127 38 1MB
German Pages 251 Year 2005
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 311
Sanktionen und ihre Rechtsfolgen im BGB unter besonderer Berücksichtigung des § 241 a BGB Von Bertram Dornheim
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
BERTRAM DORNHEIM
Sanktionen und ihre Rechtsfolgen im BGB unter besonderer Berücksichtigung des § 241 a BGB
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 311
Sanktionen und ihre Rechtsfolgen im BGB unter besonderer Berücksichtigung des § 241 a BGB Von Bertram Dornheim
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Bayreuth hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-11472-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meinen Eltern und meiner Frau Karina
Vorwort Diese Arbeit hat der Rechts- und Wirtschafswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth im Sommersemester 2003 als rechtswissenschaftliche Dissertation vorgelegen. Sie befindet sich auf dem Stand von Dezember 2003. Zunächst möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Peter Heermann, LL.M. für die Betreuung der Arbeit und den mir gewährten wissenschaftlichen Freiraum bedanken. Dank schulde ich auch Herrn Prof. i. R. Dr. Bernhard Pfister für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Wie jede umfangreichere Arbeit verdankt auch diese ihr Entstehen nicht nur der Tatkraft des Autors allein. Ohne die Ermunterung und Förderung durch meine Familie wäre sie nie in Angriff genommen und schon gar nicht fertig gestellt worden. Die Unterstützung, die mir bei der Anfertigung dieser Arbeit zuteil wurde, stellte aber nur einen Bruchteil der stets interessierten und fördernden Begleitung meines Werdegangs durch meine Eltern und meine Frau Karina dar. Bei ihnen möchte ich mich aufrichtig bedanken. Danken möchte ich auch Herrn Staatsanwalt Matthias Held für die Hilfe bei der Durchsicht der Arbeit. Mein Dank gilt schließlich der Friedrich-Ebert-Stiftung für die finanzielle Promotionsförderung. Stuttgart, im April 2004
Bertram Dornheim
Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
1. Kapitel Sanktionen im Schuldrecht und ihre Rechtsfolgen A. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
B. Definition des Strafcharakters durch die Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . .
29
C. Folgen aus der Qualifizierung als Norm mit Strafcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
2. Kapitel Gesetzesanwendung ohne Berücksichtigung eines Sanktions- oder Strafcharakters
54
A. Grundsätzliche Verteilung der Interessen im Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
B. Zulässigkeit der Verankerung von Allgemeininteressen im Zivilrecht . . . . . . . . .
60
C. Konsequenzen der verstärkten Berücksichtigung von Allgemeininteressen im Schuldrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
D. Beschreibung von Allgemein- und Individualinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
E. Auswirkungen der Verfolgung von Allgemeininteressen auf die Anwendung der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
3. Kapitel Die Anwendung des § 241a BGB
81
A. Empirischer Bedarf einer Regelung der Zusendung unbestellter Waren . . . . . . .
81
B. Umsetzungsbedarf der Richtlinie 97/7/EG vom 20.5.1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
C. Standort für eine Umsetzung der Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
D. Regelungstechnik des § 241a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
E. Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 G. Tatbestand des § 241a Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
10
Inhaltsübersicht
H. Tatbestand des § 241a Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 I. § 241a und der strafrechtliche Schutz des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 4. Kapitel Zusammenfassung
225
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
1. Kapitel Sanktionen im Schuldrecht und ihre Rechtsfolgen
23
A. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
B. Definition des Strafcharakters durch die Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . .
29
C. Folgen aus der Qualifizierung als Norm mit Strafcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Auswirkung auf die Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Strafwirkung und die Beteiligung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zurechnung des Verhaltens Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abtretung von Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Strafnormen in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ursachen für die Berufung auf den Sanktions- und Strafcharakter einer Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verkürzung des methodischen Aufwandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anlehnung an die Rechtsprechung des Reichsgerichts . . . . . . . . . . . . . . 4. Anerkennung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Zivilrecht . . . .
34 34 37 37 38 39 41 43 43 45 48 49
2. Kapitel Gesetzesanwendung ohne Berücksichtigung eines Sanktions- oder Strafcharakters
54
A. Grundsätzliche Verteilung der Interessen im Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Historische Interessenverwirklichung im Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Heutige Sicht der Interessenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56 56 57 60
B. Zulässigkeit der Verankerung von Allgemeininteressen im Zivilrecht . . . . . . . . .
60
C. Konsequenzen der verstärkten Berücksichtigung von Allgemeininteressen im Schuldrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
D. Beschreibung von Allgemein- und Individualinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bestimmung des Allgemeininteresses gegenüber dem Individualinteresse
71 71
12
Inhaltsverzeichnis II. III.
