektiv fest, ob ein Bieter und welcher Bieter ein Recht auf den Zu­ schlag hat. Nachher ist daran in der Regel nichts mehr zu ändern. Das Gericht bringt dieses bestehende Recht durch Ertheilung des Zuschlags zur judikatmäßigen Anerkennung und bindet die nicht ausdrücklich zustimmenden oder widersprechen­ den Interessenten durch die demnächstige Rechtskraft seines Spruchs. Daö Gesetz knüpft sodann an den Zuschlag die weitere Folge des Eigenthumsübergangs. Bgl. Jäckel a. a. O. S. 121. «) §§. 28. 199. 490. I. 20. A.L.R. — Dgl. jedoch oben bei Anm. 13 u. 14. 45) Koch, III. S. 820. — Das Gesetz stellt, wie der Herausgeber hierzu bemerken muß, den Personalgläubiger, welcher durch den Antrag auf Subhastation die Be­ schlagnahme des Immobile erwirkt, ohne ihm die volle Rechtsstellung des Pfand­ gläubigers einzuräumen, einem solchen darin gleich, daß es ihm das Recht ein­ räumt den Verkauf zu betreiben.

§. 130. Die Versteigerung und der gerichtliche Verkauf.

157

bezeichnet werden"). Dieselbe bedarf jedoch, wie bereits angedeutet, einer Ergänzung. Der Wille des den Verkauf betreibenden Gläubigers ersetzt nicht schlechthin die Zustimmung des Schuldners. Dieser „konkurrirt mit seinem Eigenthumsinteresse"; er muß in dem Verfahren zu­ gezogen werden"), ja es bedarf nach manchen Richtungen der eigenen ausdrücklichen Erklärung. Wenn die gesetzlichen Verkausbedingungen (die Naturalien des gerichtlichen Verkaufs) durch besondere Bedingungen geändert werden sollen, die nicht seine Rechtsstellung ganz unberührt lassen, muß der Schuldner ausdrücklich zugestimmt haben"); er kann aus den Vertragschluß dadurch einwirken, daß er der Zulassung eines Bieters ohne Kaution widerspricht"), es steht ihm endlich das Recht des Widerspruchs gegen den Zuschlag nach Maßgabe des §. 27 der Subhastationsordnung zu. Dieselbe Rechtsstellung aber nehmen alle diejenigen ein, welche das Gesetz als Subhastationsinteressenten anerkennt, d. h. die Mitantragsteller, ferner, wenn der Subhastat nicht als Eigenthümer eingetragen ist, der eingetragene Eigenthümer, endlich die bei den Subhastationsakten bekannten Real-Interessenten"). In­ wiefern diese alle, wie sie bei dem Vertragschluß betheiligt sind, neben dem Antragsteller in das durch den Zuschlag begründete Obligations­ verhältniß als Berechtigte und als Verpflichtete eintreten, ist nachher zu erörtern. — c) Willenseinigung. Der „gerichtliche Verkauf wird vom Landrecht ausdrücklich in der Weise charakterisirt, daß auf den­ selben die allgemeinen Grundsätze von Kaufgeschäften Anwendung finden. Dies gilt auch von der Begründung durch eine Willenseinigung der Subhastationsinteressenten und des Bieters"), die, wie oben bereits gesagt, im Zuschlagsurtheil nur als vorhanden festgestellt wird. Die Willenseinigung ist nur deßhalb eine eigenthümliche, weil das Verfahren unter dem Einfluß des Subhastationsantrages steht, kraft deffen es °b) §. 314. b. T. “6) Strieth. B. 26 S. 227.

107) §§. 323. 318. d. T. Präj. 420. (Sammt I. 125.) Will der Berrniether den vorn Aftermiether schuldigen Zins einziehen, so kann er dies nur in Gemäßheit der E.P.O. §§. 730ff. 736ff., früher Ges. v. 4. Juli 1822. S. oben B. I. S. 701. 726. 108) Denn die Einwilligung wird dem Hauptmiether ertheilt, und erzeugt kein DertragSverhältniß zwischen dem Berrniether und Aftermiether. Entsch. B. 28 S. 103 (§§. 316. 318. 319. I. 21.)

109) §. 322. d. T.

Strieth. B. 52 S. 1.

no) Präj. 2061. (Sammt. I. S. 123.) Der eine Theil kann auf daS Recht zur Kün- digung verzichten, aber nicht beide Theile. Strieth. B. 49 S. 203. Entsch. B. 51 S. 214. Sinterns II. 663. Note 110. Seuffert VI. 29.

H1) S. Jhering, Geist des röm. Rechts I. 232 über derartige RechtSinstitute, die der Idee des Eigenthums widersprechen, Koch. R- d. F. III. S. 979.

m) A.L.R. I. 21. §§. 187-226. Gesetz v. 2. März 1850 §. 2 Nr. 2. DaS Erbpacht­ recht wurde in Eigenthum verwandelt, obgleich eS im Landrecht als Nutzungs­ recht an fremder Sache aufgefaßt war. Es find nicht bloß die bisherigen Erb­ pächter freie Eigenthümer geworden, sondern es dürfen auch fernerhin Grund­ stücke nicht mehr zu Erbpacht ausgethan werden. Der Kanon unterliegt der Ablösung.

§. 136.

Die Sachenmiethe und Pacht.

227

Die Auflösung der Pacht und Miethe hat also eine andere Bedeu­ tung, als die Lösung eines Schuldverhältnisses durch dessen Erfüllung. Sie ist von vornherein bestimmt durch den Parteiwillen oder durch das Gesetz, während die aus dem Rechtsverhältniß entstehenden einzelnen Forderungen bis zu ihrer Tilgung oder Verjährung fortdauern'"). Das Ende einer Pacht oder Miethe selbst kann während des Besitzes niemals durch Verjährung herbeigeführt werden'"). Abgesehen davon, daß der Untergang der Sache den Vertrag auf­ hebt, endigt derselbe a. entweder von selbst und zwar 1. mit Ab­ lauf der von den Parteien bestimmten Zeit'"), die auch durch den Eintritt eines ungewissen Ereignisses bestimmt werden kann, so zwar, daß von diesem Eintritt dem Pächter und Miether noch eine »er« hältnißmäßige, bei mangelnder Verabredung nach den gesetzlichen Kündi­ gungsfristen zu berechnende Zeit zur Räumung sreigelafsen werden muß"°). Von einem ungewißen Ereigniß als Bedingung kann die Beendigung des Miethsverhältniffes nicht abhängig gemacht werden, weil damit für den Fall des Nichteintritts der Bedingung eine un­ zulässige Erbpacht stipulirt wird; zulässig ist eine solche Abrede nur, wenn sie die Natur des dies incertus quando hat. Ist nicht blos un­ gewiß wann, sondern auch ob der Endtermin eintreten wird, so kann der Vertrag nicht bestehen'"). 2. MiterreichtemZweckdes Miethers. Das setzt voraus, daß nur zu einem bestimmten Zweck die Sache hin­ gegeben worden, sei dieser ausdrücklich bedungen oder klar zu folgern

113) Die Verjährung der einzelnen Zinsforderung beginnt an ihrem Fälligkeitstage bzw. dem darauf folgenden letzten Dezember. m) ES kann sich also der Miether und Pächter, der 30 Jahre lang keinen Zins gezahlt hat, nicht freimachen von der Verpflichtung zur ferneren Entrichtung von Zinsen und von der Pflicht zur Rückgewähr der Sache (nemo sibi causam possessionis mutare potest).

ns) §. 324. d. T. 116) §§. 336. 337. 338.

Koch, R. d. F. HI. S. 918.

m) Oben B. 1 tz. 37. Dernburg II. §. 166 Anm. 6 will beim dies incertus an et quando einen auf Lebenszeit (anscheinend des Miethers) geltenden Vertrag an­ nehmen. Er kommt zu dieser willkürlichen Annahme, weil er nur an Fälle denkt, bei denen in der That der Vertrag in seiner Maximaldauer für die Lebenszeit des Miethers mit der Abrede eines früheren Endes bei vorherigem Eintritt einer Bedingung (im Falle seiner Berheirathung, oder im Falle der Geburt von Kin­ dern) berechnet ist. ES wird sich, wenn jene Maximaldauer nicht zum Ausdruck gebracht ist, auch bei einem Vertrage, der dauern soll, bis der Miether sich verheirathet, rechtfertigen, den Vertrag so auSzulegen, daß er im Maximum auf Lebenszeit geschloffen ist. Aber ein Mietsvertrag z. B. bis zur Entdeckung eines Planeten hinter dem Neptun, Überhaupt jeder Vertrag dessen endliche Dauer wirk­ lich von einem dies incertus an et quando abhängen soll, ist in der That, wie die früheren Ausgaben sagen, unzulässig. Nach §. 399. d. T. dauert ein Pachtund Miethvertrag. der bis zur Volljährigkeit des BermietherH geschloffen worden, bis zum Alter der Großjährigkeit, jetzt dem vollendeten 21. Lebensjahre, wenn er auch vorher für großjährig erklärt worden.

228

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

aus den Umständen und der bekannt gewordenen Absicht des Miethers'"). — b. Oder es wird, wenn die Parteien über die Dauer der Pacht und Miethe nichts vereinbart haben, ihr durch einseitige Kündigung das Ziel gesetzt'"). Das Institut der Kündigung ist erst im gemeinen Recht entwickelt und das preußische enthält sehr detaillirte Vorschriften darüber. Was das römische Recht bietet, ist sehr gering: locatio ita facta, quoad is, qui eam locasset, v eilet, morte ejus, qui locavit, tollitur '“*). Seine Willensänderung mußte der Vermiether freilich kund thun, aber an bestimmte Fristen, wie im heutigen Recht, war er dabei nicht gebunden, falls nicht der Vertrag ihn band"'). Doch bietet die Vorschrift, daß die stillschweigende Verlängerung eines Pachtverhältnisses ein Jahr begreifen solle'"), wenigstens für die Auslösung der Pacht eines landwirthschastlichen Grundstücks eine Analogie'"). Für die Miethe städtischer Grundstücke fehlt aber jeder Anhalt. Das prout quisque habitaverit'") hat viel Streit erregt und erst durch das neuere Gewohnheitsrecht, welches fteilich nicht durch die Wortfaffung des Ge­ setzes begründet werden kann, eine sichernde Ergänzung erhalten'"). Das moderne Institut der Kündigung besteht wesentlich darin, daß diejenige Partei, welche den Vertrag auflösen will, diesen ihren Willen eine bestimmte Zeit, welche entweder der Vertrag oder das Gesetz vor­ geschrieben, vorher erklären muß, und daß während der Dauer dieser

118) §. 346. d. T. Der Zins wird (§. 347) nur für die Zeit des wirklichen Gebrauch­ entrichtet. 119) §. 340 d. T. Mehrere Vermiether müssen gemeinschaftlich kündigen. §. 450.1. 5. Oben B. 1 S. 394. Der Einzelne darf es nur, wenn von den Anderen bevoll­ mächtigt. Recht-fälle B. 1 S 193. Bergt. Seuffert II. 173. VIII. 42.

12°) 1.4. D. XIX. 2. In 1. 10. C. IV. 65 sind perpetua und temporalis conductio entgegengesetzt, d. h. entweder ist ein tempus certum bedungen oder nicht. Ob und wie im letzteren Fall da- Recht-verhältniß aufgelöst werden kann, ist hier nicht gesagt. Einten iS II. 663 N. 110 folgert au- der Natur der conductio, daß auch bei der perpetua die Kündigung jederzeit möglich sei.

1$1) Keller S. 638f. Daher hat der auf Rückgabe klagende Vermiether nicht zu be­ weisen, daß der Vertrag nur für so lange, sondern der beklagte Miether, daß er auf länger abgeschlossen. Seuffert VI. 29. 122) 1.13 §. 11. D. XIX. 2.

S. unten Lei Note 176.

123) Dresden bei Seuffert II. 285 verlangt nur tempestive Kündigung, nicht gerade ein Jahr vorher. 124) 1. eod. Bei Seuffert XVII. 32 ist bedungene Jahreszahlung de- Zinse- als ausreichend für die Annahme erklärt, daß der Vertrag auf ein Jahr geschloffen worden. 125) Unterholzner II. 324. Notel. Bangerow III. 469, wo die verschiedenen An­ sichten zusammengestellt und beurtheilt sind. Die richtige Interpretation der 1.13 ist, daß der Miether jederzeit aufkündigen kann und den Zins so weit schuldig wird, al- er gewohnt hat — falls nicht ein bestimmtes Ziel verabredet worden. Lokale Gewohnheiten, die sich wohl überall in Deutschland gebildet haben, über­ wiegen aber diese Stelle.

§. 136

Die Sache» miethe nnb Pacht.

229

Frist der Vertrag noch unverändert bestehen bleibt"'). Bei der Pacht und Miethe von Grundstücken tritt hinzu, daß die Kündigung regel­ mäßig nur zu bestimmten Kalenderterminen (zum Anfang eines Jahres, Vierteljahres oder Monats) statthaft ist. Von den Fällen, in welchen das A.L.R. eine der Auflösung voran­ gehende Kündigung verlangt, ist 1. der eine, wenn der Vertrag wegen fehlender Schriftlichkeit nur ein Jahr lang gilt"'), zweifelhaft. Das Obertribunal nimmt an daß das Verhältniß nach Ablauf des Jahres von selbst aufhöre; aus §. 269. d. T. folgt es aber nicht, §. 406 wider­ spricht in Bezug auf Pacht von Landgütern, §. 337 bietet eine nicht fern liegende Analogie für die Nothwendigkeit der KHndigung, und §. 340 schreibt diese allgemein vor, wenn die Zeit nicht im Kontrakt bestimmt ist, also auch für den Fall, wenn sie durch das Gesetz be­ stimmt wird. Hiernach ergiebt sich als Sinn des §. 269 der: zum Ablauf eines Jahres kann gekündigt werden, und zwar von jedem Theil, wenn in dem mündlichen Vertrage entweder nichts über die Zeitdauer "'), oder eine längere Micthsperiode verabredet worden; wenn aber eine kürzere, als einjährige Periode sestgestellt ist, bleibt diese maßgebend. Die Praxis der Gerichte ist aber der Rechtsprechung des Obertribunals entsprechend eine ganz feste und nur bei der Pacht von Landgütern wird die Nothwendigkeit der Kündigung mit der sogleich zu erwähnen­ den Frist anerkannt. 2. Wenn die Parteien in dem formell gütig abgeschlossenen Vertrage über die Dauer überhaupt nichts bestimmt haben""), so soll bei der Pacht unbeweglicher Sachen sechs Monat vor der Räumung, bei der Miethe unbeweglicher und bei der Pacht beweg­ licher Sachen in den ersten drei Tagen des Vierteljahres, an dessen Schluß zu räumen ist, bei monatweiser Miethe einer Wohnung bis spätestens den 15. des laufenden Monats, bei der Miethe beweglicher Sachen 24 Stunden vorher gekündigt werden'"). Die Räumung von Landgütern und Aeckern kann aber erst nach Ablauf des im Vertrage bestimmten Wirthschastsjahres verlangt werden, es ist hier also min”6) Keller S. 639. Die Kündigung gehört zur materiellen Begründung de» Recht» aus Räumung und muß vom Kläger bewiesen werden.

,27) §. 269. d. T.

Oben Note 25.

m) Präj. 493. Samml. I. S. 123.) F. in. S. 916 f.

Entsch. B. 42 S-163.

Dagegen Koch, R. d.

129) Striethorst B. 36 S. 206.

13°) Streiten sich die Parteien über die Dauer und behauptet der Miether die Ver­ abredung einer längeren Dauer, so hat er die» zu beweisen. Seuffert XX. 258. (O-A.G- Berlin). »') §§. 342. 344. 345. d. T. Ges. v. 30. Juni 1834 (Ges.S. S. 92). B.O. ». 9. Ja­ nuar 1812 (G.S. S. 4).

230

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

bestens'") sechs Monat vor dem Zeitpunkt zu kündigen'"). Die Kün­ digung steht jedem Theile zu. Sie ist an keine Form gebunden'"); ist sie sicher und zur gehörigen Zeit'") zur Kenntniß des andern Theils gelangt, so muß dieser innerhalb acht Tagen widersprechen, sonst ver­

liert er seine Einreden gegen die Zulässigkeit der Kündigung'"). — c. Ausnahmsweise ist in besonderen Fällen die Kündigung inner­ halb der vertragsmäßig festgesetzten Zeit oder der Rücktritt vom Vertrage ohne Kündigung gestattet, a. Bei nothwendiger gerichtlicher Veräußerung wird dem Pächter und Miether in der Art gekündigt, daß letzterer, wenn er nicht mit Ablauf des Quartals, in welchem der Zuschlag erfolgt ist, abgehen will, noch drei Monat 132) Entsch. B- 31 S. 420, B. 34 S. 170. Strieth. B. 22 S- 257, B. 38 S- 126. Analog auf eine Fischereipacht angewendet bei Strieth. B. 66 S. 223.

133) §- 343. d. T. Nach österr. G.D. § 1116 Pachtungen 6 Monat, Miethe unbe­ weglicher Sachen 14 Tage, beweglicher Sachen 24 Stunden vorher. Die bei dem Abzug des Pächters auf dem Grundstück noch vorhandenen, aber noch nicht geernteten Früchte verbleiben dem Verpächter, wenn sie auch im Pachtjahr ent­ standen. §. 221. I. 9 ist hier nicht anwendbar, denn dem Pächter ist nur für die Dauer der Pachtzeit der Fruchtgenuß überlassen. Entsch. B. 31 S. 422, B. 139 S. 152.

134) §.348. d. T. Aber die Aufhebung des Vertrages im Laufe der Miethzeit be­ darf der Schriftform; schriftliche Anzeige und Annahme derselben, stillschweigend durch Handlungen genügt nicht. Entsch. B. 39 S. 156. Striethorst B. 57 S. 160. 135) So verstehen das „gehörig" in §. 349 Entsch. B. 16 S. 43 Pl.B. Koch, R. d. F. III. S. 919 und Komm, zu §.349. Bornemann IV. 315f. theilt die Ma­ terialien mit, die aber eigentlich ohne Auskunft lassen. Die fr. Anst. nehmen an, es sei das Wort „gehörig" aus Versehen stehen geblieben, weil man anfänglich beabsichtigt hat, für die Kündigung einer Pacht die schriftliche Form zu verlangen. Dann müßte man das Wort jetzt für bedeutungslos halten. Sollte aber in dem „gehörig" nicht ein Hinweis darauf zu finden sein, daß die Kündigung zur wirk­ lichen Kenntniß des andern Theils gebracht sein müsse oder gerichtlich zu ge­ schehen habe, wie beim Darlehn. Jedenfalls wird man eine gerichtliche Kündi­ gung in dem Sinne, der in der Lehre vom Darlehn näher zu besprechen ist, auch hier als wirksam ansehen müssen. Analogie von §. 16. I. "28. A G O. Au-f Ges. z. deutsch. C.P.O. v. 24. März 1879 §. 1 Absatz 3. Vgl. unten §. 137 Anm. 117.

136) §- 349. Entsch. B. 16 S. 43 Pl.D. „durch unterlassenen Widerspruch gehen die Einreden nur dann verloren, wenn dem Kündigenden ein gesetzliches oder ver» IragSmäßigeS Recht jener Kündigung zur Seite stand". D. h es gehen nicht ver­ loren die Einreden, daß die Kündigung dem Miether und Pächter nicht zugegan­ gen, oder daß ste ihm verspätet zugegangen, oder daß im Vertrag die Dauer der Miethe oder Pacht anderweitig bestimmt worden, denn in diesen Fällen ist ent­ weder nicht gekündigt, oder zur Kündigung überhaupt kein Recht gewesen. Ver­ loren gehen die Einreden gegen die materielle Zulässtgkeit der Kündigung, wie fich ein älteres Präj. v. I. 1837 (Entsch. B. 16 S. 44) ausgedrückt hat, z. B. die Kündigung sei von einer nicht legitimirten Person ausgegangen. Als weiteres zu der Unterscheidung des Obertribunals kaum stimmendes Beispiel wird aufgesührt: eS sei an die Stelle des ursprünglichen Vertrages eine neuere Abrede getreten, welche der Kündigung, so wie geschehen, widerstrebe (S. 50). Dagegen wird die Einrede, die Kündigung sei später wieder zurückgenommen worden, noch erhoben werden können. Dgl. bezüglich der Legitimation zur Kündigung unten §. 137 Anm. 115.

§. 136

Die Sachenmiethe und Pacht.

231

und daß ersterer noch sechs Monat bis zum Ablauf des Wirthschastsjahres frei haben muß"'). Die Kündigung steht dem Käufer und den *3') §§• 350—354. Das Landrecht stellte alle Fälle nothwendiger gerichtlicher Veräußerung gleich. Ob die Bestimmung auch für bewegliche Sachen Bedeutung hatte (vgl. Ziebarth S. 391), kann dahin gestellt bleiben, da jedenfalls jetzt die Pfän­ dung einer beweglichen Sache, die sich in der Hand des Miethers befindet, nur mit dessen Zustimmung erfolgen kann, und nach freiwilliger Hergabe in den Pfandbefitz des Gerichtsvollziehers die Sache frei von dem MiethSrecht veräußert wird. Die ältere Judikatur wandte die Bestimmungen bezüglich der Grundstücke auch auf den Fall deS nothwendigen Verkaufs Theilungö halber an. (Präj. Nr. 1014. Plenarbeschluß, I. Samml. S. 390). Seit der V. v. 11. August 1843 (G.S. S. 323) §. 1 (vgl. Subhast.Ordn. v. 15. März 1869 §. 113 Nr. 1) bleibt das Pacht- und Miethrecht, da es nothwendig auch den ideellen Eigenthumsantheil des antragenden MiteigenthümerS belastet, von der Subhastation TheilungS halber un­ berührt. — (Dernburg I. §. 291 bei Nr. 20 hält es für denkbar, wenn auch nicht leicht vorkommend, daß ein bloßer ideeller Antheil am Eigenthum vermiethet sei.) — In Betracht kommt hiernach die Subhastation im Wege der Zwangsvoll­ streckung, die Subhastation auf Antrag des Benefizialerben (Subh Ordn. §. 112 Nr. 1) und die Zwangsversteigerung auf Antrag des Konkursverwalters. (K.O. §. 116). Der letztem steht in ihrer Wirkung bezüglich der Zuläsfigkeit der Kün­ digung und der Dauer des Vertrags die freiwillige Veräußerung durch den Kon­ kursverwalter gleich (§. 17 Nr. 2 K.O.). Daß der Adjudikatar nur nach Kün­ digung und nach Ablauf der Kündigungsfristen die Räumung verlangen kann, ist eine Wirkung des ankämpfenden dinglichen Charakters der Miethe und Pacht und beweist gerade, daß dieser Fall eine Ausnahme ist. A. M. Koch, R. d. F. III. S. 906 f. (Oben bei Note 73.) Die Ausnahme beruht nach den Materialien (vgl. Schering, Abhandl. B. I. S. 36, Bornemann B. 4 S. 317) auf der Er­ wägung, daß der Miether oder Pächter den creditoribus nicht präjudiciren könne. Das MiethSrecht soll das Eigenthum nicht soweit einschränken, daß dasselbe für die früheren oder späteren Gläubiger nur mit Berücksichtigung des MiethSrechtS anzugreifen wäre. — ES ist oben bei Note 73 ausgeführt, daß der Ausdruck Kauf bricht Miethe nicht richtig fei, weil nicht der Kaufvertrag, sondern der Eigenthums­ übergang die Wirkung hat. Da bei solchen Veräußerungen die Publikation des Zuschlags Eigenthumsübergang ohne Uebergabe oder Auflassung wirkt (I. 11 §. 342), so widerspricht §. 350. d. T. der richtigen Auffassung der Regel nicht. Für den Fall des freiwilligen Verkaufs aus der Konkursmasse findet §. 350 entsprechende Anwendung dahin, daß die Räumung erst nach der Auflassung gefordert werden kann. — Ob der Adjudikatar im Falle der Kündigung für die Zeit vom Zuschlag bis zur Räumung an Stelle des Verpächters oder Dermietherö in den Vertrag eintritt, ist streitig. Die früheren Ausgaben leugnen es mit der Folgerung: Es können also gegen den Adjudikatar nicht persönliche Ansprüche geltend gemacht werden, die dem Pächter gegen den Verpächter zustehen. Der Adjudikatar muß bis Ablauf der RäumungSsrift da- dingliche Recht des Miethers zwar anerkennen, und bezieht in Folge seines erlangten Eigenthums für die entbehrten Nutzungen den Zins, aber das beruht nicht auf einem Eintritt in den Pachtvertrag. Entsch. B. 40 S. 149. Dies ist also eine Abweichung von dem freiwilligen Verkauf. Entsch. B. 25 S. 427. Wenn dagegen der Adjudikatar nicht kündigt und auch die Gläubiger nicht gekündigt haben, so tritt Ersterer an die Stelle des Verpäch­ ters. Die etwas schwankende Judikatur, — vgl. Entsch. B. 45 S. 345, B. 53 S. 133, B. 57 S. 103, B. 72 S. 221, B- 77 S. 31, B. 78 S. 186, B. 86 S. 107, Gruchot, B. 23 S. 896 u RGB. IV. S. 285, — operirt mit dem­ selben Begriff des Eintritts des Adjudikatar- in den Vertrag. Geht man aber schon bezüglich der freiwilligen Veräußerung von der oben im Text bei Anm. 75 dar­ gelegten Auffassung aus, so läßt sich — so lange daS Pachtrecht aufrecht erhalten wird, d. h. bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, — ein begründeter Unterschied in der Rechtsstellung des AdjudikatarS und sonstigen Erwerbers nicht finden, und es wird nicht bedenklich sein auch für den Adjudikatar von einem Eintritt in die DertragSrechte zu sprechen. Vgl. auch Ja ecke l SnbhastationSordnung (2. Anfl.) S. 167. — Daß der Pächter, der mit Ablauf des WirthschaftSjahrS zu räumen

232

Zweites Buch.

Gläubigern zu'").

Die besonderen Privatrechte.

Sie sind hierzu berechtigt, aber nicht verpflichtet,

verpflichtet ist, demnächst wie jeder andere abziehende Pächter die noch nicht abgeernteten Früchte im Grundstück belassen muß, auch wenn er dem Adjudikatar und nicht seinem Verpächter zu weichen hat, ist keine Besonderheit. Entsch. B. 39 S. 152. Ob Vorauszahlungen, Vorauskompensationen vom Adjudikatar anerkannt werden müssen, oder ob er sich auf §§. 475—481. I. 20, §§. 30. 31 E.Erw.Ges. v. 5 Mai 1872 berufen kann, ist zweifelhaft. Siehe Förtsch bei Gruchot IX. 157f. Vgl. auch Striethorst L. 51 S. 133 Dem Adjudikatar als solchem kom­ men die Rechte aus diesen Paragraphen nicht zu. — Der Fall der Expropria­ tion gehört nicht zu den nothwendigen Veräußerungen im Sinne des §. 350, kommt also hier nicht in Betracht, über denselben vgl. unten Anm. 155. 138) §. 357 d. T. Die Bestimmung giebt zu einer größeren Anzahl von Zweifels­ fragen Anlaß. Klar ist zunächst, daß ebensowenig wie der Miether selbst kündi­ gungsberechtigt ist, ein solches Kündigungsrecht auch nicht etwa dem SubhastationSrichter als solchem zusteht. Abweichend und nicht zu billigen Striethorst B. 22 S. 257. Kündigungsberechtigt ist: 1. der Käufer, dem der Zuschlag ertheilt ist. Er kann das Kündigungsrecht aber nur mit gesetzlicher Frist bei der nächsten Gelegenheit nach dem Eigenthumserwerb üben, d. h. bei der Miethe spä­ testens in den drei ersten Tagen des Quartals, das auf dasjenige Quartal folgt, in dem der Zuschlag ertheilt ist, mit der Frist bis zum Ende jenes Quartals, (Entsch. B. 77 S. 31, Strieth. B. 95 S. 273), bei der Pacht zum Ende des laufenden oder des nächsten Wirthschaftsjahres, je nachdem noch in jenem die ge­ setzliche Kündigungsfrist von sechs Monaten offen ist oder nicht. (Entsch. B. 78 S. 180. Juristische Zeit. Jahrgang 1879 S. 397). In seinem Kündigungsrecht wird der Adjudikatar nicht behindert, andererseits wird auch eine Verschiebung der Ausübung des Rechts nicht gerechtfertigt, wenn nach dem Zuschlag zunächst noch die Sequestration deS Grundstückes fortdauert. (Entsch. B. 81 S. 176), ebensowenig dadurch, daß der Zuschlagsbescheid noch nicht rechtskräftig ist. Daß daS Recht des AdjudikatarS zu kündigen mit dem Grundstück auf einen weiteren Erwerber desselben Übertragen werden kann, wird sich nicht bezweifeln lasten, da eS nicht an die Person des Käufers gebunden ist. Fraglicher ist eS, ob es ohne Weiteres mit der Eigenthumsübertragung auf einen neuen Erwerber übergeht; indessen möchte auch das zu bejahen fein, da das Kündigungsrecht auf dem Eigenthume beruht. — Der Eigenthümer, dem das zur Subhastation gestellte Grund­ stück in Gemäßheit des § 46 des EigenthumSerwerbgefetzeS zugeschlagen wird, ist zwar nicht Käufer des Grundstücks, aber er erwirbt Freiheit desselben von allen dinglichen Belastungen, die durch die Subhastation in Frage gestellt werden. Insofern er daher nicht persönlich dem Miether oder Pächter verpflichtet ist, wird ihm daS Kündigungsrecht nicht versagt werden können. Freilich wird dieser Fall überaus selten vorkommen. — 2. Wem das Kündigungörecht der Gläubiger zusteht, wann und wie dasselbe auözuüben, ist eine sehr zweifelhafte Frage. Die früheren Ausgaben antworten in Uebereinstimmung mit der Praxis des ObertribunalS (Strieth. B. 41 S. 321, Entsch. B. 46 S. 148, B. 81 S. 176) auf die erstere Frage: den Pfandgläubigern, und zwar jedem einzelnen derselben, na­ türlich nur vor dem Zuschläge. Die Rechtsprechung begründet dies dahin, daß zunächst §. 157 cit. übereinstimmend mit §. 43 I. 52 A.G.O. nicht den Extra­ henten deö Verfahrens besonders hervorhebe, also jedem Pfandgläubiger gleiche Rechte gebe (A. M. Koch, Deutsche Gerichtszeitung, 1862 S. 243). Als innerer Grund sei die Berechtigung jedes PfandgläubigerS, das Grundstück frei von Real­ verpflichtungen verkaufen zu lassen, anzusehen. Das Recht jedes einzelnen Pfand­ gläubigers fei ein selbständiges und unabhängiges, es stehe auch demjenigen Pfandgläubiger zu, der sein Pfandrecht erlangt hat, als der Miether bereits im MiethSbesitz war, und werde selbst dadurch nicht ausgeschlossen, daß daS MiethSrecht vor Eintragung der Hypothek in das Grundbuch eingetragen gewesen. (In letzterer Beziehung ist die abweichende Ansicht von Zahn bei Behr end Bd. 4 S. 3271 zu vergleichen.) Führt die Judikatur des Obertribunals hier­ nach daö Kündigungsrecht auf die Pfandhaftung des Grundstückes zurück, und scheint sie den persönlichen Gläubiger, welcher die Subhastation beantragt hat oder im Wege der Zwangsvollstreckung einer anhängigen' Subhastation beigetreten ist,

§. 136.

Die Sachenmiethe und Pacht.

233

und wenn sie das Recht nicht ausüben, setzt sich das Mieth- und Pachtauszuschließen, so bietet das Gesetz für diesen Ausschluß keine Grundlage. ES läßt sich nicht bestreiten, daß auch bei der nothwendigen Subhastation eines mit keinem Pfandrecht belasteten Grundstücks der Adjudikatar kündigungsberechtigt wird, der Gläubiger ohne Pfandrecht kann also auf die Dauer des dinglichen MiethsverhältniffeS einwirken. Warum soll er nicht vor dem Zuschlag dieselben Rechte, wie die Pfandgläubiger haben. So zählt denn Dernburg I. h. 292 ihn ohne Weiteres mit unter den Kündigungsberechtigten auf. Aber wie bei Anm. 140 näher zu erörtern, giebt die vor dem Zuschlag erfolgte Kündigung, wenn dem­ nächst der Zuschlag erfolgt, dem Miether daS von dem Willen des AdjudikatarS unabhängige Recht, aus dem MiethSvertrage herauSzugehen, sich seiner vielleicht lästigen Pflicht zu entziehen; der Umstand, daß daS Grundstück zu hohem Zins und auf längere Zeit vermiethet ist, erscheint auf der anderen Seite gewiß geeignet, auf den Preis des Grundstücks zu wirken; und dennoch soll jeder einzelne an der Sub­ hastation interessirte Gläubiger die selbständige Kündigungsbefugniß haben, mit der Wirkung der Befreiung des Miethers von fernerer MiethSzahlung? Dies Recht soll ferner — die Ausführungen des Obertribunals ergeben für daS Gegentheil keinen Anhalt — in der Weise geübt werden können, daß die anderen Gläubiger und die Bieter nichts davon erfahren, daß also die Bieter nicht wissen, ob nicht mit dem Ablauf des Quartals oder des Wirthschaftsjahrs nach dem Zuschlag der Miether oder Pächter verpflichtungsfrei abziehen wird? Nach dem Zuschlag soll der Adjudikatar plötzlich am Zahlungstermin durch das Abgehen des Miethers über­ rascht werden können, der mittheilt, daß ihm ein ausfallender Pfandgläubiger, der nie zur Hebung kommen konnte, oder ein demnächst befriedigter Gläubiger vor dem Zuschlag gekündigt hat? Nach Ansicht des Herausgebers kann ein Satz mit diesen Konsequenzen nur bei striktem Beweise zugegeben werden. Ein solcher fehlt aber gänzlich. In Wahrheit ist der Inhalt deS durch den Zuschlag perfizirten DeräußerungsvertrageS ein anderer, wenn daS Grundstück verkauft wird mit dem Recht des Subhastaten aus dem MiethSvertrage und unter Offenlaffung der Freiheit, daS Verhältniß durch Kündigung nach dem Zuschlag zu Ende zu bringen, oder ob das Grundstück verkauft wird als ein solches, bezüglich dessen die Belastung mit dem MiethSrecht, zugleich aber auch daS Recht, Erfüllung des MiethSvertrageS für die Vertragsdauer zu fordern, bereits für einen bestimmten dem Zuschlag folgenden Zeitpunkt zerstört ist. Ersteres ist naturale der Zwan gSversteigerun g, letzteres kann Gegenstand einer besonderen Kaufbedingung werden, wenn nämlich die Kün­ digung von den Gläubigern bewirkt wird. Die Aufstellung dieser Verkaufbedin­ gung setzt nach §. 20 der SubhastationSordnung die Zustimmung aller Subhastationsintereffenten voraus, deren Rechte dadurch berührt werden, d. h. da der Subhastat sich die Bedingung gesetzlich gefallen lassen muß, aller an der Subhastation betheiligten Gläubiger. Ihren Beschluß wird der Richter auf ihren Antrag als einen im SubhastationSverfahren zulässig gefaßten Beschluß dem Miether zustellen lassen. Mit dieser Auffassung stimmt der Wortlaut deS §. 157, der von einem Kündigungsrecht „der Gläubiger" nicht jedes einzelnen Gläubigers spricht, voll­ ständig überein. Don praktischer Erheblichkeit wird aber danach eine Kündigung der Gläubiger nur dann sein, wenn zu erwarten steht, daß der Zuschlagbescheid erst unmittelbar vor dem Beginn der neuen Periode ergehen wird, so daß der Adjudikator kaum Zeit haben möchte, die Kündigung noch für diese Periode wirksam vorzunehmen. — 3. Ist von den Gläubigern im SubhastationSverfahren ge­ kündigt und die Subhastation führt nicht zum Zuschlag, so hat die Kündigung gar keine rechtliche Bedeutung. Im §. 36 (B-1. S. 200) ist auSgeführt, daß eine Kündigung keine durch den Willen des Kündigenden gesetzte Bedingung zulasse. Hier ist der Zuschlag conditio legis der Wirksamkeit der Kündigung, die Kündi­ gung erlangt erst mit dem hinzutretenden Zuschlag Kraft. AuS diesem Grunde wird aber die Kündigungsfrist erst mit dem Augenblick laufen können, in dem die Kündigung wirksam geworden ist. Sonst würde der Miether oder Pächter, der bis dahin nicht gewußt hat, ob ihm wirksam gekündigt ist, und ob er wird abziehen können, am Tage nach dem Zuschlag abziehen müssen, wenn ihm die Gläubiger in der gesetzlichen Zeit vor diesem Termin bedingt gekündigt haben, und wenn an diesem Tage daS Quartal oder WirthfchaftSjahr zu Ende rst.

234

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

verhältniniß vertragsmäßig fort139). Dem Miether und Pächter da­ gegen giebt die nothwendige Veräußerung kein Kündigungsrecht, ist ihm aber von den Gläubigern im Subhastationsverfahren vor dem Zu­ schlag oder nach dem Zuschlag vom Administrator gekündigt, so hat er nicht bloß die Pflicht nach Ablauf der Kündigungsfrist zu räumen, son­

dern zugleich das Recht zu dieser-Zeit von dem Vertrage abzugehen. Dieses Recht kann ihm durch Erklärungen des Adjudikatars nicht ent­ zogen werden, und im Falle der Miethe geht es weiter als seine Ver­ pflichtung. Er braucht nämlich nicht das Ende der Kündigungsfrist abzuwarten, wenn dieses nicht mit dem Ende des zur Zeit des Zuschlags laufenden Quartals, zusammenfällt: er kann vielmehr schon mit dem Ende dieses lausenden Quartals verpflichtungsfrei abziehen'"). — ß. Bei nothwendigem Hauptbau, welcher nicht ausgesührt werden kann, so lange der Miether die Sache besitzt"'). — y. Bei dem Tode des Pächters und Miethers. Die Erben des ersteren sind nur noch ein volles Wirthfchastsjahr, die des letzteren nur noch sechs Monat nach Ablauf des Quartals, in welchem der Erblasser gestorben, an den Ver­ trag gebunden, vorausgesetzt daß sie in der gesetzlichen Frist vorher kün­ digen "*). Der Verpächter hat das gleiche Recht zur Aufkündigung, der Vermiether schlechthin das Recht zur Kündigung mit vierteljährlicher Frist zum Quartalsende"3). Dagegen wirkt der Tod des Verpächters oder Vermiethers nicht auf die Rechte und Pflichten des Pächters und Miethers ein'"). Einflußlos ist auch der Tod eines von mehreren Miethern und Pächtern'"). Das folgt aus der Solidarität ihrer Rechte und Pflichten'"). Im Anschluß an die Bestimmung, daß der Miethvertrag von den Erben noch sechs Monat nach dem Sterbequartal fortzu'”) Striethorst B. 3 S. 193, B. 41 S. 253. 14°) S. §. 354. d. T. Striethorst B. 78 S. 184. — Daß der Miether oder Päch­ ter, der gegen seinen Willen durch Kündigung vor dem Ende der BertragSzeit ab­ zuziehen genöthigt wird, gegen seinen Dermiether aus dem Vertrage entschädigungs­ berechtigt ist, erkennt §. 355 ausdrücklich an. Vgl. übrigens unter VI. a. Hl) §. 363. d. T. 1. 3. C. IV. 65 Der Vertrag wird aufgehoben ohne Kündigung, Entsch. B 3 S. 18. Dazu Koch, Beurtheil. S. 132 f. u. R. d. F. 929 fg. der die Entscheidung aus §. 364. I. 5. rechtfertigt. Jeder Theil ist zur Aufhebung berechtigt. Vgl. Striethorst B. 89 S. 354. 14Si) §§. 366-368. 371. 373. d. T. Suarez, Jahrb. B. 41 S. 67. Der Vertrag kann aber auch die Erben binden, wenn er ausdrücklich für sie mitgeschloffen worden, insofern man hierin einen Verzicht auf daS KündigungSrecht für den Fall des Todes finden kann. Rechtfpr. I. 198. 143) DaS Recht ist an die Fristen der §§. 366—368. I. 21. gebunden, und kann spä­ ter nicht mehr auSgeübt werden Entsch. B. 15 S. 35 f. (Pl. Beschl.) B. 57 S. 118. Strieth. B. 66 S. 169. Früher abweichend Entsch. B. 1 S. 353, B. 13 S. 281. 144) §§. 369. 373. 375. d. T. Entsch. B. 15 S. 35. Pl B. Rechtsfälle B. 1 S. 289. 145) §. 374. d. T. 146) Oben B. 1 S. 394 f. §§. 424. 450. I. 5.

§. 136. Die Sachen miethe und Pacht.

235

setzen ist, hat das A.L.R. eine Vorschrift"7), die nur dadurch verstäydlich gemacht werden kann, daß man einen Inhalt in sie hineinträgt, der aus den Worten nicht folgt: „Die bloße Mitunterschrift der Frau unter dem Miethkontrakte, heißt es, verpflichtet dieselbe noch nicht, die Miethe nach des Mannes Tode länger sortzusetzen." Soweit stimmt die Vorschrift überein mit einem anderweitig ausgesprochenen, jetzt nicht mehr gütigen Grundsatz, daß, wenn Mann und Frau in Einem In­ strument sich verpflichtet haben, die Frau als Bürgin angesehen wer­ den soll, ihre Verpflichtung also davon abhängt, ob die gerichtliche Form und Belehrung bei der Abschließung des Vertrags beobachtet worden1 *8). Die bloße Mitunterschrift macht die Frau nicht zur Mitkontrahentin, es wird dadurch keine Gemeinschaftlichkeit der Verpflichtung erzeugt, und nach dem Tode des Mannes hat die Frau, wenn sie dessen Erbin geworden, das Recht und dann auch die Pflicht, den Miethvertrag zu kündigen, wie andere Erben. Aber es heißt weiter: „sobald sie eine solche durch diesen Todesfall in ihren Umständen vorgesallene Verände­ rung nachweisen kann, vermöge welcher ihr aus der Fortdauer des Kon­ trakts ein erheblicher Nachtheil entstehen würde". Das kann dem Wort­ laut nach nur bedeuten: Die Frau ist durch ihre bloße Mitunterschrift an den Vertrag während seiner ganzen Dauer nach dem Tode des Mannes gebunden und sie kann sich nur durch die von ihr zu beweisende Einrede einer erheblich nachtheiligen Veränderung ihrer Umstände be­ freien, also nicht wie andere Erben in jedem Falle kündigen. Das ist ein unversöhnbarer Widerspruch. Weshalb sollte die Frau dieser Ein­ rede bedürfen? Keine Auskunft aus den Materialien, wie man zu §. 372. d. T. gekommen ist. Man will nun demselben durch die An­ nahme einen Sinn geben, daß die gerichtliche Form und Belehrung vorauszusetzen, die Frau also wirklich Mitmietherin geworden und daß sie, als Ausnahme von dem Grundsatz des §. 374. d. T., trotz der dann vorliegenden Gemeinschaftlichkeit der Verpflichtung sich durch die Ein­ rede der veränderten Umstände befreien könne"'). Wie die Worte „bloße Mitunterschrist" eine solche Voraussetzung enthalten sollen, ist wirklich nicht einzusehen, §. 372 ist und bleibt unverständlich; er ist aber unschädlich, weil daran festgehalten werden muß, daß die erbende Frau ebensowenig, wie die nicht erbende Frau, wenn sie nicht wirklich Mitmietherin geworden, der Einrede bedarf, um vor Ablauf der Mieth'") §. 372. d. T. Koch, R. d. F. S. 922. '") §. 232. I. 14. Dieser §. ist durch Gesetz v. 1. Dezember 1869 (Ges S. S. 1169) aufgehoben; die Frau ist nicht bloß Bürge, sondern Mitkoutrahentin. Die fr. AuSg. führen aus: Der §. 372. d. T. sei aber dadurch nicht berührt, denn er habe nicht allein in §. 232. I. 14 seine Grundlage. Der Herausgeber glaubt dem nicht beistimmen zu können; insoweit die Frau jetzt als Mitkontrahentm anzusehen ist, entscheidet lediglich §. 374. d. T. “') Entsch. B. 26 S. 273. Strieth. B. 11 S. 337. Ko ch, Komm. Note zu §. 372.

