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German Pages 183 [216] Year 1967
Soziologie Geschichte und Hauptprobleme von Dr. phil., Dr. jur. h. c., Dr. rer. pol. h. c.
Leopold von Wiese em. Professor der Soziologie an der Universität Köln
Achte Auflage
Sammlung Göschen Band lOl/lOla
Walter de Gruyter & Co.
Berlin 1967
vormals G. J . GÖschen'sche Verlagshandlung - J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung - Georg Reimer - Karl J . Trübner - Veit & Comp
©
Copyright 1967 by W a l t e r de Gruyter & Co,, vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung - J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung - Georg Reimer Karl J . Trübner - Veit & Comp., Berlin 30. — Alle Rechte, einschl der Rechte der Herstellung von Photokopien u n d Mikrofilmen, vom Verlag vorbehalten. — Archiv-Nr. 75 8 0 679. — Satz und Druck: Paul Funk, Berlin 30. — Printed in Germany.
Inhaltsübersicht Seite
Vorbemerkungen
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K a p i t e l I : Einleitung: Soziologie als Wissenschaft vom zwischenmenschlichen Geschehen
5
Kapitel
I I : Die geschichtlichen Ausgangspunkte der
Soziologie als Wissenschaft
14
Kapitel
III:
Die Hauptrichtungen der Soziologie . . . .
27
Kapitel
IV:
Comte und Spencer
50
Kapitel
V : Die britische und die amerikanische Soziologie
59
K a p i t e l V I : Die Soziologie in Frankreich und einigen anderen Ländern nach Comtes Tode
83
K a p i t e l V I I : Die ältere (enzyklopädische) Soziologie in Deutschland
98
K a p i t e l V I I I : Die jüngere Soziologie in Deutschland bis 1954
115
K a p i t e l I X : Die Lehre von den sozialen Beziehungen und den sozialen Gebilden (Beziehungslehre) 139 K a p i t e l X: seit 1955 Kapitel
Die allgemeine Soziologie in Deutschland 156
X : Die allgemeine Soziologie seit 1955
I . T e i l 1955 bis 1964 II. Teil 1965 und 1966 Namenregister
156 175 182
Vorbemerkungen zur sechsten Auflage Bei d e r Nachprüfung, ob und in welchem Maße die f ü n f t e Auflage, die 1954 erschienen ist, Änderungen erfordert, glaube ich feststellen zu können, d a ß sich die neue Auflage auf einige Verbesserungen von Druckfehlern und die Beifügung neuer Fußnoten beschränken soll. Dagegen w a r die Einfügung eines zehnten Kapitels notwendig, das die Überschrift trägt: „Die allgemeine Soziologie in Deutschland seit 1955." Die Ausdehnung dieses Berichts auf die gesamte Weltliteratur, die in den Übersichten bis 1955 angestrebt wird, ist im Rahmen eines kurzen Kapitels nicht möglich, zumal da das Schrifttum überall stark angewachsen ist. D a s gilt allerdings mehr f ü r die besonderen Soziologien und vor allem f ü r die Soziographie und die H i l f s disziplinen und -techniken der Soziologie; aber auch bei Beschränkung auf die allgemeine Soziologie wäre es mir nicht möglich gewesen, eine ausreichende Würdigung der Weltliteratur zu geben, da gerade in den letzten fünf Janren z. B. Spanien, J a p a n , besonders Mittel- und Südamerika viel zur Verbreiterung des Schrifttums beigetragen haben. Jedoch steht Deutschland keineswegs an U m f a n g der Veröffentlichungen zurück. Soviel auch an Institutsarbeiten, Wörterbüchern und Sammelschriften publiziert worden ist, so fehlen doch neue systematische Werke keineswegs. Sich mit ihnen zu befassen, erschien mir als die wichtigste Aufgabe f ü r das neue Kapitel.
Vorbemerkungen zur siebenten Auflage Den Bemerkungen zur sechsten Auflage möchte ich nur hinzufügen, d a ß ich das einleitende Kapitel I umgearbeitet habe, um es Anfängern zu vereinfachen. Mir scheint, d a ß es in der früheren Fassung einige Ausführungen enthielt, die zu ihrer Beurteilung schon gewisse Fachkenntnisse voraussetzen. D a s letzte Kapitel (X) habe ich durch Bemerkungen über die Literatur seit 1955 ergänzt.
Vorbemerkungen zur achten Auflage D a die siebente-Auflage erst vor zwei Jahren erschienen ist, habe ich mich in den Kapiteln I bis I X auf wenige Ergänzungen beschränkt. Jedoch habe ich in Kapitel X einen zweiten Teil hinzugefügt, der sich auf einige Neuerscheinungen der J a h r e 1965 und 1966 bezieht. L. v. Wiese
Kapitel
I
Einleitung Soziologie als Wissenschaft vom zwischenmenschlichen Geschehen Zunächst ist es meine Aufgabe, eine kurze Begriffsbestimmung der Soziologie zu geben u n d sie im Gesamtrahmen der Wissenschaften einzuordnen. Sie ist ein Zweig der Wissenschaften vom Menschen. Sie ist Anthropologie (im allgemeinen, nicht bloß im naturwissenschaftlichen Sinne). In diesem Rahmen behandelt sie den Menschen als Mit- und Gegenmenschen, also nicht als Lebewesen schlechtweg, wie es die N a t u r wissenschaften der Biologie, Anatomie, Physiologie tun; sie befaßt sich mit den Einwirkungen, die von Menschen auf andere Menschen ausgeübt werden. Damit übernimmt sie auch einen besonderen Aufgabenkreis in den Geisteswissenschaften, neben den Fächern der Psychologie, Geschichte, Theologie usw. Eine scharfe Trennung von N a tur- und Geisteswissenschaften ist vom Standpunkte der Soziologie nicht durchführbar. Im Zusammenhang mit ihr ist vor allem die Psychologie eine Verbindung beider Schauweisen. Ein anderes Beispiel ist die Technik. Ihr Gegenstand ist das Verhältnis der unbeseelten Dinge zu den sie nutzenden Menschen. Sie stützt sich auf die Naturwissenschaften; doch ist der Grad der N u t z u n g stark v o n psychologischen und sozialen Faktoren abhängig. Besonders wichtig ist der Versuch, die Soziologie v o n den eigentlichen Nachbar-Wissenschaften zu sondern, was,
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I. Wissenschaft v o m zwischenmenschlichen Geschehen
wie wir noch sehen werden, Schwierigkeiten bietet, weil es mannigfache Übergänge zu ihnen gibt: Während die Theologie das Verhältnis der Menschen zur Gottheit, die Psychologie das Seelen- und Geistesleben der Menschen behandelt, hat es die Soziologie mit dem Handeln der Menschen in ihren Beziehungen zu den anderen Geschöpfen des Genus Homo zu tun, und zwar bald als Typus, bald mehr als Person. Immer muß dabei zweierlei beachtet werden: 1. Die Menschen leben nicht vereinzelt, sondern in Verbindungen miteinander, die in hohem Grade das Verhalten der Einzelnen beeinflussen. 2. Das Handeln des Menschen (also der eigentliche Gegenstand unserer Disziplin) ist ohne Versenkung in das Innenleben (also ohne Psychologie) nicht möglich, so daß nicht bloß zu prüfen ist, welche Geschehnisse im Verkehr der Menschen untereinander beobachtet werden können, sondern w i e diese Geschehnisse aus der Artung von Seele, Geist und Körper der Beteiligten zu erklären sind. Besondere Beachtung verlangt das Verhältnis der Soziologie zur Geschichte. So eng dieser Zusammenhang ist, so ist es doch falsch, die historische Betrachtung gegen die systematische auszuspielen. Beide Schauweisen ergänzen sich. Die Systematik kennzeichnet sich durch den Aufbau eines Begriffssystems als Grundlage und benutzt als Hauptkategorien die unveränderlichen, vom Wandel der Zeit unbeeinflußten, naturgegebenen Elemente des Lebens. Beim Studium der einzelnen Tatsachenkreise ergibt sich die Notwendigkeit, auf die geschichtlichen Veränderungen einzugehen, die sich innerhalb des Menschentums im Laufe der Zeit vollziehen. Aber die Rahmen^egnj(fe der Systematik sind keineswegs leer und rein formal; sie sind erfüllt von der Problematik der Betätigungsfelder der Menschen. Immer muß unsere Aufmerksamkeit sowohl auf das übergeschichtlich Beständige wie auf den Wandel gerichtet sein. Daß das Gebiet der Politik bisher noch nicht genannt wurde, erklärt sich daraus, daß dieses Studienfeld ein Teil der Soziologie ist und nicht bloß im Nachbarverhältnis zu
I. Wissenschaft vom zwischenmenschlichen Geschehen
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ihr steht. Sie hat die Erscheinungen der AfacAtverteilung zu ihrem Gegenstande und ist damit ein Spezialgebiet der Lehre vom Mit- und besonders vom Gegenmenschen. Ähnlich steht es mit der Abgrenzung vom Recht. Dieses ist viel älter als die Soziologie und kann historisch als ein Rahmen aufgefaßt werden, innerhalb dessen sich bestimmte Problemkreise der Soziologie entfaltet haben, zum mindesten vorbereitet worden sind. Aber wie sich die Politik auf dem Fundamente der Macht entfaltet hat, so das Recht auf dem Prinzipe der Ordnung. Beide sind soziale Faktoren und soziologisch zu erfassen. Damit ist bereits die Zweiteilung in allgemeine und spezielle Soziologie berührt. Jene befaßt sich mit dem Zusammenhange (oder Nicht-Zusammenhange) der Menschen auf allen Betätigungsgebieten. Aber das Leben der Menschen ist so mannigfach gestaltet und zerfällt in so viele Teilgebiete des Handelns, daß es eine Fülle von Spezialgebieten gibt, zu der auch die Rechtssoziologie und Politik gehören. Jedes Feld zwischenmenschlicher Betätigung kann eine besondere Soziologie entwickeln. Es ist eine Frage des jeweiligen Standes der geistigen Interessen, welche speziellen Soziologien gerade gepflegt werden; hier seien nur genannt Religions-, Wirtschafts- (in ihrem Rahmen u. a. die Betriebssoziologie), Kunst-, pädagogische Soziologie u. a. Diese speziellen Soziologien unterscheiden sich, von der allgemeinen dadurch, daß sie das mit- und gegenmenschliche Verhalten auf einem besonderen Betätigungsgebiete untersuchen, so daß nicht nur die anthropologische Basis der Geschehnisse hervorgehoben, sondern der zwischenmenschliche Zusammenhang unter dem Einfluß eines Aufgabenkreises gezeigt wird, der seine eigenen Regeln den Menschen auferlegt. Die Personen kommen nur mit gewissen Seiten ihres Wesens vorwiegend zur Geltung, während die übrigen Verhaltensweisen peripherisch bleiben. Wieder eine andere Optik als Politik und Recht verlangen in ihrem Verhältnisse zur Soziologie die Ästhetik und die Ethik, also die Beziehungen des Menschen zum Schönen
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I. Wissenschaft v o m zwischenmenschlichen Geschehen
und zum Guten (positiv und negativ). Bei der Versenkung in ihre Problematik wird deutlich, daß sie nicht spezielle Soziologien, sondern Afeiasoziologien sind, also Wissensgebiete, die auch über die allgemeine Soziologie hinausragen. In der Soziologie der Ästhetik beschäftigen uns der Einfluß der Cliquen, der Grad der Selbständigkeit des einzelnen Schaffenden, der Wandel des herrschenden Urteils, die Gewalt der „Ismen", die Wiederkehr des zeitweilig Ausgeschlossenen, der Einfluß der Ökonomik, der Mode, Kunst als Geschäft, der Snobismus. Sehr wichtig ist das Verhältnis der Soziologie zur Ethik. Hier besteht der so wesentliche Gegensatz der Wissenschaften vom Sein, die sich auf Beobachtungen und auf die sich aus ihnen ergebenden Vorstellungen gründen, und der Versenkung in das Sollen, bei dem die viel umstrittene Frage auftaucht, ob und wie weit es überhaupt als Wissenschaft gelten kann. Bei der Befassung mit dem Sollen betritt man das Gebiet des Wertens, das über den Bereich der Logik hinausreicht. Soll man den Standpunkt vertreten, daß diese Schauweise ins Gebiet der Metaphysik führt und ihr eine rationale Behandlung versagt ist? Tritt hier an die Stelle des Wissens der Glaube? Die Vergangenheit (besonders die Zeit vor der Aufklärung) verwob beide Gebiete ineinander. Gegenüber dieser Verwirrung von subjektiver Schauung des Gefühls und logischem Denken muß man grundsätzlich die Trennung von Sein und Sollen fordern. Aber diese Grenzziehung ist noch schwieriger als bei Politik und Ästhetik. Es sollte jedesmal möglichst klar sein, ob es sich um eigentliche Wissenschaft, also um das beweisbare Sein, oder urp Geglaubtes handelt. (Grenzgebiet ist die Hypothese; auch die Wissenschaft kann sie nicht entbehren). Aber ein Fehler liegt dann vor, wenn die eine Urteilsweise in der Maske der anderen erscheint. Soziologie ist nicht selbst Metaphysik, aber als Wissenschaft eine ihr vorausgehende Grundlage. Sie ist nichts als Wissenschaft — nichts mehr und nichts weniger. Reli-
I. Wissenschaft vom zwischenmenschlichen Geschehen
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gion, Kunst, spekulative Philosophie befassen sich wie jene auch mit dem beseelten Menschen, aber nicht als Wissenschaften 1 ). Sie ziehen der Phantasie keine Grenzen und schließen das Nicht-Beweisbare nicht aus. Der Soziologe gelangt seinerseits an eine Grenze, wo sein Feld, das Interhuraanum ins H u m a n u m übergeht und seine Fragen über das Menschentum in die Metaphysik und in die Sollsphäre der Ethik einmünden. Die Ethik hat selbst zwei Bereiche; der eine betrifft das Verhältnis zur Gottheit, der andere die Beziehungen zwischen den Menschen. Dieser zweite Bereich der Ethik bedarf der Kenntnis des zwischenmenschlichen Verhaltens, der Soziologie. Diese aber kann nicht der Fundamentierung in der Ratio entbehren. Sie muß durch Beobachtung und Beweis gefestigt sein; aber sie hat das Ziel, der Ethik die gründliche Kenntnis des Tatsächlichen zu vermitteln. Eine rein spekulative Ethik richtet nur Unheil an. Die Forderung, die Bewertungen, die die Ethik beherrschen, sollten keinen Zugang zur Soziologie haben, kann aber wieder nicht mit der Strenge eines mathematischen Satzes aufgestellt werden. Es wurde ausgesprochen, daß sich die soziologischen Aussagen auf Beobachtungen der Umwelt und unseres eigenen Körper- und Seelenlebens aufbauen sollen, um objektive Gültigkeit zu erlangen. Aber auch diese Beobachtungen sind von unserer Subjektivität abhängig. Schon die Auswahl in den unzähligen Wahrnehmungen wird von unserer Denk- und Gefühlsweise mitbestimmt; wir übersehen manches und bevorzugen anderes. Bisweilen ist diese Mischung des Subjektiven mit dem Objektivem eine ergiebigere Quelle der Erkenntnis als die unerreichbare völlige Objektivtät. Vgl. über den Zusammenhang von Philosophie und Soziologie, sowie über die beiden Bereiche der Philosophie: L. v . W i c s e , Philosophie und Soziologie, Berlin 1959, Dundter & Humblot. Vgl. Gerhard W e i s s e r : Normative Sozialwissensdiaft im Dienste der Gestaltung des sozialen Lebens, in Soziale Welt, J a h r g a n g 7, Heft 1, und derselbe: Politik als System aus normativen Urteilen, in Monographien zur Politik, Heft 1, hrsg. vom Forsdiunsginstitut für Sozial- und Verwaltungswissensdiaften an der Universität Köln, Abteilung Sozialpolitik, Göttingen 1951
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I. Wissenschaft vom zwischenmenschlichen Geschehen
Alle Scheidungen, die doch die H a u p t a u f g a b e der Logik bilden, gelten hier nur als Heraushebungen des H a u p t sächlichen, während die Peripherien der Begriffskomplexe unscharf sind. Ihre Richtigkeit ist nur mit Zusätzen wie „in der Regel, teilweise, bis zu einem gewissen Grade, usw." gültig. Der Zusammenhang zwischenmenschlichen Verhaltens ist so vermischt und so vielen wechselnden, verschieden starken Beeinflussungen ausgesetzt, daß wir nur mit Einschränkungen Aussagen geben können. Vor allem ist die Verbindung der positiven mit den negativen Merkmalen unvermeidlich, wobei uns die Mängel der Sprache besonders hinderlich sind. Sie enthält vielfach Wörter, die nur die Bejahung oder Verneinung ausdrücken. Soziologisch denken bedeutet aber, beide Seiten bei allen Phänomenen in Betracht zu ziehen. Dieses beständige Hinüberschauen und Benutzen anders rubrizierter Gebiete eilt besonders für das Verhältnis unserer Wissenschaft zu den Nachbarfächern. Auf langen Strecken überwiegen psychologische, ökonomische oder statistische Tatsachen. Das hängt mit der Daseinsfülle des zwischenmenschlichen Geschehens zusammen. Aber es nötigt auch, das H a u p t t h e m a nie aus den Augen zu lassen und die Versenkung in die Nebenfragen nur als Mittel zum Zwecke zu erkennen. N i e sollte sich die Soziologie zu einem Sammelsurium von Allerlei auflösen. Gerade die Spezial-Unterfächer müssen darauf achten, daß ihre Aufgabe darin besteht, Material f ü r die universelle Erkenntnis des Mitmenschlichen zu liefern, und sie sollten der allgemeinen Soziologie ihre Grundfragen entnehmen. Aber wie die Spezialsoziologien durch die Aufnahme von Material aus anderen Wissenschaften gekennzeichnet sind, so weisen diese anderen Disziplinen manche Elemente auf, die sie der soziologischen Betrachtungsweise entnehmen und die sie mit ihrer eigenen Grundproblematik verknüpfen. Die Abgrenzung ist stets fragwürdig. Es hängt vom Umfange und der jeweils der Sache bei-
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gelegten Bedeutung ab, ob man diese Schriften bei den Spezialsoziologien oder bei den „soziologisierenden" Erzeugnissen der Nachbargebiete einreihen soll. Doch ich will den Oberblick über die Einteilung der Soziologie dem nächsten Kapitel überlassen und mich hier noch etwas mit dem weiten Rahmen, dem sie angehört, befassen. Ich meine die Anthropologie, die Wissenschaft vom Menschen, aus der die Soziologie als Spezialfach die Lehre vom Mit- und Gegenmenschen entnimmt. Aber wie innerhalb ihrer, wie gesagt, der Zusammenhang ihrer Spezialfächer mit der allgemeinen Soziologie gewahrt werden muß, so muß sich diese selbst der Anthropologie einordnen. Noch im 19. Jahrhundert wurde die Anthropologie zumeist als Wissenschaft vom menschlichen Leibe verstanden, mit der sich Biologen und Mediziner befaßten. Freilich wurde bald mit dieser naturwissenschaftlichen, hauptsächlich vom Typus Homo ausgehenden Forschung und Lehre ein ganz anderer Gegenstand verknüpft: die Völkerkunde, besonders die Lehre von den nichtweißen Rassen, Stämmen und Völkern; die Ethnographie und Ethnologie. Die Biologen hatten vielfach die Beschaffenheit der „primitiven" Menschen als Arbeitsgebiet. Das führte zum Studium ihres Gruppenlebens und berührte sich auch mit der soziologischen Problematik. Aber neben der naturwissenschaftlichen Betrachtung des Menschenleibes waren der menschliche Geist und die menschliche Seele ein tief in die Antike reichendes Gebiet von Forschung und Lehre. Nur wurde dafür der Terminus Anthropologie höchst selten und mehr nebensächlich auf sie angewendet. Man betrachtete diesen Fragenkomplex als Philosophie. Der Dualismus Körper und Geist beherrschte — zumal unter dem Einflüsse der Theologie — das wissenschaftliche Leben bis in unsere Zeit. Erst in den letzten Jahrzehnten erweitert man die Anthropologie zu einer einheitlichen,
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I- Wissenschaft vom zwischenmenschlichen Geschehen
vielschichtigen Theorie vom Menschen, bei der bald der Leib, bald Seele und Geist Hauptgegenstand ist. Eine Stellungnahme ist dadurch recht erschwert, daß auch zwischen Geist und Seele von Philosophen und Psychologen unterschieden wird. Unter dem Einflüsse des antipositivistischen Idealismus wird o f t dem Geiste eine metaphysische, die Materie weit überragende Bedeutung zugemessen, während man bei der individuellen Seele einen engen Zusammenhang mit den Funktionen der Nerven und des Gehirns erkennt, so daß eine Trennung naturwissenschaftlicher und geisteswissenschaftlicher Betrachtung nur bei bestimmten Spezialfragen möglich ist. Die geistige Teilnahme am Menschen richtet sich in der Regel auf zwei verschiedene, aber eng benachbarte Seiten seines Wesens, entweder auf die ihm eigenen Vorgänge innerhalb seines Geistes-, Seelen- und Körperlebens oder auf die Einwirkungen, die von den Zusammenhängen ausgehen, in die er zu anderen Menschen und Menschenmehrschaften gestellt ist. Der erste Tatsachenkreis ist das Thema der Psychologie (und Physiologie), der zweite das der Soziologie. Der Gegensatz besteht zwischen der Schau ins Innere des Menschen und einer Beobachtung des sich wahrnehmbar bekundenden Verhaltens in der Außenwelt des zwischenmenschlichen Verkehrs. Damit berühren wir die Abgrenzung zur Psychologie, die jedoch durch das Zwischenfeld der Sozialpsychologie erschwert wird. Vermengungen von ihr und Soziologie sind heute nicht selten. Richtig ist, daß es überflüssig und unfruchtbar ist, soziologische und sozialpsychologische Erklärungsweisen gegeneinander auszuspielen, es so darzustellen, als ob man entweder den Menschen als selbständiges Singulare (ich sage lieber Singulare statt Individuum) oder als von Kollektivkräften geleitetes und geformtes Wesen auffassen müsse. Aber mit der Ablehnung dieser überspitzten Antithese ist es nicht getan. Es genügt nicht zu sagen: Innenwelt und Außenwelt sind nicht ein und
I. Wissenschaft v o m zwischenmenschlichen Geschehen
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dasselbe; man möchte auch wissen, wie sich nun die beiden Welten als gestaltende Kräfte zueinander verhalten. Oft taucht innerhalb der allgemeinen Anthropologie — ganz im Gegensatz zu der älteren ethnologischen Abgrenzung — die Problematik der Kultur und Zivilisation auf; sie wird in Verbindung mit Geschichte und Philosophie behandelt. Die beständig wiederkehrende Frage: was ist Kultur? geht dann wieder den Soziologen besonders an; der Fragenkomplex des zwischenmenschlichen Bereichs nimmt gerade unter dieser Überschrift beträchtlichen Raum ein. Darüber hinaus wird der Kulturmensch nicht selten mit dem natürlichen Triebmenschen verglichen; es wird die Frage aufgeworfen, wie weit der Naturmensch unter dem starken Einflüsse des sozialen Zwangs, der gesellschaftlichen Institutionen und der mannigfachen Organisationen verändert, teils sittlich und ästhetisch gefördert, teils geschwächt und der Natur entfremdet worden ist. Diese und zahlreiche verwandte andere Fragen verknüpfen Biologie, Anthropologie, Philosophie, Psychologie und nicht zuletzt Soziologie. Lezte Quellen für alles Geschehen in der Menschenund damit in der menschlichen Sozialsphäre sind die Menschenseelen und Menschenleiber. Aber erst durch die Einwirkungen des Ich auf das Du und die Verbindung beider zu einem Wir ergibt sich in positiven und negativen Spannungen das nach außen fruchtbare, soziale Geschehen. Soziologie als Fachwissenschaft kann nur die Lehre vom Sozialen, d. h. von den Einwirkungen der Menschen aufeinander (im Neben- und Nacheinander) sein. Das Soziale ist dabei keine platonische Idee, die nur durch Wesensschau erkennbar wäre, sondern (wie wir noch sehen werden) eine Gesamtheit von beobachtbaren Prozessen. Es handelt sich nicht um Spekulationen, sondern um nachprüfbare Beobachtungen. Diese Beobachtungen werden nur dadurch
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II. Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie
schwierig, d a ß die Ideologien nicht ruhen u n d unser Geist die Neigung besitzt, alles fließende Geschehen in Substanzen umzudichten. So machen wir aus dem Geschehen im Bereiche einer staatlichen Verbundenheit von Menschen „den Staat", obwohl es in Wirklichkeit eben nur staatliches Geschehen gibt, d. h. Prozesse, in denen die Menschen sich in bestimmten, nämlich politischen, Distanzen begegnen. Das gleiche gilt von Kirche, Wirtschaft usw.
Kapitel
II
Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie als Wissenschaft D i e Geschichte der Soziologie können wir als eine Entwicklung von der Enzyklopädie zur Einzelwissenschaft v o m Sozialen ansehen. In vielen Wissenschaften streitet man über ihren Beginn, z. B. in der Sozialökonomik. D a neue Wissenschaften nur selten mit einem bestimmt markierten Ereignisse, etwa mit einer Entdeckung oder Erfindung, beginnen, da vielmehr meist eine allmähliche Entwicklung des allgemeinen Wissens besteht, in der erst nachträglich infolge der N o t w e n digkeit der Systematisierung und Abgrenzung — gewissermaßen künstlich — Abschnitte gebildet werden, so ist ein solcher Streit nicht zu entscheiden. Die Frage nach dem Beginne ist eine Zweckmäßigkeitsfrage. Wichtiger ist, sich der meist langen Vorgeschichte bewußt zu sein. W i r wissen, d a ß ökonomische Fragen in der Antike u n d im Mittelalter vielfach behandelt worden sind, d a ß sie damals aber in inneren Zusammenhang mit anderen Wissenschaften gestellt wurden. Auch über unseren Gegenstand, die zwischenmenschlichen Beziehungen, ist zu allen Zeiten nachgedacht u n d manches vorgebracht worden. Aber die Selbständigkeit dieser Problematik des Sozialen ist erst schrittweise klargeworden. In der Hauptsache erkennt man
II. Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie
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erst allmählich im 19. und 20. Jahrhundert, daß es eine selbständige Wissenschaft vom Sozialen, d. h. vom menschlichen Zusammenleben, mit einem eigenen umgrenzbaren Objekt gibt. Was vorher geschaffen wurde, ist mehr Politik, bei der Staat und Gesellschaft nicht deutlich genug geschieden werden, oder ist mehr Ethik und Morallehre als empirische Erkenntnis des Zwischenmenschlichen an sich. Nicht aufrechtzuerhalten ist ferner die Herleitung der modernen Gesellschaftslehre aus nur einer geschichtlichen Wurzel. Die Wissenschaft vom menschlichen Zusammenleben keimte auf verschiedenem Boden. Ihre Entstehung entsprach den Bedürfnsisen nicht nur eines Volkes und nicht nur eines Wissenschaftskreises. Vielmehr ergibt sich, daß, wenn die nationale Geisteskultur eines einzelnen Volkes einen bestimmten Entwicklungsgrad erreicht hat, in ihr Soziologie entsteht. Bei den Völkern des mittel- und westeuropäischen Kulturkreises ist dies ungefähr an der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert eingetreten. Doch besteht kein grundsätzliches Bedenken, den Beginn früher anzusetzen, je nachdem, was man als das Entscheidende dieses Geburtsvorganges ansieht. Es ist hier nicht möglich, allen Werdeprozessen der Soziologie erschöpfend nachzugehen; für uns mag genügen, auf drei Wurzeln hinzuweisen: 1. auf die deutsche Romantik und die deutsche idealistische Philosophie; 2. auf C o m t e s Philosophie, zumal da dieser Philosoph der Sache den siegreichen Namen Soziologie gegeben hat; 3. auf ihre Entwicklung aus anderen Wissenschaften als der Philosophie, nämlich vorwiegend aus Biologie, Geschichte und Sozialökonomik. Einen anderen Anfangszeitpunkt nimmt z. B. S o m b a r t ' ) an. Er sieht jene Denker des 17. und 18. JahrVgl. W. S o m b a r t , Die Anfänge der Soziologie in „Erinnerungsgabe iür Max Weber", 1. Band, S. 5 ff., München und Leipzig 1923.
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II. Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie
hunderts in Frankreich und England als die Schöpfer der Naturlehre der menschlichen Gesellschaft an, die im Gegensatz zum alten (mehr oder weniger theologischen) N a turrecht die menschliche Gesellschaft samt ihrer Kultur als ein Stück N a t u r selbst ansahen. Er nennt beispielsweise Cumberland, Temple, Petty, Shaftesbury, Mandeville, Adam Smith und andere. Für sie sei eine neue naturalistische, die „westliche" Soziologie seitdem charakterisierende Auffassung des Gesellschaftslebens bezeichnend. Dem wäre entgegenzuhalten, daß auch schon manche profane Naturrechtler in Wetterführung alt überkommener Ideen des Epikureismus und erst recht manche Vertragstheoretiker zu einer kausal-empirischen Deutung des sozialen Geschehens neigten. B r i n k m a n n 2 ) sieht in der politischen Literatur des westeuropäischen Barockzeitalters von Hobbes bis Adam Smith und Rousseau, in der in ihr zum Ausdruck kommenden „Daueropposition der Intelligenz gegen die gesellschaftlichen Mächte" den Beginn der Soziologie. Uns will jedoch scheinen, daß das nur f ü r die soziologische Theorie der Politik zutrifft, und daß gerade die allzu politische Einstellung von Denkern wie Hobbes, Mandeville, Ferguson sie hinderte, den Grundfragen der allgemeinen Soziologie nahezukommen. Auch D ü r k h e i m s Auffassung, daß man mit den Enzyklopädisten, zumal mit H o 1 b a c h , beginnen müsse, läßt sich verteidigen. Paul B a r t h hat in seiner „Philosophie der Geschichte als Soziologie" seinerseits anders als die Forscher, die das 17. und 18. Jahrhundert bevorzugen, darauf hingewiesen, daß die Soziologie „der Sache nach" bis auf Plato zurückgehe, was Sombart nicht gelten lassen will. 2 ) Vgl. B r i n k m a n n , Versuch einer Gesellschaftswissenschaft, München und Leipzig 1918 und ders., Gesellschaftslehre, in der Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaften, XXXXVIII, Berlin 1925.
II. Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie
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Jedoch haben auch schon vor Plato Heraklit und die Sophisten, nach Plato Aristoteles und besonders die Stoiker und Epikureer zahlreiche Fragen des gesellschaftlichen Lebens, zumal die nach Ursprung und Aufgaben des „Staats" — mit dem Worte politeia ist mehr als der Staat im heutigen Sinne, auch die „bürgerliche Gesellschaft" u m f a ß t — erörtert. Aber die Denkweise, mit der es geschah, ist — zumal bei Plato — ausgesprochen unsoziologisch, wenn man darunter eine bestimmte Betrachtungsund Beurteilungsweise verstehen will. Sehr richtig sagt darüber Albion W . S m a l l 1 ) : „Als ein Muster der Dialektik ist ,der Staat' (Piatos) das hervorragende Beispiel f ü r das, was nicht Soziologie ist. Eine Gruppe von Soziologen rechnet jeden zu den Soziologen, der über soziale Verhältnisse nachgedacht hat. Der vorliegende Aufsatz vertritt die Ansicht, daß nur diejenigen Soziologen sind, die eine Methode handhaben, welche in diametralem Gegensatz zur Dialektik steht 2 ). Plato betrachtet den ,Staat' nicht als eine Abhandlung zur politischen Wissenschaft oder zur Soziologie, sondern als eine Untersuchung aus dem Gebiete der Moralphilosophie. Die platonische Methode war ein Versuch, dadurch Wahrheit zu schaffen, daß man zur Ubereinstimmung zwischen Begriffen oder Lehrsätzen gelangte. Die wissenschaftliche Methode ist dagegen ein Versuch, dadurch Wahrheiten zu entdecken, daß man Gleichförmigkeit von Ursache und Wirkung in der objektiven Welt beobachtet." Philosophen wie Plato suchen Wahrheit aus Übereinstimmung von Ideen zu schaffen, nicht durch Beobachtung der objektiven Welt Wahrheit zu entdecken; sie sind deswegen keine Soziologen, sondern eben Philosophen; auch f ü r die theologischen Denker des christlichen Mittelalters (wie Augustin und Thomas), f ü r manche N a t u r rechtler und manche Vertragstheoretiker, wie für viele an Gesellschaftsproblemen interessierte Philosophen der GeIn einem Aufsatze: Sociology and Plato's Republic, American Journal of Sociology, XXX, 5. 2 ) Die Hineinziehung des Begriffs „Dialektik" ist leicht irreführend. 2
von Wiese, Soziologie
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II. Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie
genwart gilt dasselbe. Immerhin bereitet die Theorie vom „rechten" Staate, vom Gottesstaate, die Spekulation über das der gesellschaftlichen Ordnung vorausgehende Naturstadium (z. B. Hobbes' „homo homini lupus"), der alte Streit der Stoiker und Epikureer über die dem Menschen angeborene (oder nicht angeborene) soziale Natur, über das Verhältnis von Umgebung und inneren Eigenschaften u. a. m. die soziologische Fragestellung vor, führt sie freilich durch das Nachwirken alter unausrottbarer Vorurteile und Antithesen oft genug irre. Zahllos sind die Anbahnungen einer Wissenschaft vom gesellschaftlichen Leben bei vielen Ethikern, Politikern und Kulturinterpreten; aber sie vermengen normative (Soll-)Wissenschaft mit der beschreibenden und systematisierenden (Seins-)Wissenschaft. Rechnet man die Sozialphilosophie mit ein, so muß man jedoch nicht nur in Hellas die Sophisten und Sokrates mit hinzunehmen, sondern Spuren in Ägypten, Mesopotamien, Indien und China in weit davor zurückliegende Zeiten nachgehen. Othmar S p a n n 1 ) siehtin K a n t und F i c h t e die Begründer der Gesellschaftslehre. Sicherlich läßt sich aus der deutschen Philosophie des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts manche Verbindungslinie zur späteren eigentlichen Soziologie hinüberleiten. Will man aus der Reihe der deutschen Philosophen einige Denker als besonders einflußreich (im guten und schlechten Sinne) ansehen, so müssen neben H e g e l , K a n t und F i c h t e genannt werden. Die Romantiker erscheinen vor allem Georg v. B e 1 o w 2 ) als Förderer soziologischer Erkenntnis, da sie die historischen Erscheinungen nicht einseitig aus bewußten Handlungen der einzelnen Menschen herleiteten, sondern auf unbeO. S p a n n , G e s e l l s d i a f t s l e h r e , 3. A u f l a g e , Leipzig 1930. In s e i n e r Streitschrift „Soziologie a l s Lehrfach", Sonderabdrude a u s Schmollers Jahrbuch, 43. J a h r g . , 4. Heft, München und Leipzig 1920. V g l . zu ihrem Inhalte die A n t w o r t e n von F. Tönnies und L. v. W i e s e . Der Erstgenannte hat im W e l t w i r t s c h . Archiv, Bd. 16, S . 212 ff., u n t e r dem Titel „Soziologie und Hochschulreform", der Zweite in S d i m o l l e r s J a h r buch, J a h r g . 44, S. 247 ff. unter dem Titel „Die Soziologie a l s Einzelwissenschaft" e r w i d e r t . 2)
II. Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie
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wußte Kräfte, objektive Mächte als deren Quelle hinwiesen. Besonders ihre Theorie vom Volksgeiste, aus dem Recht, Sprache und Kunst hervorgingen, sei hierfür wesentlich. Später waren jedenfalls die Forschungen Robert v. M o h 1 s , Lorenz v. S t e i n s und gleichstrebender Gelehrten um die Mitte des 19. Jahrhunderts, zu denen auch Heinrich v. T r e i t s c h k e in seinen jüngeren Jahren gehörte, der Entwicklung des soziologischen Denkens sehr förderlich. Sie sonderten die Begriffe von Staat und Gesellschaft, wobei freilich die Gesellschaft nicht den abstrakten Sinn hat, den wir heute damit verbinden. Es ist, wie gesagt, vielmehr die bürgerliche Gesellschaft, die Trägerin der öffentlichen Meinung gemeint. Bei Mohl vor allem sind also Staat und Gesellschaft gleichgeordnete Gebilde, die nebeneinander in Wechselbeziehungen stehen, während für die Modernen der Staat ein Gebilde innerhalb des übergeordneten Universalgebildes Gesellschaft ist, wenn man überhaupt ein solches Universalgebilde gelten lassen will. Bei dieser Hervorhebung deutscher Denker spielt sicherlich auch das Bestreben mit, gegenüber einer einseitigen Herleitung der soziologischen Tradition von den Franzosen S t - S i m o n und C o r a t e und dem Engländer Herbert S p e n c e r den Anteil der deutschen Wissenschaft und Philosophie an der Vorbereitung der neuen Wissenschaft gebührend in den Vordergrund zu stellen. Auch sonst zeigt sich vielfach die Tendenz, nationale Besonderheiten und Traditionen bei der Geschichte unserer Wissenschaft und der Datierung ihres Beginns zu betonen. So weist etwa der Tscheche Vasil K. S k r a c h auf Johann H u s und C h e l t s c h i z k i als Inauguratoren böhmischer Sozialphilosophie hin. C a r 1 i 2 ) nennt seine Landsleute Machiavelli und Vico neben Bodinus, Hobbes, Bossuet, Montesquieu, den Physiokraten und den Enzyklopädisten. !) Vgl. seine Glossen „über die tsdiediisdie Soziologie" usw. Kölner Vierteljahrshefte, 5. Jahrg., Heft 3. In seinem Buche „Le Teorie Sociologidie", Padua 1925. 2*
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II. Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie
Bei der Dehnbarkeit des Begriffs einer allgemeinen Soziologie und der Möglichkeit ihrer Gleichsetzung mit Sozialphilosophie haben diese und andere Versuche ebensoviel Anspruch auf Anerkennung, wie es nicht schwer ist, sie bei Zugrundelegung einer anderen Auffassung der Disziplin mit guten Gründen abzulehnen. Lehrreich ist in dieser Hinsicht S m a 11 s Werk über die Anfänge der Soziologie: Es ist darin nur wenig und mehr beiläufig von Comte und Spencer sowie von anderen westeuropäischen Denkern die Rede, dafür werden Thibaut und Savigny, Eichhorn, Niebuhr, Ranke, Roscher, Knies, Treitschke, Schmoller, die Kathedersozialisten und die österreichische Schule sehr eingehend behandelt. Adam Smith' Werk und Einfluß bleiben nicht unerwähnt; aber es wird nicht viel mehr über ihn gesagt, als in einer Geschichte der deutschen Sozialökonomik über ihn gesagt werden muß. Richtig ist ja dabei sicherlich, daß in Deutschland, Frankreich und England während des 19. Jahrhunderts und auch heute noch viele soziologische Probleme unter anderem N a m e n behandelt werden. Nach der im folgenden vertretenen Auffassung ist die bisherige Entwicklung der Soziologie ein sehr allmählich voranschreitender Prozeß der wachsenden Selbsterkenntnis der Disziplin von ihrer Besonderheit und Eigenart; er vollzog und vollzieht sich durch beständig zunehmende Einschränkung ihres Umfangs, durch genauere Fragestellung und durch Entwicklung einer selbständiger werdenden Schauweise. Das bedeutet zugleich eine Lösung von der Sozialphilosophie, allgemeinen Kulturlehre, Ethik und von anderen sozialen Einzelwissenschaften, die neben ihr bestehen. D a aber dieser Lösungs- und Verselbständigungsprozeß erst in der unmittelbaren Gegenwart vor sich geht, so ist eine Auffassung beweisbar, die alle Soziologie in Deutschland vor T ö n n i e s und S i m m e l , in Frankreich vor T a r d e, in Amerika vor S m a l l , G i d d i n g s und R o s s in die Vorgeschichte verweist. Ich behaupte in der 1) Vgl. Alboin W. S m a l l :
Origins of Sociology, Chicago 1924.
II. D i e geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie
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Tat, daß die Soziologie als deutlich umgrenzte soziale Einzelwissenschaft erst in den letzten 75 Jahren entstanden ist. Aber die ersten Versuche, den Weg zu diesem Standpunkt zu finden, sind zum mindesten ein Jahrhundert älter; sie werden deutlicher umgrenzbar etwa vom Ende der großen französischen Revolution an. Wir unterscheiden deshalb eine lange Vorgeschichte, zu der wir Antike und Mittelalter rechnen und die wir bis zum Ausgange des 18. Jahrhunderts datieren, dann ein erstes Stadium der Soziologie als Universalwissenschaft (19. Jahrhundert), in der sie sich insofern schon als selbständige Wissenschaft zu dokumentieren sucht, als sie die Frage: was ist Gesellschaft? zu ihrer Kern- und Grundfrage macht, aber sich dadurch den Weg zur fruchtbaren Erkenntnis versperrt, daß sie im Zusammenhange damit zu viel außersoziologische, wenn auch sozialwissenschaftliche oder sozialphilosophische Fragen mit zu bantworten sucht, schließlich ein zweites Stadium der Reifung einer selbständigen und eingegrenzten Wissenschaft der Soziologie in der Gegenwart, wobei wieder die Grenze zwischen dem ersten und zweiten Stadium fließend erscheinen mag und von der Beurteilung der Leistung des einen oder anderen Forschers abhängt. Uns beschäftigt zunächst die Entstehung des ersten Stadiums, das wir ungefähr in die Jahre 1810 bis 1890 legen: Noch in der großen französischen Revolution überwog durchaus die geistige Teilnahme an den rein politischen, zumal den Verfassungsfragen. Wenn auch schon manche Denker des 17. und 18. Jahrhunderts hinter dem Wechsel politischer Erscheinungen allgemeinere Naturgesetze der sozialen Entwicklung angenommen und das Politische nur als eine von zahlreichen Erscheinungsreihen der Gestaltung des zwischenmenschlichen Lebens angesehen hatten, so drängte sich doch die naiv-voluntaristische Auffassung, daß man den Staat und die bürgerliche Gesellschaft völlig willensmäßig gestalten könnte und dabei das politische Ethos entscheidend wäre, zu sehr hervor. Es fehlte in der Behandlung der Aufgaben des öffentlichen Lebens noch die
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II. Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie
eigentlich soziologische Denkweise, die das Gruppen- und Gemeinschaftsleben insgesamt als eine Welt mit eigenen Struktur- und Bewegungsgesetzen ansieht. Sicherlich haben zu der Entbindung des Geistes der Soziologie äußere Umstände beigetragen; in der Hauptsache dieselben, die den Sozialismus (der aber nicht mit Soziologie gleichzusetzen ist) vorbereitet haben: technisch-wirtschaftliche Erscheinungen, neue Bevölkerungstatsachen, die Ansammlung von Menschen in den großen Städten, vor allem die deutlichere Vorstellung von Masse und Proletariat, die durch das Anwachsen der gewerblichen Arbeiterschichten aufgedrängt wurde. Unter den sozialen Gebilden wurde die „Klasse" neu entdeckt, und die Befassung mit dieser problematischen „Samtschaft" zwang zum Nachdenken über die Wechzelbeziehungen von Gruppen überhaupt. Das ist gewiß nicht etwas völlig Neues gewesen; aber die Dringlichkeit und Deutlichkeit des Gesellschaftlichen wuchs. Man erkannte: auch mit einer ganz demokratischen Staatsverfassung, mit der Gleichheit der Bürger vor dem Gesetze, mit der Abschaffung der Privilegien und aller Rechte des Feudalstaats ist von den „sozialen Fragen" erst ein recht kleiner Teil „gelöst". Aus diesem europäischen Boden wuchs ein Zweig, der von den Besserungsbeflissenen gepflegt wurde: der Sozialismus. Es wuchs aber gleichzeitig der ganz anders geartete der Soziologie empor, der ein Baum der Erkenntnis, nicht der Lebensänderung werden sollte. (Doch darf dieses Bild von den zwei ungleichen Reisern nicht so ausgelegt werden, als ob es gar keine Verbindung zwischen Theorie des Sozialismus und Soziologie gäbe.) Freilich die Romantiker und die deutschen idealistischen Philosophen, zumal S c h e 11 i n g und H e g e l , sind von der Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur des 19. Jahrhunderts verhältnismäßig wenig beeinflußt worden. Aber ihr Betreben, zwischen dem Absoluten, Göttlichen und Geschichte, Staat, Volk und Recht einen metaphysischen Zusammenhang herzustellen, ein Streben, das schließlich zu Hegels Glauben führte, der göttliche Wille objektiviere
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sich im Staate, ist geschichtlich als Reaktion auf die Aufklärung, den Liberalismus und die Revolutionsgesinnung des 18. Jahrhunderts zu begreifen. Diese Philosophen hinterließen der Soziologie die Aufgabe, die großen abstrakten Kollektiva: Volk, Staat, Kirche, Genossenschaft, schließlich Gesellschaft zu erklären. Freilich ist diese Abstammung von der Spekulation eine gefährliche und verleitende Erbschaft f ü r die deutsche Gesellschaftslehre geworden. Noch heute suchen manche Soziologen mit denselben Mitteln der Geschichts- und Sozialphilosophie die gar nicht philosophischen Probleme ihrer Wissenschaft zu lösen. Der Schreiber dieser Zeilen bekennt sich zu der Auffassung, daß man wie von Plato so auch von Schelling und Hegel, Adam Müller und N o valis nicht lernen kann, wie der Soziologe an die ihm gestellte Aufgabe herantreten darf. Es gibt sicherlich eine Metaphysik der Gesellschaft; sie pflege der Philosoph. Der Soziologe soll Realist und Empiriker sein, wobei wir von der Erfahrungs-Erkenntnis die phänomenologisch-verstehende nicht absondern, sondern ihr zugesellen. N u r daß ihr die „letzten Fragen", der objektive, absolute, gottgewollte „Sinn" der Erscheinungen nicht zu erörtern bestimmt sind, muß mit Nachdruck ausgesprochen werden. Uns will scheinen, daß wir als Soziologen von Hegel nicht die Betrachtungs- und Behandlungsweise der Probleme lernen können, sondern mehr die Grenzen fixiert sehen, über die hinaus die Forschung nicht zu dringen vermag. Sie überläßt die umwölkten Höhen letzter Zusammenhänge den Philosophen. Aber auch die zweite geschichtliche Wurzel, von der wir eben gesprochen haben, bedarf nicht minder einer kritischen und mißtrauischen Beschauung: die französische in der Philosophie des Grafen S t - S i m o n und Auguste C o m t e s. Wenn wir auch, der Tradition und speziell dem Beispiele Paul Barths folgend, unsere historische Übersicht mit ihnen beginnen, so geschieht es mit dem Vorbehalte, daß die heutige Soziologie, soweit sie fruchtbar und zukunftsreich ist, vorsichtiger in Verallgemeinerungen
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II. Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie
ist und die Gültigkeit ihrer Hypothesen mehr auf der Beobachtung der Wirklichkeit aufbaut, als dies Comte und sein geistvoller Lehrer getan haben. Vielfach nimmt man heute Anstoß daran, daß die beiden Denker, zumal der systematischere Comte, „Positivisten" waren. Gilt doch Comte als der eigentliche Begründer dieser Denkweise. Bei ihm ist Positivismus und Soziologie so eng miteinander verflochten, daß sie nicht voneinander zu trennen sind. Nun hat man aber dieser das 19. Jahrhundert beherrschenden „naturalistisch-mechanistitischen Weltanschauung" den Krieg erklärt. Eine Anerkennung Comtes als „Vater" der Soziologie (er ist als Namengeber wohl ihr Pate) scheint damit auch ein Bekenntnis zur positivistischen Denkweise zu enthalten. In der T a t galten vielen die Soziologen schlechthin als Positivisten. Dadurch, daß sie sich Soziologen nennen, bekennen sie sich angeblich auch zu Comtes Weltanschauung. Hier zeigt sich wieder die bedenkliche Neigung, in der Soziologie eine Art Konfession und ein bestimmtes Ethos zu erblicken, die mit der ursprünglichen Verbindung zwischen ihr und der Philosophie zusammenhängt. Ich behaupte demgegenüber, daß die Gesellschaftslehre als realistische Wissenschaft mit dem Gegensatz von Positivismus und Anti-Positivismus überhaupt nichts zu tun hat. Was uns in soziologischer Hinsicht an Comtes Lehre interessiert, soll noch gezeigt werden. Seinem Positivismus sollte der Soziologe als solcher neutral gegenüberstehen. (Ist er auch Philosoph oder gar im speziellen Ethiker, so mag und muß er zu seiner „Weltanschauung" Stellung nehmen.) Damit ist aber auch schon angedeutet, worin die Gefahr der Anknüpfung an Comte liegt: daß auch bei ihm das ererbte Grundstück der Soziologie mit der Hypothek der Spekulation belastet ist. Fruchtbarer als die geschichtlichen Verankerungen der Soziologie in der deutschen oder in der französischen Philosophie der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind die mannigfachen Anknüpfungen an die eigentlichen Wissenschaften, von denen gleich noch zu sprechen sein
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wird. Auch dabei fehlt es nicht an Irrleitungen. Es kann zweifelhaft erscheinen, ob etwa die Nachbarschaft zur Biologie der Gesellschaftslehre mehr Vorteile oder mehr Nachteile gebracht hat. Aber besonders die Anregungen und Aufgabezuweisungen, die sie der Geschichte (in Deutschland z. B. N i e b u h r , Ranke, Treitschke), der Jurisprudenz (Savigny, Eichhorn usw.), der Nationalökonomie (Knies, vor allem Schmoller und Bücher) und anderen K u l t u r wissenschaften verdankt, sind beträchtlich. Gerade aus Vergleichen der in den Nachbarwissenschaften herrschenden Fragestellungen u n d A n t w o r t f i n d u n g e n mit ihrer eigenen Problematik konnte sie allmählich das Unterscheidungsund Selbstbewußtsein f ü r ihr Eigenes gewinnen. So nützlich der Soziologie die mannigfachen Verbindungen mit Philosophie u n d einer großen Zahl anderer Wissenschaften war, so erschwerte ihr die beständige Ablenkung in f r e m d e Gedankengänge den Reifeprozeß. Ihre Jugend w a r bewegt, abwechslungsreich u n d mannigfaltig; aber die große Geistesfamilie, in die sie sich gestellt sah, hinderte sie an der Sammlung u n d Besinnung auf die eigene Bestimmung. Thesenartige Zusammenfassung des z w e i t e n Kapitels 1. Die Geschichte jeder Wissenschaft weist im Laufe der J a h r h u n d e r t e zumeist allmähliche Einengung ihres Studienfeldes, bisweilen aber auch das Gegenteil, eine Ausweitung, auf. Die Soziologie wandelt sich in der H a u p t sache von einer Enzyklopädie aller Sozialwissenschaften zu einer Einzelwissenschaft v o m sozialen Leben der Menschen neben anderen solchen Einzel Wissenschaften; jedoch nimmt sie den Platz der theoretischen G r u n d wissenschaft in diesem Kreise ein. 2. F a ß t m a n sie aber, wie es noch immer hier u n d da geschieht, als eine enzyklopädische Wissenschaft vom Sozialen auf, so ist sie eine der ältesten Wissenschaften überhaupt. F a ß t man sie als eine Einzelwissenschaft im Kreise der Sozialwissenschaften auf, so ist sie nicht
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älter als höchstens fünfundsiebzig Jahre. W i r folgen dieser zweiten Auffassung u n d rechnen die Fülle der sozialphilosophischen W e r k e der Vergangenheit zu ihrer Vorgeschichte. 3. In der Vorgeschichte w a r die Sozialphilosophie in der Hauptsache eine 5o//wissensdhaft (normative W . ) ; heute sollte die Soziologie eine 5eiws Wissenschaft (erklärende oder verstehende W.) sein, w ä h r e n d die von ihr abzweigenden Nachbarwissenschaften mehr oder weniger in das Gebiet der Soll Wissenschaften hinüberreichen, so z. B. der Sozialismus oder die Sozialpolitik 1 ). E r l ä u t e r u n g e n z u m K a p i t e l II Die umfangreichste u n d den weitesten Kreis der Ideengeschichte umspannende Literaturgeschichte, die auch besonders die lange Vorgeschichte behandelt, ist H a r r y Elmer B a r n e s ' und H o w a r d B e c k e r s „Social T h o u g h t f r o m Lore t o Science" (2 Bde. Boston 1938). Einer ihrer G r u n d gedanken ist der Nachweis, d a ß sich das Denken über das gesellschaftliche Leben als Übergang v o m Mythos (Becker sagt: „sacred") zu verweltlichten (säkularen) Auffassungen vollzogen habe 2 ). Barnes und Becker haben sich auch in anderen W e r k e n als Historiker der Sozialwissenschaften betätigt. So u. a. Barnes in seiner „History of Sociology" (Chicago 1948) 3 ). Pitrim S o r o k i n s , eines der fruchtbarsten Autoren der Sozialwissenschaften, vierbändiges großes W e r k „Social a n d Cultural Dynamics" ( N e w York 1937 u. ff.) ist nicht bloß Literaturgeschichte; es ist Kulturu n d Zivilisationsgeschichte nach soziologischen u n d vor Die Neigung, die Problematik des Sollens hervorzukehren, ist heute außer bei dem oben erwähnten Otto K ü h n e auch stark wirksam bei W e r n e r Z i e g e n f u ß . Gerhard W e i s s e r sucht der Gefahr der Vermisdiung dadurch zu begegnen, daß er explikative und normative Soziologie unterscheidet. Das entspricht unserer Gegenüberstellung von systematischer und Metasoziologie. 2 ) Vgl. dazu meine eingehende Besprechung in der .Zeitschrift für Nationalökonomie", Band IX, S. 470 ff. Howard B e c k e r hat neuerdings mit Alvin B o s k o f f ein Sammelwerk unter dem Titel: „Modern Sociological Theory in Continuity and Change" herausgegeben (New York 1957, The Dryden Press).
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allem ethischen Gesichtspunkten; es enthält über vergangene Jahrhunderte und ihr Schrifttum reiches Material. — Ähnlich einzuordnen ist Vilfredo P a r e t o s „Trattato di Sociologia Generale" (auch französisch) (freilich mit einer von der Tendenz Sorokins stark abweichenden Schauweise). — Von den älteren deutschen Werken, die die Ideengeschichte von der Antike ab ausführlich behandeln, muß Paul B a r t h s „Philosophie der Geschichte als Soziologie" (Leipzig 1922, dritte und vierte Aufl.) besonders hervorgehoben werden 1 ). Keine Trennung von Vorgeschichte und Geschichte nimmt H . L. S t o l t e n b e r g in seinem Artikel „Geschichte der Soziologie" im Handwörterbuch der Soziologie (1931) und im ersten Band seiner „Geschichte der deutschen Gruppwissenschaft (Soziologie)" vor (Leipzig 1937). Dieser erste Teil umfaßt die Zeit bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts; er behandelt das deutsche Mittelalter und besonders eingehend das 18. Jahrhundert. Der Begriff der „Gruppwissenschaft" ist darin sehr weit gefaßt. Kapitel
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Die Hauptrichtungen der Soziologie In der geschichtlichen Entwicklung der Soziologie während ihres ersten Stadiums von (verhältnismäßiger) Selbständigkeit, also in der Hauptsache während des 19. Jahrhunderts, sind die Haupttheorien nach den Antworten geordnet, die die Autoren auf die Frage: was ist Gesellschaft? gegeben haben; ferner nach dem jedesmaligen Zusammenhange mit einer älteren Wissenschaft, von dem aus die Probleme der Gesellschaftslehre aufgefaßt worden sind. Die soziologischen Theorien des gegenwärtigen Entwicklungsstadiums werden wir jedoch zweckmäßigerweise nach einem anderen Gesichtspunkte ordnen. Es stände nichts im Wege, die beiden genannten, auf die Geschichte anzuwendenden Kriterien beizubehalten; aber da sich z. B. die naturwissenschaftlichen Soziologien stark vermindert ha1
) Uber neueste deutsche Wörterbücher vgl. Kap. X.
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ben, jedoch neue Abzweigungen hervorgetreten sind, glauben wir, ein richtigeres Bild der Gegenwart durch eine neue, der älteren verwandte Einteilung geben zu können. a) Zur Vergangenheit: Während des 19. Jahrhunderts ist die Gesellschaft in der Hauptsache auf drei verschiedene Weisen aufgefaßt worden. Eine „Richtung" faßt sie als eine Einheit, ein Ganzes, als Substanz, jedenfalls als Seiendes auf. Dabei sind wieder zwei Anschauungsweisen zu sondern: den einen ist dieses Seiende, alten platonischen Vorstellungen folgend, eine Idee, nach der sich das in Teilerscheinungen und körperlichen Konkretisierungen sichtbare Menschenwerk formt. Den anderen ist die Gesellschaft ein Organismus, ein (mit unseren Sinnen allerdings nicht wahrnehmbares) Lebewesen. Eine zweite Auffassung geht dahin, daß die Gesellschaft in einer Summierung von Gruppen besteht. Bei ihr ist es richtiger, die Einzahl durch den Plural: die Gesellschaften zu ersetzen. Jedoch sind hiernach die sozialen Gebilde Ganzheiten und Einheiten. Der dritte Kreis von Autoren faßt „die Gesellschaft" als ein Produkt von wechselnden Vorgängen der Vergesellschaftung auf. Das Wort Gesellschaft ist ihr nichts Substantivisches, bezeichnet nicht ein Ding, ein Seiendes, sondern hat verbalen Charakter. Es ist ein Geschehen, eine Vielheit von Prozessen. Stellen wir neben diese Dreiteilung die Zusammenhänge mit Nachbarwissenschaften; sie sind ja zugleich auch entscheidend für das Verfahren, das die Autoren bevorzugen: Vielen war die Soziologie 1. eine Naturwissenschaft; sie verknüpften sie vorwiegend a) mit der Biologie, manche davon speziell innerhalb dieser: mit Rassentheorie; b) eine andere naturwissenschaftliche Verknüpfung bestand darin, daß man der Soziologie mit Gesichtspunkten und Arbeitsweisen der Physik (oder, seltener, der Chemie) nahezukommen bestrebt war. Diese „soziale Physik" sucht vorwiegend die Bewegungsgesetze des gesellschaftlichen Geschehens zu erfassen, sei es, daß sie, um die wichtigsten Beispiele zu nennen, anfangs die Schwerkraft, später das Gesetz von
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der Erhaltung der K r a f t und des Stoffes auch im Sozialen aufwies. — 2. I m ersten Kapitel ist ferner bereits angedeutet worden, daß die Verbindung mit der Philosophie vielen Soziologen selbstverständlich war. Hierbei wiederum war f ü r sie die Sozialphilosophie entweder a) dasselbe wie Soziologie oder speziell b) die (jener nahe verwandte) engere Geschichtsphilosophie. D o r t bemühte man sich um Deutung der gesellschaftlichen Grunderscheinungen, suchte ihren objektiven Sinn, ihren „Geist", zu erfassen. H i e r handelte es sich vorwiegend um T h e o r i e n der Kulturfolge und der Entwicklungsphasen. Nicht zu verwechseln mit dieser Verknüpfung der Soziologie mit Sozial- und Geschichtsphilosophie ist der (mehr für die Gegenwart als für das 19. Jahrhundert) bezeichnende Versuch, der Soziologie als einer speziellen Sozialwissenschaft ihre besondere erkenntnistheoretische G r u n d lage zu geben. D a wie jede Wissenschaft auch jede Art Soziologie in der Erkenntnistheorie ihre formale W u r z e l finden muß, so hat auch die Soziologie ihr allgemein f o r malphilosophisches Fundament. Aber es ist etwas ganz anderes, ob man mit der „philosophischen" Grundlage Logik und Erkenntnistheorie und die alle Wissenschaften beherrschenden Denkgesetze meint oder den Inhalt der viel subjektiveren Konstruktionen der Spekulation über Sinn, Geist und Wesen von Geschichte, Gesellschaft, Kultur, Zivilisation, Staat usw. Zu den Spezialwissenschaften, an denen man Anlehnung suchte, gehörten schließlich vorwiegend 3. die Psychologie und 4. die Ethnologie (Ethnographie). I n seelenkundlicher Hinsicht kam es den dabei in Frage kommenden Autoren vorwiegend darauf an, die inneren Wechselbeziehungen zwischen Menschen in ihrer Bedeutung für das gesellschaftliche Leben darzutun. Die Schriftsteller des völkerkundlichen Kreises gingen von der Überzeugung aus, daß man die verwickelten sozialen Beziehungen und Gebilde nur durch Zurückgreifen auf einfache Gruppenverhältnisse, wie sie bei den Naturvölkern zu beobachten wären, erklären könnte.
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Verbinden wir die Einteilung nach dem ersten Kriterium mit der Gruppierung nach dem unterscheidenden Merkmale der zweiten Ordnung, so kann man (in beträchtlicher Vereinfachung) sagen: die Gesellschaft wurde als Einheit von Naturwissenschaftern und Naturphilosophen (z. B. C o m t e), von Sozialphilosophen (z. B. D ü r k h e i m , S c h ä f f l e , (um einen jüngeren Autor zu nennen: S p a n n ) , von Geschichtsphilosophen (z. B. L o r e n z v o n S t e i n , B a r t h ) aufgefaßt; als Vergesellschaftung faßte sie der Philosoph S i m m e l ; als Gruppensummierung findet sie sich besonders bei manchen Amerikanern, die von der Psychologie ausgehen, aber auch — obzwar in manchmal wenig konsequenter Weise — neben den beiden Auffassungen bei den verschiedensten Standpunkten in der europäischen Literatur. b) Gegenwärtig: In der Gegenwart scheint uns vor allem notwendig zu sein, zunächst Soziologie als wissenschaftliche Disziplin und Soziologie als „Methode" innerhalb einer anderen Wissenschaft zu unterscheiden. Dabei ist die Redewendung „Soziologie als Methode" ungenau (wenn auch üblich); gemeint ist damit, daß in diesen Fällen das Soziale (das Zwischenmenschliche oder das Gruppen- und Gebildhafte) bei Fragestellungen anderer Wissenchaften wesentlich berücksichtigt wird. Innnerhalb der Soziologie als Disziplin müssen wir drei Zweige (kleinere Abspaltungen und Vermischungen ungerechnet) unterscheiden, wobei wir freilich in erster Linie die deutschen Verhältnisse im Auge haben und für die Literatur des Auslands diese Einteilung nur teilweise gelten lassen können: 1. Soziologie als Lehre vom geschichtlichen Verlaufe des sozialen Lebens (oder „der Gesellschaft") (historische Soziologie); (gegenwärtiger Sonderzweig: die Kultursoziologie); 2.
Soziologie als Sinndeutung geistiger Kräfte und als Lehre von Bewußtseinskräften (philosophische, nämlich a) metaphysische und b) erkenntnistheoretische Soziologie);
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3. Soziologie als systematische Wissenschaft vom gesellschaftlichen Geschehen auf realistisch-empirischer Grundlage (systematische Soziologie).1) Die historische Soziologie, die die Vorgänge der Vergangenheit als Material für ihre Abstraktionen bevorzugt, ist nicht zu verwechseln mit der soziologischen Methode in der Geschichtswissenschaft, wenn auch die Grenzen zwischen beiden fließend sind. Die erstgenannte sucht den objektiven Sinn und Geist von Kulturperioden, Kulturkreisen und -stufen, von ganzen in der Geschichte vorkommenden Sozialsystemen zu deuten. Als historische Soziologen ragen in Deutschland H a n s F r e y e r , Alfred MüllerA r m a c k , Alexander R ü s t o w , Alfred W e b e r und Georg W e i p p e r t hervor. Das soziologische Verfahren, dessen sich die eigentlichen Historiker bedienen, beruht hingegen darauf, daß Geschichtsforscher, deren H a u p t a u f gabe die Darstellung des Geschehens in der vergangenen Zeit ist, dabei die Gruppenerscheinungen vor den persönlichen Tatsachen bevorzugen, wie es etwa L a m p r e c h t getan hat. Es besteht eine Auffassung, die entweder überhaupt nur eine geschichtliche (keine allgemein-systematische) Erkenntnis des gesellschaftlichen Lebens gelten läßt oder (weniger radikal) die Vorrangstellung einer Soziologie des Nacheinander von der des Nebeneinander behauptet. Eine allgemeine Querschnittbe^rachtung, die gewissermaßen zeitlos oder überzeitlich ist, wird verworfen, weil der ewige Wandel der Dinge nur zeitlich gebundene (aufsteigende, blühende und vergehende) Erscheinungen hervorbringe. Man könne nur bestimmte Zeitabschnitte und zugleich (wobei sich die Verwandtschaft von geschichtlichem und geographischem Determinismus zeigt) räumlich, begrenzte Kulturkreise studieren. Die Bevorzugung der Vergangenheit vor der Gegenwart empfehle sich dabei, weil „die aus der !) Weiter unten wird in größter Vereinfachung nur systematisdie und geschichtliche Soziologie unterschieden, so daß die oben als philosophische Richtung bezeichnete Kategorie 2 teils der systematischen, teils der historischen Schule zugewiesen wird.