Bewertung der Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung der Interessenlage am Beispiel von § 241a BGB . . . . . . . . . 1. Motive des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutzobjekt des Wettbewerbsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73 76 76 77
E. Auswirkungen der Verfolgung von Allgemeininteressen auf die Anwendung der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
3. Kapitel Die Anwendung des § 241a BGB
81
A. Empirischer Bedarf einer Regelung der Zusendung unbestellter Waren . . . . . . .
81
B. Umsetzungsbedarf der Richtlinie 97/7/EG vom 20.5.1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Umsetzungsbedarf nach Art. 9, erster Spiegelstrich FARL . . . . . . . . . . . . . II. Umsetzungsbedarf nach Art. 9, zweiter Spiegelstrich FARL . . . . . . . . . . . III. Art. 14 FARL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82 82 87 89
C. Standort für eine I. Umsetzung II. Umsetzung III. Umsetzung
Umsetzung der Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . im Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . im Allgemeinen Teil des Schuldrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89 91 92 95
D. Regelungstechnik des § 241a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
E. Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff der Leistung und der Lieferung im Sinne des § 241a BGB . . 2. Die Lieferung oder sonstige unbestellte Leistung beim Handeln Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Träger der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zurechnung der unbestellten Lieferung oder sonstigen Leistung . . aa) Systematik der Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zurechnung entsprechend § 13 Abs. 4 UWG . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zurechnung gem. § 278 Satz 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vorvertragliches Schuldverhältnis gem. § 311 Abs. 2 BGB (2) Sonderverbindung gem. § 241a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) „Zurechnung“ gem. § 831 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zurechnung entsprechend § 166 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . ff) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Begriff der unbestellten Lieferung oder sonstigen Leistung . . . . . . . . . a) Das Verhältnis der Bestellung zum Angebot auf Abschluss eines Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsnatur der Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bestellung als Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97 98 98 100 100 102 103 104 107 107 110 111 112 114 114 116 120 120
Inhaltsverzeichnis
II.
bb) Bestellung als geschäftsähnliche Handlung und die Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anwendbarkeit der Vorschriften über die Geschäftsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anwendbarkeit der Vorschriften über die Anfechtung gem. §§ 119 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Wirkungen der Anfechtung der Bestellung . . . . . . . . . (b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Anwendung der weiteren Vorschriften für Willenserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verhältnis von Bestellung und erbrachter Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . Personaler Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unternehmerbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbraucherbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Durch die Lieferung oder durch die Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausschluss der Ansprüche aus der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . 1. Ausschluss der Ansprüche aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Teleologische Reduktion des § 241a Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschluss der Ansprüche aus unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ausschluss des Herausgabeanspruchs gem. § 985 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auslegung des § 241a Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Teleologische Reduktion des § 241a Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Totalkorrektur des § 241a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Einschränkung des Anwendungsbereiches auf wettbewerbswidriges Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirkung des Wettbewerbsrechts auf das Bürgerliche Recht . . . . . . b) Wirkung des Bürgerlichen Rechts auf das Wettbewerbsrecht . . . . . c) Teleologische Reduktion des § 241a BGB durch Anbindung an die wettbewerbsrechtliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bewertung der Erbringung unbestellter Leistungen im Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Behandlung der nach Wettbewerbsrecht zulässigen unbestellten Leistungserbringung in § 241a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Sonstige Gründe für einen Ausschluss des Herausgabeanspruches . . . IV. Wirkung des § 241a BGB auf die materielle Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . 1. Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz als allgemeines Rechtsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen der Verjährung eines dinglichen Herausgabeanspruches
13 121 123 124 125 128 129 131 136 136 137 140 141 151 152 153 157 158 159 160 162 166 167 168 169 173 174 175 177 177 179 180 180
14
Inhaltsverzeichnis 3. Bewertung der Vorschläge einer dinglichen Wirkung von § 241a BGB V. VI.
§ 241a BGB als Recht zum Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschluss der Ansprüche bei fehlender Eigentümerstellung des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Wirkung des § 241a BGB auf den Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Die Anfechtung des Verbrauchervertrages und die Wirkung des § 241a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anfechtungsgründe hinsichtlich des Verbrauchervertrages und § 241a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen der Anfechtung des Verbrauchervertrages und § 241a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anfechtung eines Rechtsgeschäftes über eine unbestellte Leistung b) Anfechtung eines Rechtsgeschäftes über eine bestellte Leistung . . IX. Der Rücktritt vom Verbrauchervertrag und die Wirkung des § 241a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Die Aufhebung des Verbrauchervertrages und die Wirkung des § 241a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
182 185 188 196 199 199 202 202 205 206 208
G. Tatbestand des § 241a Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 H. Tatbestand des § 241a Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wettbewerbsrechtliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erbringung einer anderen als der bestellten Leistung gem. § 241a Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Angebot einer nach Qualität und Preis gleichwertigen Leistung . . . . . a) Gleichwertigkeit der Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gleichwertigkeit des Preises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hinweis auf die fehlende Annahmepflicht und die Nichttragung der Rücksendungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einschränkung der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weitere Problemfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
213 213 214 214 215 216 217 218 219
I. § 241a und der strafrechtliche Schutz des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 4. Kapitel Zusammenfassung
225
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
Abkürzungsverzeichnis a. A. a. E. a. F. ABGB ABlEG Nr. L AcP AERB AFB AfP AGB AJP AKB Alt Anh. AP BAG BAGE BayObLG BayObLGZ BB BFH BFHE BGB BGE BGH BGHSt BGHZ Bl. BMJ BSG BSGE
andere Ansicht am Ende alte Fassung Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch von Österreich Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Ausgabe L – Rechtsvorschriften Archiv für die civilistische Praxis (Band (Jahr), Seite) Allgemeine Bedingungen für die Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung Allgemeine Feuerversicherungsbedingungen Archiv für Presserecht (Jahr, Seite) Allgemeine Geschäftsbedingungen Aktuelle Juristische Praxis Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung Alternative Anhang Arbeitsgerichtliche Praxis, Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Betriebsberater (Jahr, Seite) Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofes Bürgerliches Gesetzbuch Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Blatt, Blätter Bundesjustizministerium Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts
16 bspw. BT-Drs. BVerfG BVerfGE BZRG bzw. CR DB ders. d.h. dies. DStR DVO DZWir EGBGB Einf. Einl. EuGH EWiR f. FARL FAZ ff. Fn. FS gem. GewArch GG GGK GmS-OBG GrS GRUR GRUR Int. GRUR-RR GSZ GVG GWB HausTWG Hk-BGB
Abkürzungsverzeichnis beispielsweise Drucksachen des Deutschen Bundestages Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundeszentralregistergesetz beziehungsweise Computer und Recht (Jahr, Seite) Der Betrieb (Jahr, Seite) derselbe das heißt dieselben Wochenschrift für Steuerrecht, Wirtschaftsrecht und Betriebswirtschaft (Jahr, Seite) Durchführungsverordnung Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht (Jahr, Seite) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Einführung Einleitung Europäischer Gerichtshof Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) folgend Fernabsatzrichtlinie Frankfurter Allgemeine Zeitung folgende Fußnote Festschrift gemäß Gewerbearchiv – Zeitschrift für Gewerbe- und Wirtschaftsverwaltungsrecht (Jahr, Seite) Grundgesetz Kommentar zum Grundgesetz Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes Großer Senat Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Jahr, Seite) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil (Jahr, Seite) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht – Rechtsprechungsreport (Jahr, Seite) Großer Senat für Zivilsachen Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Haustürwiderrufsgesetz Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Abkürzungsverzeichnis Hrsg. i.V. m. IPRax JA JherJb.
