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German Pages 160 [184] Year 1954
S A M M L U N G
G Ö S C H E N
B A N D
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SOZIOLOGIE G E S C H I C H T E
U N D
H A U P T P R O B L E M E
D r . p h i l . , D r . j u r . h . c., D r . r e r . p o l . h . c .
LEOPOLD
VON
WIESE
o. P r o f e s s o r der wirtsch. Staats Wissenschaften der Soziologie u n d Direktor am
und
Forschungsinstitut
f ü r Sozial- u n d Verwaltungswissenschaften in K ö l n
Fünfte Auflage
WALTER DE GRUYTER
& CO.
vormals C. J. Göschen'sche Verlagshandlung. J. Guttentag, V e r l a g s b u c h h a n d l u n g . G e o r g K e i m e r . K a r l J . T r ü b n e r . Veit & C o m p .
BERLIN
1954
Alle Rechte, einschl. der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, von der Verlagshandlung vorbehalten
Archiv-Nr. 11 Ol Ol Satz und Druck: ^ S a l a - D r u c k , Berlin N 65
Inhaltsübersicht Seite
Vorbemerkungen zur fünften Auflage
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K a p i t e l I: Einleitung: Soziologie als selbständige Einzelwissenschaft vom zwischenmenschlichen Geschehen . .
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K a p i t e l II: Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie als Wissenschaft
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K a p i t e l III: Die Hauptrichtungen der Soziologie . . .
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K a p i t e l IV: Comte und Spencer
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K a p i t e 1 V: Die britische und die amerikanische Soziologie K a p i t e l VI: Die Soziologie in Frankreich und einigen anderen Ländern nach Comtes Tode
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K a p i t e l VII: Die ältere (enzyklopädische) Soziologie in Deutschland K a p i t e l VIII: Die jüngere Soziologie in Deutschland .
104 .
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K a p den i t e lsozialen IX: DieGebilden Lehre von den sozialen Beziehungen und (Beziehungslehre)
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Namenregister
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Vorbemerkungen zur fünften Auflage Das, w a s ich im V o r - und N a c h w o r t e der vierten A u f l a g e dieses Büchleins zu sagen f ü r n o t w e n d i g gehalten habe, möchte ich nicht wiederholen. N u r an zweierlei darf ich vielleicht eri n n e r n : Gegenstand der Aufzeichnungen ist die a l l g e m e i n e S o z i o l o g i e ; die besonderen Soziologieen, z . B . die Religions-, Rechts- u n d die Wirtschaftssoziologie hätten eine Versenkung in die Bereiche der Theologie, J u r i s p r u d e n z , Ö k o n o m i k usw. erfordert. Die Autoren, die auf diesem Gebiete t ä t i g w a r e n oder sind, konnten nur, wenn es ihr Zusammenhang m i t der allgemeinen Soziologie nahelegte, genannt werden. Die zweite Frage, deren B e w ä l t i g u n g mir Schwierigkeiten bereitet hat, betraf w i e d e r die A n f ü h r u n g von Schriftstellernamen und Buchtiteln. Das breite Anschwellen der "Weltliteratur v e r ursacht einen unüberwindlichen Gegensatz zwischen der Rücksicht auf die in unsere Wissenschaft einzuführenden A n f ä n g e n , denen eine Überflutung mit N a m e n u n d Buchtiteln nur V e r w i r r u n g bereitet, und dem Bemühen um gerechte W ü r d i g u n g der Autoren. Auch in Besprechungen der früheren A u f l a g e n ist bisweilen deutlich geworden, d a ß ich manchem K r i t i k e r darin zu viel, anderen zu w e n i g getan habe. Aber ich w i e d e r h o l e : Die Schrift soll keinesw e g s eine Literaturgeschichte oder g a r eine Bibliographie ersetzen, sondern eine E i n f ü h r u n g u n d eine A n l e i t u n g bei W i e d e r h o l u n g e n sein. Das hätte vielleicht nahe legen müssen, noch w e n i g e r N a m e n mitzuteilen; aber gerade A n f ä n g e r finden oder hören N a m e n , bei denen sie gern eine Einordnung im Gesamtrahmen der Disziplin erführen. Deshalb habe ich an einigen Stellen solche Orientierungen zu geben versucht, habe aber davon absehen müssen, in diesem k n a p p e n Bänddien eine eingehende W ü r d i g u n g dieser Autoren vorzunehmen. L. v . W i e s e
Kapitel I Einleitung Soziologie als selbständige Einzelwissenschaft vom zwischenmenschlichen Geschehen Im folgenden wird unter Soziologie oder Gesellschaftslehre, soweit nicht die Versenkung in ihre bisherige Geschichte zu einer weiteren Fassung ihres "Wesens nötigt, eine selbständige Einzelwissenschaft verstanden, deren Aufgabe genau zu bestimmen sein wird. Die Soziologie ist die G r u n d w i s s e n s c h a f t der Sozialwissenschaften. Es ist unhaltbar, eine der anderen Sozialwissenschaften, etwa die Volkswirtschaftslehre oder die Jurisprudenz, zur Grundwissenschaft zu machen, weil sich diese n u r auf bestimmte Aufgabenkreise des sozialen Lebens, nicht auf seine Gesamtheit beziehen. Die seltsamerweise auch heute noch zu vernehmende Behauptung, daß das T h e m a der Soziologie unbestimmt und unscharf sei, und daß m a n sie nicht umgrenzen könne, ist falsch. M a n sollte dem stets entschieden widersprechen, da diese durchaus unzutreffende Ansicht unserer Wissenschaft sehr schadet u n d sie von vornherein dem Dilettantismus anheim gibt. Sie weist zwei eng verbundene Grundfragen auf. Behält m a n diese Problemstellung bei allen unerläßlichen U m w e g e n des Studiums ihrer abgeleiteten Einzelfragen stets im Auge, so ist ein Abirren in andere Wissensgebiete und eine Verkennung dessen, w o r u m es sich handelt, vermieden. Sie teilt Einzeluntersuchungen m i t vielen anderen Wissenschaften; aber was sie auf diesen Feldern sucht, macht ihre Eigentümlichkeit aus. Jede Wissenschaft h a t ihre eigenen G r u n d f r a g e n . Sie sind es, die sie von anderen Wissenschaften unterscheidet; nicht die Gegenstände machen die Unterschiede aus. Denn nicht selten teilt sie den zu erforschenden Daseinsbereich m i t
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anderen Fächern; aber diese stellen nicht dieselben Fragen an ihn. 1 ) Die zwei Grundfragen der Soziologie sind: Wie erklärt sich das Geschehen, das wir das Soziale nennen? 2. Was wird vom Sozialen in der Menschensphäre bewirkt? Damit ist schon ausgesprochen, daß wir die Soziologie nicht als einen Zweig der Philosophie (als Sozialphilosophie), auch nicht als eine Universal- oder enzyklopädische Wissenschaft auffassen. Diesen Universalcharakter wiederum könnte sie in verschiedenem Sinn besitzen: sie könnte als Zusammenfassung sämtlicher Sozialwissenschaften aufgefaßt werden, die alle Ergebnisse in sich vereinigte, welche den Sozialwissenschaften insgesamt gemein sind; sie könnte ferner unter Beiseitelassung des Sozialen in den Tier- und Pflanzenreichen als die allgemeinste Wissenschaft vom gesellig lebenden Menschen erscheinen, also entweder geistes- und naturwissenschaftliche oder bloß geisteswissenschaftliche oder bloß naturwissenschaftliche Anthropologie schlechtweg sein; sie könnte schließlich Kosmologie unter Hervorhebung der Menschensphäre sein, dergestalt, daß die Eingeordnetheit der menschlichen Gesellschaft in den Gesamtvorgängen des Weltalls dargetan wird. Wir werden noch zu zeigen haben, daß sowohl die sozialphilosophische wie jede der drei Arten von enzyklopädischer Behandlung der Wissenschaft von der Gesellschaft versucht, ja, daß alle diese Betrachtungsweisen in einem Riesenkomplexe verknüpft worden sind, und daß man auch dafür den Namen Soziologie gewählt hat. Demgegenüber soll jedoch hier die Soziologie als E i n z e l w i s s e n s c h a f t aufgefaßt werden, die neben anderen sozialen Einzelwissenschaften eine arteigene, eng zu fassende Fragestellung aufweist. Diese Fragestellung muß sich von der der anderen Sozialwissenschaften deutlich unterscheiden lassen, so daß die Soziologie als selbständige Wissenschaft zu fassen ist, wenn sie auch als Angehörige des Bundes V g l . d a z u meinen B e i t r a g zu der v o n M a x G r a f z u S o l m s herausgegebenen S a m m l u n g „ A u s der W e r k s t a t t des S o z i a l f o r s c h e r s " , F r a n k f u r t a . M . 1948, K u r t Schauer, S . 7 ff.
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aller Sozialwissenschaften, speziell aller Sozialwissenschaften vom Menschen in dienten, noch zu charakterisierenden Nachbarschafts- und Ergänzungsverhältnissen zu ihnen steht. Schließlich liegt andererseits in unserer vorläufigen Einordnung bereits enthalten, daß wir sie nicht bloß als eine Verfahrensweise oder lediglich als einen Problemkreis im Rahmen anderer Wissenschaften auffassen, sondern in erster Linie und unabhängig von dem Umstände, daß es auch soziologische „Methoden" in anderen Disziplinen gibt, als eine Wissenschaft. Das als Grundlage einer ersten Verständigung hier auszusprechen, ist angesichts der in der Gegenwart so beliebten Vermengungen und Grenzverschiebungen wichtig. Der fruchtbarste Zustand der Organisation der Gesamtheit aller Wissenschaften ist dann gegeben, wenn jede einzelne ihren eigenen Problemkreis, ihre eigene Betrachtungsweise eines Objekts, das sie als solches mit anderen Wissenschaften teilen kann, und spezifische, nur ihr eigene Methoden besitzt. Jede muß eine grundlegende Fragestellung aufweisen, die nicht schon bei anderen Disziplinen besteht; sonst ist sie überflüssig. Diese klaren Scheidungen bilden aber gerade die Voraussetzung für ihren (nicht minder möchte. Es werden Glaubensbekenntnisse vorgebracht, die sich aber nicht als solche kundgeben. Auf diese Weise erfährt man nicht, was die Gesellschaft wirklich ist, sondern in der Regel nur, wie der Prophet die Gesellschaft gern haben möchte. Der eigentliche Makel dieses Verfahrens liegt darin, daß sich der Prophet nicht als solchen zu erkennen gibt. Ich komme zu dem Ergebnisse: Es ist richtig und erfreulich, daß die Nachbarwissenschaften der Soziologie viele Einzelheiten als Material zu bieten haben. Aber keine von ihnen beantwortet die Grundfrage: was hat es mit der Gesellschaft für eine Bewandtnis? Es ist auch erfreulich, daß es neben so vielen Spezialisten auch Universalisten und Polyhistoren gibt; aber was sie geben, f ü h r t von unserer Fragestellung ab. Drittens läßt sich feststellen,
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daß ohne Geschichtskenntnis und Geschichtsberücksichtigung nur sehr Allgemeines, Rahmenhaftes über die Gesellschaft ausgesagt werden kann. Die Füllung gewährt einmal die Geschichtsforschung, wenn ihre Ergebnisse kritisch (sehr kritisch) und mit geschickter Abstraktion behandelt werden, und zweitens nicht minder die Beobachtung des Nebeneinander in der Gegenwart. Es wurde viertens ausgesprochen, daß die Philosophie zu oft die Neigung aufweist, an die Stelle des beobachteten Objekts eine Geistererscheinung zu setzen. Das ist abzulehnen. D o r t aber (wäre noch ergänzend zu sagen), wo sie die Empirie nicht verachtet, sondern sich auf die systematisierte Wiedergabe von beweisbaren Erfahrungen beschränkt, wie dies S p e n c e r zu tun bestrebt war, vernachlässigt die Philosophie ihre eigene, anders geartete Aufgabe zugunsten einer Zielsetzung, die sie den eigentlichen Wissenschaften überlassen sollte. Auf dem Gesamtfelde der Wissenschaften sollte deutliche Arbeitsteilung bestehen. Jeder arbeite in seinem Garten! Von den Früchten reiche er manches über den Zaun; auch Samen begehre er vom Nachbarn. Aber jede Disziplin bedarf ihres eigenen Bodens. Wer die Geschichte anderer Wissenschaften — etwa die der Sozialökonomik — kennt, wird keineswegs darüber erstaunt sein, daß es auch in der Soziologie sehr lange dauert, bis die Freilegung einer eigenen Problematik unserer Wissenschaft erfolgt. Sie hat eine lange Vorgeschichte, in der in Einzelheiten, wie das oft der Fall ist, Hervorragendes geleistet worden ist. Doch zeigt sich in der Gesellschaftslehre besonders deutlich, daß die Neigung, die (zunächst zu unklar geschaute) eigene Problematik in fremden Rahmenzusammenhängen einzufügen, sehr groß ist. Noch heute machen manche Autoren nicht einmal den Versuch, Aufgabenscheidungen vorzunehmen; sie behandeln die Aufschrift „Soziologie" wie einen ungeschützten „markenfreien Artikel", dessen Namen man beliebig benutzen könne. Vor hundert bis vor achtzig Jahren verstanden in Deutschland R o b e r t v o n M o h l , L o r e n z
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v o n S t e i n , H e i n r i c h v o n T r e i t s c h k e u n d andere u n t e r Gesellschaftslehre die Wissenschaft v o n der „bürgerlichen Gesellschaft", die sie sich als e t w a s i n n e r h a l b d e r S t a a t s o r d n u n g vorstellten; tatsächlich war das, was sie gaben, theoretische Politik. Die C o m t e S p e n c e r - S c h u l e verstand wieder u n t e r Soziologie eine A b a r t der Biologie einerseits, der Philosophie andererseits; aus dieser Verquickung von Biologie u n d Soziologie entstanden die später mit Recht viel getadelten „organizistischen" Analogien, bei denen m a n Erkenntnisse über das gesellschaftliche Leben aus der K o n s t r u k t i o n eines sozialen Organismus abzuleiten suchte, der nach denselben Baugesetzen wie der Leib geschaffen sei. Bei M a r x hingegen ist Soziologie eng mit Sozialökonomik verflochten. Die R o m a n t i k e r , denen ihrem ganzen Wesen nach klare begriffliche Scheidungen verhaßt waren, mischten Volkskunde, Ethik, Ästhetik und Politik. Schleiermacher, Herbart und andere deutsche Schriftsteller der ersten H ä l f t e des vorigen Jahrhunderts, die uns heute als Soziologen vorgestellt werden, gaben schließlich in W a h r h e i t im Rahmen ihrer Philosophie u n d Psychologie geisteswissenschaftliche Anthropologie. Alle Organismen (auch Tiere und Pflanzen) sind, da ihr Dasein v o n anderen Lebewesen beeinflußt wird, Gegenstände der Soziologie im weiteren Sinne. 1 ) Man k a n n f ü r das Studium der Menschen-Soziologie viel aus der Beobachtung des Herdenlebens der Tiere u n d aus der Konkurrenz im Pflanzenreiche lernen. Aber diese Beobachtungen müssen wir den Zoologen u n d Botanikern überlassen. Für uns ist Soziologie (und mit ihr jede andere Sozialwissenschaft) ein Zweig der Lehre v o m Menschen, der Anthropologie (in der geistes- und naturwissenschaftlichen Bedeutung des Wortes). Sie behandelt den Menschen als Mit- und G e g e n m e n s c h e n . Die geistige Teilnahme am Menschen richtet sich in der Regel auf zwei verschiedene, aber eng benachbarte Seiten V g l . R e m a n e , A d o l f : D i e b i o l o g i s d i e n G r u n d l a g e n des H a n d e l n s , b a d e n 1951, F r a n z S t e i n e r .
Wies-
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seines Wesens, entweder auf die ihm eigenen Vorgänge innerhalb seines Geistes-, Seelen- und Körperlebens oder auf die Einwirkungen, die von den Zusammenhängen auswünschenswerten) Zusammenhang. Jede übernimmt Fors c h u n g s e r g e b n i s s e (im Vertrauen auf das einwandfreie Verfahren der Nachbarin) als Material für eigene Zwecke, hat auch oft in abgeleiteten Problemen zweiter und dritter Ordnung eine gemeinsame Fragestellung mit anderen Wissenschaften. Eine Wegstrecke lang mögen vorübergehend die Aufgaben gemeinsam sein; danach erzwingt aber die andere Grundfrage, deren entscheidender Anspruch nie aufgegeben werden darf, eine andere Einordnung und andere Verwendung der Ergebnisse. Oft schneiden sich die Ebenen der verschiedenen Wissenschaften. Immer wieder verwendet man, wie gesagt, Ergebnisse anderer Disziplinen; aber diese Resultate bedeuten im Rahmen der von uns als Ausgang benutzten Wissenschaft etwas anderes. Unsere erste Behauptung über die Fachwissenschaft Soziologie geht also dahin: sie hat ihre eigene „Ebene", die sich mit keiner der anderen Sozialwissenschaften deckt, aber gleichsam durch sie hindurchführt. Dieser unserer Grundthese stehen vier Behauptungen entgegen, die zu prüfen sind: 1. Es gebe keine solche eigene Wissenschaftsebene (Disziplin) Soziologie, sondern nur eine soziologische B e t r a c h t u n g s w e i s e in verschiedenen Wissenschaften. Sie bestehe darin, daß man bei der speziellen Problematik der einen oder anderen Wissenschaft gelegentlich oder auch vorwiegend auf die menschliche Gesellschaft oder einzelne gesellschaftliche Erscheinungen (wie etwa die Klasse) Bezug nehme. So gebe es Soziologisches in der Jurisprudenz, Psychologie, Völkerkunde, Sprach-, Literaturgeschichte, Sozialökonomik, Kunstwissenschaft, vergleichenden Religionswissenschaft usw.; aber auch in den Naturwissenschaften bis zur Physik. Oft werden diese Problemkreise oder diese Optiken fälschlich als soziologische Methoden bezeichnet. Da diese soziologischen
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Teilausschnitte in anderen Wissenschaften umfangreich und sehr häufig geworden sind, so kann man von einem gewissen Soziologismus in den modernen Wissenschaften, besonders in den Geisteswissenschaften reden. Aber stets müßte doch diese häufige Bezugnahme auf die „menschliche Gesellschaft" voraussetzen, daß man genau wüßte, was diese Gesellschaft eigentlich ist. Das ist aber keineswegs der Fall. Es besteht nur ein sehr vages Vorurteil, daß man es wisse. Es fließt aus irrigen Annahmen, nämlich entweder aus dem Glauben, die menschliche Gesellschaft biete kein Problem, sondern sei eine einfache Selbstverständlichkeit, oder es ergebe sich ihr Wesen aus der eigenen Wissenschaft (so nebenher), oder die vorausgehenden Forschungen oder Spekulationen hätten es schon hinreichend festgestellt. Alle diese Annahmen sind, wie gesagt, irrig. 2. Man gelange zur Erkenntnis der Gesellschaft durch Addition der Ergebnisse der übrigen sozialen Einzelwissenschaften. Auch das ist ein Irrtum. Der Polyhistor ist am weitesten von diesem Ziele entfernt. Die übrigen Sozialwissenschaften befassen sich mit den sachlichen E r g e b n i s s e n des gesellschaftlichen Lebens. Wenn man aber Produkte häuft, kann man noch lange nichts über die Produzenten aussagen. (Das ist auch der Fehler einer heute oft als „Kultursoziologie" bezeichneten modernen Richtung der Kulturwissenschaft.) 3. Soziologie sei dasselbe wie sytematisierte Geschichtswissenschaft. A m Verhältnisse von Gesellschaftslehre und Historie zeigt sich in der T a t besonders deutlich die gegenseitige Ergänzung durch Geben und Nehmen. Aber die Häufung chronologisch geordneter Tatsachen gewährt noch kein Erkenntnis der Gesellschaft. Hier fehlt noch ein entscheidender Abstraktionsvorgang, der erst aus der Wiedergabe des Geschehenen Erkenntnis des Zusammenhangs der in die Geschehnisse verwickelten Menschen schafft. 4. Die Ebene Soziologie liege völlig in der größeren Ebene Philosophie. — Zuzugeben ist: die gleichsam über
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allen Wissenschaften stehende Philosophie kann jede f ü r den menschlichen Verstand greifbare Erscheinung, also auch das Phänomen: menschliche Gesellschaft vor ihren T h r o n zitieren. Ferner: rechnet man zur Philosophie, wie man wohl muß, Erkenntniskritik und Logik, so entnimmt ihr eine theoretische Wissenschaft wie die Soziologie das eigene Apriori. Insoweit ist die Soziologie wie jede andere Wissenschaft in der Ordnungslehre, Philosophie genannt, •eingebettet. Schließlich ist anzuerkennen: es gibt eine Metaphysik der Gesellschaft, eine Metasoziologie, die mit letzten Fragen des Zusammenhangs zwischen den Menschen ringen m u ß und mag. Aber dieser Zweig der Philosophie, der in Spekulation, in Deutung des letzten metaphysischen Sinns und in richtender Bewertung besteht, sollte niemals mit der auf äußerer und innerer E r f a h i u n g beruhenden, auf Beweis gerichteten Fragestellung der Einzelwissenschaft Soziologie vermengt werden. H e u t e wie zu allen Zeiten sind sehr viele Lehren, die als Philosophie präsentiert werden, anspruchsvoll ins Allgemeingültige erhobene Subjektivismen, sogenannte Weltanschauungen, verhüllte N o r men, die man als Joch den anderen Menschen auflegen gehen, in die er zu anderen Menschen und Menschenmehrschaften gestellt ist. Der erste Tatsachenkreis ist das Thema der Psychologie (und Physiologie), der zweite das der Soziologie. Der Gegensatz besteht zwischen der Schau ins I n n e r e des Menschen und einer Beobachtung des sich wahrnehmbar bekundenden Verhaltens in der A u ß e n w e l t des zwischenmenschlichen Verkehrs. Damit berühren wir die Abgrenzung zur Psychologie, die jedoch durch das Zwischenfeld der S o z i a l p s y c h o l o g i e erschwert wird. Vermengungen von ihr und Soziologie sind h e u t e nicht selten. Richtig ist, daß es überflüssig und unfruchtbar ist, soziologische und sozialpsychologische Erklärungsweisen gegeneinander auszuspielen, es so darzustellen, als ob man entweder den Menschen als selbständiges Singulare (ich sage lieber Singulare statt Individuum) oder als von Kollektivkräften geleitetes und geformtes Wesen auffassen müsse. Aber mit der Ablehnung
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dieser überspitzten Antithese ist es nicht getan. Es genügt nicht zu sagen: Innenwelt u n d Außenwelt sind nicht einunddasselbe; m a n möchte auch wissen, wie sich n u n die beiden Welten als gestaltende K r ä f t e zueinander verhalten. Auch ist unverkennbar, daß es den meisten Menschen sehr schwer fällt, die Polarität, die zwischen der Seele u n d den sozialen Beziehungen besteht, zu erfassen. Es ist viel einfacher, wenn m a n sich einen Kausalzusammenhang vergegenwärtigen will, in e i n e r Gedankenbahn zu bleiben. Man k a n n geradezu die Menschen in zwei Lager scheiden: die einen, die sich das Verhalten einer Person aus ihren ihr innewohnenden Eigenschaften erklären, die anderen, die sie als Objekt von sozialen Einflüssen auffassen. Dabei ist die erstgenannte, die psychologische D e u t u n g die herkömmliche und seit Jahrhunderten gewohnte. Sie ist daher sehr viel verbreiteter als die soziologische, wenn auch die Erkenntnis der f o r m e n d e n u n d übermächtigen Kräfte der Gesellschaft auf den Menschen in der Gegenwart wächst. Jedoch ist es zur Erklärung dieser Sphäre äußeren Geschehens notwendig, auf seelische Vorgänge einzugehen, so daß also auch in der Soziologie o f t v o n Seele und Geist zu sprechen ist. Beides ist zu betrachten. Diese doppelte Betrachtung lehrt, daß der Mensch (wie v o n der N a t u r , so auch) von der Gesellschaft geformt wird, aber selbst wieder an der Formung der Gesellschaft mitwirkt. Er ist zwar Schnittpunkt sozialer Kräfte, ist aber nicht bloß ein solcher Schnittpunkt. Die Individualpsychologie untersucht die intra h o m i n e m vor sich gehenden Vorgänge; die Sozialpsychologie erfaßt von den innerseelischen Erscheinungen diejenigen, auf die das zwischenmenschliche (inter homines) Leben einwirkt. D a m i t ist eine sehr enge Beziehung zur Soziologie gegeben. Diese, die wie jede theoretische Wissenschaft auf einer spezifischen Isolierung beruht, hat also drei Aufgaben: 1. das Soziale (oder Zwischenmenschliche) vom übrigen Menschlichen zu abstrahieren; 2. festzustellen, was es bewirkt, und wie es bewirkt; 3. danach das Soziale in den
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Gesamtbereich des Menschenlebens wieder einzufügen, um seine Zusammenhänge mit diesen verständlich zu machen. Es muß sich in der Soziologie um a l l e Äußerungen und Bekundungen des zwischenmenschlichen Lebens handeln. Es sollte klar sein, daß man nicht von vornherein eine Auswahl treffen und nur bestimmte Vergesellschaftungen zu Gegenständen unserer Wissenschaft machen darf. Letzte Quellen für alles Geschehen in der Menschenund damit in der menschlichen Sozialsphäre sind die Menschenseelen und Menschenleiber. Aber erst durch die Einwirkungen des Ich auf das D u und die Verbindung beider zu einem Wir ergibt sich in positiven und negativen Spannungen das nach außen fruchtbare, das soziale Geschehen. Soziologie als Fachwissenschaft kann nur die L e h r e v o m S o z i a l e n , d.h. v o n d e n E i n w i r k u n g e n d e r M e n s c h e n a u f e i n a n d e r (im Neben- und Nacheinander) sein. Das Soziale ist dabei keine platonische Idee, die nur durch Wesensschau erkennbar wäre, sondern (wie wir noch sehen werden) eine G e s a m t h e i t v o n b e o b a c h t b a r e n P r o z e s s e n . Es handelt sich nicht um Spekulationen, sondern um nachprüfbare Beobachtungen. Diese Beobachtungen werden nur dadurch schwierig, daß die Ideologien nicht ruhen und unser Geist die Neigung besitzt, alles fließende Geschehen in Substanzen umzudichten. So machen wir aus dem Geschehen im Bereiche einer staatlichen Verbundenheit von Menschen „den Staat", obwohl es in Wirklichkeit eben nur staatliches Geschehen gibt, d. h. Prozesse, in denen die Menschen sich in bestimmten, nämlich politischen Distanzen, begegnen. Das gleiche gilt von Kirche, Wirtschaft usw. Die allgemeine Soziologie haben wir von den speziellen Soziologien zu unterscheiden. Jene studiert die sozialen Prozesse in jeder Provinz des zwischenmenschlichen Lebens und sucht das Allgemein-Aufweisbare des zwischenmenschlichen Zusammenhangs, das Allgemein-Menschliche daran festzustellen; in den speziellen Gesellschaftslehren werden die sozialen Prozesse auf den einzelnen Kulturgebieten behandelt. Eine von vielen solchen speziellen Soziologien
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ist die Wirtschaftssoziologie, die von der Wirtschaftstheorie deutlich zu sondern ist 1 ). Während diese das Wesen des ökonomischen isolierend feststellt, handelt es sich in der Wirtschaftssoziologie um die in der Wirtschaftssphäre aufweisbaren, zwischenmenschlichen Prozesse. Welchen Nutzen gewährt die Fachwissenschaft Soziologie der Praxis und den anderen Wissenschaften? Ferner: was können die anderen Wissenschaften zur Soziologie beitragen? Die erste Frage findet ihre Antwort in dem inhaltsreichen Satze: Die Soziologie stellt fest, was der MenschMensch-Zusammenhang als solcher bewirkt. Sie allein sondert deutlich die Sphäre des Zwischenmenschlichen vom Mensch-Ding-Verhältnisse. Damit wird sie die theoretische Grundlage von jeder A r t Kunstlehre der Organisation. Überall da, wo es auf Feststellung des Persönlichen, Menschlich-Wirksamen ankommt, gibt sie die grundlegende und geordnete Erkenntnis. Man erfährt auch aus ihr, wie weit die Kräfte des Sozialen reichen, welche Anforderungen man an Menschen stellen kann, und welche Erwartungen enttäuscht werden. Besonders die Probleme der Pädagogik, Kriminalistik, des Geschäfts- und Arbeitslebens, des Vereins- und Geselligkeitswesens, der Interessenvertretung, der Wirtschaft, des Heerwesens, der Beamten- und Angestelltenwelt haben ihre wissenschaftlich feststellbaren Wurzeln in der Soziologie. Die anderen Wissenschaften geben ihr ebenso wie die unmittelbare Lebenserfahrung die Tatsachenzusammenhänge, den Stoff. Der Jurist, der Volkswirt, der Politiker usw. beobachten je einen Ausschnitt menschlicher und damit sozialer Kultur, etwa das kapitalistische Wirtschaftssystem oder den Faschismus; sie erklären n a c h d e n G e s i c h t s p u n k t e n i h r e s F a c h s den Zusammenhang kausal und final; sie leiten ihre Gesichtspunkte aus der Tdee des Rechts, der Wirtschaft, der Politik usw. ab. Sie 1 ) V g l . meinen A r t i k e l „ W i r t s d i a f t s s o z i o l o g i e " in der vierten A u f l a g e des Wörterbuchs der V o l k s w i r t s c h a f t .
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geben sich dabei in der Regel wohl Rechenschaft darüber, daß diese Erscheinungskomplexe der K u l t u r im Erlebnisse nicht v o n der Sozialsphäre zu trennen sind; aber sie haben es eben stets mit dem M i s c h g e b i l d e Sozial-Ökonomik, Sozial-Jurisprudenz, Sozial-Politik (im allgemeinsten Sinne) zu tun. Sie wenden sich nun an den Soziologen mit der A u f f o r d e r u n g , aus dieser Mischung das Soziale zu destillieren. Es geschieht in der Gesellschaftslehre nach einem unten zu kennzeichnenden Verfahren. J e t z t erscheinen in dem Freskogemälde des Juristen usw. die großen Linien des Mensch-Mensch-Zusammenhangs. D a s M o t t o ist: H o m o sum, oder besser noch: H o m i n e s sumus. N u n ergibt sich abermals der Gewinn f ü r die anderen Wissenschaften und f ü r das praktische L e b e n : der Gehalt an Zwischenmenschlichem wird gesondert v o m Ideologischen einerseits, v o m Dinglichen, Materiellen anderseits. Die Elemente des Sozialen werden geklärt; sein Feld ist überschaubar und wird verstanden. Nach der Isolierung muß das Soziale wieder mit dem Dinglich-Zweckhaften verbunden werden. A b e r das erneut Verbundene wird nun auch in der K o m b i n a t i o n besser erkannt. Will m a n als Gegenstand der Soziologie die menschliche Gesellschaft bezeichnen, so muß m a n sogleich eine (freilich erhebliche) U m w a n d l u n g des H a u p t w o r t s Gesellschaft in das T ä t i g k e i t s w o r t : vergesellschaften vornehmen, wobei wieder dieses V e r b u m im doppelten Sinne im bejahenden u n d im verneinenden Sinne (gleich: eine V e r b i n d u n g lösen oder lockern) zu verstehen ist. (Hier zeigt sich ein so oft fühlbarer Mangel der Sprache, daß es ihr an W o r t e n fehlt, die e i n d e u t i g die positive wie die negative Seite bezeichnen. J a , schon der Gebrauch der W o r t e „ p o s i t i v " [bejahend] und „ n e g a t i v " [verneinend] ist irreführend, weil sich dabei die Nebenvorstellung v o n Bewertungen einschleicht. W e n n wir im folgenden v o n „ n e g a t i v e r " Vergesellschaftung reden, ist niemals damit eine U n w e r t s bezeichnung oder auch nur eine Minderung gemeint; Z u einander und Auseinander gelten uns als völlig gleichwichtige, koordinierte V o r g ä n g e ; auch die U n v e r g e s e l l -
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schaftung ist Vergesellschaftung im weiteren, hier allein maßgebenden Sinne.) Ein wichtiger Satz lautet demgemäß: es gibt keine Gesellschaft, auch keinen Gesellschaftsbau oder dergleichen Substanzhaftes. Die vielen Anlehnungen der älteren Soziologie an die Biologie, ebenso die Übernahme von Vorstellungen aus der mit Spekulationen belasteten Staatslehre und Staatsphilosophie haben zu solchen irrigen Vorstellungen der Gesellschaft als einer Substanz geführt. Der „Leviathan", den freilich niemand beschreiben kann, scheint unsterblich zu sein. D i e S o z i o l o g i e hat vielmehr d a s s o z i a l e o d e r zwischenmenschliche Geschehen zum Gegens t a n d e . In diesem einfachen, zahllose Probleme umschließenden Satze, sind vor allem drei Thesen enthalten: 1. Es gibt eine soziale Sphäre des menschlichen Lebens; es besteht neben den Körpern und Seelen von Einzelmenschen ein unsubstanzielles Netz von Beziehungen zwischen ihnen, aus denen alle Kultur hervorgeht. — 2. Diese Sphäre wird oft noch nicht g e n ü g e n d i s o l i e r t von den anderen Lebensbereichen studiert. — 3. Erst wenn man aus systematischen Beobachtungen des Menschenlebens erkannt hat, welcher Art die von der sozialen Sphäre ausgehenden Bewirkungen, ihre Möglichkeiten und ihre Grenzen sind, kann man von soziologischen Betrachtungsweisen in anderen Wissenschaften einen fruchtbaren Gebrauch machen. Ein Hindernis auf diesem Wege ist der Glaube, wir wüßten als gebildete Menschen oder als gewiegte Praktiker oder als Fachleute (Juristen, Ökonomen, Theologen usw.) längst ausreichend über die soziale Sphäre Bescheid. Aus diesem Aberglauben entsteht ein großer Teil der Fehler in Politik und sonstigem öffentlichen und privaten Leben. In Wahrheit wissen wir deshalb so wenig darüber, weil wir erlebnismäßig nur die zusammengesetzten Erscheinungen: physisch plus psychisch plus sozial kennen. 2
von
Wiese,
Soziologie
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I. Soziologie als selbständige Einzelwissenschaft
Erläuterungen und Zusammenfassung von Kapitell: I. Zu: S o z i o l o g i e a l s e n z y k l o p ä d i s c h e W i s s e n schaft Wie die Schrift von Michel R i m e t z e i g t , ist die Neigung, in der Soziologie eine synthetisch-enzyklopädische Wissenschaft zu sehen, noch nicht vergangen. Bei diesem Autor verbindet sich diese Tendenz mit einer Ablehnung der selbständigen Umgrenzung der Soziologie. Dadurch isoliere sie sich zu sehr von den anderen Wissenschaften; sie bleibe in der Analyse und Empirie stecken. Audi müsse die Soziologie normativen Charakter haben. Zurück zu Comte! sei die Parole. — Hierzu sei unter Hinweis auf das oben Gesagte nur noch einmal ausgesprochen, daß klare Umgrenzung der Problemstellung keineswegs Isolierung von den Ergebnissen anderer Wissenschaften bedeutet. II. Z u : S y s t e m a t i k u n d S c h a u w e i s e Die Neigung, in der Soziologie nur eine bestimmte B e t r a c h t u n g s w e i s e der verschiedensten Ausschnitte des gesellschaftlichen Lebens zu sehen, hat besonders in Frankreich ihre Entwicklung gehemmt. Noch heute begegnet man dort bei manchen Autoren einer Abneigung gegen eine systematische Abgrenzung der Soziologie als selbständiger Wissenschaft. Richtig erscheint mir daran nur, daß die soziologische Optik sehr weit reicht (und reichen soll), und daß ihre Anwendungen in allen Disziplinen vom Menschen nicht vernachlässigt werden darf. Aber gerade um diese Betrachtungsweise zu fördern, ist ein begrifflich umschreibbarer Mittelpunkt notwendig, an dem man feststellen kann, was mit soziologischer Schauweise und soziologischen Methoden gemeint ist. III. Zu: D i n g u n d G e s c h e h n i s Man kann mit Henri Janne 2 ) auch sagen: „Die Soziologie hat zum Gegenstande das Soziale." Dagegen empfiehlt sich V g l . R i m e t , M i d i e l : V e r s une S o c i o l o g i e N o u v e l l e und V e r s une S o c i é t é N o u v e l l e , P a r i s 1952 und 1953, é d i t é p a r l ' a u t e u r . 2) Vgl. J a n n e , H e n r i : I n t r o d u c t i o n à l a S o c i o l o g i e G é n é r a l e , R e v u e de P I r s t i t u t de S o c i o l o g i e 1951, N r . 3.
I. S o z i o l o g i e als s e l b s t ä n d i g e E i n z e l Wissenschaft
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nicht die Definition: „Ihr Gegenstand ist die Gesellschaft", weil sich damit sogleich die irrige Vorstellung einschleicht, d i e Gesellschaft sei ein Substantivum, ein Objekt, ein Ding oder eine Substanz. Es gibt hier aber nur Vorgänge, Geschehnisse. In der oben genannten Sammlung: „Aus der Werkstatt des Sozialforschers" schieb ich darüber: „Das auch in mannigfachem engeren Sinne verwendete Wort „sozial" läßt sich durch das deutsche Wort „zwischenmenschlich" ersetzen. Der Nachdruck liegt dabei auf „ z w i s c h e n " . Es gibt den Unterschied zur Psychologie und zur Physiologie wieder; der Psychologe befaßt sich mit dem, was i n der Menschenseele, der Physiologe mit dem, was i m Menschenleibe vor sich geht; der Soziologe hat es mit dem zu tun, was sich z w i s c h e n Menschen vollzieht. Veranschaulichen kann man diese Aufgabe der Soziologie, wenn man in einer Anleihe bei der Elektrizitätslehre das Bild vom Lichtbogen verwendet. In den früher viel benutzten Bogenlampen bildete sich zwischen den Spitzen zweier Kohlestifte ein Lichtbogen. Damit dieses Licht leuchte, sind die Kerzen notwendig. Damit ein sonst dunkler R a u m erhellt würde, waren viele Lichtbogen erforderlich. Die Kerzen jedoch waren nicht selbst das Licht. Die elektrische Kraft, der Gegenstand der Forschung, äußerte sich im Lichtbogen. Entsprechend ist es mit dem Sozialen: die Menschen, von denen die von uns zu erforschenden Kräfte ausgehen, gleichen den Kohlekerzen. Sie sind als solche nicht unmittelbar unser Gegenstand. Unsere Aufmerksamkeit ist auf die Kräfte gerichtet, die von Menschen auf Menschen überströmen. Uns beschäftigen die gegenseitigen Beeinflussungen und Abhängigkeiten. Die Gesamtheit dieser Beeinflussungen sind die Aktionen, die die Kultur hervorbringen; sie machen das Licht aus, das den Raum erhellt. All die Vorgänge, die dieses Zwischenreich erfüllen, nennen wir s o z i a l e P r o z e s s e . Sie sind ebensowenig greifbar wie das Licht. Ihr Verlauf ist abhängig von der Artung der Menschen, zwischen denen 2*
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I. Soziologie als selbständige Einzelwissenschaft
sie stattfinden (wie das Licht v o n der Beschaffenheit der Kohlekerzen)." Das substantivische Element des gesellschaftlichen Lebens sind die Menschen, an u n d zwischen denen sich die zu beobachtenden Vorgänge (das Soziale) vollziehen. Irreführend ist die Annahme, es handele sich bei dieser Erklärung u m „Nominalismus" im Gegensatze zu dem, was die Scholastik unter „Realismus" verstand. Diesen mittelalterlichen Gegensatz hier mit heranzuziehen, k a n n zu falschen Vorstellungen führen 1 ). Es handelt sich nicht u m das erkenntnistheoretische Verhältnis von Allgemeinu n d Spezialbe g r i f f e n , sondern u m den Gegensatz von Geschehnissen (Ereignissen) u n d Dingen (Res). IV. E i n i g e Thesen zur Grundproblematik der allgemeinen Soziologie: 1. Das unterscheidende Merkmal der einzelnen "Wissenschaften bilden die bei jeder verschieden lautenden G r u n d f r a g e n (nicht die Gegenstände u n d nicht die Verfahrensweisen). 2. Die Sozialwissenschaften befassen sich m i t den Einwirkungen der Lebewesen aufeinander; hauptsächlich mit dem Zusammenhang unter den Menschen. 3. Als Zweig der anthropologischen Wissenschaften weisen sie Bestandteile der N a t u r - und Bestandteile der Geisteswissenschaften auf. 4. Ihre A u f m e r k s a m k e i t richtet sich nicht auf den T y p u s des einzelnen h o m o sapiens, sondern auf die positiven u n d negativen Verbindungen unter den Menschen (die zwischenmenschlichen Beziehungen). 5. Psychologie u n d Physiologie haben es mit den Vorgängen i m Lebewesen (intra), die Sozialwissenschaften mit den Vorgängen i n t e r personas zu tun. 6. Die Soziologie ist die G r u n d w i s s e n s c h a f t der Gesamtheit der Sozialwissenschaften. Vgl. Mueller, Franz H . . Sociology by Leopold v. Wiese, N e w York, 194t, Oskar Piest S. 11 ff.
II. Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie
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7. In ihr ist die allgemeine Soziologie von den speziellen Soziologien zu unterscheiden. Jene sucht die überall möglichen Zusammenhänge unter den Menschen auf allen Gebieten auf, diese auf den Einzelfeldern. 8. Bei den speziellen Soziologien ist in die Darlegung der zwischenmenschlichen Beziehungen der „Betreff", der sachliche Zweckzusammenhang der jeweiligen Betätigung, eingeschaltet. Zur Beachtung der Mensch-MenschBeziehungen tritt hier die Beachtung der Mensch-DingRelationen. Kapitel
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Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie als Wissenschaft Die Geschichte der Soziologie können wir als eine Entwicklung von der Enzyklopädie zur Einzelwissenschaft vom Sozialen ansehen. In vielen Wissenschaften streitet man über ihren Beginn, z. B. in der Sozialökonomik. Da neue Wissenschaften nur selten mit einem bestimmt markierten Ereignisse, etwa mit einer Entdeckung oder Erfindung, beginnen, da vielmehr meist eine allmähliche Entwicklung des allgemeinen Wissens besteht, in der erst nachträglich infolge der Notwendigkeit der Systematisierung und Abgrenzung — gewissermaßen künstlich — Abschnitte gebildet werden, so ist ein solcher Streit nicht zu entscheiden. Die Frage nach dem Beginne ist eine Zweckmäßigkeitsfrage. Wichtiger ist, sich der meist langen Vorgeschichte bewußt zu sein. W i r wissen, daß ökonomische Fragen in der Antike und im Mittelalter vielfach behandelt worden sind, daß sie damals aber in inneren Zusammenhang mit anderen Wissenschaften gestellt wurden. Auch über unseren Gegenstand, die zwischenmenschlichen Beziehungen, ist zu allen Zeiten nachgedacht und manches vorgebracht worden. Aber die Selbständigkeit dieser Problematik des Sozialen ist erst schrittweise klargeworden. In der Hauptsache erkennt man erst allmählich im 19. und 20. Jahrhundert, daß es eine selbständige
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Wissenschaft vom Sozialen, d. h. vom menschlichen Zusammenleben, mit einem eigenen umgrenzbaren Objekt gibt. Was vorher geschaffen wurde, ist mehr Politik, bei der Staat und Gesellschaft nicht deutlich genug geschieden werden, oder ist mehr Ethik und Morallehre als empirische Erkenntnis des Zwischenmenschlichen an sich. Nicht aufrechtzuerhalten ist ferner die Herleitung der modernen Gesellschaftslehre aus nur e i n e r geschichtlichen Wurzel. Die Wissenschaft vom menschlichen Zusammenleben keimte auf verschiedenem Boden. Ihre Entstehung entsprach den Bedürfnissen nicht nur e i n e s Volkes und nicht nur e i n e s Wissenschaftskreises. Vielmehr ergibt sich, daß, wenn die nationale Geisteskultur eines einzelnen Volkes einen bestimmten Entwicklungsgrad erreicht hat, in ihr Soziologie entsteht. Bei den Völkern des mittel- und westeuropäischen Kulturkreises ist dies ungefähr an der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert eingetreten. Doch besteht kein grundsätzliches Bedenken, den Beginn früher anzusetzen, je nachdem, was man als das Entscheidende dieses Geburtsvorganges ansieht. Es ist hier nicht möglich, allen Werdeprozessen der Soziologie erschöpfend nachzugehen; für uns mag genügen, auf drei Wurzeln hinzuweisen: 1. auf die deutsche Romantik und die deutsche idealistische Philosophie; 2. auf C o m t e s Philosophie, zumal da dieser Philosoph der Sache den siegreichen Namen Soziologie gegeben hat; 3. auf ihre Entwicklung aus anderen Wissenschaften als der Philosophie, nämlich vorwiegend aus Biologie, Geschichte und Sozialökonomik. Einen anderen Anfangszeitpunkt nimmt z. B. S o m 1 b a r t ) an. Er sieht jene Denker des 17. und 18. Jahrhunderts in Frankreich und England als die Schöpfer der Naturlehre der menschlichen Gesellschaft an, die im Gegensatz zum alten (mehr oder weniger theologischen) Natur1 ) Vgl. W . Sombart, D i e A n f ä n g e der Soziologie in „ Erinnerungsgabe f ü r Max W e b e r " , 1. Band, S. 5 ff., Mündien und Leipzig 1923.
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recht die menschliche Gesellschaft samt ihrer Kultur als ein Stück Natur selbst ansahen. Er nennt beispielsweise Cumberland, Temple, Petty, Shaftesbury, Mandeville, Adam Smith und andere. Für sie sei eine neue naturalistische, die „westliche" Soziologie seitdem charakterisierende Auffassung des Gesellschaftslebens bezeichnend. Dem wäre entgegenzuhalten, daß auch schon manche profane Naturrechtler in Weiterführung alt überkommener Ideen des Epikureismus und erst recht manche Vertragstheoretiker zu einer kausal-empirischen Deutung des sozialen Geschehens neigten. B r i n k m a n n 1 ) sieht in der politischen Literatur des westeuropäischen Barockzeitalters von Hobbes bis Adam Smith und Rousseau, in der in ihr zum Ausdruck kommenden „Daueropposition der Intelligenz gegen die gesellschaftlichen Mächte" den Beginn der Soziologie. Uns will jedoch scheinen, daß das nur f ü r die soziologische Theorie der Politik zutrifft, und daß gerade die allzu politische Einstellung von Denkern wie Hobbes, Mandeville, Ferguson sie hinderte, den Grundfragen der allgemeinen Soziologie nahezukommen. Auch D ü r k h e i m s Auffassung, daß man mit den Enzyklopädisten, zumal mit H o l b a c h , beginnen müsse, läßt sich verteidigen. Paul B a r t h hat in seiner „Philosophie der Geschichte als Soziologie" seinerseits anders als die Forscher, die das 17. und 18. Jahrhundert bevorzugen, darauf hingewiesen, daß die Soziologie „der Sache nach" bis auf Plato zurückgehe, was Sombart nicht gelten lassen will. Jedoch haben auch schon vor Plato Heraklit und die Sophisten, nach Plato Aristoteles und besonders die Stoiker und Epikureer zahlreiche Fragen des gesellschaftlichen Lebens, zumal die nach Ursprung und Aufgaben des „Staats" — mit dem Worte politeia ist mehr als der Staat im heutigen Sinne, auch die „bürgerliche Gesellschaft" Vgl. B r i n k m a n n , Versuch e i n e r G e s e l l s c h a f t s w i s s e n s c h a f t , M ü n c h e n u n d L e i p z i g 1918 u n d d e r s . , G e s e l l s c h a f t s l e h r e , in d e r E n z y k l o p ä d i e d e r R e c h t s u n d S t a a t s w i s s e n s c h a f t e n , X X X X V I I I , B e r l i n 1925.
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umfaßt — erörtert. Aber die Denkweise, mit der es geschah, ist — zumal bei Plato — ausgesprochen unsoziologisch, wenn man darunter eine bestimmte Betrachtungsund Beurteilungsweise verstehen will. Sehr richtig sagt darüber Albion W. S m a l l 1 ) : „Als ein Muster der Dialektik ist ,der Staat' (Piatos) das hervorragendste Beispiel für das, was n i c h t Soziologie ist. Eine Gruppe von Soziologen rechnet jeden zu den Soziologen, der über soziale Verhältnisse nachgedacht hat. Der vorliegende Aufsatz vertritt die Ansicht, daß nur diejenigen Soziologen sind, die eine Methode handhaben, welche in diametralem Gegensatz zur Dialektik steht. Plato betrachtet den ,Staat' nicht als eine Abhandlung zur politischen Wissenschaft oder zur Soziologie, sondern als eine Untersuchung aus dem Gebiete der Moralphilosophie. Die platonische Methode war ein Versuch, dadurch Wahrheit zu schaffen, daß man zur Übereinstimmung zwischen Begriffen oder Lehrsätzen gelangte. Die wissenschaftliche Methode ist dagegen ein Versuch, dadurch Wahrheiten zu entdecken, daß man Gleichförmigkeit von Ursache und Wirkung in der objektiven Welt beobachtet." Philosophen wie Plato suchen Wahrheit aus Übereinstimmung von Ideen zu s c h a f f e n , nicht durch Beobachtung der objektiven Welt Wahrheit zu e n t d e c k e n ; sie sind deswegen keine Soziologen, sondern eben Philosophen; auch für die theologischen Denker des christlichen Mittelalters (wie Augustin und Thomas), für m a n c h e Naturrechtler und m a n c h e Vertragstheoretiker, wie für viele an Gesellschaftsproblemen interessierte Philosophen der Gegenwart gilt dasselbe. Immerhin bereitet die Theorie vom „rechten" Staate, vom Gottesstaate, die Spekulation über das der gesellschaftlichen Ordnung vorausgehende Naturstudium (z. B. Hobbes „homo homini lupus"), der alte Streit der Stoiker und Epikureer über die dem Menschen angeborene (oder nichtangeborene) soziale Natur, über das Verhältnis von Umgebung und inneren Eigen1) I n e i n e m A u f s a t z e : S o c i o l o g y a n d P l a t o ' s R e p u b l i c , A m e r i c a n of S o c i o l o g y , X X X , 5.
Journal
II. D i e geschichtlichen A u s g a n g s p u n k t e der Soziologie
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schaften u. a. m. die soziologische Fragestellung vor, führt sie freilich durch das Nachwirken alter unausrottbarer Vorurteile und Antithesen oft genug irre. Zahllos sind die Anbahnungen einer Wissenschaft vom gesellschaftlichen Leben bei vielen Ethikern, Politikern und Kulturinterpreten; aber sie vermengen normative (Soll-)Wissenschaft mit der beschreibenden und systematisierenden (Seins)Wissenschaft. Rechnet man die Sozialphilosophie mit ein, so muß man, jedoch nicht nur in Hellas die Sophisten und Sokrates mit hinzunehmen, sondern den Spuren in Ägpten, Mesopotamien, Indien und China in weit davon zurückliegende Zeiten nachgehen. Othmar S p a n n 1 ) sieht in Kant und Fichte die Begründer der Gesellschaftslehre. Sicherlich läßt sich aus der deutschen Philosophie des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts manche Verbindungslinie zur späteren eigentlichen Soziologie hinüberleiten. Will man aber aus der Reihe der deutschen Philosophen einige Denker als besonders einflußreich (im guten und schlechten Sinne) ansehen, so müssen neben H e g e l Kant und Fichte genannt werden. Die Romantiker e r s c h e i n e n v o r a l l e m G e o r g v. B e 1 o w 2 ) als Förderer soziologischer Erkenntnis, da sie die historischen Erscheinungen nicht einseitig aus bewußten Handlungen der einzelnen Menschen herleiteten, sondern auf unbewußte Kräfte, objektive Mächte als deren Quelle hinwiesen. Besonders ihre Theorie vom Volksgeiste, aus dem Recht, Sprache und Kunst hervorgingen, sei hierfür wesentlich. Später waren jedenfalls die Forschungen Robert v. M o h 1 s, Lorenz v. S t e i n s und gleichstrebender Gelehrten um die Mitte des 19. Jahrhunderts, zu denen auch ! ) O . S p a n n , G e s e l l s c h a f t s l e h r e , 3. A u f l a g e , L e i p z i g 1930. 2 ) In seiner S t r e i t s c h r i f t „ S o z i o l o g i e als L e h r f a c h " , S o n d e r a b d r u d t aus Schmollers J a h r b u c h , 43. J a h r g . , 4. H e f t , München und L e i p z i g 1920. V g l . zu i h r e m Inhalte die A n t w o r t e n v o n F . T ö n n i e s und L . v . "Wiese. D e r E r s t genannte h a t im Weltwirtsch. A r d i i v , B d . 16, S . 212 f f . , unter d e m T i t e l „ S o z i o l o g i e und H o c h s c h u l r e f o r m " , der Z w e i t e in Schmollers J a h r b u d i , J a h r g . 44, S . 247 ff. unter d e m T i t e l „ D i e S o z i o l o g i e als E i n z e l w i s s e n s d i a f t " e r w i d e r t .
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II. Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie
Heinrich v. T e i t s c h k e i n seinen jüngeren Jahren gehörte, der Entwicklung des soziologischen Denkens sehr förderlich. Sie sonderten die Begriffe von Staat und Gesellschaft, wobei freilich Gesellschaft nicht den abstrakten Sinn hat, den wir heute damit verbinden. Es ist, wie gesagt, vielmehr die b ü r g e r l i c h e Gesellschaft, die Trägerin der öffentlichen Meinung, gemeint. Bei Mohl vor allem sind also Staat und Gesellschaft gleichgeordnete Gebilde, die n e b e n e i n a n d e r in Wechselbeziehungen stehen, während für die Modernen der Staat ein Gebilde innerhalb des übergeordneten Universalgebildes Gesellschaft ist, wenn man überhaupt ein solches Universalgebilde gelten lassen will. Bei dieser Hervorhebung deutscher Denker spielt sicherlich auch das Bestreben mit, gegenüber einer einseitigen Herleitung der soziologischen Tradition von den Franzosen S t - S i m o n und C o m t e und dem Engländer Herbert S p e n c e r den Anteil der deutschen "Wissenschaft und Philosophie an der Vorbereitung der neuen Wissenschaft gebührend in den Vordergrund zu stellen. Auch sonst zeigt sich vielfach die Tendenz, nationale Besonderheiten und Traditionen bei der Geschichte unserer Wissenschaft und der Datierung ihres Beginns zu betonen. So weist etwa der Tscheche Vasil K. S k r a c h 1 ) auf Johann H u s und C h e 11 s c h i z k i als Inauguratoren böhmischer Sozialphilosophie hin. C a r 1 i 2 ) nennt seine Landsleute Machiavelli und Vico neben Bodinus, Hobbes, Bossuet, Montesquieu, den Physiokraten und den Enzyklopädisten. Bei der Dehnbarkeit des Begriffs einer allgemeinen Soziologie und der Möglichkeit ihrer Gleichsetzung mit Sozialphilosophie haben diese und andere Versuche ebensoviel Anspruch auf Anerkennung, wie es nicht schwer ist, sie bei Zugrundelegung einer anderen Auffassung der Disziplin mit guten Gründen abzulehnen. Vgl. seine Glossen „über die ts&ediisdie Soziologie" usw. Kölner Vierteljahrshefte, 5. J a h r g . , H e f t 3. 2 ) In seinem Buche „I.e Teorie Sociologidie", Padua 1925.