236

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

zeit zu kündigen''"). — ö. Nicht freiwillig herbeigeführte Ver­ änderungen, die den Miether, fei es durch Einwirkung auf seine Person oder seine Umstände außer Stand setzen, von der Sache Ge­ brauch zu machen, berechtigen ihn, entweder gegen Zahlung einer halb­ jährigen Miethe zu kündigen, und vor dem Ablauf des Quartals, in welchem die Kündigung erfolgt ist, abzugehen, oder dem Vermiether einen Unter­ miether zu stellen, gegen den nur erhebliche Einwendungen erhoben werden dürfen'"). Hier tritt der Untermiether ganz in die Stelle des Hauptmiethers, dieser scheidet aus und hastet nicht weiter für jenen'"). Besonders wenn der Miether wegen eines drohenden oder ausgebrochenen Krieges mit den Truppen ins Feld rücken muß, endigt der Miethvertrag mit Ablauf des Vierteljahrs, in welchem ausmarschirt wird'"). Veränderungen in der Person oder in den Umständen des Vermiethers geben diesem nicht das Recht vorzeitiger Kündigung'"). — e. Wenn ohne Verschulden, des Methers die Sache für den Gebrauch ganz oder zum größern Theil untüchtig geworden'"). Die Brauchbarkeit der ,5°) Präj. 184. (Sammt. I. S. 126.)

151) §§. 376. 377. d. T- Strieth. B. 69 S. 365. Der Beamte, der seine Ver­ setzung nachsucht, kann sich auf §• 376 nicht berufen, da sein freier Wille die Veränderung herbeisührt. Der Beamte ober, der eine ihm angebotene Versetzung annimmt, gleichviel ob er sie auSschlagen darf oder nicht, kann sich auf tz. 376 berufen. A. M. Koch, Komment., aber seine Behauptung, daß kein Beamter wider seinen Willen versetzt werden kann, außer zur DiSciplinarstrafe, geht zu weit. Regelmäßig sind die Beamten versetzbar, die Richter freilich gegen ihren Willen nur unter besonderen Umständen, aber das entscheidet auch nicht, denn tz.376 verlangt nicht, daß die Veränderung der Umstände wider Willen deS Miethers eingetreten, sondern nur, daß sie ohne seinen Willen eingetreten, d. h. daß er nicht der Urheber geworden. Noch weiter geht Dernburg II. §. 173 Anm. 15: auch die Versetzung aus Antrag sei eine unfreiwillige Veränderung, da sie nicht von seinem Willen sondern von dem der anstellenden Behörde abhänge. 152) Plathner a. a. O. S. 705. 153) §§. 378. 379. d. T.

Striethorst B. 69 S. 87.

Entsch. B. 24 S. 164.

154) §• 386. d. T. DaS weicht vom röm. Recht ab. 1. 3. C. IV. 65, wenigstens bei der Miethe von Häusern, worauf diese 1. zu beschränken ist. 155) §. 383. d. T. Einer ausdrücklichen Erklärung des Rücktritts bedarf eS nicht. Entsch. B. 9 S. 163. R.G. bei Gruchot B. 25 S. 886. Ob dieser §. auch auf Pacht anwendbar sei, kann bezweifelt werden, weil er nur von der gemietheten Sache spricht. Koch beschränkt ihn auf die Miethe. Ebenso das bei Gruchot IX. 51 mitgetheilte Erk. Doch spricht im unmittelbaren Anschluß §. 384 vom nutzen der Sache und namentlich bei nutzbaren Rechten läßt sich daS Unbrauch' barwerden denken, wohl auch bei Aeckern — z. B. wenn dieselben bei einer Ueberschwemmung versanden. Vgl. Entsch. B. 72 S. 59. Striethorst B. 91 S. 166. DaS R.G. bei Gruchot B. 25 S. 1018 hat den §. 383 cit. auch für den Pächter angewendet, insofern bedenklicher Weise, als die verpachtete Fahrgerechtigkeit nicht unbenutzbar, sondern wegen Anlage einer Eisenbahnbrücke nur im Ertrage ge­ schmälert war. Für die Miethe bietet ein Beispiel eintretende GesundheitSgefährlichkeit der Wohnung. Entsch. B. 39 S. 160. Strieth. B. 24 S. 259, B. 28 S. 341. Vergl. 1. 25. §. 2. 1. 27. pr. D. XIX. 2. — Ist die Sache zerstört, so daß sie überhaupt nicht mehr benutzt werden kann, so ist der Vertrag beendigt, ohne daß es auf die Schuldfrage ankommt. Unter diesen Gesichtspunkt, nicht

§. 136. Die Sachenmiethe und Pacht-

237

Sache selbst muß in erheblicher Weise beeinträchtigt sein. — Aeußere Umstände, welche den Gebrauch hindern, ohne durch die Eigenschaften der Sache bedingt zu sein, finden keine Berücksichtigung'"). Der Miether geht vor Ablauf der Vertragszeit ab und zahlt den Zins nach Verhältniß der Zeit, während welcher er die Sache vertragsmäßig hat brauchen oder nutzen können'"). — £. Mißbrauch der Sache be­ rechtigt den Vermiether und Verpächter zur Entsetzung des Miethers und Pächters. Mißbrauch ist entweder anderer Gebrauch, als zu welchem die Sache vermiethet worden, oder ein Gebrauch, welcher eine erhebliche Beschädigung der Substanz besorgen läßt'"). Das Recht der Entsetzung ist ein sofort ausführbares, schließt die Nothwendigkeit der Kündigung aus, und wird nicht dadurch abgewendet, daß der Miether oder Pächter den Schaden ersetzen kann oder wirklich ersetzt'"). — unter den der Unbrauchbarkeit der Sache, fällt eS auch, wenn die Sache expropriirt oder ohne Expropriation im Frieden oder Kriege dem Gebrauch des Mie­ thers entzogen wird. Für den Fall der Expropriation vertreten die früheren Aus­ gaben in Anm. 267 gestützt auf Entsch. B. 47 S-403 und Striethorst B.40 S. 7 den andern Standpunkt, daß der Pächter statt deö früheren Nutzungsrechts an der expropriirten Sache ein Nutzungsrecht an der Enteignungsentschädigung habe. Die §§. 8. 12 Eisenbahngesetz v. 3. Nov. 1838, welche zur Begründung angezogen werden, begründen den Satz nicht und das Obertribunal (Strieth. B. 84 S. 325) hat denselben verlassen. Dagegen erkennt §. 12 cit. und ebenso das Grundenteignungsgesetz v. 11. Juni 1874 ein Recht der Realberechtigten und darunter der Miether aus Entschädigung neben dem EntschädigungSrecht des Eigen­ thümer- an. Je nach den Umständen kann ihre Entschädigung schon in der Grundentschädigung (§. 8) enthalten sein oder noch besonders gewährt werden (§. 11). Im ersteren Falle ist im Verwaltungswege anf Antrag eines Bethei­ ligten eine Bertheilung vorbehaltlich des Rechtsweges vorzunehmen (§§. 29. 30). Daß der Verpächter oder Vermieter die Verpflichtung hätte, im Expropriations­ verfahren die Rechte des Pächters oder Miethers zu wahren, wie Dernburg II. §. 174 S. 458 annimmt, wird stch nicht begründen lassen. Der Miether wird also namentlich dann, wenn er durch eine ihm an der Expropriationsentschädigung zu gewährende Nutzung nicht ausreichend entschädigt werden kann und deshalb nach §. 11 des Enteignungsgesetzes eine besondere Entschädigung hätte beanspruchen können, eS stch selbst zuzuschreiben haben, wenn er seine Rechte nicht gewahrt hat. Ein Anspruch an den Verpächter oder Vermiether wird ihm nicht zustehen, 'b«) Koch, R.d. F. 932. Vergl. über ältere Anstchten Glück B. 17 S. 479fg. Furcht vor heranziehendem Feinde, vor einer Epidemie, vor Gespenstern (Stryck, de jure spectrorum §. 26).

'") §. 384. d. T. 158) §. 387. d. T. Vergl. Entsch. B. 7 S. 147, bei Seuffert II. 38. XII. 22. 265. Entsch. B. 56 S. 180. Strieth. B. 66 S. 1. (Benutzung der gemietheten Wohnung zu einem unstttlichen Gewerbe). Auch Mißbrauch des eigenmächtig an­ genommenen Unterpächters. Strieth. B. 23 S. 28. Dagegen nicht schon, wenn der Pächter einer im Vertrag übernommenen Verbindlichkei,t zuwiderhandelt. Entsch. B. 15 S. 498. Rechtssälle B.3 S. 138. Strieth. B. 47 S- 328. Es kommt darauf an, ob objektiv die kontraktwidrige Benutzung als Mißbrauch auf­ zufassen. Eine Modifikation des §. 387 durch §. 477. d. T. bei Landgüterpacht. Darüber unten bei Note 304f. Striethorst B. 50 S. 89. — 1. 3. C. IV. 65 si male in re locata versatur. 1. 54. §. 1. D. XIX. 2. Nov. 120. c. 8. u. c. 3. X. III. 18. 159) So auch im röm R. 1. 3. C. IV. 65.

Koch, S. 927 a. E.

238

Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

17. Auch in dem Falle, wenn der Vermiether oder Verpächter nach der Natur seines Dispositionsrechts, kraft dessen er die Sache verpachtet oder vermiethet hat, nur zeitweise berechtigt war über die Sache zu verfügen, kann mit Eintritt des Endtermins vom Rechtsnachfolger die Beendigung des Vertrags beansprucht werden; aber nach besonderer Vorschrift muß auch dieser Nachfolger dem Miether und Pächter gesetz­ mäßig kündigen""). — A. Eigenthümlich dem A.L.R. ist, daß wie überhaupt bei Verträgen so auch bei Pacht und Miethe die verwei­ gerte Erfüllung des einen Theils dem andern das Recht des Rück­ tritts giebt, und zwar vor und nach der Uebergabe"'). Es darf jedoch, wenn bereits übergeben, die Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens über die Erheblichkeit der Weigerung durch den Rücktritt nicht abge­ schnitten werden'"). Der Zurücktretende muß kündigen, und bis zur Auflösung gilt der Vertrag'"). — 1. Der Zinsrückstand zweier voller Termine berechtigt den Vermiether und Verpächter, vor Ab­ lauf der bedungenen Zeit zu kündigen""). — Der Miether und

160) §§. 388 389. d. T. Bergt, übrigen» §. 264. I. 11. Da» Ende de» Berttag« muß aus der Beschaffenheit des DiSpositionSrechtö entspringen. Vgl. Entsch-. B. 52 S- 148. Striethorst B. 97 S. 304. Der Ehemann ist nur so lange berechtigt, das Grundstück seiner Fran zu vermiethen oder zu verpachten, als sein Nießbrauch dauert. Nach der Trennung der Ehe kann daher die Ehefrau kün­ digen. Präj. 770. (Samml. 1 S. 127.) Entsch. B. 25 S. 138.145. Strieth. B. 8 S. 351, B. 78 S- 305. Abweichend aber nicht richtig für den Fall, daß während der Ehe dem Mann der Nießbrauch aberkannt worden, im schles. Arch. B. 6 S. 511. S. hierüber Koch, Note zu § 388, der die letztere Entsch. für die richtigere hält, weil Verpachtung eine Veräußerung sei, zu welcher der Ehe­ mann berechtigt gewesen, und die daher fortwirken müffe. Aber die Verpachtung ist nur zeitweise Veräußerung des Nutzungsrechts, nicht der Sache, und kann daher nur so lange wirken, als der Veräußerer der Nutzungsberechtigte ist. Das Beispiel der Verpachtung eines Vormundes paßt nicht, denn dieser verpachtet für den Mündel, nicht für sich, wie der Ehemann. Andere Beispiele, die unter §§. 388. 389 fallen: Entsch. B. 33 S. 383 B. 35 S. 74. (Pfarrer als Ver­ pächter des Pfarrackers). 161) §. 391. d. T.

re-) §. 392. d. T.

Oben §. 87 H. b. Bd.I. S. 598.

163) §§'. 393. 394. d. T. 164) §.298. d. T. Zwei volle Termine. Strieth. B. 44 S-287. Diese Bestim­ mung beruht auf einer Entscheidung der Ges.Kommiff. v. 15. Febr. 1782. (Klein, Ann. V. 103.) Bei mangelnder culpa? vgl. Strieth B. 25 S. 72. Es wird mit der gesetzlichen Frist gekündigt. Präj. 1574. (Samml. 1 S. 124.) Entsch. B. 31 S. 420. B. 34 S. 161. Strieth. B. 24 S. 18. Dagegen Koch S. 925 Anm. 23 und daS Reskr. v. 30. Aug. 1806. N. C. C. XII. 741 Annahme und Anbieten späterer Zahlung für die fällige Miethe hebt daS Rücktrittsrecht nicht auf, aber Annahme von Vorauszahlung späterer MiethSraten widerspricht ihm, überhaupt jede Handlung, die das Miethverhältniß thatsächlich fottsetzt. Entsch. B. 32 S. 365. Strieth. B. 21 S. 164, B. 38 S. 125, B. 45 S. 14, D. 62 S. 184. Bd. 85 S. 304 R.G. bei Gruchot D. 24 S. 473. Die Verabredung einer Konventionalstrafe für verzögerte Miethzahlung beseitigt dieses Kündigungs­ recht nicht. Ebenda B. 57 S. 24. S. auch R- Koch in der Anw.Zeit. 1865 N. 51 Sp. 801 u. D.G Z. 1866 N. 1. Im gemeinen R. ist streitig, ob ein

§. 136.

Die Sachenmiethe und Pacht.

239

Pächter darf, wenn die Sache vor der Uebergabe freiwillig an einen Dritten veräußert worden, sofort vom Vertrage zurücktreten, ohne erst zu kündigen, aber auch ohne dann eine Schadloshaltung beanspruchen zu können'"). — 1. Wie der Konkurs des einen oder anderen Theils auf bestehende Pacht- und Miethverhältnisse einwirkt, ist früher er­ örtert '"). — fi. Endlich können besondere Bedingungen der Aushebung oder des Rücktritts verabredet werden'"). Im Allgemeinen ist zu bemerken, daß wenn auf Verlangen des Vermiethers der Miether im Laufe einer Miethsperiode (Monat, Viertel­ jahr) abgehen muß, er auch für die Zeit vom Anfang derselben keinen Zins zu zahlen hat, daß er aber zur vollen Zahlung verpflichtet ist, wenn er den Besitz noch ganze Miethperioden gegen den Willen des Ver­ miethers fortgesetzt hat'"). Das folgt aus dem Satz, daß die Zins­ schuld, in Raten bedungen, erst fällig wird mit Ablauf jeder einzelnen Methsperiode. Die Znteressesorderung des Vermiethers und Ver­ pächters wird dadurch nicht berührt, sie hat ihre eigenen Voraussetzungen und bleibt bestehen, mag Zins zu zahlen sein oder nicht"').

165) 166) 167)

168) 169)

zweijähriges Nichtzahlen erforderlich sei. Koch, S. 923f. Seusfert II. 172. Vorgänger der im A.LR. adoptirten Ansicht sind Böhmer, exerc. ad. Fand. III. 476. Bommel, rhaps. II. obs. 254.1. 54. §. 1. 1. 56. I). XIX. 2. Nov. 120. c. 8 und c. 3. X. III. 18. Wenn Pachtkaution bestellt ist, so ist ein Rück­ stand nur das, was die Kaution nicht deckt. Heuser V. 182. (So allgemein hingestellt, ist das gewiß nicht richtig.) KompensationSeinrede: Seusfert XB. 23. 88. 361. 362 d. T. Oben B. 1 S. 884. Z. B. daß der Vermiether sofort zurücktreten sann, wenn der Zins nicht pünktlich gezahlt wird. Das O.Trib. hat behauptet, eine solche Verabredung sei ein aecessorischeS Recht zu dem Anspruch auf ZinSentrichtung, daher von diesem nicht trenn­ bar, und nicht mehr auszuüben, wenn letzteres cedirt worden. Entsch. B. 24 S. 106. Gegen Koch (Note zu 8-392) und Dernburg II. §.173 Anm. 4 muß diese Entscheidung für richtig gehalten werden. Der Rücktritt hat die Be­ deutung einer Konventionalstrafe. S. oben B. 1 S. 737. Dagegen Strieth. B. 45 S. 14. — Durch Annahme von Abschlagszahlungen auf spätere Raten wird auf das bedungene Rücktrittsrecht verzichtet. Präj. 1472. (Samml. I. S 124. Strieth. B. 85 S. 305. Ebenso durch jedes andere Verhalten, das den Fort­ setzungswillen bezeugt. Der andere Theil darf nicht unter dauernder Kündigungs­ gefahr bleiben. Strieth. B. 91 S. 88. S. auch oben Note 164. Beispiele über die Wirksamkeit besonderer Verabredungen: Strieth. B. 2 S 312, B. 6 S. 337. Entschuldigungsgründe: vgl. Strieth. B. 25 S. 72. Ist für eine be­ stimmte Art der Nichterfüllung Kündigung innerhalb der Dertragözeit bedungen und geschehen, aber erfolglos geblieben, so kann sie nicht für eine andere Art der Nichterfüllung fortwirken, wie mit Recht Cremer bei Gruchot VIII. 224 an­ nimmt. Bei Seusf. XIV. 134 ist willkürlich angenommen, daß die aus säumige Zinszahlung gestellte Aufhebung des Vertrages nicht statthaft ist, wenn die Zah­ lung in kurzer Zeit nachher erfolgt ist. (Lübeck.) §§. 334. 335 d. TKoch, R. d.F. S. 912fg.

240

Zweites Buch. Die besondere» Privatrechte.

IV. Verlängerung (relocatio) ,7°). Wenn die Parteien ein ab­ gelaufenes Pacht- und Miethverhältniß ausdrücklich verlängern, so ist dies ein neuer Vertrag, der nach seinem eignen Inhalt auszulegen ist, und auf den die Sicherungsrechte des älteren auch nur durch neue aus­ drückliche Vereinbarung übertragen werden können'7'). Dagegen bietet die stillschweigend vollzogene Verlängerung besondere Momente der Erörterung. Solche stillschweigende Verlängerung tritt ein, wenn der Miether und Pächter nach Ablauf der Zeit noch im Besitz bleibt und Handlungen vorliegen, aus denen eine Einwilligung des Vermiethers und Verpächters in die Fortsetzung des Rechtsverhältnisses gefolgert werden sann17 * *2), * *174 *z. B. wenn der Verpächter nach der Erklärung des Pächters, sortsetzen zu wollen, vierzehn Tage lang nicht widerspricht, wenn vom Pächter oder Miether fernere Zinszahlungen angenommen werden'72). Ohne Einfluß ist, ob im Vertrage die Beendigung aus einen gewissen Termin gesetzt, oder durch den Eintritt eines Ereigniffes bestimmt worden'7'). Die Wirkungen einer schon erfolgten Kündigung können aber durch stillschweigende Verlängerung nicht ausgehoben wer-

>’°) §§. 325—331. d.T. Koch, R. d. F. III. 890 f. ”') §. 325 d. L. „ausdrücklich". In Betreff der Bürge» und Pfänder 1.13 §. 11. D. XIX. 2. 1. 5. 16. C. IV. 65. Das gesetzliche Pfandrecht des BermietherS (f. unten Note 206 f.) überträgt sich von selbst auf die Relokation, weil die Illation fortdauert. 172) §. 325 d. T. Die Verlängerung der Miethe oder Pacht wird erst bindend, wenn Seitens des BermietherS dergleichen Handlungen vorliegen: bis dahin kann der Miether, der den Besitz fortgesetzt hat, abgehen. Bornem. IV. 312f Code a. 1738: Si le preneur reste et est laisse en possession. Oesterr. G.B. §. 1114 stimmt mit dem Code überein. m) §§. 326. 327 d. T. Ersterer §♦ erwähnt nur der Pacht, letzterer der Pacht und Miethe; Koch, R. d. F. III. 892 bezieht ersteren nicht auf Miethe, auch weil, wie im Komm, gesagt ist, die Ungleichheit der Verhältnisse des Pächters und Miethers die Analogie ausschließt. Auch Bornemann IV. 341, der nachweist, daß die Materialien hierüber keine Auskunft geben, und die Gesetzrevisoren, P. XIII. 92 beziehen §. 326 nur auf Pacht, Ersterer, weil der §. eine Abweichung von den bei stillschweigenden Willenserklärungen gellenden Grundsätzen enthalte und daher strikt interpretirt werden müsse, letztere, weil nur der Pächter nöthig habe, im Voraus Einrichtungen für den künftigen Frnchtbezng zu treffen. Da­ ist aber wohl zu viel behauptet. Trotz der Ungleichheit der Rechte und Pflichten eines Pächters und eines Miethers gelten doch die meisten Regeln für sie gemein­ sam. Ein innerer Grund, §. 326 nicht analog auf Miethe anzuwenden, ist kaum vorhanden. — Die Erklärung des Pächters, fortsetzen zu wollen, muß nach Ab­ lauf der Pachtzeit geschehen. Präj. 1438. (Samml. I. S. 125.) Abweichend Strieth. B. 48 S. 229. — Die Annahme (§. 327) setzt voraus, daß die Zahlung vom Dermiether und Verpächter als Zins für die spätere Zeit nach Ablauf des Kontrakts angenommen worden. Dies wird bei Vorauszahlung immer der Fall sein, bei Nachzahlung kann aber die Einwilligung in die Verlängerung ausgeschlossen werden durch die Erklärung des BermietherS, daß er die Zahlung auf sein In­ teresse verrechne. Koch, Komm, zu tz. 327. S. auch ein Erk. deS Kammerger. in der jur. W.Schr. 1840 S. 281. 174) §. 336. d. T.

§. 136.

beit175).

241

Die Sachenmiethe und Pacht.

Die stillschweigende Verlängerung gilt in der Regel ein Jahr

lang575), oder auf die Dauer der im Vertrage festgesetzten Zeit577), oder bei Pacht von Landgütern und in gewisse Brachen eingetheilten Stadt­ äckern auf die ganze Wirthschaftsperiode 575). Sie setzt sich aber in gleicher Weise immer fort, wenn die Bedingungen der stillschweigenden

Verlängerung, das Verbleiben im Besitz und einwilligende Handlungen,

fortbestehen.

Hat es dem Vertrage an der nöthigen schriftlichen Form

gefehlt, so kann die stillschweigende Verlängerung ihn nur wieder soweit erhalten, als es zuerst die erfolgte Uebergabe vermochte575). V. Rechtsmittel. Es wurde oben ausgeführt, daß Pacht und Miethe nach preußischem Recht zwischen den Parteien selbst ein Vertrags­

verhältniß, aber auch ein gegen Dritte wirksames dingliches Recht erzeu­

gen, wenn entweder das Recht in das Grundbuch eingetragen oder die Hiernach sind die

Uebergabe der Sache unvollständigen Besitz gegeben.

Klagerechte zwischen den Parteien persönliche, des Pächters und Miethers gegen Dritte dingliche555). Da jeder von beiden Theilen selbständige Rechte und Pflichten hat, so hat auch jeder gegen den andern eine selbstän­

dige Klage581), und da es in der Natur dieses Rechtsgeschäfts liegt, daß der Verpächter und Vermiether zuerst zu leisten hat, so kann er sein

l,s) Das A L R- enthält hierüber keine Bestimmung; die Praxis stimmt dem Text zu, Präj. 104. (Sammt. I. 125). Entsch. B. 34 S. 167. Strieth. B. 2 S. 118 B. 22 S. 188, B. 78 S. 184. "°) §. 328. d. T. Auch nach rSm. R. 1.13 §. 11 D. XIX. 2 bei der Pacht, wenn auch die ursprüngliche Verabredung auf eine längere Periode lautete. UnterHolzner II. 324. Note k. Seusfert II. 285. Ueber die angebliche Anwend­ barkeit dieses Gesetzes auf die Verhältnisse des Ackerbaues in Deutschland s. Glück B. 17 S. 279 f. DaS A.LR. unterscheidet hier nicht zwischen Pacht und Miethe und scheint dabei Pufendorf observ. I. 135 gefolgt zu feilt. Von den praediis urbanis (also der Miethe) sagen die Römer (1.13 tz. 11 eit. in f.): alio jure utimur, ut prout quisque habitaverit, ita et obligetur. S. hierüber Dangerow III. S. 468f. Glück B. 17 S. 285f. I7T) §. 329. d. T. Hier ist zwar nur die Rede von einer verabredeten längeren Periode; aber auch bei kürzerer als einjähriger Zeit kann die Verlängerung nur so viel, wie die ursprüngliche Periode, begreifen, Koch, R. d- F III., 893. V.O. v. 9. Januar 1812 (Ges.S. S. 4). Das muß auch gelten bei der Miethe beweg­ licher Sachen zu einem bestimmte» Zweck. Besser die Bestimmung im österr. G.B. §. 1115. ,re) §. 330. 331. d. T. Entsch. B. 43 S. 175. Strieth. B. 38 S. 159, B. 43 S. 175. Bergl. Stryck, us. mod. XIX. 2. §. 73 Lauterbach, coli. XIX. 5. §. 9. Cocceji, jus. contr. XIX. 2. qu. 2. Westphal §. 905. ”’) Präj. 493. 1259. (Samml. 1 S. 123 ). Koch S. 894f. ArnSb. Arch. B. 9 S. 125. Striethorst B. 6 S. 143, B. 48 S. 229. Entsch. B. 42 S. 168. Ist ein auf ein Jahr gütiger Miethvertrag stillschweigend verlängert, und gilt er dem­ gemäß wieder auf ein Jahr, so kann das Verhältniß nicht innerhalb dieses Jahre« durch Kündigung zum Ende gebracht werden. iw) Diese Klagen werden dem Miether nach gemeinem R. versagt. Seuffert VI. 261. Doch f. oben Note 16. Auch zwischen den Parteien ist die Klage aus dem dinglichen Recht nicht ausgeschlossen; regelmäßig genügt aber die persönliche Klage. lel) Oben B. I. S. 547. Sörfter, Preuß. Pliv-iuichl. II. 4. Aust.

16

242

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Klagerecht nur dann gebrauchen, wenn er zu beweisen vermag, daß er seine Verbindlichkeit erfüllt hat. Ein Erbieten zur Erfüllung Zug um Zug macht die Klage nicht zulässig, selbst nicht in dem Fall, wenn abweichend von der Natur dieses Vertrages von den Parteien verabredet worden, daß der Zins in Vorauszahlungen zu leisten, denn auch hier bleibt die Zinsschuld die Nachleistung und die Uebergabe, die Erfüllung des uti frui licere muß vorangegangen sein'"). — Mit der actio locati klagt der Vermiether und Verpächter auf Zah­ lung des Zinses mit Verzugszinsen. Der Fälligkeitstag interpellirt, ohne daß es einer Mahnung bedarf""). Ferner auf Ersatz des Schadens, den die Sache durch die Unwirthschaftlichkeit oder Nachlässigkeit oder den vertragswidrigen Gebrauch erlitten hat, wobei je nach dem Grade des Verschuldens entweder nur der wirkliche Schaden oder das Interesse zu fordern ist'"). Außerdem geht die Vertragsklage auf Rückgabe der Sache nach Ablauf der Zeit oder der Kündigungsfrist, oder auf Entsetzung aus dem Besitz, wenn die Rückgabe verweigert, verzögert wird, oder der Vermiether gesetzlich Grund hat, die Aufhebung des Rechtsverhältniffes vor Ablauf der Zeit und ohne Kündigung zu verlangen'"). Ob die Entsetzungs- oder Exmissionsklage nur als Vertrags- oder auch als eine dingliche Klage auszufassen, kann nach der Ausführung der fr. Auflagen zweifelhaft sein. „Wird", so hieß es, „die Entsetzung beantragt während der Vertragszeit, so ist sie Vertrags­ klage, denn diese dient auch zur Aushebung des Vertrages'"), und so­ lange das Recht des unvollständigen Besitzers nicht beseitigt ist, weicht er keinem Andern, selbst nicht dem vollständigen Besitzer oder Eigen­ thümer. Dieser hat also so lange keine dingliche Klage'"). Wird sie aber angestellt, weil der Miether und Pächter wider den Willen des Vermiethers und Verpächters die Sache über die Vertragszeit hinaus

182) Oben B. 1 S. 853 Note 46 und die Bemerkung * auf S. 852. Daß nicht wirk­ sam verabredet werden könnte, daß der Miether auch noch vor Uebergabe der Miethösache zur Nutzung den MiethSzinS zu zahlen habe, ist nicht aufrecht zu er­ halten, wenn auch die bloße Abrede der MiethSpränumeration dahin zu interpretiren ist, daß erst nach Uebergabe der Sache vor der wirklichen Nutzung zu zahlen ist. Oben Anm. 47. Die Pränumeration der Miethe hat aber stets den Cha­ rakter einer Borschußleistung, insofern demnächstige Nichterfüllung deS Vertrages wegen zufälliger Unmöglichkeit die Rückforderung begründet. 183) Oben B. 1 S. 8O8f. 184) Oben B. 1 S. 823 f. 185) A.G.O. I. 44 §. 36fg. A.L.R. I. 21. §§. 387. 332. I. 7. §. 144. S. bei Gru chot VIII. 224, wo gegen eine unrichtige Entscheidung richtig ausgeführt ist, daß in Folge einer auö einem bestimmten Grunde erfolgten Kündigung die Räumungs­ klage nicht aus einem anderen Grunde angestellt werden kann.

186) S. oben §. 126 Note 46. 187) I. 7. §. 169.

Arg. 1. 29. D. XIX. 1.

§. 136.

Die Sachenmiethe und Pacht.

243

behält, so kommt in Betracht, daß er von da an nicht mehr unvoll­ ständiger Besitzer, sondern nur Inhaber, Verwalter einer fremden Sache ist, und daß den bloßen Inhaber derjenige, in dessen Namen er besitzt (d. h. inne hat), aus eigener Macht zu allen Zeiten entsetzen, d. h. gegen ihn possessorisch klagen kann"'). Und man wird, wenn derVermiether und Verpächter Eigenthümer der Sache ist, seiner Entsetzungs­ klage selbst den Charakter der Vindikation nicht absprechen dürfen"'). Daraus ergiebt sich, daß diese Klage eine gemischte Natur hat, und daß diese Mischung sich insofern nach dem Umstand scheiden läßt, ob sie vor oder nach Ablauf der Vertragszeit angestellt wird, als im letzteren Fall die Klage als possessorische und als petitorische angestellt werden kann, im ersteren Fall auf den Vertrag sich gründet." Diese Aus­ führungen können insofern nicht aufrecht erhalten werden, als §. 169. I. 7. gewiß nicht dazu nöthigt, eine als dingliche Klage angestellte Exmissionsklage als eine persönliche anzusehen. Aus jener Bestimmung folgt nur, daß die dingliche Klage, wenn das Miethsrecht als fortbe­ stehend anzusehen ist, durch eine Einrede erledigt wird, gerade wie in demselben Fall auch die Vertragsklage nicht durchdringen kann. Nach Ansicht des Herausgebers kann die Klage in jedem Fall als persönliche Klage angestellt werden, ebenso aber auch in jedem Falle, wenn der Vermiether überhaupt dinglich berechtigt ist, nicht eine fremde Sache vermiethet hat, als dingliche Klage. Dieselbe Klage kann sich gleichzeittg auf beide Klagegründe: aus das Rechtsverhältniß des Eigenthums in Verbindung mit dem Besitz des Beklagten und auf das durch den Ver­ trag begründete Rechtsverhältniß stützen. Der Eigenthumsklage tritt die Einrede des Miethsrechts als Einrede gegenüber, und Kläger replicirt mit den Thatsachen, nach denen das Miethsrecht beseitigt ist, während er bei der Vertragsklage aus diesen Thatsachen die obligatorische Ver­ bindlichkeit der Rückgabe herleitet"'). — Vom Uebergang der Klagerechte des Vermiethers und Verpächters aus seine Erben und aus seinen Sin­ gularrechtsnachfolger ist bereits oben die Rede gewesen"'). — Der Miether und Pächter hat gegen die Klagen seines Vermiethers und Ver­ pächters insbesondere folgende Einreden: gegen die Zinsklage die Einre­ den aus der Gewährleistung (wegen nicht gehörig erfüllten Vertrages), der "') I. 7. §. 144. '”) 1.15. §. 1.

19°) Eine praktisch« Wichtigkeit kann die Frage, ob die Klage als persönliche oder ding­ liche angestellt ist, dann erlangen, wenn der beklagte Mether oder Pächter sein Recht während des Prozesses an einen Andern abgetreten, die Sache snblocirt hat. Da« gemeine Recht betrachtet jedenfalls nur die Objekte dinglicher Klagen als res litigiosae, vgl. Windscheid B. I. §. 125 bei Anw. 4. Im preußischen Recht kann der Begriff nicht weiter bemessen werden. S. oben Anm. 100.

"*) Dgl. oben bei Anm. 75.

Kompensation wegen Gegenforderungen, und der Pächter eines Landguts die Einrede der Ermäßigung (Remission)'"), welcher durch die Replik der eigenen Verschuldung am Minderertrage'") oder der Entsagung'") be­ gegnet werden kann; gegen die Klage auf Rückgabe oder Entsetzung hat der Pächter die Einrede der Retention wegen der auf die Sache ge­ machten Verwendungen, und zwar gegen den Verpächter und deffeu Singularsuccessor; wegen anderer Ansprüche aus Vergütigung aber so­ weit diese vor dem Suecessionsfall eingetreten, nur gegen den Ver­ pächter, soweit solche nach dem Suecessionsfall eingetreten, gegen den Succefsor'"). Der Miether hat die Einrede der Retention nicht, son­ dern darf nur die Zinszahlung am letzten Termin weigern, wenn er Ersatz für Verwendungen erreichen will'"). Ueber die Statthaftigkeit der Einrede des Eigenthums gegen die Vertragsklage ist oben §. 118 gehandelt'"). Das A.L.R. giebt hierüber keine Vorschrift. Wenn Koch'") ihre Unstatthaftigkeit auf Grund des römischen Rechts ohne Einschränkung und wie es scheint auch für das preußische Recht be­ hauptet, so geht dies zu weit. Daß endlich der Pächter und Miether eine Einrede aus der Verletzung über die Hälfte nicht hat, ist auch schon erwähnt'"). Mit der actio conducti klagt der Miether und Pächter auf Uebergabe der Sache in brauchbarem und nutzbarem Zustand, aus Gewähr­ leistung für den fortgesetzten Gebrauch und Genuß, auf Schadenersatz'"), Erstattung der Verwendungen, welche zur Erhaltung der Substanz noth­ wendig oder nützlich gewesen, oder welche er gemacht hat, um die Sache in brauchbaren Zustand zu versetzen, auf Erstattung der Auslagen für 192) Darüber unten, Text bei Note 324 f.

193) §. 478.

d. L.

194) §. 510.

d. T.

195) §. 396. d. T. I. zu §. 396 d. T. Rückzahlung der Die Kaution ist 196) §. 397.

20. §. 547. Dergl. oben B. 1 §. 119 Note 33. -Koch, Note Konnexität: SeufsertVI. 28.149. —Wegen des Rechts auf Pachtkaution besteht kein Retentionsrecht. Strieth. B. 94 S. 19. erst nach Rückgabe des Pachtobjekts rückzahlbar.

Siehe hierüber B. 1 S. 907.

39T) Oben B. 1 S. 901. Nach sächs. G.B. §. 1227 ist die Einrede des Eigenthums nur gestattet, wenn der Miether schon zur Zeit der Abschließung des Vertrages Eigenthümer gewesen, und nicht Umstände vorliegen, unter denen man seine ei­ gene Sache miethen oder pachten kann. S. auch §. 1184 das. Der bair. Entw. Art. 431 gestattet dem Miether die Einrede, daß er Eigenthümer sei, wenn sie sofort liquid gemacht werden kann. 198) R. d. F. III. S. 913.

199) Oben §. 127.

Entsch. B. 48 S. 171.

20°) Richtig ist Strieth. B. 16 S. 232 b. angenommen, daß der gemeingewöhuliche Gebrauch oder Nutzen, welchen der Bermiether und Verpächter zu gewähren hat, nicht Gewinn im Sinn des §. 287.1. 5 ist, für dessen Entziehung nur im Fall des groben Versehens Ersatz beansprucht werden kaun.

§. 136.

Die Sachemniethe und Pacht.

245

solche Lasten und Abgaben, die dem Vermiether und Verpächter zu tragen obliegen901). Wenn der Pächter und Miether bei einem nothwendigen Verkauf der Sache vorzeitig hat weichen müssen, so hat er Vergütigung für den aus der Nichterfüllung des Vertrages entstehenden Schaden von dem Vermiether und Verpächter zu fordern "09). Bei der Entziehung des Miethrechts wegen eines nothwendigen Hauptbaues richtet sich der Um­ fang der Schadloshaltung, die dem Vermiether obliegt, nach dem Grade seines Versehens2Ü3)Außer den Klagen bedarf besonderer Sicherungsmittel der Miether und Pächter nicht, weil ihm vorgeleistet wird, und die Vor­ leistung ihn in den Besitz setzt, also hinreichend sichert. Daneben be­ steht die Möglichkeit einer Eintragung des künftig zu erfüllenden Miethsoder Pachtvertrages im Grundbuch aus Grund besonderer Bewilligung des Eigenthümers. Der Vermiether und Verpächter bedarf dagegen besonderer Sicherung, weil ihm nachgeleistet wird90'). Die Bestellung einer Kaution zwar kann der Verpächter nicht aus dem Gesetz ver­ langen, sondern sie muß ausdrücklich bedungen werden und wenn nicht ausgemacht ist, daß sie nur für einzelne Verpflichtungen des Pächters

20 •) Oben bei Note 45 bis 71. 202) §. 355. d. T. Dgl. Entsch. B. 76 S. 307. Strieth. B. 95. S. 135. Für den Fall des Verkaufs aus der Konkursmasse vgl. noch K.O. §. 21. Die vorzeitige Beendigung in Folge gerichtlichen Verkaufs ist etwas schlechthin von dem Ver­ pächter zu Vertretendes, kein casus mixtus. Die Beschränkung der Vertretungs­ verbindlichkeit auf den wahren Schaden in Entsch. B. 76 S. 307 ist nicht zu rechtfertigen, der Vermiether hastet auch für den entgangenen Gewinn aus dem uti frui. 203) §§. 364. 365. d. T.

1. 30. pr. 35. D. XIX. 2.

204) Sequestration ließ die Praxis des früheren Rechts gegen den Pächter nicht zu, nicht einmal wegen Forderungen aus dem Pachtverhältniß zu Gunsten des Ver­ pächters; sie war nur zulässiges ExekutionSmittel gegen den Eigenthümer des Grundstücks. Gegen eine ministerielle Verfügung entschieden vom O.Trib. Entsch. B. 6 S. 212 auf Grund deS §. 110fg. I. 24 A G O. sAnderS bei Nießbrauch und Erbpacht (§§. 141.142.204. I. 21, welches ausdrückliche Ausnahmen finbj. Vgl. übrigens gegen diese Praxis Koch Prozeßordnung zu §. 116 I. 24 A.G.O. Die Eivilprozeßordnung §. 754 geht davon aus, daß der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderung alle in Ansehung der Ausübung veräußerlichen Rechte unter­ worfen sind. Daraus geht hervor, daß das Mieths- und Pachtrecht eines zur After-Vermiethung oder -Verpachtung Berechtigten mit der Wirkung der Anordnung einer Verwaltung gepfändet werden kann. Ob auch dann, wenn die Sublo­ kation unstatthaft ist, eine Verwaltung vom Gericht angeordnet werden kann, ist nicht zweifellos. Die Ausführungen gegen die Zulässigkeit einer Sequestration nach älterem Recht stützten sich zum Theil auf die Unzulässigkeit der Sublokation. Vgl. Striethorst B. 41 S. 360. Aber der Verpächter kann gewiß nicht wider­ sprechen, wenn der Pächter das Grundstück durch einen von ihm bestellten Ver­ walter administriren läßt. Es kann deshalb aus der Unzulässigkeit der Subloka­ tion auch kein Einwand gegen die Zulässigkeit einer vom Gericht angeordneten Verwaltung des Pachtrechts entnommen werden. Man muß das Pachtrecht inso­ fern auch bei ausgeschlossener Sublokation als in Ansehung der Ausübung ver­ äußerlich ansehen.

246

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

hafte, ist anzunehmen, daß sie sämmtliche Ansprüche aus dem Pachtver­ hältniß sichern soll. Sie ist ein Kompensationsobjekt für den Ver­ pächter'"^. Der Verpächter und Vermiethcr hat aber ein gesetzliches Pfandrecht, über dessen Anfang, Umfang, Natur und Ausübung die Aussprüche der Gesetzbücher Klarheit vermiffen lassen, weshalb auch die Praxis theils berichtigend theils selbst ergänzend im Anschluß an das gemeine Recht hat thätig sein müssen806). In der älteren Theorie des gemeinen Rechts wurde das Pfandrecht des Vermiethers an den eingebrachten eigenen Sachen des Miethers und an den gewonnenen Früchten des Pächters von Einigen als quält« fizirtes Retentionsrecht aufgefaßt, so daß es nur durch Zurückhaltung der Sachen wirksam werde8"8); die neuere Theorie gab nach der herrschen­ den Ansicht dem Vermiethcr und Verpächter eine Hypothek an den Sachen vom Moment der Einbringung und an den Früchten vom Moment der Absonderung, so daß ihre Veräußerung nur mit der Last der Hypothek geschehen konnteAber die Praxis hielt theilweise noch an der älteren Ansicht fest8"'). Der gleiche Streit herrschte im preußischen Recht. Das A.L.R. giebt dem Vermiethcr und Verpächter wegen seines Zinses und anderer Forderungen „die Rechte eines Psandgläubigers"""); die A.G.O. sprach von einem „Zurückbehaltungsrecht"8n) und an einer anderen Stelle sagte sie: den Psandgläubigern find „gleich zu achten""8) Diejenigen, welche dem Gemeinschuldner ein Grundstück vermiethet oder verpachtet haben. An Stelle dieses letzteren Ausspruchs ist demnächst die preuß. Konk.-Ordn. getreten, welche bestimmte „mit den Fauftpsandgläubigern 205) §. 19. d. T. Dagegen ist auch der Verpächter nach §. 20 berechtigt, bei wahr­ scheinlicher Besorgniß eines Mißbrauch- auf Bestellung einer Kaution zu klagen. S. auch Heuser V. 182. — Wegen des Rechts auf Rückzahlung der Kaution vgl. noch oben Anm. 195. 2os) ueber gemeines Recht f. Glück B. 18 S. 428. Dangerow I. S. 967. (6. A.) und jetzt besonders Dernburg, Pfandrecht I. S. 294 §. 36. Für preuß. Recht Lenz, Studien und Kritiken. 1847. S. 115 fg. Koch übergeht den Gegenstand im Recht der Forderungen, und bespricht ihn nur kurz im Pr.R. I. S. 617 (§. 367), ausführlicher im Kommentar. — S. oben B. 1 S. 912 Note 43. Mit dem Dermiether hat ein gleiches Recht der Gastwirth, §. 455. II. 8. AL.R., jedoch bezieht sich das nur auf dessen Forderung für Quartier und Bewirthung, nicht auf an­ dere Ansprüche an den Reisenden, z. B. für Auslagen. Bergl. KO. §. 41 Nr. 5 vgl. §. 33 Nr. 5 der Pr. Konk.O. 207) Glück B. 18 S. 422. Unter den Neueren Sintenis, Pfandrecht S. 467. ros) S. bes. Dernburg Pfandrecht!. S. 296. 1. 4. D. XX. 2. Eo jure utirnur, ut quae in praedia urbana inducta illata sunt, pignori esse credantur, quasi id tacite convenerit. Bergl. 1. 4. D. II. 14 1. 6. D. XX. 2. 209) Z B. Lübeck bei Seuffert IV. 210. Dresden in der Zeitschrift f. RechtSpfl. u. Derw. in Sachsen, 1840. B. 3 S- 454. 210) §. 395. d. T. 2n) A.G.O. I. 44. §§. 56-58. 60. 212) A.G.O. I. 50. §. 382 a. Daö credantur in 1. 4. D. XX. 2.

§. 136.

Die Sachenmiethe und Pacht.

247

haben gleiche Rechte Vermiether und Verpächter wegen des Zinses und anderer Forderungen aus dem Mieth- und Pachtverhältniß"213).

Daraus sind verschiedene Ansichten entwickelt.

Das Obertribunal läßt

ein Pfandrecht entstehen durch die Einbringung der Sachen und die Gewinnung der Früchte und sieht darin, daß der Vermiether oder Ver­ pächter die Fortschaffung zuläßt, ohne zu retiniren, ein Wiedererlöschen

des Pfandrechts'").

u. A.

Dem sind beigetreten Bornemann'"), Koch'")

Dagegen wird von anderer Seite behauptet, die Jllation gebe

nur einen Pfandanspruch, ein Psandgewinnungsrecht, also einen Titel

zum Pfandrecht, dessen Vollendung zu einem dinglichen Recht noch des

Modus bedürfe, der in der Besitzergreifung, der Retention liege.

Gärtner'"), Korte2"), Jakobi'") und besonders Lenz'").