17
Herausgeber in Verbindung mit Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts Juristische Arbeitsblätter (Jahr, Seite) Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Band (Jahr), Seite) JR Juristische Rundschau (Jahr, Seite) Jura Juristische Ausbildung (Jahr, Seite) JuS Juristische Schulung (Jahr, Seite) JZ Juristenzeitung (Jahr, Seite) K&R Kommunikation und Recht (Jahr, Seite) Kap. Kapitel KKOWi Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten krit. kritisch KritV Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft li. Sp. linke Spalte lit. litera = Buchstabe LM Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofes m. w. N. mit weiteren Nachweisen MDR Monatsschrift für Deutsches Recht (Jahr, Seite) MMR Multimedia und Recht (Jahr, Seite) n. F. neue Fassung oder neue Folge NJ Neue Justiz (Jahr, Seite) NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungsreport (Jahr, Seite) NJW Neue Juristische Wochenschrift (Jahr, Seite) NJWE-WettbR Neue Juristische Wochenschrift-Entscheidungsdienst/Wettbewerbsrecht (Jahr, Seite) NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht (Jahr, Seite) NZM Neue Zeitschrift für Mietrecht (Jahr, Seite) o. a. oben angegeben, oben angeführt OG Zürich Obergericht Zürich ÖJZ Österreichische Juristenzeitung (Jahr, Seite) OLGZ Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Jahr, Seite) OR Schweizerisches Obligationenrecht OWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeiten öZöR Österreichische Zeitschrift für Öffentliches Recht (Band, Seite) RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (Band (Jahr), Seite) RDV Recht der Datenverarbeitung (Jahr, Seite) re. Sp. rechte Spalte Red. Redaktor
18 RefE RG Gruchot RG RGSt RGZ RL Rn. Rspr. RVO S. sc. SJZ StGB StPO st.Rspr. SüddJZ SZ u. a. Ufita UTR UWG VerbrKrG VersR vgl. VO Vorbem. (Vorb., Vor.) VSSR VuR VVG WM WRP z. B. ZBB ZEuP ZGB ZHR
Abkürzungsverzeichnis Referentenentwurf zur Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (Stand 23.01.2003) Entscheidung des Reichsgerichts in: Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts (Band, Seite) Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen (Band, Seite) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (Band, Seite) Richtlinie Randnummer Rechtsprechung Reichsversicherungsordnung Seite scilicet = das heißt = nämlich Schweizer Juristenzeitung (Band (Jahr), Seite) Strafgesetzbuch Strafprozessordnung ständige Rechtsprechung Süddeutsche Juristenzeitung Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen und andere Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Umwelt- und Technikrecht (Band, Seite) Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Verbraucherkreditgesetz Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (Jahr, Seite) vergleiche Verordnung Vorbemerkung Vierteljahresschrift für Sozialrecht (Band (Jahr,) Seite) Verbraucher und Recht (Jahr, Seite) Gesetz über den Versicherungsvertrag Wertpapiermitteilungen – Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (Jahr, Seite) Wettbewerb in Recht und Praxis (Jahr, Seite) zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (Jahr, Seite) Zeitschrift für Europäisches Privatrecht (Jahr, Seite) Zivilgesetzbuch der Schweiz Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (Band, Seite)
Abkürzungsverzeichnis ZIP ZPO ZRP ZZP
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik (Jahr, Seite) Zeitschrift für Zivilprozess (Band (Jahr), Seite)
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Einleitung Die wissenschaftliche Diskussion zu den durch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts vom 27.6.20001 eingeführten Vorschriften, insbesondere dem § 241a BGB, nimmt verstärkt den Sanktionscharakter der Vorschrift zum Anlass, um deren verfehlten Gesetzeszweck darzulegen2 und daran anknüpfend eine einschränkende Anwendung zu begründen.3 Damit werden in kurzen Anmerkungen die grundsätzlichen Fragen angesprochen, welche sich hinter der Kurzformel des Sanktions- bzw. Strafcharakters einer Norm verbergen. Diese bestehen darin, ob sanktionierende Vorschriften zulässigerweise im Zivilrecht geregelt werden können und welche Folgen diese Qualifizierung insbesondere für die Auslegung und folglich die Anwendung der Vorschrift hat.4 Bekannt sind bereits entsprechende Darstellungen zu § 847 Abs. 1 BGB5 und § 817 Satz 2 BGB,6 die nur soweit wie nötig vergleichend erwähnt werden sollen. Aufgrund des reichhaltigen Meinungsspektrums soll das besondere Ziel der Erörterung sein, ob sich ein solcher Sanktions- bzw. Strafcharakter überhaupt zuverlässig feststellen lässt und ob es von der Konzeption des Schuldrechts gesehen Anlass gibt, entsprechende Normen spezifisch anzuwenden. Die Begriffsbestimmung und die Analyse der an eine Sanktionsnorm anknüpfenden Rechtsfolgen sollen vornehmlich mit Hinblick auf die Rechtsprechung betrachtet werden, da sich die Literatur in ihrer Auseinandersetzung und Kritik an die Ergebnisse der Rechtsprechung anlehnt und diese zum Ausgangspunkt ihrer Betrachtungen macht.7