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Lehrreich ist in dieser Hinsicht S m a l l s 1 ) Werk über die Anfänge der Soziologie: Es ist darin nur wenig und mehr beiläufig von Comte und Spencer sowie von anderen westeuropäischen Denkern die Rede, dafür werden Thibaut und Savigny, Eichhorn, Niebuhr, Ranke, Roscher, Knies, Treitschke, Schmoller, die Kathedersozialisten und die österreichische Schule sehr eingehend behandelt. Adam Smith' Werk und Einfluß bleiben nicht unerwähnt; aber es wird nicht viel mehr über ihn gesagt, als in einer Geschichte der deutschen Sozialökonomik über ihn gesagt werden muß. Richtig ist ja dabei sicherlich, daß in Deutschland, Frankreich und England während des 19. Jahrhunderts und auch heute noch viele soziologischen Probleme unter anderem Namen behandelt werden. Nach der im folgenden vertretenen Auffassung ist die bisherige Entwicklung der Soziologie ein sehr allmählich voranschreitender Prozeß der wachsenden Selbsterkenntnis der Disziplin von ihrer Besonderheit und Eigenart; er vollzog und vollzieht sich durch beständig zunehmende Einschränkung ihres Umfangs, durch genauere Fragestellung und durch Entwicklung einer selbständiger werdenden Methode. Das bedeutet zugleich eine Lösung von der Sozialphilosophie, allgemeinen Kulturlehre, Ethik und von anderen sozialen Einzelwissenschaften, die neben ihr bestehen. Da aber dieser Lösungs- und Verselbständigungsprozeß erst in der unmittelbaren Gegenwart vor sich geht, so ist eine Auffassung beweisbar, die alle Soziologie in Deutschland vor Tönnies und Simmel, in Frankreich vor Tarde, in Amerika vor Small, Giddings und Ross in die Vorgeschichte verweist. Ich behaupte in der Tat, daß die Soziologie als deutlich umgrenzte soziale Einzelwissenschaft erst in den letzten 75 Jahren entstanden ist. Aber die ersten Versuche, den Weg zu diesem Standpunkt zu finden, sind zum mindesten ein Jahrhundert älter; sie werden deutlicher umgrenzbar etwa vom Ende der großen französischen Revolution an. Wir u n t e r 1
) V g l . A l b i o n W . S m a l l : O r i g i n s of S o c i o l o g y , C h i c a g o 1924.
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s c h e i d e n deshalb eine l a n g e V o r g e s c h i c h t e , zu der wir Antike und Mittelalter rechnen, und die wir b i s z u m A u s g a n g e d e s 18. J a h r h u n d e r t s datieren, dann ein e r s t e s S t a d i u m der Soziologie als U n i v e r s a l w i s s e n s c h a f t ( 1 9 . J a h r h u n d e r t ) , in der sie sich insofern chon als selbständige Wissenschaft zu dokumentieren sucht, als sie die Frage: was ist Gesellschaft? zu ihrer Kern- und Grundfrage macht, aber sich dadurch den Weg zur fruchtbaren Erkenntnis versperrt, daß sie im Zusammenhange damit zu viel außersoziologische, wenn auch sozialwissenschaftliche oder sozialphilosophische Fragen mit zu beantworten sucht, schließlich ein z w e i t e s S t a d i u m der Reifung einer s e l b s t ä n d i g e n u n d e i n g e g r e n z t e n W i s s e n s c h a f t d e r S o z i o l o g i e in der Gegenwart, wobei wieder die Grenze zwischen dem ersten und zweiten Stadium fließend erscheinen mag und von der Beurteilung der Leistung des einen oder anderen Forschers abhängt. Uns beschäftigt zunächst die Entstehung des ersten Stadiums, das wir ungefähr in die Jahre 1810 bis 1890 legen: Noch in der großen französischen Revolution überwog durchaus die geistige Teilnahme an den rein politischen, zumal den Verfassungsfragen. Wenn auch schon manche Denker des 17. und 18. Jahrhunderts hinter dem Wechsel politischer Erscheinungen allgemeinere Naturgesetze der sozialen Entwicklung angenommen und das Politische nur als e i n e von zahlreichen Erscheinungsreihen der Gestaltung des zwischenmenschlichen Lebens angesehen hatten, so drängte sich doch die naiv-voluntaristische Auffassung, daß man den Staat und die bürgerliche Gesellschaft völlig willensmäßig gestalten könnte und dabei das politische Ethos entscheidend wäre, zu sehr hervor. Es fehlte in der Behandlung der Aufgaben des öffentlichen Lebens noch die eigentlich soziologische Denkweise, die das Gruppen- und Gemeinschaftslebens insgesamt als eine Welt mit eigenen Struktur- und Bewegungsgesetzen ansieht. Sicherlich haben zu der Entbindung des Geistes der Soziologie äußere Umstände beigetragen; in der Hauptsache dieselben, die den Sozialismus (der aber nicht mit Soziologie gleichzusetzen
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ist) vorbereitet haben: technisch-wirtschaftliche Erscheinungen, neue Bevölkerungstatsachen, die Ansammlung von Menschen in den großen Städten, vor allem die deutlichere Vorstellung von Masse und Proletariat, die durch das Anwachsen der gewerblichen Arbeiterschichten aufgedrängt wurde. Unter den sozialen Gebilden wurde die „Klasse" neu entdeckt, und die Befassung mit dieser problematischen „Samtschaft" zwang zum Nachdenken über die Wechselbeziehungen von Gruppen überhaupt. Das ist gewiß nicht etwas völlig Neues gewesen; aber die Dringlichkeit und Deutlichkeit des Gesellschaftlichen wuchs. Man erkannte: auch mit einer ganz demokratischen Staatsverfassung, mit der Gleichheit der Bürger vor dem Gesetze, mit der Abschaffung der Privilegien und aller Rechte des Feudalstaats ist von den „sozialen Fragen" erst ein recht kleiner Teil „gelöst". Aus diesem europäischen Boden wuchs e i n Zweig, der von den Besserungsbeflissenen gepflegt wurde: der Sozialismus. Es wuchs aber gleichzeitig der ganz anders geartete der Soziologie empor, der ein Baum der Erkenntnis, nicht der Lebensänderung werden sollte. (Doch darf dieses Bild von den zwei ungleichen Reisern nicht so ausgelegt werden, als ob es gar keine Verbindung zwischen Theorie des Sozialismus und Soziologie gäbe.) Freilich die Romantiker und die deutschen idealistischen Philosophen, zumal S c h e 11 i n g und H e g e l , sind von der Geseilschafts- und Wirtschaftsstruktur des 19. Jahrhunderts verhältnismäßig wenig beeinflußt worden. Aber ihr Bestreben, zwischen dem Absoluten, Göttlichen und Geschichte, Staat, Volk und Recht einen metaphysischen Zusammenhang herzustellen, ein Streben, das schließlich zu Hegels Glauben führte, der göttliche Wille objektiviere sich im Staate, ist geschichtlich als Reaktion auf die Aufklärung, den Liberalismus und die Revolutionsgesinnung des 18. Jahrhunderts zu begreifen. Diese Philosophen hinterließen der Soziologie die Aufgabe, die großen abstrakten Kollektiva: Volk, Staat, Kirche, Genossenschaft, schließlich Gesellschaft zu erklären.
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Freilich ist diese Abstammung von der Spekulation eine gefähliche und verleitende Erbschaft für die deutsche Gesellschaftslehre geworden. Noch heute suchen manche Soziologen mit denselben Mitteln der Geschichts- und Sozialphilosophie die gar nicht philosophischen Probleme ihrer Wissenschaft zu lösen. Der Schreiber dieser Zeilen bekennt sich zu der Auffassung, daß man wie von Plato so auch von Schelling und Hegel, Adam Müller und N o valis nicht lernen kann, wie der Soziologe an die ihm gesteckte Aufgabe herantreten darf. Es gibt sicherlich eine Metaphysik der Gesellschaft; sie pflege der Philosoph. Der Soziologe soll Realist und Empiriker sein, wobei wir von der Erfahrungs-Erkenntnis die phänomenologisch-verstehende nicht absondern, sondern ihr zugesellen. N u r daß ihr die „letzten Fragen", der objektive, absolute, gottgewollte „Sinn" der Erscheinungen nicht zu erörtern bestimmt sind, muß mit Nachdruck ausgesprochen werden. Uns will scheinen, daß wir als Soziologen von Hegel nicht die Betrachtungs- und Behandlungsweise der Probleme lernen können, sondern mehr die Grenzen fixiert sehen, über die hinaus die Forschung nicht zu dringen vermag. Sie überläßt die umwölkten Höhen letzter Zusammenhänge den Philosophen. Aber auch die zweite geschichtliche Wurzel, von der wir eben gesprochen haben, bedarf nicht minder einer kritischen und mißtrauischen Beschauung: die französische in der Philosophie des Grafen S t - S i m o n und Auguste C o m t e s . Wenn wir auch, der Tradition und speziell dem Beispiele Paul Barths folgend, unsere historische Übersicht mit ihnen beginnen, so geschieht es mit dem Vorbehalte, daß die heutige Soziologie, soweit sie fruchtbar und zukunftsreich ist, vorsichtiger in Verallgemeinerungen ist und die Gültigkeit ihrer Hypothesen mehr auf der Beobachtung der Wirklichkeit aufbaut, als dies Comte und sein geistvoller Lehrer getan haben. Vielfach nimmt man heute Anstoß daran, daß die beiden Denker, zumal der systematischere Comte, „Positivisten" waren. Gilt doch Comte als der eigentliche Begründer
II. Die gesdiichtlidien Ausgangspunkte der Soziologie
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dieser Denkweise. Bei ihm ist Positivismus und Soziologie so eng miteinander verflochten, daß sie nicht voneinander zu trennen sind. N u n hat man aber dieser das 19. Jahrhundert beherrschenden „naturalistisch-mechanistischen Weltanschauung" den Krieg erklärt. Eine Anerkennung Comtes als „ V a t e r " der Soziologie (er ist als Namengeber wohl ihr Pate) scheint damit auch ein Bekenntnis zur positivistischen Denkweise zu enthalten. In der T a t galten vielen die Soziologen schlechthin als Positivisten. Dadurch, daß sie sich Soziologen nennen, bekennen sie sich angeblich auch zu Comtes Weltanschauung. Hier zeigt sich wieder die bedenkliche Neigung, in der Soziologie eine Art Konfession und ein bestimmtes Ethos zu erblicken, die mit der ursprünglichen Verbindung zwischen ihr und der Philosophie zusammenhängt. Ich behaupte demgegenüber, daß Gesellschaftslehre als realistische Wissenschaft mit dem Gegensatz von Positivismus und Anti-Positivismus überhaupt nichts zu tun hat. Was uns in soziologischer Hinsicht an Comtes Lehre interessiert, soll noch gezeigt werden. Seinem Positivismus sollte der Soziologe als solcher neutral gegenüberstehen. (Ist er auch Philosoph oder gar im speziellen Ethiker, so mag und muß er zu seiner „Weltanschauung" Stellung nehmen.) Damit ist aber auch schon angedeutet, worin die Gefahr der Anknüpfung an Comte liegt: daß auch bei ihm das ererbte Grundstück der Soziologie mit der Hypothek der Spekulation belastet ist. Fruchtbarer als die geschichtlichen Verankerungen der Soziologie in der deutschen oder in der französischen Philosophie der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind die mannigfachen Anknüpfungen an die eigentlichen Wissenschaften, von denen gleich noch zu sprechen sein wird. Auch dabei fehlt es nicht an Irrleitungen. Es kann zweifelhaft erscheinen, ob etwa die Nachbarschaft zur Biologie der Gesellschaftslehre mehr Vorteile oder mehr Nachteile gebracht hat. Aber besonders die Anregungen und Aufgabezuweisungen, die sie der Geschichte (in Deutschland z. B. Niebuhr, Ranke, Treitschke), der Jurisprudenz
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(Savigny, Eichhorn usw.), der Nationalökonomie (Knies, vor allem Schmoller und Bücher) und anderen Kulturwissenschaften verdankt, sind beträchtlich. Gerade aus Vergleichen der in den Nachbarwissenschaften herrschenden Fragestellungen und Antwortfindungen mit ihrer eigenen Problematik konnte sie allmählich das Unterscheidungsund Selbstbewußtsein für ihr Eigenes gewinnen. So nützlich der Soziologie die mannigfachen Verbindungen mit Philosophie und einer großen Zahl anderer Wissenschaften war, so erschwerte ihr die beständige Ablenkung in fremde Gedankengänge den Reifeprozeß. Ihre Jugend war bewegt, abwechslungsreich und mannigfaltig; aber die große Geistesfamilie, in die sie sich gestellt sah, hinderte sie an der Sammlung und Besinnung auf die eigene Bestimmung. Thesenartige
Z u s a m m e n f a s s u n g des zweiten Kapitels : 1. Die Geschichte jeder Wissenschaft weist im Laufe der Jahrhunderte zumeist allmähliche Einengung ihres Studienfeldes, bisweilen aber auch das Gegenteil, eine Ausweitung, auf. Die Soziologie wandelt sich in der Hauptsache von einer Enzyklopädie aller Sozialwissenschaften zu einer Einzelwissenschaft vom sozialen Leben der Menschen neben anderen solchen Einzelwissenschaften; jedoch nimmt sie den Platz der theoretischen Grundwissenschaft in diesem Kreise ein. 2. Faßt man sie aber, wie es noch immer hier und da geschieht, als eine enzyklopädische Wissenschaft vom Sozialen auf, so ist sie eine der ältesten Wissenschaften überhaupt. Faßt man sie als eine Einzelwissenschaft im Kreise der Sozialwissenschaften auf, so ist sie nicht älter als höchstens fünfundsiebzig Jahre. Wir folgen dieser zweiten Auffassung und rechnen die Fülle der sozialphilosophischen Werke der Vergangenheit zu ihrer Vorgeschichte. 3. In der Vorgeschichte war die Sozialphilosophie in der Hauptsache eine S o 11 Wissenschaft (normative W.);
II. Die geschichtlichen Ausgangspunkte der Soziologie
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heute ist die Soziologie eine S e i n s Wissenschaft (erklärende oder verstehende W.), während die von ihr abzweigenden Nachbarwissenschaften mehr oder weniger in das Gebiet der Sollwissenschaften hinüberreichen, so z. B. der Sozialismus oder die Sozialpolitik. E r l ä u t e r u n g e n z u m K a p i t e l II: Die umfangreichste und den weitesten Kreis der Ideengeschichte umspannende Literaturgeschichte, die auch besonders die lange Vorgeschichte behandelt, ist Harry Elmer B a r n e s ' und Howard B e c k e r s „Social Thought from Lore to Science" (2 Bde. Boston 1938). Einer ihrer Grundgedanken ist der Nachweis, daß sich das Denken über das gesellschaftliche Leben als Übergang vom Mythos (Becker sagt: „sacred") zu verweltlichten (säkularen) Auffassungen vollzogen habe. 1 ) Barnes und Becker haben sich auch in anderen Werken als Historiker der Sozialwissenschaften betätigt. So u. a. Barnes in seiner „History of Sociology" (Chicago 1948). Pitirim S o r o k i n s , eines der fruchtbarsten Autoren der Sozialwissenschaften, vierbändiges großes Werk „Social and Cultural Dynamics" (New Y o r k 1937 u. ff) ist nicht bloß Literaturgeschichte; es ist Kulturund Zivilisationsgeschichte nach soziologischen und vor allem ethischen Gesichtspunkten; es enthält über vergangene Jahrhunderte und ihr Schrifttum reiches Material. — Ähnlich einzuordnen ist Vilfredo P a r e t o s „Trattato di Sociologia Generale" (auch französisch) (freilich mit einer von der Tendenz Sorokins stark abweichenden Schauweise). — Von den älteren deutschen Werken, die die Ideengeschichte von der Antike ab ausführlich behandeln, muß Paul B a r t h s „Philosophie der Geschichte als Soziologie" (Leipzig 1922, dritte und vierte Aufl.) besonders hervorgehoben werden. Keine Trennung von Vorgeschichte und Geschichte nimmt H . L . S t o l t e n b e r g in seinem Artikel „ Geschichte der Soziologie" im Handwörterbuch der Soziologie (1931) 1 ) V g l . d a z u meine eingehende Besprechung in der „ Z e i t s c h r i f t f ü r N a t i o n a l ö k o n o m i e " , B a n d I X , S . 470 ff.
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von
Wiese,
Soziologie
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I I I . D i e Hauptrichtungen der Soziologie
und im ersten Band seiner „Geschichte der deutschen Gruppwissenschaft (Soziologie)" vor (Leipzig 1937). Dieser erste Teil umfaßt die Zeit bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts; er behandelt das deutsche Mittelalter und besonders eingehend das 18. Jahrhundert. Der Begriff der „Gruppwissenschaft" ist darin sehr weit gefaßt. Kapitel
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Die Hauptrichtungen der Soziologie In der geschichtlichen Entwicklung der Soziologie während ihres ersten Stadiums von (verhältnismäßiger) Selbständigkeit, also in der Hauptsache während des 19. Jahrhunderts, sind die H a u p t t h e o r i e n nach den Antworten geordnet, die die Autoren auf die Frage: w a s i s t G e s e l l s c h a f t ? gegeben haben; ferner nach dem jedesmaligen Z u s a m m e n h a n g e mit einer älteren W i s s e n s c h a f t , von dem aus die Probleme der Gesellschaftslehre aufgefaßt worden sind. Die soziologischen Theorien des g e g e n w ä r t i g e n Entwicklungsstadiums werden wir jedoch zweckmäßigerweise nach einem anderen Gesichtspunkte ordnen. Es stände nichts im Wege, die beiden genannten, auf die Geschichte anzuwendenden Kriterien beizubehalten; aber da sich z. B. die naturwissenschaftlichen Soziologien stark vermindert haben, jedoch neue Abzweigungen hervorgetreten sind, glauben wir, ein richtigeres Bild der Gegenwart durch eine neue, der älteren verwandte Einteilung geben zu können. a) Zur Vergangenheit: Während des 19. Jahrhunderts ist die G e s e l l s c h a f t in der Hauptsache auf d r e i verschiedene Weisen aufgefaßt worden. Eine „Richtung" faßt sie als eine Einheit, ein Ganzes, als Substanz, jedenfalls als Seiendes auf. Dabei sind w i e d e r z w e i A n s c h a u u n g s w e i s e n z u s o n d e r n : den einen ist dieses Seiende, alten platonischen Vorstellungen folgend, eine I d e e , nach der sich die in Teilerscheinungen und körperlichen Konkretisierungen sichtbare Menschenwerk formt. Den anderen
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ist die Gesellschaft ein Organismus, ein (mit unseren Sinnen allerdings nicht wahrnehmbares) Lebewesen. Eine zweite Auffassung geht dahin, daß die Gesellschaft in einer Summierung von Gruppen besteht.. Bei ihr ist es richtiger, die Einzahl durch den Plural: die Gesellschaften zu ersetzen. Jedoch sind hiernach die sozialen Gebilde Ganzheiten und Einheiten. Der dritte Kreis von Autoren faßt „die Gesellschaft" als ein Produkt von wechselnden V o r g ä n g e n d e r V e r g e s e l l s c h a f t u n g auf. Das W o r t Gesellschaft ist ihr nichts Substantivisches, bezeichnet nicht ein Ding, ein Seiendes, sondern hat verbalen Charakter. Es ist ein Geschehen, eine Vielheit von Prozessen. Stellen wir neben diese Dreiteilung die Zusammenhänge mit Nachbarwissenschaften; sie sind ja zugleich auch entscheidend f ü r das Verfahren, das die Autoren bevorzugen: Vielen war die Soziologie 1. eine N a t u r w i s s e n s c h a f t ; sie verknüpften sie vorwiegend a) mit der B i o l o g i e , manche davon speziell innerhalb dieser: a) mit R a s s e n t h e o r i e ; b) eine andere naturwissenschaftliche Verknüpfung bestand darin, daß man der Soziologie mit Gesichtspunkten und Arbeitsweisen der Physik (oder, seltener, der C h e m i e ) nahezukommen bestrebt war. Diese „soziale Physik" sucht vorwiegend die B e w e g u n g s g e s e t z e des gesellschaftlichen Geschehens zu erfassen, sei es, daß sie, um die wichtigsten Beispiele zu nennen, anfangs die Schwerkraft, später das Gesetz von der Erhaltung der Kraft und des Stoffes auch im Sozialen aufwies. — 2. Im ersten Kapitel ist ferner bereits angedeutet worden, daß die Verbindung mit der Philosophie vielen Soziologen selbstverständlich war. Hierbei wiederum war für sie die Sozialphilosophie entweder a) dasselbe wie Soziologie oder speziell b) die (jener nahe verwandte) engere Geschichtsphilosophie. Dort bemühte man sich um Deutung der gesellschaftlichen Grunderscheinungen, suchte ihren objektiven Sinn, ihren „Geist" zu erfassen. Hier handelte es sich vorwiegend um Theorien der Kulturfolge und der Entwicklungsphasen. 3*
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Nicht zu verwechseln mit dieser Verknüpfung der Soziologie mit Sozial- und Geschichtsphilosophie ist der (mehr für die Gegenwart als für das 19. Jahrhundert) bezeichnende Versuch, der Soziologie als einer speziellen Sozialwissenschaft ihre besondere erkenntnistheoretische Grundlage zu geben. Da wie jede Wissenschaft auch jede Art Soziologie in der Erkenntnistheorie ihre formale Wurzel finden muß, so hat auch die Soziologie ihr allgemein formalphilosophisches Fundament. Aber es ist etwas ganz anderes, ob man mit der „philosophischen" Grundlage Logik und Erkenntnistheorie und die alle Wissenschaften beherrschenden Denkgesetze meint oder den I n h a l t der viel subjektiveren Konstruktionen der Spekulation über Sinn, Geist und Wesen von Geschichte, Gesellschaft, Kultur, Zivilisation, Staat usw. Zu den S p e z i a l w i s s e n s c h a f t e n , an denen man Anlehnung suchte, gehörten schließlich vorwiegend 3. die P s y c h o l o g i e und 4. die E t h n o l o g i e (Ethnographie). In seelenkundlicher Hinsicht kam es den dabei in Frage kommenden Autoren vorwiegend darauf an, die i n n e r e n Wechselbeziehungen zwischen Menschen in ihrer Bedeutung f ü r das gesellschaftliche Leben darzutun. Die Schriftsteller des völkerkundlichen Kreises gingen von der Uberzeugung aus, daß man die verwickelten sozialen Beziehungen und Gebilde nur durch Zurückgreifen auf einfache Gruppenverhältnisse, wie sie bei den Naturvölkern zu beobachten wären, erklären könnte. Verbinden wir die Einteilung nach dem ersten Kriterium mit der Gruppierung nach dem unterscheidenden Merkmale der zweiten Ordnung, so kann man (in beträchtlicher Vereinfachung) sagen: die Gesellschaft wurde a l s E i n h e i t von Naturwissenschaftern und Naturphilosophen (z. B. C o m t e ) , von Sozialphilosophen (z. B. D ü r k h e i m , S c h ä f f l e ; um einen Heutigen zu nennen: S p a n n ) , von Geschichtsphilosophen (z. B. L o r e n z v o n S t e i n , B a r t h ) aufgefaßt; als Vergesellschaftung faßte sie die Philosoph S i m m e 1; als Gruppensummierung findet sie sich besonders bei manchen Amerikanern, die von der
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Psychologie ausgehen, aber auch — obzwar in manchmal wenig konsequenter "Weise — neben den beiden Auffassungen bei den verschiedensten Standpunkten in der europäischen Literatur. b) Gegenwärtig: In der G e g e n w a r t scheint uns vor allem notwendig zu sein, zunächst Soziologie als wissenschaftliche D i s z i p l i n und Soziologie als „ M e t h o d e " innnerhalb einer anderen Wissenschaft zu unterscheiden. Dabei ist die Redewendung „Soziologie als Methode" ungenau (wenn auch üblich); gemeint ist damit, daß in diesen Fällen das Soziale (das Zwischenmenschliche oder das Gruppen- und Gebildhafte) bei Fragestellungen anderer Wissenschaften wesentlich berücksichtigt wird. Innerhalb der Soziologie als Disziplin müssen wir d r e-i Zweige (kleinere Abspaltungen und Vermischungen ungerechnet) unterscheiden, wobei wir freilich in erster Linie die deutschen Verhältnisse im Auge haben und für die Literatur des Auslands diese Einteilung nur teilweise gelten lassen können: 1. Soziologie als Lehre vom g e s c h i c h t l i c h e n V e r laufe des sozialen Lebens (oder „der Gesellschaft") ( h i s t o r i s c h e S o z i o l o g i e ) ; (gegenwärtiger Sonderzweig: die Kultursoziologie); 2. Soziologie als Sinndeutung geistiger Kräfte und als Lehre von Bewußtseinskräften (philosophische, nämlich a ) m e t a p h y s i s c h e und b ) e r k e n n t n i s t h e o retische Soziologie; 3. Soziologie als s y s t e m a t i s c h e Wissenschaft vom gesellschaftlichen Geschehen auf realistisch-empirischer Grundlage ( s y s t e m a t i s c h e S o z i o l o g i e ) . 1 ) Die historische Soziologie, die die Vorgänge der Vergangenheit als Material für ihre Abstraktionen bevorzugt, ist nicht zu verwechseln mit der soziologischen Methode in der Geschichtswissenschaft, wenn auch die Grenzen zwischen beiden fließend sind. Die erstgenannte sucht den W e i t e r unten wird in größerer Vereinfachung nur systematische und geschichtliche Soziologie unterschieden, so daß die oben als philosophische Richtung bezeichnete Kategorie 2 teils der systematischen, teils der historischen Schule zugewiesen wird.
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objektiven Sinn und Geist von Kulturperioden, Kulturkreisen und -stufen, von ganzen, in der Geschichte vorkommenden Sozialsystemen zu deuten. Als historische Soziologen ragen in Deutschland Hans F r e y e r , Alfred M ü l l e r - A r m a c k , Alexander R ü s t o w , Alfred W e b e r und Georg W e i p p e r t hervor. Das soziologische V e r f a h r e n , dessen sich die eigentlichen Historiker bedienen, beruht hingegen darauf, daß Geschichtsforscher, deren Hauptaufgabe die Darstellung des Geschehens in der vergangenen Zeit ist, dabei die Gruppenerscheinungen vor den persönlichen Tatsachen bevorzugen, wie es etwa L a m p r e c h t getan hat. Es besteht eine Auffassung, die entweder überhaupt nur eine geschichtliche (keine allgemein-systematische) Erkenntnis des gesellschaftlichen Lebens gelten läßt oder (weniger radikal) die Vorrangstellung einer Soziologie des N a c h einander vor der des N e b e n e i n a n d e r behauptet. Eine allgemeine Querschnittbetrachtung, die gewissermaßen zeitlos oder überzeitlich ist, wird verworfen, weil der ewige Wandel der Dinge nur zeitlich gebundene (aufsteigende, blühende und vergehende) Erscheinungen hervorbringe. Man könne nur bestimmte Zeitabschnitte und zugleich (wobei sich die Verwandtschaft von geschichtlichem und geographischem Determinismus zeigt) räumlich begrenzte Kulturkreise studieren. Die Bevorzugung der Vergangenheit vor der Gegenwart empfehle sich dabei, weil „die aus der Aktualität schöpfende Soziologie" Selbsttäuschungen durch die Färbung ihrer „Tatsachen" mit unbewußten Vorurteilen, Leidenschaften und Interessen besonders ausgesetzt sei1). Auch Paul B a r t h 2 ) meinte: „Nicht jedes Wellengekräusel des menschlichen Verkehrs hat diesen Grad von Wichtigkeit; sondern es haben ihn bloß die dauernden großen Strömungen des Willens und des Geistes, die man durch Jahrhunderte*oder wenigstens durch Jahrzehnte verfolgen kann. Diese darzustellen und, soweit es möglich ist, 1
) B r i n k m a n n , Gesellsdiaflslehre, 1. c., S. 2. 2 ) Barth, Die Philosophie der Geschichte als Soziologie, 3. u. 4. A u f l . , S. 151, Leipzig 1922.
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zu erklären, ist die Aufgabe der Soziologie, die damit zugleich Theorie der Geschichte wird." Sombart hat sogar erklärt 1 ): „Daß alle gesellschaftliche Wirklichkeit Geschichte, d. h. Geschehenes ist, darüber kann kein Zweifel obwalten; denn es gibt keine Gegenwart, es gibt nur Vergangenheit." (Die Umkehrung wäre, scheint uns, ebenso behauptbar: es gibt keine Vergangenheit, es gibt nur Gegenwart.) Dazu wäre wohl zu sagen: Gerade der Gefahr der Unsachlichkeit wegen, auf die schon S p e n c e r in sehr ausführlichen Darstellungen in seinem „Study of Sociology" hingewiesen hat, empfiehlt sich große Vorsicht in der Hinnahme des Materials der Geschichte, besonders aber der Behauptungen der Geschichtsphilosophie. Gewiß wird der das Nebeneinander der Gegenwart bevorzugende Soziologe der Gefahren stets eingedenk sein müssen, die mit der Nichtberücksichtigung der „persönlichen Gleichung" zusammenhängen. Entscheidend ist jedoch im Streite von Nacheinander und Nebeneinander das Maß der Kontrollierbarkeit der Behauptungen. G e g e n w ä r t i g e s k ö n n e n w i r im a l l g e m e i n e n l e i c h t e r n a c h p r ü f e n als V e r g a n g e n e s . Bei dem, was die Geschichte berichtet, ist stets mit der W i l l k ü r der Auswahl und Weglassung zu rechnen. Jedoch handelt es sich nicht um ein EntwederOder, sondern um gegenseitige Ergänzung von zwei Betrachtungsweisen. In Deutschland stand bis in die allerjüngste Zeit hinein die geschichtliche Soziologie so völlig im Vordergrunde, daß gegenwärtig neben ihr ein das Nebeneinander bevorzugendes, das Historische jedoch in den Einzelausführungen heranziehendes Verfahren dringend notwendig geworden ist. Aber es handelt sich dabei nicht nur um den Gegensatz Vergangenheit und Gegenwart, sondern um die Alternative: geschichtliche oder systematische Erfassung der Erscheinungen. Auch diese beiden Betrachtungsweisen müssen sich ergänzen. Das Allgemeine ist übergeschichtlich, das Besondere geschichtlich. Die „Beziehungslehre" V g l . S o m b a r t , N a t i o n a l ö k o n o m i e u n d S o z i o l o g i e , J e n a 1930, S . 3.
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III. Die Hauptriditungen der Soziologie
etwa, die systematisch, nicht geschiehtlich a n g e o r d n e t ist, geht von überzeitlichen, quasi „ewigen" Kategorien aus, den Beziehungen des Zu- und Auseinander, die sich fanden, finden und finden werden, solange Menschen sind. Aber die Grundprozesse zerlegen wir weiter in Hauptprozesse, diese in Unter- und schließlich in Einzelprozesse. Das ist nur möglich durch allmähliche Annäherung an konkrete, geschichtliche Tatsachen. Bei diesen bevorzugen wir allerdings das Nebeneinander der Gegenwart, eben aus dem Grunde, weil ihre Beobachtung nachprüfbar ist. Barths Einwand, man könne bei den Geschehnissen, die sich vor unseren Augen abspielen, nicht wissen, ob sie wesentlich genug sind, während wir aus der Geschichte das Bedeutungsvolle, Wirksame herausgeben, verkennt die Größe des Vorurteils, das gerade bei der Auswahl des Wirksamen aus dem unendlich breiten Fluß des Geschehens den Historiker lenkt oder doch lenken kann. Der Hinweis auf die Primitiven, deren Gesellschaftsbau so einfach sei, daß das völkerkundliche Studium als Vorstufe soziologischer Erkenntnis in erster Linie in Betracht käme (so früher bei Spencer, heute z. B. bei Vierkandt, Thurnwald, Levy-Bruhl), bedarf sehr vorsichtiger Anwendung; denn die sozialen Verhältnisse der „Naturvölker" sind f ü r uns durchaus nicht einfach, was die vielen Irrtümer der Beurteilung ihrer Einrichtungen beweisen, denen Reisende und Forscher verfallen sind. Mag die S t r u k t u r ihres Gesellschaftsbaus im allgemeinen einfach sein, so ist die Erklärung ihrer sozialen Bauweise durch Rückführung auf die zwischenmenschlichen Beziehungen dadurch erschwert, daß wir nur zu oft den Primitiven unsere Motive und Zielsetzungen unterschieben. Damit sollen die wertvollen Hilfen der Völkerkunde keineswegs geleugnet werden; aber das Studium einfacher zwischenmenschlicher Zusammenhänge im Beobachtungsfelde unseres eigenen Kulturkreises ist dringender und f ü r die Zwecke der Soziologie im allgemeinen noch fruchtbarer. 1 ) Vgl. hierzu audi W i l h . E. M ü h l m a n n , Bonn 1948.
Geschichte d e r A n t h r o p o l o g i e ,
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In letzter Vereinfachung kann man in der Gegenwart innerhalb der allgemeinen (theoretischen) Soziologie geschichtliche und systematische Soziologie unterscheiden oder unter verwandten Gesichtspunkten Kultur- und Beziehungssoziologie. Dabei ergibt sich ein engeres Verhältnis zwischen Kultur- und geschichtlicher Soziologie einerseits und zwischen systematischer und Beziehungssoziologie andererseits. Die Kultursoziologie erfaßt ihre Gegenstände meist in historischer Ordnung und wird damit zur Geschichtsphilosophie (z. B. bei Toynbee); die Beziehungssoziologie verfährt in erster Linie systematisch. Als eine Unterdisziplin der Kultursoziologie kann man die (mit dem ungeschickt gewählten) "Worte: Wissenssoziologie bezeichnete Forschungsrichtung bezeichnen. Sie kann ebenso gut zur erkenntnistheoretischen wie zur historischen Schule gerechnet werden. Aber diese aus methodologischen Absichten vorgenommenen Zweiteilungen bedeuten keine absolute Trennung, sondern nur ein Mehr oder Weniger. Die Geschichte kann nicht der Systematik, die Systematik nicht der Chronologie entbehren. Als veraltet und überwunden kann man indessen den einst stark hervorgekehrten Gegensatz von individualistischer und kollektivistischer Denkweise bezeichnen. Hierüber schrieb ich im Handwörterbuch der Sozialwissenschaften: „Gegenüber dem künstlich geschaffenen Gegensatze von „Individualismus" und „Kollektivismus" muß zunächst ausgesprochen werden, daß das Verhältnis des einzelnen Lebewesens Mensch zu den gesellschaftlichen Kollektivkräften in der Tat das Kernproblem aller Soziologie ist. Keine andere ihr gestellte Frage kommt ihr an entscheidender Bedeutung gleich; mit seiner Aufrollung hat man das Wesentlichste aller Gesellschaftslehre angepackt. Aber alsbald betrat man schon in den Anfängen des Nachdenkens über das soziale Leben einen brüchigen Boden, als man die Frage dahin auslegte, daß zu entscheiden sei, wem von beiden, dem Menschen von Fleisch und Blut (dem „Individuum")
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o d e r dem Kollektiv der logische, sittliche oder womöglich der zeitliche Vorrang, das bestimmende und entscheidende Prius zuzubilligen sei. Aristoteles hat mit der anscheinend so selbstverständlichen Formel: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile" und der Anwendung dieses tiefsinnig anmutenden Satzes die Vorstellungen von Jahrhunderten in eine falsche Richtung gelenkt. Die Gegner dieser These kehrten ihrerseits den Satz ins Gegenteil um. Es ergab sich eine unheilvolle Dogmatik, deren Verfechtung vielfach zu einem erbitterten, an Verunglimpfungen reichen Kampf der Gesinnungen aufgebauscht wurde. Noch Othmar Spann goß die ganze Schale seiner Verachtung auf die, wie ihm schien, im Materialismus und Egoismus versumpfenden Individualisten aus. Die alte Formel, die dann manchmal in dem Satze, daß das Ganze etwas anderes sei als die Summe der Teile, abgeschwächt wurde, und die Anti-These, daß das Ganze lediglich durch die Natur seiner Einheiten bestimmt werde, die u. a. Spencer vertrat, beruhen beide auf Denkfehlern, nämlich auf Absolut-Setzungen von Teilwahrheiten, die Ergänzung verlangen. Zunächst wäre hinsichtlich der Behauptung einer zeitlichen Priorität zu sagen, daß Ganzheiten und Teile nur gleichzeitig sein können. Meint man einen denknotwendigen logischen Vorrang, so sind zwei verschiedene Arten von Abhängigkeit festzustellen: das Ganze beherrscht die Teile, gibt ihnen Funktionen und verändert durch Zusammenfügung und Differenzierung manches an ihren Eigentümlichkeiten, die sie in der Isoliertheit hätten. Ob damit eine W e r t e r h ö h u n g der Elemente erfolgt, ist keineswegs entschieden; die Steigerung der Leistungsfähigkeit wird häufiger sein, ist aber durchaus nicht stets gesichert. Ob die Verbindung von Elementen zu Ganzheiten einen Fortschritt in irgendeinem Sinne bedeutet, hängt von der Qualität des Ganzen, aber nicht minder von der Beschaffenheit der Elemente ab. Das ist die andere Art der Abhängigkeit.
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Für das soziale Leben der Menschen ist aber ferner die These des Aristoteles schon deshalb unangemessen, weil Mensch und Gesellschaft überhaupt nicht im Verhältnisse von Teil uAd Ganzem stehen; die Elemente der Scheinsubstanz Gesellschaft sind die sozialen Prozesse, also Vorgänge, nicht konkrete Menschen. Hier besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen biologischer und soziologischer Schauweise. Ein Arm ist ein Glied des Leibes; ein Mensch gehört aber nie völlig als Glied einer sozialen Körperschaft an, sondern nur in bestimmten Funktionen. Es ist ein arger Fehler des herkömmlichen, v o r soziologischen Denkens, daß es diese Antithese zu einem Dogma, in dem sich „weltanschauliche" Gesinnungen verbergen sollen, gemacht hat. Richtig aber ist, daß es für die theoretische Forschung zwei verschiedene Wege gibt, auf denen man dem Problem „Gesellschaft und Person" nahekommen kann. Auf dem einen nimmt man die Gebilde, also die Kollektiva, auf dem anderen die Vorgänge zwischen Personen in kleinen Gruppen als Ausgangspunkte und schreitet von ihnen zu den Körperschaften vor, in denen dabei aber keineswegs ihre starken Einwirkungen auf die in ihnen vorgehenden Prozesse und damit auf die Beschaffenheit der stets veränderlichen Personen verkannt werden.' Wieder ergibt sich, daß die Wahl des Wegs eine Zweckmäßigkeitsfrage ist, allerdings auch von der Subjektivität des Forschers abhängt. Bei jeder der beiden Schauweisen ist man aber im Verlaufe weiterer Studien gezwungen, die Argumentation des vermeintlichen Gegners in die eigenen Gedankengänge aufzunehmen." Abgelehnt werden muß auch die besondere Hervorhebung einer modernen Richtung, die sich unter Benutzung eines unglücklichen, von Wilhelm D i l t h e y geprägten Ausdruckes als „Gegenwartswissenschaft" bezeichnet. Sie stellt sich als die Fortsetzung der sogenannten „Wirklichkeitswissenschaft" dar. 1 ) Beide Betitelungen gehen auf 1) D a s s e l b e g i l t f ü r d e n T e r m i n u s
„Realsoziologie".
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III. Die Hauptrichtungen der Soziologie
eine captatio bonevolentiae der Leser aus; sie bedienen sich zugkräftiger Schlagwörter, was den Mißstand zur Folge hat, daß andere Richtungen, die dieses Aushängeschild nicht benutzen, als lebensfremd und praktisch unbrauchbar erscheinen müssen. Uberschaut man das Gesamtfeld der h e u t i g e n Soziologie1), springt am meisten in die Augen die Zweiteilung in a) theoretische Soziologie und b) Soziographie (Social Research). Es ist ein Mangel des gegenwärtigen Sprachgebrauchs, daß die Termini Systematik, Soziographie, Schauweise (Optik), Methode (Technik) häufig nicht genügend getrennt werden. Im ersten Kapitel wurde ausgesprochen, daß man Soziologie und Soziographie (Social Research) nicht als zwei voneinander getrennte Disziplinen ansehen dürfe, weil sie zu sehr voneinander abhängig sind und beide der Beantwortung derselben zwei Grundfragen dienen. Aber wie man Ethnologie und Ethnographie innerhalb einer und derselben Wissenschaft als Unterdisziplinen sondert, so muß man systematische (theoretische) Soziologie und Soziographie im Kreise der Gesellschaftslehre unterscheiden. Die Soziographie beschreibt Tatsachen, die sie vorher beobachtet hat. Beobachtung und Deskription sind ihre Erkenntnismittel. 2 ) Bestand vor hundert Jahren eine Gefahr für die deutsche Soziologie im Überwiegen der Spekulation und der Ideologie, so bedroht heute — besonders in Amerika und Skandinavien — eine Überhandnähme der bloßen Beschreibung und der kritikarmen Wiedergabe von mündlichen oder schriftlichen Erkundigungen die theoretisch strenge Verarbeitung und Vereinheitlichung des wissenschaftlichen Gehalts der Forschung. Zu einem großen Teile wird damit die Soziologie zur Statistik. 1) Vorher haben wir i n n e r h a l b der a l l g e m e i n e n Soziologie Zweiteilungen vorgenommen; nunmehr handelt es sidi d a r u m , der- theoretischen Soziologie insgesamt die bloße Beschreibung gegenüberzustellen. 2) Vgl. G e r h a r d W e i s s e r , Soziographie und theoretische Sozialforsdiung (eine Thesenfolge), in „Kölner Zeitschrift f u r Soziologie", Bd. V, S. 412 ff.
III. Die Hauptrichtungen der Soziologie
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Beide Arbeitsweisen, der logisch strenge Aufbau von Systemen und die Beobachtung und Tatsachensichtung, müssen eng Hand in Hand gehen. Das Bestreben nach Registrierung und Bewältigung der sonst unübersehbaren Fülle von Facta durch „Research", das Studium der Einzelfälle (Case Work), die Befragungen sind unerläßlich. „Nur", schreibe ich im Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, „darf über der massenhaften Kleinarbeit das Wirken der Wenigen am Ausbau der Theorie nicht vergessen werden. Wissenschaft ist nicht bloß Handwerk. Die von der sogenannten Gegenwarts- und Wirklichkeitswissenschaft geforderte Bedachtnahme auf praktische Anwendung ist anzuerkennen. Doch darf sich diese Schauweise nicht allzu sehr an den gegenwärtigen Alltag binden, damit sie nicht von den Tendenzen und Irrtümern des Augenblicks abhängig wird. Man muß den Alltag schauen und über ihn hinausschauen können." Die Zweiteilung: Systematik und Beschreibung darf nicht verwechselt werden mit dem oben aufgewiesenen Unterschied von allgemeiner Soziologie, die Gegenstand dieses Büchleins ist, und den vielen Spezialsoziologien, auf die wir hier nicht eingehen können, weil ihre Behandlung der Befassung mit der Eigenart ihrer besonderen Objekte (Betreffe) wie Wirtschaft, Recht, Religion, Sprache, Kunst usw. bedarf. Auch jede dieser speziellen Soziologien hat ihre theoretischen und ihre deskriptiven Elemente. Sie ist niemals bloße Soziographie. Schwierigkeiten der Einordnung bietet nur die heute in Deutschland, Amerika und Frankreich besonders verbreitete B e t r i e b s s o z i o l o g i e , die ein Unterzweig der Wirtschaftssoziologie ist, wie die Betriebswirtschaftslehre zur Ökonomik gehört. Statt Betriebssoziologie wird auch Arbeitswissenschaft oder (in Amerika) „Industrial Sociology" gesagt. Diese industrielle Soziologie wird vielfach als ein ganz neuer, von Amerika nach Europa dringender Forschungszweig angesehen. Sie ist aber in Deutschland alten Datums, wenn sie uns auch einige neue Termini, die meist wenig klar umgrenzt sind, beschert hat (wie „public
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III. Die Hauptrichtungen der Soziologie
relations" oder auch in gradezu irreführender denkbar größter Einengung des Ausdrucks „human (!) relations" genannt), ferner den „Manager". Es ist anzuerkennen, daß einige Verfahrensweisen, die auf Gruppentätigkeit (team work) beruhen, erst durch die Arbeit der modernen kostspieligen Institute möglich geworden sind. Vor fünfzig Jahren waren bei uns die Forscher auf ihre eigene, meist isolierte Beobachtungsarbeit angewiesen und konnten sich noch nicht der Maschinerie von mechanischen Apparaten (Hollerithmaschinen usw.) bedienen. In der dadurch möglichen Bewältigung von großen Mengenergebnissen in Werkstätten liegt ein Fortschritt. Aber die frühere selbständige, nicht mechanisierte Einzelarbeit stellte größere Anforderungen an die Urteilsfähigkeit und die geistige Bildung des Forschers und zeitigte infolgedessen wissenschaftlich wertvollere Ergebnisse. Diese ältere Forschung in Deutschland vollzog sich jedoch nicht unter der Bezeichnung Soziologie, sondern als S o z i a l p o l i t i k , die ihrerseits eine lange, ins 18. Jahrhundert zurückreichende Vorgeschichte hat. Vieles von dieser regen Arbeit wird heute von denen, die die Entwicklung des deutschen Vereins f ü r Sozialpolitik und verwandter Einrichtungen (wie z. B. der Gesellschaft für soziale Reform) nicht kennen, ignoriert. Man redet ungerechtfertigterweise von Neuentdeckungen. Die heutige „Industrial Sociology ist aber nichts anderes als die deutsche theoretische Arbeit an der Sozialpolitik aus den Jahren 1871 bis 1914. Von dieser Sonderung der beiden Unterdisziplinen der Soziologie (Theorie und Beschreibung) ist die Problematik der Methoden und Techniken zu sondern. Von der soziologischen Optik, bei der es sich um die Frage handelt, auf welche Erscheinungsseiten des zwischenmenschlichen Lebens, das stets verwickelt zusammengesetzt und nie von einem Blickpunkte aus in seiner Ganzheit erfaßt werden kann, hebt sich die Frage, w i e man verfahren soll, ob man zählt, mißt, experimentiert, Menschen ausforscht, deutlich ab. Diese Frage nach der zweckmäßigerweise anzuwendenden
III. Die Hauptrichtungen der Soziologie
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M e t h o d e wird oft mit den Schauweisen verwechselt, und dem Terminus Methode wird eine unangemessene Ausweitung gegeben. Die Methode betrifft die anzuwendenden D e n k t e c h n i k e n und die mechanischen Verfahren. Uber sie, besonders über Soziometrik und Meinungserforschung wäre sehr viel zu sagen; aber ich muß mich hier mit dem Hinweise auf das anschwellende Schrifttum begnügen. Wieder muß ausgesprochen werden, daß dieses geistige Hilfshandwerk heute nicht zu entbehren ist; nur sollte man es nicht für das Wesentliche in der Wissenschaft halten. Auch in Deutschland, das eine ganz andere Tradition besitzt, neigt man heute manchen Orts dazu, amerikanischer als die Amerikaner zu sein und Handwerk und Wissenschaft zu verwechseln. Dem muß widersprochen werden, ehe es zu spät ist. Immer bleibt der schöpferische Gedanke das, woraus es ankommt. 1 ) Erläuterungen und Zusammenfassungen z u m K a p i t e l III: I. Z u r W i s s e n s s o z i o l o g i e Sehr wenig ist im Vorausgehenden von der „Wissenssoziologie" gesagt worden, die man deutlicher als die Lehre von den Ideologien und Utopien oder von der sogen. Seinsverbundenheit der Erkenntnis bezeichnen sollte. Sie sucht einen großen Teil des Inhalts der Urteile und Vorstellungen der Menschen, besonders der Gruppen und Körperschaften auf den Stand und die Entwicklung der sozialen Organisation zurückzuführen. Ausgangspunkt war Karl Marx' Theorie, wonach der geistige Uberbau der Sozialwirtschaft nicht selbständig, sondern auf die Produktionsverhältnisse und Produktionskräfte zurückzuführen wäre. Diese Einseitigkeit des ökonomischen Materialismus wurde von Karl M a n n h e i m , Max S c h e l e r und anderen daN ä h e r e s h i e r ü b e r soll d e r i m Z e i t p u n k t e d e r N i e d e r s d i r i f t des O b i g e n n o d i nicht v e r ö f f e n t l i c h t e A r t i k e l i m H a n d w ö r t e r b u c h d e r S o z i a l w i s s e n s d i a f t e n : „Soziologie; Methoden und Techniken" enthalten.
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III. Die Hauptrichtungen der Soziologie
hin erweitert, daß die gesamte Sozialorganisation, nicht bloß die Wirtschaft eine Basis (einige sagen: d i e Basis) des Komplexes der Urteile (und besonders der Vorurteile) sei. Übertreibungen dieser Lehre sind heute in der Ideologienlehre Max H o r k h e i m e r s und Theodor W. A d o r n o s , aber auch in der amerikanischen Literatur überwunden. Die Beurteilung dieser Theorien hängt von dem Maße des Geltungsanspruchs der „Seinsverbundenheit" ab. Will man nur den sozialen Zwang als e i n gestaltendes Element des Inhalts der Erkenntnis ansehen, das mit der Eigenentwicklung des Geisteslebens ringt, so wird man in dieser Wissenssoziologie ein sehr wesentliches Grenzgebiet von Philosophie, Geschichte und Soziologie erblicken müssen. Jeder Absolutheitsanspruch dieser Entwicklungslehre ist jedoch als Irrlehre abzuweisen. 1 ) II. M a x A d l e r s T r a n s z e n d e n t a l - S o z i o l o g i e Eine andere Fortführung des Ökonomismus von Karl Marx zeigte sich in den dreißiger Jahren in Max A d l e r s Erkenntnistheorie, die Kant und Marx zu verbinden suchte. Heute wird diese Überspitzung des Idealismus, soweit ich sehen kann, wohl kaum noch vertreten; aber die deutsche Neigung, das Soziale zu verinnerlichen, ist keineswegs überwunden. Deshalb noch (wie in der 4. Auflage) ein Hinweis auf Max Adlers Theorie: Bei ihm ist das Soziale eine Kategorie des Bewußtseins. Unser Denken sei schon Gesellschaft. „Das Problem der Gesellschaft liegt nicht etwa erst im historischen ökonomischen Prozeß der Vergesellschaftung, sondern schon in dem seine Begriffe vergesellschaftenden Denkprozeß des Individuums." 2 ) Schon nach Kants theoretischer Erkenntnislehre müsse man dem individuellen Bewußtsein transzendental - sozialen Charakter 1 ) Eine redit gute erste U n t e r r i d i t u n g über „Sociology of (Wissenssoziologie) bietet unter diesem Titel Robert K. M e r t o n werke von Gurvitdi — Moore: „La Sociologie en X X e Siècle", audi in englisdier Sprache („Twentieth Century Sociology", N e w
Knowledge" im SammelParis 1947; York 1945).
2) Jahrbudi f. Soziologie, Band I, S. 25/26 und Verhandlungen des vierten deutschen Soziologentages, sowie vor allem in Adlers Budi: „Das Rätsel der Gesellrdiaft" Wien 1936.
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zusprechen. D a m i t werden die Probleme der Vergesellschaftung dieser Richtung zu erkenntniskritischen Aufgaben. Es handelt sich dabei nicht u m Psychologismus (wie bei manchen Engländern und Amerikanern), sondern speziell u m Analyse des Inhalts und der F o r m e n des Denkens. Ich muß gegen diesen sich als „transzendental" bezeichnenden S t a n d p u n k t einwenden: D a das Denken teilweise Zusammenhänge zwischen (der Anschauung nach) isolierten Dingen herstellt, f ü h r t auch das Denken über Menschen sicherlich auch v o m Individuellen z u m Uberindividuellen. Aber zum andern Teil trennt auch das Denken anschaulich Verbundenes; es schafft also auch erst die Vorstellung v o m Besonderen. Der Denkprozeß vergesellschaftet und isoliert. Ein Primat des einen vor dem anderen Vorgange ist nicht anzuerkennen. Aber in der Soziologie handelt es sich gar nicht u m Analysen von Bewußtseinsvorgängen; wir können nicht das Soziale v o n den Denkgesetzen her erfassen. Es ist nicht eine K a t e g o r i e des B e w u ß t s e i n s , sond e r n d e s L e b e n s . Es k o m m t darauf an, dieses L e b e n richtig (meinetwegen erkenntniskritisch naiv) zu beobachten und das Beobachtete zu ordnen. Lernt m a n aus dieser unvoreingenommenen Beobachtung der Wirklichkeit, so verschwindet auch der durch Erkenntniskritik künstlich auf die Spitze getriebene Gegensatz von Individuellem und Sozialem. Das E l e m e n t des Sozialen ist nicht ein Bewußtseinsvorgang, sondern der soziale Prozeß, ein objektives Geschehen. E r ist freilich meist auch ein physiologisch-psychologischer Vorgang, bei dem aber weniger die Denkvorgänge als die Begehrungen maßgebend sind. Dabei verhehlen wir uns nicht, daß eben dieses objektive Leben u m uns mit den Kräften und Unkräften unseres Verstandes, subjektiv umgestaltet, aufgenommen wird. Aber die dadurch erforderliche kritische H a l t u n g zu unserem eigenen Erkenntnisvermögen gilt f ü r alle A r t Wissenschaft. Eine Besonderheit bietet hierin die Soziologie nicht. 4 von Wiese, Soziologie
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III. B e i s p i e l e a n d e r e r E i n t e i l u n g e n d e r m o d e r nen G e s c h i c h t e der Soziologie In der vierten Auflage habe- ich auf Seite 44 ff. einige ältere Einteilungen der Soziologie aufgeführt, so die von Karl P r i b r a m , Filippo C a r 1 i und S o r o k i n. Ich muß mich damit begnügen, darauf hinzuweisen. Hier seien neu genannt die Versuche von Raymond A r o n , der auch auf G e i g e r s ältere Vorschläge hinweist. Raymond A r o n teilt in seiner Schrift „Deutsche Soziologie der Gegenwart" 1 ) diese in a) systematische, b) historische, c) die Synthese von beiden Schulen durch Max Weber ein. (Die Verselbständigung Max Webers ist anfechtbar.) G e i g e r hatte im Handwörterbuch der Soziologie gesondert: 1. Soziosophie (spekulative Gesellschaftslehre), 2. materiale Geschichtsphilosophie oder Evolutionslehre der Gesellschaft, 3. Soziologismus (wieder untergeteilt in Sozial-Enzyklopädik und erkenntnistheoretische Soziologie), 4. einzelwissenschaftliche, empirische Soziologie. IV. Z u r P o l i t i k a l s W i s s e n s c h a f t Schon vor fast hundert Jahren gab es in Deutschland eine blühende Wissenschaft von der Politik. Es ist befremdend, in welchem Grade heute, wo man die Politik wieder als Forschungsgebiet und Lehrfach zu pflegen beginnt, diese Tradition und das Gedächtnis an Denker wie Robert v. M o h l wenig beachtet wird. Auch hier wie bei der Betriebssoziologie scheint vielfach die Vorstellung zu bestehen, daß man dabei ein scientifisches Gebiet neu entdeckt, statt die wertvollen Anfänge fortzuführen. Auch scheint hier und da der enge Zusammenhang und die Ableitung der Politik als Unterdisziplin von der Soziologie verkannt zu werden. Sie gehört aber durchaus in das Gebiet der speziellen Soziologien; sie kann gar nichts anderes sein als spezielle Soziologie, nämlich Lehre vom A r o n , R a y m o n d „Die Deutsche Soziologie der G e g e n w a r t " 1953. K r ö n e r , ( ü b e r s e t z t nach d e r ä l t e r e n f r a n z ö s i s c h e n A u s g a b e ) .