So

Zuge­

geben muß werden, daß die letztere Auffassung mit der Theorie des A.L.R. von der Entstehung eines dinglichen Rechts übereinstimmt'"), und daß die Wortfaffung der oben erwähnten Aussprüche ihr nicht entgegensteht.

Trotzdem wird der Ansicht des Obertribunals

sein.

der Vorzug zu geben

Das hat sie jedenfalls für sich, daß sie mit der damaligen ge­

meinrechtlichen Theorie und zwar gerade derjenigen Schriftsteller, die bei der Redaktion besonders benutzt sind, übereinstimmt222); aber sie

widerspricht auch nicht der Theorie des A.L.R. über den Bildungs­

prozeß des dinglichen Rechts. Der Modus kommt nur in Betracht, wenn er das dingliche Recht kennbar machen soll, der Besitz, die Ein­ tragung hat nur diesen Zweck; giebt das Gesetz allgemein jedem Ver­ miether und Verpächter ein Pfandrecht an den eigenen Sachen und an

den Früchten des Miethers und Pächters, und tritt die äußere That­ so ist die Kennbarkeit für Jedermann Die Kennbarkeit hört aber auf, sobald die

sache des Einbringens hinzu,

genügend

vorhanden.

2") Prruß. Koak Ordn. §. 33 Nr. 4. s,‘) Entsch. B. 1 S. 27. Präj. 740 («Sammt I. S-127). Strieth. B. 7 S. 253. Daß das Pfandrecht schon durch die Jllation entsteht, nicht erst durch Ausübung des Rückbehaltungsrechts ist in dauernder Praxis sestgehalten: Dgl. Entsch. B-6 S. 92, B. 42 S. 174, B. 72 S. 407. N-O.H.G. B. 6 S. 282 und R.G. bei Gruchot B. 25 S. 460. Vgl. auch Entsch. in Strafsachen B. 3 S. 58. 215) Civ.R. IV. 328. 216) Kommentar Note 5 zu §. 395. d. T. 21T) Bei Gans, Beitr. I. 485f. 218) Arnöb. Archiv V. 104. 219) Jurist. Wochenschr. 1836. S. 239. 1840. S. 344. 1843. S. 152.

220) Studien und Kritiken, 1847. S. 115fg. 221) Oben B. 1 S. 137. 222) Hellfeld, jurispr. for. §. 1097. Dafür spricht auch 1. 11. §. 2. D. XX. 4 obligatur ex eo, quod inducta res est. ES ist kein innerer Grund, diesen Satz auf vertragsmäßig bestelltes Pfand zu beschränken. Gesterding, Pfandrecht S. 98. Der n bürg Pfandrecht I. S. 304.

248

Zweiter Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Sachen von dem vermietheten Gmndstück fortgebracht find, und darum ist es richtig, hierin, d. h. in der Nichtausübung der Retention, ein Auf­ geben oder Erlöschen des Rechts zu sehen, wie andererseits das heimliche oder gewaltsame Fortschaffen, überhaupt das Fortschaffen wider Willen'") des Vermiethers das Recht nicht aufhebt'"). Also: der Vermiether und Verpächter hat von dem Moment der Einbringung an den eigenen Sachen des Miethers und Pächters, und von dem Moment der Entstehung an den Früchten des verpachteten Grundstücks ein wirkliches Pfandrecht'"), welches er geltend machen kann wegen aller'") Forderungen aus dem Mieth- und Pachtverträge, und zwar während "’) und nach Ablauf der Vertragszeit, welches er aber an allen denjenigen Sachen verliert, die aus dem vermietheten oder verpachteten Gmndstück mit seiner ausdrück­ lichen oder stillschweigenden Zulassung sortgebracht worden. — Während die preußische Konkursordnung diese Bestimmungen auch für das Kon­ kursrecht im Wesentlichen acceptirte, hat die Reichskonkursordnung'") dieselben nicht ohne eine erhebliche Umgestaltung übernommen. Sie stellt in Ansehung der bei der Konkurseröffnung noch aus dem Grund­ stück befindlichen Früchte des Gmndstücks und eingebrachten Sachen dem Faustpsandgläubiger als absonderungsberechtigt gleich den Ver­ pächter wegen des laufenden und rückständigen Zinses und wegen aller anderen Ansprüche aus dem Pachtverhältniß; den Vermiether dagegen nur wegen des laufenden'") und des für das letzte Jahr vor der Er223) Nicht gleichbedeutend mit ohne Willen und Wissen.

224) Entsch. B. 19 S. 288, B. 92 S- 207. Vergl. auch Präj. 401. (Sammt. I. S. 127.) Strieth. B. 6 S. 43, B. 11 S. 81, B-15 S. 303, B. 42 S. 176, B. 91 S. 307, B. 95 S. 186. R.O.H.G. B. 6 S. 290. Vgl. unten Anm. 230 bezüglich des in diesen Entscheidungen insbesondere behandelten Falls der dazwischen getretenen Konkurseröffnung. 225) Strieth. B. 60 S-278. 226) Auch nach gemeinem R. 1. 2. D. XX. 2. Dernburg Pfandrecht I. S. 299. Zeitschr. f. Rechtspfl. und Verw. in Sachsen, B. 9 S. 262. 227) Entsch. B. 6 S. 92, bes. S. 100 f. Aber vor der Fälligkeit seiner Forderung an den Miether kann er das Pfandrecht nur durch die Retention geltend machen. Pr. Anw.Z. 1866. S. 104.

228) R.K O. §. 41 Nr. 2. u. 4. 229) Als „ laufenden" Zins will v. Wilmowöki (Anm. 7 zu §. 41 K.O.) nur den Zins für die Zeit nach Eröffnung des Verfahrens (cf. §. 52 Nr. 2 K O.) an­ sehen, als rückständig nur den für das letzte Jahr „vor Eröffnung deö Verfahrens" rückständigen Zins (cf. §. 54 Nr. 1 K. O.). Auf die Zweifelhaftigkeit der Aus­ legung ist schon dem Gemeinschuldordnungsentwurf gegenüber aufmerksam gemacht von EcciuS in Lehrend und Dahn's Zeitschrift B- 8 S. 63. Danach ist von der Vorkommission statt „aus dem letzten Jahre" gesetzt „für das letzte Jahr". Da­ durch ist eine der früher möglichen Deutungen auSgeschloffen. Zwei bleiben mög­ lich. Indessen schon der Umstand, daß die so sorgfältig redigirte Konkurs­ ordnung hier andere Ausdrücke braucht als §§. 52. 54, spricht gegen die Deutung v. W.'S. Gegen dieselbe ist aber auch noch des Folgenden geltend zu macken:

8 136.

Die Sachenmiethe und Pacht.

249

Öffnung des Verfahrens rückständigen Zinses sowie wegen anderer Forde­ rungen aus dem Miethsverhältnisse,

in Ansehung der noch auf dem

Grundstücke befindlichen"") eingebrachten Sachen"').

Nur insoweit,

als hier ein Absonderungsrecht anerkannt ist, hat demnächst das Aus-

sührungsgesetz zur Konkursordnung vom 6. März 1879 "2) für das Ver­

hältniß

zu anderen Gläubigern ein Vorzugsrecht aufrecht

erhalten.

Darüber hinaus — also wegen des mehr als einjährigen Zinsrück­

standes bei der Miethe und wegen des künftig erwachsenden Miethsund Pachtzinses kann nur noch gegenüber dem Miether und Pächter selbst ein Retentionsrecht geltend gemacht werden; ein dem Dritten gegen­

über wirksames Pfandrecht besteht nicht, selbst dann 'nicht, wenn der Vermiether oder Verpächter dem abziehenden Miether oder Pächter

gegenüber das Retentionsrecht thatsächlich ausgeübt hat und ihm danach

der Gewahrsam der Sachen belassen ist -").

Nur durch

ausdrückliche

Einräumung der belassenen Sachen als Faustpfand oder durch Pfän­

dung wird hier eine Erstreckung der Rechte möglich sein. Der Asterverpächter und Astervermiether hat das gleiche Recht

gegen seinen Unterpächter und Untermiether"'), dem Hauptverpächter und Hauptvermiether versagte es aber gegen die Letzteren die preußische Das Absonderungsrecht wegen des Zinses für die Zeit nach der Konkurseröffnung, für welche der Bermiether Maffengläubiger ist, wäre bedeutungslos und wunder­ lich. Die Motive führen ferner die Bestimmung auf eine Reihe von Konkurs­ gesetzgebungen zurück, in denen der Ausdruck laufender Zins die Bedeutung hat: der feit dem letzten vertragsmäßigen oder gesetzlicheu Zahlungstermin laufende Zins der bei der Konkurseröffnung angefangenen und noch nicht vollendeten Pacht- oder Miethsperiode. In demselben Sinne kommen nach §. 54 Art. 2 Preuß. Konk.O. bei der Subhastation als laufende Hypothekenzinsen die Zinsen der bei Einleitung der Subhastation und während des Verfahrens laufenden Zinsperioden und als zweijährige Rückstände, die Zinsen der dem Beginn jener Zinsperiode vorangehenden zwei Jahre in Betracht, wie dies ausdrücklich §. 59 Preuß. Konk.Ordn. vorschreibt. — Außerhalb des Konkursverfahrens ist „ laufend" bei „ ent­ sprechender " Anwendung der zur Zeit der Pfändung laufende Zins. 230) Waren die Sachen vor der Konkurseröffnung heimlich oder gewaltsam aus der MiethSwohnung oder dem Pachtgrundstück entfernt, so ging die Praxis, welche sich an den ähnlichen Wortlaut des §. 395.1.11. A.L R. anschloß — (vgl. oben Anm. 224) von einem Fortbestehen deS Pfandrechts als eines im Konkursverfahren zu berücksichtigenden aus. Auf denselben Standpunkt stellten sich die Motive zur Konkursordnung. Der Satz kann aber als begründet nicht anerkannt werden. Die Konkursordnung läßt die Möglichkeit nicht offen, im Konkurse ein dingliches Recht an den nicht mehr in der MiethSwohnung oder dem Pachtgrundstück be­ findlichen Sachen nur deshalb anzunehmen, weil der Locator das Recht hat, zu verlangen, daß die Sachen wieder zurück gebracht werden. Die weiter gehende Absicht der Motive ist nicht zum Gesetz geworden. Freilich standen die gleichen Sätze bereits der Praxis seit der Preuß. Konk. Ordn, entgegen. Vergl. auch Anm. 251.

231) Ob die eingebrachten 'Sachen pfändbar sind, — vgl. oben B. I. §. 110 — ist gleichgiltig. Bgl. Anm. 241. 232) In §. 7.

233) Das bloße Belassen des Gewahrsams begründet kein Faustpfandrecht.

234) Entsch. B. 8 S. 292.

250

Zweite» Buch.

Praxis"').

Die besonderen Privatrechte.

Das gemeine Recht gab es auch diesem"').

Nach der

Konkursordnung sind die Jllaten des Asterpächters jedenfalls nicht als Gegenstände des Pfandrechts des Hauptverpächters anzusehen. Dieses gesetzliche Pfandrecht kann nicht selbständig von dem Ver-

miether einem Dritten abgetreten werden, aber nach preußischem Recht geht es auch ohne besondere Session auf den Singularsuccessor über"').

Es erstreckt sich auf die eigenen Sachen des Miethers und Päch­ Das A.L.R. und das

ters, regelmäßig also nicht auf fremde Sachen"').

235) Entsch. B. 1 S. 160. Das O.Trib. stützt fich auf §. 318. d. T., der dem Hauptvermiether nur ein Arrestrecht auf den Zins des Aftermiethers zugesteht. Direkt wurde dadurch der Satz nicht bewiesen. Lenz S. 159 motivirte ihn richtig dadurch daß zwischen dem Hauptvermiether und Astermiether keinerlei DertragSverhältniß bestehe. Koch, Komm. Note zu tz. 395 wollte dagegen aus tz. 74. I. 20 das Pfandrecht deduziren, wonach dem Gläubiger, dem der Schuldner eine fremde Sache verpfändet hat, jedenfalls das dingliche Recht, welches dieser auf die Sache hat, haftet — also: daö Pfandrecht des AftervermietherS haste auch dem Haupt­ vermiether, und nach den Schlußworten der Dekl. v. 21. Juli 1846 feien dem Pfandrecht auch die Sachen unterworfen, die der Miether und Pächter ohne Ein­ willigung des Eigenthümer- zu verpfänden befugt ist. Ein Ausspruch des O.Trib. nach der Dekl. ist noch nicht bekannt geworden. Für Koch'S Ansicht spricht allen­ falls, daß das gesetzliche Pfandrecht des Astermiethers dem Hauptvermiether gewiß verafterpfändet werden kann. Aber nach dieser Ansicht wären doch nicht die Jllaten des Aftermiethers verpfändet, sondern das Pfandrecht des Aftermiethers an diesen, und die deutsche Konkursordnung statuirt jedenfalls nur ein Absonderungsrecht an den Jllaten selbst, nicht an einem gleichsam inferirten Pfandrecht an den Jllaten eines Andern. Bezüglich der Früchte des Pachtgrundstücks aber, das in Afterpacht gegeben, vgl. Anm. 250. 236) Die herrschende Meinung fand es bis zum Betrage des AfterzinseS direkt ausge­ sprochen in der 1.11. §. 5. D. XIII. 7. (Bangerow I. 969. Dernburg, Pfandrecht I. 306. Sohm, die Lehre vom subpignus. 1864 S. 97f. Bekker in der krit. Dierteljahrschr. VI. 487 f ). Der dagegen erhobene Widerspruch von Trotsche, das Derpf.R. des Pfandgläub. (dem Derf. nicht zugänglich gewesen) und Huß in der Zeitschr. f. C.R. u. Pr. XVII. S. 424 hat keinen Anklang ge­ funden. Die Interpretation der zweiten Hälfte der Stelle ist deshalb schwierig, weil sich nicht mit Sicherheit bestimmen läßt, ob die Worte hoc convenisse auf ein stillschweigendes Abkommen zwischen dem Eigenthümer und Aftermiether, oder zwischen dem Eigenthümer und Hauptmiether, oder zwischen dem Aftervermiether und Aftermiether zu beziehen, und ob unter den Worten sed sua propria (pactio) das eine oder andere Abkommen zu verstehen. Als die richtigere Interpre­ tation erscheint aber die: „es scheint aber stillschweigend auch (et) mit dem Eigen­ thümer das vereinbart zu sein (nämlich vom Aftermiether), so daß nicht (ut non, nicht ne) der Vertrag zwischen dem Aftervermiether und dem Aftermiether dem Eigenthümer nützt, — aus dem er an sich ein Pfandrecht nicht erwerben könnte, — sondern sein eigenes stillschweigendes Abkommen (mit dem Aftermiether)." Die Annahme zweier stiller BerpfändungSverträge ist freilich etwas künstlich. DaS Pfandrecht des HauptvermietherS an den Jllaten des AftermielherS ist aber nur ein Afterpfandrecht, abhängig von dem Pfandrecht des AftervermietherS. Sohm S. 99f. Bon den älteren Juristen hat Walch, controv. jur. civ. p. 430, das Pfandrecht des EigenthümerS an den Sachen des Astermiethers bestritten. Dergl. auch Seuffert III. 48. (Dresden). 237) Denn der Käufer tritt in das Verhältniß des BermietherS als Gläubiger voll­ ständig ein. §. 358. d. T. Oben Note 76. 338) Dekl. v. 21. Juli 1846 (Ges.S. S. 326).

Schon vorher hatte das O.Trib. sich

§. 136.

Die Sachenmiethe und Pacht.

251

Reichsrecht gehen weiter, als das gemeine Recht, welches ein solches an

den eingebrachten Sachen des Pächters nicht sentit 239 * * ). *240 * * *241 Aber 242darin 243 stimmt wieder das A.L.R. mit diesem überein, verpfändbare Sachen verpfändet sind.

daß

alle eingebrachte

Das A.L.R. hat hier keine neuen

Unterscheidungen aufgestellt2"), und selbst solche Sachen sind nicht aus­ genommen, die sonst nicht Gegenstand einer Zwangsvollstreckung sein

dürfen2").

Nach der Ansicht der früheren Auflagen kann als einge­

bracht nur eine Sache angesehen werden, die bestimmt ist, in der Woh­

nung oder auf dem Grundstücke zu verbleiben, wie es auch das römische Recht in den Worten ut ibi sint ausdrücke.

Daraus ist die Folgerung

gezogen, daß die Sachen, die der Miether und Pächter an seiner Person braucht und trägt (Kleider, Wäsche), oder die in sich die Bestimmung haben, nicht behalten zu werden (baares Geld, Waaren, die zum Ver­ kauf feil gehalten werden), nicht verpfändet sind2"). Gegen diese Ansicht

hat sich die Praxis ausgesprochen2") und, wenn der Unterschied im preußi­ schen Recht keine Begründung findet, so steht ihm das Reichsrecht geradezu

entgegen. — Schulddokumente sind nicht als inferirte Sachen anzusehen: denn nicht sie, sondern nur die durch sie bewiesenen Forderungen sind durch

Aushändigung der Urkunde verpfändbar, und diese Forderungen sind

239)

240) 241)

242)

243)

dafür entschieden. Entsch. B. 1 S. 158, B. 4 S. 1 (Pl.Beschl.). Gegen die Be­ gründung des Pl.Beschl. Koch, Beurth. S. 37. Pr-R. I. S. 608 Note 17. Kom­ mentar Note 66 zu §. 80. I. 20. Das gemeine Recht stimmt überein- 1. 20. pr. D. XIII. 7. 1. 2. C. VIII. 16. Hellfeld, jurispr. for. §. 1087. Westphal, Versuch einer systemat. Erört. des Pfandrechts, 3. A. 1860. §. 102. Dernburg Pfandrecht I. S. 303. Im corpus Juris wird das gesetzliche Pfandrecht an eingebrachten Sachen nur bei praedia urbana erwähnt, bei einem praedium rusticum muß eS bedungen werden. Bangerow I. 967. 968. Dernburg Pfandrecht I. S. 297f. Siehe 1.4. 6. D. XX. 2. 1. 4. D. II. 14. 1.198. D. L. 16. Ein prinzipieller Grund, hierin Miether und Pächter verschieden zu beurtheilen, existirt nicht, daö röm. R. hat bei dem Pächter nur das Pfandrecht nicht vollständig entwickelt. Der Ver­ pächter eines praedium rusticum sicherte sich durch Kaution. 1. 14. D. 20. 6. I. 53. D. XIX. 2. 1.52 §.2. 1. 58. D. XLVI. 1. Dernburg S. 308. 310f. und S. 312 über die scheinbar widersprechende 1. 5 C. IV. 65. Ueber das Pfandrecht an den Früchten f. unten S- 253. S. hierüber Ergänzungen bei Nr. 8 zu §. 395. Koch, Komm, zu §. 395. Weil sie durch Vertrag verpfändet werden können. Ges.-Rev. XIII. XIV. S. 111. Bornemann IV. S. 335. S. auch Cocceji j. civ. contr. XX. 2. qu. 16. Glück S. 416. Bon Aelteren war dagegen Lauterbach, coli. th. pr. XX. 2. §. 113 u. A. 1. 32. D. XX. 1. 1. 7 §. 1. D. XX. 2. Der Gegensatz ist das ad tempus ibi esse, s. 1.44 de leg. III. Vgl. Koch Note zu tz. 395. Pufendorf, observ. II. 29. Dernburg S. 301. 302, der in Betreff der Kleidungsstücke jedoch a. M. 1. 44. 79 §. 1 de leg. III. Die 1. 34. pr. D. XX. 1 entscheidet, daß die zur Zeit des Todes des Miethers in der taberna befindlichen merces als verpfändet gelten sollen. S. über diese Stelle Huschke, Zeitschr. f. Civ.R- u. Proz. B. 20 S. 199. Dgl. R.O.HG. B. 4 N. 65, B. 6 S. 284, B. 21 S. 129 Strieth. B. 95 S. 186.

252

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

nicht eingebracht'"). Außer den eigenen Sachen des Miethers und Päch­ ters sind ferner diejenigen dem Pfandrecht unterworfen, welche er ohne Einwilligung des Eigenthümers zu verpfänden befugt ist"'). Der Grund ist klar: was ausdrücklich verpfändet werden darf, kann auch stillschweigend verpfändet werden. Daraus wird mit Recht gefol­ gert, daß aus die in die Ehe gebrachten (inserirten) Sachen der Ehe­ frau, die sich in der Wohnung des Ehemannes befinden, das Pfandrecht sich erstreckt"'); aber es wird nicht richtig daraus gefolgert, daß dies ebenso bei dem durch Vertrag vorbehaltenen Vermögen der Frau der Fall sei"'), denn wenn auch die Veräußerung solcher Sachen durch den Mann nicht wie bei gesetzlich vorbehaltenen geradezu nichtig ist, sondern der Frau nur die Vindikation zusteht'"), so folgt doch gerade daraus, daß der Mann hier nicht befugt ist zur Veräußerung oder Verpfän­ dung, wenngleich das Veräußerungsgeschäst als solches giltig ist. Das Reichsrecht sagt nicht ausdrücklich, wem die inserirten Sachen gehören müssen. Handelt es sich um ein Konkursverfahren über das Vermögen des Pächters, so kommen nur die diesem gehörigen Gegenstände als Objecte eines Absonderungsrechts in Betracht, denn der Eigenthümer der sonst noch als Pfand hastenden Sachen ist ja nicht im Konkurse. Mit dieser Motivirung ist die Ausnahme des ausdrücklichen Satzes der Preuß. Konk.Ordnung, daß ein Absonderungsrecht auch bezüglich derjenigen Sachen bestehe, die der Miether ohne Einwilligung des Eigenthümers zu verpfän­ den befugt war, abgelehnt. Die Mehrheit der Kommentatoren der Kon­ kursordnung"') nimmt deshalb an, daß im Konkursverfahren über das Vermögen des Eigenthümers solcher Sachen ein Recht auf abgesonderte Befriedigung nicht geltend zu machen sei und daß die Sachen zur Gömeinmaffe ihres Eigenthümers gezogen werden müßten. Aber das haben 244) A. M. Lenz S- 141. Vergl. dagegen Bornemann IV. 336. S. Dernburg Pfandrecht I. S. 302, der auch Inhaberpapiere nicht verpfändet sein läßt. Diese Ansicht hat Dernburg Privatrecht I. §. 364 Anm. 11 zurückgenommen. Er erklärt hier für unzweifelhaft, daß sich das Pfandrecht daraus erstrecke. 245) Dekl. v. 21. Juli 1846. Auch nach gemeinem Recht, also wenn der Eigenthümer zur Verpfändung seine Zustimmung gegeben, welche in dem Fall 1. 2. C. VIII. 14 als stillschweigend ertheilt angenommen wird. — Weiter aber geht das gesetzliche Recht nicht. Dem Vermiether steht namentlich nicht auf solche Sachen ein Re­ tentionsrecht zu, die er für Sachen des Miethers zu halten Anlaß hatte. Entsch. B. 83 S. 23. Die reputed owner-ship des englischen Rechts mit ihren Konse­ quenzen ist dem preußischen Recht fremd.

246) Präj. 1734 und Rechtsfälle B. 2 S. 125. 24T) Striethorst B. 19 S. 94. Das Obertribunal behauptet, daß die im Text ausgesprochene Ansicht ohne Grund sei, giebt aber für die eigne Ansicht selbst keinen Grund.

248) §. 250. II. 1. 249) So v. WilmowSki, Stieglitz, v. Sarwey, — a. M. v. Bölderndorsf zu §. 41 K.O. Petersen verweist etwas unklar auf ein eiugreifendes AussonderungSrecht. Allerdings wird der, welcher dem Miether eine Sache, geliehen hat, um sie durch Jllation dem Bermiether zu verpfänden, die Aussonderung aus der

§. 136.

Die Sacheumiethe und Pacht.

253

die Motive nicht sagen wollen, und das Gesetz sagt es nicht. Auch in diesem Falle liegt ein Anspruch eines Verpächters oder Vermiethers auf inferirte auf seinem Grundstück befindliche Sachen vor, und der Umstand, daß der Kridar aus dem Vertrage nicht persönlich sondern nur dinglich mit der inserirten Sache hastet, ist nicht geeignet, die Un­ anwendbarkeit der Bestimmung der Konkursordnung darzuthun. — Ueber das Pfandrecht an den Früchten bestimmt das A.L.R. nichts, gleich­ wohl hat es die Praxis im Anschluß an das römische Recht und von der Annahme ausgehend, daß das Gesetzbuch die Sicherheiten des Ver­ pächters nicht habe schmälern wollen, sestgehalten, und die preußische wie die Reichs-Konk.Ordnung haben diese Praxis bestätigt. Das neuere preußische Recht geht aber weiter, als das römische, denn es unterwirft auch die noch unabgesonderten, auf dem Halm stehenden Früchte diesem Pfandrecht"-). — Was die Wirksamkeit des gesetzlichen Pfandrechts des Vermiethers nnd Verpächters gegenüber den Auspfändungen im Jntereffe anderer Gläubiger des Miethers und Pächters betrifft, so hat der Verpfänder oder Vermiether als nichtbesitzender Pfandgläubiger nicht das Recht der Pfändung zu widersprechen und die Fortnahme der Sache durch den Gerichtsvollzieher zu verbieten, er kann nur ein Recht auf Vorwegbefriedigung aus dem Erlöse der gepfändeten Sache geltend machen"'). — Wird von dem Vermiether gegenüber dem Miether das

Konkursmasse des Miethers verlangen können, — aber diese» AuSsonderungSrecht geht den Vermiether nichts an. In anderen Fällen kann von einem AuSsonderungsrecht wohl überhaupt nicht die Rede sein.

25°) Entsch. B. 6. S. 92. Striethorst B. 15. S- 303. Lenz S-144. Jetzt Sons.» Ordn. §. 33. Nr. 4. 1. 7. pr. D. XX. 2. I. 61. §. 8. D. XLVII. 2. 1. 3. §. 1. D. L. 8. Aus 1. 24. §. 1. 1. 53. D. XIX. 2. wird gefolgert, daß der Verpächter nur an den geernteten Früchten da» Pfandrecht hat. Glück B. 18 S. 447. Dernbnrg Pfandrecht I. S. 309fg. Der innere Grund dafür (denn jene Stellen beweisen es nicht direkt) soll sein, daß der Pächter erst durch Perzeption das Eigen­ thum erwirbt. Dieser Grund ist selbst nach röm. Recht bedenklich (unten Note 333), fällt aber nach preuß. Recht gewiß weg- I. 9. §. 221. Aber wie steht eS hier bei der Afterpacht? Der Asterpächter kann da» Eigenthum der Früchte nur ebenso erwerben, als der Afterverpächter, sein Autor, d. h. beschwert mit dem Pfand­ recht des Eigenthümer», weil diesem alle Früchte haften. Bei Parzellen-Afterpacht kann fich der Eigenthümer sogar an die Früchte einer Parzelle zur Deckung des Zinse» für daS ganze Grundstück halten, denn solida res obligata est. Derubürg a. a. O. S. 311. 1. 24. §. 1. D. XIX. 2. Auch der Asterverpächter hat nach preuß. R. und jetzt nach Reichsrecht da» Pfandrecht an den Früchten — in der gemeinrechtlichen Theorie ist es zwar bestritten worden (z. B. Hufe land, Civ.R. I. §. 799. Thibaut §. 788), heute aber wohl die herrschende Meinung. Bangerow a. a. O. S. 969. Dernburg a. a. O. S. 309. A. A. Seuffert, Pand. I. S. 271. Note 5. 251) AuSf.G. v. 6. März 1879 §. 7; Civ-Pr.O. §. 710. Ueber das ältere Recht vgl. die abweichenden Ansichten in J.M.Rescr. v. 9. Juli 1839 (JMBl. 264) Borne­ mann IV. 339, fernerEntsch. B. 6 S. 100, B. 42 S. 176, Striethorst B. 6 S. 43. — Cretschmar Arch. f. cid. Pr. B- 64 S. 308 versucht darzulegen, daß die retinirbare Sache bereit» im Gewahrsam und Besitz des Vermiether» sei. Der

254

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Retentionsrecht geltend gemacht, wenn der letztere die der Pfandhaft unterliegenden Gegenstände entfernen will, so beschränkt sich das Recht des Vermiethers aus soviel als zur Bezahlung der schuldigen Miethe

nöthig

ist.

Mr den Fall der Verpachtung fehlt es

an einer ent­

sprechenden Vorschrift"').

VI.

Insbesondere die Landgüterpacht"').

Ueber diese enthält

das A.L.R. sehr ausführliche Vorschriften und fast verliert es hier den Charakter eines Gesetzbuchs und nimmt den eines landwirthschastlichen

Lehrbuchs an, so daß es schwierig ist, den juristischen Inhalt dieser Vorschriften herauszuziehen.

griff des Anschlags.

Von besonderer Wichtigkeit ist hier der Be­

Unter einem Anschläge wird ein der Vereinba­

rung der Parteien zu Grunde gelegtes Verzeichniß verstanden, in wel­ ches die dem Pächter zur Nutzung überlaffenen Gegenstände, also die einzelnen Grundstücke nach Maß und Ertragsfähigkeit,

die einzelnen

Berechtigungen und Hebungen, die einzelnen Stücke des todten und

lebenden Inventariums, sowie die von dem Gute zu entrichtenden Ab­ gaben und Lasten ausgenommen werden"').

Er bietet eine genaue An-

Nachweis ist aber nicht gelungen. Wenn derselbe Autor eventuell ein Vorrecht des Vermiethers leugnet, weil mit der Pfändung die Sache aus der Miethswohnung, dem Pfandgrundstück regelmäßig entfernt werde, ohne daß der Locator dies hindern könne, und weil dann bei späterer Geltendmachung des Retentionsrechts als Vorrecht die gesetzliche Voraussetzung des Vorhandenseins der res retinenda im fundus locatus fehle, so hat er sich bereits selbst entgegen gehalten, daß eine entsprechende Anwendung des §. 41 K.O. zu der Frage führe, ob nicht der Augen­ blick der Pfändung der entscheidende sei. Er leugnet dies. Aber die von ihm vermißte Analogie besteht allerdings. Der Zeitpunkt der Konkurseröffnung fixirt daö Rechtsverhältniß aller Konkursgläubiger zum Absonderungsberechtigten, ebenso fixirt der Zeitpunkt der Pfändung die Rechtsstellung des pfändenden Gläubigers zu demselben. — Wird eine heimlich aus der Wohnung oder dem Grundstück entfernte Sache demnächst für einen andern Gläubiger gepfändet, so wird diesem gegenüber der Vermiether nach dem in Anm. 230 Gesagten ein Vorrecht nicht geltend machen können. 252) Dgl. oben §. 119 Anm. 40 (Bd. I. S. 912). Anh. §. 302 zu §. 60 L. 44 A.G.O. Nach dem Reskript vom 8. Febr. 1839 (Iahrb. B. 53 S. 141) sollte die Polizei vorbehaltlich der richterlichen Entscheidung ein Interimistikum reguliren. ES han­ delt sich dabei um Regelung eines einstweiligen Zustands bezüglich des streitigen Rechtsverhältnisses, ob alle oder nicht alle Pfandsachen zu retiniren find, zur Ver­ hinderung der dem Miether aus der Entziehung von mehr Sachen als nöthig ent­ springenden wesentlichen Nachtheile, also um einen Gegenstand einstweiliger Ver­ fügung deS Gerichts. C.P.O. §§. 819. 820. — Die materiell rechtliche Bedeutung des Anh. §. 302 erkennt auch daS Reichsgericht bei Gruchot B. 24 S. 475 an, — ohne daß indessen hier das Verhältniß zur Eivilprozeßordnung zu erörtern ge­ wesen wäre.

a53) §§. 399-625. d. T. Koch, R. d. F. III. S. 935. PrivR. II. 483. Beseler, PrivR. III. S. 200. — Hagemann, Handb. des Landwirthschaftsrechts. 1807. S. 667. Häberlin, Lehrb. des LandwirthschaftSrechtS. 1859. 350fg. Blomeyer, Pachtrecht und Pachtverträge. Ein Handbuch des preuß. und sächs. Pacht­ rechts. 1873. Ueber den Begriff deS Landguts f. oben bei Am. 26 ff.

Hagemann, Landwirthschaftsrecht S. 634. §§. 350. 351. Beseler III. 202. Häberlin S. 351. A.L.R. I. 21. §§. 408. 413. 422. 425. 429. 1.11. §. 212.

§. 136.

Die Sache»miethe und Pacht.

255

gäbe des Umfangs des Pachtrechts, der Einnahmen und Ausgaben von

demselben, und fixirt die gegenseitigen Verpflichtungen der Parteien der­ gestalt, daß, was im Anschlag nicht ausgeführt ist, vom Pächter nicht

zu beziehen, aber auch nicht zu leisten, vom Verpächter nicht zu ver­ treten, aber auch nicht zu fordern ist.

Wenn der Anschlag der Pach­

tung nicht bloß zur ungefähren Information des Pächters, sondern in der Absicht, seine Angaben zu vertreten, und

danach

die Rechte und

Pflichten aus dem Vertrage zu bemessen, zu Grunde gelegt worden, so ist es eine Anschlagspachtung.

Fehlt es an dem Anschläge ganz,

oder soll er nur zur Information dienen,

Pausch und Bogen'").

so ist es eine Pacht in

Ob das eine oder andere anzunehmen, be­

ruht auf Interpretation des Vertrages, und es können bei vorhandenem Anschläge die von den Parteien gebrauchten Worte Pausch und Bogen

nicht immer entscheidend sein'").

Unter Inventarium eines Land­

guts versteht man sowohl die einzelnen todten und lebenden Stücke, welche zur Kultur und Benutzung des Guts bestimmt sind, als auch das

Verzeichniß dieser Stücke'").

Wird das Inventarium dem Pächter zum

Gebrauch übergeben'"), also mit der Verpflichtung zur Rücklieferung

nach beendigter Pachtzeit, so geschieht dies meist, um für die letztere den nöthigen Anhalt zu gewinnen, mit einer Abschätzung der einzelnen '“) §§• 409. 410. 414. 421. 431. 432. d. T. §§. 212. 213.1.11. Entsch. B. 2 S. 328. Koch, R. d. F. III. S. 939. Der Unterschied, ob in Pausch und Bogen oder nach einem Anschläge verpachtet ist, äußert seinen Einfluß nur bezüglich der Berechnung der Entschädigung. Striethorst B. 67 S. 274.

256) Aber wo der Anschlag fehlt, bedarf eS nicht der ausdrücklichen Bezeichnung des Vertrages als in Pausch und Bogen geschlossen. Entscheid. B. 2 S. 329 a. E. Hagemann a- a. O. S. 678. §. 382.

25r) §§. 48-63 I. 2. §§. 415-417. 597. 601. I. 21. S. oben B. 1 S. 109. Note 40. Instrumenta fundi, quae fructus quaerendi, cogendi et conservandi causa parata sunt; v. Langen und Kori, Erörter. III. 7. Zett wach in der preuß. Anw.Zeit. 1865. Nr. 24. Sp. 369, der aber irrt, wenn er den Begriff der Gutspertinenz darin findet, daß ste von dem Gute weder getrennt noch be­ sonders veräußert werden darf. Jede Pertinenz ist trennbar und veräußerlich. Der Erbkux und das Mitbaurecht waren substantielle Bestandtheile des Gutes, Rechtseigenschaften desselben. Oben B. 1 S. 123 Note 34. S. 125 Note 40. Das Inventarium muß unter Mitwirkung des Pächters errichtet werden. Seuffert XL. 231. Dgl. auch B. I. S. 254. 258) Es kann ihm auch zum Eigenthum oder als eifern übergeben werden, d. h. so, daß er die freie Verfügung über die einzelnen Stücke erhält, aber gleichviel und gleichgut zurückgewähren muß. §§. 474. 475. 476. Dann trägt der Pächter die Gefahr. Die Abschätzung hat also im preuß. R. eine andere Bedeutung als im römischen, in welchem nach 1. 3. D. LIL. 2. das aestimatum instrumentum als emtum gilt. Die Verabredung, der Pächter solle nicht daS taxirt übergebene In­ ventar in denselben Stücken, sondern nur in gleicher Qualität und Quantität zurückgeben, überträgt auf den Pächter nicht daS Eigenthum an den einzelnen Stücken und die freie Disposition über dieselben; d. h. die gesetzliche Regel ist, daß der Pächter am Inventar nur den Gebrauch erhält, soll er Eigenthümer wer­ den, so müssen es die Parteien ausdrücklich vereinbaren. S trieth. B. 44 S. 315. Entsch. D. 47 S. 208.

256

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Stücke"'). Nach dieser bestimmt sich die Berechnung, ob bei der Rück­ lieferung Minus-, Plus- oder Superinventarium vorhanden und ob der Pächter zu entschädigen oder Entschädigung zu empfangen hat, oder ob er einzelne Stücke fortnehmen kann. Das Plus- oder Super­ inventarium unterscheidet sich dadurch, daß bei jenem mehr Stücke von derselben Art, bei letzterem bessere Stücke zur Zeit der Rückliefe­ rung vorhanden sind. Das A.L.R. trennt aber diese beiden Begriffe nicht, sondern versteht unter Superinventarium das Plusinventarium'"). Uebernimmt der Pächter das Gut ohne ein Verzeichniß der Inventarien­ stücke, so wird vermuthet, daß er alles erhalten hat, was zur vollstän­ digen Benutzung deffelben erforderlich ist, und nach dieser Annahme muß er zurückliesern'"). Fehlt es dem Verzeichniß nur an den Werths­ angaben, so tritt die Regel ein, daß die Stücke von mittlerer Art und Güte übergeben worden'"). Ueber die Form, welche bei Abschluß der Landgüterpacht zu be­ folgen, ist oben gehandelt"'). Hier sind noch die besonderen gegen­ seitigen Verpflichtungen bei solchen Pachtungen zu erörtern, die den all­ gemeinen Verpflichtungen hinzutreten. a. Verpflichtungen des Verpächters. Er muß übergeben und während der ganzen Dauer der Pacht die unbehinderte Benutzung der Grundstücke und Rechte vertreten. Die unbehinderte Benutzung (das frui Heere), nicht den von der Kultur und Naturbegebenheiten ab­ hangenden Ertrag (die fructus)"*), vertritt er, und zwar entweder an­ schlagsmäßig, so daß der Pächter aus Rubriken, die im Anschlag nicht erwähnt sind, nur insofern einen Anspruch erheben kann, als ohne diese die Benutzung angeschlagener Rubriken nicht möglich ist'") — oder gemeingewöhnlich bei der Pacht in Pausch und Bogen"'). Daraus folgt, daß er den Pächter gegen alle Ansprüche dritter Personen zu ver­ treten hat, die dessen Nutzungsrecht beeinträchtigen und ihn für solche §§. 416. 601. d. T. Beseler III. 203. Mo) Sergi. §§. 472. 473. 601. 602. 606. 607. d. T. 261) §§. 415. 417. d. T. Es wird also vermuthet, daß mit dem Gut auch das erforder­ liche Inventarium verpachtet worden. DaS schließt nicht aus, daß der Pächter das Inventarium kauft und nur das Gut pachtet. Die Rückgewähr wird dadurch wesentlich vereinfacht. HL b erli n S. 353. 362) 263) 264) 265) 266)

I. 5 §. 275. Oben bei Note 29. §§. 418. 430. d. T. §. 408. d. T. tz. 409. d. T. Ist ein verwüstetes Gut wissentlich in Pacht genommen, so steht der Verpächter nicht für die Nutzbarkeit und ist nicht verpflichtet, es in nutzbaren Zustand herzustellen. §§. 275. 276. d. T. Bloße dem Besitzer des Guts zustehende Ehrenrechte, die auf die Nutzung nicht Bezug haben, z. B. Patronat, Kirchen­ stand, nach älterem Recht Gerichtsherrlichkeit, sind nicht Gegenstand der Pacht. §. 410. d. T.

$. 136.

Die Sachenmiethe und Pacht.

257

Schmälerungen entschädigen muß (Eviktionsleistung)'"); daß er ferner die Gegenstände, von denen der Pächter Nutzungen zu ziehen berechtigt ist, in der vertragsmäßigen Beschaffenheit übergebe und erhalte (Ge­ währleistung für Mängel)'"). Ueber diesen Punkt enthält das A.L.R. sehr detaillirte Vorschriften, die es großentheils mit dem Remissions­ anspruch des Pächters zusammenwirst, die aber hier ausgeschieden wer­ den müssen. Das Princip ist: die Existenz der Nutzungsgegenstände in der vertragsmäßigen Beschaffenheit muß fortdauernd gewährt wer­ den'"). Also zunächst das Vorhandensein der einzelnen Rubriken""), das Maß der Ländereien, welches bei der nicht empfehlenswerthen Be­ rechnung nach Aussaat und Ertrag durch die vorher gewöhnliche Aus­ saat und den vorher gewöhnlich gewonnenen Ertrag an Fudern bestimmt wird"'). Die Beschaffenheit und Güte des Grundes und Bodens wird nur bei betrügerisch falscher Angabe vertreten"'). Für Alles dieses giebt der Anschlag den Maßstab. Bei der Pacht in Pausch und Bogen dagegen ist nur die Substanz des Gutes und dessen Zubehörs nicht das Maß oder der Betrag fixirter Hebungen zu gewähren""). Sodann die Erhaltung der Nutzungsgegenstände""). Alle auf die Erhaltung zu verwendenden, vom Pächter nicht verschuldeten Kosten treffen den Ver­ pächter, soweit nicht die Reparaturen und Bauten ohne Störung des Wirthschaftsbetriebs mit den Dienstboten und soweit sie nicht mit den 267) §. 419. d. T- Obschon also der Pächter als dinglich berechtigt gegen den Evinzenten klagen kann, und dem Käufer der Sache nicht zu weichen braucht, so wird doch dadurch die Eviktionsleistung des Verpächters nicht beseitigt. Strieth. B. 44 S-93. Für Eviktion zu haften ist auch, wenn nach geschlossenem Vertrage das Nutzungsrecht in der einen oder anderen Rubrik durch Zufall oder landesherr­ liche Befehle, d. h. also jetzt durch die Gesetzgebung entzogen oder geschmälert wird. §§. 420.421. Z. B. wenn später öffentliche Abgaben dem Pachtgrundstück aufer­ legt werden. Entsch. B. 2 S. 326. Ueber die Berechnung der Entschädigung bei der Pacht in Pausch und Bogen s. Entscheid. B. 30 S. 446. Zur Eviktionsleistung wegen zustehender Berechtigungen gehört ferner die Vertretung der Richtigkeit im Anschlag aufgeführter Zinsberechtigungen. §§. 422. 423. d. T. Dingliche Ver­ pflichtungen, die auf dem Pachtgrundstück lasten, muß sich der Pächter gefallen lassen, weil er nur mit dieser Last gepachtet hat, und der Verpächter hat dafür nicht zu entschädigen, wenn er sie nicht verschwiegen, oder die Freiheit davon ver­ sprochen hat. Striethorst B. 11 S. 333b. Eine Entschädigung für den aufge­ hobenen Mühlen-, Brau- und Branntweinzwang fand nach dem Gesetz vom 28. Oktober 1810 §. 2. Ges.S. S. 95 nicht statt. Bezüglich der Expropriation s. oben Anm. 155. 268) S- oben Note 52.

269) §. 418. d. T.

D. h. für die Dauer der Pachtzeit.

Entsch. B. 39 S. 152.

2T0) §. 408. d. T. 271) §§. 425-428. d. T. Koch, R. d. F. III. S. 938f. Bei Aeckern gilt als ge­ wöhnliche Aussaat der Durchschnitt der letzten 6 Jahre, bei Wiesen ist der ge­ wöhnliche Ertrag der Durchschnitt der letzten 3 Jahre.

272)

429. d. T.

Eine Ausnahme von §§. 325. 326. I. 5.

S. oben Note 56.

273) §. 431. d. T.

274) §. 418. d. THörster, Preuh. Privatrecht. II. 4. Aust.