1
BGBl. I, S.897 ff. Für eine Qualifizierung als sanktionierenden Fremdkörper: Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp.; a. A. Schäfer AcP 202 (2002), 397, 434; Sosnitza BB 2000, 2317, 2321 li. Sp.; Löhnig JA 2001, 33, 34 re. Sp.; MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 1 ff., der nur die systematische Stellung kritisiert; Lorenz NJW 2000, 3305, 3306 li. Sp.; Riehm Jura 2000, 505, 511 re. Sp. 3 Berger JuS 2001, 649, 654 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1607 li. Sp.; a. A. Schäfer AcP 202 (2002), 397, 434. 4 Vgl. Schäfer AcP 202 (2002), 397 ff. 5 Löwe, Prävention; Deutsch JuS 1969, 197 ff.; ders. Haftungsrecht Rn. 907. 6 Erman-H. P. Westermann § 817 Rn. 11; Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rn. 657; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 III 3a. (S. 162 f.); Medicus, Schuldrecht II, Rn. 664; ders. in: FS für Dietz, S. 61, 67 f.; Canaris in: FS für Steindorff, S. 519, 523 ff.; Honsell, Rückabwicklung, S. 58 ff.; Staudinger-Lorenz (1999) § 817 Rn. 5; Heck AcP 124 (1925), 1 ff. 2
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Einleitung
Die Ansichten der Literatur werden in diesem Zusammenhang jeweils mit dargestellt.
7 Vgl. Staudinger-Reuter (1995) § 654 Rn. 2; Staudinger-Rieble (1995) Vorbem zu §§ 339 ff. Rn. 19 f., 36; Staudinger-Lorenz (1999) § 817 Rn. 5; so Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp. und Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp. zu § 241a BGB.
1. Kapitel
Sanktionen im Schuldrecht und ihre Rechtsfolgen In nicht unerheblichem Umfang wird in der Literatur zu § 241a BGB vertreten, dass § 241a BGB restriktiv ausgelegt werden müsse1 und dass ein vom Gesetzgeber beabsichtigtes Sanktionsmoment der Anwendung der Norm nicht zu Grunde gelegt werden dürfe.2 Dies wird stets in dem Zusammenhang hervorgehoben, dass ein wettbewerbswidriges Zusenden unbestellter Waren sanktioniert werden solle.3 Danach gehöre eine solche Regelung nicht ins Zivilrecht.4 Flume geht sogar soweit und fordert die Vorschrift des § 241a BGB zu streichen und, solange dies nicht geschehen sei, diese als pro non scripto zu behandeln.5 Ohne die zukünftige Rechtsprechung insbesondere zu § 241a BGB vorhersagen zu können, erscheint es nahe liegend, dass der Charakter als so genannte Sanktionsnorm oder Norm mit Strafcharakter bei der Anwendung der Vorschrift eine zentrale Rolle spielen wird. Da der BGH bei der Anwendung von Normen immer wieder auf den Terminus des Strafcharakters abstellt6 und auch in der gegenwärtigen Diskussion zu § 241a BGB dessen Sanktionscharakter eine maßgebliche Rolle spielt,7 soll 1
Brehm/Berger, Sachenrecht, 7.59 (S. 119). Casper ZIP 2000, 1602, 1607 li. Sp.; a. A. Schäfer AcP 202 (2002), 397, 428, 434. 3 Brehm/Berger, Sachenrecht, 7.59 (S. 119). 4 Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 7; a. A. Sosnitza BB 2000, 2317, 2321 li. Sp.; Schäfer AcP 202 (2002), 397, 434; Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 16 Rn. 40; Matzky NStZ 2002, 458, 463 li. Sp.; Vgl. die Diskussion im weiteren Kontext des Strafcharakters des Gewinnabschöpfungsanspruches gem. § 9 des Referentenentwurfes eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 23.01.2003 mit ablehnender Auffassung Sack WRP 2003, 549, 552 m. w. N. in Fn. 5; a. A. dagegen Stadler/Micklitz WRP 2003, 559, 560 li. Sp. m. w. N. in Fn. 12. 5 Flume ZIP 2000, 1427, 1429 li. Sp.; mit kritischen Äußerungen zu diesem Argument Matzky NStZ 2002, 458 Fn. 4. 6 BGHZ 39, 87, 91 zu § 817 S. 2 BGB; BayObLG NJW-RR 1990, 969, 970 zur engen Auslegung von erbvertraglichen Verwirkungsklauseln aufgrund des Strafcharakters; BGH NJW 2003, 426, 428 re. Sp. zur „bestrafenden“ Wirkung von § 661a BGB; kritisch zu letzterem Timme JuS 2003, 638, 641 li. Sp. 7 Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp. und Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp. sollten Sanktionen dem Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht überlassen werden. Nach Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp. und Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 7 sei § 241a BGB wegen seiner Rechtsfolgen als eine systemwidrige Vorschrift und ein Fremdkörper im BGB anzusehen. A. A. zur Systemwidrigkeit 2
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1. Kapitel: Sanktionen im Schuldrecht und ihre Rechtsfolgen
nach einer Gliederung der in diesem Zusammenhang verwendeten Begriffe und deren Definition der Frage nachgegangen werden, welche Rechtsfolgen die Rechtsprechung an den Sanktions- oder Strafcharakter anknüpft. In den folgenden Teilen A und B soll die Begriffsvielfalt auf Grundlage der Rechtsprechung, insbesondere der des BGH, strukturiert werden.