(Stuttgart
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Zusammenleben der Menschen auf dem Gebiete der Machtverteilung und Machtordnung. V. U b e r d a s V e r h ä l t n i s d e r S o z i o l o g i e z u r Anthropologie Daß wir die Soziologie als Wissenschaft vom Mit- und Gegenmenschen in den größeren Kreis der Anthropologie einfügen, wurde bereits im ersten Kapitel hervorgehoben, wobei diese Universalwissenschaft zum mindesten im gleichen Maße als philosophisch - geisteswissenschaftliche (von mir in „ H o m o sum" als zusammenfassende Anthropologie bezeichnet) wie als naturwissenschaftliche Disziplin gemeint ist. Eine andere Einengung der Anthropologie, die hier abgelehnt wird, ist die zur Ethnologie. Besonders S p e n c e r und die französische Durkheimschule sehen in der Bef assung mit den „Naturvölkern" (schriftlosen Völkerschaften) einen geeigneten Weg, dem Problem Mensch und Gesellschaft nahezukommen. D ü r k h e i m und seine Schüler F a u c o n n e t und M a u s s haben wertvolle, für die Soziologie fruchtbare, aber auch gefährliche Studien über die Welt des „Archaischen", wie sie sie nannten, geschaffen 1 ). VI. I h r V e r h ä l t n i s z u r P s y c h o a n a l y s e Im gleichen H e f t e bot mir Roger B a s t i d e s Schrift „Sociologie et Psychoanalyse" (in der gleichen Sammlung) Gelegenheit, das Verhältnis zur Psychoanalyse zu behandeln. Die Auffassung R i m e t s , daß diese vorwiegend die Grundlage der Soziologie bilden müsse, wird von ihm und mir nicht geteilt. Jedoch beschloß ich jene Untersuchung mit den Worten: „Wenn auch ihr (der Soziologie) eigentlicher Gegenstand nicht das Innenleben des Einzelmenschen ist, sondern die durch Beobachtung von außen feststellbaren Ein1) W i e sich diese D u r k h e i m s c h u l e z u m S o z i o l o g i s m u s , z u r Beziehungslehre und z u r E t h i k v e r h ä l t , d a r ü b e r v g l . meinen A u f s a t z „ S o z i o l o g i e und A n t h r o p o l o g i e " in H e f t I V , 4 der „ K ö l n e r Z e i t s c h r i f t f ü r S o z i o l o g i e " . D i e s e S t u d i e k n ü p f t an M a r c e l M a u s s ' „ S o c i o l o g i e et A n t h r o p o l o g i e " ( P a r i s 1950, B i b l i o thèque de S o c i o l o g i e C o n t e m p o r a i n e ) an. 4*
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Wirkungen von Mensch auf Mensch und von Gruppe auf Gruppe, so ist doch diese ihre Aufgabe gar nicht lösbar, ohne daß das eine der beiden Elemente der sozialen Prozesse, die Haltung, ausgiebig studiert wird. Aber die Haltung erklärt sich wieder zur einen Hälfte aus den Motiven des beteiligten Menschen. Die Motive aber gehören teilweise der Ratio, teilweise der Sphäre der Gefühle und Triebe an, wobei wieder Eros und Sexus weite Felder der Seele, jedoch keineswegs allein, beherrschen. Daß dieser eine Bereich der Seele, die Geschlechtlichkeit, von der Psychoanalyse in einigen seiner Erscheinungsweisen so stark beleuchtet worden ist, macht trotz allen Übertreibungen und Abirrungen ihre Bedeutung für die Soziologie aus." VII. V e r h ä l t n i s d e r S o z i o l o g i e z u d e n K u l t u r wissenschaften Im ersten Kapitel suchte ich ihr Verhältnis zu den oft recht unklar umgrenzten Kulturwissenschaften dadurch zu veranschaulichen, daß ich sagte, die Soziologie (wie alle Sozialwissenschaften) befasse sich mit den Produzenten, die Kulturwissenschaften mit den Produkten des gesellschaftlichen Lebens. Es gibt jedoch eine Ausdehnung der Kategorie Kulturwissenschaften, bei der die gesamte Soziologie dem Universalbereiche Kulturwissenschaften eingeordnet ist. So faßt auch Florian Z n a n i e c k i in seinem Buche: „Cultural Sciences" diese als den j< ne umschließenden Kreis auf. Dazu schrieb ich in H e f t IV, 4 (S. 531) der „Kölner Zeitschrift für Soziologie": Die Schwierigkeit einer Verständigung über diese Zurechnung scheint mir in der Vieldeutigkeit des Wortes Kultur zu liegen. Ich habe mich jedenfalls schon S o m b a r t gegenüber gegen eine Gleichsetzung der Begriffe „sozial" und „kulturell" gewendet. Eine „Gesellschaft" ist kein „Kultursystem". Doch mit einer radikalen Ausmerzung von W o r t und Begriff „Kultur" würde nur Schaden angerichtet werden. Ich wende mich hier nur gegen die Einordnung der ge-
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s a m t e n Soziologie in einer U n i v e r s a l k a t e g o r i e Kulturwissenschaft. Jedoch zweierlei bleibt dabei unangefochten: Daß man N a t u r - und Kulturwissenschaften unterscheidet, ist unvermeidlich. Man sollte es aber nur in demSinne tun, daß man unter jenen die Disziplinen versteht, die das v o n N a t u r Vorhandene untersuchen, und unter Kulturwissenschaften Wissenszweige, die das v o n M e n s c h e n zur Verbesserung und Veredelung G e s c h a f f e n e , d i e menschlichen Errungenschaften, z u m Gegenstande haben. D a m i t ist aber ausgesprochen, daß eine Wissenschaft, die wie die Soziologie sich mit dem Zusammenleben und Zusammenwirken der Menschen (also n i c h t mit den Produkten [Errungenschaften], sondern mit den Produzenten selbst) beschäftigt, nicht zu den Kulturwissenschaften gehört. Sie hat ein selbständiges Feld. Wie sie unter anderem Aspekt zwischen Geistes- und Naturwissenschaften steht, so auch zwischen Kulturwissenschaften und Naturwissenschaften. (Es trägt das auch zu ihrer Bereicherung bei, da sie v o n den Nachbarfeldern Forschungsergebnisse nutzen kann.) Aber das Vorhandensein von Kulturwissenschaften wird damit nicht angefochten. — Das zweite ist, daß es i n n e r h a l b der Soziologie auch eine Kultursoziologie als Lehre v o n den Gesellungsvorgängen beim kulturellen Schaffen gibt. Daß sich Denker wie Alfred Weber, Sorokin, T o y n b e e u. a. mit den geschichtlichen Ordnungen der Kultursysteme befassen, ist von größter Bedeutung. N u r scheint mir das Verhältnis v o n Kulturwissenschaft und Soziologie grade umgekehrt zu der Anordnung zu bestehen, die Zn. aufstellt: Nicht die Soziologie (als Grunddisziplin aller Sozialwissenschaft) ist ein Bestandteil der Kulturwissenschaften, sondern die oben formulierte Be* fassung mit der Kultur ist eine Sonderbetrachtungsweise innerhalb der Soziologie. Ordnet m a n die Soziologie insgesamt bei den Kulturwissenschaften ein, so bleibt kein R a u m f ü r eine Schauweise, die die Kategorie K u l t u r n i c h t zum Ausgangsund Mittelpunkt hat, also f ü r die Beziehungssoziologie.
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VIII. T h e s e n a r t i g e Z u s a m m e n f a s s u n g d e s K a p i t e l s III I. T e i l 1. Innerhalb der modernen allgemeinen Soziologie lassen sich die beiden Richtungen der Kultur- und der Beziehungssoziologie unterscheiden, die sich jedoch mannigfach ergänzen. 2. Verwandt mit dieser Zweiteilung ist die Gegenüberstellung von historischer und systematischer Soziologie und drittens von Struktur- und Prozeß-Soziologie derart, daß Kultur-, historische und Struktursoziologie die gleiche Schauweise aufweisen und Beziehungs-, systematische und Prozeßsoziologie identisch sind. 3. Die Beziehungssoziologie (eben als Prozeßsoziologie) löst die scheinbar festen Strukturen und ihre Schichtungen in Vorgänge auf. Operiert die Kultursoziologie mit der Analogie zu Stoffen, so jene mit den Vorstellungen von Kräften, Geschehnissen und Tätigkeiten. Auch sie macht soziale Gebilde wie Staaten, Kirchen, Unternehmungen usw. zu Gegenständen ihrer Studien; bei ihrer Analyse werden diese aber aus der besonderen Art der in ihnen vor sich gehenden Prozesse erklärt. 4. Der frühere Gegensatz von individualistischer und kollektivistischer Denkweise betrifft zwar das Hauptproblem aller Soziologie, das Verhältnis des Einzelmenschen zu den gesellschaftlichen Kollektivkräften, beruhte aber auf einer Absolutsetzung eines nur relativen Gegensatzes. Der einzelne konkrete Mensch steht dem Kollektiv nicht im Verhältnisse eines Teils zum Ganzen gegenüber. Das Element der „Gesellschaft" ist der soziale Prozeß. 5. Gegenwärtig steht im Vordergrunde der Gegensatz und Zusammenhang von Systematik (Theorie) und Soziographie (Social Research), deren Gegenstand die auf Beobachtung beruhende Beschreibung von Tatsachen (Data) bildet.
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6. N u r die Theorie kann die Fragen beantworten, was und warum etwas beobachtet werden soll, und in welchem Zusammenhange das Beobachtete einzuordnen ist. 7. Zur Soziographie gehören auch die Arbeiten außerhalb der Studierstube (das sogen. „Field W o r k " ) . 8. Hauptzweige des „Research" sind gegenwärtig in Deutschland: Beobachtungen über Umschichtung der gesellschaftlichen Klassen, Flüchtlings- und Vertriebenen-Fragen, Lage der Jugend, das Parteiwesen u. a. In Amerika (aber auch in Europa) kann man folgende Zusammenstellung vornehmen: 1. Ökologie (Verbindungen von Sozialordnung mit dem physischen Räume), und zwar: a) Soziographie des Landlebens (Rural Sociology), b) Stadtsoziographie (Urban Sociology) [Großstadt (City), aber nicht minder Mittel- und Kleinstadt], 2. Rassenstudien (z. B. bei Negern und Indianern), 3. Sexual-, Ehe- und Familienstudien, 4. Bevölkerungserscheinungen (z. B. Lage der Einwanderer), 5. Betriebssoziographie (u. a. das Managertum). 9 Soziographie reicht in Deutschland ins 18. Jahrhundert zurück („Staatsmerkwürdigkeiten") und wurde seit 1870 besonders vom Verein für Sozialpolitik gepflegt. II. T e i l : M e t h o d e n u n d T e c h n i k e n Im Terminus „Soziologische Methoden" wird häufig zweierlei unklar verknüpft, was voneinander geschieden werden sollte: Soziologische Schauweise (Optik) und Methoden (im engeren Sinne). 2. In der Systematik, bei der die Schauweise zur Geltung kommt, wird die Idee der Aufgabe, ihr Ziel, ihr Kausalzusammenhang, werden die tragenden Begriffe und der Gang der Beweisführung festgestellt; bei der Methodik handelt es sich jedoch um die Fragen des Vorgehens, mit der'die gestellte Aufgabe zu bewältigen ist: es wird isoliert, beobachtet, gezählt, gemessen, experimentiert. 1
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3. Die Gesamtheit der Methoden ist ihre Technik, in der die Summe der angewendeten Hilfsmittel zur Erreidiung der Klärung und Ordnung der verfolgten Idee zusammengefaßt wird. 4. Hauptsächliche Methoden der Soziographie sind: a) Statistik, b) Beobachtung von Einzelfällen (Case Work), c) Typologie, d) Befragung, e) Soziometrik, f) Experiment. 5. Zu c: Zu unterscheiden sind Idealtypen (besser ausgedrückt: konstruierte Typen) und Realtypen. Die Bildung von Real typen ist eines der Ziele der Soziographie; doch sind die konstruierten Typen auch f ü r sie unentbehrlich, da erst aus dem Vergleiche mit ihnen die Bedeutung der Realtypen beurteilt werden kann. 6. Z u d : Die Meinungserforschung ist ein wichtiges Unterrichtungsmittel. Das gilt besonders von der Aussprache (Interview). Doch erfordert die Erhebungs- und Auswertungstechnik große Vorsicht (zumal bei den Schlußfolgerungen). 7. Zu e: Soziometrik im allgemeinen Sinne umfaßt die Versuche, soziale Tatsachen zu messen. Die Schwierigkeit liegt in der Auffindung einer möglichst unveränderlichen Maßeinheit. Im speziellen sind unter Soziometrik die Versuche zu verstehen, nach Morenos Vorschlag Gruppenbildungen mit Hilfe des sog. Spontaneitätstestes vorzunehmen. 8. Zu f: Experimente, die auf planmäßiger Isolierung von zu beobachtenden Gegenständen beruhen, sind auch im Bereiche des sozialen Lebens möglich. Ihre Schwierigkeit liegt (ähnlich wie bei den Punkten d und e) in der richtigen Rückführung der beobachteten Erscheinungen auf die wahren Ursachen.
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9. Die Terminologie der Soziologie, besonders der Soziographie, wird gegenwärtig beständig vermehrt und oft willkürlich verändert. Ausdrücke wie Symbol, Modell, Panel u. a. bedürfen einer beschränkenden Interpretation. K a p i t e l IV Comte und Spencer Wenn wir uns in den nunmehr folgenden Kapiteln der Literaturgeschichte der Gesellschaftslehre zuwenden, müssen wir uns darauf beschränken, einige charakteristische Leistungen hervorzuheben und auch an ihnen nur das aufzuweisen, was uns daran vorwiegend soziologisch erscheint. Wir wollen dabei der üblichen, wenn auch angefochtenen Tradition folgen, von C o m t e auszugehen. Es geschieht tendenzlos; auch wenn man im Bereich der französischen Wissenschaft bleibt, kann nicht nur der Hinweis auf die großen Autoren des 17. und 18. Jahrhunderts zu Zweifeln an dieser Vaterschaft führen; vor allem scheint dabei vergessen zu sein, daß Comte im stärksten Grade vom jüngeren Grafen S a i n t - S i m o n beeinflußt war. Auguste C o m t e (1798—1857) muß uns heute vorwiegend als Philosoph, nicht als Soziologe gelten. Auch ersdhien es ihm in dieser zweiten Eigenschaft als die Hauptaufgabe, E n t w i c k l u n g s g e s e t z e der Gesellschaft zu enthüllen. Dabei kam es ihm allerdings ebenso sehr auf den Zusammenhang der sozialen Gebilde im Nebeneinander und auf die gegenseitige Abhängigkeit an, wonach sich Veränderungen in einem Bereiche allen anderen mitzuteilen pflegen. Doch scheute er vor einer Vertiefung in die Zustände der Gegenwart zurück; er neigte zum Historismus. In die Systematik hoffte er Klarheit durch den (seitdem) bis heute nachwirkenden Gegensatz von Statik und Dynamik zu bringen. Aber jene war nur Gegenstand eines einzigen Kapitels seines „Cours de Philosophie positive"; der Nachdruck lag bei diesem Entwicklungstheoretiker auf dem, was er (falsch) Dynamik nannte, bei der Lehre vom Fortschritt, also von der Bewegung auf einen höheren Stand
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der Entwicklung hin. Die sechs Bände dieses Cours de Philosophie, der 1830 bis 1842 entstanden ist, enthält vor allem eine Wissenschaftslehre mit der Idee einer Rangordnung der einzelnen Wissenschaften, die sich untereinander nach dem Grade ihrer Allgemeinheit unterscheiden. Der G r a d der Exaktheit nehme v o n der allgemeinsten zur speziellsten allmählich und gleichmäßig ab; zugleich wachse die Verwickeltheit ihrer Objekte. Die Gesamtheit aller eigentlichen Wissenschaften ergebe eine philosophie naturelle. Inhaltlich seien die Gegenstände der einzelnen Wissenschaften als besondere Fälle e i n e s N a t u r gesetzes (bei ihm noch: der Gravitation) anzusehen. Die Folge der so miteinander verbundenen Wissenschaften ist Mathematik — Astronomie — Physik — Chemie — Biologie — physique sociale oder Soziologie. D a m i t ist eine besonders enge Verbindung zwischen Soziologie und Biologie hergestellt, während die Psychologie als Bindeglied zwischen beiden fehlt (anders bei Spencer). Was uns hieran interessiert, ist nicht nur die Einreihung der Soziologie an einer bestimmten Stelle der Wissenschaftskette und die sich daraus ergebende Charakterisierung ihres Wesens, sondern auch die sozial- und geschichtsphilosophische Erklärung dieser Entwicklungsreihe der Wissenschaften: Sei doch jede Wissenschaft, wie die Wissenschaft überhaupt, aus der gesellschaftlichen Organisation des Zeitalters zu verstehen. Die Geschichtsphilosophie Comtes enthält hauptsächlich das noch heute viel erörterte, wenn auch zumeist abgelehnte Dreistadiengesetz der geistigen Entwicklung, das T u r g o t angedeutet und S t - S i m o n behauptet hatte. Die erste Periode sei die theologische, und zwar nacheinander die des Fetischismus, Polytheismus, Monotheismus, die zweite die metaphysische, die dritte die positive. Alles Wissen lege den Weg v o n der Phantasie zur Vernunft zurück. Das erste Zeitalter kennzeichne sich sozial durch das Übergewicht der Priester und Krieger, das zweite durch das der Philosophen und Rechtsgelehrten, das dritte,
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positivistische, durch das der Wirtschaftsführer und Gelehrten. Entscheidend sei für die Struktur jedes Zeitalters und f ü r den Wandel der Zeiten die auf der Entfaltung der Verstandeskräfte ruhende Weltanschauung. Geistige und soziale Entwicklung seien ein und dasselbe; die Geschichte der Gesellschaft sei die Geschichte des Denkens. Der Biologie entnimmt Comte den Organismus-Begriff; die Gesellschaft sei ein Kollektiv-Organismus, dessen Bau und Leben in Analogie zum individuellen Organismus zu verstehen sei. Der einzelne Mensch sei nur eine Abstraktion; das wahrhaft Wirkliche sei die Menschheit. Denke man sich den Zusammenhang der nebeneinander bestehenden Wissenschaften in eine Entwicklungskurve gewandelt, so ergebe sich auf diesem Wege von der Physik über die Biologie zur Soziologie, die den ganzen Bau kröne, der Fortschritt vom Einfacheren zum immer Verwickelteren. Damit vermindere sich aber auch der Grad der Exaktheit. Der Grad, in dem die Gegenstände der einzelnen Wissenschaften miteinander verknüpft seien, erscheine immer komplizierter, und innerhalb jedes Wissenschaftsfeldes sei die Verbundenheit der zu untersuchenden Phänomene um so undurchsichtiger, je höher man in der Darstellung der Objekte voranschreite. In diesem starken Empfinden Comtes für die Sondereigenart der Soziologie besteht eine dauernde Nachwirkung bis auf den heutigen Tag. Er sieht richtig, daß es sich bei ihr zwar nur um einen dem Grade, nicht dem Wesen nach bestehenden Unterschied zu den anderen Wissenschaften handelt, daß aber dieser Gradunterschied so groß ist, daß er wie ein qualitativer wirkt. Schon die Biologie weise stark gesteigerte Kompliziertheit ihres Stoffes gegenüber den einfacheren Naturwissenschaften auf; aber der Schritt von ihr zur Soziologie sei noch beträchtlicher. (Dabei ist „Einfachheit" nicht im Sinne von Geringheit an Schwierigkeiten für den Forscher, sondern gleich Einlinigkeit der Phänomene zu verstehen.)
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Comte zeigt aber auch, worin die Verwickeltheit der Studienobjekte besteht. Die Erscheinungen des sozialen Lebens lassen sich nicht bloß aus der Menschennatur, aber auch nicht bloß aus geschichtlichen Veränderungen erklären, sondern aus den Einflüssen eines Bereichs auf den anderen. Herbert S p e n c e r nahm die Wissenschaftslehre und den Organizismus Comtes auf; jedoch nicht unkritisch und mit manchen Veränderungen. Vor allem schob er die Psychologie, die f ü r Comte nichts Selbständiges neben Biologie und Soziologie war, als wesentliches Glied in die Wissenschaftsreihe. Ablehnend stand er auch Comtes Intellektualismus gegenüber; f ü r ihn sind die (aus einfachen physischen Empfindungen hervorgehenden) Gefühle die Motoren der persönlichen und sozialen Entwicklung. Bei Comtes Scheidung zwischen sozialer Statik, die die Theorie der natürlichen Ordnung der menschlichen Gesellschaften zu geben habe, und sozialer Dynamik, die eine Theorie des natürlichen F o r t s c h r i t t s der Menschheit enthalte, liegt bei ihm der Schwerpunkt durchaus auf der zweitgenannten. Comte war von glühendem Reformeifer erfüllt (voir pour prevoir); er gab bei allem Positivismus mehr eine profane Glaubenslehre und ein optimistisches Bekenntnis zur Besserung des Menschenloses durch Entwicklung der Vernunft. „Damit war", sagt Oppenheimer, „der jungen Disziplin eine Aufgabe gestellt, p r a k t i s c h e Wissenschaft, d. h. Kunstlehre für den Staatsmann und Gesellschaftsreformer zu werden 1 )." O. billigt ausdrücklich dieses Ziel; es habe „denn auch keiner ihrer besseren Vertreter in der Folgezeit ganz aus den Augen verloren". Ganz richtig: das Ziel, etwas durch seine geistige Arbeit zur Besserung des harten Menschenloses beizutragen, darf kein wahrer Soziologe aus den Augen verlieren. Aber der indirekte Weg, auf unmittelbar zu verwirklichende Reformvorschläge zu verzichten, dafür aber möglichst viel zur Erhellung der Erkenntnis der Wirklichkeit beizutragen, ist der förderlichere. Franz Oppenheimer, System, I. Bd., S. 2.
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Die heutige Soziologie dankt Comte vor allem die Hinlenkung der wissenschaftlichen Teilnahme auf den Zusammenhang des gegruppten Lebens mit der geistigen Entwicklung. Gewiß war das keine neue Entdeckung von ihm; aber diese Betrachtungsweise beherrschte zentral sein ganzes System. Sehr richtig sagt H a n k i n s 1 ) : „Die Werke der großen Begründer der Soziologie von Comte zu Spencer und Ward waren Mischungen von Geschichtsphilosophie, Sozialphilosophie, Pseudo-Wissenschaft und Wissenschaft. Aber im Vergleiche mit ihren Vorläufern findet sich bei ihnen eine Verminderung reiner Ideologie und ein wachsender Sinn für Tatsachen und Beobachtungen... Im ganzen muß gesagt werden, daß Comtes Soziologie größtenteils außerhalb des Feldes positiver Wissenschaft blieb. Es war Sozialphilosophie, in einer Gemütsverfassung geschrieben, die äußerst merkwürdig den Geist des Positivismus und den Geist des Mystizismus verband." H e r b e r t S p e n c e r (1820—1903) galt einer älteren Generation schlechthin als der Soziologe, und es schien gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als ob es kaum eine andere Gesellschaftslehre als eine Spencersche geben könnte. Es mag dahingestellt bleiben, ob man ihn mit Recht als den größten Philosophen des Victorianischen Zeitalters charakterisiert hat. Jedenfalls bleibt die großartige Geschlossenheit seines umfangreichen „Systems der synthetischen Philosophie", zu dem seine Soziologie gehört, eine geistige Tat ersten Ranges 2 ). Das nicht nur in persönlicher Hinsicht: Im Jahre 1860 veröffentlichte der noch ziemlich unbeachtete Londoner Privatgelehrte den Plan zu einem philosophischen Lebenswerk in 33 Abteilungen. N u r wenige zeichneten den Prospekt. Trotz äußerer, besonders gesundheitlicher Hemmnisse führte er beharrlich und zäh diese Arbeit 1 ) Vgl. F. H . H a n k i n s in Barnes' „History a n d Prospects of the Social Sciences", N e w York 1925, S. 292 und 296. 2 ) Vgl. über ihn als Soziologen: L. v. Wiese, Z u r Grundlegung der Gesellsdiaftslehre (Eine kritische Untersuchung von H e r b e r t Spencers System der synthetischen Philosophie). Jena 1906. — Ferner: J . R u m n e y , H e r b e r t Spencer's Sociology, London 1934.
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in 36 Jahren zu Ende. In 11 stattlichen Bänden erhob sich das System, das mit den „first principles" (den philosophisch-erkenntnistheoretischen Grundlagen) beginnt, zur Biologie fortschreitet, von da zur Psychologie; auf ihr baut sich die „Soziologie" auf, die ihrerseits durch eine „Ethik" gekrönt wird. Auch in sachlicher Hinsicht bleibt dieses einst so gepriesene, heute kaum mehr gelesene Werk hervorragend. Oppenheimers Urteil, „Spencer habe die junge Wissenschaft in das Fahrwasser der plattesten Aufklärung zurückgesteuert" 1 ) ist zwar nicht ganz falsch, aber einseitig und allzu scharf. Richtig ist, daß Spencer jede Tiefenforschung vermied, ja verachtete. Wer den Wert von Geisteswerken nach ihrem Gehalte anTiefsinn und Ahnungen unaussprechbarer Wahrheit mißt, muß den Philosophen aus Derby trivial finden. E r bleibt stets an der Oberfläche. Aber welch großartiger Zusammenhang eben dieser Oberfläche tut sich auf, welche Zusammenschau des Kosmischen mit den Lebensvorgängen, mit dem Seelen- und dem Gesellschaftsleben! Vielleicht das Beste, was Spencer uns hinterlassen hat, ist sein anregend geschriebenes „Study of Sociology" 2 ). Es kann heute noch als wertvolle Einführung dienen; nicht in dem Sinne, daß man sich seine sämtlichen Urteile aneignete, sondern in der Absicht einer kritischen Auseinandersetzung mit diesem gänzlich unromantischen nüchternen Denker. Wenn man ihn vielfach (nach der nun einmal unvermeidlichen, die individuelle Selbständigkeit vernachlässigenden Literaturgeschichten-Schablone) als „Schüler Comtes" bezeichnet, so ist das nur mit großer Einschränkung richtig. Er selbst behauptet in seiner Autobiographie, seine Verpflichtetheit gegen Comte sei nur die des wissenschaftlichen Gegenspielers gewesen. Das ist wohl übertrieben; aber er ist keineswegs nur ein Fortführer Comtescher Gedankengänge. 1) 1. c. S. 54. 2) London, 21. A u f l . , 1894, Williams and Norgate.
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Allerdings besitzt auch er (und zwar in verstärktem Grade) als Philosoph wie Comte den Drang nach monistischer Synthese auf naturwissenschaftlicher Grundlage. Auch er will (intensiver als der 30 Jahre ältere Franzose) alle Erscheinungen auf Erden (unter Einschluß der zwischenmenschlichen) auf ein einziges Gesetz: die Fortwirkung der Kraft zurückführen. Er findet die einfache und doch so inhaltsreiche Formel für die Entwicklung allen Geschehens: „Aus unbestimmter, unzusammenhängender Gleichartigkeit wird bestimmte, zusammenhängende Ungleichartigkeit." Dieses In- und Durcheinander von Integrierung und Differenzierung sucht er nun auch an der Entwicklung der Gesellschaft nachzuweisen. Ihm ist die Gesellschaft ein Überorganismus, dessen N a t u r als Aggregat sich aus der Natur seiner Einheiten, der Einzelmenschen ergebe. Doch ist es nicht möglich, hier den Reichtum Spencerscher Ideen auszubreiten. Wir entsinnen uns, daß wir ja nur den geschichtlichen Zusammenhang zwischen seiner Soziologie und der realistischen, eingeschränkten Gesellschaftslehre der Gegenwart aufweisen wollen: In negativer Hinsicht müssen da zwei Eigentümlichkeiten seines sonst so einheitlichen Systems hervorgehoben werden: Aus seiner Biologie und Psychologie nimmt Spencer eine Auffassung vom Einzelmenschen in die Soziologie hinüber, die ihn eigentlich zu dem Universalismus seines Antipoden Comte hätte führen müssen. Der Mensch erscheine ganz abhängig vom Außer-Ich; sein Geist vermöge nur das Objekt um ihn zu kopieren. Der Mensch lebe in Passivität und äußerster Gebundenheit. In der Gesellschaftslehre (noch mehr in Politik und Ethik) ist aber Spencer der radikalste Autor des Individualismus. Comtes These von der Abhängigkeit des Einzelmenschen von der Gesellschaft kehrt Spencer ins krasse Gegenteil um. (Wie sich dieser Widerspruch subjektiv bei Spencer erklärt, muß hier übergangen werden.) U n d das Zweite: Seine Soziologie befaßt sich fast nur unter Vernachlässigung dessen, was wir Geschichte nennen,
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mit den Naturvölkern. Sein reiches Tatsachenmaterial entnimmt er fast nur der Ethnographie. Das entspricht ganz einer Denkweise, die den Menschen als bloßes Naturwesen in Passivität auffaßt und die aktive Bautätigkeit an der Gesellschaft in den Kulturperioden beiseite schiebt. Aber unter Zugrundelegung eines rein naturwissenschaftlichen Bildes von Welt und Mensch sind die Zusammenhänge der Gesellschaft nicht hinreichend zu erklären. Den Geschichtsund Sozialphilosophen (und Spencer will doch dies in erster Linie sein) hätte die Frage: was ist Kultur (Zivilisation)? anlocken müssen. Daraus ergibt sich: Seine Soziologie gibt zu wenig Aufschlüsse über die' Gesellschaftsordnung unseres Kulturkreises. Ferner: die Erfahrung vom Menschen als bloßem Naturwesen reicht nicht aus, seinen Individualismus zu rechtfertigen. Was wir heute vorwiegend an ihm schätzen, ist die reiche und geordnete Fülle von „Data", von Tatsachen über Anfänge gesellschaftlichen Lebens 1 ). Mag auch manches, was er z. B. über die Anfänge der Religion sagt, nach neueren Forschungen nicht mehr völlig haltbar sein, die Planlegung f ü r eine Entwicklungssoziologie und besonders f ü r eine Durchforschung von Frühzuständen bleibt mustergültig. Freilich Forschungsziele und -methoden, wie sie sich die Beziehungslehre stellt, können auch davon nur indirekten Gewinn ziehen. Spencers Bedeutung scheint uns heute mehr pädagogisch-didaktischer Art. Die Freiheit von metaphysischen und subjektiv-willkürlichen Beimischungen zu seiner Lehre ist das Beispielhafte an seinem Werke. Die Anregungen, die Spencer der Soziographie und besonders der Ethnographie nicht nur durch sein Programm, sondern durch sein unermüdliches Sammeln von „Data" gegeben hat, sind vielleicht stärker nachwirkend als seine Theorie. Er veranlaßte auch eine umfangreiche Zusammeni ) H a n k i n s sagt (1. c.) v o n Spencer» er sei der erste Systematiker konkreter soziologischer Tatsadien und darum der wirklidie Begründer der Soziologie gewesen.
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Stellung völkerkundlicher Tatsachenkomplexe, die unter seinem Namen und unter der Überschrift: „Descriptive Sociology" in den siebziger Jahren veröffentlicht worden ist. Der Gegensatz und die ausgleichende Ergänzung vor. Integrierung (Vereinigung) und Differenzierung (Scheidung) der Erscheinungen, die bei Spencer die Grundlage nicht nur einer Soziologie, sondern einer Kosmologie überhaupt ist, kehrt in der Beziehungslehre als Gegensatz des Zueinander und Auseinander wieder. N u r enthalten wir uns jeder Aussage, ob damit das Hauptprinzip a l l e s Geschehens in der Welt gegeben ist. (Die große Allgemeinbedeutung der Anziehung und im speziellen von Zentripetalkraft und Zentrifugalkraft wird von uns nicht übersehen; aber der Soziologe braucht über kosmische Prinzipien nichts auszusagen.) Bei Spencer bleibt der Gegensatz und die gegenseitige Ergänzung von Integrierung und Differenzierung sehr allgemein und inhaltsleer. In der Beziehungslehre kommt es dagegen auf die Zerlegung der beiden Grundprozesse in Untererscheinungen und auf das Verhältnis dieser Einzel- und Teilprozesse zueinander an. Außer dieser Hervorhebung der Polarität von Vereinigung und Scheidung verdanken wir seiner Vertiefung in die Zusammenschau von allgemein vitalen (biologischen) und sozialen Vorgängen die stets wichtige Betrachtung der Wechselbeziehung von Bau und Wachstum und von Struktur und Funktion. Aber auch bei anderen modernen Richtungen der Soziologie fehlt es — wenn auch manchmal den Autoren wenig bewußt — keineswegs an Zusammenhängen mit Spencer. Mochte Comte mehr in Frankreich nachwirken, so geht Spencers Einfluß in Amerika über Lester Ward weiter. Ja, Znaniecki scheint mir nicht unrecht zu haben, wenn er sagt 1 ): „Die meisten wichtigen Probleme, die in der letzten Dekade des 19. und in den ersten des 20. Jahrhunderts hervorgetreten sind, 1) V g l . F l o r i a n Znaniecki in G u r v i t d i ' u n d M o o r e s „ T w e n t i e t h C e n t u r y Sociology" (La Sociologie au X X e Siecle, N e w Y o r k 1945 u n d P a r i s 1947), S. 173 resp. Bd. I , S. 175. 5
von
Wiese,
Soziologie
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knüpfen, sei es genetisch, sei es logisch, an sein großes Werk an." B e m e r k u n g e n zu C o m t e u n d
Spencer:
Die Literaturgeschichte, aber auch fast alle Kompendien der Gesellschaftslehre nehmen Bezug auf beide Autoren, jedoch mehr auf Comte als auf Spencer. Eine recht aufschlußreiche Einführung in Comtes Werke gibt Heinz M a u s in „Bemerkungen zu C o m t e " (Kölner Zeitschrift für Soziologie V, 4 S. 513 ff.) Recht gut gewährt in das geistige Verhältnis von Comte zu Dürkheim Einblick D u p r a t s Vortrag: Auguste Comte et Emile Dürkheim in „Gründer der Soziologie" (Jena 1932, Gustav Fischer, S. 109 ff.) Ein Ergebnis meiner jahrelangen Befassung mit Herbert Spencers Werken war meine vor 50 Jahren erschienene Habilitationsschrift: Zur Grundlegung der Gesellschaftslehre; eine kritische Untersuchung von Herbert Spencers System der synthetischen Philosophie (Jena 1906, Gustav Fischer). Kapitel
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Die britische und die amerikanische Soziologie a) G r o ß b r i t a n n i e n Die Bedeutung Herbert Spencers als des Hauptphilosophen des Viktorianischen Zeitalters (neben J. St. Mill) schien zu Beginn des letzten Drittels des vorigen Jahrhunderts England die Führung in der Soziologie zu gewähren. Der Entwicklungsgedanke, die enge Verbindung mit dem Darwinismus, der liberale Optimismus, die Verknüpfung der Gesellschaftslehre mit der Biologie charakterisieren sein System und zugleich das Denken seinerZeit. In der Geistesgeschichte des letzten halben Jahrhunderts bildet die Stellungnahme zu Spencers Lehre in der T a t ein entscheidendes Merkmal für die Stellung des Autors. Aber in England bildete sich nach seinem Tode keine Spencer-Tradition; vielmehr scheint mir R u m n e y das Richtige zu treffen,
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wenn er die britische Entwicklung, wie folgt, schildert 1 ): Die Soziologie habe sich in England als unabhängige Disziplin noch nicht allzu sicher gefügt, obwohl seit dem 18. Jahrhundert Annäherungen an ihren Aufgabenkreis vielfach vorhanden gewesen seien. Die Nachfolger Comtes hätten aber keinen rechten Boden gefunden, weil sie entweder als zu konservativ oder als zu unreligiös galten. Spencer wäre den Universitätsleuten, zu denen er ja nicht gehörte, zu naturalistisch erschienen. Erst vor vierzig Jahren begannen als erste H o b h o u s e und W e s t e r m a r c k an der Universität London Soziologie zu lehren. Und doch wie viele Ansätze in der Vergangenheit! Mandeville, Hume, John Brown, vor allem Ferguson und Miliar, ganz besonders aber Adam Smith. Jedoch die wissenschaftliche Teilnahme lenkte sich mehr auf die politische Ökonomie. Von Einfluß wäre auch seit Robert Owen der Sozialismus gewesen. Rumney zeigt unter Aufführung zahlloser Namen, wieviel Soziologisches sich in anderen Disziplinen finde. Eine Zeitlang wurden in der Politik Spencers liberale Ideen von L. T . H o b h o u s e und anderen Denkern, die heute fast alle nicht mehr leben, weitergetragen; aber in der eigentlichen Soziologie kam es nicht zu einer Spencerschule in England; ja, die Soziologie als selbständige britische Wissenschaft, die als solche Spencer mehr oder weniger vorbereitet hatte, schien zunächst dahinzuschwinden, bis in den letzten Jahren vor dem zweiten Weltkrieg Morris G i n s b e r g und A. M. C a r r - S a u n d e r s , sowie ein Kreis der Universität London und des Le Play-Hauses sie neu belebten. Spencers Erbe übernahm aber in weit stärkerem Maße Amerika. In den Jahren 1910 bis 1930 gab es in England kaum noch eine zeitgenössische systematische Soziologie, jedoch manches, was wir zur Sozialpsychologie 1) Ich gebe im f o l g e n d e n A b s a t z d a s wörtlich w i e d e r , w a s ich über R u m neys k l a r e D a r s t e l l u n g in meiner eingehenden Besprechung des eben g e n a n n t e n W e r k e s von Gurvirch und M o o r e a u s g e f ü h r t habe. R u m n e y s A u f s a t z steht auf S . 562 ff. der amerikanischen und in B a n d I I , S . 569 ff., der f r a n z ö s i s d i e n A u s g a b e . M e i n e R e z e n s i o n ist in H e f t I I / l der K ö l n e r Zeitschrift f ü r S o z i o logie z u finden. 5*
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rechnen, sowie, wie gesagt, viel Soziologisches in anderen Wissenschaften (Anthropologie, Geschichte, Politik usw.). Besonders Graham W a l l a s , der 1858 geboren worden ist, ist auf dem Gebiete der Sozialpsychologie und der theoretischen Politik in erster Linie zu nennen. Edward W e s t e r m a r c k muß als Ethnologe gelten. Jedoch darf nicht übersehen werden, daß es eine Schule gibt, die bis zum Sommer 1930 von Victor B r a n f o r d geführt wurde, die aber nicht an Spencer, sondern an den Franzosen Le Play anknüpfte. Es kam zur Gründung der britischen Sociological Society auf B r a n f o r d s Anregung, bei der die ethisch-sozialreformatorischen Tendenzen überwogen, die u . a . von Patrick G e d d e s (1864—1930) mit einer Neigung zur Mystik verbunden wurden. Im allgemeinen haben sich in England die Anregungen soziologischer Schau den anderen Sozialwissenschaften mitgeteilt; an die Stelle der Gesellschaftslehre ist eine mehr politische, psychologische und vor allem anthropologische Literatur getreten; so etwa bei Sir Ernest B a r k e r und W. Macneille D i x o n. Es fehlten bis zu den 30 er Jahren die Systematiker, die das reiche, angehäufte Material nach Gesichtspunkten einer streng theoretischen Wissenschaft von der Gesellschaft sichteten und bearbeiteten 1 ); aber in den letzten Jahren drängt die spezielle Problemfülle, die aus den Tatsachen und Folgen der beiden Weltkriege, sowie aus den Klassenverhältnissen aufsteigt, auch in dem konservativen England zur Systematik in selbständigen Kategorien. In dieser Richtung wirken Morris Ginsberg u. a.; stark war auch bis zu seinem 1947 erfolgten T o d e der Einfluß des deutschen Emigranten Karl M a n n h e i m , während Harold J. L a s k i der marxistischen Auffassung des Gesellschaftslebens nahesteht. L. T . H o b h o u s e (1864—1929) war einer der großen Liberalen, an denen England zu Ausgang des vorigen Jahrhunderts so reich war. Auch darin war er ein Kind des ! ) Ü b e r den S t a n d der s o z i o l o g i s d i e n F o r s d i u n g in England^ M i t t e der 30er J a h r e unterrichtet u. a . auch der K o n f e r e n z b e r i d i t : T h e S o c i a l Sciences ( L o n d o n 1936, L e P l a y H o u s e Press).
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letzten Drittels des 19. Jahrhunderts, daß er mit einer liberalen Grundhaltung die Neigung zur Sozialreform verband. Als Politiker bekämpfte er den Imperialismus; er war in den Jahren der Geltung des älteren Chamberlain Sekretär der Free Trade Union. Von seinen zahlreichen Werken seien genannt: Democracy and Reaction (1904); Morals in Evolution (1906; neue Auflage 1915); Social Evolution and Political Theory (1911); Social Development, itsNature and Conditions (1924). Die metaphysische Staatstheorie, die Elemente der sozialen Gerechtigkeit und die soziale Entwicklung waren zusammen mit einem Buche „The Rational Good" als vier Teile eines Werkes „Principles of Sociology" gedacht. Im ersten Teile sind die Zusammenhänge des Einzelmenschen mit der Gemeinschaft, im „Rational Good" die Ziele des menschlichen Handelns, im dritten Bande die sozialen Beziehungen, die jenen Zielen dienen, und schließlich im vierten die tatsächlichen Bedingungen aufgewiesen, die dem gesellschaftlichen Leben zugrunde liegen. Als Soziologie im engeren Sinne vermögen wir dieses Werk nicht anzuerkennen, da es völlig in der der Philosophie vorbehaltenen Sphäre des Wertens bleibt. Hobhouse erscheint uns als der von edelstem Wollen beseelte Philosoph des Liberalismus. Das Ethos der Menschenbeglückung und der persönlichen Freiheit hat in ihm einen Anwalt und Vorkämpfer besessen, dessen gerade die heutige Generation so sehr bedarf. Von Graham W a l l a s (1858—1932), der wirtschaftspolitisch zu der Gruppe der Fabier gehörte, nennen wir seine Werke: Human Nature in Politics (1908), TheGreat Society (1914) und seine Vorlesungen in Amerika: Our Social Heritage (1921). Er hat die Methoden der älteren Psychologie auf die Behandlung politischer Probleme angewendet. In „Human Nature and Politics" heißt es: „Gegenwärtig analysieren fast alle Forscher auf dem Gebiete der Politik Institutionen und vermeiden die Analyse der Menschen. Das Studium der menschlichen Natur durch die Psychologen ist seit der Entdeckung der menschlichen Entwicklung sehr vorangeschritten; aber dieser Fortschritt
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hat sich ohne Einfluß auf die Durchforschung der Politik vollzogen und ohne Einfluß von ihrer Seite." Deshalb suchte er eine psychologische Methode der Theorie der Politik zu schaffen und sie von der Metaphysik zu befreien. Wer von der Soziologie nur die Gewinnung einer wissenschaftlich begründeten Grundhaltung in der Politik erwartet, wird Wallas'Leistung hochschätzen; unter diesem Gesichtspunkte nennt ihn L a s k i den weisesten unter den Soziologen. Uns will freilich scheinen, daß man Soziologie und Politik nicht gleichsetzen darf, und daß diese in der eigentlichen Gesellschaftslehre ihren Ausgangspunkt und ihre Grundlage findet, nicht jedoch in erster Linie, wie Wallas meint, in der Psychologie. Die in England fortlebende Le Play-Schule wollen wir hier einordnen, obwohl ihr Begründer und alle früheren literarischen Jünger dieses Mannes Franzosen waren. Frédéric Le P l a y (1806—1882) hat vor allem in der Geschichte der Sozialreform und Sozialpolitik mit Recht einen großen Namen. Dieser Zeitgenosse Comtes, der jedoch das Werk des großen Positivisten nicht gekannt hat, war ein vielgereister und in der Bergwerkspraxis Rußlands bewährter Ingenieur. Vom Studium der Arbeiterfrage ausgehend, entwickelte er eine besondere Methode sozialer Beobachtung, die er vor allem in seinem Werke „Organisation du Travail" festgelegt hat. Le Plays mehr soziographische als soziologische Studien gehen von der Familie als der von ihm angenommenen Einheit der Gesellschaft aus. Er sucht die verschiedenen Elemente dieser Einheit zu messen; das Familienbudget erscheint ihm als der quantitative Ausdruck dieser elementarsten Form der Vergesellschaftung. Für die von ihm geschaffene „Science sociale" gibt es drei Kernprobleme: Ort (Heimat), Werk (Beruf) und Volkstum. Später hat Branford zu diesen drei Mittelpunkten allen sozialen Lebens noch drei hinzugefügt: Polity [Gemeinwesen], Culture [Kultur] und Art [Kunst], Bei Le Play und seinen Anhängern baut sich alle Befassung mit sozialen Problemen auf geographischer Grundlage auf:
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Der Ort bestimme das "Werk, die Arbeit; Familie und Volkstum seien eng mit Heimat und Beruf verbunden. Schon der engere Kreis seiner französischen Schüler erweiterte Le Plays Programm. Von ihnen nennen wir Edmond D e m o l i n s (gest. 1907), der gleichfalls auf die britische Le Play-Schule von Einfluß gewesen ist. Zweifel entstanden, ob das Budget mit seinen Geldbeträgen der wahre Ausdruck des Familienlebens sei. Auch die allzu starke Betonung der räumlichen Umgebung und die Überschätzung der Familie für das gesamte gesellschaftliche Leben wurden eingeschränkt. Victor B r a n f o r d und nach ihm Patrick G e d d e s , der lange in Indien gewirkt hat, suchten mit Le Playschen Anregungen Ideen Comtes zu verbinden, ohne seinen Positivismus zu übernehmen. Im Gegenteil tragen in diesem heute von dem Ehepaar F a r q u h a r s o n geführten Kreise alle soziologischen Lehren eine ausgesprochen religiöse Note, bisweilen, wie gesagt (besonders bei Geddes), eine mystische Färbung. Es wird eine Synthese des Geisteslebens und der praktischen Lebensführung angestrebt; Gedanken Ruskins, die auf Lebenserfüllung gerichtet sind, werden weitergetragen. Das wissenschaftliche Verfahren bezeichnet sich als R e g i o n a l i s m u s , bei dem der Mensch im Zusammenhange mit dem Boden erfaßt wird. In den letzten Jahren hat die britische Soziologie eine starke Wiederbelebung durch eine neue Zeitschrift, das „British Journal of Sociology", erfahren. Als Herausgeber zeichnen die drei Professoren der Universität London, Morris G i n s b e r g , der einer der drei Vicepräsidenten der International Sociological Society ist, ferner D. V. G l a s s , der seit Mai 1949 dieser Universität angehört, und F. H . M a r s h a l l , dessen Lehrstuhl genauer als Professur für Social Institutions bezeichnet wird. b) V e r e i n i g t e S t a a t e n v o n A m e r i k a Je mehr England in den ersten vierzig Jahren dieses Jahrhunderts — wohl nur vorübergehend — in dem Kreise
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der Länder der Soziologieforschung zurückgetreten war, desto mehr sind die V e r e i n i g t e n S t a a t e n v o n A m e r i k a zum (jedenfalls in quantitativer Hinsicht) fruchtbarsten Gebiete für unsere Wissenschaft geworden. Mit F a r i s 1 ) können wir dort das vorsoziologische Stadium, das bis etwa 1865 reicht, vom soziologischen sondern. Zunächst gab es nur Moralphilosophie. Meist unter Führung von Theologen wurde Ethik und Wohlfahrtspflege vorgetragen. In der Zeit des Bürgerkrieges tauchte „Social Science" auf, die aber wenig systematisch gestaltet wurde. Dann machte sich Spencers Einfluß geltend. Lester W a r d bemühte sich vergeblich, die Soziologie zur Königin der Wissenschaften zu machen. Erst mit Graham S u m n e r und Albion S m a l l begann die Anbahnung einer empirischen Einzelwissenschaft vom gesellschaftlichen Zusammenhange. 1893 entstand in Chicago das erste Department of Sociology mit Small als Head. Franklin G i d d i n g s und Edward A. R o s s führten diesen Weg weiter fort. In T h o m a s ' und Z n a n i e c k i s „Polish Peasant" wird auch von R o b e r t Faris der entscheidende Schritt zur E m pirie gesehen. In den zwanziger Jahren vollzog sich die erste Blüte der Soziologie, getragen von P a r k s und B u r g e s s ' „Introduction to the Science of Sociology" (1921). Nunmehr wurden Objektivität, Empirie, aber auch Methodenstrenge Strebensziele. Ü b e r den Case Studies wurden Verallgemeinerungen und Interpretationen keineswegs vernachlässigt. Heute ständen im Vordergrunde: Stadtökologie, Rasse- und Kulturkonnexe, Sozialpsychologie und „Folk"-Soziologie, sowie Regionalismus. Nach O g b u r n s Buch von 1922 über „Social Change" habe sich das Interesse vor allem auch diesem Gegenstande, den sozialen Wandlungen, zugewendet; dabei fesseln besonders der Einfluß des technischen Fortschritts und des „cultural lag" (des retard culturel, des Zurückbleibens der Kultur). Doch die von den Kriegen und der Arbeiterbewegung aufgewor! ) V g l . bei Gurvitch-Moore seine audi Anfängern zum Lesen empfohlene Studie über amerikanische Soziologie auf S . 538 ff. oder (französisdi) auf S . 546 ff. Bd. I I ) .
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fenen Probleme träten immer mehr hervor. Die Kollektivforschung nähme zu. Hinsichtlich der Methode, speziell der Quantifizierung, weist Faris auf Stuart C. D o d d s „Dimensions of Society" (1942) hin. Doch ich will auf einiges näher eingehen: In den Vereinigten Staaten entstand also im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts eine zunächst von Spencer abhängige Soziologie. Allmählich aber wurde sein Biologismus durch eine psychologisierende Richtung abgelöst, wobei freilich nicht übersehen werden darf, daß schon Spencer die Gesellschaftslehre nicht wie Comte unmittelbar auf die Biologie, sondern zunächst auf die Seelenlehre aufgebaut hatte. Aber die Soziopsychologie und Psychosoziologie, die sich in den Vereinigten Staaten mit Lester F. W a r d entfaltete, löste immer mehr das Band, durch das sie mit Spencer ursprünglich verbunden war. Die vergleichsweise sehr breite Entfaltung, die in den letzten 50 Jahren die Soziologie in Amerika gefunden hat, ist im Gegensatz zu England, wo die Soziologie außerhalb der Universität London — besonders an den alten, vorwiegend humanistisch gerichteten Hochschulen in Oxford und Cambridge — wenig akademische Pflege findet, den reich ausgestatteten Universitäten und Kollegien zuzuschreiben. Eine Hochschule nach der anderen ist dazu übergegangen, ein Department oder doch wenigstens eine Division in der Faculty of Arts and Sciences für Soziologie einzurichten. Wenn dabei auch der Begriff Soziologie, wie meist in Amerika, ganz weit gleich Sozialwissenschaft gefaßt wird, so gilt doch, daß die anderen Sozialwissenschaften und -kunstlehren von der im Mittelpunkte stehenden systematischen Soziologie abgeleitet werden, und daß die Soziologie nicht erscheint als ein Anhängsel an anderen Fächern, z. B. an der politischen Ökonomie, die in der Regel ihr eigenes Department besitzt. Die Soziologie ist in Amerika im Gegensatz zu Europa (und besonders zu England) in erster Linie ein akademisches Lehrfach; sie trägt deutlich die Züge des Unterrichtsgegenstandes, während sie sich in Europa in
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erheblichem Maße seit Comte außerhalb der Hochschulen entwickelt hat. Mit Recht weist S o r o k i n 1 ) darauf hin, daß die amerikanische Literatur in starkem Maße aus Lehrbüchern besteht, während Europa zahlenmäßig arm an ihnen ist 2 ). Die Soziologie als Forschungsgegenstand und Unterrichtsfach entstand in Amerika alsbald nach dem Bürgerkrieg 3 ). Als Pioniere kommen zunächst in Frage Lester F. W a r d (1841—1913) und William Graham S u m n e r (1840—1910), der als einer der ersten vor siebzig Jahren seinen ersten Soziologie-Kursus in engstem Anschlüsse an Spencers Principles hielt. Sumner, der in den sechziger Jahren in Deutschland studiert hatte, war erst Theologe, dann Politiker und Historiker, schließlich ehe er zur Soziologie kam, Nationalökonom. Von Lester F. W a r d s (1841—1913) Schriften kommen für uns vorwiegend sein älteres Werk „Dynamic Sociology" (1833) und seine beiden späteren Werke „Pure Sociology" )1903) und „Applied Sociology" (1908) inBetracht 4 ). Ward, der ursprünglich Botaniker war, ist wie Spencer Evolutionist, Monist und Determinist; aber er sucht über den Naturalismus des Engländers hinauszuschreiten, indem er zwar die Entwicklung des Denkens rein biologischentwicklungsgeschichtlich erklärt, aber der einmal entwickelten menschlichen Vernunft eine selbständige Wirksamkeit im gesellschaftlichen Leben zuschreibt. Mit dieser Heraushebung psychischer Faktoren als treibender Kräfte im Gesellschaftsleben bereitet er den für die amerikanische Soziologie so bezeichnenden Übergang von der biologischen zur sozialpsychologischen Auffassung vor. Ihm war die In „Social Forces" Bd. V I I I (Sept. 1929) in dem Aufsatze: Some Contrasts of Contemporary European and American Sociology. 2 ) Vgl. audi George L u n d b e r g , Nels A n d e r s o n and Read B a i n : Trends in American Sociology, N e w York u. London 1929, Harper & Brothers. 3) Wir benutzen in dieser Skizze u. a. auch den klaren Vortrag, den L . G i 11 i n als damaliger Präsident der American Sociological Society auf der 21. Jahresversammlung dieser Gesellschaft gehalten hat. Vgl. Publications of the Am. Soc. Soc. Band X X I , Chicago 1927, University of Chicago Press. 4) Die im Verlage J . "Wagner, Innsbruck, erschienenen deutschen Übersetzungen von J . V. Unger weisen wesentliche Mängel auf.