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Die Hauptrichtungen der Soziologie
Aktualität schöpfende Soziologie" Selbsttäuschungen durch die Färbung ihrer „Tatsachen" mit unbewußten Vorurteilen, Leidenschaften und Interessen besonders ausgesetzt sei1). Auch Paul B a r t h 2 ) meinte: „Nicht jedes Wellengekräusel des menschlichen Verkehrs hat diesen Grad von Wichtigkeit; sondern es haben ihn bloß die dauernden Strömungen des Willens und des Geistes, die man durch Jahrhunderte oder wenigstens durch Jahrzehnte verfolgen kann. Diese darzustellen und, soweit es möglich ist, zu erklären, ist die Aufgabe der Soziologie, die damit zugleich Theorie der Geschichte wird." Sombart hat sogar erklärt 3 ): „Daß alle gesellschaftliche Wirklichkeit Geschichte, d. h. Geschehenes, ist, darüber kann kein Zweifel obwalten; denn es gibt keine Gegenwart, es gibt nur Vergangenheit." (Die Umkehrung wäre, scheint uns, ebenso behauptbar: es gibt keine Vergangenheit, es gibt nur Gegenwart.) Dazu wäre wohl zu sagen: Gerade der Gefahr der Unsachlichkeit wegen, auf die schon S p e n c e r in sehr ausführlichen Darstellungen in seinem „Study of Sociology" hingewiesen hat, empfiehlt sich große Vorsicht in der H i n nahme des Materials der Geschichte, besonders aber der Behauptungen der Geschichtsphilosophie. Gewiß wird der das Nebeneinander der Gegenwart bevorzugende Soziologe der Gefahren stets eingedenk sein müssen, die mit der Nichtberücksichtigung der „persönlichen Gleichung" zusammenhängen. Entscheidend ist jedoch im Streite von Nacheinander und Nebeneinander das Maß der Kontrollierbarkeit der Behauptungen. Gegenwärtiges können wir im allgemeinen leichter nachprüfen als Vergangenes. Bei dem, was die Geschichte berichtet, ist stets mit der Willkür der Auswahl und Weglassung zu rechnen. Jedoch handelt es sich nicht um ein Entweder-Oder, sondern um gegenseitige Ergänzung von zwei Betrachtungsweisen. In Deutschland stand bis in die allerjüngste Zeit hinein die geschicht1) B r i n k m a n n , Gesellsdiaftslehre, 1. c., S. 2. ) B a r t h , Die Philosophie der Geschidite als Soziologie, 3. u. 4. Aufl., S. 151, Leipzig 1922. 3 ) Vgl. S o m b a r t , Nationalökonomie und Soziologie, J e n a 1930, S. 3. 2
III. Die Hauptriditungen der Soziologie
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liehe Soziologie so völlig im Vordergrunde, daß gegenwärtig neben ihr ein das Nebeneinander bevorzugendes, das Historische jedoch in den Einzelausführungen heranziehendes Verfahren dringend notwendig geworden ist. Aber es handelt sich dabei nicht nur um den Gegensatz Vergangenheit und Gegenwart, sondern um die Alternative: geschichtliche oder systematische Erfassung der Erscheinungen. Auch diese beiden Betrachtungsweisen müssen sich ergänzen. Das Allgemeine ist übergeschichtlich, das Besondere geschichtlich. Die „Beziehungslehre" etwa, die systematisch, nicht geschichtlich angeordnet ist, geht von überzeitlichen, quasi „ewigen" Kategorien aus, den Beziehungen des Zu- und Auseinander, die sich fanden, finden und finden werden, solange Menschen sind. Aber die Grundprozesse zerlegen wir weiter in Hauptprozesse, diese in Unter- und schließlich in Einzelprozesse. Das ist nur möglich durch allmähliche Annäherung an konkrete, geschichtliche Tatsachen. Bei diesen bevorzugen wir allerdings das Nebeneinander der Gegenwart, eben aus dem Grunde, weil ihre Beobachtung nachprüfbar ist. Barths Einwand, man könne bei den Geschehnissen, die sich vor unseren Augen abspielen, nicht wissen, ob sie wesentlich genug sind, während wir aus der Geschichte das Bedeutungsvolle, Wirksame herausgeben, verkennt die Größe des Vorurteils, das gerade bei der Auswahl des Wirksamen aus dem unendlich breiten Fluß des Geschehens den Historiker lenkt oder doch lenken kann. Der Hinweis auf die Primitiven, deren Gesellschaftsbau so einfach sei, daß das völkerkundliche Studium als Vorstufe soziologischer Erkenntnis in erster Linie in Betracht käme (so früher bei Spencer, heute z. B. bei Vierkandt, Thurnwald, Levy-Bruhl), bedarf sehr vorsichtiger Anwendung; denn die sozialen Verhältnisse der „ N a t u r völker" sind für uns durchaus nicht einfach, was die vielen Irrtümer der Beurteilung ihrer Einrichtungen beweisen, denen Reisende und Forscher verfallen sind. Mag die Struktur ihres Gesellschaftsbaus im allgemeinen einfach sein, so ist die Erklärung ihrer sozialen Bauweise durch 3
von Wiese,
Soziologie
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III. Die Hauptrichtungen der Soziologie
R ü c k f ü h r u n g auf die zwischenmenschlichen Beziehungen dadurch erschwert, d a ß wir nur zu o f t den Primitiven unsere Motive und Zielsetzungen unterschieben. D a m i t sollen die wertvollen H i l f e n der V ö l k e r k u n d e keineswegs geleugnet werden; aber das Studium einfacher zwischenmenschlicher Zusammenhänge im Beobachtungsfelde unseres eigenen Kulturkreises ist dringender und f ü r die Zwecke der Soziologie im allgemeinen noch fruchtbarer 1 ). In letzter Vereinfachung kann man in der Gegenwart innerhalb der allgemeinen (theoretischen) Soziologie geschichtliche und systematische Soziologie unterscheiden oder unter verwandten Gesichtspunkten Kultur- und Beziehungssoziologie. Dabei ergibt sich ein engeres Verhältnis zwischen K u l t u r - und geschichtlicher Soziologie einerseits und zwischen systematischer und Beziehungssoziologie andererseits. Die Kultursoziologie e r f a ß t ihre Gegenstände meist in historischer O r d n u n g u n d wird damit zur Geschichtsphilosophie ( z . B . bei Toynbee); die Beziehungssoziologie verf ä h r t in erster Linie systematisch. Als eine Unterdisziplin der Kultursoziologie k a n n man die (mit dem ungeschickt gewählten) W o r t e : Wissenssoziologie bezeichnete Forschungsrichtung bezeichnen. Sie k a n n ebenso gut zur erkenntnistheoretischen wie zur historischen Schule gerechnet werden. Aber diese aus methodologischen Absichten vorgenommenen Zweiteilungen bedeuten keine absolute T r e n nung, sondern nur ein Mehr oder Weniger. Die Geschichte k a n n nicht der Systematik, die Systematik nicht der C h r o nologie entbehren. Als veraltet und überwunden k a n n man indessen den einst stark hervorgekehrten Gegensatz von individualistischer und kollektivistischer Denkweise bezeichnen. H i e r über schrieb ich im H a n d w ö r t e r b u c h der Sozialwissenschaften 2 ): „Gegenüber dem künstlich geschaffenen Gegensatze von „Individualismus" u n d „Kollektivismus" m u ß zu1) Vgl. hierzu audi Wilh. E. M ü h l m a n n , pologie, Bonn 1948 2 ) Im Artikel .Soziologie*.
Gesdiidite der
Anthro-
III. Die Hauptnebtungen der Soziologie
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nächst ausgesprochen w e r d e n , d a ß das V e r h ä l t n i s des einzelnen Lebewesens Mensch zu den gesellschaftlichen K o l l e k t i v k r ä f t e n in der T a t das Kernproblem aller Soziologie ist. Keine andere ihr gestellte Frage k o m m t ihr an entscheidender Bedeutung gleich; mit seiner A u f r o l l u n g hat m a n das Wesentlichste aller Gesellschaftslehre angepackt. Aber alsbald betrat m a n schon in den A n f ä n g e n des Nachdenkens über das soziale Leben einen brüchigen Boden, als m a n die F r a g e dahin auslegte, d a ß zu entscheiden sei, w e m von beiden, dem Menschen v o n Fleisch und Blut (dem „ I n d i v i d u u m " ) oder dem K o l l e k t i v , der logische, sittliche oder womöglich der zeitliche V o r r a n g , das bestimmende und entscheidende Prius zuzubilligen sei. Aristoteles hat mit der anscheinend so selbstverständlichen Formel: „Das Ganze ist mehr als die S u m m e seiner T e i l e " und der A n w e n d u n g dieses tiefsinnig a n mutenden Satzes die Vorstellungen von J a h r h u n d e r t e n in eine falsche Richtung gelenkt. D i e Gegner dieser These kehrten ihrerseits den S a t z ins Gegenteil um. Es ergab sich eine unheilvolle D o g m a t i k , deren Verfechtung vielfach zu einem erbitterten, an V e r u n g l i m p f u n g e n reichen K a m p f der Gesinnungen aufgebauscht w u r d e . Noch O t h m a r S p a n n goß die ganze Schale seiner Verachtung auf die, w i e ihm schien, im M a t e r i a l i s m u s und Egoismus versumpfenden I n d i v i d u a l i s t e n aus. Die alte Formel, die d a n n manchmal in dem Satze, d a ß das G a n z e e t w a s anderes sei als die S u m m e der Teile, abgeschwächt w u r d e , und die Anti-These, d a ß das G a n z e lediglich durch die N a t u r seiner Einheiten bestimmt w e r d e , die u. a. Spencer v e r t r a t , beruhen beide auf Denkfehlern, nämlich auf Absolut-Setzungen von T e i l w a h r h e i t e n , die E r g ä n z u n g e n v e r l a n g e n . Zunächst w ä r e hinsichtlich der Behauptung einer zeitlichen Priorität zu sagen, d a ß Ganzheiten und T e i l e nur gleichzeitig sein können. Meint m a n einen d e n k n o t w e n d i g e n logischen V o r r a n g , so sind z w e i verschiedene A r t e n v o n A b h ä n g i g k e i t festzustellen: das G a n z e beherrscht die Teile, gibt ihnen Funktionen und v e r ä n d e r t durch Zusammen3*
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III. Die Hauptriditungen der Soziologie f ü g u n g und Differenzierung manches an ihren Eigentümlichkeiten, die sie in der Isoliertheit hätten. Ob damit eine Werterhöhung der Elemente erfolgt, ist keineswegs entschieden; die Steigerung der Leistungsfähigkeit wird häufiger sein, ist aber durchaus nicht stets gesichert. Ob die Verbindung von Elementen zu Ganzheiten einen Fortschritt in irgendeinem Sinne bedeutet, hängt von der Qualität des Ganzen, aber nicht minder von der Beschaffenheit der Elemente ab. Das ist die andere Art der Abhängigkeit. Für das soziale Leben der Menschen ist aber ferner die These des Aristoteles schon deshalb unangemessen, weil Mensch und Gesellschaft überhaupt nicht im Verhältnisse von Teil und Ganzem stehen; die Elemente der Scheinsubstanz Gesellschaft sind die sozialen Prozesse, also Vorgänge, nicht konkrete Menschen. Hier besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen biologischer und soziologischer Schauweise. Ein Arm ist ein Glied des Leibes; ein Mensch gehört aber nie völlig als Glied einer sozialen Körperschaft an, sondern nur in bestimmten Funktionen. Es ist ein arger Fehler des herkömmlichen, wrsoziologischen Denkens, daß es diese Antithese zu einem Dogma, in dem sich „weltanschauliche" Gesinnungen verbergen sollen, gemacht hat. Richtig aber ist, daß es für die theoretische Forschung zwei verschiedene Wege gibt, auf denen man dem Problem „Gesellschaft und Person" nahekommen kann. Auf dem einen nimmt man die Gebilde, also die Kollektiva, auf dem anderen die Vorgänge zwischen Personen in kleinen Gruppen als Ausgangspunkte und schreitet von ihnen zu den Körperschaften vor, in denen dabei aber keineswegs ihre starken Einwirkungen auf die in ihnen vorgehenden Prozesse und damit auf die Beschaffenheit der stets veränderlichen Personen verkannt werden. Wieder ergibt sich, daß die W a h l des Wegs eine Zweckmäßigkeitsfrage ist, allerdings auch von der Subjektivität des Forschers abhängt. Bei jeder der beiden Schauweisen ist man aber im Verlaufe
III. Die Hauptriditungen der Soziologie
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weiterer Studien gezwungen, die Argumentation des vermeintlichen Gegners in die eigenen Gedankengänge aufzunehmen." Abgelehnt werden muß auch die besondere H e r v o r hebung einer modernen Richtung, die sich unter Benutzung eines unglücklichen, von Wilhelm D i 11 h e y geprägten Ausdruckes als „Gegenwartswissenschaft" bezeichnet. Sie stellt sich als die Fortsetzung der sogenannten „Wirklichkeitswissenschaft" dar 1 ). Beide Betitelungen gehen auf eine captatio benevolentiae der Leser aus; sie bedienen sich zugkräftiger Schlagwörter, was den Mißstand zur Folge hat, daß andere Richtungen, die dieses Aushängeschild nicht benutzen, als lebensfremd und praktisch unbrauchbar erscheinen müssen. Uberschaut man das Gesamtfeld der heutigen Soziologie 2 ), springt am meisten in die Augen die Zweiteilung in a) theoretische Soziologie und b) Soziographie (Social Research). Es ist ein Mangel des gegenwärtigen Sprachgebrauchs, daß die Termini Systematik, Soziographie, Schauweise (Optik), Methode (Technik) häufig nicht genügend getrennt werden. Im ersten Kapitel wurde ausgesprochen, daß man Soziologie und Soziographie (Social Research) nicht als zwei voneinander getrennte Disziplinen ansehen dürfe, weil sie zu sehr voneinander abhängig sind und beide der Beantwortung derselben zwei Grundfragen dienen. Aber wie man Ethnologie und Ethnographie innerhalb einer und derselben Wissenschaft als Unterdisziplinen sondert, so muß man systematische (theoretische Soziologie und Soziographie im Kreise der Gesellschaftslehre unterscheiden. Die Soziographie beschreibt Tatsachen, die sie vorher beobachtet hat. Beobachtung und Deskription sind ihre Erkenntnismittel 3 ). Dasselbe gilt für den Terminus „Realsoziologie - . 2) Vorher haben wir innerhalb der allgemeinen Soziologie Zweiteilungen vorgenommen; nunmehr handelt es sidi darum, der theoretischen Soziologie insgesamt die bloße Beschreibung gegenüberzustellen. 3 ) Vgl. Gerhard W e i s s e r , Soziographie und theoretische Sozialforschung (eine Thesenfolge), in .Kölner Zeitschrift für Soziologie", Bd. V, S. 412 ff.
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Bestand vor hundert Jahren eine Gefahr für die deutsche Soziologie im Überwiegen der Spekulation und der Ideologie, so bedroht heute — besonders in Amerika und Skandinavien — eine Überhandnähme der bloßen Beschreibung und der kritikarmen Wiedergabe von mündlichen oder schriftlichen Erkundigungen die theoretisch strenge Verarbeitung und Vereinheitlichung des wissenschaftlichen Gehalts der Forschung. Zu einem großen Teile wird damit die Soziologie zur Statistik. Beide Arbeitsweisen, der logisch strenge Aufbau von Systemen und die Beobachtung und Tatsachensichtung, müssen eng H a n d in H a n d gehen. Das Bestreben nach Registrierung und Bewältigung der sonst unübersehbaren Fülle von Facta durch „Research", das Studium der Einzelfälle (Case Work), die Befragungen sind unerläßlich. „ N u r " , schreibe ich im Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, „darf über der massenhaften Kleinarbeit das Wirken der Wenigen am Ausbau der Theorie nicht vergessen werden. Wissenschaft ist nicht bloß H a n d w e r k . Die von der sogenannten Gegenwarts- und Wirklichkeitswissenschaft geforderte Bedachtnahme auf praktische Anwendung ist anzuerkennen. Doch darf sich diese Schauweise nicht allzu sehr an den gegenwärtigen Alltag binden, damit sie nicht von den Tendenzen und Irrtümern des Augenblicks abhängig wird. Man muß den Alltag schauen und über ihn hinausschauen können." Die Zweiteilung: Systematik und Beschreibung darf nicht verwechselt werden mit dem oben aufgewiesenen Unterschied von allgemeiner Soziologie, die Gegenstand dieses Büchleins ist, und den vielen Spezialsoziologien, auf die wir hier nicht eingehen können, weil ihre Behandlung der Befassung mit der Eigenart ihrer besonderen Objekte (Betreffe) wie Wirtschaft, Recht, Religion, Sprache, Kunst usw. bedarf. Auch jede dieser speziellen Soziologien hat ihre theoretischen und ihre deskriptiven Elemente. Sie ist niemals bloße Soziographie. Schwierigkeiten der Einordnung bietet nur die heute in Deutschland, Amerika und Frankreich besonders ver-
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breitete Betriebssoziologie, die ein Unterzweig der Wirtschaftssoziologie ist, wie die Betriebswirtschaftslehre zur Ökonomik gehört. Statt Betriebssoziologie wird auch Arbeitswissenschaft oder (in Amerika) „Industrial Sociology" gesagt. Diese industrielle Soziologie wird vielfach als ein ganz neuer, von Amerika nach Europa dringender Forschungszweig angesehen. Sie ist aber in Deutschland alten Datums, wenn sie uns auch einige neue Termini, die meist wenig klar umgrenzt sind, beschert hat (wie „public relations" oder auch in geradezu irreführender denkbar größter Einengung des Ausdrucks „human (!) relations" genannt), ferner den „Manager". Es ist anzuerkennen, daß einige Verfahrensweisen, die auf Gruppentätigkeit (team work) beruhen, erst durch die Arbeit der modernen kostspieligen Institute möglich geworden sind. Vor fünfzig Jahren waren bei uns die Forscher auf ihre eigene, meist isolierte Beobachtungsarbeit angewiesen und konnten sich noch nicht der Maschinerie von mechanischen Apparaten (Hollerithmaschinen usw.) bedienen. In der dadurch möglichen Bewältigung von großen Mengenergebnissen in Werkstätten liegt ein Fortschritt. Aber die frühere selbständige, nicht mechanisierte Einzelarbeit stellte größere Anforderungen an die Urteilsfähigkeit und die geistige Bildung des Forschers und zeitigte infolgedessen wissenschaftlich wertvollere Ergebnisse. Diese ältere Forschung in Deutschland vollzog sich jedoch nicht unter der Bezeichnung Soziologie, sondern als Sozialpolitik, die ihrerseits eine lange, ins 18. Jahrhundert zurückreichende Vorgeschichte hat. Vieles von dieser regen Arbeit wird heute von denen, die die Entwicklung des deutschen Vereins für Sozialpolitik und verwandter Einrichtungen (wie z. B. der Gesellschaft f ü r soziale Reform) nicht kennen, ignoriert. Man redet ungerechtfertigterweise von Neuentdeckungen. Die heutige „Industrial Sociology" ist aber nichts anderes als die deutsche theoretische Arbeit an der Sozialpolitik aus den Jahren 1871 bis 1914. Von dieser Sonderung der beiden Unterdisziplinen der Soziologie (Theorie und Beschreibung) ist die Problematik
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der Methoden und Techniken zu sondern. Von der soziologischen Optik, bei der es sich um die Frage handelt, auf welche Erscheinungsseiten des zwischenmenschlichen Lebens, das stets verwickelt zuammengesetzt und nie von einem Blickpunkte aus in seiner Ganzheit erfaßt werden kann, hebt sich die Frage, wie man verfahren soll, ob man zählt, mißt, experimentiert, Menschen ausforscht, deutlich ab. Diese Frage nach der zweckmäßigerweise anzuwendenden Methode wird oft mit den Schauweisen verwechselt, und dem Terminus Methode wird eine unangemessene Ausweitung gegeben. Die Methode betrifft die anzuwendenden Denktechniken und die mechanischen Verfahren. Uber sie, besonders über Soziometrik und Meinungserforschung wäre sehr viel zu sagen; aber ich muß midi hier mit dem H i n weise auf das anschwellende Schrifttum begnügen. Wieder muß ausgesprochen werden, daß dieses geistige Hilfshandwerk heute nicht zu entbehren ist; nur sollte man es nicht f ü r das Wesentliche in der Wissenschaft halten. Auch in Deutschland, das eine ganz andere Tradition besitzt, neigt man heute manchen Orts dazu, amerikanischer als die Amerikaner zu sein und H a n d w e r k und Wissenschaft zu verwechseln. Dem muß widersprochen werden, ehe es zu spät ist. Immer bleibt der schöpferische Gedanke das, worauf es ankommt. Erläuterungen und Zusammenfassungen z u m K a p i t e l III I. Zur Wissenssoziologie: Sehr wenig ist im Vorausgehenden von der „Wissenssoziologie" gesagt worden, die man deutlicher als die Lehre von den Ideologien und Utopien oder von der sogen. Seinsverbundenheit der Erkenntnis bezeichnen sollte. Sie sucht einen großen Teil des Inhalts der Urteile und Vorstellungen der Menschen, besonders der Gruppen und Körperschaften auf den Stand und die Entwicklung der sozialen Organisation zurückzuführen. Ausgangspunkt war Karl Marx' Theorie, wonach der geistige Überbau der Sozialwirtschaft nicht selbständig, sondern auf die Produktions-
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Verhältnisse und Produktionskräfte zurückzuführen wäre. Diese Einseitigkeit des ökonomischen Materialismus wurde von Karl M a n n h e i m , Max S c h e 1 e r und anderen dahin erweitert, daß die gesamte Sozialorganisation, nicht bloß die Wirtschaft, eine Basis (einige sagen: die Basis) des Komplexes der Urteile (und besonders der Vorurteile) sei. Übertreibungen dieser Lehre sind heute in der Ideologienlehre Max H o r k h e i m e r s und Theodor W . A d o r n o s , aber auch in der amerikanischen Literatur überwunden. Die Beurteilung dieser Theorien hängt von dem Maße des Geltungsanspruchs der „Seinsverbundenheit" ab. Will man nur den sozialen Zwang als ein gestaltendes Element des Inhalts der Erkenntnis ansehen, das mit der Eigenentwicklung des Geisteslebens ringt, so wird man in dieser Wissenssoziologie ein sehr wesentliches Grenzgebiet von Philosophie, Geschichte und Soziologie erblicken müssen. Jeder Absolutheitsanspruch dieser Entwicklungslehre ist jedoch als Irrlehre abzuweisen 1 ). II. Max Adlers Transzendental-Soziologie: Eine andere Fortführung des Ökonomismus von Karl Marx zeigte sich in den dreißiger Jahren in Max A d l e r s Erkenntnistheorie, die Kant und Marx zu verbinden suchte. Heute wird diese Überspitzung des Idealismus, soweit ich sehen kann, wohl kaum noch vertreten; aber die deutsche Neigung, das Soziale zu verinnerlichen, ist keineswegs überwunden. Deshalb noch (wie in der 5. Auflage) ein Hinweis auf Max Adlers Theorie: Bei ihm ist das Soziale eine Kategorie des Bewußtseins. Unser Denken sei schon Gesellschaft. „Das Problem der Gesellschaft liegt nicht etwa erst im historischen ökonomischen Prozeß der Vergesellschaftung, sondern schon in dem seine Begriffe vergesellschaftenden Denkprozeß des Individuums." 2 ) Schon nach Eine redit gute erste Unterrichtung über „Sociologie of Knowledge" (Wissenssoziologie) bietet unter diesem Titel Robert K. M e r t o n im Sammelwerke von Gurvitch— Moore: „La Sociologie en XX e Siècle", Paris 1947; audi in englischer Sprache („Twentieth Century Sociology", New York 1945). 2 ) Jahrbuch f. Soziologie, Band I, S. 25/26 und Verhandlungen des vierten deutschen Soziologentages, sowie vor allem in Adlers Buch: „Das Rätsel der Gesellschaft", Wien 1936.
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Kants theoretischer Erkenntnislehre müsse man dem individuellen Bewußtsein transzendental-sozialen Charakter zusprechen. Damit werden die Probleme der Vergesellschaftung dieser Richtung zu erkenntniskritischen Aufgaben. Es handelt sich dabei nicht um Psychologismus (wie bei manchen Engländern und Amerikanern), sondern speziell um Analyse des Inhalts und der Formen des Denkens. Ich muß gegen diesen sich als „transzendental" bezeichnenden Standpunkt einwenden: D a das Denken teilweise Zusammenhänge zwischen (der Anschauung nach) isolierten Dingen herstellt, führt auch das Denken über Menschen sicherlich auch vom Individuellen zum Überindividuelleh. Aber zum andern Teil trennt auch das Denken anschaulich Verbundenes; es schafft also auch erst die Vorstellung vom Besonderen. Der Denkprozeß vergesellschaftet und isoliert. Ein Primat des einen vor dem anderen Vorgange ist nicht anzuerkennen 1 ). Aber in der Soziologie handelt es sich gar nicht um Analysen von Bewußtseinsvorgängen; wir können nicht das Soziale von den Denkgesetzen her erfassen. Es ist nicht eine Kategorie des Bewußtseins, sondern des Lebens. Es kommt darauf an, dieses Leben richtig (meinetwegen erkenntniskritisch naiv) zu beobachten und das Beobachtete zu ordnen. Lernt man aus dieser unvoreingenommenen Beobachtung der Wirklichkeit, so verschwindet auch der durch Erkenntniskritik künstlich auf die Spitze getriebene Gegensatz von Individuellem und Sozialem. Das Element des Sozialen ist nicht ein Bewußtseinsvorgang, sondern der soziale Prozeß, ein objektives Geschehen. Er ist freilich meist auch ein physiologisch-psychologischer Vorgang, bei dem aber weniger die Denkvorgänge als die Begehrungen maßgebend sind. !) V o n d i e s e m G e b r a u c h e d e s W o r t e s „ t r a n s z e n d e n t a l " ist s e i n e V e r w e n d u n g b e i W e r n e r Z i e g e n f u ß u n d in w i e d e r a n d e r e m S i n n e bei G W e i s s e r zu u n t e r s c h e i d e n . Z i e g e n f u ß spricht v o n d e r N o t w e n d i g k e i t , d a s W e r t v o l l e zu „ t r a n s z e n d i e r e n " , a l s o a u s e i n e r bloß b e s c h r e i b e n d e n Beh a n d l u n g h e r a u s z u h e b e n ; W e i s s e r v e r b i n d e t d e n Begriff m i t s e i n e r Ford e r u n g e i n e r n o r m a t i v e n S o z i o l o g i e . Vgl. ü b e r Z i e g e n f u ß b e s o n d e r s s e i n e n e i n l e i t e n d e n A r t i k e l im H a n d b u c h d e r S o z i o l o g i e , S t u t t g a r t 1956. S. XXI ff.
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Dabei verhehlen wir uns nicht, daß eben dieses objektive Leben um uns mit den Kräften und Unkräften unseres Verstandes, subjektiv umgestaltet, aufgenommen wird. Aber die dadurch erforderliche kritische Haltung zu unserem eigenen Erkenntnisvermögen gilt für alle Art Wissenschaft. Eine Besonderheit bietet hierin die Soziologie nicht. III. Beispiele anderer Einteilungen der modernen Geschichte der Soziologie: In der vierten Auflage habe ich auf Seite 44 ff. einige ältere Einteilungen der Soziologie aufgeführt, so die von Karl P r i b r a m , Filippo C a r 1 i und S o r o k i n. Ich muß midi damit begnügen, darauf hinzuweisen. Hier seien neu genannt die Versuche von Raymond A r o n , der auch auf G e i g e r s ältere Vorschläge hinweist. Raymond A r o n teilt in seiner Schrift „Deutsche Soziologie der Gegenwart" 1 ) diese in a) systematische, b) historische, c) die Synthese von beiden Schulen durch Max Weber ein. (Die Verselbständigung Max Webers ist anfechtbar.) G e i g e r hatte im Handwörterbuch der Soziologie gesondert: 1. Soziosophie (spekulative Gesellschaftslehre), 2. materielle Geschichtsphilosophie oder Evolutionslehre der Gesellschaft, 3. Soziologismus (wieder untergeteilt in Sozial-Enzyklopädik und erkenntnistheoretische Soziologie), 4. einzelwissenschaftliche, empirische Soziologie. IV. Zur Politik als Wissenschaft: Schon vor fast hundert Jahren gab es in Deutschland eine blühende Wissenschaft von der Politik. Es ist befremdend, in welchem Grade heute, wo man die Politik wieder als Forschungsgebiet und Lehrfach zu pflegen beginnt, diese Tradition und das Gedächtnis an Denker wie Robert v. M o h 1 wenig beachtet wird. Auch hier wie bei der Betriebssoziologie scheint vielfach die Vorstellung zu bestehen, daß man dabei ein scientifisches Gebiet neu ent!) Raymond A r o n , „Die Deutsche Soziologie der Gegenwart", Stuttgart 1953, Kröner (übersetzt nadi der älteren französischen Ausgabe).
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Uli Die Hauptrichtungen der Soziologie
deckt, statt die wertvollen Anfänge f o r t z u f ü h r e n . Audi scheint hier und da der enge Zusammenhang und die Ableitung der Politik als Unterdisziplin von der Soziologie verkannt zu werden. Sie gehört aber durchaus in das Gebiet der speziellen Soziologien; sie kann gar nichts anderes sein als spezielle Soziologie, nämlich Lehre vom Zusammenleben der Menschen auf dem Gebiete der Machtverteilung und Machtordnung. V. Über das Verhältnis der Soziologie zur Anthropologie: D a ß wir die Soziologie als Wissenschaft vom Mit- und Gegenmenschen in den größeren Kreis der Anthropologie einfügen, wurde bereits im ersten Kapitel hervorgehoben, wobei diese Universalwissenschaft zum mindesten im gleichen Maße als philosophisch-geisteswissenschaftliche (von mir in „ H o m o sum" als zuammenfassende Anthropologie bezeichnet) wie als naturwissenschaftliche Disziplin gemeint ist. Eine andere Einengung der Anthropologie, die hier abgelehnt wird, ist die zur Ethnologie. Besonders S p e n c e r und die französische Durkheimschule sehen in der Befassung mit den „Naturvölkern" (schriftlosen Völkerschaften) einen geeigneten Weg, dem Problem Mensch und Gesellschaft nahezukommen. D ü r k h e i m und seine Schüler F a u c o n n e t und M a u s s haben wertvolle, für die Soziologie fruchtbare, aber auch gefährliche Studien über die Welt des „Archaischen", wie sie sie nannten, geschaffen 1 ). VI. Ihr Verhältnis zur Psychoanalyse: Im gleichen H e f t e bot mir Roger B a s t i d e s Schrift „Sociologie et Psychoanalyse" (in der gleichen Sammlung) Gelegenheit, das Verhältnis zur Psychoanalyse zu behandeln. Die Auffassung R i m e t s , daß diese vorwiegend die Grundlage der Soziologie bilden müsse, wird von ihm Wie sich diese Durkheimschule zum Soziologismus, zur Beziehungslehre und zur Ethik verhält, darüber vgl. meinen Aufsatz »Soziologie und Anthropologie" in Heft IV, 4 der «Kölner Zeitschrift für Soziologie". Diese Studie knüpft an Marcel M a u s s ' „Sociologie et Anthropologie" {Paris 1950, Bihliothègue de Sociologie Comtemporaine) an.
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und mir nicht geteilt. Jedoch beschloß ich jene Untersuchung mit den Worten: „Wenn auch ihr (der Soziologie) eigentlicher Gegenstand nicht das Innenleben des Einzelmenschen ist, sondern die durch Beobachtung von außen feststellbaren Einwirkungen von Mensch auf Mensch und von Gruppe auf Gruppe, so ist doch diese ihre Aufgabe gar nicht lösbar, ohne daß das eine der beiden Elemente der sozialen Prozesse, die Haltung, ausgiebig studiert wird. Aber die Haltung erklärt sich wieder zur einen Hälfte aus den Motiven des beteiligten Menschen. Die Motive aber gehören teilweise der Ratio, teilweise der Sphäre der Gefühle und Triebe an, wobei wieder Eros und Sexus weite Felder der Seele, jedoch keineswegs allein, beherrschen. Daß dieser eine Bereich der Seele, die Geschlechtlichkeit, von der Psychoanalyse in einigen seiner Erscheinungsweisen so stark beleuchtet worden ist, macht trotz allen Übertreibungen und Abirrungen ihre Bedeutung für die Soziologie aus." V I I . Verhältnis der Soziologien zu den Kulturwissenschaften: Im ersten Kapitel suchte ich ihr Verhältnis zu den oft recht unklar umgrenzten Kulturwissenschaften dadurch zu veranschaulichen, daß ich sagte, die Soziologie (wie alle Sozialwissenschaften) befasse sich mit den Produzenten, die Kulturwissenschaften mit den Produkten des gesellschaftlichen Lebens. Es gibt jedoch eine Ausdehnung der Kategorie Kulturwissenschaften, bei der die gesamte Soziologie dem Universalbereiche Kulturwissenschaften eingeordnet ist. So faßt auch Florian Z n a n i e c k i in seinem Buche: „Cultural Sciences" diese als den jene umschließenden Kreis auf. Dazu schrieb ich in Heft I V , 4 (S. 531) der „Kölner Zeitschrift für Soziologie": „Die Schwierigkeit einer Verständigung über diese Zurechnung scheint mir in der Vieldeutigkeit des Wortes Kultur zu liegen. Ich habe mich jedenfalls schon S o m b a r t gegenüber gegen eine Gleichsetzung der Begriffe „so-
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zial" und „kulturell" gewendet. Eine „Gesellschaft" ist kein „Kultursystem." Doch mit einer radikalen Ausmerzung von Wort und Begriff „Kultur" würde nur Schaden angerichtet werden. Ich wende mich hier nur gegen die Einordnung der gesamten Soziologie in einer Universalkategorie Kulturwissenschaft. Jedoch zweierlei bleibt dabei unangefochten: Daß man N a t u r - und Kulturwissenschaften unterscheidet, ist unvermeidlich. Man sollte es aber nur in dem Sinne tun, daß man unter jenen die Disziplinen versteht, die das von N a t u r vorhandene untersuchen, und unter Kulturwissenschaften Wissenszweige, die das von Menschen zur Verbesserung und Veredelung Geschaffene, die menschlichen Errungenschaften, zum Gegenstande haben. Damit ist aber ausgesprochen, daß eine Wissenschaft, die wie die Soziologie sich mit dem Zusammenleben und Zusammenwirken der Menschen (also nicht mit den Produkten [Errungenschaften], sondern mit den Produzenten selbst) beschäftigt, nicht zu den Kulturwissenschaften gehört. Sie hat ein selbständiges Feld. Wie sie unter anderem Aspekt zwischen Geistes- und Naturwissenschaften steht, so auch zwischen Kulturwissenschaften und Naturwissenschaften. (Es trägt das auch zu ihrer Bereicherung bei, da sie von den Nachbarfeldern Forschungsergebnisse nutzen kann.) Aber das Vorhandensein von Kulturwissenschaften wird damit nicht angefochten. — Das zweite ist, daß es innerhalb der Soziologie auch eine Kultursoziologie als Lehre von den Gesellungsvorgängen beim kulturellen Schaffen gibt. D a ß sich Denker wie Alfred Weber, Sorokin, Toynbee u. a. mit den geschichtlichen Ordnungen der Kultursysteme befassen, ist von größter Bedeutung. N u r scheint mir das Verhältnis von Kulturwissenschaft und Soziologie grade umgekehrt zu der Anordnung zu bestehen, die Znaniecki aufstellt: Nicht die Soziologie (als Grunddisziplin aller Sozialwissenschaft) ist ein Bestandteil der Kulturwissenschaften, sondern die oben formulierte Befassung mit der Kultur ist eine Sonderbetrachtungsweise innerhalb der Soziologie.
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Ordnet man die Soziologie insgesamt bei den Kulturwissenschaften ein, so bleibt kein Raum für eine Schauweise, die die Kategorie Kultur nicht zum Ausgangs- und Mittelpunkt hat, also für die Beziehungssoziologie. VIII.
Thesenartige
Zusammenfassung
des Kapitels
III
I. Teil 1. Innerhalb der modernen allgemeinen Soziologie lassen sich die beiden Richtungen der Kultur- und der Beziehungssoziologie unterscheiden, die sich jedoch mannigfach ergänzen. 2. Verwandt mit dieser Zweiteilung ist die Gegenüberstellung von historischer und systematischer Soziologie und drittens von Struktur- und Prozeß-Soziologie derart, daß Kultur-, historische und Struktursoziologie die gleiche Schauweise aufweisen und Beziehungs-, systematische und Prozeßsoziologie identisch sind. 3. Die Beziehungssoziologie (eben als Prozeßsoziologie) löst die scheinbar festen Strukturen und ihre Schichtungen in Vorgänge auf. Operiert die Kultursoziologie mit der Analogie zu Stoffen, so jene mit den Vorstellungen von Kräften, Geschehnissen und Tätigkeiten. Auch sie macht soziale Gebilde wie Staaten, Kirchen, Unternehmungen usw. zu Gegenständen ihrer Studien; bei ihrer Analyse werden diese aber aus der besonderen Art der in ihnen vor sich gehenden Prozesse erklärt. 4. Der frühere Gegensatz von individualistischer und kollektivistischer Denkweise betrifft zwar das H a u p t problem aller Soziologie, das Verhältnis des Einzelmenschen zu den gesellschaftlichen Kollektivkräften, beruhte aber auf einer Absolutsetzung eines nur relativen Gegensatzes. Der einzelne konkrete Mensch steht dem Kollektiv nicht im Verhältnisse eines Teils zum Ganzen gegenüber. Das Element der „Gesellschaft" ist der soziale Prozeß. 5. Gegenwärtig steht im Vordergrunde der Gegensatz und Zusammenhang von Systematik (Theorie) und Sozio-
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III. Die Hauptriditungen der Soziologie graphie (Social Research), deren Gegenstand die auf Beobachtung beruhende Beschreibung von Tatsachen (Data) bildet. N u r die Theorie kann die Fragen beantworten, was und warum etwas beobachtet werden soll, und in welchem Zusammenhange das Beobachtete einzuordnen ist. Zur Soziographie gehören auch die Arbeiten außerhalb der Studierstube (das sogen. „Field Work"). Hauptzweige des „Research" sind gegenwärtig in Deutschland: Beobachtungen über Umschichtung der gesellschaftlichen Klassen, Flüchtlings- und Vertriebenen-Fragen, Lage der Jugend, das Parteiwesen u. a. In Amerika (aber auch in Europa) kann man folgende Zusammenstellung vornehmen: 1. Ökologie (Verbindungen von Sozialordnung mit dem physischen Räume), und zwar: a) Soziographie des Landlebens (Rural Sociology), b) Stadtsoziographie (Urban Sociology) [Großstadt (City), aber nicht minder Mittel- und Kleinstadt], 2. Rassenstudien (z. B. bei Negern und Indianern), 3. Sexual-, Ehe- und Familienstudien, 4. Bevölkerungserscheinungen (z. B. Lage der Einwanderer), 5. Betriebssoziographie (u. a. das Managertum). Soziographie reicht in Deutschland ins 18. Jahrhundert zurück („Staatsmerkwürdigkeiten") und wurde seit 1870 besonders vom Verein f ü r Sozialpolitik gepflegt.
II. Teil: Methoden und Techniken 1. Im Terminus „Soziologische Methoden" wird häufig zweierlei unklar verknüpft, was voneinander geschieden werden sollte: Soziologische Schau weise (Optik) und Methoden (im engeren Sinne). 2. In der Systematik, bei der die Schauweise zur Geltung kommt, wird die Idee der Aufgabe, ihr Ziel, ihr Kausalzusammenhang, werden die tragenden Begriffe und der Gang der Beweisführung festgestellt; bei der Me-
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thodik handelt es sich jedoch um die Fragen des Vorgehens, mit der die gestellte Aufgabe zu bewältigen ist: es wird isoliert, beobachtet, gezählt, gemessen, experimentiert. Die Gesamtheit der Methoden ist ihre Technik, in der die Summe der angewendeten Hilfsmittel zur Erreichung der Klärung und Ordnung der verfolgten Idee zusammengefaßt wird. Hauptsächliche Methoden der Soziographie sind: a) Statistik, b) Beobachtung von Einzelfällen (Case Work), c) Typologie, d) Befragung, e) Soziometrik, f) Experiment. Zu c: Zu unterscheiden sind Idealtypen (besser ausgedrückt: konstuierte Typen) und Realtypen. Die Bildung von Realtypen ist eines der Ziele der Soziographie; doch sind die konstruierten Typen auch f ü r sie unentbehrlich, da erst aus dem Vergleiche mit ihnen die Bedeutung der Realtypen beurteilt werden kann. Zu d: Die Meinungserforschung ist ein wichtiges Unterrichtungsmittel. Das gilt besonders von der Aussprache (Interview). Doch erfordert die Erhebungs- und Auswertungstechnik große Vorsicht (zumal bei den Schlußfolgerungen). Zu e: Soziometrik im allgemeinen Sinne u m f a ß t die Versuche, soziale Tatsachen zu messen. Die Schwierigkeit liegt in der Auffindung einer möglichst unveränderlichen Maßeinheit. Im speziellen sind unter Soziometrik die Versuche zu verstehen, nach M o r e n o s Vorschlag Gruppenbildungen mit Hilfe des sog. Spontaneitätstestes vorzunehmen. Zu f: Experimente, die auf planmäßiger Isolierung von zu beobachtenden Gegenständen beruhen, sind auch im Bereiche des sozialen Lebens möglich. Ihre Schwierigkeit liegt (ähnlich wie bei den Punkten d und e) in der
4 von Wiese, Soziologie
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IV. Comte und Spencer
richtigen R ü c k f ü h r u n g der beobachteten Erscheinungen auf die wahren Ursachen. 9. Die Terminologie der Soziologie, besonders der Soziographie, wird gegenwärtig beständig vermehrt und o f t willkürlich verändert. Ausdrücke wie Symbol, Modell, Panel u. a. bedürfen einer beschränkenden Interpretation. Kapitel
IV
Comte und Spencer W e n n wir uns in den nunmehr folgenden Kapiteln der Literaturgeschichte der Gesellschaftslehre zuwenden, müssen wir uns darauf beschränken, einige charakteristische Leistungen hervorzuheben u n d auch an ihnen nur das aufzuweisen, was uns d a r a n vorwiegend soziologisch erscheint. Wir wollen dabei der üblichen, wenn auch angefochtenen T r a d i t i o n folgen, von C o m t e auszugehen. Es geschieht tendenzlos; auch wenn man im Bereich der französischen Wissenschaft bleibt, k a n n nicht nur der Hinweis auf die großen Autoren des 17. und 18. J a h r h u n d e r t s zu Zweifeln an dieser Vaterschaft f ü h r e n ; vor allem scheint dabei vergessen zu sein, d a ß C o m t e im stärksten G r a d e vom jüngeren G r a f e n S a i n t - S i m o n beeinflußt war. Auguste C o m t e (1798—1857) m u ß uns heute vorwiegend als Philosoph, nicht als Soziologe gelten. Auch erschien es ihm in dieser zweiten Eigenschaft als die H a u p t aufgabe, Entwicklungsgesetze der Gesellschaft zu enthüllen. Dabei k a m es ihm allerdings ebenso sehr auf den Zusammenhang der sozialen Gebilde im Nacheinander wie auf die gegenseitige Abhängigkeit an, wonach sich Veränderungen in einem Bereiche allen anderen mitzuteilen pflegen. Doch scheute er vor einer Vertiefung in die Zustände der Gegenwart zurück; er neigte zum Historismus. In die Systematik hoffte er Klarheit durch den bis heute nachwirkenden Gegensatz von Statik u n d D y n a m i k zu bringen. Aber jene w a r nur Gegenstand eines einzigen Kapitels seines „Cours de Philosophie positive"; der
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Nachdruck lag bei diesem Entwicklungstheoretiker auf dem, was er (falsch) Dynamik nannte, bei der Lehre vom Fortschritt, also von der Bewegung auf einen höheren Stand der Entwicklung hin. Die sechs Bände dieses Cours de Philosophie, der 1830 bis 1842 entstanden ist, enthält vor allem eine Wissenschahslehre mit der Idee einer Rangordnung der einzelnen Wissenschaften, die sich untereinander nach dem Grade ihrer Allgemeinheit unterscheiden. Der Grad der Exaktheit nehme von der allgemeinsten zur speziellsten allmählich und gleichmäßig ab; zugleich wachse die Verwickeltheit ihrer Objekte. Die Gesamtheit aller eigentlichen Wissenschaften ergebe eine philosophie naturelle. Inhaltlich seien die Gegenstände der einzelnen Wissenschaften als besondere Fälle eines N a t u r gesetzes (bei ihm noch: der Gravitation) anzusehen. Die Folge der so miteinander verbundenen Wissenschaften ist Mathematik — Astronomie — Physik — Chemie — Biologie — physique sociale oder Soziologie. Damit ist eine besonders enge Verbindung zwischen Soziologie und Biologie hergestellt, während die Psychologie als Bindeglied zwischen beiden fehlt (anders bei Spencer). Was uns hieran interessiert, ist nicht die Einreihung der Soziologie an einer bestimmten Stelle der Wissenschaftskette und die sich daraus ergebende Charakterisierung ihres Wesens, sondern auch die sozial- und geschichtsphilosophische Erklärung dieser Entwicklungsreihe der Wissenschaften: Sei doch jede Wissenschaft, wie die Wissenschaft überhaupt, aus der gesellschaftlichen Organisation des Zeitalters zu verstehen. Die Geschichtsphilosophie Comtes enthält hauptsächlich das noch heute viel erörterte, wenn auch zumeist abgelehnte Dreistadiengesetz der geistigen Entwicklung, das T u r g o t angedeutet und S t - S i m o n behauptet hatte. Die erste Periode sei die theologische, und zwar nacheinander die des Fetischismus, Polytheismus, Monotheismus, die zweite die metaphysische, die dritte die positive. Alles Wissen lege den Weg von der Phantasie zur Vernunft zurück. Das erste Zeitalter kennzeichne sich sozial 4*
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durch das Übergewicht der Priester und Krieger, das zweite durch das der Philosophen und Rechtsgelehrten, das dritte, positivistische, durch das der Wirtschaftsführer und Gelehrten. Entscheidend sei f ü r die Struktur jedes Zeitalters und für den Wandel der Zeiten die auf der Entfaltung der Verstandeskräfte ruhende Weltanschauung. Geistige und soziale Etwicklung seien ein und dasselbe; die Geschichte der Gesellschaft sei die Geschichte des Denkens. Der Biologie entnimmt Comte den Organimus-Begriff; die Gesellschaft sei ein Kollektiv-Organismus, dessen Bau und Leben in Analogie zum individuellen Organismus zu verstehen sei. Der einzelne Mensch sei nur eine Abstraktion; das w a h r h a f t Wirkliche sei die Menschheit. Denke man sich den Zusammenhang der nebeneinander bestehenden Wissenschaften in eine Entwicklungskurve gewandelt, so ergebe sich auf diesem Wege von der Physik über die Biologie zur Soziologie, die den ganzen Bau kröne, der Fortschritt vom Einfacheren zum immer Verwickelteren. Damit vermindere sich aber auch der Grad der Exaktheit. Der Grad, in dem die Gegenstände der einzelnen Wissenschaften miteinander verknüpft seien, erscheine immer komplizierter, und innerhalb jedes Wissenschaftsfeldes sei die Verbundenheit der zu untersuchenden Phänomene um so undurchsichtiger, je höher man in der D a r stellung der Objekte voranschreite. In diesem starken Empfinden Comtes für die Eigenart der Soziologie besteht eine dauernde Nachwirkung bis auf den heutigen Tag. Er sieht richtig, daß es sich bei ihr zwar nur um einen dem Grade, nicht dem Wesen nach bestehenden Unterschied zu den anderen Wissenschaften handelt, daß aber dieser Gradunterschied so groß ist, daß er wie ein qualitativer wirkt. Schon die Biologie weise stark gesteigerte Kompliziertheit ihres Stoffes gegenüber den einfacheren Naturwissenschaften auf; aber der Schritt von ihr zur Soziologie sei noch beträchtlicher. (Dabei ist „Einfachheit" nicht im Sinne von Geringheit an Schwierig-
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keiten für den Forscher, sondern gleich Einlinigkeit der Phänomene zu verstehen.) Comte zeigt aber auch, worin die Verwickeltheit der Studienobjekte besteht. Die Erscheinungen des sozialen Lebens lassen sich nicht bloß aus der Menschennatur, aber auch nicht bloß aus geschichtlichen Veränderungen erklären, sondern aus den Einflüssen eines Bereichs auf den anderen. Herbert S p e n c e r nahm die Wissenschaftslehre und den Organizismus Comtes auf; jedoch nicht unkritisch und mit manchen Veränderungen. V o r allem schob er die Psychologie, die für Comte nichts Selbständiges neben Biologie und Soziologie war, als wesentliches Glied in die Wissenschaftsreihe. Ablehnend stand er auch Comtes Intellektualismus gegenüber; für ihn sind die (aus einfachen physischen Empfindungen hervorgehenden) Gefühle die Motoren der persönlichen und sozialen Entwicklung. Bei Comtes Scheidung zwischen sozialer Statik, die die Theorie der natürlichen Ordnung der menschlichen Gesellschaften zu geben habe, und sozialer Dynamik, die eine Theorie des natürlichen Fortschritts der Menschheit enthalte, liegt bei ihm der Schwerpunkt durchaus auf der zweitgenannten. Comte war von glühendem Reformeifer erfüllt (voir pour prevoir); er gab bei allem Positivismus mehr eine profane Glaubenslehre und ein optimistisches Bekenntnis zur Besserung des Menschenloses durch E n t wicklung der Vernunft. „Damit w a r " , sagt Oppenheimer, „der jungen Disziplin eine Aufgabe gestellt, praktische Wissenschaft, d. h. Kunstlehre für den Staatsmann und Gesellschaftsreformer zu werden" 1 ). O . billigt ausdrücklich dieses Ziel; es habe „denn auch keiner ihrer besseren Vertreter in der Folgezeit ganz aus den Augen verloren". Ganz richtig: das Ziel, etwas durch seine geistige Arbeit zur Besserung des harten Menschenloses beizutragen, darf kein wahrer Soziologe aus den Augen verlieren. Aber der indirekte Weg, auf unmittelbar zu verwirklichende R e formvorschläge zu verzichten, dafür aber möglichst viel zur Franz O p p e n h e i m e r ,
System, I. Bd., S. 2.
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Erhellung der Erkenntnis der Wirklichkeit beizutragen, ist der förderlichere. Die heutige Soziologie dankt Comte vor allem die H i n lenkung der wissenschaftlichen Teilnahme auf den Zusammenhang des gegruppten Lebens mit der geistigen Entwicklung. Gewiß war das keine neue Entdeckung von ihm; aber diese Betrachtungsweise beherrschte zentral sein ganzes System. Sehr richtigt sagt H a n k i n s 1 ) : „Die Werke der großen Begründer der Soziologie von Comte zu Spencer und Ward waren Mischungen von Geschichtsphilosophie, Sozialphilosophie, Pseudo-Wissenschaft und Wissenschaft. Aber im Vergleiche mit ihren Vorläufern findet sich bei ihnen eine Verminderung reiner Ideologie und ein wachsender Sinn für Tatsachen und Beobachtungen . . . Im ganzen muß gesagt werden, daß Comtes Soziologie größtenteils außerhalb des Feldes positiver Wissenschaft blieb. Es war Sozialphilosophie, in einer Gemütsverfassung geschrieben, die äußerst merkwürdig den Geist des Positivismus und den Geist des Mystizismus verband." H e r b e r t S p e n c e r (1820—1903) galt einer älteren Generation schlechthin als der Soziologe, und es schien gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als ob es kaum eine andere Gesellschaftslehre als eine Spencersche geben könnte. Es mag dahingestellt bleiben, ob man ihn mit Recht als den größten Philosophen des Victorianischen Zeitalters charakterisiert hat. Jedenfalls bleibt die großartige Geschlossenheit seines umfangreichen „Systems der synthetischen Philosophie", zu dem seine Soziologie gehört, eine geistige T a t ersten Ranges 2 ). Das nicht nur in persönlicher Hinsicht: Im Jahre 1860 veröffentlichte der noch ziemlich unbeachtete Londoner Privatgelehrte den Plan zu einem philosophi1) Vgl. F. H. H a n k i n s in Barnes' „History and Prospects of the Social Sciences", New York 1925, S. 292 und 296. 2 ) Vgl. über ihn als Soziologen: L. v. W i e s e , Zur Grundlegung der Gesellschaftslehre (Eine kritische Untersuchung von Herbert Spencers Sys,tem der synthetischen Philosophie). Jena 1902. — Ferner: J. Rumney. Herbert Spencer's Sociology, London 1934, und L. v. W i e s e , Herbert Spencer's Einführung in die Soziologie, Köln 1960.
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sehen Lebenswerk in 33 Abteilungen. N u r wenige zeichneten den Prospekt. T r o t z äußerer, besonders gesundheitlicher Hemmnisse f ü h r t e er beharrlich und zäh diese Arbeit in 36 J a h r e n zu Ende. In 11 stattlichen Bänden erhob sich das System, das mit den „first principles" (den philosophisch-erkenntnistheoretischen Grundlagen) beginnt, zur Biologie fortschreitet, von da zur Psychologie; auf ihr baut sich die „Soziologie" auf, die ihrerseits durch eine „Ethik" gekrönt wird. Auch in sachlicher Hinsicht bleibt dieses einst so gepriesene, heute k a u m mehr gelesene W e r k hervorragend. Oppenheimers Urteil, „Spencer habe die junge Wissenschaft in das Fahrwasser der plattesten A u f k l ä r u n g zurückgesteuert" 1 ), ist z w a r nicht ganz falsch, aber einseitig und allzu scharf. Richtig ist, d a ß Spencer jede Tiefenforschung vermied, ja verachtete. W e r den W e r t von Geisteswerken nach ihrem Gehalte an Tiefsinn u n d A h n u n gen unaussprechbarer W a h r h e i t mißt, m u ß den Philosophen aus D e r b y trivial finden. Er bleibt stets an der Oberfläche. Aber welch großartiger Zusammenhang eben dieser Oberfläche tut sich auf, welche Zusammenschau des Kosmischen mit den Lebensvorgängen, mit dem Seelen- u n d dem Gesellschaftsleben! Vielleicht das Beste, was Spencer uns hinterlassen hat, ist sein anregend geschriebenes „Study of Sociology" 2 ). Es kann heute noch als wertvolle E i n f ü h r u n g dienen; nicht in dem Sinne, d a ß m a n sich seine sämtlichen Urteile aneignete, sondern in der Absicht einer kritischen Auseinandersetzung mit diesem gänzlich unromantischen nüchternen Denker. W e n n man ihn vielfach (nach der nun einmal unvermeidlichen, die individuelle Selbständigkeit vernachlässigenden Literaturgeschichten-Schablone) als „Schüler C o m tes" bezeichnet, so ist das nur mit großer Einschränkung richtig. E r selbst behauptet in seiner Autobiographie, seine Verpflichtetheit gegen Comte sei nur die des wissenschaftlichen Gegenspielers gewesen. Das ist wohl übertrieben; 1) 1. c. S. 54. ) London, 21. Aufl., 1894, Williams and Norgate.
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aber er ist keineswegs nur ein Fortführer Comtescher Gedankengänge. Allerdings besitzt auch er (und zwar in verstärktem Grade) als Philosoph wie Comte den Drang nach monistischer Synthese auf naturwissenschaftlicher Grundlage. Auch er will (intensiver als der fast 30 Jahre ältere Franzose) alle Erscheinungen auf Erden (unter Einschluß der zwischenmenschlichen) auf ein einziges Gesetz: die Fortwirkung der K r a f t zurückführen. Er findet die einfache und doch so inhaltsreiche Formel f ü r die Entwicklung allen Geschehens: „Aus unbestimmter, unzusammenhängender Gleichartigkeit wird bestimmte, zusammenhängende Ungleichartigkeit." Dieses In- und Durcheinander von Integrierung und Differenzierung sucht er nun auch an der Entwicklung der Gesellschaft nachzuweisen. Ihm ist die Gesellschaft ein Überorganismus, dessen N a t u r als Aggregat sich aus der N a t u r seiner Einheiten, der Einzelmenschen ergebe. Doch ist es nicht möglich, hier den Reichtum Spencerscher Ideen auszubreiten. Wir entsinnen uns, daß wir ja nur den geschichtlichen Zusammenhang zwischen seiner Soziologie und der realistischen, eingeschränkten Gesellschaftslehre der Gegenwart aufweisen wollen: In negativer Hinsicht müssen da zwei Eigentümlichkeiten seines sonst so einheitlichen Systems hervorgehoben werden: Aus seiner Biologie und Psychologie nimmt Spencer eine Auflassung vom Einzelmenschen in die Soziologie hinüber, die ihn eigentlich zu dem Universalismus seines Antipoden Comte hätte führen müssen. Der Mensch erscheine ganz abhängig vom Außer-Ich; sein Geist vermöge nur das Objekt um ihn zu kopieren. Der Mensch lebe in Passivität und äußerster Gebundenheit. In der Gesellschaftslehre (noch mehr in Politik und Ethik) ist aber Spencer der radikalste Autor des Individualismus. Comtes These von der Abhängigkeit des Einzelmenschen von der Gesellschaft kehrt Spencer ins krasse Gegenteil um. (Wie sich dieser Widerspruch subjektiv bei Spencer erklärt, muß hier übergangen werden.)
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U n d das Zweite: Seine Soziologie b e f a ß t sich fast nur unter Vernachlässigung dessen, was wir Geschichte nennen, mit den N a t u r v ö l k e r n . Sein reiches Tatsachenmaterial entnimmt er fast nur der Ethnographie. Das entspricht ganz einer Denkweise, die den Menschen als bloßes N a t u r w e s e n in Passivität a u f f a ß t und die aktive Bautätigkeit an der Gesellschaft in den Kulturperioden beiseite schiebt. Aber unter Zugrundelegung eines rein naturwissenschaftlichen Bildes von Welt u n d Mensch sind die Zusammenhänge der Gesellschaft nicht hinreichend zu erklären. Den Geschichtsund Sozialphilosophen (und Spencer will doch dies in erster Linie sein) hätte die Frage: was ist K u l t u r (Zivilisation)? anlocken müssen. Daraus ergibt sich: Seine Soziologie gibt zu wenig A u f schlüsse über die Gesellschaftsordnung unseres K u l t u r kreises. Ferner: die E r f a h r u n g v o m Menschen als bloßem Naturwesen reicht nicht aus, seinen Individualismus zu rechtfertigen. W a s wir heute vorwiegend a n ihm schätzen, ist die reiche u n d geordnete Fülle von „ D a t a " , von Tatsachen über A n f ä n g e gesellschaftlichen Lebens 1 ). M a g auch m a n ches, was er z. B. über die A n f ä n g e der Religion sagt, nach neueren Forschungen nicht mehr völlig haltbar sein, die Planlegung f ü r eine Entwicklungssoziologie und besonders f ü r eine Durchforschung von Frühzuständen bleibt mustergültig. Freilich Forschungsziele u n d -methoden, wie sie sich die Beziehungslehre stellt, können auch davon nur indirekten Gewinn ziehen. Spencers Bedeutung scheint uns heute mehr pädagogisch-didaktischer Art. Die Freiheit von metaphysischen u n d subjektiv-willkürlichen Beimischungen zu seiner Lehre ist das Beispielhafte an seinem W e r k e . Die Anregungen, die Spencer der Soziographie u n d besonders der Ethnographie nicht nur durch sein Programm, sondern durch sein unermüdliches Sammeln von „ D a t a " gegeben hat, sind vielleicht stärker nachwirkend als seine Hankins sagt (I. c.) von Spencer, er sei der erste Systematiker konkreter soziologischer Tatsachen und darum der wirkliche Begründer dei Soziologie gewesen.
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Theorie. Er veranlaßte auch eine umfangreiche Zusammenstellung völkerkundlicher Tatsadienkomplexe, die unter seinem Namen und unter der Überschrift: „Descriptive Sociology" in den siebziger Jahren veröffentlicht worden ist. Der Gegensatz und die ausgleichende Ergänzung von Integrierung (Vereinigung) und Differenzierung (Scheidung) der Erscheinungen, die bei Spencer die Grundlage nicht nur einer Soziologie, sondern einer Kosmologie überhaupt ist, kehrt in der Beziehungslehre als Gegensatz des Zueinander und Auseinander wieder. Nur enthalten wir uns jeder Aussage, ob damit das Hauptprinzip a l l e s Geschehens in der Welt gegeben ist. (Die große Allgemeinbedeutung der Anziehung und im speziellen von Zentripetalkraft und Zentrifugalkraft wird von uns nicht übersehen; aber der Soziologe braucht über kosmische Prinzipien nichts auszusagen.) Bei Spencer bleibt der Gegensatz und die gegenseitige Ergänzung von Integrierung und Differenzierung sehr allgemein und inhaltsleer. In der Beziehungslehre kommt es dagegen auf die Zerlegung der beiden Grundprozesse in Untererscheinungen und auf das Verhältnis dieser Einzel- und Teilprozesse zueinander an. Außer dieser Hervorhebung der Polarität von Vereinigung und Scheidung verdanken wir seiner Vertiefung in die Zusammenschau von allgemein vitalen (biologischen) und sozialen Vorgängen die stets wichtige Betrachtung der Wechselbeziehung von Bau und Wachstum und von Struktur und Funktion. _ Aber auch bei anderen modernen Richtungen der Soziologie fehlt es — wenn auch manchmal den Autoren wenig bewußt — keineswegs an Zusammenhängen mit Spencer. Mochte Comte mehr in Frankreich nachwirken, so geht Spencers Einfluß in Amerika über Lester W a r d weiter. J a , Znaniecki scheint mir nicht unrecht zu haben, wenn er sagt 1 ): „Die meisten wichtigen Probleme, die in der letzten Dekade des 19. und in V g l . Florian Z n a n i e c k i in Gurvitdi" und Moores .Twentieth Century Sociology" (La Sociologie au X X e Siècle, New York 1945 und Paris 1947), S. 173 resp. Bd. I, S. 175.
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den ersten des 20. Jahrhunderts hervorgetreten sind, knüpfen, sei es genetisch, sei es logisch, an sein großes Werk an." B e m e r k u n g e n zu C o m t e u n d S p e n c e r : Die Literaturgeschichte, aber auch fast alle Kompendien der Gesellschaftslehre nehmen Bezug auf beide Autoren, jedoch mehr auf Comte als auf Spencer. Eine recht aufschlußreiche Einführung in Comtes Werke gibt Heinz M a u s in „Bemerkungen zu Comte" (Kölner Zeitschrift für Soziologie V, 4 S. 513 ff.). Recht gut gewährt in das geistige Verhältnis von Comte zu Dürkheim Einblick D u p r a t s Vortrag: Auguste Comte et Emile Dürkheim in „Gründer der Soziologie" (Jena 1932, Gustav Fischer, S. 109 ff.). Ein Ergebnis meiner jahrelangen Befassung mit Herbert Spencers Werken war meine Habilitationsschrift: Zur Grundlegung der Gesellschaftslehre; eine kritische Untersuchung von Herbert Spencers System der synthetischen Philosophie (Jena 1906, Gustav Fischer). Kapitel
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Die britische und die amerikanische Soziologie a) G r o ß b r i t a n n i e n Die Bedeutung Herbert Spencers als des Hauptphilosophen des Viktorianischen Zeitalters (neben J. St. Mill) schien zu Beginn des letzten Drittels des vorigen Jahrhunderts England die Führung in der Soziologie zu gewähren. Der Entwicklungsgedanke, die enge Verbindung mit dem Darwinismus, der liberale Optimismus, die Verknüpfung der Gesellschaftslehre mit der Biologie charakterisieren sein System und zugleich das Denken seiner Zeit. In der Geistesgeschichte des letzten halben Jahrhunderts bildet die Stellungnahme zu Spencers Lehre in der T a t ein entscheidendes Merkmal f ü r die Stellung des Autors. Aber in England bildete sich nach seinem Tode keine Spencer-Tradition; vielmehr scheint mir R u r a n e y das Richtige zu treffen,
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wenn er die britische Entwicklung, wie folgt, schildert 1 ): Die Soziologie habe sich in England als unabhängige Disziplin noch nicht allzu sicher gefügt, obwohl seit dem 18. Jahrhundert Annäherungen an ihren Aufgabenkreis vielfach vorhanden gewesen seien. Die Nachfolger Comtes hätten aber keinen rechten Boden gefunden, weil sie entweder als zu konservativ oder als zu unreligiös galten. Spencer wäre den Universitätsleuten, zu denen er ja nicht gehörte, zu naturalistisch erschienen. Erst vor vierzig Jahren begannen als erste H o b h o u s e und V e s t e r m a r c k an der Universität London Soziologie zu lehren. Und doch wie viele Ansätze in der Vergangenheit! Mandeville, Hume, John Brown, vor allem Ferguson und Miliar, ganz besonders aber Adam Smith. Jedoch die wissenschaftliche Teilnahme lenkte sich mehr auf die politische Ökonomie. Von Einfluß wäre auch seit Robert Owen der Sozialismus gewesen. Rumney zeigt unter Aufführung zahlloser Namen, wieviel Soziologisches sich in anderen Disziplinen finde. Eine Zeitlang wurden in der Politik Spencers liberale Ideen von L. T . H o b h o u s e und anderen Denkern, die heute fast alle nicht mehr leben, weitergetragen; aber in der eigentlichen Soziologie kam es nicht zu einer Spencerschule in England; ja, die Soziologie als selbständige britische Wissenschaft, die als solche Spencer mehr oder weniger vorbereitet hatte, schien zunächst dahinzuschwinden, bis in den letzten Jahren vor dem zweiten Weltkrieg Morris G i n s b e r g und A. M. C a r r - S a u n d e r s , sowie ein Kreis der Universität London und des Le PlayHauses sie neu belebten. Spencers Erbe übernahm aber in weit stärkerem Maße Amerika. In den Jahren 1910 bis 1930 gab es in England kaum noch eine zeitgenössische Idi gebe im folgenden Absatz das wörtlich wieder, was ich über Rumneys klare Darstellung in meiner eingehenden Besprediung des eben genannten W e r k e s von Gurvitch und Moore ausgeführt habe. Rumneys Aufsatz s t i h t auf S. 562 ff. der amerikanischen und in Band II, S- 569 ff., der französischen Ausgabe. Meine Rezension ist in Heft II/l der Kölner Zeitschrift für Soziologie zu finden.