A. Begriffsbestimmung Bei einer Durchsicht der zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen der Rechtsprechung fällt auf, dass häufig Begriffe wie Sanktion (Sanktionscharakter oder Sanktionswirkung), Strafe (Strafcharakter, Strafwirkung, Strafschadensersatz) und Privatstrafe verwendet werden. Bei der Bestimmung der jeweiligen Begriffe wird von dem überwiegenden Verständnis in der Rechtsprechung des BGH ausgegangen, wobei abweichende Verwendungen jeweils gekennzeichnet werden. I. Als Sanktion – einer der bei der Beschreibung des § 241a BGB am häufigsten verwendeten Begriffe – bezeichnet der BGH jeden wirtschaftlichen Nachteil, der an ein bestimmtes Verhalten anknüpft.8 So werden zum Beispiel die Wirkungen der Vertragsanfechtung des Getäuschten,9 der Pachtmängelgewährleistungsvorschriften für Störungen des Vertragszwecks10 und der deliktischen Schadensersatzespflicht11 mit dem Begriff der Sanktion umschrieben. Insbesondere zu letzterer führt der BGH aus, dass das Deliktsrecht den Schutz von Rechtsgütern bezwecke und die Sanktion des Schadensersatzes nur für den Fall vorsehe, dass ein individuelles Rechtsgut verletzt sei.12 Gleichermaßen wird zum Charakter der bereicherungsrechtlichen Ausgleichspflicht gem. § 812 BGB und zu der Bestimmung des Zuweisungsgehaltes der Rechtsposition bei einem Eingriff in sonstiger Weise ausgeführt, dass die bloße Beeinträchtigung einer Verwertungschance die Sanktion der bereicherungsrechtlichen Ausgleichspflicht nicht zur Folge habe.13 In gleicher Weise wird der Charakter von § 134 BGB und § 138 BGB umschrieben.14 Aufgrund dieses grundsätzlichen und umfassenSosnitza BB 2000, 2317, 2321 li. Sp.; Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 16 Rn. 40; Schäfer AcP 202 (2002), 397, 434; Matzky NStZ 2002, 458, 463 li. Sp. 8 BGHZ 21, 370, 376. 9 BGH NJW 1988, 902, 903 re. Sp.; BGHZ 46, 24, 27: Sanktion der Nichtigkeit des Vertrages; so auch BGHZ 78, 269, 271 zu § 134 BGB; BGHZ 61, 48, 49: an die Nichteinhaltung der Form geknüpfte Sanktion gem. § 125 BGB. 10 BGH NJW-RR 1992, 267, 268 li. Sp. 11 BGHZ 71, 386, 391, 395: „. . . Sanktion der Schadensersatzleistung“; BGHZ 41, 123, 128; a. A. BGHZ 124, 128, 143, wonach der Schadensersatz eine gerechte Lastenverteilung nicht aber eine Sanktion bedeute. 12 BGH NJW 1987, 705, 706 li. Sp.; BGHZ 41, 123, 128. 13 BGHZ 107, 117, 121.