17

258

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Materialien, die das Gut selbst erzeugt, besorgt werden können"'). Werden solche größere Reparaturen nöthig, so muß der Pächter sofort davon dem Verpächter Anzeige machen, um nicht für den entstehenden größeren Schaden zu hasten"'). Die Pflicht der Gewährleistung hängt nicht davon ab, daß der Mangel vom Verpächter verschuldet worden, auch zufälliger Untergang und zufällige Verschlechterung der Pachtobjekte muß von ihm vertreten werden. Alle zufällige Beschädigungen der Substanz des Gutes und des Inventariums treffen den Verpächter"'). Ohne wissenschaftliches Interesse ist es, diesen vom A.L.R. richtig er­ kannten Grundsatz in das Detail weiter zu verfolgen, letzteres möge daher in der Note Erwähnung finden"'). — Der Anspruch des Pächters 275) §§. 441. 443. 444. 447. d. T276) §§. 445. 446. d. T. 277) §§. 420. 560. d. T. 378) Der Verpächter muß vertreten: den zufälligen Verlust am Viehinventarium mit einer Modifikation beim Schafsterben. §§. 455—461. 513. 514. 515] (vergl. Entsch. B. 56. S. 185); daS Wirthschaftsgeräth §§.466-470; Brand­ schaden an Gebäuden. §§. 524—530; den Besatz der Fischteiche biö zur Hälfte. §. 531. Bei Mühlenpachtungen vertritt der Verpächter den Mangel an Wind, der nicht bloß aus dem Lauf der Natur herrührt, den Mangel oder Ueberfluß an Wasser, der nicht in der Gegend ohnehin gewöhnlich ist (was durch Einrede gel­ tend gemacht werden muß), — vorausgesetzt, daß aus solchen Veranlassungen die Mühle über 14 Tage hat stillstehen müssen, ferner einen solchen Stillstand wegen Reparaturen, wegen Mangels an Mahlwerk, weil die Mahlgäste in Folge von Landplagen und Unglückssällen kein Mahlgut bringen, oder eine neu angelegte Mühle Konkurrenz macht. Alle diese Fälle betreffen die Gewährleistung der an­ schlagsmäßigen Nutzung, des frui licere, haben also mit der RemissionSsorderung (s. unten) nichts gemein, obschon das A.L.R. auch hier fortwährend von Remissio­ nen spricht. Der Pächter der Mühle wird, so weit ihm nicht gewährt worden, also verhältnißmäßig, frei vom Zins, kann auch die Erstattung der nothwendigen Ausgaben für Unterhaltung des Werks und Löhnung der Leute fordern, Ersatz des entgangenen Gewinnes aber nur, wenn der Verpächter durch mäßiges Ver­ sehen den Stillstand der Mühle verursacht hat. S. hierüber oben B. 1 S. 823 a. E. f. Ein voraussichtlicher Stillstand von länger als 6 Monat berechtigt den Müller, vom Vertrage zurückzutreten. §§. 533—552. d. T. Bei Kriegsschäden hat der Verpächter Gewähr zu leisten und deshalb vom Pächter geleistete Ver­ wendungen ihm zu ersetzen für alle Beschädigungen der Substanz des Gutes und des Inventariums, Brandschatzungen und Kontributionen, Naturallieferungen, die der Feind vom Gute genommen oder gefordert, Verpflegung und Beköstigung ein­ quartierter Truppen, Kriegs- und Transportsuhren, die nicht ohne Störung der Wirthschaft haben geleistet werden können, den bei solchen Leistungen erlittenen Verlust an Zug und Zeug, feindliche Exekutionskosten, wenn sie der Pächter nicht durch grobes Versehen veranlaßt hat. Auch hier ist entscheidend, daß der Pächter in dem frui licere gestört worden; diese Störungen bestehen entweder darin, daß die Substanz des Gutes oder das Inventarium ihm entzogen worden, oder daß er mit seiner Arbeit Verwendungen hat leisten müssen, die das Gut treffen, die also dem Verpächter obliegen. Insbesondere liegen Naturalliefernngen immer dem Eigenthümer ob. Rechtspr. I. 134. Für die Entziehung der Substanz des Gutes oder des Inventariums hält sich der Pächter schadlos durch Kürzung des Zinses, die sonstigen Verwendungen und Leistungen müssen ihm vergütigt werden, zum Theil nach Reglements und Taxen. Glaubt er dabei zu kurz zu kommen, so ist ihm gestattet, eine vollständige Administrationsrechnung, welche alle Einnahmen und Ausgaben, namentlich auch alle für die erlittenen Kriegsschäden erhaltenen

§. 136.

259

Die Sachenmiethe und Pacht.

aus Gewährleistung ist auch

hier

an die der letzteren eigenthümliche

kurze Verjährung gebunden, d. h. er muß von dem Zeitpunkt, in welchem

der Mangel hervortritt, innerhalb der Frist geltend gemacht werden und

darf nicht bis zum Ablauf der ganzen Pachtzeit unverfolgt bleiben, wenn diese die Verjährungszeit überdauert'").

aber

dadurch,

daß

er

von

dem

Der Pächter kann sich

Gewährsmangel

vor

Ablauf

des

Jahres""), in welchem dieser hervorgetreten, dem Verpächter Anzeige macht, die Verfolgung seines Anspruchs „nach einem Zeitverlauf" er­

halten'").

Dieser unjuristische Ausdruck bedeutet, daß ihm in diesem

Fall der Ablauf der kurzen Verjährung nicht nachtheilig werden soll,

sondern daß der Anspruch bei der Schlußausgleichung, bei der Rück­ gewähr noch liquidirt werden darf"').

Dem entsprach die Befugniß

des Verpächters, nach erhaltener Anzeige den Pächter zur Anstellung der Klage gerichtlich auffordern zu lassen, um durch zu späte Liquidation

Nachtheil von sich abzuwenden'").

negative Feststellungsklage erreichen.

Jetzt wird er dies Ziel durch eine

Der Pächter hält sich schadlos

Vergütigungen aufführen muß, vorzulegen, und er kann dann Erlaß des Be­ trages, der nach dem Abschluß dieser Rechnung noch zum Pachtzins fehlte, außer­ dem aber noch den Ersatz der für den Verpächter gemachten Auslagen fordern. Auch der Verpächter kann, wenn er nach dem Einkaufspreis vergütigen soll, Rech­ nungsvorlegung verlangen, und der Abschluß entscheidet, ob und wie viel dem Pächter zu vergütigen. §§. 553—593. d- T.

279) Entsch. B. 10 S. 33. Pl.Beschl. B. 35 S. 429.

Koch, R. d. F. III. S. 947.

28°) Ob unter dem Jahr (§. 623. d. T.) das Wirthschaftsjahr, oder das Pachtjahr, oder das laufende Kalenderjahr, oder das volle Jahr von dem Moment, wo der Man­ gel hervorgetreten, zu verstehen fei, ist zweifelhaft. Koch nimmt das letztere an, R. d. F. S. 946, Komm, zu §. 623 d. T., weil es sonst dem Pächter oft unmög­ lich sein würde, noch vor Ablauf des Jahres die Anzeige zu machen, das Ober­ tribunal das Pachtjahr, Entsch. B. 10 S. 42, Strieth. B. 16 S. 232, weil am Ende desselben sich beide Theile durch Abrechnung auszugleichen pflegen. Es wird der letzteren Ansicht beizutreten sein, denn Koch supponirt eine thatsächliche Un­ möglichkeit, die wohl kaum denkbar ist. Allerdings kann der Mangel eintreten so kurz vor Ablauf des Pachtjahres, daß er dem Pächter noch nicht zur Erkenntniß gekommen, dann ist er aber für ihn noch nicht hervorgetreten, und er kann das nächste Pachtjahr zur Anzeige noch benutzen, oder er ist ihm zwar schon im All­ gemeinen bemerklich geworden, aber noch nicht nach seinem Umfang und seiner Wirkung — dann aber ist die Anzeige nicht gehindert, die ja noch nicht die spe­ zielle Liquidation enthalten soll.

281) §§. 623—625. d. T- Diese §§. kommen nur bei der Landgüterpacht zur Anwen­ dung. Entsch. B. 33 S. 77. Sie beziehen sich auch nur auf Mängel der Gewähr­ leistung (d. h. ädilitische Fehler und Eviktion), Präj. 345 (Samml. I. S. 17), nicht wie Koch, R. d. F. III. 946 Note 12 a. meint, bloß auf Fälle der eigent­ lichen Eviktion. 282) Entsch. B. 10 S. 33, B. 35 S. 429. Hat er die Anzeige unterlassen und liquibirt er den Mangel zwar noch vor der Rückgewähr, innerhalb der Verjährungs­ frist, aber nach Ablauf des Jahres, so muß er zwar damit gehört werden (Entsch. B. 10 S. 33), aber der Verpächter setzt ihm die Einrede entgegen, daß er ihn gehindert habe, rechtzeitig den Mangel zu beseitigen (exe. doli). Koch, R. d. F. III. S. 947. 283) §. 624. d. T.

260

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

entweder durch verhältnißmäßige Minderung am Pachtzins oder durch Anrechnung der Verwendungen, welche er gemacht hat zur Beseitigung

des Mangels'"), und ist geschützt durch Retention'").

Dazu tritt bei

einem Verschulden des Verpächters der Anspruch auf das Interesse'"). Der Nachtheil, den er durch den Mangel erlitten, kann durch Kompen­ sation mit dem Pachtzins getilgt werden, wenn die Gegenforderung

fällig und liquid erweisbar ist, während Gleichartigkeit — d. h. Geld

gegen Geld — hier immer vorliegt'"). werden.

Sonst muß besonders geklagt

In Betreff der vom Verpächter zu erstattenden Verwendungen

des Pächters giebt das A.L.R. noch einige Regeln. Ergänzungen des Viehstapels werden, wenn nicht die Versicherungsgesellschaft in der Provinz den Schaden ersetzt, in welchem Fall der Pächter sich an dieser Summe genügen lassen muß, nach dem Einkaufspreis für Stücke gleicher

Art und Güte, nicht nach dem höheren Preise für bessere Stücke, oder nach

dem Taxpreis

des Anschlags'"), Wirthschaftsgeräthe nach

der

Taxe im Anschlag, jedoch mit Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen gewöhnlichen Abnutzung, oder bei fehlender Taxe nach dem Werth der

Stücke zur Zeit des Verlustes, also nicht nach dem Einkaufspreis der

neuen Stücke'"), Kriegslasten,

die aus die Substanz gelegt worden,

nach ihrem Betrag, Naturalleistungen im Kriege, vom Gute gewährt,

entweder nach dem Anschlag oder gemeiner Taxe,

die nicht mit den

Kräften des Guts ausgebrachten Lieferungen aber nach dem Anschaffungs­

preise, Verpflegung einquartierter Truppen nach dem Ansatz in den all­ gemeinen Verordnungen, Kriegs- und Transportsuhren, welche ohne Störung des Wirthschaftsbetriebes nicht haben geleistet werden können, entweder nach dem Betrage der dadurch nöthig gewordenen außerordent­

lichen Verwendung zum Betriebe der Wirthschaft, oder nach dem Preise

vergütigt, zu welchem sie verdungen worden'"). b. Verpflichtungen des Pächters. Durch alle Rubriken soll der Pächter das Gut in nutzbarem Stande erhalten'"), er hat dafür zu sorgen, daß die -Grenzen unverrückt bleiben'"), daß die Be2M) §§. 274. 595. d. T.

285) 286) 287) 288)

§. 396. d. T. Nach den allgemeinen Grundsätzen. Oben B. 1 §. 106. §. 595. d. T. Oben B. 1 S. 684 f. §§. 459-462. 464. d. T.

289) §§. 467-470. d. T. 29°) §§. 560. 562. 563. 564. 565. 567. 568. 569. 572. 573-577. d. T. Bei Senffert I. 208 ist dem Pächter ein Anspruch an den Verpächter wegen Kriegsfuhren nach gern. R. abgesprochen (Mannheim). 2SI) §. 433. d. T.

292) §. 434. d. T. Daraus ist hergeleitet (auch in der fr. Aust.), daß er direkt als Stellvertreter des Berpächter« gegen den Grenzstörer klagen kann. Bergl. Entfch. B. 27 S. 316 a. E. f. Seuffert XIV. 213. Jedenfalls doch nicht kraft eige-

§. 136.

Die Sachenmiethe und Pacht.

261

rechtigungen des Gutes nicht verkürzt werben893), er muß es nach der im Vertrage vorgeschriebenen Art bewirthschaften, und darf wesentliche Aendernngen in der eingesührten Wirthschaftsart, wenn sie über die Pachtzeit hinaus Einfluß äußern, nur mit Einwilligung des Verpächters vornehmen9"). Hieraus ergiebt sich im Einzelnen Folgendes: die Wirthschastsgebäude sind in Dach und Fach, die Dämme, Teiche (nicht Deiche)8"), Wege, Brücken, Verzäunungen, Gehege, Mühlen, Wafserleitungen in gutem Stande zu erhalten und deren Ausbessemngen zu übernehmen, soweit diese mit den Materialien des Guts und mit den Arbeitskräften desselben aus geführt werden können. Der Pächter hat auch in dieser Weise, sofern es ohne Störung des Wirthschaftsbetriebs möglich ist, den Verpächter bei den diesem obliegenden Reparaturen zu unterstützen"3). Ein Gleiches gilt, wenn Wiesen von Verstauchungen oder von anderen Beschädigungen, namentlich von Versandungen in Folge Ueberschwemmungen befreit werden sollen2”). Er hat die Aecker im wirthschastlichen Düngungszustand zu erhalten, und darf deßhalb und soweit es hierzu erforderlich ist, das aus dem Gut erzeugte Dün­ gungsmaterial (Stroh u. a.) nicht fortschaffen und veräußern, außer bei Landeslieferungen8 9"). Aus gleichem Grunde darf er den Viehstand nicht verringern, den gewöhnlichen Abgang muß er ergänzen899), und endlich hat er abgenutzte und eingegangene Wirthschaftsgeräthe zu ernen Rechts, und wenn er als Vertreter des Verpächters klagt, wird Vollmacht von ihm verlangt werden können. 293) §. 434. d. T., f. vorige Note. 294) §§. 435. 436.

295) So will Koch in 8.440 lesen (Note 40a.); aber Deiche sind wohl unter den „Dämmen" mitbegriffen, und die Teiche bedürfen doch ebenso wie die Gräben der Erhaltung. Bergl. §. 135. d. T. 296) §§. 440-447. d. T. Entsch. B. 28 S. 106. Der Pachtmüller ist bei Repara­ turen der Mühle nur verpflichtet, mit seinen persönlichen Diensten und Kennt­ nissen unentgeltlich zu helfen. §. 448.

29r) §§. 449. 450. d. T. 298) §. 451. d. T. Nicht der Werth des fortgeschafften Düngungsmaterials ist dem Verpächter zu vertreten, sondern die Verschlechterung des Düngungszustandes, so daß, wenn dieser trotz der Veräußerung des Materials unverschlechtert geblieben, also z. B. durch künstliche Düngungsmittel erhalten worden, eine Ersatzforderung nicht begründet werden kann. Entsch. B. 30 S. 93. Striethorst B. 15 S. 346. Unrichtig sind die Bemerkungen das. S. 349 fg., welche §• 451 als selbständige Verpflichtung neben der Pflicht, den Düngungszustand zu erhalten, auffaffen. Es ist nicht ersichtlich, warum dem Verpächter noch das übrige Stroh u. f. w. überlasten werden soll, da dem Pächter doch nicht die Pflicht auferlegt werden kaun, daß nach beendigter Pacht der Eigenthümer in die Möglichkeit ver­ setzt werde, den Kulturzustand des Gutes zu verbessern. Vergl. ferner das. B. 83 S. 351. 299) §§. 452. 453. 454. d. T. Auch hier ist nur die Rücksicht auf den DüngungSzustand entscheidend, es ist daher nicht auf die Anzahl des Viehes, sondern darauf zu sehen, ob das vorhandene Vieh so viel Futter verzehrt, daß der DüngungSzustand erhalten bleibt. §. 9 des LandeSknltnrediktS v. 14. Septbr. 1811.

262 fefcen999).

Zweite« Buch.

Er trägt die Lasten und Abgaben des Gutes, die er im

Anschlag übernommen, gaben9"').

Die besonderen Privatrechte.

und

die auf dem Fruchtbezug liegenden Ab­

Er vertritt nach dem allgemeinen Grundsatz mäßiges Ver­

sehen, aber bei allen nöthig gewordenen Reparaturen geringes999). Diese Erhöhung seiner Vertretungspflicht ist aus dem praktischen Grunde beliebt worden, um zu verhindern, daß durch versäumte Ausbesserung

die Beschädigung sich so erweitere, daß sie dem Verpächter zur Last falle 999). Er hastet für den durch seine Familie und sein Gesinde an­

gerichteten Schaden unter der Voraussetzung, daß er die Beschädigung

wissentlich hat geschehen lassen, oder entweder schon bei der Annahme des Gesindes seine gefährlichen, schädlichen Eigenschaften gekannt oder diese hinterher kennen gelernt und es beibehalten hat99').

Dies ist ins­

besondere auch bei einem durch Fahrlässigkeit verursachten Brand vor­ geschrieben999).

Die Entschädigung umfaßt bei grobem Versehen und

Vorsatz das volle Jntereffe, bei mäßigem den wirklichen Schaden999). Abweichend von der oben aufgestellten Regel 397) berechtigt bei der Land­

güterpacht nicht der Mißbrauch schlechthin den Verpächter zur Ent­ setzung des Pächters,

sondern nur dasjenige Zuwiderhandeln gegen

die im Vertrag in Bezug aus die wirthschaftliche Verwaltung des Guts übernommenen Verpflichtungen, durch welches nach dem Gutachten von Sachverständigen für die Substanz des Gutes ein erheblicher Schaden zu besorgen ist 999).

Die Forderung aus Entschädigung wird hier durch

die Entsetzung nicht berührt 999), auch muß der Pachtzins für das lausende

Wirthschaftsjahr entrichtet, und zu dem Zweck das Gut bis zum Ab­

lauf desselben für Rechnung des Pächters verwaltet werden9'9). Am Ende -°°) §. 471. d. T.

301) §. 413. d. T. Bei einer Pacht in Pansch und Bogen alle Lasten, mit Ausschluß der Hypothekenzinsen und der aus Verträgen und letztwilligen Verordnungen her­ rührenden dauernden Leistungen. §. 414. d. TFeuerversicherungsprämien ge­ hören in die letztere Kategorie, nicht zu den Lasten. R.G. bei Gruchot B. 25 S. 458. 3°2) §§. 278. 441. 453. d. T.

80S) Suarez in den Jahrb. B. 41 S. 68. Daraus erklärt sich auch, daß der Pächter verpflichtet ist, ungesäumt den Verpächter von nöthig gewordenen Reparaturen in Kenntniß zu setzen. §§. 445. 446. d. T. 304) §. 442. d. T.

Oben B. 1 S. 640.

305) §§. 516. 517. d. T. 306) Oben B. 1 S. 643.

307) Oben bei Note 158.

308) Seuffert XIX. 38. 309) H 477. d, T. Ueber die Frage, ob die Klage auf Entschädigung schon vor Ablauf der Pachtzeit angestellt werden kann, s. verneinend Heuser IV. 416.

3'0) §§. 599. 600. d. T. Das O.Trib. Grunde, weil die Administration für Schluß gezogen, daß nur der Pächter ministration beantragen könne. Das

hat (Strieth. B. 42 S. 47) aus dem Rechnung des Pächters geschehen soll, den die gerichtliche Regulirung einer solchen Ad­ geht zu weit. Auch der Verpächter kann sie

§. 136.

Die Sachemniethe und Pacht.

263

der Pachtzeit, oder wenn sonst aus gesetzlichem Grunde früher das Ver­ hältniß aufgelöst wird, oder eine Entsetzung eintritt, muß der Pächter das

Gut mit Zubehör, mit dem Inventarium und den vorhandenen Wirthschaftsvorräthen nach dem Anschläge zurückgewähren"'). Das Geschäft der Rückgewähr ist bei größeren Pachtungen sehr komplizirt, sein Zweck ist,

die gegenseitigen Ansprüche auszugleichen. Ersatz der

Der Pächter hat hierbei den

durch sein Versehen verursachten Beschädigungen an den

Pachtgegenständen zu leisten und liquidirt die Ansprüche,

die er aus

Verwendungen für den Verpächter und aus Verbesserungen herleiten kann.

Ansprüche aus der Gewährleistungspflicht des Verpächters sind,

wie oben erwähnt, nur zulässig, wenn die Fehler im Laufe des Pacht­

jahrs, in welchem sie hervortreten, dem Verpächter angezeigt worden oder noch nicht verjährt finb3*’).

Einigen sich die Parteien nicht über

die gegenseitig erhobenen Ansprüche, so muß deren Richtigkeit und Werth durch das Gutachten ökonomischer Sachverständigen ermittelt werden"3). Speziell ist vorgeschrieben: Die Aecker sind in der anschlagsmäßigen Art oder in ordinärer wirthschastlicher Kultur bestellt zurückzuliesern, d. h. in dem entsprechenden Düngungszustand, in der entsprechenden Feldeintheilung und Aussaat.

Ist die Bestellung versäumt, oder schwächer

ausgesäet, so muß der Samen nach dem Marktpreis und das übliche Ackerlohn vergütigt werden. Für beffere Bestellung wird nicht Ersatz gewährt,

doch bei stärkerer Aussaat wird dem Pächter Samen und

Ackerlohn erstattet. Will sich der Verpächter mit der Vergütigung der Bestellungskosten nicht begnügen, so ist er berechtigt, den nächsten Ernte­ ausfall zu liquidiren, er muß dies aber bei der Rückgewähr erklären

und den Bestellungszustand in diesem Zeitpunkt gerichtlich untersuchen lassen3").

Dann wird nach der Ernte das wirklich Geerntete mit dem-

beantragen. Aber richtig ist die Annahme, daß wenn von keinem Theile die Ad­ ministration herbeigeführt worden und der Pächter dem nicht widersprochen hat, daß der Verpächter das Gut wieder in Besitz genommen, Ersterer aus dem Unter­ bleiben keine Einrede gegen die Entschädigungsklage des Letzteren herleiten kann. Der §. 599 findet keine Anwendung auf den Fall, wo nach bedungener Been­ digung der Pacht der Pächter noch bis Ablauf des Wirthschaftsjahres im Besitz geblieben, denn er setzt voraus, daß die Entsetzung im Laufe eines WirthschaftSjahreS während noch dauernder Pachtzeit wegen Mißbrauchs erfolgt ist. In jenem Fall kann nicht aus dem aufgehobenen Vertrage Pachtzins gefordert, sondern eS muß das Interesse liquidirt werden. Striethorst B. 7 S. 22 und die Bemer­ kungen zu dieser Entscheidung, das. S. 26 f. 3n) §§. 597. 598. d. T. 312) Oben bei Note 280—283. 313) §§. 612. 613. 620. 621. d. T. Die formelle Geschäftsbehandlung oder das Ver­ fahren einer gerichtlichen Pachtrückgewähr ist in §§. 48 fg. I. 44 A G.O. vorge­ schrieben. Vergl. hierzu das Reskript v. 16. Juni 1832 (Jahrb. B. 40 S. 186 fg.) und §. 38 des Landeskulturedikts v. 14. Septbr. 1811. 314) §.619. d. T.

Nicht bloß, wenn der Verpächter auf Entschädigung klagen, son-

264

Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

jenigen verglichen, was in dem Jahrgang bei gehöriger Bestellung hätte

geerntet werden können.

Die Differenz ist vom Pächter auszugleichen.

Ebenso wird verfahren, wenn nur einzelne Stücke nicht gehörig bestellt worden'"). — Baare Auslagen

für Zubereitung der vorhandenen

Wirthsschaftsvorräthe werden dem Pächter vergütigt'"). — Das In­ ventarium muß in gleicher Menge und Güte zurückgegeben werden'").

Hat es der Pächter taxirt empfangen, so muß zwar immer dieselbe Zahl zurückgegeben werden, aber es wird nach der Güte der einzelnen

Sorten berechnet, ob der Pächter für bessere eine Vergütigung zu for­

dern (Superinventarium), oder für schlechtere eine solche zu leisten hat.

Der Verpächter ist weder verpflichtet, mehr Stücke (Plusinventarium) noch auch weniger Stücke von höherem Werth zurückzunehmen'"). Hat der Pächter das Inventarium ohne Taxe übernommen, so werden

dem Verpächter gleich viel Stücke in brauchbarem Zustand zurückgegeben, ohne daß untersucht wird, ob diese einen geringeren oder höheren Werth

haben'").

Fehlende Stücke werden in diesem Fall in Natur ergänzt,

entweder nach der Taxe oder in brauchbarem Zustand"").

Das Plus­

inventarium darf der Pächter erst dann vom Gut sortschaffen, wenn der Verpächter sich die inventarienmäßige Zahl, und zwar die nächsten

dern auch wenn er seine Entschädigung gegen den Pachter einredeweise durch Kompensation geltend machen will. Striethorst B. 21 S. 219. Die Bestim­ mung gilt nur für Pachtung von Landgütern. Dernburg II. §. 169 Anm 26 hält gegen Striethorst B. 82 S. 271 eine analoge Anwendung auf Pacht einzelner Aecker überhaupt für zulässig. Das kann nicht zugegeben werden §. 619 ist jedenfalls singulär. Daß im Uebrigen der Ersatz wegen des Ausfalls an der nächsten Erndte auch bei einzelnen Aeckern, die der Pächter nicht bestellt hat, wird gefordert werden können, entspricht allgemeinen Grundsätzen auch ohne analoge Anwendung der §§. 617 ff. 315) §§.610 — 621. d. T. Zu §.614 vergl. Striethorst B. 38 S. 159. Plus und Minus der Aussaat s. Entsch. B. 55 S. 75.

Ueber

316) §. 604. d- T317) §§. 601-609. d. T.

318) §§. 601. 602. Ueber die Lesart „Sorte" statt des zweiten „Seite" in §. 601 siehe Koch, Komm, zu §. 601. 319) §. 605.

32°) §. 609. d. T. Derselbe bezieht sich nur auf §. 605 zurück (wenn das Inventa­ rium untaxitt übergeben worden) und obschon dies insofern auffallend erscheint, weil auch nach §.601 die gleiche Anzahl der Stücke zurückgewährt und der Verpächter nach §. 602 nicht eine geringere Anzahl von höherem Werth anzu­ nehmen braucht, mithin auch im Fall der Uebergabe eines taxirten Inventariums §.609 anwendbar erscheint, so ist doch zu beachten, daß wenn der Verpächter eine' geringere Zahl von höherem Werth angenommen hat, darin ein Verzicht auf die Komplettirung der Zahl liegt, weil er im höheren Werth bereits die Dergütigung empfangen. Aus Bornemann's Mittheil, der Materialien (IV. S. 358) ist übrigens zu ersehen, daß bei der Redaktion die Meinungen darüber in Streit waren, ob der höhere Werth die geringere Zahl ausgleichen solle, und §. 601 hat eine daraus erklärbare etwas schwerfällige und in sich widersprechende Fassung erhalten.

§. 136.

Die Sachemniethe und Pacht.

265

nach den besten Stücken ausgewählt hat"'). Der Verpächter, der das Gut mit Inventar verpachtet hat, behält nicht nur an den einzelnen verpachteten Jnventarstücken Eigenthum, vielmehr gilt er dem Landrecht, sofern nicht anderes bedungen ist, als Eigenthümer des Inventars als einer Sachgesammtheit. Der Pächter hat nur einen obligatorischen An­ spruch auf Herausgabe dessen was plus und super das Inventar vor­ handen ist. Für den Fall des Konkursverfahrens über das Vermögen des Verpächters bedarf deshalb der Pächter einer besonderen Sicherung, diese giebt ihm das Konkursrecht durch Einräumung eines Absonderungs­ rechts an dem gesammten in seiner Hand befindlichen Inventar wegen der Forderungen für dieses'"). Der Pächter trägt die Gefahr, die die Früchte trifft; die Gefahr der Substanz nur, soweit er sie im Ver­ trage übernommen hat"'). Dabei gilt die Auslegungsregel, daß wenn er auch alle Unglücksfälle übernommen, darunter doch die Kriegs­ schäden nicht zu verstehen sind'"). Er trägt ferner die Gefahr des Inventariums, wenn er es eigenthümlich erworben, oder als eisern empfangen hat, oder so weit es überzählig ist'"). Dies alles entspricht folgerecht dem landrechtlichen Grundsatz, daß der Eigenthümer den Zu­ fall erleidet, denn der Pächter wird Eigenthümer der Früchte von ihrer Entstehung'"). Das Gesetz bestimmt aber Fälle, wo der Pächter für zufällig erlittenen Nachtheil an den Früchten und dem Inventarium vom Verpächter eine Vergütigung in Anspruch nehmen darf'"). Die Lehre von dem Remissionsanspruch eines Pächters, welche, wie der neueste Schriftsteller, Jacobi, mit Recht bemerkt, nicht sowohl durch sachliche Schwierigkeiten, als vielmehr durch die Behandlung, die sie in Theorie und Praxis und, wie hinzugesetzt werden muß, in den Gesetz”') §§. 606—608. d. T. Daß der Pächter nichts vorher fortschaffen darf, hängt auch zusammen mit dem gesetzlichen Pfandrecht de« Verpächters. Bornem. IV. 359. Den eigentlichen prinzipiellen Grund des Landrechts bringen die folgenden Worte des Text».

'") Konkurs - Ordnung §. 41 Nr. 3. Die Preuß. K O. §. 36 Nr. 2 behandelte den Fall für Verpächter und Pächter gleichartig in Anschluß an die Bestimmung über das Separationsrecht von Kommunionsinteressenten, als ob bezüglich des Inven­ tars zwischen Verpächter und Pächter eine Kommunion bestände. — Wird über daS Vermögen des Pächters das Konkursverfahren eröffnet, so hat der Verpächter den Aussonderungsanspruch auf Rückgewähr des Pachtguts mit Inventar. Fehlt an dem Inventar etwa-, so wird dem Ersatzanspruch als Anspruch aus dem Pacht­ vertrag noch die Sicherung des §. 41 Nr. 2 zur Seite stehen. Ist Super- oder Plus-Jnventar zurück zu gewähren, so besteht der Kontraktsanspruch des Pächters al» Maffesorderung.

'") §§• 561. 594. d. T.

"*) §• 594. d. T. Das sind die s. g. casus insolitissimi de» gemeinen Rechts. Siehe hierüber oben B. 1 §. 108 Note 5 und Note 84. Jacobi S. 109.

’25) §§. 472. 475. 476. d. T.

3M) Oben B. 1 S. 854. §• 561. d. T.

§. 221. I. 9. A L.R.

266

Zweites Buch.

gedungen erlitten hat,

Die besonderen Privatrechte.

verworren und streitig geworden, kann nicht

treffender als mit den Worten des alten Wernher eingeleitet werden: haec duo, an facultatem utendi fecerit locator, et an sterilitas con-

tigerit, a doctoribus commiscentur, sed accurate discernenda et a Ictis Romanis diligenter sunt observata ”6).

Diese Worte treffen den Punkt,

auf welchem die Verwirrniß liegt. Zweierlei ist zu trennen: die Gefahr,

die die Sache trifft, nimmt dem Pächter die Möglichkeit des Fruchtgenusses, sie nimmt ihm auch das Recht zum Fruchtgenuß, soweit und weil der Untergang der Sache das an ihr zustehende Recht vernichtet.

Diese Gefahr trägt der Verpächter, d. h. er verliert wegen fehlender Vorleistung die ihm zustehende Nachleistung, oder, wie für die Gefahr

des Untergangs das A.L.R. es ausspricht: der Vertrag wird ausge­ hoben"'). Aber die Gefahr, die den Fruchtbezug trifft, leidet der Pächter, weil er Eigenthümer der Frucht von ihrer Entstehung ist, weil

ihm kein Gläubiger gegenübersteht,

der darauf eine Forderung hat.

Auch verschuldet ihm der Verpächter nicht den Fruchtbezug, denn seine Verpflichtung besteht nur in dem praestare frui licere 3,°).

Wenn

dennoch das positive Recht den Verpächter in die Mitleidenschaft der

Gefahr zieht, daß ein Fruchtbezug ausbleibt, obwohl er dem Pächter das Recht und die Möglichkeit der Nutzung vertragsmäßig gewährt hat, und toettn es ihm ansinnt, in solchem Falle einen Nachlaß am Zins zu erleiden, so mag sich dafür Billigkeit geltend machen lassen, weil der Pächter nicht bloß die Früchte eingebüßt, sondern auch seine Arbeit ver­

loren und der Verpächter nicht bloß den Zins als Aequivalent der Früchte gewinnt,

sondern ihn auch ohne Arbeit erhält — einen juristischen

Rechtsertigungsgrund giebt es dafür nicht.

Man hat ihn im römischen

Recht in dem Umstand finden wollen, daß der Pächter erst durch die

Absonderung (Perzeption) Eigenthümer der Früchte werde, bis dahin

sie dem Verpächter gehören'"), mithin als verpachtete Gegenstände von als ob es zur Vorleistung gehören

diesem gewährt werden müßten,

könnte, daß der Verpächter dem Pächter die durch des Letzteren Arbeit

erzeugten Früchte übergebe.

Diese Auffaffung ist ganz schief'").

Der

328) Comment, ad Dig. XIX. 2. §. 13 bei Jacobi S. 14, oder wie eS anderweitig ausgedrückt ist: fructus proprie non locantur, sed locus saltim praestatur colono ad fructus perferendos aptus. Das. S. 15. 339) Oben B. 1 S. 854. Ebenso bei gänzlichem Untergang nach röm. R. 1.15. §. 2 1. 19. §. 6. 1. 30. pr. §. 1. D. XIX. 2. und bei theilweisem Untergang oder bei Verschlechterung verhältnißmäßige Herabsetzung des Zinses. 1.19. §. 6. 1.25 §. 2. 1. 27. pr. §. 1. 1. 33. eod. Daö schon Gezahlte wird zurückgefordert und zwar mit der Vertragsklage. 1. 9. §. 4. 1. 19. §. 6. 1. 33. eod. 330) Oben bei Note 46. 331) 1. 25. pr. D. XXII. 1. Fructus non jure seminis sed jure soli percipiuntur. 1. 61. §. 8. I). XLXII. 2. Fructus, quamdiu solo cohaereant, fundi esse. 333) Vergl. hierüber Jacobi S. 19f.

§. 136.

Die Sachenmiethe und Pacht.

267

Umstand, daß der Herr des Grund und Bodens Eigenthümer der un­ abgesonderten Frucht sei, kann hier nicht zur Anwendung kommen, denn

der Herr des Grund und Bodens hat eben durch den Pachtvertrag die

Fruchterzeugung, das Recht zu derselben veräußert'"). auch nicht der Ansicht Koch's beizutreten,

Es ist daher

der zwar den Remissions­

anspruch nach den Grundsätzen des römischen Rechts für folgerichtig hält,

indem er davon ausgeht,

daß der Verpächter dem Pächter die

Früchte selbst zu gewähren habe, nach den Grundsätzen des preußischen

Rechts über den Fruchterwerb ihn aber für inkonsequent erklärt'"). Jene Herleitung des Remissionsanspruchs aus dem Eigenthum des Ver­

pächters an den unabgesonderten Früchten hat aber hauptsächlich bewirkt, daß die Scheidung zwischen der Forderung der Gewährleistung und der Remission verwischt wurde.

Beide sind verschieden'"). Bei jener han­

delt es sich um die Möglichkeit, bei dieser um die Wirklichkeit des Fruchtbezugs, bei jener um Eigenschaften der Sache, welche die Nutzung

bedingen, bei dieser um ausgebliebene Nutzungen trotz der gewährten Eigenschaften, bei jener soll der Verpächter vertreten, daß der Pächter nutzen kann, bei dieser soll er mitleiden, daß der Pächter nicht Nutzen ge­

zogen, bei jener darf der Verpächter den Zins nicht fordern, weil er nicht geschuldet wird, bei dieser soll er ihn nachlassen, obschon er geschuldet

wird. Von den römischen Juristen ist dieser Unterschied klar erkannt'"),

333) Daher erklärt sich auch: ne supra damnum seminis amissi mercedes agri prae= stare cogatur, in 1.15. §. 2. D. XIX. 2, d. h. das damnum seminis bleibt dem Pachter; er verliert also nicht, wie bei der entgegengesetzten Ansicht angenommen werden müßte, durch das AuSsäen das Eigenthum am Samen an den Verpächter, um dann erst durch die, die Tradition ersetzende Perzeption das Eigenthum der Früchte zu erwerben. Es steht daher ein vom Verpächter vorbehaltenes Eigenthum an den Früchten zur Sicherung seiner Ansprüche an den Pächter in Widerspruch mit dem Wesen des Vertrags. Dies ist verkannt bei ©euff ert XVII. 138. XVIII. 10. Aehnlich verhält es sich mit den Inädifikationen des Pächters, auf welche ebenfalls die Vorschriften der Adjunktion nicht angewendet werden können. Sinken iS I. §.50. Note 31. a. E. Seuffert VII. 30.

33) ")

386

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

gewesen und der Herr den daraus entsprungenen Vortheil sich aneignet, über die Ent- oder Belastung des Verwalters *4), der jedenfalls bei eigenmächtigen Abweichungen geringes, sonst bei bedungenem Entgelt mäßiges Versehen vertritt, wenn Lohn nicht bedungen ist, wie ein Depositar haftet"). Daß der Verwalter die Güter ordnungsmäßig bewirthschaften, die Einnahmen sorgfältig beitreiben, die auf dem Ver­ mögen ruhenden rechtlichen Verpflichtungen pünktlich erfüllen, aus den Einnahmen die nöthigen Ausgaben bestreiten, baare Bestände treu auf­ bewahren und ohne Verzug dem Herrn abliefern muß"), sind Dinge, die sich eigentlich von selbst verstehen. Ebenso, daß er die Gelder des Herrn nicht ausleihen, nicht zu eigenem Vortheil gebrauchen, daß er nicht Darlehne für den Herrn aufnehmen und nicht ungebräuchlichen Kredit geben darf ohne besondere Ermächtigung"). In den zur Ver­ waltung gehörigen Geschäften mit Dritten ist er der Stellvertreter des Herrn, er verpflichtet und berechtigt ihn wie ein Bevollmächtigter"). Bei gerichtlicher Verfolgung seiner Rechte darf er ihn nicht vertreten, wenn er nicht speziell dazu ermächtigt worden ist"). Verträge über künftige Lieferungen und Leistungen darf er nur abschließen, wenn dies aus dem ordentlichen Betriebe des Geschäfts oder aus seinem Auftrage nothwendig folgt"). Auch der an sich vertragsunsähige Verwalter ver­ pflichtet den Herrn"). Eine Verschiedenheit von dem Mandat zeigt

") §§. 115.166. d. T. ,s) §. 112. d. T. Oben §. 104 B. 1 S. 801 und §. 139 Anm. 26. Koch, R d-FIII. 601. ie) §§. 116.117.119. d. T. Auszahlung des Reisegeldes an die von Auswärts an­ kommenden gedungenen Fabrikarbeiter: Striethorst B. 20 S. 268. 17) §§. 126.118.127.162.163. d. T. Noch nicht fällige Einnahmen darf der Ver­ walter nicht im Voraus erheben. Entsch. B. 18 S- 214. Er darf auch nicht Kredit geben au- Geschäften, die er nicht selbst abgeschlossen. Strieth. B. 43 S. 216. Ob durch berechtigtes Kreditiren die Einnahme uneinziehbar geworden, ist ohne Einfluß auf die Vertretung des Verwalters. Anders nach gern. R. Mevius dec. II. 441. Unvorsichtiges Ausleihen: Seuffert IV. 36. 18) §§. 125. 129. 130. d. T- Es finden mithin auch die Formvorfchriften der §§. 91. 92. 96. I. 13 auf den BerwaltungSvertrag Anwendung. PlBeschl. Entsch. B. 68 S. 13fg. Striethorst B. 43 S. 216. Ein Beispiel von Ueberschreitung einer dem Verwalter auferlegten Einschränkung seiner Vollmacht: Strieth. B. 3 S. 272. 19) §. 123. d. T. Jetzt bedarf er, insoweit er überhaupt als Vertreter auftritt und auftreten kann, einer zu den Akten zu gebenden Prozeßvollmacht C.P.O. §. 76. Eine Vermuthung der Vollmacht, die das Landrecht §. 125. d. T-, §. 122. I. 13 hier eingreifen läßt und die in den früheren Auflagen als schief und bedeutungs­ los bezeichnet wurde, die aber in Wahrheit die Bedeutung hatte, daß der Ver­ walter im Prozeß als Vertreter mit Vollmacht auftreten durfte, obgleich er nicht Rechtsanwalt war (§. 25. I. 3. A.G.O.), hat jetzt keine Bedeutung mehr. Vgl. oben §. 141 Note 45. S. ferner unten Anm. 25. 20) §. 131. d. T. S. Entsch. B. 16 S. 175. Rechtsfälle B. 3 S. 422. 21) §. 132. d. T.

§. 142.

Der BerwaltungSvertrag-

387

sich darin, daß der Herr durch einen von dem Verwalter auf eigenen Namen geschloffenen Vertrag verpflichtet wird, wenn nur aus den Um­ ständen erhellt, daß der Verwalter dabei in dieser Eigenschaft gehandelt hat''). Es kommt also nicht darauf an, daß der Dritte mit dem Ver­ walter für den Herrn abgeschlossen, daß er die Eigenschaft seines Kon­ trahenten als Verwalters bei diesem Geschäft gekannt hat, sondern es genügt, wenn nur die Umstände so liegen, daß daraus die Zugehörig­ keit des Geschäfts zu dem Verwaltungskreise entnommen werden konnte und mußte'"). Die Besugniß zur Substitution hat auch der Verwalter nicht, nur bringt es häufiger die Natur der Sache mit sich, daß er sich bei der Ausrichtung einzelner Geschäfte der Hilfe Anderer bedienen muß, und dies ist ihm daher gestattet"). Weil er ferner zugleich Verwahrer ist, fo ist er auch Inhaber der ihm anvertrauten Sachen und hat als solcher die possessorischen Klagen gegen Dritte"). Der Verwalter hat über seine Verwaltung ordentlich Buch und Rechnung zu führen, alle Einnahmen und Ausgaben treu und ohne Verzug einzutragen, alle beweisenden Beläge zu sammeln und zu ordnen"). Daran knüpfen sich Vorschriften über Legung und Abnahme der Ver­ waltungsrechnung. Wie der Mandatar hat der Verwalter genaue Rechenschaft abzulegen. Jedenfalls sollen dabei auch die Beläge beigebracht werden"), und der Verwalter hat nicht die Einforderung der Rechenschaft abzuwarten, sondern soll sie nach Ablauf jedes Ver­ waltungsjahrs dem Herrn einreichen, auf ihre Abnahme antragen, und zugleich seine Bestände abliefern"). Bestreitet der Prinzipal einen 22) §. 130. d. T. Der Verwalter muß immerhin, wenn er auch aus eigenen Namen kontrahirt, doch die Absicht haben für den Herrn und in dessen Vertretung das Geschäft abzuschließen (Rechtsfälle III. 54), wenn auch diese Absicht nicht sogleich erkennbar ist für den andern Theil. 23) S- Suarez bei Borneman» III. 450. Der Verwalter kann in diesem Fall die eigene Haftung aus dem Geschäft ablehueu; er kann nur, wenn er keine schriftliche Vollmacht besaß oder die Vollmacht überschritten hat, auf Schadenersatz belangt werden. R.G. bei Gruchot B. 25 S- 443.

**) §§• 121.122. b. T. Nicht zu verwechseln mit der Substitution für die Verwaltung ist der Abschluß eines Bollmachtsvertrages mit einem Dritten, die der Verwalter nach Inhalt seines BerwaltungSauftragS vornehmen kann. Dadurch erwirbt der Herr direkt gegen den Dritten die a. mandati. Strieth. B. 41 S. 40.

2S) §.124. d- T. — nicht als Bevollmächtigter, wie Der»bürg II. S. 495 be­ hauptet. 2°) §. 136. d. T. 22) 88.135.136.139. d.T. Strieth. B. 66 S. 226. Vgl-oben 8-141. Anm. 99. Die Klage auf Rechnungslegung setzt nur die Thatsache voraus, daß eine Verwaltung übertragen worden, zu welcher Einnahmen und Ausgaben gehören- Seuffert XIV. 232. Die Beläge sind dem Herrn erst auSzuliefer«, wenn dieser quittirt hat- Seuffert XV. 124. 2S) §§. 139.140. d. T.

388

Zweites Buch.