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menschliche Gesellschaft „a play of mental factors" (worin er eher an Comte als an Spencer erinnert). In der „reinen Soziologie" heißt es: Meine These: Gegenstand der Soziologie sind die menschlichen Errungenschaften („Acquisitionen"). Es handelt sich nicht darum, was die Menschen sind, sondern was sie tun; nicht um die Struktur, sondern um die F u n k t i o n . . . Die Soziologie beschäftigt sich mit sozialen Tätigkeiten. Sie ist das Studium von Handlungen . . . Sie ist nicht eine beschreibende Wissenschaft im Sinne der Naturforscher." U m gleich an diesen Sätzen Ubereinstimmung und Gegensatz zur Beziehungslehre zu zeigen: Die menschlichen Errungenschaften, also die sachlichen Leistungen, sind uns Objekte der Kulturphilosophie oder besonderer Einzelwissenschaften, nicht der Soziologie. Es handelt sich gerade darum, was die Menschen (im Verhältnis zueinander) sind. Freilich begreifen auch wir dieses Sein der Menschen aus ihren Handlungen und diese wieder teilweise aus den Funktionen. Schon Spencer und Schäffle, Wards Zeitgenossen, haben gezeigt, daß man die Funktion nur aus der Struktur und die Änderungen der Struktur wieder aus der Funktion erklären muß, jedoch nicht eines von beiden aus einem System ausschließen sollte. Der Gegensatz von „reiner" und „angewandter" Soziologie besteht bei Ward darin, daß jene die vom zweckbewußten Einwirken der Menschen unbeeinflußte Entwicklung der Gesellschaft schildere, diese aber die künstlichen „telischen" Beeinflussungen der sozialen Entwicklung durch menschliches Handeln zum Gegenstand habe. Dieser Botaniker und Philosoph wollte offenbar dem Wesen der Kultur als der Summe der organisierten menschlichen Betätigungen mit Hilfe einer naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise näherkommen. Zur Kritik wird man sagen müssen: Auch hier zeigt sich der Naturforscher der Bewältigung der Aufgaben, die ihm die wissenschaftliche Beherrschung der sozialen Tatsachen stellt, deshalb nicht gewachsen, weil er zu viel erreichen will. Auch Ward fehlen historischer Sinn und historische
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Kenntnisse. Statt dessen sind seine Werke mit naturwissenschaftlichen Spekulationen und Analogien überladen. Was bleibt f ü r die realistisch-empirische Soziologie?: Wards Heraushebung der Motive als sozialer Kräfte. Er sucht zu zeigen, wie die menschlichen Triebe „alle an und für sich zerstörend wirken, wie aber ihre vereinte Betätigung bei gegenseitiger Hemmung darin besteht, daß sie sich im Zaume halten, ins Gleichgewicht bringen und Strukturen hervorbringen". Schließlich ist eine Mechanik des Trieblebens in der Gesellschaft zum Gegenstand seiner Soziologie geworden. Zu diesen zwei gesellen sich als Vorkämpfer Albion Woodbury S m a l l (1854—1926) und Charles H o r t o n C o o l e y (1864—1929). S m a l l , der mehr als jeder andere amerikanische Soziologe auf der anderen Erdhälfte Verständnis und Kenntnis deutscher sozialwissenschaftlicher Arbeit gepflegt und verbreitet hat, studierte 1879 bis 1881 in Leipzig und Berlin. Besonders Schmoller und Wagner waren seine Lehrer; auch von Schäffle empfing er manche Anregung. Als 1892 die Universität Chicago gegründet wurde, wurde ihm der Posten eines Vorstehers des Department of Sociology übertragen, der ersten Fakultät der Erde, die für unsere Wissenschaft geschaffen wurde. Im Jahre 1905 ist seine „General Sociology" erschienen, die den bemerkenswerten Untertitel trägt: „An exposition of the main development in sociological theory from Spencer to Ratzenhofer". Spencer, heißt es da, habe das Verdienst, den B a u der Gesellschaft geklärt zu haben; er betrachte sie als ein Ganzes, das aus zweckmäßig angeordneten Teilen bestehe, Schäffle habe die F u n k t i o n erläutert; nach ihm sei die Gesellschaft ein Ganzes, das aus Teilen bestehe, die zusammenwirken und dadurch Ergebnisse zeitigen. Ratzenhofer aber fasse die Gesellschaft als einen Prozeß des Ausgleichs in Konflikten zwischen Gruppen von Einzelmenschen auf. Der Begriff des Interesses, den Small f ü r sehr instruktiv zur Erkenntnis des sozialen Lebens hält, trete mit Ratzenhofer in den Vordergrund; Small faßt ihn freilich viel allgemeiner, als es Ratzenhofer getan hat. Mit dem
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Interessenbegriff verknüpft sich die Idee der G r u p p e und vor allem — wenn auch nicht so klar und umgrenzt, wie wir heute den Begriff gebrauchen — die des s o z i a l e n P r o z e s s e s . Die Gruppe ist für Small das Gehäuse der organisierten Interessen und zugleich die Einheit des sozialen Prozesses. Sein letztes W e r k (die zeitlich dazwischen liegenden müssen wir hier übergehen) „Origins of Sociology" vom Jahre 1924, ist tatsächlich in der Hauptsache eine Geschichte der Sozialwissenschaften, besonders der Nationalökonomie in Deutschland im 19. Jahrhundert. Gerade an diesem letzten, so umfangreiches Material verarbeitenden Werke erkennt man, daß Barnes recht hat, wenn er sagt: „Kein anderer hat so viel getan, um die grundlegenden Werke der modernen deutschen Sozialwissenschaften den amerikanischen Lesern zugänglich zu machen". Kaum einer hat wirklich in einem solchen überreichen Maße, so möchte ich hinzufügen, seinen deutschen Lehrern durch die T a t gedankt, wie es Small getan hat. Indessen war Small kein Systematiker; er mühte sich viel um Methodologie und versündigte sich immer wieder gerade an ihr. Er ist mehr Sozialreformer und Sozialpolitiker als Soziologe gewesen. Für die Geschichte der enger gefaßten Soziologie kommt mehr als Small C. H. C o o l e y in Betracht, der lange Jahre hindurch die Soziologie an der Universität des Staates Michigan gelehrt hat. Seine drei Hauptwerke tragen die Titel: H u m a n Nature and the Social Order (1902), Social Organization, a Study of the Larger Mind (1909) und Social Process (1918). Mit Recht hat man gesagt, daß ihn die häufig auf ihn angewandte Bezeichnung als Sozialpsychologe nicht ausreichend kennzeichne. W e n n auch sein Ausgangspunkt in der Seelenlehre lag, so suchte er doch gerade über eine einseitig individualpsychologische, aber nicht minder über eine lediglich die Institutionen und die äußere Struktur der Gesellschaft betrachtende Behandlung der Gesellschaftslehre hinauszukommen. Seine Hauptthese war, daß der Einzelmensch und die Gesellschaft zwei Seiten einer und derselben Erscheinung wären. Immer schaute er die Person-
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lichkeit im Zusammenhang mit der Gesellschaft und umgekehrt. In der Gebildelehre ist seine Unterscheidung von primären und sekundären Gruppen bemerkenswert. Familie, Nachbarschaft und Spielgruppen seien primär und die eigentlichen Erbauer des sozialen Zusammenhangs. Zu den jüngeren „Pionieren" gehört Henry G i d d i n g s (1855—1931 1 )). Seine älteren Schriften bilden deutlich den Wendepunkt von der universalen zur strengeren und engeren Fassung der Soziologie. Konnten wir schon für die bisherige deutsche Entwicklung das Schlagwort prägen: Von der Enzyklopädie zur Einzelwissenschaft, so gilt das im stärkeren Grade für die amerikanische Soziologie. "Wie wenig ist von den großen universellen Ansprüchen SpencerWardscher Herkunft übriggeblieben! Schon zehn Jahre nach dem Erscheinen der „Dynamic Sociology" Wards beginnt auch dort die skeptische Erörterung der Methodenfragen. 1896 erscheinen F. H. G i d d i n g s ' „Principles of Sociology" 2 ). Sehr richtig erklärte er damals, daß bis dahin Soziologie nichts weiter als eine Zusammenstellung sorgfältig ausgearbeiteter, verlockender Hypothesen gewesen wäre. Er ginge von dem Glauben aus, daß Soziologie eine psychologische Wissenschaft, und daß die Beschreibung der Gesellschaft in biologischen Ausdrucksformen ein Fehler wäre; er bemühte sich, die Aufmerksamkeit besonders auf die psychische Seite der sozialen Erscheinungen zu lenken. Teilweise erschien ihm Adam Smith als Vorbild, der in seiner „Theorie der moralischen Gefühle" jene Seelenkräfte zu erfassen strebte, die den Zusammenhang von Menschen herbeiführten. Für Giddings handelte es sich aber dabei nicht um Sympathie allein, sondern um das, was er consciousness of kind (Artbewußtsein) nannte. !) H a u p t w e r k e von Giddings: T h e Principies pf Sociology (1896: 3. A u f l . ) ; Elements of Sociology (1900); Inductive Sociology (1901); Studies in the T h e o r y of H u m a n Society (1922); T h e Scientific Study of H u m a n Society (1924). 2) Bald nach dem ersten Erscheinen o f t neu aufgelegt. N a d i der 12. A u f lage ist die deutsche Obersetzung v o n Paul Seliger (Leipzig 1921, philos. soziol. Bücherei in Bd. 26) erschienen.
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Fraglich bleibt nur, ob nicht die Lehre von diesem elementar und geschlossen gedachten „Artbewußtsein" selbst wieder bloß eine „verlockende Hypothese" ist. So sorgfältig der frühere Professor an der Columbia-Universität seinen Grundbegriff von ähnlichen, scheinbar mit ihm identischen Prinzipien sondert, so sehr wird der Soziologe mit mißtrauischen Zweifeln dieses psychische Element wieder in soziale Beeinflussungen der Menschen aufzulösen versuchen müssen. Seitdem erkannte man immer deutlicher, daß die a m e r i k a n i s c h e Wissenschaft die F o r m e n von G r u p p e n und die sich an ihnen vollziehenden V o r g ä n g e behandelt 2 ). Allmählich wird aber der Begriff „soziale Formen" durch den fruchtbareren der „sozialen Prozesse" ersetzt, wie es schon Cooley und Small getan hatten. In den zwanziger Jahren zerlegt sich das Gesamtfeld der Soziologie stark nach den Zusammenhängen mit den anderen Wissenschaften, von denen die einzelnen Forscher ausgegangen waren. Da sind neben den Psychologen die Geographen, Biologen, Anthropologen, Pathologen und Philosophen. Daraus ist jedoch kein Chaos, sondern eine größere Mannigfaltigkeit der Gesichtspunkte entstanden. Doch wurde immer mehr klar, daß die Soziologie ihre eigene Methode ausbilden müsse. Die nächste Aufgabe bestand, wie G i l l i n 1927 darlegte, in r e c h t e r B e s c h r e i b u n g des zu Beobachtenden. Die Verallgemeinerung müsse später erfolgen, womit nicht gesagt sein solle, daß einleuchtende Hypothesen zur Erklärung der Erscheinungen heute auszuschließen seien. In der amerikanischen Sozialpsychologie speziell beständen heute vier Richtungen: 1. die „social mind theory" (Giddings, Ross, Ellwood); 2. die Theorie von den sozialen Instinkten McDougall); 3. die Lehre von der sozialen Haltung und der sozialen Gewöhnung (Thomas und Dewey); 4. die Lehre von der Personalität (personality and society theory). 2 ) In Emory S. Bogardus' „Introduction to Sociology" (erste A u f l . 1913, 4. A u f l . 1925) (Los Angeles, Jesse R a y Miller) werden z. B. G r u p p e n v e r hältnisse in 21 Kapiteln behandelt.
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In den letzten, an Kleinarbeit fruchtbaren beiden Jahrzehnten hat sich allerdings das Bild wohl schon wieder verschoben. Die Lehre von den Instinkten als Haupturhebern sozialer Erscheinungen verlor an Bedeutung. Edward Aisworth R o s s hat in der zweiten Auflage (1930) seiner „Principles of Sociology" die Instinktspsychologie, die in der ersten Auflage von 1920 einen erheblichen Raum einnahm, ganz gestrichen. Wie in Deutschland gegenwärtig ein unverkennbarer Gegensatz zwischen der Auffassung der Soziologie als systematischer Wissenschaft und als „Kultursoziologie" besteht, so ist auch in Amerika Streit über den Begriff der Kultur innerhalb der Gesellschaftslehre; besonders die „Kulturanthropologen" (Lowie,Kroeber, Wißler, Goldenweiser u. a.) üben von der Völkerkunde her ihren Einfluß aus und bevorzugen die Analyse von Kulturen. Ihnen stellen sich die Sozialpsychologen entgegen. Auch der Streit über die „Wertfreiheit" in der Forschung, der in Max Webers letzten Lebensjahren in Deutschland herrschte, findet seine Parallele in Amerika. Ethische und sozialreformatorische Forderungen durch soziologische Lehren zu stützen, suchte vor allem Charles A. E l l w o o d (1873—1948), dessen „Sociology in its psychological aspects" und dessen „Psychology of Human Society" hier genannt werden müssen. Andere Autoren widersetzen sich jeder unmittelbaren Verbindung mit praktischen sozialen Bewegungen. So betonte F. O g b u r n in seiner Präsidentenansprache auf der 24. Jahresversammlung der American Sociological Society: „Die Soziologie ist als Wissenschaft nicht an der Verbesserung der Welt, an der Ermutigung von Glaubensbekenntnissen, an der Verbreitung von Informationen und Neuigkeiten, an der Bekundung von Eindrücken des Lebens, an der Führung der Menge oder an der Leitung des Staatsschiffes interessiert. D i e W i s s e n s c h a f t i s t u n m i t t e l b a r n u r auf ein D i n g , auf das W i s s e n , also auf die Entdeckung neuer Erkenntnisse gerichtet." Gerade weil in Europa immer wieder behauptet wird, die Wissenschaft werde in Amerika lediglich als ein unmittel-
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bares Hilfsmittel der Praxis betrachtet und geschätzt, mag diese auch sonst in Amerika durchaus nicht seltene Tendenz zur Theorie um der Theorie willen erwähnt werden. Dem widerspricht nicht, daß die Pflege der angewandten oder speziellen Soziologie sehr ausgedehnt ist. Neue Zweige, wie die sehr beliebte Rural Sociology (Soziologie des Landlebens) mit ihrer umfangreichen Literatur, die pädagogische Soziologie, die Religionssoziologie u. a. nehmen großen Raum ein. Mit Recht wird ferner das, was man „Social Research" nennt, und was etwa unserem Begriffe Soziographie entspricht, in den Vordergrund gestellt. Auf die Methoden der Beobachtung hat das große Werk von W. J. T h o m a s und F. Z n a n i e c k i : „The Polish Peasant in Europe and America" starken Einfluß ausgeübt. T h o m a s (1863—1947) gehörte selbst zu den einflußreichen Vorkämpfern der Soziologie in Amerika. Er hob auch die Bedeutung der Sexualforschung hervor und untersuchte die Probleme des Standortwechsels; gerade diese Fragen der „Mobility" sind seitdem viel behandelt worden. Robert P a r k und P. S o r o k i n haben (teilweise mit ihren Schülern) hier und in den benachbarten Fragen (Negerfragen, Verstädterung usw.) Bestes gegeben. Unter dem Einfluß von P a r k s „Principles of Human Behavior" ist das Studium des „Verhaltens" der Menschen — besonders bei jüngeren Gelehrten — üblich geworden. Hierbei handelt es sich nicht um bloße Übernahme des zu eng gefaßten Behaviorismus von der hierfür in Frage kommenden Richtung der Physiologie und Psychologie; die soziologische Lehre vom Verhalten der Menschen beschränkt sich keineswegs auf ein Studium der physischen Reaktionserscheinungen von Lebewesen auf äußere Reize, wenn sie von „behavior" spricht. Im ganzen: Man ist längst abgekommen von den phantastischen Bemühungen, alles und jedes zu erklären; man will um so exakter bestimmt umgrenzte Erfahrungskomplexe studieren. So sehr diese zunehmende Begrenzung der Aufgabe ein wissenschaftlicher Fortschritt ist, so wenig läßt sich ver6
von
W i e s e ,
Soziologie
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kennen, daß die im einzelnen sehr fruchtbare amerikanische Soziologie gegenwärtig wie in Deutschland eine gewisse Zersplitterung aufweist, und daß es ihr an systematisierter Einheit gebricht. Ihr großer Vorzug bleibt die Lebensnähe, Frische der Anschauung und die beständige Ausnutzung der Beobachtungen des praktischen Gegenwartslebens für die Zwecke der Wissenschaft. Der gegenwärtige Entwicklungsstand läßt sich, soweit das in kurzen Worten überhaupt möglich ist, etwa in folgenden Sätzen skizzieren: Von den heute noch stark nachwirkenden Pionieren Robert E. P a r k , W . L. T h o m a s , C. H. C o o l e y und Edward A. R o s s lebt heute keiner mehr. Ross' erstes größeres W e r k von 1901 ist „Social Control" betitelt. Seitdem ist dieser Begriff Ausgangspunkt mannigfacher Erfassungen der Kräfte des sozialen Lebens geworden. Bis in die letzten Jahre hinein dehnte sich Ross' Forschung über weite Gebiete der eigentlichen Soziologie. Seine bereits erwähnten „Principles" gaben auch unsrer Beziehungslehre manche Anregung. Eine andere im amerikanischen Schrifttum immer häufiger gewordene Kategorie, die bei ihm, wie bei O g b u r n , breiten R a u m einnimmt, ist die des social change (im Sinne von Wandlungen in den das gesellschaftliche Leben vorwiegend beeinflussenden Kräften). E. A. S h i l s 1 ) teilt die Spezialgebiete der amerikanischen Soziologie, die vorwiegend bearbeitet werden, in folgende Gebiete: a) Soziologie der Stadt, b) der gesellschaftlichen Schichten, c) Bevölkerungsgruppen, d) Familie, e) Religion, f ) öffentliche Meinung und g) kleine Gruppe. (Nicht hineingezogen hat er die nicht minder gepflegte Soziologie des Landlebens und die Demographie.) Zur Soziologie der Großstadt ist immer mehr die Erforschung der Kleinstadt getreten. In den Vordergrund treten weiter die Studien über die Gesellschaftsklassen und die Rassen- (besonders die Neger-) Fragen. 1) V g l . Shils 1. c.
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Als heute vorherrschende Techniken werden von B u r gess genannt 1 ): I. die Statistik, II. die Methode der persönlichen Bekundung und des Studiums der Einzelfälle (case study), III. Typologie, IV. Soziometrik, V. die Befragung und das Interview. Über die seit J. L. M o r e n o s Buch: „Who shall survive?" von 1934 stark in Vordergrund getretene, in den letzten fünfzehn Jahren beständig von ihm und anderen vervollkommnete Methode der S o z i o m e t r i k habe ich versucht, mich in der Kölner Zeitschrift f ü r Soziologie (Heft 1/1, S. 23 ff.) und in den darauf folgenden Nummern eingehender zu äußern. Ich muß hier darauf verweisen und auch auf das, was G e i g e r unter der Überschrift „Uber Soziometrik und ihre Grenzen" (Heft 1/3, S. 40 ff.) schreibt. Seine wie meine Untersuchungen kommen zu folgenden, von Geiger, wie folgt zusammengefaßten Ergebnissen über quantifizierende Verfahren, zu denen die Soziometrik gehört: „1. Das objektive Gerippe der Gesellschaft kann restlos auf gemessene, quantitative Begriffe reduziert und durch sie beschrieben werden. Selbst innerhalb dieses Feldes sind zahlreiche Aufgaben, ja die meisten, noch ungelöst. ' 2. Was die subjektiven Faktoren des sozialen Lebens angeht, so wird die Introspektion vielleicht niemals ganz entbehrlich werden. Nichtsdestoweniger ist es von größter "Wichtigkeit, quantifizierende Methoden zur Erfassung dieser subjektiven Bestandteile zu entwickeln. Jeder, wenn auch noch so bescheidene Versuch in dieser Richtung trägt dazu bei, die Soziologie zu einer strengen Wissenschaft zu machen und verdient daher Anerkennung und Ermunterung. 3. Solange das Ziel völliger Exaktheit unerreichbar bleibt, wird man introspektive Methoden ergänzend und interimistisch anwenden müssen. Methodologische Prinzipienreiterei f ü h r t zu nichts. 4. Um aber die Reinheit der Linien zu wahren und die nötige Kontrolle zu behalten, empfehle ich, daß man in 1) Vgl. Burgess in Gurvitch-Moore, S. 20 IT. (englische Ausgabe). 6*
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der Darstellung die streng empirischen Ergebnisse quantifizierender Untersuchung einerseits und die auf introspektivem Wege vorgenommenen Deutungen andererseits streng voneinander getrennt halte." Aus der großen Zahl der heute in Amerika wirkenden Soziologen können wir zum Schlüsse dieses Kapitels nur einige wenige noch nennen. Darüber hinaus noch andere Namen aufzuzählen, würde den Anfänger nur verwirren. Doch greifen wir diejenigen heraus, deren Auffassung unserer Wissenschaft in mancherlei Betracht Verwandtschaft mit der Beziehungslehre aufweist. Freilich können nur kurze Hinweise gegeben werden; von einer ausreichenden Würdigung muß hier abgesehen werden. Pitirim A. S o r o k i n (geb. 1889 in Rußland) ist Professor an der Harvard-Universität und gehört dort dem Department of Social Relations an 1 ). Von seinen zahlreichen Büchern sei hier nur sein systematisches Hauptwerk: „Society, Culture, and Personality, their Structure and Dynamics" 2 ) genannt. Das Kulturelle, Soziale und Persönliche erscheinen ihm als eine unteilbare Einheit dreier Schauweisen, von denen aber jede ihre besonderen Merkmale besitze. Auch er betrachtet wie wir die Wechselbeziehungen unter den Menschen (die human interactions) als den Gegenstand der Soziologie, wobei er die s i n n v o l l e n Interaktionen (die meanings, values und norms) besonders hervorhebt. Damit stellt er sich in ihm bewußten Gegensatz zu einer naturwissenschaftlichen Erfassung der Tatsachen des zwischenmenschlichen Lebens; es handele sich um die superorganische, sinnvolle Daseinsweise. Deutlich scheidet er die physikalisch-biologische von der anthropologisch-soziologischen Optik. Sein Werk weist sechs Hauptteile auf: 1. Struktur-Soziologie, 2. speziell: Struktur des sozialen Universums, 3. Soziale Differenzierung und Schichtenbildung, 4. Strukturen der kultureller und persönlichen Erscheinungsformen des überorganischen Vgl. L . y. Wiese: „Pitirim A. S o r o k i n " S o z i o l o g i e 1 / 2 , S . 105 f f . 2) N e w Y o r k u n d L o n d o n 1947, H a r p e r .
in
der
Kölner
Zeitschrift
für
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Alls, 5. Dynamik der wiederkehrenden sozialen Prozesse, 6. Dynamik der Kulturprozesse. Charakteristisch für seine Denkweise ist die starke Betonung der w e r t e n d e n Erfassung des gesellschaftlichen Lebens. Sie hängt mit der in seiner Persönlichkeit tief begründeten Neigung zusammen, Ethik und Soziologie eng zu verbinden. Doch ist zugleich sein Streben, die tatsächlichen Seinszusammenhänge des Menschenlebens systematisch und geordnet zu erfassen, unverkennbar. Sein W e r k ist — ich möchte sagen — echte Soziologie. Mag man in diesem oder jenem Punkte von ihm abweichen, so bedeutet doch sein überaus fruchtbares Schaffen einen großen Fortschritt in der wissenschaftlichen Entwicklung, da es der Soziologie eine theoretische, auf das Wesentliche gerichtete Grundlage gibt. Es sind nicht bloß Teilgebiete und Lebensausschnitte, die von ihm behandelt werden, sondern allgemeine Grundtypen und Grundzusammenhänge. Audi teile ich mit ihm die Überzeugung, daß zwischen Soziologie und Ethik ein enger Zusammenhang besteht; nur scheint mir ein anderer Weg der Verbindung notwendig: die Soziologie als solche sollte sittliche W e r t urteile vermeiden und sie der Ethik überlassen, die von jener getrennt, aber auf ihr fußend und ihre Ergebnisse nutzend zu behandeln ist. Ferner sollte eine völlige Lösung von der Biologie, also eine Ignorierung ihrer Resultate nicht angestrebt werden. Da Sorokins Werke, nicht am wenigsten das hier herangezogene theoretische Hauptwerk, sehr klar und geordnet ohne künstliche Verdunklungen geschrieben sind, eignen sie sich auch für das Studium von Anfängern. Gegenwärtig hat sich S o r o k i n in zahlreichen, sehr eindringlich geschriebenen Werken mehr der sozialen Ethik und einer wertenden Geschichtsphilosophie zugewandt. E r steht unter dem erschütternden Eindrucke der großen politischen Ereignisse und ihrer Einflüsse auf den Zusammenhang unter den Menschen. E r sieht eine Rettung in der Festigung der Nächstenliebe. Das k o m m t besonders (aber nicht nur hier) in dem von ihm herausgegebenen Sammel-
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werke: „Explorations in Altruistic Love and Behavior" (Boston 1950) zum Ausdrucke. In diesem Sinne hat er auch in Cambridge, Mass. das Harvard Research Center in Altruistic Integration and Creativity gegründet. Darüber schreibt Harriet H o f f m a n n in der Kölner Zeitschrift für Soziologie (Bd. IV, S. 104): „Mit solchen Veröffentlichungen strebt das Harvard Research Center in Altruistic Integration and Creativity danach, der Menschheit einen glücklicheren Weg für ihre Zukunft zu weisen. Sorokin ist davon überzeugt, daß ein reicheres Wissen um den einzelnen Menschen, um Menschengruppen, soziale Institutionen und Kultur dazu führen müsse, den Egoismus von Einzelwesen und Kollektiven zu vermindern. Aufgabe des von ihm geleiteten Instituts sei darum, die Haupteigenschaften und -funktionen der altruistischen Liebe aufzuspüren und vor allem die geeigneten Mittel und Wege für die Altruisierung der Menschen und Menschengruppen und die Ausbreitung dieser Altruisierung zu finden." Howard B e c k e r (Universität des Staates Wisconsin) steht unserem, im ersten Kapitel gekennzeichneten Streben besonders nahe, nicht nur, weil er in den zwanziger Jahren in Köln studiert hat, sondern auch, weil er die amerikanische Ausgabe meiner „Allgemeinen Soziologie" in englischer Sprache veranlaßt, die Übertragung geleitet und das Buch durch Zusätze ergänzt hat 1 ). Als Theoretiker * ) D i e s e englisdie A u s g a b e ist unter d e m T i t e l „ S y s t e m a t i c S o c i o l o g y . O n the B a s i s of the Beziehungslehre und G e b i l d e l e h r e ' . A d a p t e d a n d a m p l i fied b y H o w a r d Bedcer ( N e w Y o r k 1932, J o h n W i l e y & S o n s ) ersdiienen. W o h l der Z u s a t z „ a d a p t e d a n d a m p l i f i e d " h a t d a z u g e f ü h r t , d a ß H . Becker bisweilen als „ a u t h o r " o d e r M i t v e r f a s s e r des B u d i e s bezeichnet w o r d e n ist. D a s ist mißverständlich. D i e alleinige V e r a n t w o r t u n g f ü r den I n h a l t des d e u t schen O r i g i n a l s t r a g e ich. N i e m a n d h a t bei seiner A b f a s s u n g m i t g e w i r k t . Bei der Ü b e r s e t z u n g ins E n g l i s d i e schien es a b e r H . Bedcer verständlicherweise wünschenswert, es f ü r den U n t e r r i c h t s g e b r a u d i in den englisch sprechenden L ä n d e r n dadurch a u s g i e b i g e r zu g e s t a l t e n , d a ß in ihm A u s f ü h r u n g e n anderer A u t o r e n ( z . B . M a x W e b e r s ) z u m selben G e g e n s t a n d m i t a u f g e n o m m e n w u r d e n . D a s h a t nur den N a d i t e i l mit sidi gebracht, d a ß die systematische Geschlossenheit, u m die idi m i d i b e s o n d e r s b e m ü h t h a t t e , beeinträchtigt w o r d e n ist. S o d a n k b a r ich f ü r die ausgezeichnete Ü b e r s e t z u n g w a r , s o machte m i r doch die B e o b a c h t u n g S o r g e , d a ß die nicht immer in der T e r m i n o l o g i e u n d G e d a n k e n f ü h r u n g d a z u p a s s e n d e n D a r l e g u n g e n a n d e r e r A u t o r e n eingefloditen s i n d , o h n e d a ß durch eine a n d e r e D r u c k f o r m der f r e m d e B e s t a n d t e i l gekennzeichnet ist.
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und Systematiker rechnet sich Becker zu den Analytikern. Sie seien die „Grammatiker der Sozialwissenschaften". Zu den Synthetikern alten Stils zählt er Ross, Ellwood, Sorokin und Thomas; zu den Analytikern u. a. Maclver, Park und Burgess, Abel, House, Wirth, Blumer, Parsons und sich selbst. (Es mag dahingestellt bleiben, ob die so bezeichnete Unterscheidung klar und zutreffend ist.) Jedenfalls gehört Becker einmal zu den fruchtbarsten Historikern der Ideengeschichte; dann aber ist er als Systematiker ein phantasiebegabter, zugleich f ü r die Kulturentwicklung und das Geflecht des modernen sozialen Lebens aufgeschlossener Forscher, der seinen Schriften eine völlig eigenartige, künstlerische Form zu geben vermag. Das zeigen u. a. seine Studie über Ehe und Familie, seine tief eindringende Analyse der deutschen Jugendbewegung und seine Einführung „Man in Society", die, vom Anschaulichen und Populären ausgehend, mit didaktischer Meisterschaft in abstrakte Zusammenhänge hinüberleitet. In den letzten Jahren betont Howard Becker in seinen Schriften, wie u. a. sein Werk: „Through Values to Social Interpretations" zeigt, die Bedeutung der W e r t e im sozialen Leben. Es geschieht im Verein mit Robert R e d f i e 1 d , Talcott P a r s o n s , P.A. S o r o k i n , R.C. A n g e l l , Ralph L i n t o n , Ruth B e n e d i c t u.a. Diese Autoren suchen den in den zwanziger und dreißiger Jahren im Vordergrund stehenden Behaviorismus, wie ihn besonders G. A. L u n d b e r g und S. C. D o d d vertraten, entgegenzutreten. R. M. M a c l v e r , der Herkunft nach Schotte, jetzt im Department of Political Science der Columbia-Universität in New York, verbindet in vieler Hinsicht die spezifisch amerikanische Schauweise mit der in Europa üblichen Optik; ihn verknüpft manches mit der Tradition Hobhouses, aber auch mit der verstehenden Soziologie Max Webers, dessen Betonung der Wertfreiheit er sich zu eigen gemacht hat. Von seinen zahlreichen Werken soll hier die Aufmerksamkeit auf eines seiner neuen Bücher „Social Causation" (Boston etc. 1942) gelenkt werden. In
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ihm ist besonders seine Untersuchung über „group assessments" (kollektive Wertungen) hervorzuheben. Maclver gehört neben Parsons, Lundberg, Ogburn, Becker, Sorokin u. a. zu den Soziologen, die das Vorurteil, die amerikanische Gesellschaftslehre sei theorielos, entkräften. Auf die zahlreichen Autoren, die die Soziographie, die „Case Studies", die Beobachtungsmethoden und die Spezialzweige pflegen, einzugehen, muß ich mir versagen. Jedoch wäre es, wie gesagt, falsch, die heutigen Bemühungen um die theoretischen Grundlagen in Amerika über der massenhaften „Research"-Arbeit zu übersehen. Allerdings wird die moderne Theorie vielfach angeschuldigt, keine genügende Verbindung mit der empirischen Forschung zu besitzen. So hat Robert B1 u m e r auf der Jahresversammlung der American Sociological Society im August 1953 in einem Vortrag: „What is wrong with Social Theory?" darüber lebhafte Klage geführt. Er hat aber auch betont, daß die Anhäufung von Erfahrungstatsachen in der empirischen Forschung ohne die Führung und Ordnung, die nur durch klare Begriffe — also durch Theorie — erfolgen kann, nicht möglich ist. Im Vordergrunde der Arbeit an der Theorie steht neben den eben Genannten der bereits dabei erwähnte Talcott P a r s o n s . Er sucht nach einer gemeinsamen Basis für einen einheitlichen Gedankenbau der gesamten Soziologie. Er will ihn in einer recht verwickelten und des Widerspruchs nicht entbehrenden Gebildelehre geben, die ihr Fundament — das muß mir als der Hauptfehler erscheinen — nicht in einer Lehre von den sozialen Prozessen hat. Er findet infolgedessen nicht die Brücke vom persönlich-individuellen Dasein zum Bereiche der Kollektivkräfte. Schon seine Begriffe von Sozialsystem, Handlung und Struktur sind recht unklar. Noch am verständlichsten ist mir seine Theorie von den Kultursystemen, von denen er mit Recht sagt, daß sie anders organisiert seien als Sozialsysteme. Es gebe drei Arten von „culture patterns" (Kulturmustern): a) Systeme des Glaubens und Denkens, b) Systeme von expressiven Symbolen, z. B. Kunstformen und Stile, schließlich c) Systeme von
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Wertorientierungen. (Ich führe diese Dreiteilung an, um zu zeigen, daß auch hierbei Unklarheiten bestehen: Sind denn Glaubenssysteme keine Wertorientierungen, und bedienen sie sich nicht der Symbole?) — Im einzelnen entbehren manche Darlegungen Parsons' nicht eines anregenden Gehalts, so sein Beitrag zur Theorie von den sozialen Rollen und von der Institutionalisierung des Rollenmechanismus. Insgesamt: 1. Noch vor wenigen Jahren konnte man an der amerikanischen Soziologie die Neigung feststellen, von der Spekulation zur empirischen Forschung und in ihr zur Quantifizierung überzugehen. Aber die Betonung der Bewertungen bei manchen Autoren stellt eine Gegentendenz dar. 2. Die Verbindung zu den erfahrungswissenschaftlich arbeitenden Unterdisziplinen der Nachbarwissenschaften, besonders zur Anthropologie und Philosophie wird enger. Merkwürdig ist dabei das Verhältnis zur europäischen Wissenschaft. An die Stelle des noch im ersten Jahrzehnt dieses Säkulums bestehenden Abhängigkeitsgefühls ist ein starkes nationales Selbstbewußtsein getreten. Europa erscheint als der empfangende Teil, der in der T a t in Deutschland, Skandinavien, England — sehr viel weniger in Frankreich — die neuen Forschungsmethoden mit Hilfe von amerikanischem Gelde recht bereitwillig übernimmt und darüber die eigene Tradition vernachlässigt. Immerhin werden in den Vereinigten Staaten fast modemäßig einige europäische Autoren zeitweise durch Übersetzungen und im akademischen Unterricht stark bevorzugt, aber nach einiger Zeit wieder vergessen. So bestand in den dreißiger Jahren geradezu ein Pareto-Fieber; dann kam Dürkheim, danach Max Weber und jetzt sogar der so unamerikanische Simmel an die Reihe. Überhaupt hat das unruhige Eiltempo, das unsere Zivilisation kennzeichnet, grade auch Forschung und Lehre der Soziologie in Amerika erfaßt. Vieles ist im Flusse; die Übersicht zu bewahren ist schwer. Ein Heer von akademischen Hilfskräften und Schriftstellern bescheideneren Ranges ist eifrig tätig; aber selbständige
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und genialere Denker haben es schwer, sich Geltung zu verschaffen. Kapitel
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Die Soziologie in Frankreich und einigen anderen Ländern nach Comtes Tode a) F r a n k r e i c h In Frankreich galt es in den letzten hundert Jahren v o r allem, das W e r k Comtes f o r t z u f ü h r e n oder zu verändern. U n t e r den heute nicht mehr lebenden A u t o r e n dieser Jahrzehnte stehen die Forscher im Vordergrunde, v o n denen zwei das W e r k Comtes fortzusetzen unternahmen, während der dritte, G a b r i e l T a r d e , seine eigenen Wege gingGabriel T a r d e s (1843—1904) Hauptwerk ist „Les Lois de l'imitation", deren erste Auflage 1895 bei Alcan, Paris, erschien, nachdem die meisten Kapitel s Aon seit 1882 in der Revue philosophique publiziert worden waren. Die 7. Auflage stammt aus dem Jahre 1921. Den Hauptinhalt dieses Werkes wie seiner Schriften „L'Opposition universelle" und „La Logique sociale" hat Tarde in seinem Büchlein „Les Lois sociales" (Alcan 1898) zusammengefaßt. In deutscher Sprache ist diese Schrift in der philosoph.-soziol. Bücherei (Bd. 4, Leipzig) unter dem Titel „Die sozialen Gesetze" erschienen. Emile D ü r k h e i m (1858—1917) hat 12 Bände der Année Sociologique bei Alcan, Paris, herausgegeben. Aus seinen Schriften nennen wir „Les règles de la méthode sociologique" (Paris, Alcan, 1895, 7. Aufl. 1919). In der Vorrede zur 2. Auflage findet sich eine klare Übersicht seiner Lehre. Ferner „De la division du travail social" (ebendort 1893; 4. Aufl. 1912) und das (zur Einführung in Dürkheims Theorie recht geeignete) Büchlein: „Sociologie et Philosophie" (Alcan 1924). In ihm hat Professor Bougie (von der Sorbonne) drei wichtige Aufsätze seines Lehrers gesammelt und mit einem Vorworte versehen. René W o r m s (1869—1926) war der Herausgeber der Revue Internationale de Sociologie und der Generalsekretär des Institut International de Sociologie. Von seiner älteren Schrift „Organisme et société (Girard & Co., Paris 1896) ist unten die Rede. Aus seinen zahlreichen anderen Veröffentlichungen nennen wir das
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Büchlein „La Sociologie, sa nature, son contenu, ses attadies" (Paris, Girard 1921). Die drei kleinen Schriften: Tarde: Les Lois Sociales, DurkheimBouglé: Sociologie et Philosophie und Worms: La Sociologie, die man zu niedrigen Preisen im Buchhandel erhalten kann, sind geeignet, Anfängern das Studium der französischen Soziologie zu erleichtern.
Gabriel T a r d e , Emile D ü r k h e i m und René " W o r m s unterscheiden sich in ihrer Grundauffassung der Soziologie wesentlich; besonders Tarde und Dürkheim können als Antipoden gelten. T a r d e sucht als Gesellschaft die Summe der seelischen Einwirkungen von Einzelmenschen zusammenzufassen. Sein Hauptsatz lautet: „La Société c'est Limitation", die Nachahmung ist ihm die grundlegende Tatsache des zwischenmenschlichen Zusammenhangs. D ü r k h e i m leitet nicht das Gesellschaftliche vom Individualpsychischen ab; vielmehr ist ihm wie Comte das Seelenleben der Menschen eine Ausdrucksform der überpersönlichen Gesellschaft; ja, er sucht so sehr den Primat und die Selbständigkeit des Sozialen hervorzukehren, daß er geradezu fordert, die sozialen Tatsachen als außerhalb des Einzelmenschen stehende Realitäten zu untersuchen. Die Haupttatsache im sozialen Leben ist ihm der Z w a n g , den die Gesellschaft auf den Menschen ausübt. („Est social le fait, qui est accompli sous la pression de la société.") Kann man Tarde als Individualisten, Dürkheim als Universalisten bezeichnen, so nimmt W o r m s in Überwindung dieser falschen und künstlich geschaffenen Gegensätze den (unseres Erachtens einzig gerechtfertigten) vermittelnden Standpunkt ein; nach ihm ist „das Soziale aus individuellen Elementen gemacht und das Individuelle von sozialen Elementen erfüllt". Die Gesellschaft bestehe nicht n e b e n den Einzelmenschen, sondern existiere als Organisation der Menschen. Die Fundamentaltatsache des Sozialen ist bei ihm die geistige Begegnung der Wesen. („La rencontre mentale des étres, voilä pour nous le fait social originaire.") Für T a r d e ist vor allem der Gedanke charakteristisch, daß soziale Tatsachen seelische Erscheinungen sind. Damit
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schwindet bei ihm der Unterschied von Soziologie und Sozialpsychologie. Indessen bedarf dieser Satz sogleich einer näheren Erklärung, damit er nicht mißverstanden wird. Für Tarde gibt es nur Einzelmenschen, zwischen denen seelische Beziehungen bestehen. Er verwirft alle kollektivistischen Lehren, die den Gruppen als solchen ein besonderes psychisches Leben zusprechen. Mit Recht sagt Sorokin von ihm, daß er durchaus Nominalist sei. Gerade die engere Beziehungslehre (weniger die Gebildelehre) kann aus Tardes glänzend geschriebenen Werken wertvolle Hilfe für ihre Forschungen entnehmen. Aber dreierlei wird sie ablehnen müssen: So wichtig die Rolle der Nachahmung im sozialen Leben ist1), so wird man Tarde nicht folgen können, wenn er in ihr d a s soziale Elementarphänomen sieht. Ferner hat Tarde mit seinen hauptsächlich intuitiv erfaßten Erkenntnissen geschichtlich und kulturphilosophische Spekulationen verknüpft, die der Nachprüfung und Einschränkung bedürfen. Schließlich sind soziale Tatsachen keineswegs nur seelische Erscheinungen. Vielmehr haben wir schon im ersten Kapitel dieses Büchleins angedeutet, daß begrifflich die soziale Sphäre von der seelischen geschieden werden muß. D ü r k h e i m ist seit Comte der einflußreichste Soziologe Frankreichs gewesen, dessen Lehren (nicht ohne erhebliche Einschränkungen) heute am stärksten fortleben. Es gibt auch in der jüngsten Gegenwart eine Durkheim-Schule. Seine Denkweise hat man richtig als Soziologismus bezeichnet. Anzuerkennen ist vor allem seine Grundauffassung, daß Soziologie eine reine Wissenschaft ohne Vermengung mit Philosophie oder Politik sein muß. Er tadelt an Comte, daß er allmählich vom Studium der sozialen Dynamik in die Politik und in die Begründung einer Zukunftsreligion geraten sei. Er will dagegen Tatsachen und Beziehungen zwischen Tatsachen entdecken, nicht mehr. Er sagt sehr 1) D a ß dabei T a r d e mit Imitation nur e i n e besondere Erscheinungsf o r m der sehr zusammengesetzten Tatsache Nachahmung meinte, darüber vgl. v. Wiese, Beziehungslehrc, S. 170 ff.
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richtig, daß diese Tatsachen nur oberflächlich und ungenau bekannt sind, weil philosophische Ideen ihre Kenntnis verhüllen; methodische Beobachtungen seien notwendig. Wir wüßten nicht, was die Familie, der Staat, die Religion wären; aber es gebe Typen von ihnen, die wir beschreiben und vergleichen könnten. Stufenweise würden wir in die objektive Erkenntnis ihrer Wirklichkeit eindringen. Wie Spencer neigt auch Dürkheim besonders zum Studium der Einrichtungen der Naturvölker und verbindet eng Soziologie und Ethnologie. Dürkheim geht verhältnismäßig schnell (wie Max Weber in Deutschland) zum Studium der speziellen Soziologien (Religions-, Rechts-, Familien- und Sprachsoziologien) über; hier kann sich seine vergleichende Methode betätigen und bewähren. (Das von ihm begründete, periodische Sammelwerk, die Année Sociologique, dient diesen Aufgaben.) Eine positivistische Tendenz ist bei ihm unverkennbar. Bougie zeigt, daß es ihm vorwiegend auf Probleme der Moral angekommen sei. Damit ist in der Tat der Schlüssel zur Kammer seiner Einseitigkeiten gegeben. Dürkheim wollte den Mystizismus in der Ethik vermeiden und versuchte dies dadurch, daß er das Ethos zu einer rein sozialen Angelegenheit machte. Von R e n o u v i e r habe, sagt B o u g l é , D. die Lehre übernommen, daß das Ganze mehr enthalte als die Teile, von C o m t e , dessen Werk er fortzusetzen unternahm, hätte er, meint Bouglé, die Formel entnehmen können, daß man das Übergeordnete nicht durch das Untergeordnete erklären könne. Ihm ist die Gesellschaft die einzige Stätte des moralischen Lebens. Alle Imperative, die Dingen und Menschen ihren Rang zuweisen, seien Äußerungen des Gemeinwillens. Teil und Ganzes sind aber gleichzeitig und gleichwertig; es gibt da keine Rangordnung. Das Ganze dient dem Teile ebenso wie der Teil dem Ganzen. Abzulehnen ist ferner, daß alle Moral, alle religiösen und ästhetischen Normen nur als Äußerungen des Gemeinwillens anzusprechen seien. Der Zusammenhang zwischen Gott und
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Einzelseele wird damit durchbrochen. Der Gemeinwille ist oft unmoralischer als der Einzelwille; die Gruppe steht häufig viel tiefer als der Mensch. Das gemeinschaftliche Leben zieht nicht selten herab. Aber die Lehre von den s o z i a l e n Z w ä n g e n , die im Mittelpunkte seiner allgemeinen Gesellschaftslehre steht, wirkt weiter; einer seiner eifrigsten Schüler G. L. D u p r a t (in Genf) hat sie ihrer Zuspitzungen entkleidet und fortgeführt. René W o r m s gehörte in jüngeren Jahren zu den Organizisten. Damals trieb er (besonders in seinem „Organisme et Société", 1896) die Analogie zwischen Gesellschaft und Leib sehr weit. Es ist aber bemerkenswert, daß dieser Soziologe — darin S c h ä f f l e ähnlich — in seinen letzten Arbeiten zu einer Auffassung gelangt war, die er in den Worten ausdrückte: „Studium, Erfahrung und Nachdenken haben uns schließlich gelehrt, die Zustimmung, die wir den Prinzipien der organizistischen Lehre anfangs gegeben hatten, einzuschränken oder an ihre Stelle hinreichend deutliche Grundsätze zu stellen". 1 ) N u n erklärte er, die Gesellschaft existiere als Organisation der Menschen. Es bleibe zwar etwas Organisches am Gebäude der Gesellschaft. Die Gesellschaften würden nach Art der Organismen geboren und handelten zunächst nach denselben Gesetzen wie sie. Sie schritten sodann in einer spezifisch menschlichen Art voran, indem sie sich einem Ideale zuwandten, das vom Geist erfaßt sei: einem Ideale der Gerechtigkeit, des Friedens, der Freiheit, des Lichtes. Dadurch strebten sie danach, unter ihren Mitgliedern eine Gleichheit und eine vertragsmäßige Solidarität zu schaffen. Von der organischen Welt schreite man so zur sozialen Welt ohne Erschütterungen und Unterbrechung durch Vermittlung der geistigen Welt fort. Sind nicht auch das sdhon mehr optimistische Glaubenssätze als systematisierte Beobachtungen? Wieviel Gruppen und abstrakte Kollektiva ließen sich nennen, die sich durchaus nicht einem Ideale der Gerechtigkeit, des Friedens, der 1) R. Worms, 1. c., S. 55.
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Freiheit" zuwenden und keine Gleichheit unter ihren Gliedern schaffen? Ob das geschieht, hängt durchaus von der Einflußstärke edler E i n z e l m e n s c h e n in den Gruppen ab. W o r m s stellt sich uns also in seinen letzten Lebensjahren, wo er seines Meisters Organizismus überwunden hat, insofern als Nachfolger Comtes dar, als für ihn die Soziologie keine Spezialwissenschaft ist. Zwar will er anders als Durkheim, für den die Soziologie die beherrschende Zusammenfassung der sozialen Einzelwissenschaften war, der einzelnen Sozialwissenschaft nicht ihren selbständigen, unterscheidbaren Charakter rauben; aber die Soziologie erscheint ihm doch als die Philosophie der Sozialdisziplinen. Er belastet sie dadurch mit Aufgaben, die ihr die klare Herausarbeitung einer eigenen, außerphilosophischen Aufgabe und deren Lösung erschweren. Von den französischen Soziologen, die zwischen den beiden Weltkriegen hervortraten, nennen wir ihren damaligen Altmeister Gaston R i c h a r d (1860—1944) von der Universität Bordeaux, die früheren Hauptschriftsteller des ehemaligen Dürkheim-Kreises der Année Sociologique, vor allem Marcel M a u s s und Paul F a u c o n n e t in Paris, den an den politischen Problemen der Demokratie stark interessierten C. B o u g l é (geb. 1870, vor einigen Jahren in Paris gest.), den auch als Statistiker hervorragenden früher Straßburger, später Pariser Professor Maurice H a l b w a c h s , schließlich den früheren Generalsekretär des Institut International de Sociologie Professor G. L. D u p r a t von der Universität in Genf. In dieser internationalen, früher mehr französischen wissenschaftlichen Gesellschaft, die im Jahre 1893 gegründet wurde, war bis zu seinem T o d e René Worms die treibende Kraft. Mit dem Uberwiegen der Wormsschen Richtung hing auch zusammen, daß sich die Durkheimschule der französischen Soziologie vom Internationalen Institut in den ersten 30 Jahren ziemlich fernhielt. Worms' Amt eines Generalsekretärs übernahm zunächst Gaston Richard, dann Duprat. Dieser Wechsel minderte auch den früheren Gegensatz zwi-
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sehen der Durkheimschule und der Richtung Worms'. Seit Beginn des zweiten Weltkrieges besteht dieses Genfer Institut nicht mehr. Gegenwärtig sind Bestrebungen im Gange, eine neue internationale Vereinigung in Verbindung mit der „Unesco" ohne Ableitung von der älteren Organisation zu errichten. Die französische Soziologie kannte bisher in der Hauptsache zwei Aufgabenkreise: einmal die ausgesprochen theoretische, ja spekulative Behandlung von methodologischen und erkenntniskritischen Grundfragen. Claude L é v i S t r a u ß sagt nicht mit Unrecht im Sammelwerke von Gurvitch-Moore: „Keine andere soziologische Schule hat je so viel Aufmerksamkeit der Problematik von Begriffsbestimmungen und der Unterscheidung von wissenschaftlichen und unwissenschaftlichen Fakten gewidmet wie die französische Schule" (wobei er wohl vorwiegend an die Durkheimschule denkt). Aber er spricht auch nicht minder richtig von der Kühnheit der theoretischen Vorwegnahmen und dem Mangel an konkreten Daten. Der zweite Aufgabenkreis bestand und besteht noch heute in der Ausnutzung der Ethnographie, Kolonialtätigkeit (so besonders bei René M a u n i e r ) und der Geographie. Die „Années Sociologiques" sind angefüllt mit Material über nichteuropäische Völker und über archaische Kulturen. Hinter diesen zwei Themenkreisen ist die Soziographie des europäisch-amerikanischen Kreises, überhaupt die Beschreibung des modernen sozialen Lebens zurückgeblieben. Soziologie ist in Frankreich teils eine Schauweise bei vielen anderen Wissenschaften, teils eine Methode; dagegen fehlt die klare Absonderung als Disziplin. U m so mehr ist es zu begrüßen, daß jetzt Georges G u r v i t c h (geb. 1894), der wie Sorokin russischer Emigrant ist und — wenn auch in ganz anderer Ausführung — die gleiche Aufgabe wie dieser in Amerika f ü r Frankreich übernommen hat, diese Lücke ausfüllt. Gurvitch ist nicht nur Rechtssoziologe, sondern auch Systematiker der allgemeinen Soziologie. Seit er 1938 seine „Essais de Sociologie" schrieb, hat er in den hauptsächlich von ihm redigierten „CahiersInternationaux
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de Sociologie" die Ergebnisse der Fortführung seiner Studien gegeben. E r legt W e r t auf die Typen der Vergesellschaftung, sucht in bestimmter und veränderter Richtung die Wissenssoziologie weiter zu entwickeln und neben die amerikanische Soziometrik seine Mikrosoziologie zu stellen, die zur Klärung des Wirverhältnisses der Menschen beitragen soll. Es ist hier nicht möglich darauf einzugehen, worin ich glaube, Gurvitch widersprechen zu müssen. In Band I V und V der Kölner Zeitschrift für Soziologie hat darüber ein Meinungswechsel zwischen uns stattgefunden. Statt einer Wiederholung meiner dort versuchten Kritik, die zum Teil eine Replik auf sein Urteil über die Beziehungslehre war, möchte ich nur die Überschriften hier kurz erläutern, unter denen Armand C u v i I i i e r in seinem Manuel de Sociologie 1 ) Gurvitch' „Essais de Sociologie" behandelt. (Den Essays ist inzwischen die von mir eingehender besprochene „Vocation actuelle de la Soziologie vers une Sociologie différentielle" [Paris 1950] gefolgt. Jedoch steht der von ihm in Aussicht gestellte Traité de Sociologie noch aus.) Gurvitch erstrebe, sagt Cuvillier, einen soziologischen Pluralismus, da das Soziale kein einheitliches Phänomen sei. Es gebe zwei Formen der Gesellung, die horizontale und vertikale, die zu sondern seien. Man müsse weiter trennen Mikro- und Makrosoziologie; jene habe sich mit den Formen der Gesellung, diese mit den sozialen Strukturen zu befassen. Man müsse (Punkt 3) spontane und organisierte Gesellung unterscheiden. Ferner seien viertens bei den auf gegenseitiger Durchdringung beruhenden Verbindungen Massen, Vereinigungen (communautés) und Gemeinschaften (communions), ferner passive und aktive Soziabilität zu unterscheiden. — Ich füge hinzu: sein System nennt er Tiefensoziologie, die n i a i t weniger als zehn „Niveaux en profondeur" aufweise, bei A u f diese z u r E i n f ü h r u n g s e h r g e e i g n e t e n z w e i B ä n d c h e n , die auch e i n e a u s f ü h r l i c h e B i b l i o g r a p h i e a u f w e i s e n , sei h i e r b e s o n d e r s h i n g e w i e s e n . Ich h a b e sie (auch m i t R e p l i k ) a u s f ü h r l i c h b e s p r o c h e n in K ö l n e r Z e i t s c h r i f t f ü r S o z i o logie, B d . I I (S. 434 ff.). V g l . A r m a n d C u v i l l i e r , M a n u e l de S o c i o l o g i e , 2 B d e . , P a r i 1 9 5 0 , P r e s s e s U n i v e r s i t a i r e s de F r a n c e . 7
von
Wiese,
Soziologie
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denen soziale Prozesse und soziale Gebilde verhängnisvoll von ihm vermengt werden. Es wäre reizvoll, die Entwicklung der Durkheimschule wiederzugeben. 1 ) N u r ganz weniges zum Schlüsse: Dürkheims Soziologismus erreichte wohl in seinem Buche über die Selbstentleibung (Le Suicide) von 1897 seinen Höhepunkt. Seine danach einsetzende intensive Befassung mit den schriftlosen Völkern, der sachliche Gegensatz zu LévyBruhl, der dabei entstand, und der Widerspruch aus anderen Lagern, aber auch von seinen Schülern Gaston Richard und G. L. Duprat, mochten wohl zu einer Abschwächung seines schroffen Universalismus in seinen letzten Lebensjahren beitragen. Besonders aber die Fortsetzer seiner Arbeit, vor allem Marcel Mauss und in stärkerem Maße Maurice Halbwachs und C. Bougie, vermieden die Ubersteigerungen seines Soziologismus. Auch Halbwachs schrieb über die „causes du suicide"; aber da er auch Statistiker und Soziograph war, erscheint seine Auffassung des sozialen Charakters der Selbsttötung erheblich gemilderter. Erst recht ist dies bei Bougies Darstellung des Problems der Fall; er schlägt eine Brücke zu der mehr das Persönliche in diesem Tatsachenkreise betonenden Erklärung der Psychiater. Überhaupt hat der heute vordringende P e r s o n a l i s m u s , den vor allem Jean V i a l und Edouard M o u n i er bekunden, den dogmatischen Gegensatz von Individualismus und Universalismus überwunden. H a l b w a c h s , den Howard Becker einen der hervorragendsten und produktivsten derDurkheimgruppe nennt, hat u. a. auch eine fesselnde Untersuchung über „Les Cadres Sociaux de la Memoire" (1925) geschrieben, in der er — hier noch ganz in Dürkheims Sinne — dartut, daß 3 ) U b e r die F r a n z o s e n E s p i n a s ( D e s sociétés a n i m a l e s ) , L é v y - B r ü h l ( L a m o r a l e et la science des m o e u r s ) , Le B o n , d e n M a s s e n p s y c h o l o g e n , ü b e r F o u i l l é e ( L a science s o c i a l e c o n t e m p o r a i n e ) u n d d e n g e n i a l e n J . M . G u y a u (ins D e u t s c h e ü b e r s e t z t e W e r k e ) : „ I r r e l i g i o n d e r Z u k u n f t " ( L e i p z i g 1910); „ D i e K u n s t als soziologisches P h ä n o m e n " ( L e i p z i g 1911) u n d „ E r z i e h u n g u n d V e r e r b u n g " ( L e i p z i g 1913), m u ß ich m i r v e r s a g e n zu b e r i c h t e n . Gegenwärtig w i r d in D e u t s c h l a n d Le Bon w i e d e r viel gelesen. V i e l l e i c h t d a r f ich h i e r z u auf m e i n e S t e l l u n g n a h m e z u seiner „ P s y c h o l o g i e d e r M a s s e n " i m „ S y s t e m d e r A l l g . S o z i o l o g i e " , 2. A u f l . , S. 205 ff. v e r w e i s e n .