A. Begriffsbestimmung
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den Begriffsverständnisses ist der Sanktionsbegriff ein Oberbegriff, der alle durch die Rechtsordnung zugefügten wirtschaftlichen Nachteile und Eingriffe in die Rechtsposition einer Privatperson erfasst.15 Auch der Gesetzgeber geht von diesem allgemeinen Verständnis aus, wenn er Unterlassung und Schadensersatz gem. § 33 GWB im Sechsten Abschnitt mit der Überschrift „Sanktionen“ versieht. Durch diese weitreichende Anknüpfung der Rechtsprechung erscheint die allgemeine Aussage, dass dem Bürgerlichen Gesetzbuch ein Sanktionscharakter fremd sei und Sanktionsnormen deshalb im öffentlichen Recht zu verorten wären, in einem anderen Licht.16 Auch in der Literatur wird ein überwiegend weites Verständnis der Sanktion zu Grunde gelegt. Danach sind Sanktionen lediglich Reaktionen auf ein normwidriges Verhalten.17 Auf Grund dessen wird im Rahmen der Charakterisierung der Schadensersatzpflicht gem. § 823 Abs. 2 BGB ausgeführt, dass diese einzelne Verhaltensweisen sanktioniere.18 Festzustellen ist danach, dass Sanktionen nichts anderes sind als rechtliche Nachteile. II. Scheidet man bei den Begriffen des Strafcharakters oder der Strafwirkung einer Norm eine strafrechtliche Leseart aus, werden damit zivilrechtliche Normen qualifiziert, die bei einem Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben an ein Verhalten nachteilige zivilrechtliche Rechtsfolgen anknüpfen.19 Entscheidend für das hier interessierende zivilrechtliche Verständnis des Strafcharakters einer Norm ist das Vorhandensein eines treuwidrigen Elements, an welches ein Rechtsnachteil angeknüpft wird. Der Strafcharakter einer zivilrechtlichen Vorschrift stellt damit ein Mehr gegenüber der Sanktion dar. Mit der zivilrechtlichen Strafwirkung einer Norm ist zwar kein formales Unwerturteil wie im Strafrecht verbunden, aber eine rechtliche Missbilligung eines Verhaltens, die ihren Ausdruck in der Anordnung eines wirtschaftlichen Nachteils findet.20 Durch den Hinweis auf einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben erhält der Begriff allerdings eine unwägbare Komponente. Die Abgrenzung 14 BGHZ 116, 268, 276 zu § 134 BGB; BGH NJW-RR 1990, 750, 751 li. Sp. zu § 138 BGB. 15 BGHZ 21, 370, 376; so auch J. Schmidt KritV 1986, 83, 90: „. . . Sanktionen bzw. negativ gewichtete Reaktionen“; Bork, Allgemeiner Teil, Rn. 4 mit noch weiter gehendem gesellschaftlichen Verständnis. 16 Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp. 17 Lexikon des Rechts – T. Raiser, 3/140, Stichwort Sanktion. 18 Jauernig-Teichmann § 823 Rn. 1. 19 BGHZ 29, 171, 175 zu § 815 BGB, wenn man diese Anknüpfung nicht nur als eine Besonderheit des Tatbestandes des § 815 BGB ansieht. 20 BGHZ 21, 370, 376: „Was verhängt wird, ist aber keine diskriminierende Strafe, kein Unwerturteil, sondern ein wirtschaftlicher Nachteil.“ Zur generellen Wirkung von zivilrechtlichen Normen Stoll, RabelsZ 36 (1972), S. 285, 302.
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1. Kapitel: Sanktionen im Schuldrecht und ihre Rechtsfolgen
wird zu einer Entscheidung, die vom Empfinden des Rechtsanwenders abhängig ist. Dies begründet auch, weshalb der Strafcharakter zumeist apodiktisch festgestellt wird, ohne auf dessen Voraussetzungen einzugehen.21 Zu § 654 BGB wird durch den BGH nur festgestellt, dass diese Vorschrift offensichtlich Strafcharakter habe.22 Gleiches ist in den Entscheidungen zu § 817 Satz 2 BGB zu erkennen, in denen ohne weitere Begründung festgestellt wird, dass es sich um eine Ausnahmebestimmung handele, der zudem Strafcharakter zukomme.23 In der Rechtsprechung des BGH fällt auf, dass der Begriff des Strafcharakters in Bezug auf zivilrechtliche Normen zunehmend selten verwendet wird und teilweise durch die Begriffe des Sanktionscharakters24 oder der Sanktionswirkung25 ersetzt wird. So wurde zu § 817 Satz 2 BGB seit BGHZ 63, 365, 369, zu § 815 BGB seit BGH JZ 1968, 381 und zu § 654 BGB seit BGH NJW 1987, 1008 – als ehemals anerkannten Normen mit Strafcharakter – diese ausdrückliche Umschreibung nicht mehr verwendet. Damit ist allerdings keine Änderung in der Sache verbunden. Der BGH beruft sich in den genannten Fällen weiterhin durch Verweis auf die Ergebnisse der früheren Entscheidungen. So wird § 654 BGB trotz fehlender expliziter Nennung des Strafcharakters immer noch entsprechend eng ausgelegt, so dass der Makler sich infolge eines groben Fehlverhaltens des Maklerlohns als unwürdig erwiesen haben muss.26 Der Begriff des Strafcharakters wurde jedoch nie ganz aufgegeben. Er stellt zum Beispiel bei den Verwirkungsbestimmungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen weiterhin einen gängigen Argumentationstopos dar.27 Nach diesen in Versicherungsbedingungen häufig verwendeten Klauseln verwirkt der Versicherungsnehmer bei bestimmten arglistigen Verhaltensweisen seinen Anspruch aus dem Versicherungsverhältnis. Der BGH bezeichnet diese Versicherungsklauseln als Verwirkungsbestimmungen mit Strafcharakter.28 Eine vergleichbare Argumentation findet sich in der Entscheidung des BGH über die Qualifikation von § 661a BGB.29 Hier wird ausgeführt, dass § 661a BGB jedenfalls eine Haftung wegen 21 Vgl. BGHZ 39, 87, 91 zu § 817 Satz 2 BGB; BGH JZ 1968, 381, 382 zu § 815 BGB; BayObLG NJW-RR 1990, 969, 970 spricht den erbvertraglichen Verwirkungsklauseln ohne Begründung einen „. . . gewissen Strafcharakter“ zu. 22 St. Rspr. BGHZ 36, 323, 326; BGH NJW 1962, 734, 735 li. Sp.; 1981, 280 re. Sp.; 1981, 2297 re. Sp.; 1987, 1008. 23 BGHZ 39, 87, 91; 63, 365, 369. 24 BGH NJW 1994, 45, 46 f. zur Vertragsstrafe; BGHZ 93, 358, 365 zur Entgeltregelung in AGB; BGHZ 102, 41, 43 zur Zinsverpflichtung mit Strafcharakter, z. B. §§ 819, 849 BGB; BGHZ 135, 183, 188 zum Vernichtungsanspruch nach § 18 Abs. 1 Markengesetz; auch Fischer NZM 2001, 873, 876 Fn. 48 hält dies für vorzugswürdig. 25 BGHZ 130, 288, 295 zur Vertragsstrafe. 26 BGH NJW-RR 1989, 760 re. Sp.; 90, 372 re. Sp.; BGHZ 92, 184, 185. 27 BGH NJW-RR 2001, 1240, 1241 re. Sp.; Prölss/Martin-Kollhosser, VVG, § 16 AFB 1930 Rn. 13 m. w. N. 28 BGH NJW-RR 2001, 1240, 1241 re. Sp.