Die besondere» Ptivatrechte.

mit Belägm versehenen Rechnungsposten, so wird der Verwalter im Prinzip nicht frei von dem Nachweise der Richtigkeit, nach heutigem Prozeßrecht wird aber das Gericht auf das Moment ordnungsmäßiger Rechnungsführung als ein Beweismoment zu Gunsten des Verwalters Rücksicht nehmen können; für den nicht belegten Posten schreibt das Landrecht vor, daß derselbe im Streitfall schlechthin zu beweisen ist, und daß der Verwalter für die Kosten hastet"). Der Verwalter muß die Rechnung übrigens auf Erfordern des Herrn jederzeit abschließen und vorlegen "). Versäumt er die Einreichung der Rechnung am Jahres­ schluß, so hat er die Bestände von sechs Wochen nach dem Jahresschluß landüblich zu verzinsen, die Gefahr ihres Verlustes zu tragen und darf von feinen Vorschüssen für die Zeit des Verzugs keine Zinsen be­ rechnen"). Andererseits darf auch der Herr mit der Abnahme der ihm formell richtig gelegten Rechnung und mit der Quittirung der materiell richtig befundenen Rechnung nicht zögern. Es fallen ihm sonst die daraus entstehenden Verdunkelungen zur Last und der Verwalter kann gerichtliche Abnahme aus Kosten des Herrn herbeiführen"). Die Ab­ nahme ist Annahme, d. h. sie besteht darin, daß der Herr die empfangene Rechnung für ihn gelegt erklärt"); ob er sie durchsehen, prüfen und ihre Berichtigung fordern will, steht zu seinem Belieben. Wenn er sie aber als ihm gelegt angenommen , so ist er zu der weiteren Erklärung darüber verpflichtet, ob er sie für richtig oder unrichtig annehme; indem er sie für richtig erklärt, ertheilt er Quittung"). Unterläßt er diese Erklärung oder die Abnahme fünf Jahre lang, so gilt die „gehörig", d. h. formell richtig gelegte Rechnung als quittirt, der Verwalter bedarf

-») §§. 137. 138. d. T. Strieth. B. 38 S. 225. Entsch. B. 11 S. 296 oben. Der Satz ist kein prozeßrechtlicher; es handelt sich nicht darum, wem die Kosten im Prozesse aufzulegen; sondern die nach Prozeßrecht den GeschäftSherrn treffenden Kosten ist der Verwalter ex contractu zu ersetzen schuldig. Der Satz gilt also auch nach der C.P.O.

30) Entsch. V. 13 S. 210. Der Herr kann ihn auch, ohne Rechnungslegung zu for­ dern, wegen einzelner Defekte in Anspruch nehmen. Strieth. B. 42 S. 194. Wegen der Grenzen diese- Recht- vgl. R.O.H. B. 8 S. 51, B. 15 S. 239. 31) §§. 140. 141.142. d. T. Dadurch ist eine gemeinrechtliche Kontroverse entschieden. Leyser, med. sp. 677. m. 8 will den Zinsverlust nur bei öffentlichen Admini­ stratoren eintreten lassen, dagegen Weinher, obs. III. 193. Ersterer behauptet, daß hier weder eine Promission, noch mora, noch lex vorhanden. Die 1. 17. §. 7. D. XXII. 1 spricht allerdings nur von einer administratio civitatis. Ebenso 1. 9. pr. §. 10. D. L. 8. Daö entscheidet aber natürlich nicht, denn eö ist nirgend gesagt, daß Privatverwalter in diesem Fall doch noch Zinsen sollen berechnen dür­ fen; überdies liegt hier wirklich Verzug vor.

89) §§. 143.144. d. T. 3a) Koch, Note zu §. 143. Zur formellen Vollständigkeit der Rechnung gehört der Abschluß der Einnahme und Ausgabe. “) §. 145. d. T.

§. 142.

Der BerwaltungSvertrag.

389

keiner ausdrücklichen Quittung mehr"). Das ist keine Verjährung, weil der zur Quittungsleistung verpflichtete Herr durch seine Unter­ lassung nicht ein Recht verliert, sondern das Gesetz die Erfüllung seiner Pflicht als geschehen annimmt"). Unterläßt er aber fünf Jahre lang die Einforderung einer ihm nicht rechtzeitig gelegten Rechnung, so gilt die Rechnungslegung selbst als erlassen und damit ist der Verwalter wie durch Quittung entlastet"). Ob diese fünstährige Frist als eine Verjährung durch Nichtgebrauch auszusassen, war in der Praxis und Theorie lange streitig, ist aber endlich, nachdem vorher schon Koch aus sehr triftigen Gründen dies verneint hatte"), durch Plenarbeschluß des Obertribunals ebenfalls verneint worden ’’). Entscheidend ist hierbei, daß nach Ablauf der Zeit Rechnungslegung nicht etwa nur vermuthet wird und noch durch Gegenbeweis widerlegt werden kann, welche Wirkung das A.L.R. der Verjährung beilegt, sondern daß sie als geschehen fingirt, ein Gegenbeweis nicht mehr zugelassen wird. Darum tritt auch 35) §. 154. d. T. Die Fiktion der Quittung bezieht sich auf jede einzelne Posi der Rechnung, gegen welche der Herr keine Erinnerung gemacht hat. Entsch. B. 11 S. 290. Geht der Verwalter in seiner Rechnung selbst auf mehr als fünf Jahre zurück, so kann er für solche Posten diese Fiktion nicht in Anspruch nehmen. Strieth. B. 4 S. 61. Die Fiktion soll nicht eintreten, wenn der Rechnung die Beläge nicht beigefügt werden, Präj. 617 (Samml. I. 81), bzw. erst dann ein­ treten, wenn die Beläge später beigefügt werden. Strieth. B. 4 S. 61. Diese von Förster als richtig anerkannten Sätze sind bedenklich, weil die Rechnung auch ohne Beläge als formell gütige Rechnung mit dem Nachtheil der §§. 137. 138 d. T — oben Anm. 29 — anerkannt werden muß. Strieth. B. 38 S. 225. Auch Verwalter des Fiskuö und von Korporationen können sich auf §. 154 be­ rufen. Präj. 676 und 1560. (Samml. I. 81). 36) Oben B. 1 S. 242. A.L.R. I. 9. §§. 531. 532 und unten bei Note 39. 37) §. 158. d. T. Dieser §. ist nur anwendbar bei der Verwaltung eines fremden Vermögens, also nicht bei der Verwaltung eines gemeinschaftlichen Vermö­ gens. Entsch. B. 34 S. 122. Strieth. B. 44 S. 307, B. 48 S. 108 aber auch nicht bei einem einfachen Mandat. Präj. 1892. (Samml. I. 77.) Der Ver­ walter wird durch §. 158 nur entlastet von Ansprüchen gegen die Rechnung, falls sie gelegt worden wäre, nicht von solchen Ansprüchen, die außerhalb der Rechnung gegen ihn zu erheben sind. Entsch. B. 19 S. 192. Hierher gehört auch Entsch. B. 18 S. 540. ES versteht sich übrigens von selbst, daß bei solchen Ansprüchen außerhalb der Rechnung die Beweislast dem Herrn zufällt. Entsch. B. 33 S. 364. Das ist keine Wirkung der Fiktion, wie das O.Trib. annimmt, sondern liegt ganz außerhalb dieser Fiktion. Die Rechtsprechung hat daS Ein­ greifen der Bestimmung auch bei vormundschaftlicher (Entsch. B. 33 S. 164) und väterlicher Verwaltung (Strieth. B. 28 S. 264) angenommen: die in der BormundschaftSordnung §§. 56. 67. 68 geordnete periodische und Schlußrechnung un­ terliegt der Bestimmung jedenfalls nicht. 38) R. d. g. in. @. 605f.

Förster, Kl. u. Einr. S. 432f.

39) Pl.Beschl. v. 6. Dezbr. 1858. Entsch. B. 40 S. 1. J M Bl. 1859. S. 27. Strieth. B. 33 S. 87. Die ältere Praxis hatte geschwankt. Für eine Verjäh­ rung erklärten diese Frist Präj. 606. (Samml. I. 81.) Entscheid. B. 4 S. 341. Strieth. B. 7 S. 287. Dagegen war die richtigere Ansicht ausgesprochen in Entsch. B. 24 S. 426. Strieth. B. 8 S. 293. In Folge später dennoch ge­ schehener Rechnungslegung andere als solche Ausstellungen, welche auf einen be­ gangenen Betrug hinauslaufen, anzubringen, ist unzulässig.

390

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

die Folge nicht ein, wenn der Fiktion selbst durch eine Erklärung des Herrn, daß er Rechnungslegung fordere, die Grundlage genommen ist. Das ist nicht Unterbrechung einer laufenden Verjährung, sonst müßte die Erklärung gerichtlich geschehen und es müßte eine neue fünfjährige

Verjährung beginnen, wovon das Gesetz nichts sagt").

Das Gesetz

sagt auch nicht, daß der Herr, der fünf Jahre lang die Einforderung unterlassen hat, das nicht gebrauchte Recht darauf verlieren soll, son­

dern es bestimmt, daß mit Ablauf des fünften Jahres seit dem Tage,

wo die Rechnung hätte gelegt werden sollen, diese Pflicht dem Verwalter als erlaffen, und zwar als vom Herrn selbst erlassen gilt. Nicht der Verlauf sondern der Endpunkt dieses Zeitraumes führt diese Wirkung

herbei, nicht der Verlust eines Rechts ist die Folge, sondern die Fiktion,

daß es der Herr freiwillig aufgegeben hat"). Die Wirkung der ercheilten oder als ertheilt fingirten Quittung erstreckt fich nur auf den Inhalt der gelegten Rechnung und nur auf

den Verwalter und Herrn.

Also: letzterem ist durch die Quittung nicht

benommen, von dem Verwalter Rechenschaft zu fordern für Geschäfte,

die nicht in der Rechnung erwähnt worden"), und der Verwalter wird durch die Quittung nicht von Ansprüchen befreit, welche Dritte aus

seiner Verwaltung gegen ihn erheben können"). Die Quittung be­ freit den Verwalter auch dem Herrn gegenüber nicht von der Ver­ tretung unredlicher Handlungen, ebenso wenig, wie der ausdrückliche oder fingirte Erlaß der Rechnungslegung").

Die Quittung heilt ferner

nicht Rechnungsfehler zu Gunsten des Verwalters oder Herrn"). Zehn Jahr später kann sie gegen die Erben des Verwalters überhaupt nicht mehr, gegen ihn selbst nur wegen offenbarer Fehler im Zusammen­

rechnen und Abziehen, nicht aber wegen unrichtiger Ansätze oder Weg-

40) Diese Frage ist in dem Pl.Beschl. v. 6. Dezbr. 1858 nicht erörtert, vielmehr ab­ sichtlich bei Seite gelassen worden. Doch s. Striethorst B. 33 S. 87. Schles. Arch. V. 409.

41) Ueber den Unterschied von Frist und Verjährung s. oben B. 1 S. 242. ES wider­ sprechen der Ansicht, daß §. 158 eine Fiktion und nicht Verjährung aufstelle: Bornemann, II. @.50 Note, und die Redaktion von Striethorst B. 8 S. 293. Anm. 42) §. 148. d. T- Der Verwalter bleibt also während der ordentlichen Verjährung verhaftet für alle anderen Obliegenheiten, daß er versäumt hat, drohenden Schaden abzuwenden, daß er eigenmächtig von der bisherigen DerwaltungSart abgewichen, daß er die anvertrauten Güter vernachlässigt, baare Bestände nicht abgeliefert, für sich gebraucht, Darlehne gegeben oder ausgenommen, Kredit gegeben. Entsch. B. 19 S. 195. 43) §. 149. d. T.

44) §§. 146. 157. d. T. 45) §§. 146.147. d. T.

1. 8. D. L. 8.

I. un. 0. II. 5.

§ 142.

Der Verwaltungsvertrag.

391

lassungen angefochten werden"). Dies ist Verjährung"), der Herr") verliert sein Anfechtungsrecht, weil er es während eines Zeitraumes nicht ausgeübt. Sie beginnt dem Verwalter gegenüber, sobald ihm nach gelegter Schlußrechnung Generalquittung, dem Erben des Ver­ walters gegenüber, sobald diesem nach gelegter Jahresrechnung Spezial­ quittung ertheilt worden"). Eine in der Quittung enthaltene aus­ drückliche Entsagung des Herrn auf Vertretung der Unredlichkeiten des Verwalters und aus Berichtigung von Rechnungsfehlern ist wirkungs­ los"). Nach ertheilter Quittung muß der Verwalter dem Herrn das Rechnungsbuchwerk, die dazu gehörigen Beläge und alle Schriften aus­ antworten, die sich auf feine Verwaltung beziehen und bei ihm befinden. Vor ertheilter Quittung ist er nur verpflichtet, diese Bücher und Schriften dem Herrn aus Verlangen zur Einsicht vorzulegen"). Der Herr ist wie der Mandant dem Verwalter verpflichtet, ihm seinen Aufwand zu ersetzen"), das Honorar oder Lohn zu zahlen und ihn von Verbindlichkeiten gegen Dritte zu befreien"). Zur Sicherung seiner Ansprüche an den Verwalter kann der Herr sich vom Verwalter eine Kaution bestellen lassen, welche dann bis nach ertheilter Quittung haftet"). — Zur Sicherung der Ansprüche

46) §§. 150.151. d. T- Ueber die Entstehung de» letzteren §. s. Kamptz, Jahrb. B. 52 S. 19. Wegen Weglassungen: Striethorst B. 49 S. 73. Pr.Anw.Zeit. 1863. S. 150. Vergl. 1.13. § 1 1). XLIV. 3: rationes reipublicae, subscriptae et. expunctae adversus eum, qui administravit, ultra viginti, adversus heredem vero ultra decem annos retractari non possunt. Dagegen calculi erroris retractatio ctiam post dcccnnii aut vkennii tempora admittetur. 1. 8. D. L. 8. und 1. un. C. II. 5. Daö O.AG. München bezieht §. 150. d. T. auch auf Rech­ nungen der Verwalter von Gemeinden, Kirchenstiftungen und bergt jurist. Per­ sonen. (£§. 131. 132. II. 6.) Bl. s. RechtSanw. B- 19 S. 360. 47) Dernburg II. §. 184 Anm. 19 20 scheint auch hier trotz §§. 152. 153. d. Teine Frist, nicht Verjährung anzunehmen. 48) Und zwar nur der Herr, nicht auch der Verwalter oder dessen Erben verlieren durch zehn Jahre daS Anfechtungsrecht. Striethorst B. 4 S-61. 49) §§. 152.153. d. T. 5°) §. 146. d. T. 51) §§. 160.161. d. T. 52) Die Klage des Verwalters auf Erstattung der Auslagen setzt Rechnungslegung über Einnahmen und Ausgaben, oder die eine solche ersetzende Behauptung vor­ aus, daß Einnahmen nicht stattgefunden haben. Heuser II. 225. 53) §. 165. d. T. Wie bei dem Mandat. Oben §. 141. Note 119. 54) §. 164. d. T. Hier ist bezweifelt worden, ob, wenn die Fiktion des §. 158 ein­ getreten, derKlage des Verwalters auf Rückzahlung der Kaution doch noch die Einrede entgegengesetzt werden kann, daß Rechnung noch nicht gelegt worden. Das O.Trib. hat dies bejaht, dabei noch davon ausgehend, daß es sich hier um Verjährung handele. Striethorst B. 7 S. 287. Die Klage erscheint aber auf Grund der fingirten Erlassung der Rechnungslegung zulässig, etwaige Ansprüche bleiben der Einrede überlassen. Letztere sind dem Herrn bei der Fiktionstheorie aus §. 158 nur so weit genommen, als er nicht mehr Rechnungslegung selbst ver­ langen und nicht mehr solche Ausstellungen machen kann, welche nur gegen die

Zweites Buch.

392

Die besonderen Privatrechte.

des Verwalters wegen verwendeter Vorschüsse und Kosten und wegen des bedungenen Lohns hat dieser das Zurückbehaltungsrecht").

II.

Der Vertrag auf ein vereinigtes Thun.

§. 143. A-L.R. I. 17. tztz 169—310. II. 402.

Der Gesellschaftsvertrag.

Bornem ann IV. 23.

R. d. F. III. 615.

Unterholzner II. 378.

Daniels III. 338.

Koch, Pr.R.

Dernburg II. §§. 214ff. — Glück B. 15 S. 371.

Gesterding, Irrthümer S. 253.

(Beiträge zu der

Lehre von der Societät. 1817.) Treitschke, die Lehre von der unbeschränkt obli­ gatorischen Gewerbegesellschaft. (2. A. der Schrift: die Lehre von der Erwerbsge­ sellschaft.) 1844. Dankwardt, Nationalökonomie und Jurisprudenz. H. 1.1858. S. 20. Derselbe, national-ökonomisch-civilistische Studien. 1862. S. 65. —

Bangerow III. 481. Arndts S. 509. Sintenis II. 694. Keller S. 653. Brinz, Pand. I. 468. Windscheid II. §§. 405 f. — Zachariä (Puchelt) II. 560.

I. Begriff, Arten und Abschluß. Der Vertrag, durch welchen mehrere Personen ihr Vermögen oder Gewerbe, oder auch ihre Arbeiten und Bemühungen, ganz oder zum Theil zur Erlangung eines gemein­ schaftlichen Endzwecks vereinigen, wird Gesellschaftsvertrag ge­ nannt'). Das A.L.R. saßt den Begriff, obschon die Definition den Zweck unbestimmt läßt, enger als das römische Recht den der societas, indem es in diesem Abschnitt nur die Erwerbsgesellschaft regelt, Gesell­ schaften aber, deren Zweck ein persönlicher ist (societates mere perso­ nales), wohin die Vereine zu geselliger Erholung, zu literarischen, künst­ lerischen, Wohlthätigkeitszwecken gehören, ausschließt'). Solche Verbindun­ gen stehen unter anderen gesetzlichen Regeln (A.L.R. II. 6) und die hier zu erörternden Bestimmungen können nur in sehr beschränkter Weise bei ihnen zur Anwendung kommen'). In der Definition des §. 169 muß also der Endzweck der einzelnen Sozien spezieller als vermögens-

55)

*)

2) 3)

Rechnung zu richten waren. Die erlassene Rechnung gilt als abgenommen und quittirt. Jene Entscheidung des O.Trib. ist daher mit dem Pl Beschl. v. 6. Dezbr. 1858 nicht mehr vereinbar. §.165. d. T. im Konkurse nur, wenn die Auslage zugleich Verwendung zum Nutzen der zurückbehaltenen Sache ist. K.O. §. 41 N. 7. Wegen anderer For­ derungen kein Retentionsrecht, wohl aber die Kompensationseinrede. Stri ethorst B. 19 S. 144. §. 169. d. T. Er ist ein Konsensualvertrag, ein voluntarium consortium pr. J. III. 23. 1. 52. §. 8. D. XVII. 2. Nach röm. R. kann auch durch Handlungen stillschweigend eine Gesellschaft eingegangen werden (re. 1. 4. pr. D. XVII. 2), nur muß affectio societatis vorhanden sein. 1. 31. D. eod. Im preuß. R. fällt dies weg wegen der Formvorschrift. Koch, Komm. Noten zu §. 169. Entsch. B. 20 S. 328 f.

rechtlicher Zweck bestimmt werben4)- Eine Eigenthümlichkeit des Gesellschastsvertrages, durch welche er von vornherein von allen anderen Verträgen sich unterscheidet, liegt darin, daß er außer der Verbindung der Personen zu einer gemeinsamen Thätigkeit auch ihnen gehörige Ver­ mögenswerthe vereinigt, daß er also nicht, wie andere Verträge, einen Austausch oder Umsatz von Vermögenswerthen unter den Kontrahenten selbst herbeiführen sott5)-6 7 Verbunden werden produktive Vermögens­ kräfte, Arbeit und Kapital, oder nur Arbeiten"), um aus ihnen einen gemeinschaftlichen Erwerb, eine Vermögensvermehrung zu erzeugen. Die Grundlage und die Wirkung des Gesellschastsvertrages ist eine Ge­ meinschaft (cummunio); die Grundlage ist der gemeinschaftliche Fond, und die vereinigte Arbeit, die Wirkung ein gemeinschaft­ licher Erwerb. Darum überschreibt das A.L.R. richtig diesen Ab­ schnitt: „von Gemeinschaften, die durch Vertrag entstehen". Die Erwerbsgesellschast ist kein selbständiges, von den einzelnen Theilnehmern verschiedenes Rechtssubjekt; die Rechte und Pflichten werden auf die einzelnen Theilnehmer zusammen bezogen und unter ihnen nach An­ theilen zerlegt. Die Gesellschaft besteht in der Vereinigung dieser be­ stimmten Personen, sie ändert sich mit dem Austritt jedes einzelnen Mitgliedes und kann neue Mitglieder nicht aufnehmen, ohne selbst eine neue Gesellschaft zu werden'). Aber die Entwickelung, die im heutigen Recht das Gebiet der Vermögensvereinigungen namentlich zu dauernden Zwecken, die die Kräfte des Einzelnen übersteigen, in groß­ artigster Weise erfährt, hat vornehmlich dahin gestrebt, durch solche Ver­ bindungen neue Rechtssubjekte zu^ schaffen, die gewissermaßen in der 4) DaS beabsichtigte auch Suarez; die von ihm vorgefchlagene Raffung „zur Erlan­ gung eines gemeinschaftlichen Vortheils" ist aber nicht beliebt worden. Gesetzrevis. a. a. O. S. 18. Borne mann IV. 23. Erlaubtheit des Zwecks: 1. 70. in fin. D. XLVI. 1. 1. 57. D. XVII. 2. DaS RO.HG. — (inSbef. B. 18 S. 398, vgl. auch B. 8 S. 181, B. 17 S. 80, B. 21 S. 348) — leugnet die Nothwen­ digkeit eines vermögensrechtlichen Zwecks der Gesellschaft deö 17. Titels, betont jedoch, daß eine solche auf individuell bestimmte Mitglieder sich stützende Gesell­ schaft, welche der korporativen Konstruktion entbehre, der Regel nach vermögens­ rechtliche, hauptsächlich Erwerbözwecke, und zwar lediglich im Jntereffe der ein­ zelnen Gesellschafter verfolge, während die erlaubte Gesellschaft des Tit. 6 Th. II. nicht auf einer geschlossenen Zahl bestimmter Mitglieder beruhe, wenigstens nach Innen korporativ gestaltet sei und entweder rein persönliche oder zwar vermögens­ rechtliche Zwecke aber mit einer allgemeinen, das öffentliche Interesse berühren­ den Tendenz verfolge. Vgl. auch Entsch. B- 61 S. 194, B. 69 S. 160, B. 75 S. 252. 5) Brinz, Pand. S. 468. Die Leistung des Einen ist nicht, wie bei Kauf oder Miethe, ein Aequivalent für die Leistung des Andern; das Aequivalent, welches Jeder für seinen Beitrag erwartet, ist der gemeinsam zu erzielende künftige Ge­ winn. Mommsen Beiträge I. 408. Darum ist auch die actio pro socio utrimque directa. §. 2. J. IV. 16. 6) 1. 1. C. IV. 37.

§. 169. d. T.

7) Entsch. B. 20 S. 332.

394

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Mitte liegen zwischen der Gesellschaft und Korporation").

Von dieser

Richtung finden fich schon insofern schwache Andeutungen im A.L.R.

selbst,

als hier nicht wie nach römischem Recht die Gesellschaft durch

den Austritt oder den Tod einzelner Mitglieder zerfällt, und

als die

Handelsgesellschaft als geschlossenes Rechtssubjekt aufgesaßt wird ’).

Am

schwankendsten ist in dieser Hinsicht in der neuesten Gesetzgebung der Charakter der

offenen Handelsgesellschaft'").

Einerseits sind

die

Handelsgesellschafter vertragsmäßige Theilnehmer an einer Erwerbs­ gesellschaft, der Eintritt und Austritt einzelner Mitglieder ist nicht frei

und indifferent, ihre persönliche Thätigkeit wird in Anspruch genommen, jeder hat gegen Dritte volle Haftbarkeit.

Aber andererseits ändert ein

Wechsel der Mitglieder die Gesellschaft selbst nicht; nach Außen, gegen Dritte, erscheint sie nicht als die aus der Vereinigung einzelner Kräfte

erzeugte Summe, sondern als selbständiges Rechtssubjekt, welches als solches eigenes Vermögen hat, Rechte erwerben, Verbindlichkeiten über­

nehmen kann; und dies ist wesentlich dadurch ermöglicht und bedingt,

daß der

einzelne Gesellschafter für die Schulden der Gesellschaft mit

seinem ganzen Vermögen, über seine Einlage hinaus hastet, und daß neu eintretende Mitglieder die früheren Schulden der Gesellschaft mit übernehmen müffen. Dadurch ist der Gesellschaft eine Kreditbasis ge­

schaffen, die die Rechte Dritter gegen sie sichert und es nicht mehr nöthig erscheinen läßt, diese Dritten an die einzelnen Theilnehmer zu Die Haftbarkeit der Letzteren für den ganzen Umfang der Verbindlichkeiten der Gesellschaft darf niemals fehlen"), aber zu­

verweisen").

lässig ist es, daß neben einer solchen vollen Haftbarkeit wenigstens einer Person eine auf Einschuß oder die Einlage beschränkte Haftbarkeit anderer Mitglieder hinzutritt. Dann entstehen zwei Klaffen von Theilnehmern, offene und stille, und diese Verbindung heißt Kommanditgesell­ schaft; sie ist wesentlich eine Kombination des unbeschränkten Personal­ kredits der offenen mit einem beschränkten Realkredit der stillen Theil­ nehmer *3). •) Vergl. hierüber im Allgemeinen Keller, Pand. §.349 S.660f. ’) §§. 290 278-281. d. T. §§. 614. 647. II. 8.

10) Deutsches Hand.Ges.B. Art. 85—149. Die näheren Erörterungen hierüber können nur im Handelsrecht gegeben werden: der Herausgeber hat deshalb geglaubt die Andeutungen der früheren Ausgaben fortlassen zu sollen. Zu vergl. bes. Kuntze in Goldschmidts Zeitschr. B. 9 S. 192. Ladenburg im Arch. f. HandelSn. Wechselrecht v. Siebenhaar und Tauchnitz B. 10 S. 232, die handels­ rechtlichen Lehrbücher und Kommentare. n) Endemann Handelsrecht S. 180. HG.B. Art. 112. 113.

12) Art. 112.113. 13) D. H.G.B. Art. 150—172. Art. schaft 1881. Es sind zwei Arten ditgesellschaft, bei welcher der sellschaft auf Höhe seiner Einlage

250—265. Renaud, Die Kommanditgesell­ zu unterscheiden, die eigentliche Komman­ Kommanditist für die Verbindlichkeiten der Ge­ haftet, und die stille Gesellschaft, bei welcher

395

Der Gesellschaft-vertrag.

§. 143.

Mehr von korporativem Charakter ist die Aktiengesellschaft").

Hier hängt die Existenz des Vereins von den Mitteln und dem Zweck, nicht von der persönlichen Theilnahme bestimmter Personen ab, es tritt das sachliche Moment vor, das persönliche zurück, Gewinn und Verlust fallen nicht sowohl der Person als dem von ihr zur Gemeinschaft ein­ der Verlust geht nie über diesen Beitrag hin­

geworfenen Beitrag zu, aus.

Es wird

daher auch

die persönliche Thätigkeit des einzelnen

Theilnehmers für die Gesellschaft nicht in Anspruch genommen, die Ge­ sellschaft als Rechtssubjekt wird durch besondere Organe thätig und nach Außen vertreten.

Die Einzelnen stehen in keiner persönlichen Verbin­

dung unter einander, über ihnen.

ein ideales Ganze schwebt sie zusammenhaltend

Es ist einflußlos, ob einzelne Mitglieder ausscheiden, an­

dere hinzutreten, ja selbst ob die Antheile an der Gesellschaft bestimmten

Inhabern zugeschrieben werden oder au porteur lauten und damit dem freiesten Verkehr preisgegeben sind. Das Rechtssubjekt der Gesellschaft kann durch seine geordneten Organe Schuldverpflichtungen übernehmen; unter den Gesellschaftern kann es verschiedene Abstufungen der Rechte, insbesondere solche geben, die einem engeren Kreise von Gesellschaftern

gegenüber wieder als Gläubiger erscheinen (Prioritätsaktien), wie die Gesellschaft

auch

mit

staatlicher

Genehmigung

Jnhaberobligationen

emittiren kann, deren Inhaber antheilsberechtigt an einer Obligation

der Gesellschaft find (Prioritätsobligation). Neben den Aktiengesellschaften hat sich im Verkehr die Aktien­ kommanditgesellschaft gebildet") und sich die gesetzliche Anerkennung

errungen").

Es ist diejenige Kommanditgesellschaft, bei welcher das

von den stillen Gesellschaftern (Kommanditisten) vereinigte Kapital in Aktien zerlegt ist. Die Ausgeber der Aktien können selbst einzelne Per­ sonen sein oder eine offene Handelsgesellschaft bilden, so daß auch hier

die unbeschränkte Haftbarkeit der Ausgeber sich mit der auf die Aktie beschränkten der Kommanditisten vereinigt.

Die Aktie muß aus einen

bestimmten Inhaber lauten, kann aber durch Jndoffament auf Andere übertragen werden. der stille Gesellschafter den Gläubigern nicht haftet, sondern nur an Gewinn und Berlust betheiligt ist. Auch hier ist wegen des Näheren auf die handels­ rechtlichen Darstellungen zu verweisen. H) D. H G.B. Art. 207—249. Ergänzt und geändert durch daS Bundes-Gesetz vom 11. Juni 1870, betr. die Kommanditgesellschaft auf Aktien und die Aktiengesell­ schaften (B.GBl. S. 375). Eine neue reichsgesetzliche Regelung wird vorbereitet. Vgl. unter d. Handbüchern und Kommentaren des Handelsrechts bes. Renaud. D. R. d. Aktiengesellschaft 1863. 2. Aust. 1875. Keyssner. Die Aktien- u. Kommanditgesellschaften auf Aktien. 1872.

15) Keller, Pand. S. 661. 16) D. H-G.B. Art. 173—206. deutschen R. B. 1 S. 326. manditgesellschaft.

Endemann Handelsrecht S. 343. Anschütz in BekkerS und MutherS Zahrb. des gem. Keyssner (vgl. Anm. 14). Renaud, die Kom­

396

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Dieser Ueberblick soll nur im Allgemeinen andeuten, wie mannig­ faltig die Gestaltungen der Gesellschaftsverträge im heutigen Verkehr sind. Dem A.L.R. sind dieselben fremd, erst durch die neuere Gesetz­ gebung haben sie ihre feste Regelung erhalten"). Auch die einfache Erwerbsgesellschaft, wie sie aus dem römi­ schen Recht in das A.L.R. übergegangen, ist von verschiedener Art. Eine societas omnium bonorum (universarum fortunarum), d. h. die vertragsmäßige Vereinigung des ganzen gegenwärtigen und künftigen Vermögens mehrerer Personen in dem Sinn, daß jeder derselben Miteigenthümer der ganzen dadurch gebildeten Vermögensmaffe in aktiver und passiver Hinsicht wird "*), hat das A.L.R. abgewiesen "). Ein solcher Vertrag kann daher nach preußischem Recht keine vertragsmäßigen Rechte und Pflichten erzeugen. Die eheliche Gütergemeinschaft steht unter anderen Gesichtspunkten. Das A.L.R. kennt nur die Gemein­ schaft des Erwerbs (societas quaestus 8. lucri), und zwar sowohl allen Erwerbs als des aus einem bestimmten Kreis von Geschäften oder aus einer einzelnen Unternehmung entspringenden (societas quaestus gene­ ralis, specialis, Singularis)20 17).21 * 19 Der Erwerb wird immer gemeinschaft­ liches Eigenthum der Gesellschafter2'). Aber ob der durch Einlagen und Beiträge gebildete Fonds, die Grundlage der Gesellschaft, ein Miteigenthum aller Theilnehmer wird, oder das Eigenthum des ein­ legenden Mitglieds bleibt und den anderen nur zum Gebrauch über­ geben wird, hängt von den näheren Abreden ab. Nach gemeinem Recht ist streitig, ob für eine s. g. societas quoad sortem oder quoad usum zu vermuthen sei, und diese Frage hat ihre praktische Bedeutung 17) Don anderen in der neueren Gesetzgebung geregelten Vereinen, die bei Begrün­ dung in bestimmter Art und Weise und nach Beobachtung gewisser Formen auf Grund richterlicher Eintragung in bestimmte Register juristische Persönlichkeit erhalten, den auf Selbsthülfe gegründeten Erwerbs- und Wirthschaftsge­ nossenschaften, (Ges. v. 27. März 1867. Ges.S. S. 501. Bundesgesetz v. 4. Juli 1868 B.G.Bl. S. 415), und den auf der Grundlage einer unbegrenzten Beitrags­ pflicht der Genossen zu den gemeinsamen Schulden beruhenden freien Waffergenoffenschaften (Ges. v. 1. April 1879 Ges.S. S. 297, vgl. oben B. I S. 657 Anm. 73) wird ebenso, wie von den ausdrücklich mit Korporalionsrecht versehenen Gesellschaften und den gesetzlich anerkannten öffentlichen Genossenschaften im GesellschaftSrecht näher zu handeln sein. Dgl. jedoch Entsch. B. 69 S. 160, wo „nicht eingetragene" Genossenschaften als Erwerbsgesellschaften im Sinne des 17. Titels beurtheilt sind.

l«) 1. 1. §. 1.

1. 2. 3. pr. 1. 27. 52. §. 18.

1. 73. D. XVII. 2

19) §.176. d. T. Suarez (Jahrb. B. 41 S. 57). Nach dem Code a. 1837 ist sie zulässig quoad usum; eine quoad sortem eingegangene ist nichtig. Zachariä II. 564. Nach österr. G.B. §. 1177 in beschränkter Weise zugelassen: nur das gegenwärtige Vermögen und der zukünftige Erwerb (nicht das Geerbte). Das sächs. G.B. §. 1360 läßt die allgem. Gesellschaft zu.

-o) §§. 178.183 d. T. L. 5 pr. D. XVII. 2 societates contrahuntur sive negotiationis alicujus, sive etiam rei unius. pr. J. III. 25.

21) §§. 175. 205. d. T.

§. 143. Der Gesellschaftsvertrag.

397

für die Auseinandersetzung der Genossen bei der Auflösung der Gesell­

schaft und für die Folgen, welche der Verlust an dem Fonds für die­ jenigen Mitglieder haben soll, die nicht zu demselben beigetragen haben. Bei der societas quoad sortem erwirbt jeder Theilnehmer das Mit-

eigenthum,

er trägt also die Gefahr mit allen zusammen und keiner

kann bei der Auflösung

die eingeworsene Sache oder das eingelegte

Kapital vorweg wegnehmen, sondern die ganze Masse wird unter Alle getheilt, ohne Unterscheidung der Mitglieder, welche Einlagen gemacht oder Beiträge gezahlt, und derjenigen, welche hiervon befreit nur Dienste

geleistet haben.

Bei der societas quoad usum

dagegen bleibt jeder

Theilnehmer Eigenthümer seiner Einlage, trägt deren Gefahr und nimmt sie bei der Auflösung der Gesellschaft oder bei seinem Austritt aus der­

selben wieder zurück.

Die nicht beitragenden Mitglieder erlangen keinen

Miteigenthumsanspruch an den Einlagen der Anderen.

Zur Zeit der

Redaktion des A.L.R. war die herrschende Ansicht, daß für eine societas quoad usum zu vermuthen sei, weil der Zweck der Gesellschaft nur der gemeinschaftliche Gewinn oder Erwerb sei, und zur Erreichung dieses

Zwecks nicht erfordert

werde,

daß die Einlagen Miteigenthum aller

Theilnehmer werden, der Einlegende sich seines Alleineigenthums ent­

äußere").

Nach der von dem Verfasser in den früheren Auflagen aus­

geführten Ansicht") fließt hieraus die Bestimmung des A.L.R., daß die von Geldbeiträgen entbundenen Gesellschafter den Verlust am Fonds

22) Die lange Reihe der bei Glück B. 15 S. 399 Note 85 angeführten Schriftsteller bezeugt dies. Unter diesen befinden sich gerade diejenigen, von denen man ge­ wöhnlich annimmt, daß sie von den Redaktoren des jA.L.R. vorzüglich benutzt worden sind: Donellus, Bachovius, Struv, Lauterbach, Stryck, Wernher, Cocceji. Beizufügen ist noch Gebr. Overbeck med. III. 154. Eigentlich hat nur Voet, Comment, ad Inst. III. 26. §. 2 dissentirt. 23) Für dieselbe wird auch eine Aeußerung von Suarez herangezogen: „ad §.206 ist die Frage eines Monenten, ob ein nur operas konferirender socius finita societate auch einen Antheil am Kapital fordern könne, eine wahre quaestio Domitiana. Daß er an die Einlagen der Geld beitragenden sociorum nicht Anspruch machen kann, versteht sich von selbst, u. s. w." Aus dieser Aeußerung wird ge­ folgert, Suarez sehe es als selbstverständlich an, daß die Einlagen nicht Mit­ eigenthum werden. Auch Koch hat die Aeußerung so aufgefaßt und Suarez deshalb an mehreren Stellen (s. kritische Jahrb. von Schneider und Richter, II. 1838. S. 725 a. E. R d. F. III. 625. Note 10. Komment, zu I. 17. §. 201 Ignoranz vorgeworfen, wofür er eine Zurechtweisung in dem Centralbl. 1838. Sp. 1076 erfahren hat. Der Herausgeber muß die Aeußerung von Suarez anders auffassen. Sie bezieht sich auf die Auseinandersetznng. Bei dieser zieht nach §. 305. d. T. jeder seinen Kapitalbeitrag zurück. Die Aeußerung von Suarez setzt nun die quaestio Domitiana voraus, welchen Beitrag der zurückfordern könne, der keinen gegeben habe. Dem Herausgeber ist nicht ganz klar geworden, ob Förster abweichend von der eben dargelegten und im Text näher entwickelten Auffassung etwa angenommen hat, daß die societas quoad sortem schlechthin zu der Annahme führe, daß die Genossen ein die Rückforderung des Kapitalbei­ träge einschießender Genossen nach Auflösung der Societät ausschließendes, eine Theilungsforderung begründendes Miteigenthum hätten.

398

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

nicht übertragen, sondern nur Gewinn entbehren können"). Dagegen wurde darauf verwiesen, daß an einer anderen Stelle ohne Unterschei­ dung der beitragenden und nicht beitragenden Mitglieder gesagt werde:

„der zum Betriebe des gemeinschaftlichen Geschäfts zusammengetragene Fonds ist von der Zeit des geschlossenen Vertrags an als gemeinschaft­

liches Eigenthum anzusehen"2ä), und daß sich daran Vorschriften knüpfen, wie dies gemeinschaftliche Eigenthum an Grundstücken und beweglichen Sachen zum Ausdruck kommen soll, und in welchem Fall nur eine Ge-

brauchsüberlafsuug anzunehmen sei").

Die früheren Auflagen führen

aus: Man werde, um die Bestimmungen des A.L.R. zu vereinigen, an­ nehmen müssen, daß unter den beitragenden Mitgliedern ein Mit-

eigenthum entsteht, daß den nicht beitragenden Mitgliedern dagegen an dem Fonds ein solches nicht gewährt sei"), und daß auch bei den ersteren das Miteigenthum ausgeschlossen bleibe, wenn nicht diejenigen

Bedingungen erfüllt sind, welche das Gesetz hierfür vorschreibt, nämlich daß die Grundstücke den Mitgliedern im Grundbuch zugeschrieben, die

Mobilien taxirt eingeworsen werden.

Der Herausgeber kann die land­

rechtlichen Bestimmungen nicht so verstehen.

Die zum gemeinschaft­

lichen Fonds gezahlten Gelder, die Mobilien und Effekten, für welche ein Taxpreis bestimmt worden, die Grundstücke aber nur bei ausdrück­ lich dahin gehender Abrede oder wenn deshalb ein Vermerk in das

Grundbuch eingetragen worden, werden Eigenthum der Gesellschaft, d. h. diese kann jetzt das Geld verwenden, die Mobilien, Effekten, Grundstücke

veräußern, und zu diesen Dispositionen ist ein giltiger Gesellschaftsbeschluß und der gütige Vertretungsakt eines Gesellschafters erforderlich. Auch die­

jenigen, die keinen Kapitalbeitrag leisten und deshalb bei der endlichen Auseinandersetzung nichts, was sie inserirt haben aus den Gemeinschafts­

fonds herausnehmen, sind Miteigenthümer. Verluste am Fonds der Ge­ sellschaft find aber lediglich aus diesem selbst zu decken. Der von Zuschüssen und Beiträgen freie Gesellschafter hat also nichts dazu bei2‘) §§. 256. 257. d. T.

25) §. 198. d. T. M) §§. 199-202. b. T. Bzl. auch Entsch. B. 51 S. 143 u. Strieth B. 43 S. 28, B. 51 S. 161 darüber, daß in dem Vertrage über Bergemeinschaftlichung zugleich ein constitutum possessorium zu Gunsten der Miteigenthümer zu finden, so daß es eines weiteren UebergabeaktS nicht bedarf. Bezüglich der Grundstücke vgl. unten Anm. 44.

27) Dafür wird noch der Zusammenhang des §. 198 mit den vorangehenden §§. 189 ff. angezogen, in denen nur von beitragenden Mitgliedern die Rede fei. Ein Be­ denken könne scheinbar aus §. 106. d. T. insofern hergeleitet werden, als hier­ nach die Auseinandersetzung nach den Regeln des 1. Abschnitts dieses Titels, d. h. wie bei dem Miteigenthum (§§. 87 fg. d. T) erfolgen solle. Allein nur das, was Miteigenthum ist, solle so getheilt werden, also der gemeinschaftliche Gewinn, und von dem Fonds nur das, was zu Miteigenthum angelegt worden, und nur zwischen denen, die ein Miteigenthum an ihm erlangt haben. Sonst wäre die in

§. 143.

zutragen.

Der Gesellschaftsvertrag.

399

So lange das Miteigenthum der Gesellschafter dauert, steht

nicht fest, zu welchem Antheil jeder einzelne Genosse eigenthumsberechtigt ist. Wie sich die Sache bei der Beendigung der Gesellschaft stellt, ist unten zu untersuchen.

Wenn der Gesellschaft an einzelnen beweglichen

oder unbeweglichen Gegenständen nur der Gebrauch zustehen soll, sei

es daß dies verabredet oder daß die oben angegebenen Bedingungen entstehenden gemeinsamen Eigenthums nicht vorhanden sind, so erlangt

die Gesellschaft nicht die Möglichkeit der Disposition über die Sache; dieselbe wird bei Beendigung der Societät in specie kraft Eigenthums

zurückgenommen, es bedarf in sofern keiner Auseinandersetzung, keiner

Berechnung des Antheils, keiner Zurückgabe"). Die allgemeine Erwerbsgesellschaft bedarf der gerichtlichen Form des Abschlusses und, um gegen dritte Personen als Gemeinschaft zu gelten, öffentlicher Bekanntmachung").

Unterbleibt letztere, so soll

dies dem gutgläubigen Dritten, wenn er mit einem der Interessenten verhandelt hat, nicht „zum Nachtheil gereichen", Vortheil darf ihm aber aus solchem Nichtwissen nicht zufallen").

Das Rechtsverhältniß der

Theilnehmer in Ansehung des Besitzes, der Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Erwerbes unterliegt den Regeln vom Miteigen­

thum 31). Die Frage iber, was zu diesem Erwerb zu rechnen, soll nach

den Bestimmungen über die eheliche Gütergemeinschaft entschieden wer­ den, wie nach diesen sich auch die Erfordernisse zur Abschließung eines

solchen Vertrages richten").

Die besondere Erwerbsgesellschast bedarf immer wenigstens §§• 241—243 vorgeschriebene Berechnung des Gewinnes bedeutungslos. Auch Dernburg ll. 8-217 Anm S spricht sich dahin aus, daß im Zweifel nur die kapitalbeitragenden Gesellschafter Miteigenthum erhalten.

28) Mit dieser Auffassung, welche bezüglich des Rechts des einzelnen Gesellschafters bei Beendigung der Genossenschaft seinen Beitrag auS dem gemeinschaftlichen Gut aus­ gekehrt zu verlangen, unten zu ergänzen, stimmt auch österr. G B. §§ 1183.1192 (der Hauptstamm bleibt Eigenthum derjenigen, die dazu beigetragen haben), und sächs. Ges.B. §§. 1360. 1388. Bei der Theilung wird stets das Eingebrachte zurückgegeben. Ebenso entsprechen die handelsrechtlichen Bestimmungen. — Keine ausdrückliche Vorschrift enthält das Landrecht bezüglich einer al» Beitrag in den gemeinschaftlichen Fonds eingebrachten Forderung. ES kann aber hier ein usus ebensowenig wie bei eingebrachtem Geld beabsichtigt sein. Die Gesellschaft hat also das Recht die Forderung einzuziehen und der Erlös derselben muß dann als eingebracht gelten. 29) §§• 178. 179. d- T. Die gerichtliche Form ist beliebt worden, um möglichst Ver­ wirrungen und Prozesse zu verhüten. (Suarez, Jahrb. B. 41 S. S7.) Die Bekanntmachung geschieht durch die Amtsblätter. Ges. v. 21. Dezbr. 1849 §. 2. (Ges.S. S. 441.) 30) §■ 180. d. T- Der Dritte kann also aus des andern Sozius nicht erwerben, wenn ihm der erwachsene Nachtheil zu ersetzen. allgemeine Erwerbsgesellschaft haben kaum ”) §. 182. d. T.