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systematische Soziologie, jedoch manches, was wir zur Sozialpsychologie rechnen, sowie, wie gesagt, viel Soziologisches in anderen Wissenschaften (Anthropologie, Geschichte, Politik usw.). Besonders Graham W a 11 a s , der 1858 geboren worden ist, ist auf dem Gebiete der Sozialpsychologie und der theoretischen Politik in erster Linie zu nennen. Edward W e s t e r m a r c k muß als Ethnologe gelten. Jedoch darf nicht übersehen werden, daß es eine Schule gibt, die bis zum Sommer 1930 von Victor B r a n f o r d geführt wurde, die aber nicht an Spencer, sondern an den Franzosen Le Play anknüpfte. Es kam zur Gründung der britischen Sociological Society auf B r a n f o r d s Anregung, bei der die ethisch-sozialreformatorischen Tendenzen überwogen, die u . a . von Patrick G e d d e s (1864 bis 1930) mit einer Neigung zur Mystik verbunden wurden. Im allgemeinen haben sich in England die Anregungen soziologischer Schau den anderen Sozialwissenschaften mitgeteilt; an die Stelle der Gesellschaftslehre ist eine mehr politische, psychologische und vor allem anthropologische Literatur getreten; so etwa bei Sir Ernest B a r k e r und W. Macneille D i x o n. Es fehlten bis zu den 30er Jahren die Systematiker, die das reiche, angehäufte Material nach Gesichtspunkten einer streng theoretischen Wissenschaft von der Gesellschaft sichteten und bearbeiteten 1 ); aber in den letzten Jahren drängt die spezielle Problemfülle, die aus den Tatsachen und Folgen der beiden Weltkriege, sowie aus den Klassenverhältnissen aufsteigt, auch in dem konservativen England zur Systematik in selbständigen Kategorien. In dieser Richtung wirken Morris Ginsberg u. a.; stark war auch bis zu seinem 1947 erfolgten Tode der Einfluß des deutschen Emigranten Karl M a n n h e i m , während Harold J. L a s k i der marxistischen Auffassung des Gesellschaftsleben nahestand. L. T . H o b h o u s e (1864—1929) war einer der großen Liberalen, an denen England zu Ausgang des vorigen Jahr!) Uber den Stand der soziologischen Forschung in England Mitte der 30er J a h r e unterrichtet u. a. aüch der Konferenzbericht: The Social Sciences (London 1936, Le Play House Press).
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hunderts so reich war. Auch darin war er ein Kind des letzten Drittels des 19. Jahrhunderts, daß er mit einer liberalen Grundhaltung die Neigung zur Sozialrefoim verband. Als Politiker bekämpfte er den Imperialismus; er war in den Jahren der Geltung des älteren Chamberlain Sekretär der Free T r a d e Union. Von seinen zahlreichen Werken seien genannt: Democracy and Reaction (1904); Morals in Evolution (1906; neue Auflage 1915); Social Evolution and Political Theory (1911); Social Development, its N a t u r and Conditions (1924). Die metaphysische Staatstheorie, die Elemente der sozialen Gerechtigkeit und die soziale Entwicklung waren zusammen mit einem Buche „The Rational Good" als vier Teile eines Werkes „Principles of Sociology" gedacht. Im ersten Teile sind die Zusammenhänge des Einzelmenschen mit der Gemeinschaft, im „Rational Good" die Ziele des menschlichen Handelns, im dritten Bande die sozialen Beziehungen, die jenen Zielen dienen, und schließlich im vierten die tatsächlichen Bedingungen aufgewiesen, die dem gesellschaftlichen Leben zugrunde liegen. Als Soziologie im engeren Sinne vermögen wir dieses Werk nicht anzuerkennen, da es völlig in der der Philosophie vorbehaltenen Sphäre des Wertens bleibt. Hobhouse erscheint uns als der von edelstem Wollen beseelte Philosoph des Liberalismus. Das Ethos der Menschenbeglückung und der persönlichen Freiheit hat in ihm einen Anwalt und Vorkämpfer besessen, dessen gerade die heutige Generation so sehr bedarf. Von Graham W a l l a s (1858—1932), der wirtschaftspolitisch zu der Gruppe der Fabier gehörte, nennen wir seine Werke: H u m a n N a t u r e in Politics (1908), T h e Great Society (1914) und seine Vorlesungen in Amerika: Our Social Heritage (1921). Er hat die Methoden der älteren Psychologie auf die Behandlung politischer Probleme angewendet. In „ H u m a n N a t u r e and Politics" heißt es: „Gegenwärtig analysieren fast alle Forscher auf dem Gebiete der Politik Institutionen und vermeiden die Analyse der Menschen. Das Studium der menschlichen N a t u r durch die Psychologen ist seit der Entdeckung der menschlichen
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Entwicklung sehr vorangeschritten; aber dieser Fortschritt hat sich ohne Einfluß auf die Durchforschung der Politik vollzogen und ohne Einfluß von ihrer Seite." Deshalb suchte er eine psychologische Methode der Theorie der Politik zu schaffen und sie von der Metaphysik zu befreien. Wer von der Soziologie nur die Gewinnung einer wissenschaftlich begründeten Grundhaltung in der Politik erwartet, wird Wal las' Leistung hochschätzen; unter diesem Gesichtspunkte nennt ihn L a s k i den weisesten unter den Soziologen. Uns will freilich scheinen, daß man Soziologie und Politik nicht gleichsetzen darf, und daß diese in der eigentlichen Gesellschaftslehre ihren Ausgangspunkt und ihre Grundlage findet, nicht jedoch in erster Linie, wie Wallas meint, in der Psychologie. Die in England fortlebende L e P l a y - S c h u l e wollen wir hier einordnen, obwohl ihr Begründer und alle früheren literarischen Jünger dieses Mannes Franzosen waren. Frédéric L e P 1 a y (1806—1882) hat vor allem in der Geschichte der Sozialreform und Sozialpolitik mit Recht einen großen Namen. Dieser Zeitgenosse Comtes, der jedoch das Werk des großen Positivisten nicht gekannt hat, war ein vielgereister und in der Bergwerkspraxis Rußlands bewährter Ingenieur. Vom Studium der Arbeiterfrage ausgehend, entwickelte er eine besondere Methode sozialer Beobachtung, die er vor allem in seinem Werke „Organisation du Travail" festgelegt hat. Le Plays mehr soziographische als soziologische Studien gehen von der Familie als der von ihm angenommenen Einheit der Gesellschaft aus. Er sucht die verschiedenen Elemente dieser Einheit zu messen; das Familienbudget erscheint ihm als der quantitative Ausdruck dieser elementarsten Form der Vergesellschaftung. Für die von ihm geschaffene „Science sociale" gibt es drei Kernprobleme: Ort (Heimat), Werk (Beruf) und Volkstum. Später hat Branford zu diesen drei Mittelpunkten allen sozialen Lebens noch drei hinzugefügt: Polity [Gemeinwesen], Culture [Kultur] und Art [Kunst]. Bei Le Play und seinen Anhängern baut sich alle Befassung mit sozialen Problemen auf geographischer Grundlage auf:
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Der O r t bestimme das W e r k , die Arbeit; Familie und Volkstum seien eng mit H e i m a t und Beruf verbunden. Schon der engere Kreis seiner französischen Schüler erweiterte Le Plays Programm. V o n ihnen nennen wir E d mond D e m o l i n s (gest. 1907), der gleichfalls auf die britische Le Play-Schule von Einfluß gewesen ist. Zweifel entstanden, ob das Budget mit seinen Geldbeträgen der w a h r e Ausdruck des Familienlebens sei. Auch die allzu starke Betonung der räumlichen Umgebung und die Uberschätzung der Familie f ü r das gesamte gesellschaftliche Leben wurden eingeschränkt. Victor B r a n f o r d und nach ihm Patrick G e d d e s , der lange in Indien gewirkt hat, suchten mit Le Playschen Anregungen Ideen Comtes zu verbinden, ohne seinen Positivismus zu übernehmen. Im Gegenteil tragen in diesem später von dem Ehepaar F a r q u h a r s o n geführten Kreise alle soziologischen Lehren eine ausgesprochen religiöse N o t e , bisweilen, wie gesagt (besonders bei Geddes), eine mystische Färbung. Es wird eine Synthese des Geisteslebens und der praktischen Lebensführung angestrebt; Gedanken Ruskins, die auf Lebenserfüllung gerichtet sind, werden weitergetragen. Das wissenschaftliche V e r f a h r e n bezeichnet sich als Regionalismus, bei dem der Mensch im Zusammenhange mit dem Boden e r f a ß t wird. In den letzten J a h r e n hat die britische Soziologie eine starke Wiederbelebung durch eine neue Zeitschrift, das „British Journal of Sociology", erfahren. Als Herausgeber zeichnen die drei Professoren der Universität London, Morris G i n s b e r g , der einen der drei Vicepräsidenten der International Sociological Society ist, ferner D . V. G 1 a s s , der seit Mai 1949 dieser Universität angehört, und F. FI. M a r s h a 11, dessen Lehrstuhl genauer als Professur f ü r Social Institutions bezeichnet wird. b) V e r e i n i g t e S t a a t e n v o n A m e r i k a Je mehr England in den ersten vierzig J a h r e n dieses J a h r h u n d e r t s — wohl nur vorübergehend — in dem Kreise der Länder der Soziologieforschung zurückgetreten war,
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desto mehr sind die Vereinigten Staaten von Amerika zum (jedenfalls in quantitativer Hinsicht) fruchtbarsten Gebiete für unsere Wirtschaft geworden. Mit F a r i s 1 ) können wir dort das vorsoziologische Stadium, das bis etwa 1865 reicht, vom soziologischen sondern. Zunächst gab es nur Moralphilosophie. Meist unter Führung von Theologen wurde Ethik und Wohlfahrtspflege vorgetragen. In der Zeit des Bürgerkrieges tauchte „Social Science" auf, die aber wenig systematisch gestaltet wurde. Dann machte sich Spencers Einfluß geltend. Lester W a r d bemühte sich vergeblich, die Soziologie zur Königin der Wissenschaften zu machen. Erst mit Graham S u m n e r und Albion S m a 11 begann die Anbahnung einer empirischen Einzelwissenschaft vom gesellschaftlichen Zusammenhange. 1893 entstand in Chicago das erste Department of Sociology mit Small als Head. Franklin G i d d i n g s und Edward A. R o s s führten diesen Weg weiter fort. In T h o m a s ' und Z n a n i e c k i s „Polish Peasant" wird auch von Robert Faris der entscheidende Schritt zur Empirie gesehen. In den zwanziger Jahren vollzog sich die erste Blüte der Soziologie, getragen von P a r k s und B u r g e s s ' „Introduction to the Science of Sociology" (1921). Nunmehr wurden Objektivität, Empirie, aber auch Methodenstrenge Strebensziele. Ober den Case Studies wurden Verallgemeinerungen und Interpretationen keineswegs vernachlässigt. Heute ständen im Vordergrunde: Stadt-Ökologie, Rasse- und Kulturkonnexe, Sozialpsychologie und „Folk"-Soziologie, sowie Regionalismus. Nach O g b u r n s Buch von 1922 über „Social Change" habe sich das Interesse vor allem auch diesem Gegenstande, den sozialen Wandlungen, zugewendet; dabei fessele besonders der Einfluß des technischen Fortschritts und des „cultural lag" (des retard culturel, des Zurückbleibens der Kultur). Doch die von den Kriegen und der Arbeiterbewegung aufgeworfenen Probleme träten immer !) Vgl. hei G u r v i t c h - M o o r e s e i n e auch A n f ä n g e r n z u m Lesen e m p f o h l e n e S t u d i e ü b e r a m e r i k a n i s c h e S o z i o l o g i e auf S. 538 ff. o d e r (französisch) auf S. 546 ff. (Bd. II). 5
von Wiese.
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mehr hervor. Die Kollektivforschung nähme zu. Hinsichtlich der Methode, speziell der Quantifizierung, weist Faris auf Stuart C. D o d d s „Dimensions of Society" (1942) hin. Doch ich will auf einiges näher eingehen: In den Vereinigten Staaten entstand also im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts eine zunächst von Spencer abhängige Soziologie. Allmählich aber wurde sein Biologismus durch eine psychologisierende Richtung abgelöst, wobei freilich nicht übersehen werden darf, daß schon Spencer die Gesellschaftslehre nicht wie Comte unmittelbar auf der Biologie, sondern zunächst auf der Seelenlehre aufgebaut hatte. Aber die Soziopsychologie und Psychosoziologie, die sich in den Vereinigten Staaten mit Lester F. W a r d entfaltete, löste immer mehr das Band, durch das sie mit Spencer ursprünglich verbunden war. Die vergleichsweise sehr breite Entfaltung, die in den letzten 50 Jahren die Soziologie in Amerika gefunden hat, ist im Gegensatz zu England, wo die Soziologie außerhalb der Universität London — besonders an den alten, vorwiegend humanistisch gerichteten Hochschulen in O x f o r d und Cambridge — wenig akademische Pflege findet, den reich ausgestatteten Universitäten und Kollegien zuzuschreiben. Eine Hochschule nach der anderen ist dazu übergegangen, ein Department oder doch wenigstens eine Division in der Faculty of Arts and Sciences für Soziologie einzurichten. Wenn dabei auch der Begriff Soziologie, wie meist in Amerika, ganz weit gleich Sozialwissenschaft gefaßt wird, so gilt doch, daß die anderen Sozialwissenschaften und -kunstlehren von der im Mittelpunkte stehenden systematischen Soziologie abgeleitet werden, und daß die Soziologie nicht erscheint als ein Anhängsel an anderen Fächern, z. B. an der politischen Ökonomie, die in der Regel ihr eigenes Department besitzt. Die Soziologie ist in Amerika im Gegensatz zu Europa (und besonders zu England) in erster Linie ein akademisches Lehrfach; sie trägt deutlich die Züge des Unterrichtsgegenstandes, während sie sich in Europa in erheblichem Grade seit Comte außerhalb der
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Hochschulen entwickelt hat. Mit Recht weist S o r o k i n ') darauf hin, daß die amerikanische Literatur in starkem Maße aus Lehrbüchern besteht, während Europa zahlenmäßig arm an ihnen ist 2 ). Die Soziologie als Forschungsgegenstand und Unterrichtsfach entstand in Amerika alsbald nach dem Bürgerkrieg 3 ). Als Pioniere kommen zunächst in Frage Lester F. W a r d (1841—1913) und William Graham S u m n e r (1840—1910), der als einer der ersten vor siebzig Jahren seinen ersten Soziologie-Kursus in engstem Anschlüsse an Spencers Prinziples hielt. Sumner, der in den sechziger Jahren in Deutschland studiert hatte, war erst Theologe, dann Politiker und Historiker, schließlich ehe er zur Soziologie kam, Nationalökonom. Von Lester F. W a r d s (1841—1913) Schriften kommen f ü r uns vorwiegend sein älteres Werk „Dynamic Sociology" (1893) und seine beiden späteren Werke „Pure Sociology" (1903) und „Applied Sociology" (1908) in Betracht 4 ). Ward, der ursprünglich Botaniker war, ist wie Spencer Evolutionist, Monist und Determinist; aber er sucht über den Naturalismus des Engländers hinauszuschreiten, indem er zwar die Entwicklung des Denkens rein biologisch-entwicklungsgeschichtlich erklärt, aber der einmal entwickelten menschlichen Vernunft eine selbständige Wirksamkeit im gesellschaftlichen Leben zuschreibt. Mit dieser Heraushebung psychischer Faktoren als treibender K r ä f t e im Gesellschaftsleben bereitet er den für die amerikanische Soziologie so bezeichnenden Übergang von der biologischen zur !) In „Social Forces" Bd. VIII (Sept. 1929) in dem Aufsatze: Some Contrasts of Comtemporary European and American Sociology. 2 ) Vgl. audi George L u n d b e r g , Nels A n d e r s o n and Read B a i n : Trends in American Sociology, N e w York u. London 1929, Harper & Brothers. Wir benutzen in dieser Skizze u. a. audi den klaren Vortrag, den L. G i 11 i n als damaliger Präsident der American Sociological Society auf der 21. Jahresversammlung dieser Gesellschaft gehalten hat. Vgl. Publications of the Am. Soc. Soc. Band XXI, Chicago 1927, University of Chicago Press. 4 ) Die im Verlage J . Wagner, Innsbruck, erschienenen deutschen Uber Setzungen von J. V. Unger weisen wesentliche Mängel auf. 5'
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sozialpsychologischen Auffassung vor. Ihm war die menschliche Gesellschaft „a play of mental factors" (worin er eher an Comte als an Spencer erinnert). In der „reinen Soziologie" heißt es: „Meine These: Gegenstand der Soziologie sind die menschlichen Errungenschaften („Acquisitionen"). Es handelt sich nicht darum, was die Menschen sind, sondern was sie tun; nicht um die Struktur, sondern um die Funktion . . . . Die Soziologie beschäftigt sich mit sozialen Tätigkeiten. Sie ist das Studium von H a n d lungen . . . Sie ist nicht eine beschreibende Wissenschaft im Sinne der Naturforscher." Um gleich an diesen Sätzen Übereinstimmung und Gegensatz zur Beziehungslehre zu zeigen: Die menschlichen Errungenschaften, also die sachlichen Leistungen, sind uns Objekte der Kulturphilosophie oder besonderer Einzelwissenschaften, nicht der Soziologie. Es handelt sich gerade darum, was die Menschen (im Verhältnis zueinander) sind. Freilich begreifen auch wir dieses Sein der Menschen aus ihren Handlungen und diese wieder teilweise aus den Funktionen. Schon Spencer und Schäffle, Wards Zeitgenossen, haben gezeigt, daß man die Funktion nur aus der Struktur und die Änderungen der Struktur wieder aus der Funktion erklären muß, jedoch nicht eines von beiden aus einem System ausschließen sollte. Der Gegensatz von „reiner" und „angewandter" Soziologie besteht bei "Ward darin, daß jene die vom zweckbewußten Einwirken der Menschen unbeeinflußte Entwicklung der Gesellschaft schildere, diese aber die künstlichen „telischen" Beeinflussungen der sozialen Entwicklung durch menschliches Handeln zum Gegenstand habe. Dieser Botaniker und Philosoph wollte offenbar dem Wesen der Kultur als der Summe der organisierten menschlichen Betätigungen mit H i l f e einer naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise näherkommen. Zur Kritik wird man sagen müssen: Auch hier zeigt sich der Naturforscher der Bewältigung der Aufgaben, die ihm die wissenschaftliche Beherrschung der sozialen Tatsachen stellt, deshalb nicht gewachsen, weil er zu viel erreichen
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will. Audi W a r d fehlen historischer Sinn und historische Kenntnisse. Statt dessen sind seine Werke mit naturwissenschaftlichen Spekulationen und Analogien überladen. Was bleibt für die realistisch-empirische Soziologie?: Wards Heraushebung der Motive als sozialer Kräfte. Er sucht zu zeigen, wie die menschlichen Triebe „alle an und für sich zerstörend wirken, wie aber ihre vereinte Betätigung bei gegenseitiger Hemmung darin besteht, daß sie sich im Zaume halten, ins Gleichgewicht bringen und Strukturen hervorbringen". Schließlich ist eine Mechanik des Trieblebens in der Gesellschaft zum Gegenstand seiner Soziologie geworden. Zu diesen zwei gesellen sich als Vorkämpfer Albion Woodbury S m a l l (1854—1926) und Charles Horton C o o l e y (1864—1929). S m a l l , der mehr als jeder andere amerikanische Soziologe auf der anderen Erdhälfte Verständnis und Kenntnis deutscher sozial wissenschaftlicher Arbeit gepflegt und verbreitet hat, studierte 1879 bis 1881 in Leipzig und Berlin. Besonders Schmoller und Wagner waren seine Lehrer; auch von Schaffle empfing er manche Anregung. Als 1892 die Universität Chicago gegründet wurde, wurde ihm der Posten eines Vorstehers des Department of Sociology übertragen, der ersten Fakultät der Erde, die f ü r unsere Wissenschaft geschaffen wurde. Im Jahre 1905 ist seine „General Sociology" erschienen, die den bemerkenswerten Untertitel trägt: „An exposition of the main development in sociological theory from Spencer to Ratzenhofer". Spencer, heißt es da, habe das Verdienst, den Bau der Gesellschaft geklärt zu haben; er betrachte sie als ein Ganzes, das aus zweckmäßig angeordneten Teilen bestehe, Schäffle habe die Funktion erläutert; nach ihm sei die Gesellschaft ein Ganzes, das aus Teilen bestehe, die zusammenwirken und dadurch Ergebnisse zeitigen. Ratzenhofer aber fasse die Gesellschaft als einen Prozeß des Ausgleichs in Konflikten zwischen Gruppen von Einzelmenschen auf. Der Begriff des Interesses, den Small für sehr instruktiv zur Erkenntnis des sozialen Lebens hält, trete mit Ratzenhofer in den Vordergrund; Small f a ß t ihn
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freilidi viel allgemeiner, als es Ratzenhofer getan hat. Mit dem Interessenbegriff verknüpft sich die Idee der Gruppe und vor allem — wenn auch nicht so klar und umgrenzt, wie wir heute den Begriff gebraudien — die des sozialen Prozesses. Die Gruppe ist f ü r Small das Gehäuse der organisierten Interessen und zugleich die Einheit des sozialen Prozesses. Sein letztes Werk (die zeitlich dazwischen liegenden müssen wir hier übergehen) „Origins of Sociology" vom Jahre 1924, ist tatsächlich in der Hauptsache eine Geschichte der Sozialwissenschaften, besonders der Nationalökonomie in Deutschland im 19. Jahrhundert. Gerade an diesem letzten, so umfangreiches Material verarbeitenden Werke erkennt man, daß Barnes recht hat, wenn er sagt: „Kein anderer hat so viel getan, um die grundlegenden Werke der modernen deutschen Sozialwissenschaften den amerikanischen Lesern zugänglich zu machen". Kaum einer hat wirklich in einem solchen überreichen Maße, so möchte ich hinzufügen, seinen deutschen Lehrern durch die T a t gedankt, wie es Small getan hat. Indessen war Small kein Systematiker; er mühte sich viel um Methodologie und versündigte sich immer wieder gerade an ihr. Er ist mehr Sozialreformer und Sozialpolitiker als Soziologe gewesen. Für die Geschichte der enger gefaßten Soziologie kommt mehr als Small C. H . C o o 1 e y in Betracht, der lange Jahre hindurch die Soziologie an der Universität des Staates Michigan gelehrt hat. Seine drei Hauptwerke tragen die Titel: H u m a n N a t u r e and the Social Order (1902), Social Organization, a Study of the Larger Mind (1909) und Social Process (1918). Mit Recht hat man gesagt, daß ihn die häufig auf ihn angewandte Bezeichnung als Sozialpsychologe nicht ausreichend kennzeichne. Wenn auch sein Ausgangspunkt in der Seelenlehre lag, so suchte er doch gerade über eine einseitig individualpsychologische, aber nicht minder über eine lediglich die Institutionen und die äußere Struktur der Gesellschaft betrachtende Behandlung der Gesellschaftslehre hinauszukommen. Seine Hauptthese war, daß der Einzelmensch u n d die Gesellschaft zwei
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Seiten einer und derselben Erscheinung wären. Immer schaute er die Persönlichkeit im Zusammenhang mit der Gesellschaft und umgekehrt. In der Gebildelehre ist seine Unterscheidung von primären und sekundären Gruppen bemerkenswert. Familie, Nachbarschaft und Spielgruppen seien primär und die eigentlichen Erbauer des sozialen Zusammenhangs. Zu den jüngeren „Pionieren" gehört H e n r y G i d d i n g s (1855—1931) 1 ). Seine älteren Schriften bilden deutlich den Wendepunkt von der universalen zur strengeren und engeren Fassung der Soziologie. Konnten wir schon f ü r die bisherige deutsche Entwicklung das Schlagwort prägen: Von der Enzyklopädie zur Einzelwissenschaft, so gilt das im stärkeren Grade für die amerikanische Soziologie. Wie wenig ist von den großen universellen Ansprüchen SpencerWardscher H e r k u n f t übriggeblieben? Schon zehn Jahre nach dem Erscheinen der „Dynamic Sociology" Wards beginnt auch dort die skeptische Erörterung der Methodenfragen. 1896 erscheinen F. H . G i d d i n g s ' „Principies of Sociology" 2 ). Sehr richtig erklärte er damals, daß bis dahin Soziologie nichts weiter als eine Zusammenstellung sorgfältig ausgearbeiteter, verlockender Hypothesen gewesen wäre. Er ginge von dem Glauben aus, daß Soziologie eine psychologische Wissenschaft und daß die Beschreibung der Gesellschaft in biologischen Ausdrucksformen ein Fehler wäre; er bemühte sich, die Aufmerksamkeit besonders auf die psychische Seite der sozialen Erscheinungen zu lenken. Teilweise erschien ihm Adam Smith als Vorbild, der in seiner „Theorie der moralischen Gefühle" jene Seelenkräfte zu erfassen strebte, die den Zusammenhang von Menschen herbeiführten. Für Giddings handelte es sich aber dabei nicht um Sympathie allein, sondern um das, was er consciousness of kind (Artbewußtsein) nannte. !) Hauptwerke von Giddings: The Principies of Sociology (1896: 3. Aufl.); Elements of Sociology (1900); Inductive Sociology (1901)¡ Studies in the Theory of Human Society (1922) ¡ The Scientific Study of Human Society (1924). 2 ) Bald nach dem ersten Erscheinen oft neu aufgelegt. Nach der 12. Auflage ist die deutsche Ubersetzung von Paul Seliger (Leipzig 1921, philos. soziol. Bücherei in Bd. 26) erschienen.
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Fraglich bleibt nur, ob nicht die Lehre von diesem elementar und geschlossen gedachten „Artbewußtsein" selbst wieder bloß eine „verlockende Hypothese" ist. So sorgfältig der frühere Professor an der Columbia-Universität seinen Grundbegriff von ähnlichen, scheinbar mit ihm identischen Prinzipien sondert, so sehr wird der Soziologe mit mißtrauischen Zweifeln dieses psychische Element wieder in soziale Beeinflussungen der Menschen aufzulösen versuchen müssen. Seitdem erkannte man immer deutlicher, daß die amerikanische Wissenschaft die Formen von Gruppen und die sich an ihnen vollziehenden Vorgänge behandelt 1 ). Allmählich wird aber der Begriff „soziale Formen" durch den fruchtbareren der „sozialen Prozesse" ersetzt, wie es schon Cooley und Small getan hatten. In den zwanziger Jahren zerlegt sich das Gesamtfeld der Soziologie stark nach den Zusammenhängen mit den anderen Wissenschaften, von denen die einzelnen Forscher ausgegangen waren. D a sind neben den Psychologen die Geographen, Biologen, Anthropologen, Pathologen und Philosophen. Daraus ist jedoch kein Chaos, sondern eine größere Mannigfaltigkeit der Gesichtspunkte entstanden. Doch wurde immer mehr klar, daß die Soziologie ihre eigene Methode ausbilden müsse. Die nächste Aufgabe bestand, wie G i 11 i n 1927 darlegte, in rechter Beschreibung des zu Beobachtenden. Die Verallgemeinerung müsse später erfolgen, womit nicht gesagt sein solle, daß einleuchtende Hypothesen zur Erklärung der Erscheinungen heute auszuschließen seien. In der amerikanischen Sozialpsychologie speziell beständen vier Richtungen: 1. die „social mind theory" (Giddings, Ross, Ellwood); 2. die Theorie von den sozialen Instinkten (McDougall); 3. die Lehre von der sozialen Haltung und der sozialen Gewöhnung (Thomas und Dewey); 4. die Lehre von der Personalität (personality und society theory). ') In Emory S. Bogardus' .Introduction to Sociology" (erste Aufl. 1913. 4. Aufl. 1925) (Los Angeles, J e s s e Ray Miller) werden z. B. Gruppenverhältnisse in 21 Kapiteln behandelt.
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In den letzten, an Kleinarbeit fruchtbaren beiden Jahrzehnten hat sich allerdings das Bild wohl schon wieder verschoben. Die Lehre von den Instinkten als H a u p t urhebern sozialer Erscheinungen verlor an Bedeutung. Edward Aisworth R o s s hat in der zweiten Auflage (1930) seiner „Principles of Sociology" die Instinktspsychologie, die in der ersten Auflage von 1920 einen erheblichen Raum einnahm, ganz gestrichen. Wie in Deutschland gegenwärtig ein unverkennbarer Gegensatz zwischen der Auffassung der Soziologie als systematischer Wissenchaft und als „Kultursoziologie" besteht, so ist auch in Amerika Streit über den Begriff der Kultur innerhalb der Gesellschaftslehre; besonders die „Kulturanthropologen" (Lowie, Kroeber, Wißler, Goldenweiser u. a.) üben von der Völkerkunde her ihren Einfluß aus und bevorzugen die Analyse von Kulturen. Ihnen stellen sich die Sozialpsychologen entgegen. Auch der Streit über die „Wertfreiheit" in der Forschung, der in Max Webers letzten Lebensjahren in Deutschland herrschte, findet seine Parallele in Amerika. Ethische und sozialreformatorische Forderungen durch soziologische Lehren zu stützen, suchte vor allem Charles A. E 11 w o o d (1873—1948), dessen „Sociology in its psychological aspects" und dessen „Psychology of H u m a n Society" hier genannt werden müssen. Andere Autoren widersetzen sich jeder unmittelbaren Verbindung mit praktischen sozialen Bewegungen. So betonte F. O g b u r n in seiner Präsidentenansprache auf der 24. Jahresversammlung der American Sociological Society: „Die Soziologie ist als Wissenschaft nicht an der Verbesserung der Welt, an der Ermutigung von Glaubensbekenntnissen, an der Verbreitung von Informationen und Neuigkeiten, an der Bekundung von Eindrücken des Lebens, an der Führung der Menge oder an der Leitung des Staatsschiffes interessiert. Die Wissenschaft ist unmittelbar nur auf ein Ding, auf das Wissen, also auf die Entdeckung neuer Erkenntnisse gerichtet." Gerade weil in Europa immer wieder behauptet wird, die Wissenschaft werde in Amerika lediglich als ein unmittelbares Hilfsmittel der Praxis betrachtet und
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geschätzt, mag diese auch sonst in Amerika durchaus nicht seltene Tendenz zur Theorie um der Theorie willen erwähnt werden. Dem widerspricht nicht, daß die Pflege der angewandten oder speziellen Soziologie sehr ausgedehnt ist. Neue Zweige wie die sehr beliebte Rural Sociology (Soziologie des Landlebens) mit ihrer umfangreichen Literatur, die pädagogische Soziologie, die Religionssoziologie u. a. nehmen großen Raum ein. Mit Recht wird ferner das, was man „Social Research" nennt und was etwa unserem Begriffe Soziographie entspricht, in den Vordergrund gestellt. Auf die Methoden der Beobachtung hat das große Werk von W . J. T h o m a s und F. Z n a n i e c k i : „The Polish Peasant in Europe and America" starken Einfluß ausgeübt. T h o m a s (1863—1947) gehörte selbst zu den einflußreichen Vorkämpfern der Soziologie in Amerika. Er hob auch die Bedeutung der Sexualforschung hervor und untersuchte die Probleme des Standortwechsels; gerade diese Fragen der „Mobility" sind seitdem viel behandelt worden. Robert P a r k und P. S o r o k i n haben (teilweise mit ihren Schülern) hier und in den benachbarten Fragen (Negerfragen, Verstädterung usw.) Bestes gegeben. Unter dem Einfluß von P a r k s „Principles of H u m a n Behavoir" ist das Studium des „Verhaltens" der Menschen — besonders bei jüngeren Gelehrten — üblich geworden. Hierbei handelt es sich nicht um bloße Übernahme des zu eng gefaßten Behaviorismus von der hierfür in Frage kommenden Richtung der Physiologie und Psychologie; die soziologische Lehre vom Verhalten der Menschen beschränkt sich keineswegs auf ein Studium der physischen Reaktionserscheinungen von Lebewesen auf äußere Reize, wenn sie von „behavior" spricht. Im ganzen: Man ist längst abgekommen von den phan tastischen Bemühungen, alles und jedes zu erklären; man will um so exakter bestimmt umgrenzte Erfahrungskomplexe studieren. So sehr diese zunehmende Begrenzung der Aufgabe ein wissenschaftlicher Fortschritt ist, so wenig läßt sich ver-
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kennen, daß die im einzelnen sehr fruchtbare amerikanische Soziologie gegenwärtig wie in Deutschland eine gewisse Zersplitterung aufweist und daß es ihr an systematisierter Einheit gebricht. Ihr großer Vorzug bleibt die Lebensnähe, Frische der Anschauung und die beständige Ausnutzung der Beobachtungen des praktischen Gegenwartslebens für die Zwecke der Wissenschaft. Der gegenwärtige Entwicklungsstand läßt sich, soweit das in kurzen Worten überhaupt möglidi ist, etwa in folgenden Sätzen skizzieren: Von den heute noch stark nachwirkenden Pionieren Robert E. P a r k , W . L. T h o m a s , C. H . C o o l e y und Edward A. R o s s lebt heute keiner mehr. Ross' erstes größeres Werk von 1901 ist „Social Control" betitelt. Seitdem ist dieser Begriff Ausgangspunkt mannigfacher Erfassungen der K r ä f t e des sozialen Lebens geworden. Bis in die letzten Jahre hinein dehnte sich Ross' Forschung über weite Gebiete der eigentlichen Soziologie. Seine bereits erwähnten „Principles" gaben auch unsrer Beziehungslehre manche Anregung. Eine andere im amerikanischen Schrifttum immer häufiger gewordene Kategorie, die bei ihm, wie bei O g b u r n , breiten Raum einnimmt, ist die des social change (im Sinne von Wandlungen in den das gesellschaftliche Leben vorwiegend beeinflussenden Kräften). E. A. S h i 1 s *) teilt die Spezialgebiete der amerikanischen Soziologie, die vorwiegend bearbeitet werden, in folgende Gebiete: a) Soziologie der Stadt, b) der gesellschaftlichen Schichten, c) Bevölkerungsgruppen, d) Familie, e) Religion, f) öffentliche Meinung und g) kleine Gruppe. (Nicht hineingezogen hat er die nicht minder gepflegte Soziologie des Landlebens und die Demographie.) Zur Soziologie der Großstadt ist immer mehr die Erforschung der Kleinstadt getreten. In den Vordergrund treten weiter die Studien über die Gesellschaftsklassen und die Rassen- (besonders die Neger-) Fragen. Vgl. Shils 1. c.
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Als heute vorherrschende Techniken werden von B u r g e s s genannt 1 ): I. die Statistik, II. die Methode der persönlichen Bekundung und des Studiums der Einzelfälle (case study), III. Typologie, IV. Soziometrik, V. die Befragung und das Interview. Über die seit J. L. M o r e n o s Buch: „ W h o shall survive?" von 1934 stark in Vordergrund getretene, in den letzten fünfzehn Jahren beständig von ihm und anderen vervollkommnete Methode der Soziometrik habe ich versucht, mich in der Kölner Zeitschrift f ü r Soziologie ( H e f t 1/1, S. 23 ff.) und in den darauf folgenden N u m mern eingehender zu äußern. Ich muß hier darauf verweisen und auch auf das, was G e i g e r unter der Überschrift „Über Soziometrik und ihre Grenzen" ( H e f t 1/3, S. 40 ff.) schreibt. Seine wie meine Untersuchungen kommen zu folgenden, von Geiger, wie folgt, zusammengefaßten Ergebnissen über quantifizierende Verfahren, zu denen die Soziometrik gehört: „1. Das objektive Gerippe der Gesellschaft kann restlos auf gemessene, quantitative Begriffe reduziert und durch sie beschrieben werden. Selbst innerhalb dieses Feldes sind zahlreiche Aufgaben, ja die meisten, noch ungelöst. 2. Was die subjektiven Faktoren des sozialen Lebens angeht, so wird die Introspektion vielleicht niemals ganz entbehrlich werden. Nichtsdestoweniger ist es von größter Wichtigkeit, quantifizierende Methoden zur Erfassung dieser subjektive Bestandteile zu entwickeln. Jeder, wenn auch noch so bescheidene Versuch in dieser Richtung trägt dazu bei, die Soziologie zu einer strengen Wissenschaft zu machen und verdient daher Anerkennung und Ermunterung. 3. Solange das Ziel völliger Exaktheit unerreichbar bleibt, wird man introspektive Methoden ergänzend und interimistisch anwenden müssen. Methodologische Prinzipienreiterei führt zu nichts. 3) Vgl. Burgess in Gurvitdi-Moore, S. 20 ff. (englisdie Ausgabe).
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4. Um aber die Reinheit der Linien zu wahren und die nötige Kontrolle zu behalten, empfehle ich, daß man in der Darstellung die streng empirischen Ergebnisse quantifizierender Untersuchung einerseits und die auf introspektivem Wege vorgenommenen Deutungen andererseits streng voneinander getrennt halte." Aus der großen Zahl der heute in Amerika wirkenden Soziologen können wir zum Schlüsse dieses Kapitels nur einige wenige noch nennen. Darüber hinaus noch andere Namen aufzuzählen, würde den Anfänger nur verwirren. Doch greifen wir diejenigen heraus, deren Auffassung unserer Wissenschaft in mancherlei Betracht Verwandtschaft mit der Beziehungslehre aufweist. Freilich können nur kurze Hinweise gegeben werden; von einer ausreichenden Würdigung muß hier abgesehen werden. Pitirim A. S o r o k i n (geb. 1889 in Rußland) ist Professor an der Harvard-Universität und gehört dort dem Department of Social Relations an 1 ). Von seinen zahlreichen Büchern sei hier nur sein systematisches H a u p t werk: „Society, Culture, and Personality, their Structure and Dynamics" 2 ) genannt. Das Kulturelle, Soziale und Persönliche erscheinen ihm als eine unteilbare Einheit dreier Schauweisen, von denen aber jede ihre besonderen Merkmale besitze. Auch er betrachtet wie wir die Wechselbeziehungen unter den Menschen (die human interactions) als den Gegenstand der Soziologie, wobei er die sinnvollen Interaktionen (die meanings, values und norms) besonders hervorhebt. Damit stellt er sich in ihm bewußten Gegensatz zu einer naturwissenschaftlichen Erfassung der Tatachen des zwischenmenschlichen Lebens; es handele sich um die superorganische, sinnvolle Daseinsweise. Deutlich scheidet er die physikalisch-biologische von der anthropologisch-soziologischen Optik. Sein Werk weist sechs Hauptteile auf: 1. Struktur-Soziologie, 2. speziell: Struktur des sozialen Universums, 3. soziale Differenzierung Vgl. L. v. W i e s e : „Pitirim A. Sorokin" in der Kölner Zeitschrift für Soziologie 1/2, S. 105 ff. 2 ) New York und London 1947, Harper.
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und Schichtenbildung, 4. Strukturen der kulturellen und persönlichen Erscheinungsformen des überorganischen Alls, 5. Dynamik der wiederkehrenden sozialen Prozesse, 6. Dynamik der Kulturprozesse. Charakteristisch f ü r seine Denkweise ist die starke Betonung der wertenden Erfassung des gesellschaftlichen Lebens. Sie hängt mit der in seiner Persönlichkeit tief begründeten Neigung zusammen, Ethik und Soziologie eng zu verbinden. Doch ist zugleich sein Streben, die tatsächlichen Seinszusammenhänge des Menschenlebens systematisch und geordnet zu erfassen, unverkennbar. Sein Werk ist — ich möchte sagen — echte Soziologie. Mag man in diesem oder jenem Punkte von ihm abweichen, so bedeutet doch sein überaus fruchtbares Schaffen einen großen Fortschritt in der wissenschaftlichen Entwicklung, da es der Soziologie eine theoretische, auf das Wesentliche gerichtete Grundlage gibt. Es sind nicht bloß Teilgebiete und Lebensausschnitte, die von ihm behandelt werden, sondern allgemeine Grundtypen und Grundzusaminenhänge. Auch teile ich mit ihm die Überzeugung, daß zwischen Soziologie und Ethik ein enger Zusammenhang besteht; nur scheint mir ein anderer "Weg der Verbindung notwendig: die Soziologie als solche sollte sittliche Werturteile vermeiden und sie der Ethik überlassen, die von jener getrennt, aber auf ihr fußend und ihre Ergebnisse nutzend zu behandeln ist. Ferner sollte eine völlige Lösung von der Biologie, also eine Ignorierung ihrer Resultate nicht angestrebt werden. D a Sorokins Werke, nicht am wenigsten das hier herangezogene theoretische Hauptwerk, sehr klar und geordnet ohne künstliche Verdunklungen geschrieben sind, eignen sie sich auch f ü r das Studium von Anfängern. Gegenwärtig hat sich S o r o k i n in zahlreichen, sehr eindringlich geschriebenen Werken mehr der sozialen Ethik u n d einer wertenden Geschichtsphilosophie zugewandt. Er steht unter dem erschütternden Eindrucke der großen politischen Ereignisse und ihrer Einflüsse auf den Zusammenhang unter den Menschen. Er sieht eine Rettung in der
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Festigung der Nächstenliebe. Das kommt besonders (aber nicht nur hier) in dem von ihm herausgegebenen Sammelwerke: „Explorations in Altruistic Love and Behavior" (Boston 1950) zum Ausdrucke. In diesem Sinne hat er auch in Cambridge, Mass., das H a r v a r d Research Center in Altruistic Integration and Creativity gegründet. D a r über schreibt Harriet H o f f m a n n in der Kölner Zeitschrift f ü r Soziologie (Bd. IV, S. 104): „Mit solchen Veröffentlichungen strebt das H a r v a r d Research Center in Altruistic Integration and Creativity danach, der Menschheit einen glücklicheren Weg f ü r ihre Z u k u n f t zu weisen. Sorokin ist davon überzeugt, daß ein reicheres Wissen um den einzelnen Menschen, um Menschengruppen, soziale Institutionen und Kultur dazu führen müsse, den Egoismus von Einzelwesen und Kollektiven zu vermindern. Aufgabe des von ihm geleiteten Instituts sei darum, die Haupteigenschaften und -funktionen der altruistischen Liebe aufzuspüren und vor allem die geeigneten Mittel und Wege für die Altruistisierung der Menschen und Menschengruppen und die Ausbreitung dieser Altruistisierung zu finden." H o w a r d B e c k e r (Universität des Staates Wisconsin) steht unserem, im ersten Kapitel gekennzeichneten Streben besonders nahe, nicht nur, weil er in den zwanziger Jahren in Köln studiert hat, sondern auch, weil er die amerikanische Ausgabe meiner „Allgemeinen Soziologie" in englischer Sprache veranlaßt, die Übertragung geleitet und das Buch durch Zusätze ergänzt hat 1 ). Als Theoretiker und Systematiker rechnet sich Becker zu den Analytikern. Sie seien die „Grammatiker der Sozialwissenschaften". Zu *) Diese englische Ausgabe ist unter dem Titel „Systematik Sociology. On the Basis of the Beziehungslehre und Gebildelehre*. A d a p t e d and amplified by Howard Becker (New York 1932, J o h n Wiley & Sons) erschienen. Wohl der Zusatz . a d a p t e d and amplified" hat dazu geführt, daß H. Becker bisweilen als .author" oder Mitverfasser des Buches bezeichnet worden ist. Das ist mißverständlich. Die alleinige Verantwortung für den Inhalt des deutschen Originals trage ich. Niemand hat bei seiner Abfassung mitgewirkt. Bei der Ubersetzung ins Englische schien es aber H. Becker verständlicherweise wünschenswert, es für den Unterriditsgebrauch in den englisch sprechenden Ländern dadurch ausgiebiger zu gestalten, daß in ihm Ausführungen anderer Autoren (z. B. Max Webers) zum selben Gegenstand mit aufgenommen wurden. Das hat nur den Nachteil mit sich gebracht, daß die systematische Geschlos-
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den Synthetikern alten Stils zählt er Ross, Ellwood, Sorokin und Thomas; zu den Analytikern u. a. Maclver, Park und Burgess, Abel, House, Wirth, Blumer, Parsons und sich selbst. (Es mag dahingestellt bleiben, ob die so bezeichnete Unterscheidung klar und zutreffend ist.) Jedenfalls gehört Becker einmal zu den fruchtbarsten Historikern der Ideengeschichte; dann aber ist er als Systematiker ein phantasiebegabter, zugleich für die Kulturentwicklung und das Geflecht des modernen sozialen Lebens aufgeschlossener Forscher, der seinen Schriften eine völlig eigenartige, künstlerische Form zu geben vermag. Das zeigen u. a. seine Studie über Ehe und Familie, seine tief eindringende Analyse der deutschen Jugendbewegung und seine Einführung „Man in Society", die, vom Anschaulichen und Populären ausgehend, mit didaktischer Meisterschaft in abstrakte Zusammenhänge hinüberleitet 1 ). In den letzten Jahren betont Howard Becker in seinen Schriften, wie u. a. sein Werk: „Through Values to Social Interpretations" zeigt, die Bedeutung der Werte im sozialen Leben. Es geschieht im Verein mit Robert R e d f i e 1 d , Talcott P a r s o n s , P. A. S o r o k i n , R. C. A n g e l l , Ralph L i n t o n , Ruth B e n e d i c t u. a. Diese Autoren suchen den in den zwanziger und dreißiger Jahren im Vordergrund stehenden Behaviorismus, wie ihn besonders G. A. L u n d b e r g und S. C. D o d d verraten, entgegenzutreten 2 ). R. M. M a c l v e r , der Herkunft nach Schotte, jetzt im Department of Political Science der Columbia-Universität in New York, verbindet in vieler Hinsicht die spezifisdi senheit, um die idi midi besonders bemüht hatte, beeinträchtigt worden ist. So dankbar idi für die ausgezeichnete Ubersetzung war, so machte mir doch die Beobachtung Sorge, daß die nicht immer in der Terminologie und Gedankenführung dazu passenden Darlegungen anderer Autoren eingeflochten sind, ohne daß durch eine andere Druckform der fremde Bestandteil gekennzeichnet ist. 1) W ä h r e n d des Drucks des obigen Textes ist von Howard B e c k e r ein neues Werk in einer Ubersetzung von Helmut V i e b r o c k erschienen: „Soziologie als Wissenschaft vom sozialen Handeln" (Würzburg 1959, Holzner). Es hebt besonders nachdrücklich die Bedeutung des W e r t e s hervor, gipfelnd in der These: .Menschliche Wirklichkeit ist Wertwirklichkeit." 2 ) Howard Becker ist 1966 gestorben.
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amerikanische Schauweise mit der in Europa üblichen Optik; ihn verknüpft manches mit der Tradition H o b houses, aber auch mit der verstehenden Soziologie Max Webers, dessen Betonung der Wertfreiheit er sich zu eigen gemacht hat. Von seinen zahlreichen Werken soll hier die Aufmerksamkeit auf eines seiner neuen Bücher „Social Causation" (Boston etc. 1942) gelenkt werden. In ihm ist besonders eine Untersuchung über „group assessments" (kollektive Wertungen) hervorzuheben. Maclver gehört neben Parsons, Lundberg, Ogburn, Becker, Sorokin u. a. zu den Soziologen, die das Vorurteil, die amerikanische Gesellschaftslehre sei theorielos, entkräften. Auf die zahlreichen Autoren, die die Soziographie, die „Case Studies", die Beobachtungsmethoden und die Spezialzweige pflegen, einzugehen, muß ich mir versagen. Jedoch wäre es, wie gesagt, falsch, die heutigen Bemühungen um die theoretischen Grundlagen in Amerika über der massenhaften „Research"-Arbeit zu übersehen. Allerdings wird die moderne Theorie vielfach angeschuldigt, keine genügende Verbindung mit der empirischen Forschung zu besitzen. So hat Robert B 1 u m e r auf der Jahresversammlung der American Sociological Society im August 1953 in einem Vortrag: „ W h a t is wrong with Social Theory?" darüber lebhafte Klage geführt. Er hat aber auch betont, daß die Anhäufung von Erfahrungstatsachen in der empirischen Forschung ohne die Führung und Ordnung, die nur durch klare Begriffe — also durch Theorie — erfolgen kann, nicht möglich ist. Im Vordergrunde der Arbeit an der Theorie steht neben den eben Genannten der bereits dabei erwähnte Talcott P a r s o n s . Er sucht nach einer gemeinsamen Basis für einen einheitlichen Gedankenbau der gesamten Soziologie. Er will ihn in einer recht verwickelten und des Widerspruchs nicht entbehrenden Gebildelehre geben, die ihr Fundament — das muß mir als der Hauptfehler erscheinen — nicht in einer Lehre von den sozialen Prozessen hat. Er findet infolgedessen nicht die Brücke vom persönlich-individuellen Dasein zum Bereiche der Kollektivkräfte. Schon seine Be6 ' von Wiese, Soziologie
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griffe von Sozialsystem, Handlung und Struktur sind recht unklar. Noch am verständlichsten ist mir seine Theorie von den Kultursystemen, von denen er mit Recht sagt, daß sie anders organisiert seien als Sozialsysteme. Es gebe drei Arten von „culture patterns" (Kulturmustern): a) Systeme des Glaubens und Denkens, b) Systeme von expressiven Symbolen, z. B. Kunstformen und Stile, schließlich c) Systeme von Wertorientierungen. (Ich führe diese Dreiteilung an, um zu zeigen, daß auch hierbei Unklarheiten bestehen: Sind denn Glaubenssysteme keine Wertorientierungen und bedienen sie sich nicht der Symbole?) — Im einzelnen entbehren manche Darlegungen Parsons' nicht eines anregenden Gehalts, so sein Beitrag zur Theorie von den sozialen Rollen und von der Institutionalisierung des Rollenmechanismus. Insgesamt: 1. Noch vor wenigen Jahren konnte man an der amerikanischen Soziologie die Neigung feststellen, von der Spekulation zur empirischen Forschung und in ihr zur Quantifizierung überzugehen. Aber die Betonung der Bewertungen bei manchen Autoren stellt eine Gegentendenz dar. 2. Die Verbindung zu den erfahrungswissenschaftlich arbeitenden Unterdisziplinen der Nadibarwissenschaften, besonders zur Anthropologie und Philosophie wird enger. Merkwürdig ist dabei das Verhältnis zur europäischen Wissenschaft. An die Stelle des noch im ersten Jahrzehnt dieses Säkulums bestehenden Abhängigkeitsgefühls ist ein starkes nationales Selbstbewußtsein getreten. Europa erscheint als der empfangende Teil, der in der T a t in Deutschland, Skandinavien, England — sehr viel weniger in Frankreich — die neuen Forschungsmethoden mit Hilfe von amerikanischem Gelde recht bereitwillig übernimmt und darüber die eigene Tradition vernachlässigt. Immerhin werden in den Vereinigten Staaten fast modemäßig einige europäische Autoren zeitweise durch Ubersetzungen und im akademischen Unterricht stark bevorzugt, aber nach einiger Zeit wieder vergessen. So bestand in den dreißiger Jahre geradezu ein Pareto-Fieber; dann kam
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Dürkheim, danach Max Weber und jetzt sogar der so unamerikanische Simmel an die Reihe. Überhaupt hat das unruhige Eiltempo, das unsere Zivilisation kennzeichnet, grade auch Forschung und Lehre der Soziologie in Amerika erfaßt. Vieles ist im Flusse; die Übersicht zu bewahren ist schwer. Ein Heer von akademischen Hilfskräften und Schriftstellern bescheideneren Ranges ist eifrig tätig; aber selbständige und genialere Denker haben es schwer, sich Geltung zu verschaffen. Kapitel
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Die Soziologie in Frankreich und einigen anderen Ländern nach Comtes Tode a) F r a n k r e i c h In Frankreich galt es in den letzten hundert Jahren vor allem, das Werk Comtes fortzuführen oder zu verändern. Unter den heute nicht mehr lebenden Autoren dieser Jahrzehnte stehen die Forscher im Vordergrunde, von denen zwei das Werk Comtes fortzusetzen unternahmen, während der dritte, Gabriel T a r d e , seine eigenen Wege gingGabriel T a r d e s (1843—1904) H a u p t w e r k ist „Les Lois de l'imitation", deren erste Auflage 1895 bei Alcan, Paris, erschien, nachdem die meisten Kapitel schon seit 1882 in der Revue philosophique publiziert worden waren. Die 7. Auflage stammt aus dem J a h r e 1921. Den H a u p t i n h a l t dieses Werkes wie seiner Schriften „L'opposition universelle" und „La Logique sociale" hat T a r d e in seinem Büchlein „Les Lois sociales" (Alcan 1898) zusammengefaßt. In deutscher Sprache ist diese Schrift in der philosoph.-soziol. Bücherei (Bd. 4, Leipzig) unter dem Titel „Die sozialen Gesetze" erschienen. Emile D ü r k h e i m (1858—1917) hat 12 Bände der Année Sociologique bei Alcan, Paris, herausgegeben. Aus seinen Schriften nennen wir „Les règles de la méthode sociologique" (Paris, Alcan, 1895, 7. Aufl. 1919). In der Vorrede zur 2. Auflage findet sich eine klare Übersicht seiner Lehre. Ferner „ D e la division du travail social" (ebendort 1893; 4. Aufl. 1912) und das (zur E i n f ü h r u n g in Dürkheims Theorie recht geeignete) 6-
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Büchlein: „Sociologie et Philosophie" (Alcan 1924). In ihm hat Professor Bougie ( v o n der Sorbonne) drei wichtige A u f sätze seines Lehrers gesammelt und mit einem V o r w o r t e versehen. René W o r m s ( 1 8 6 9 — 1 9 2 6 ) w a r der Herausgeber der Revue Internationale de Sociologie und der Generalsekretär des Institut International de Sociologie. V o n seiner älteren Schrift „Organisme et société (Girard Sc Co., Paris 1896) ist unten die Rede. Aus seinen zahlreichen anderen Veröffentlichungen nennen wir das Büchlein „La Sociologie, sa nature, son contenu, ses attaches" (Paris, Girard 1921). D i e drei kleinen Schriften: Tarde: Les Lois Sociales, D u r k heim-Bouglé: Sociologie et Philosophie und Worms: La Sociologie, die man zu niedrigen Preisen im Buchhandel erhalten kann, sind geeignet, Anfängern das Studium der französischen Soziologie zu erleichtern.
Gabriel T a r d e , Emile D u r k h e i m und René W o r m s unterscheiden sich in ihrer Grundauffassung der Soziologie wesentlich; besonders T a r d e und Durkheim können als Antipoden gelten. T a r d e sucht als Gesellschaft die Summe der seelischen Einwirkungen von Einzelmenschen zusammenzufassen. Sein Hauptsatz lautet: „La Société c'est l'imitation"; die Nachahmung ist ihm die grundlegende Tatsache des zwischenmenschlichen Zusammenhangs. D u r k h e i m leitet nicht das Gesellschaftliche vom Individualpsychischen ab; vielmehr ist ihm wie Comte das Seelenleben der Menschen eine Ausdrucksform der überpersönlichen Gesellschaft; ja, er sucht so sehr den Primat und die Selbständigkeit des Sozialen hervorzukehren, daß er geradezu fordert, die sozialen Tatsachen als außerhalb des Einzelmenschen stehende Realitäten zu untersuchen. Die Haupttatsache im sozialen Leben ist ihm der Zwang, den die Gesellschaft auf den Menschen ausübt. („Est social le fait, qui est accompli sous la pression de la société.") Kann man T a r d e als Individualisten, Durkheim als Unversalisten bezeichnen, so nimmt W o r m s in Überwindung dieser falschen und künstlich geschaffenen Gegensätze den (unseres Erachtens einzig gerechtfertigten) vermittelnden Standpunkt ein; nach ihm ist „das Soziale aus
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individuellen Elementen gemacht und das Individuelle von sozialen Elementen erfüllt." Die Gesellschaft bestehe nicht neben den Einzelmenschen, sondern existiere als Organisation der Menschen. Die Fundamentaltatsache des Sozialen ist bei ihm die geistige Begegnung der Wesen. („La rencontre mentale des êtres, voilà pour nous le fait social originaire.") Für T a r d e ist vor allem der Gedanke charakteristisch, daß soziale Tatsachen seelische Erscheinungen sind. Damit schwindet bei ihm der Unterschied von Soziologie und Sozialpsychologie. Indessen bedarf dieser Satz sogleich einer näheren Erklärung, damit er nicht mißverstanden wird. Für Tarde gibt es nur Einzelmenschen, zwischen denen seelische Beziehungen bestehen. Er verwirft alle kollektivistischen Lehren, die den Gruppen als solchen ein besonderes psychisches Leben zusprechen. Mit Recht sagt Sorokin von ihm, daß er durchaus Nominalist sei. Gerade die engere Beziehungslehre (weniger die Gebildelehre) kann aus Tardes glänzend geschriebenen Werken wertvolle Hilfe für ihre Forschungen entnehmen. Aber dreierlei wird sie ablehnen müssen: So wichtig die Rolle der Nachahmung im sozialen Leben ist 1 ), so wird man Tarde nicht folgen können, wenn er in ihr das soziale Elementarphänomen sieht. Ferner hat Tarde mit seinen hauptsächlich intuitiv erfaßten Erkenntnissen geschichtsund kulturphilosophische Spekulationen verknüpft, die der Nachprüfung und Einschränkung bedürfen. Schließlich sind soziale Tatsachen keineswegs nur seelische Erscheinungen. Vielmehr haben wir schon im ersten Kapitel dieses Büchleins angedeutet, daß begrifflich die soziale Sphäre von der seelischen geschieden werden muß. D ü r k h e i m ist seit Comte der einflußreichste Soziologe Frankreichs gewesen, dessen Lehren (nicht ohne erhebliche Einschränkungen) heute am stärksten fortleben. Es J) Daß dabei Tarde mit Imitation nur eine besondere Erscheinungsform der sehr zusammengesetzten Tatsache Nachahmung meinte, darüber vgl. v. W i e s e , Beziehungslehre, S. 170 ff.