A. Begriffsbestimmung
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einer unerlaubten Handlung zu Grunde liege, da der Unternehmer für sein in der Regel vorsätzlich abgegebenes täuschendes Versprechen „bestraft“ werde, in dem er hierfür dem Verbraucher auf Erfüllung hafte. Ebenso ist die Bezeichnung des Strafcharakters in der Rechtsprechung der Obergerichte weiterhin gebräuchlich und dient dort über die Rechtsprechung des BGH hinaus beispielsweise zur Kennzeichnung der Wirkung von erbvertraglichen Verwirkungsklauseln.30 Darüber hinaus wird im Referentenentwurf zur Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (im Folgenden: RefE) ein in § 9 des Entwurfes beabsichtigter Gewinnabschöpfungsanspruch als Norm mit Strafcharakter bezeichnet.31 Mit diesem gesetzlichen Gewinnabschöpfungsanspruch soll der systematisch wettbewerbswidrig Handelnde, wenn er einer Vielzahl von Abnehmern einen Schaden zufügt, auf Herausgabe des erzielten Gewinns in Anspruch genommen werden, wobei der Erlös an die Staatskasse abzuführen ist.32 In der Literatur hat dieser Begriff neben einer Auseinandersetzung mit den Folgen der Rechtsprechung des BGH nur eine oberflächliche inhaltliche Fassung erfahren.33 Beispielhaft sind insoweit die Ausführungen von Lieb zum Charakter des § 815 BGB. Bezug nehmend auf die Rechtsprechung34 führt er aus, dass die Begründung, dass § 815 Strafcharakter zukomme bzw. diese Vorschrift als Ausnahmeregelung eng auszulegen sei, freilich nicht überzeuge. Letztendlich könne diesem Ergebnis jedoch zugestimmt werden.35 Selbst wenn teilweise eine Fassung des Begriffs der zivilrechtlichen Strafe angestrebt wird, in dem eine Zivilstrafe als eine Sanktion bezeichnet wird, deren Verwirkung ein Verschulden voraussetze und die spezial- sowie generalpräventiven Zwecken diene, bleibt in erheblichem Umfang offen, wann eine entsprechende Zwecksetzung durch die Norm vorliegt.36 Es wird nämlich davon 29 BGH NJW 2003, 426, 428 re. Sp.; kritisch zu diesem Argument Timme JuS 2003, 638, 641 li. Sp. 30 BayObLG NJW-RR 1990, 969, 970 li. Sp. zu erbvertraglichen Verwirkungsklauseln; OLG Hamm NJW-RR 1997, 370, 372 li. Sp.; OLG Düsseldorf NZM 1998, 240; LG Saarbrücken NJW-RR 2000, 476, 477 li. Sp. zu § 654 BGB; OLG Köln MDR 2001, 692; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 756, 758 re. Sp. zur Verwirkungsklausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen (§ 14 Nr. 2 AERB 1987). 31 RefE GRUR 2003, 298, 310 li. Sp.; § 10 nach dem Gesetzesentwurf zur Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb BT-Drs. 15/1487, S. 24, wobei dort nur noch von Sanktionswirkung des Gewinnabschöpfungsanspruches gesprochen wird. 32 Vgl. dazu Köhler GRUR 2003, 265 f.; kritisch Stadler/Micklitz WRP 2003, 559 ff.; Sack WRP 2003, 549 ff. 33 Beispielhaft: MünchKomm-Lieb § 815 Rn. 3 mit lediglich pauschalem Hinweis, dass der Strafcharakter von § 815 BGB nicht überzeuge. Zum Strafcharakter Staudinger-Lorenz § 815 Rn. 3; Staudinger-Reuter (1995) § 654 Rn. 2; Staudinger-Lorenz (1999) § 817 Rn. 5 m. w. N. 34 BGHZ 29, 171, 175; BGH JZ 1968, 381, 382 li. Sp. 35 MünchKomm-Lieb § 815 Rn. 3; so auch Staudinger-Lorenz § 815 Rn. 3; Staudinger-Reuter (1995) § 654 Rn. 2; Staudinger-Lorenz (1999) § 817 Rn. 5.