32) §. 181. d. T.

einem solchen Geschäft zum Nachtheil er aber etwas restituiren muß, so ist Die unklaren Bestimmungen über die eine praktische Bedeutung/

400

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

der einfachen Schristform"). Unterbleibt sie, so entstehen vertragsmäßige

Rechte und Pflichten zwischen den Gesellschaftern überhaupt nicht; das

von ihnen gemeinschaftlich an Geld und Arbeit Verwendete und Er­ worbene wird

als zufällig gemeinsam geworden beurtheilt").

Eine

öffentliche Bekanntmachung findet nicht statt, haben aber die Gesell­

schafter Abweichungen von den gesetzlichen Regeln,

durch welche ihre

Rechte und Pflichten eingeschränkt werden, verabredet, so können fie solche gegen Dritte nur geltend machen, wenn sie diesen bekannt ge­

worden"). Im Allgemeinen soll, wenn in der Vertragsurkunde die Größe der vereinigten Vermögenswerthe und

der Umfang des

zu erreichenden

Zwecks undeutlich geblieben, mehr für Einschränkung als für Erweite­ rung interpretirt"),

die Pflichten der Mitglieder zur Erreichung des

gemeinschaftlichen Zwecks und ihre Rechte an den erreichten Vortheilen sollen im Zweifel als gleiche angenommen werden, ohne daß ein Unter­

schied gemacht wird zwischen denen, die ihre Arbeit und denen, die ihr

Kapital beitragen"). II. Rechte und ander.

Pflichten der Gesellschafter unter ein­

Mit dem Tage, an welchem der Vertrag abgeschloffen worden,

erlangt die Gesellschaft ihre rechtliche Existenz und beginnen die gegen33) §§. 170.183. d. T. Handelsgesellschaften und Bereinigungen zu einzelnen Han­ delsgeschäften können mündlich errichtet werden, H.G B. Art. 85. 150 Abf. 3, 250 Abs. 2, 266; bei Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien jedoch gerichtlicher oder notarieller Grundvertrag und schriftliche Zeichnung. H.G B. Art. 208.174.

34) §.171. d. T. Die Worte „bei Strafe der Nichtigkeit" in §. 170 sind vom Ge­ setzrevisor als überflüssig angefochten, von Koch (R. d. F. III. 620) vertheidigt. Sie erklären sich aus §. 171 dahin, daß ein mündlicher Gesellschaftsvertrag keine Gesellschaft erzeugt, daß nur eine thatsächlich entstandene Gemeinschaft Wirkungen äußert. Da aber auch, wenn jene Worte fehlten, die actio pro socio doch wegfiele (§. 155. I. 5), so können fie als überflüsstg bezeichnet werden. Der Gegenstand der thatsächlichen Gemeinschaft ist der znfamm eingeschossene Fonds, die zu dem verabredeten Zweck geleisteten Arbeiten (Strieth. B. 37 S. 158) und der Erwerb. Ein häufig vorkommender Fall ist die mündliche Verabredung, ge­ meinschaftlich ein Lotterieloos zu spielen. Bergl. hierüber überhaupt die Ergän­ zungen zu §§. 169—173, wo mehrfache Entscheidungen des O.Trib. mitgetheilt find, und Entsch. B. 52 S. 431. R.G. bei Gruchot B. 25 S. 740. Fall einer konkludenten Willenöeinigung über eine Gemeinschaft mit der Wirkung zufällig entstandenen Miteigentums Entsch. B. 79 S. 163.

35) §. 187. d. T. Eine Beschränkung der gesetzlichen Regel ist es z. B., wenn nur Einer die Gesellschaft nach außen vertritt, und Andere als stille Gesellschafter nur mit ihrer Einlage haften sollen. Strieth. B. 53 S. 211.

36) §. 174. d. T. 37) §.175. d. T. (An den erreichten Vortheilen, nicht an dem Fonds der Ge­ sellschaft.) Gleichheit der Theilnahme wird namentlich auch dann angenommen, wenn mehrere mit einem Dritten einen Vertrag abgeschlossen haben, und über ihr gegenseitiges Verhältniß ein besonderes Abkommen nicht verabredet worden ist. §§. 172.173. d. T. Entsch. B. 26 S. 296. Striethorst B. 24 S. 96, B. 55

S. 350.

§. 143.

401

Der Gesellschaft-vertrag.

fettigen Rechte und Pflichten der Gesellschafter"), Nutzen und Schaden werden ihnen von da an nach Verhältniß ihrer Antheile gemeinsam “).

Die Pflichten und Rechte äußern sich

1. in der Bildung des ge­

meinschaftlichen Fonds, d. h. in der Vereinigung der Vermögens­

werthe zu dem bestimmten Zweck").

Gebildet kann dieser Fonds wer­

den durch ursprüngliche Einlage und fortlaufende Beiträge").

Vertrag bestimmt, gen hat.

wie viel der Einzelne

Bleibt dies zweifelhaft,

Der

einzulegen und beizutra­

so muß Jeder in gleichem Ver­

Es können einzelne Mitglieder von Einlagen und

hältniß beitragen").

Beiträgen befreit sein, die dann nur ihre Arbeit zur Gemeinschaft geben.

Die Einlagen und Beiträge bestehen in Geld, in Grundstücken, in be­ weglichen Sachen, und

wie oben bereits hervorgehoben, können die

beiden letzten Kategorien zu Eigenthum oder nur zu Gebrauch an die Gesellschaft übergehen.

Soll ein Grundstück gemeinschaftliches Eigen­

thum der Gesellschafter werden, so gilt schon nach Landrecht das Mit-

eigenthum gegen Dritte nur, wenn es im Grundbuch den Gesellschaf­ tern zugeschrieben ist").

Nach dem geltenden Grundbuchrecht kann die

Einräumung des Miteigenthums an die anderen Gesellschafter nur durch

Auflassung ins Werk gesetzt werden"). Die Vertragbestimmung, daß ein Grundstück zum Gesellschaftssonds gehören solle, muß aber unter den Gesellschaftern soweit wirksam sein, als die obligatorische Verpflichtung

Wirkungen erzeugen kann. Es besteht jedenfalls das Gebrauchrecht für die Gesellschaft und das Recht der anderen Sorten auf Auflassung. — Verzug in der Leistung des Beitrags oder der Einlage verpflichtet zum Schadenersatz,

oder bei Geldbeiträgen ebenso wie bei der Ab­

lieferung von Geldern, die zur Gemeinschaft gehören, nach der Wahl ") §. 188. d. T. 39) §• 205. b. T.

40) §§. 189-204. d. T. 41) Striethorft B. 24 S. 95. 4S) §. 189. b. T.

43) §§• 198—201. b. T- Die Zuschreibung im Grunbbuch geschieht nicht auf bic Gesellschaft, weil sie keine juristische Person ist. Reskr. v. 8. Jan. 1836 (Jahrb. B- 42 S- 368). Anders bei Handelsgesellschaften, selbst ber offenen und Kom­ manditgesellschaft nach Art. 23 des Einf.Ges. z. H-Ges-B. v. 24. Juni 1861. Der Satz des §. 199 war landrechtlich eine Singularität, dem geltenden Grundbuch­ recht entspricht derselbe. Bom Standpunkte des Landrechts aus konnte noch fraglich sein, ob ein bösgläubiger Dritter, der trotz seiner Kenntniß von der Zu­ gehörigkeit des Grundstücks zum SoeietätSfondS sich ein Recht daran von dem eingetragenen Eigenthümer hat übertragen lassen, sich aus §. 199 zur Ausschlie­ ßung jeder Anfechtung seines Rechts wegen seines bösen Glaubens berufen kann. Eine solche Bedeutung wird man aber dem §. 199 nicht zuschreiben können.

44) Das Einbringen de« Grundstücks in die Gesellschaft ist eine sreiwillige Veräuße­ rung , die unter der Regel des §. 1 Eig.Erw.Ges. v. 5. Mai 1872 steht. girsier, Preuß. Pnoatrecht. II. 4.Auft.

26

402

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

der übrigen Gesellschafter zur Entrichtung von Verzugszinsen"). — Zu

verstärkten Beiträgen, um die Geschäfte der Gesellschaft bei Bewahmng

des ursprünglichen Zwecks zu erweitern, kann nach Abschluß des Ver­ trages kein Theilnehmer genöthigt

werden,

es bleibt den Einzelnen

überlassen, ob sie freiwillig mehr leisten wollen, vielleicht um durch die Mehrleistung auch den Antheil am Gewinn zu erhöhen"). Sollen die

verstärkten Beiträge dazu dienen, den Zweck der Gesellschaft auf einen

anderen Gegenstand auszudehnen, so ist dies ein neuer Gesellschastsvertrag, an welchem das weigernde Mitglied nicht Theil nimmt"). Wird eine Er­ höhung des Beitrags zur Erreichung des unveränderten gemeinschaftlichen Zwecks nothwendig, so darf auch in diesem Fall zwar kein Mitglied zu der größeren Leistung angehalten werden, aber die anderen Mitglieder

können den Austritt des weigernden verlangen,

und dieser darf noch

vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit austreten").

Die Rechte und Pflichten der Gesellschafter äußem sich 2. bei dem Be­ triebe des Geschäfts "). Die Regel ist, daß jeder Gesellschafter in gleicher Weise an dem Geschäftsbetrieb fich zu betheiligen hat, daß die Geschäfte gemeinschaftlich von allen besorgt werden"), daß sie sich gegenseitig Treue und Glauben halten sollen, daß jeder mindestens den Grad von Fleiß

und Aufmerksamkeit anwende, den er in seinen eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt"). Regelmäßig setzt das Landrecht hiernach gemein45) §§. 903. 204. d. T- D.H.G.B. Art. 95. (Die Zinsentrichtung befreit nicht vom Ersatz des größeren Schadens ) 46) §§. 193-195. d. T. H.G.B. Art. 92. Oesterr. G-B. §. 1189. 4r) 48) 49) b°) 81)

§§. 196.197. d. T. §§. 191.192. d. T. §§. 206-218. d. T. Seuffert XU. 270. 1. 3. §. 3.1). XVII. 2. 211. Was die dilig. quam quis suis betrifft (f. V. 1 S. 161. 800), so steht Förster ste auch hier nur als Entschuldigungsgrund an, wie bei dem Deposttar. S. oben §.139 bei Note 26. Suarez bei Bornemann IV. 29. Note 2. (Kann die dilig. in concr. nicht nachgewiesen werden, so soll dilig. media in abstr., d. h. culpa levis angenommen werden) spricht nach der Auffaffung des Herausgebers gegen, nicht für diese Einschränkung. Jedenfalls enthalten §§. 212—214. d. T. Fälle, in welchen die entschuldigende Berufung auf Nachlässigkeit in eigenen Angelegenheiten ausgeschlossen, dagegen das Recht der Genoffen auf den in den eigenen Angelegenheiten angewandten höheren Grad von Aufmerksamkeit ausdrücklich aufrecht erhalten wird, und zwar nicht so, als ob damit eine Singularität für diese Fälle eingeführt würde, sondern als eine Aufrechterhaltung der daö Rechtsverhältniß beherrschenden Regel. Vgl. Anm. 55. Nach röm. Recht culpa, quae non ad exactissimam diligentiam dirigenda est; sufficit enim talem diligentiam in communibus rebus adhibere socium, qualem suis rebus adhibere solet, nam qui parum diligentem socium sibi assumit, de so queri debet. §. 9. J. III. 25. 1. 72. D. XVII. 2. 1. 52. §. 2. eod. 1.23. de R. J. Ausführlich hierüber Treitschke §§.21.22.23. D.H.G.B. Art. 94 ebenfalls dilig. quam suis. — Die Gefahr, d. h. das kasuelle Unmöglichwerden der Leistungen (Beitrag oder Arbeit) haben die Gesellschafter gegen einander nicht zu vertreten. 1. 52. §. 3. D. XVII. 2. 1. 6. C. IV. 24. ES verliert also der,

§. 143.

Der Gesellschaftsvertrag

403

schaftliche Thätigkeit aller Sozien voraus, ohne daß eine Mehrheit die

Minderheit durch Beschlüße in anderer Weise binden könnte, als dies bei der Verfügung über gemeinsame Sachen überhaupt zulässig und in

der Lehre vom Miteigenthum näher zu erörtern ist.

Insofern aber

hiernach Mehrheitsbeschlüsse vorkommen können, oder sofern solche in

dem Societätsvertrage ohne nähere Regelung vorgesehen sind, wird im Zweifel die Mehrheit nicht nach den Beiträgen, sondern nach den

Personen berechnet").

Es ist ferner zulässig, daß einzelnen Mitglie­

dern der Geschäftsbetrieb überlassen wird.

Das zeigt sich schon in der

Möglichkeit, daß einzelne Mitglieder sich nur zum Geldbeiträge, nicht zum Betrieb der Geschäfte verbinden.

Jedoch beschränkt sich dann die

Ermächtigung der betreibenden Mitglieder aus den gewöhnlichen Betrieb.

Sollen Handlungen vorgenommen werden, die den Grundsätzen des Ver­

trages nicht entsprechen, so müssen alle Gesellschafter zur Beschlußfassung

zugezogen werden").

Es kann auch einem einzigen Mitglied« allein der

Betrieb aller oder einzelner Geschäfte mit ausdrücklichen Beschränkungen oder unbeschränkt übertragen werden, und dieser hat dann die Stelle eines

Bevollmächtigten"). Es kann ferner die Vertretungspflicht des Einzelnen über das Maß der Aufmerksamkeit in eigenen Angelegenheiten erhöht werden, und dies ist der Fall, wenn er für die Besorgung eines Geschäfts

außer seinem Antheil am Gewinn noch eine besondere Belohnung empfängt, wenn ihm einzelne Sachen zur besonderen Verwahrung oder Verwal­ tung anvertraut worden sind"). Welchen Grad des Versehens er dann zu vertreten hat, richtet sich nach der Ratur der Ueberzeugung. — Ver­ schuldete Beschädigung verpflichtet zum Schadenersatz"), und diese Verbessert Leistung von der Unmöglichkeit betroffen wird, nicht deshalb seinen Antheil am Gewinn, dieser wird aber möglicherweise dadurch für Alle geringer. Kann ein Gesellschafter überhaupt die bedungene Leistung nicht mehr gewahren, so scheidet er aus der Gesellschaft auö, denn er wirkt nicht mehr zum gemeinschaftlichen Zweck mit. Bliebe er Mitglied der Gesellschaft, so würde ihm der Gewinnantheil ge­ schenkt. Mommsen, Beitr. I. 405 fg. 1. 32. §. 24. D. XXIV. 1 nulla societas, quae donationis causa interponitur. Nach dem sächs. G.G. §. 1363 verliert der Gesellschafter, dessen Leistung zufällig unmöglich geworden, den Anspruch auf den Gewinn. —

52) §§• 206—210. d. T. Die abweichende Regelung der offenen Handelsgesellschaft s. in H.G.B. Art. 102 ff., Kommanditgesellschaft, Art. 158, stille Ges. Art. 251 Abs. 1. 58) §.208. d. T. Koch. Note dazu. Vgl. auch H.G.B. Art. 103. helligkeit.) Oesterr. G.B. §. 1187.

(Stimmenein­

54) §§• 210. 231. d. T. Das O.Trib. hat angenommen, daß die Gesellschaft nach außen von Einem Gesellschafter vertreten werden, und alle anderen stille Gesell­ schafter sein können, welche nur mit ihren Einlagen haften. Striethorst B. 53 S. 211. Beschränkungen der Vertretung Dritten gegenüber sind handelsgesetzlich un­ zulässig. H.G.B. Art. 116. Oesterr. G.B. Art^ 1190. 5I) §§. 212. 213. 214. d. T.

1. 52. §§. 2. 3. D. XVII. 2.

56) 1-1. §. 1. D. XXII. 1 (vorenthaltene und im eigenen Nutzen verwendete Gelder der Gesellschaft), 1. 60. pr. D. XVII. 2 (Verzug in der Ablieferung des gemachten Erwerbs). Seuffert IX. 28.

404

Zweites Buch.

Die besondere» Privatrechte.

Kindlichkeit kann nicht mit besonderen Vortheilen kompensirt werden, die anderweitig das Mitglied der Gesellschaft verschafft hat"). Endlich sind

die Gesellschafter verpflichtet, die Geschäfte persönlich zu betreiben, sie dürfen nicht Fremde an ihrer Statt der Gesellschaft zum Mitgliede auf­ dringen, und sich dadurch ihren Pflichten entziehen").

Aus dem Geschäftsbetrieb folgt 3. die Pflicht zur Rechnungs­

legung,

obliegt").

welche jedem

handelnden Mitgliede

gegen

die Gesellschaft

Auch der Erbe eines Gesellschafters muß Rechnung legen60 * *).61 5862 5963 * *

Es darf dem Recht aus diese entsagt werden und dann verpflichtet nur

ein nachgewiesener Betrug, vollständige Rechnung vorzulegen6'). Beweisführung im Falle des

liegt jetzt

Streits über Rechnungsposten

den allgemeinen Vorschriften;

die Bestimmung,

Die unter­

daß als

Belag und Nachweis unter bestimmten Umständen eine eidesstattliche Versicherung des Rechnungslegers genüge66), hat gegenüber dem pro-

zeffualischen Grundsatz der freien Beweiswürdigung keine Bedeutung mehr.

In der Rechnung werden die von den einzelnen Gesellschaftern

geleisteten Vorschüsse mit landüblichen Zinsen,

Reise-, Zehrungs- und

andere unvermeidliche Kosten des Rechnungslegers, so wie der Scha­ den, den er bei dem Geschäftsbetrieb erlitten hat, doch nur mit der Be­

schränkung wie bei einem Bevollmächtigten, in Ausgabe gesetzt,

eine

besondere Belohnung nur dann, wenn sie ihm ausdrücklich versprochen ist, oder wenn er außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs eine Arbeit

geleistet hat, welche besondere Kunst oder Wissenschaft verlangt66). «) §. 215. d. T. 1.23. §. 1. 1.25. 26. D. XVII. 2. D.H.G.B. Art. 94. Code a. 1850. Oesterr. G B» §. 1191. 58) §§. 216. 217. d. T. D.H G.B. Art. 98. 59) §§. 219—229. d. T. Ist nur ein Mitglied das geschäft-führende, so hat auch nur diese- Rechnung -u legen. R.O.H.G. III. 8. Dergl. Strieth. B. 84 S. 80. 1. 9. pr. D. II. 13. Seuffert I. 212. Der Cesstonar eine- Gesellschaf­ ter- auf dessen Gewinnantheil darf nicht Rechnungslegung oder sonstige Nach­ weisungen fordern, er muß sich mit der Vorlegung einer Bilance begnügen. §. 218. d. T. Bergl. Strieth. B. 23 S. 165. D. H.G.B. Art. 98. Jeder einzelne Gesellschafter kann gegen den andern auf Rechnung-legung an die Ge­ sammtheit klagen. Strieth. B. 6 S. 128. Eine au- dem Gesellschaft-verträge an sich hervorgehende Pflicht de- einzelnen Genossen zur Rechnungslegung nimmt Dresden nicht an (Annal. I. 342). S. dagegen das. IV. 115. Seuffert XVI. 215. 60) §. 221. d. T.

61) §§. 222. 223. d. T. Suarez in den Jahrb. B. 52 S. 23. 62) §. 220. d. T. Vgl. oben §. 141 Anm. 99, §. 142 Anm. 28. 63) §§.225—29. d. T. Die Zinsen sind gesetzliche, nicht Verzugszinsen. Ueber den Unterschied von Vorschuß und Darlehn Strieth. B. 24 S. 95. B. f. Rechts­ auw. II. 307. Die Beschränkung des Anspruchs auf Schadenersatz nach 81. 1.13 widerspricht dem röm. R., 1. 52. §. 4. 1. 60. §. 1. 1. 61. v. XVII. 2. Koch, R. d. F. III. 629. Uebrigens zeigen die 1. 60. §. 1 und 1. 61. cit. daß dies unter den römischen Juristen streitig war. Die 1. 26. §. 6. D. XVII. 1 hat die Be­ schränkung für daS Mandat. Ansatz der Kosten und Auslagen: 1. 38. §. 1. 1. 52.

§. 143. Der Gesellschaftsvertrag.

405

meinschaftlichen Gewinn").

Antheilsrecht an dem ge­ Gewinn ergiebt sich, wenn nach Ab-

zng der Einlagen und Beiträge,

der gemeinschaftlichen Schulden und

4.

Jeder

Gesellschafter

hat ein

der zum Geschäftsbetrieb aufgewendeten Kosten ein gemeinschaftlicher Vermögenswerth übrig bleibt"). Ob Gewinn erreicht ist, stellt sich bei der Schlußabrechnung, oder wenn die Gesellschaft eine längere Zeitdauer umfaßt, oder ihr Zweck nicht bestimmt begrenzt ist, bei jeder einzelnen

Hauptabrechnung, die im Zweifel jährlich stattzufinden hat, fest").

Die

Selbständigkeit dieser Abschlüsse zeigt sich darin, daß die Verringerung

des Societätsfonds im früheren Jahre regelmäßig nicht im späteren Jahre, in welchem Gewinn erzielt ist, dahin wirkt, daß zunächst diese Verringerung gedeckt werden müßte.

Vielmehr haben insbesondere die­

jenigen Mitglieder, welche in dem Vorjahre den Verlust nicht zu tragen gehabt haben, weil derselbe aus dem Vermögen der Societät gedeckt ist, zu dem sie nichts (oder weniger) beigetragen haben, das Recht aus den

vollen Gewinnantheil des neuen Jahres").

Weil der Zweck der Ge­

sellschaft die Erreichung eines gemeinschaftlichen Erwerbs ist, so wider­

spricht es ihrem Begriff,

wenn ein Theilnehmer von jedem Gewinn­

antheil ausgeschloffen wird (societas leonina)6"). Die Antheile sind ein

Gedachtes, eine Quote des gemeinschaftlichen Objekts, dieses als Einheit gesetzt, sie find daher immer dieselben, mag an dem Objekt eine Werths­ erhöhung oder Verminderung eintreten. Die Höhe des einzelnen Gewinn­

antheils richtet sich im Zweifel nach dem Verhältniß, wie der Einzelne Der Vertrag muß

sich mit Beiträgen bei der Gesellschaft betheiligt").

§§. 12. 15. L 67. §. 2. D. XVII. 2. Zinsen vom Tage der Dorschußleistung, Ersatz der Auslagen, Befreiung von Verbindlichkeiten gegen Dritte, kein Anspruch auf besondere Dergütigung H.G.B. Art. 83. Seuffert XX. 157. M) 1. 67. pr. D. XVII. 2. Der Zweck der Gesellschaft, der Gewinn oder Erwerb muß ein gemeinschaftlicher sein. S. hierüber den intereff. Rechtsfall bei Heuser VII. 489. 65) §. 241. d. T. 1. 30. D. XVII. 2. 66) §. 261. d. T. Oesterr. G-B. §. 1199. H.G.B- Art. 107. Nach Art. 106 werden jedem Gesellschafter am Schluß des Geschäftsjahrs von seiner Einlage 4 Proz. Zinsen gutgeschrieben, durch welche sie sich erhöht. Erst wenn diese Zinsen gedeckt sind, ist Gewinn vorhanden. 6T) §. 262. d. T. 68) §. 245. d. T. Ein solches Abkommen soll als Schenkung beurtheilt werden, und wenn dies nicht geschehen kann, so wird es ignorirt, d. h. der Gewinn wird nach den gesetzlichen Grundsätzen vertheilt. 1. 29. §. 2. D. XVII. 2. (Der Name soc. Icon, kommt aus der Fabel des PhädruS I. 5.) 1. 32. §. 4. D. XXIV. 1 nulla societas est, quae donationis causa interponitur. Aber eS kann besonders be­ dungen werden, daß der Eine einen größeren Antheil am Gewinn haben soll, als der Andere. I. 29. cit. pr. §. 1. J. III. 25. Daß beide Stellen sich nicht widersprechen, s. Bangerow III. 483. Dresden bei Seuffert XVI. 110. läßt die soc. leonina im heutigen R. verbindlich sein. Bergl. Glück B. 15. 5. 425. 69) §§• 205. 244. 251. d. T.

406

Zweite- Buch.

Die besonderen Privatrechte.

hierüber das Nähere bestimmen, sonst steht Jedem ein seinem Beitrag entsprechender Antheil am Gewinn $u70),71diejenigen 72 73 74 75 Mitglieder, welche nur Arbeiten geleistet haben, werden untereinander gleichberechtigt"),

und sie empfangen Gleiches mit dem Mindestbeitragenden").

Der

Gewinnantheil ist das Alleineigenthum des Einzelnen, über welches er frei verfügen, welches er vererben, an Dritte veräußern (cediren)"), aus der Gemeinschaft herausziehen oder ihr belassen

kann; die Aus­

zahlung deffelben darf er aber erst verlangen,

wenn sie ohne Störung

des fortgesetzten Geschäfts ausführbar ist").

Für die Gläubiger des

Einzelnen ist deffen Gewinnantheil Besriedigungsobjekt, wobei sie den Bedingungen unterworfen sind, unter denen ihr Schuldner die Aus­

kehrung verlangen kann").

Wer nicht am fallenden und steigenden

Gewinn betheiligt ist, sondern für seine Einlage feste Zinsen erhält, ist

nicht Gesellschafter, sondern Gläubiger der Gesellschaft7'). T0) §. 205. d. T. 71) §. 252. d. T. Im gern. R. ist streitig, ob die Größe der Gewinn« und Verlust­ antheile sich nach der Größe der Beiträge richte. Bon (arithmetisch) gleichen An­ theilen scheinen zu sprechen Gaj. III. 150. §. 1. J. III. 25. 1. 29. pr. D. XVII. 2. Die 1. 6. 80. D. eod. dagegen lassen verhältnißmäßige oder ungleiche Antheile nur aus besonderer Verabredung hervorgehen. Für absolut gleiche Antheile sind von Aelteren Huber. Schulting (Glück XV. 407. Note 1), von Neueren UnterHolzner II. 382. Bangerow III. 497. Sie berufen sich dabei auf 1. 5, §1. D.XVII.2. VerhältnißmäßigeAntheile nehmen an vonAelteren: Doet, Wessenberg, Cocceji, Lauterbach, Wernher, Höpfner (Glück, das. Note 100), von Neueren Thibaut, Seuffert, Treitschke S. 110. Bei Seuffert VII. 175 gleicher Gewinnantheil auch bei nngleichen Einschüssen (Telle). 72) §§. 253. 254. d. T. 73) 1. 65. §. 9. 1. 63. §. 8. D. XXII. 2. Ueber die Beschränkung des CessionarS des Gewinnantheils (§§. 217. 218. d. T.) bezüglich des Rechts auf Rechnungslegung f. oben Anm. 59. 74) §§. 263-265. d. T. 75) §§. 266—268. d. T. Entsch. B. 12 S. 262. Die einzelnen Gegenstände des Societätsfonds sind nicht Gegenstand der Pfändung; sind sie als im Besitz des Schuldner- befindlich gepfändet, so wird die Gesellschaft oder vielmehr die anderen Gesellschafter werden als Dritte wegen ihres die Veräußerung der Pfandsache hin­ dernden Rechts der Zwangsvollstreckung widersprechen können. C.P.O. §. 690. Dem einzelnen Gesellschafter steht an der einzelnen Sache auch nicht ein pfänd­ bares Miteigenthum zu bestimmtem Betrage zu, dagegen ist ihm gegenüber pfänd­ bar sein Recht auf Auseinandersetzung und auf Auskehrung seines Gewinnantheilö soweit ein solches Recht begründet ist. Im Falle der Execution in den Gewinn­ antheil wollte schon Bornem. IV. 31 dem Gläubiger die Befugniß beilegen, an deffen Statt Rechnungslegung zu verlangen. Dem stand aber entgegen, daß der Gläubiger, der den Gewinnantheil seines Schuldners stch exekutivisch hat übereignen laffen, dieselbe Stellung hatte wie ein Lesfionar, und daß diesem das Recht auf Rechnungslegung abgesprochen ist. Die Ueberweisung auf Grund der Eivilprozeßordnung §§. 736 ff. kann zwar nicht schlechthin den lande-rechtlichen Sätzen von der Eesston unterstellt werden; aber e- ist doch auch jetzt anzunehmen, daß das Recht des SoeiuS auf Rechnungslegung, wie es landrechtlich geordnet ist, ein streng Per­ sönliche- sein sollte, so daß eS sich deshalb der Uebertragung entzieht. — Auch nach H.G.B. Art. 119 find nur die Gewinnantheile und Zinsen des Gesellschaf­ ters, nicht da-, was zum GesellschaftSvermögen gehört, Befriedigungsobjekt für die Privatgläubiger. u) §. 247. d. T. Die Höhe der Zinsen, vormals an daö gesetzliche Maß gebunden

§. 143.

Der Gesellschaft-vertrag.

407

5. Jedes Mitglied welches zum Fonds der Gesellschaft bei­ getragen hat, trägt verhältnißmäßig den Verlust oder die Ge­ fahr^). Verlust ist vorhanden, wenn das mit den vereinigten Vermögenskrasten Erworbene die Schulden und Betriebskosten nicht deckt, zu dieser Deckung also die Einlagen und Beiträge verwendet werden müssen"). Daraus folgt, daß für diejenigen Mitglieder, welche nur Arbeit beitragen, der Verlust in der Entbehrung eines Gewinns besteht, daß sie aber nicht angehalten werden können, den Verlust am Fonds zu übertragen"). Das ändert sich, wenn ein solches Mitglied seinen Gewinn aus früheren Jahren sich hat gut schreiben lassen, um dann nach den diesen Fall re­ gelnden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages nach dem Verhältniß der dadurch geschaffenen Einlage an dem Gewinn Theil zu nehmen; den nunmehr durch Einlage beteiligten Socius trifft der Verlust mit80 * *).81 * 78 82 Der 79 Antheil am Verlust muß nicht nothwendig dem am Ge­ winn entsprechen, der Vertrag kann eine verschiedene Betheiligung be­ stimmen8^, aber, wo es an solcher Festsetzung fehlt, muß die Gleichheit des Verhältnisses der Verlust- und Gewinnantheile angenommen wer­ den8'). Die Ergänzung des Abgangs am Fonds, wenn solche nach Inhalt des Vertrages gefordert werden kann, haben im Mangel beson(§. 248. d. T. Heuser III. 612. Seuffert X. 154. XIII. 248) ist nach dem B.G. v. 14. Nov. 1867 frei zu bestimmen.

n) §. 255. d. T.

78) §• 242. d. T. Zum Verlust gehört auch die Abnutzung und Werthsverminderung der Werkzeuge und Geräthe. §. 243. d. T. Dazu Koch, Kommentar. 1. 30. D. XVII. 2. 79) §§. 256. 257. d. T. Koch bemerkt dazu, daß sich diese Vorschrift nur auf die societas quoad usum beziehen lasse. Die Vorschrift ist aber ebenso richtig wenn eine societas quoad sortem verabredet worden ist, und dies ist aufrecht zu halten, auch wenn die Förster'sche Ansicht, daß die nicht beitragenden Gesellschafter kein Miteigenthum an dem eingelegten Fonds haben, aufgegeben werden muß. S. oben Anm. 28. Es mindert sich nämlich mit dem SocietätSfondS antheilSweife daö Recht des einzelnen beitragenden Genossen auf Auskehrung seiner Einlage nach aufgehobener Gesellschaft. S. oben Note 28. — Bangerow III. S. 488f. und SinteniS II. 698. Anm. 27 behaupten auch bei der soc. quoad sortem, daß die operas konferirenden Mitglieder den Verlust am Fonds mit tragen, d. h. zu­ zahlen müssen. DaS geht aber über ihre übernommene Verpflichtung hinaus, sie würden dadurch beitragende Mitglieder. Oesterr. G.B. §. 1197 wie Im A.L.R.

M) §. 258. d. T. Er ist dadurch beitragendes Mitglied geworden; aber das gilt nicht als naturale für jeden stehen gelassenen Betrag, wenn sich sein AntheilSrecht ledig­ lich nach §§. 252—254. d. T. bemißt. 81) §. 2. J. III. 25. 1. 30. D. XVII. 2. S. hierüber Unterholzner II. 384. Ban­ gero w III. 483 f. Dresden. Ann. VI. 28. Nach röm. R. kann der Antheil des Einzelnen an Gewinn und Verlust auch dem Arbitrium eines Dritten oder eines anderen Gesellschafters überlassen werden, 1. 76. D. XVII. 2. DaS Arbitrium muß aber unparteiisch und gerecht sein. 1. 78. 79. 80 cit. 1. 6 eod. (auch der andere Gesellschafter muß dabei boni viri arbitratu verfahren). DaS ist auch nach preuß. R. für zulässig zu halten. Code a. 1854. 82) §. 3. J. III. 25. §. 255. d. T.

Theilung nach Köpfen im H.G.B. Art. 109.

Zweite- Buch. Die besonderen Privatrrchte.

408

derer Verabredung die Mtglieder nach demselben Verhältniß zu leisten,

wie bei Gründung der Gesellschaft, so

daß die damals von Geldbei­

trägen befreiten Theilnehmer auch jetzt solche nicht zu leisten haben, was aber, wenn sie den Verlust verschuldet, den Anspruch auf Schaden­

ersatz gegen sie nicht ausschließt").

Daß die Theilnehmer die Gefahr,

welche das in die Gesellschaft eingelegte ObjektM) trifft, gemeinschaftlich

tragen müssen,

folgt schon aus dem allgemeinen Grundsatz, daß der

Eigenthümer den Zufall trägt, denn die Genossen find an dem einge­

legten Fonds in der Regel Miteigenthümer (Note 28).

Aber auch aus

dem Begriff der Gemeinschaft, die an den eingelegten Sachen besteht,

ergiebt sich-, daß die Gefahr eine gemeinsame sein muß, wem diese in

jener ihre Veranlassung hat (quia societas coita ost).

Diese Gemein­

schaft der Gefahr erstreckt ihre wirthschaftliche Wirkung nicht über den

Kreis

der beitragenden Theilnehmer").

Auch zeigt fich darin keine

Besonderheit, daß die Gesellschafter darüber, wie weit den Einzelnen die Gefahr oder der Verlust treffen soll, Abweichendes verabreden: es kann der Eine die Gefahr in größerem Umfange oder

nehmen").

allein über­

Uebernimmt ein Gläubiger der Gesellschaft nach Verhältniß

seines hingegebenen Kapitals einen Antheil an dem Verlust oder an

der Gefahr, so wird er dadurch stiller Gesellschafter"). III. Rechte und Pflichten der Gesellschafter gegen Dritte. Da die Gesellschaft kein selbständiges Rechtssubjekt ist, so stehen die ein­

zelnen Gesellschafter zusammen in rechtlicher Beziehung gegen Dritte. Die Verträge der Gesellschaft mit Dritten, mögen sie von allen Theil-

”) 88. 259. 260. d. T. Auch nach H.G.B. Art. 92 ist fein Gesellschafter verpflichtet, die durch Verlust verminderte Einlage zu ergänzen; §.259. d. T- aber handelt von dem Fall: „soll der Verlust ersetzt werden", ohne daß disponirt wird, wann dies gefordert werden kann. M) Hier handelt es stch um die Gefahr, die den gemeinschaftlichen Fonds, die verei­ nigten Bermögenökräste, also nach der Kollation, trifft. In Note 52 ist von der Gefahr die Rede, welche die einzelne Leistung vor der Kollation trifft. Momm­ sen, Beitr. I. 410. 85) 1. 58. pr. §. 1. D. XVII. 2 quod non fieret, nisi societas coita esset. 1. 52. §. 1. D. eod. quas secum non tulisset, nisi ad merces communi nomine comparandas proficisceretur. Gesterding a. a. O. S. 291 fg. Nach preuß. R. entscheiden §§. 256. 257. d. T. Nach dem H.G.B. Art. 93 trägt die Gesellschaft die Gefahren, welche unmittelbar durch die Geschäftsführung entstanden, oder von derselben unzertrennlich find. 86) 1. 29. §. 1. D. XVn. 2. §. 2. J. III. 25. Nach österr. G.B. §. 1196 darf sich ein Mitglied, welches fich Gewinn von der Einlage bedingt, nicht ganz von der Ge­ fahr freimachen. 8r) §§. 248. 250. d. T. Das Landrecht konstruirt das Verhältniß nicht als Gesellschaftövertrag, sondern als Vertrag über ein gewagtes Geschäft. S- den ge­ druckten Entwurf II. S. 596. Die dabei eingreifende Bestimmung über Höhe der Zinsen ist antiquirt. Auch schon vor Aufhebung der Zinsbeschränkungen war es übrigens nicht unzulässig, sich trotz der Abrede eines den gesetzlichen Zinsbezug nicht übersteigenden Satzes einem Derlustantheil zu unterwerfen.

§. 143.

Der Gesellschaft-Vertrag.

409

nehmern oder von einem Vertreter der Gesellschast abgeschlossen und unterschrieben werden, berechtigen die Genossen als Gesammtgläubiger

und verpflichten sie als Gesammtschuldner (torreal);

d. h. der Dritte

kann im Zweifel gegen alle oder jeden Gesellschafter seine Ansprüche

richten, aber darf nur von Allen gemeinschaftlich belangt werden").

Aus anderen, nicht vertragsmäßigen Handlungen, (das Landrecht hebt nützliche Besorgung

der Geschäfte der Gesellschaft und nützliche Ver­

wendung hervor")), werden die Gesellschafter nicht torreal, sondern nur gemeinschaftlich verpflichtet, so

Nagen muß"),

daß der Dritte gegen alle zusammen

wenn er sich nicht gegen den einzelnen für seinen An­

theil wenden will,

vorbehaltlich des Rechts den Ausfall bei dem An­

theil des einen Genossen von den spruchen ").

anderen

als Bürgen

zu

bean­

Eine Klage des einzelnen Theilnehmers gegen den Dritten

auf seinen Antheil ist nach preußischem Recht unzulässig,

aber eine

Klage des Einzelnen auf Leistung an die Gemeinschaft wird zugelaffen").

Wenn der Geschäftsbetrieb einem oder einigen Mitgliedern von den anderen übertragen ist, so verpflichten sie als Bevollmächtigte alle Mit­ glieder durch Geschäfte, die sie im Namen der Gesellschast abgeschlossen

M) §§-230.239. d. T. Oben B. 1 S. 394 f. 399 s. Hierdurch unterscheidet sich hauptsächlich die Erwerbsgesellschaft von andern erlaubten Privatgesellschaften (soc. mere personales), welche zwar auch keine juristische Person sind, deren Mitglieder aber auch nicht torreal, sondern nur alle zusammen, gemeinschaftlich gegen Dritte verpflichtet sind. Entsch. B. 20 S. 333. A L.R. II. 6. §. 12. Im Text ist jetzt abweichend von den früheren Auflagen eingeschoben, daß die torreale Haftung des einzelnen nur im Zweifel stattfinde. Die Leistung kann übrigens und wird häufig ihrem Inhalt nach eine nur gemeinsam zu erfüllende sein. Dgl. darüber oben B. I S. 400. Nach röm. R. besteht gegen den Dritten nur eine Berechtigung und Ver­ pflichtung der Gesellschafter pro rata (1. 11. §. 1. D. XLV. 2. 1. 9. C. IV. 2. 1.4. pr. D. XIV. 1. 1.44. §. 1. D. XXI. 1), aber es war auch schon in der älteren Praxis die Ansicht aufgestellt, daß die Gesellschafter aus gemeinschaftlichen Verträgen solida­ risch haften, und man hat dabei unterschieden, ob die Gesellschaft noch besteht, oder nicht, im letzten Fall wurde Haft pro rata angenommen. Hellfeld. S. hierüber G lück B. 15 S. 462sg. Namentlich für die süchs. Praxis behaupten eSKind, quaest. forens. I. 20. p. 132, von Hartitzsch, Entsch. prakt. Rechtsfragen n. 204. Bergl. Seuffert X. 46. XII. 13. Die Bestimmungen des AL R. hängen mit seiner Theorie von der Korrealität und Gemeinschaftlichkeit zusammmen. Dadurch ist aber auch nach Preuß. R. die Frage erledigt, ob die Raten Viril- oder So­ zietätsportionen sind. 1.4. pr. 1.44. §. 1. D. XVII. 2. Vangerow III. 492. Treitschke S. 143. Nach dem H.G.B. Art. 112. 113. haftet jeder Gesell­ schafter für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft solidarisch mit seinem ganzen Vermögen. 89) §§. 236-238. d. T. Jur. Wochenschr. 1843 S. 341. Koch, R. d. Ford. III. 636 u. Bornemann IV. 33 wollen nur die beitragenden, nicht die nur Dienste leistenden Mitglieder hasten lassen.

90) Arg. §. 301. d. T. 91) §. 238. d. T. Eine eventuelle Solidarität.

Koch, Komment. Note 44 zu diesem §.

93) Wegen §.11.1. 17 vergl. Strieth. B. 13 S. 131. B. I. §. 63 Anm. 37 a. E. S. 397.

Vgl. darüber und dagegen

410

Zweite» Buch.

haben"); und ebenso

Die besonderen Privatrechte.

wie bei dem Vollmachtsaustrage find fie ver­

pflichtet, das, was sie in den Geschäften der Gesellschaft erworben, — auch wenn sie in eigenem Namen aufgetreten sind, — dieser zu über-

liefent94 * *).95 * * 96 Gegen * * ** ** * *den Dritten, mit welchem der bevollmächtigte Gesell­

schafter in eigenem Namen kontrahirt hat, hat die Gesellschaft, auch wenn

der Dritte das Verhältniß gekannt, kein Klagerecht, es sei denn daß

Betrug vorwaltet94).

Der stille Gesellschafter hastet den Gläubigem

nur mit seiner Kapitaleinlage, d. h. er steht, insoweit er eigentlich selbst nur Gläubiger ist, allen anderen Gläubigern der Gesellschaft nach9"). IV.

Beendigung.

Die Gesellschaft endigt von selbst, wenn die

bestimmte Zeit verfloffen, wenn das Geschäft, welches ihr alleiniger

Gegenstand war, ausgeführt, wenn die Erreichung des Zwecks unmög­ lich geworden, oder ihre Fortsetzung verboten, außerdem wenn fie ver­

tragsmäßig durch die Gesellschafter ausgelöst wird ”). Besonderer Her­ vorhebung bedarf a. der Austritt einzelner Mitglieder99). Hier weicht das preußische Recht von dem römischen Recht ab.

Zunächst theilt es

zwar mit diesem ben Grundsatz, daß jedes Mitglied die Gesellschaft nach Gutbefinden verlaffen kann, daß eine Verpflichtung, beständig oder

«) §. 231. M) §§. 232. 233. 224. d. T. 1. 74. 38. §. 1. D. XVII. 2. Zweifel erregt 1. 67. §. 1. D. eod. Glü ck XV. 444 interprelirt unter Berufung auf Faber und Bo et, daß die anderen Gesellschafter zwar nicht die gewonnenen Zinsen, aber Schaden­ ersatz fordern können. Noodt erklärt, der Gesellschafter behalte nur seinen An­ theil an den Zinsen. Treitschke S. 45 tritt Ersteren bei. Unterholzner II. 388. Da« Oesterr. G.B. §. 1186 verbietet schädliche NebengeschLfte. DaS Deutsche H.G.B. Art. 96. 97 verbietet dem Handelsgesellschafter gleichartige Han­ delsgeschäfte auf eigene Rechnung und läßt solche als für Rechnung der Gesellschaft geschlossen ansehen, oder Schadenersatz fordern. Unmittelbare Stellvertretung das. Art. 114. 95) §§.234.235. d. T. Suarez in den Jahrb. B. 52 S. 24. Der Dritte kann aber gegen die Gesellschaft klagen, wenn diese ratihabirt hat, oder ex versione in rem. 1. 60. de R. J. 1. 82. D. XVII. 2. Leyser, med. sp. 195. m. 3. Lauterbach, coli. XVII. 2. §. 40f. Mevius, Comment, ad jus Lubec. III. 9. art. 5. n. 20. Glück XV. 468. Thöl, Handelsrecht §.37 S. 216. (4. A). A. M Bangerow III. 495 und Treitschke S. 162f., welche die 1. 82 auf ein Handeln im Namen der Gesellschaft beziehen. Bergl. auch Sell, Ver­ suche I. 46. 96) §. 250. d. T. 9T) §. 277. D. H.G.B. Art. 123. Nr. 4. 5. 1. 63. §. 10. 1.65. pr. §§. 3.10. 1. 70. D. XVII. 2. Auch mit Eintritt der Resolutivbedingung, unter der die Gesellschaft geschloffen. 1. 1. pr. D. eod. Der dissensus omninum kann auch stillschweigend erklärt werden. 1. 64. ibid. 9«) §§.269-272. 289-300. d. T. D. H.G.B. Art. 123 Nr. 6. (Aufkündigung bei Gesellschaften auf unbestimmte Dauer, alö welche auch eine auf Lebenszeit gilt.) Art. 125. Auflösung aus erheblichen Gründen. Ueber die renunciatio unius socii §. 4. J. III. 25. 1. 14. 1. 17. §. 1. 1. 65. §. 3. D. XVII. 2. Glück XV. 462. Treitschke S. 178. Höpfner im civil. Arch. B. 17 S. 262. Roman, über den einseitigen Rücktritt von dem Gesellschaftsvertrage. 1825 (dem Verf. nicht zugänglich gew.).