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gibt auch in der jüngsten Gegenwart eine Durkheim-Schule. Seine Denkweise hat man richtig als Soziologismus bezeichnet. Anzuerkennen ist vor allem seine Grundauffassung, daß Soziologie eine reine Wissenschaft ohne Vermengung mit Philosophie oder Politik sein muß. Er tadelt an Comte, daß er allmählich vom Studium der sozialen Dynamik in die Politik und die Begründung einer Zukunftsreligion geraten sei. Er will dagegen Tatsachen und Beziehungen zwischen Tatsachen entdecken, nicht mehr. Er sagt sehr richtig, daß diese Tatsachen nur oberflächlich und ungenau bekannt sind, weil philosophische Ideen ihre Kenntnis verhüllen; methodische Beobachtungen seien notwendig. Wir wüßten nicht, was die Familie, der Staat, die Religion wären; aber es gebe Typen von ihnen, die wir beschreiben und vergleichen könnten. Stufenweise würden wir in die objektive Erkenntnis ihrer Wirklichkeit eindringen. Wie Spencer neigt auch Dürkheim besonders zum Studium der Einrichtungen der Naturvölker und verbindet eng Soziologie und Ethnologie. Dürkheim geht verhältnismäßig schnell (wie Max Weber in Deutschland) zum Studium der speziellen Soziologien (Religions-, Rechts-, Familien- und Sprachsoziologien) über; hier kann sich seine vergleichende Methode betätigen und bewähren. (Das von ihm begründete, periodische Sammelwerk, die Année Sociologique, dient diesen Aufgaben.) Eine positivistische Tendenz ist bei ihm unverkennbar. Bougie zeigt, daß es ihm vorwiegend auf Probleme der Moral angekommen sei. Damit ist in der T a t der Schlüssel zur Kammer seiner Einseitigkeiten gegeben. Dürkheim wollte den Mystizismus in der Ethik vermeiden und versuchte dies dadurch, daß er das Ethos zu einer rein sozialen Angelegenheit machte. Von R e n o u v i e r habe, sagt B o u g 1 é, D. die Lehre übernommen, daß das Ganze mehr enthalte als die Teile, von C o m t e , dessen Werk er fortzusetzen unternahm, hätte er, meint Bouglé, die
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Formel entnehmen können, d a ß man das Übergeordnete nicht durch das Untergeordnete erklären könne. Ihm ist die Gesellschaft die einzige Stätte des moralischen Lebens. Alle Imperative, die Dingen und Menschen ihren R a n g zuweisen, seien Äußerungen des Gemeinwillens. Teil und Ganzes sind aber gleichzeitig und gleichwertig; es gibt da keine Rangordnung. Das Ganze dient dem Teile ebenso wie der Teil dem Ganzen. Abzulehnen ist ferner, d a ß alle Moral, alle religiösen und ästhetischen N o r m e n nur als Äußerungen des Gemeinwillens anzusprechen seien. D e r Zusammenhang zwischen Gott u n d Einzelseele wird damit durchbrochen. Der Gemeinwille ist o f t unmoralischer als der Einzelwille; die G r u p p e steht häufig viel tiefer als der Mensch. Das gemeinschaftliche Leben zieht nicht selten herab. Aber die Lehre von den sozialen Zwängen, die im Mittelpunkte seiner allgemeinen Gesellschaftslehre steht, w i r k t weiter; einer seiner eifrigsten Schüler, G. L. D u p r a t (in Genf), hat sie ihrer Zuspitzungen entkleidet u n d f o r t g e f ü h r t . René W o r m s gehörte in jüngeren J a h r e n zu den O r ganzisten. Damals trieb er (besonders in seinem „Organisme et Société™, 1896) die Analogie zwischen Gesellschaft und Leib sehr weit. Es ist aber bemerkenswert, d a ß dieser Soziologe — darin S c h ä f f 1 e ähnlich — in seinen letzten Arbeiten zu einer Auffassung gelangt w a r , die er in den W o r t e n ausdrückte: „Studium, E r f a h r u n g u n d Nachdenken haben uns schließlich gelehrt, die Zustimmung, die wir den Prinzipien der organizistischen Lehre anfangs gegeben hatten, einzuschränken oder an ihre Stelle hinreichend deutliche Grundsätze zu stellen". N u n erklärte er, die Gesellschaft existiere als Organisation der Menschen. Es bleibe z w a r etwas Organisches am Gebäude der Gesellschaft. Die Gesellschaften würden nach A r t der Organismen geboren und handelten zunächst nach denselben Gesetzen wie sie. Sie schritten sodann in einer spezifisch menschlichen A r t voran, indem sie sich einem Ideale zuwandten, das vom Geist e r f a ß t sei; einem Ideale der Ge-
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rechtigkeit, des Friedens, der Freiheit, des Lichtes. Dadurch strebten sie danach, unter ihren Mitgliedern eine Gleichheit u n d eine vertragsmäßige Solidarität zu schaffen. Von der organischen W e l t schreite man so zur sozialen W e i t ohne Erschütterungen und Unterbrechung durch Vermittlung der geistigen W e l t fort. Sind nicht auch das schon mehr optimistische Glaubenssätze als systematisierte Beobachtungen? Wieviel G r u p p e n und abstrakte Kollektiva ließen sich nennen, die sich durchaus nicht einem Ideale der Gerechtigkeit, des Friedens, der Freiheit" zuwenden und keine Gleichheit unter ihren Gliedern schaffen? O b das geschieht, hängt durchaus von der Einflußstärke edler Einzelmenschen in den G r u p pen ab. W o r m s stellt sich uns also in seinen letzten Lebensjahren, w o er seines Meisters Organizismus überwunden hat, insofern als Nachfolger Comtes dar, als f ü r ihn die Soziologie keine Spezialwissenschaft ist. Z w a r will er anders als Dürkheim, f ü r den die Soziologie die beherrschende Zusammenfassung der sozialen Einzelwissenschaften w a r , der einzelnen Sozialwissenschaft nicht ihren selbständigen, unterscheidbaren C h a r a k t e r rauben; aber die Soziologie erscheint ihm doch als die Philosophie der Sozialdisziplinen. Er belastet sie dadurch mit Aufgaben, die ihr die klare Herausarbeitung einer eigenen, außerphilosophischen Aufgabe und deren Lösung erschweren. V o n den französischen Soziologen, die zwischen den beiden Weltkriegen hervortraten, nennen wir ihren damaligen Altmeister Gaston R i c h a r d (1860—1944) von der Universität Bordeaux, die früheren Hauptschriftsteller des ehemaligen Dürkheim-Kreises der Année Sociologique, vor allem Marcel M a u s s und Paul F a u c o n n e t in Paris, den an den politischen Problemen der D e m o k r a tie stgrk interessierten C . B o u g l é (geb. 1870, vor einigen J a h r e n in Paris gest.), den auch als Statistiker hervorragenden früher Straßburger, später Pariser Professor Maurice H a l b w a c h s , schließlich den früheren Gene-
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ralsekretär des Institut International de Sociologie Professor G. L. D u p r a t von der Universität in Genf. In dieser internationalen, früher mehr französischen wissenschaftlichen Gesellschaft, die im Jahre 1893 gegründet wurde, war bis zu seinem Tode René "Worms die treibende Kraft. Mit dem Überwiegen der Wormsschen Richtung hing auch zusammen, daß sich die Durkheimschule der französischen Soziologie vom Internationalen Institut in den ersten 30 Jahren ziemlich fernhielt. Worms' Amt eines Generalsekretärs übernahm zunächst Gaston Richard, dann Duprat. Dieser Wechsel minderte auch den früheren Gegensatz zwischen der Durkheimschule und der Richtung Worms'. Seit Beginn des zweiten Weltkrieges besteht dieses Genfer Institut nicht mehr. Unter dem Einflüsse des Italieners G i n i bekam das Institut International einen gänzlich anderen, unter politischen Gesichtspunkten vielfach angefochtenen Charakter. Es wurde, deutlich von ihm getrennt, unter den Auspizien der Unesco im September 1949 noch eine andere internationale soziologische Gesellschaft in Oslo gegründet, die im September 1959 ihren vierten „Welt"-Kongreß für Soziologie in Stresa veranstaltet hat. Die französische Soziologie kannte bisher in der H a u p t sache zwei Aufgabenkreise: einmal die ausgesprochen theoretische, ja spekulative Behandlung von methodologischen und erkenntniskritischen Grundfragen. Claude L é v i S t r a u ß sagt nicht mit Unrecht im Sammelwerke von Gurvitch-Moore: „Keine andere soziologische Schule hat je so viel Aufmerksamkeit der Problematik von Begriffsbestimmungen und der Unterscheidung von wissenschaftlichen und unwissenschaftlichen Fakten gewidmet wie die französische Schule" (wobei er wohl vorwiegend an die Durkheimschule denkt). Aber er spricht auch nicht minder richtig von der Kühnheit der theoretischen Vorwegnahmen und dem Mangel an konkreten Daten. Der zweite Aufgabenkreis bestand und besteht noch heute in der Ausnutzung der Ethnographie, Kolonialtätigkeit (so besonders
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bei René M a u n i e r) u n d der Geographie. Die „Années Sociologiques" sind angefüllt mit Material über nichteuropäische Völker und über archaische Kulturen. Hinter diesen zwei Themenkreisen ist die Soziographie des europäisch-amerikanischen Kreises, überhaupt die Beschreibung des modernen sozialen Lebens zurückgeblieben. Soziologie ist in Frankreidi teils ein Schauweise bei vielen anderen Wissenschaften, teils eine Methode; dagegen fehlt die klare Absonderung als Disziplin. Um so mehr ist es zu begrüßen, daß jetzt Georges G u r v i t c h (geb. 1894), der wie Sorokin russischer Emigrant ist und — wenn auch in ganz anderer Ausführung — die gleiche Aufgabe wie dieser in Amerika für Frankreich übernommen hat, diese Lücke ausfüllt. Gurvitch ist nicht nur Rechtssoziologe, sondern auch Systematiker der allgemeinen Soziologie. Seit er 1938 seine „Essais de Sociologie" schrieb, hat er in den hauptsächlich von ihm redigierten „Cahiers Interationaux de Sociologie" die Ergebnisse der Fortführung seiner Studien gegeben. Er legt Wert auf die Typen der Vergesellschaftung, sucht in bestimmter und veränderter Richtung die Wissenssoziologie weiter zu entwickeln und neben die amerikanische Soziometrik seine Mikrosoziologie zu stellen, die zur Klärung des Wirverhältnisses der Menschen beitragen soll. Es ist hier nicht möglich darauf einzugehen, worin ich glaube, Gurvitch widersprechen zu müssen. In Band I V und V der Kölner Zeitschrift f ü r Soziologie hat darüber ein Meinungswechsel zwischen uns stattgefunden. Statt einer Wiederholung meiner dort versuchten Kritik, die zum Teil eine Replik auf sein Urteil über die Beziehungslehre war, möchte ich nur die Überschriften hier kurz erläutern, unter denen Armand C u v i 11 i e r in seinem Manuel de Sociologie 1 ) Gurvitch' „Essais de Sociologie" 1 ) Auf diese zur Einführung sehr geeigneten zwei Bänddien, die auch eine ausführliche Bibliographie aufweisen, sei hier besonders hingewiesen. Idi habe sie (auch mit Replik) ausführlich besprochen in Kölner Zeitschrift für Soziologie, Bd. II (S. 434 ff.). Vgl. Armand Cuvillier, Manuel de Sociologie, 2 Bde., Paris 1950, Presses Universitaires de France.
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behandelt. (Den Essays ist inzwischen die von mir eingehender besprochene „Vocation actuelle de la Sociologie vers une Sociologie différentielle" [Paris 1950] gefolgt.) Gurvitch erstrebe, sagt Cuvillier, einen soziologischen Pluralismus, da das Soziale kein einheitliches Phänomen sei. Es gebe zwei Formen der Gesellung, die horizontale und vertikale, die zu sondern seien. Man müsse weiter trennen Mikro- und Makrosoziologie; jene habe sich mit den Formen der Gesellung, diese mit den sozialen Strukturen zu befassen. Man müsse (Punkt 3) spontane und organisierte Gesellung unterscheiden. Ferner seien viertens bei den auf gegenseitiger Durchdringung beruhenden Verbindungen Massen, Vereinigungen (communautés) und Gemeinschaften (communions), ferner passive und aktive Soziabilität zu unterscheiden. — Ich füge hinzu: sein System nennt er Tiefensoziologie, die nicht weniger als zehn „Niveaux en profondeur" aufweise, bei denen soziale Prozesse und soziale Gebilde verhängnisvoll von ihm vermengt werden. Es wäre reizvoll, die Entwicklung der Durkheimschule wiederzugeben 1 ). N u r ganz weniges zum Schlüsse: Dürkheims Soziologismus erreichte wohl in seinem Buche über die Selbstentleibung (Le Suicide) von 1897 seinen Höhepunkt. Seine danach einsetzende intensive Befassung mit den schriftlosen Völkern, der sachliche Gegensatz zu LévyBruhl, der dabei entstand, und der Widerspruch aus anderen Lagern, aber auch von seinen Schülern Gaston Richard und G. L. Duprat, mochten wohl zu einer Abschwädiung seines schroffen Universalismus in seinen letzten Lebensjahren beitragen. Besonders aber die Fortsetzer seiner Arbeit, vor allem Marcel Mauss und in stärkerem Maße 1 ) Uber die Franzosen Espinas (Des sociétés animales), Lévy-Bruhl (La morale et la science des moeurs), Le Bon, den Massenpsychologen, über Fouillée (La science sociale contemporaine) und den genialen J . M. Guyau (ins Deutsche übersetzte W e r k e ) : „Irréligion der Zukunft" (Leipzig 1910) ; „Die Kunst als soziologisches Phänomen" (Leipzig 1911) und „Erziehung und Vererbung" (Leipzig 1913), muß ich mir versagen zu berichten. Gegenwärtig wird in Deutschland Le Bon wieder viel gelesen. Vielleicht darf ich hierzu auf meine Stellungnahme zu seiner „Psychologie der Massen" im „System der Allg. Soziologie", 2. Aufl., S. 205 ff. verweisen.
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Maurice Halbwachs u n d C. Bougie, vermieden die Übersteigerungen seines Soziologismus. Auch Halbwachs schrieb über die „causes du suicide"; aber da er auch Statistiker und Soziograph w a r , erscheint seine Auffassung des sozialen Charakters der Selbsttötung erheblich gemilderter. Erst recht ist dies bei Bougies Darstellung des Problems der Fall; er schlägt eine Brücke zu der mehr das Persönliche in diesem Tatsachenkreise betonenden E r k l ä r u n g der Psychiater. Oberhaupt hat der heute vordringende Personalismus, den vor allem Jean V i a 1 und Edouard M o u n i e r bekunden, den dogmatischen Gegensatz von Individualismus und Universalismus überwunden. H a l b w a c h s , den H o w a r d Becker einen der hervorragendsten und produktivsten der Durkheimgruppe nennt, hat u. a. auch eine fesselnde Untersuchung über „Les Cadres Sociaux de la Memoire" (1925) geschrieben, in der er — hier noch ganz in Dürkheims Sinne — dartut, daß das Gedächtnis ein P r o d u k t des sozialen Lebens sei. M a n wird beim Rückblick auf die bisherige französische Entwicklung hervorheben müssen, d a ß es darauf ankommt, Comtes und Dürkheims Scharfblick f ü r die Besonderheit sozialer Zusammenhänge zu bewahren, aber manche ihrer Generalisationen zu vermeiden. Es wäre falsch, bei der Kritik an beiden so weit zu gehen, d a ß ihre Errungenschaften vernichtet würden, statt sie fruchtbar auszugestalten. Z u m Abschlüsse dieser Skizze der französischen Soziologie sei auf A r m a n d C u v i 11 i e r s Schrift: „ O ù va la Sociologie Française?" (Paris 1953, Rivière et Cie) hingewiesen. Sie f ü h r t die kritischen Betrachtungen seines „Manuel de Sociologie" fort. Er setzt sich darin mit dem ihm veraltet erscheinenden Soziologismus der D u r k h e i m Schule auseinander, der die junge Generation, die nach empirischen Gegenwartsforschungen verlange, nicht zu befriedigen vermöge. Jedenfalls lasse sich eine zwiefache T e n d e n z in Frankreich feststellen, eine Soziologie, die auf der T r a d i t i o n des Comteschen Positivismus beruhe,
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und die Neigung zur Induktion auf Grund konkreter Untersuchungen. In einem nicht ganz klaren Gegensatz zum französischen Positivismus wird in Kapitel I I I unter der seltsamen Überschrift „La Revanche de la Philosophie" die deutsche Entwicklung von Dilthey bis Sombart gestellt, an der vor allem die Nebelhaftigkeit der Theorie und der Phänomenologie vom Verstehen getadelt wird. Eingehend wird in Kapitel V unter dem Titel: „Une Sociologie Nouvelle" Georges Gurvitch', dessen Pluralismus ihm als „destructeur" der Soziologie erscheint, besprochen 1 ). Blick auf einige a n d e r e Länder Ich bin mir bewußt, daß sich auch ein kurzgefaßter Überblick über die heutige Soziologie in außerdeutschen Ländern nicht mit der Betrachtung der amerikanischen, britischen und französischen Wissenschaft begnügen dürfte, sondern besonders von Spanien, Griechenland, Skandinavien, Südamerika, Mexiko, aber auch von Indien und China berichten müßte. Überall läßt sich ein Aufleben der sozial wissenschaftlich en Forschung und Lehre beobachten. Es soll nicht etwa Geringschätzung dieser eifrigen Arbeit (z. B. in Spanien, Brasilien und Mexiko) bedeuten, wenn hier nichts Näheres darüber gesagt wird. Aber der Leser würde ein oder zwei kurze Sätze oder die bloße Aufführung von Namen als für ihn nichtssagend empfinden. Grade diese drei Länder, schließlich ganz Mittel- und Südamerika weisen eine sehr rege Tätigkeit in Forschung und Lehre auf. Die Zeitschriften und Bücher in spanischer Sprache haben sich in den letzten Jahren erheblich vermehrt 2 ). Jedoch von vier Ländern sei wenigstens etwas gesagt: von Italien, von unserem Nachbarlande Belgien, von Japan und der Schweiz, zumal da in dem Werke von Gurvitch und Moore: „La Sociologie an X X e Siècle" zwar Übersichten über Polen, die Tschechoslowakei, Rumänien und !) les 2 ) der
Gut orientiert audi die Schrift: „L'Enseignement des Sciences sociaen France" (Paris 1953, Publication Unesco). Vgl. über die lateinamerikanischen Länder H. M a u s , Geschidite Soziologie im Handbuch der Soziologie, S. 101 ff. {Stuttgart 1956).
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Jugoslawien enthalten sind, aber nichts über Belgien, H o l land und J a p a n . Zunächst über Italien. Ist doch einer der bedeutendsten Forscher, V i l f r e d o P a r e t o (1848—1923), Italiener gewesen 1 ). Es scheint uns nicht richtig, ihn, wie es S o r o k i n getan hat, zu der „mechanistischen" Schule zu rechnen. Pareto wollte die Soziologie von allen Subjektivismen befreien. Audi er übte wie D ü r k h e i m scharfe Kritik an der Sozialphilosophie. Statt einer D e d u k t i o n von einem willkürlichen Apriori wollte er Tatsachen und die bei ihnen bestehenden Gleichmäßigkeiten aufweisen. Insofern könnte man etwa seine Lehre als naturwissenschaftlich bezeichnen. I h n fesselte nicht zuletzt die Frage nach der Logizität gesellschaftlicher Erscheinungen. D e n geringen G r a d von Folgerichtigkeit in der Praxis des sozialen Lebens erklärt er aus dem großen Einflüsse von Residuen (Überbleibseln) u n d Derivationen (Ableitungen). Jene äußern sich in I n stinkten, Gefühlen und dem, was die heutige Psychiatrie „Komplexe" nennt; Derivationen sind die Ideologien, die mehr in Einklang mit den Residuen als mit E r f a h r u n g u n d Logik stehen. V o n einer „experimentellen Methode" k a n n man im strengen Wortsinn bei P a r e t o nicht reden; aber den W i r k u n g e n der Unlogik, der auf Gefühlen beruhenden Vorurteile und den willenmäßig geschaffenen Ideologien nachzugehen, ist sicherlich eine T e i l a u f g a b e der Soziologie. Als recht fruchtbar hat sich seine Lehre v o m Wechsel der Eliten erwiesen. Die Diskussion über „Eliten" hat im R a h m e n der Lehre v o n den Gesellschaftsschichten weite Kreise gezogen. Pareto gehört trotz den vielen Einwänden, die man gegen seine eigenwilligen Auslegungen der Spielarten menschlicher C h a r a k t e r e erheben kann, zu den großen Gestalten in der Ideengeschichte. Ich möchte ihn aber nicht zu den Soziologen, vielmehr zu den die Soziologie befruchtenden Anthropologen rechnen. J ) Von seinen W e r k e n nennen wir: 1. Trattato di sociologia generale (1915/16) (auch in französischer Sprache) und 2. Les systèmes socialistes (1902). — Vgl. L. v. Wiese, Vilfredo Pareto als Soziologe, Zeitschr. f. Natökon., 7. Jahrg. (1936).
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Belgien nimmt in der Entwicklung der Soziologie einen wichtigen Platz ein; bei Holland war dies bis 1945 weniger der Fall. Hier fesselte in den ersten 20 Jahren dieses Jahrhunderts in der Hauptsache die Gestalt von S. R. S t e i n • m e t z ; aber auch sein Lebenswerk gehörte wie das der meisten seiner Landsleute mindestens im gleichen Maße der Ethnologie an. Erst in den letzten zehn Jahren entwickelt sich die Soziologie grade in den Niederlanden, wo mehrere ganz neue Lehrstühle geschaffen worden sind, in größerer Selbständigkeit von Völkerkunde und Statistik, ohne den Zusammenhang mit diesen Nachbargebieten aufzugeben. Belgien hat eine ältere und ausgezeichnete Geschichte unsrer Disziplin, dank vor allem der historischen Bedeutung Q u l t e l e t s , der nicht nur Statistiker und Demograph war. Von ihm stammt der Begriff der „mittleren Menschen" (homme moyen), der in der Theorie weiter lebt. Der Titel seines Hauptwerks: „physique sociale" hat eine andere Bedeutung als der Gebrauch desselben Wortes bei Comte. Dieser ersetzte den Terminus später durch die von ihm erfundene Bezeichnung Soziologie; die Wahl des Wortes Physik sollte die allgemeine Optik, nämlich die naturwissenschaftliche, kennzeichnen. Dagegen weist bei Quetelet der Ausdruck Physik auf seine Anwendung der Statistik auf soziale Erscheinungen hin. Von den späteren belgischen Autoren hat Guillaume d e G r e e f (1842—1924), der erste Inhaber des soziologischen Lehrstuhls an der Universität Brüssel und Mitbegründer der dortigen neuen Universität, weitreichende Geltung erworben. Manche von seinen Schriften gehören mehr zur Problematik des Sozialismus und der Sozialpolitik, so die Beiträge zum internationalen Syndikalismus; verwandter mit unserem Aufgabengebiete sind seine Untersuchungen über die „Grenzen" und über „Kontraktualismus". Der Beziehungssoziologie stand nahe der frühere Direktor des ausgezeichneten Instituts de Sociologie Solvay in Brüssel Emile W a x w e i l e r (1867—1917), der noch der naturwissenschaftlichen Denkrichtung angehörte.
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Durchaus in die Reihe der Systematiker gehört neben Georges S m e t s , dem gegenwärtigen Leiter des genannten Instituts, und anderen heute lebenden Autoren E . D u p r é e 1 , wie schon der Titel seines jüngsten Werkes „Sociologie générale" anzeigt. E r hebt die Bedeutung der sozialen Beziehungen hervor, operiert dann aber in seiner Gruppenlehre ausschließlich mit den Prozessen der Assoziation. Neuerdings setzt Dupréels Lehre sein Nachfolger im Amte an der Freien Universität Brüssel Henri J a n n e fort. In der Betonung der Abhängigkeit des Einzelmenschen von der Gesellschaft neigt er zu Dürkheim; aber er weicht insofern wieder erheblich von ihm ab, als er den sozialen Zwang von außen in die Seelen der Menschen verlagert. In J a p a n gibt jetzt wieder die soziologische Gesellschaft, die von Kumio O d a k a geleitet wird, eine Zeitschrift heraus, die die vor dem Kriege erschienene japanische Monatsschrift fortsetzt, die damals der inzwischen verstorbene Prof. M a t s u m o t o leitete. Odaka unterscheidet drei Perioden der japanischen Entwicklung. In der ersten (seit 1870) bestand Gleichsetzung von Soziologie mit Sozialphilosophie und überwiegender Einfluß von Spencer. In der zweiten (von 1919 bis zu den ersten dreißiger Jahren) stand J a p a n nach O d a k a unter dem Einfluß der „formalen" Soziologie Simmeis und v. Wieses, der verstehenden M a x Webers, der phänomenologischen Vierkandts, Litts, Schelers, ferner Tardes und der Amerikaner Small, Giddings, Ross und Ellwood. Aber in der dritten Periode ( 1 9 3 0 bis 1945) habe man sich von den Neigungen zur Psychologie und zur Analyse freigemacht und sich teilweise der Kultursoziologie Alfred Webers und Mannheims zugewandt. Während des Krieges wurden die Einflüsse Hans Freyers und der Totalitäts-Ideologie spürbar. Die sich vorher geltend machenden marxistischen Neigungen wurden unterdrückt. Gegenwärtig sei der amerikanische Einfluß und die Neigung zum Research stark vorherrschend; zugleich bestehe aber eine starke Zersplitterung in Spezialuntersuchungen (teilweise rein statistischer Art) und einige Hilflosigkeit, die auf dem Mangel an Theorie beruhe.
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In der S c h w e i z ist in den letzten Jahren seit seiner Rückkehr aus Amerika Richard F. B e h r e n d t (Bern) nicht nur auf verschiedenen Gebieten der speziellen Soziologien (z. B. Wirtschaftssoziologie und Soziologie der Entwicklungsländer), sondern audi in der Behandlung der Problematik der allgemeinen Soziologie hervorgetreten. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich eine Verwandtschaft seiner Auffassungen mit den Grundregeln annehme, die sogleidi am Schlüsse dieses Kapitels zusammengefaßt sind. Anders liegt es bei Roger G i r o d . Er hat in der Schweiz bei seiner Antrittsvorlesung an der Universität Genf seinen Gesamteindruck 1 ) in der Behauptung zusammengefaßt, daß die Entwicklung der vielen konkreten Forschungsmethoden der Entfaltung der „pensee sociologique" vorauseile. Diese modernen Forschungen stellten den Theoretiker vor Gegebenheiten, an die er noch nicht gewöhnt sei und die ihn sehr o f t in Verwirrung brächten. (!) — Einen solchen Respekt wie Girod vor dem massenhaften „Research" vermag ich nicht aufzubringen. Wie ich den Zustand glaube sehen zu müssen, sei in Vorwegnahme einer das Ganze abschließenden Betrachtung schon hier ausgesprochen: Auf ihrer der Umwege nicht ermangelnden Bahn hat in den letzten dreißig Jahren die Soziologie an Breite und Menge der Produktion stark zugenommen. In der H a u p t sache hat der Empirismus die Spekulation besiegt. Damit sind aber auch die Gefahren des Absinkens in eine gedanklich seichte Vielgeschäftigkeit, in eine rein der Praxis und den Augenblickserfordernissen dienende Neigung zur bloßen Organisation heraufgezogen. Aber grade aus dem Überdrusse an der Veräußerlichung der wissenschaftlichen Arbeit erhebt sich wieder das Verlangen nach Vertiefung, Sammlung, Systematik und Synthese, besonders nach der Verwurzelung der Theorie vom Mit- und Gegenmenschen, eben der Soziologie, in der allgemeinen Lehre vom Menschentume. J ) Wiedergegeben unter der Überschrift: „Sociologie d'aujourd'hui* In der Schweizer Zeitsdlr. f. Volkswirtsdj. u. Statistik, 90. Jhrg., S. 75 ff.
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von Wiese, Soziologie
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VII. Die ältere Soziologie in Deutschland
Ich sagte anfangs, daß die Geschichte unserer "Wissenschaft zu einer allmählichen Beschränkung ihrer Fragestellungen auf das f ü r sie Wesentliche geführt hat. Sie hat heute ihre eigenen Grundfragen, die ihr ein eigenes Arbeitsfeld geben. Der Weg bis zu dieser Erkenntnis ist recht lang gewesen. Er ist auch heute noch bestritten. Aber die üble Nachrede von Unorientierten, daß wir Soziologen noch immer nicht wüßten, was denn eigentlich unsere Aufgabe sei, ist grundfalsch. Kapitel
VII
Die ältere (enzyklopädische) Soziologie in Deutschland Eine Skizze der geschichtlichen Entwicklung in Deutschland bietet noch größere Schwierigkeiten, als dies bei anderen Ländern der Fall ist. Sie sind zweierlei A r t : einmal gibt es viele Werke und Teile von Werken, die die Entstehung einer eigentlichen Soziologie vorbereitet haben, aber im Rahmen anderer Wissenschaften und unter anderen Disziplinbezeichnungen erschienen sind; ferner aber werden bei der oben hervorgehobenen weiten Dehnung des Begriffs Soziologie gleich Sozialphilosophie sehr viele Werke eingeredinet werden müssen, die wir nach unserem (nicht willkürlichen, sondern — wie zu zeigen versucht worden ist — wohl begründeten) Grundgedanken nicht einzubeziehen vermögen, ohne mit diesem Schweigen etwa ein negatives Werturteil über ihre Qualität abgeben zu wollen. Die Philosophie und Theologie, vor allem aber auch die Nationalökonomie, Völkerkunde und andere Wissenschaften weisen so viele Werke von mehr oder weniger sozialwissenschaftlichem Charakter auf, daß wir in dieser skizzenhaften Einführung, die den Anfänger nicht mit zu vielen N a m e n belasten darf, Beschränkung üben müssen. Audi möchte ich hier einem Zweifel Ausdruck geben, der gegenüber vielen literaturgeschichtlichen Übersichten angebracht ist. Man bemüht sich nicht selten, Schul- und Riditungszusammenhänge über Gebühr zu konstruieren. Das geschieht häufig in der Weise, daß Einflüsse eines
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älteren auf einen jüngeren Autor überschätzt und aufgebauscht werden. Finden sich irgendwo Ähnlichkeiten im Urteile, Zitate und Bezugnahmen auf voraufgehende Schriftsteller, so ist sehr bald die Behauptung einer „Abhängigkeit" gegeben. Solche „Strömungen" zu entdecken, scheint geradezu eine Leidenschaft mancher Literaturhistoriker zu sein. In der T a t wird man im Aufweise von Zusammenhängen zwischen Forschern eine sehr wesentliche Aufgabe sehen müssen. N u r ist allzu vieles dabei bloße, nachträgliche Konstruktion, und es wird die eigene Findung von Gedanken und Lehren bei den einzelnen Autoren erheblich unterschätzt. Jedenfalls wollen wir uns hier in der Wiedergabe solcher Strömungstheorien Zurückhaltung auferlegen; wir glauben, damit der Wahrheit näher zu kommen, als wenn wir den immer sehr gelehrt erscheinenden Geschichtskonstruktionen folgen. Die üblichste grobe Vereinfachung der Geschichte der Soziologie in Deutschland geht dahin, daß es in dieser Heimat rein spekulativer Philosophie überhaupt keine empirische und beschreibende Soziologie gebe. Man hat sich ein herkömmliches Bild vom deutschen Gelehrten gemacht, der nicht imstande sei, die ihm umgebende Erfahrungswelt mit Hingabe zu beobachten, sondern vorziehe, sich im Hange zum Metaphysischen und zur Befassung mit „letzten Fragen" zu erschöpfen. So wandele sich in Deutschland Soziologie alsbald in spekulative Sozial- und Geschichtsphilosophie; die nationale Spielart der deutschen Soziologie stehe, wenn man überhaupt von ihr reden könne, in krassem Gegensatze zu dem matter-of-facts-Geiste der amerikanischen und britischen Soziologie, ja auch zur französischen, wo politische Oppositionshaltung gegen den Staat zur intensiven Befassung mit der — von ihm getrennt gedachten — Gesellschaft gezwungen habe. In Deutschland habe man sich aber lieber inzwischen mit dem Weltgeiste beschäftigt. Das ist eine leicht eingängige und, weil halb wahre (und halb falsche), der traditionellen Typenbildung vom Nationalcharakter entsprechende Vereinfachung. Sie geht deshalb v
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von Ideengeschichte zu Ideengeschichte, wird als eine feststehende Wahrheit betrachtet und nicht weiter nachgeprüft. So findet sie jetzt wieder ihre Zuspitzung in Albert S a l o m o n s Darstellung der „deutschen Soziologie" bei Gurvitch-Moore und ist (vermutlich von dort) in S h i 1 s „The Present-State of American Sociology" gedrungen. Er sagt1), wobei er die tatsächlichen Verhältnisse geradezu auf den Kopf stellt: „Nur ein deutscher Soziologe, M a x W e b e r , verstand klar die Bedeutung von systematischer Beobachtung erster Hand." So wandert ein Irrtum von Lehrbuch zu Lehrbuch. Nur einmal hat, soviel ich sehe, Weber einen Vorschlag für soziographische Untersuchungen gemacht. Das war auf dem ersten deutschen Soziologentage, als er die Presse analysieren wollte. Der Plan war gut; er ist aber nie ausgeführt worden. Der Gedanke starb, als er kaum geboren war. Webers Größe lag in der Höhen und Tiefen des Lebens überblickenden genialen Schau; Beobachtung des Alltags lag ihm fern. Bei Salomon findet sich (nicht etwa als Aussage über die Vergangenheit, sondern auch in bezug auf die Gegenwart) die Behauptung, daß in Deutschland „alle beschreibenden und praktischen Studien völlig fehlen (complete lack)". Es gebe in Deutschland keine Soziologie, sondern nur Soziologen. Ihr Wirken sei zu verstehen und erschöpfe sich in einer beständigen Auseinandersetzung mit Hegel und Marx. Max Weber etwa, auch Tönnies, sogar Simmel müßten aus dieser Perspektive verstanden werden. Viel richtiger ist jedoch die Betrachtungsweise Howard B e c k e r s 2 ) , der für die Soziologie in Deutschland sogar neun Gruppen unterscheidet: 1. geschichtliche Soziologie, 2. Wissenssoziologie, 3. systematisch-empirische Soziologie, 4. Psychosoziologie, 5. Ethnosoziologie, 6. enzyklopädisch-eklektische Richtung, 7. Soziographie, 8. marxistische Soziologie, 9. katholische Soziologie. !) Vgl. Edward S h i 1 s , The Present State of American Sociolgy, Glencoe, Illinois, The Free Press, 1948. S. 5. 2) Vgl. B a r n e s - B e c k e r , I . e . , 2. Band, S. 920. H. Becker ist 1966 gestorben.
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In der T a t , das ist eine Einteilung, die, wenn auch unvermeidlicherweise dabei Überschneidungen stattfinden, den Tatsachen gerecht wird. Freilich vermag ich nicht, sie hier in dieser Skizze, die keine erschöpfende Literaturgeschichte sein will, zugrunde zu legen. Aber die im folgenden gegebenen Mitteilungen sind bei eingehenderem Studium nach Beckers Schema zu ergänzen. Wir sagten oben, daß die erwähnte Vereinfachung nicht ganz falsch sei. In der T a t zeigt sich im 19. Jahrhundert noch ein starkes Überwiegen der Geschichtsphilosophie; dabei ist der in Zustimmung oder Ablehnung bestehende Einfluß von Hegel und Marx vielfach unverkennbar, jedoch keineswegs so hervortretend, daß er als wichtigstes Kriterium dienen kann. Selbst schon bei Lorenz v. Stein, Schäffle, Ratzenhofer u. a. (erst recht bei Tönnies) tritt das spekulative, ins Metaphysische vorstoßende Element mehr oder weniger zurück zugunsten einer allerdings stark generalisierenden, jedoch an der Empirie geschulten Betrachtungsweise. Die moderne deutsche Soziologie ist nun aber erst recht — besonders seit Max Webers und Schelers Tode — im steigenden Maße auch empirische Forschung. Der Unterschied zur amerikanischen vermindert sich beständig, einmal dadurch, daß die Beschreibung, die Soziographie, die Quantifizierung, die Befassung mit von der Praxis gestellten Fragen in Deutschland beständig zunimmt, ferner dadurch, daß aber in Amerika (von der entgegengesetzten Seite her) die Theorie an Boden gewinnt. Werfen wir zunächst einen Blick auf das 19. Jahrhundert: Ganz beiseite lassen können wir hier einen Hinweis auf die ältere deutsche Sozialphilosophie schon deshalb nicht, weil sie ja gerade mit der enzyklopädischen Soziologie in engstem Zusammenhange steht 1 ). Seit Kant, und schon vor Kant, seit Pufendorf und Chr. Wolf, hat die Philosophie und das öffentliche Recht immer wieder soziale Probleme !} Der Ausdrude „enzyklopädische" Soziologie ist nicht einwandfrei. Er scheint uns aber immer noch der verhältnismäßig geeignetste zu sein. Ihn durdi „synthetisch" zu ersetzen, geht schon deshalb nicht an, weil die W e r k e der enger gefaßten Soziologie keineswegs auf Synthese verzichten.
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behandelt. Comte, den man als Ausgangspunkt der westeuropäischen Soziologie zu bezeichnen pflegt, hat auch Deutschland teils unmittelbar, teils durch Herbert Spencer mit seinem Positivismus und seinem Organismusbegriffe beeinflußt. Aber seine Ideen sind durch Marx in den ökonomischen Materialismus umgebogen worden. Im allgemeinen kann man von einer Comte-Spencer-Schule in Deutschland kaum sprechen, und der Positivismus hat außerhalb der Kreise der Marxisten nur kurze Zeit Anhänger gefunden. Dagegen läßt sich eine gewisse Parallele zwischen Comtes Lehren und der Philosophie seines Zeitgenossen H e g e l ziehen, der in erster Linie als deutscher Sozialphilosoph und Vorbereiter der Soziologie zu nennen ist. Beide, Hegel und Comte, verbindet ihre Ablehnung des Individualismus, während sie sich freilich dadurch unterscheiden, daß Hegels Gesellschaftsbegriff gerade nicht positivistisch, sondern ausgesprochen idealistisch gewesen ist. Wie Hegel, so müssen auch die Philosophen F i c h t e , S c h e l l i n g , S c h l e i e r m a c h e r und H e r b a r t genannt werden. Aber ich möchte nicht der Übung folgen, nun auch diese Denker als Soziologen zu bezeichnen, nur weil in ihren umfangreichen philosophischen, anthropologischen oder psychologischen Werken Gedanken geäußert werden, die f ü r die spätere Gesellschaftslehre fruchtbar geworden sind. Eine tiefer dringende und umfangreiche Literaturgeschichte mag diesen geistigen Befruchtungen nachgehen; wir müssen hier darauf verzichten 1 ). Wir begnügen uns damit, drei große Denker der zweiten H ä l f t e des 19. Jahrhunderts als Repräsentanten der älteren Periode der deutschen Soziologie hervorzuheben: Lorenz v o n S t e i n , Karl M a r x und Albert S c h ä f f 1 e. Neben ihnen seien gerade auch wegen bestimmter einseitiger Zu1) Stoltenberg hat dankenswerterweise die Bedeutung der beiden Theologen Sdileiermacher und Richard Rothe gebührend hervorgehoben. (Vgl. s. „kurzen Abriß einer Geschichte der deutschen Soziologie" im Weltwirtsdi. Archiv Bd. XXXI, S. 53 ff. Für die Zeit vom Anfang des 19. J a h r h . vgl. seine „Geschichte der deutschen Gruppwissenschaft, Leipzig 1937). Vql. L. v. Wiese „Albert Schäffle als Soziologe" in der Sammelschrift „Gründex der Soziologie", G. Fischer, J e n a 1932.
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spitzungen von Lehren des Jahrhunderts genannt: Paul v. L i l i e n f e l d (als typischer Organizist), Ludwig G u m p l o w i c z (wegen seiner Lehre vom Gruppenkampfe) und Gustav R a t z e n h o f e r (wegen seiner mit dieser Lehre vom Gruppenkampfe verwandten Theorie von der absoluten Feindseligkeit). Den meisten von ihnen (am wenigsten Karl Marx, der als Theoretiker Sozialökonom war) ist die enge und ungeklärte Verbindung von Soziologie und (meist darwinistischer) Biologie eigen. Widerstandsfähiger gegen den „Psychologismus" als in Amerika erwies sich zunächst diese biologische Richtung in Europa. Besonders der Glaube, aus der Analogie zwischen Gesellschaft und Leib (Organizismus) wären Erkenntnisse herzuleiten, wurde (weit über Spencers verhältnismäßig vorsichtige Versuche hinaus) von manchen Autoren mit einer gewissen Leidenschaft festgehalten. Bei jeder Analogie bemüht man sich, aus dem Vergleiche zweier Dinge dadurch Nutzen zu ziehen, daß man von dem bekannteren von beiden ausgeht und zu ergründen versucht, ob sich nicht an dem dunkleren und unbekannteren gleiche oder ähnliche Zusammenhänge auffinden lassen wie bei jenem. Die organizistischen Soziologen hielten den Tierleib für so genau von Anatomen, Physiologen und Pathologen durchforscht, daß man von ihm aus auf den unsichtbaren Gesellschaftsleib schliessen könne. Das Seltsame ist nur, daß gerade umgekehrt auch die Biologen von der trügerischen Annahme ausgingen, der Zellenleib des Staates sei ja in den Sozialwissenschaften so gut bekannt, daß man vielleicht gut täte, den Menschenleib als einen „Staat" anzusehen.
Sehr viel Scharfsinn verwandte der Balte Paul v. L i 1 i e n f e 1 d (Hauptwerk: Gedanken über die Sozialwissenschaft der Zukunft, 1873—1881) auf eine Pathologie der Gesellschaft, die auf der Grundansicht beruht, die Societas sei ein wirklicher, lebendiger Organismus. Dieser Neigung zu einer die Analogie mit dem Leibe nutzenden Pathologie der Gesellschaft verführte später Jakob v. U e x k ü 11, aber auch den noch ganz positivistisch-entwicklungsoptimistischen M ü l l e r - L y e r (gestorben 1916) zu Willkürlichkeiten, durch die der Wert
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ihrer Darlegungen über den Zusammenhang von Leib und Gesellschaftsleben vermindert wird. In diesem Zusammenhang wird meist auch Albert S c h ä f f 1 e (1831—1903) genannt, obwohl man ihm vielleicht durch eine Einordnung bei den Sozialphilosophen idealistischer Tendenz gerechter würde 1 ). Es scheint uns richtig, in SchäfFle recht eigentlich den deutschen Soziologen der letzten drei Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts zu sehen, da Tönnies' Einfluß in diesem Zeitabschnitte noch nicht allgemein genug war. Schäffles Werk trägt deutlich alle Merkmale dieses Zeitraums, der erst Anläufe, erstmalige Weitsichten, bloße — viel zu umfängliche — Programme zu einer deutschen Soziologie, nicht aber schon eine Gesellschaftslehre selbst aufweist. D a ß Schäffle zu den Vorbereitern (und nur zu ihnen) gehört, verkleinert — subjektiv genommen — durchaus nicht den Wert seiner Leistung. Als geistige Persönlichkeit erscheint dieser Mann so reich und überragend, wie es nur ganz selten der Fall ist. Dieser Schwabe, der als Nationalökonom zu den „Kathedersozialisten", also zu den Sozialreformatoren, aber keineswegs zu den Marxisten zu redinen ist, hat in den vier Bänden seines „Bau und Leben des sozialen Körpers", wie er selbst im Untertitel sagt, „den enzyklopädischen Entwurf einer realen Anatomie, Physiologie und Psychologie der menschlichen Gesellschaft" zu geben versucht. Aber er besaß nicht die Geschlossenheit, Klarheit und Oberflächlichkeit seines Vorbildes Spencer. Diese fast tragische Persönlichkeit, die bei starkem, wissenschaftlichem Willen voller Widersprüche der Neigungen war, tendierte nur bis zu einem gewissen Grade zum entwicklungsgeschichtlichen Monismus und zur bloßen Kausalforschung; sie stand innerlich doch Hegel und Schelling näher als Darwin, Spencer oder Häckel. Schäffles Denkungsweise entsprach mehr eine ethisierend-teleologische Erfassung der Welt; er war Spiritualist und Idealist. Dieser Widerspruch !) Vgl. L. v. W i e s e , „Albert Schäffle als Soziologe" in der Sammelscfarift: . G r ü n d e r der Soziologie", G. Fischer, J e n a 1932.
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zwischen dem Empiriker und dem Metaphysiker in ihm führte zur Unausgeglichenheit seiner Leistung. In dem von ihm hinterlassenen „Abriß der Soziologie" (1906) sucht er auch die Fesseln des Biologismus abzustreifen und sich mehr dem seiner N a t u r entsprechenden Spiritualismus hinzugeben. Die Gesellschaft ist ihm gleich der Völkerwelt; das Wesen des Volkes beruht in der geistigen Verknüpfung von Menschen (wie das auch später O t h m a r S p a n n , der Fortsetzer von Schäffles idealistischen Grundauffassungen, behauptete). Gesittung sei der Inhalt des Volkslebens; das Ideal der Gesellschaft sei zunehmende Sozialisierung. Leidenschaftslos das Seiende zu beobachten, ohne die Ideale mit der Realität zu vermengen, war nicht Schäffles Sache. Dazu kommt, daß es damals geradezu schien, als ob eine Soziologie, die nicht ihre Grundgedanken, ihren systematischen Aufbau und ihre Terminologie von der Biologie erborgte, eben nicht möglich wäre; es schien recht eigentlich in dieser Abzweigung unserer Wissenschaft von der Lehre vom physischen Körper das Wesen der Sache zu bestehen. Es war schon allerhand, daß Schäffle dem Organismusbegriffe nicht ohne Einschränkung gegenüberstand. Für unsere Zweifel, ob die Soziologie als Zusammenfassung der gemeinsamen Tatsachen aller sozialen Einzelwissenschaften fruchtbar ist, erscheint Schäffle als das geeignetste Beispiel. Niemand hat dieses Ziel so inbrünstig verfolgt wie er. Er wollte die zerbrochenen Stücke der Kultur, mit denen sich arbeitsteilig die einzelnen Geisteswissenschaften befassen, zusammenfügen und auch die Verbindung dieses KulturAll mit der übrigen Welt, recht eigentlich mit dem Gesamtkosmos geben. Nichts sollte draußen bleiben; alle Erscheinungen des Geistes sollten ebenso berücksichtigt werden wie alle greifbaren Dinge; was die Biologie und Psychologie lehren, sollte ebenso beachtet werden wie jede Kunstlehre von technischen Objekten. Was entsteht aus diesem gigantischen Mühen?: ein Begriffsgerüst, das in manchen Teilen recht wackelig ist, das zu allgemein bleibt, um fruchtbar sein zu können. Um das dürre Gerippe zu beleben, wird es ausgefüllt mit dem allzu vergänglichen
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Fleische von Reformforderungen und von Gesinnungsbekundungen. Schäffles Lehre entspricht damit dieser (zumeist älteren Richtung der Soziologie, der enzyklopädischen, die Synthese ohne arteigene soziologische Optik will. Bezeichnender als Spencers Bemühen ist Schäffles K r a f t im Dienste dieser Aufgabe. Er überragte Spencer an Abstraktions- und Systematisierungsvermögen, während ihn der Brite an Breite der Tatsacherinutzung hinter sich ließ. Aber Schäffles Mißerfolg sollte uns lehren, daß das Vorhaben falsch ist. Die Organizisten, über deren Analogien Schäffle selbst hinauskam, stehen uns besonders fern. Nichts ist in der Wissenschaft bedenklicher, als vom Gleichnis und der Metapher einen so weitgehenden Gebrauch zu machen, daß es unklar wird, ob noch ein Bild gegeben oder Identität behauptet werden soll. Von den Rassetheoretikern müssen wir uns versagen, hier Näheres zu berichten. Es ist bisher keinem von ihnen gelungen, zu einem von Neigung oder Abneigung unbeeinflußten Urteil zu gelangen. Sie alle entbehren einer ihre Willkürlichkeit bändigenden Methode. Die Vermischung von Biologie und Soziologie, die Mehrdeutigkeit des Begriffs der Rasse ist bisweilen den begabten und geistvollen Dilettanten zum Verhängnis geworden. Es fehlte an dem richtigen Gefühle, daß man die Gesetze der physischen Entwicklung des menschlichen Organismus nicht ohne weiteres auf das soziale Leben übertragen kann, daß die Gesellschaft nicht imstande ist, die Aufgaben der N a t u r zu übernehmen, und daß die Biologie keine ausreichende Grundlage der Politik gewährt. Die Frage, welche Eigenschaften erforderlich sind, um die sozial passendsten zu sein, ist mit steigender Kulturentfaltung immer schwerer zu beantworten. Damit ist gewiß das große Problem der sozialen Auslese nicht gegenstandslos geworden. Es darf nur nicht falsch gestellt werden. Mit seiner ganzen Schwere steht es vor uns. Nach dem vereinfachten Schema eines Pseudodarwinismus kann es nicht behandelt werden.
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Jedoch wollen wir wenigstens einen Augenblick bei Gustav R a t z e n h o f e r (1842—1904), dem österreichischen Feldmarschalleutnant, verweilen, ohne ihn zu den Organizisten zu rechnen. Audi er hat (nach einer reichen sozialwissenschaftlichen Produktion, in der die drei Bände seines „Wesen und Zweck der Politik" [1893] hervorragen) eine knappe Zusammenfassung seiner Lehren durch eine „Soziologie" (1907) hinterlassen, wie man ihn überhaupt in einiger Hinsicht mit Schaffle vergleichen kann: dieselbe Unausgeglichenheit zwischen naturwissenschaftlichem, an Spencer orientiertem Monismus und einer voluntaristischen Ethik wie bei dem genialen Schwaben. Freilich beurteilt Ratzenhofen die Menschennatur durchaus pessimistisch; die schlechten Triebe walteten in ihr vor. Sein ethisches Ziel ist: Opferung des Individualinteresses für das Sozialinteresse. Ihm war Soziologie eine „zivilisatorische Disziplin". Die Nachwirkung seiner Lehren ist sonderbar verschieden: In Deutschland wurde er wenig verstanden, oft unterschätzt und im ganzen wenig beachtet. In Amerika wurde er durch S m a 11 und andere der Ausgangspunkt der Interessen-Soziologie. Aber auch in Deutschland hat Ludwig S t e i n 1 ) gemeint, Ratzenhofer gebühre das Verdienst, eine deutsche Soziologie an die Stelle der L a z a r u s - S t e i n t h a l sehen „Völkerpsychologie" (die wir hier übergehen müssen) gesetzt zu haben, wenn er auch gleich den richtigen Einwand gegen seine subjektive Voreingenommenheit hinzufügt: „Erst Beschreibung, dann Erklärung; aber nicht umgekehrt wie bei Ratzenhofer: erst Erklärung, dann Beschreibung." Ratzenhofer als den Begründer der „deutschen Soziologie" anzusprechen, ist anfechtbar. Vor seinen ersten in die 90er Jahre fallenden Werken liegt Tönnies' erste Auflage von „Gemeinschaft und Gesellschaft". Will man gar Oppenheimers Lehre folgen und Lorenz v o n S t e i n als den ersten deutschen Soziologen bezeichnen, so müssen wir bis in die 50er Jahre zurückgehen. Aber Ratzenhofer ge1 ) Vgl. seinen Aufsatz „Soziologisdbe und gesdiiditsphilosophisdie Methode" im ersten Jahrbuch für Soziologie, S. 222 ff.
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hört insofern nicht zu den fruchtbar nachwirkenden Vorläufern der Soziologie, als er keine soziologische Forschungsmethode besitzt, sondern entweder biologisierend verfährt oder mit genialer Subjektivität konstruiert und spekuliert. Er ist (wie o f t ausgezeichnete Dilettanten) ein fesselnder Anreger, dessen aufblitzende Ideen von wissenschaftlicheren Köpfen nachgeprüft werden, so vor allem eben seine unbefangen vorgetragene, inhaltsreiche Idee des Interesses. In der T a t erklärt sich ein großer Teil mensdilicher Gruppenbildung aus einer Verbindung von verwandten oder aus Zusammenprall entgegenstehenden Interessen. Blickt man zurück auf die stattliche Zahl dickleibiger Werke, die von Enzyklopädisten (deren Kreis wir noch hätten erweitern können) geschrieben worden sind, so wird man wieder an die sich auch sonst o f t bestätigende W a h r heit erinnert, daß es unter den schöpferischen Geistern, die nicht bloß Kärrner und technische Hilfskräfte der Wissenschaft sein wollen, nur wenige gibt, die nicht vor allem Verkünder und Propagandisten ihrer praktischen Ideale sein wollen. Wir finden bei ihnen lange, scheinbar ganz objektiv argumentierende Beweisketten und umständliche Umwege, um zur Erhärtung einer willensmäßig vorgefaßten Forderung zu gelangen. „Theorien" aber sind nicht Soziologie! Ob die Philosophie langmütig genug ist, diese geistigen Ringer bei sich zu beherbergen? Wie aber steht es mit dem als ersten deutschen Soziologen ausgerufenen Lorenz v o n S t e i n (1815—1890)? Oppenheimer nennt ihn und Karl Marx die „beiden führenden deutschen Soziologen" 1 ). Die Antwort auf unEs scheint mir übertrieben zu sagen, daß Steins W e r k e „verschollen" gewesen seien. Besonders die Lehrer des öffentlichen Redits und die Rechtsphilosophen beziehen sich oft auf ihn, wie es unter den Nationalökonomen Schmoller in seinen Vorlesungen tat. Es war aber ein Verdienst W a e n t i g s , seinen Schüler E. G r ü n f e l d zu der Arbeit „Lorenz v. Stein und die Gesellschaftslehre" (Jena 1910) angeregt zu haben. Nach dieser Wiederbelebung der wissenschaftlichen Teilnahme für den Sozialphilosophen Stein erwarb sich (München 1921) Gottfried S a 1 o m o n das Verdienst, Steins „Begriff der Gesellschaft" usw. und „Geschichte der sozialen Bewegung in Frankreich" neu herausgegeben zu haben. Oppenheimers A u s f ü h r u n g e n (S. 40 ff. des 1. Bandes seines Werkes) schließen sich auch in der Wortwahl größtenteils eng an Grünfeld und Salomon an.
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sere Frage hängt wieder ganz von der Ausdehnung des Begriffs „Soziologie" ab. Stein unterscheidet sich völlig von den naturwissenschaftlichen Soziologen. Er kommt von der Jurisprudenz, von der Hegeischen Philosophie und ist im ausgesprochenen Maße „Kulturwissenschaftler". Seine Teilnahme gilt dem öffentlichen Leben, besonders der politischen Sphäre. Aber ihn bewegen nicht vorwiegend Verfassungs- und andere Fragen des öffentlichen Rechts. Er hat sich schon in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts zu intensiv mit dem französischen Sozialismus und Kommunismus befaßt, dessen Ideen er für die deutsche gebildete Welt erst gewissermaßen „entdeckte", als daß er nun den Staat allein als Gebilde des öffentlichen Lebens geschaut hätte. Ihn fesselt besonders der Zusammenhang des Staats mit der bürgerlichen Gesellschaft. Bei diesen tief dringenden Untersuchungen verfährt er in der Hauptsache historisch, teilweise sozialökonomisch. In der Denkweise erinnert er sehr an Schmoller. Auch die Mängel (neben den großen Vorzügen) scheinen uns bei beiden ähnlich: Die Unklarheit in der Begriffsbildung, die Verwaschenheit von Definitionen, soweit sie überhaupt vorhanden sind, schließlich das Fehlen durchsichtig aufgebauter Deduktionen. Stein, einer der geistreichsten Anreger in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts, war einer der ersten, der das Wesen der gesellschaftlichen Klassen darzulegen versuchte. Es mag gelten, was Oppenheimer sagt: „Überall findet man seine Spuren. Vor allem bei Marx." Aber es geht doch wohl etwas weit, wenn es bald danach heißt: „Der Einfluß des Buches ^Sozialismus und Kommunismus des heutigen Frankreich') auf die deutsche Soziologie ist kaum zu ermessen. Alle oder doch fast alle ihre Schulen knüpfen hier unmittelbar an." (Oppenheimer nennt außer den Marxisten Tönnies, Schäffle, Gumplowicz, Ratzenhofer, Rodbertus, Dühring, Adolf Wagner, Schmoller.) Ich würde sagen: Viele deutsche Staatswissenschaftler, Sozialphilosophen und Nationalökonomen haben wesentliche Anregungen von ihm erhalten. Aber es ist charakte-
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ristisch für Stein, daß bei ihm „Gesellschaftslehre" ein Teil der Staatswissenschaften ist. Er gibt hervorragende Beiträge zur Erkenntnis des sozialen Gebildes, das man bürgerliche Gesellschaft nannte, das aber von dem abstrakten Allgemeinbegriff „Gesellschaft" der theoretischen Soziologie völlig zu sondern ist. Der Gebrauch desselben Wortes Gesellschaftslehre einmal als Verdeutschung f ü r Soziologie insgesamt, dann aber für die Lehre von einem bestimmten sozialen Gebilde (bürgerliche Gesellschaft) ist sehr irreführend. Dabei ist freilich zu berücksichtigen, daß Stein als Philosoph den Kreis seiner Beobachtungen durch allgemeine Betrachtungen über „Gemeinschaft" und ähnliche Kategorien so unterbaut hat, daß in der Darstellung der „bürgerlichen Gesellschaft" manches Sozial- und Geschichtsphilosophisches mitbehandelt wird. Er ist eben nicht der M a n n strenger Begrenzungen und Distinktionen. G r ü n f e l d hat recht, wenn er (mehr als einmal) klagend ausruft: „Es ist überhaupt keine leichte Aufgabe, die Steinsche Gesellschaftswissenschaft abzustecken, schon deshalb, weil ihr Schöpfer, wie so oft, es auch hier an der gewünschten Entschiedenheit und Beständigkeit fehlen läßt." Ich fürchte, daß die Nachrede, die Soziologie sei eine bloß unscharf fixierbare und verschwommene Disziplin, nur vermehrt wird, wenn wir Lorenz v. Stein zum Ahnherrn unserer Wissenschaft machen. Verlangt man vom Soziologen eine strenge Methode, die sich vom Verfahren des Historikers, theoretischen Politikers, Nationalökonomen usw. unterscheidet, so ist Stein überhaupt kein Soziologe. Aber wenn wir Männer wie Comte, W a r d , Schäffle in den Stammbaum aufnehmen, so wird man den genialen Juristen, der das Nachdenken über „soziale Bewegungen" und gesellschaftliche Klassenzusammenhänge so sehr angeregt und beeinflußt hat, nicht beiseite schieben dürfen. Wie aber steht es mit Karl M a r x und dem großen Kreise mehr oder weniger marxistischer Gesellschaftstheoretiker? Nicht nur von den Marxisten selbst, sondern neben anderen von keinem Geringeren als Johann
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P 1 e n g e wird Marx als der wahre Begründer der deutschen Soziologie 1 ) angesehen. „Man kann", sagt Plenge, „die geistige Stellung von Marx in der Geschichte des 19. Jahrhunderts kaum übertreiben. Marx hat auch als Theoretiker eine dreifache Bedeutung in der Geschichte des deutschen Geistes und damit des Denkens überhaupt. Er bedeutet einen Wendepunkt in der Geschichte der Philosophie, einen Wendepunkt in der Geschichte der W i r t schaftstheorie und einen Wendepunkt in der Geschichte der Soziologie. Ganz zu schweigen von seiner Bedeutung in der Wirklichkeit der inneren und äußeren Politik, über die die Tatsache des Bolschewismus genügend sagt . . . Marx hat der Soziologie mit seiner wieder nur einseitigen Lehre vom Klassenkampf eine die Listsdie Lehre vom Nationenkampf ergänzende Weiterbildung der Kantschen Grundauffassung vom Aufstieg durch Kampf zum Völkerfrieden gegeben und so in die Stufentheorie des 18. Jahrhunderts die gegliederte Dynamik des von den Physiokraten entdeckten Klassengegensatzes hineingebracht. D a r über hinaus hat er mit derselben dynamischen Auffassung grundsätzlich den Blick auf das Ganze der neben- und übereinanderliegenden Lebensbereiche gerichtet, indem er ihre Abhängigkeit von der wirtschaftlich-technischen Grundveränderung der Gesellschaft behauptete. Das sind gewiß nur Ansätze, aber großartige Ansätze, die aus ihrer ersten Begrenztheit längst befreit sein sollten." Es ist hier nicht möglich, sich mit diesem Urteil Plenges kritisch auseinanderzusetzen; wir begnügen uns hier mit dem Versuche der Einordnung Marxens in der Geschichte unserer Wissenschaft. Dabei entscheidet wieder die Fassung, die man dem Worte Soziologie gibt. Versteht man darunter die Synthese der Sozialwissenschaften, so kann man die Würdigung von Marx durch Plenge durchaus diskutierbar finden. Auch wird bei einer solchen Beurteilung nicht als Maßstab der Wissenschaft die strenge Beweisführung, sondern das f ü r Philosophen, Reformatoren, t) Vgl. Johann P l e n g e : „Ist das Geisteswissenschaft?" in Kölner Vierteljahrshefte für Soziologie, 9, III, S. 331.
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Geistesrevolutionäre u n d Menschheitsführer gültige K r i terium des bewegenden Willens angelegt. W i r müssen den kleinlicheren, aber unvermeidlichen Maßstab der Fachwissenschaft verwenden. D a wäre wohl zu sagen: Gemeinsam ist allen Marxisten, d a ß nach ihnen Bau u n d Leben der sozialen Gebilde im wesentlichen von wirtschaftlichen Faktoren, zumal der G ü t e r p r o d u k t i o n u n d -Zirkulation, bestimmt wird. Die Neigung, die Determiniertheit der gesellschaftlichen Entwicklung durch einen H a u p t f a k t o r darzutun, findet sich bei vielen Sozialphilosophen; bisweilen wird die E n t f a l t u n g der Ideen, bisweilen werden geographische, demographische Gegebenheiten hervorgehoben, so d a ß es durchaus möglich ist, die „Schulen" von Gesellschaftstheoretikern nach der jeweilig v o n ihnen vorgenommenen Determination zu sondern. Keine freilich hat im 19. J a h r h u n d e r t solchen praktischen Einfluß erlangt wie der ökonomische Determinismus der Marxisten. Jedoch auf den Versuch, in wenigen Sätzen die G r u n d züge der marxistischen GesellschaftsaufTassung anzudeuten, müssen wir verzichten. W i r setzen sie als b e k a n n t voraus oder verweisen auf die umfangreiche Literatur über Sozialismus 1 ). Dieser Marxismus r u h t auf einer geschichts- und sozialphilosophischen Grundlage u n d ist nicht etwa bloß eine Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik. Zu einem weitesten Begriffe von Soziologie gehört auch er, u n d Marxisten erheben bisweilen den Anspruch, die w a h r e u n d allein richtige „Soziologie" zu besitzen. M a x Adler etwa schilt die außermarxistische Soziologie „bürgerlich" gebunden u n d undynamisch. Er sagt 2 ): „Es scheint uns Marxisten nämlich eine wesentliche soziologische Erkenntnis zu sein, daß es in der geschichtlichen Lage der heutigen Wissenschaft zwei Richtungen gibt, die durchaus durch Klasseninteressiertheit in letzter Linie, Werner Sombarts „Proletarischer Sozialismus" („Marxismus"), (Jena 1924), enthält z. B. im Anhange des ersten Bandes einen umfangreichen Führer durch die sozialistische Literatur 2 ) Vgl. Verhandlungen des vierten deutschen Soziologentages (Tübingen 1925), S. 200 if.
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wenn auch vielfach unbewußt, bestimmt sind. Ich möchte die neue Richtung als die stationäre und die andere als die evolutionistische bezeichnen . . . Die stationäre Wissenschaft ist dadurch gekennzeichnet, daß die Forschung in ihr eine Grundeinstellung zeigt, die durchaus innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft verbleibt, diese selbst gleichsam als ihr naturgegebenes Milieu betrachtet und selbst die Entwicklung in ihr nur mit bürgerlichen Kategorien denkt, die also jeden Ausblick über sie hinaus als „unwissenschaftlich", „politisch" oder gar „utopisch" erscheinen lassen. Der Forscher ist hier gleichsam eingesenkt und verwoben in die Lebensgewohnheiten, Interessen und ideologischen Traditionen der bürgerlichen Gesellschaft, so daß ihm alles das, was an sich doch nur historische Beschaffenheit einer bestimmten Gesellschaftsstruktur ist, zur psychologischen Denknotwendigkeit und Temperierung seines Standpunktes wird." Dazu wäre viel Kritisches zu sagen. Hier nur kurz: Wir haben gesehen, daß alle ältere („bürgerliche") Soziologie (zumal Spencers, des entschiedensten Antisozialisten) gerade die Dynamik, die Entwicklung der Gesellschaft allzusehr bevorzugt hat. Alle „evolutive" Gesellschaftslehre unterliegt aber der Gefahr, Prophetie zu werden, die „bürgerliche" wie die „proletarische". Was aber diesen Gegensatz betrifft, so kann er nur dort gelten, wo allgemeine Werturteile über Kultur, Staat und Gesellschaft gefällt werden. Dabei ist die Gefahr, daß unbewußte oder bewußte Bindung des Autors an Stand und Klasse, an seine Gesellschaftsschicht sein Urteil trüben, nicht zu verkennen. Aber die empirische Soziologie ist dieser Gefahr sehr viel weniger ausgesetzt, weil sie Rangordnungen sozialer Erscheinungen nicht vornimmt und ihr Aufweis von Beziehungen und Beziehungsgebilden ein neutraler Vorgang ist, der einer „bürgerlichen" Auffassung ebenso fern oder ebenso nahe steht wie einer proletarischen. Es läßt sich jedoch ein anderer Unterschied zwischen der marxistisch-geschichtsphilosophischen Gesellschaftstheorie und der Beziehungslehre aufweisen, die wir als typisch 8 von Wiese, Soziologie
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für eine empirisch-systematisdie Soziologie ansehen: Jene hebt die aus ökonomischen Tatsachen entstandenen Gebilde der Klassen in eine Primärstellung und leitet von ihrer Struktur und den zwischen ihnen bestehenden Zusammenhängen und Gegensätzen die zwischenmenschlichen Beziehungen ab. Für unsere Auffassung ist jedoch die „Klasse" ein ziemlich unbestimmtes Gebilde der gesellschaftlichen Schichtung, das als Produkt bestimmter sozialer Beziehungen anzusehen ist. Wir erklären nicht die Beziehungen aus den Klassen, sondern die Klassen aus den Beziehungen. Die Organisation der Produktion ist f ü r uns überhaupt nicht eine elementare Ausgangserscheinung, sondern etwas Abgeleitetes, das freilich selbst wieder, in ein enges Gebilde- und Beziehungsnetz hineingestellt, mannigfache soziale Einflüsse ausübt. Aber die Marxisten beginnen den Faden der Zusammenhänge von einem Knoten ab zu verfolgen, der ziemlich entfernt vom Ausgangspunkte der Analyse liegt und von uns aufgeknüpft wird. Beispielsweise: Die Marxisten leiten den sozialen Prozeß der Ausbeutung aus der „kapitalistischen" Wirtschaftsordnung her; ihre These ist: Kapitalismus schafft Ausbeutung. Wir unserseits leugnen nicht das Vorhandensein kapitalistischer Ausbeutung; aber es ist uns eine Erscheinungsform neben anderen Ausbeutungsphänomenen. Ausbeutung erscheint nicht bloß dort, wo kapitalistisch gewirtschaftet wird, sondern auch sonst noch recht häufig. Eine Beseitigung des sogenannten Kapitalismus beseitigt nicht die Ausbeutung, verstopft nur den Zugang zu einigen ihrer Formen und eröffnet die Möglichkeit anderer. Im übrigen kann sich mit der Teilnahme an beziehungswissenschaftlicher Forschung das „Bekenntnis" zum Sozialismus ebenso verknüpfen wie zu irgendeiner Weltanschauung oder Religion. Die Grundgedanken, auf denen der Sozialismus, speziell der Marxismus ruht, sind geschichtsphilosophische Glaubenssätze; darin unterscheidet er sich keineswegs von irgendeinem anderen „Ismus". Karl Marx' Bildnis gehört also sicherlich in den Ahnensaal der Sozialphilosophen. Auch der Wirtschaftssoziologe
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wird sidi sehr eingehend mit ihm auseinanderzusetzen haben. Schließlich ist auch G u m p l o w i c z 1 ) (1838—1909) als Begründer einer geschlosseneren deutschen Soziologie genannt worden. Über ihn sagt Stoltenberg 2 ): „Von Lorenz von Stein und Karl Marx geht dann ein Strom auch zu Gumplowicz, einem polnischen Juden österreichischer Staatsangehörigkeit, von dem man es versteht, daß er die Lehre vom „Klassenkampf" auf Grund der inzwischen angewachsenen Völkerkunde eines Lippert, Bastian und Gobineau zu einer Lehre vom „Rassenkampf" (1883) oder vielmehr, wie sich aus dem „Grundriß der Soziologie" (1885) mit größerer Deutlichkeit ergibt, zu einer Lehre vom Gruppenkampf weitergebildet hat." Mit Gumplowicz verbindet uns seine Absicht, die Soziologie zu einer von Sozialphilosophie, Sozialpolitik und Sozialismus zu trennenden Wissenschaft zu machen. Aber seine unüberbietbare Verkennung der persönlichen Sphäre im Menschenleben und seine gegen andere Zusammenhänge blinde Heraushebung des Gruppenkampfes machen es uns nicht möglich, seine Bekenntnisse als Wissenschaft anzuerkennen.