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das Gedächtnis ein Produkt des sozialen Lebens sei. Man wird beim Rückblick auf die bisherige französische Entwicklung hervorheben müssen, daß es darauf ankommt, Comtes und Dürkheims Scharfblick für die Besonderheit sozialer Zusammenhänge zu bewahren, aber manche ihrer Generalisationen zu vermeiden. Es wäre falsch, bei der Kritik an beiden so weit zu gehen, daß ihre Errungenschaften vernichtet würden, statt sie fruchtbar auszugestalten. Zum Abschlüsse dieser Skizze der französischen Soziologie sei auf Armand C u v i l l i e r s Schrift: „Où va la Sociologie Française?" (Paris 1953, Rivière et Cie) hingewiesen. Sie führt die kritischen Betrachtungen seines „Manuel de Sociologie" fort. Er setzt sich darin mit dem ihm veraltet erscheinenden Soziologismus der DurkheimSchule auseinander, der die junge Generation, die nach empirischen Gegenwartsforschungen verlange, nicht zu befriedigen vermöge. Jedenfalls lasse sich eine zwiefache Tendenz in Frankreich feststellen, eine Soziologie, die auf der Tradition des Comteschen Positivismus beruhe, und die Neigung zur Induktion auf Grund konkreter Untersuchungen. In einen nicht ganz klaren Gegensatz zum französischen Positivismus wird in Kapitel III unter der seltsamen Überschrift „La Revanche de la Philosophie" die deutsche Entwicklung von Dilthey bis Sombart gestellt, an der vor allem die Nebelhaftigkeit der Theorie und der Phänomenologie vom Verstehen getadelt wird. Eingehend wird in Kapitel V unter dem Titel: „Une Sociologie Nouvelle" Georges Gurvitch', dessen Pluralismus ihm als „destructeur" der Soziologie erscheint, besprochen. 1 ) B l i c k auf e i n i g e a n d e r e L ä n d e r Ich bin mir bewußt, daß sich auch ein kurzgefaßter Überblick über die heutige Soziologie in außerdeutschen Ländern nicht mit der Betrachtung der amerikanischen, britischen und französischen Wissenschaft begnügen dürfte, son1 ) G u t o r i e n t i e r t a u d i die S c h r i f t : „ L ' E n s e i g n e m e n t en F r a n c e " ( P a r i s 1953, P u b l i c a t i o n U n e s c o ) .
des Sciences
sociales
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dern besonders v o n Spanien, Griechenland, Skandinavien, Südamerika, Mexiko, aber auch v o n Indien und China berichten müßte. Überall läßt sich ein Aufleben der sozialwissenschaftlichen Forschung und Lehre beobachten. Es soll nicht etwa Geringschätzung dieser eifrigen Arbeit (z. B. in Spanien, Brasilien und Mexiko) bedeuten, wenn hier nichts Näheres darüber gesagt wird. Aber der Leser würde ein oder zwei kurze Sätze oder die bloße A u f f ü h r u n g v o n N a m e n als f ü r ihn nichtssagend empfinden. Jedoch v o n vier Ländern sei wenigstens etwas gesagt: v o n Italien, v o n unserem Nachbarlande Belgien, v o n J a p a n und der Schweiz, zumal da in dem Werke v o n Gurvitch und Moore: „ L a Sociologie an X X e Siècle" zwar Übersichten über Polen, der Tschechoslowakei, Rumänien und Jugoslawien enthalten sind, aber nichts über Belgien, Holland und Japan. Zunächst über Italien. Ist doch einer der bedeutendsten Forscher, Vilfredo P a r e t o (1848—1923), Italiener gewesen 1 ). Es scheint uns nicht richtig, ihn, wie es S o r o k i n getan hat, zu der „mechanistischen" Schule zu rechnen. Pareto wollte die Soziologie v o n allen Subjektivismen befreien. Auch er übte wie Dürkheim scharfe Kritik an der Sozialphilosophie. Statt einer Deduktion v o n einem willkürlichen Apriori wollte er Tatsachen und die bei ihnen bestehenden Gleichmäßigkeiten aufweisen. Insofern könnte m a n etwa seine Lehre als naturwissenschaftlich bezeichnen. Ihn fesselte nicht zuletzt die Frage nach der Logizität gesellschaftlicher Erscheinungen. D e n geringen G r a d v o n Folgerichtigkeit in der Praxis des sozialen Lebens erklärt er aus dem großen Einflüsse von Residuen (Überbleibseln) und Derivationen (Ableitungen). Jene äußern sich in Instinkten, Gefühlen und dem, was die heutige Psychiatrie „ K o m p l e x e " nennt; Derivationen sind die Ideologien, die mehr in Einklang mit den Residuen als mit Erfahrung und Logik stehen. V o n einer „experimentellen M e t h o d e " V o n seinen W e r k e n nennen w i r : 1. T r a t t a t o di s o c i o l o g i a g e n e r a l e (1915/16) (auch in französischer Sprache) und 2. L e s systèmes socialistes (1902). — V g l . L . v. W i e s e , V i l f r e d o P a r e t o als S o z i o l o g e , Zeitschr. f. N a t ö k o n . , 7. J a h r g . (1936).
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kann man im strengen Wortsinn bei Pareto nicht reden; aber den Wirkungen der Unlogik, der auf Gefühlen beruhenden Vorurteile und den willenmäßig geschaffenen Ideologien nachzugehen, ist sicherlich eine Teilaufgabe der Soziologie. Als recht fruchtbar hat sich seine Lehre vom Wechsel der Eliten erwiesen. Die Diskussion über „Eliten" hat im Rahmen der Lehre von den Gesellschaftsschichten weite Kreise gezogen. Pareto gehört trotz den vielen Einwänden, die man gegen seine eigenwilligen Auslegungen der Spielarten menschlicher Charaktere erheben kann, zu den großen Gestalten in der Ideengeschichte. Ich möchte ihn aber nicht zu den Soziologen, vielmehr zu den die Soziologie befruchtenden Anthropologen rechnen. B e l g i e n nimmt in der Entwicklung der Soziologie einen wichtigen Platz ein; bei Holland war dies bis 1945 weniger der Fall. Hier fesselte in den ersten 20 Jahren dieses Jahrhunderts in der Hauptsache die Gestalt von S. R. S t e i n m e t z ; aber auch sein Lebenswerk gehörte wie das der meisten seiner Landsleute mindestens im gleichen Maße der Ethnologie an. Erst in den letzten sieben Jahren entwickelt sich die Soziologie grade in den Niederlanden, wo mehrere ganz neue Lehrstühle geschaffen worden sind, in größerer Selbständigkeit von Völkerkunde und Statistik ohne den Zusammenhang mit diesen Nachbargebieten aufzugeben. Belgien hat eine ältere und ausgezeichnete Geschichte unsrer Disziplin, dank vor allem der historischen Bedeutung Q u e t e l e t s , der nicht nur Statistiker und Demograph war. Von ihm stammt der Begriff des „mittleren Menschen" (homme moyen), der in der Theorie weiter lebt. Der Titel seines Hauptwerks: „physique sociale" hat eine andere Bedeutung als der Gebrauch desselben Wortes bei Comte. Dieser ersetzte den Terminus später durch die von ihm erfundene Bezeichnung Soziologie; die Wahl des Wortes Physik sollte die allgemeine Optik, nämlich die naturwissenschaftliche, kennzeichnen. Dagegen weist bei Quetelet der Ausdruck Physik auf seine Anwendung der Statistik auf soziale Erscheinungen hin.
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Von den späteren belgischen Autoren hat Guillaume d e G r e e f (1842—1924), der erste Inhaber des soziologischen Lehrstuhls an der Universität Brüssel und Mitbegründer der dortigen neuen Universität weitreichende Geltung erworben. Manche von seinen Schriften gehören mehr zur Problematik des Sozialismus und der Sozialpolitik, so die Beiträge zum internationalen Syndikalismus; verwandter mit unserem Aufgabengebiete sind seine Untersuchungen über die „Grenzen" und über „Kontraktualismus". Der Beziehungssoziologie stand nahe der frühere Direktor des ausgezeichneten Instituts de Sociologie Solvay in Brüssel Emile W a x w e i l e r (1867—1916), der noch der naturwissenschaftlichen Denkrichtung angehörte. Durchaus in die Reihe der Systematiker gehört neben Georges S m e t s , dem gegenwärtigen Leiter des genannten Instituts, und anderen heute lebenden Autoren E. D u p r é e l , wie schon der Titel seines jüngsten Werkes „Sociologie générale" anzeigt. Er hebt die Bedeutung der sozialen Beziehungen hervor, operiert dann aber in seiner Gruppenlehre ausschließlich mit den Prozessen der Assoziation. Neuerdings setzt Dupréels Lehre sein Nachfolger im Amte an der freien Universität Brüssel Henri J a n n e fort. In der Betonung der Abhängigkeit des Einzelmenschen von der Gesellschaft neigt er zu Dürkheim; aber er weicht insofern wieder erheblich von ihm ab, als er den sozialen Zwang von außen in die Seelen der Menschen verlagert. In Japan gibt jetzt wieder die soziologische Gesellschaft, die von Kumio O d a k a geleitet wird, eine Zeitschrift heraus, die die vor dem Kriege erschienene japanische Monatsschrift fortsetzt, die damals der inzwischen verstorbene Prof. M a t s u m o t o leitete. Odaka unterscheidet drei Perioden der japanischen Entwicklung. In der ersten (seit 1870) bestand Gleichsetzung von Soziologie mit Sozialphilosophie und überwiegender Einfluß von Spencer. In der zweiten (von 1919 bis zu den ersten dreißiger Jahren) stand Japan nach Odaka unter dem Einfluß der „formalen" Soziologie Simmeis und v. Wieses, der verstehenden Max Webers, der phänomenologischen Vierkandts, Litts, Sehe-
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lers, ferner Tardes und der Amerikaner Small, Giddings, Ross und Ellwood. Aber in der dritten Periode (1930 bis 1945) habe man sich von den Neigungen zur Psychologie und zur Analyse freigemacht und sich teilweise der Kultursoziologie Alfred Webers und Mannheims zugewandt. Während des Krieges wurden die Einflüsse Hans Freyers und der Totalitäts-Ideologie spürbar. Die sich vorher geltend machenden marxistischen Neigungen wurden unterdrückt. Gegenwärtig sei der amerikanische Einfluß und die Neigung zum Research stark vorherrschend; zugleich bestehe aber eine starke Zersplitterung in Spezialuntersuchungen (teilweise rein statistischer Art) und einige Hilflosigkeit, die auf dem Mangel an Theorie beruhe. Auch Roger G i r o d hat in der S c h w e i z bei seiner Antrittsvorlesung an der Universität Genf seinen Gesamteindruck 1 ) in der Behauptung zusammengefaßt, daß die Entwicklung der vielen konkreten Forschungsmethoden der Entfaltung der „pensee sociologique" vorauseile. Diese modernen Forschungen stellten den Theoretiker vor Gegebenheiten, an die er noch nicht gewöhnt sei und die ihn sehr oft in Verwirrung brächten. (!) — Einen solchen Respekt wie Girod vor dem massenhaften „Research" vermag ich nicht aufzubringen. W i e ich den Zustand glaube sehen zu müssen, sei in Vorwegnahme einer das Ganze abschließenden Betrachtung schon hier ausgesprochen: Auf ihrer der Umwege nicht ermangelnden Bahn hat in den letzten dreißig Jahren die Soziologie an Breite und Menge der Produktion stark zugenommen. In der Hauptsache hat der Empirismus die Spekulation besiegt. Damit sind aber auch die Gefahren des Absinkens in eine gedanklich seichte Vielgeschäftigkeit, in eine rein der Praxis und den Augenblickserfordernissen dienende Neigung zur bloßen Organisation heraufgezogen. Aber grade aus dem Uberdrusse an der Veräußerlichung der wissenschaftlichen Arbeit erhebt sich wieder das Verlangen nach Vertiefung, Sammlung, Systematik und Synthese, besonders nach der 1) "Wiedergegeben unter der Überschrift: „Sociologie d ' a u j o u r d ' h u i " in der Schweizer Zeitsdlr. f . V o l k s w i r t s d i . u. S t a t i s t i k , 90. J h r g . , S. 75 ff.
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V I I . Die ältere Soziologie in Deutschland
Verwurzelung der Theorie vom Mit- und Gegenmenschen, eben der Soziologie, in der allgemeinen Lehre vom Menschentume. Ich sagte anfangs, daß die Geschichte unserer Wissenschaft zu einer allmählichen Beschränkung ihrer Fragestellungen auf das f ü r sie Wesentliche geführt hat. Sie hat heute ihre eigenen Grundfragen, die ihr ein eigenes Arbeitsfeld geben. Der Weg bis zu dieser Erkenntnis ist recht lang gewesen. Er ist auch heute noch bestritten. Aber die üble Nachrede von Unorientierten, daß wir Soziologen noch immer nicht wüßten, was denn eigentlich unsere Aufgabe sei, ist grundfalsch. K a p i t e 1 VII Die ältere (enzyklopädische) Soziologie in Deutschland Eine Skizze der geschichtlichen Entwicklung in Deutschland bietet noch größere Schwierigkeiten, als dies bei anderen Ländern der Fall ist. Sie sind zweierlei Art: einmal gibt es viele Werke und Teile von Werken, die die Entstehung einer eigentlichen Soziologie vorbereitet haben, aber im Rahmen anderer Wissenschaften und unter anderen Disziplinbezeichnungen erschienen sind; ferner aber werden bei der oben hervorgehobenen weiten Dehnung des Begriffs Soziologie gleich Sozialphilosophie sehr viele Werke eingerechnet werden müssen, die wir nach unserem (nicht willkürlichen, sondern — wie zu zeigen versucht worden ist — wohl begründeten) Grundgedanken nicht einzubeziehen vermögen, ohne mit diesem Schweigen etwa ein negatives Werturteil über ihre Qualität abgeben zu wollen. Die Philosophie und Theologie, vor allem aber auch die Nationalökonomie, Völkerkunde und andere Wissenschaften weisen so viele Werke von mehr oder weniger sozialwissenschaftlichem Charakter auf, daß wir in dieser skizzenhaften Einführung, die den Anfänger nicht mit zu vielen Namen belasten darf, Beschränkung üben müssen. Auch möchte ich hier einem Zweifel Ausdruck geben, der gegenüber vielen literaturgeschichtlichen Ubersichten
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angebracht ist. Man bemüht sich nicht selten, Schul- und Richtungszusammenhänge über Gebühr zu konstruieren. Das geschieht häufig in der Weise, daß Einflüsse eines älteren auf einen jüngeren Autor überschätzt und aufgebauscht werden. Finden sich irgendwo Ähnlichkeiten im Urteile, Zitate und Bezugnahmen auf voraufgehende Schriftsteller, so ist sehr bald die Behauptung einer „Abhängigkeit" gegeben. Solche „Strömungen" zu entdecken, scheint geradezu eine Leidenschaft mancher Literaturhistoriker zu sein. In der T a t wird man im Aufweise von Zusammenhängen zwischen Forschern eine sehr wesentliche Aufgabe sehen müssen. N u r ist allzu vieles dabei bloße, nachträgliche Konstruktion, und es wird die eigene Findung von Gedanken und Lehren bei den einzelnen Autoren erheblich unterschätzt.. Jedenfalls wollen wir uns hier in der Wiedergabe solcher Strömungstheorien Zurückhaltung auferlegen; wir glauben, damit der Wahrheit näher zu kommen, als wenn wir den immer sehr gelehrt erscheinenden Geschichtskonstruktionen folgen. Die üblichste grobe Vereinfachung der Geschichte der Soziologie in Deutschland geht dahin, daß es in dieser Heimat rein spekulativer Philosophie überhaupt keine empirische und beschreibende Soziologie gebe. Man hat sich ein herkömmliches Bild vom deutschen Gelehrten gemacht, der nicht imstande sei, die ihm umgebende Erfahrungswelt mitHingabe zu beobachten, sondern vorziehe, sich imHange zum Metaphysischen und zur Befassung mit „letzten Fragen" zu erschöpfen. So wandele sich in Deutschland Soziologie alsbald in spekulative Sozial- und Geschichtsphilosophie; die nationale Spielart der deutschen Soziologie stehe, wenn man überhaupt von ihr reden könne, in krassem Gegensatze zudem matter-of-facts-Geiste der amerikanischen und britischen Soziologie, ja auch zur französischen, wo politische Oppositionshaltung gegen den Staat zur intensiven Befassung mit der — von ihm getrennt gedachten — Gesellschaft gezwungen habe. In Deutschland habe man sich aber lieber inzwischen mit dem Weltgeiste beschäftigt.
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Das ist eine leicht eingängige und weil halb wahre (und halb falsche), der traditionellen Typenbildung vom Nationalcharakter entsprechende Vereinfachung. Sie geht deshalb von Ideengeschichte zu Ideengeschichte, wird als eine feststehende Wahrheit betrachtet und nicht weiter nachgeprüft. So findet sie jetzt wieder ihre Zuspitzung in Albert S a 1 o m o n s Darstellung der „deutschen Soziologie" bei Gurvitch-Moore und ist (vermutlich von dort) in S h i l s „The Present-State of American Sociology" gedrungen. Er sagt 1 ), wobei er die tatsächlichen Verhältnisse geradezu auf den Kopf stellt: „ N u r e i n deutscher Soziologe, M a x W e b e r , verstand klar die Bedeutung von systematischer Beobachtung erster H a n d . " So wandert ein Irrtum von Lehrbuch zu Lehrbuch. N u r einmal hat, soviel ich sehe, Weber einen Vorschlag für soziographische Untersuchungen gemacht. Das war auf dem ersten deutschen Soziologentage, als er die Presse analysieren wollte. Der Plan war gut; er ist aber nie ausgeführt worden. Der Gedanke starb, als er kaum geboren war. Webers Größe lag in der Höhen und Tiefen des Lebens überblickenden genialen Schau; Beobachtung des Alltags lag ihm fern. Bei Salomon findet sich (nicht etwa als Aussage über die Vergangenheit, sondern auch in bezug auf die Gegenwart) die Behauptung, daß in Deutschland „alle beschreibenden und praktischen Studien völlig fehlen (complete lack)". Es gebe in Deutschland keine Soziologie, sondern nur Soziologen. Ihr Wirken sei zu verstehen und erschöpfe sich in einer beständigen Auseinandersetzung mit Hegel und Marx. Max Weber etwa, auch Tönnies, sogar Simmel müßten aus dieser Perspektive verstanden werden. Viel richtiger ist jedoch die Betrachtungsweise Howard B e c k e r s 2 ) , der für die Soziologie in Deutschland sogar neun Gruppen unterscheidet: 1. geschichtliche Soziologie, 2. Wissenssoziologie, 3. systematisch-empirische Soziologie, 4. Psychosoziologie, 5. Ethnosoziologie, 6. enzyklopädisch-eklektische Rich* ) V g l . E d w a r d S h i l s , T h e Present S t a t e of A m e r i c a n S o c i o l o g y , G l e n c o e , I l l i n o i s , T h e F r e e P r e s s , 1948, S . 5. 2) V g l . B a r n e s - B e d t e r , 1. c . , 2. B a n d , S . 920.
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tung, 7. Soziosophie, 8. marxistische Soziologie, 9. katholische Soziologie. In der T a t , das ist eine Einteilung, die, wenn auch unvermeidlicherweise dabei Überschneidungen stattfinden, den Tatsachen gerecht wird. Freilich vermag ich nicht, sie hier in dieser Skizze, die keine erschöpfende Literaturgeschichte sein will, zugrunde zu legen. Aber die im folgenden gegebenen Mitteilungen sind bei eingehenderem Studium nach Beckers Schema zu ergänzen. W i r sagten oben, daß die erwähnte Vereinfachung nicht ganz falsch sei. In der T a t zeigt sich im 19. Jahrhundert noch ein starkes Überwiegen der Geschichtsphilosophie; dabei ist der in Zustimmung oder Ablehnung bestehende Einfluß von Hegel und Marx vielfach unverkennbar, jedoch keineswegs so hervortretend, daß er als wichtigstes Kriterium dienen kann. Selbst schon bei Lorenz v. Stein, Schäffle, Ratzenhofer u. a. (erst recht seit Tönnies) tritt das Spekulative, ins Metaphysische vorstoßende Element mehr oder weniger zurück zugunsten einer allerdings stark generalisierenden, jedoch an der Empirie geschulten Betrachtungsweise. Die moderne deutsche Soziologie ist nun aber erst recht — besonders seit Max Webers und Schelers Tode — im steigenden Maße auch empirische Forschung. Der Unterschied zur amerikanischen vermindert sich beständig, einmal dadurch, daß die Beschreibung, die Soziographie, die Quantifizierung, die Befassung mit von der Praxis gestellten Fragen in Deutschland beständig zunimmt, ferner dadurch, daß aber in Amerika (von der entgegengesetzten Seite her) die Theorie an Boden gewinnt. Werfen wir zunächst einen Blick auf das 19. Jahrhundert: Ganz beiseite lassen können wir hier einen Hinweis auf die ältere deutsche Sozialphilosophie schon deshalb nicht, weil sie ja gerade mit der enzyklopädischen Soziologie in engstem Zusammenhange steht 1 ). Seit Kant und schon vor ! ) D e r A u s d r u d e „ e n z y k l o p ä d i s c h e " S o z i o l o g i e ist n i c h t e i n w a n d f r e i . Er s c h e i n t uns a b e r i m m e r noch d e r v e r h ä l t n i s m ä ß i g g e e i g n e t s t e zu s e i n . Ihn durch „ s y n t h e t i s d i " zu e r s e t z e n , g e h t sdion d e s h a l b n i c h t a n , w e i l die W e r k e der enger gefaßten Soziologie keineswegs auf Synthese verzichten.
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Kant seit Pufendorf und Chr. Wolf hat die Philosophie und das öffentliche Recht immer wieder soziale Probleme behandelt. Comte, den man als Ausgangspunkt der westeuropäischen Soziologie zu bezeichnen pflegt, hat auch Deutschland teils unmittelbar, teils durch Herbert Spencer mit seinem Positivismus und seinem Organismusbegriffe beeinflußt. Aber seine Ideen sind durch Marx in den ökonomischen Materialismus umgebogen worden. Im allgemeinen kann man von einer Comte-Spencer-Schule in Deutschland kaum sprechen, und der Positivismus hat außerhalb der Kreise der Marxisten nur kurze Zeit Anhänger gefunden. Dagegen läßt sich eine gewisse Parallele zwischen Comtes Lehren und der Philosophie seines Zeitgenossen H e g e l ziehen, der in erster Linie als deutscher Sozialphilosoph und Vorbereiter der Soziologie zu nennen ist. Beide, Hegel und Comte, verbindet ihre Ablehnung des Individualismus, während sie sich freilich dadurch unterscheiden, daß Hegels Gesellschaftsbegriff gerade nicht positivistisch, sondern ausgesprochen idealistisch gewesen ist. W i e Hegel, so müssen auch die Philosophen S c h e l l i n g , S c h l e i e r m a c h e r und H e r b a r t genannt werden. Aber ich möchte nicht der Übung folgen, nun auch diese Denker als Soziologen zu bezeichnen, nur weil in ihren umfangreichen philosophischen, anthropologischen oder psychologischen Werken Gedanken geäußert werden, die f ü r die spätere Gesellschaftslehre fruchtbar geworden sind. Eine tiefer dringende und umfangreiche Literaturgeschichte mag diesen geistigen Befruchtungen nachgehen; wir müssen hier darauf verzichten 1 ). W i r begnügen uns damit, drei große Denker der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Repräsentanten der älteren Periode der deutschen SozioStoltenberg h a t d a n k e n s w e r t e r w e i s e die Bedeutung der beiden T h e o logen Schleiermadier u n d R i c h a r d R o t h e gebührend hervorgehoben. ( V g l . s. „kurzen A b r i ß einer Geschichte der deutschen S o z i o l o g i e " i m "Weltwirtsdi. A r d i i v Bd. X X X I , S. 53 ff. Für die Zeit v o m A n f a n g des 19. J a h r h . v g l . seine „Geschidite der deutschen G r u p p w i s s e n s d i a f t , L e i p z i g 1937). Vgl. L . v . W i e s e „Albert Schäffle als Soziologe" in der Sammelschrift „Gründer der S o z i o l o g i e " , G. Fisdier, J e n a 1932.
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logie hervorzuheben: L o r e n z v o n S t e i n , K a r l M a r x und Albert S c h ä f f l e . Neben ihnen seien gerade auch wegen bestimmter einseitiger Zuspitzungen von Lehren des Jahrhunderts genannt: P a u l v. L i l i e n f e l d (als typischer Organizist), L u d w i g G u m p l o w i c z (wegen seiner Lehre vom Gruppenkampfe) und G u s t a v R a t z e n h o f e r (wegen seiner mit dieser Lehre vom Gruppenkampfe verwandten Theorie von der absoluten Feindseligkeit). Den meisten von ihnen (am wenigsten Karl Marx, der als Theoretiker Sozialökonom war) ist die enge und ungeklärte Verbindung von Soziologie und (meist darwinistischer) Biologie eigen. Widerstandsfähiger gegen den „Psychologismus" als in Amerika erwies sich zunächst diese biologische Richtung in Europa. Besonders der Glaube, aus der Analogie zwischen Gesellschaft und Leib (Organizismus) wären Erkenntnisse herzuleiten, wurde (weit über Spencers verhältnismäßig vorsichtige Versuche hinaus) von manchen Autoren mit einer gewissen Leidenschaft festgehalten. Bei jeder Analogie bemüht man sich aus dem Vergleiche zweier Dinge dadurch Nutzen zu ziehen, daß man von dem bekannteren von beiden ausgeht und zu ergründen versucht, ob sich nicht an dem dunkleren und unbekannteren gleiche oder ähnliche Zusammenhänge auffinden lassen wie bei jenem. Die organizistischen Soziologen hielten den Tierleib f ü r so genau von Anatomen, Physiologen und Pathologen durchforscht, daß man von ihm aus auf den unsichtbaren Geselkchaftsleib schließen könne. Das Seltsame ist nur, daß gerade umgekehrt auch die Biologen von der trügerischen Annahme ausgingen, der Zellenleib des Staates sei ja den Sozialwissenschaften so gut bekannt, daß man vielleicht gut täte, den Menschenleib als einen „Staat" anzusehen.
Sehr viel Scharfsinn verwandte der Balte P a u l v. L i l i e n f e l d (Hauptwerk: Gedanken über die Sozialwissenschaft der Zukunft, 1873—1881) auf eine Pathologie der Gesellschaft, die auf der Grundansicht beruht, die Societas sei ein wirklicher, lebendiger Organismus. Diese Neigung zu einer die Analogie mit dem Leibe nutzenden Pathologie der Gesellschaft verführte später Jakob v. U e x k ü l l , aber auch den noch ganz positivistisch-
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entwicklungsoptimistischen M ü l l e r - L y e r (gestorben 1916) zu Willkürlichkeiten, durch die der W e r t ihrer Darlegungen über den Zusammenhang von Leib und Gesellschaftsleben vermindert wird. In diesem Zusammenhang wird meist auch A l b e r t S c h ä f f l e (1831—1903) genannt, obwohl man ihm vielleicht durch eine Einordnung bei den Sozialphilosophen i d e a l i s t i s c h e r Tendenz gerechter würde 1 ). Es scheint uns richtig, in Schäffle recht eigentlich den deutschen Soziologen der letzten drei Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts zu sehen, da Tönnies' Einfluß in diesem Zeitabschnitte noch nicht allgemein genug war. Schäffles W e r k trägt deutlich alle Merkmale dieses Zeitraums, der erst Anläufe, erstmalige Weitsichten, bloße — viel zu umfängliche — Programme zu einer deutschen Soziologie, nicht aber schon eine Gesellschaftslehre selbst aufweist. Daß Schäffle zu den Vorbereitern (und nur zu ihnen) gehört, verkleinert — subjektiv genommen — durchaus nicht den W e r t seiner Leistung. Als geistige Persönlichkeit erscheint dieser Mann so reich und überragend, wie es nur ganz selten der Fall ist. Dieser Schwabe, der als Nationalökonom zu den „Kathedersozialisten", also zu den Sozialreformatoren, aber keineswegs zu den Marxisten zu rechnen ist, hat in den vier Bänden seines „Bau und Leben des sozialen Körpers", wie er selbst im Untertitel sagt, „den enzyklopädischen Entwurf einer realen Anatomie, Physiologie und Psychologie der menschlichen Gesellschaft" zu geben versucht. Aber er besaß nicht die Geschlossenheit, Klarheit und Oberflächlichkeit seines Vorbildes Spencer. Diese fast tragische Persönlichkeit, die bei starkem, wissenschaftlichen Willen voller Widersprüche der Neigungen war, tendierte nur bis zu einem gewissen Grade zum entwicklungsgeschichtlichen Monismus und zur bloßen Kausalforschung; sie stand innerlich doch Hegel und Schelling näher als Darwin, Spencer oder Häckel. Schäffles Denkungsweise entsprach mehr eine ethisierend-teleologische Erfassung der Welt; er V g l . L . v . "Wiese, „Albert Schäffle als Soziologe" in der S a m m e l s d i r i f t : „Gründer der S o z i o l o g i e " , G. Fisdier, J e n a 1932.
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war Spiritualist und Idealist. Dieser Widerspruch zwischen dem Empiriker und dem Metaphysiker in ihm f ü h r t e zur Unausgeglichenheit seiner Leistung. In dem von ihm hinterlassenen „Abriß der Soziologie" (1906) sucht er auch die Fesseln des Biologismus abzustreifen u n d sich mehr dem seiner N a t u r entsprechenden Spiritualismus hinzugeben. Die Gesellschaft ist ihm gleich der Völkerwelt; das Wesen des Volkes beruht in der geistigen V e r k n ü p f u n g v o n Menschen (wie das auch später O t h m a r S p a n n , der Fortsetzer von Schäffles idealistischen Grundauffassungen, behauptete). Gesittung sei der Inhalt des Volkslebens; das Ideal der Gesellschaft sei zunehmende Sozialisierung. Leidenschaftslos das Seiende zu beobachten, ohne die Ideale mit der Realität zu vermengen, war nicht Schäffles Sache. Dazu k o m m t , daß es damals geradezu schien, als ob eine Soziologie, die nicht ihre Grundgedanken, ihren systematischen A u f b a u u n d ihre Terminologie v o n der Biologie erborgte, eben nicht möglich wäre; es schien recht eigentlich in dieser Abzweigung unserer Wissenschaft von der Lehre v o m physischen Körper das Wesen der Sache zu bestehen. Es war schon allerhand, daß SchäfTle dem Organismusbegriffe nicht ohne Einschränkung gegenüberstand. Für unsere Zweifel, ob die Soziologie als Zusammenfassung der gemeinsamen Tatsachen aller sozialen Einzelwissenschaften fruchtbar ist, erscheint Schäffle als das geeignetste Beispiel. Niemand h a t dieses Ziel so inbrünstig verfolgt wie er. Er wollte die zerbrochenen Stücke der Kultur, m i t denen sich arbeitsteilig die einzelnen Geisteswissenschaften befassen, zusammenfügen u n d auch die Verbindung dieses K u l t u r Alls mit der übrigen Welt, recht eigentlich mit dem Gesamtkosmos geben. Nichts sollte draußen bleiben; alle Erscheinungen des Geistes sollten ebenso berücksichtigt werden wie alle greifbaren Dinge; was die Biologie und Psychologie lehren, sollte ebenso beachtet werden wie jede Kunstlehre v o n technischen Objekten. Was entsteht aus diesem gigantischen Mühen?: ein Begriffsgerüst, das in manchen Teilen recht wackelig ist, das zu allgemein bleibt, u m fruchtbar sein zu können. U m das dürre Gerippe zu beleben,
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wird es ausgefüllt mit dem allzu vergänglichen Fleische von Reformforderungen und von Gesinnungsbekundungen. SchäfTles Lehre entspricht damit dieser (zumeist älteren) Richtung der Soziologie, der enzyklopädischen, die Synthese ohne arteigene soziologische Optik will. Bezeichnender als Spencers Bemühen ist Schäffles Kraft im Dienste dieser Aufgabe. Er überragte Spencer an Abstraktions- und Systematisierungsvermögen, während ihn der Brite an Breite der Tatsachennutzung hinter sich ließ. Aber Schäffles Mißerfolg sollte uns lehren, daß das Vorhaben falsch ist. Die Organizisten, über deren Analogien Schäfile selbst hinauskam, stehen uns besonders fern. Nichts ist in der Wissenschaft bedenklicher, als vom Gleichnis und der Metapher einen so weitgehenden Gebrauch zu machen, daß es unklar wird, ob noch ein Bild gegeben oder Identität behauptet werden soll. Von den R a s s e t h e o r e t i k e r n müssen wir uns versagen, hier Näheres zu berichten. Es ist bisher keinem von ihnen gelungen, zu einem von Neigung oder Abneigung unbeeinflußten Urteil zu gelangen. Sie alle entbehren einer ihre Willkürlichkeit bändigenden Methode. Die Vermischung von Biologie und Soziologie, die Mehrdeutigkeit des Begriffs der Rasse ist bisweilen den begabten und geistvollen Dilettanten zum Verhängnis geworden. Es fehlte an dem richtigen Gefühle, daß man die Gesetze der physischen Entwicklung des menschlichen Organismus nicht ohne weiteres auf das soziale Leben übertragen kann, daß die Gesellschaft nicht imstande ist, die Aufgaben der Natur zu übernehmen, und daß die Biologie keine ausreichende Grundlage der Politik gewährt. Die Frage, welche Eigenschaften erforderlich sind, um die sozial passendsten zu sein, ist mit steigender Kulturentfaltung immer schwerer zu beantworten. Damit ist gewiß das große Problem der sozialen Auslese nicht gegenstandslos geworden. Es darf nur nicht falsch gestellt werden. Mit seiner ganzen Schwere steht es vor uns. Nach dem vereinfachten Schema eines Pseudodarwinismus kann es nicht behandelt werden.
V I I . D i e ältere Soziologie in Deutschland
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Jedoch wollen wir wenigstens einen Augenblick bei Gustav R a t z e n h o f e r ( l 842—1904), dem österreichischen Feldmarschalleutnant, verweilen, ohne ihn zu den Organizisten zu rechnen. Auch er hat (nach einer reichen sozialwissenschaftlichen Produktion, in der die drei Bände seines „Wesen und Zweck der Politik" [1893] hervorragen) eine knappe Zusammenfassung seiner Lehren durch eine „Soziologie" (1907) hinterlassen, wie man ihn überhaupt in einiger Hinsicht mit Schaffle vergleichen kann: dieselbe Unausgeglichenheit zwischen naturwissenschaftlichem, an Spencer orientiertem Monismus und einer voluntaristischen Ethik wie bei dem genialen Schwaben. Freilich beurteilt Ratzenhofer die Menschennatur durchaus pessimistisch; die schlechten Triebe walteten in ihr vor. Sein ethisches Ziel ist: Opferung des Individualinteresses für das Sozialinteresse. Ihm war Soziologie eine „zivilisatorische Disziplin". Die Nachwirkung seiner Lehren ist sonderbar verschieden: In Deutschland wurde er wenig verstanden, oft unterschätzt und im ganzen wenig beachtet. In Amerika wurde er durch S m a l l und andere der Ausgangspunkt der Interessen-Soziologie. Aber auch in Deutschland hat Ludwig S t e i n 1 ) gemeint, Ratzenhofer gebühre das Verdienst, eine deutsche Soziologie an die Stelle der L a z a r u s - S t e i n t h a l s c h e n „Völkerpsychologie" (die wir hier übergehen müssen) gesetzt zu haben, wenn er auch gleich den richtigen Einwand gegen seine subjektive Voreingenommenheit hinzufügt: „Erst Beschreibung, dann Erklärung; aber nicht umgekehrt wie bei Ratzenhofer: erst Erklärung, dann Beschreibung". Ratzenhofer als den Begründer der „deutschen Soziologie" anzusprechen, ist anfechtbar. V o r seinen ersten in die 90 er Jahre fallenden Werken liegt Tönnies' erste Auflage von „Gemeinschaft und Gesellschaft". Will man gar Oppenheimers Lehre folgen und L o r e n z v o n S t e i n als den ersten deutschen Soziologen bezeichnen, so müssen wir bis in die 50 er Jahre zurückgehen. Aber Ratzenhofer geV g l . seinen A u f s a t z „ S o z i o l o g i s d i e und g e s d i i d i t s p h i l o s o p h i s d i e M e t h o d e " im ersten J a h r b u c h f ü r S o z i o l o g i e , S . 222 ff. 8
von
Wiese,
Soziologie
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hört insofern nicht zu den fruchtbar nachwirkenden Vorläufern der Soziologie, als er keine soziologische Forschungsmethode besitzt, sondern entweder biologisierend verfährt oder mit genialer Subjektivität konstruiert und spekuliert. Er ist (wie oft ausgezeichnete Dilettanten) ein fesselnder Anreger, dessen aufblitzende Ideen von wissenschaftlicheren Köpfen nachgeprüft werden, so vor allem eben seine unbefangen vorgetragene, inhaltsreiche Idee des Interesses. In der T a t erklärt sich ein großer Teil menschlicher Gruppenbildung aus einer Verbindung von verwandten oder aus Zusammenprall entgegenstehender Interessen. Blickt man zurück auf die stattliche Zahl dickleibiger Werke, die von Enzyklopädisten (deren Kreis wir noch hätten erweitern können) geschrieben worden sind, so wird man wieder an die sich auch sonst oft bestätigende Wahrheit erinnert, daß es unter den schöpferischen Geistern, die nicht bloß Kärrner und technische Hilfskräfte der Wissenschaft sein wollen, nur wenige gibt, die nicht vor allem Verkünder und Propagandisten ihrer praktischen Ideale sein wollen. Wir finden bei ihnen lange, scheinbar ganz objektiv argumentierende Beweisketten und umständliche Umwege, um zur Erhärtung einer willensmäßig vorgefaßten Forderung zu gelangen. „Theorien" aber sind nicht Soziologie!' Ob die Philosophie langmütig genug ist, diese geistigen Ringer bei sich zu beherbergen? Wie aber steht es mit dem als ersten deutschen Soziologen ausgerufenen L o r e n z v o n S t e i n (1815—1890)? Oppenheimer nennt ihn und Karl Marx die „beiden führenden deutschen Soziologen" 1 ). Die Antwort auf unsere Frage ! ) Es scheint m i r ü b e r t r i e b e n , zu s a g e n , d a ß Steins "Werke „ v e r s c h o l l e n " g e w e s e n seien. B e s o n d e r s d i e L e h r e r des ö f f e n t l i c h e n Rcchts u n d die R e d i t s p h i l o s o p h e n b e z i e h e n sich o f t a u f i h n , w i e es u n t e r d e n N a t i o n a l ö k o n o m e n S d i m o l l e r in seinen V o r l e s u n g e n t a t . Es w a r a b e r e i n V e r d i e n s t W a e n t i g s , s e i n e n S d i ü l e r E . G r ü n f e l d zu d e r A r b e i t „ L o r e n z v . S t e i n u n d d i e G e s e l l s c h a f t s l e h r e " ( J e n a 1910) a n g e r e g t zu h a b e n . N a c h dieser " W i e d e r b e l e b u n g d e r w i s s e n s c h a f t l i c h e n T e i l n a h m e f ü r d e n S o z i a l p h i l o s o p h e n S t e i n e r w a r b sidi ( M ü n c h e n 1921) G o t t f r i e d S a l o m o n d a s V e r d i e n s t , S t e i n s „Begriif d e r G e s e l l s c h a f t " u s w . u n d „Geschichte d e r s o z i a l e n B e w e g u n g in F r a n k r e i c h " neu h e r a u s g e g e b e n zu h a b e n . O p p e n h e i m e r s A u s f ü h r u n g e n (S. 40 ff. des 1. B a n d e s seines "Werkes) schließen sich auch in d e r " W o r t w a h l g r ö ß t e n t e i l s e n g an G r ü n feld und Salomon an.
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hängt wieder ganz von der Ausdehnung des Begriffs „Soziologie" ab. Stein unterscheidet sich völlig von den naturwissenschaftlichen Soziologen. Er kommt von der Jurisprudenz, von der Hegeischen Philosophie und ist im ausgesprochenen Maße „Kulturwissenschafter". Seine Teilnahme gilt dem öffentlichen Leben, besonders der politischen Sphäre. Aber ihn bewegen nicht vorwiegend Verfassungs- und andere Fragen des öffentlichen Rechts. Er hat sich schon in den 40 er Jahren des vorigen Jahrhunderts zu intensiv mit dem französischen Sozialismus und Kommunismus befaßt, dessen Ideen er für die deutsche gebildete Welt erst gewissermaßen „entdeckte", als daß er nun den Staat allein als Gebilde des öffentlichen Lebens geschaut hätte. Ihn fesselt besonders der Zusammenhang des Staats mit der b ü r g e r l i c h e n Gesellschaft. Bei diesen tief dringenden Untersuchungen verfährt er in der Hauptsache historisch, teilweise sozialökonomisch. In der Denkweise erinnert er sehr an Schmoller. Auch die Mängel (neben den großen Vorzügen) scheinen uns bei beiden ähnlich: Die Unklarheit in der Begriffsbildung, die Verwaschenheit von Definitionen, soweit sie überhaupt vorhanden sind, schließlich das Fehlen durchsichtig aufgebauter Deduktionen. Stein, einer der geistreichsten Anreger in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts, war einer der ersten, der das Wesen der gesellschaftlichen K l a s s e n darzulegen versuchte. Es mag gelten, was Oppenheimer sagt: „Überall findet man seine Spuren. Vor allem bei Marx." Aber es geht doch wohl etwas weit, wenn es bald danach heißt: „Der Einfluß des Buches (,Sozialismus und Kommunismus des heutigen Frankreich') auf die deutsche Soziologie ist kaum zu ermessen. Alle oder doch fast alle ihre Schulen knüpfen hier unmittelbar an." (Oppenheimer nennt außer den Marxisten Tönnies, Schäffle, Gumplowicz, Ratzenhofer, Rodbertus, Dühring, Adolf Wagner, Schmoller.) Ich würde sagen: Viele deutsche Staatswissenschafter, Sozialphilosophen und Nationalökonomen haben wesentliche Anregungen von ihm erhalten. Aber es ist charakte-
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ristisch f ü r Stein, daß bei ihm „Gesellschaftslehre" ein Teil der Staatswissenschaften ist. Er gibt hervorragende Beiträge zur Erkenntnis des sozialen Gebildes, das man bürgerliche Gesellschaft nannte, das aber von dem abstrakten Allgemeinbegriff „Gesellschaft" der theoretischen Soziologie völlig zu sondern ist. Der Gebrauch desselben "Wortes Gesellschaftslehre einmal als Verdeutschung für Soziologie insgesamt, dann aber f ü r die Lehre von einem bestimmten sozialen Gebilde (bürgerliche Gesellschaft) ist sehr irreführend. Dabei ist freilich zu berücksichtigen, daß Stein als Philosoph den Kreis seiner Beobachtungen durch allgemeine Betrachtungen über „Gemeinschaft" und ähnliche Kategorien so unterbaut hat, daß in der Darstellung der „bürgerlichen Gesellschaft" manches Sozial- und Geschichtsphilosophisches mitbehandelt wird. Er ist eben nicht der Mann strenger Begrenzungen und Distinktionen. G r ü n f e l d hat recht, wenn er (mehr als einmal) klagend ausruft: „Es ist überhaupt keine leichte Aufgabe, die Steinsche Gesellschaftswissenschaft abzustecken, schon deshalb, weil ihr Schöpfer, wie so oft, es auch hier an der erwünschten Entschiedenheit und Beständigkeit fehlen läßt." Ich fürchte, daß die Nachrede, die Soziologie sei eine bloß unscharf fixierbare und verschwommene Disziplin, nur vermehrt wird, wenn wir Lorenz v. Stein zum Ahnherrn unserer Wissenschaft machen. Verlangt man vom Soziologen eine strenge Methode, die sich vom Verfahren des Historikers, theoretischen Politikers, Nationalökonomen usw. unterscheidet, so ist Stein überhaupt kein Soziologe. Aber wenn wir Männer wie Comte, Ward, Schäffle in den Stammbaum aufnehmen, so wird man den genialen Juristen, der das Nachdenken über „soziale Bewegungen" und gesellschaftliche Klassenzusammenhänge so sehr angeregt und beeinflußt hat, nicht beiseite schieben dürfen. W i e aber steht es mit Karl M a r x und dem großen Kreise mehr oder weniger marxistischer Gesellschaftstheoretiker? Nicht nur von den Marxisten selbst, sondern neben anderen von keinem Geringeren als Johann P l e n g e
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wird Marx als der wahre Begründer der deutschen Soziologie 1 ) angesehen. „Man kann", sagt Plenge, „die geistige Stellung von Marx in der Geschichte des 19. Jahrhunderts kaum übertreiben. Marx hat auch als Theoretiker eine dreifache Bedeutung in der Geschichte des deutschen Geistes und damit des Denkens überhaupt. Er bedeutet einen Wendepunkt in der Geschichte der Philosophie, einen Wendepunkt in der Geschichte der Wirtschaftstheorie und einen Wendepunkt in der Geschichte der Soziologie. Ganz zu schweigen von seiner Bedeutung in der Wirklichkeit der inneren und äußeren Politik, über die die Tatsache des Bolschewismus genügend s a g t . . . Marx hat der Soziologie mit seiner wieder nur einseitigen Lehre vom Klassenkampf eine die Listsche Lehre vom Nationenkampf ergänzende Weiterbildung der Kantschen Grundauffassung vom Aufstieg durch Kampf zum Völkerfrieden gegeben und so in die Stufentheorie des 18. Jahrhunderts die gegliederte Dynamik des von den Physiokraten entdeckten Klassengegensatzes hineingebracht. Darüber hinaus hat er mit derselben dynamischen Auffassung grundsätzlich den Blick auf das Ganze der neben- und übereinanderliegenden Lebensreiche gerichtet, indem er ihre Abhängigkeit von der wirtschaftlich-technischen Grundveränderung der Gesellschaft behauptete. Das sind gewiß nur Ansätze, aber großartige Ansätze, die aus ihrer ersten Begrenztheit längst befreit sein sollten." Es ist hier nicht möglich, sich mit diesem Urteil Plenges kritisch auseinanderzusetzen; wir begnügen uns hier mit dem Versuche der Einordnung Marxens in der Geschichte u n s e r e r Wissenschaft. Dabei entscheidet wieder die Fassung, die man dem Worte Soziologie gibt. Versteht man darunter die Synthese der Sozialwissenschaften, so kann man die Würdigung von Marx durch Plenge durchaus diskutierbar finden. Auch wird bei einer solchen Beurteilung nicht der Maßstab der Wissenschaft die strenge Beweisführung, sondern das für Philosophen, Reformatoren, 1) V g l . J o h a n n P l e n g e : „ I s t d a s G e i s t e s w i s s e n s c h a f t ? " in K ö l n e r j a h r s h e f t e f ü r S o z i o l o g i e , 9, I I I , S . 331.
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Geistesrevolutionäre und Menschheitsführer gültige Kriterium des bewegenden Willens angelegt. Wir müssen den kleinlicheren, aber unvermeidlichen Maßstab der Fachwissenschaft verwenden. D a wäre wohl zu sagen: Gemeinsam ist allen Marxisten, daß nach ihnen Bau und Leben der sozialen Gebilde im wesentlichen von wirtschaftlichen Faktoren, zumal der Güterproduktion und -Zirkulation, bestimmt wird. Die Neigung, die Determiniertheit der gesellschaftlichen Entwicklung durch e i n e n Hauptfaktor darzutun, findet sich bei vielen Sozialphilosophen; bisweilen wird die Entfaltung der Ideen, bisweilen werden geographische, demographische Gegebenheiten hervorgehoben, so daß es durchaus möglich ist, die „Schulen" von Gesellschaftstheoretikern nach der jeweilig von ihnen vorgenommenen Determination zu sondern. Keine freilich hat im 19. Jahrhundert solchen praktischen Einfluß erlangt wie der ö k o n o m i s c h e D e t e r m i n i s m u s der Marxisten. Jedoch auf den Versuch, in wenigen Sätzen die Grundzüge der marxistischen Gesellschaftsauffassung anzudeuten, müssen wir verzichten. Wir setzen sie als bekannt voraus oder verweisen auf die umfangreiche Literatur über Sozialismus 1 ). Dieser Marxismus ruht auf einer geschichts- und sozialphilosophischen Grundlage und ist nicht etwa bloß eine Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik. Zu einem weitesten Begriffe von Soziologie gehört auch er, und Marxisten erheben bisweilen den Anspruch, die wahre und allein richtige „Soziologie" zu besitzen. Max Adler etwa schilt die außermarxistische Soziologie „bürgerlich" gebunden und undynamisch. Er sagt 2 ): „Es scheint uns Marxisten nämlich eine wesentliche soziologische Erkenntnis zu sein, daß es in der geschichtlichen Lage der heutigen Wissenschaft zwei Richtungen gibt, die 1) "Werner S o m b a r t s „Proletarischer S o z i a l i s m u s " ( „ M a r x i s m u s " ) , ( J e n a 1924), e n t h ä l t z. B . im A n h a n g e des ersten B a n d e s einen u m f a n g r e i c h e n F ü h r e r durch die sozialistische L i t e r a t u r . 2) V g l . V e r h a n d l u n g e n des vierten deutschen S o z i o l o g e n t a g e s ( T ü b i n g e n 1925), S . 200 ff.
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durchaus durch Klasseninteressiertheit in letzter Linie, wenn auch vielfach unbewußt, bestimmt sind. Ich möchte die neue Richtung als die stationäre und die andere als die evolutionistische bezeichnen . . . Die stationäre Wissenschaft ist dadurch gekennzeichnet, daß die Forschung in ihr eine Grundeinstellung zeigt, die durchaus i n n e r h a l b d e r b ü r g e r l i c h e n G e s e l l s c h a f t verbleibt, diese selbst gleichsam als ihr naturgegebenes Milieu betrachtet und selbst die Entwicklung in ihr nur mit bürgerlichen Kategorien denkt, die also jeden Ausblick über sie hinaus als „unwissenschaftlich", „politisch" oder gar „utopisch" erscheinen lassen. Der Forscher ist hier gleichsam eingesenkt und verwoben in die Lebensgewohnheiten, Interessen und ideologischen Traditionen der bürgerlichen Gesellschaft, so daß ihm alles das, was an sich doch nur historische Beschaffenheit einer bestimmten Gesellschaftsstruktur ist, zur psychologischen Denknotwendigkeit und Temperierung seines Standpunktes wird." Dazu wäre viel Kritisches zu sagen. Hier nur kurz: Wir haben gesehen, daß alle ältere („bürgerliche") Soziologie (zumal Spencers, des entschiedensten Antisozialisten) gerade die Dynamik, die Entwicklung der Gesellschaft allzusehr bevorzugt hat. Alle „evolutive" Gesellschaftslehre unterliegt aber der Gefahr, Prophetie zu werden, die „bürgerliche" wie die „proletarische". Was aber diesen Gegensatz betrifft, so kann er nur dort gelten, wo allgemeine Werturteile über Kultur, Staat und Gesellschaft gefällt werden. Dabei ist die Gefahr, daß unbewußte oder bewußte Bindung des Autors an Stand und Klasse, an seine Gesellschaftsschicht sein Urteil trüben, nicht zu verkennen. Aber die empirische Soziologie ist dieser Gefahr sehr viel weniger ausgesetzt, weil sie.Rangordnungen sozialer Erscheinungen nicht vornimmt und ihr Aufweis von Beziehungen und Beziehungsgebilden ein neutraler Vorgang ist, der einer „bürgerlichen" Auffassung ebenso fern oder ebenso nahe steht wie einer proletarischen. Es läßt sich jedoch ein anderer Unterschied zwischen der marxistisch-geschichtsphilosophischen Gesellschafts-
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VII. Die ältere Soziologie in Deutsdiland
theorie und der Beziehungslehre aufweisen, die wir als typisch für eine empirisch-systematische Soziologie ansehen: Jene hebt die aus ökonomischen Tatsachen entstandenen Gebilde der K 1 a s s e n in eine Primärstellung und leitet von ihrer Struktur und den zwischen ihnen bestehenden Zusammenhängen und Gegensätzen die zwischenmenschlichen Beziehungen ab. Für unsere Auffassung ist jedoch die „Klasse" ein ziemlich unbestimmtes Gebilde der gesellschaftlichen Schichtung, das als Produkt bestimmter sozialer Beziehungen anzusehen ist. Wir erklären nicht die Beziehungen aus den Klassen, sondern die Klassen aus den Beziehungen. Die Organisation der Produktion ist für uns überhaupt nicht eine elementare Ausgangserscheinung, sondern etwas Abgeleitetes, das freilich selbst wieder, in ein enges Gebilde- und Beziehungsnetz hineingestellt, mannigfache soziale Einflüsse ausübt. Aber die Marxisten beginnen den Faden der Zusammenhänge von einem Knoten ab zu verfolgen, der ziemlich entfernt vom Ausgangspunkte der Analyse liegt und von uns aufgeknüpft wird. Beispielsweise: Die Marxisten leiten den sozialen Prozeß der Ausbeutung aus der „kapitalistischen" Wirtschaftsordnung her; ihre These ist: Kapitalismus schafft Ausbeutung. Wir unserseits leugnen nicht das Vorhandensein kapitalistischer Ausbeutung; aber es ist uns eine Erscheinungsform neben anderen Ausbeutungsphänomenen. Ausbeutung erscheint nicht bloß dort, wo kapitalistisch gewirtschaftet wird, sondern auch sonst noch recht häufig. Eine Beseitigung des sogenannten Kapitalismus beseitigt nicht die Ausbeutung, verstopft nur den Zugang zu einigen ihrer Formen und eröffnet die Möglichkeit anderer. Im übrigen kann sich mit der Teilnahme an beziehungswissenschaftlicher Forschung das „Bekenntnis" zum Sozialismus ebenso verknüpfen wie zu irgendeiner Weltanschauung oder Religion. Die Grundgedanken, auf denen der Sozialismus, speziell der Marxismus ruht, sind geschichtsphilosophische Glaubenssätze; darin unterscheidet er sich keineswegs von irgendeinem anderen „Ismus",
V I I I . Die jüngere Soziologie in Deutschland
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Karl Marx' Bildnis gehört also sicherlich in den Ahnensaal der Sozialphilosophen. Auch der Wirtschaftssoziologe wird sich sehr eingehend mit ihm auseinanderzusetzen haben. Schließlich ist auch G u m p l o w i c z 1 ) (1838—1909) als Begründer einer geschlosseneren deutschen Soziologie genannt worden. Über ihn sagt Stoltenberg 2 ): „ V o n Lorenz von Stein und Karl Marx geht dann ein Strom auch zu Gumplowicz, einem polnischen Juden österreichischer Staatsangehörigkeit, von dem man es versteht, daß er die Lehre vom „Klassenkampf" auf Grund der inzwischen angewachsenen Völkerkunde eines Lippert, Bastian und Gobineau zu einer Lehre vom „Rassenkampf" (1883) oder vielmehr, wie sich aus dem „Grundriß der Soziologie" (1885) mit größerer Deutlichkeit ergibt, zu einer Lehre vom Gruppenkampf weitergebildet hat." Mit Gumplowicz verbindet uns seine Absicht, die Soziologie zu einer von Sozialphilosophie, Sozialpolitik und Sozialismus zu trennenden Wissenschaft zu machen. Aber seine unüberbietbare Verkennung der persönlichen Sphäre im Menschenleben und seine gegen andere Zusammenhänge blinde Heraushebung des Gruppenkampfes machen es uns nicht möglich, seine Bekenntnisse als Wissenschaft anzuerkennen. Kapitel
VIII
Die jüngere Soziologie in Deutschland Auf wenigen Seiten ein vollständiges, wenn auch nur skizzenhaftes Bild vom Stande der Soziolgie in Deutschland während der 30 er und 40 er Jahre zu geben — wenn man den Namen Soziologie auf alle Schriften anwendete, die sich so nennen —, wäre kaum möglich. Gerade in den Jahren 1926 bis 1931 sind so viele und, was hier besonders wichtig ist, so verschiedenartige Werke und Aufsätze im Zeichen unserer Disziplin erschienen, daß es nicht leicht ist, einen ausreichenden Uberblick zu behalten. Die Fülle von V o n ihm nennen wir „ D e r R a s s e n k a m p f " , 2. A u f l . , 1909. — „ G r u n d r i ß der S o z i o l o g i e " (1885) und die (in Innsbruck 1928) g e s a m m e l t e n „ S o z i o l o g i schen E s s a y s " . 2) 1. c. S . 60.