§. 143.

411

Der Gesellschaftsvertrag.

Aber

aus unbestimmte Zeit in ihr zu verbleiben, unverbindlich ist").

es schränkt diesen Grundsatz insofern ein, als Gesellschaften, die auf be­ stimmte Jahre oder für ein einzelnes bestimmtes Geschäft errichtet wor­

den, nicht »erlassen werden dürfen vor Ablauf der Zeit oder Voll­ endung des Geschäfts — es wäre denn, daß der Zweck nicht ohne neue

Sodann löst sich nach A.L.R. die

Beiträge erreicht werden könnte'").

Gesellschaft durch den Austritt Einzelner nicht, wie nach römischem Recht auf, sondern es wird dadurch, wenn der Geschäftsbetrieb haupt­

sächlich auf der Einsicht und der Thätigkeit des Ausscheidenden beruhte,

den Uebrigen nur das Recht gegeben, ebenfalls ausscheiden"").

Wenn

sie dies Recht nicht gebrauchen, so setzt sich die Gesellschaft fort.

Dieser

Grundsatz bedingt weitere Vorschriften darüber,

wie der Austritt zu

bewirken ist, ohne den Bestand der Gesellschaft und die Interessen der

übrigen Genossen zu gefährden.

Damm soll der Austretende

„bei

Zeiten" sein Vorhaben den Anderen anzeigen, d. h. er soll kündigen'").

Eine bestimmte Kündigungsfrist kennt das A.L.R. hier nicht, das „bei

Zeiten" bedeutet so zeitig, daß die Bleibenden die nöthigen Anstalten

für ungestörte Fortsetzung der Geschäfte treffen können'").

Der Aus­

tritt selbst ist auch nur zulässig in einem Zeitpunkt, wo Gewinn und Verlust gegen einander abgerechnet werden können *04). Schon die Kün­

digung soll die Folge haben, daß sich der Ausscheidende und die Blei­

benden über die Grundsätze einigen, nach denen ihre Auseinandersetzung zu erfolgen hat'"). Hierbei ist maßgebend: für Geschäfte, welche zur Zeit der Kündigung bereits begonnen waren, bleibt der Austretende bis zu deren Vollendung Theilnehmer der Gesellschaft, d. h. seine Abfindung

wird entweder bis dahin verschoben,

oder er muß für seinen Antheil

an dem möglichen Verlust Sicherheit leisten.

Ob das Eine oder An-

") §§• 269. 280. d. T. 1.14. 70. D. XVII. 2. §. 4. J. III. 25. 1. 5. C. III. 37. Bereinigungen Publizistischen Charakters sind nicht an eine bestimmte Zeit gebun­ den, ihre Zwecke sind dauernde. Strieth. B- 39 S. 205. — Wenn aber auch jedes Mitglied zu jeder Zeit beliebig die Gesellschaft verlassen kann, so bleibt eS doch noch den anderen Mitgliedern mit der actio pro socio verhaftet. 1. 65. §. 3. D. XVII. 2 se quidem liberale socios suos, se antem ab illis non liberare. Ausnahmen davon, d. h in denen die actio pro socio wegen unzeitiger Renunziation nicht gegen ihn angestellt werden darf: 1.14. 15. 16. D. eod. 1. 7. C. IV. 37. S. Treitschke §§. 67. 67b. Dresdener Ann. III. 396. Seuffert XVI. 45. Wochenbl. für merkw. RechtSfälle. N. F. XL 1863. S. 55. 1 °°) §§• 270. 271. d. T. Daß bei Gesellschaften auf bestimmte Zeit ohne rechtSgiltige Ursache nicht renunziirt werden dürfe, behaupteten Leyser sp. 186. m. 5. Ber­ ger, oec. kor. p. 522. 101) §. 290. d. T. 102) §. 291. d. T. 103) §• 293. d. T.

H.G.B. Art. 124 sechs Monat vor Ablauf des Geschäftsjahres.

10°) Strieth. B. 54 S. 183 B- 58 S. 325 B. 60 S. 127b. n) H.G-B. Art. 271 Nr. 3. >*) Vgl. oben §. 143 Note 4. Gegen Striethorst B. 58 S. 321. Strieth. B- 70 S. 57. R.O.H.G. B. 8 S. 181, B. 18 S. 398. ,a) Vgl. die Note 10 u. 12 citirten Entscheidungen. Es besteht nicht ein besonderer Gesellschaftsvertrag und daneben selbständig ein Versicherungsvertrag, das Verhält­ niß ist ein einheitliches. Vgl. R.G- Entsch. B. 3 S- 385, B. 4 S- 396.

§. 1938. d. T.

Der Versicherung-Vertrag.

§. 145.

Ganzen doch die Assoziation bemächtigt.

449

Solche Versicherungsanstalten

finden für die Uebernahme der Gefahr eine Sicherung in der Wahr­

scheinlichkeit, daß Schaden und Gewinn in Folge der Mehrheit der Ge­

schäfte sich im schlimmsten Fall ausgleichen, meist der Schaden vom Gewinn übertroffen wird.

Ihre Bildung ist in Preußen von der Ge­

nehmigung der Staatsbehörde abhängig").

Nicht befähigt, Versiche­

rungen zu übernehmen, sind solche Personen, deren amtliche Befugnisse und Pflichten mit den Obliegenheiten und Rechten eines Versicherers in ein kollidirendes Interesse kommen können").

Versicherung nehmen kann jede vertragsfähige Person, will").

wo sie

Wer es für einen Dritten thut, muß dazu Spezialvollmacht

haben, wovon nur Disponenten, Faktoren ausgenommen sind").

Da­

durch ist ausgeschlossen, auf Grund einer nützlichen Geschäftsführung für einen Dritten gegen diesen den Anspruch auf Erstattung der ge­

zahlten Prämie zu erheben"). 15) Gesetz v. 17. Mai 1853 (Ges.S. S. 293) §. 1. Ueber ausländische Unterneh­ mungen und deren inländischen Geschäftsbetrieb ist zu vergleichen §. 2 desselben Gesetzes, G. v. 22. Juni 1861 Art. I. §. 18, R.Gew.Ordn. v. 21. Juni 1869 §§• 12. 14. Bgl. auch Strafgesetzbuch §. 360 Nr. 9. Nicht das einzelne VersickerungSgeschäft gegen Entgelt, sondern die Errichtung einer Verstcherungöanstalt ist konzessionspflichtig. Ohne gesetzlichen Grund will Dernburg II. §. 232 Anm. 2 vereinzelte Versicherungsverträge überhaupt nicht als BerficherungSverträge behan­ deln. In der Genehmigung des Geschäftsbetriebs durch eine Dersicherungsgesellschäft liegt noch nicht Verleihung der Korporationsrechte. 16) §• 1939. d. T. Wird dem zuwidergehandelt, so ist der Vertrag nichtig, und die bedungene (also nicht bloß die gezahlte) Prämie fällt dem FiSkuS zu. §. 1940. Da bei VerstcherungSgefellschaften auf Gegenseitigkeit nicht die einzelnen Ge­ sellschafter die VersicherungSgeber sind, sondern die davon verschiedene Gesellschaft, so sind solche Personen nicht gehindert einer solchen Versicherungsgesellschaft beizu­ treten.

n) §. 1943. d. T. 18) §§• 1945. 1946. 1947. 1948. d. T. Wer für fremde Rechnung ohne Spezial­ vollmacht Versicherung nimmt, haftet nur für seine Person. Nachträgliche Ratihabition des Vertretenen heilt aber den Mangel der Vollmacht. §. 1950. Die Genehmigung kann stillschweigend ertheilt werden, und nach der Sondervorschrift des §. 1951 gilt es als Genehmigung, wenn der, für dessen Rechnung die DerstcherunH genommen ist, nach erlangter Kenntniß — d. h. wenn die Kenntniß noch wahrend der Gefahr erlangt wird, — nicht während der BertragSannahmefristen gerichtlich protestirt. Strieth. B . 58 S. 73. Wenn nicht für fremde Rechnung, sondern nur für einen Dritten versichert wird, so scheidet sich der Versicherungsnehmer und der Versicherte. Malß, Betracht. S. 11 fg. Für die Seeversicherung ist nicht nur die Zulässigkeit der Versicherung zu Gunsten eines Dritten sondern auch die der Versicherung durch einen negotiorum gestor aner­ kannt. H.G.B. Art. 785. 786. 787. 19) Das haben drei konforme Erkenntnisse (mitgeth. von Mathis, B. 3 S. 523fg.)

angenommen. Bielitz (Komment. B. 6 S. 675) schränkt dies auf den Fall ein, wo Jemand ohne allen Beruf Versicherung für einen Dritten nimmt, und läßt den Vertrag bestehen, wenn die Besorgung eines Geschäfts aufgetragen worden, bei welchem Versicherung genommen zu werden Pflegt. Aber §. 1946 ist eine be­ stimmte Ausnahme, und ebenso tz. 2070. d. T., die keine auSdehnende Erklärung zulaffen. Ueber das Bedenkliche, die Klage aus der negot. gestio auszuschließen, s. Malß bei Goldschmidt B. 8 S. 375. 376. Förster, Preuß. Privatrecht. II. 4. «ufl.

29

450

Zweite- Buch.

Ueber

Die besonderen Privatrechte.

alles, sagt das A.L.R.,

was Gegenstand eines rechts-

giltigen Vertrages sein kann, darf Versicherung geschlossen werden").

Hiernach scheint es, als ob das Gesetzbuch unter Gegenstand eines solchen Vertrages die versicherte Sache versteht. Das ist nicht genau"). Nicht

die Sache selbst, sondern das Interesse an ihr, der Vermögensnach­ theil, welcher in Folge einer bestimmten Gefahr diese bestimmte Sache

treffen kann, ist der Gegenstand der Versicherung. kann sich beziehen aus den Eigenthums-,

Dieses Interesse

auf den Gebrauchs- und

Nutzungswerth der Sache: es darf der Leiher"), Miether, Pächter, Nieß­ braucher, Psandgläubiger sein Interesse versichern"), und es leuchtet

daraus ein,

daß in allen diesen Fällen die versicherte Sache in ver­

schiedenen Beziehungen in Betracht kommt, in mehrfacher Beziehung versichert sein kann; — nur darf die Gesammtsumme der von derselben

Person genommenen Versicherungen den Werth der versicherten Sache nicht übersteigen").

Die Versicherung eines bestimmten durch eine be­

stimmte Gefahr bedrohten Interesse ist nicht aus ein durch eine andere Gefahr verletztes Jntereffe an der Sache zu übertragen.

Daß das

Jntereffe ein vermögensrechtliches und erlaubtes fein muß, versteht sich

von selbst. Auch muß es das eigene des Versicherten sein: es darf Niemand für sich ein fremdes Jntereffe versichern, weil dann das

Geschäft eine Wette würde").

Gegen jede Gefahr,

sofern sie nur

nicht aus der Vornahme verbotener Handlungen durch den Versicherten

entspringt, darf versichert werden").

Die Uebernahme einer bestimmten

Gefahr giebt dem Vertrag einen aleatorischen Charakter und kann ihn zum Spekulationsgeschäft gestalten"). Deshalb erlaubte das A.L.R. -°) §. 1952. d. T.

ai) Malß bei Goldschmidt B. 8 S. 389fg. 83) Seuffert VI. 180.

23) Also Sache im Sinne des §. 3. I. 2. A.L.R., auch ein Recht an einer bestimmten Sache. Strieth. B. 12 S. 67. Nicht aber rein persönliche Forderungen. Malß a. a. O. S. 380. Wohl aber die nur aus einem bestimmten Kreise von Gegen­ ständen (z. B. der fortune de mer) zu deckende Forderung. R.O.H.G. B. 15 S. 115. Versicherung des direkten und indirekten Jntereffe. Ben ecke I. 212f. Ein Rechtöfall über Versicherung des Leiherö bei Malß, Zeitfchr. I. 49, des Nieß­ brauchers das. S. 51 (Lübeck). Ueber Versicherung der Hypotheken gegen Subhastationsverlust f. R.O.H.G. V. Nr. 73. Vgl. ferner R.O.H.G. B. 14 S. 413, B. 24 S. 319. 24) Das Resultat darf nicht eine Doppelversicherung sein: der Pächter, der Hypotheken­ gläubiger versichert also nicht den Werth der Sache, sondern den seines Rechts. (Refkr. des Min. des Innern v. 29. Juni 1827 und in v. Kamptz, Ann. B. 11 S. 465.) 25) Ueber die f. g. Wettaffekuranzen Benecke I. S. 289.

26) §§. 1953ff. d. T. Das Gesetz verlangt nicht eine zukünftige Gefahr; nur müssen die Parteien den schon erfolgten Eintritt derselben noch nicht kennen. Malß, Betracht. S. 18. Dergl. H.G.B. Art. 789.

27) Dieses Moment kann aber nicht die systematische Stellung des Vertrages bedingen.

§. 145.

451

Der Versicherungsvertrag.

Versicherungen auf das Bestehen,

Fallen oder Steigen von Waaren-

preisen nur Kaufleuten, und knüpfte daran die den damaligen national­

ökonomischen Ansichten eigenthümliche Beschränkung,

daß

dabei

eine

dem gemeinen Wohle nachtheilige Preissteigerung nicht beabsichtigt wer­

den darf").

Das A.L.R. verlangte zum Abschluß des Versicherungsvertrages schriftliche Form").

Die Stelle einer wirklichen schriftlichen Abmachung

beider Theile vertrat dabei außer einem Auszug aus dem Journal des

vermittelnden Mäklers als beide Theile verpflichtender Akt die Unter­ zeichnung der Polize, d. h. des vom Versicherungsgeber unterzeichneten

der mündlichen Abrede entsprechenden Versicherungsbriess"). soll den Namen des Versicherten,

d. h.

hier

die Sache,

in

Derselbe den Gegenstand der Versicherung,

Beziehung

auf

welche

die

Versicherung

genommen wird, in hinlänglicher Unterscheidung, den Betrag der Ver­

sicherungssumme, die Art und die Dauer der Gefahr nach Anfang und Ende") bestimmt ausdrücken,

auch den Ort der Ausstellung angeben

und mit der Unterschrift des Versicherers versehen werden"). Die Formvorschrist des Landrechts ist dadurch beseitigt, daß der Versiche­ rungsvertrag gegen Prämie jetzt als Handelsgeschäft formlos geschloffen

werden kann").

Nur Kaufleuten ist vom Landrecht gestattet, Verfiche-

S. oben §.128 Note 93 über die Kategorie der gewagten Geschäfte, und Malß, Betracht. S. 5f.

28) §§• 1992. 1993. d. T. Die Bestimmung ist aus der Assekuranzorduung von 1766 in das AL R. übergegangen, dort heißt es §. 33: „Da Assekuranzen aus das Bestehen, Steigen oder Fallen der Waarenpreise nicht anders betrachtet werden können, als zulässige Wetten über das Eintreffen oder Nichteintreffen seiner Muth­ maßung, mithin dergleichen Versicherungen Kaufleute sehr zum Nachsinnen auf­ muntern können, so sollen sie insofern gestattet werden, insoweit sie dem gemeinen Wesen in Ansehung der Preisesteigerung nicht nachtheilig, auch mit keiner Arglist und Gefährlichkeit verbunden sind."

29) §§. 2064. 2068. d. T. S. 524. 30) §§• 2065—2068. d. T.

Strieth. B. 2 S. 51, B. 69 S. 179.

S. oben Bd. I

Nicht wie die fr. Aufl. sagen: „der schriftliche Versiche­

rungsantrag und die Polize zusammen bilden den schriftlichen Vertrag; sondern die einseitig niedergeschriebene der mündlichen Abrede entsprechende Polize. Bis zu deren Unterschrift war der andere Theil nicht gebunden, konnte zurücktreten. Die unterschriebene war er verpflichtet zu nehmen. — Man unterscheidet taxirte und offene Polizen Ben ecke I. 477. H.G.B. 797. 798. Bei der taxirten Polize wird angenommen, daß so viel selbständige Versicherungsverträge abgeschloffen worden, als Gegenstände mit besonderer Taxe ausgeworfen sind. Seuffert in. 96. 31) Ueber Zurückdatirung der Polize Goldschmidt, Zeitschr. HI. 183.

32) §§• 2069—2099. d. T. Die Bestimmung des §. 2114, daß die in der Polize enthaltene Quittung des Versicherers über erhaltene Prämie keine Beweiskraft hat, wenn innerhalb 30 Tagen die Polize gerichtlich zurückgefordert wird, ein Anklang an die gemeinrechtl. quer, non num. peeun., ist wenn nicht schon durch H.G.B. Art. 295 durch §. 17 Einf.G. z. C.P.O. aufgehoben. 33) Dies leugnete das Obertribunal Entfch. B. 63 S. 286, Strieth. B. 80 S. 9, weil die Art. 60. 61 des Einf.Gef. b. z. H.G.B. sonst einen inneren Widerspruch

452

Die besonderen Privatrechte.

Zweite» Buch.

rungen au porteur zu nehmen, den Namen des Versicherten in der Polize nicht auszudrücken"); das macht aber eine solche Polize nicht

zum Jnhaberpapier, denn der Versicherer hat das Recht, von dem Empfänger der Vergütigungssumme Ligitimation zu fordern"). Der Zweck des Versicherungsvertrages ist Schadenersatz, nicht Be­ Diesen Gesichtspunkt haben bisher die Gesetzgebungen

reicherung").

durchaus festgehalten, obschon die Handelswelt danach strebt, ihn zu »erlassen, und die vom Versicherer bei Eintritt der Gefahr zu zahlende Summe ohne Berücksichtigung des wirklichen Schadens in Voraus ver­

Die Konsequenzen des geltenden Rechts­

tragsmäßig zu bestimmen").

satzes sind, daß ebenso wohl Ueberversicherungen, in denen der Sachwerth höher, als der gemeine zur Zeit des Vertragsabschluffes, an­ als gleichzeitige Doppelversicherungen derselben Sache nach ihrem vollen Werth gegen dieselbe Gefahr untersagt sind"),

gegeben wird"),

daß bei Eintritt der Gefahr der Umfang und Betrag des Schadens beson­ ders ausgemittelt werden muß"), und daß der Versicherer den Gegen­

beweis führen darf, daß das versicherte Interesse an der Sache weniger beträgt, als die gezeichnete Summe").

So sollen Versicherungen aus

Waaren den Einkaufspreis nicht übersteigen — aber die Versicherung

darf sich auch aus alle Zölle, Abgaben, Unkosten beziehen, die der Ver­ sicherte aus die Sache zu verwenden hat"), und selbst den Betrag der Prämie, die er dem Versicherer entrichtet, in sich begreifen").

Versiche-

enthielten. Dgl. dagegen Keyßner bei Behrend und Dahn Zeitschr. B. 5 S. 172 und RO HG. B. 5 S. 9. Seitdem das Handelsgesetzbuch Reichegesetz geworden, seine Giltigkeit also für Preußen nicht mehr durch das Einführungs­ gesetz vermittelt wird, ist der Grund des Obertribunals jedenfalls beseitigt. Die Versicherung gegen Prämie ist Handelsgeschäft und also formlos verbindlich. Art. 271 Nr. 3 HG B.

34) §.2071. „An Zeiger dieses" oder „für Rechnung dessen, den es angeht". a. a. O. S. 64fg.

Malß

35) §§. 2072. 2281. d. T. O. oben B. 1 S. 357 Note 9. Kuntze, Lehre von den Jnhaberpapieren S. 521. Goldschmidt, Zeitschr. f. HR. III. 189. Dgl. auch R. O.H.G. B. 14 S. 123.

’•) §. 1983. d. T. Malß in s. Zeitschr. s. Bersicher.R. I. S. 6fg. f. Wechselrecht B. 15 S. 225.

Just im Archiv

37) Endemann a. a. O. S. 826f.

Malß iu s. Zeitschr. I. 14f.

38) §. 1984. d. T.

H.G.B. 790.

39) §.2000. d. TS. 17 f.

§§. 1. 17 G. v. 8. Mai 1837.

H.G.B. 791. 792.

Malß das.

40) §§. 2242—2278. d. T.

41) §. 1996. d. T. 4a) §§. 1987. 1988. d. T. 4a) §. 1989. d. T. Aff.Ordn. v. 1766 §. 35. Aber nicht die Prämie von der ver sicherten Prämie, das wäre sonst eine Schraube ohne Ende. Der Fall ist überhaupt ohne praktische Wichtigkeit für die gewöhnlichen Versicherungen. Bei der Seeaffekuranz hat H.G.B. Art. 783 die Versicherung der Prämie nicht besonders erwähnt,

§. 145.

Der Versicherungsvertrag-

453

rungen auf gehofften Gewinn sind insoweit gütig, als sie ausdrücklich daraus geschloffen und zugleich der Gegenstand, aus welchem der Ge­

erwartet wird, bestimmt angegeben worden"). Versicherungen derselben Sache bei mehreren Versicherern zu Theilwerthen, soweit diese winn

zusammen den Gesammtwerth nicht übersteigen, oder gegen verschiedene

Arten von Gefahr sind erlaubt").

Auch ist es keine Doppelversichemng,

wenn die Zeitdauer der Gefahr zwischen verschiedenen Versicherern ge­

theilt, oder jeder für eine andere Strecke eines Transports Versicherung giebt").

Die Ueberversicherung führt ein Ristorno herbei, d. h. die

Rückforderung eines entsprechenden Theils der Prämie und dem ent­

sprechend eine Ermäßigung der Versicherungssumme aus den wahren Betrag des Interesse"). Bei mehrfacher Versicherung muß der jüngere Vertrag aufgehoben und eingeschränkt werden,

je nachdem aus dem

älteren Vertrage für den Schaden ganze oder theilweise Deckung ge­ sichert ist"). Auf die Giltigkeit und den Bestand der älteren Versiche­ rung hat die Aufhebung oder Einschränkung der jüngeren keinen Ein­

fluß").

Ein Ristorno der Prämie des letzteren ist aber nur gestattet,

wenn nicht aus mäßigem Versehen die Doppelversichemng genommen

worden "). Wie bei der Bürgschaft kommt auch hier eine Aster- oder Nach­ versicherung, durch welche die Zahlungsfähigkeit des ersten Versicherers dem Versicherten versichert werden soll"), und eine Rückversicherung

vor, durch welche der Versicherer sich gegen die übernommene Gefahr

aber der Art. verzeichnet nur, was „insbesondere" versichert werden kann. Eö scheint daher zulässig, auch die Prämie zu versichern. S. den Aufsatz Nr. XVII. in B. 2 S- 579 der Jurist. Abhandl. von Heise und Cropp.

") §. 1991. d. T. Aff-Ordn. v. 18. Februar 1766 §. 34. Benecke I. S. 133fa. D. H.G.V. 783 (hier darf auch die Provision versichert werden). Aber Gewinn und Provision müssen ausdrücklich versichert werden. Das. 805.

45) §.2008. d. T. Heise und Cropp, Abh. B. 2 S. 600s. Dgl. jedoch wegen der Mobiliarfeuerversicherung §. 2 G. v. 8. Mai 1837. Die landrechtlichen Regeln der §§. 2090—2093 darüber, in welcher Höhe die mehreren Unterzeichner derselben Polize als Versicherer anzusehen sind, können nicht mehr in Betracht kommen, da die Frage, ob und mit welchem Inhalt der Vertrag zwischen den Kontrahenten zu Stande gekommen ist, sich jetzt nach Handelsrecht regelt. Wie die Entschädigungs­ summe zu leisten, wenn die übernommenen Quanta nicht den DerficherungSwerth decken, also eine Selbstverstcherung des Versicherten zugleich stattstndet, darüber s. Malß in s. Zeitschrift I. S. 21. 46) §§. 2009. 2010. d. T.

4T) §. 1996. d. T. 48) §§. 2003.2004.2008. d. T. kann, s. H.G.B. 793. 794.

Wie bei Seeversicherung die spätere bei Kraft bleiben

") Striethorst B. 58 S. 69.

50) §.2008. d. T. S. 92. ”) §. 2011. d. T.

Dergl. Entsch. B. 34 S. 272.

Striethorst B. 21 S. 47, B-28

454

Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

sichert"). Die letztere ist eine wirkliche Versicherung, wie die Haupt­ versicherung, und ist daher auch allen Regeln eines solchen Vertrages unterworfen, die Asterversicherung aber ist Bürgschaft, d. h. eine accefsorische, subsidiarische und intercedirende Verpflichtung. Der Inhalt des Vertrags normirt sich nach den getroffenen Ab­ reden. Die Nothwendigkeit schriftlicher Feststellung der von der Regel des Gesetzes abweichenden Bestimmungen ist jetzt weggefallen. Die Versiche­ rung in Gemäßheit des Statuts einer auf Gegenseitigkeit begründeten Gesellschaft muß sich dagegen an die Regeln des Statuts anschließen. Abweichungen von denselben, wenn überhaupt zulässig, werden schriftlich zu vereinbaren sein"). Im Allgemeinen verlangt der Versicherungsyertrag besondere Treue und Redlichkeit, die mala fides wird auf beiden Seiten streng beurtheilt. Er zeigt hier seine Verwandtschaft mit den s. g. gewagten Geschäften"). Eine getreue Anzeige aller Umstände, welche für oder gegen den Abschluß des Vertrages von Erheblichkeit sein können: kein bösliches Verschweigen, selbst wenn sich die Umstände noch auf unsichere und zweifelhafte Nachrichten stützen"). Beim Zu­ widerhandeln des Versicherungsnehmers verfällt die Prämie, aber der Versicherer hat nicht zu entschädigen"). Der Versicherte vertritt auch das Versehen seines Bevollmächtigten").

“) §§.2016—2023. d. L. Benecke I. 280f. Malß in s. Zeitschr. I. H.2S. 139. Die Bedingungen der Versicherung sind für die Rückversicherung entscheidend (ein Erk. v. Lübeck). 53) Die §§. 2100—2102. d. T. beruhen aus der Schriftform der landrechtlichen Ver­ sicherung.

§§. 2024—2029. d. T.

Stegemann II. S. 95.

55) Insbesondere hat der Versicherer die Pflicht, wenn die Sache bereits in Sicher­ heit gebracht und die Gefahr schon ganz überstanden ist, seine Nachrichten darübev dem Versicherungsnehmer mitzutheilen §. 2025. d. T. Bergl. H.G.B. 810—815. S. auch Seuffert VI. 249.

n) §§. 2025-2028. d. T. Abweichend von den fr. Aufl., — welche die falsche Angabe des Persicherungnehmers, die auf den Entschluß des Versicherunggebers von Einfluß sein konnte, Auflösung des Vertrages wegen Irrthums wirken läßt und deshalb anziehen: Lübecker Erk. bei Malß, Zeitschr. I. 48. Seuffert I. 219. VI. 248. Lübecker Erk. in der Hamburger Samml. I. 378. H 147 — hat sich die Praxis dahin festgestellt, daß außer der Unrichtigkeit der Angabe ein Verschulden, ein Verstoß gegen die Treue, ein „Verschweigen" erforderlich ist, und daß die Be­ rufung aus diesen Dolus dem Versicherungsgeber dann nicht zusteht, wenn er selbst das wahre Mißverhältniß kannte. Vgl. aus der Praxis des R.O.H.G. B. 2 S. 34, B. 12 S. 171, B. 74 S. 414, B. 16 S. 75, B. 17 S. 20, und in letzterer Be­ ziehung B- 8 S. 232. Ein Rechtssatz, wie ihn Dernbürg II. §. 232 Anm. 23 aufstellt, daß, wer eine unrichtige Auskunft giebt, den Mangel einer Verschuldung zu beweisen habe, wird sich nicht begründen lassen. Vielmehr hängt eS von der freien Erwägung des Richters ab, ob er mit dem Nachweis der Unrichtigkeit nach den Umständen zugleich den Nachweis der bewußten Unrichtigkeit als erbracht an­ sehen kann. ”) §. 2029. d. T-

§. 145.

455

Der Versicherungsvertrag.

Was die Verbindlichkeiten aus dem geschloffenen Vertrage anlangt, so liegt a. dem Versicherten die Vorleistung ob, die Zahlung der

Prämie").

Sie ist fällig,

sobald der Vertrag

abgeschlossen ist").

Der Bestand des Vertrages hängt zwar nicht von der Zahlung ab, vielmehr bringt der Verzug wenigstens bei der ersten Prämienzahlung

die Pflicht, 1 Prozent auf den Monat (also 12 Prozent) Verzugszinsen zu entrichten").

Vielfach wird bedungen,

daß die Prämie jedenfalls

vor dem Eintritt der Gefahr gezahlt sein muß, um den Versicherer zum Ersatz des Schadens zu verpflichten"). Die Prämie kann in einer Geld­ summe oder in anderen erlaubten Vermögensvortheilen bestehen") und

ist für die Zeitdauer der Versicherung untheilbar"), d. h. die auf eine

gewisse Zeitperiode bedungene und berechnete Prämie muß voll gezahlt werden, sobald die Gefahr für den Versicherer überhaupt begonnen hat,

und vermindert sich nicht, wenn die Zeitdauer der Gefahr sich abkürzt, „denn die Gefahr kann in jedem Augenblick dieser Zeitdauer ganz ein­ treten". Aber die Vorausbezahlung der Prämie auf mehrere Zeitperioden

ist dem Grundsatz der Unteilbarkeit nicht unterworfen und der für eine

spätere Periode vorausgezahlte Betrag muß erstattet werden, wenn in dieser eine Gefahr für den Versicherer nicht begonnen hat"). Es kann nach allgemeinen Grundsätzen keinem Zweifel unterliegen, daß der Schuldner der Prämie, der Versicherte (Versicherungsnehmer), dieselbe dem Versicherer bringen muß, nicht aber letzterer verpflichtet ist, sie sich

»>) §. 2104. d. T.

Malß bei Goldschmidt B. 6 S. 365f.

B. 13 S- 94.

59) §. 2109. d- T. H.G.B. 816. Rach Landrecht „bei Aushändigung der unter­ zeichneten Polize", — da« gilt noch, wenn eine Polize nach Inhalt des Vertrag» ausgestellt werden soll.

60) §- 2110. O.H.G B. 5 S. 21. Bei Prämien. die nicht in Geld zu leisten sind, das volle Interesse zu vergüten §. 2111. d. T. Daö abgekürzte Prozeßverfahren des §. 2110 ist weggefallen. 61) Ju den fr. Ausgaben wird dies unter Berufung auf Malß a. a. O. B. 6 S. 365 §. 1 als ohne ausdrückliche Abrede geltendes naturale negotii bezeichnet. Der bedungene Verlust der Rechte aus der Versicherung tritt nicht ein, wenn die Zahlung ohne Schuld des Versicherten unterblieben ist. R.GEntfch. D. I. S-196. 62) §. 2107. d. T.

63) S. hierüber Malß a. a. O. S. 373 §. 2 und s. Zeitschr. I. 172. M) Malß a. a. O. S. 376. Wenn aber eine Versicherung auf mehrere Jahre ge­ schloffen worden, mit der Bestimmung, daß die Versicherung erlöschen soll, sobald der Versicherte nicht pünktlich am jedesmaligen jährlichen Verfalltage die Prämie entrichtet, so besteht nach der Ansicht deö A- G- Naumburg (Malß, Zeitschr. I. 44) die Wirkung des Verzugs darin, daß der Versicherte alle Ansprüche verliert, gleich­ wohl aber die Prämie als Interesse der Nichterfüllung fortzahlen muß. Dagegen hat (das. S. 46) ein gemeinrechtl. Gericht in solchem Fall den Vertrag für auf­ gehoben erklärt, dem Versicherer aber eine Klage auf das Interesse offen gelassen. ES hängt in der That nur davon ab, ob man nach Lage des Falles die Summe der Prämien gleich dem Interesse annehmen kann. S. auch das. S. 162 f. (AG> Münster, übereinstimmend mit Naumburg).

456

Zweite« Buch.

zu holen").

Die besonderen Privatrechte.

Daß die Einkassirung gewöhnlich durch Agenten geschieht,

ändert in der rechtlichen Pflicht an sich nichts.

Es kann natürlich Ab­

weichendes bedungen sein, und das geschieht zuweilen bei Versicherungs­ gesellschaften in der Weise, daß sie denjenigen, die bei ihnen entgeltlich

Versicherung nehmen, an dem Gewinn, den die Gesellschaft erzielt, Theil nehmen taffen,

so

daß die Prämie sich um den Betrag der dem ein­

zelnen Versicherten zusallenden Dividende vermindert").

In diesem

Fall wird der Versicherte nicht eher verpflichtet sein, die Zahlung zu bringen,

hat.

als bis der Versicherer den Betrag berechnet und

gefordert

Der Versicherte ist ferner verpflichtet, während der Versicherungs­

zeit die Umstände, unter denen er die Versicherung genommen, zum

Nachtheil des Versicherers nicht zu ändern"). Ist durch mäßiges Ver­

sehen des Versicherten der Eintritt eines Schadens herbeigeführt, so hat der Versicherer denselben nicht zu vergütigen"); ist eine nachtheilige

Veränderung der Sachlage zufällig entstanden, so muß der Versicherte

dem Versicherungsgeber

innerhalb

der Vertragsannahmesristen nach

davon erhaltener Kenntniß Anzeige machen und bis dahin selbst alles

vorkehren, um dem daraus entstehenden Nachtheil vorzubeugen").

Der

Versicherer bleibt dann zwar an den Vertrag gebunden, darf aber wegen Vergrößerung der Gefahr eine Erhöhung der Prämie fordern, die im

Voraus — noch ehe der Schaden eingetreten oder bekannt geworden —

„so viel als möglich" sestgestellt werden soll'").

Endlich liegt dem Ver­

sicherten ob, sobald er von dem eingetretenen Schaden Kenntniß er­ halten, bei Verlust seines Rechts dies dem Versicherer anzuzeigen, auch muß er Vorkehrungen zur Abwehr oder Verminderung deflelben treffen,

wozu er allenfalls einen Vorschuß vom Versicherer sortiern mag"). Auch hat der Versicherte die Beweislast darüber, daß der Schaden durch die bestimmte Gefahr verursacht worden, über den Werth der von ihr getroffenen Sache und über den Umfang des Schadens einschließlich

65) A. M Malß bei Goldschmidt B. 6 S. 376 §. 3. Es ist aber kein Grund von der Regel — vgl. oben Bd. I. §. 91 Anm. 43 — abzuweichen.

66) S. Goldschmidt, Zeitschr. B. 1 S. 443 Note 3. §. 17. 6T) §. 2117. d. T.

Renaud,

Aktiengesellsch.

Vgl. H.G.B. Art. 817.

68) §§. 2119. 2120. d. T. 69) §.2118. d. T. S. Malß, Betracht. S. 42f., welcher den richtigen Satz ent­ wickelt, daß nur der Eintritt einer generisch anderen Gefahr den Vertrag auf­ hebt, gleichviel ob sie größer oder geringer ist als die, gegen welche Berstcherung genommen worden, ob sie mit oder ohne Wissen des Versicherten hervorgetreten ist (S. öl) H.G.B. 818. Welche Wirkung hat es, wenn der Versicherte von der veränderten Lage keine Kenntniß hat? Dgl. RO.H.G. B. 5 S. 110. 289, B-11 S. 132. Vgl. auch Malß bei Goldschmidt B. 13 S. 112ff.

70) §§. 2128-2130. d. T. 71) §§• 2164. 2165. 2166. d. T.

H.G.B. 822. 823.

§. 145.

457

Der Versicherungsvertrag.

der entstandenen Kosten"). Der Nachweis des Werths der unbeschädigten Sache wird durch die Angabe in der Polize ersetzt"). b. Der Versicherer haftet für die im Vertrage bestimmte Gefahr

von Anfang

an während der

ganzen Dauer des Vertrages.

Diese

Gegenleistung ist immer vorhanden und macht den Vertrag in allen Fällen,

auch wenn kein Nachtheil eintritt,

zu einem gegenseitigen").

Wenn der Schaden eingetreten, so hat er die Nachleistung der Vergüti-

gung

des Schadens").

Bei einem Totalschaden bestimmt sich

vom Versicherer zu leistende Summe aus der Polize").

die

Bei Theil­

schaden muß der eigentliche Betrag ausgemittelt werden und zwar, wenn sich die Parteien nicht einigen, durch vereidigte Sachverständige

(Dispacheurs)"). z. B. ergiebt sich

Bei den auf dem Transport beschädigten Waaren die zu vergütigende Summe aus Vergleichung des

bei ihrem Verkauf gelösten Geldes

Bestimmungsorte"),

mit dem zeitigen Marktpreis am bei Feuerversicherungen ist der Schaden zu be­

rechnen nach dem Werth der Sache zur Zeit und am Orte des Bran­

des ").

Es wird also, wenn seit der Versicherungsnahme bis zum Un­

fall der Werth der Waare gestiegen, der gestiegene Werth vom Versicherer zu ersetzen sein bis zur Höhe der in der Polize verschriebenen Summe,

welche unter allen Umständen die Grenze bildet") — und es wird bei

Sachen, die durch ihren täglichen Gebrauch eine Werthsverminderung erleiden, nicht der Neuwerth ersetzt"). Wenn Waaren nach der Stück­ zahl, nach Maß oder Gewicht versichert worden sind, so haftet der Ver­

sicherer in keinem Fall über die in der Polize angegebene Quantität und für jedes Stück oder jedes Maß höchstens aus den angegebenen Werth 72) §• 2169. d. T. So auch Seuffert B. 6 Nr. 284. B. 13 Nr. 272. Maltz, Betracht. S. 55 und s. Zeitschrift I. S. 73. Goldschmidt, Zeitschrift f. H R. III. 181. H.G.B. 886 fg. 78) 8. 2170. d. T.

Benecke I. 478.

74) Man bat dies zuweilen übersehen und den Bertrag nur bedingungsweise, nämlich unter der Bedingung, daß der Schaden eintritt, für zweiseitig halten wollen. S. hiergegen Malß, Betracht. S. 16 fg.

75) §. 2171. d. T. Malß, Betracht. S. 53f. Ueber den Umfang der Gefahrüber­ nahme und Entschädigungspflicht bei Seeversicherungen H.G.B. 824sgg. 858 fgg. Ts) §. 2242. d. T. 77) §§.2246. 2262. d. T. Malß bei Goldschmidt B. 6 ©. 378fg. Bei der Feststellung der Entschädigungssumme muß insbesondere beachtet werden, daß der BersicherungSwerth der Sache meist zu einer früheren Zeit angegeben worden und derselbe Liö zum Eintritt des Schadens Veränderungen ausgesetzt ist. S. hierüber Malß in s. Zeitschr. I. S. 6fg.

78) §. 2265. d. T. Zeitschr. I. 7f.

H.G.B. 803 „am Ort und zur Zeit der Abladung".

Malß,

") Malß a. a. O. S. 380 und in s. Zeitschr. I. 9f.

80) Malß S. 382.

Dergl. H.G.B. 844.

81) M a^ß S. 380 und das dort citirte Lübecker Erkenntniß, derselbe in s. Zeitschrift

458 so

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

daß weder die Vermehrung der Stückzahl noch der höhere Werth

der einzelnen Stücke vom Versicherer zu ersetzen ist"). schießende Jntereffe des Versicherten bleibt ungedeckt.

einer Selbstversicherung,

Das über­

Man spricht von

wenn die genommene Versicherung nur

einen Theilwerth der versicherten Sache ausdrückt"). — Die Zahlung

der ermittelten Entschädigungssumme erfolgt an den, auf dessen Namen

die Polize lautet, welcher als Versicherter gilt, oder an den, welchem der Anspruch von diesem cedirt worden"), spätestens zwei Monate seit

Beibringung der erforderlichen Beweise des Schadens") und nach Abzug von 2 Prozent, welche der Versicherer zurückbehalten darf").

Gegen Zahlung der Summe erhält er Alles, was von der versicherten Sache noch übrig ist, und der Versicherte ist verpflichtet, ihm dies zu über­

geben oder nachzuweisen"). Der Anspruch aus der Polize ist ein persön­ licher, und Realberechtigte an dieser Sache konnten als solche Anspruch

aus die Vergütigung nicht machen").

Dieser durch Plenarbeschluß des

Obertribunals insbesondere für das Verhältniß der Hypothekengläubiger zu den Feuerversicherungsgeldern sestgestellte Satz") ist zunächst durch die

8a) Malß a. a. O. S. 382 a. E. f.

83) Bergl. §. 8 des Statut- der Erfurter Versich.Ges. Thuringia v. 15. Juni 1853. (Gedruckt im AmtSbl. der dort. Regier. Jahrg. 1853.) Auch bei Malß a. a. O. S. 384. Betracht. S. 58. Bogt und Heineken, neues Arch. f. HandelSr. II. 473. NI. 68. Nach H.G.B. 796 haftet in solchem Fall der Versicherer, wenn nur ein theilweiser Schaden eingetreten, für den Betrag desselben nach Verhältniß der Versicherungssumme zum DersicherungSwerth. Malß in s. Zeitschr. I. 14f. M) §. 2280. d. T. Nach H.G.B 891 erhebt der Versicherungsnehmer, welcher die Polize beibringt, auch im Fall der Versicherung auf fremde Rechnung die Ent­ schädigungssumme, kann auch über die Rechte aus dem Vertrage verfügen. Der Versicherer darf nicht mit Forderungen kompensiren, die ihm gegen den Nehmer zustehen, wenn auf fremde Rechnung versichert worden. Das. 895. 85) §. 2283. d. T.

86) §. 2282. d. T. 87) §§. 2328. 2329. 2331. d. T. Deschädiger. H.G.B. 808. M) Entsch. B. 27 S. 1. Pl.Beschl. s. Zeitschr. I. H. 2 S. 121 f.

Er tritt auch in daS Klagerecht gegen den dritten

Malß bei Goldschmidt B. 8 S. 371 und in

89) Bergl. für gemeines Recht hierüber Madai im Arch. f. d. civ. Pr. B. 26 S. 201 f. Malß bei Goldschmidt B. 8 S. 371 §. 6. Aus der Praxis: Heuser, kurheff. Annalen B. 6 S. 669 f. Dresdener Annalen D. 3 S. 407 (hier sind auf Grund des sächs. Ges. v. 14. Novbr 1835 die Feuerversicherung-gelder als Pertinenz der area angenommen). Auch im franz. R. ist die Frage bestritten. S. Malß a. a. O. Für preuß. R- der Pl.Beschl. in den Entsch. B. 27 S. 1. J.M.B. 1854. S. 65 und 1855 S. 312. Aeltere Praxis: Entsch. B. 13 S. 253, B. 25 S. 409. Schmidt in Scherings Archiv B. 1 S. 74. Gruchot, Beitr. B. 1 S. 15. Lasker in der D. Ger.-Zeitung 1865 Nr. 34. 36. 37 (der das Recht aus dem Versicherungsverträge als ein objektiv dingliches Recht des Besitzers der versicherten Sache, mithin als Pertinenz der letzteren auffaßt und durch stillschweigende Session eS auf den Erwerber der Sache übergehen, sowie den Pfandgläubigern mit ver­ haftet sein läßt). Bergl. auch Koch, Komm. Note zu §. 2280. b- T.

§. 145.

459

Der Versicherungsvertrag.

Statuten vieler Versicherungsgesellschaften

abgeschwächt"),

demnächst

aber in der neuen Grundbuchgesetzgebung durch die Bestimmung alterirt,

daß

die dem Grundeigenthümer zufallenden Versicherungsgelder

für

Früchte, bewegliches Zubehör und abgebrannte oder durch Brand be­

schädigte Gebäude, wenn diese Gelder nicht statutenmäßig zur Wieder­

herstellung der Gebäude verwendet werden müssen oder verwendet worden sind, der Hypotheken- und Grundschuldgläubiger hafte").

Der in der

Polize genannte Versicherte ist zunächst der allein legitimirte Empfänger, aber sein Recht ist der Uebertragbarkeit nicht entzogen").

Im Falle

einer Veräußerung der versicherten Sache trifft der Schade nicht mehr

den ursprünglich Versicherten; das Gesetz läßt deshalb den Versicherungs­

anspruch mit der Sache aus den Erwerber übergehen").

Ist mit der

Veräußerung eine nachtheilige Veränderung der Umstände verbunden, so kann

diese Folge wegen des Untergangs der Rechte aus der Ver­

sicherung nicht eintreten").