Kapitel
VIII
Die jüngere Soziologie in Deutschland bis 1954 Auf wenigen Seiten ein vollständiges, wenn auch nur skizzenhaftes Bild vom Stande der Soziologie in Deutschland während der 30er und 40er Jahre zu geben — wenn man den Namen Soziologie auf alle Schriften anwendete, die sich so nennen —, wäre kaum möglich. Gerade in den Jahren 1926 bis 1931 sind so viele und, was hier besonders wichtig ist, so verschiedenartige Werke und Auf!) Von ihm nennen wir „Der Rassenkampf", 2. Aufl., 1909. — „Grundriß der Soziologie" (1885) und die (in Innsbruck 1928) gesammelten „Soziologischen Essays". 2) 1. c. S. 60. 8"
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sätze im Zeichen unserer Disziplin erschienen, daß es nidit leicht ist, einen ausreichenden Oberblick zu behalten. Die Fülle von Namen und Büchertiteln, die bei einiger Vollständigkeit aufgezählt werden müßten, vor dem Anfänger auszubreiten, wäre ein didaktisch verfehltes Beginnen. Wir müssen uns damit begnügen, einige Grundlinien zu zeichnen; es ist nicht unsere Absicht, ein Autorenregister oder eine volle Literaturübersicht zu geben. Dabei können wir die Einteilung, die wir oben in Kapitel III gegeben haben, zugrunde legen: 1. historische und geschichtsphilosophische Soziologie, 2. metaphysische und erkenntnistheoretische und 3. systematisch-empirische Soziologie. Die historische Gesellschaftslehre ist in der Hauptsache zu dem geworden, was man heute Kultursoziologie nennt; von dem erkenntnistheoretischen Zweig war in den 20er und 30er Jahren die sogenannte Wissenssoziologie am fruchtbarsten, während die systematische jetzt vorwiegend von der Beziehungslehre gepflegt wird. Für die Kultursoziologie nennen wir als ausgesprochensten Repräsentanten Alfred W e b e r , für die Wissenssoziologie Karl M a n n h e i m , für die Beziehungslehre Johann P 1 e n g e und den Verfasser dieses Büchleins. Damit erschöpfte sich aber keineswegs der Reichtum der Bestrebungen in Deutschland. Es gab eine von Othmar S p a n n geführte sozialethische Richtung, die sich die universalistische nennt; Franz O p p e n h e i m e r hatte ein stark politisch-ökonomisches System geschaffen, das liberale und sozialistische Gedanken verknüpft. Karl D u n k m a n n nannte seine Gruppenlehre angewandte Soziologie. Hans F r e y e r will die Tendenzen der älteren deutschen Geschichtsphilosophie aufnehmen und vollenden. Statt die Reihe hervorragender Schriftsteller, die wir damit begonnen haben, fortzusetzen und zu vervollständigen, sei mehr etwas Allgemeingültiges gesagt. Angesichts der Fülle deutschen Schaffens, die zwischen 1933 und 1945 durch den Nationalsozialismus und den Krieg stark beschränkt wurde, sagte ich bereits in der ersten Auflage im Jahre 1926:
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„Es wäre Torheit und Oberhebung, wollte man über die geistigen Leistungen, die auf den vorausgehenden Seiten erwähnt wurden, hinweggehen, als ob sie uns nichts Wertvolles zu sagen häten. Betrachten wir nur das deutsche Schrifttum, so haben uns die großen Toten des letzen Jahrzehnts, Max Weber und Georg Simmel, der Religionssoziologe Ernst Troeltsch, der emsige Literaturhistoriker Paul Barth, der geistreiche Eberhard Gothein, der Wirtschaftssoziologe Gustav Schmoller,.der Sozialethiker und Systematiker Adolph Wagner Werke hinterlassen, aus denen auch die engere Fachwissenschaft der Soziologie reichen Nutzen ziehen kann. Von denen, die im Jahre der ersten Auflage (1926) noch lebten, nennen wir hier noch einmal den Wegbahner Ferdinand Tönnies, den temperamentvollen und reformeifrigen Franz Oppenheimer, den grüblerischen und bei aller Romantik kampfesfrohen Othmar Spann, den durch Intuition und künstlerische Gestaltungskraft hervorragenden Wirtschaftssoziologen und Sozialhistoriker Werner Sombart, den besonders durch seine Persönlichkeit wirkenden Kultursoziologen Alfred Weber, den ideenreichen Johann Plenge und nicht zuletzt den genialen Geschichtstheoretiker Kurt Breysig. Wir müßten noch manche auch in anderen Wissenschaften bewährten Forscher aufzählen (wie Lederer, Michels, Kantorowicz, Eulenburg, Litt, Honigsheim, Stoltenberg u. a.), könnten wir hier ein einigermaßen vollständiges Bild des Schaffens auf dem Gebiete der theoretischen oder allgemeinen Sozialwissenschaft geben." Die Liste wäre unter anderen zu ergänzen durch die Namen: Adolf Geck (Bonn); Harriet Hoffmann (Köln); Elsbet Linpinsel (Dortmund); Victor Leontowitsch (Frankfurt); Heinz Maus (Mainz); Hanna Meuter (Aachen); Alfred Peters (Köln); Max Graf zu Solms (Marburg), vom dem ein größeres Werk über Gesellungslehre zu erwarten ist, in dem er sein Gefüge- und Gerüsttheorie ausgestaltet und mit einer Geltungs- und Gehaltslehre verknüpft; Max Ernst Graf zu Solms (Wilhelmshaven); Heinz Sauermann (Frankfurt); Karl Gustav Specht (Köln); Mathilde Vaerting (Göttingen); Andreas Walther (Hamburg); Georg Weippert (Erlangen); Werner Ziegenfuß (Nürnberg) und die inzwischen verstorbenen Carl Brinkmann (Tübingen); Adolf Günther (Innsbruck) und Mirko Kossitsch (früher Belgrad). Zu den bedeutendsten deutschen Soziologen, die zugleich auf dem Felde der Ethnologie und Ethnographie arbeiten, gehören:
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Wilhelm E. Mühlmann (Mainz) und H i l d e T h u r n w a l d (Berlin). Diese Reihe ist auch durch die vielen Autoren zu ergänzen, die vorwiegend auf Nachbargebieten tätig sind, aber der Soziologie nahestehen. Von ihnen gehören manche der Deutschen Gesellschaft f ü r Soziologie an. Beispielsweise greife ich von den Nationalökonomen und Sozialpolitikern heraus: G e r h a r d Albrecht (Marburg); Erwin v. Beckerath (Bonn); Ludwig H e y d e (Köln); Ge'org J a h n (Berlin); A l f r e d Müller-Armack (Köln); Theodor Wessels (Köln) und G e r h a r d Weisser (Köln), von denen Christian Eckert (Köln) und Wilhelm Gerloff ( F r a n k f u r t ) inzwischen verstorben sind. Nach der Aufschwungsperiode der deutschen Soziologie in den J a h r e n 1920 bis 1932 folgte bis 1945 eine Zeit der Lähmung, in der man an ihre Stelle die biologischen Lehren von der Rasse und der Vererbung, sowie die Ideen von Volk und Volkstum zu setzen versuchte. M a n v e r k a n n t e dabei, d a ß diese biologisch begründeten Theorien dringend der Ergänzung und Festigung durch eine Wissenschaft vom kulturellen Zusammenhange der Menschen bedürfen. Biologie ohne Gesellschaftslehre bleibt f ü r das praktische Leben unvollkommen; denn die Wissenschaft von den Gesetzen des natürlichen Daseins erreicht nicht die ganze Wirklichkeit der tatsächlichen Erlebnisse, die sich eben auch an Menschen im sozialen R ä u m e und nicht nur in der Sphäre des Vitalen abspielen. Die Biologie belehrt uns über Anlagen, Möglichkeiten der Lebensführung u n d der G r u p pierung, weist gewisse Folgen von Unterlassungen oder Begehungen auf. Aber wie sich das, was sie lehrt, vollzieht, hängt nur teilweise davon, im übrigen v o m sozialen Zusammenhange ab. Jedoch w ä r e die Wiedergeburt einer tendenzfreien Wissenschaft vom Leben auch vom S t a n d p u n k t e der ihr seit Malthus, Comte und Spencer so nahestehenden Soziologie zu begrüßen gewesen. Der schwere Schaden lag vielmehr darin, d a ß Rassenlehre, Eugenetik, Sippenlehre, Volkswissenschaft und Folklore in den Dienst einer rein praktisch orientierten Denkweise gezwungen wurden und ihnen keine selbständige Kritik gestattet war. I m einzelnen ist trotzdem auf dem Gebiete der Volkskunde und Stammesforschung in soziog raphischer Hinsicht manches geschaffen worden, was nach Sichtung bleibenden Wert haben wird.
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Aus diesem Typenreichtum heben sich f ü r eine schroff generalisierende Betrachtung zwei Grundlinien hervor: Die ältere Soziologie — das suchten wir an Comte, Spencer, Schäffle zu zeigen — verband zwei ungleiche Bestrebungen, an deren Mißverhältnis zueinander sie ge-' scheitert ist: sie wollte einerseits Geschichte interpretieren und den W e g des Geistes durch die J a h r h u n d e r t e a u f weisen, womöglich seine z u k ü n f t i g e Bahn prophezeien, und sie wollte andererseits den realen Zusammenhang der Menschen aufweisen. Dieses zweite Ziel, das uns als das eigentlich soziologische erscheint, k a m gegen den erdrückenden Anspruch der philosophischen Geschichtsauslegung zu kurz. Die Vereinigung beider w u r d e von jenen Denkern Soziologie genannt. In die neue Epoche unserer Wissenschaft, die wir in Deutschland vom Erscheinen der ersten A u f l a g e von Ferdinand T ö n n i e s ' „Gemeinschaft u n d Gesellschaft" (1887) ab datieren können, w u r d e diese doppelte E r b schaft hinübergenommen; allmählich zerlegte sie sich aber in zwei Arme, den vorwiegend die Geschichte generalisierend interpretierenden u n d den das Nebeneinander des gegenwärtigen Lebens in den V o r d e r g r u n d rückenden Zweig. Die erstgenannte Richtung bevorzugte dabei die Typologie von Kulturphasen. In literaturgeschichtlicher Hinsicht k a n n sie sich darauf berufen, d a ß Hegel, Comte und Schäffle dasselbe unternommen haben. D a ß eine Lehre von der empirischen Verbundenheit der Menschen untereinander etwas anderes ist, leuchtet ein. Verhängnisvoll ist nur der gemeinsame N a m e f ü r zwei innerlich verschiedene Dinge; dieser N a m e aber ist eben literaturgeschichtlich zu erklären. A l f r e d V i e r k a n d t versucht den Unterschied der beiden Aufgaben dadurch auszudrücken, daß er von Kultursoziologie dort, von Gesellschaftssoziologie hier spricht. Verwickelter wird die Sache aber dadurch, d a ß die „Wissenssoziologie" eine
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Zwischenstellung einnimmt. Sie sucht nämlich die Ideologien und Utopien, die die einzelnen Zeitalter geistig beherrscht haben, aus den gesellschaftlichen Bedingungen verständlich zu machen; sie „enthüllt" die Ideologien als Spiegelungen sozialer Strukturen, z. B. der jeweiligen Klassenordnungen. Das ist nicht dasselbe wie die Kulturgeschichte älterer Richtung. Es setzt ein Eingehen auf die tatsächliche Lebens-und Sozialordnung der Menschen voraus, befaßt sich freilich nicht mit ihr als Selbstzweck der Forschung, sondern nur als Mittel zum Zweck des Verständnisses geistiger Entwicklungen. Angebahnt und vorbereitet wurde diese Wissenssoziologie durch den Marxismus; die Betrachtungsweise des historischen Materialismus hat uns an die Zusammenschau von Gesellschaftsordnung und Ideenwelt gewöhnt. Die moderne Wissenssoziologie, zu der Max S c h e 1 e r wertvolle Anregungen gegeben hat, macht sich freilich ihrerseits die Lehre des Marxismus vom „Überbau" nicht ohne weiteres zu eigen. Mit diesen Erscheinungen der Dreiströmung wird nicht selten der leidige, in Deutschland seit R i c k e r t zugespitzte Gegensatz von N a t u r - und Geisteswissenschaften vermischt. Man beliebt, einen scharfen Unterschied zwischen der zu den Naturwissenschaften tendierenden Soziologie des 19. Jahrhunderts (in Deutschland z. B. Schäffle) und den geisteswissenschaftlichen Grundlagen der heutigen deutschen Soziologie zu machen. Werner S o m b a r t s scharf pointierte Beanspruchung der Soziologie f ü r die Geisteswissenschaften, die jüngere Schriftsteller (wie Gerhard L e h m a n n und andere), die von der Philosophie herkommen, sich zu eigen machen, und die unklare H e r aushebung einer angeblich allein gültigen „verstehenden Soziologie" hat die Scheidung noch vertieft. Dadurch, daß die Termini: Geist und Geisteswissenschaft, verstehende Wissenschaft und der Modeausdruck Phänomenologie in sehr verschiedenem, meist recht schwankendem Sinne gebraucht werden, ist eine gefährliche Verwirrung entstanden. Wir müssen uns demgegenüber zu der Auffassung bekennen, daß der Gegensatz zwischen N a t u r - und Gei-
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steswissenschaft in der Soziologie unangemessen ist; sie muß ordnen, messen, quantifizieren; sie muß aber auch ein unmittelbares Verständnis für die Betätigungen und Bekundungen des menschlichen Geistes entwickeln; sie muß Ganzheiten zu schauen vermögen, muß sie aber auch in ihre Elemente zerlegen und analysieren können. N a t u r wissenschaftliche Ordnungsregeln und -aufgaben haben in ihr ebensoviel Raum wie das intuitive Erfassen und innerliche Miterleben von Unwägbarkeiten 1 ). Diese allgemeinen Darlegungen wollen wir nur noch durch einen kurzen Hinweis auf das Lebenswerk von Ferdinand T ö n n i e s und durch einige Worte des Gedenkens an die Denker ergänzen, die neben Tönnies in den beiden ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts im Vordergrunde der soziologischen Arbeit in Deutschland gestanden haben, Georg S i m m e l , Max W e b e r und Werner S o m b a r t. Zum Abschlüsse sei noch einiges über Karl Mannheim, Alfred V i e r k a n d t und Theodor G e i g e r gesagt, die wie die drei eben genannten Autoren nun auch von uns gegangen sind. In den Sammlungen von Lebensläufen von deutschen Gelehrten steht hinter dem N a m e n Ferdinand T ö n n i e s (1855—1936) eine ungewöhnlich große Zahl von Werken aufgezeichnet, von denen sehr viele in den weiteren und teilweise auch in den engeren Kreis von Schriften der Soziologie gerechnet werden müssen. In einer (hier nicht möglichen) eingehenden Würdigung dieser Lebensarbeit hätten wir zu zeigen, daß in der Erziehung des Lesers zu „soziologischer Optik" schlechtweg das große Verdienst dieses Denkers liegt. Im allgemeinen pflegt man freilich den Leitgedanken seines Grundwerks „Gemeinschaft und Gesellschaft" 2 ) als seine wissenschaftliche 1) Vgl. d a r ü b e r auch die vortreffliche kleine Schrift v o n Johann P 1 e n g e , Zur Ontologie der Beziehung, Münster 1930, Staatswissenschaftl. Verlagsanstalt m. b. H. 2 ) Dessen Entwurf aus dem J a h r e 1880/81 stammt, dessen erste Auflage im J a h r e 1887 erfolgte, dessen zweite Auflage 1912 erschien und von dem gegenwärtig die 6. und 7. Auflage (Berlin 1926, Carl Curtius) vorliegt.
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Hauptleistung hervorzuheben. Sicherlich ist auch diese Gegenüberstellung von „Gemeinschaft und Gesellschaft" die Basis seiner Lehren. Tönnies unterscheidet „reine angewandte und empirische Soziologie" (wobei seine T e r minologie von der unsrigen abweicht, da wir ja „reine" und „empirische" Soziologie gleichsetzen). In seiner „reinen Soziologie" bilden Gemeinschaft und Gesellschaft die Grundbegriffe. (Es handelt sich also dabei um einen engeren Begriff „Gesellschaft", der sich von dem allgemeinen Begriff Gesellschaft unterscheidet.) „Der Sinn diese Begriffe", sagt Tönnies, „ist, daß alle diese Komplexe positiver Beziehungen, die ein Band (Vinculum) konstituieren, einen zweifachen Ursprung haben: entweder den menschlichen Wesenwillen oder den menschlichen Kürwillen. Als Wesenswillen begreife ich hier die Formen des Wollens, also der Bejahung und der Verneinung, die im Gefühl (der Neigung, dem Instinkt) ihre Wurzel haben, durch die Übung, also als Gewohnheit, sich befestigen und als Glaube oder Vertrauen sich vollenden. Dazu gehört auch das bejahende Wollen, sofern es auf Mittel zu einem Zwecke gerichtet ist, solange als diese Mittel in wesentlicher Einheit mit dem Zwecke gefühlt und gedacht werden. An diesem Punkte tritt aber der Bruch ein, wenn und insofern als Zweck und Mittel sich entzweien, d. h. ein Mittel in vollkommener Isolierung, ja endlich in Opposition zu dem Zwecke, dennoch als zweckmäßig bejaht und gewollt wird; also auch trotz Widerwillens, mit Überwindung eines solchen, z. B. der widerstrebenden Neigung, des Ekels oder des Gewissensbisses. Die Einheit dieser Formen des Wollens nenne ich Kürwillen. Als beruhend im gemeinsamen Wesenwillen wird Gemeinschaft, als hervorgebracht durch gemeinsamen Kürwillen Gesellschaft verstanden." Einwendungen gegen den Gebrauch, den einige Tönnies-Schüler von dieser Zweiteilung aller sozialen Gebilde gemacht haben, braudien hier nicht eingehender erörtert zu werden. Es haben sich nicht selten einseitige
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Bewertungen an diese Antithese geknüpft; man hat die Gemeinschaft, die auf 'Wesenwillen beruht, allzu sehr gepriesen und die „Gesellschaft'' verdammt. Wir würden nur bereit sein, die Gegenüberstellung anzunehmen, wenn man sich jeder Parteinahme f ü r und gegen den einen oder anderen Typus enthält. Hier handelt es sich, um die historische Einschätzung jenes Versuchs aus den 80er Jahren, den Problemen des menschlichen Zusammenlebens auf dem Wege über eine aus der Erfahrung abgeleitete Zweiteilung aller Gruppierungen zu entsprechen, dabei nicht bloß an der Oberfläche zu bleiben, sondern die Willenskräfte, die sich in ihnen bekunden, durchscheinen zu lassen. Das geschah durch Tönies in einer Zeit, wo Spencers Biologismus und Organizismus herrschte und Historiker, Juristen und N a tionalökonomen (nach der Episode der Zeit Mohls und Steins um die Mitte des vorigen Jahrhunderts) ihre wissenschaftliche Teilnahme einseitig dem Staate zuwandten. Diese Zweiteilung der Gebilde und Gebildekräfte hat bis heute ihre Bedeutung — zum mindesten als heuristisches Prinzip — bewahrt. Auch wenn man, wie der Verfasser dieser Zeilen, Zweifel hat, ob nicht andere Scheidungen neben sie treten müssen, die nicht die Gefahren der Antithese und der gefühlsmäßigen Parteinahme mit sich bringen, wird man diese Hilfe bei vielen Untersuchungen nicht entbehren können. Man wird immer wieder bei Analysen von sozialen Gebilden fragen müssen, wieweit sie auf „realem, organischem Leben", wieweit auf zwecksetzendem, rechnendem "Willen beruhen. Zu den deutschen Soziologen der letzten Jahrzehnte, die wir hier — unter den oben dargelegten, f ü r uns maßgebenden Gesichtspunkten — neben Tönnies nennen, gehört in erster Linie Georg S i m m e l (1858—1918). Audi Max " W e b e r (1864—1920), den wir oben als Autor der speziellen Soziologie und als Sozialhistoriker erwähnt haben, muß in diesem Zusammenhange noch einmal ge-
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nannt werden, weil seine Methode und seine sachlichen Forschungsergebnisse der empirischen, „allgemeinen" (theoretischen) Soziologie vorgearbeitet haben. Wohl nur wenige Denker versagen sich einem (nun einmal unvermeidlichen) Einordnungsversuche so sehr wie Simmel. Wie ihm als Philosophen und als Soziologen die Bildung einer „Schule" fern gelegen hat und wie er selbst in seinen Werken nur sehr selten Bezug auf das Schaffen anderer nimmt, so müssen wir ihn auch als eine wissenschaftliche Erscheinung f ü r sich auffassen, für den nach seinen eigenen Worten die „persönliche Attitüde zur Welt" entscheidend war. Er war kein Soldat in Reih und Glied, freilich auch kein eigentlicher Führer, sondern ein w a h r h a f t geistreicher Anreger voller Ideen und Einfälle, der aber — ein umgekehrter Spencer — niemals ein System hat errichten wollen 1 ). Frei zu sagen, was er denkt, stets in persönlicher Färbung und ohne den Zwang zu einer strengen Folgerichtigkeit der Planlegung — war sein Bestreben. Entkleiden wir den Begriff aller verkleinernden und geringschätzigen Nebenbedeutungen, so können wir diesen genialen Autor einen Literaten, und zwar einen der größten Literaten aller Zeiten nennen. Damit soll seine Unabhängigkeit von dem Akademisch-Schulmäßigen, allem Zünftlerischen und aller traditionellen Folgeordnung hervorgekehrt sein. Dazu kommt, daß auch dieser Soziologe, wie so viele andere, eben nicht nur Soziologe war, sondern zu Beginn seiner schriftstellerischen Tätigkeit und besonders in seinen letzten Lebensjahren (etwa von 1910 ab) vor allem Philo!) Viel Interesse (schon zu einer Zeit, w o in Deutschland erst eine ziemlich kleine Sdiar Simmeis Bedeutung und Begabung ganz zu würdigen wußte) haben die Amerikaner Simmel entgegengebracht. Das beste Budi kommt denn audi von dort; es ist „The Social Theory of Georg Simmel" von Nidiolas J . S p y k m a n (Chicago 1925). Dort auch auf S. 227 ff. eine ausgezeichnete Bibliographie, ü b e r Simmeis Gesamtpersönlichkeit und Philosophie sagt manches Richtige Max A d l e r in seinem Vortrage: Georg Simmeis Bedeutung für die Geistesgeschichte (Wien, Leipzig, 1919, Anzengruber-Verlag).
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soph ). Sein Bedürfnis nach Metaphysik verdrängte schließlich seine ursprüngliche Neigung zur Empirie. Der Simmel von 1915 war ein ganz anderer Mann als der von 1905. Uns geht nur dieser an, der die Soziologie zu einer empirischen Gesellschaftslehre gestalten wollte und der eine „formale" Soziologie anbahnte. Das eigentümliche Zurückweichen, Abschweifen, das Aphoristische und Torsohafte in seiner Arbeit als Soziologe hängt mit den Vorzügen und Mängeln dieses analysierenden, der Systematik so abholden Schaffens zusammen. Geistige Robustheit, Diszipliniertheit und intellektuelle Selbstverleugnung waren ihm fremd. Wir tun gut, uns nur auf sein Hauptwerk „Soziologie, Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung" (1908) allein zu beziehen 2 ): Maria S t e i n h o f f hat in dem Aufsatz „Die Form als soziologische Grundkategorie bei Georg Simmel" (Kölner V i e r t e l j a h r s h e f t e für Soziologie, IV. Jahrg., S. 215 ff.) die Wandlungen Simmeis, wie folgt, skizziert. Wir geben dieses Zitat zugleich als Übersicht über seine wichtigsten uns hier interessierenden Schriften: „Im J a h r e 1890 veröffentlichte er als seine erste Arbeit die .Soziale Differenzierung'. Es ist eine Eigentümlichkeit der frühen Schriften Simmeis, daß sie mehr auflösend als aufbauend sind und einen eigenen positiven Standpunkt nicht erkennen lassen. Erst in einem kleinen Aufsatz in Schmollers Jahrbuch 1894 ,Das Problem der Soziologie' wird das Ziel deutlicher, das der junge Simmel sich gesteckt hatte, nämlich die Begründung der Soziologie ,als einer empirischen Gesellschaftslehre'. 1892 bereits war er mit einer Schrift ,Die Probleme der Gesdiichtsphilosophie' hervorgetreten, die 1905 in völlig v e r ä n d e r t e r Auflage erschien? sie gehört nicht zu den eigentlich soziologischen Schriften; aber sie nimmt doch von gleichen Gesichtspunkten her ihren Ausgang. Ihre geistige Haltung liegt durchaus in der Linie der von Frischeisen-Köhler als .kritisch' bezeichneten Schriften, indem sie letzten Endes dazu dient, .Hindernisse aus dem W e g zu räumen' und .Ansprüche der Metaphysik und der Geschichtsphilosophie abzuweisen'. Nach einer längeren Pause erschien 1900 die .Philosophie des Geldes', die einerseits die bereits angeschnittenen soziologischen Probleme fortführt, aber doch eine weit tiefere Fragestellung erkennen läßt, die sie in die Linie der philosophischen Schriften aus den späteren J a h r e n einreiht. Die bedeutendste soziologische Schrift Simmeis ist die .Soziologie' von 1908, in der er seine .formale Soziologie' darlegt und vor allem mit einer Fülle von Einzeluntersuchungen den vorher gewiesenen W e g selbst beschreitet. Das große W e r k w a r für ihn so etwas wie ein Abschied von der soziologischen Forschung." 2 ) Im folgenden gebe ich in der Hauptsache eine Reihe von Sätzen wieder, die ich bereits in einer etwas ausführlicheren Würdicrung im „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band XXXI, S. 897 ff., in einem Sammelreferate „Neuere soziologische Literatur" (1910), geschrieben habe
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Simmel (der Simmel von 1908) war — etwa gleichzeitig wie Emile Waxweiler in Belgien, der freilich die Gesellschaftslehre als Naturwissenschaft behandelte — in Deutschland der erste, der die Soziologie in völliger Trennung von der Sozialphilosophie eng begrenzte. Sie war ihm eine Einzelwissenschaft mit einem bestimmten, neuen, aber ziemlich deutlich begrenzten Objekt. Es war eines seiner Verdienste, daß er den Unterschied zwischen der allgemeinen modernen Tendenz zur soziologischen Betrachtung der Gegenstände verschiedener Wissenschaften, die aber durch diese neue Betrachtungsweise nichts an ihrer Selbständigkeit und Existenzsicherheit einbüßen, und der Schöpfung einer neuen Wissenschaft der Soziologie verdeutlichte. Nach ihm vermag sie zwar nicht neue T a t sachen, neues Material zutage zu fördern; aber sie legt „eine neue Linie durch Tatsachen, die als solche durchaus bekannt sind". Neue Gesichtspunkte, neue Abstraktionen seien mit ihr gegeben. Während nämlich der Inhalt der Vergesellschaftungsvorgänge Gegenstand der verschiedenen (älteren) Sozialwissenschaften, entsprechend den einzelnen realen Gebieten des sozialen Lebens (wie Wirtschaft, Recht usw.) sei, untersuche die Soziologie die Formen der Vergesellschaftung, wie sie zu unzähligen Zwecken mit sich wandelnden Inhalten bestehen. Die mannigfachen Verwirklichungsformen der Vergesellschaftung seien begrifflich von ihren „divergentesten Inhalten" zu lösen und als psychische Phänomene besonderer Art aufzuweisen. Trotz dieser sozialpsychologischen Grundlage sei die Soziologie keineswegs ein Zweig der Psychologie. Mögen immerhin vorwiegend seelische Tatsachen in der Soziologie behandelt werden, so geschehe es doch nicht, um Gesetze seelischer Prozesse zu finden, sondern das Ziel der Soziologie sei, eben „die Sachlichkeit der Vergesellschaftung" (die allerdings, wie gesagt, „von psychischen Vorgängen getragen" wird) zu erfassen. Wie Psychologie und Soziologie nicht identisch seien, so hebe sich auch von dem eigentlichen Gegenstande der Gesellschaftswissenschaft ihre Erkenntnistheorie und Metaphy-
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sik (wie bei allen anderen Sozialwissenschaften) ab. In die Metaphysik der Soziologie verweist Simmel die Frage nach der Stellung der Gesellschaft im Kosmos. Andererseits gehörten die Fragen: Ist die Gesellschaft möglich? besteht sie außer uns oder nur in unserem Bewußtsein? und dergleichen in die Erkenntnistheorie, also gleich jenen metaphysischen Problemen in bestimmte Unterdisziplinen der Philosophie. Hier ist mit allen Ansprüchen auf enzyklopädisch-universelle Geltung der Soziologie, auf eine Zusammenfassung aller sozialen Einzelwissenschaften in ihr a u f geräumt; auch die Erstreckung der naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise auf die Tatsachen der menschlichen Gesellschaft kommt f ü r Simmel ganz und gar nicht in Betracht. Doch die Einschränkung der Aufgaben der Soziologie geht bei Simmel, wie angedeutet, noch weiter: das Inhaltlich-Stoffliche der menschlichen Zweckhandlungen soll eine möglichst geringe Rolle in dieser Gesellschaftswissenschaft spielen; nur die formale Seite der Vergesellschaftung interessiert hier an allen historischen Vorgängen. Es erhebt sich die Frage: Ist eine solche Beschränkung auf die Formen der Sozialisierung möglich? Beweist Simmeis Ausführung seines Programms in neun sehr lesenswerten Kapiteln (deren spezieller Inhalt hier außer Berücksichtigung bleiben muß) die Möglichkeit und Fruchtbarkeit seiner Problemstellung? Zunächst muß man sich ja davor hüten, in der Form etwas dem Inhalte gegenüber Nebensächliches, Untergeordnetes zu sehen. Das Wesen der Dinge wird o f t deutlicher in ihrer Form als aus ihrem Inhalt. So ist es auch hier: Soweit wie möglich zugunsten der Darstellung menschlicher Beziehungen vom Inhaltlichen der Gemeinschaftshandlungen, also von dem, was Plenge ihren „Betreff" genannt hat, abzusehen, kann eine Befreiung vom Zufälligen, Vorübergehenden, Nebensächlichen bedeuten, die erst einen um so tieferen Blick in die Menschennatur überhaupt ermöglicht. Bisher unenthüllte Geheimnisse der
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menschlichen Seele, menschliche Entwicklungsmöglichkeiten, Motive und Strebungen werden erst jetzt deutlich. Das Wesen der Kultur enthüllt sich erst, wenn man sie nicht allzu gegenständlich in kompakten, derben Einzelheiten und ihren Summierungen sucht. Die äußere Einengung des Gebiets der Soziologie bedeutet eine wertvolle Vertiefung, eine innere Erweiterung der Erkenntnismöglichkeiten. Aber Simmeis Untersuchungen liefen Gefahr zu versanden, sich zu verzetteln. Es sind sicherlich nicht nur sehr viele feine Betrachtungen in ihnen; sie haben auch Höhepunkte von größtem Erkenntniswerte. D a n n aber verlieren sie sich wieder in Spielereien mit der Formenfülle, mit subtilsten und feinsten Nuancierungen. Aus den zahlreichen Lehren von mannigfachen Formen der Vergesellschaftung entstand keine einheitliche Lehre von den Vergesellschaftungsformen. T r o t z der Anerkennung der Bedeutung dessen, was Simmel die Formen der Vergesellschaftung nennt, und der Beibehaltung seiner Aufgabenstellung in der Beziehungslehre haben wir die Bezeichnung „formale" Soziologie, wie oben bereits erwähnt, aufgegeben, weil sie allzu häufig mißverstanden worden ist. Aber der N a m e ist nebensächlich. In der Hauptsache nimmt die Beziehungslehre den Faden wissenschaftlicher Forschung dort auf, wo ihn Simmel 1910 zugunsten philosophischer Studien fallen ließ. W a r doch mit seiner „Soziologie" erst ein noch unsicherer A n f a n g gemacht. Max W e b e r in diesem Zusammenhange zu erwähnen, ohne seine Bedeutung gebührend zu würdigen, ist nicht minder (freilich in einem anderen Sinne wie bei Simmel) mißlich. Er wirkte so stark durch seine Gesamtpersönlichkeit, daß, ihn als bloßen Förderer einer wissenschaftlichen Methode zu nennen, ihn verkleinern heißt. Doch handelt es sich hier nur darum, einige logische Hilfsbegriffe und Kategorien aus seinem hinterlassenen und Torso gebliebenen H a u p t w e r k e „Wirtschaft und Gesell-
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schaft", die auch für die „Beziehungslehre" fruchtbar sind, herauszugreifen und kurz zu skizzieren 1 ): Für ihn war Soziologie eine Wissenschaft, die soziales Handeln deutend verstehen und in seinem Ablaufe und seinen Wirkungen ursächlich erklären will. Damit gehöre die Soziologie zu den „verstehenden" Wissenschaften. Wir könnten nicht den objektiven, sondern nur den „subjektiv gemeinten Sinn" dieses Handelns verstehen; wir suchten den Sinn, den die handelnden Menschen mit ihrem Tun und Lassen verbinden, verstandesmäßig zu deuten. Von allen Handlungen beschäftigten uns in der Soziologie nur die sozialen; sie umfaßten die Handlungen, die ihrem vom Handelnden gemeinten Sinne nach auf das Verhalten anderer bezogen werden und daran in ihrem Ablaufe orientiert seien. Die Beziehungslehre stimmt mit dieser Grundauffassung Max Webers darin überein, daß auch ihr das soziale Handeln Objekt ist. Den Begriff „sozial" kann sie ebenso definieren, wie es hier von Weber geschehen ist. Nachdrücklich betont auch sie, daß nur der subjektiv gemeinte, nicht der objektive Sinn wissenschaftlich erfaßbar ist. Nur zieht sie den Rahmen der Soziologie insofern weiter, als sie mit der Verständlichmachung des sozialen Handelns seine systematische Ordnung verknüpft. Am meisten weiter wirkt in der allgemeinen Soziologie von Webers Kategorien seine Hervorhebung der verstehenden Schauweise und seine methodologische Verwendung der Idealtypen. In der weisen Beschränkung, die er der Anwendung der beiden Begriffe gegeben hat, haben sie durchaus Gültigkeit. Die verstehende Optik als subjektives Verfahren im Gegensatze zu der objektiven erklärenden Schauweise, die die Naturwissenschaften beherrscht, war von dem Philosophen D i 11 h e y besonders zur Deutung religiöser und philosophischer Überzeugungen und des Wandels der Geschichte hervorgehoben wor1) .Wirtschaft und Gesellschaft", 2. Aufl., Tübingen stattlichen Halbbänden). 9
von Wiese, Soziologie
1925 (in
zwei
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den. Ihre Ausdehnung auf soziopsychologische u n d psychosoziologische Erscheinungen lag nahe, d a das soziale Leben ohne Einfühlung in die mit der bloßen Logik nicht durchschaubaren Tiefenschichten der menschlidien Seele nicht hinreichend e r f a ß t werden k a n n . W e n n m a n den „subjektiv gemeinten Sinn" des menschlichen H a n d e l n s verdeutlichen will, ist eben das „Verstehen" ein wichtiger Weg. Falsch w u r d e nur die besonders von W e r n e r S o m b a r t hervorgekehrte Denkweise, die das Verstehen zur einzigen, den Geisteswissenschaften (zu denen er die Soziologie rechnete) angemessenen O p t i k machen wollte. Erklärende und verstehende Schauweise stehen aber, sich ergänzend, nebeneinander. Bemerkenswert ist die gegenwärtig in den Vereinigten Staaten hervortretende „Weber-Renaissance", die fast modenmäßig die ein p a a r J a h r e zuvor hier u n d da vorherrschende Vorliebe f ü r P a r e t o abgelöst hat. H o w a r d B e c k e r sucht das V e r f a h r e n M a x Webers zur Methode der Interpretation auszugestalten. M i t der „verstehenden Methode" hängt die sogenannte „Wissenssoziologie" eng zusammen, die M a x S c h e 1 e r und K a r l M a n n h e i m (neben anderen) in den 20er J a h r e n in Deutschland entwickelt haben. Auch hier ist bemerkenswert, d a ß in dem Maße, in dem sie nach der teilweise überscharfen Kritik, die sie von Ludwig C u r t i u s und anderen Kulturphilosophen erfahren hat, in Deutschland vorübergehend zurückgetreten ist, sie in Amerika an Boden zu gewinnen scheint. Mannheim hat in seinen letzten Lebensjahren dort u n d im Exil in England, w o er zuletzt lehrte, viel Beachtung gefunden; auch G u r v i t c h hebt sie hervor. In den Kreisen um H o r k h e i m e r u n d im Institute of Social Research ( N e w York) arbeitet m a n an ihr weiter. G r a d e Denker, die dem Determinismus nahe stehen, der dem Marxismus eigen ist, aber nicht alle schroffen Konsequenzen der ökonomischen Geschichtsauffassung zu ziehen bereit sind, neigen zu den Auffassungen, die in der E r k l ä r u n g geistiger Phänomene aus zwischenmenschlichen Zusammenhängen
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die hauptsächliche Aufgabe unsrer Wissenschaft sehen. Besonders die Religionssoziologen (die wir hier nicht behandeln können) sehen hier ihr Feld. Audi hier ist es eine Frage des Maßes, von der die Beurteilung abhängig gemacht werden muß. Es wäre töricht, ja gradezu böotisch, wollte man diesem Forschungszweige die Daseinsberechtigung absprechen. Aber das Geistige darf nicht mit dem Sozialen gleichgesetzt werden. Das haben auch Weber und Scheler nie getan. Was die Idealtypen betrifft, so handelt es sich bei ihnen um eine Bereicherung soziologischer Methodenlehre. (Das zu begründen, würde den Rahmen dieser Einführung sprengen.) Bei der Gesamtbeurteilung von Max W e b e r hat sich im Verlaufe der obenerwähnten Vereinfachung hier und da eine gewisse Mythenbildung entwickelt, die aber dem Andenken dieses faustisch ringenden Geistes nur Abbruch tun kann. Seine Bedeutung liegt einerseits auf dem Gebiete der Erkenntniskritik, Wissenschaftslehre und Anthropologie, anderseits in der Förderung der Geschichtsund Kulturerkenntnis, besonders auf dem Felde der Religionssoziologie. Dagegen fehlt es seiner ungestüm vorandrängenden N a t u r an Geduld zur Kleinarbeit und folgerichtigen Analyse und Systematik. Vieles ist bei ihm Torso und bloße Anregung geblieben; wie er sich zur Soziographie verhielt, wurde oben angedeutet. Das, scheint mir, muß gesagt werden, nicht um seine ragende Gestalt zu verkleinern, sondern um seine Bedeutung auf dem richtigen Felde der Geistesarbeit zu suchen und zu finden. Werner S o m b a r t s wissenschaftliches und persönliches Charakterbild habe ich an zwei Stellen zu zeichnen versucht 1 ). Wer die Aufsätze gelesen hat, wird mir recht geben, wenn ich hier ausspreche, daß es unmöglich ist, seine Eigenart in wenigen Worten zu kennzeichnen; es !) In d e n K ö l n e r V i e r t e l j a h r s h e f t e n , B a n d XI, S. 253 ff. u n d in Z e i t s c h r i f t f ü r d i e g e s a m t e S t a a t s w i s s e n s c h a f t , 101. Band, S. 597 ff. 9"
der
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müßte mißverständlich bleiben. Hier sei nur hervorgehoben, daß er, der Verfasser des „modernen Kapitalismus", keineswegs bloß Nationalökonom war, daß er vielmehr (irrigerweise) sogar Wirtschaftstheorie und Wirtschaftssoziologie gleichsetzte, vor allem aber, daß Werke wie sein „Bourgeois" oder sein „Die Juden und das Wirtschaftsleben" und manches andere noch durchaus auch in die Ideengeschichte unserer Wissenschaft gehören. Seine methodologischen Untersuchungen müssen Widerspruch herausfordern. Aber seine Fähigkeit, Menschentypen und ihre Motive zu zeichnen, Kulturphasen in lebendiger Schilderung vor uns hinzustellen, war ungewöhnlich groß. In den 20er Jahren standen Max Weber und Werner Sombart ganz im Vordergrunde der soziologischen Forschung in Deutschland. Beide waren von H a u s aus Volkswirte und, im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts zunächst mit der Schmoller-Schule verbunden, im Verein f ü r Sozialpolitik als Nationalökonomen zur Geltung gekommen. Sie bildeten dort bald das wichtigste Paar einer gewissen Opposition gegen die ältere, konservativere Generation. Dieser Gegensatz führte sie zugleich auch zur Soziologie und zur deutschen Gesellschaft f ü r Soziologie, von der hier nichts weiter gesagt werden kann. Ich schrieb über diesen Szenenwechsel und die beiden Protagonisten: „So wandelte sich um jene Zeit die Bühne unserer Wissenschaft. An Stelle des Chors der vom Chorführer Schmoller in Disziplin gehaltenen Volkswirteschar trat ein Dioskurenpaar in den Vordergrund: Max Weber und mindestens im gleichen Grade Werner Sombart. Beide waren ganz anders geartet als die große Mehrzahl der älteren Generation. Beide waren revolutionäre Geister, Neuerer und Zerstörer von starkem Selbst- und Überlegenheitsgefühle, Männer mit neuen und selbständigen Einfällen, leidenschaftlich und rücksichtslos, ohne viel Respekt vor der Tradition und ohne Besorgnis, sie könnten übertreibend und unsachlich erscheinen. Max Weber war mehr der Mann des Alles oder Nichts, des sittlichen Heroismus, der Askese, der unbedingten Gerechtigkeit und absoluten Par-
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teinahme. Sombart besaß mehr die Originalität eines unabhängigen Künstlers, mehr Lust am Widerspruche, um zu verblüffen, mehr Abneigung gegen Autoritäten, mehr Phantasie und Geschmack, allerdings auch ein wenig Primadonneneitelkeit und Lust an der Schauspielerei. Weber war in stärkerem Maße von sittlichem und politischem Radikalismus erfüllt; Sombart hatte mehr literarischen Intellektuellenehrgeiz, dabei eine unvergleichlich höhere D a r stellungskunst und Klarheit des Stils in Schrift und Rede." Alfred V i e r k a n d t (1867—1953) suchte in seinem ersten größeren Werke „Die Stetigkeit im Kulturwandel" (1908) im Gegensatz zu Tarde, für den die Neuerung in der Geschichte das Geheimnis des Genies war, das aus nichtgesellschaftlichen Quellen in freien Kombinationen schöpfe, zu zeigen, daß jedes zivilisatorisch Neue tief vom Alten, Vorausgehenden abhängig wäre. Er betonte die Gewalt der Überlieferung und groben Masseninstinkte. Die tragenden und treibenden Beweggründe seien vorwiegend und ausschließlich trivialer N a t u r . Das Große in den menschlichen Dingen bestehe überall aus einer Anhäufung kleiner Bestandteile. Wenn ich ihm auch in der Geringschätzung des Genialen nicht zu folgen vermochte, so schien mir doch Vierkandt besonders in der Betonung der Bedeutung der Beziehung f ü r die Soziologie, die er in seiner „Gesellschaftslehre" (erste Auflage 1923) vorgenommen hat, auf dem rechten Wege zu sein, den Simmel vorgezeichnet hatte. Aber er hat diesen Ansatz zu einer Beziehungslehre später nicht mehr verfolgt. D a f ü r mehrten sich seine wertvollen Beiträge zur Ethnologie. Immer kennzeichnet ihn der unablenkbare Wille, illusions- und phrasenlos ein realistisches Bild des Menschen zu geben. In der Festschrift zu meinem siebzigsten Geburtstage, deren erster Band 1948 unter dem Titel: „Studien zur Soziologie" in Mainz erschienen ist, finden sich in seinem Aufsatze: „Das neue Bild des Menschen und der menschlichen Gesellschaft im Zusammenhange des neuen
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Weltbildes" die W o r t e : „ W i r sehen heute, wie die alte Auffassung" (vom Menschen) „viel zu hoch gegriffen h a t . . . In der Wirklichkeit des Lebens bleibt sein typisches Verhalten weit hinter diesem Bilde zurück." G r a d e die W a r n u n g , nicht zuviel auf einmal von der sittlichen und geistigen Leistungsfähigkeit der durchschnittlichen Menschen zu erwarten, vielmehr mit den Unvollkommenheiten ihrer noch im Triebleben mannigfach verankerten N a t u r bei allen sozialen Zielsetzungen zu rechnen, können wir Vierkandts stets so vorsichtiger Urteilsweise entnehmen. K a r l M a n n h e i m (1893—1947) erweiterte die ökonomistische Geschichtsauffassung von K a r l M a r x zu der eben hervorgehobenen Soziologie der Erkenntnis (gewöhnlich als „Wissenssoziologie" bezeichnet). Als Heidelberger P r i v a t d o z e n t schrieb er 1929 seine „Ideologie u n d U t o pie". Schon vorher h a t t e er seit 1922 (u. a. auf dem sechsten Soziologentag in Zürich) zu zeigen versucht, d a ß der I n h a l t des geistigen u n d politischen Lebens völlig von den N o r m e n u n d immanenten Entwicklungsgesetzen der sozialen Struktur abhängig u n d bestimmt sei. Als Emigrant übernahm er eine Lehrtätigkeit an der London School of Economics u n d w u r d e schließlich 1945 Professor der Soziologie der Erziehung an der Universität London. Noch eine Frucht seiner letzten Tätigkeit in Deutschland w a r sein (m. E. in manchen Zügen recht problematisches) W e r k „Mensch u n d Gesellschaft". In die letzten Jahre seines Lebens fällt ein pädagogisch-soziologisches "Werk. Es k a n n nicht bezweifelt werden, d a ß M a n n h e i m mit großer Geistesschärfe u n d D e n k k r a f t in die T i e f e n der Zusammenhänge von Mensch u n d Gesellschaft gedrungen ist u n d nach M a x Webers u n d Schelers T o d e zu den anregendsten u n d ideenreichsten Forschern u n d vor allem Lehrern unserer Wissenschaft gehört hat. V o r 1933 w a r er derjenige unter den jüngeren Gelehrten, von dem man mit Recht erwarten konnte, d a ß er die unvollendete Arbeit der Männer, die besonders das Grenzgebiet v o n Philosophie, Politik, Ökonomie u n d Soziologie angebaut hat-
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ten und dabei die Soziologie als die Synthese der anderen Disziplinen ansahen, zu einem überzeugenden Abschluß führen würde. Zu den in deutscher und dänischer Sprache veröffentlichten Schriften der letzten Jahrzehnte, die unsere Wissenschaft am meisten gefördert haben, wird, möchte ich glauben, eine spätere Literaturgeschichte die Werke Theodor G e i g e r s (gestorben 1952) rechnen. Über ihn schrieb ich in der „Kölner Zeitschrift für Soziologie" (Band IV, S. 579): „Die Zahl der Forscher, die wir in Europa im strengeren Sinne des Wortes als Soziologen bezeichnen können, ist nicht groß. Für Geiger war sie nicht ein unbegrenzter Tummelplatz von Ideen und Beobachtungen, die sich in den umhegten Feldern anderer Wissenschaften nicht recht unterbringen ließen, sondern eine selbständige Einzelwissenschaft mit klaren Grundfragen. Das war freilich nicht von Anbeginn seiner Arbeiten so. In den zwanziger Jahren war er, von dem Theologen Dunckmann beeinflußt, mehr Gemeinschaftsethiker sozialistischen Gepräges. Damals wollte er mir nicht gelten lassen, daß auch das Menschenpaar ein Gegenstand der Soziologie sei. Er war besorgt, eine zu liebevolle Befassung mit den kleinen Gruppen führe von der Blickrichtung auf Genossenschaften, Parteien und Klassen zu einer individualistischen Auffassung weg. Aber schon sein großer Beitrag von 1931 zu Vierkandts Handwörterbuch der Soziologie über die Hauptrichtungen, Aufgaben und Verfahren trug ein anderes Gepräge. Damals war er o. Professor an der Technischen Hochschule Braunschweig. Als Hitler zur Macht kam, ging er nach Dänemark. Schwere, sehr arbeitsreiche Jahre — er ist stets fleißig gewesen — begannen; er bekam den Lehrstuhl in Aarhus. Er gehörte nun zu den deutschen Emigranten, die in der Fremde geistig wuchsen und immer Reiferes leisteten. In Deutschland vermißte man ihn sehr; in Skandinavien faßte er von Jahr zu Jahr festeren Fuß, veranstaltete Erhebungen großen Stils, schrieb über Konkurrenz, Reklame und die Intelligenz genannte Gesellschaftsschicht.
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In der ISA wurde er einer der eifrigsten und fruchtbarsten Mitarbeiter." Zum Schlüsse seien aus dem Kreise der heute in Deutschland Schaffenden einige Gestalten herausgegriffen, die mit gutem Grunde die besondere Aufmerksamkeit auf ihr Wirken lenken. Es handelt sich bei ihnen nicht um den sie umschließenden Rahmen einer und derselben Schule, sondern um Forscher, die eine individuelle Behandlung verlangen (allerdings mit einer Ausnahme, bei der es sich um ein Paar eng verbundener Gelehrter handelt). Mit diesem Paar meine ich Max H o r k h e i m e r und Theodor A d o r n o . Beide sind in ihrem Zusammenwirken in erster Linie Sozialphilosophen, verknüpfen aber ihre Teilnahme an der Geistesgeschichte und an philosophischer Systematik mit Soziologie und Soziographie. Im Mittelpunkte ihrer Ideen steht das Vorhaben, Hegels Dialektik weiter zu entwickeln. Aus ihren Veröffentlichungen in früheren Jahren greife ich hier die Studien über Autorität und Familie (Paris 1936), aus der letzten Zeit ihres Wirkens in Amerika die „Studies in Prejudice" (New York 1950) und die „Dialektik der Aufklärung" (Amsterdamm 1947) heraus. Gegenwärtig widmen sie sich u. a. in dem von ihnen geleiteten Institute für Sozialforschung in Frankfurt a. M. der Organisation soziographischer Studien. Ein anderer den beiden Genannten nahestehender Philosoph ist Helmuth P1 e s s n e r , dessen Arbeiten in einer geisteswissenschaftlichen Anthropologie wurzeln, von der wieder manche Verbindungen zur Soziologie führen. Eines seiner Werke trägt den charakteristischen Buchtitel: „Zwischen Philosophie und Gesellschaft" (Bern 1953). — Willy H e 11 p a c h verband Biologie und Psychologie mit unsrer Wissenschaft. Aus der großen Reihe seiner Werke nenne ich: „Kulturpsychologie" (Stuttgart 1953), „Sozialpsychologie" (3. Aufl. Stuttgart 1951), „Mensch und Volk der Großstadt" (2. Aufl. Stuttgart 1952) und „Sozialorganismus" (2. Aufl. Opladen 1953). — Alexander R ü s t o w verknüpft Kulturgeschichte und Kultur-
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philosophie mit Soziologie. Aufgeführt sei hier nur seine dreibändige „Ortsbestimmung der Gegenwart" (bisher sind Band I und II erschienen: Erlenbach-Ziirich 1950 bis 1952. — v o n M a r t i n ist vorwiegend soziologischer und philosophischer Kulturhistoriker. Genannt sei in diesem Zusammenhange sein „Geist und Gesellschaft" (Frankfurt a. M. 1948) und die 2. Auflage der „Soziologie der Renaissance" (Frankfurt 1949). — "Werner Z i e g e n f u ß ist überaus fruchtbar auf vielen Nachbargebieten von der Philosophiegeschichte bis zur Wirtschaftssoziologie, bleibt dabei stets in Fühlung mit der allgemeinen Soziologie. Ich führe hier nur von seinen Schriften an: „Die bürgerliche W e l t " (Berlin 1949), „Der Mensch als Gesellschaftswesen und der Betrieb" (Berlin 1953) und „Gesellschaftsphilosophie" (Stuttgart 1954). — René K o e n i g hat u. a. eine kleine, in viele andere Sprachen übersetzte „Soziologie heute" (Zürich 1949) geschrieben. Mannigfache Anregungen zur heute viel behandelten Familiensoziologie gaben seine „Materialien zur Soziologie der Familie" (Bern 1946). — Eine weitere intensive Pflege f a n d dieser Zweig durch Helmuth S c h e 1 s k y. Von ihm liegen die „Wandlungen der deutschen Familie in der Gegenwart" (Dortmund 1953) vor. — L. H . Ad. G e c k widmete sich außer in seinen Beiträgen zur allgemeinen Soziologie (besonders zur Lehre von der Distanz) der Betriebssoziologie und Sozialpolitik. Hier seien nur seine „sozialpolitischen Aufgaben" (Tübingen 1950) und die 2. Aufl. seiner „sozialen Betriebsführung" (Essen 1953) genannt. — S c h ö l l g e n s W e r k : „Die soziologischen Grundlagen der katholischen Sittenlehre" (Düsseldorf 1953) ist nicht nur als theologisches Werk von Wert, sondern auch durch seine lehrreiche Kritik der allgemeinen Soziologie von Bedeutung. — Von G. M a c k e n r o t h liegt u. a. ein der allgemeinen Soziologie angehörendes W e r k : „Sinn und Ausdruck der sozialen Formenwelt" (Meisenheim 1952) und seine „Bevölkerungslehre" (Berlin 1953) vor. Ludwig H e y d e (Köln) gehört zu den einflußreichen Sozialpolitikern, die ihre Disziplin wir-
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kungsvoll durch soziologische Grundgedanken vertiefen 1 ). — Alfred M ü l l e r - A r m a c k (Köln), der oben (in Kapitel III) bereits als historischer Soziologe genannt wurde, hat im Zusammenhange mit geistesgeschichtlichen Werken, die sich mit der Vergangenheit beschäftigen, auch in seinem letzten Buche: „Diagnose unserer Zeit" 2 ) die Situation der Gegenwart geschildert. — Gerhard W e i s s e r (Köln) ist bestrebt, der theoretischen und praktischen Problematik der heutigen Sozialordnung in Weiterentwicklung der Ideen der Fries-NelsonSchule eine philosophisch-ethische Grundlage zu geben. In der Soziologie unterscheidet er eine kontemplative und eine normative Auffassung. Mit Recht könnten noch manche andere Autoren der jüngsten Gegenwart Anspruch erheben, genannt zu werden 3 ). Doch mag diese Aufreihung genügen, um eine Vorstellung von der Breite und Tiefe der Literatur zu geben. Es könnte eingewendet werden, daß doch die N o t wendigkeit der Selbständigkeit und Abgegrenztheit der Soziologie in den vorausgehenden Kapiteln hervorgehoben wurde; nun zeige sich aber, daß sich grade sehr viele ausgezeichnete Autoren in ihren Werken zum mindesten ebenso den Nachbarwissenschaften widmeten, und daß die nur zur allgemeinen Soziologie zu rechnenden Schriften nicht zahlreich sind. Jedoch handelt es sich keineswegs bei dieser Forderung um eine personale Einschränkung, sondern um eine sachliche Abgrenzung innerhalb der Behandlung eines Themas. Die unklare Vermischung der Schauweisen und die Unsicherheit in der Verwendung der Kategorie Soziologie ist anfechtbar. Aber es !) Vgl. u. a. die 11. Aufl. seines Abrisses der Sozialpolitik (Heidelberg 1958). 2) Gütersloh 1949. 3 } Die obige Reihenfolge ist zufällig; sie soll keine Bewertung enthalten. Namen und Sdiriften von einigen anderen heutigen Autoren sind bereits in anderem Zusammenhange genannt (vgl. Seite 124) und hier nicht wiederholt worden (so die der beiden Grafen Solms und Stoltenbergs). Andere Autoren, die in den letzten J a h r e n hervorgetreten sind, wie René K ö n i g , sind im Kapitel X genannt.
I X . D i e Lehre v o n den sozialen Beziehungen
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ist durchaus richtig, wenn man es für sehr wünschenswert hält, daß der Soziologe als Forscher auch in Nachbarwissenschaften beheimatet ist oder doch ein Jugendstadium in der Befassung mit anderen Disziplinen durchgemacht hat; nur sollte es nicht auf Kosten der Vertiefung in die soziologische Problematik geschehen und lediglich zu einer rein dilettantischen Randbeschäftigung mit ihr führen. Die Verwendung des Terminus Soziologie bei Studien, die nur in lockerem Zusammenhange mit ihr stehen und die Gleichsetzung von Sozialwissenschaft (im allgemeinen) und Soziologie ist verhängnisvoll. Kapitel
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Die Lehre von den sozialen Beziehungen und den sozialen Gebilden (Beziehungslehre) Am Ende des ersten Kapitels haben wir zu zeigen versucht, daß Soziologie als Fachwissenschaft nur die Lehre vom Sozialen, d. h. von den Einwirkungen der Menchen aufeinander sein sollte. Aus diesen Einwirkungen entstehen die Vorstellungen von großen und kleinen Gebilden, die als Massen, Gruppen und Körperschaften unser soziales Leben beherrschen und den Hauptgegenstand des engsten Kreises der Soziologie bilden. Der Erforschung der sozialen Prozesse und Gebilde muß ein besonders dafür geeignetes Verfahren gewidmet sein, das sich von den Schauweisen anderer Wissenschaften unterscheidet. Wir wollen auf dem Wege der Lehre von den sozialen Beziehungen richtig sehen lernen das Verhalten von Menschen gegen Menschen, die daraus entstehenden Bindungen und Lösungen und jene eigentümlichen Verdichtungen von Beziehungen, die wir soziale Gebilde nennen, für die die Gruppe (im weitesten Sinne) der am leichtesten durchschaubare Typus ist. Uns beschäftigt eine (in der Grundform einfache, aber in mannigfachen Abwandlungen auftretende) folgenreiche Tatsache: daß sich Menschen mit-
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einander verbinden, und daß sie sich zu meiden suchen. Wir erkennen weiter, daß die daraus entstehenden Vergesellschaftungstatsachen mindestens ebenso folgenreich sind wie die physische und psychische N a t u r des Einzelmenschen. Untersucht die Physiologie jene, die Psychologie diese Erscheinungen, so wollen wir die Tatsachen der Vergesellschaftung (im positiven und negativen Sinne) auf Zusammenhang, Folgen und Funktion hin untersuchen. Je mehr sich die Soziologie oder Gesellschaftslehre aus den Verflechtungen ihrer Grundfragen mit anderen Sozialwissenschaften, mit Sozialpsychologie und Sozialphilosophie löst, desto deutlicher wird, daß die ihr eigene und nur ihr zukommende Aufgabe in der Erklärung dessen liegt, was wir den Bereich des Sozialen im menschlichen (im weiteren Sinne auch im tierischen und pflanzlichen) Dasein nennen. Das Soziale aber u m f a ß t alle Äußerungen und Bekundungen des zwischenmenschlichen Lebens. Einer solchen Soziologie muß die Auffassung zugrunde liegen, daß ein großer Teil des Inhalts des menschlichen Lebens nicht in individuellen Betätigungen der einzelnen Leiber und Seelen und ihrer Summierungen, sondern aus den Einwirkungen von Mensch auf Mensch und aus den Zusammenhängen zwischen zahlreichen Menschen besteht. Es handelt sich um die Erklärung dessen, was man das Mensch-All (Stoltenberg) genannt hat. Wir untersuchen, ordnen und verfolgen in ihren Wirkungen die Erscheinungen des Zwischenmenschlichen, mit anderen Worten: das Soziale im Leben der Menschen. Durch begriffliches Denken und durch einen bestimmten Abstraktionsprozeß suchen wir diese Sphäre des Daseins von der körperlichen und seelischen der Einzelmenschen zu scheiden, während die Wirklichkeit im Erlebnisse immer nur eine Verbundenheit der drei Daseinsbereiche aufweist. Zweck solcher Abstraktion der Sozialsphäre ist die Aufweisung der K r ä f t e und Wirkungen, die auf den Zusammenhang der Menschen untereinander und nur auf ihn zurückzuführen sind.
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Dabei können aber nicht die zahllosen £rgebnk?e des Zwischenmenschlichen selbst Gegenstand der Forschung sein. Es ist in diesem Zusammenhange nicht das zu durchforschen, was den Inhalt menschlicher Errungenschaften, Kulturen, Zivilisationen bildet. Diese — o f t auch irreführend als Kultursoziologie bezeichnete — Kulturlehre darf mit dem hier behandelten Gegenstande nicht verwechselt werden. Es gibt zahlreiche Einzelfragen, bei denen sich Kulturlehre und allgemeine Soziologie berühren. Ferner zeigt sich auch hier die unleugbare Tatsache, daß die einzelnen Wissenschaften einander Material liefern. Will man etwa Kulturen wie die ägyptische oder altrömische erklären, so muß auf die Art, wie in jener Zeit die Menschen untereinander verbunden waren, eingegangen werden. Für eine beziehungswissenschaftliche Soziologie ist diese Art der Verbundenheit das Objekt der Forschung, zu dem auch jene geschichtlichen Zeitabschnitte Stoff darbieten. Man kann es auch so ausdrücken: Nicht das Produkt, sondern die Beziehungen der Produzenten ist unser Forschungsgebiet. Eigentlich müßte die Befassung mit den Kulturen oder Ausschnitten aus ihnen (Kunst, Technik, Sprache usw.) voraussetzen, daß vorher die Beziehungslehre als Lehre von den Kultur schaffenden Menschen ganz entwickelt wäre. Wie so o f t nimmt aber auch hier die Geschichte der wissenschaftlichen Erkenntnis den umgekehrten Weg. Die Folge davon, daß es erst Kulturlehre aller Art gegeben hat und erst jetzt die beziehungswissenschaftliche Soziologie entsteht, war, daß man die Ergebnisse anderer dafür weniger geeigneter Wissenschaften (z. B. der Psychologie) als Grundlagen benutzt oder sich auf Grund einer unausreichenden Vorstellung von der Sozialsphäre den Anschein gegeben hat, als ob sie hinreichend durchforscht wäre. Die Frage, wie aus dem Zusammenhange der Menschen untereinander Kultur (im weitesten Sinne) entsteht, ist in ihrer letzten Allgemeinheit eine metaphysische Frage. Letztlich läuft alle Erfahrung in Metaphysik aus.