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Namen und Büchertiteln, die bei einiger Vollständigkeit aufgezählt werden müßten, vor dem Anfänger auszubreiten, wäre ein didaktisch verfehltes Beginnen. Wir müssen uns damit begnügen, einige Grundlinien zu zeichnen; es ist nicht unsere Absicht, ein Autorenregister oder eine volle Literaturübersicht zu geben. Dabei können wir die Einteilung, die wir oben in Kapitel III gegeben haben, zugrunde legen: 1. historische und geschichtsphilosophische Soziologie, 2. metaphysische und erkenntnistheoretische und 3. systematisch-empirische Soziologie. Die historische Gesellschaftslehre ist in der Hauptsache zu dem geworden, was man heute K u l t u r s o z i o l o g i e nennt; von dem erkenntnistheoretischen Zweig war in den 20er und 30er Jahren die sogenannte W i s s e n s s o z i o l o g i e am fruchtbarsten, während die systematische jetzt vorwiegend von der Beziehungslehre gepflegt wird. Für die Kultursoziologie nennen wir als ausgesprochensten Repräsentanten Alfred W e b e r , für die Wissenssoziologie Karl M a n n h e i m , für die Beziehungslehre Johann P1 e n g e und den Verfasser dieses Büchleins. Damit erschöpfte sich aber keineswegs der Reichtum der Bestrebungen in Deutschland. Es gab eine von Othmar S p a n n geführte sozialethische Richtung, die sich die universalistische nennt; Franz O p p e n h e i m e r hatte ein stark politisch-ökonomisches System geschaffen, das liberale und sozialistische Gedanken verknüpft. Der verstorbene Karl D u n k m a n n nannte seine Gruppenlehre angewandte Soziologie. Hans F r e y e r will die Tendenzen der älteren deutschen Geschichtsphilosophie aufnehmen und vollenden. Statt die Reihe hervorragender Schriftsteller, die wir damit begonnen haben, fortzusetzen und zu vervollständigen, sei mehr etwas Allgemeingültiges gesagt. Angesichts der Fülle deutschen Schaffens, die zwischen 1933 und 1945 durch den Nationalsozialismus und den Krieg stark beschränkt wurde, sagte ich bereits in der ersten Auflage im Jahre 1926: „ E s w ä r e T o r h e i t und Überhebung, wollte man über die geistigen Leistungen, die auf den vorausgehenden Seiten erwähnt wurden, hinweggehen, als ob sie uns nichts Wertvolles zu sagen
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hätten. Betrachten wir nur das deutsche Schrifttum, so haben uns die großen T o t e n des letzten Jahrzehnts, M a x Weber und Georg Simmel, der Religionssoziologe Ernst Troeltsch, der emsige Literaturhistoriker Paul Barth, der geistreiche Eberhard Gothein, der Wirtschaftssoziologe Gustav Schmoller, der Sozialethiker und Systematiker A d o l p h Wagner Werke hinterlassen, aus denen auch die engere Fachwissenschaft der Soziologie reichen N u t z e n ziehen kann. Von denen, die im J a h r e der ersten Auflage (1926) noch lebten, nennen wir hier noch einmal den Wegbahner Ferdinand Tönnies, den temperamentvollen und reformeifrigen Franz Oppenheimer, den grüblerischen u n d bei aller Romantik kampfesfrohen O t h m a r Spann, den durch Intuition u n d künstlerische Gestaltungskraft hervorragenden Wirtschaftssoziologen und Sozialhistoriker Werner Sombart, den besonders durch seine Persönlichkeit wirkenden Kultursoziologen A l f r e d Weber, den ideenreichen Johann Plenge u n d nicht zuletzt den genialen Geschichtstheoretiker K u r t Breysig. W i r müßten noch manche auch in anderen Wissenschaften bewährten Forscher aufzählen (wie Lederer, Michels, Kantorowicz, Eulenburg, Litt, Honigsheim, Stoltenberg u. a.), könnten wir hier ein einigermaßen vollständiges Bild des Schaffens auf dem Gebiete der theoretischen oder allgemeinen Sozialwissenschaft geben." Von den eben Genannten leben heute (April 1954) nur noch Paul Honigsheim, T h . Litt, Johann Plenge, H . L. Stoltenberg und A l f r e d Weber. D a f ü r wäre die Liste u n t e r a n d e r e n zu ergänzen durch die N a m e n : Carl Brinkmann (Tübingen); Adolf Geck (Bonn); Adolf Günther (Innsbruck); H a r r i e t H o f f m a n n (Köln); Mirko Kossitsch ( f r ü h e r Belgrad); Elsbet Linpinsel ( D o r t m u n d ) ; Victor Leontowitsch ( F r a n k f u r t ) ; H e i n z Maus (Mainz); H a n n a Meuter (Aachen); A l f r e d Peters (Köln); M a x Graf zu Solms (Marburg), von dem ein größeres W e r k über Gesellungslehre zu erwarten ist, in dem er seine Gefüge- und Gerüsttheorie ausgestaltet u n d mit einer Geltungs- und Gehaltslehre verknüpft; M a x Ernst Graf zu Solms (Wilhelmhaven); H e i n z Sauermann ( F r a n k f u r t ) ; Karl Gustav Specht (Köln); Mathilde Vaerting (Göttingen); Andreas W a l t h e r ( H a m b u r g ) ; Georg Weippert (Erlangen); W e r n e r Zieg e n f u ß (Nürnberg). Z u den bedeutendsten deutschen Soziologen, die zugleich auf dem Felde der Ethnologie und Ethnographie arbeiten, gehören: Wilhelm E. Mühlmann (Mainz) u n d H i l d e T u r n w a l d (Berlin). Diese Reihe ist auch durch die vielen Autoren zu ergänzen, die vorwiegend auf Nachbargebieten tätig sind, aber der Soziologie nahestehen. Von ihnen gehören manche der Deutschen
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Gesellschaft für Soziologie an. Beispielsweise greife ich von den Nationalökonomen und Sozialpolitikern heraus: Gerhard Albrecht (Marburg); Erwin v. Beckerath (Bonn); Christian Eckert (Köln); Wilhelm Gerloff (Frankfurt); Ludwig Hey de (Köln); Georg Jahn (Berlin); Alfred Müller-Armack (Köln); Theodor Wessels (Köln) und Gerhard Weisser (Köln). In der vierten Auflage nannte ich ferner die seitdem verstorbenen Gelehrten Theodor Geiger, Charlotte von Reichenau und Richard Thurnwald. Nach der Aufsdiwungsperiode der deutschen Soziologie in den Jahren 1920 bis 1932 folgte bis 1945 eine Zeit der Lähmung, in der man an ihre Stelle die biologischen Lehren von der Rasse und der Vererbung, sowie die Ideen von Volk und Volkstum zu setzen versuchte. Man verkannte dabei, daß diese biologisch begründeten Theorien dringend der Ergänzung und Festigung durch eine Wissenschaft vom kulturellen Zusammenhange der Menschen bedürfen. Biologie ohne Gesellschaftslehre bleibt für das praktische Leben unvollkommen; denn die Wissenschaft von den Gesetzen des natürlichen Daseins erreicht nicht die Wirklichkeit der tatsächlichen Erlebnisse, die sich eben an Menschen im sozialen Räume und nicht nur in der Sphäre des Vitalen abspielen. Die Biologie belehrt uns über A n l a g e n , Möglichkeiten der Lebensführung und der Gruppierung, weist gewisse Folgen von Unterlassungen oder Begehungen auf. Aber wie sich das, was sie lehrt, vollzieht, hängt nur teilweise davon, im übrigen vom sozialen Zusammenhange ab. Jedoch wäre die Wiedergeburt einer tendenzfreien Wissenschaft vom Leben auch vom Standpunkte der ihr seit Malthus, Comte und Spencer so nahestehenden Soziologie zu begrüßen gewesen. Der schwere Schaden lag vielmehr darin, daß Rassenlehre, Eugenetik, Sippenlehre, Volkswissenschaft und Folklore in den Dienst einer rein praktisch orientierten Denkweise gezwungen wurden und ihnen keine selbständige Kritik gestattet war. Im einzelnen ist trotzdem auf dem Gebiete der Volkskunde und Stammesforschung in sozio g r a p h i s c h e r Hinsicht manches geschaffen worden, was nach Sichtung bleibenden Wert haben wird. Aus diesem Typenreichtum heben sich f ü r eine schroff generalisierende Betrachtung zwei Grundlinien h e r v o r : Die ältere Soziologie — das suchten w i r an Comte, Spencer, Sdiäffle zu zeigen — verband zwei ungleiche Bestrebungen, an deren Mißverhältnis zueinander sie gescheitert ist: sie wollte einerseits Geschichte interpretieren und den W e g des Geistes durch die Jahrhunderte aufweisen, w o möglich seine zukünftige Bahn prophezeien, und sie wollte
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andererseits den realen Zusammenhang der Menschen aufweisen. Dieses zweite Ziel, das uns als das eigentlich soziologische erscheint, kam gegen den erdrückenden Anspruch der philosophischen Geschichtsauslegung zu kurz. Die Vereinigung beider wurde von jenen Denkern Soziologie genannt. In die neue Epoche unserer Wissenschaft, die wir in Deutschland vom Erscheinen der ersten Auflage von Ferdinand T ö n n i e s ' „Gemeinschaft und Gesellschaft" (1887) ab datieren können, wurde diese doppelte Erbschaft hinübergenommen; allmählich zerlegte sie sich aber in zwei Arme, den vorwiegend die Geschichte generalisierend interpretierenden und den das Nebeneinander des gegenwärtigen Lebens in den Vordergrund rückenden Zweig. Die erstgenannte Richtung bevorzugte dabei die Typologie von Kulturphasen. In literaturgeschichtlicher Hinsicht kann sie sich darauf berufen, daß Hegel, Comte und Schäffle dasselbe unternommen haben. Daß eine Lehre von der empirischen Verbundenheit der Menschen untereinander etwas anderes ist, leuchtet ein. Verhängnisvoll ist nur der gemeinsame Name für zwei innerlich verschiedene Dinge; dieser Name aber ist eben literaturgeschichtlich zu erklären. Alfred V i e r k a n d t versucht den Unterschied der beiden Aufgaben dadurch auszudrücken, daß er von Kultursoziologie dort, von Gesellschaftssoziologie hier spricht. Verwickelter wird die Sache aber dadurch, daß die „Wissenssoziologie" eine Zwischenstellung einnimmt. Sie sucht nämlich die Ideologien und Utopien, die die einzelnen Zeitalter geistig beherrscht haben, aus den gesellschaftlichen Bedingungen verständlich zu machen; sie „enthüllt" die Ideologien als Spiegelungen sozialer Strukturen, z. B. der jeweiligen Klassenordnungen. Das ist nicht dasselbe wie die Kulturgeschichte älterer Richtung. Es setzt ein Eingehen auf die tatsächliche Lebensund Sozialordnung der Menschen voraus, befaßt sich freilich nicht mit ihr als Selbstzweck der Forschung, sondern nur als Mittel zum Zweck des Verständnisses geistiger Entwicklungen. Angebahnt und vorbereitet wurde diese Wissenssoziologie durch den Marxismus; die Betrachtungs-
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weise des historischen Materialismus hat uns an die Zusammenschau von Gesellschaftsordnung und Ideenwelt gewöhnt. Die moderne Wissenssoziologie, zu der Max S e h e l e r wertvolle Anregungen gegeben hat, macht sich freilich ihrerseits die Lehre des Marxismus vom „Überbau" nicht ohne weiteres zu eigen. Mit diesen Erscheinungen der Dreiströmung wird nicht selten der leidige, in Deutschland seit R i c k e r t zugespitzte Gegensatz von Natur- und Geisteswissenschaften vermischt. Man beliebt, einen scharfen Unterschied zwischen der zu den Naturwissenschaften tendierenden Soziologie des 19. Jahrhunderts (in Deutschland z. B. Schäffle) und den geisteswissenschaftlichen Grundlagen der heutigen deutschen Soziologie zu machen. W e r n e r S o m b a r t s scharf pointierte Beanspruchung der Soziologie für die Geisteswissenschaften, die jüngere Schriftsteller (wie G e r h a r d L e h m a n n und andere), die von der Philosophie herkommen, sich zu eigen machen, und die unklare Heraushebung einer angeblich allein gültigen „verstehenden Soziologie" hat die Scheidung noch vertieft. Dadurch, daß die Termini: Geist und Geisteswissenschaft, verstehende Wissenschaft und der Modeausdruck Phänomenologie in sehr verschiedenem, meist recht schwankendem Sinne gebraucht werden, ist eine gefährliche Verwirrung entstanden. Wir müssen uns demgegenüber zu der Auffassung bekennen, daß der Gegensatz zwischen Natur- und Geisteswissenschaft in der Soziologie unangemessen ist; sie muß ordnen, messen, quantifizieren; sie muß aber auch ein unmittelbares Verständnis für die Betätigungen und Bekundungen des menschlichen Geistes entwickeln; sie muß Ganzheiten zu schauen vermögen, muß sie aber auch in ihre Elemente zerlegen und analysieren können. Naturwissenschaftliche Ordnungsregeln und -aufgaben haben in ihr ebensoviel R a u m wie das intuitive Erfassen und innerliche Miterleben von Unwägbarkeiten 1 ). 2 ) D e s s e n E n t w u r f aus den J a h r e n 1880/81 s t a m m t , dessen erste A u f l a g e im J a h r e 1887 e r f o l g t e , dessen zweite A u f l a g e 1912 erschien und v o n dem gegenw ä r t i g die 6. und 7. A u f l a g e (Berlin 1926, K a r l C u r t i u s ) v o r l i e g t .
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Diese allgemeinenDarlegungen wollen wir nur noch durch einen kurzen Hinweis auf das Lebenswerk von F e r d i n a n d T ö n n i e s und durch einige Worte des Gedenkens an die drei auch schon dahingegangenen Denker ergänzen, die neben Tönnies in den beiden ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts im Vordergrunde der soziologischen Arbeit in Deutschland gestanden haben, G e o r g S i m m e l , M a x W e b e r und W e r n e r S o m b a r t . Zum Abschlüsse sei noch einiges über K a r l M a n n h e i m , A l f r e d V i e r k a n d t und T h e o d o r G e i g e r gesagt, die wie die drei eben genannten Autoren nun auch von uns gegangen sind. In den Sammlungen von Lebensläufen von deutschen Gelehrten steht hinter dem Namen F e r d i n a n d T ö n n i e s (1855—1936) eine ungewöhnlich große Zahl von Werken aufgezeichnet, von denen sehr viele in den weiteren und teilweise auch in den engeren Kreis von Schriften der Soziologie gerechnet werden müssen. In einer (hier nicht möglichen) eingehenden Würdigung dieser Lebensarbeit hätten wir zu zeigen, daß in der Erziehung des Lesers zu „soziologischer Optik" schlechtweg das große Verdienst dieses Denkers liegt. Im allgemeinen pflegt man freilich den Leitgedanken seines Grundwerks „Gemeinschaft und Gesellschaft" 2 ) als seine wissenschaftliche Hauptleistung hervorzuheben. Sicherlich ist auch diese Gegenüberstellung von „Gemeinschaft und Gesellschaft" die Basis seiner Lehren. Tönnies unterscheidet „reine angewandte und empirische Soziologie" (wobei seine Terminologie von der unsrigen abweicht, da wir ja „reine" und „empirische" Soziologie gleichsetzen). In seiner „reinen Soziologie" bilden G e r n e i n s c h a f t u n d G e s e l l s c h a f t d i e G r u n d b e g r i f f e . (Es handelt sich also dabei um einen engeren Begriff „Gesellschaft", der sich von dem allgemeinen Begriff Gesellschaft unterscheidet.) „Der Sinn dieser Begriffe", sagt Tönnies, „ist, daß alle diese Komplexe positiver Beziehungen, die ein Band (Vin1 ) V g l . d a r ü b e r a u d i die v o r t r e f f l i A e kleine S d i r i f t v o n J o h a n n Plenge, Z u r O n t o l o g i e der B e z i e h u n g , M ü n s t e r 1930, S t a a t s w i s s e n s c h a f t l . V e r l a g s anstalt m. b. H .
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culum) konstituieren, einen zweifachen Ursprung haben: entweder den menschlichen Wesenwillen oder den menschlichen Kürwillen. Als Wesenwillen begreife ich hier die Formen des Wollens, also der Bejahung und der Verneinung, die im Gefühl (der Neigung, dem Instinkt) ihre Wurzel haben, durch die Übung, also als Gewohnheit, sich befestigen und als Glaube oder Vertrauen sich vollenden. Dazu gehört auch das bejahende Wollen, sofern es auf Mittel zu einem Zwecke gerichtet ist, solange als diese Mittel in wesentlicher Einheit mit dem Zwecke gefühlt und gedacht werden. An diesem Punkte tritt aber der Bruch ein, wenn und insofern als Zweck und Mittel sich entzweien, d. h. als ein Mittel in vollkommener Isolierung, ja endlich in Opposition zu dem Zwecke, dennoch als zweckmäßig bejaht und gewollt wird; also auch trotz Widerwillens, mit Überwindung eines solchen, z. B. der widerstrebenden Neigung, des Ekels oder des Gewissensbisses. Die Einheit d i e s e r Formen des Wollens nenne ich Kürwillen. Als beruhend im gemeinsamen Wesenwillen wird G e m e i n s c h a f t , als hervorgebracht durch gemeinsamen Kürwillen G e s e l l s c h a f t verstanden." Einwendungen gegen den Gebrauch, den einige TönniesSchüler von dieser Zweiteilung aller sozialen Gebilde gemacht haben, brauchen hier nicht eingehender erörtert zu werden. Es haben sich nicht selten einseitige B e w e r t u n g e n an diese Antithese geknüpft; man hat die G e m e i n s c h a f t , die auf Wesen willen beruht, allzu sehr gepriesen und die „Gesellschaft" verdammt. Wir würden nur bereit sein, die Gegenüberstellung anzunehmen, wenn man sich jeder Parteinahme für und gegen den einen oder anderen Typus enthält. Hier handelt es sich um die historische Einschätzung jenes Versuchs aus den 80 er Jahren, den Problemen des menschlichen Zusammenlebens auf dem Wege über eine aus der Erfahrung abgeleitete Zweiteilung aller Gruppierungen zu entsprechen, dabei nicht bloß an der Oberfläche zu bleiben, sondern die Willenskräfte, die sich in ihnen bekunden, durchscheinen zu lassen. Das geschah durch Tön-
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nies in einer Zeit, wo Spencers Biologismus und Organizismus herrschte und Historiker, Juristen und Nationalökonomen (nach der Episode der Zeit Mohls und Steins um die Mitte des vorigen Jahrhunderts) ihre wissenschaftliche Teilnahme einseitig dem Staate zuwandten. Diese Zweiteilung der Gebilde und Gebildekräfte hat bis heute ihre Bedeutung — zum mindesten als heuristisches Prinzip — bewahrt. Auch wenn man, wie der Verfasser dieser Zeilen, Zweifel hat, ob nicht andere Scheidungen neben sie treten müssen, die nicht die Gefahren der Antithese und der gefühlsmäßigen Parteinahme mit sich bringen, wird man diese Hilfe bei vielen Untersuchungen nicht entbehren können. Man wird immer wieder bei Analysen von sozialen Gebilden fragen müssen, wieweit sie auf „realem, organischem Leben", wieweit auf zwecksetzendem, rechnendem Willen beruhen. Zu den deutschen Soziologen der letzten Jahrzehnte, die wir hier — unter den oben dargelegten, für uns maßgebenden Gesichtspunkten — neben Tönnies nennen, gehört in erster Linie G e o r g S i m m e l (1858—1918). Auch M a x W e b e r (1864—1920), den wir oben als Autor der speziellen Soziologie und als Sozialhistoriker erwähnt haben, muß in diesem Zusammenhange noch einmal genannt werden, weil seine Methode und seine sachlichen Forschungsergebnisse der empirischen, „allgemeinen" (theoretischen) Soziologie vorgearbeitet haben. Wohl nur wenige Denker versagen sich einem (nun einmal unvermeidlichen) Einordnungsversuche so sehr wie Simmel. Wie ihm als Philosophen und als Soziologen die Bildung einer „Schule" fern gelegen hat, und wie er selbst in seinen Werken nur sehr selten Bezug auf das Schaffen anderer nimmt, so müssen wir ihn auch als eine wissenschaftliche Erscheinung für sich auffassen, für den nach seinen eigenen Worten die „persönliche Attitüde zur Welt" entscheidend war. Er war kein Soldat in Reih und Glied, freilich auch kein eigentlicher Führer, sondern ein wahrhaft geistreicher Anreger voller Ideen und Einfälle, der aber — ein umgekehrter Spencer — niemals ein System hat er9
von
Wiese,
Soziologie
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richten wollen 1 ). Frei zu sagen, was er denkt, stets in persönlicher Färbung und ohne den Zwang zu einer strengen Folgerichtigkeit der Planlegung — war sein Bestreben. Entkleiden wir den Begriff aller verkleinernden und geringschätzigen Nebenbedeutungen, so können wir diesen genialen Autor einen Literaten, und zwar einen der größten Literaten aller Zeiten nennen. Damit soll seine Unabhängigkeit von dem Akademisch-Schulmäßigen, allem Zünftlerischen und aller traditionellen Folgeordnung hervorgekehrt sein. Dazu kommt, daß auch dieser Soziologe, wie so viele andere, eben nicht nur Soziologe war, sondern zu Beginn seiner schriftstellerischen Tätigkeit und besonders in seinen letzten Lebensjahren (etwa von 1910 ab) vor allem Philosoph 2 ). Sein Bedürfnis nach Metaphysik verdrängte schließViel Interesse (schon zu einer Zeit, wo in Deutschland erst eine ziemlich kleine Schar Simmeis Bedeutung und Begabung ganz zu würdigen wußte) haben die Amerikaner Simmel entgegengebracht. Das beste Buch kommt denn auch von d o r t ; es ist „The Social T h e o r y of Georg Simmel" von Nicholas J. S p y k m a n (Chicago 1925). D o r t auch auf S. 227 ff. eine ausgezeichnete Bibliographie. Über Simmeis Gesamtpersönlichkeit und Philosophie sagt manches Richtige Max A d l e r in seinem Vortrage: Georg Simmeis Bedeutung f ü r die Geistesgeschichte (Wien, Leipzig, 1919, Anzengruber-Verlag). 2 ) Maria S t e i n h o f f hat in dem A u f s a t z „Die Form als soziologische Grundkategorie bei Georg Simmel" (Kölner Vierteljahrshefte f ü r Soziologie, IV. Jahrg., S. 215 ff.) die W a n d l u n g e n Simmeis, wie folgt, skizziert. W i r geben dieses Z i t a t zugleich als Übersicht über seine wichtigsten uns hier interessierenden Schriften* „Im J a h r e 1890 veröffentlichte er als seine erste Arbeit die »Soziale Differenzierung*. Es ist eine Eigentümlichkeit der f r ü h e n Schriften Simmeis, daß sie mehr auflösend als a u f b a u e n d sind und einen eigenen positiven S t a n d p u n k t nicht erkennen lassen. Erst in einem kleinen A u f s a t z in Schmollers Jahrbuch 1894 »Das Problem der Soziologie' w i r d das Ziel deutlicher, das der junge Simmel sich gesteckt hatte, nämlich die Begründung der Soziologie ,als einer empirischen Gesellschaftslehre'. 1892 bereits war er mit einer Schrift ,Die Probleme der Geschichtsphilosophie' hervorgetreten, die 1905 in völlig veränderter Auflage erschien; sie gehört nicht zu den eigentlich soziologischen Schriften; aber sie nimmt doch von gleichen Gesichtspunkten her ihren Ausgang. Ihre geistige H a l t u n g liegt durchaus in der Linie der von Frischeisen-Köhler als ,kritisch' bezeichneten Schriften, indem sie letzten Endes dazu dient, »Hindernisse aus dem Weg zu räumen' und »Ansprüche der Metaphysik und der Geschichtsphilosophie abzuweisen'. Nach einer längeren Pause erschien 1900 die »Philosophie des Geldes', die einerseits die bereits angeschnittenen soziologisdien ProDieme f o r t f ü h r t , aber doch eine weit tiefere Fragestellung erkennen l ä ß t , die sie in die Linie der philosophischen Schriften aus den späteren Jahren einreiht. Die bedeutendste soziologische Schrift Simmeis ist die »Soziologie' von 1908, in der er seine ,formale Soziologie' d a r legt und vor allem mit einer Fülle von Einzeluntersuchungen den vorher gewiesenen Weg selbst beschreitet. Das große W e r k war f ü r ihn so etwas wie ein Abschied von der soziologischen Forschung.
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lieh seine ursprüngliche Neigung zur Empirie. Der Simmel von 1915 war ein ganz anderer Mann als der von 1905. Uns geht nur dieser an, der die Soziologie zu einer empirischen Gesellschaftslehre gestalten wollte, und der eine „formale" Soziologie anbahnte. Das eigentümliche Zurückweichen, Abschweifen, das Aphoristische und Torsohafte in seiner Arbeit als Soziologe hängt mit den Vorzügen und Mängeln dieses analysierenden, der Systematik so abholden Schaffens zusammen. Geistige Robustheit, Diszipliniertheit und intellektuelle Selbstverleugnung waren ihm fremd. Wir tun gut, uns nur auf sein Hauptwerk „Soziologie", Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung" (1908) allein zu beziehen 1 ): Simmel (der Simmel von 1908) war — etwa gleichzeitig wie Emile Waxweiler in Belgien, der freilich die Gesellschaftslehre als Naturwissenschaft behandelte — in Deutschland der erste, der die Soziologie in völliger Trennung von der Sozialphilosophie eng begrenzte. Sie war ihm eine Einzelwissenschaft mit einem bestimmten, neuen, aber ziemlich deutlich begrenzten Objekt. Es war eines seiner Verdienste, daß er den Unterschied zwischen der allgemeinen modernen Tendenz zur soziologischen Betrachtung der Gegenstände verschiedener Wissenschaften, die aber durch diese neue Betrachtungsweise nichts an ihrer Selbständigkeit und Existenzsicherheit einbüßen, und der Schöpfung einer neuen Wissenschaft der Soziologie verdeutlichte. Nach ihm vermag sie zwar nicht neue Tatsachen, neues Material zutage zu fördern; aber sie legt „eine neue Linie durch Tatsachen, die als solche durchaus bekannt sind" (S. 4). Neue Gesichtspunkte, neue Abstraktionen seien mit ihr gegeben. Während nämlich der Inhalt der Vergesellschaftungsvorgänge Gegenstand der verschiedenen (älteren) Sozialwissenschaften, entsprechend den einzelnen realen Gebieten des sozialen Lebens (wie Wirtschaft, Recht I m f o l g e n d e n gebe ich in d e r H a u p t s a c h e e i n e R e i h e v o n S ä t z e n w i e d e r , die ich b e r e i t s in e i n e r e t w a s a u s f ü h r l i c h e r e n W ü r d i g u n g im „ A r c h i v f ü r S o z i a l w i s s e n s d i a f t u n d S o z i a l p o l i t i k , B a n d X X X I , S. 897 f f . , in e i n e m S a m m e l r e f e r a t e „ N e u e r e soziologische L i t e r a t u r " (1910), geschrieben h a b e . 9::'
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usw.) sei, untersuche die Soziologie die Formen der Vergesellschaftung, wie sie zu unzähligen Zwecken mit sich wandelnden Inhalten bestehen. Die mannigfachen Verwirklichungsformen der Vergesellschaftung seien begrifflich von ihren „divergentesten Inhalten" zu lösen und als psychische Phänomene besonderer Art aufzuweisen. Trotz dieser sozialpsychologischen Grundlage sei die Soziologie keineswegs ein Zweig der Psychologie. Mögen immerhin vorwiegend seelische Tatsachen in der Soziologie behandelt werden, so geschehe es doch nicht, um Gesetze seelischer Prozesse zu finden; sondern das Ziel der Soziologie sei, eben „die Sachlichkeit der Vergesellschaftung" (die allerdings, wie gesagt, „von psychischen Vorgängen getragen" wird) zu erfassen. Wie Psychologie und Soziologie nicht identisch seien, so hebe sich auch von dem eigentlichen Gegenstande der Gesellschaftswissenschaft ihre Erkenntnistheorie und Metaphysik (wie bei allen anderen Sozialwissenschaften) ab. In die Metaphysik der Soziologie verweist Simmel die Frage nach der Stellung der Gesellschaft im Kosmos. Andererseits gehörten die Fragen: Ist die Gesellschaft möglich? besteht sie außer uns oder nur in unserem Bewußtsein? und dergleichen in die Erkenntnistheorie, also gleich jenen metaphysischen Problemen in bestimmte Unterdisziplinen der Philosophie. Hier ist mit allen Ansprüchen auf enzyklopädisch-universelle Geltung der Soziologie, auf eine Zusammenfassung aller sozialen Einzelwissenschaften in ihr aufgeräumt; auch die Erstreckung der naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise auf die Tatsachen der menschlichen Gesellschaft kommt für Simmel ganz und gar nicht in Betracht. Doch die Einschränkung der Aufgaben der Soziologie geht bei Simmel, wie angedeutet, noch weiter: das Inhaltlich-Stoffliche der menschlichen Zweckhandlungen soll eine möglichst geringe Rolle in dieser Gesellschaftswissenschaft spielen; nur die formale Seite der Vergesellschaftung interessiert hier an allen historischen Vorgängen. Es erhebt sich die Frage: Ist eine solche Beschränkung auf die Formen der Sozialisierung möglich? Beweist Simmeis Ausführung seines Pro-
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gramms in neun sehr lesenswerten Kapiteln (deren spezieller Inhalt hier außer Berücksichtigung bleiben muß) die Möglichkeit und Fruchtbarkeit seiner Problemstellung? Zunächst muß man sich ja davor hüten, in der Form etwas dem Inhalte gegenüber Nebensächliches, Untergeordnetes zu sehen. Das Wesen der Dinge wird oft deutlicher in ihrer Form als aus ihrem Inhalt. So ist es auch hier: Soweit wie möglich zugunsten der Darstellung menschlicher Beziehungen vom Inhaltlichen der Gemeinschaftshandlungen, also von dem, was Plenge ihren „Betreff" genannt hat, abzusehen, kann eine Befreiung vom Zufälligen, Vorübergehenden, Nebensächlichen bedeuten, die erst einen um so tieferen Blick in die Menschennatur überhaupt ermöglicht. Bisher unenthüllte Geheimnisse der menschlichen Seele, menschliche Entwicklungsmöglichkeiten, Motive und Strebungen werden erst jetzt deutlich. Das Wesen der Kultur enthüllt sich erst, wenn man sie nicht allzu gegenständlich in kompakten, derben Einzelheiten und ihren Summierungen sucht. Die äußere Einengung des Gebiets der Soziologie bedeutet eine wertvolle Vertiefung, eine innere Erweiterung der Erkenntnismöglichkeiten. Aber Simmeis Untersuchungen liefen Gefahr, zu versanden, sich zu verzetteln. Es sind sicherlich nicht nur sehr viele feine Betrachtungen in ihnen; sie haben auch Höhepunkte von größtem Erkenntniswerte. Dann aber verlieren sie sich wieder in Spielereien mit der Formenfülle, mit subtilsten und feinsten Nuancierungen. Aus den zahlreichen Lehren von mannigfachen Formen der Vergesellschaftung entstand keine einheitliche Lehre von den Vergesellschaftungsformen. Trotz der Anerkennung der Bedeutung dessen, was Simmel die Formen der Vergesellschaftung nennt, und der Beibehaltung seiner Aufgabenstellung in der Beziehungslehre haben wir die Bezeichnung „formale" Soziologie, wie oben bereits erwähnt, aufgegeben, weil sie allzu häufig mißverstanden worden ist. Aber der Name ist nebensächlich. In der Hauptsache nimmt die Beziehungslehre den Faden wissenschaftlicher Forschung dort auf, wo ihn Sim-
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mel 1910 zugunsten philosophischer Studien fallen ließ. War doch mit seiner „Soziologie" erst ein noch unsicherer Anfang gemacht. M a x W e b e r in diesem Zusammenhange zu erwähnen, ohne seine Bedeutung gebührend zu würdigen, ist nicht minder (freilich in einem anderem Sinne wie bei Simmel) mißlich. Er wirkte so stark durch seine Gesamtpersönlichkeit, daß, ihn als bloßen Förderer einer wissenschaftlichen Methode zu nennen, ihn verkleinern heißt. Doch handelt es sich hier nur darum, einige logische Hilfsbegriffe und Kategorien aus seinem hinterlassenen und Torso gebliebenen Hauptwerke „Wirtschaft und Gesellschaft", die auch f ü r die „Beziehungslehre" fruchtbar sind, herauszugreifen und kurz zu skizzieren 1 ): Für ihn war Soziologie eine Wissenschaft, die soziales Handeln deutend verstehen und in seinem Ablaufe und seinen Wirkungen ursächlich erklären will. Damit gehöre die Soziologie zu den „verstehenden" Wissenschaften. Wir könnten nicht den objektiven, sondern nur den „subjektiv gemeinten Sinn" dieses Handelns verstehen; wir suchten d e n Sinn, den die handelnden Menschen mit ihrem Tun und Lassen verbinden, verstandesmäßig zu deuten. Von allen Handlungen beschäftigten uns in der Soziologie nur die sozialen; sie umfaßten die Handlungen, die ihrem vom Handelnden gemeinten Sinne nach auf das Verhalten a n d e r e r bezogen werden und daran in ihrem Ablaufe orientiert seien. Die Beziehungslehre stimmt mit dieser Grundauffassung Max Webers darin überein, daß auch ihr das soziale Handeln Objekt ist. Den Begriff „sozial" kann sie ebenso definieren, wie es hiervon Weber geschehen ist. Nachdrücklich betont auch sie, daß nur der subjektiv gemeinte, nicht der objektive Sinn wissenschaftlich erfaßbar ist. N u r zieht sie den Rahmen der Soziologie insofern weiter, als sie mit der Verständlichmachung des sozialen Handelns seine systematische Ordnung verknüpft. l ) „Wirtschaft und lichen H a l b b ä n d e n ) .
G e s e l l s c h a f t " , 2. A u f l . , T ü b i n g e n 1925 (in
zwei
statt-
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Am meisten weiter wirkt in der allgemeinen Soziologie von Webers Kategorien seine Hervorhebung der verstehenden Schauweise und seine methodologische Verwendung der Idealtypen. In der weisen Beschränkung, die er der Anwendung der beiden Begriffe gegeben hat, haben sie durchaus Gültigkeit. Die verstehende Optik als subjektives Verfahren im Gegensatze zu der objektiven erklärenden Schauweise, die die Naturwissenschaften beherrscht, war von dem Philosophen D i l t h e y besonders zur Deutung religiöser und philosophischer Überzeugungen und des Wandels der Geschichte hervorgehoben worden. Ihre Ausdehnung auf soziopsychologische und psychosoziologische Erscheinungen lag nahe, da das soziale Leben ohne Einfühlung in die mit der bloßen Logik nicht durchschaubaren Tiefenschichten der menschlichen Seele nicht hinreichend erfaßt werden kann. Wenn man den „subjektiv gemeinten Sinn" des menschlichen Handelns verdeutlichen will, ist eben das „Verstehen" ein wichtiger Weg. Falsch wurde nur die besonders von Werner S o m b a r t hervorgekehrte Denkweise, die das Verstehen zur einzigen, den Geisteswissenschaften (zu denen er die Soziologie rechnete) angemessenen Optik machen wollte. Erklärende und verstehende Schauweise stehen aber, sich ergänzend, nebeneinander. Bemerkenswert ist die gegenwärtig in den Vereinigten Staaten hervortretende „Weber-Renaissance", die fast modenmäßig die ein paar Jahre zuvor hier und da vorherrschende Vorliebe f ü r Pareto abgelöst hat. Howard B e c k e r sucht das Verfahren Max Webers zur Methode der Interpretation auszugestalten. Mit der „verstehenden Methode" hängt die sogenannte „Wissenssoziologie" eng zusammen, die Max S c h e l e r und Karl M a n n h e i m (neben anderen) in den 20er Jahren in Deutschland entwickelt haben. Auch hier ist bemerkenswert, daß in dem Maße, in dem sie nach der teilweise überscharfen Kritik, die sie von Ludwig C u r t i u s und anderen Kulturphilosophen erfahren hat, in Deutschland vorübergehend zurückgetreten ist, sie in Amerika an Boden zu gewinnen scheint. Mannheim hat in seinen letzten Le-
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bensjahren dort und im Exil in England, wo er zuletzt lehrte, viel Beachtung gefunden; auch G u r v i t c h hebt sie hervor. In den Kreisen um H o r k h e i m e r und im Institute of Social Research (New York) arbeitet man an ihr weiter. Grade Denker, die dem Determinismus nahe stehen, der dem Marxismus eigen ist, aber nicht alle schroffen Konsequenzen der ökonomischen Geschichtsauffassung zu ziehen bereit sind, neigen zu den Auffassungen, die in der Erklärung g e i s t i g e r Phänomene aus zwischenmenschlichen Zusammenhängen die hauptsächliche Aufgabe unsrer Wissenschaft sehen. Besonders die Religionssoziologen (die wir hier nicht behandeln können) sehen hier ihr Feld. Auch hier ist es eine Frage des Maßes, von der die Beurteilung abhängig gemacht werden muß. Es wäre töricht, ja gradezu böotisch, wollte man diesem Forschungszweige die Daseinsberechtigung absprechen. Aber das Geistige darf nicht mit dem Sozialen gleichgesetzt werden. Das haben auch "Weber und Scheler nie getan. "Was die Idealtypen betrifft, so handelt es sich bei ihnen um eine Bereicherung soziologischer Methodenlehre. (Das zu begründen, würde den Rahmen dieser Einführung sprengen.) Bei der Gesamtbeurteilung von Max W e b e r hat sich im Verlaufe der obenerwähnten Vereinfachung hier und da eine gewisse Mythenbildung entwickelt, die aber dem Andenken dieses faustisch ringenden Geistes nur Abbruch tun kann. Seine Bedeutung liegt einerseits auf dem Gebiete der Erkenntniskritik, Wissenschaftslehre und Anthropologie, anderseits in der Förderung der Geschichts- und Kulturerkenntnis, besonders auf dem Felde der Religionssoziologie. Dagegen fehlt es seiner ungestüm vorandrängenden Natur an Geduld zur Kleinarbeit und folgerichtigen Analyse und Systematik. Vieles ist bei ihm Torso und bloße Anregung geblieben; wie er sich zur Soziographie verhielt, wurde oben angedeutet. Das, scheint mir, muß gesagt werden, nicht um seine ragende Gestalt zu verkleinern, sondern um seine Bedeu-
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tung auf dem richtigen Felde der Geistesarbeit zu suchen und zu finden. "Werner S o m b a r t s wissenschaftliches und persönliches Charakterbild habe ich an zwei Stellen zu zeichnen versucht 1 ). Wer die Aufsätze gelesen hat, wird mir recht geben, wenn ich hier ausspreche, daß es unmöglich ist, seine Eigenart in wenigen Worten zu kennzeichnen; es müßte mißverständlich bleiben. Hier sei nur hervorgehoben, daß er, der Verfasser des „modernen Kapitalismus", keineswegs bloß Nationalökonom war, daß er vielmehr (irrigerweise) sogar Wirtschaftstheorie und Wirtschaftssoziologie gleichsetzte, vor allem aber, daß Werke wie sein „Bourgeois" oder sein „Die Juden und das Wirtschaftsleben" und manches andere noch durchaus auch in die Ideengeschichte unserer Wissenschaft gehören. Seine methodologischen Untersuchungen müssen Widerspruch herausfordern. Aber seine Fähigkeit, Menschentypen und ihre Motive zu zeichnen, Kulturphasen in lebendiger Schilderung vor uns hinzustellen, war ungewöhnlich groß. In den 20 er Jahren standen Max Weber und Werner Sombart ganz im Vordergrunde der soziologischen Forschung in Deutschland. Beide waren von Haus aus Volkswirte und, im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts zunächst mit der Schmoller-Schule verbunden, im Verein für Sozialpolitik als Nationalökonomen zur Geltung gekommen. Sie bildeten dort bald das wichtigste Paar einer gewissen Opposition gegen die ältere, konservativere Generation. Dieser Gegensatz führte sie zugleich auch zur Soziologie und zur deutschen Gesellschaft für Soziologie, von der hier nichts weiter gesagt werden kann. Ich schrieb über diesen Szenenwechsel und die beiden Protagonisten: „So wandelte sich um jene Zeit die Bühne unserer Wissenschaft. An Stelle des Chors der vom Chorführer Schmoller in Disziplin gehaltenen Volkswirteschar trat ein Dioskurenpaar in den Vordergrund: Max Weber und mindestens im gleichen Grade Werner Sombart. Beide waren ganz anders geartet ! ) I n d e n K ö l n e r V i e r t e l j a h r s h e f t e n , B a n d X I , S. 253 ff. u n d in d e r schrift f ü r d i e g e s a m t e S t a a t s w i s s e n s d i a f t , 101. B a n d , S. 597 ff.
Zeit-
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als die große Mehrzahl der älteren Generation. Beide waren revolutionäre Geister, Neuerer und Zerstörer von starkem Selbst- und Überlegenheitsgefühle, Männer mit neuen und selbständigen Einfällen, leidenschaftlich und rücksichtslos, ohne viel Respekt vor der Tradition und ohne Besorgnis, sie könnten übertreibend und unsachlich erscheinen. Max Weber war mehr der Mann des Alles oder Nichts, des sittlichen Heroismus, der Askese, der unbedingten Gerechtigkeit und absoluten Parteinahme. Sombart besaß mehr die Orginalität eines unabhängigen Künstlers, mehr Lust am Widerspruche, um zu verblüffen, mehr Abneigung gegen Autoritäten, mehr Phantasie und Geschmack, allerdings auch ein wenig Primadonneneitelkeit und Lust an der Schauspielerei. Weber war in stärkerem Maße von sittlichem und politischem Radikalismus erfüllt; Sombart hatte mehr literarischen Intellektuellenehrgeiz, dabei eine unvergleichlich höhere Darstellungskunst und Klarheit des Stils in Schrift und Rede." Alfred V i e r k a n d t (1867—1953) suchte in seinem ersten größeren Werke „Die Stetigkeit im Kulturwandel" (1908) im Gegensatze zu Tarde, für den die Neuerung in der Geschichte das Geheimnis des Genies war, das aus nichtgesellschaftlichen Quellen in freien Kombinationen schöpfe, zu zeigen, daß jedes zivilisatorisch Neue tief vom Alten, Vorausgehenden abhängig wäre. Er betonte die Gewalt der Überlieferung und groben Masseninstinkte. Die tragenden und treibenden Beweggründe seien vorwiegend und ausschließlich trivialer Natur. Das Große in den menschlichen Dingen bestehe überall aus einer Anhäufung kleiner Bestandteile. Wenn ich ihm auch in der Geringschätzung des Genialen nicht zu folgen vermochte, so schien mir doch Vierkandt besonders in der Betonung der Bedeutung der Beziehung f ü r die Soziologie, die er in seiner „Gesellschaftslehre" (erste Auflage 1923) vorgenommen hat, auf dem rechten Wege zu sein, den Simmel vorgezeichnet hatte. Aber er hat diesen Ansatz zu einer Beziehungslehre später nicht mehr ver-
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folgt. Dafür mehrten sich seine wertvollen Beiträge zur Ethnologie. Immer kennzeichnet ihn der unablenkbare Wille, illusions- und phrasenlos ein realistisches Bild des Menschen zu geben. In der Festschrift zu meinem siebzigsten Geburtstage, deren erster Band 1948 unter dem Titel: „Studien zur Soziologie" in Mainz erschienen ist, finden sich in seinem Aufsatze: „Das neue Bild des Menschen und der menschlichen Gesellschaft im Zusammenhange des neuen Weltbildes" die Worte: „Wir sehen heute, wie die alte Auffassung" (vom Menschen) „viel zu hoch gegriffen h a t . . . In der Wirklichkeit des Lebens bleibt sein typisches Verhalten weit hinter diesem Bilde zurück." Grade die Warnung, nicht zuviel auf einmal von der sittlichen und geistigen Leistungsfähigkeit der durchschnittlichen Menschen zu erwarten, vielmehr mit den Unvollkommenheiten ihrer noch im Triebleben mannigfach verankerten Natur bei allen sozialen Zielsetzungen zu rechnen, können wir Vierkandts stets so vorsichtiger Urteilsweise entnehmen. Karl M a n n h e i m (1893—1947) erweiterte die ökonomistische Geschichtsauffassung von Karl Marx zu der eben hervorgehobenen Soziologie der Erkenntnis (gewöhnlich als „Wissenssoziologie" bezeichnet). Als Heidelberger Privatdozent schrieb er 1929 seine „Ideologie und Utopie". Schon vorher hatte er seit 1922 (u. a. auf dem sechsten Soziologentag in Zürich) zu zeigen versucht, daß der Inhalt des geistigen und politischen Lebens völlig von den Normen und immanenten Entwicklungsgesetzen der sozialen Struktur abhängig und bestimmt sei. Als Emigrant übernahm er eine Lehrtätigkeit an der London School of Economics und wurde schließlich 1945 Professor der Soziologie der Erziehung an der Universität London. Noch eine Frucht seiner letzten Tätigkeit in Deutschland war sein (m. E. in manchen Zügen recht problematisches) Werk „Mensch und Gesellschaft". In die letzten Jahre seines Lebens fällt ein pädagogisch-soziologisches Werk. Es kann nicht bezweifelt werden, daß Mannheim mit großer Geistesschärfe und Denkkraft in die Tiefen der Zu-
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sammenhänge von Mensch u n d Gesellschaft gedrungen ist u n d nach Max Webers und Schelers T o d e zu den anregendsten u n d ideenreichsten Forschern und vor allem Lehrern unserer Wissenschaft gehört hat. V o r 1933 war er derjenige u n t e r den jüngeren Gelehrten, v o n dem man mit Recht erwarten konnte, daß er die unvollendete Arbeit der Männer, die besonders das Grenzgebiet von Philosophie, Politik, Ökonomie und Soziologie angebaut hatten und dabei die Soziologie als die Synthese der anderen Disziplinen ansahen, zu einem überzeugenden Abschluß führen würde. Zu den in deutscher und dänischer Sprache veröffentlichten Schriften der letzten Jahrzehnte, die unsere Wissenschaft am meisten gefördert haben, wird, möchte ich glauben, eine spätere Literaturgeschichte die W e r k e T h e o d o r G e i g e r s (gestorben 1952) rechnen. Ü b e r ihn schrieb ich in der „Kölner Zeitschrift f ü r Soziologie" (Band IV, S. 579): „Die Zahl der Forscher, die wir in Europa im strengeren Sinne des Wortes als Soziologen bezeichnen können, ist nicht groß. Für Geiger war sie nicht ein unbegrenzter T u m m e l platz v o n Ideen u n d Beobachtungen, die sich in den u m hegten Feldern anderer Wissenschaften nicht recht unterbringen ließen, sondern eine selbständige Einzelwissenschaft mit klaren Grundfragen. Das war freilich nicht v o n A n beginn seiner Arbeiten so. In den zwanziger Jahren war er, von dem Theologen Dunckmann beeinflußt, mehr Gemeinschaftsethiker sozialistischen Gepräges. Damals wollte er mir nicht gelten lassen, daß auch das Menschenpaar ein Gegenstand der Soziologie sei. Er war besorgt, eine zu liebevolle Befassung mit den kleinen G r u p p e n f ü h r e v o n der Blickrichtung auf Genossenschaften, Parteien u n d Klassen zu einer individualistischen Auffassung weg. Aber schon sein großer Beitrag von 1931 zu Vierkandts H a n d wörterbuch der Soziologie über die Hauptrichtungen, Aufr gaben und V e r f a h r e n trug ein anderes Gepräge. Damals war er o. Professor an der Technischen Hochschule Braunschweig. Als Hitler zur Macht kam, ging er nach Dänemark. Schwere, sehr arbeitsreiche Jahre — er ist stets fleißig gewesen — begannen; er bekam den Lehrstuhl in Aarhus.
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Er gehörte nun zu den deutschen Emigranten, die in der Fremde geistig wuchsen und immer Reiferes leisteten. In Deutschland vermißte man ihn sehr; in Skandinavien faßte er von Jahr zu Jahr festeren Fuß, veranstaltete Erhebungen großen Stils, schrieb über Konkurrenz, Reklame und die Intelligenz genannte Gesellschaftsschicht. In der ISA wurde er einer der eifrigsten und fruchtbarsten Mitarbeiter." Zum Schlüsse seien aus dem Kreise der heute in Deutschland Schaffenden einige Gestalten herausgegriffen, die mit gutem Grunde die besondere Aufmerksamkeit auf ihr Wirken lenken. Es handelt sich bei ihnen nicht um den sie umschließenden Rahmen einer und derselben Schule, sondern um Forscher, die eine individuelle Behandlung verlangen (allerdings mit einer Ausnahme, bei der es sich um ein Paar eng verbundener Gelehrter handelt). Mit diesem Paar meine ich Max H o r k h e i m e r und Theodor A d o r n o . Beide sind in ihrem Zusammenwirken in erster Linie Sozialphilosophen, verknüpfen aber ihre Teilnahme an der Geistesgeschichte und an philosophischer Systematik mit Soziologie und Soziographie. Im Mittelpunkte ihrer Ideen steht das Vorhaben, Hegels Dialektik weiter zu entwickeln. Aus ihren Veröffentlichungen in früheren Jahren greife ich hier die Studien über Autorität und Familie (Paris 1936), aus der letzten Zeit ihres Wirkens in Amerika die „Studies in Prejudice" (New York 1950) und die „Dialektik der Aufklärung" (Amsterdam 1947) heraus. Gegenwärtig widmen sie sich u. a. in dem von ihnen geleiteten Institute für Sozialforschung in Frankfurt a. M. der Organisation soziographischer Studien. Ein anderer den beiden Genannten nahestehender Philosoph ist Helmuth PI e s s n e r , dessen Arbeiten in einer geisteswissenschaftlichen Anthropologie wurzeln, von der wieder manche Verbindungen zur Soziologie führen. Eines seiner Werke trägt den charakteristischen Buchtitel: „Zwischen Philosophie und Gesellschaft" (Bern 1953) — Willy H e 1 1 p a c h verbindet Biologie und Psychologie mit unsrer Wissenschaft. Aus der großen Reihe seiner Werke nenne ich: „Kulturpsychologie" (Stuttgart 1953) „Sozial-
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Psychologie" (3. Aufl. Stuttgart 1951), „Mensch und Volk der Großstadt" (2. Aufl. Stuttgart 1952) und „Sozialorganismus" (2. Aufl. Opladen 1953). — Alexander R ü s t o w verbindet Kulturgeschichte und Kulturphilosophie mit Soziologie. Aufgeführt sei hier nur seine dreibändige „Ortsbestimmung der Gegenwart" (bisher sind Band I und II erschienen: Erlenbach-Ziirich 1950—1952. — von M a r t i n ist vorwiegend soziologischer und philosophischer Kulturhistoriker. Genannt sei in diesem Zusammenhange sein „Geist und Gesellschaft" (Frankfurt a. M. 1948) und die 2. Auflage der „Soziologie der Renaissance" (Frankfurt 1949). — Werner Z i e g e n f u ß ist überaus fruchtbar auf vielen Nachbargebieten von der Philosophiegeschichte bis zur Wirtschaftssoziologie, bleibt dabei stets in Fühlung mit der allgemeinen Soziologie. Ich führe hier nur von seinen Schriften an: „Die bürgerliche Welt" (Berlin 1949), „Der Mensch als Gesellschaftswesen und der Betrieb" (Berlin 1953) und „Gesellschaftsphilosophie" (Stuttgart 1954). — René K o e n i g hat u.a. eine kleine, in v i e l e andere Sprachen übersetzte „Soziologie heute" (Zürich 1949) geschrieben. Mannigfache Anregungen zur heute viel behandelten Familiensoziologie gaben seine „Materialien zur Soziologie der Familie" (Bern 1946). — Eine weitere intensive Pflege fand dieser Zweig durch Helmuth S c h e l s k y . Von ihm hegen die „Wandlungen der deutschen Familie in der Gegenwart" (Dortmund 1953) vor. — L. H. Ad. G e c k widmete sich außer in seinen Beiträgen zur allgemeinen Soziologie (besonders zur Lehre von der Distanz) der Betriebssoziologie und Sozialpolitik. Hier seien nur seine „sozialpolitischen Aufgaben" (Tübingen 1950) und die 2. Aufl. seiner „sozialen Betriebsführung" (Essen 1953) genannt. — S c h ö l l g e n s Werk: „Die soziologischen Grundlagen der katholischen Sittenlehre" (Düsseldorf 1953) ist nicht nur als theologisches Werk von Wert, sondern auch durch seine lehrreiche Kritik der allgemeinen Soziologie von Bedeutung. — Von G. M a c k e n r o t h liegt u. a. ein der allgemeinen Soziologie angehörendes Werk: „Sinn und Ausdruck der sozialen Formen-
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weit" (Meisenheim 1952) und seine „Bevölkerungslehre" (Berlin 1953) vor. Ludwig H e y d e (Köln) gehört zu den einflußreichen Sozialpolitikern, die ihre Disziplin wirkungsvoll durch soziologische Grundgedanken vertiefen 1 ). — Alfred M ü l l e r - A r m a c k (Köln), der oben (in Kapitel III) bereits als historischer Soziologe genannt wurde, hat im Zusammenhange mit geistesgeschichtlichen Werken, die sich mit der Vergangenheit beschäftigen, auch in seinem letzten Buche: „Diagnose unserer Zeit" 2 ) die Situation der Gegenwart geschildert. — Gerhard W e i s s e r (Köln) ist bestrebt, der theoretischen und praktischen Problematik der heutigen Sozialordnung in Weiterentwicklung der Ideen der F r i e s N e l s o n - S c h u l e eine philosophisch-ethische Grundlage zu geben. In der Soziologie unterscheidet er eine kontemplative und eine normative Auffassung. Mit Recht könnten noch manche andere Autoren der jüngsten Gegenwart Anspruch erheben, genannt zu werden ). Doch mag diese Aufreihung genügen, um eine Vorstellung von der Breite und Tiefe der Literatur zu geben. Es könnte eingewendet werden, daß doch die Notwendigkeit der Selbständigkeit und Abgegrenztheit der Soziologie in den vorausgehenden Kapiteln hervorgehoben wurde; nun zeige sich aber, daß sich grade sehr viele ausgezeichnete Autoren in ihren Werken zum mindesten ebenso den Nachbarwissenschaften widmeten, und daß die n u r zur allgemeinen Soziologie zu rechnenden Schriften nicht zahlreich sind. Jedoch handelt es sich keineswegs bei dieser Forderung um eine personale Einschränkung, sondern um eine s a c h l i c h e Abgrenzung innerhalb der Behandlung eines Themas. Die unklare Vermischung der Schauweisen und die Unsicherheit in der Verwendung der Kategorie Soziologie ist anfechtbar. Aber es ist durchaus richtig, wenn man es für 1) Vgl. u. a. die 10. Aufl. seines Abrisses der Sozialpolitik (Heidelberg 1953). 2) Gütersloh 1949. 3) Die obige Reihenfolge ist z u f ä l l i g ; sie soll keine Bewertung enthalten. N a m e n und Schriften von einigen anderen heutigen Autoren sind bereits in anderem Zusammenhange genannt (vgl. Seite 123) und hier nicht wiederholt worden (so die der beiden G r a f e n Solms und Stoltenbergs). Audi erstredet sich die obige N e n n u n g nicht auf den heute sehr umfangreichen soziographisdien Bereich (Social Researdi) und auf die speziellen Soziologien.