Häufig wird auch in den Statuten dem

Wechsel des Eigenthümers die Wirkung beigelegt, die Verficherung aus­

zuheben"). Einseitiger Rücktritt stattet").

(Abandonniren)

Wenn der Vertrag ohne Schuld

ist

keinem Theile ge­

des Versicherten zurück­

geht, der Versicherer also überhaupt keine Gefahr gelaufen ist, so muß dieser die erhaltene Prämie zurückzahlen, kann sich jedoch '/- oder

'/< Prozent von der versicherten Summe zurückbehalten, je nachdem die Prämie mehr oder weniger als 2 Prozent derselben beträgt"). Solche Fälle des Ristorno") treten z. B. ein, wenn bei Doppelverficherung

ohne Schuld des Versicherten

die

jüngere Versicherung

aufgehoben

wird"), wenn der Versicherte die Unternehmung ausgiebt, für welche

”) Siehe hierüber und über da« Unzureichende der Auskunstmittel Malß a. a. O. S. 387fg. Schmidt bei Schering a. a. O. S. 61fg.

S1) §. 30 des Ges. v. 5. Mai 1872 über den EigenthumSerwerb.

’2) §. 2280. d. T. 93) §• 2163. d. T. R.O.H.G. B. 5 umgekehrt in dem Sinn, daß der rechtigt bleibe, aus Grund de« rungSanfpruch für sich geltend zu werber cedirt habe.

S. 1. Die ft. Ausl, verstanden den §. 2163 Veräußerer trotz der erfolgten Veräußerung be­ demnächst eingetretenen Schadens den Bersichemachen, wenn er ihn nicht besonders dem Er­

M) §§. 2117. 2157. ’*5) Malß a. a. O. S. 373.

9S) §§• 2300.2330. d. T. Striethorst B. 48 S. 46. Anders bei der Seeassekuranz. D. H.G.B. 845f. 865sgg. Ueber Abandon überhaupt s. Benecke III. 485s. ”) §§. 2333—2335. d. T.

H.G.B 890—901.

M) Ueber Ristorno s. Benecke IV. 260f. ”) §§. 2008. 2336. d. T.

H.G.B. 899sgg.

460

Zweit«» Buch.

Die besondere» Privatrechte.

die Versicherung genommen worben100), wenn die versicherte Sache zu­ fällig vor dem Zeitpunkt untergeht, mit welchem der Lauf der Gefahr für den Versicherer beginnen soll101),102bei 103Versicherungen * * * * 108 auf gehofften Gewinn, wenn das Unternehmen, aus welchem er erwartet wird, ohne Schuld des Versicherten nicht stattfindet10'). Trifft aber in allen der­ gleichen Fällen den Versicherten ein Verschulden, d. h. ein mäßiges Versehen, so verliert er die Prämie100). — Die Verjährung des An­ spruchs aus dem Versicherungsgeschäft beginnt mit der Zeit, wo der Schaden soweit liquide geworden, daß die Anstellung der Klage mög­ lich war100). Unterbrochen wird sie außer durch Klagerhebung durch ein schriftliches Erbieten des Versicherers zur Vergütigung100). Die Wir­ kung der Verjährung ist das Erlöschen des Anspruchs, nicht also blos die Vermuthung, daß er getilgt worden100). So lange zwischen den Interessenten Vergleichsverhandlungen schweben, kann diese Zeit in den Lauf der Verjähmng nicht eingerechnet werden10'). — Im Konkurs­ verfahren über das Vermögen des Versicherers kann der Versiche­ rungsnehmer, der bei dem Vertrage bleiben will, gegen Erstattung der dafür bezahlten Prämie und Kosten Abtretung aller Rechte aus einer genommenen Rückversicherung beanspruchen; er kann aber auch, unter Aufgabe seiner Rechte aus der Versicherung unter sofortiger Benach­ richtigung des Konkursverwalters anderweitige Versicherung nehmen und die bezahlte Prämie als Konkursgläubiger zurückfordern100). Durch diese Bestimmungen wird das Eintrittsrecht des Konkursverwalters in die Erfüllung eines gegenseitig noch nicht ganz erfüllten Vertrages aus-

'«0) WI) 102) 103)

1M)

m«)

io«) 'n) 108)

§. 2337. d. T. §. 2338. d. T. §. 2345. d. T. §. 2333. Mäßiges Versehen nach dem allgem. Grundsatz bei entgeltlichen Ver­ trägen. Oben B. 1 S. 700f. §. 2352. d. T. Der Lauf der Verjährung ist der ordentliche von 30 Jahren (§. 2326). Bei Seeassekuranz fünf Jahre. D. H.G.B. Art. 910. Die häufig in DerficherungSverträgen statutenmäßig vorkommende Festsetzung einer kurzen Frist zur Geltendmachung der Ansprüche, ist nicht als eine vertragsmäßig festge­ setzte Verjährung aufzufaffen, sondern daS Klagerecht besteht nur in der Frist, die sich nur verlängert, wenn sie ohne Schuld des Versicherten nicht eingehalten werden konnte. Entsch. B. 17 S. 361, B. 21 S. 64. Striethorst B. 38 S. 34. R. O H.G. B. 15 S. 39 —B. 8 S. 408, A. M. Keyßner bei Gruchot B. 12 S. 566. (Bergl. auch Entsch. B. 14 S. 222 und oben B. 1 S. 243 so wie §. 57 Anm. 95 S. 358). §. 2354. d. T. §. 2353. d. T. H.G-B. 911. R.O.H.G. B. 4 S. 63. §. 2355. d. T. Entsch. B. 21 S. 64. Strieth. B. 2 S. 130. §§. 2012—2015. d. T. Auch wenn der erste Versicherer nicht in die Rückver­ sicherung eintritt, bleibt der Rückversicherer der Waffe des Hauptverstchererö ver­ haftet. §. 2023. d. T.

§. 145.

geschloffen"").

461

Der Versicherungsvertrag.

Der Konkurs des Versicherten hat nur insofern Ein­

fluß aus den Bestand des Vertrages als die fernere Erfüllung desselben

für die Zukunft von der Wahl des Konkursverwalters abhüngt.

Wählt

derselbe Nichterfüllung, so kann die Prämie nur als Konkurssorderung

liquidirt werden. Den öffentlichen, zur Annahme der Versicherung ver­ pflichteten Feuerversicherungsanstalten steht wegen der nach Gesetz oder

Verfassung für das letzte Jahr vor Eröffnung des Verfahrens zu ent­ richtenden Leistungen das Vorrecht Nr. 3 der Konkursordnung zu"").

II.

Besondere Fälle.

Durch wie viel Arten von Gefahr das

Vermögen des Einzelnen beschädigt werden kann,

Arten von Versicherungen kann es geben. geschlossene Zahl.

so viel verschiedene Sie bilden daher keine ab­

Das Vorbild für alle ist die älteste,

und durch

Doktrin Praxis und Gesetzgebung am meisten entwickelte, die Versiche­ rung gegen Seegefahren.

Ihre Erörterung gehört aber dem Seerecht

an und muß daher hier ausgeschieden bleiben: auch dürfen die übrigen Fälle nur in ihren allgemeinsten Eigenthümlichkeiten berührt werden,

a.

Versicherung gegen Feuersgesahr'").

Diese ist mit Rücksicht

auf das Gemeinwohl in vielfacher Hinsicht einer polizeilichen Kontrole

unterworfen, und bei Immobilien häufig eine zwangsweise.

Die be­

sondere Gesetzgebung über sie hat hauptsächlich die Feststellung dieser zum Gegenstand'"). Die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers besteht in einer getreuen Mittheilung der

polizeilichen Einwirkung

Beschaffenheit des Gegenstandes, namentlich aller Umstände, die den­ selben mehr oder weniger feuerfest erscheinen lassen, wozu auch die Lage beziehungsweise die Beschaffenheit des Aufbewahrungsorts, die Gefähr­ lichkeit der Nachbarschaft und der in dem Gebäude betriebenen Be­ schäftigungen gehört'").

Veränderungen, die im Laufe der Verfiche-

rungsperiode eintreten und das Risiko des Versicherers erhöhen, dürfen ihm nicht verschwiegen werden'"). Die Pflicht des Versicherers,

IM) K.O. §. 20.

Ebenso ist H.G.B. Art. 903 aufrecht erhalten

■“) Konk.Ordn. §§. 15. 21. 54. Vgl. Preuß. K.O. §. 74. Bei der Zwangsvoll­ streckung in Immobilien haben die aus den beiden letzten Zähren zu entrichtenden Beiträge an die genehmigten Vereine behufs gemeinschaftlicher Uebertragung der durch Brand, Hagelschlag oder Viehsterben entstandenen Schäden als Rückstände gemeiner Lasten Anspruch auf Borwegbefriedigung nach Preuß. K.O. §. 49. '") Benecke IV. 521fg. Ueber rechtzeitige Klaganstellung aus einer Feuerversicherung f. Stegemann B. 4 S. 377.

Ha) S. die Gesetze v. 8. Mai 1837 und 17. Mai 1853. Erlaß v. 2. Juli 1859. (Ges.S. 394.) §. 8 des ersteren Ges. bestimmt Strafe für Ueberversicherung. *”) §§. 2053—2063. 2086. d. T. Benecke IV. 529. Bei Versicherungen von Waarenlagern kommt in de» Polizen die s. g. Buchklansel vor, durch welche der Versicherte verpflichtet wird, ordnungsmäßig Buch über die Waarenbeftände zu führen. S. hierüber einen Magdeb. Recht-fall bei Malß Zeitschr. I. 151.

1M) §§. 2158. 2161-2163. d. T-

Strieth. B. 75 S. 20.

462

Zweite» Buch.

Die besonderen Privatrechte.

den Schaden zu ersetzen, fällt weg, wenn dieser von dem Versicherten selbst, seinem Ehegatten, seinen Kindern oder Enkeln verursacht, wenn die versicherte Sache an einen anderen Aufbewahrungsort hingebracht, wenn durch den Versicherten selbst eine gefährliche Nachbarschaft veran­ laßt worden'").

Der Versicherer hat allen Schaden zu vergütigen, den

in Folge des Feuers die Sachen des Versicherten erleiden, einschließlich

der Beschädigungen, die durch die Rettung, oder bei Gelegenheit und zum Zweck derselben entstehen'").

Durch die Zahlung der vollen Ver­

sicherungssumme erwirbt der Versicherer Alles, was von den versicherten

Sachen gerettet oder ausgesunden wird, und der Versicherte ist schuldig, diesem die bekannt gewordenen Nachrichten mitzutheilen oder sich

Erfordern eidlich darüber zu reinigen'").

ans

Dies ist ein Abandon'").

Von der Veräußerlichkeit des Rechts und der Einwirkung eines Eigen­ thumswechsels

versicherten Gegenstände'") ist bereits

der

schaden,

c. Versicherung gegen Viehseuchen,

bahnunsälle,

oben die

b. Versicherung von Früchten gegen Hagel­

Rede gewesen""),

gegen Gefahren

e.

d. gegen Eisen-

des Land- und Wassertrans­

ports"'), f. der Hypotheken hat das gemeine preußische Recht keine allgemeinen Vorschriften.

Einer kurzen Bemerkung bedarf aber noch

g. die Versicherung zu Kriegszeiten, weil diese gewissen Einschrän­ kungen unterliegt. In Kriegszeiten darf kein Preuße auf Kriegsbedürsniffe Versicherung geben, die feindlichen Unterthanen gehören, aus Lebens­ mittel, die dem Feinde gehören oder ihm zugeführt werden sollen, auf

Waaren und Sachen, über welche ein Handel mit feindlichen Unter­

thanen verboten worden ist.

Versicherung giebt,

Wer wissentlich diesen Verboten zuwider

muß die gezeichnete Summe dem Fiskus zahlen,

wer unwissentlich, verliert die erhaltene Prämie an den Fiskus"'). U5J §§. 2159. 2160. 2235 f. Der vom Gesinde und sonstigen Hausgenossen ver­ ursachte Brandschaden muß dagegen ersetzt werden sofern der Versicherer nicht nach den Bd. I. S. 639 ff. dargestellten Grundsätzen für dieselben zu hasten hat. §§. 2236—2238. d. T. Ebenso der durch Krieg und bürgerliche Unruhen verur­ sachte. S- hierüber Benecke IV. 526. Bei Malß Zeitschr. I. 50 ein Erk. darüber, ob der Versicherer schuldig ist zu zahlen, wenn der Versicherte während der Untersuchung wegen Brandstiftung gestorben. (Kiel verneint, s. auch Seuffert B. 15 Nr. 152.) "«) §§. 2240. 2241. d. T. S. Heuser IX. 426.

Also

auch für Diebstahl.

Benecke

a. a. O. 524.

§§. 2331. 2332. d. T.

118) §. 2330. d. T.

Benecke III. S. 485.

119) §§. 2163. 2280. d. T.

12°) S. oben Anm. 92. 93. 121) Ueber Versicherung von Waaren, deren Transport verboten. §§. 1955—1958. b.£. 12 •) §§. 1959-1967. d. T.

§. 146.

§. 146.

Versicherung der Person.

463

Versicherung der Person.

A.L.R. II. 8. §§. 1968- 1979. 2050. 2051. 2085. 2089. 2152-2155. 2287—2299.

Ges. vom 11. Juli 1845 (Ges.S. S. 495, wodurch §. 1973 geändert worden). Allerh. Erlaß v. 2. Juli 1859 (Ges.S. 394). Dernburg II. §. 139. - Benecke IV. 537f. Staudinger, die Rechtslehre vom LebensversicherungSvertrage 1858 (f. Goldschmidt, Zeitschr. f. Handelsr. II. 462). Malß, Betrachtungen, 1862, und

in seiner Zeitschr. f. Derfich.R. B. 2. S. 129f. Hinrichs in Goldschmidts Zeitschr. B. 20 S-339. Predöhl ebenda B. 22 S. 442. Goldschmidt ebenda B. 23 S. 179. Hans Hoffmann. Lebensversicherungsvertrag. 1879. Ende­ mann, Handelsrecht. S. 835. Beseler II. 363. Bluntschli Koch bemerkt zu §. 100 mit Recht, daß diese Bestimmung bei Personen, die von ihren Gütern leben und reiches Vermögen hinterlassen, keinen juridischen Sinn habe. §. 109. d. T« Nicht auch solche, die in ihren Vertragsansprüchen durch den ver­ frühten Tod verkürzt sind. Dgl. R.O.H.G. B. 13 S.- 426. §§• 101. 102. d. T. Strieth. B. 61 S. 272. Bei Körperverletzungen fand schon nach röm. R. die a. leg. Aquil. utilis An­ wendung. 1. 13. pr. D. IX. 2. 1. 3. D. IX. 1. 1. 7. D. IX. 3. Glück B. 10 S. 342. Ob der Beweis durch juram. in litem geführt werden kann, s. Heuser III. 239. Seuffert IX. 152. 1. 9. C. VIII. 4 qui vim sustinuit, quae perdidit singula comprobare. Lübeck bei Schletter I. 327. Körperverletzung unterscheidet sich von der Realinjurie dadurch, daß jene eine wirkliche Verletzung des Körpers, eine Störung der Gesundheit voraussetzt. Heuser VII. 481. §§• 111. 118. d. T. Die Frage, ob diese Klage auch schon dann angestellt wer­ den kann, wenn diese Kosten noch nicht bezahlt worden, ist in der preuß. Praxis bejaht. Arnsberger n. Arch. B. 16 S. 63. Striethorst B 32 S. 190fg.

522

Zweite« Buch.

Die besonderen Privatrechte.

richtet sich der Umfang der Entschädigungsverbindlichkeit nach diesen Folgen. Bei mäßigem Versehen müssen, wenn der Verletzte dauernd erwerbsunfähig geworden, ihm auch diejenigen Vortheile ersetzt wer­ den, welche ihm durch die Erwerbsunfähigkeit entzogen sind. Hierbei ist die Lage maßgebend, in welcher er sich zur Zeit der Verletzung be­ funden hat"). Bei grobem Versehen und Vorsatz wird darauf ge­ sehen, welche Vortheile nach dem natürlichen und gewöhnlichen Laus der Dinge zu erwarten sind"). Vorübergehende Arbeitsunfähig­ keit verpflichtet zur Erstattung der Versäumnißkosten — welche ebenso, wie jene dauernd entzogenen Vortheile berechnet werden"). War die Folge der Verletzung eine Verminderung oder Erschwerung des Erwerbs, so soll der Richter billig ermessen, wie viel zu vergütigen ist"). Dasselbe muß angenommen werden, wenn der Verletzte genöthigt gewesen ist, seinen bisherigen Beruf aufzugeben, und Kosten für die Vorbereitung zu einer anderen Erwerbsthätigkeit auszuwenden"). Gelangt später der Verletzte wieder zu seinem Erwerb, so mindert sich um den Betrag deffelben die Entschädigungspflicht"). Ver­ stümmelung oder Verunstaltung des Körpers zieht, wenn sie aus Vorsatz und grobem Versehen entstanden und dadurch der Person ihr Fortkommen erschwert wird, eine nach den Umständen billig zu arbitrirende Entschädigung außer den Kur- und Heilungskosten nach sich"). Strenger dagegen saßt das A.L.R. diese Entschädigungspflicht auf, wenn

32)

33)

34) 35) 26) 37) 38)

Auch nach gemeinem Recht ist es nicht zweifelhaft, quia eo, quod tenentur damnum videntur pati. 1. 2. pr. D. IX. 1. Mercedes medicis praestita und impendia, quae in curatione facta: 1. 3. D. eod. §. 1. J. IV. 5. Seuffert XIII. 215. (Stuttgart). §§.115. 117. d. T- Glück B. 10 S. 389f. Mercedes operarum, quibus caruit aut cariturus est; operae amissae; quod minus ex operis habiturus. 1. 7. D. IX. 3. 1. 3. D. IX. 1. 1. 7. pr. D. IX. 2. Seuffert VIII. 222. Die Entschädigung muß als Iahreörente, nicht als Pauschfumme gezahlt werden. Das. XIV. 235. §.116. d. T. S. hierzu Koch, der auf die praktischen Schwierigkeiten einer solchen Berechnung hinweist. In allen Fällen erlischt die Verbindlichkeit mit dem Tode deö Beschädigten. Gruchot IV. 177. §§. 120.121. d. T. (Versäumnißkosten wegen eines auf der Eisenbahn erlittenen Unfalls, Entsch. B. 37 S. 42 f.) §. 122. d. T. Angenommen in der Praxis. S. Ergänz, zu §§. 115.119. d. T. §. 119. d. T. §. 128. d. T. Nicht nach röm. R-, quum liberum corpus aestimationem non recipiat. 1. 3. D. IX. 1. 1. 1. §. 5. 1. 7. D. IX. 3, aber nach gemeinrechtlicher Praxis. Voet, IX. 2. n. 11. Cocceji, jus controv. IX. 2. qu. 11. Glück B. 10 S. 342. 389 f. Ueber den Begriff der Verstümmelung f. Erk. d. O.Trib. im I.M.Bl. 2860. S. 421. 423. Nach gern. R. ist auch hier der Grad deö Verschuldens ohne Einfluß auf die Größe der Entschädigung. Seuffert XIII. 28. Freies Arbitrium des Richters, das. 29.

§. 151.

Verletzungen der Pers»».

523

eine Frauensperson verunstaltet und ihr dadurch die Gelegenheit er­ schwert ist, sich zu verheirathen. Bei Vorsatz und grobem Versehen muß der Beschädiger eine Ausstattung geben, die so hoch arbitrirt werden soll, daß die Beschädigte Hoffnung aus eine standesmäßige Heirat er­ hält und unterdeffen von den Einkünften des zu zahlenden Kapitals ihren Unterhalt nehmen kann"). Bei mäßigem Versehen wird die Ausstattung danach berechnet, wie der Vater sie ihr nach seinem Stande hätte geben müssen"). Die Ausstattung wird als Kapital gezahlt, und wenn ein solches der Beschädiger nicht leisten kann, muß er von dem nach jenen Grundsätzen arbitrirten Kapital Fünf vom Hundert jährlich entrichten und zwar auf Lebenszeit der Verstümmelten, wenn sie sich auch verheirathet"). Gegen diese Entschädigungsverbindlichkeiten ist dem Beklagten die Einrede, daß er dadurch unvermögend werde, die Seinigen pflichtmäßig zu ernähren, ausdrücklich versagt"). Das A.L.R. verpflichtet außerdem den Beschädiger, wenn der Be­ schädigte eine „Person vom Bauern- oder gemeinen Bürgerstande" ist, und die Verletznng aus Vorsatz oder grobem Versehen zugefügt worden, ein s. g. Schmerzensgeld zu entrichten, dessen Höhe nicht unter der Hälfte und nicht über den doppelten Betrag der erforderlichen Kurkosten betragen darf, innerhalb dieser Grenzen aber von dem Richter nach dem Maß der ausgestandenen Schmerzen arbitrirt werden soll"). Dieser

29) §§. 123.124. d. T. Allgewendet in der Praxi» de» 8t®. nach Gruchot B. 25 S. 716. Die Forderung ist, wenn die Frauensperson jur Zeit der Verstümme­ lung noch in unreifem Alter stand, bis zu erreichter Mannbarkeit nicht nur, wie die fr. Anst, sagen, betagt, sondern dadurch bedingt, daß sie in da» Alter kommt, in welchem ihr die Gelegenheit sich zu verheirathen durch die Deformität erschwert ist. Dgl. auch Koch, R. d. F. III. 1152. Dernburg II. §.296 Anm. 16. Koch, Komm., R. d. F. III. 1152. Auch ist richtig, wie Bornemann II. 209 und Koch behaupten, daß diese Bestimmungen auf eine wohlhabende Person nicht anznwenden sind. Es muß ihr soviel gewährt werden, daß sie ihren LebenSverhältniffen entsprechend au« den Zinsen den Unterhalt gewinnen kann. A. M. Dernburg a. a. O. — Anknüpfung an die gemeinrechüiche Praxi»: S tryck IX. 3. §. 5. Glück B. 10 S. 389f. Die heutige schwankt: Stuttgart gegen die Klage (Hufnagel, Mitth. H. 1 @.95); für die Klage München, Seufsert I. 65. ®°) §. 125. d. T. E» ist also der Stand, nicht die Vermögenslage de» Vaters als Grundlage billigen Ermessen» maßgebend. Entsch. B. 69 S. 266. 31) §§. 126. 127. d. T.

32) §• 129. d. T. 33) §§. 112—114. d. T. Nicht bloß im Fall einer äußern Verletzung, sondern auch bei verursachter Krankheit. Präs. 1189. (Sammt I. S- 21). Suarez (Jahrb. B. 41 S. 8): „ Das Schmerzensgeld ist beinahe in ganz Deutschland üblich, Stryck IX. 2. §. 9, die Wiederherstellung desselben, wenigsten» in Ansehung der niederen Stände, scheint daher ebenso unbedenklich al» selbst der Billigkeit gemäß zu sein." Bergl. über gemeines 9t. Glück B-10 S. 388f. und jetzt bes. Seitz, Untersuchungen über die heutige Schmerzengeldklage. 1860. Slpbde B- 3

524

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

dem römischen Recht unbekannte Anspruch ist aus der gemeinrechtlichen Praxis, welche ihn aus Art. 20. der peinlichen Gerichtsordnung hergegeleitet hat"), in das A.L.R. übergegangen. Es zeigt sich hierin eine Nachwirkung der altdeutschen Privatbußen. Eigenthümlich dem A.L.R. ist die Beschränkung der Forderung aus Personen niederen Standes oder beffer gesagt geringerer Bildung. Deshalb ist auch diese Vor­ schrift, weil es sich hier nicht um eine Rechtsungleichheit verschiedener Stände handelt, durch die Versasiungsurkunde nicht beseitigt"). Unter den erforderlichen Kurkosten, nach denen das Schmerzensgeld zu be­ rechnen ist, werden das Honorar des Arztes und die Arzneikosten ver­ standen, nicht was sonst noch zur Krankenpflege oder zur Erlangung der ärztlichen Hilfe hat ausgewendet werden müssen"). Wo Kurkosten nicht entstanden sind, kann auch ein Schmerzensgeld nicht verlangt wer­ den"). Auf das Schmerzensgeld ist nur im Civilprozeß zu erkennen, es muß also vom Verletzten gefordert werden"). Ob das Recht auf Schmerzensgeld vererblich, ist bestritten"). S. 203. Vorausgesetzt wird natürlich eine verschuldete Verletzung. Bl. für R. Anw. 1854. S. 154. Bemessen wird die Summe gemeinrechtlich nach dem Grade des Verschuldens und unter Berücksichtigung der Vermögenslage des Be­ klagten. Seusfert XV. 131. (München). Die gesetzlichen Grenzen des zu­ lässigen Anspruchs §. 113. d. T. bestehen auch nach der Civilprozeßordnung. Mit demselben Rechte, mit welchem Dernburg II. §296 Anm. 7 die Höhe des Schmerzensgelds als einer „EntschädigungSforderung" auf Grund des §. 260 C. P. O. dem freien Ermessen des Richters ohne Berücksichtigung der Höhe der Kurkosten unterwerfen will, müßte er es dem freien Ermessen des Richters unter­ stellen, ob nicht auch Personen höherer Stände ein Schmerzensgeld als Entschä­ digung fordern können. Das Schmerzensgeld ist eine Jntereffeforderung, aber ob und wie weit ein Interesse als ein rechtlich zu ersetzendes anzuerkennen, richtet sich auch nach der C.P.O. nach den positiven Gesetzen.

«) S. die Ausführung hierüber in Seuffert IV. 227. (München). XIII. 31. (Kassel).

33) Strieth. B. 32 S. 190f. Berf.Urt. Art. 4. Wenn auch diese Entscheidung für richtig gehalten werden muß, so ist doch das Unpassende der Bestimmung auf unsere heutigen LebenSverhälmiffe einleuchtend. 3ti) ArnSbprger Archiv B. 13 S. 565. III. S. 1153 Note 11.

Strieth. B. 49 S. 287.

Koch, R. d. F.

37) Koch a. a. O. Auch für preuß. R. angenommen v. O.A.G. München (Bl. f. R Anw. III. 30). Glück B. 40 S. 389. Die Forderung des Schmerzensgeldes schließt die Forderung auf Erstattung der Kurkosten nicht aus. Strieth. B. 32 S. 190 b. 38) Das sagt §.112. d. T-, insofern stimmt das A.L.R. mit dem österr. Ges.B. §. 1325 „aus Verlangen", nur daß letzteres die Beschränkung auf Personen nie­ deren Standes nicht kennt. Das deutsche Str.G.B. §. 231 läßt bei Körperver­ letzungen neben der Strafe auf eine Buße erkennen, jedoch nur auf Antrag des Verletzten. Die Buße schließt jeden andern Entschädigungsanspruch, also auch daö Schmerzensgeld aus. 39) Gegen Kock, R. d. F. III. S. 1153 verneint Gruchot IV. 175. Der letzten: Ansicht treten die fr. Aufl. bei, weil der Ursprung deö Anspruchs aus den alt­ deutschen Privatbußen und aus Art. 20 der C. C. C. zeige, daß hier nicht die Natur des Schadenersatzes entscheidet, sondern der Charakter einer persönlichen Genugthuung. Seitz S. 183. Seuffert 1.220. VIII. 138. 1. 5. §. 5. D. XL 3. Heuser I. 519. Daö Landrecht faßt aber den Anspruch als eine Interesse-

§. 151.

Verletzungen der Person.

525

Wer ein Gewerbe betreibt, mit welchem nach seiner Natur Ge­ fahren für die gewerblichen Arbeiter oder für andere Personen ver­ bunden find, wird billig in stärkerem Maße als nur bei erweislicher Schuld zur Tragung der entstehenden Nachtheile herangezogen. Hieraus beruht es, wenn das Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen die Eisenbahngesellschaft für alle bei der Beförderung auf der Bahn an Personen und Gütern entstehenden Schaden verantwortlich erklärte, in­ soweit dieser Schade nicht erweislich aus eine eigene Schuld des Be­ schädigten oder auf unabwendbaren äußeren Zufall zurückzuführen ist"). Auf derselben Grundlage beruht das Reichsgesetz betreffend die Ver­ bindlichkeit zum Schadenersatz für die bei dem Betrieb von Eisenbahnen, Bergwerken u. s. w. herbeigeführten Tödtungen und Körperverletzungen vom 7. Juni 1871"). Bezüglich der Eisenbahnunternehmungen ist hier die Verbindlichkeit des Betriebsunternehmers für den Fall der Tödtung oder Körperverletzung auf den Kreis der dem öffentlichen Betrieb nicht übergebenen Bahnen") und auf alle aus dem Betrieb hervorgehenden Gefahren erstreckt"). Bei den Unternehmungen eines Bergwerks, eines Steinbruchs, einer Gräberei und einer Fabrik hastet der Unternehmer für die Schuld eines Bevollmächtigten oder der zur Leitung oder Beauffichtigung des Betriebs oder der Arbeiter angenommenen Person in Ausübung ihrer Dienstverrichtungen"). Zu einer näheren Erörterung der Voraussetzungen der Ansprüche aus dem Hastpflichtgesetz ist hier nicht der Ort. Im Falle der Tödtung geht der Anspruch für die Erben des Getödteten nur auf Ersatz der Nachtheile, die der Getödtete während der Krankheit durch Erwerbsunfähigkeit oder Verminderung der Er­ werbsfähigkeit erlitten hat, aus Ersatz der Kur- und Begräbnißkosten. Wer zur Zeit des Todes gesetzlich alimentationsberechtigt gegen den Getödteten war, kann insoweit Ersatz fordern, als ihm in Folge des sorderung und enthält keine Vorschrift, welche eine Beschränkung des UebergangS auf die Erben rechtfertigen könnte. Dgl. auch Dernburg II. §. 296 Anm. 8 — Die Klage verjährt nach preuß. R. in 3 Jahren, nach §. 54. I. 6 und der Dekl. v. 31. März 1838. Giri et h. B. 41 S. 339. Im gemeinen Recht ist die Ver­ jährung streitig; München, Senffert XIII. 137 wendet die Verjährung von einem Jahr der a. aestimat. inj. an. Das ist auch das richtigere nach der Natur des Anspruchs. Glück B. 10 S. 384. 40) §• 25 Ges. üb. die Eisenbahn-Unternehmungen vom 3. Nov. 1838. 41) R.GBl. S. 207. Bon den Kommentaren ist der umfangreichste, der freilich die Kritik sehr vermissen läßt, von Eger. 42) R O H.G. B. 20 S. 151, B. 25 S. 203, RG. Entsch. B. 1 S. 247, B. 2 S. 38. Gruchot B. 24 S. 1110. Vgl. MartiniuS bei Gruchot B. 19 S. 656. 43) R.O.H.G. B. 19 S. 101, B. 21 S. 242, B. 25 S. 102, R.G.Entsch. B. 1 S. 52, S. 253, B. 2 S. 85, B. 3 S. 19, B. 4 S. 25 44) Ueber den Umfang des Begriffs Fabrikbetrieb vgl. R.G.Entsch. B. 4 S. 98, Be­ aufsichtigung des Betriebs, ebenda B. 3 S. 4, selbständige HülfSgewerbe, auf welche das Haftpflichtgesetz nicht anzuwenden. R.O.H.G. B. 22 S. 311.

526

Zweites Buch.

Die besonderen Privatrechte.

Todesfalls der Unterhalt entzogen ist"). Bei einer Körperverletzung soll außer den Heilungskosten Ersatz für die entzogene oder verminderte Erwerdsähigkeit aus deren Dauer regelmäßig durch eine Rente gewährt werden"). Auch aus die Bestimmung, nach welcher unter Umständen die Leistung eines Versicherers aas die zu gewährende Entschädigung anzurechnen, und über die Wandelbarkeit des rechtskräftig festgestellten Anspruchs bei Aenderung der Nachwirkungen des Unfalls kann hier nur im Allgemeinen verwiesen »erben47 45).48 46Von 49 * 5 der zweijährigen Verjährung des Anspruchs ist bereits am Ende des §. 126 die Rede gewesen. Eigenthümlich ist, daß diese Verjährung für die Alimentationsberechtigten mit dem Tage des Todes beginnt, während sie im Uebrigen vom Tage des Unfalls läuft. 3. Ehrverletzung, wenn sie einen unmittelbaren, nach Geld zu berechnenden Schaden verursacht, also den Beleidigten in seinem Fort­ kommen und Erwerb beeinträchtigt hat, verpflichtet zur Entschädigung4'). 4. ' Freiheitsberaubung verpflichtet zum Ersatz des ganzen Interesse (vollständiger Genugthuung)4'). Die Kosten, welche aufge­ wendet werden müssen, um den Gefangenen wieder zu befreien, sind außerdem zu erstatten"). Kann ihm die Freiheit nicht wieder verschafft werden, so haben seine Frau und Kinder dieselben Ansprüche wie im Fall der Tödtung").

§. 152. Die Vermögensbeschädigung. A.L.R. I. 6. §§. 82-97.

Oben B. 1 §g. 89. 90 S. 621 f. 627 f.

Die Klage aus einer Vermögensbeschädigung hat im heutigen Recht, insbesondere im A.L.R. einen ganz abstrakten Charakter; sie individualifirt sich nicht mehr nach den Thatsachen, durch welche die Be45) Nach der Praxis selbst dann, wenn er erst nach der Verletzung in das die Alimentationsberechtigung begründende Verhältniß getreten ist. Vgl. RGEntsch. B. 1 5. 49 und dagegen Dernburg II. §. 301 Anm. 25; die Berechtigung eines zur Zeit des Unfalls bereits empfangenen aber später geborenen Kindes (R.O.H.G. B. 23 S. 107, B. 24 S. 115) wird anzunehmen sein. 46) §§• 3. 7. des Gesetzes.

47) §. 4, §. 7 Abs. 2 des Gesetzes. 48) §§. 130. 131. d. T. Gruchot IV. 178. Dieser Anspruch hat keine Verwandt­ schaft mit der längst (KO. v. 1. Febr. 1811) aufgehobenen Privatgenugthunng. Ueber die Interpretation des unmittelbaren Schadens f. Heydemann I. 321. Das deutsche Strafges.-B. hat in den §§. 188 dem Beleidigten oder Verletzten das Recht auf eine Buße gegeben, welche auf Antrag unter den besonderen Vor­ aussetzungen dieser Gesetzesvorschrift, neben der Strafe zu erkennen ist, und die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs ausschließt.

49) §§. 132—134. d. T. Der Schätzungseid als Recht des Klägers ist auch hier durch C.P.O. §. 260 beseitigt. “) §. 135. d. T. 5l) §. 136. d. T.

§. 153. Der Nachdruck und andere Verletzungen immaterieller Rechte-

527

schädigung verursacht oder nach den Gegenständen, welche beschädigt worden, sondern im preußischen Recht nur nach dem Grade der Ver­ schuldung, welcher den Umfang der ErsaHpflicht bestimmt. Es ist daher der Darstellung, die diese Obligation bereits in §. 90 erfahren hat, hier nichts weiter hinzuzufügen'). Auch über die Ersatzleistung im Falle der Herbeiführung gerichtlichen Zwangs, der sich nachmals als unge­ rechtfertigt herausstellt, durch Vollstreckung eines nachmals abgeänderten oder aufgehobenen Urtheils oder durch Arrestlegung, und die Auf­ fassung ihrer Folgen nach der Praxis ist früher gesprochen'). Das gemeine Recht bietet zur Abwendung eines erst drohen­ den Schadens mehrere Klagerechte, die sich sämmtlich auf Grundstücke beziehen: insbesondere die operis novi nuntiatio *), cautio damni infecti. Im preußischen Recht haben diese Klagerechte ihre Bedeutung verloren, weil die umfassendere Thätigkeit der Polizei dafür zu sorgen hat, daß dergleichen Störungen des Nebeneinanderlebens verhütet werden, und weil den Beschädigten nach eingetretenem Schaden ohne den Umweg eines vorgängigen Anspruchs auf Zusicherung des Schadensersatzes die Entschädigungsklage offen steht3*).*

§• 153. Der Nachdruck und onbere Verletzungen immaterieller Rechte. Gesetzgebung

und

Literatur

bezüglich des

Nachdrucks f. bei §. 134 oben

S. 183,

wo e» aber hinter Wächter, Verlagsrecht an Stelle de» Ausdruck» „jetzt de» Hauptwerk»" heißen soll: vgl. jetzt Wächter, Autorrecht. 1875. Am Schlüsse ist einzuschalten: Neuling in Goldschmidt'» Zeitschrift B. 22 @. 70ff. — Gesetz betr- da» Urheberrecht an Werken der bildenden Künste vom 9. Januar 1876

(R GBl. S. 4). Gesetz betr. den Schutz der Photographien gegen unbefugte Nach­ bildung vom 10. Januar 1876 (R G Bl. S. 8). Gesetz betr. da» Urheberrecht an Mustern und Modellen vom 11. Januar 1876 (R G Bl. S. 11). Patentgesetz vom

25. Mai 1877 (R.G.Bl. S. 501). Oscar Wächter, da-Urheberrecht an Werken der bildenden Künste rc. 1877. Klostermann, Patentgesetzgebung. Dambach, da« Patentgesetz. 1877. Garei«, Patentgesetz. 1877. Kohler, Patentrecht. 1878.

Nachdruck ist die Vermögensbeschädigung verlagsberechtigter Per­ sonen durch unbefugte, zum Zweck der Verbreitung vorgenommene ') B. 1 S. 627 f. a) B. 1 S. 631. Note 14. 3) Korte im ArnSb. Arch. XII. 74. *) Förster, Klage und Einrede. S. 360. Man sehe z. B. Entsch. B. 7 S. 188, wo die operis novi nuntiatio bei der beabsichtigte» Anlage einer Wassermühle an-geschloffen ist in Folge der von der Polizei ertheilten Baugenehmigung. Ueber die op. novi nunt. bei Bauten s. Koch, schles. Arch. IV. 179. Als etwa» der cautio damni infecti Aehnliche» läßt sich die Derurtheilung zur Sicherstellung gegen künftige Beunruhigungen in den Fällen der §§. 152. 153. 1. 7 und A.G.O. I. 24 §. 54 jetzt C.P.O. §. 775 bezeichnen. Bergt, überhaupt über diese Obliga­ tionen Koch, R. d. F- III. 111. 112. 122. 126fg. Bei der Erörtern»- der EigenthumSbeschränkungen de« Nachbarrecht« ist daraus zurückzukommen.

mechanische Vervielfältigung eines fremden literarischen oder artistischen Erzeugniffes. Der Inhalt und Gegenstand des Verlagsrechts ist §. 134 erörtert; hier ist zu zeigen, wie dieses Recht durch die positive Gesetz­ gebung gegen Dritte geschützt wird. Es war in der Wissenschaft das Bewußtsein, warum der Nachdruck unerlaubt sei, noch nicht durchgearbeitet'), noch behauptete man vielfach, daß der Nachdruck an sich eine erlaubte, dem Gemeinwohl sogar nütz­ liche Thätigkeit sei'), als zuerst eine chursächsische Verordnung vom 18. Dezember 1773') für den Leipziger Buchhandel den Nachdruck verbot und dann das A.L.R. umfassender die Strafbarkeit dieser Handlungs­ weise legislativ feststellte'). Vielfache Versuche der älteren Reichsgesetz­ gebung, dem Unwesen Einhalt zu thun, blieben vergeblich') und obschon dem Deutschen Bunde durch Art. 18 ä. der Bundesakte die Aufgabe ge­ stellt worden war, sich mit der Sicherung der Rechte der Schriftsteller und Verleger gegen den Nachdruck zu beschäftigen, so bedurfte doch diese Behörde ihrer Gewohnheit gemäß einer sehr langen Reihe von Jahren, ehe es endlich nach einem nur vorbereitenden Beschluß von 1833 am 9. November 1837 zu dem ersten Bundesbeschluß kam, an den sich in der Folge mehrere erweiternde Beschlüsse anreiheten. Erst seitdem ist der Standpunk für Deutschland überwunden, daß gegen den Nachdruck nur Privilegien helfen konnten. Inzwischen hatte die preußische Regie­ rung diese Angelegenheit nicht allein durch energisches Betreiben bei der Bundesversammlung, sondern noch ehe hier ein Resultat erreicht war, durch die Landesgesetzgebung zu einem beftiedigenderen Rechtszustand gebracht. Das Gesetz vom 11. Juni 1837 ist wesentlich in die Bundes­ gesetzgebung übergegangen, es hat die Vorschriften des A.L.R. 1.11. §§. 1020. 1024—1036 außer Kraft gesetzt, und mit den publizirten Bundesbeschlüffen und dem Nachtragsgesetz vom 20. Februar 1854 das ') Die Geschichte der Jurisprudenz über den Nachdruck s. bei Jolly S. 5—45. Wächter S. 61 fg. Eine sehr interessante Uebersicht des älteren RechtSznstandeS bis zum Erscheinen des A.L.R. bei Goltdammer XV. 110fg.

2) Im I. 1726 hatte die Jenenser Juristenfakultät mit Zustimmung der Fakultäten von Gießen, Helmstadt, Erfurt den Nachdruck als erlaubt erklärt, und obschon namentlich I. St. Pütter energisch denselben angegriffen, so neigte sich doch, zum Theil in Folge des Eifers für Aufklärung, die gemeine Meinung am Ende des vorigen Jahrhunderts dahin, daß der Nachdruck nach positivem Recht erlaubt sei. Jolly S. 27. Selbst Eichhorn und Maurenbrecher haben in ihren Kom­ pendien über deutsches Privatrecht noch gelehrt, daß dem Nachdruck nur partikularrechtliche Verbote entgegenständen. Es war also zn keinem gemeinen deutschen Gewohnheitsrecht gekommen. 3) Gedruckt bei Pütter, Rechts. 1774. S. 190.

der

Büchernachdruck

nach

den

Grundsätzen

deS

ächten

4) A.L.R. I. 11 §§. 1024—1036.

5) Die Geschichte der Gesetzgebung Wächter S. 2fg.

über

den Nachdruck

s.

bei Jolly S. 45—59.

§. 153.

Der Nachdruck und andere Verletzungen immaterieller Rechte.

529

gemeine preußische Recht bis dahin gebildet, wo endlich nach vieljährigen Bemühungen und Vorarbeiten das Gesetz des Norddeutschen Bundes vom 11. Juni 1870 einen einheitlichen Rechtszustand herbeiführte, der fich jetzt über das Gebiet des Deutschen Reichs erstreckt °). Mag man das ausschließliche Recht des Urhebers eines Schrift­ werks, dasselbe mechanisch zu vervielfältigen, rechtlich konstruiren wie man will'), auch bei seiner Bestrafung diese oder jene Momente be­ tonen'): jedenfalls erzeugt der Nachdruck, — was hier allein interessirt, — wie jede andere widerrechtliche Vermögensbeschädigung eine Obliga­ tion auf Entschädigung. Der Thatbestand des Nachdrucks. 1. Objektiv ist Nachdruck vorhanden, wenn ein literarisches oder artistisches Werk mechanisch von einer dazu nicht berechtigten Person vervielfältigt worden. Ueber den Begriff eines solchen Werkes kann auf die Ausführung in §. 134 ver­ wiesen werden'). Es ist gleichviel, ob das Werk schon dem öffentlichen Verkehr übergeben oder nur in einer solchen Form vorliegt, daß es fähig ist, ein Gegenstand der Verbreitung zu werden"). Die Ver­ vielfältigung eines bereitsherausgegebenen oder nur im Manuskript oder als mündlicher Vortrag existirenden Werks, ganz oder zum Theil, gilt als Nachdruck"). Auch davon ist bereits gehandelt, daß sich dieser Satz dahin beschränkt, daß- darunter nicht begriffen ist die Ausnahme einzelner Aussätze, Gedichte u. s. w. in kritische und literar­ historische Werke und in Sammlungen zum Schulgebrauch. Noch weniger gehört dahin das bloße Ansühren einzelner Stellen eines Werks"). Als Nachdruck erscheint auch die Herausgabe von Uebersetzungen eines in einer todten Sprache verfaßten Werks in die deutsche Sprache, oder einer sonstigen Uebersetzung, wenn sich der Versaffer das Recht zur Uebersetzung aus dem Titelblatt der ersten Ausgabe ausdrücklich Vorbe­ halten und von diesem Vorbehalt rechtzeitig Gebrauch gemacht hat"). *=) Art. 80 der Reichwerf. Ges. v. 22. April 1871. (B-G-B. S. 87) §. 11. 7) S. hierüber oben S. 185. 8) Dgl. Wächter S. 97ff. Schmidt a. a. O. S. 434. Dambach, Urheberrecht 1871. S. 12 f. 9) Vgl. oben S. 192. 10) I-Min.B. 1864. S. 55. Gerichtssaal B. 15 S. 452. Dambach a. a. O. S. 15f. n) §§• 4. 5. Ges. v. 11. Juni 1870. JMin.Bl. 1864. S. 55. Gerichtssaal B. 15