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Die beziehungs wissenschaftliche Soziologie beschränkt sich auf das Gebiet direkter und indirekter Beobachtung im Bereiche des Erfahrbaren in Gegenwart und Vergangenheit. Dabei sucht sie sich die äußeren, durch die Sinne vermittelten Erfahrungen ebenso nutzbar zu machen wie die innere Erfahrung, der sie durch „Verstehen" nahezukommen sucht. Wir wollen die K r ä f t e erkennen, die aus dem sozialen Bereiche des Menschenlebens hervorgehen. Die Schwierigkeit der Aufgabe liegt darin, daß die Erscheinungen der Sozialsphäre einerseits nicht bloß wahrnehmbar, anderseits nicht bloß seelisch sind, daß wir aber die Ergebnisse unserer Beobachtungen zumeist in Sprachformen ausdrücken müssen, die dem Bereiche des Seelischen oder des Körperlichen entnommen sind. Bei allen Erforschungen der Sozialsphäre besteht die Gefahr des Abirrens in den Bereich der Fragestellung anderer Wissenschaften. Deshalb ist hier in einem besonders starken Grade die Forderung der Methodenstrenge aufzustellen. Es handelt sich darum, die tatsächlich bestehenden Zusammenhänge zwischen den Menschen und Menschenverbindungen (nicht die darüber von den Menschen gehegten Ideologien, Wünsche, Postulate und deren Objektivationen) zu beobachten, zu analysieren, systematisch zu ordnen und, soweit dies möglich ist, zu „verstehen". Die Soziologie muß die reiche Erfahrungsmenge, die ihr die unmittelbare Lebenserfahrung, die Geschichte und die anderen Wissenschaften liefern, in einem bestimmten Verfahren dergestalt verallgemeinern, daß aus jedem Geschehnis, an dem mehrere Menschen beteiligt sind, nur das hervorgehoben und durchforscht wird, was als Verhalten von Mensch zu Mensch oder Gruppe zu Gruppe erkennbar ist. Das soziale Leben ist eine unaufhörliche Kette von Geschehnissen, in denen sich Menschen enger miteinander verbinden oder voneinander lösen. Die Bindungs- und Lösungsakte, die Näherungen und Entfernungen sind die Vorgänge, in denen sich das ganze zwischenmenschliche
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Dasein abspielt. D i e letzten K r ä f t e sind persönliche, die die einzelnen Menschen besitzen: körperliche, seelische, geistige. Aber fruchtbar u n d zu H a n d l u n g e n werden diese K r ä f t e durch die räumlich und zeitlich weiterwirkenden Verbindungen von Mensch zu Mensch. Entwicklungsgeschichtlich handelt es sich beim A u f b a u der Kulturen um A n h ä u f u n g (Akkumulation) und ununterbrochenen Zusammenhang (Kontinuität). In vielleicht geometrischer Progression steigern sich im L a u f e der Zeit die Wirkungen des menschlichen Verkehrs. Jede zwischenmenschliche Leistung wird der Ausgangspunkt f ü r verwickeitere neue soziale Leistungen. D e r heute bestehende, höchst komplizierte Bau einer sozialen Gesamtheit des Mensch-Alls mit seiner unermeßlichen geschichtlichen Tiefe stellt uns vor eine schwierige Aufgabe, wenn wir seine G r u n d s t r u k t u r erkennen wollen. N u r durch A n w e n d u n g des altbewährten u n d durch nichts anderes ersetzbaren Weges der Erkenntnis, nämlich durch Auflösung des Ganzen in seine Elemente und Wiederzusammensetzung aus diesen Elementen, gelangen wir zum Ergebnisse. Betrachten wir den gesellschaftlichen Zusammenhang im Ruhestande eines bestimmten Augenblicks, im Q u e r schnitte des Nebeneinanders, so ergeben sich als die Elemente des Baus die sozialen Beziehungen der Menschen und Menschenvereinigungen. Formal betrachtet, sind es Abstände (Distanzen) zwischen ihnen. Wollen wir uns diese in unendlicher Fülle abgestuften Abstände, die den K r ä f t e n der menschlichen Seelen u n d K ö r p e r einen stets verschiedenen W i r k u n g s g r a d und eine stets verschiedene Wirkungsweise ermöglichen, erklären, so müssen wir den f ü r die „statische" Betrachtung in Starre gelegten Menschenzusammenhang in die lebendige Bewegung von V o r gängen auflösen. Die sozialen Beziehungen erscheinen alsdann als die Ergebnisse von sozialen Prozessen. W i r können unter diesem Gesichtspunkte eine soziale Beziehung als einen durch einen sozialen Prozeß oder (meist) durch mehrere soziale Prozesse herbeigeführten labilen Zustand verhältnismäßiger Verbundenheit oder Getrenntheit zwi-
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IX. Die Lehre von den sozialen Beziehungen
sehen Menschen bezeichnen. Der soziale Prozeß selbst ist ein Vorgang, durch den Menschen mehr miteinander verbunden oder mehr voneinander gelöst werden. Unsere Hauptkategorie ist demnach die der sozialen Prozesse. Wir können geradezu die beziehungswissenschaftliche Soziologie als die Lehre von den sozialen Prozessen umgrenzen. Die sozialen Prozesse häufen sich in unendlichen Formen und "Wiederholungen. Manche Prozesse von großer Ähnlichkeit führen bisweilen zu Abstandsverhältnissen zwischen Menschen, die als verhältnismäßig fest und schwer veränderlich aufgefaßt zu werden pflegen. Wir nennen solche scheinbar substanzhaften Abstandsverhältnisse soziale Gebilde. Statisch betrachtet, wäre zu sagen: Eine Mehrzahl von bestehenden sozialen Beziehungen, die so miteinander verbunden sind, daß man sie als Einheiten auffaßt, bezeichnen wir als soziale Gebilde. Die Grundbegriffe, die die beziehungswissenschaftliche Soziologie als Handwerkzeug benutzt, sind also: soziale Prozesse, Abstand (Distanz) und soziale Gebilde. Die Aufgaben dieser Art Soziologie zerlegen sich in zwei Kreise: 1. Analyse und Ordnung der sozialen Prozesse und 2. Analyse der sozialen Gebilde durch ihre Rückführung auf soziale Prozesse und Ordnung der sozialen Gebilde. Das Verfahren der Beobachtung und Ordnung der zwischenmenschlichen Sphäre muß geeignet sein, die sozialen Prozesse nach einheitlichem Schema zu analysieren. Dasselbe Verfahren und dasselbe Schema muß zweitens auf die sozialen Gebilde angewendet werden, die ja als Verbindungen von sozialen Prozessen aufzufassen sind. Von den ersten Kontakten zwischen zwei Menschen bis zu den verwickeltsten Kollektivgebilden, wie es Staaten und Kirchen sind, muß eine einheitliche Behandlung vorgenommen werden. Das, was alle sozialen Prozesse bei aller qualitativen Verschiedenheit gemeinsam haben, ist die durch sie be-
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wirkte Tatsache der Abstandsverschiebung. Auf ihre Feststellung ist die Analyse der sozialen Prozesse gerichtet. Die einheitliche Analysenform ist P = H
S.
Sie will besagen, d a ß der soziale P r o z e ß das Ergebnis aus der Haltung der a n ihm beteiligten Menschen und der bestehenden Situation ist. Mag es sich u m so verschiedene Vorgänge wie beispielsweise einen Fall von Hochstapelei, eine Parteigründung, eine Thronentsagung, einen Bankrott, einen Ehebruch handeln, mag es ein Geschehnis des alltäglichen bürgerlichen Lebens oder ein geschichtlich bemerkenswerter Vorgang sein — stets ist ein Vorgang der Distanzveränderung gegeben. Das soziale Gefüge ist durch ihn an einem P u n k t e verändert. Mit unserer einfachen Analyseformel soll sowohl der Fehler der Nur-Psychologen, die das soziale Geschehnis nur aus der persönlichen H a l t u n g der beteiligten Menschen herleiten, wie die Einseitigkeit der Milieu-Theoretiker, die es nur auf die Faktoren der gerade gegebenen U m w e l t zurückführen, vermieden werden. Jeder soziale Prozeß ist das Mischerzeugnis aus persönlichen und sachlichen Gegebenheiten, eben aus H a l t u n g u n d Situation. Niemals geht in ein zwischenmenschliches Ereignis die ganze Person über; je nach der Situation finden stets nur einige Anlagen, Neigungen, Erfahrungen der Menschen Betätigungsraum. Dieser oder jener Wesenszug wird durch die Situation verstärkt, ein anderer zurückgedrängt. Jeder soziale Prozeß verwandelt auch den beteiligten Menschen; er tritt aus ihm verändert hervor. Ebenso wird die Situation von den Beteiligten wie von den Beobachtern nicht als objektives Faktum erfaßt. W i r kennen die Situationen nur aus menschlichen W a h r n e h m u n g e n u n d Aussagen. Die Faktoren H a l t u n g u n d Situation sind weiter zerlegbar in einer Weise, die hier nicht näher dargestellt werden k a n n . N u r das sei angedeutet: Die H a l t u n g betrachten wir, soweit sie nicht situationsbedingt ist, als das Ergebnis der 10
von Wiese,
Soziologie
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I X . Die Lehre von den sozialen Beziehungen
angeborenen Artung des Einzelmenschen und der Nachwirkungen seiner Vergangenheit (seiner Erlebnisse, Erziehung und Gewöhnung). Der Faktor Situation zerlegt sich in die Summe der Einzelheiten der außermenschlichen, sachlichen Umwelt und in die Haltung der anderen, beim vorliegenden sozialen Prozeß beteiligten Menschen. Jede Durchforschung menschlicher Haltung wird in erheblichem Grade zur Motiverkundung. In dieser Aufgabe berühren sich Soziologie und Psychologie. Aber die soziologische Motivforschung darf nicht bloß im Bezirke des Inner-Seelischen verharren. Seelisches weist wieder auf Soziales wie Soziales auf Seelisches. Teilweise verstehen wir Bewußtseinsvorgänge aus sozialen Zusammenhängen und sozialen Vorgängen, die den Motivationen vorausgegangen sind. Die Neigung mancher Psychologen, das soziale Leben letztlich nur aus Trieben oder Instinkten zu erklären, erscheint uns einseitig. Dabei wird nur ein Zusammenhang hervorgehoben; aber die Abhängigkeit aller Gefühle und Vorstellungen, die sich als seelische Erscheinungen aus der Differenzierung und Verfeinerung der Triebe erklären mögen, von der Organisation des sozialen Lebens wird dabei übersehen. Wie wir die Einheitlichkeit in der Analyse der Ichheiten mit Hilfe der Lehre von den sozialen Wünschen zu erreichen suchen, muß hier übergangen werden. Die Analyse des einzelnen sozialen Prozesses nach einheitlichem Verfahren für jeden Fall führt zur Kennzeichnung des gegebenen konkreten Einzelgeschehens in einer abkürzenden, typisierenden Bezeichnung; etwa als Anpassung, Konkurrenz, Boykott, Ausbeutung usw. Es ergibt sich als zweite Aufgabe seine Einordnung in einem Rahmenwerk aller sozialen Prozesse, dessen allgemeinste Kategorien die des Bindens oder Lösens (der positiven oder negativen Abstandsverschiebung) sein müssen. Diese Kategorientafel der sozialen Prozesse muß Vollständigkeit und strenge Systematik aufweisen. Das Ziel ist eine gegliederte Gesamtordnung aller typischen zwischenmenschlichen Vorgänge, um auf diese Weise zu einer einheitlichen Gesamtübersicht über das soziale Leben zu ge-
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langen. W i e auf der einen Seite jedes zwischenmenschliche Vorkommen ebenso analysiert werden m u ß wie jedes andere, vielleicht einem ganz entlegenen Bereiche des sozialen Globus angehörige Ereignis, so muß dieses wie jenes Geschehnis seinen Platz im Gesamtgeschehen des sozialen Lebens finden. Die sozialen Prozesse werden dadurch vergleichbar. Es wird erkennbar, welche „Chance" f ü r ein bestimmtes Vorkommnis besteht, das soziale Leben nach dieser oder jener Richtung zu beeinflussen. Z u r Analyse und Systematik der sozialen Prozesse tritt die Analyse und O r d n u n g der sozialen Gebilde. Jede Art von Kollektivität (Paar, Gruppe, Masse, Staat, Volk, N a t i o n , Klasse, Stand usw.) wird nunmehr Gegenstand der Forschung. Freilich ist der Zusammenhang zwischen den äußerlich einfachen Verbindungen zweier konkreter Menschen mit den großen abstrakten Kollektiva, den Gemeinwesen, sehr stufenreich. Diese „Körperschaften" (besonders die Staaten und Kirchen) sind so sehr mit den Ideologien zahlloser Menschengenerationen bedeckt, daß es meist geleugnet wird, d a ß Gemeinwesen nichts anderes sind als höchst verwickelte Regelungen von Abstandsverhältnissen zwischen Menschen — und z w a r Distanzregelungen, die o f t über viele Generationen dauern. Auch erschwert der Umstand, d a ß diese — von R. MüllerFreienfels als „Festgebilde" bezeichneten — Kollektivitäten scheinbar „sich konkretisieren und Abstraktionen ausgestalten" (Müller-Freienfels), ihre Erkennung. Unsere Aufgabe besteht aber hier (im Gegensatz zur Philosophie) in der E r k l ä r u n g der Kollektivkräfte aus den tatsächlich in ihnen gegebenen Verbundenheiten, nicht aus den über sie bestehenden Ideologien. Aber selbst wenn m a n in ihnen geistige Substanzen oder metaphysische Ganzheiten sieht, so bleibt auch bei dieser Deutung die Aufgabe bestehen, darzutun, welche Reihen von sozialen Prozessen in ihnen vorwiegen. W i r begreifen jedenfalls im R a h m e n unserer Aufgabe die Kollektivkräfte (Staat, Kirche, Verein, U n t e r nehmung usw.) als verschiedene soziale Gebildetypen, die sich darin voneinander unterscheiden, d a ß in ihnen Men10'
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sehen und Menschengruppen jeweils anders verbunden sind.
miteinander
N i m m t man aber die Kollektivkräfte des Mensch-Alls als Ordnungen von (positiven und negativen) Verbundenheiten, so ist klar, daß ihre Elemente nur soziale Prozesse sein können. Sie sind als soziale Gebilde Formen verhältnismäßig dauernder Distanzierungen unter Menschen. Die Menschen verhalten sich zum Beispiel in der staatlichen Sphäre anders zueinander als in der Sphäre der Kirchen oder der Wirtschaft. In der Gebildelehre (genauer: in der Lehre von den sozialen Gebilden) suchen wir die spezifischen sozialen Prozesse bloßzulegen, die dem einzelnen Gebildetypus den Charakter geben. Auch hier lösen wir die zunächst substanzhaft vorgestellten Gebilde in das bewegte Leben von Handlungen auf. "Wir suchen etwa bei einer Masse im Aufruhr, einem Gesangverein, einer bestimmten Familie, einer politischen Partei, einem Trust,, einer Kommune, der evangelischen Kirche, dem Römerreich diejenigen sozialen Prozesse zu erfassen, die sich besonders o f t in ihnen wiederholen und dabei stark auf das Gebildeleben einwirken. Wenn ich die mir im Laufe der Jahre bekannt gewordenen Einwände gegen die Lehre von den sozialen Beziehungen durchdenke, so komme ich zu dem Ergebnisse, daß sie, wenn ich recht sehe, auf fünf eng zusammenhängende Zweifelsfragen hinauslaufen: 1. Lassen sich die „Formen" des sozialen Lebens von den „Inhalten" getrennt behandeln? deutlicher: Kann man bei der Durchforschung der Tatsachen des zwischenmenschlichen Zusammenhangs von den Objekten (Betreffen, Zielen), auf die das Handeln der Menschen gerichtet ist, absehen und nur die Einwirkungen der Menschen und Menschengruppen aufeinander studieren? 2. Besteht nicht die Gefahr, dem Beziehungsgeflechte veränderliche K r ä f t e zuzuschreiben, die in Wahrheit aus dem Dienste an den Objekten (Betreffen) zu erklären sind?
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3. Kann eine Betrachtungsweise, die von dem Beziehungsgeflechte ausgeht, dem (wie angenommen wird) eigentlichen Gegenstande der Soziologie, nämlich den Einflüssen der Kollektivkräfte (Staat usw.) gerecht werden? 4. Ist das Studium des zwischenmenschlichen Zusammenhangs nicht bloß eine Vorstufe f ü r die Durchforschung des Gesamt-Tatsachenkomplexes des sozialen Lebens? 5. Findet die Gestaltung des sozialen Lebens nicht seine Erklärung in den geschichtlichen Veränderungen? Erscheint es nicht fast in einer statischen, der Entwicklungsmöglichkeiten entbehrende Starrheit, während es doch historisch zu erfassende Bewegung ist, wie Cuvillier sagt: „La Sociologie est la science des groupes humains réels et concrets, c'est-à-dire enracinés dans l'histoire?" 1 ) Es würde gewiß jetzt am Schlüsse dieser kleinen Schrift eine lange und weit ausgreifende Untersuchung erfordern, darauf zu antworten, wenn nicht schon die Entgegnungen im Vorausgehenden, besonders in den ersten Kapiteln implicite oder wörtlich gegeben worden wären. Vielleicht genügt hier nur eine das Gesagte zusammenfassende Formulierung: Zu 1 : Keine Wissenschaft kann allein die Gesamtheit eines Daseinskomplexes in allen ihren Äußerungsformen erfassen. Sie beruht auf dem Gesetze der Arbeitsteilung mit anderen mehr oder weniger benachbarten Wissenschaften. Sie ist überflüssig, wenn sie (nur unter einem anderen Namen) die Aufgaben anderer Disziplinen verrichtet; sie muß ihre eigenen Grundfragen haben. Wenn die Soziologie auch die Objekte des sozialen Lebens, die sog. „Inhalte" mitbehandelt, wird sie zu keiner Klärung der ihr eigenen Fragen gelangen. Sie muß diese Objekte den Wissenschaften von der Wirtschaft, dem Rechte, der Kunst usw. überlassen, aber in beständigem Zusammenhange mit ihnen bleiben. Jede Wissenschaft beruht auf einer ihr allein zustehenden Abstraktion; ohne Abstraktion 1) Manuel, 1. Bd. (S. 191).
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verirrt sie sich im Unendlichen. Es kommt nur darauf an, daß die ihr eigene Abstraktion von Bedeutung für das Leben der Menschen ist. Es mag Leute geben, die die Medizin oder die Astronomie oder die Ägyptologie f ü r bedeutungslos halten, und so gibt es Menschen, die f ü r die Problematik der Soziologie keine Teilnahme hegen. Mit ihnen können wir nicht rechten. Der subjektiv entscheidende Ausgangspukt f ü r die "Wertung der Soziologie als Wissenschaft ist die Erkenntnis, daß die Durchforschung der zwischenmenschlichen Einwirkungen lebensfördernd ist. Freilich kommt es sehr o f t vor, daß Personen, die sich mit unseren Disziplinen befassen, etwas darin suchen, was sie woanders finden könnten: in der Geschichte, der Nationalökonomie, der Psychologie usw. N u n ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob ein Studium der „Formen" ohne Hineinziehung der „Inhalte" überhaupt möglich ist. Den Beweis d a f ü r kann nur die Ausführung des Vorhabens erbringen. Ich glaube, daß die der Beziehungslehre zugrunde liegende Systematik diesen Beweis liefert. Wer sie ablehnt, muß eine andere bessere an die Stelle setzen. W e r aber an jeglicher Möglichkeit einer solchen Theorie zweifelt, muß sich die aus dem Zweifel sich ergebenden Folgen vergegenwärtigen. Er stellt damit unsrer wissenschaftlichen Erkenntnis das Armutszeugnis aus, sie vermöge dem praktisch unendlich wichtigen Lebensgebiete des zwischenmenschlichen Zusammenhangs, ohne auf die Zwecksetzungen einzugehen, nicht beizukommen. Damit wird der Mensch zum Sklaven seiner Erzeugnisse erklärt. Zu 2: Die Schwierigkeit der spezifischen Abstraktion ist zuzugeben. Bestände eine solche Schwierigkeit und damit die Gefahr der Fehlerquellen nicht, benötigten wir nicht der Forschung. In jeder vernünftigen Handlung, bei der mehrere Menschen zusammen wirken, gibt es zwei Elemente: den Dienst am Objekte, der ein dieser Aufgabe entsprechendes Verhalten verlangt, und die Anforderungen und Bedingungen des zwischenmenschlichen Verkehrs. Diese beiden Faktoren stehen in Wechselbeziehun-
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gen (polaren Verhältnissen) zueinander. (In einem Fabrikbetriebe — um wenigstens ein Beispiel zu nennen — legt die in Frage kommende Maschine der Arbeitergruppe ein bestimmtes Verhalten der Personen auf [Dienst am Objekte] ; aber diese Gruppentätigkeit ist zugleich an die Verkehrsbedingungen, die zwischen den Gruppengliedern [den Menschen] bestehen, gebunden.) Es ist grade die eigentliche Aufgabe, das Außersoziologische (den Betreff) von den zwischenmenschlichen Bedingungen richtig zu sondern. Diese Aufgabe ist falsch gelöst, wenn sie dem Bereiche der sozialen Prozesse etwas zuschreibt, was sachtechnisch zu erklären ist. Ebenso wie der, der gewohnt ist, nur in Sachbeziehungen zu denken (z. B. der Ingenieur), häufig das Zwischen menschliche unterschätzt oder sogar übersieht, läuft der Nur-Soziologe Gefahr, den Einwirkungen von Person auf Person oder Gruppe auf Gruppe eine zu große (in diesem Sinne verstanden: unsachliche) Bedeutung zuzuschreiben. Zu 3: Die Neigung, in der Soziologie nur eine Lehre von der Gruppe (im weitesten Sinne gleich Kollektiv, Gemeinschaft, Gesamtschaft, Gesellschaft) zu sehen und die interpersonalen Beziehungen der Psychologie zu überlassen, ist weit verbreitet. Sie läßt außer Acht, daß das Gruppenleben ohne Fundierung in der Erforschung der zwischenmenschlichen Prozesse gar nicht zu erklären ist, und daß alle unfundierte GeseÜschaftslehre der Spekulation, einer Glaubenslehre, einer unbeweisbaren „Wesensschau" verfallen muß. Andererseits besteht die Gefahr, daß eine ausschließliche Beobachtung des interpersonalen Verkehrs den Einfluß der Kollektivkräfte unterschätzt, also zu dem wird, was man Individualismus nennt. Da aber die Beziehungslehre stets auch in ihrem zweiten Teile Gebildelehre ist und sie der Ausgestaltung der Theorie von den großen Körperschaften und ihren starken Einflüssen auf das Menschenleben jeden gewünschten Raum gibt, ist eine Vernachlässigung des Gruppenlebens nicht zu befürchten. Sie betont allerdings, wie gesagt, daß man zu den Kollektivkräften einen wissenschaftlichen Zugang nur auf dem Wege
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finden kann, der von den interpersonalen Prozessen ausgeht. Der andere Weg (vom Kollektiv zum Einzelmenschen) ist von Anfang an mit Hypothesen belastet, die eine rationale Erklärung zum mindesten sehr erschweren. Zu 4: Wer jedoch die Theorie über die Gruppen als den eigentlichen Gegenstand der Soziologie ansieht, mag in der Lehre von den sozialen Prozessen nur eine Vorstufe sehen. Ich kann mir diese Auffassung nicht zu eigen machen, weil ich nicht das, was den eigentlichen Mittelpunkt aller Erklärungen bildet, als bloße Vorstufe anzusehen vermag. Zu 5: Hier handelt es sich um den viel behandelten Unterschied von systematischer und geschichtlicher Schauweise. Die Gefahr der Systematik nach logischen Kategorien ist in der Tat ihre Unbeweglichkeit, die Gefahr der Wissenschaft von den historischen Wandlungen, so wird sie zu einer bestimmten Art von Geschichtswissenschaft, des Einmaligen. Macht man aber die Soziologie zu einer bloßen Geschichte ihre Regellosigkeit und die Zufälligkeit nämlich der, die auf Typenbildung beruht. Es gehört dann die Soziologie zur Geschichte und Geschichtsphilosophie. Jedoch auch bei dieser Auffassung ist die begriffliche Systematik als Grundlehre unentbehrlich; sonst steht man vor dem Chaos. Ein Verharren freilich beim bloßen Begriffsschema (z. B. bei der Tafel der menschlichen Beziehungen) ist ebenso unvollkommen. Die Geschichte liefert der Soziologie neben der Gegenwarts-Beobachtung das Material für die Füllung der Kategorien. Vieles von dem, was in Polemiken als Grundsatz-Sache hingestellt wird, ist in Wahrheit eine Zweckmäßigkeitsfrage. Es ist eben verlockender gegen sog. Weltanschauungen mit dem Brusttone der Uberzeugung zu kämpfen, statt im ruhigen Ausgleiche nach der Devise: „Es geht so; es geht aber auch anders" Brücken zu schlagen. Jedoch auch das ist richtig: den Entscheidungen, warum man diesem oder jenem Denkwege den Vorzug gibt, liegen oft Nötigungen der Anlage und Erfahrung zu Grunde, die mit den Grundregeln des wissenschaftlichen Gegenstandes wenig zusam-
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menhängen. Das gilt auch für den Gegensatz von geschichtlicher und systematischer Betrachtungsweise: es reizt den einen mehr, den Wandel im Dasein zu erfassen, den anderen, das stets Gleiche zu finden. Anwendungsgebiet des Verfahrens der „Beziehungslehre" — es handelt sich bei diesem Terminus um eine Abkürzung für „Lehre von den sozialen Beziehungen und sozialen Gebilden" — ist das Studium aus jedem Bereiche des zwischenmenschlichen Lebens. Die Beziehungslehre ist zugleich weit und eng: weit hinsichtlich des Beobachtungsfeldes, eng in bezug auf die Fragestellung. Immer handelt es sich um Verhältnisse der Verbundenheit oder Entferntheit im Mensch-All. Damit bildet sie auch die Grundlage für eine Organisationslehre. Wo man organisiert, handelt es sich einmal um Regelungen, die ihr Gepräge durch die Eigenschaften der dabei benutzten Sachen erhalten (Sachbeziehungen), dann aber nicht minder um die uns hier allein angehenden Personal-, d. h. zwischenmenschlichen Beziehungen. Diese Organisationsaufgabe ist außertechnischer, ist zwischenmenschlicher Art. Indessen besteht heute (besonders in der Praxis) vielfach noch der folgenschwere Irrtum, die durch Organisation vorzunehmende Anordnung der Menschenkräfte ergebe sich ohne weiteres allein aus den Sachbeziehungen. Die beziehungswissenschaftliche Soziologie sucht demgegenüber bei jeder Organisationsaufgabe (im weitesten Sinne) die besonderen Anforderungen aufzuweisen, die sich aus dem Mensch-Mensch-Zusammenhange herleiten. Daraus ergeben sich weiterhin zahlreiche Folgerungen für alle Arten von Kunstlehren praktischer Menschenbehandlung und Menschennutzung. Schon die hier vorgenommene Heraushebung der Bedeutung der sachlichen Beobachtung zeigt, wie eng die beziehungswissenschaftliche Soziologie mit der Soziographie verknüpft ist. In den letzten Jahrzehnten hat die Beziehungslehre u. a. auch Anwendung gefunden beim Studium von Siedlungsgebilden (Dorf, Kleinstadt, einsame Insel, Stadtviertel). Andere besonders naheliegende Anwendungsgebiete sind
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die Kriminalistik, Pädagogik, Polizeiwissenschaft, Sozialwirtschaft u. a. m.1) Auch die Kölner Zeitschrift für Soziologie, die als Fortsetzung der früheren Vierteljahrshefte seit 1948 erscheint, enthielt bis 1954 in jedem Heft Beiträge zum Archiv für Beziehungslehre. In den 30er Jahren fanden unsere Versuche2) eine selbständige Fortführung und Ausgestaltung in einer anderen Richtung bei Johann P 1 e n g e und in seinem Forschungsinstitut für Organisationslehre und Soziologie in Münster i. W., dessen Assistent Josef P i e p e r war. Größere Veröffentlichungen über sein soziologisches System hat P 1 e n g e nicht vorgenommen. Hauptsächlich fand dieses System seine Darstellung in großen, veranschaulichenden „Tafeln". Plenge sieht in der Beziehungslehre nicht die ganze allgemeine Soziologie, jedoch ihre Elementartheorie. „An der Wurzel aller Unterscheidungen und Untersuchungen der 3 ) Das System der Beziehungslehre ist dargestellt in Leopold v. W i e s e , Allgemeine Soziologie, 3. Aufl., München und Leipzig 1955, Duncker & Humblot. Uber Anwendungen des beziehungswissensch. Verfahrens vgl. besonders Kölner V i e r t e l j a h r s h e f t e für Soziologie, Teil II: Archiv für Beziehungslehre (im speziellen über Siedlungsgebilde) dort: W . L a t t e n , Niederrheinische Kleinstadt in VIII, 3 und derselbe, Die Halligen in VIII. 4, ferner die Hrgänzungshefte zu den Kölner Viertel] ahrsheften für Soziologie (München 1928 ff.), vor allem Heft 1: Das Dorf als soziales Gebilde. Aus der zahlreichen Literatur über soziale Beziehungen: Eugène D u p r é e 1 : Le rapport social. Essay sur l ' o b j e t et la méthode de la sociologie (Paris 1912). Wilhelm S t o k : Das W e s e n der sozialen Beziehung (Köln, Vierteljh. f. Soziologie V, 4 u. VI, 1); derselbe: Nähe und Ferne in den sozialen Beziehungen: Zeitschr. f. angewandte Psychologie, Bd. 28, 3/4, und: Die Kontinuität der Beziehung Ethos, 11. Jg., 1 und 2. Uber soziale Prozesse: Edward Aisworth R o s s : Principles of Sociology (New York, 2. Aufl. 1930. The Century Co.); deutsch: Das Buch der Gesellschaft (Karlsruhe 1926. G. Braun). Uber die Beziehungslehre als Bestandteil seines soziologischen Gesamtsystems vgl.: Johann P l e n g e : Als dritter Redner im Symposion (Zeitsdlr. f. Völkerpsychologie u. Soziologie V, 4); derselbe: Wie kommt die Soziologie zur Ubersicht ihrer Probleme? (Archiv f. angewandte Soziologie, II, 3) und: J o h a n n Plenges Problemsystem der theoretischen Soziologie (Kölner Vierteljhsh. f. Soziologie VIII, 3). 2 ) Diese kurzen A u s f ü h r u n g e n über Plenges Arbeit stimmen mit unseren Bemerkungen im Artikel „Beziehungssoziologie" im Handwörterbuch der Soziologie wörtlich überein.
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eigentlichen Soziologie steht die Beziehungslehre, und sie wirkt durch das ganze System hindurch." Er sieht in ihr eine soziale Histologie (Lehre vom sozialen Gewebe), ergänzt sie jedoch und führt sie fort durch eine Soziosomatologie (Lehre vom sozialem Körper). D a es ihm vor allem auf ein Kategoriensystem ankommt, das in gut umgrenzten und eingeordneten Begriffen alle Möglichkeiten des Beziehungsgewebes erfaßt, ist seine Beziehungslehre reicher an Grundbegriffen als die unsrige, die manche der bei P 1 e n g e einbezogenen Zusammenhänge den speziellen Soziologen oder der Sozialpsychologie überläßt. Auch besteht zwischen P 1 e n g e s und unseren Versuchen hauptsächlich der Unterschied, den wir immer noch am besten als den zwischen Statik (bei P 1 e n g e) und Dynamik (bei uns) charakterisieren zu können glauben. P 1 e n g e s Tafeln der Beziehungslehre gehen vom „Bevölkerungsgewebe" aus, womit das gemeint ist, „was man eine Gesellschaft nennt". Innerhalb der Problematik des Beziehungsgewebes, das nach Ablösung von der mehr statistisch beachtlichen „Bevölkerung" entsteht, ergibt sich ein vierfaches Ganzes von Aufgaben: erstens die isolierte Beziehung, zweitens die durch Beziehungen zusammengehaltenen Gebilde (Mehrschaften, Gruppen), drittens die „Beziehungsfelder" der einzelnen Menschen, viertens die Gesamttatsache des Beziehungsgewebes in seiner Ganzheit. Die Lehre von der isolierten Beziehung ist von P 1 e n g e wohl erschöpfend, jedenfalls sehr beachtenswert ausgestaltet. Es ist nicht möglich, hier darüber Näheres zu berichten; die bloße unkommentierte Wiedergabe der gewählten Termini wäre eher irreführend als erläuternd. Die Beziehungslehre ist bei Plenge nicht bloß ein Bestandteil der Soziologie, sondern auch der Ontologie schlechtweg. In ihr gilt der Satz: „Unsere 'Wirklichkeit ist so weit wie unsere Beziehungen." „Indem schlechthin Beziehung im allerweitesten Sinne", lehrt P l e n g e , „die das Eine und das Andere verbindet, überall das Wirklichkeitsband dieser unserer Welt ist, gewinnen wir den in dieser Wirklichkeit gemäßen Grundbegriff der ,Synhetero-
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nomie', der, mitmenschlich erlebt und bejaht, die innerste Sittlichkeit der Gesellschaftslehre begründet: naturaliter christiana. Eben aus derselben Einsicht heraus ist eine Beziehungswirklichkeit von Grund aus dialektisch und polar." Kapitel X
Die allgemeine Soziologie in Deutschland seit 1955 I. T e i l : 1955 b i s
1964
In den Vorbemerkungen zur f ü n f t e n Auflage wurde ausgesprochen, daß sich der Überblick, den diese Schrift bieten will, auf die Literatur der allgemeinen Soziologie beschränken müsse. Die besonderen Soziologien und der Forschungsbereich, den man manchmal auch als empirische Soziologie bezeichnet, können hier nicht mit einiger Ausführlichkeit behandelt werden. Schon die Interpretation der Kategorie „Empirie" bedürfte einer eingehenden Vertiefung. Hier sei dazu nur bemerkt, daß die Sonderung in allgemeine (oder „reine") und empirische Soziologie dahin verstanden werden muß, daß die Allgemeinheit nicht im Sinne von frei schweifender Spekulation, Metaphysik und völliger Lösung von der Sinnengebundenheit der Erkenntnis aufgefaßt werden darf. Vielmehr sollte jene Theorie (also auch die allgemeine Soziologie) die geordneten Gesamtergebnisse des Studiums des faktischen Gesellschaftslebens entfalten und die Empirie ihrerseits Material zur Nachprüfung der Thesen der Theorie liefern. Ihre Beobachtung der Einzelheiten des wirklichen Lebens sollten sich zur Stützung der Forschung des Wesentlichen eignen 1 ). Der Zusammenhang von Theorie und „Feldstudien" sollte stets so eng wie möglich sein. Die Theorie muß ihre Hypothesen der Nachprüfung durch Beobachtungen der Wirklichkeit anheimgeben, und die Resultate der Empirie müssen f ü r die Einordnung in den Begriffsrahmen der Systematik wesentlich genug sein. Nicht jede beliebige 1 : W e n n wir in den vorausgehenden Kapiteln die allgemeine Soziologie als eine empirische bezeichneten, war nur der Gegensatz zur Spekulation gemeint; nidit etwa sollte als Aufgabe einer so verstandenen empirisdien Soziologie der Ersatz der Theorie durch Sammlung von . Tatsachenberichten gefordert werden.
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Tatsadienbeobachtung ist schon deshalb soziologisch belangreich, weil sie mit den Mitteln moderner Technik arbeitet. Der Umstand, daß der Zusammenhang zwischen Theorie und Empirie in Deutschland gegenwärtig noch nicht ausreicht, ist keine deutsche Eigentümlichkeit; bei einer Versenkung in die außerdeutsche, auch in die amerikanische Literatur, die wir uns hier versagen müssen, ließe sich dasselbe feststellen. An Breite und äußerem Umfange hat das Schrifttum der Soziologie in den letzten Jahren außerordentlich zugenommen. Alle Veröffentlichungen von den großen Systemen bis zu den unübersehbar zahlreichen kleinen (mehr statistischen als gesellschaftswissenschaftlichen) Spezialaufsätzen zu lesen, übersteigt die Kräfte eines Einzelnen. Dieses Übermaß des Stoffes bekundet sich auch in der Organisation der Produktion: Die meisten Kompendien der allgemeinen Soziologie und ihre Einzelzweige beruhen auf Gemeinschaftsarbeit mehrerer, oft vieler Mitarbeiter. Die Bücher, die nur einen Autor haben, sind selten geworden. Das Spezialistentum hat auch in unseren Reihen diesseits und jenseits des Atlantik gesiegt. Das hat den Vorteil, daß Einseitigkeiten korrigiert werden, die Bearbeiter „Fachleute" sind, die ihre Spezies hinreichend kennen, und daß man mit vielen Schauweisen und Methoden vertraut gemacht wird. Es werden aber im Zeichen der Soziologie zwei (zumindest zwei) ganz verschiedene Sprachen geredet. Manche Soziologen sind Philosophen und säkularisierte Theologen; andere, die sich auch Soziologen nennen, sind eigentlich Statistiker, Ökonomisten oder Feuilletonisten. Jene verlassen nicht selten die ihnen trivial erscheinende Tatsachenwelt, diese halten sich zu eng an das Wahrnehmbare. Die Beziehungslehre, von der im IX. Kapitel einiges gesagt worden ist, hat die Tendenz, die Brücke zwischen beiden Welten zu schlagen. Sie will das Tatsächliche, auf äußere und innere Beobachtung gestützt, systematisch geordnet wiedergeben und für jede einzelne Erfassung von Fakten den Zusammenhang mit dem We-
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sentlichen des zwischenmenschlichen Lebens feststellen. Das, was als „praktische Sozialforschung" bezeichnet wird (besonders die Technik der Beobachtung) hat erhebliche Fortschritte erzielt. Der Versuch, die wissenschaftlichen Grundlagen dieser Forschungen nicht nur durch arithmetische Methoden, sondern durch tiefer dringende mathematische Logik zu vertiefen und eine neue, diesem Vorbilde entlehnte Terminologie anzuwenden, kompliziert die Wiedergabe sozialer Verhältnisse nicht selten über Gebühr. (Das bet r i f f t freilich noch mehr die amerikanische als die deutsche Literatur.) Damit bekommt diese angeblich praktische Sozialforschung eine recht „unpraktische" Gestaltung. Die heutige empirische Forschung wird hauptsächlich von den beständig anwachsenden Forschungsinstituten geleistet. Geldmittel, die vor einigen Jahrzehnten ganz fehlten oder nur in bescheidenem Ausmaße vorhanden waren, stehen heute solchen wissenschaftlichen Einrichtungen zur Verfügung. Sie ermöglichen es, nicht nur den technischen Apparat zu schaffen, sondern eine große Anzahl von jüngeren Mitarbeitern heranzuziehen, die nach dem Grundsatze betrieblicher Arbeitsteilung tätig sind, Material sammeln, Meinungserforschung betreiben, Interviews veranstalten und unsere Kenntnisse der uns umgebenden sozialen Welt erheblich vermehren. Der Theoretiker muß sich davor hüten, diese Hilfsarbeit gering zu schätzen. Aber mir scheint H . M a u s nicht Unrecht zu haben, wenn er bemerkt: „Die empirische Sozialforschung ist einstweilen noch gar nicht empirisch genug; sie hält für empirisch bloß, was sich ihren Techniken fügt." 1 ) Über die Arbeit der Forschungsinstitute ausführlich zu berichten, würde eine selbständige Schrift erfordern. Hier sei nur kurz auf die vielseitige Arbeit des Forschungsinstituts für Soziologie in Köln, das jetzt René K ö n i g leitet, hingewiesen. Es wird durch das Institut f ü r vergleichende V g l . : H . M a u s „Geschichte der S o z i o l o g i e " in W . Z i e g e n f u ß ' H a n d buch d e r S o z i o l o g i e . S. 86 ( S t u t t g a r t 1956).
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Sozialforschung, dessen Direktor Erwin S c h e u c k ist, ergänzt. Die Pflege der Sozialpsychologie wird auch im Titel der Zeitschrift für Soziologie durch die Hinzufügung der Worte „und Sozialpsychologie" hervorgehoben. Ihr widmet sich auch Frau M e i s t e r m a n n - S e e g e r . Nicht minder rege ist die Arbeit an der Sozialforschungsstelle an der Universität Münster in Dortmund, auf das Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main und auf die Arbeiten im Rahmen der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Freien Universität in BerlinDahlem hingewiesen. Das, was hier und anderwärts auf der Grundlage der Technik der Beobachtung, des Experiments und Interviews geleistet wird, f a ß t man meist im Begriffe „praktische Sozialforschung" zusammen 1 ). Am meisten werden gegenwärtig die Verhältnisse der Familien und der industriellen Betriebe durchforscht. Besonders das Dortmunder Institut behandelt neben anderen Problemkreisen die sozialen Verhältnisse des Ruhrreviers. Die Soziologie der Technik wurde durch die folgenreichen Fortschritte der Automation und der Kernspaltung stark beeinflußt. Schon 1951 versuchte ich durch die Anregung, ein soziologisches Laboratorium im Rahmen des Kölner Forschungsinstitutes zu schaffen, hier Fuß zu fassen. Durch mein Ausscheiden aus der Institutsarbeit mußte es bei den ersten Anfängen bleiben. Aber an anderen Orten, besonders durch Helmut Schelskys Untersuchungen über die sozialen Folgen der Automation (Düsseldorf, Diederichs 1957), wurde die Beteiligung der soziologischen Forschung an diesem dringend der Bearbeitung harrenden Aufgabengebiete gefördert. Ein sehr beachtenswerter Fortschritt über die Einzelbefragung hinaus ist das Gruppenexperiment, wie es vom Institut f ü r Sozialforschung in F r a n k f u r t vorgenommen worden ist 2 ). Die Organisatoren verhehlten sich nicht die Vgl. die bisher erschienenen zwei Bände von „praktische Sozialforschung", herausgegeben von René König. (Köln 1956/57). 2 ) Vgl. Frankfurter Beiträge zur Soziologie, Band 2, herausggb. von Th W . Adorno und W . Dirks, Frankfurt a. Main 1955.
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mannigfachen Schwierigkeiten dieser Versuche; aber es handelt sich um wertvolle Anfänge, die vervollkommnungsfähig sind. Zu den hervorragenden Leistungen, die mit statistischsoziologischen Schauweisen und Methoden, die sogenannte „Wirklichkeitsforschung" darstellen, gehören vor allem die Studien, die in Göttingen unter Helmuth P l e s s n e r angestellt worden sind 1 ). Es handelt sich um die Untersuchungen zur Lage der deutschen Hochschullehrer. Im ersten Bande werden die Nachwuchsfragen behandelt, im zweiten die Struktur des Lehrkörpers, im dritten die Entwicklung dieser Dozentenschaften in den Jahren 1864 bis 1954. — Stark angewachsen ist der Literaturzweig, der sich zur Aufgabe gestellt hat, in Wörterbuchartikeln und kurz einführenden Sammelschriften Obersicht über die wissenschaftliche Arbeit in unserer Wissenschaft zu geben. Besonders Anfängern (aber nicht nur ihnen) sei das neue Wörterbuch der Soziologie, das Wilhelm B e r n s d o r f und Friedrich B ü 1 o w herausgegeben haben, als Nachschlagewerk empfohlen 2 ). In der Sammlung Fischer-Lexikon hat René K ö n i g ein Büchlein veröffentlicht, das eine gute Bibliographie enthält 3 ). Es ist nicht möglich, auf die vielseitigen Schriften von R. K ö n i g hier einzugehen. Ein Teil von ihnen ist in der „Kölner Zeitschrift f ü r Soziologie und Soziolpsychologie" veröffentlicht; aber auch in zahlreichen anderen Organen sind von ihm Beiträge zur allgemeinen Soziologie (u.a.: „Grundprobleme der soziologischen Forschungsmethoden" — in Festschrift für G. W e i s s e r , Berlin 1963), ferner zur Problematik der Familie, der Jugendfragen u. a. m. erschienen. Als Lehrbuch bezeichnet sich das wertvolle Sammelwerk „die Lehre von der Gesellschaft", das Gottfried E i s e r m a n n herausgegeben hat 4 ). — Alfred W e b e r konnte der 2 ) 3 ) 4)
Vgl. Helmuth Plessner als Herausgeber: Untersuchungen zur Lage deutschen Hochschullehrer, Göttingen 1956, Vandenhoeck 8t Ruprecht. Stuttgart 1955, 640 Seiten. Vgl. R. K ö n i g , Soziologie, Fischer-Büdierei, 1958. Stuttgart 1958.
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noch wenige Jahre vor seinem Tode eine „Einführung in die Soziologie" veröffentlichen 1 ), eine nur 526 Seiten umfassende Sammelschrift, die weniger den Charakter einer Einführung als eines kurzgefaßten kleinen Handbuchs trägt, das ohne methodisch strenge Anordnung eine Reihe von Fragen behandelt, die des allgemeinen Interesses sicher sein können. — Von dem im Jahre 1931 von Alfred V i e r k a n d t zusammengestellten großen H a n d w ö r t e r buche der Soziologie konnte im Enke-Verlag in Stuttgart jetzt eine neue, unveränderte Auflage erscheinen. — Auf das von Z i e g e n f u ß redigierte Handbuch der Soziologie, das wiederum im Enke-Verlag erschienen ist, wird an mehreren Stellen dieser Schrift hingewiesen. Es ist mehr als ein Wörterbuch; es ist wie das alte Sammelwerk Vierkandts ein „Handbuch". Es ist ein Lesebuch großen Stils für Anfänger und noch mehr für Fortgeschrittene. — In dritter Auflage liegt jetzt das Sammelwerk vor, das 1955 Arnold G e h l e n und Helmut S c h e 1 s k y herausgegeben haben 2 ). Es enthält folgende Kapitel: Die Sozialstrukturen primitiver Gesellschaften; Bevölkerungslehre; Vorindustrielle Gesellschaft und Staat; Soziologie der Familie; Industrie- und Betriebssoziologie; Agrarsoziologie; Soziologie der Großstadt; Politische Soziologie; die sozialen Systeme der Welt. Es fehlt also die Allgemeine Soziologie so gut wie ganz. Jedoch erschöpft sich die Arbeit an der deutschen Gesellschaftslehre in den letzten Jahren keineswegs in den zahlreichen Beiträgen zu Enzyklopädien, speziellen Soziologien und den Forschungen der empirischen Soziologie. Auch die Theorie der allgemeinen Soziologie hat in grösseren Werken Bereicherung erfahren. In allen Ländern, besonders auch in Frankreich und Amerika (nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in Mexiko und den südamerikanischen Ländern), hat 1) M ü n c h e n 1955. 2 ) Vgl. S o z i o l o q i e : ein Lehr- u n d H a n d b u c h z u r m o d e r n e n G e s e l l s c h a f t s k u n d e . D ü s s e l d o r f u n d Köln, Diederichs 3. A u f l a g e 195y. 11
von Wiese,
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die Grundlagenforschung erhebliche Fortschritte gemacht1). In Deutschland kommen vor allem die Schriften von Werner Z i e g e n f u ß , Max Graf zu S o l m s , Otto K ü h n e und G. W e i s s e r in Betracht. Ziegenfuß hat in dem oben erwähnten, von ihm herausgegebenen Handbuch der Soziologie den grundlegenden Beitrag über Wesen und Formen der Soziologie auf 125 Seiten selbst gegeben; diesen Essay können wir als ein selbständiges Werk betrachten, das nicht bloß ein einleitender Beitrag zu einem Sammelwerke ist. Max Graf zu Solms hat die in der fünften Auflage dieses Büchleins in nahe Aussicht gestellte „Analytische Gesellungslehre" nunmehr veröffentlicht2). Von Otto Kühne liegt der zweite Band seiner „Lebenskunst und Lebensgemeinschaft in Gesellschaft und Wirtschaft" vor, den er „Allgemeine Soziologie" überschrieben hat3). Alle drei Werke sollen nach der Absicht ihrer Verfasser trotz ihrem großem Umfange keine abgeschlossenen Systeme sein, sondern nur Teile oder sogar nur Vorstufen. Die Fortführung in weiteren Bänden wird uns in Aussicht gestellt. Das ist ein gemeinsamer Wesenszug, der auch an den Systemen der heutigen außerdeutschen Literatur auffällt. Groß ist die Scheu, in einem Bande eine Zusammenfassung der für den Verfasser abgeschlossenen Theorie zu geben und späteren Arbeiten nur die Erläuterung, Ergänzung und, wenn nötig, Verbesserung zu überlassen. (Auch Parsons in Amerika und Gurvitch in Paris betonen, daß sie nur Torsi oder Grundlegungen geben.) Diese Selbstbescheidung ist übertrieben. Bei Solms und Kühne zeigt sich das verwandte Bestreben, man möge die bisher veröffentlichten Werke nur als Bausteine, höchstens als Grundmauern zu dem geplanten Riesenwerke ansehen. Solms erklärt in den Vorbemerkungen seines Buches: „Dieser Band enthält die Lehre von den Vorgegebenheiten, die Gefügelehre und die Gerüstlehre, !) Speziell über Brasilien vgl. Pinto F e r r e i r a , Panorama da Soziologia Brasileira, Separata da Revista Brasiliense, S, Paulo 1958. 2) Tübingen 1S56, J . C. B. Mohr, 588 Seiten. 3 j Berlin 1958, Duncker und Humblot, 854 Seiten.
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jedoch noch nicht die Gerüstseite der Herrschaftstheorie. Diese, wie die ausgeführte Geltungslehre und die Gehaltlehre, auf welche hier nur ein kurzer Vorblick geworfen werden kann, mögen gesonderten Publikationen vorbehalten bleiben." Nicht minder verwickelt ist das Vorhaben Kühnes. Im Vorwort muß er ziemlich umständlich mitteilen, wie sich seine allgemeine Soziologie in das großangelegte Gesamtwerk einordnet. Dieses vorsichtige Weitertasten in einem ungeheueren Gedankenkosmos erklärt sich wohl nicht nur aus der Eigenart der Autoren, sondern aus der Gesamtsituation unserer gegenwärtigen Kultur; man vermeidet, etwas als endgültig hinzustellen; alles sei im Wandel begriffen und grade der Soziologe habe seine Wissenschaft als stark veränderungsbedürftig aufzufassen. Man dürfe kein System mit dem Anpruch auf Endgültigkeit geben. Ein „letztes W o r t " gebe es nicht. Mit dieser Auffassung will ich nicht rechten. Gewiß bleibt Leben und Wirken jedes Einzelnen torsohaft. Andere mögen es fortführen. Die drei hier vorliegenden Werke enthalten jedoch viel, was bis zu einem gewissen Abschlüsse gebracht ist; es war gar nicht notwendig, daß die Verfasser uns auf zukünftige Gaben vertrösteten. Ziegenfuß erscheint mir vor allem als Sozialphilosoph mit einer besonderen Neigung und Begabung zur Enzyklopädie der Sozialwissenschaften. Mit Kühne teilt er das Verlangen, über das Wahrnehmbare in die Welt des Metaphysischen und einer idealistischen Ethik hinaufzusteigen. Seine Hingabe gehört dem „Transzendenz-Element der gesellschaftlichen Realität". Auch Kühnes Werk scheint mir die Grenze, die sich die Soziologie auferlegen sollte, zu überschreiten. Es ist philosophische Anthropologie und in ihr das, was man Meta-Anthropologie, also überwissenschaftliche freie Deutung des Menschentums, nennen kann. Ihm liegt das, was er Lebenskunst nennt, am Herzen. Damit ist jedoch nicht 11*
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eine spekulative und dogmatische E t h i k gemeint, sondern eine Soll-Wissenschaft auf realistischer Basis 1 ). Jedoch findet sich in den W e r k e n beider Autoren wie einst bei Fichte, Lorenz von Stein und Schäffle in E i n zelheiten manches, was auch den Empiriker fördern kann. Eine enge Verwandtschaft zur Beziehungslehre kann man, scheint mir, in G r a f Solms' „Analytischer Gesellungslehre" feststellen. E r vermeidet das Hinaufsteigen in die Zone säkularisierter Theologie, wozu die beiden anderen D e n k e r neigen. Aber das, was er in überaus weitschauenden Betrachtungen des zwischenmenschlichen Lebens bietet, ist niemals flach oder oberflächlich. Solms vermeidet es, auf die Beziehungslehre Bezug zu nehmen und aus ihr zu zitieren. Ich nehme an, daß er, den Tatsachen entsprechend, die Selbständigkeit seiner Urteils- und Beobachtungsweise bekunden will. E r ist auf eigenen W e g e n zu gleichen oder doch ähnlichen Ergebnissen gelangt. U m so mehr möchte ich diese weitgehende Parallelität begrüßen. Auch bei diesem A u t o r ist das, was er Gesellungslehre (gleich Soziologie) nennt, ein T e i l der generellen Anthropologie, gesondert von der Psychologie, aber auf ihr basierend. Auch er betont die Notwendigkeit der T r e n n u n g der generalisierend-vergleichenden (systematischen) Betrachtung von der besondernd-historischen. „Ich befürworte jedoch", fährt er fort, „ein Nebeneinander und gelegentliches I n einander beider, nämlich der soziologisch-vergleichenden und historisch-isolierenden Forschungsrichtungen" (S. 6). Auch ihm ist das zwischenmenschliche Verhalten Gegenstand der Gesellungslehre; sie sei „analytisch-komponent e n h a f t " . Ich würde sagen: Sie zerlegt die sozialen Zusammenhänge in K o m p l e x e von Vorgängen (Prozessen). Auch er will nicht nur die positiven, sondern auch die negativen Beziehungen (das Auseinander) behandeln; (er sagt: „Die Entsellung neben der Gesellung"). ! ) O t t o K ü h n e b e a b s i c h t i g t , s e i n e (bei D u n d t e r & H u m b l o t 1958 erschien e n e ) „ A l l g e m e i n e S o z i o l o g i e " f o r t z u s e t z e n . In n e u e n B ä n d e n s o l l e n die Grundgedanken dieses W e r k e s weitergeführt werden.
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Um noch mehr zu zitieren: „Leben ist Prozeß, funktionale Wechselwirkung, Geschehen auch überall da, wo es als Zuständigkeit, als Zustand sprachlich wie sachlich bezeichnet wird. Nur für die oberflächliche Betrachtung gibt es scheinbar „Zustände". In Wirklichkeit „geschieht" alles" (S. 9). Damit ist der verbale Charakter der Gegenstände der Soziologie hervorgehoben. In der reinen Erfahrungswissenschaft der Soziologie müsse eine Vermengung von Sozialempirie und Sozialmetaphysik vermieden werden. In einer Reihe von wertvollen Aufsätzen hat Gerhard W e i s s e r sein Bestreben weiter verwirklicht, neben die „explikative" (Seins-Soziologie), die Beobachtbares erklären will, eine normative Soziologie zu stellen, also in den Gesamtrahmen der Wissenschaft die auf Wertung beruhende Theorie aufzunehmen, die die Welt (wie einst Comte) nicht bloß erklären, sondern verändern, bessern will. Dieses Bestreben verbindet seine Bemühungen mit den Tendenzen von Ziegenfuß und Kühne. Es ist begreiflich, daß ein um die Vervollkommnung des Menschenloses ringender Geist über die Grenzen der (scheinbar oder wirklich) kaltherzigen Registrierung der Tatsachen hinaufsteigen möchte in die Bereiche der Ethik, ohne den Boden der realistischen Betrachtung zu verlassen. Die Selbstbescheidung, die sich mit der Wiedergabe des Seienden begnügen will, enthält ein gefährliches Element der Resignation; der Tatendrang und die Hilfsbereitschaft werden gelähmt. Wer die Veränderung der Welt anderen überlassen will, beraubt sich der wertvollsten Antriebe der Lebensgestaltung. Ich möchte vermeiden, hier das „Dennoch", das mindestens zur deutlichen Scheidung der beiden Arbeitsbereiche nötigt, darzulegen. Es ist außerordentlich schwer, Normen für das Verhalten im Namen der Wissenschaft zu geben. Es ist in der Vergangenheit nicht gelungen. Mögen die Kämpfer in der heutigen Welt mehr Erfolg haben. Ein anderes Ziel als Weisser hat sich Gottfried E i s e r m a n n in seiner Abhandlung: Allgemeine oder „reine"
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Soziologie gesteckt1). Ihm liegt daran, „ein zweckdienliches und hinlängliches Instrumentarium für die konkrete soziologische Analyse zu liefern" (S. 117). Auch er ist bestrebt, die allgemeine Soziologie als eine empirische Sozialwissenschaft zu entwickeln, „da sie auf eine Erfassung letzter Begriffe und Tatsachen menschlichen Zusammenlebens ausgerichtet ist, insofern sie nämlich einzig und allein das Sein und nicht das Sollen zum Gegenstand hat" (S. 65). In seiner gut fundamentierten Lehre von den Gruppen (gleich: sozialen Gebilden) kehrt er besonders Gemeinschaft, Gesellschaft und Bund hervor. Im gleichen Werke hat er in Verbindung mit Paul H o n i g s h e i m eine Geschichte der Soziologie gegeben. In Honigheim besaß unsere Wissenschaft einen Forscher, der (nicht nur in englischer, sondern nicht minder in deutscher Sprache) eine Fülle von Kenntnissen nicht nur der bewundernswert von ihm beherrschten Literatur, sondern auch auf allen Gebieten des Studiums des praktischen Lebens (also in sehr vielen Zweigen der speziellen Soziologie wie Religions-, Familien-, Siedlungswesen) präsentiert hat. Zu den jüngeren Autoren, die gegenwärtig eine „von Mythen freie" Brücke zwischen Philosophie und Soziologie zu schlagen bestrebt sind, gehört der Kölner Privatdozent Hans A l b e r t , der, ausgehend vom Positivismus und vom „Wiener Kreis", uns eine analytische Philosophie nahezubringen bestrebt ist. Er zeigt, wie sie durch Ideologiekritik und durch Sozialtechnologien den Zusammenhang fördern kann (wobei mir nur die Beschränkung auf die „Technologien" nicht ausreichend erscheint)2). 1) Vgl. diesen Essay in dem oben erwähnten Sammelwerke: Die Lehre von der Gesellschaft, Stuttgart 1958. Es sei auch auf f r ü h e r e Arbeiten Eisermanns hingewiesen, so auf «die Einheit der Sozialwissenschaften" (1955) und auf .Wirtschaft und Kultursystem" (1955), ferner auf das von ihm herausgegebene Sammelwerk „Gegenwartsprobleme der Soziologie" (1949). 2 ) Vgl. H. A l b e r t , Enlmythologisierung der Sozialwissenschaften. Kölner Zeitschrift, 8. J a h r g . 1858.
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Mannigfache Anregungen gewährt auch das Werk von Jakobus W ö s s n e r „Mensch und Gesellschaft", das die Systeme der sozialen Strukturen hervorkehrt 1 ). Eine ausführliche Würdigung ihrer Arbeiten wäre den Soziologen der Freien Universität in Berlin und anderen Hochschulen in Berlin West zu widmen. Hier sei nur an W. B e r n s d o r f , Fr. B ü l o w . G . J a h n , O. S t a m m e r , O. H . v. d. G a b l e n t z , H. J. L i e b e r , St. M ü n k e , Karl C. T h a 1 h e i m und ihre Mitarbeiter erinnert. Mir selbst erschien es in den letzten Jahren als eine meiner Aufgaben, dort, wo die „Beziehungslehre" Verdeutlichungen und Erläuterungen bedurfte, solche Ausgestaltungen vorzunehmen. Es ist u. a. in der Essay-Sammlung „Das Soziale im Leben und Denken" 2 ), in zahlreichen Beiträgen zum Handwörterbuch der Sozialwissenschaften und besonders in „Philosophie und Soziologie" geschehen3). Dort lag mir vor allem daran, die Soziologie als Wissenschaft zwischen den zwei Bereichen der Philosophie, dem erkenntnistheoretisch-logischen und dem metawissenschaftlichen, einzuordnen. Die obigen Bemerkungen, die ich, in diesem Abschlußkapitel der sechsten Auflage Ende der fünfziger Jahre über die gegenwärtige Literatur der allgemeinen Soziologie ausgesprochen habe, möchte ich durch einen Blick auf das jüngste Schrifttum der letzten Jahre ergänzen. Es ist freilich nicht möglich, nach dem Vorbilde von Bibliographien eine vollständige Ubersicht zu liefern; ich kann nur den Gesamteindruck skizzieren und einige Beispiele geben. Manche Beobachtungen aus dem ersten Jahrzehnte nach dem Kriege haben sich inzwischen so verdichtet, daß man sie mit größerer Sicherheit aufstellen kann. Man gewinnt den Eindruck, daß jetzt ein Stadium erreicht ist, in dem die theoretischen Grundlagen, die in den früheren Jahrzehnten erreicht worden sind, an der Praxis !) Erschienen bei Dundcer & Humblot, 1963. 2) Westdeutscher Verlag 1956. 3 ) Vgl. L. v. W i e s e , Philosophie und Soziologie, Band 1 der Schriftenreihe Erfahrung und Denken, Berlin, Duncker & Humblot, 1959.
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des sozialen Lebens nachgeprüft werden. Die Überfülle der Tatsachen des gelebten Daseins wird nach Kategorien der Systematiker geordnet und auf den Grad ihrer Wesentlichkeit untersucht. Ebenso wird die Haltbarkeit der Theorien einer Nachprüfung durch die Beobachtung der Praxis unterzogen. Diese Arbeitsweise hängt auch damit zusammen, daß die neuen Forschungsf«5i/i»ie den größten Teil ihrer Aufgaben in der Verbindung mit dem praktischen Leben sehen. Hier wirkt ein größerer Kreis arbeitsteilig, der aus (meist jüngeren) Gelehrten gebildet wird, die in gegenseitiger Ergänzung ein bestimmtes Tatsachenfeld beobachten. O f t bleibt freilich diese Arbeitsweise in der Statistik stecken. Aber diese Forschungsart ist ein notwendiger zweiter Schritt. Gegenüber diesem starken Strom der Soziographie ist die Grundlagen-Forschung verhältnismäßig spärlich geworden. Sie ist eben die Aufgabe einzelner, selbständiger Denker, die sich nunmehr der Nachprüfung ihrer Thesen durch die sich an der Praxis Orientierenden gestellt haben. Jetzt wird vom Allgemeinen zu den Einzelheiten übergegangen. Es besteht ein Pluralismus, der hauptsächlich die Institutsarbeit charakterisiert. Uber die Forschungstätigkeit dieser Anstalten, auf die bereits oben (auf S. 158) hingewiesen wurde, kann hier nicht ausführlich berichtet werden. Erinnert sei an das Forschungsinstitut f ü r Soziologie in Köln, das René K ö n i g leitet. Von ihm wird die Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie herausgegeben, zu der bisher auch sechs Sonderhefte veröffentlicht wurden. Sie behandeln folgende Themen: a) Soziologie der Gemeinde (Verfasser: René König) b) Probleme der Jugendkriminalität c) Probleme der Medizin-Soziologie d) Soziologie der Schule e) Soziale Schichtung und soziale Mobilität f) Probleme der Religionssoziologie. N a h e steht dieser Einrichtung das Kölner Forschungsinstitut für politische Wissenschaft unter der Direktion von
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Ferdinand H e r m e s , der unter dem Gesamttitel, „ D e mokratische Existenz heute" im Athenäum-Verlag eine Reihe von Schriften herausgegeben hat, die auch soziologische Fragen betreffen. Sehr fruchtbar sind die von T h e o d o r A d o r n o und W a l t e r D i r k s herausgegebenen Publikationen des F r a n k furter Instituts für Sozialforschung. Als letzter (elfter) Band liegt im Augenblicke die Schrift von Alfred S c h m i d t „Der Begriff der N a t u r in der Lehre von M a r x " vor. Besonders hinzuweisen ist auch auf die beiden Bändchen I und X „Soziologica", die u. a. Reden und Aufsätze von H o r k h e i m e r und A d o r n o enthalten. Auf die Sozialforschungsstelle an der Universität M ü n ster in D o r t m u n d wurde bereits Seite 166 hingewiesen. U n t e r der Leitung von Helmut S c h e 1 s k y und in V e r bindung mit der Zeitschift „Soziale W e l t " widmet sich dieses Institut u. a. auch besonders der mannigfachen Problematik, die die Nachbarschaft zum Ruhrrevier zeitigt. Es liegen bereits vierundzwanzig Bändchen vor. Auch das Institut für empirische Soziologie, das K a r l V a l e n t i n M ü l l e r in Nürnberg leitet, veröffentlichte sechs Schriften, die zumeist V . Müller selbst zum Verfasser haben. Diese und andere Seminare und Institute (nicht am wenigsten auf die an der Freien Universität Berlin bestehende Gründung) fördern, wie gesagt, vor allem „praktische Sozialforschung", die auch von König und anderen als „empirische" oder „praktische" bezeichnet wird. ( N u r darf beim Gebrauche des Wortes „empirisch" keine V e r wechslung mit der anderen Verwendung des W o r t e s „Empirie" entstehen, das auch für die theoretischen Studien im Sinne von Realistik im Gegensatz zur spekulativen BeBetrachtungsweise gilt.) Zu den an den Instituten gepflegten Erkenntniszweigen gehört auch die Meinungsforschung, die ein Grenzgebiet von Soziologie und Psychologie ist. D i e Befragungen, Tests, Interviews sind dabei viel verwendete Techniken. Gegenwärtig bemühen sich R e n é K ö n i g und Elisabeth N o l l e , durch eine strengere wissenschaftliche Unterbau-
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ung dem Dilettantismus, der sich in diesem Bezirke eingeschlichen hat, zu begegnen. Nicht minder sichtbar als die Ausgestaltung der Soziographie ist eine andere Tendenz, die grade an den neuen systematischen Werken, die keineswegs ganz fehlen, sichtbar wird: die Neigung, die Soziologie mit Anthropologie, Psychologie und Politikwissenschaft enger zu verbinden und sie ferner zu einem der Fundamente der Ethik zu machen. Das Bemühen einiger Forscher in den früheren Jahrzehnten, der Soziologie ein selbständiges Forschungsgebiet weit über eine bloße Methode der älteren Sozialwissenschaften hinaus zu geben, ist bisweilen als eine Verengung, ein bloßer „Formalismus" mißverstanden worden. Aber es war ihr Bestreben, ihr eine selbständige Problematik zu geben, grade um ihr einen klaren Bereich im Gesamtrahmen zu verschaffen, damit nach, der Abgrenzung ein umso brauchbarerer Zusammenhang mit den Nachbargebieten gewahrt werde. Trennen und verbinden ist auch hier Aufgabe. So ist denn die Tendenz zur Synthese im gegenwärtigen Schrifttume zu begrüßen, immer freilich unter der Voraussetzung, daß genau erkennbar wird, welches besondere Feld im Rahmen der allgemeinen Lehre von Menschen der Soziologie zufällt, und wie sie sich zu den Nachbarwissenschaften verhält. Als ein wichtiges Beispiel f ü r die engen Beziehungen der heutigen Soziologie zu den Nachbardisziplinen sei Wilhelm Emil M ü h l m a n n s , „ H o m o Crator", Abhandlungen zur Soziologie, Anthropologie und Ethnologie (Wiesbaden 1962) genannt. In ihr fesselt u. a. die Auffassung des Gegensatzes von natürlicher Auslese und sozialer Siebung, wobei ich nur seiner Forderung der Kulturanalyse den Zweifel entgegenstellen möchte, ob, wen sie zur politischen N o r m gemacht werde, sie nicht bald mißbraucht würde. — Eindrucksvoll ist seine skeptische Einschätzung des Ruhms. D a ß Kollektivegoismus den persönlichen zu brechen vermöge, scheint mir sehr fragwürdig.