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sehr wünschenswert hält, daß der Soziologe als Forscher auch in Nachbarwissenschaften beheimatet ist oder doch ein Jugendstadium in der Befassung mit anderen Disziplinen durchgemacht hat; nur sollte es nicht auf Kosten der Vertiefung in die soziologische Problematik geschehen und lediglich zu einer rein dilettantischen Randbeschäftigung mit ihr führen. Die Verwendung des Terminus Soziologie bei Studien, die nur in lockerem Zusammenhange mit ihr stehen und die Gleichsetzung von Sozialwissenschaft (im allgemeinen) und Soziologie ist verhängnisvoll. Kapitel
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Die Lehre von den sozialen Beziehungen und den sozialen Gebilden (Beziehungslehre) Am Ende des ersten Kapitels haben wir zu zeigen versucht, daß Soziologie als Fachwissenschaft nur die Lehre vom Sozialen, d. h. von den Einwirkungen der Menschen aufeinander sein sollte. Aus diesen Einwirkungen entstehen die Vorstellungen von großen und kleinen Gebilden, die als Massen, Gruppen und Körperschaften unser soziales Leben beherrschen und den Hauptgegenstand des engsten Kreises der Soziologie bilden. Der Erforschung der sozialen Prozesse und Gebilde muß ein besonders dafür geeignetes Verfahren gewidmet sein, das sich von den Methoden anderer Wissenschaften unterscheidet. Wir wollen auf dem Wege der Lehre von den sozialen Beziehungen richtig sehen lernen das Verhalten von Menschen gegen Menschen, die daraus entstehenden Bindungen und Lösungen und jene eigentümlichen Verdichtungen von Beziehungen, die wir soziale Gebilde nennen, für die die Gruppe (im weitesten Sinne) der am leichtesten durchschaubare Typus ist. Uns beschäftigt eine (in der Grundform einfache, aber in mannigfachen Abwandlungen auftretende) folgenreiche Tatsache: daß sich Menschen miteinander verbinden, und daß sie sich zu meiden suchen. Wir erkennen weiter, daß die daraus entstehenden Ver-
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gesellschaftungstatsachen mindestens ebenso folgenreich sind wie die physische und psychische Natur des Einzelmenschen. Untersucht die Physiologie jene, die Psychologie diese Erscheinungen, so wollen wir die Tatsachen der Vergesellschaftung (im positiven und negativen Sinne) auf Zusammenhang, Folgen und Funktion hin untersuchen. Je mehr sich die Soziologie oder Gesellschaftslehre aus den Verflechtungen ihrer Grundfragen mit anderen Sozialwissenschaften, mit Sozialpsychologie und Sozialphilosophie löst, desto deutlicher wird, daß die ihr eigene und nur ihr zukommende Aufgabe in der Erklärung dessen liegt, was wir den Bereich des Sozialen im menschlichen (im weiteren Sinne auch im tierischen und pflanzlichen) Dasein nennen. Das Soziale aber umfaßt alle Äußerungen und Bekundungen des z w i s c h e n m e n s c h l i c h e n Lebens. Einer solchen Soziologie muß die Auffassung zugrunde liegen, daß ein großer Teil des Inhalts des menschlichen Lebens nicht in individuellen Betätigungen der einzelnen Leiber und Seelen und ihrer Summierungen, sondern aus den Einwirkungen von Mensch auf Mensch und aus den Zusammenhängen zwischen zahlreichen Menschen besteht. Es handelt sich um die Erklärung dessen, was man das Mensch-All (Stoltenberg) genannt hat. Wir untersuchen, ordnen und verfolgen in ihren Wirkungen die Erscheinungen des Zwischenmenschlichen, mit anderen Worten: das Soziale im Leben der Menschen. Durch begriffliches Denken und durch einen bestimmten Abstraktionsprozeß suchen wir diese Sphäre des Daseins von der körperlichen und seelischen der Einzelmenschen zu scheiden, während die Wirklichkeit im Erlebnisse immer nur eine Verbundenheit der drei Daseinsbereiche aufweist. Zweck solcher Abstraktion der Sozialsphäre ist die Aufweisung der Kräfte und Wirkungen, die auf den Zusammenhang der Menschen untereinander und nur auf ihn zurückzuführen sind. Dabei können aber nicht die zahllosen E r g e b n i s s e des Zwischenmenschlichen selbst Gegenstand der Forschung sein. Es ist in diesem Zusammenhange nicht das zu durch10 v o n W i e < e , Soziologie
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forschen, was den Inhalt menschlicher Errungenschaften, Kulturen, Zivilisationen bildet. Diese — oft auch irreführend als Kultursoziologie bezeichnete — Kulturlehre darf mit dem hier behandelten Gegenstande nicht verwechselt werden. Es gibt zahlreiche Einzelfragen, bei denen sich Kulturlehre und allgemeine Soziologie berühren. Ferner zeigt sich auch hier die unleugbare Tatsache, daß die einzelnen Wissenschaften einander Material liefern. Will man etwa Kulturen wie die ägyptische oder altrömische erklären, so muß auf die Art, wie in jener Zeit die Menschen untereinander verbunden waren, eingegangen werden. Aber für eine beziehungswissenschaftliche Soziologie ist diese A r t der Verbundenheit das Objekt der Forschung, zu dem auch jene geschichtlichen Zeitabschnitte Stoff darbieten. Man kann es auch so ausdrücken: Nicht das Produkt, sondern die Beziehungen der Produzenten ist unser Forschungsgebiet. Eigentlich müßte die Befassung mit den Kulturen oder Ausschnitten aus ihnen (Kunst, Technik, Sprache usw.) voraussetzen, daß vorher die Beziehungslehre als Lehre von den Kultur schaffenden M e n s c h e n ganz entwickelt wäre. Wie so oft nimmt aber auch hier die Geschichte der wissenschaftlichen Erkenntnis den umgekehrten Weg. Die Folge davon, daß es erst Kulturlehre aller Art gegeben hat und erst jetzt die beziehungswissenschaftliche Soziologie entsteht, war, daß man die Ergebnisse anderer dafür weniger geeigneter Wissenschaften (z. B. der Psychologie) als Grundlagen benutzt oder sich auf Grund einer unausreichenden Vorstellung von der Sozialsphäre den Anschein gegeben hat, als ob sie hinreichend durchforscht wäre. Die Frage, wie aus dem Zusammenhange der Menschen untereinander Kultur (im weitesten Sinne) entsteht, ist in ihrer letzten Allgemeinheit eine metaphysische Frage. Letztlich läuft alle Erfahrung in Metaphysik aus. Die beziehungswissenschaftliche Soziologie beschränkt sich auf das Gebiet direkter und indirekter Beobachtung im Bereiche des Erfahrbaren in Gegenwart und Vergangenheit. Dabei sucht sie sich die äußeren, durch die Sinne vermit-
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telten Erfahrungen ebenso nutzbar zu machen wie die innere Erfahrung, der sie durch „Verstehen" nahezukommen sucht. Wir wollen die Kräfte erkennen, die aus dem sozialen Bereiche des Menschenlebens hervorgehen. Die Schwierigkeit der Aufgabe liegt darin, daß die Erscheinungen der Sozialsphäre einerseits nicht bloß wahrnehmbar, anderseits nicht bloß seelisch sind, daß wir aber die Ergebnisse unserer Beobachtungen zumeist in Sprachformen ausdrücken müssen, die dem Bereiche des Seelischen oder des Körperlichen entnommen sind. Bei allen Erforschungen der Sozialsphäre besteht die Gefahr des Abirrens in den Bereich der Fragestellung anderer Wissenschaften. Deshalb ist hier in einem besonders starken Grade die Forderung der Methodenstrenge aufzustellen. Es handelt sich darum, die t a t s ä c h l i c h b e s t e h e n d e n Zusammenhänge zwischen den Menschen und Menschenverbindungen ( n i c h t die darüber von den Menschen gehegten Ideologien, Wünsche, Postulate und deren Objektivationen) zu beobachten, zu analysieren, systematisch zu ordnen und, soweit dies möglich ist, zu „verstehen". Die Soziologie muß die reiche Erfahrungsmenge, die ihr die unmittelbare Lebenserfahrung, die Geschichte und die anderen Wissenschaften liefern, in einem bestimmten Verfahren dergestalt verallgemeinern, daß aus jedem Geschehnis, an dem mehrere Menschen beteiligt sind, nur das hervorgehoben und durchforscht wird, was als Verhalten von Mensch zu Mensch oder Gruppe zu Gruppe erkennbar ist. Das soziale Leben ist eine unaufhörliche Kette von Geschehnissen, in denen sich Menschen enger miteinander verbinden oder voneinander lösen. Die Bindungs- und Lösungsakte, die Näherungen und Entfernungen sind die Vorgänge, in denen sich das ganze zwischenmenschliche Dasein abspielt. Die letzten Kräfte sind persönliche, die die einzelnen Menschen besitzen: körperliche, seelische, geistige. Aber fruchtbar und zu Handlungen werden diese Kräfte durch die räumlich und zeitlich weiterwirkenden KT
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Verbindungen von Mensch zu Mensch. Entwicklungsgeschichtlich handelt es sich beim Aufbau der Kulturen um Anhäufung (Akkumulation) und unterbrochenen Zusammenhang (Kontinuität). In vielleicht geometrischer Progression steigern sich im Laufe der Zeit die Wirkungen des menschlichen Verkehrs. Jede zwischenmenschliche Leistung wird der Ausgangspunkt für verwickeitere neue soziale Leistungen. Der heute bestehende, höchst komplizierte Bau einer sozialen Gesamtheit des Mensch-Alls mit seiner unermeßlichen geschichtlichen Tiefe stellt uns vor eine schwierige Aufgabe, wenn wir seine Grundstruktur erkennen wollen. Nur durch Anwendung des altbewährten und durch nichts anderes ersetzbaren Weges der Erkenntnis, nämlich durch Auflösung des Ganzen in seine Elemente und Wiederzusammensetzung aus diesen Elementen, gelangen wir zum Ergebnisse. Betrachten wir den gesellschaftlichen Zusammenhang im Ruhestande eines bestimmten Augenblicks, im Querschnitte des Nebeneinanders, so ergeben sich als die Elemente des Baus die s o z i a l e n B e z i e h u n g e n der Menschen und Menschenvereinigungen. Formal betrachtet, sind es A b s t ä n d e ( D i s t a n z e n ) zwischen ihnen. Wollen wir uns diese in unendlicher Fülle abgestuften Abstände, die den Kräften der menschlichen Seelen und Körper einen stets verschiedenen Wirkungsgrad und eine stets verschiedene Wirkungsweise ermöglichen, erklären, so müssen wir den für die „statische" Betrachtung in Starre gelegten Menschenzusammenhang in die lebendige Bewegung von Vorgängen auflösen. Die sozialen Beziehungen erscheinen alsdann als die .Ergebnisse von s o z i a l e n P r o z e s s e n . W i r können unter diesem Gesichtspunkte eine soziale Beziehung als einen durch einen sozialen Prozeß oder (meist) durch mehrere soziale Prozesse herbeigeführten iabilen Zustand verhältnismäßiger Verbundenheit oder Getrenntheit zwischen Menschen bezeichnen. Der soziale Prozeß selbst ist ein Vorgang, durch den Menschen mehr miteinander verbunden oder mehr voneinander gelöst werden. Unsere Hauptkategorie ist demnach die der sozialen Pro-
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zesse. Wir können geradezu die beziehungswissenschaftliche Soziologie als die Lehre von den sozialen Prozessen umgrenzen. Die sozialen Prozesse häufen sich in unendlichen Formen und Wiederholungen. Manche Prozesse von großer Ähnlichkeit führen bisweilen zu Abstandsverhältnissen zwischen Menschen, die als verhältnismäßig fest und schwer veränderlich aufgefaßt zu werden pflegen. Wir nennen solche scheinbar substanzhaften Abstandsverhältnisse s o z i a l e G e b i l d e . Statisch betrachtet, wäre zu sagen: Eine Mehrzahl von bestehenden sozialen Beziehungen, die so miteinander verbunden sind, daß man sie als Einheiten auffaßt, bezeichnen wir als soziale Gebilde. Die Grundbegriffe, die die beziehungswissenschaftliche Soziologie als Handwerkzeug benutzt, sind also: s o z i a l e P r o z e s s e , A b s t a n d ( D i s t a n z ) und s o z i a l e G e b i l d e . Die Aufgaben dieser Art Soziologie zerlegen sich in zwei Kreise: 1. Analyse und Ordnung der sozialen Prozesse und 2. Analyse der sozialen Gebilde durch ihre Rückführung auf soziale Prozesse und Ordnung der sozialen Gebilde. Das V e r f a h r e n der B e o b a c h t u n g u n d O r d n u n g der zwischenmenschlichen Sphäre muß geeignet sein, die sozialen Prozesse nach einheitlichem Schema zu analysieren. Dasselbe Verfahren und dasselbe Schema muß zweitens auf die sozialen Gebilde angewendet werden, die ja als Verbindungen von sozialen Prozessen aufzufassen sind. Von den ersten Kontakten zwischen zwei Menschen bis zu den verwickeltsten Kollektivgebilden, wie es Staaten und Kirchen sind, muß eine einheitliche Behandlung vorgenommen werden. Das, was alle sozialen Prozesse bei aller qualitativen Verschiedenheit gemeinsam haben, ist die durch sie bewirkte Tatsache der Abstandsverschiebung. Auf ihre Feststellung ist die Analyse der sozialen Prozesse gerichtet. Die einheitliche Analysenform ist P = H is S Sie will besagen, daß der soziale Prozeß das Ergebnis aus der H a l t u n g der an ihm beteiligten Menschen und der
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bestehenden S i t u a t i o n ist. Mag es sich um so verschiedene Vorgänge wie beispielsweise einen Fall von Hochstapelei, eine Parteigründung, eine Thronentsagung, einen Bankrott, einen Ehebruch handeln, mag es ein Geschehnis des alltäglichen bürgerlichen Lebens oder ein geschichtlich bemerkenswerter Vorgang sein — stets ist ein Vorgang der Distanzveränderung gegeben. Das soziale Gefüge ist durch ihn an einem Punkte verändert. Mit unsrer einfachen Analyseformel soll sowohl der Fehler der Nur-Psychologen, die das soziale Geschehnis nur aus der persönlichen Haltung der beteiligten Menschen herleiten, wie die Einseitigkeit der Milieu-Theoretiker, die es nur auf die Faktoren der gerade gegebenen Umwelt zurückführen, vermieden werden. Jeder soziale Prozeß ist das Mischerzeugnis aus persönlichen und sachlichen Gegebenheiten, eben aus Haltung und Situation. Niemals geht in ein zwischenmenschliches Ereignis die ganze Person über; je nach der Situation finden stets nur einige Anlagen, Neigungen, Erfahrungen der Menschen Betätigungsraum. Dieser oder jener Wesenszug wird durch die Situation verstärkt, ein anderer zurückgedrängt. Jeder soziale Prozeß verwandelt auch den beteiligten Menschen; er tritt aus ihm verändert hervor. Ebenso wird die Situation von den Beteiligten wie von den Beobachtern nicht als objektives Faktum erfaßt. Wir kennen die Situationen nur aus menschlichen Wahrnehmungen und Aussagen. Die Faktoren Haltung und Situation sind weiter zerlegbar in einer Weise, die hier nicht näher dargestellt werden kann. N u r das sei angedeutet: Die Haltung betrachten wir, soweit sie nicht situationsbedingt ist, als das Ergebnis der angeborenen Artung des Einzelmenschen und der Nachwirkungen seiner Vergangenheit (seiner Erlebnisse, Erziehung und Gewöhnung). Der Faktor Situation zerlegt sich in die Summe der Einzelheiten der außermenschlichen, sachlichen Umwelt und in die Haltung der anderen, beim vorliegenden sozialen Prozeß beteiligten Menschen. Jede Durchforschung menschlicher Haltung wird in erheblichem Grade zur Motiverkundung. In dieser Aufgabe berühren sich
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Soziologie und Psychologie. Aber die soziologische Motivforschung darf nicht bloß im Bezirke des Inner-Seelischen verharren. Seelisches weist wieder auf Soziales wie Soziales auf Seelisches. Teilweise verstehen wir Bewußtseinsvorgänge aus sozialen Zusammenhängen und sozialen Vorgängen, die den Motivationen vorausgegangen sind. Die Neigung mancher Psychologen, das soziale Leben letztlich nur aus Trieben oder Instinkten zu erklären, erscheint uns einseitig. Dabei wird nur e i n Zusammenhang hervorgehoben; aber die Abhängigkeit aller Gefühle und Vorstellungen, die sich als seelische Erscheinungen aus der Differenzierung und Verfeinerung der Triebe erklären mögen, von der Organistation des sozialen Lebens wird dabei übersehen. Wie wir die Einheitlichkeit in der Analyse der Ichheiten mit Hilfe der Lehre von den sozialen Wünschen zu erreichen suchen, muß hier übergangen werden. Die Analyse des einzelnen sozialen Prozesses nach einheitlichem Verfahren für jeden Fall führt zur Kennzeichnung des gegebenen konkreten Einzelgeschehens in einer abkürzenden, typisierenden Bezeichnung; etwa als Anpassung, Konkurrenz, Boykott, Ausbeutung usw. Es ergibt sich als zweite Aufgabe seine Einordnung in einem Rahmenwerk aller sozialen Prozesse, dessen allgemeinste Kategorien die des Bindens oder Lösens (der positiven oder negativen Abstandsverschiebung) sein müssen. Diese Kategorientafel der sozialen Prozesse muß Vollständigkeit und strenge Systematik aufweisen. Das Ziel ist eine gegliederte Gesamtordnung aller typischen zwischenmenschlichen Vorgänge, um auf diese Weise zu einer einheitlichen Gesamtübersicht über das soziale Leben zu gelangen. Wie auf der einen Seite jedes zwischenmenschliche Vorkommen ebenso analysiert werden muß, wie jedes andere, vielleicht einem ganz entlegenen Bereiche des sozialen Globus angehörige Ereignis, so muß dieses wie jenes Geschehnis seinen Platz im Gesamtgeschehen des sozialen Lebens finden. Die sozialen Prozesse werden dadurch vergleichbar. Es wird erkennbar, welche „Chance" für ein
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bestimmtes Vorkommnis besteht, das soziale Leben nach dieser oder jener Richtung zu beeinflussen. Zur Analyse und Systematik der sozialen Prozesse tritt die Analyse und Ordnung der s o z i a l e n G e b i l d e . Jede Art von Kollektivität (Paar, Gruppe, Masse, Staat, Volk, Nation, Klasse, Stand usw.) wird nunmehr Gegenstand der Forschung. Freilich ist der Zusammenhang zwischen den äußerlich einfachen Verbindungen zweier konkreter Menschen mit den großen abstrakten Kollektiva, den Gemeinwesen, sehr stufenreich. Diese „Körperschaften" (besonders die Staaten und Kirchen) sind so sehr mit den Ideologien zahlloser Menschengenerationen bedeckt, daß es meist geleugnet, wird, daß Gemeinwesen nichts anderes sind als höchst verwickelte Regelungen von Abstandsverhältnissen zwischen Menschen — und zwar Distanzregelungen, die oft über viele Generationen dauern. Auch erschwert der Umstand, daß diese — von R. MüllerFreienfels als „Festgebilde" bezeichneten — Kollektivitätenscheinbar „sich konkretisieren und Abstraktionen ausgestalten" (Müller-Freienfels), ihre Erkennung. Unsere Aufgabe besteht aber hier (im Gegensatz zur Philosophie) in der Erklärung der Kollektivkräfte aus den tatsächlich in ihnen gegebenen Verbundenheiten, nicht aus den über sie bestehenden Ideologien. Aber selbst wenn man in ihnen geistige Substanzen oder metaphysische Ganzheiten sieht, so bleibt auch bei dieser Deutung die Aufgabe bestehen, darzutun, welche Reihen von sozialen Prozessen in ihnen vorwiegen. Wir begreifen jedenfalls im Rahmen unserer Aufgabe die Kollektivkräfte (Staat, Kirche, Verein, Unternehmung usw.) als verschiedene soziale Gebildetypen, die sich darin voneinander unterscheiden, daß in ihnen Menschen und Menschengruppen jeweils anders miteinander verbunden sind. N i m m t man aber die Kollektivkräfte des Mensch-Alls als Ordnungen von (positiven und negativen) Verbundenheiten, so ist klar, daß ihre Elemente nur soziale Prozesse sein können. Sie sind als soziale Gebilde Formen verhältnismäßig dauernder Distanzierungen unter Menschen,
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Die Menschen verhalten sich zum Beispiel in der staatlichen Sphäre anders zueinander als in der Sphäre der Kirchen oder der Wirtschaft. In der Gebildelehre (genauer: in der Lehre von den sozialen Gebilden) suchen wir die spezifischen sozialen Prozesse bloßzulegen, die dem einzelnen Gebildetypus den Charakter geben. Auch hier lösen wir die zunächst substanzhaft vorgestellten Gebilde in das bewegte Leben von Handlungen auf. Wir suchen etwa bei einer Masse im Aufruhr, einem Gesangverein, einer bestimmten Familie, einer politischen Partei, einem Trust, einer Kommune, der evangelischen Kirche, dem Römerreich diejenigen sozialen Prozesse zu erfassen, die sich besonders oft in ihnen wiederholen und dabei stark auf das Gebildeleben einwirken. Wenn ich die mir im Laufe der Jahre bekannt gewordenen Einwände gegen die Lehre von den sozialen Beziehungen durchdenke, so komme ich zu dem Ergebnisse, daß sie, wenn ich recht sehe, auf fünf eng zusammenhängende Zweifelsfragen hinauslaufen: 1. Lassen sich die „Formen" des sozialen Lebens von den „Inhalten" getrennt behandeln? deutlicher: Kann man bei der Durchforschung der Tatsachen des zwischenmenschlichen Zusammenhangs von den Objekten, (Betreffen, Zielen) auf die das Handeln der Menschen gerichtet ist, absehen und nur die Einwirkungen der Menschen und Menschengruppen aufeinander studieren? 2. Besteht nicht die Gefahr, dem Beziehungsgeflechte veränderliche Kräfte zuzuschreiben, die in Wahrheit aus dem Dienste an den Objekten (Betreffen) zu erklären sind? 3. Kann eine Betrachtungsweise, die von dem Beziehungsgeflechte ausgeht, dem (wie angenommen wird) eigentlichen Gegenstande der Soziologie, nämlich den Einflüssen der Kollektivkräfte (Staat usw.) gerecht werden? 4. Ist das Studium des zwischenmenschlichen Zusammenhangs nicht bloß eine V o r s t u f e f ü r die Durchforschung des Gesamt-Tatsachenkomplexes des sozialen Lebens? 5. Findet die Gestaltung des sozialen Lebens nicht seine Erklärung in den g e s c h i c h t l i c h e n Veränderungen?
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Erscheint es nicht fast in einer statischen, der Entwicklungsmöglichkeiten entbehrenden Starrheit, während es doch historisch zu erfassende Bewegung ist, wie Cuvillier sagt: „La Sociologie est la science des groupes humains réels et concrets, c'est-à-dire enracinés dans l'histoire?" 1 ) Es würde gewiß jetzt am Schlüsse dieser kleinen Schrift eine lange und weit ausgreifende Untersuchung erfordern, darauf zu antworten, wenn nicht schon die Entgegnungen im Vorausgehenden, besonders in den ersten Kapiteln implicite oder wörtlich gegeben worden wären. Vielleicht genügt hier nur eine das Gesagte zusammenfassende Formulierung: Zu 1 : Keine Wissenschaft kann allein die Gesamtheit eines Daseinskomplexes in allen ihren Äußerungsformen erfassen. Sie beruht auf dem Gesetze der Arbeitsteilung mit anderen mehr oder weniger benachbarten Wissenschaften. Sie ist überflüssig, wenn sie (nur unter einem anderen Namen) die Aufgaben anderer Disziplinen verrichtet; sie muß ihre eigenen Grundfragen haben. Wenn die Soziologie auch die O b j e k t e des sozialen Lebens, die sog. „ I n h a l t e " mitbehandelt, wird sie zu keiner Klärung der ihr eigenen Fragen gelangen. Sie muß diese Objekte den Wissenschaften von der Wirtschaft, dem Rechte, der Kunst usw. überlassen, aber in beständigem Zusammenhange mit ihnen bleiben. Jede Wissenschaft beruht auf einer ihr allein zustehenden Abstraktion; ohne Abstraktion verirrt sie sich im Unendlichen. Es kommt nur darauf an, daß die ihr eigene Abstraktion von Bedeutung für das Leben der Menschen ist. Es mag Leute geben, die die Medizin oder die Astronomie oder die Ägyptologie f ü r bedeutungslos halten, und so gibt es Menschen, die für die Problematik der Soziologie keine Teilnahme hegen. Mit ihnen können wir nicht rechten. Der subjektiv entscheidende Ausgangspunkt für die Wertung der Soziologie als Wissenschaft ist die Erkenntnis, daß die Durchforschung der zwischenmenschlichen Einwirkungen lebensfördernd 1) M a n u e l , 1. Bd. (S. 191).
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ist. Freilich kommt es sehr oft vor, daß Personen, die sich mit unseren Disziplinen befassen, etwas darin suchen, was sie woanders finden könnten: in der Geschichte, der Nationalökonomie, der Psychologie usw. Nun ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob ein Studium der „Formen" ohne Hineinziehung der „Inhalte" überhaupt m ö g l i c h ist. Den Beweis dafür kann nur die Ausführung des Vorhabens erbringen. Ich glaube, daß die der Beziehungslehre zugrunde liegende Systematik diesen Beweis liefert. Wer sie ablehnt, muß eine andere bessere an die Stelle setzen. "Wer aber an j e g l i c h e r Möglichkeit einer solchen Theorie zweifelt, muß sich die aus dem Zweifel sich ergebenden Folgen vergegenwärtigen. Er stellt damit unsrer wissenschaftlichen Erkenntnis das Armutszeugnis aus, sie vermöge dem praktisch unendlich wichtigen Lebensgebiete des zwischenmenschlichen Zusammenhangs, ohne auf die Zwecksetzungen einzugehen, nicht beizukommen. Damit wird der Mensch zum Sklaven seiner Erzeugnisse erklärt. Zu 2: Die Schwierigkeit der spezifischen Abstraktion ist zuzugeben. Bestände eine solche Schwierigkeit und damit die Gefahr der Fehlerquellen nicht, benötigten wir nicht der Forschung. In jeder vernünftigen Handlung, bei der mehrere Menschen zusammen wirken, gibt es zwei Elemente: den Dienst am Objekte, der ein dieser Aufgabe entsprechendes Verhalten verlangt, und die Anforderungen und Bedingungen des zwischenmenschlichen Verkehrs. Diese beiden Faktoren stehen in Wechselbeziehungen (polaren Verhältnissen) zueinander. (In einem Fabrikbetriebe — um wenigstens e i n Beispiel zu nennen — legt die in Frage kommende Maschine der Arbeitergruppe ein bestimmtes Verhalten der Personen auf [Dienst am Objekte]; aber diese Gruppentätigkeit ist zugleich an die Verkehrsbedingungen, die zwischen den Gruppengliedern [den Menschen] bestehen, gebunden.) Es ist grade die eigentliche Aufgabe, das Außersoziologische (den Betreff) von den zwischenmenschlichen Bedingungen richtig zu sondern. Diese Aufgabe ist falsch gelöst, wenn sie dem Bereiche der
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sozialen Prozesse etwas zuschreibt, was sachtechnisch zu erklären ist. Ebenso wie der, der gewohnt ist, nur in Sachbeziehungen zu denken (z. B. der Ingenieur) häufig das Z w i s c h e n m e n s c h l i c h e unterschätzt oder sogar übersieht, läuft der Nur-Soziologe Gefahr, den Einwirkungen von Person auf Person oder Gruppe auf Gruppe eine zu große (in diesem Sinne verstanden: unsachliche) Bedeutung zuzuschreiben. Zu 3: Die Neigung in der Soziologie nur eine Lehre von der Gruppe (im weitesten Sinne gleich Kollektiv, Gemeinschaft, Gesamtschaft, Gesellschaft) zu sehen und die interp e r s o n a l e n Beziehungen der Psychologie zu überlassen, ist weit verbreitet. Sie läßt außer Acht, daß das Gruppenleben ohne Fundierung in der Erforschung der zwischenmenschlichen Prozesse gar nicht zu erklären ist, und daß alle unfundierte Gesellschaftslehre der Spekulation, einer Glaubenslehre, einer unbeweisbaren „Wesensschau" verfallen muß. Andererseits besteht die Gefahr, daß eine ausschließliche Beobachtung des interpersonalen Verkehrs den Einfluß der Kollektivkräfte unterschätzt, also zu dem wird, was man Individualismus nennt. Da aber die Beziehungslehre stets auch in ihrem zweiten Teile Gebildelehre ist und sie der Ausgestaltung der Theorie von den großen Körperschaften und ihren starken Einflüssen auf das Menschenleben jeden gewünschten Raum gibt, ist eine Vernachlässigung des Gruppenlebens nicht zu befürchten. Sie betont allerdings, wie gesagt, daß man zu den Kollektivkräften einen wissenschaftlichen Zugang nur auf dem Wege finden kann, der von den interpersonalen Prozessen ausgeht. Der andere Weg (vom Kollektiv zum Einzelmenschen), ist von Anfang an mit Hypothesen belastet, die eine rationale Erklärung zum mindesten sehr erschweren. Zu 4: Wer jedoch die Theorie über die Gruppen als den eigentlichen Gegenstand der Soziologie ansieht, mag in der Lehre von den sozialen Prozessen nur eine Vorstufe sehen. Ich kann mir diese Auffassung nicht zu eigen machen, weil ich nicht das, was den eigentlichen Mittel-
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punkt aller Erklärungen bildet, als bloße Vorstufe anzusehen vermag. Zu 5: Hier handelt es sich um den viel behandelten U n terschied von systematischer und geschichtlicher Schauweise. Die Gefahr der Systematik nach logischen Kategorien ist in der T a t ihre Unbeweglichkeit, die Gefahr der bloßen Geschichte ihre Regellosigkeit und die Zufälligkeit des Einmaligen. Macht man aber die Soziologie zu einer Wissenschaft von den historischen Wandlungen, so wird sie zu einer bestimmten Art von Geschichtswissenschaft, nämlich der, die auf Typenbildungen beruht. Es gehört dann die Soziologie zur Geschichte und Geschichtsphilosophie. Jedoch auch bei dieser Auffassung ist die begriffliche Systematik als Grundlehre unentbehrlich; sonst steht man vor dem Chaos. Ein V e r h a r r e n freilich beim bloßen Begriffsschema (z. B. bei der Tafel der menschlichen Beziehungen) ist ebenso unvollkommen. Die Geschichte liefert der Soziologie neben der Gegenwarts-Beobachtung das Material für die Füllung der Kategorien. Vieles von dem, was in Polemiken als Grundsatz-Sache hingestellt wird, ist in Wahrheit eine Zweckmäßigkeitsfrage. Es ist eben verlockender, gegen sog. Weltanschauungen mit dem Brusttone der Uberzeugung zu kämpfen, statt im ruhigen Ausgleiche nach der Devise: „Es geht so; es geht aber auch anders" Brücken zu schlagen. Jedoch auch das ist richtig: den Entscheidungen, warum man diesem oder jenem Denkwege den Vorzug gibt, liegen oft Nötigungen der Anlage und Erfahrung zu Grunde, die mit den Grundregeln des wissenschaftlichen Gegenstandes wenig zusammenhängen. Das gilt auch für den Gegensatz von geschichtlicher und systematisechr Betrachtungsweise: es reizt den einen mehr, den Wandel im Dasein zu erfassen, den anderen, das stets Gleiche zu finden. Anwendungsgebiet des Verfahrens der „Beziehungslehre" — es handelt sich bei diesem Terminus um eine Abkürzung für „Lehre von den sozialen Beziehungen und sozialen Gebilden" — ist das Studium aus jedem Bereiche des zwischenmenschlichen Lebens. Die Beziehungslehre ist
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zugleich weit und eng: weit hinsichtlich des Beobachtungsfeldes, eng in bezug auf die Fragestellung. Immer handelt es sich um Verhältnisse der Verbundenheit oder Entferntheit im Mensch-All. Damit bildet sie auch die Grundlage für eine O r g a n i s a t i o n s l e h r e . Wo man organisiert, handelt es sich einmal um Regelungen, die ihr Gepräge durch die Eigenschaften der dabei benutzten Sachen erhalten (Sachbeziehungen), dann aber nicht minder um die uns hier allein angehenden Personal-, d. h. zwischenmenschlichen Beziehungen. Diese Organisationsaufgabe ist außertechnischer, ist zwischenmenschlicher Art. Indessen besteht heute (besonders in der Praxis) vielfach noch der folgenschwere Irrtum, die durch Organisation vorzunehmende Anordnung der Menschenkräfte ergebe sich ohne weiteres allein aus den Sachbeziehungen. Die beziehungswissenschaftliche Soziologie sucht demgegenüber bei j e d e r Organistationsaufgabe (im weitesten Sinne) die besonderen Anforderungen aufzuweisen, die sich aus dem MenschMensch-Zusammenhange herleiten. Daraus ergeben sich weiterhin zahlreiche Folgerungen für alle Arten von Kunstlehren praktischer Menschenbehandlung und Menschennutzung. Schon die hier vorgenommene Heraushebung der Bedeutung der sachlichen Beobachtung zeigt, wie eng die beziehungswissenschaftliche S o z i o l o g i e mit der Soziog r a p h i e verknüpft ist. In den letzten Jahrzehnten hat die Beziehungslehre u. a. auch Anwendung gefunden beim Studium von Siedlungsgebilden (Dorf, Kleinstadt, einsame Insel, Stadtviertel). Andere besonders naheliegende Anwendungsgebiete sind die Kriminalistik, Pädagogik, Polizeiwissenschaft, Sozialwirtschaft u. a. m. 1 ) 1) D a s S y s t e m der Beziehungslehre ist d a r g e s t e l l t in L e o p o l d v . W i e s e , A l l g e m e i n e S o z i o l o g i e , 2. A u f l . , M ü n d i e n und L e i p z i g 1933, D u n d t e r & H u m b l o t . Ü b e r A n w e n d u n g e n des beziehungswissensch. V e r f a h r e n s v g l . besonders K ö l n e r V i e r t e l j a h r s h e f t e f ü r S o z i o l o g i e , T e i l I I : Ardiiv für Beziehungslehre (im speziellen über S i e d l u n g s g e b i l d e ) d o r t : W . L a t t e n , N i e d e r r h e i n i s d i e K l e i n s t a d t in V I I I , 3 und derselbe, D i e H a l l i g e n in V I I I , 4, f e r n e r die E r g ä n z u n g s h e f t e zu den K ö l n e r V i e r t e l j a h r s -
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Auch die Kölner Zeitschrift für Soziologie, die als Fortsetzung der früheren Vierteljahrshefte seit 1948 erscheint, enthält in jedem Hefte Beiträge zum Archiv für Beziehungslehre. In den 30 er Jahren fanden unsere Versuche 1 ) eine selbständige Fortführung und Ausgestaltung in einer anderen Richtung bei J o h a n n P l e n g e und in seinem Forschungsinstitut für Organisationslehre und Soziologie in Münster i. W., dessen Assistent J o s e f P i e p e r war. Größere Veröffentlichungen über sein soziologisches System hat PI e n g e nicht vorgenommen. Hauptsächlich fand dieses System seine Darstellung in großen, veranschaulichenden „Tafeln". Plenge sieht in der Beziehungslehre nicht die ganze allgemeine Soziologie, jedoch ihre Elementartheorie. „An der Wurzel aller Unterscheidungen und Untersuchungen der eigentlichen Soziologie steht die Beziehungslehre, und sie wirkt durch das ganze System hindurch." Er sieht in ihr eine soziale Histologie (Lehre vom sozialen Gewebe), ergänzt sie jedoch und führt sie fort durch eine Soziosomatologie (Lehre vom sozialen Körper). Da es ihm vor allem auf ein Kategoriensystem ankommt, das in gut heften f ü r Soziologie (München 1928 fF.)> vor allem H e f t 1: Das Dorf als soziales Gebilde. Aus der zahlreichen Literatur über soziale Beziehungen: Eugène D u p r é e l : Le r a p p o r t social. Essay sur l'objet et la méthode de la sociologie (Paris 1912)). Wilhelm S t o k : Das Wesen der sozialen Beziehung (Köln, Vierteljh. f. Soziologie V, 4 u. V I , 1); derselbe: N ä h e und Ferne in den sozialen Beziehungen: Zeitsdir. f. angewandte Psychologie, Bd. 28, 3/4, u n d : Die K o n tinuität der Beziehung Ethos, 11. Jg., 1 und 2. Uber soziale Prozesse: E d w a r d Aisworth R o s s : Principles of Sociology ( N e w York, 2. Aufl. 1930, T h e Century Co.); deutsch: Das Buch der Gesellschaft (Karlsruhe 1926, G. Braun). Über die Beziehungslehre als Bestandteil seines soziologischen Gesamtsystems vgl.: J o h a n n P l e n g e : Als dritter Redner im Symposion (Zeitsdir. f. Völkerpsychologie u. Soziologie V, 4); derselbe: W i e kommt die Soziologie zur Übersicht ihrer Probleme? (Archiv f. angewandte Soziologie, I I , 3) u n d : J o h a n n Plenges Problemsystem der theoretischen Soziologie (Kölner Vierteljhsh. f. Soziologie V I I I , 3). *) Diese kurzen Ausführungen über Plenges Arbeit stimmen mit unseren Bemerkungen im Artikel „Bezienungssoziologie" im Handwörterbuch der Soziologie wörtlich überein.
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umgrenzten und eingeordneten Begriffen alle Möglichkeiten des Beziehungsgewebes erfaßt, ist seine Beziehungslehre reicher an Grundbegriffen als die unsrige, die manche der bei PI e n g e einbezogenen Zusammenhänge den speziellen Soziologen oder der Sozialpsychologie überläßt. Auch besteht zwischen PI e n g e s und unseren Versuchen hauptsächlich der Unterschied, den wir immer noch am besten als den zwischen Statik (bei PI e n g e ) und Dynamik (bei uns) charakterisieren zu können glauben. P l e n g e s Tafeln der Beziehungslehre gehen vom „Bevölkerungsgewebe" aus, womit das gemeint ist, „was man eine Gesellschaft nennt". Innerhalb der Problematik des Beziehungsgewebes, das nach Ablösung von der mehr statistisch beachtlichen „Bevölkerung" entsteht, ergibt sich ein vierfaches Ganzes von Aufgaben: erstens die isolierte Beziehung, zweitens die durch Beziehungen zusammengehaltenen Gebilde (Mehrschaften, Gruppen), drittens die „Beziehungsfelder" der einzelnen Menschen, viertens die Gesamttatsache des Beziehungsgewebes in seiner Ganzheit. Die Lehre von der i s o l i e r t e n B e z i e h u n g ist von P l e n g e wohl erschöpfend, jedenfalls sehr beachtenswert ausgestaltet. Es ist nicht möglich, hier darüber Näheres zu berichten; die bloße unkommentierte Wiedergabe der gewählten Termini wäre eher irreführend als erläuternd. Die Beziehungslehre ist bei Plenge nicht bloß ein Bestandteil der Soziologie, sondern auch der Ontologie schlechtweg. In ihr gilt der Satz: „Unsere Wirklichkeit ist so weit wie unsere Beziehungen." „Indem schlechthin Beziehung im allerweitesten Sinne", lehrt P l e n g e , „die das Eine und das Andere verbindet, überall das Wirklichkeitsband dieser unserer Welt ist, gewinnen wir den in dieser Wirklichkeit gemäßen Grundbegriff der ,Synheteronomie', der, mitmenschlich erlebt und bejaht, die innerste Sittlichkeit der Gesellschaftslehre begründet: naturaliter christiana. Eben aus derselben Einsicht heraus ist eine B e z i e h u n g s w i r k l i c h k e i t von Grund aus d i a l e k t i s c h und polar."
Namenregister Abel Adler Adorno Albrecht Anderson Angell Aristoteles Aron
87 48, 118 ff., 130 48 124, 141 74 87 23 50
74 68 33 23, 30, 33, 36, 38, 123 Bastian 121 Bastide 51 Becker 33, 86 ff., 106, 135 Bedterath, v 124 B e l o w , v. 25 Benedict 87 Blumer 87, 88 Bougie 93, 95, 98 Branford 68, 71 Breysig 123 Brinkmann 23 f . , 38, 123 Brown 67 Biidier 32 Burgess 72, 83, 87 Bain Barker Barnes Barth
Carli 26, 50 Carr-Saunders 67 Cheltschizki 26 Comte 9, 26, 30, 31, 36, 57 ff., 75, 93, 99, 108, 116, 124 Cooley 76 ff., 82 Curtius 135 Cuvillier 97, 99, 154 Darwin Demolins Dewey Dilthey Dixon Dodd Diihring Dunkmann Duprat Dupréel Durkheim
110 71 79 43, 99, 135 68 73, 87 115 122 66, 94, 95, 98 102, 159 23, 36, 51, 66, 90 ff., 98, 99 f .
Eckert Eidihorn Ellwood Espinas Eulenburg Faris Farquharson Fauconnet Ferguson Fichte Fouillée Freyer
124 32 79, 80, 87, 103 98 123 72 71 51, 95 67 25 98 38, 103, 122
Gedt Geddes Geiger
123, 142 68, 71 50, 83, 124, 127, 140 f . Gcrloff 124 Giddings 27, 72, 78 f . , 79, 103 Gillin 74, 79 Ginsberg 67, 68, 71 Girod 103 Glass 71 Gobineau 121 Gothein 123 de G r e e f 102 114, 116 Grtinfeld G u m p l o w i c z 109, 115, 121 Günther 123 Gurvitch 96 f . , 99, 106, 136 Guyau 98 110 Häckel Halbwadis 95, 98 Hankins 61, 64 H e g e l 25, 29, 30, 107, 108, 110, 141 141 Hellpach Heraklit 23 Herbart 9, 108 Heyde 57, 124, 143 Hobbes 24 Hobhouse 67, 68 f . , 87 Hoffmann 86, 123 Holbach 23 Honigsheim 123 House 87 Horkheimer 48, 136, 141
Hume Hus
67 26
Jahn Janne
124 18, 102
Kant Kantorowicz Knies Koenig Kossitsch Lampredit Laski Latten Le Bon Lederer Lehmann Leontovitsdi Le P l a y Levy-Bruhl Levy-Strauß L i l i e n f e l d , v. Linpinsel Linton Lippert Litt Lundberg
25, 107, 108 123 32 142 123 38 68, 70 158 98 123 126 123 68, 70 f . 40, 98 96 109 123 87 121 102, 123 74, 87, 88
26 Madiiavelli Mackenroth 142 f . Mandevillc 67 124 Malthus 79 Mc. Dougall 87 f . Mc. Iver Mannheim 47, 68, 103, 122, 127, 135, 139 f . 142 Martin, v Marshall 71 Marx 9, 48, 107, 109, 115, 116 ff. 102 Matsumoto 96 Maunier Maus, Heinz 66, 123 Mauss, Marcel 51,95,98 Merton 48 123 Meuter Midieis 123 Miliar 67 8, 25, 50 M o h l , v. 106 Moore
Moreno Mounier Mühlmann Müller, A d a m Müller, Franz Müller-Armadc
83 98 40, 123 30 20 38, 124, 143 Müller-Freienfels 152 Müller-Lyer 110
Niebuhr Novalis Odaka 102 Ogburn 72, 80, 82, 88 O p p e n h e i m e r 60, 62, 115, 122, 123 Owen 67 Pareto Park Parsons Peters Pieper Plato Plenge Plessner Pribram Pufendorf Quételet
33, 100 72, 81, 82, 87 87, 88 f. 123 159 23 117, 122, 123, 159 f. 141 50 108 101
31 107, 109, 113, 115 Redfield 87 Reichenau, v. 124 Renouvier 93 Ridiard 95, 98 Ridtert 126 Rimet 18, 51 Rodbertus 115 Ross 27, 72, 79, 80, 82, 87, 103, 159 Rothe 108 Rousseau 23 Ranke Ratzenhofer
Rüstow Rumney
38, 142 66 f.
Saint-Simon
26, 30, 57, 58 Salomon 106, 114 Sauermann 123 Savigny, v. 32 Schaffte 36, 75, 94, 108, 109, l l O f f . , 115, 116, 124 S dieler 47, 102, 126, 135 Schelling 29, 30, 108, 110 Schelsky 142 Schleiermacher 9, 108 Schmoller 32,115,123 Schöllgen 142 Shils Simmel
82, 106 27, 36,102, 123, 127, 129 ff Skradi 26 Small 24, 27, 72, 76 f., 103, 113 Smets 102 Smith 67 Solms, Max, Ernst, Graf zu 123, 143 Solms, Max, Graf zu 6, 123,143 Sombart 22, 39, 52, 99, 118, 123, 126, 127, 135, 137 f. Sorokin 33, 50, 53, 74, 81, 84 ff., 100 Spann 25, 36, 111, 122, 123 123 Specht Spencer 9, 26, 39, 42, 51, 57, 60 ffr, 75, 108, 124 Spyckmann 130 Stein, v-, Lorenz 9, 25, 36, 107, 109, 113, 114 ff. Stein, Ludwig 113 Steinhoff 130 Steinmetz 101
Steinthal Stok Stoltenberg Sumner
113 159 33, 108, 123, 143, 145 72, 74
Tarde 27, 90 ff., 103 Thomas 72, 79, 81 f., 87 Thurnwald, Hilde 123 T h u r n w a l d , Richard 40, 124 Tönnies 27, 107, 115, 123, 125, 127 ff. Toynbee 41, 53 Treitschke, v. 9, 25, 31 Tröltsdi 123 Turgot 58 Uexküll Vaerting Vial Vico Vierkandt
109 123 98 10, 26 40, 102, 125 t . , 127, 138 f.
Waentig Wagner Wallas Walther Ward
114 115, 123 68, 69 f. 123 61, 6 5 , 7 2 , 73, 74 ff., 116 Waxweiler 102 Weber, A l f r e d 38, 53, 103, 122, 123 Weber, Max 87, 102, 122 f., 127, 129, 134 ff., 136 f. Weippert 38, 123 44, 124, 143 Weisser Wessels 124 Westermark 67, 68 Wirth 87 Wolf 108 Worms 90 ff. Ziegenfuß Znaniecki
123, 142 52, 65, 72, 81
WERNER ZIEGENFUSS
Lebendige
Soziologie
Schriften und Texte der modernen Gesellschaft und der Gesellschaftslehre Oktav Es liegen fünf
Bände
vor: Augustin Christliche Transzendenz in Gesellschaft und Geschichte 180 Seiten. 1948. D M 7 —
Gerhart Hauptmann Dichtung u. Gesellschaftsidee der bürgerlichen H u m a n i t ä t 182 Seiten. 1948. D M 7,— Die Genossenschaften 144 Seiten. 1948. D M 5,50 Die bürgerliche Welt 240 Seiten. 1949. D M 8,50 Lenin Soziologie und revolutionäre Aktion im politischen Geschehen 166 Seiten. 1948. D M 6 , Soziologie ist k e i n e W i s s e n s c h a f t m i t a b g e g r e n z t e m u n d a b g r e n z b a r e m F o r s c h u n g s g e b i e t . I h r G e g e n s t a n d ist die G e s a m t h e i t des Z u s a m m e n l e b e n s , u n d sie w i r d ü b e r a l l d o r t zu l e b e n d i g e r W i r k l i c h k e i t , w o P e r s ö n l i c h k e i t e n i n n e r h a l b ihres V e r b u n d e n s e i n s m i t d e m e r l e b b a r e n u n d d u r c h d a c h t e n gesellschaftlichen Schicksal dieses als G a n z e s b e g r e i f e n , geistig u n d p r a k t i s c h g e s t a l t e n o d e r in seinen Formen und Ausdrucksweisen u m w a n d e l n wollen. E i n solches V e r s t e h e n u n d D e u t e n , E r k e n n e n u n d E n t h ü l l e n d e r G e s e l l s c h a f t , d a s a u s d e m L e b e n u n d W e r k d e r schöpferischen P e r s ö n lichkeiten in i h r e r geistig g e s t a l t e n d e n , auf d a s G a n z e g e h e n d e n Auseinandersetzung mit der Mitwelt erwächst, bezeichnet der Verf a s s e r als „ L e b e n d i g e S o z i o l o g i e " .
W A L T E R D E G R U Y T E R & C O . / B E R L I N W 35
PHILOSOPHEN*
LEXIKON
Handwörterbuch der Philosophie nach Personen V e r f a ß t und herausgegeben von W E R N E R Z I E G E N F U S S und G E R T R U D
JUNG
2 B ä n d e im L e x i k o n - O k t a v - F o r m a t In G a n z l e i n e n Band
gebunden
I ( A — K ) V I I , 700 Seiten.
B a n d I I ( L — Z ) 958 S e i t e n .
1949.
1950.
DM
30,—
DM
45,-
„JMit diesem Lexikon ist wohl zum erstenmal ein soweit möglich objektives Nachschlagewerk solcher Art geschaffen; nahezu alles, was im Räume der Philosophie Namen hat, ist erfaßt in Artikeln, die sich nach einer Gliederung in Lehen, Werk, Nachwirkung, Schriften, wichtigste Literatur nicht selten zu kleinen Monographien erweitern, die in ihrer Knappheit und Klarheit meisterhaft sind." Gnomon Heft 6, 1951
Ein Q u e r s c h n i t t durch das K u l t u r - und Geistesleben — ein wichtiges bibliographisches
Hilfsmittel
ist der
Walter de Gruyter-Verlagskatalog 1950 U m f a ß t 200 J a h r e geistige, wissenschaftliche und verlegerische A r b e i t und e n t h ä l t die noch l i e f e r b a r e n V e r ö f f e n t l i c h u n g e n
1 7 4 9 — 1 9 4 9 der
Verlage Walter
de G r u y t e r 6c C o . ;
Cram,
de G r u y t e r Sc C o . ,
A. Marcus & E. Weber's Verlag; J . Schweitzer V e r l a g ;
Hamburg; Technischer
Verlag Herbert C r a m ; Therapeutische Registratur; Alfred Töpelmann V e r l a g , B e r l i n W 35 792 Seiten im L e x i k o n f o r m a t . G a n z l e i n e n D M 5 , — ( U n k o s t e n b e i t r a g )
WALTER DE GRUYTER & CO. / BERLIN W 35
GESA M
TVERZEICHNIS
SAMMLUNG GÖSCHEN DAS WISSEN DER WELT IN KURZEN, KLAREN, ALLGEMEINVERSTÄNDLICHEN EINZELDARSTELLUNGEN NACH DEN LEHRPLÄNEN DER DEUTSCHEN UNIVERSITÄTEN UND HOCHSCHULEN AUFGEBAUT JEDER BAND DM 2,40 DOPPELBAND DM 4,80
S T A N D APRIL 1954
WALTER D E GRUYTER & CO. BERLIN W 35
INHALTSVERZEICHNIS Seite
Biologie Botanik Chemie Deutsche Sprache und Literatur Elektrotechnik Englisch Erd- und Länderkunde Französisch Geologie Germanisch Geschichte Griechisch Hebräisch Hoch- und Tiefbau Indogermanisch Italienisch Kristallographie Kunst Land- und Forstwirtschaft Lateinisch Maschinenbau Mathematik Metall Mineralogie Musik Pädagogik Philosophie Physik Psychologie Religionswissenschaften Russisch Sanskrit Soziologie Technologie Volkswirtschaft Wasserbau Zoologie
11 11 10 5 13 6 7 6 12 5 4 6 7 15 5 6 12 4 12 6 14 8 13 12 4 3 3 10 3 3 7 7 3 11 7 14 12
Geisteswissenschaften Philosophie • Pädagogik • Psychologie • Soziologie E i n f ü h r u n g in die Philosophie v o n H. Leisegang. 2. A u f l a g e . 145 S e i t e n . 1951 Erkenntnistheorie v o n O.Kropp l . T e i l : Allgemeine G r u n d l e g u n g . 143 S e i t e n . 1950 Hauptprobleme der Philosophie v o n G. Simmelf. 7., u n v e r ä n ä . A u f l a g e . 177 S e i t e n . 1950 . . . Geschichte der Philosophie I: Die griechische Philosophie von W.Capelle. 1. T e i l . V o n T h a i e s b i s L e u k i p p o s . 2., e r w e i t e r t e A u f l a g e . 135 S e i t e n . 1953 II: Die g r i e c h i s c h e Philosophie von W. Capelle. 2. T e i l . V o n d e r S o p h i s t i k bis z u m T o d e P i a t o n s . . . . . 2., s t a r k e r w e i t e r t e A u f l a g e . 144 S e i t e n . 1953 III: Die g r i e c h i s c h e Philosophie v o n W. Capelle. 3. Teil. V o m T o d e P i a t o n s b i s z u r A l t e n Stoa. 2., s t a r k e r w e i t e r t e A u f l a g e . 132 S e i t e n . 1954 . . . . IV: D i e g r i e c h i s c h e Philosophie von W.Capelle. 4. T e i l . V o n d e r A l t e n S t o a bis z u m E k l e k t i z i s m u s im 1. J a h r h u n d e r t v . C h r . 2., s t a r k e r w e i t e r t e A u f l a g e . 132 S e i t e n . 1954 V: D i e P h i l o s o p h i e d e s M i t t e l a l t e r s von J.Koch. In Vorbereitung V I : D i e v o r k a n t l s c h e P h i l o s o p h i e v o n K. Schilling. In V o r b e r e i t u n g V I I : I m m a n u e l K a n t v o n G. Lehmann. In V o r b e r e i t u n g . V I I I : D i e P h i l o s o p h i e d e s 19. J a h r h u n d e r t s v o n G. Lehm a n n . 1. T e i l . 151 S e i t e n . 1953 I X : D i e P h i l o s o p h i e d e s 19. J a h r h u n d e r t s von G. L'.limann. 2. T e i l . 168 S e i t e n . 1953 X : D i e P h i l o s o p h i e i m e r s t e n D r i t t e l d e s 20. J a h r h u n d e r t s v o n G. Lehmann. In Vorbereitung Die geistige Situation der Zelt ( 1 9 3 1 ) v o n K. Jaspers. 3., u n v e r ä n d e r t e r A b d r u c k d e r 1932 b e a r b e i t e t e n 5. A u f l a g e . 211 S e i t e n . 1953 P h i l o s o p h i s c h e s W ö r t e r b u c h v o n M. Apel. 4., u n v e r ä n d e r t e A u f l a g e . 2 6 0 S e l t e n . 1953 Geschichte der P ä d a g o g i k v o n H. Weimer. 11., n e u b e a r b e i t e t e u n d v e r m e h r t e A u f l a g e . 1954. I n V o r b e r e i t u n g . . . Therapeutische P s y c h o l o g i e . F r e u d — A d l e r — J u n g v o n W. M. Kranefeldt. M i t e i n e r E i n f ü h r u n g v o n C. G. Jung. 2. A u f l a g e . 152 S e i t e n . 1950 Soziologie. G e s c h i c h t e u n d H a u p t p r o b l e m e v o n L . von Wiese. 4. A u f l a g e . 151 S e i t e n . 1950
Religionswissenschaf
Bd.
281
Bd.
807
Bd.
500
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857
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859
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859
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863
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826
Bd. Bd.
394 536
Bd.
571
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709
Bd.
845
B d . 1000 B d . 1031 Bd.
145
B d . 1034 Bd.
101
ten
B u d d h i s m u s v o n E. Waldschmidt. 2 Teile. 1955. I n V o r b e r . B d . 174/770 J e s u s v o n Af. Dibelius f . 2. A u f l a g e . U n v e r ä n d e r t e r N a c h d r u c k . 137 S e i t e n . 1949 B d . 1130 P a u l u s v o n M. Dibelius f . N a c h d e m T o d e d e s V e r f a s s e r s h e r a u s g e g e b e n u n d zu E n d e g e f ü h r t v o n W. G. Kümmel. 155 S e i t e n . 1951 B d . 1160 3
Musik Musikästhetik von H. J. Moser. 180 Seiten. 1953 Systematische Modulation von R. Hernried. 2. Auflage. 136 Seiten. 1950 Der polyphone Satz von E. Pepping. 1. Teil: Der cantus-firmusSatz. 2. Auflage. 223 Seiten. 1950 Harmonielehre von H. J. Moser. I : 112 Seiten. 1954 I I : In Vorbereitung Gesangskunst von H. J. Moser. In Vorbereitung . . . . Bd. Die Kunst des Dirigierens von H. W. von Waltershausen. 2. Auflage. 138 Seiten. 1954 Die Technik des Klavierspiels aus dem Geiste des musikalischen Kunstwerkes von K. Schubert f . 3. Auflage. 108 Seiten. 1954 Die Musik des 19. Jahrhunderts von W. Oehlmann. 180 Seiten. 1953 :
Bd.
344
Bd. 1094 Bd. 1148 Bd. 809 Bd. 810 576/576a Bd. 1147 Bd. 1045 Bd.
170
Kunst Stilkunde von H. Weigert. I : Vorzeit, Antike, Mittelalter. 2. Auflage. Mit 94 Abbildungen. 1954 I I : S p ä t m i t t e l a l t e r u n d Neuzeit. 2. Auflage. Mit 84 Abbildungen. 1954
136 Seiten. 141 Seiten.
Bd.
80
Bd.
781
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270
Bd. Bd.