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Richard B e h r e n d t hat in seiner Schrift „Dynamische Gesellschaft" (Bern 1963) mit großer Klarheit den Blick in die Z u k u n f t gerichtet. Für ihn ist Dynamik der Motor, die Energiequelle der Entwicklung (S. 19). Das hat ihn vor allem zu dem Studium der Problematik der Entwicklungsländer geführt, das in dem Werke „Soziale Strategie der Entwicklungsländer" (Frankfurt 1965, S. Fischer) zusammengefaßt ist. Fesselnd ist seine Einbeziehung des Zusammenlebens der Tiere und sein Vergleich mit den Menschen in der Einleitung des Sammelbändchens „Gestaltungen sozialen Lebens bei Tier und Mensch" (Bern 1958). Ralf D a h r e n d o r f s „Gesellschaft und Freiheit" (München 1961) setzt sich mit dem überkommenen Begriff der gesellschaftlichen Klassen auseinander. Er zeigt, wie sich die Vorstellungen seit Karl Marx geändert haben; aber Freiheit und Gleichheit sind auch f ü r ihn H a u p t p r o bleme der Gegenwart. Erfreulich ist es, daß der Zusammenhang mit der Literatur N o r d - und Südamerikas aufrecht erhalten wird. Autoren wie R. K ö n i g pflegen sie besonders. Wenigstens von einigen wenigen Werken sei berichtet: Vor allem sei auf die „Modern Sociological Theory in Continuity and Change", die noch der uns inzwischen durch seinen T o d entrissene H o w a r d B e c k e r gemeinsam mit Alois B o s k o f f (in der Dryden Press, N e w York 1957) herausgegeben hat. Die deutsche Entwicklung schildert darin W . E. M ü h l m a n n (nicht ohne auf den Einfluß der politischen Veränderungen einzugehen). Besonders Anfängern, die die englische Sprache beherrschen, sei B i e r s t e d t s Einführung „The Social Order" (New York 1957) empfohlen. Er geht vom Begriffe der Kultur aus und behandelt die Probleme der Organisation, der sozialen Differenzierung und des Wandels. Auch in deutscher Übersetzung liegt von dem Engländer J a y R u m n e y und dem deutschen Emigranten Joseph M a i e r verfaßte Schrift „Soziologie" (Nürnberg 1954) vor. Rumney vertrat schon früher die (von mir geteilte)
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Auffassung, daß der größte Einfluß auf die moderne Soziologie von Herbert S p e n c e r ausgegangen ist (S. 196). Wertvoll erscheint mir auch des Franzosen Armand C u v i 11 i e r „Introduction ä la Sociologie", die unter dem etwas seltsamen Titel „Kurzer Abriß der soziologischen Denkweise" von F. H . Oppenheim und H . Maus ins Deutsche übersetzt worden ist (Stuttgart 1960). Seine Auffassung unserer Wissenschaft als Lehre vom Menschen als Handelndem (S. 40) deckt sich (auch in vielen Einzelausführungen) zumeist ganz mit der Beziehungslehre. N u r erscheint mir die Deutung, ich betrachtete die allgemeine Soziologie „als ganz und gar unabhängig" von den speziellen Soziologien mißverständlich. Die „Unabhängigkeit" bezieht sich nicht auf das Material der Darstellung, sondern betrifft die gestellte Aufgabe. Schließlich möchte ich nicht ein Buch übergehen, das zwar keine Einführung in die allgemeine Soziologie ist, aber einem sie mit der Politik verbindenden großen Problemkreise angehört. Gemeint ist das von dem spanischjüdischen Emigranten Elias C a n e 11 i verfaßte Werk: „Masse und Macht", (deutsch in Hamburg 1960 erschienen). Eine besondere Beachtung erfordern auch die großen Sammelwerke und Wörterbücher, so die Studien der Unesco (Paris): „Industrialisierung und Soziologie"; dann das „Study of Mankind", das in Chicago unter der Leitung des Council for the Study of Mankind erschienen ist; in ihm ist besonders die Behandlung der sozialen Wirkungen der modernen Technologie beachtenswert. In dieser kurzen Gesamtübersicht darf der Hinweis nicht fehlen, daß das in langjähriger gewissenhafter Arbeit zustandegekommene „Handwörterbuch der Sozialwissenschaften", demnächst abgeschlossen vorliegen wird. Es ist ein unentbehrliches Werkzeug unserer Forschung und besonders f ü r Anfänger geeignet, auf dem Gebiete unserer Wissenschaft Fuß zu fassen.
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Es liegt nahe, daß ich unter den Forschern, die ihren Ausgangspunkt bei der „Beziehungslehre" genommen haben, besonders meine früheren Arbeitsgefährten hervorhebe: Harriet H o f f m a n n (Köln), Carl Gustav S p e c h t (Nürnberg-Erlangen) und H a n s W i n k m a n n (Essen). Es ist leider nicht möglich, hier eine ausführlichere Übersicht über ihre sich auf einen weiten Kreis von Fachbereichen erstreckenden Arbeiten zu geben. Es zeigt sich auch bei ihnen das Bestreben, jede Einengung der Themen zu vermeiden und Fühlung mit den zeitbedingten Problemen des sozialen Lebens zu halten. In den nächsten Jahren sind noch manche Beiträge von ihnen zu erwarten. Doch verlieren sich alle drei Autoren keineswegs an die verwirrende Fülle praktischer Einzelfragen, sondern behalten stets den Blick auf die Kernproblematik der Menschen als Mit- und Gegenmenschen gerichtet. Meine eigenen Arbeiten der letzten Jahre bestanden hauptsächlich in einer größeren Anzahl von kurzen Beiträgen, die teils der Interpretation älterer größerer Werke, teils dem Grenzgebiete galten, das ich Metasoziologie nennen möchte. Es handelt sich um eine soziologisch fundamentierte Ethik. Ich möchte hier nennen (ohne die Bücherbesprechungen): a) Aus den fünfziger Jahren sind in Ergänzung der oben gemachten Angaben nachgetragen: 1. Die Grundwissenschaft vom Sozialen (Schmollers Jahrbuch, 78. Jahrgg.) 2. Psychologische und soziale Grundlagen menschlichen Handelns (Festgabe f ü r Georg Jahn, Berlin, Duncker & Humblot, 1956) 3. Briefe an eine Studentin (Econ-Verlag, Düsseldorf 1958) (Leider ist dieses Bändchen, das ich zur leichteren Einführung in mehr feuilletonistischer Form geschrieben habe, wenig beachtet worden, sodaß der dadurch entmutigte Verlag auf seine Verbreitung verzichtet hat. Ich bedaure das.)
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b) Seit 1960: 4. Dauernde Errungenschaften der Soziologie (Soziale Welt, Dortmund, Jahrgg. 1960) 5. Ethik und Lebenssituation (Universitas, 15. Jahrgg. 1960) 6. Herbert Spencers Einführung in die Soziologie (Köln und Opladen, 1960) 7. Die Geistigen im Widerstreite der Sozialsysteme (Schmollers Jahrbuch, 80. Jahrgg., 1960) 8. Ethik der sozialen Gebilde (Heft 3 der Schriftensammlung: Demokratische Existenz heute, Athenäum-Verlag 1961) 9. Die Angst (Zum Vortragszyklus des C. G. Junginstituts) (Universitas, 16. Jahrgg., 1961) 10. Forderungen an unsere Zukunft. (Schmollers Jahrbuch, 82. Jahrgg. 1962) 11. Innere Nöte in zwischenmenschlichem Verkehr (Festgabe für Alfred Müller-Armack: Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur) (Duncker & Humblot, Berlin, 1961) 12. Die gesellschaftlichen und die zwischenmenschlichen Beziehungen (Eine Auseinandersetzung mit Ortega y Gasset) (Universitas, 18. Jahrgg., 1963) 13. Soziologie als Wissenschaft (Zeitschr.: Sociologica Internationalis, l.Bd., 1963 (Duncker & Humblot, Berlin) 14. Der Begriff der nFunktion in den Sozialwissenschaften (Festschrift für Gerhard Weisser. Duncker & Humblot, Berlin 1963). 15. Das Ich-Wir-Verhältnis (Duncker & Humblot, Berlin 1962). 16. Wandel und Beständigkeit im sozialen Leben. (Duncker & Humblot 1964). 17. Der Mensch als Mitmensch (Francke, Berlin und München, Dalp-Taschenbuch, 1964). 18. Im Dezember 1966 ist erschienen: Der Mitmensch und der Gegenmensch im sozialen
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Leben der nächsten Zukunft (Westdeutscher Verlag, Opladen, Köln). I I . T e i l : 1 965 u n d 1966 Da der in der siebenten Auflage dieser Schrift im zehnten Kapitel gegebene Hinweis auf die Literatur der allgemeinen Soziologie bis zum Jahre 1964 reicht, habe ich in diese neue Auflage nur wenige Veränderungen an dem alten Inhalte im ersten Teile dieses Kapitels vorgenommen, ihn vielmehr größtenteils im Wortlaute stehen gelassen; in diesem zweiten neuen Abschnitte gebe ich an der Hand neu erschienener Werke einige Ergänzungen. Dabei ließ ich mich von dem Bestreben leiten, aus der Fülle der jüngsten Literatur nur dasjenige auszuwählen, das vom Standpunkte der Beziehungslehre besonderes Interesse beansprucht. Ich beschränke mich auf Pitirim A. S o r o k i n s „Sociological Theories of Today" (New York und London 1966, Harper u. Row) und auf Victor J. W i 11 i s „Grundlagen einer empirischen Soziologie der Werte und Wertsysteme" (Zürich 1966, Orell Füssli). Zu dritt scheint mir ein (wenn auch nur kurzer) Hinweis auf das gleichfalls in englischer Sprache veröffentlichte Werk erwünscht, das freilich nicht eigentlich zur allgemeinen Soziologie, sondern zur Theorie der Politik gehört, aber so viele Berührungen zu jenen Wissenschaftszweigen enthält, daß das Buch nicht übergangen werden sollte. Es hat den Titel „World Politics and Tensior Areas" von Feliks G r o s s (New York, University Press, 1966). Sorokins Werk behandelt die allgemeine Soziologie von 1925 bis 1965. Es ist eine Fortsetzung seiner „Contemporary Sociological Theories" (New York 1928), die sich auf das Schrifttum vom Ende des neunzehnten Jahrhunderts bis 1925 bezogen. Er charakterisiert die soziologischen Schriften, die seitdem erschienen sind, ebenso, wie ich es (wenn auch mehr andeutungsweise) getan habe: Die Fachliteratur widme sich heute — nach der Qualität ihrer Publikationen beur-
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teilt — mehr den Techniken der soziologischen Spezialforschung als den umfassenden, das Wesentliche hervorkehrenden Systemen der Sozialkultur. Zumeist handele es sich um Mikrosoziologie; doch fehle es nicht an Makrosoziologie auf philosophischer Grundlage. Dabei handele es sich vorwiegend um Interpretation von Autoren aus dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts; er nennt G. Tarde, P. Dürkheim, M. Weber, V. Pareto, M. Scheler, O. Spengler, L. W a r d , W . Sumer, W . Dilthey, L. v. Wiese. In der Charakteristik der einzelnen Autoren, über die er berichtet, enthält Sorokins Literaturgeschichte viele geglückte und lehrreiche Darlegungen. Dagegen vermag ich seiner Einleitung des Schrifttums nicht zu folgen. Er unterscheidet vier Richtungen: 1. den nominalistisch-singularistisch-atomistischen „Trend"; 2. die Theorien der Kultursysteme, 3. die Theorien von Sozialsystemen. Diese drei Abschnitte werden ergänzt durch einen vierten, bei dem in der Überschrift das unklare Wort „Taxonomie" verwendet wird; es heißt in der Überschrift: „Taxonomie und Wandel in sozio-kulturellen Systemen". In der H a u p t sache handelt es sich um den in Amerika stark im Vordergrund stehenden Begriff des „Social Change". Den ersten Teil möchte ich überhaupt nicht zur allgemeinen Soziologie rechnen. Es handelt sich um physikalistische und mechanistische Theorien, die den Versuch machen, das gesellschaftliche Leben nach naturwissenschaftlichen Schauweisen zu erfassen. In Deutschland findet diese Betrachtungsweise kaum noch Anhänger. Die zweite und näherliegende Kategorie reicht von Oswald S p e n g l e r bis Albert Sc h w e i t z e r. Hervorgehoben wird auch F. R. C o w e 11. Es entsteht die Frage, ob man Kulturphilosophie von Soziologie trennen soll. Hier bieten die von Sorokin genannten Autoren Alfred Kroeber, Florian Znaniecki, J. Ortega y Gasset Material genug, um die Frage aufzuwerfen, ob es angezeigt ist, diese Sonderungen von „Cultural Systems" von „Social Systems" vorzunehmen; die unter der neuen Uberschrift des zweiten Teils
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aufgeführten Autoren Gurvitch, Sartre und Kühne heben sich durch ihre Bevorzugung des dialektischen Verfahrens bis zu einem gewissen Grade von den vorher genannten Autoren ab; aber einen sehr wesentlichen Unterschied zwischen jenen Kultur- und diesen Sozialsystemen vermag ich nicht zu erkennen. Auffallend bei den jüngsten amerikanischen Schriften ist — auch bei Sorokin — die einseitige Hervorhebung des sozialen "Wandels (social change). Als Beispiel möchte ich das Büchlein von Burkart H o 1 z n e r : „The structure of Social Systems and the Sources of Social Change" (Social Science Research Institute University of Hawai, 1965) nennen. Es beginnt mit dem Satze: „Das Hauptziel einer Analyse der Gesellschaften ist es, ein besseres Verständnis von sozialem Wandel zu schaffen." (The primary aim of an analysis of societies as social systems is to provide a better understanding of social change.) Die Hervorhebung vom sozialen Wandel ist zweifellos eine Hauptaufgabe unserer heutigen Wissenschaft. Aber sie verlangt grade auch die Versenkung in ihren begrifflichen Gegensatz, die Beständigkeit. Hinter allem Wechsel steht das Unwandelbare; es bekundet sich besonders in der ewigen Wiederkehr des scheinbar versunkenen Früheren, freilich in teilweise veränderten Formen 1 ). Das in deutscher Sprache vorliegende Werk von Victor f. W i l l i : „Grundlagen einer empirischen Soziologie der Werte und Wertsysteme", enthält vor allem viele wertvolle Beiträge zur Kultur- und Geistesgeschichte, die ich keinesfalls durch die folgende Kritik zu einer Methodenfrage herabsetzen möchte; sie soll lediglich der Verständigung unter den Forschern und Studierenden dienen2). Den Anlaß dazu gibt mir der Gebrauch der beiden Worte Vgl. dazu Leopold v. W i e s e , W a n d e l und Beständigkeit im sozialen Leben, Duncker & Humblot, Berlin 1S64. 3) Ich wiederhole oben manche Sätze, die in meinem Beitrage „Gesellschaftslehre und Kulturwandel" zur Festschrift des Westdeutschen Verlags „Wissenschaft und Praxis" stehen sollen. (Im Zeitpunkte der Niederschrift des oben Mitgeteilten nodi in der Vorbereitung durch den Verlag.) 12 von Wiese, Soziologie
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„ W e r t e " u n d „empirisch" im Titel und Inhalte des Buches. Die Soziologie gehört zu den Wissenschaften, in denen Schwierigkeiten bestehen, eine einheitliche Terminologie zu schaffen. Über den hinter den abstrahierenden Ausdrücken stehenden Sinngehalt verständigt m a n sich in der Regel schneller. Aber der W i r r w a r r des Wortgebrauchs v e r f ü h r t nicht selten, den Unterschied der Meinungen zu überschätzen. Das unheilvollste Beispiel ist das W o r t „ W e r t " . Vor f ü n f z i g J a h r e n w u r d e es, weil es der häufigste Ausgangsp u n k t f ü r Meinungsstreit w a r , verpönt. „Du sollst nicht werten!" w u r d e zu einem D o g m a der Soziologen. In der T a t ist die Fülle der Bedeutungen, die man ihm beilegen kann, recht groß. D e r Hauptgegensatz besteht in der Alternative der objektiven u n d subjektiven Bedeutung, die man einem Gegenstande beilegt — entweder von einem Standpunkte, den m a n als allgemein a n e r k a n n t ansehen d a r f , oder aus einer Einschätzung, die ein fühlender oder denkender Mensch nach eigenem Ermessen vornimmt. Ferner bestehen viele Gegensätze nach dem Lebensgebiete, auf dem man wertet: ethische, ästhetische, religiöse, politische und wirtschaftliche. Wichtig ist auch die Unterscheidung von individueller u n d sozialer, von intim-persönlicher und öffentlicher Bewertung. W a s Willi mit den beiden W o r t e n „ W e r t " und „empirisch" sagen will, ist unanfechtbar. Er gebraucht das W o r t „ W e r t " im objektivem, sozial gemeintem Sinne in h a u p t sächlich geschichtlicher O p t i k . Aber soll man im Titel eines Werkes diesen Ausdruck — zumal in Verbindung mit Empirie — gebrauchen? Auch was mit der H e r v o r h e b u n g einer „empirischen" Soziologie nach der Absicht des Autors gemeint ist, soll durchaus nicht abgelehnt werden. Er will sagen, d a ß es sich nicht um Spekulationen und m e t a p h y sische, sondern eben um historische Urteile handelt. Aber in Deutschland wird zumeist zwischen Empirie und W e r tung ein tiefer Gegensatz gemacht. Jene soll sich auf Beobachtungen (womöglich auf Zählungen) stützen u n d das
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Subjektive vermeiden. Verwerflich erscheint jedoch (das ist auch Willis Auffassung) eine unklare Vermischung von objektiver Empirie und subjektiver Einschätzung, die zur Folge haben kann, daß der Leser die ganz persönliche Meinung, die sich auf zu geringe und zufällige Beobachtungen stützt, irrtümlich f ü r statistisch belegbare Feststellungen hält. Ferner sagt Willi im Untertitel seines Werks, es handele sich um den „Versuch einer Überwindung des Gegensatzes zwischen Kulturanthropologie u n d Soziologie und zwischen allgemeintheoretischer und empirizistischer Soziologie". Aber es scheint mir in beiden Hinsichten nur ein Unterschied zwischen Spezialstudien und allgemeiner Soziologie oder, wenn man will, zwischen Makro- und Mikrosoziologie zu bestehen. Beim Begriffe des Wertes handelt es sich nicht nur um die große Mannigfaltigkeit des Wortes; sondern man muß sich auch die häufigen Mischungen seiner Anwendungen vergegenwärtigen. Ganz besonders, wenn es sich um „Wertsysteme" handelt, die soziale Gebilde beherrschen, muß der Autor Gewißheit geben, ob er über die Ansichten, die in einer Gruppe herrschen, berichten will, oder ob er selbst wertend Stellung nimmt. Wenigstens für den deutschen Sprachgebrauch empfiehlt es sich, vom Worte W e r t einen zurückhaltenden Gebrauch zu machen; der amerikanische Ausdruck „value" deckt sich in der Soziologie nicht völlig mit „Wert". Doch die H e r vorkehrung dieses Punktes der Sprachmethodologie soll nicht dazu führen, die vielen, wie mir scheinen will, höchst wertvollen Darlegungen Willis zu verkleinern. Auf einen Punkt, der grade vom Standpunkte der Beziehungslehre wichtig ist, möchte ich noch hinweisen: Er erklärt (S. 79), d a ß die Frage, „ob die Gesellschaft das Produkt von Individuen oder das Individuum das Produkt der Gesellschaft sei, von vornherein unrichtig gestellt ist". Wie oben bereits vermerkt, möchte ich zum Schlüsse die Aufmerksamkeit auf Feliks Gross' „World Politics and 12*
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Tension Areas" (1966) lenken, nicht nur deshalb, weil heute o f t das Studium der allgemeinen Soziologie grade mit der Versenkung in die Theorien der Politik verknüpft wird, sondern weil dieses (auch geographisch so viel bietende) Werk für eine auf Empirie gestützte Lehre von den sozialen Gebilden (social structures) und besonders von Krieg und Frieden viel wertvolles Gedankengut gewährt. Gross sagt: „ T h e problem we face is an ancient one: not the elimination of difference and Opposition from international relations, but of violence." ( „ D a s Problem, dem wir gegenüberstehen, ist alt: nicht die Ausrottung von Verschiedenheiten und Opposition aus den internationalen Beziehungen, aber der Gewalt."). Beim Rückblick auf den U m f a n g und die Artung des soziologischen Schrifttums des letzten Jahrzehnts fällt die Zunahme und Ausdehnung von Werken auf, die nicht einen einzigen Verfasser, sondern eine manchmal beträchtliche Zahl von Mitarbeitern aufweisen. Diese Vermehrung der Kollektivarbeit ist lehrreich. Sie ist ein Beweis für das Anwachsen des Spezialistentums; jeder Problemkomplex zerlegt sich- (besonders begreiflicherweise in dem vorwiegend der Empirie dienenden Schrifttume) in eine Fülle von Einzelfragen, die die Arbeitskraft des Autors ganz in Anspruch nehmen. D a s hat den Vorteil, daß das, was geboten wird, auf gründlicher Beobachtung und wiederholter Nachprüfung beruht; es enthält aber die Gefahr, daß der Blick für das Wesentliche und das Streben, das für das Menschenleben an Erkenntnis Fördersame aufzufinden, schwindet. Wäre das Wort Philosophie nicht mißverständlich, würde ich sagen: der Soziologe muß auch. Philosoph sein! Er darf sich nicht an den Kleinkram und die Ansprüche einer Alltagspraxis verlieren. Die Zunahme der literarischen Kollektivarbeit hängt auch mit der starken Entwicklung der Forschungs- und Lehrinstitute zusammen. Viele auf Empirie aufgebaute Studien können sich auf die Zusammenarbeit solcher Gemeinschaften stützen, zumal wenn es sich um statistische
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Grundlagen, um Befragungssysteme handelt. Darüber sollte aber das Denken und Suchen der einsam Forschenden nicht beiseite geschoben werden.
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Namenregister A b e l 80 A d l e r 41, 124 A d o r n o 41, 136, 168 A l b e r t 166 A l b r e c h t 118 A n d e r s o n 67 A n g e l l 80 A r o n 43 A u g u s t i n u s 17 Bain 67 B a r k e r 61 B a r n e s 26 B a r t h 16, 27, 30, 32 B a s t i d e 44 Becker, H . 26, 79, 100, 130, 169 B e c k e n r a t h , E. v. 118 B e h r e n d t 97, 169 B e l o w , v. 18 B e n e d i c t 80 B e r n s d o r f 160, 166 B i e r s t e d t 170 Boskoff 26, 170 B o u g l é 86,88 B r a n f o r d 61 B r i n k m a n n 16, 32, 117 B ü l o w 160, 166 B u r g e s s 65
E i s e r m a n n 160, 165 E l l w o o d 73 F a r i s 65 F a r q u h a r s o n 64 F a u c o n n e t 44, 88 Fichte 18, 102 F r e y e r 31, 116 G a b l e n t z v. d. 166 Geck 117, 137 G e d d e s 61, 64 G e h l e n 161 G e i g e r 43, 76, 121, 135 Gerloff 118 G i d d i n g s 20, 65, 71 Gillin 67, 72 G i n i 89 G i n s b e r g 60, 64 G l a s s 64 G r e e f , d e 95 G r ü n f e l d 110 G ü n t h e r 117 G u m p l o w i c z 103, 115 G u r v i t d i 90, 130
H a l b w a c h s 88, 92 H a n k i n s 54 H e g e l 18, 22 H e l l p a d i 136 H e r b a r t 102 C a n e t t i 171 H e y d e 118, 137 C a r l i 19, 43 H o b b e s 18, 19 C a r r - S a u n d e r s 60 H o b h o u s e 60, 61 C h e l t s c h i t z k i 19 C o m t e 15, 19, 23, 30, 50, H o f f m a n n , 79, 117, 171 Holbach 16 86 H o n i g h e i m 165 C o o l e y 69 H o r k h e i m e r 41, 130, 136 C u r t i u s 130 H u s 19 C u v i l l i e r 90, 92, 170 D a h r e n d o r f 169 D e m o l i n s 64 D i l t h e y 37, 129 D i r k s 168 D i x o n 61 D o d d 66, 80 D u n k m a n n 116 D u p r a t 59, 86, 89 D u p r é e l 159
L e o n t o v i t c h 117 Le P l a y 63 L e v y - S t r a u ß 89 L i e b e r 166 L i l i e n f e l d , v. 103 L i n p i n s e l 117 Linton 80 L u n d b e r g 67, 80 M a d i i a v e l l i 19 M a c k e n r o t h 137 M a i e r 170 M a n n h e i m 41, 61, 116, 121, 130, 134 M a r t i n , v . 137 M a r s h a l l 64 M a r x 102, 108, 110 M a u n i e r 90 M a u s , H e i n z 59, 93, 117, 158, 170 M a u s s , M a r c e l 44, 88 M c l v e r 80 M e r t o n 41 M e u t e r 117 M o h l , v , 19, 43 M o r e n o 49,78 M o u n i e r 12 M ü h l m a n n 34, 117, 169 M ü l l e r - A r m a d c 31, 118, 136 M ü l l e r - L y e r 103 M ü l l e r , K. V . 168 M ü n k e 166 N o l l e 169 O g b u r n 65. 73 O p p e n h e i m 170 O p p e n h e i m e r 53, 116
P a r e t o 27, 94 P a r k 65, 74 P a r s o n s 80 P e t e r s 117 K a n t 18 P i e p e r 154 K ö n i g 137, 158, 168, 169 P l e n g e 116, 154 Kossitscfc 117 P l e s s n e r 136, 160 K ü h n e 26, 161 P r i b r a m 43
J a h n 118, 166 J a n n e 96
l a m p r e d i t 31 D u r k h e i m 16, 30, 44, 83 L a s k i 61, 63 L a t t e n 154 L e h m a n n 120 Eckert 118
Q u e t e l e t 95 R a t z e n h o f e r 103, 107 Redfield 80
Namenregister Sombart 15, 32, 45, 119, 131 Soroken 26, 43, 67, 74, 77, 80, 94, 121 Spann 18, 30, 105, 116 Specht 117, 171 Spencer 19, 32, 44, 50, 54 Spyckman 124 Saint-Simon 19, 23, 50 Stammer 166 Salomon, Alb. 100 Stein, Lorenz v. 19, 30, Sauermann 117 102, 107 Schaffle 30, 97, 102, 104 Stein, Ludwig 107 Scheler 41, 119, 130 Steinhoff 125 Schelling 22, 102 Steinmetz 95 Schelsky 137, 168 Stok 154 Schleiermacher 102 Stoltenberg 27 Schmidt 168 Summer 65, 67 Sdiolgen 137 Shils 75, 100 Simmel 20, 30, 121, 123 Tarde 83 Skrach 19 Thalheim 166 Small 17, 20, 65, 69 Thomas 17, 65, 74 Smets 96 Thurnwald, Richard 117 Solms, M a x Ernst, Graf Tönnies 18, 20, 119, 121 117 Toynbee 46 Solms, Max, Graf 117, Treitsdike, v. 19 161 Tröltsch 117 Renouvier 86 Richard 88 Rickert 119 Rimet 44 Ross 20, 65, 73, 154 Riistow 31, 136 Rumney 59, 170
183 Turgot 51 Uexküll 113 Vaerting 117 Vial 92 Vico 19 Vierkandt 119, 121,
133
W a l l a s 61 Waither 117 Ward 65, 66, 67 W e b e r , Alfred 31, 116, 160 Weber, M a x 100, 121, 123, 128, 131 Weippert 31, 117 W e i s s e r 9, 26, 37, 42, 118, 161, 164 Wessels 118 Westermarck 60, 61 Winkmann 171 Worms 84, 87 Ziegenfuß 26, 42, 137, 1Ò0 Znaniecki 45 , 58, 65 , 74, 117
H . J. LIEBER
Philosophie — Soziologie — Gesellschaft Gesammelte Studien zum Ideologieproblem O k t a v . V I I I , 247 Seiten. 1965. Br. D M 19,80 Inhalt: Philosophie, Soziologie und Gesellschaft / Soziologie zwischen Fortschritt und Tradition / Ideologienbildung und Ideologienkritik / Wissenssoziologie / Kritik und Konformismus - D a s soziologische Selbstverständnis der Intelligenz / Der Erfahrungsbegriff in der empirischen Sozialforschung / Der Leninismus - Ideologie als philosophisches System / Utopie und Selbstaufklärung der Gesellschaft — Reflexionen zu Ernst Blochs „Das Prinzip H o f f n u n g " / Ideologie und Gesellschaft in der Sowjetunion nach Stalins Tod / Totalitarismus - Aspekte eines Begriffs / Nachweise und Anmerkungen W. H O F M A N N
Ideengeschichte der sozialen Bewegung des 19. und 20. Jh. 243 Seiten. 1962. D M 5,80 (Sammlung Göschen Band 1205/1205a) P . R. H O F S T Ä T T E R
Sozialpsychologie 2. Auflage. 191 Seiten. 18 Abbildungen. 1964. D M 5,80 (Sammlung Göschen Band 104/104a) R. D A H R E N D O R F
Industrie- und Betriebssoziologie 4. Auflage. 142 Seiten. 3 Figuren. 1967. D M 3,60 (Sammlung Göschen Band 103) F. F Ü R S T E N B E R G
Wirtschaftssoziologie 122 Seiten. 1961. D M 3,60 (Sammlung Göschen Band 1193) WALTER
DE
GRUYTER
Sc C O
• BERLIN
30
SAMMLUNG
GÖSCHEN
GESAMTVERZEICHNIS
Jeder Band D M 3,60 • Doppelband D M 5,80 Dreifachband D M 7,80
Herbst 1966
WALTER
DE G R U Y T E R & C O • B E R L I N 30
Inhaltsübersicht Biologie Botanik Chemie Deutsche Sprache u. Literatur Elektrotechnik Englisch Erd- u. Länderkunde . . . . Geologie Geschichte Griechisch Hoch- u. Tiefbau Indogermanisch Kartographie Kristallographie Kunst Land- u. Forstwirtschaft Lateinisch Maschinenbau
16 17 15 7 20 8 10 18 8 5 9 23 8 10 18 5 . . 18 9 20 12 18
Orientalistik Philosophie Physik Psychologie Publizistik Religion Romanisch Slavische Sprachen Soziologie Statistik Technik
. . . .
Volkswirtschaft Vermessungswesen Wasserbau Zoologie Autorenregister Bandnummernfolge
Überreicht durch:
. . . .
Geisteswissenschaften Philosophie
Einführung In die Philosophie von H. Leisegang f . 6. Auflage. 146 Seiten. 1966. (281) Hauptprobleme der Philosophie von G. Simmel f . 8., unveränderte Auflage. 177 Seiten. 1964. (500) Geschichte der Philosophie I : D i e g r i e c h i s c h e P h i l o s o p h i e von W. Capelle. 1. Teil. Von Thaies bis Leukippos. 3., erweiterte Auflage. Etwa 135 Seiten. 1966. (857) I I : Die g r i e c h i s c h e P h i l o s o p h i e von W. Capelle. 2. Teil. Von der Sophistik bis zum Tode Piatons. 3., stark erweiterte Auflage. Etwa 144 Seiten. 1966. In Vorbereitung (858) I I I : D i e g r i e c h i s c h e P h i l o s o p h i e von W. Capelle. 3. Teil. Vom Tode Piatons bis zur Alten Stoa. 2., stark erweiterte Auflage. 132 Seiten. 1954. (859) I V : D i e g r i e c h i s c h e P h i l o s o p h i e von W. Capelle. 4. Teil. Von der Alten Stoa bis zum Eklektizismus im 1. J h . v. Chr. 2., stark erweiterte Auflage. 132 Seiten. 1954. (863) V : Die P h i l o s o p h i e des M i t t e l a l t e r s von J.Koch. In Vorbereitung. (826) V I : Von d e r R e n a i s s a n c e b i s K a n t von K. Schilling. 234 Seiten. 1954. (394/394 a) V I I : I m m a n u e l K a n t von G. Lehmann. In Vorbereitung. (536) V I I I : D i e P h i l o s o p h i e des 19. J a h r h u n d e r t s von O.Lehmann. 1. Teil. 151 Seiten. 1953. (571) I X : D i e P h i l o s o p h i e des 19. J a h r h u n d e r t s von G.Lehmann. 2. Teil. 168 Seiten. 1953. (709) X : Die P h i l o s o p h i e im e r s t e n D r i t t e l des 20. J a h r h u n d e r t s 1. Teil von G. Lehmann. 128 Seiten. 1957. (845) X I : D i e P h i l o s o p h i e im e r s t e n D r i t t e l des 20. J a h r h u n d e r t s 2. Teil von G. Lehmann. 114 Seiten. 1960. (850) Die geistige Situation der Zeit (1931) von K. Jaspers. 6. Abdruck der im Sommer 1932 bearbeiteten 5. Auflage. 211 Seiten. 1965. (1000) Erkenntnistheorie von G. Kropp. 1. Teil: A l l g e m e i n e G r u n d l e g u n g . 143 Seiten. 1950. (807) Formale Logik von P. Lorenzen. 3., durchgesehene und erweiterte Auflage. 184 Seiten. 1966. (1176/1176a) Philosophisches Wörterbuch von M. Apel f . 5., völlig neu bearbeitete Auflage von P. Ludz. 315 Seiten. 1958. (1031/1031 a) Philosophische Anthropologie. Menschliche Selbstdeutung in Geschichte und Gegenwart von M. Landmann. 2., durchgesehene Auflage. 223 Seiten. 1964. (156/156a)
Pädagogik, Psychologie, Soziologie
Geschichte der Pädagogik von Herrn. Weimer 17. Auflage von Heinz Weimer. 184 Seiten. 1967. (145/145a) Therapeutische Psychologie. Ihr Weg durch die Psychoanalyse von IV. M. Kranefeldt. Mit einer Einführung von C. G. Jung. 3. Auflage. 152 Seiten. 1956. (1034)
3
GEISTESWISSENSCHAFTEN Allgemeine Psychologie von Th. Brismann f . 4 Bände. I: G r u n d p r o b l e m e . 3. Auflage. 146 Seiten. 1965. (831) I I : G r u n d a r t e n d e s p s y c h i s c h e n G e s c h e h e n s . 2., neubearbeitete Auflage. 248 Seiten. 1959. (832/832a) III: Experimentelle Psychologie und ihre Grundlagen. 1.Teil. 2., neubearbeitete Auflage. 112 Seiten, 7 Abbildungen. 1962.(833) IV: E x p e r i m e n t e l l e P s y c h o l o g i e u n d i h r e G r u n d l a g e n . 2. Teil. 2., neubearbeitete Auflage. 199 Seiten, 20 Abbildungen. 1962. (834/834a) Soziologie. Geschichte und Hauptprobleme von L. von Wiese. 7. Auflage. 176 Seiten. 1964. (101) Ideengeschichte der sozialen Bewegung des 19. und 20. Jh. von W. Hofmann. 243 Seiten. 1962. (1205/1205a) Sozialpsychologie von P. R. Hofstätter. 2. Auflage. 191 Seiten, 18 Abbildungen. 1964. (104/104a) Psychologie des Berufs- und Wirtschaftslebens von W. Moede f . 190 Seiten, 48 Abbildungen. 1958. (851/851 a) Industrie- und Betriebssoziologie von R. Dahrendorf. 3. Auflage. 142 Seiten. 3 Figuren. 1965. (103) Wirtschaftssoziologie von F. Fürstenberg. 122 Seiten. 1961. (1193) Einführung in die Sozialethik von H.-D. Wendland. 144 S. 1963. (1203)
Religion Jesus von M. Dibelius t. 4. Auflage, mit einem Nachtrag von W. G. Kümmel. 140 Seiten. 1966. (1130) Paulus von M. Dibelius f . Nach dem Tode des Verfassers herausgegeben und zu Ende geführt von W. G. Kümmel. 3., durchgesehene Auflage. 156 Seiten. 1964. (1160) Luther von F. Lau. 2., verbesserte Auflage. 153 Seiten. 1966 (1187) Melanchthon von R. Stupperich. 139 Seiten. 1960. (1190) Zwlngli von F. Schmidt-Clausing. 119 Seiten. 1965. (1219) Sören Kierkegaard. Leben u. Werk von H. Gerdes. 134Seiten. 1966.(1221) Einführung In die Konfessionskunde der orthodoxen Kirchen von K.Onasch. 291 Seiten. 1962. (1197/1197 a) Geschichte des christlichen Gottesdienstes von W. Nagel. 215 Seiten. 1962. (1202/1202a) Geschichte Israels. Von den Anfängen bis zur Zerstörung des Tempels (70 n.Chr.) von E.L. Ehrlich. 2. Aufl. 1966. InVorbereitung. (231 /231a) Römische Religionsgeschichte von F. Altheim. 2 Bände. 2., umgearbeitete Auflage. I: G r u n d l a g e n u n d G r u n d b e g r i f f e . 116 Seiten. 1956. (1035) I I : D e r g e s c h i c h t l i c h e A b l a u f . 164Seiten. 1956. (1052) Die Religion des Buddhismus von D. Schlingloff. 2 Bände. I: D e r H e i l s w e g d e s M ö n c h s t u m s . 122 Seiten, 11 Abbildungen, 1 Karte. 1962. (174) I I : D e r H e i l s w e g f ü r d i e W e l t . 129 Seiten, 9 Abbildungen, 1 Karte. 1963. (770)
GEISTESWISSENSCHAFTEN
Musik Musikästhetik von H. J. Moser. 180 Seiten. Mit zahlreichen Notenbeispielen. 1953. (344) Systematische Modulation von R. Hernried. 2. Auflage. 136 Seiten. Mit zahlreichen Notenbeispielen. 1950. (1094) Der polyphone Satz von E. Pepping. 2 Bände. I : D e r c a n t u s - f i r m u s - S a t z . 2. Auflage. 233 Seiten. Mit zahlreichen Notenbeispielen. 1950. (1148) I I : Ü b u n g e n im d o p p e l t e n K o n t r a p u n k t u n d im K a n o n . 137 Seiten. Mit zahlreichen Notenbeispielen. 1957. (1164/1164a) Allgemeine Musiklehre von H. J. Moser. 2., durchgesehene Auflage. 155 Seiten. Mit zahlreichen Notenbeispielen. 1955. (220/220a) Harmonielehre von H. J. Moser. 2 Bände. I : 109 Seiten. Mit 120 Notenbeispielen. 1954. (809) I I : In Vorbereitung. (810) Die Musik des 19. J a h r h u n d e r t s von W. Oehlmann. 180 Seiten. 1953. (170) Die Musik des 20. Jahrhunderts von W. Oehlmann. 312 Seiten. 1961. (171/171 a) Technik der deutschen Gesangskunst von H. J. Moser. 3., durchgesehene und verbesserte Auflage. 144 Seiten, 5 Figuren sowie Tabellen u n d Notenbeispiele. 1954. (576/576a) Die Kunst des Dlrlglerens von H. W. von Waltershausen f . 2., v e r m e h r t e Auflage. 138 Seiten. Mit 19 Notenbeispielen. 1954. (1147) Die Technik des Klavierspiels aus dem Geiste des musikalischen K u n s t werkes von K. Schubert f . 3. Auflage. 110 Seiten. Mit Notenbeispielen. 1954. (1045)
Kunst Stilkunde von H. Weigert. 2 Bände. 3., durchgesehene u n d ergänzte Auflage. I : V o r z e i t , A n t i k e , M i t t e l a l t e r . 136 Seiten, 94 Abbildungen. 1958. (80) I I : S p ä t m i t t e l a l t e r u n d N e u z e i t . 150 Seiten, 88 Abbildungen. 1958. (781) Archäologie von A. Rumpf. 3 Bände. I : E i n l e i t u n g , h i s t o r i s c h e r Ü b e r b l i c k . 143 Seiten, 6 A b bildungen, 12 Tafeln. 1953. (538) I I : D i e A r c h ä o l o g e n s p r a c h e . Die a n t i k e n R e p r o d u k t i o n e n . 136 Seiten. 7 Abbildungen, 12 Tafeln. 1956. (539) I I I : I n Vorbereitung. (540)
Geschichte E i n f ü h r u n g In die Geschichtswissenschaft von P . Kirn. 4., durchgesehene Auflage. 127 Seiten. 1963. (270) E i n f ü h r u n g In die Zeitgeschichte von B. Scheurig. 101 Seiten. 1962. (1204)
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GEISTESWISSENSCHAFTEN Zeltrechnung der römischen Kaiserzelt, des Mittelalters und der Neuzelt für die Jahre I—2000 n. Chr. von H. Lietzmann t• 3. Auflage, durchgesehen von K.Aland. 130 Seiten. 1956. (1085) Kultur der Urzeit von F. Behn. 3 Bände. 4. Auflage der K u l t u r der Urzeit Bd. 1—3 von M. Hoernes. I : D i e v o r m e t a l l i s c h e n K u l t u r e n . (Die Steinzeiten Europas. Gleichartige Kulturen in anderen Erdteilen.) 172 Seiten, 48 Abbildungen. 1950. (564) II: D i e ä l t e r e n M e t a l l k u l t u r e n . (Der Beginn der Metallbenutzung, Kupfer- und Bronzezeit in Europa, im Orient und in Amerika.) 160 Seiten, 67 Abbildungen. 1950. (565) III: D i e j ü n g e r e n M e t a l l k u l t u r e n . (Das Eisen als K u l t u r metall, Hai [statt-Latene-Kultur in Europa. Das erste Auft r e t e n des Eisens in den anderen Weltteilen.) 149 Seiten, 60 Abbildungen. 1950. (566) Vorgeschichte Europas von F. Behn. Völlig neue Bearbeitung der 7. Auflage der „Urgeschichte der Menschheit" von M. Hoernes. 125 Seiten, 47 Abbildungen. 1949. (42) Der Eintritt der Germanen in die Geschichte von J. Haller f . 3. Auflage, durchgesehen von H. Dannenbauer. 120 Seiten, 6 Kartenskizzen. 1957. (1117) Von den Karolingern zu den Staufern. Die altdeutsche Kaiserzeit (900—1250) von J. Halter f . 4., durchgesehene Auflage von H. Dannenbauer. 142 Seiten, 4 K a r t e n . 1958. (1065) Von den Staufern zu den Habsburgern. Auflösung des Reichs und E m p o r k o m m e n der Landesstaaten (1250—1519) von J. Haller f . 2., durchgesehene Auflage von H. Dannenbauer. 118 Seiten, 6 Kartenskizzen. 1960. (1077) Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, der Gegenreformation und des dreißigjährigen Krieges von F. Härtung. 2., durchgesehene Auflage. 128 Seiten. 1963. (1105) Deutsche Geschichte von 1648—1740. Politischer und geistiger Wiedera u f b a u von W. Treue. 120 Seiten. 1956. (35) Deutsche Geschichte von 1713—1806. Von der Schaffung des europäischen Gleichgewichts bis. zu Napoleons Herrschaft von W. Treue. 168 Seiten. 1957. (39) Deutsche Geschichte von 1806—1890. Vom E n d e des alten bis zur Höhe des neuen Reiches von W. Treue. 128 Seiten. 1961. (893) Deutsche Geschichte von 1890 bis zur Gegenwart von W. Treue. In Vorbereitung. (894) Quellenkunde der Deutschen Geschichte im Mittelalter (bis zur Mitte des 15. J a h r h u n d e r t s ) von K . Jacob f . 3 Bände. I: E i n l e i t u n g . A l l g e m e i n e r Teil. Die Z e i t d e r K a r o l i n g e r . 6. Auflage, bearbeitet von H. Hohenleutner. 127 Seiten. 1959. (279) I I : D i e K a i s e r z e i t (911-1250). 5. Auflage, neubearbeilet von H. Hohenleutner. 141 Seiten. 1961. (280) I I I : D a s S p ä t m i t t e l a l t e r (vom Interregnum bis 1500). Herausgegeben von F. Weden. 152 Seiten. 1952. (284)
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GEISTESWISSENSCHAFTEN Geschichte Englands von H. Preller. 2 Bände. I: bis 1815. 4., stark umgearbeitete Auflage. Etwa 135 Seiten, 7 Stammtafeln, 2 Karten. 1966. Im Druck. (375) I I : Von 1815 bis 1910. 2., völlig umgearbeitete Auflage. 118Seiten, 1 Stammtafel, 7 Karten. 1954. (1088) Römische Geschichte von F. Altheim. 4 Bände. 2., verbesserte Auflage. I: B i s zur S c h l a c h t bei P y d n a (168 v. Chr.). 124 Seiten. 1956. (19) I I : B i s zur S c h l a c h t bei A c t i u m (31 v. Chr.). 129 Seiten, 1956.(677) I I I : B i s zur S c h l a c h t an der M i l v i s c h e n B r ü c k e (312 n. Chr.). 148 Seiten. 1958. (679) IV: B i s zur S c h l a c h t am Y a r m u k (636 n. Chr.). In Vorbereitung. (684) Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika von O. Graf zu StolbergWernigerode. 192 Seiten, 10 Karten. 1956. (1051/1051 a)
Deutsche Sprache und Literatur
Geschichte der Deutschen Sprache von H. Sperber. 5., neubearbeitete Auflage von P. von Polenz. 136 Seiten. 1966. (915) Deutsches Rechtschreibungswörterbuch von M. Gottschald f . 2., verbesserte Auflage. 269 Seiten. 1953. (200/200a) Deutsche Wortkunde. Kulturgeschichte des deutschen Wortschatzes von A. Schirmer. 5. Auflage von W. Mitzka. 125 Seiten. 1965. (929) Deutsche Sprachlehre von W. Hofstaetter. 10. Auflage. Völlige Umarbeitung der 8. Auflage. 150 Seiten. 1960. (20) Stimmkunde für Beruf, Kunst und Heilzwecke von H. Biehle. 111 Seiten. 1955. (60) Redetechnik. Einführung in die Rhetorik von H. Biehle. 2., erweiterte Auflage. 151 Seiten. 1961. (61) Grundlagen der Sprecherziehung von J. Jesch 1966. In Vorbereitung (1122/1122a) Deutsches Dichten und Denken von der germanischen bis zur staufischen Zelt von H. Naumann f . (Deutsche Literaturgeschichte vom 5.—13. Jahrhundert.) 3., verbesserte Auflage. 1966. (1121) Deutsches Dichten und Denken vom Mittelalter zur Neuzeit von G. Müller (1270 bis 1700). 3., durchgesehene Auflage. 159 Seiten. In Vorbereitung. (1086) Deutsches Dichten und Denken von der Aufklärung bis zum Realismus (Deutsche Literaturgeschichte von 1700—1890) von K. Vietor f . 3., durchgesehene Auflage. 159 Seiten. 1958. (1096) Deutsche Heldensage von H. Schneider. 2. Auflage, bearbeitet von R. Wisniewski. 148 Seiten. 1964. (32) Der Nibelunge Not U Auswahl. Mit kurzem Wörterbuch herausgegeben von K. Langosch. 11., durchgesehene Auflage. 166 Seiten. 1966. (1) Kudrun und Dietrich-Epen in Auswahl mit Wörterbuch von O. L. Jiriczek. 6. Auflage, bearbeitet von R. Wisniewski. 173 Seiten. 1957. (10) Wolfram von Eschenbach. Parzifal. Eine Auswahl mit Anmerkungen und Wörterbuch von H. Jarüzen. 3. Auflage, bearbeitet von H.Kolb. 128 Seiten. 1966. (921)
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GEISTESWISSENSCHAFTEN Hartmann von Aue. Der arme Heinrich nebst einer Auswahl aus der „ K l a g e " dem „ G r e g o r i u s " und den Liedern ( m i t einem W ö r t e r verzeichnis) herausgegeben v o n F. Maurer. 96 Seiten. 1958. ( 1 8 ) Gottfried von Straßburg. Tristan und Isolde in Auswahl herausgegeben v o n F. Maurer. 2. A u f l a g e . 142 Seiten. 1965. (22) Die deutschen Personennamen v o n M. Gottschald f . 2., verbesserte A u f l a g e . 151 Seiten. 1955. (422) Althochdeutsches Elementarbuch. G r a m m a t i k und T e x t e v o n H. Naumann f und W. Betz. 4., verbesserte und v e r m e h r t e A u f l a g e . 183 Seiten. 1966. (1111/11 I I a ) Mittelhochdeutsche Grammatik von H. de Boor und R. Wisniewski. 4., verbesserte und ergänzte A u f l a g e . 150 Seiten. 1965. (1108)
Indogermanisch, Germanisch Indogermanische Sprachwissenschaft v o n H. Krähe. 2 Bände. I : E i n l e i t u n g u n d L a u t l e h r e . 5. A u f l a g e . 110 Seiten.1966. (59) I I : F o r m e n l e h r e . 4., neubearbeitete A u f l a g e . 100 Seiten.1963. (64) Sanskrit-Grammatik m i t sprachvergleichenden Erläuterungen von M. Mayrhofer. 2., v ö l l i g neu bearbeitete A u f l a g e . 110 Seiten. 1965. (1158/1158a) Altlrlsche Grammatik v o n J. Pokorny. 2. A u f l a g e . In V o r b e r e i t u n g . (896 Gotisches Elementarbuch. G r a m m a t i k . T e x t e mit Übersetzung und Erläuterungen v o n H. Hempel. 4., neubearbeitete A u f l a g e . 169 Seit e n . 1966. (79/79 a ) Altnordisches Elementarbuch. Einführung, G r a m m a t i k , T e x t e (zum T e i l mit Übersetzung) und W ö r t e r b u c h von F. Ranke. 3., v ö l l i g umgearb. A u f l a g e v o nD. Hof mann. E t w a 180 Seiten. 1967. I m Druck. (1115/1115a) Germanische Sprachwissenschaft v o n H. Krähe. 3 Bände. I : E i n l e i t u n g u n d L a u t l e h r e . 6. A u f l a g e . 147 Seiten. 1966. (238) I I : F o r m e n l e h r e . 5., verbesserte A u f l a g e . 149 Seiten. 1965. (780) I I I : W o r t b i l d u n g s l e h r e v o n W. Meid. E t w a 2 4 0 S e i t e n . 1966. (1218/1218a/1218b)
Englisch, Romanisch
Altenglisches Elementarbuch. Einführung, G r a m m a t i k , T e x t e m i t Ü b e r setzung und W ö r t e r b u c h v o n M. Lehnert. 6., verbesserte A u f l a g e . 178 Seiten. 1965. (1125) Mittelenglisches Elementarbuch v o n H. Weinstock. 1967. I n V o r b e reitung (1226/1226a) Historische neuenglische Laut- und Formenlehre v o n E. Ekwall. 4., verbesserte A u f l a g e . 150 Seiten. 1965. (735) Englische Phonetik von H. Mutschmann f . 2. A u f l a g e , bearbeitet von 0. Scherer. 127 Seiten. 1963. (601) Englische Literaturgeschichte v o n F. Schubel. 4 Bände. I : D i e a l t - u n d m i t t e l e n g l i s c h e P e r i o d e . 1 6 3 Seiten.1954.(1114) I I : V o n d e r R e n a i s s a n c e b i s z u r A u f k l ä r u n g . 160 Seiten. 1956. (1116) I I I : R o m a n t i k u n d V i k t o r i a n i s m u s . 160Selten. 1960. (1124)
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GEISTESWISSENSCHAFTEN Beowulf von M. Lehnert. Eine Auswahl mit Einführung, teilweiser Übersetzung, Anmerkungen und etymologischem Wörterbuch. 4., verbesserte Auflage. 135 Seiten. 1966. (1135) Shakespeare von P. Meißner f . 2. Auflage, neubearbeitet von M. Lehnert. 136 Seiten. 1954. (1142) Romanische Sprachwissenschaft von H. Lausberg. 4 Bände. I : E i n l e i t u n g u n d V o k a l i s m u s . 2., durchgesehene Auflage. 211 Seiten. 1963. (128/128a) I I : K o n s o n a n t i s m u s . 2. Auflage. 1966. Im Druck. (250) I I I : F o r m e n l e h r e . 1. Teil. 99 Seiten. 1962. (1199) I I I : F o r m e n l e h r e . 2. Teil. S. 99—260. 1962. (1200/1200a) I V : W o r t l e h r e . In Vorbereitung. (1208)
Griechisch, Lateinisch Griechische Sprachwissenschaft von W. Brandenstein. 3 Bände. I : E i n l e i t u n g , L a u t s y s t e m , E t y m o l o g i e . 1 6 0 S e i t e n . 1954. (117) I I : W o r t b i l d u n g u n d F o r m e n l e h r e . 192 Seiten. 1959. (118/ 118a) I I I : S y n t a x I . E i n l e i t u n g . Die Flexibilien. 145 Seiten. 1966. (924/ 924a) Geschichte der griechischen Sprache. 2 Bände I : B i s z u m A u s g a n g d e r k l a s s i s c h e n Z e i t von O. Hoffmann f . 3. Auflage, bearbeitet von A. Debrunner f . 156 Seiten. 1953. (111) I I : G r u n d f r a g e n und G r u n d z ü g e des nachklassischen G r i e c h i s c h von A. Debrunner t. 144 Seiten. 1954. (114) Geschichte der griechischen Literatur von W. Nestle. 2 Bände. 3. Auflage, bearbeitet von W. Liebich. I : 144 Seiten. 1961. (70) I I : 149 Seiten. 1963. (557) Grammatik der neugriechischen Volkssprache von J. Kalitsunakis. 3., wesentlich erweiterte und verbesserte Auflage. 196 Seiten. 1963. (756/756 a) Neugriechisch-deutsches Gesprächsbuch von J. Kalitsunakis. 2. Auflage, bearbeitet von A. Steinmetz. 99 Seiten. 1960. (587) Geschichte der lateinischen Sprache von F . Stolz und A. Debrunner t. 4., stark umgearbeitete Auflage von W. P. Schmid. 145 Seiten. 1966. (492/492 a) Geschichte der römischen Literatur von L. Bieler. 2., verbesserte Auflage. 2 Bände. I : D i e L i t e r a t u r d e r R e p u b l i k . 160 Seiten. 1965. (52) I I : D i e L i t e r a t u r d e r K a i s e r z e i t . 133 Seiten. 1965. (866)
Orientalistik, Slavistik Die Kellschrift von B. Meissner. 3. Auflage, neubearbeitet von K. Oberhuber. Etwa 150 Seiten. 1966. (708/708a/708b) Die Hieroglyphen von A. Erman. 3. Auflage, neu bearbeitet von O. Krückmann. 1966. In Vorbereitung. (608/608a/608b) 9
GEISTESWISSENSCHAFTEN Hebräische Grammatik von R. Meyer. 3 Bände. I: E i n l e i t u n g , S c h r i f t - u n d Lautlehre.3.,neubearbeiteteAuflage. 120 Seiten. 1966. (763/763 a/763b) I I : F o r m e n l e h r e u n d F l e x i o n s t a b e l l e n . 3. Auflage. In Vorbereitung. (764/764 a/764b) I I I : S a t z l e h r e . In Vorbereitung (765/765a/765b) Hebräisches Textbuch zu G. Beer-R. Meyer, Hebräische G r a m m a t i k von R. Meyer. 170 Seiten. 1960. (769/769a) Slavische Sprachwissenschaft von H. Bräuer. 2 Bände. I : E i n l e i t u n g , L a u t l e h r e . 221 Seiten. 1961. (1191/1191 a ) Vergleichende Geschichte der slavlschen Literaturen von D. Tschiiewskij. 2 Bände. 1966. In Vorbereitung. I : E i n f ü h r u n g . Anfänge des slavischen S c h r i f t t u m s bis zum Klassizismus. (1222/1222a) I I : R o m a n t i k b i s z u r M o d e r n e . (1223/1223a) Russische Grammatik von E. Berneker t• 6., verbesserte Auflage von M. Vasmer f . 155 Seiten. 1961. (66) Polnische Grammatik von N. Damerau. E t w a 140 Seiten. 1967. (942/ 942a)
Erd- und Länderkunde, Kartographie
Afrika von F. Jaeger. Ein geographischer Uberblick. 2 Bände. 3. Auflage. I : D e r L e b e n s r a u m . 179 Seiten, 18 Abbildungen. In Vorbereit u n g . (910) I I : M e n s c h u n d K u l t u r . 155 Seiten, 6 Abbildungen. In Vorbereitung. (911) Australien und Ozeanien von H. J. Krug. 176 Seiten, 46 Skizzen. 1953. (319) Kartographie von V. Heissler. 2. Auflage. 213 Seiten, 125 Abb., 8 Anlagen. 1966. (30/30 a)
Volkswirtschaft, Statistik, Publizistik
Allgemeine Betriebswirtschaftslehre von K.Mellerowicz. 4 Bände. 11. und 12., durchgesehene Auflage. I : 224 Seiten. 1964. (1008/1008a) I I : 188 Seiten. 1966. (1153/1153a) I I I : 260 Seiten. 1963. (1154/1154a) IV: 209 Seiten. 1963. (1186/1 186a) Allgemeine Volkswirtschaftslehre von A. Paulsen. 4 Bände. I : G r u n d l e g u n g , W i r t s c h a f t s k r e i s l a u f . 7. Auflage. 159 Seiten, 11 Abbildungen. 1966. (1169) I I : H a u s h a l t e , U n t e r n e h m u n g e n , M a r k t f o r m e n . 7. Auflage. 172 Seiten, 31 Abbildungen. 1966. (1170) I I I : P r o d u k t i o n s f a k t o r e n . 5. Auflage. 198 Seiten, 24 Abbildungen. 1966. (1171) IV: G e s a m t b e s c h ä f t i g u n g , K o n j u n k t u r e n , W a c h s t u m . 4., neubearbeitete und ergänzte Auflage. 188 Seiten. 1966.(1172) Übungsaufgaben mit Lösungen zur Allgemeinen Volkswirtschaftslehre I/II von A. Paulsen von W. Wedig. Etwa 160 Seiten. 1966. (1227/ 1227 a) 10
GEISTESWISSENSCHAFTEN Geschichte der Volkswirtschaftslehre von S. Wendt. 182 S. 1961. (1194) Allgemeine Volkswirtschaftspolitik von H. Ohm. 2 Bände. I : S y s t e m a t i s c h - T h e o r e t i s c h e G r u n d l e g u n g . 2., verbesserte und ergänzte Auflage. 137 Seiten, 6 Abbildungen. 1965. (1195) II: Der v o l k s w i r t s c h a f t l i c h e G e s a m t o r g a n i s m u s als Obj e k t d e r W i r t s c h a f t s p o l i t i k . In Vorbereitung. (1196) Finanzwissenschaft von H. Kolms. 4 Bände. I : G r u n d l e g u n g , Ö f f e n t l i c h e A u s g a b e n . 3., verbesserte Auflage. 165 Seiten. 1966. (148) II: E r w e r b s e i n k ü n f t e , G e b ü h r e n und B e i t r ä g e , Allgem e i n e S t e u e r l e h r e . 3., verbesserte Auflage. 154 Seiten. 1966. (391) I I I : B e s o n d e r e S t e u e r l e h r e . 2., verbesserte u n d ergänzte Auflage. 178 Seiten. 1966. (776/7 76a) IV: Ö f f e n t l i c h e r K r e d i t . Ö f f e n t l i c h e r H a u s h a l t . F i n a n z a u s g l e i c h . 191 Seiten. 1964. (782/782a) F i n a n z m a t h e m a t i k von M.Nicolas. 192 Seiten, 11 t a f e l n , 8 Tabellen und 72 Beispiele. 1959. (1183/1183a) Programmierung von Datenverarbeitungsanlagen von H. J. Schneider, D. Jurksch. E t w a 128 Seiten, 8 Tabellen, 11 Abbildungen. 196 7. (1225/1225 a) Lineare Programmierung von H. Langen. E t w a 200 Seiten. (1206/1206 a) Buchhaltung und Bilanz von E. Kosiol. 170 Seiten. 1964. (1213/1213a) Industrie- und Betriebssoziologie von R. Dahrendorf. 3. Auflage. 142 Seiten, 3 Figuren. 1965. (103) Wirtschaftssoziologie von F. Fürstenberg. 122 Seiten. 1961. (1193) Psychologie des Berufs- und Wirtschaftslebens von W. Moedef. 190 Seiten, 48 Abbildungen. 1958. (851/851 a) Einführung in die Arbeitswissenschaft von H. H. Hilf. 169 Seiten, 57 Abbildungen. 1964. (1212/1212a) Allgemeine Methodenlehre der Statistik von J. Pfanzagl. 2 Bände. I: E l e m e n t a r e M e t h o d e n u n t e r b e s o n d e r e r B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r A n w e n d u n g e n in d e n W i r t s c h a f t s - u n d S o z i a l w i s s e n s c h a f t e n . 3., neubearbeitete Auflage.266Seiten, 50 Abbildungen. 1966. (746/746a) II: H ö h e r e M e t h o d e n u n t e r b e s o n d e r e r B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r A n w e n d u n g e n in N a t u r w i s s e n s c h a f t e n , M e d i z i n u n d T e c h n i k . 2., verbesserte Auflage. 315 Seiten, 41 Abbildungen. 1966. (747/747 a) Zeltungslehre von E. Dovifat. 2 Bände. 5., neubearbeitete Auflage. I: T h e o r e t i s c h e u n d r e c h t l i c h e G r u n d l a g e n — N a c h r i c h t u n d M e i n u n g — S p r a c h e u n d F o r m . 149 Seiten. 1966. Im Druck. (1039) II: R e d a k t i o n — Die S p a r t e n : V e r l a g und V e r t r i e b , W i r t s c h a f t und Technik — Sicherung der öffentlichen A u f g a b e . 168 Seiten. 1966. Im Druck. (1040)
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Naturwissenschaften Mathematik Geschichte der Mathematik von J. E. Hofmann. 4 Bände. I: Von den A n f ä n g e n bis z u m A u f t r e t e n v o n F e r m a t u n d D e s c a r t e s . 2., verbesserte u n d v e r m e h r t e Auflage. 251 Seiten. 1963. (226/226a) II: Von F e r m a t und D e s c a r t e s bis zur E r f i n d u n g des Calculus und bis zum A u s b a u der n e u e n M e t h o d e n . 109 Seiten. 1957. (875) III: Von den A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n um den C a l c u l u s b i s z u r f r a n z ö s i s c h e n R e v o l u t i o n . 107 Seiten. 1957. (882) I V : G e s c h i c h t e d e r M a t h e m a t i k d e r n e u e s t e n Z e i t von N. Stuloff. In Vorbereitung. (883) Mathematische Formelsammlung von F.O. Ringleb. 8., verbesserte Auflage. E t w a 320 Seiten, 40 Figuren. 1967. (51/51 a) Vierstellige Tafeln und Gegentafeln f ü r logarithmisches u n d trigonometrisches Rechnen in zwei Farben zusammengestellt von H. Schubert und R. Haussner. 3.. neubearbeitete Auflage von J. Erlebach. 158 Seiten. 1960. (81) Fünfstellige Logarithmen mit mehreren graphischen Rechentafeln und häufig v o r k o m m e n d e n Zahlenwerten von A. Adler. 4. Auflage, ü b e r a r b e i t e t von J. Erlebach. 127 Seiten, 1 Tafel. 1962. (423) Arithmetik von P. B. Fischer f . 3. Auflage von H. Rohrbach. 152 Seiten, 19 Abbildungen. 1958. (47) Höhere Algebra von H. Hasse. 2 Bände. 5., neubearbeitete Auflage. I : L i n e a r e G l e i c h u n g e n . 150 Seiten. 1963. (931) I I : G l e i c h u n g e n h ö h e r e n G r a d e s . 158 Seiten, 5 Figuren. 1966. (932) Aufgabensammlung zur höheren Algebra von H. Hasse und W. Klobe. 3., verbesserte Auflage. 183 Seiten. 1961. (1082) Elementare und klassische Algebra vom modernen Standpunkt von W. Kruü. 2 Bände. I : 3., erweiterte Auflage. 148 Seiten. 1963. (930) I I : 132 Seiten. 1959. (933) Lineare Programmierung von H. Langen. E t w a 200 Seiten. (1206/1206a) Algebraische Kurven und Flächen von W. Burau. 2 Bände. I : A l g e b r a i s c h e K u r v e n d e r E b e n e . 153 Seiten, 28 Abbildungen. 1962. (435) I I : A l g e b r a i s c h e F l ä c h e n 3 . G r a d e s u n d R a u m k u r v e n 3. und 4. Grades. 162 Seiten, 17 Abbildungen. 1962. (436/436a) Einführung In die Zahlentheorie von A. Scholzt. O b e r a r b e i t e t und herausgegeben von B. Schoeneberg. 4. Auflage. 128 Seiten. 1966. (1131) Formale Logik von P. Lorenzen. 3., durchgesehene u n d erweiterte Auflage. 184 Seiten. 1966. (1176/I176a)
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NATURWISSENSCHAFTEN Topologle von W. Franz. 2 Bände. I : A l l g e m e i n e T o p o l o g i e . 2., verbesserte Auflage. 144 Seiten, 9 Figuren. 1965. (1181) I I : A l g e b r a i s c h e T o p o l o g i e . 153 Seiten. 1965. (1182/1182a) Elemente der Funktionentheorie von K. Knappt. 7. Auflage. 144 Seiten, 23 Figuren. 1966. (1109) Funktionentheorie von K. Knopp t. 2 Bände. 11. Auflage. I: G r u n d l a g e n d e r a l l g e m e i n e n T h e o r i e d e r a n a l y t i s c h e n F u n k t i o n e n . 144 Seiten, 8 Figuren. 1965. (668) II: A n w e n d u n g e n u n d W e i t e r f ü h r u n g der a l l g e m e i n e n T h e o r i e . 130 Seiten, 7 Figuren. 1965. (703) Aufgabensammlung zur Funktionentheorie von K. Knopp f . 2 Bände. I : A u f g a b e n z u r e l e m e n t a r e n F u n k t i o n e n t h e o r i e . 7. A u f lage. 135 Seiten. 1965. (877) I I : A u f g a b e n z u r h ö h e r e n F u n k t i o n e n t h e o r i e . 6. Auflage. 151 Seiten. 1964. (878) Differential- und Integralrechnung von M. Barner. ( F r ü h e r Witting). 4 Bände. I : G r e n z w e r t b e g r i f f , D i f f e r e n t i a l r e c h n u n g . 2., durchgesehene Auflage. 176 Seiten, 39 Figuren. 1963. (86) Gewöhnliche Differentialgleichungen von G. Hoheisel. 7., neubearbeitete u n d erweiterte Auflage. 142 Seiten. 1965. (920/920a) Partielle Differentialgleichungen von G. Hoheisel. 4., durchgesehene Auflage. 128 Seiten. 1960. (1003) A u f g a b e n s a m m l u n g zu den gewöhnlichen und partiellen Differentialgleichungen von G. Hoheisel. 4., neubearbeitete Auflage. 153 Seiten. 1964. (1059/1059 a) Integralgleichungen von G. Hoheisel. 2., neubearbeitete und erweiterte Auflage. 112 Seiten. 1963. (1099) Mengenlehre von E. Kamke. 5. Auflage. 194 Seiten, 6 Figuren. 1965. (999/999 a) Gruppentheorie von L. Baumgartner. 4., erweiterte Auflage. 190 Seiten, 3 Tafeln. 1964. (837/837 a) Ebene und sphärische Trigonometrie von G. Hessenbergt. 5. Auflage, durchgesehen von H. Kneser. 172 Seiten, 60 Figuren. 1957. (99) Darstellende Geometrie von W. Haack. 3 Bände. I: Die w i c h t i g s t e n D a r s t e l l u n g s m e t h o d e n . G r u n d - u n d A u f r i ß e b e n f l ä c h i g e r K ö r p e r . 5. Auflage. 113 Seiten, 120 Abbildungen. 1965. (142) II: K ö r p e r mit k r u m m e n B e g r e n z u n g s f l ä c h e n . K o t i e r t e P r o j e k t i o n e n . 4., durchgesehene Auflage. 129 Seiten, 86 Abbildungen. 1965. (143) I I I : A x o n o m e t r i e u n d P e r s p e k t i v e . 3. Auflage. 129 Seiten, 100 Abbildungen. 1965. (144) Analytische Geometrie von K. P. Grotemeyer. 3., neubearbeitete Auflage. 218 Seiten, 73 Abbildungen. 1964. (65/65a) Nichteuklidische Geometrie. Hyperbolische Geometrie der Ebene von R. Batdust. 4. Auflage, bearbeitet und ergänzt von F. Löbell. 158 Seiten, 75 Figuren. 1964. (970/970a) 13
NATURWISSENSCHAFTEN Differentialgeometrie von K. Strubecker. 3 Bände. I : K u r v e n t h e o r i e d e r E b e n e und des R a u m e s . 2., erweiterte Auflage. 253 Seiten, 45 Figuren. 1964. (1113/1113a) I I : T h e o r i e d e r F l ä c h e n m e t r i k . 195 Seiten, 14 Figuren. 1958. (1179/1179a) I I I : T h e o r i e d e r F l ä c h e n k r ü m m u n g . 254Seiten, 38 Figuren. 1959. (1180/1180a) Variationsrechnung von L. Koschmieder. 2 Bände. 2., neubearbeitete Auflage. I : D a s freie und g e b u n d e n e E x t r e m e i n f a c h e r G r u n d i n t e g r a l e . 128 Seiten, 23 Figuren. 1.962. (1074) II: Anwendung klassischer Verfahren auf allgemeine F r a g e n des E x t r e m s . — N e u e r e u n m i t t e l b a r e V e r f a h r e n . In Vorbereitung. (1075) Einführung In die konforme Abbildung von L. Bieberbach. 6. Auflage. Etwa 180 Seiten, 42 Figuren. 1966. In Vorbereitung. (768/768a) Vektoren und Matrizen von S. Valentiner. 4. Auflage. (11., erweiterte Auflage der „Vektoranalysis"). Mit Anhang: Aufgaben zur Vektorrechnung von H. König. 206 Seiten, 35 Figuren. 1967. (354/354a) Wahrscheinlichkeitstheorie und Grundzüge der Maßtheorie von H. Bauer. 2 Bände. I : 154 Seiten. 1964. (1216/1216a) I I : In Vorbereitung. (1217) Verslchemngsmathematlk von F. Böhm. 2 Bände. I : E l e m e n t e d e r V e r s i c h e r u n g s r e c h n u n g . 3., vermehrte und verbesserte Auflage. Durchgesehener Neudruck. 151 Seiten. 1953. (180) II: Lebensversicherungsmathematik. Einführung in die technischen Grundlagen der Sozialversicherung. 2., verbesserte und vermehrte Auflage. 205 Seiten. 1953. (917/917a) Finanzmathematik von M.Nicolas. 192 Seiten, 11 Tafeln, 8 Tabellen und 72 Beispiele. 1959. (1183/1183a) Kinematik von H. R. Müller. 171 Seiten, 75 Figuren. 1963. (584/584 a )
Physik Einführung In die theoretische Physik von W. Döring. 5 Bände. I : M e c h a n i k . 3., verbesserte Aufl. 125 Seiten, 23 Abb. 1965.(76) I I : D a s e l e k t r o m a g n e t i s c h e F e l d . 2., verbesserte Auflage. 132 Seiten, 15 Abbildungen. 1962. (77) I I I : O p t i k . 2., verbesserte Auflage. 117 Seiten, 32 Abbildungen. 1963. (78) I V : T h e r m o d y n a m i k . 2., verbesserte Auflage. 107 Seiten, 9 Abbildungen. 1964. (374) V : S t a t i s t i s c h e M e c h a n i k . 2., umgearbeitete Auflage. 117 Seiten, 10 Abbildungen. 1966. (1017) Mechanik deformierbarer Körper von M. Päsler. 199 Seiten, 48 Abbildungen. 1960. (1189/1189a)
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NATÜRWISSENSCHAFTEN Atomphysik von K. Bechert, Ch. Qerthsen t u n d A. Flammersfeld. 7 Bände. 4., durchgesehene Auflage. I: A l l g e m e i n e G r u n d l a g e n . l . T e i l von A. Flammersfeld. 124 Seiten, 35 Abbildungen. 1959. (1009) I I : A l l g e m e i n e G r u n d l a g e n . 2. Teil von A. Flammersfeld. 112 Seiten, 47 Abbildungen. 1963. (1033) I I I : T h e o r i e d e s A t o m b a u s . l . T e i l von K. Bechert. 148Seiten, 16 Abbildungen. 1963. (1123/1123a) I V : T h e o r i e d e s A t o m b a u s . 2. Teil von K. Bechert. 170 Seiten, 14 Abbildungen. 1963. (1165/1165a) Differentialgleichungen der Physik von F. Sauter. 4., durchgesehene u n d ergänzte Auflage. 147 Seiten, 16 Figuren. 1966. (1070) Physikalische Formelsammlung von G. Mahler. f . F o r t g e f ü h r t von K. Mahler. Neubearbeitet von H. Graewe. 11. Auflage. 167 Seiten, 69 Figuren. 1963. (136) Physikalische Aufgabensammlung m i t Ergebnissen von G.Mahlert. F o r t g e f ü h r t von K. Mahler. Neubearbeitet von H. Graewe. 12. Auflage. 141 Seiten. 1964. (243)
Chemie Geschichte der Chemie in k u r z g e f a ß t e r Darstellung v o n G. Lockemann. 2 Bände. 2. Auflage. I: Vom A l t e r t u m bis zur E n t d e c k u n g des S a u e r s t o f f s . 142 Seiten, I Bildnisse. In Vorbereitung. (264) II: Von d e r E n t d e c k u n g des S a u e r s t o f f s bis z u r G e g e n w a r t . 151 Seiten, 16 Bildnisse. In Vorbereitung (265/265a) Anorganische Chemie von W. Klemm. 13. Auflage. 255 Seiten, 34 Abbildungen. 1964. (37/37a) Organische Chemie von W. Schlenk jun. 10., erweiterte Auflage. 273 Seiten, 16 Abbildungen. 1965. (38/38a) Physikalische Methoden in der Organischen Chemie von G. Kresze. 2 Bände. 1: 119 Seiten, 65 Abbildungen. 1962. (44) I I : 164 Seiten. 1962. (45/45a) Allgemeine und physikalische Chemie von W. Schulze. 2 Bände. I : 6., verbesserte Auflage. 139 Seiten, 10 Figuren. 1964. (71) I I : 6., verbesserte Auflage. 178 Seiten, 37 Figuren. 1966. (698/698a) Molekülbau. Theoretische Grundlagen und Methoden der S t r u k t u r e r m i t t l u n g von W. Schulze. 123 Seiten, 43 Figuren. 1958. (786) Einfache Versuche zur allgemeinen und physikalischen Chemie von E. Dehn. 371 Versuche mit 40 Abbildungen. 272 Seiten. 1962. (1201/1201 a) Physikalisch-chemische Rechenaufgaben von B. Asmus. 3., verbesserte Auflage. 96 leiten. 1958. (445) Maßanalyse. Theorie und Praxis der klassischen u n d der elektrochemischen Titrierverfahren von G. Jander und K. F.Jahr. 11., d u r c h gesehene Auflage, mitbearbeitet von H. KnoII. 359 Seiten, 56 Fig u r e n . 1966. (221/221a) 15
NATURWISSENSCHAFTEN Qualitative Analyse von H. Hofmann u. G. Jander. 2., durchgesehene und verbesserte Auflage. 308 Seiten, 5 Abbildungen. 1963. (247/247 a) Stöchlometrlsche Aufgabensammlung von IV. Bahrdt t und R. Scheer. Mit den Ergebnissen. 8., durchgesehene Auflage. 119 Seiten. 1964. (452) Elektrochemie von K. Vetter. 2 Bände. I: In Vorbereitung. (252) I I : In Vorbereitung. (253) Geochemie von K. H. Wedepohl. 220 Seiten, 26 Abbildungen, 37 Tabellen. 1966. (1224/1224a/1224b) Kristallchemie von J. Zemann. 144 Seiten, 90 Abbildungen. 1966. (1220/1220a) .
iecnnologie
Die Chemie der Kunststoffe von K. Hamann, unter Mitarbeit von W. Funke und H. D. Hermann. 2. Aufl. 143 Seiten. 1966. In Vorbereitung. (1173/1173a) Warenkunde von K. Hassak und E. Beutelt. 2 Bände. I : A n o r g a n i s c h e W a r e n s o w i e K o h l e u n d E r d ö l . S.Auflage. Neubearbeitet von A. Kutzelnigg. 119 Seiten, 18 Figuren. 1958. (222) II: O r g a n i s c h e W a r e n . 8. Auflage. Vollständig neu bearbeitet von A. Kutzelnigg. 157 Seiten, 32 Figuren. 1959. (223) Die Fette und öle von Th. Klug. 6., verbesserte Auflage. 143 Seiten. 1961. (335) Die Seifenfabrikation von K. Braun f . 3., neubearbeitete und verbesserte Auflage von Th. Klug. 116 Seiten, 18 Abbildungen. 1953. (336) Thermische Verfahrenstechnik von H. Bock. 3 Bände. I : E i g e n s c h a f t e n und V e r h a l t e n d e r r e a l e n S t o f f e . 184 Seiten, 28 Abbildungen. 1963. (1209/1209a) II: F u n k t i o n u n d B e r e c h n u n g d e r e l e m e n t a r e n G e r ä t e . 195 Seiten, 54 Abbildungen. 1964. (1210/1210a) III: F l i e ß b i l d e r , i h r e F u n k t i o n u n d i h r Z u s a m m e n b a u aus G e r ä t e n . 224 Seiten, 67 Abbildungen. 1965. (1211/121 l a ) Textilindustrie von A. Blämcke. I: S p i n n e r e i u n d Z w i r n e r e i . 111 Seiten, 43 Abbildungen. 1954.
Biologie Einführung in die allgemeine Biologie und ihre philosophischen Grundund Grenzfragen von M. Hartmann. 2., unveränderte Auflage. 132 Seiten, 2 Abbildungen. 1965. (96) Hormone von G. Koller. 2., neubearbeitete und erweiterte Auflage. 187 Seiten, 60 Abbildungen, 19 Tabellen. 1949. (1141) Fortpflanzung im Tier- und Pflanzenreich von J. Hämmerling. 2., ergänzte Auflage. 135 Seiten, 101 Abbildungen. 1951. (1138) Geschlecht und Geschlechtsbestimmung im Tier- und Pflanzenreich von M. Hartmann. 2., verbesserte Auflage. 116 Seiten, 61 Abbildungen, 7 Tabellen. 1951. (1127)
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NATURWISSENSCHAFTEN Symbiose der Tiere mit pflanzlichen Mikroorganismen von P. Buchner. 2., verbesserte und vermehrte Auflage. 130 Seiten, 121 Abbildungen. 1949. (1128) GrundrlB der allgemeinen Mikrobiologie von W. u. A. Schwartz. 2 Bände. 2., verbesserte und ergänzte Auflage. I : 147 Seiten, 25 Abbildungen. 1960. (1155) I I : 142 Seiten, 29 Abbildungen. 1961. (1157)
Botanik
Entwicklungsgeschichte des Pflanzenreiches von H. Heil. 2. Auflage. 138 Seiten, 94 Abbildungen, 1 Tabelle. 1950. (1137) Morphologie der Pflanzen von L. Geitler. 3., umgearbeitete Auflage. 126 Seiten, 114 Abbildungen. 1953. (141) Pflanzengeographie von L. Dielst- 5., völlig neu bearbeitete Auflage von F. Mattick. 195 Seiten, 2 Karten. 1958. (389/389a) Die Laubhölzer. Kurzgefaßte Beschreibung der in Mitteleuropa gedeihenden Laubbäume und Sträucher von F. W.Negerf und B. Müncht. 3., durchgesehene Auflage, herausgegeben von B. Huber. 143 Seiten, 63 Figuren, 7 Tabellen. 1950. (718) Die Nadelhölzer (Koniferen) und übrigen Gymnospermen von F. W. Neger t und E. Münch f . 4. Auf läge, durchgesehen und ergänzt von B. Huber. 140 Seiten, 75 Figuren! 4 Tabellen, 3 Karten. 1952. (355) Pflanzenzüchtung von H. Kuckuck. 2 Bände. I : G r u n d z ü g e d e r P f l a n z e n z ü c h t u n g . 3., völlig umgearbeitete und erweiterte Auflage. 132 Seiten, 22 Abbildungen. 1952. (1134) I I : S p e z i e l l e g a r t e n b a u l i c h e P f l a n z e n z ü c h t u n g (Züchtung von Gemüse, Obst und Blumen). 178 Seiten, 27 Abbildungen. 1957. (1178/1178a)
Zoologie
Entwicklungsphysiologie der Tiere von F. Seidel. 2 Bände. I : Ei und F u r c h u n g . 2. Auflage. Etwa 160 Seiten, 61 Abbildungen. 1966 (1162) I I : K ö r p e r g r u n d g e s t a l t u n d O r g a n b i l d u n g . 2. Auflage. In Vorbereitung (1163) Vergleichende Physiologie der Tiere von K. Herter. 2 Bände. 4. Auflage der „Tierphysiologie". I : S t o f f - und E n e r g i e w e c h s e l . Neu bearbeitet von K. Urich. 158 Seiten, 61 Abbildungen. 1966. (972/972a) I I : B e w e g u n g und R e i z e r s c h e i n u n g e n . Neu bearbeitet von G. Birukow. In Vorbereitung. (973) Das Tierreich I : E i n z e l l e r , P r o t o z o e n von E. Reichenow. 115 Seiten. 59 Abbildungen. 1956. (444) I I : S c h w ä m m e und H o h l t i e r e von H. J. Hannemann. 95 Seiten, 80 Abbildungen. 1956. (442)
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NATURWISSENSCHAFTEN I I I : W ü r m e r . Platt-, Hohl-, Schnurwürmer, Kamptozoen, Ringelwürmer, Protracheaten, Bärtierchen, Zungenwürmer von S. Jaeckel. 114 Seiten, 36 Abbildungen. 1955. (439) IV, 1: K r e b s e von H. E. Gruner und K. Deckert. 114 Seiten, 43 Abbildungen. 1956. (443) IV, 2: S p i n n e n t i e r e (Trilobitomorphen, Fühlerlose) u n d T a u s e n d f ü ß l e r von A.Kaestner. 96 Seiten, 55 Abbildungen. 1955.(1161) IV, 3: I n s e k t e n von H. von Lengerken. 2.,neubearbeitete Auflage. 140 Seiten, 59 Abbildungen. 1966. (594) V: W e i c h t i e r e . Urmollusken, Schnecken, Muscheln und Kopffüßer von S. Jaeckel. 92 Seiten. 34 Figuren. 1954. (440) V I : S t a c h e l h ä u t e r . Tentakulaten, Binnenatmer und Pfeilwürmer von S. Jaeckel. 100 Seiten, 46 Abbildungen. 1955. (441) VII, 1: M a n t e l t i e r e , Schädellose, Rundmäuler von H. Fechter. In Vorbereitung. (448) VII, 2: F i s c h e von D. Lüdemann. 130Selten, 65 Abbildungen. 1955. (356) VII, 3: L u r c h e (Chordatiere) von K.Herter. 143 Seiten, 129 Abbildungen. 1955.(847) VII, 4: K r i e c h t i e r e (Chordatiere) von K.Herter.200Seiten, 142 Abbildungen. 1960. (447/447 a) VII, 5: Vögel (Chordatiere) von H.-A. Freye. 156Seiten, 69 Figuren. 1960. (869) VII, 6: S ä u g e t i e r e (Chordatiere) von Th. Haltenorth. In Vorbereitung. (282)
Land- und Forstwirtschaft Landwirtschaftliche Tierzucht. Die Züchtung und Haltung der landwirtschaftlichen Nutztiere von H. Vogel. 139 Seiten, 11 Abbildungen. 1952.(228) Kulturtechnische Bodenverbesserungen von O. Fauser. 2 Bände. 5., verbesserte und vermehrte Auflage. I: A l l g e m e i n e s , E n t w ä s s e r u n g . 127 Seiten, 49 Abbildungen. 1959.(691) I I : B e w ä s s e r u n g , O d l a n d k u l t u r , F l u r b e r e i n i g u n g . 159 Seiten, 71 Abbildungen. 1961. (692) Agrikulturchemie von K. Scharrer. 2 Bände. I: P f l a n z e n e r n ä h r u n g . 143 Seiten. 1953.(329) I I : F u t t e r m i t t e l k u n d e . 192 Seiten. 1956. (330/330a)
Geologie, Mineralogie, Kristallographie Geologie von F. Lotze. 3., verbesserte Auflage. 179 Seiten, 80 Abbildungen. 1965. (13/13a) Mineral- und Erzlagerstättenkunde von H. Huttenlocher f . 2 Bände. 2., neubearbeitete Auflage von P. Ramdohr. I: 137 Seiten, 40 Abbildungen, 2 Tabellen. 1965. (1014/1014a) I I : 135 Seiten, 41 Abbildungen, i960. (1015/1015a)
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NATURWISSENSCHAFTEN Allgemeine Mineralogie. 11., erweiterte Auflage der „Mineralogie" von R. Brauns t, neubearbeitet von K. F. Chudoba. 152 Seiten, 143 Textfiguren, 1 Tafel, 3 Tabellen. 1963. (29/29a) Spezielle Mineralogie. 11., erweiterte Auflage der „Mineralogie" von R. Brauns t, bearbeitet von K. F. Chudoba. 193 Seiten, 127 Textfiguren, 6 Tabellen. 1964. (31/31a) Petrographle (Gesteinskunde) von IV. Bruhns f . Neubearbeitet von P. Ramdohr. 6., erweiterte Auflage. 141 Seiten, 21 Figuren. 1966. (173) Geochemie von K. H. Wedepohl. 220 Seiten, 26 Abbildungen, 37 Tabellen. 1966. (1224/1224a/1224 b) Kristallchemie von J. Zemann. 144 Seiten, 90 Abbildungen. 1966. (1220/1220a) Kristallographie von W. Bruhns f . 6. Auflage, neubearbeitet von P. Ramdohr. 115 Seiten, 164 Abbildungen. 1965. (210) Einführung in die Kristalloptik von E. Buchwaid. 5., verbesserte Auflage. 128 Seiten, 117 Figuren. 1963. (619/619a) Lötrohrprobierkunde. Mineraldiagnose mit Lötrohr und Tüpfelreaktion von M. Henglein. 4., durchgesehene u n d erweiterte Auflage. 108 Seiten, 12 Figuren. 1962. (483)
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Technik Graphische Darstellung In Wissenschaft und Technik von M. Pirani. 3., erweiterte Auflage bearbeitet von J. Fischer unter Benutzung der von 1. Runge besorgten 2. Auflage. 216 Seiten, 104 Abbildungen. 1957. (728/728a) Technische Tabellen und Formeln von W. Müller. 5., verbesserte und erweiterte Auflage von E.Schulze. 165 Seiten. 114 Abbildungen. 99 Tafeln. 1962. (579) Einführung In die Arbeitswissenschaft von H. H. Hilf. 164 Seiten, 57 Abbildungen. 1964. (1212/1212a) Grundlagen der Straßenverkehrstechnik. Theorie der Leistungsfähigkeit von E. Engel. 101 Seiten, 55 Abbildungen. 1962. (1198)
Elektrotechnik Grundlagen der allgemeinen Elektrotechnik von O. Mohr. 3. Auflage. 260 Seiten, 136 Bilder, 14 Tafeln. 1965. (196/196a) Die Gleichstrommaschine von K . Humburg. 2 Bände. 2., durchgesehene Auflage. I : 102 Seiten, 59 Abbildungen. 1956. (257) I I : 101 Seiten, 38 Abbildungen. 1956. (881) Die Synchronmaschine von W. Putz. 92 Seiten, 64 Bilder. 1962. (1146) Induktionsmaschinen von F. Unger. 2., erweiterte Auflage. 142 Seiten, 49 Abbildungen. 1954. (1140) Die komplexe Berechnung von Wechselstromschaltungen von H. H. Meinke. 3., neubearb. Aufl. 185 S., 126 Abb. 1965. (1156/1156a) Theoretische Grundlagen zur Berechnung der Schaltgeräte von F. Kesselring. 4. Auflage. In Vorbereitung. (711/711a) Einführung In die Technik selbsttätiger Regelungen von W. zur Megede. 3., durchgesehene Aufl. 180 S., 86 Abb. 1966. In Vorb. (714/714a) Elektromotorische Antriebe von W. Meyer. In Vorbereitung. (827/827 a) Überspannungen und Überspannungsschutz von G. Frühauf. Durchgesehener Neudruck. 122 Seiten, 98 Abbildungen. 1950. (1132) Elektrische Höchstspannungs-Schaltanlagen. Für Freiluft und Innenanordnung von G. Meiners und K.-H. Wiesenewsky. 138 Seiten, 58 Abbildungen. 1964. (796/796a) Transformatoren von W. Schäfer. 4., überarbeitete und ergänzte Auflage. 130 Seiten, 73 Abbildungen. 1962. (952)
Maschinenbau Thermische Verfahrenstechnik von H. Bock. 3 Bände. I : E i g e n s c h a f t e n und V e r h a l t e n der r e a l e n S t o f f e . 184 Seiten, 28 Abbildungen. 1963. (!209/1209a) I I : F u n k t i o n und B e r e c h n u n g der e l e m e n t a r e n G e r ä t e . 195 Seiten, 54 Abbildungen. 1964. (1210/1210a) I I I : F l i e ß b i l d e r , i h r e F u n k t i o n und ihr Z u s a m m e n b a u a u s G e r ä t e n . 224 Seiten, 67 Abbildungen. 1965. (1211/1211 a) Technische Thermodynamik von U. Grigull. 171 Seiten, 74 Abbildungen. 1966. (1084/1084a) 20
TECHNIK Metallkunde von H. Borchers. 3 Bände. I : A u f b a u der M e t a l l e und L e g i e r u n g e n . 6. Auflage. 120 Seiten, 90 Abbildungen, 2 Tabellen. 1964. (432) I I : E i g e n s c h a f t e n , G r u n d z ü g e d e r F o r m - und Z u s t a n d s g e b u n g . 5., ergänzte und durchgesehene Auflage. 182 Seiten, 107 Abbildungen, 10 Tabellen. 1963. (433/433 a) I I I : D i e m e t a l l k u n d l i c h e n U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e n von E. Hanke. In Vorbereitung (434) Die Werkstoffe des Maschinenbaues von A. Thum t und C. M. v. Meysenbug. 2 Bände. I : E i n f ü h r u n g in d i e W e r k s t o f f p r ü f u n g . 2., neubearbeitete Auflage. 100 Seiten, 7 Tabellen, 56 Abbildungen. 1956. (476) I I : D i e K o n s t r u k t i o n s w e r k s t o f f e . 132 Seiten,40 Abbildungen. 1959. (936) Dynamik von W. Müller. 2 Bände. 2., verbesserte Auflage. I : D y n a m i k des E i n z e l k ö r p e r s . 128 Seiten, 48 Figuren. 1952. (902) I I : S y s t e m e v o n s t a r r e n K ö r p e r n . 102 Seiten. 41 Figuren. 1952. (903) Technische Schwingungslehre von L. Zipperer. 2 Bände. 2., neubearbeitete Auflage. I: A l l g e m e i n e Schwingungsgleichungen, einfache S c h w i n g e r . 120 Seiten, 101 Abbildungen. 1953. (953) I I : T o r s i o n s s c h w i n g u n g e n in M a s c h i n e n a n l a g e n . 102 Seiten, 59 Abbildungen. 1955. (961/961 a ) Werkzeugmaschinen für Metallbearbeitung von K. P. Matthes. 2 Bände. I : 100 Seiten, 27 Abbildungen, 11 Zahlentafeln, 1 Tafelanhang. 1954. (561) II: Fertigungstechnische Grundlagen der neuzeitlichen M e t a l l b e a r b e i t u n g . 101 Seiten, 30 Abbildungen, 5 Tafeln. 1955. (562) Das Maschinenzeichnen mit Einführung In das Konstruieren von W. Tochtermann. 2 Bände. 4. Auflage. I : D a s M a s c h i n e n z e i c h n e n . 156 Seiten, 75 Tafeln. 1950. (589) I I : A u s g e f ü h r t e K o n s t r u k t i o n s b e i s p i e l e . 130 Seiten, 58 Tafeln. 1950. (590) Die Maschinenelemente von E. A. vom Ende f. 4., überarbeitete Auflage. 184 Seiten, 179 Figuren, 11 Tafeln. 1963. (3/3a) Die Maschinen der Elsenhüttenwerke von L. Engel. 156 Seiten, 95 Abbildungen. 1957. (583/583a) Walzwerke von H. Sedlaczek t unter Mitarbeit von F. Fischer und M. Buch. 232 Seiten, 157 Abbildungen. 1958. (580/580a) Getriebelehre von P. Grodzinski f. 2 Bände. 3., neubearbeitete Auflage von G. Lechner. I : G e o m e t r i s c h e G r u n d l a g e n . 164S., 131 Fig. 1960. (1061) I I : A n g e w a n d t e G e t r i e b e l e h r e . In Vorbereitung. (1062) Kinematik von H. R. Müller. 171 Seiten, 75 Figuren. 1963. (584/584a) GleOereltechnlk von H. Jungbluth. 2 Bände. I : E i s e n g i e ß e r e i . 126 Seiten, 44 Abbildungen. 1951. (1159)
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TECHNIK Die Dampfkessel einschließlich Feuerungen un.1 Hilfseinrichtungen. Physikalische und chemische Grundlagen, Berechnung und Konstruktion, Vorschriften und Beispiele von W. Marcard. 3., neubearbeitete Auflage von G. Beyer. 2 Bände. I: P h y s i k a l i s c h e und c h e m i s c h e G r u n d l a g e n , W ä r m e l e h r e , W ä r m e ü b e r t r a g u n g , V e r b r e n n u n g . 133Seiten, 35 Bilder, 26 Tabellen. 1964. (9/9a) II: B e r e c h n u n g und Konstruktion. Dampfkessel, H i l f s e i n r i c h t u n g e n . F e u e r u n g e n , B e r e c h n u n g . 108 Seiten, 45 Bilder. 1966. (521/521a) Die Dampfturbinen. Ihre Wirkungsweise, Berechnung und Konstruktion von C. Zietemann. 3 Bände. I : T h e o r i e d e r D a m p f t u r b i n e n . 4. Auflage. 139 Seiten, 48 Abbildungen. 1966. In Vorbereitung. (274) II: Die B e r e c h n u n g der D a m p f t u r b i n e n und die Kons t r u k t i o n d e r E i n z e l t e i l e . 4., verbesserte Auflage. 132 Seiten, 111 Abbildungen. 1966. In Vorbereitung. (715) III: Die R e g e l u n g der D a m p f t u r b i n e n , die B a u a r t e n , Turbinen für Sonderzweck'-, Kondensationsanlagen. 3., verbesserte Auflage. 126 Seiten, 90 Abbildungen. 1956. (716) Verbrennungsmotoren von W. Endres. 3 Bände. I : Ü b e r b l i c k . M o t o r - B r e n n s t o f f e . V e r b r e n n u n g im M o t o r a l l g e m e i n , i m O t t o - u n d D i e s e l - M o t o r . 153 Seiten, 57 Abbildungen. 1958. (1076/1076a) II: Gas Wechsel Vorgang. A u f l a d e n . L e i s t u n g , m i t t l . D r u c k , Reibung. Wirkungsgrade und K r a f t s t o f f v e r b r a u c h . 152 Seiten, 62 Abbildungen. 1966. (1184/1184a) I I I : D i e E i n z e l t e i l e d e s V e r b r e n n u n g s m o t o r s . In Vorbereitung. (1185/1185a) Autogenes Schweißen und Schneiden von H. Niese. 5. Auflage, neubearbeitet von A. Küchler. 136 Seiten, 71 Figuren. 1953. (499) Die elektrischen Schweißverfahren von H. Niese. 2. Auflage, neubearbeitet von H. Dienst. 136 Seiten, 58 Abbildungen. 1955. (1020) Die Hebezeuge. Entwurf von Winden und Kranen von G. Tafel. 2., verbesserte Auflage. 176 Seiten, 230 Figuren. 1954. (414/414a)
Vermessungswesen Vermessungskunde von W. Großmann. 3 Bände. I : S t ü c k v e r m e s s u n g u n d N i v e l l i e r e n . 12., verbesserte Auflage. 156 Seiten, 122 Figuren. 1965. (468) I I : H o r i z o n t a l a u f n a h m e n u n d e b e n e R e c h n u n g e n . 9., verbesserte Auflage. 136 Seiten, 101 Figuren. 1963. (469) III: T r i g o n o m e t r i s c h e und b a r o m e t r i s c h e Höhenmessung. T a c h y m e t r i e u n d A b s t e c k u n g e n . 8., verbesserte Auflage. 140 Seiten, 102 Figuren. 1965. (862) Kartographie von V. Heissler. 2. Auflage. 213 Seiten, 125 Abb., 8 Anlagen. 1966. (30/30a) Photogrammetrie von G. Lehmann. 2., neubearbeitete Auflage. 205 Seiten, 136 Abbildungen. 1966. (1188/1188a) 22
TECHNIK
Wasserbau Wasserkraftanlagen von A. Ludin unter Mitarbeit von W. Borkenstein. 2 Bände. I: P l a n u n g , G r u n d l a g e n u n d G r u n d z ü g e . 124 Seiten, 60 Abbildungen. 1955.(665) II: A n o r d n u n g u n d A u s b i l d u n g d e r Hauptbauwerke. 184 Seiten, 91 Abbildungen. 1958. (666/666a) Verkehrewasserbau von H. Dehnert. 3 Bände. I : E n t w u r f s g r u n d l a g e n , F l u ß r e g e l u n g e n . 103 S e i t e n , 5 3 Abb i l d u n g e n . 1950. (585) II: F l u ß k a n a l i s i e r u n g u n d S c h i f f a h r t s k a n ä l e . 94 Seiten, 60 Abbildungen. 1950. (597) III: S c h l e u s e n u n d H e b e w e r k e . 9 8 S e i t e n , 7 0 A b b i l d u n g e n . 1950. (1152) Wehr- und Stauanlagen von H. Dehnert. 134 Seiten, 90 Abbildungen. 1952. (965) Talsperren von F. Tölke. 122 Seiten, 70 Abbildungen. 1953. (1044)
Hoch- und Tiefbau Die wichtigsten Baustoffe des Hoch- und Tiefbaus von O. Graf f . 4., verbesserte Auflage. 131 Seiten, 63 Abbildungen. 1953. (984) Baustoffverarbeitung und Baustellenprüfung des Betons von A. Kleinlogel. 2., neubearbeitete u n d erweiterte Auflage. 126 Seiten, 35 Abbildungen. 1951. (978) Festigkeitslehre. 2 Bände. I: E l a s t i z i t ä t , P l a s t i z i t ä t u n d F e s t i g k e i t d e r B a u s t o f f e u n d B a u t e i l e von W.Gehlerf u n d W. Herberg. Durchgesehener und erweiterter Neudruck. 159 Seiten, 118 Abbildungen. 1952. (1144) II: F o r m ä n d e r u n g , P l a t t e n , S t a b i l i t ä t u n d B r u c h h y p o t h e s e n von W. Herberg und N. Dimitrov. 187 Seiten, 94 Abbildungen. 1955. (1145/1145a) Grundlagen des Stahlbetonbaues von A. Troche. 2., neubearbeitete und erweiterte Auflage. 208 Seiten, 75 Abbildungen, 17 Bemessungstafeln, 20 Rechenbeispiele. 1953. (1078) Statik der Baukonstruktionen von A. Teichmann. 3 Bände. I : G r u n d l a g e n . 101 Seiten, 51 Abbildungen, 8 Formeltafeln. 1956. (119) II: S t a t i s c h b e s t i m m t e S t a b w e r k e . 107 Seiten, 52 Abbildungen, 7 Tafeln. 1957. (120) III: S t a t i s c h u n b e s t i m m t e S y s t e m e . 112 Selten, 34 Abbildungen, 7 Formeltafeln. 1958. (122) Fenster, Türen, Tore aus Holz und Metall. Eine Anleitung zu ihrer guten Gestaltung, wirtschaftlichen Bemessung und handwerksgerechten Konstruktion von W. Wickop f . 5. Auflage gep l a n t . (1092) 23
TECHNIK Heizung und Lüftung von W. Körting. 2 Bände. 9., neubearbeitete Auflage. I: Das W e s e n und die B e r e c h n u n g der H e i z u n g s - u n d L ü f t u n g s a n l a g e n . 171 Seiten, 29 Abbildungen, 36Zahlentafeln. 1962. (342/342 a) II: Die A u s f ü h r u n g der H e i z u n g s - und L ü f t u n g s a n l a g e n . 1966. In Vorbereitung. (343) Industrielle Kraft- und Wärmewirtschaft von F. A. F. Schmidt und A. Beckers. 167 Seiten, 73 Abbildungen. 1957. (318/318a)
Sammlung Göschen/Bandnummernfolge I Langosch, Der Nibelunge Nöt 3/3a v. Ende, Maschinenelemente 9/9a Marcard-Beyer, Dampfkessel I 10 Jiriczek-Wisniewski, Kudrun und Dietrich-Epen 13/13a Lotze, Geologie 18 Maurer, Hartmann von Aue, Der arme Heinrich 19 Altheim, Römische Geschichte I 20 Hofstaetter, Dt. Sprachlehre 22 Maurer, Gottfried von Strassburg 29/29a Brauns-Chudoba, Allgemeine Mineralogie 30/30a Heissler, Kartographie 31/31 a Brauns-Chudoba, Spezielle Mineralogie 32 Schneider-Wisniewski, Deutsche Heldensage 35 Treue, Dt. Geschichte von 1648—1740 37/37 a Klemm, Anorganische Chemie 38/38a Schlenk, Organische Chemie 39 Treue, Dt. Geschichte von 1713—1806 42 Behn-Hoernes, Vorgeschichte Europas 44 Kresze, Physikalische Methoden in der Organischen Chemie I 24
45/45a Kresze, Physikalische Methoden in der Organischen Chemie II 47 Fischer-Rohrbach, Arithmetik 51/51 a Ringleb, Mathem. Formelsammlung 52 Bieler, Rom. Literaturgesch. 1 59 Krähe, Indog. Sprachwiss. I 60 Biehle, Stimmkunde 61 Biehle, Redetechnik 64 Krähe, Indog. Sprachwiss. II 65/65 a Grotemeyer, Analyt. Geometrie 66 Berneker-Vasmer, Russische Grammatik 70 Nestle-Liebich, Gesch. d. griechischen Literatur I 71 Schulze, Allgemeine und physikalische Chemie I 76 Döring, Einf. i. d. th. Physik I 77 Döring, Einf. i. d. th. Physik II 78 Döring, Einf. i. d. th. Physik III 79/79a Hempel, Got. Elementarbuch 80 Weigert, Stilkunde I 81 Schubert-Haussner-Erlebach Vierstell. Logarithmentafeln 86 Barner, Differential- u. Integralrechnung I 96 H a r t m a n n , Einf. in die allgem. Biologie
99 Hessenberg-Kneser, Ebene und sphär. Trigonometrie 101 v. Wiese, Soziologie 103 Dahrendorf, Industrie- und Betriebssoziologie 1 0 4 / 1 0 4 a H o f s t ä t t e r , Sozialpsychologie 111 Hoffmann-Debrunner,Gesch. der griechischen Sprache I 114 Debrunner, Gesch. der griechischen Sprache II 117 Brandenstein, Griechische Sprachwissenschaft I 118/118a Brandenstein, Griechische Sprachwissenschaft II 119 T e i c h m a n n , S t a t i k der B a u konstruktionen I 120 T e i c h m a n n , S t a t i k der B a u konstruktionen II 122 T e i c h m a n n , S t a t i k der B a u konstruktionen I I I 128/128 a Lausberg, Romanische Sprachwissenschaft I 136 Mahler-Graewe, Physikal. Formelsammlung 141 Geitler, Morphologie der Pflanzen 142 Haack, Darst. Geometrie I 143 Haack, Darst. Geometrie II 144 Haack, Darst. Geometrie I I I 145/ 145a Weimer, Gesch. der Pädagogik 148 Kolms, Finanzwissenschaft I 156/156a L a n d m a n n , Philosophische Anthropologie 170 Oehlmann, Musik des 19. J h s . 171/171 a Oehlmann, Musik des 20. J h s . 173 B r u h n s - R a m d o h r , P é t r o graphie 174 Schlingloff, Religion des Buddhismus I 180 B ö h m , Versicherungsmathematik I 184 B l ü m c k e , Textilindustrie I 196/196a Mohr, Grundlagen der allgem. Elektrotechnik 2 0 0 / 2 0 0 a Gottschald, Dt. R e c h t schreibungswörterbuch 2 1 0 B r u h n s - R a m d o h r , Kristallographie 2 2 0 / 2 2 0 a Moser, Allg. Musiklehre
221/221 a J a n d e r - J a h r - K n o l l , Maßanalyse 222 Hassak-Beutel-Kutzelnigg, Warenkunde I 223 Hassak-Beutel-Kutzelnigg, Warenkunde II 2 2 6 / 2 2 6 a H o f m a n n , Gesch. der Mathematik I 228 Vogel, Landw. Tierzucht 231/231 a Ehrlich, Gesch. Israels 238 Krähe, Germ. Sprachwiss. I 243 Mahler-Graewe, Physikal. Aufgabensammlung 247/247 a H o f m a n n - J a n d e r , Qualitative Analyse 250 Lausberg, Romanische Sprachwissenschaft II 252 Vetter, Elektrochemie I 253 Vetter, Elektrochemie 11 257 Humburg, Gleichstrommaschine I 264 L o c k e m a n n , Gesch. der Chemie I 265/265 a Lockemann, Geschichte der Chemie II 270 Kirn, Einführung in die Geschichtswissenschaft 274 Zietemann, Dampfturbinen I 279 J a c o b - H o h e n l e u t n e r , Quellenkunde der deutschen Geschichte I 280 J a c o b - H o h e n l e u t n e r , Quellenkunde der deutschen Geschichte II 281 Leisegang, Einführung in die Philosophie 282 Haltenorth, Säugetiere 284 J a c o b - W e d e n , Quellenkunde der deutschen Geschichte I I I 3 1 8 / 3 1 8 a Schmidt-Beckers, Industrielle K r a f t - u. W ä r m e wirtschaft 319 Krug, Australien und Ozeanien 329 Scharrer, Agrikulturchemie I 3 3 0 / 3 3 0 a Scharrer, Agrikulturchemie I I 335 Klug, F e t t e und ö l e 336 B r a u n - K l u g , Seifenfabrikation 3 4 2 / 3 4 2 a Körting, Heizung und Lüftung I
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343 Körting, Heizung und Lüft u n g II 344 Moser, Musikästhetik 354/354a Valentiner-König, Vektoren und Matrizen 355 Neger-Münch-Huber, Nadelhölzer 356 L ü d e m a n n , Fische 374 Döring,Einf. i.d.th. P h y s i k I V 375 Preller, Geschichte Englandsl 389/389 a Diels-Mattick, Pflanzengeographie 391 Kolms, Finanzwissenschaft 11 394/394a Schilling, Von der Renaissance bis K a n t 414/414a Tafel, Hebezeuge 422 Gottschald, D t . Personennamen 423 Adler-Erlebach, Fünfstellige Logarithmen 432 Borchers, Metallkunde I 433/433a Borchers,Metallkunden 434 Borchers-Hanke, Metallkunde III 435 Burau, Algebr. K u r v e n u. Flächen I 436/436a Burau, Algebr. Kurven und Flächen II 439 Jaeckel, W ü r m e r 440 Jaeckel, Weichtiere 441 Jaeckel, Stachelhäuter 442 H a n n e m a n n , Schwämme u n d Hohltiere 443 Gruner-Deckert, Krebse 444 Reichenow, Einzeller 445 Asmus, Physikal.-chem. Rechenaufgaben 447/447 a Herter, Kriechtiere 448 Fechter, Manteltiere 452 Bahrdt-Scheer, Stöchiometrische A u f g a b e n s a m m l u n g 468 G r o ß m a n n , Vermessungskunde I 469 G r o ß m a n n , Vermessungsk u n d e II 476 Thum-Meysenbug, Die W e r k stoffe des Maschinenbaues I 483 Henglein, Lötrohrprobierkunde 492/492aStoIz-Debrunner-Schmid Geschichte der lateinischen Sprache
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499 Niese-Küchler, Autogenes Schweißen 500 Simmel, Hauptprobleme der Philosophie 521/521a Marcard-Beyer, D a m p f kessel II 536 L e h m a n n , K a n t 538 R u m p f , Archäologie I 539 R u m p f , Archäologie II 540 R u m p f , Archäologie I I I 557 Nestle-Liebich, Gesch. der griech. Literatur II 561 Matthes, Werkzeugmaschinen I 562 M a t t h e s , Werkzeugmaschinen I I 564 Behn-Hoernes, K u l t u r der Urzeit I 565 Behn-Hoernes, K u l t u r der Urzeit 11 566 Behn-Hoernes, K u l t u r der Urzeit 111 571 L e h m a n n , Philosophie des 19. J a h r h u n d e r t s I 576/576a Moser, Gesangskunst 579 Müller-Schulze, Techn. Tabellen 580/580 a Sedlaczek-FischerBuch, Walzwerke 583/583 a Engel, Maschinen der Eisenhüttenwerke 584/584a Müller, Kinematik 585 Dehnert, Verkehrswasserbau I 587 Kalitsunakis-Steinmetz,Neugriech.-dt. Gesprächsbuch 589 T o c h t e r m a n n , Maschinenzeichnen I 590 T o c h t e r m a n n , Maschinenzeichnen II 594 v. Lengerken, Insekten 597 D e h n e r t , Verkehrswasserb a u II 601 Mutschmann-Scherer, Engl. Phonetik 608/608a/608b Erman-Krückm a n n , Hieroglyphen 619/619a Buchwald, Kristalloptik 665 Ludin-Borkenstein, Wasserkraftanlagen I 666/666 a Ludin-Borkenstein, W a s s e r k r a f t a n l a g e n II
668 677 679 684 691
Knopp, Funktionentheorie I Altheim, Rom. Geschichte II Altheim, R o m . G e s c h i c h t e i i i Altheim, Rom. Geschichte IV Fauser, K u l t u r t e c h n . Bodenverbesserungen I 692 Fauser, K u l t u r t e c h n . Bodenverbesserungen II 698/698a Schulze, Allgemeine u. physikalische Chemie II 703 Knopp, Funktionentheorie II 708/708 a/708b Meissner-Oberhuber, Keilschrift 709 L e h m a n n , Philosophie des 19. J a h r h u n d e r t s II 711/711 a Kesselring, Berechnung der Schaltgeräte 714/714a zur Megede, Technik selbsttätiger Regelungen 715 Zietemann, Dampfturbinen11 716 Zietemann, D a m p f t u r b i n e n III 718 Neger-Münch-Huber, Laubhölzer 728/728 a Pirani-Fischer-Runge, Graph. Darstellung in Wissenschaft u. Technik 735 Ekwall, Historische neuengl. Laut- und Formenlehre 746/746 a Pfanzagl, Allg. Methodenlehre der Statistik I 747/747 a Pfanzagl, Allg. Methodenlehre der Statistik II 756/756a Kalitsunakis, G r a m m . d. Neugriech. Volksspr. 763/763a/763b Meyer, Hebräische Grammatik I 764/764a/764b Meyer, Hebräische G r a m m a t i k II 765/765 a/765b Meyer, Hebräische G r a m m a t i k III 768/768a Bieberbach, E i n f ü h r u n g in die konforme Abbildung 769/769a Beer-Meyer, Hebräisches T e x t b u c h 770 Schlingloff, Religion des Buddhismus II 776/a Kolms, Finanzwissensch.III 780 Krähe, Germ. Sprachwiss. II 781 Weigert, Stilkunde II 782/782 a Kolms, Finanzwissenschaft IV
786 Schulze, Molekülbau 796/796a Meiners-Wiesenewsky, Elektr. HöchstspannungsSchaltanlagen 807 K r o p p , Erkenntnistheorie 809 Moser, Harmonielehre I 810 Moser, Harmonielehre II 826 Koch, Philosophie d. Mittel827/827 a Meyer, Elektromotorische Antriebe 831 E r i s m a n n , Allg. Psychologie I 832/832 a Erismann, Allg. Psychologie II 833 E r i s m a n n , Allg. Psychologie III 834/834a Erismann, Allg. Psychologie IV 837/837 a Baumgartner, Gruppentheorie 845 L e h m a n n , Philosophie im ersten Drittel des 20. J h s . I 847 Herter, Lurche 850 L e h m a n n , Philosophie im ersten Drittel des 20. Jhs. II 851/851 a Moede, Psychologie des Berufs- und Wirtschaftslebens 857 Capelle, Griech. Philosophie I 858 Capelle, Griech. Philos. 11 859 Capelle, Griech. Philos. I I I 862 G r o ß m a n n , Vermessungskunde III 863 Capelle, Griech. Philos. IV 866 Bieler, Rom. Literaturgeschichte II 869 Freye, Vögel 875 H o f m a n n , Geschichte der M a t h e m a t i k II 877 K n o p p , Aufgabensammlung zur Funktionentheorie I 878 K n o p p , Aufgabensammlung zur Funktionentheorie II 881 H u m b u r g , Gleichstrommaschine II 882 H o f m a n n , Geschichte der Mathematik III 883 Stuloff, M a t h e m a t i k der neuesten Zeit 893 Treue, Dt. Geschichte v o n 1806—1890 27
894 Treue, Dt. Geschichte von 1890 bis zur Gegenwart 896 Pokorny, Altirische G r a m m . 902 Müller, D y n a m i k 1 903 Müller, D y n a m i k II 910 J a e g e r , Afrika I 911 Jaeger, Afrika II 915 Sperber-v. Polenz, Gesch. der Deutschen Sprache 917/917a Böhm, Versicherungsm a t h e m a t i k II 920/920a Hoheisel, Gewöhnliche Differentialgleichungen 921 J a n t z e n - K o l b , W . v. Eschenbach. Parzival 924/924a Brandenstein, Griechische Sprachwissenschaft I I I 929 Schirmer-Mitzka, Dt. W o r t kunde 930 Krull, Elementare u n d klassische Algebra I 931 Hasse, Höhere Algebra I 932 Hasse, Höhere A l g e b r a l l 933 Krull, E l e m e n t a r e und klassische Algebra II 936 T h u m - M e y s e n b u g , W e r k stoffe d.Maschinenbaues II 942/942 a Damerau, Polnische Grammatik 952 Schäfer, T r a n s f o r m a t o r e n 953 Zipperer, Techn. Schwingungslehre I 961/961 a Zipperer, Techn. Schwingungslehre II 965 D e h n e r t , W e h r - und S t a u anlagen 970/970a Baldus-Löbell, Nichteuklidische Geometrie 972/972 a Herter-Urich, Vergleichende PhysiologiederTiere I 973 Herter-Birukow, Vergleichende Physiologie der Tiere II 978 Klelnlogel, B a u s t o f f v e r a r b e i t u n g und Baustellenp r ü f u n g d. Betons 984 Graf, Baustoffe des Hochu n d Tiefbaues 999/999 a K a m k e , Mengenlehre 1000 Jaspers, Geistige S i t u a t . d e r Zeit 28
1003 Hoheisel. Partielle Differentialgleichung 1008/1008a Mellerowicz, Allgem. Betriebswirtschaftslehre 1 1009 Bechert-Gerthsen-Flammersfeld, A t o m p h y s i k I 1014/1014a H u t t e n l o c h e r - R a m dohr, Mineral- und Erzlagerstättenkunde I 1015/1015a Huttenlocher-Ramdohr, Mineral- u. Erzlagers t ä t t e n k u n d e II 1017 Döring, E i n f . i . d . t h . Physik V 1020 Niese-Dienst, Elektrische Schweißverfahren 1031/1031 a Apel-Ludz, Philosophisches W ö r t e r b u c h 1033 B e c h e r t - G e r t h s e n - F l a m mersfeld, A t o m p h y s i k II 1034 K r a n e f e l d t - J u n g T h e r a peutische Psychologie 1035 Altheim, Rom. Religionsgeschichte I 1039 Dovifat, Zeitungslehre I 1040 Dovifat, Zeitungslehre II 1044 Tölke, Talsperren 1045 S c h u b e r t . Technik des Klavierspiels 1051/1051 a Stolberg-Wernigerode, Gesch. d. Vereinigten Staaten 1052 Altheim, Rom. Religionsgeschichte 11 1059/1059a Hoheisel, Aufgabenslg. z. d. gew u. p a r t . Differentialgleichungen 1061 Grodzinski-Lechner, Getriebelehre I 1062 Grodzinski-Lechner, Getriebelehre II 1065 Haller-Dannenbauer, Von d. Karolingern zu den S t a u fern 1070 S a u t e r . Differentialgleichungen der Physik 1074 Koschmieder, Variationsrechnung I 1075 Koschmieder, Variationsrechnung II 1076/1076a Endres, Verbrennungsmotoren 1
1077 Haller-Dannenbauer, Von den Staufern zu den Habsburgern 1078 Troche, Stahlbetonbau 1082 Hasse-Klobe, Aufgabens a m m l u n g zur höheren Algebra 1084/1084a Grigull, Techn. T h e r modynamik 1085 Lietzmann-Aland, Zeitrechnung 1086 Müller, Dt. Dichten und Denken 1088 Preller, Gesch. Englands II 1092 Wickop, Fenster, T ü r e n , Tore 1094 Hernried, System, Modulation 1096 Vietor, D t . Dichten u n d Denken 1099 Hoheisel, Integralgleichungen 1105 H ä r t u n g , Dt. Geschichte im Zeitalter der Reformation 1108 de Boor-Wisniewski, Mittelhochdeutsche G r a m m a t i k 1109 K n o p p , Elemente der F u n k tionentheorie 1111/11 I I a N a u m a n n - B e t z , Althochdt. Elementarbuch 1113/1113a Strubecker, Differentialgeometrie I 1114 Schubel, Engl. Literaturgeschichte I 1115/1115 a Ranke-Hof mann, Altnord. Elementarbuch 1116 Schubel, Engl. Literaturgeschichte II 1117 Haller-Dannenbauer, Eint r i t t der Germanen in die Geschichte 1121 N a u m a n n , D t . Dichten u. Denken 1122/1122a Jesch, Sprecherziehung 1123/1123a Bechert-GerthsenFlammersfeld, A t o m p h y s i k III 1124 Schubel, Engl. Literaturgeschichte I I I 1125 Lehnert, Altengl. Elementarbuch
1127 H a r t m a n n , Geschlecht u. Geschlechtsbestimmung im Tier- und Pflanzenreich 1128 Buchner, Symbiose d. Tiere 1130 Dibelius-Kümmel, Jesus 1131 Scholz-Schoeneberg, Einf ü h r u n g in die Zahlentheorie 1132 F r ü h a u f , Überspannungen 1134 K u c k u c k , Pflanzenzüchtung I 1135 Lehnert, Beowulf 1137 Heil, Entwicklungsgesch. d . Pflanzenreiches 1138 Hämmerling, F o r t p f l a n zung im Tier- und Pflanzenreich 1140 Unger, Induktionsmaschine 1141 Koller, Hormone 1142 Meissner-Lehnert, Shakespeare 1144 Gehler-Herberg, Festigkeitslehre I 1145/1145 a Herberg-Dimitrov, Festigkeitslehre II 1146 P u t z , Synchronmaschine 1147 v. Waltershausen, K u n s t d. Dirigierens 1148 Pepping, Der polyphone Satz I 1152 D e h n e r t , Verkehrswasserbau I I I 1153/1153a Mellerowicz, Allgem. Betriebswirtschaftslehre II 1154/1154a Mellerowicz, Allgem. Betriebswirtschaftslehre 111 1155 Schwartz, Mikrobiologie I 1156/1156a Meinke, Komplexe Berechnungen v. Wechselstromschaltungen 1157 Schwartz, Mikrobiologie 11 1158/1158a Mayrhofer, SanskritGrammatik 1159 J u n g b l u t h , Gießereitechniki 1160 Dibelius-Kümmel, Paulus 1161 Kaestner, Spinnentiere 1162 Seidel, Entwicklungsphysiologie der Tiere I 1163 Seidel, Entwicklungsphysiologie der Tiere II 1164/1164a Pepping, Der polyphone Satz II 29
1165/1165a B e c h e r t - G e r t h s e n Flammersfeld, Atomphysik IV 1169 P a u l s e n , Allgemeine Volkswirtschaftslehre I 1170 P a u l s e n , Allgemeine Volksw i r t s c h a f t s l e h r e II 1171 P a u l s e n , Allgemeine Volkswirtschaftslehre III 1172 P a u l s e n , Allgemeine Volksw i r t s c h a f t s l e h r e IV 1173/1173a H a m a n n - F u n k e - H e r m a n n , Chemie d e r K u n s t stoffe 1176/1176a L o r e n z e n , F o r m . Logik 1178/1178a K u c k u c k , P f l a n z e n z ü c h t u n g 11 1179/1179 a S t r u b e c k e r , D i f f e r e n t i a l g e o m e t r i e II 1180/1180a S t r u b e c k e r , D i f f e r e n tialgeometrie III 1181 F r a n z , Topologie I 1182/1182a F r a n z , Topologie I I 1183/1183a Nicolas, F i n a n z m a thematik 1184/1184a Endres, Verbrenn u n g s m o t o r e n II 1185/1185a Endres, Verbrennungsmotoren III 1186/1186 a Mellerowicz, Allgem. B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e IV 1187 L a u , L u t h e r 1188/1188a L e h m a n n , P h o t o grammetrie 1189/1189a Päsler, M e c h a n i k 1190 S t u p p e r i c h , M e l a n c h t h o n 1191/1191 a B r ä u e r , Slav. S p r a c h wissenschaft I 1193 F ü r s t e n b e r g , Wirtschaftssoziologie 1194 W e n d t , Gesch. d . Volkswirtschaftslehre 1195 O h m Allgem. V o l k s w i r t schaftspolitik I 1196 O h m , Allgem. V o l k s w i r t s c h a f t s p o l i t i k II 1197/1197a O n a s c h , E i n f . in die Konfessionskunde der orthodoxen Kirchen 1198 Engel, S t r a ß e n v e r k e h r s technik
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1199 L a u s b e r g , R o m a n i s c h e Sprachwissenschaft III, 1. Teil 1200/1200 a Lausberg, Romanische Sprachwissenschaft I I I , 2. Teil 1201/1201 a D e h n , V e r s u c h e z u r allgem. u. p h y s . Chemie 1202/1202 a Nagel, G e s c h . des Christi. G o t t e s d i e n s t e s 1203 W e n d l a n d , Sozialethik 1204 Scheurig, Z e i t g e s c h i c h t e 1205/1205a H o f m a n n , Ideenges c h i c h t e d . soz. B e w e g u n g 1206/1206 a L a n g e n , L i n e a r e P r o grammierung 1208 L a u s b e r g , R o m a n i s c h e S p r a c h w i s s e n s c h a f t IV 1209/1209 a B o c k , T h e r m . Verfahrenstechnik I 1210/1210a Bock. T h e r m . Verfahrenstechnik II 1211/121 l a B o c k , T h e r m . Verf a h r e n s t e c h n i k 111 1212/1212a Hilf, Arbeitswissenschaft 1213/1213a Kosiol, B u c h h a l t u n g u n d Bilanz 1216/1216a B a u e r , W a h r s c h e i n lichkeitstheorie I 1217 B a u e r , W a h r s c h e i n l i c h k e i t s t h e o r i e II 1 2 1 8 / 1 2 1 8 a / 1 2 1 8 b Meid, G e r m . Sprachwiss. III 1219 S c h m i d t - C l a u s i n g , Zwingli 1220/1220a Z e m a n n , K r i s t a l l c h e mie 1221 Gerdes, K i e r k e g a a r d I 2 2 2 / 1 2 2 2 a T s c h i z e w s k i j , Slav. Literaturen I 1223/1223a T s c h i i e w s k i j , Slav. Literaturen II 1224/1224 a / 1 2 2 4 b Wedepohl, Geochemie 1225/1225 a S c h n e i d e r - J u r k s c h , Datenverarbeitungsanlagen 1226/1226a W e i n s t o c k , Mittelenglisches E l e m e n t a r b u c h 1227/1227 a W e d i g , Übungsaufg a b e n z u r Allgem. Volkswirtschaftslehre I/II
Autorenregister Adler 12 Aland 6 Altheim 4, 7 Apel 3 Asmus 15 Bahrdt 16 Baldus 13 Barner 13 Bauer 14 Baumgartner 13 Bechert 15 Beckers 24 Beer 10 Behn 6 Berneker10 Betz 8 Beutel 16 Beyer 22 Bieberbach 14 Biehle 7 Bieler 9 Birukow 17 Blümcke 16 Bock 16, 20 Böhm 14 de Boor 8 Borchers 21 Borkenstein 23 Bräuer 10 Brandenstein 9 Braun 16 Brauns 19 Bruhns 19 Buch 21 Buchner 17 Buchwald 19 Burau 12 Capelle 3 Chudoba19 Dahrendorf 4,11 Damerau 10 Dannenbauer 6 Debrunner9 Deckert 18 Dehn 15 Dehnert 23 Dibelius 4
Diels 17 Dienst 22 Dimitrov 23 Döring 14 Dovifat 11 Ehrlich 4 Ekwall 8 Ende, vom 21 Endres 22 Engel, E. 20 Engel, L. 21 Erismann 4 Erlebach 12 Erman 9 Fauser 18 Fechter 18 Fischer, F. 21 Fischer, J. 20 Fischer, P. B. 12 Flammersfeld 15 Franz 13 Freye 18 Frühauf 20 Fürstenberg 4, 11 Funke 16 Gehler 23 Geitler 17 Gerdes 4 Gerthsen 15 Gottschald 7, 8 Graewe 15 Graf 23 Grigull 20 Grodzinski 21 Großmann 22 Grotemeyer 13 Gruner 18 Haack 13 Hämmerling 16 Haller 6 Haltenorth 18 Hamann 16 Hanke 21 Hannemann 17 Hartmann 16 Härtung 6 Hassak 16 Hasse 12 Haussner 12 Heil 17
Heissler 10,22 Hempel 8 Henglein 19 Herberg 23 Hermann 16 Hernried 5 Herter 17, 18 Hessenberg 13 Hilf 11, 20 Hoernes 6 Hoffmann, O. 9 Hofmann, D. 8 Hofmann, H. 16 Hofmann, J. E. 12 Hofmann, W . 4 Hofstätter 4 Hofstaetter 7 Hoheisel 13 Hohenleutner 6 Huber 17 Humburg 20 Huttenlocher 18 Jacob 6 Jaeckel 18 Jaeger 10 Jahr 15 Jander 15,16 Jantzen 7 Jaspers 3 Jesch 7 Jiriczek 7 Jung 3 Jungbluth 21 Jurksch 11 Kaestner 18 Kalitsunakis 9 Kamke 13 Kesselring 20 Kirn 5 Kleinlogel 23 Klemm 15 Klobe 12 Klug 16 Kneser 13 Knoll 15 Knopp 13 Koch 3 König 14 Körting 24 Kolb 7 Koller 16
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K o l m s 11 K o s c h m i e d e r 14 Kosiol 11 Krähe 8 Kranefeldt 3 K r e s z e 15 Kropp 3 Krückmann 9 K r u g 10 Krull 12 K u c k u c k 17 K ü c h l e r 22 Kümmel 4 Kutzelnigg 16 L a n d mann 3 Langen 12 Langosch 7 Lau 4 Lausberg 9 L e c h n e r 21 L e h m a n n , G. 3 L e h m a n n , G. 22 L e h n e r t 8, 9 Leisegang 3 L e n g e r k e n , von 18 L ie b i ch 9 Lietzmann 6 L o c k e m a n n 15 Lobeil 13 Lorenzen 3, 12 L o t z e 18 Ludin 23 Ludz 3 L ü d e m a n n 18 M a h l e r 15 Marcard 22 M a t t h e s 21 M a t t i c k 17 Maurer 8 Mayrhofer 8 Megede, zur 2 0 Meid 8 Meiners 2 0 Meinke 2 0 Meissner, B . 9 Meißner, P . 9 Mellerowicz 10 Meyer, R . 10 Meyer, W . Meysenbug, v. 21 Mitzka 7
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Moede 4 , 1 1 Mohr 2 0 Moser 5 Müller, G. 7 Müller, H . R . 14, 21 Müller, W . 2 0 , 2 1 Münch 17 Mutschmann 8 Nagel 4 Naumann 7 , 8 Neger 17 Nestle 9 Nicolas 1 1 , 1 4 Niese 22 Oberhuber 9 Oehlmann 5 Ohm 11 Onasch 4 Päsler 14 Päulsen 10 Pepping 5 Pfanzagl11 Pirani 2 0 Pokorny 8 Polenz, von 7 Preller 7 Putz 20 R a m d o h r 18, 19 Ranke 8 R e i c h e n o w 17 Ringleb 12 R o h r b a c h 12 Rumpf 5 Runge 20 S a u t e r 15 Schäfer 20 S c h a r r e r 18 S c h e e r 16 Scherer 8 S c h e u rig 5 Schilling 3 Schirmer 7 S c h l e n k 15 Schlingloff 4 Schmid 9 Schmidt 24 Schmidt-Clausing 4 Schneider, H . 7 Schneider, H . J . 11 S c h o e n e b e r g 12
Scholz 12 Schubel 8 S c h u b e r t , H . 12 Schubert, K. 5 Schulze, E . 2 0 S c h u l z e , W . 15 Schwartz,W.U.A. 17 Sedlaczek21 Seidel 17 Simmel 3 Sperber 7 Steinmetz 9 Stolberg-Wernlgerode, zu 7 Stolz 9 S t r u b e c k e r 14 S t u l o f f 12 Stupperich 4 Tafel 22 Teichmann 23 T h u m 21 T o c h t e r m a n n 21 Tölke 23 Treue 6 Troche 23 T s c h i i e w s k i j 10 ünger 20 Urich 17 V a l e n t i n e r 14 V a s m e r 10 V e t t e r 16 Vietor 7 Vogel 18 Waltershausen, v. 5 Weden 6 W e d e p o h l 16, 19 W e d i g 10 Weigert 5 Weimer 3 Weinstock 8 W e n d land 4 W e n d t 11 Wickop 23 Wiese, von 4 Wiesenewsky 20 Wisniewski 7 , 8 W i t t i n g 13 Z e m a n n 16, 19 Z i e t e m a n n 22 Zipperer 21
Printed in G e r m a n y
150. V I I I . 6 6