538 539
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564
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565
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566
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42
Geschichte Einführung in die Geschichtswissenschaft von P. Kirn. 2. Auflage. 121 Seiten. 1952 Archäologie v o n A. Rumpf. I : Einleitung, historischer Überblick. 143 Seiten m i t 6 Abbildungen im T e x t u n d 12 T a f e l n . 1953 I I : In Vorbereitung Kultur der Urzeit v o n F. Behn. 4. Auflage der „ K u l t u r der U r z e i t " . Band I —III von M. Hoernes. I : Die vormetallischen K u l t u r e n . (Die Steinzeiten Europas. Gleichartige K u l t u r e n in a n d e r e n Erdteilen). 172 Seiten m i t 48 Abbildungen. 1950 I I : Die älteren M e t a l l k u l t u r e n . (Der Beginn der Metallben u t z u n g . K u p f e r - u n d Bronzezeit in E u r p o a , im Orient u n d in Amerika). 160 Seiten mit 67 Abbildungen. 1950 I I I : Die jüngeren M e t a l l k u l t u r e n . (Das Elsen als K u l t u r metall. H a l l s t a t t - L a t e n e - K u l t u r in E u r o p a . Das erste A u f t r e t e n des Eisens in den a n d e r e n Erdteilen). 149 Seiten m i t 60 Abbildungen. 1950 Vorgeschichte Europas von F. Behn. Völlig neue B e a r b e i t u n g der 7. Auflage der „Urgeschichte der Menschheit" von M. Hoernes. 125 Selten mit 47 Abbildungen. 1949 . . . . Von den Karolingern zu den Staufern von J. Haller. Die altd e u t s c h e Kaiserzeit ( 9 0 0 - 1 2 5 0 ) . 3. Auflage. 141 Seiten mit 4 K a r t e n . 1944 Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, der Gegenreformation und des 30Jährlgen Krieges von F. Härtung. 129 Selten. 1951 4
Bd. 1065 Bd. 1105
Quellenkunde der deutschen Geschichte Im Mittelalter v o n K . J a c o b e (bis zur M i t t e des 15. Jahrhunderts). I : Einleitung, A l l g e m e i n e r T e i l . D i e Z e l t der K a r o l i n g e r . S . A u f l a g e . 118 Seiten. 1949 I I : D i e K a i s e r z e i t ( 9 1 1 - 1 2 5 0 ) . 4. A u f l a g e . 127 Seiten. 1949 I I I : Das S p ä t m i t t e l a l t e r ( v o m I n t e r r e g n u m bis 1500). U n t e r V e r w e n d u n g der Hinterlassenschaft herausgegeben v o n F. Weden. 152 Seiten. 1952 Zeltrechnung der römischen Kaiserzeit, des Mittelalters und der Neuzelt v o n H. Lietzmannf. Für die Jahre 1 —2000 n. Chr. 2. A u f l a g e . V o n A . H o f m e i s t e r . 1954. I n V o r bereitung Badische Geschichte v o n A . K r i e g e r . 137 Seiten. 1921 . . . . Geschichte Englands v o n H. Preller. I : bis 1815. 3., stark u m g e a r b e i t e t e A u f l a g e . 135 Selten m i t 7 S t a m m t a f e l n und 2 K a r t e n im T e x t . 1952 . . . . I I : In Vorbereitung Thüringische Geschichte v o n E. Devrient. 2. A u f l a g e . 136 Seiten. 1921
Bd. Bd.
279 280
Bd.
284
Bd. 1085 Bd. 230 Bd. 375 B d . 1088 Bd.
352
Deutsche Sprache und Literatur Deutsches Rechtschreibungswörterbuch v o n M. Gottschald. 2., verbesserte A u f l a g e . 269 Seiten. 1953 Bd. Deutsche Wortkunde v o n A. Schirmer. Eine kulturgeschichtliche B e t r a c h t u n g des deutschen W o r t s c h a t z e s . 3., durchgesehene A u f l a g e . 109 Seiten. 1949 Deutsche Sprachlehre v o n W. Hofstaetter. 9., neubearbeitete A u f l a g e v o n G. Spree. 114 Seiten. 1953 Redetechn'k v o n H. Biehle. E i n e E i n f ü h r u n g in die R h e t o r i k . 115 Seiten. 1954 Sprechen und Sprachpflege v o n H. Feist. ( D i e K u n s t des Sprechens). 2., verbesserte A u f l a g e . 99 Seiten m i t 25 A b bildungen. 1952 Deutsches Dichten und Denken von der germanischen bis zur staufischen Zeit v o n H. Naumann. (Deutsche Literaturgeschichte v o m 5.— 13. J a h r h u n d e r t ) . 2., verbesserte A u f l a g e . 166 Seiten. 1952 . . . Deutsches Dichten und Denken vom Mittelalter zur Neuzelt v o n G. Müller ( 1 2 7 0 - 1 7 0 0 ) . 2., durchgesehene A u f l a g e . 159 Seiten. 1949 Deutsches Dichten und Denken von der A u f k l ä r u n g bis zum Realismus v o n K. Vietor ( D e u t s c h e Literaturgeschichte v o n 1 7 0 0 - 1 8 9 0 ) . 2., durchgesehene A u f l a g e . 156 Seiten. 1949 Deutsche Heldensagen v o n H. Schneider. I n V o r b e r e i t u n g . . Der Nlbelunge N6t in Auswahl m i t kurzem W ö r t e r b u c h v o n K. Langosch. 9., u m g e a r b e i t e t e A u f l a g e . 164 Seiten. 1953 Die deutschen Personennamen v o n M. Gottschald. I n V o r b e reitung
200/200a Bd.
929
Bd.
20
Bd.
61
Bd. 1122
B d . 1121 B d . 1086
B d . 1096 Bd. 32 Bd.
1
Bd.
422
Gotisches Elementarbuch v o n H. Hempel. Grammatik, Texte m i t Ü b e r s e t z u n g und Erläuterungen. 2., u m g e a r b e i t e t e A u f l a g e . 165 Selten. 1953 Bd.
79
Indogermanisch • Germanisch
5
Indogermanische Sprachwissenschaft von H. Krähe. 2. Auflage. 134 Selten. 1948 Oermanische Sprachwissenschaft von H. Krähe. 2. Auflage. I : Einleitung und Lautlehre. 127 Selten. 1948 I I : Formenlehre. 140 Seiten. 1948 Althochdeutsches Elementarbuch von H. Naumann f und W. Betz. 2. Auflage. 156 Selten. 1954 Altnordisches Elementarbuch von F. Ranke. Schrifttum, Sprache, T e x t e m i t Übersetzung und W ö r t e r b u c h . 2., durchgesehene Auflage. 146 Seiten. 1949
Englisch • Französisch
•
Bd.
59
Bd. Bd.
238 780
Bd.
IUI
Bd.
1115
Italienisch
Altenglisches Elementarbuch von M, Lehnert. Einführung, G r a m m a t i k , T e x t e mit Ubersetzung und W ö r t e r b u c h . 2., verbesserte und vermehrte Aufl. 176 Seiten. 1950 . Beowulf von M. Lehnert. Eine Auswahl m i t Einführung, teilweiser Übersetzung, Anmerkungen und etymologischem W ö r t e r b u c h . 2., verbesserte Auflage. 135 Seiten. 1949 Englische Literaturgeschichte. I : Die alt- und mittelenglische Periode von F. Schubel. 163 Seiten. 1954 I I : Von der Renaissance bis zur Aufklärung von Paul Meissner^. 139 Seiten. 1937 I I I : R o m a n t i k und Viktorianismus von Paul Meissner f . 150 Seiten. 1938 I V : Das 20. J a h r h u n d e r t von Paul Meissner f . 150 Seiten. 1939 Romanische Sprachwissenschaft von H. Lausberg. 2 B ä n d e . In Vorbereitung . . . . Bd. Italienische Literaturgeschichte von K. Vossler. Unverändert e r Nachdruck der 1927 erschienenen 4., durchgesehenen und verbesserten Auflage. 148 Seiten. 1948 . . . . Shakespeare von P. Meissnerf. 2. Auflage, neubearbeitet von M. Lehnert. 136 Seiten. 1954
Bd. 1125 Bd. 1135 B d . 1114 Bd. 1116 Bd. 1124 Bd. 1136 128/250 Bd.
125
B d . 1142
Griechisch • Lateinisch Griechische Sprachwissenschaft von W. Brandenstein. I : Einleitung, L a u t s y s t e m , Etymologie. 160 Seiten. 1954 Geschichte der griechischen Sprache von O. Hoff mann f . I : Bis zum Ausgang der klassischen Zeit. 3., umgearbeitete Auflage von A. Debrunner. 156 Seiten. 1954 . . . . I I : In Vorbereitung Geschichte der griechischen Literatur von W. Nestle. 2., verbesserte Auflage. I : Von den Anfängen bis auf Alexander d. Gr. 148 Seiten. 1950 I I : Von Alexander d. Gr. bis zum Ausgang der Antike. 128 Seiten. 1945 Geschichte der lateinischen Sprache von F. Stolz f . 3., stark umgearbeitete Auflage von A. Debrunner. 136 Seiten. 1953 6
Bd.
117
Bd. Bd.
111 114
Bd.
70
Bd.
557
Bd.
492
Hebräisch • Sanskrit
• Russisch
Hebräische Grammatik v o n G. Beer +. 2., völlig neubearbeitete A u f l a g e v o n R. Meyer. I : Schrift-, L a u t - u n d F o r m e n l e h r e I. 157 Seiten. 1952. Bd. I I : Schrift-, L a u t - und F o r m e n l e h r e I I . 1954. In V o r bereitung Bd. Hebräisches Übungsbuch v o n 0. Beer + und R. Meyer. In Vorbereitung Sanskrit-Grammatik v o n M . Mayrhofer. 89 Seiten. 1953 . . . Russische Grammatik v o n G. Berneker. 6., u n v e r ä n d e r t e A u f lage v o n M. Vasmer. 155 Seiten. 1947
Erd- und
763/763a 764/764a Bd. 769 Bd. 1158 Bd.
66
Länderkunde
A f r i k a v o n F. Jaeger. Ein geographischer O b e r b l i c k . 2., umgearbeitete Auflage I : Der Lebensraum. 174 Seiten. 1954 Bd. 910 I I : Mensch und K u l t u r . 155 Seiten. 1954 B d . 911 Amerika v o n H. Dreyhaus. 2 Bände. In V o r b e r e i t u n g . . Bd. 855/856 Australien und Ozeanien v o n H. J. Krug. 176 Seiten m i t 46 Skizzen. 1953 Bd. 319 Eiszeitalter v o n E. Hameister. In V o r b e r e i t u n g Bd. 431 Kartenkunde v o n M. Eckert-Greifendorftf. 3., durchgesehene A u f l a g e v o n W.Kl ffnir. 149 Seiten m i t 63 A b b . 1950 Bd. 30
Volkswirtschaft Allgemeine Betriebswirtschaftslehre von K. 8., u n v e r ä n d e r t e A u f l a g e . I : 142 Seiten. 1954 I I : 112 Seiten. 1954 I I I : 143 Seiten. 1954 Statistik v o n E. Meier 2 Bände. In V o r b e r e i t u n g
Mellerowicz. Bd. 1008 Bd. 1153 Bd. 1154 B d . 746
7
Naturwissenschaften Mathematik Geschichte der Mathematik von J. E. Hofmann I : Von den A n f ä n g e n bis z u m A u f t r e t e n von F e r m a t u n d Descartes. 200 Seiten. 1953 Mathematisch: Formelsammlung von F. Ringleb. Vollständig u m g e a r b e i t e t e N e u a u s g a b e des W e r k e s von O. Th. Bürklen. 5., verbesserte Auflage. 274 Seiten mit 57 Fig u r e n . 1949 Fünfstellige Logarithmen v o n A. Adler. Mit mehreren graphischen R e c h e n t a f e l n u n d h ä u f i g v o r k o m m e n d e n Z a h l w e r t e n . 2. Auflage. N e u d r u c k . 127 Seiten m i t 1 T a fel. 1949 Arithmetik v o n H. Rohrbach ( f r ü h e r Fischer). 1955. In Vorbereitung Höhere Algebra von H. Hasse. 3., verbesserte Auflage. I : Lineare Gleichungen. 152 Seiten. 1951 I I : Gleichungen höheren Grades. 158 Seiten mit 5 F i g u r e n . 1951 Aufgabensammlung zur höheren Algebra v o n H. Hasse u n d W. Klobe. 2.. verbesserte u n d v e r m e h r t e Auflage. 181 Seiten. 1952 Elementare und klassische Algebra vom modernen Standpunkt von W. Krull. 2., erweiterte Auflage. I : 136 Seiten. 1952 Einführung in die Zahlentheorie von A. Scholzf. Überarbeitet v o n B. Schoeneberg. 1954. In Vorbereitung Gruppentheorie v o n L.Baumgartner. 2. Auflage. 115 Seiten m i t 6 F i g u r e n . 1949 Funktionentheorie v o n K . Knopp. 7. Auflage I : G r u n d l a g e n d e r allgemeinen Theorie der analytischen F u n k t i o n e n . 139 Seiten. N a c h d r u c k 1954 I I : A n w e n d u n g e n u n d W e i t e r f ü h r u n g d e r allgemeinen Theorie. 130 Seiten. N a c h d r u c k 1954 Aufgabensammlung zur Funktionentheorie von K. Knopp. 4. Auflage. I : A u f g a b e n zur elementaren F u n k t i o n e n t h e o r i e . 135 Seiten .1949 I I : A u f g a b e n zur höheren F u n k t i o n e n t h e o r i e . 151 Seiten. 1949 Elemente der Funktionentheorie von K. Knopp. 3. Auflage. 144 Seiten. N a c h d r u c k 1954 Determinanten von H. Wielandt ( f r ü h e r Fischer). 1955. In Vorbereitung Differentialrechnung von A. Wittingf. 3., n e u b e a r b e i t e t e Auflage. Durchgesehener N e u d r u c k . 201 Seiten mit 95 Figuren u n d 200 Beispielen. 1949 8
Bd.
226
Bd.
51
Bd.
423
Bd.
47
Bd.
931
Bd.
932
Bd. 1082 Bd.
930
Bd. 1131 Bd.
837
Bd.
668
Bd.
703
Bd.
877
Bd.
878
Bd. 1109 Bd.
402
Bd.
87
Repetltorlum und Aufgabensammlung zur Differentialrechnung v o n A. Wittingf. 2., n e u b e a r b e i t e t e Auflage. Durchgesehener N e u d r u c k . 145 Seiten. 1949 Integralrechnung von A. Wittingf. 2., verbesserte Auflage. Durchgesehener N e u d r u c k . 176 Seiten m i t 62 Figuren u n d 190 Beispielen ' . . . . Repetltorlum und Aufgabensammlung zur Integralrechnung von A. Wittingf. 2., n e u b e a r b e i t e t e Auflage. Durchgesehener N e u d r u c k . 121 Seiten mit 32 Figuren u n d 309 Beispielen. 1949 Gewöhnliche Differentialgleichungen von G. Hoheisel. 4., neub e a r b e i t e t e Auflage. 129 Seiten. 1951 Partielle Differentialgleichungen von G. Hoheisel. 3., neubea r b e i t e t e Auflage. E t w a 130 Seiten. 1954 Aufgabensammlung zu den gewöhnlichen und partiellen Differentialgleichungen von G. Hoheisel. 2., u m g e a r b e i t e t e Auflage. 124 Selten. 1952 Darstellende Geometrie von W. Haack. I : Die wichtigsten D a r s t e l l u n g s m e t h o d e n . G r u n d - u n d A u f r i ß ebenmäßiger K ö r p e r . 106 Seiten m i t 112 Abbild u n g e n . 1954 II: Körper m i t k r u m m e n Begrenzungsflächen. K o t i e r t e P r o j e k t i o n e n . 129 Seiten mit 86 Abbildungen. 1954 . . Sammlung von Aufgaben und Beispielen zur analytischen Geometrie der Ebene von R. Haussner. Mit den vollständigen Lösungen. 139 Seiten mit 22 Figuren im T e x t . Neud r u c k . 1949 Nichteuklidische Geometrie von R. Baldusf. Hyperbolische Geometrie der Ebene. 3., verbesserte Auflage, d u r c h gesehen u n d herausgegeben von F. Löbell. 140 Seiten m i t 70 Figuren im T e x t . 1954 Differentialgeometrie von K. Strubecker ( f r ü h e r Rothe). 2 Bände. In Vorbereitung Einführung In die konforme Abbildung v o n L. Biebsrbach. 4. Auflage. 147 Seiten mit 42 Zeichnungen. 1949 . . . Vektoranalysis von S. Valentiner. N e u d r u c k der 7. Auflage (1950). 138 Seiten mit 19 Figuren. 1954 Vermessungskunde von P. Werkmeister.I : S t ü c k m e s s u n g u n d Nivellieren. 9. Auflage. 165 Seiten m i t 145 Figuren. 1949 II: Messung von Horizontalwinkeln. Festlegung von P u n k ten im K o o r d i n a t e n s y s t e m . A b s t e c k u n g e n . 7. Auflage. 151 Seiten mit 93 Figuren. 1949 I I I : Trigonometrische u n d barometrische Höhenmessung. T a c h y m e t r i e u n d Topographie. 6. Auflage. 147 Seiten mit 64 Figuren. 1949 Versicherungsmathematik v o n F. Böhm. I : E l e m e n t e der Versicherungsrechnung. 3., v e r m e h r t e u n d verbesserte Auflage. Durchgesehener Neudruck. 151 Seiten. 1954. . I I : L e b e n s v e r s i c h e r u n g s m a t h e m a t i k . E i n f ü h r u n g in die technischen G r u n d l a g e n der Sozialversicherung. 2., verbesserte Auflage. 205 Seiten. 1953 Bd.
Bd.
146
Bd.
88
Bd.
147
Bd.
920
Bd. 1003 Bd. 1059
Bd.
142
Bd.
143
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256
Bd.
970
Bd. 1113 Bd.
768
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354
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468
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469
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862
Bd.
180
917/917a 9
Physik E i n f ü h r u n g in die theoretische Physik v o n W. Döring I : M e c h a n i k . M i t 29 A b b i l d u n g e n . 1954. I n V o r b e r e i t u n g B d . 76 I I : T h e o r i e des e l e k t r o m a g n e t i s c h e n F e l d e s . I n V o r b e r e i t g . B d . 77 A t o m p h y s i k v o n K. Bechert u n d Ch. Gerthsen. 3., u m g e a r b . Auflage. I u n d I I : 1955. I n V o r b e r e i t u n g Bd. 1009/1033 I I I : T h e o r i e ' d e s A t o m b a u s . 1. Teil v o n K. Bechert. 148 S e i t . m i t 16 A b b i l d u n g e n . 1954 Bd. 1123/1123a I V : T h e o r i e des A t o m b a u s . 2 . T e i l v o n K. Bechert. 170 S e i t e n m i t 14 A b b i l d u n g e n . 1 9 5 4 Bd. 1165/1165a V, V I u n d V I I : 1955. I n V o r b e r e i t u n g Bd. 1166/1167/1168 D i f f e r e n t i a l g l e i c h u n g e n der Physik v o n F. Sauter. 2. A u f l a g e . 148 S e i t e n m i t 16 F i g u r e n . 1950 B d . 1070 P h y s i k a l i s c h e F o r m e l s a m m l u n g v o n G. Mahler u n d K. Mahler. 8., v e r b e s s e r t e A u f l a g e . 153 S e i t e n m i t 6 9 F i g u r e n . 1950 B d . 136 P h y s i k a l i s c h e A u f g a b e n s a m m l u n g v o n G. Mahler und K. Mahler. M i t d e n E r g e b n i s s e n . 7., v e r b e s s e r t e A u f l a g e . 127 S e i t e n . 1952 Bd. 243
Chemie Geschichte der Chemie v o n G. Lockemann. In kurzgefaßter Darstellung I : V o m A l t e r t u m bis zur E n t d e c k u n g des Sauerstoffs. 142 S e i t e n m i t 8 B i l d n i s s e n . 1950 Bd. 264 11: V o n d e r E n t d e c k u n g d e s S a u e r s t o f f s bis z u r G e g e n w a r t . In Vorbereitung Bd. 265 A n o r g a n i s c h e Chemie v o n W. Klemm. 8. A u f l a g e . 184 S e i t e n m i t 18 A b b i l d u n g e n . 1954 Bd. 37 Organische Chemie v o n W. Schlenk. 6., s t a r k e r w e i t e r t e A u f lage. In V o r b e r e i t u n g Bd. 38/38a A l l g e m e i n e und physikalische Chemie v o n W. Schulze. I : 1954. I n V o r b e r e i t u n g Bd. 71 I I : 3., d u r c h g e s e h e n e A u f l a g e . 160 S e i t e n m i t 36 F i g . 1949. B d . 698 I I I . : M o l e k ü l b a u . 1955. I n V o r b e r e i t u n g Bd. 786 A n a l y t i s c h e Chemie v o n J. Hoppe. 5., v e r b e s s e r t e A u f l a g e . I : R e a k t i o n e n . 135 S e i t e n . 1950 Bd. 247 I I : G a n g d e r q u a l i t a t i v e n A n a l y s e . 166 S e i t e n . 1950 . . . Bd. 248 Maßanalyse v o n G. Jander u n d K . F. Jahr. T h e o r i e u n d P r a x i s der klassischen und der elektrochemischen Titrierverf a h r e n . 6. A u f l a g e . I : 140 S e i t e n m i t 18 F i g u r e n . 1952 B d . 221 I I : 139 S e i t e n m i t 2 4 F i g u r e n . 1952 B d . 1002 T h e r m o c h e m i e v o n W . A. Roth. 2., v e r b e s s e r t e A u f l a g e . 109 S e i t e n m i t 16 F i g u r e n . 1952 B d . 1057 P h y s i k a l i s c h - c h e m i s c h e R e c h e n a u f g a b e n v o n E. Asmus. 2. A u f l a g e . 96 S e i t e n . 1949 Bd. 445 Stöchlometrische A u f g a b e n s a m m l u n g v o n W. Bahrdt und R. Scheer. M i t d e n E r g e b n i s s e n . 5., v e r b e s s e r t e A u f l a g e . 120 S e i t e n . 1952 Bd. 452 E l e k t r o c h e m i e und ihre p h y s i k a l i s c h - c h e m i s c h e n Grundlagen v o n A. Dossier. I : 149 S e i t e n m i t 21 A b b i l d u n g e n . 1950 B d . 252 I I : 178 S e i t e n m i t 17 A b b i l d u n g e n . 1950 Bd. 253 10
Technologie W a r e n k u n d e v o n K . Hassak t u n d E. Beutel f . 7. A u f l a g e . N e u bearbeitet von Kutzelnigg. I : A n o r g a n i s c h e W a r e n s o w i e K o h l e u n d E r d ö l . 116 S e i t e n m i t 19 F i g u r e n . 1947 I I : O r g a n i s c h e W a r e n . 143 S e i t e n m i t 32 F i g u r e n . 1949 . . Die Fette und ö l e v o n K. Braun f . 5., völlig n e u b e a r b e i t e t e u n d v e r b e s s e r t e A u f l a g e v o n Th. Klug. 145 S e i t e n . 1950 . . Dia Seifenfabrikation v o n K. Braun-f. 3., n e u b e a r b e i t e t e u n d v e r b e s s e r t e A u f l a g e v o n Th. Klug. 116 S e i t e n m i t 18 A b b i l d u n g e n . 1953 Textilindustrie v o n A. Blümcke. I : S p i n n e r e i u n d Z w i r n e r e i . 112 S e i t e n m i t 4 3 A b b i l d u n g e n . 1954
Bd. Bd.
222 223
Bd.
335
Bd.
336
Bd.
184
Bd.
1141
Biologie H o r m o n e v o n G. Koller. 2., n e u b e a r b e i t e t e u n d e r w e i t e r t e A u f lage. 187 S e i t e n m i t 60 A b b i l d u n g e n u n d 19 T a b e l l e n . 1949 F o r t p f l a n z u n g im Tier- und Pflanzenreich v o n J. Hämmerling. 2., e r g ä n z t e A u f l a g e . 135 S e i t e n m i t 101 A b b i l d u n g e n . 1951 Geschlecht und G e s c h l e c h t s b e s t i m m u n g im Tier- und P f l a n z e n reich v o n M. Hartmann. 2., v e r b e s s e r t e A u f l a g e . 116 S e i t e n m i t 61 A b b i l d u n g e n u n d 7 T a b e l l e n . 1951 . GrundriO der a l l g e m e i n e n Mikrobiologie v o n W. Schwartz I : 104 S e i t e n m i t 17 A b b i l d u n g e n . 1949 I I : 9 3 S e i t e n m i t 12 A b b i l d u n g e n . 1949 Symbiose der Tiere mit pflanzlichen Mikroorganismen v o n P. Buchner. 2., v e r b e s s e r t e u n d v e r m e h r t e A u f l a g e . 130 S e i t e n m i t 121 A b b i l d u n g e n . 1949
B d . 1138 B d . 1127 B d . 1155 B d . 1157 B d . 1128
Botanik E n t w i c k l u n g s g e s c h i c h t e desPflanzenreiches v o n H. Heil. 2. A u f lage. 138 S e i t e n m i t 94 A b b i l d u n g e n u n d 1 T a b e l l e . 1954 Morphologie der P f l a n z e n v o n L. Geitler. 3. A u f l a g e . 1954. In Vorbereitung P f l a n z e n z ü c h t u n g v o n H. Kuckuck. 3., völlig u m g e a r b e i t e t e Auflage. I: Grundzüge der Pflanzenzüchtung. 132 S e i t e n mit 22 A b b i l d u n g e n . 1952 Die Laubhölzer v o n F. W. Neger f u n d E. Münch f . K u r z g e f a ß t e B e s c h r e i b u n g d e r in M i t t e l e u r o p a g e d e i h e n d e n L a u b b ä u m e u n d S t r ä u c h e r . 3., d u r c h g e s e h e n e A u f l a g e , h e r a u s g e g e b e n v o n B. Huber. 143 S e i t e n m i t 6 3 F i g u r e n u n d 7 T a b e l l e n . 1950 Die Nadelhölzer ( K o n i f e r e n ) und übrigen G y m n o s p e r m e n v o n F. W. Neg er\ u n d E. Münch f . 4. A u f l a g e . D u r c h g e s e h e n u n d e r g ä n z t v o n B. Huber. 140 S e i t e n m i t 7 5 F i g u r e n , 4 T a b e l l e n u n d 3 K a r t e n . 1952
E d . 1137 Bd.
141
B d . 1134
Bd.
718
Bd.
355 11
Zoologie Entwicklungsphyrfologie der Tiere v o n F. Seidel. I : Ei u n d F u r c h u n g . 126 Seiten mit 29 A b b i l d u n g e n . 1953 I I : K ö r p e r g r u n d g e s t a l t u n d Organbildung. 159 Seiten mit 42 Abbildungen. 1953 Das Tierreich. F i s c h e von D. Lüdemann. In Vorbereitung I n s e k t e n von H. von Lengerken. 128 Seiten mit 58 Abbildungen. 1953 L u r c h e von K. Herter. In Vorbereitung S p i n n e n t i e r e von A. Kaestner. In V o r b e r e i t u n g . . W e i c h t i e r e v o n S. Jaeckel. In Vorbereitung . . . . W ü r m e r von S. Jaeckel. In Vorbereitung Vergleichende Physiologie der Tiere v o n K . Herter. 3. Auflage der „Tierphysiologie". I : Stoff- u n d Energiewechsel. 155 Seiten mit 64 Abbild. 1950 I I : Bewegung u n d Reizerscheinungen. 148 Seiten mit 110 Abbildungen. 1950
Land- und
Bd. 1162 Bd. 1163 Bd.
356
Bd. 594 Bd. 847 Bd. 1161 Bd. 440 Bd. 439
Bd.
972
Bd.
973
Bd.
228
Bd.
691
Bd.
692
Bd.
329
Forstwirtschaft
Landwirtschaftliche Tierzucht von H. Vogel. Die Z ü c h t u n g u n d H a l t u n g der l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Nutztiere. 139 Seiten m i t 11 Abbildungen. 1952 Kulturtechnische Bodenverbesserungen v o n O. Fauser. 4., neub e a r b e i t e t e Auflage. I : Allgemeines, E n t w ä s s e r u n g . 122 Seiten m i t 47 Abbild u n g e n . 1947 I I : Bewässerung, Ö d l a n d k u l t u r , Umlegung. 150 Seiten mit 67 Abbildungen. 1949 Agrikulturchemie von K. Scharrer. I : P f l a n z e n e r n ä h r u n g . 143 Seiten. 1953
Geologie • Mineralogie
•
Kristallographie
Kristallographie von W. Bruhnsf u n d P. Ramdohr. 4. Auflage. 106 Seiten m i t 163 Abbildungen. 1954 Bd. 210 Einführung In die Kristalloptik von E. Buchwald. 4., verbess. Auflage. 138 Seiten mit 121 Figuren. 1952 Bd. 619 Lötrohrprobierkunde von M. Henglein. Mineraldiagnose m j t L ö t r o h r u n d T ü p f e l r e a k t i o n . 3., verbesserte Auflage. 91 Seiten m i t 11 Figuren. 1949 Bd. 483 Mineral- und Erzlagerstättenkunde von H. Huttenlocher. I : 128 Seiten m i t 34 Abbildungen. 1954 Bd. 1014 I I : 156 Seiten mit 48 A b b i l d u n g e n . 1954 Bd. 1015/1015a Mineralogie von R. Braunsf u n d K. F. Chudoba. 9. Auflage. 1954. In Vorbereitung Bd. 29 Petrographie. Von W. Bruhnsf u n d P. Ramdohr. 4., durchgesehene Auflage. Mit 10 Abbildungen. 1954. In Vorbereitung Bd. 173 Geologie von F. Lotze. In Vorbereitung Bd. 13 12
Technik Metall Metallkunde. Einführendes über Aufbau, Eigenschaften und Untersuchung von Metallen und Legierungen sowie über Grundlagen des Schmelzens, des Gießens, des Verformens, der Wärmebehandlung, der Oberflächenbehandlung, der Verbinde- und Trennarbelten von H. Borchers. 2. Auflage. I : Aufbau der Metalle und Legierungen. 110 Seiten mit 2 Tabellen und 90 Abbildungen. 1950 Bd. I I : Eigenschaften. Grundzüge der Form und Zustandsgebung. 154 Seiten mit 8 Tabellen und 100 Abbildungen. 1952 Bd.
432 433
Elektrotechnik Die Gleichstrommaschine von K. Humburg. Durchgesehener Neudruck. I : 102 Seiten mit 59 Abbildungen. 1949 I I : 98 Seiten mit 38 Abbildungen. 1949 Die synchrone Maschine von K. Humburg. Neudruck. 109 Seiten mit 78 Bildern. 1951 Induktionsmaschinen von F. Unger. 2., erweiterte Auflage. 142 Seiten mit 49 Abbildungen. 1954 Transformatoren von W. Schäfer. 2. Auflage. 128 Selten mit 74 Abbildungen. 1949 Verbrennungskraftmaschinen von W. Endres. In Vorbereitung Die komplexe Berechnung von Wechselstromschaltungen von H. K. Meinke. 16Ó Seiten mit 114 Abbildungen. 1949 . Theoretische Grundlagen zur Berechnung der Schaltgeräte von F. Kesselring. 3. Auflage. 144 Seiten mit 92 Abbildungen. 1950 Elektromotorische Antriebe (Grundlagen für die Berechnung) von A. Schwaiger. 3., neubearbeitete Auflage. 96 Seiten mit 34 Abbildungen. 1952 Technische Tabellen und Formeln von W. Müller. 4., verbesserte und erweiterte Auflage von E. Schulze. 152 Seiten mit 105 Figuren. 1951 Überspannungen und Überspannungsschutz von G. Frühauf. Durchgesehener Neudruck. 122 Seiten mit 98 Abbildungen. 1950 Dynamik von W. Müller. 2., verbesserte Auflage. I : Dynamik des Einzelkörpers. 128 Seiten mit 48 Figuren. 1952 I I : Systeme von starren Körpern. 102 Seiten mit 41 Figuren. 1952 Technische Schwingungslehre von L. Zipperer. I : Allgemeine Schwingungsglelchungen, einfache Schwinger. 2., neubearbeitete Auflage. 120 Seiten mit 101 Abbildungen. 1953 I I : In Vorbereitung
Bd. Bd.
257 881
Bd. 1146 Bd. 1140 Bd. 952 Bd. 1076 Bd. 1156 Bd.
711
Bd.
827
Bd.
579
Bd. 1132 Bd.
902
Bd.
903
Bd. Id.
953 961 13
Maschinenbau W e r k z e u g m a s c h i n e n v o n K . P. Matthes. I : 1954. I n V o r b e r e i t u n g B d . 561 Die M a s c h i n e n e l e m e n t e v o n E.A.vom Ende. 2., v e r b e s s e r t e A u f l a g e . 159 S e i t e n m i t 173 F i g u r e n u n d 12 T a f e l n . 1950 B d . 3 D a s M a s c h i n e n z e i c h n e n mit E i n f ü h r u n g in das Konstruieren v o n W. Tochtermann. 4. A u f l a g e . I : D a s M a s c h i n e n z e i c h n e n . 156 S e i t e n m i t 77 T a f e l n . 1950 B d . 5 8 9 II: Ausgeführte Konstruktionsbeispiele. 130 S e i t e n m i t 5 8 T a f e l n . 1950 B d . 590 Die W e r k s t o f f e des M a s c h i n e n b a u s v o n A. Thum u n d C. M. von Meysenbug. 2 B ä n d e . In V o r b e r e i t u n g . . . . Bd. 476/936 Getriebelehre v o n P . Grodzinski. 2., n e u b e a r b e i t e t e A u f l a g e . I : G e o m e t r i s c h e G r u n d l a g e n . 159 S e i t e n m i t 142 F i g u r e n . 1953 B d . 1061 Gießereitechnik v o n H. Jungbluth. I : E i s e n g i e ß e r e i . 126 S e i t e n m i t 4 4 A b b i l d u n g e n . 1951 . . B d . 1159 Die D a m p f k e s s e l und F e u e r u n g e n einschließlich Hilfseinricht u n g e n in T h e o r i e , K o n s t r u k t i o n u n d B e r e c h n u n g v o n W. Marcardf. 2. A u f l a g e . N e u b e a r b e i t e t v o n K. Beck. I : Die t h e o r e t i s c h e n G r u n d l a g e n . W ä r m e , V e r b r e n n u n g , W ä r m e ü b e r t r a g u n g . 150 S e i t e n m i t 42 A b b i l d u n g e n u n d 16 T a b e l l e n . 1951 Bd. 9 ' I : D a m p f k e s s e l . 147 S e i t e n m i t 4 3 A b b i l d u n g e n . 1952 . . B d . 521 T e c h n i s c h e T h e r m o d y n a m i k v o n W. Nusselt. I : G r u n d l a g e n . 3 . , v e r b e s s e r t e A u f l a g e . 144 S e i t e n m i t 71 A b b i l d u n g e n . 1950 B d . 1084 I I : Theorie der Wärmekraftmaschinen. Neudruck. 144 S e i t e n m i t 87 A b b i l d u n g e n u n d 32 Z a h l e n t a f e l n . 1951 B d . 1151 A u t o g e n e s S c h w e i ß e n und S c h n e i d e n v o n H. Niese. 5. A u f l a g e . N e u b e a r b e i t e t v o n A. Küchler. 136 S e i t e n m i t 71 F i g u r e n . 1954 Bd. 499 Elektrische Schweißverfahren v o n H. Niese. Herausgegeben v o n H. Dienst. I n V o r b e r e i t u n g B d . 1020
Wasserbau W a s s e r k r a f t a n l a g e n v o n A. Ludin: 2 B ä n d e . 1955. I n V o r b e reitung Bd. 665/666 Verkehrswasserbau v o n H. Dehnert. I : E n t w u r f s g r u n d l a g e n , F l u ß r e g e l u n g e n . 103 S e i t e n m i t 52 T e x t a b b i l d u n g e n . 1950 Bd. 585 I I : Flußkanalisierungen und Schiffahrtskanäle. 94 Seiten m i t 6 0 T e x t a b b i l d u n g e n . 1950 Bd. 597 I I I : S c h l e u s e n u n d H e b e w e r k e . 9 8 S e i t e n m i t 70 T e x t a b b i l d u n g e n . 1950 B d . 1152 Talsperren v o n F. Tölke. 122 S e i t e n m i t 70 A b b i l d u n g e n . 1953 B d . 1044 W e h r - und S t a u a n l a g e n v o n H. Dehnert. 134 S e i t e n m i t 90 A b b i l d u n g e n . 1952 Bd. 965
14
Hoch- und
Tiefbau
Die w i c h t i g s t e n B a u s t o f f e des H o c h - und Tiefbaus v o n O. Graf. 4., v e r b e s s e r t e A u f l a g e . 131 S e i t e n m i t 6 3 A b b i l d u n g e n . 1953 B a u s t o f f v e r a r b e i t u n g und Baustellenpriifung des B e t o n s v o n A. Kleinlogel. 2., n e u b e a r b e i t e t e u n d e r w e i t e r t e A u f l a g e . 126 S e i t e n m i t 35 A b b i l d u n g e n . 1951 Festigkeitslehre v o n W. Gehlerf u n d W. Herberg. I : Elastizität, Plastizität und Festigkeit der Baustoffe und Bauteile. Durchgesehener und erweiterter Neudruck. 159 S e i t e n m i t 18 B i l d e r n . 1952 II: Formänderung, Platten, Stabilität und Bruchhypothesen. B e a r b . von W . H e r b e r g u n d N. D i m i t r o v . Mit 94 Bildern. In V o r b e r e i t u n g Grundlagen des Stahlbetonbaus v o n A. Troche. 2., n e u b e a r b e i t e t e u n d erweiterte Auflage. 203 Seiten mit 75 Abbild u n g e n , 17 B e m e s s u n g s t a f e l n u n d 20 R e c h e n b e i s p i e l e n . 1953 Hebezeuge v o n G. Tafel. I : 2., v e r b e s s e r t e A u f l a g e m i t 2 3 0 F i g u r e n . 1954. In V o r bereitung Bd. Fenster, Türen, Tore a u s Holz und Eisen. E i n e E i n l e i t u n g zu ihrer guten Gestaltung, wirtschaftlichen Bemessung Wickop. lind h a n d w e r k s g e r e c h t e n K o n s t r u k t i o n v o n W. 3., ü b e r a r b e i t e t e u n d e r g ä n z t e A u f l a g e . 154 S e i t e n m i t 96 A b b i l d u n g e n . 1949 H e i z u n g und L ü f t u n g v o n J. Körtingf u n d W. Körting. 8., n e u bearbeitete Auflage. I : D a s W e s e n u n d die B e r e c h n u n g d e r H e i z u n g s - u n d L ü f tungsanlagen. 140 S e i t e n m i t 2 9 A b b i l d u n g e n u n d 18 Z a h l e n t a f e l n . 1951 II: Die A u s f ü h r u n g der H e i z u n g s - u n d L ü f t u n g s a n l a g e n . 150 S e l t e n m i t 165 A b b i l d u n g e n u n d 7 Z a h l e n t a f e l n . 1954
Bd.
984
Bd.
978
B d . 1144 Bd.
1145
B d . 1078 414/414a
B d . 1092
Bd.
342
Bd.
343
15
SAMNLUNG GÖSCHEN / BANDNUMMERNFOLGE 1 3 9 13 20
Langosch, Der Nibelunge N ô t v o m E n d e , Maschinenelemente Marcard-Beck, Dampfkessel I Lotze, Geologie H o f s t a e t t e r - S p r e e , D t . Sprachlehre 29 B r a u n s - C h u d o b a , Mineralogie 30 E c k e r t - G r e i f e n d o r f f - K l e f f n e r , Kartenkunde 32 Schneider, Dt. Heldensagen 37 K l e m m , Anorganische Chemie 38/38 a Schlenk, O r g a n . Chemie 42 Behn, Vorgeschichte E u r o p a s 47 R o h r b a c h , A r i t h m e t i k 51 Bürklen-Ringleb, M a t h e m a t i sche F o r m e l s a m m l u n g 59 K r ä h e , I n d o g e r m . Sprachwiss. 61 Biehie, R e d e t e c h n i k 6« Berneker-Vasmer, Russische Grammatik 70 Nestle, Griech. Literaturgesch. I 71 Schulze, Allgem. u n d physikalische Chemie 1 76 Döring, E i n f ü h r . i. d. t h e o r e t . Physik I 77 Döring, E i n f ü h r . i. d. t h e o r e t . P h y s i k II 79 Hempel, Gotisches E l e m e n t a r buch 80 Weigert, S t i l k u n d e I 87 W i t t i n g , D i f f e r e n t i a l r e c h n u n g 88 W i t t i n g , I n t e g r a l r e c h n u n g 101 v. Wiese, Soziologie 111 H o f f m a n n - D e b r u n n e r , Geschichte der griech. Sprache I 114 H o f f m a n n - D e b r u n n e r , Geschichte der griech. Sprache II 117 B r a n d e n s t e i n , Griechische Sprachwissenschaft 125 Vossler, Italienische L i t e r a t u r geschichte 128 Lausberg, Romanische Sprachwissenschaft I 136 Mahler, Physikalische Formelsammlung ¡41 Geitler, Morphologie der Pflanzen 142 H a a c k , D a r s t . Geometrie I 143 H a a c k , D a r s t . Geometrie II 145 W e i m e r , Gesch. der Pädagogik 16
146 W i t t i n g , R e p e t i t o r i u m und A u f g a b e n s a m m l u n g zur Differentialrechnung 147 W i t t i n g , Repetitorium und Aufgabensammlung zur Integralrechnung 170 O e h l m a n n , Musik des 19. J a h r hunderts 173 B r u h n s - R a m d o h r , Pétrographie 174 W a l d s c h m i d t , B u d d h i s m u s I 180 B ö h m , Versicherungsmathematik I 184 Blümcke, T e x t i l i n d u s t r i e I 200/200 a G o t t s c h a l d , D t . R e c h t schreibungswörterbuch 210 B r u h n s - R a m d o h r , Kristallographie 221 J a n d e r - J a h r , M a ß a n a l y s e I 222 Hassak-Beutel, W a r e n k u n d e I 223 H a s s a k - B e u t e l , W a r e n k u n d e II 226 H o f m a n n , Geschichte der Mathematik I 228 Vogel, L a n d w . Tierzucht 230 Krieger, Bad. Geschichte 238 K r ä h e , Germ. Sprachwiss. I 243 Mahler, P h y s i k a l . A u f g a b e n sammlung 247 H o p p e , Analytische Chemie I 248 H o p p e , Analytische Chemie II 250 Lausberg, Roman. Sprachwissenschaft II 252 Dassler, E l e k t r o c h e m i e I 253 Dassler, E l e k t r o c h e m i e II 256 H a u s s n e r , A u f g a b e n s a m m l u n g zur analytischen Geometrie der E b e n e 257 H u m b u r g , Die Gleichstrommaschine I 264 L o c k e m a n n , Geschichte der Chemie I 265 L o c k e m a n n , Geschichte der Chemie II 270 K i r n , E i n f ü h r u n g in die Geschichtswissenschaft 279 J a c o b , Quellenkunde der d e u t schen Geschichte I 280 J a c o b , Quellenkunde der deutschen Geschichte II 281 Leisegang, E i n f ü h r u n g In die Philosophie
284 J a c o b - W e d e n , Quellenkunde der d e u t s c h e n Geschichte III 319 Krug, Australien u n d Ozeanien 329 Scharrer, Agrikulturchemie I 335 B r a u n - K l u g , F e t t e und Öle 336 B r a u n - K l u g , Seifenfabrikation 342 Körting, Heizung u n d Lüftung I 343 Körting, Heizung u n d Lüft u n g 11 344 Moser, Musikästhetik 352 D e v r i e n t . T h ü r i n g . .Geschichte 354 Valentiner, Vektoranalysis 355 Neger-Münch, Nadelhölzer 356 L ü d e m a n n , Fische 375 Preller, Gêschichte E n g l a n d s I 394 Schilling, Vorkantische Philosophie 402 W i e l a n d t , D e t e r m i n a n t e n 414/414a Tafel, Hebezeuge I 422 Gottschald, Dt. P e r s o n e n n a men 423 Adler, Fünfstell. L o g a r i t h m e n 431 Hameister, Eiszeitalter" 432 Borchers, M e t a l l k u n d e I 433 Borchers, Metallkunde II 439 Jaeckel, W ü r m e r 440 Jaeckel, Weichtiere 445 Asmus, Physikal.-chemische Rechenaufgaben 452 B a h r d t - S c h e e r , Stöchiometrische A u f g a b e n s a m m l u n g 468 W e r k m e i s t e r , Vermessungskunde I 469 W e r k m e i s t e r , Vermessungsk u n d e II 476 T h u m - M e y s e n b u g , W e r k s t o f f e des Maschinenbaues I 483 Henglein, Lötrohrprobierkunde 492 Stolz-Debrunner, Geschichte der lateinischen Sprache 499 Niese, Autogen. Schweißen 500 Simmel, H ä u p t p r o b l e m e der Philosophie 521 Marcard-Beck, Dampfkessel u n d F e u e r u n g e n II 536 L e h m a n n , K a n t 538 R u m p f , Archäologie I 539 R u m p f , Archäologie II 557 Nestle, Griechische L i t e r a t u r geschichte II 561 M a t t h e s , Werkzeugmaschinen I 564 Behn, K u l t u r der Urzeit I 565 Behn, K u l t u r der Urzeit II
566 Behn, K u l t u r der Urzeit I I I 571 L e h m a n n , Philosophie des 19. J a h r h u n d e r t s I 576/576 a Moser, Gesangskunst 579 Müller-Schulze, T e c h n . T a bellen 585 D e h n e r t , Verkehrswasserbau I 589 T o c h t e r m a n n , Maschinenzeichnen I 590 T o c h t e r m a n n , Maschinenzeichnen II 594 Lengerken, Insekten 597 Dehnert, Verkehrswasserbau II 619 Buchwald, Kristalloptik 665 Ludin, W a s s e r k r a f t a n l a g e n I 666 Ludin, W a s s e r k r a f t a n l a g e n II 668 K n o p p , F u n k t i o n e n t h e o r i e I 691 Fauser, K u l t u r t e c h n . Bodenverbesserungen I 692 Fauser, K u l t u r t e c h n . Bodenverbesserungen II 698 Schulze. Allgemeine u n d p h y sikalische Chemie II 703 K n o p p , F u n k t i o n e n t h e o r i e II 709 L e h m a n n , Philosophie des 19. J a h r h u n d e r t s II 711 Kesselring, Berechnung der Schaltgeräte 718 Neger-Münch, Laubhölzer 746 Meier, S t a t i s t i k 736/763 a Beer-Meyer, Hebräische Grammatik I 764/764a Beer-Meyer, Hebräische G r a m m a t i k II 768 Bieberbach, E i n f ü h r u n g in die konforme Abbildung 769 Beer-Meyer, Hebräisches Übungsbuch 770 W a l d s c h m i d t , B u d d h i s m u s II 780 K r ä h e , Germ. Sprachwiss. II 781 Weigert, Stilkunde II 768 Schulze, Molekülbau 807 K r o p p , E r k e n n t n i s t h e o r i e I 809 Moser, Harmonielehre I 810 Moser, H a r m o n i e l e h r e II 826 Koch, Philosophie des Mittelalters 827 Schwaiger, Elektromotorische Antriebe 837 B a u m g a r t n e r , G r u p p e n t h e o r i e 845 L e h m a n n , Philosophie im ersten Drittel des 20. J a h r hunderts 847 H e r t e r , Lurche 855 D r e y h a u s , A m e r i k a I 856 D r e y h a u s , A m e r i k a II 857 Capelle, Griech. Philosophie I 17
858 Capelle, Griech. Philosoph. 11 859 Capelle, Griech. Philosoph. 111 862 W e r k m e i s t e r , Vermessungsk u n d e III 863 Capelle, Griech. Philosoph. IV 877 K n o p p , A u f g a b e n s a m m l u n g zur Funktionentheorie I 878 K n o p p , A u f g a b e n s a m m l u n g z u r F u n k t i o n e n t h e o r i e 11 881 H u m b u r g , Gleichstrommaschine II 902 Müller, D y n a m i k I 903 Müller, D y n a m i k II 910 Jaeger, Afrika I 911 Jaeger, A f r i k a 11 9 I 7 / 9 1 7 a B ö h m , Versicherungsm a t h e m a t i k 11 920 Hoheisel, Gewohnliche Differentialgleichungen 929 Schirmer, Dt. W o r t k u n d e 930 Krull, E l e m e n t a r e u n d klassische Algebra I 931 Hasse, Höhere Algebra I 932 Hasse, Höhere Algebra II 936 T h u m - M e y s e n b u g , W e r k stoffe des Maschinenbaues 11 952 Schäfer, T r a n s f o r m a t o r e n 953 Zipperer, T e c h n . Schwingungslehre I 961 Zipperer, T e c h n . Schwingungslehre II 965 Dehnert, W e h r - u. S t a u a n lagen 970 Baldus-Löbell, Nichteuklid. Geometrie 972 Herter, Tierphysiologie I 973 Herter, Tierphysiologie II 978 Kleinlogel, B a u s t o f f v e r a r b e i tung und Baustellenprüfung des Betons 984 Graf, Die wichtigsten Baustoffe des Hoch- u n d Tiefbaues 1000 Jaspers, Geistige Situation 1002 J a n d e r - J a h r , Maßanalyse II 1003 Hoheisel, Partielle Differentialgleichungen 1008 Mellerowicz, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre I 1009 Bechert-Gerthsen, A t o m p h y sik I 1014 H u t t e n l o c h e r , Mineral- und Erzlagerstättenkunde I 1015/1015a H u t t e n l o c h e r , Mineralu n d E r z l a g e r s t ä t t e n k u n d e II 1021 Niese-Dienst, Elektr. Schweißverfahren 18
1031 Apel, Philosophisches Wörterbuch 1033 B e c h e r t - G e r t h s e n , A t o m p h y sik II 1034 K r a n e f e l d t , Therapeutische Psychologie 1044 Tölke, Talsperren 1045 Schubert, Technik des Klavierspiels 1057 R o t h , Thermochemie 1059 Hoheisel, A u f g a b e n s a m m lung zu den gewöhnl. und partiellen Differentialgleichungen 1061 Grodzinski, Getriebelehre I 1065 Haller, Von den Karolingern zu den S t a u f e r n 1070 S a u t e r , Differentialgleichungen der Physik 1076 Endres, V e r b r e n n u n g s k r a f t maschinen 1078 Troche, S t a h l b e t o n b a u 1082 Hasse-Klobe, A u f g a b e n s a m m l u n g zur Höheren Algebra 1084 Nusselt, Technische T h e r m o dynamik I 1085 L i e t z m a n n , Zeitrechnung 1086 Müller, Dt. Dichten u. Denken 1088 Preller, Geschichte Englands II 1092 Wickop, F e n s t e r , T ü r e n , T o r e , 1094 Hernried, S y s t e m . Modulation 1096 Vietor, Dt. Dichten u. Denken 1105 H ä r t u n g , D t . Geschichte im Zeitalter der R e f o r m a t i o n 1109 K n o p p , E l e m e n t e der F u n k tionentheorie 1111 N a u m a n n - B e t z , Althochdeutsches E l e m e n t a r b u c h 1113 Strubecker, Differentialgeometrie I 1114 Schubel, Englische Literaturgeschichte I 1115 R a n k e , Altnord. Elementarbuch 1116 Meissner, Englische Literaturgeschichte II 1121 N a u m a n n , Dt. Dichten und . Denken 1122 Feist, Sprechen u n d Sprachpflege 1123/1123a B e c h e r t - G e r t h s e n , A t o m p h y s i k III
1124 Meissner, Englische Literaturgeschichte I I I 1125 Lehnert, Altengl. E l e m e n t a r buch 1127 H a r t m a n n , Geschlecht und G e s c h l e c h t s b e s t i m m u n g im Tier- u n d Pflanzenreich 1128 Buchner, Symbiose der Tiere m i t pflanzl. Mikroorganismen 1130 Dibelius, J e s u s 1131 Scholz-Schoeneberg E i n f ü h r u n g in die Zahlentheorie 1132 F r ü h a u f , Ü b e r s p a n n u n g e n und Überspannungsschutz 1134 K u c k u c k , P f l a n z e n z ü c h t u n g I 1135 L e h n e r t , Beowulf 1136 Meissner, Englische Literat u r g e s c h i c h t e IV 1137 Heil, Entwicklungsgeschichte des Tier- u n d Pflanzenreichs 1138 H ä m m e r l i n g , F o r t p f l a n z u n g im Tier- u n d Pflanzenreich 1140 Unger, I n d u k t i o n s m a s c h i n e n 1141 Koller, H o r m o n e 1142 Meissner-Lehnert. Shakespeare 1144 Gehler, Festigkeitslehre I 1145 Herberg, Festigkeitslehre II 1146 H u m b u r g , S y n c h r o n e Maschine 1147 v. W a l t e r s h a u s e n , K u n s t des Dirigierens
1148 Pepping, Der p o l y p h o n e S a t z 1 1151 Nusselt, Technische T h e r m o d y n a m i k 11 1152 D e h n e r t , Verkehrswasserbau I I I 1153 Mellerowicz, Allgem. Betriebswirtschaftslehre 11 1154 Mellerowicz, Allgem. Betriebswirtschaftslehre I I I 1155 S c h w a r t z , Mikrobiologie I 1156 Meinke, K o m p l . B e r e c h n u n g der Wechselstromschaltungen 1157 S c h w a r t z , Mikrobiologie II 1158 M a y r h o f e r , Sanskrit-Grammatik 1159 J u n g b l u t h , Gießereitechnik I 1160 Dibelius-Kümmel, P a u l u s 1161 Kaestner, Spinnentiere 1162 Seidel. Entwicklungsphysiologie d e r Tiere I 1163 Seidel, Entwicklungsphysloloeie der Tiere II 1165/1165a B e c h e r t - G e r t h s e n , A t o m p h y s i k IV 1166 B e c h e r t - G e r t h s e n , Atomphysik V 1167 B e c h e r t - G e r t h s e n , A t o m p h y s i k VI 1168 B e c h e r t - G e r t h s e n , A t o m physik VI I
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AUTORENREGISTER Adler 8 Apel 3 A s m u s 10 B a h r d t - S c h e e r 10 Baldus-Löbell 9 Baumgartner 8 B e c h e r t - G e r t h s e n 10 Beer-Meyer 7 Behn 4 Berneker-Vasmer 7 Bieberbach 9 Biehle 5 B l ü m c k e 11 Böhm 9 Borchers 13 Brandenstein 6 B r a u n - K l u g 11 B r a u n s - C h u d o b a 12 B r u h n s - R a m d o h r 12 B u c h n e r 11 B u c h w a l d 12 Bürklen-Ringleb 8 Capelle 3 • a s s l e r 10 D e h n e r t 14 Devrient 5 Dibelius 3 Dibelius-Kümmel 3 D ö r i n g 10 Dreyhaus 7 Eckert-GreifendorffKleffner 7 E n d e , v o m 14 E n d r e s 13 F a u s e r 12 Feist 5 F r ü h a u f 13 G e h l e r - H e r b e r g 15 Geitler 11 Gottschald 5 Graf 15 C r o d z i n s k i 14 Haack 9 Haller 4 Hameister 7 H ä m m e r l i n g 11 H a r t m a n n 11 Härtung 4 H a s s a k - B e u t e l 11 Hasse 8 Hasse-Klobe 8 Haußner 9 Hell 11 Hempel 5
20
Henglein 12 G. Müller 5 H e r b e r g 15 W . Müller 13 He r n r i e d 4 Müller-Schulze 13 H e r t e r 12 Naumann 5 Hoffmann-Debrunner 6 Naumann-Betz 6 Hofmann 8 Neger-Münch 11 Hofstaetter-Spree 5 Nestle 6 Hotieisel 9 Niese 14 H o p p e 10 Niese-Dienst 14 H u m b u r g 13 Nusselt 14 H u t t e n l o c h e r 12 Oehlmann 4 Jacob 5 Pepping 4 Preller 5 Jacob-Weden 5 Jaeckel 12 Ranke 6 Jaeger 7 Rohrbach 8 J a n d e r - J a h r 10 Roth 10 Jaspers 3 Rumpf 4 J u n g b l u t h 14 S a u t e r 10 Schäfer 13 K a e s t n e r 12 S c h a r f e r 12 Kesselring 13 Kirn 4 Schilling 3 Schirmer 5 Kleinlogel 15 K l e m m 10 Sohlenk 10 Schneider 5 Knopp 8 Scholz-Schoeneberg 8 Koch 3 K ö r t i n g 15 Schubel 6 Koller 11 Schubert 4 Schulze 10 Krähe 6 Schwaiger 13 Kranefeldt 3 Krieger 5 S c h w a r t z 11 Kropp 3 Seidel 12 Krug 7 Simmel 3 Krull 8 Stolz-Debrunner 6 Strubecker 9 K u c k u c k 11 Tafel 15 Langosch 5 Lausberg 6 T h u m - M e y s e n b u g 14 T o c h t e r m a n n 14 Lehmann 3 Lehnert 6 Tölke 14 Leisegang 3 T r o c h e 15 Unger 13 Lengerken 12 Valentiner 9 Lletzmann 5 Viétor 5 Lockemann 10 Vogel 12 Lotze 12 Vossler 6 Ludin 14 Waldschmidt 3 L ü d e m a n n 12 von W a l t e r s h a u s e n 4 Mahler 10 Marcard-Beck 14 Weigert 4 Weimer 3 M a t t h e s 14 Werkmeister 9 Mayrhofer 7 W i c k o p 15 Meier 7 Wielandt 8 Meinke 13 von Wiese 3 Meissner 6 W i t t i n g 8, 9 Mellerowicz 6 Zipperer 13 Moser, 4