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1. Kapitel: Sanktionen im Schuldrecht und ihre Rechtsfolgen
ausgegangen, dass nicht jede nachteilige Rechtsfolge mit spürbarer Präventivwirkung ausreiche, um eine Zivilstrafe darzustellen.37 Es kann damit nur unsicher bestimmt werden, wann mit einer zivilrechtlichen Norm präventive und schuldausgleichende (sühnende) Ziele in einem Maße verfolgt werden, um einer zivilrechtlichen Vorschrift Strafcharakter zu bescheinigen.38 Dies liegt nicht zuletzt daran, dass eine Anknüpfung an die strafrechtliche Terminologie nur bedingt geeignet ist, die Besonderheiten des zivilrechtlichen Tatbestandes zu berücksichtigen. Eine vergleichbar unbestimmte Begriffsbildung erfolgt, wenn eine zivilrechtliche Norm Strafcharakter haben soll, da dem Bestraften eine negative Folge gerade wegen seines missbilligten Verhaltens auferlegt werde, die durch ihre Einwirkung auf den Bestraften und nicht aus einem vermögensrechtlichen Interesse des anderen Teils zu rechfertigen sei.39 III. Die Begriffe des Strafschadensersatzes und der Privatstrafe sind nach dem BGH synonym zu gebrauchen, wobei der Strafschadensersatz als terminus technicus in den Entscheidungen über die Anerkennung von U.S.-amerikanischen Urteilen auf punitive damages verwendet wurde.40 Ein Strafschadensersatz liege immer dann vor, wenn der zu leistende Ersatz höher sei als die Summe aller zugesprochenen Ausgleichsbeträge.41 Auf den Begriff der Privatstrafe wird insbesondere in der Rechtsprechung zum Schmerzensgeld als Gegenstück zum Ausgleichsgedanken abgestellt.42 Als substanzieller Unterschied in der Begriffsverwendung von Strafschadensersatz und Privatstrafe auf der einen und Strafcharakter und Strafwirkung auf der anderen Seite ist es anzusehen, dass ein Strafcharakter oder eine Strafwirkung auch einer vertraglichen Regelung zukommen kann. So werden die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (hier z. B. § 14 Nr. 2 AFB 1987), die kraft rechtsgeschäftlicher Einbeziehung in den Versicherungsvertrag gelten,43 als Verwirkungsbestimmungen mit Strafcharakter bezeichnet.44 Dagegen werden Strafschadensersatz und Privatstrafe von einer vertraglichen Regelung abgegrenzt. So weigerte sich der BGH, die Vertragsstrafe, der in gewissem Umfang eine Bestra36
Schäfer AcP 202 (2002), 397, 405, 427. Schäfer AcP 202 (2002), 397, 405, 400. 38 Schäfer AcP 202 (2002), 397, 405, 427. 39 Bentert, Das pönale Element, S. 7. 40 BGHZ 118, 312 ff.: als Übersetzung von exemplary and punitive damages, BGHZ 141, 286, 304 (in letzterer Entscheidung nur erwähnt, obwohl nicht Streitgegenstand). 41 BGHZ 118, 312, 344. 42 BGHZ 128, 117, 123: „Gerade weil das Schmerzensgeld keine Privatstrafe darstellt, sondern auf Schadensausgleich gerichtet ist . . .“; in der Literatur zur Privatstrafe vgl. Großfeld, Privatstrafe, S. 9 ff.; Bentert, Das pönale Element, S. 18 ff.; Schäfer AcP 202 (2002), 397, 420 ff.; a. A. Heck AcP 124 (1925), 1, 54 f.: „Rechtssätze solcher Tendenz haben wir nicht.“ So auch Staudinger-Rieble (1995) Vorbem zu §§ 339 ff. Rn. 20. 43 Prölss/Martin, VVG, Vorbem. I Rn. 22 ff., § 5a Rn. 9 ff.; Dörner, Versicherungsbedingungen, Einf. S. 6. 37
B. Definition des Strafcharakters durch die Rechtsprechung des BGH
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fungsfunktion im Privatrecht zukomme, im Rahmen der Vollstreckbarerklärung eines US-amerikanischen Urteiles als prägend für den deutschen ordre public anzuerkennen. Danach setze das Rechtsinstitut der Vertragsstrafe gem. §§ 339 ff. BGB eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen den Parteien voraus und sei deshalb für die Umschreibung der deutschen Grundsätze bedeutungslos.45 Vom Ergebnis her betrachtet werden die Begriffe Strafschadensersatz und Privatstrafe immer dann verwendet oder auch nur angedeutet, wenn argumentativ die Unzulässigkeit einer Regelung festgestellt oder das Verständnis einer Norm überzeugend dargelegt werden soll.46 Sie sind negativ vorbelastet, obwohl gerade der Begriff der Privatstrafe auch durch den des Strafcharakters umschrieben werden kann.47 Nach der Rechtsprechung des BGH sind dagegen Normen mit Strafcharakter zwar fremd im Zivilrecht, aber doch zulässig.48
B. Definition des Strafcharakters durch die Rechtsprechung des BGH Wie anhand der Rechtsprechung des BGH nachgewiesen, dient der Begriff der Sanktion im Zivilrecht der Kennzeichnung jedweder Nachteile. Da eine zivilrechtliche Vorschrift im Allgemeinen und im Schuldrecht im Besonderen mit der Auferlegung bzw. Abnahme von Risiken zu tun hat,49 ist jede schuldrechtliche Norm nach diesem allgemeinen Verständnis eine Sanktion. Eine Anknüpfung an diese Figur kann daher mangels hinreichender Unterscheidungskraft keinen Erfolg versprechen. Weiterhin sind die mit der Sanktion verbundenen Rechtsfolgen in der Rechtsprechung nicht eindeutig erkennbar.50 Dieser Begriff hat in dem überwiegenden Teil der Entscheidungen nur deskriptiven Charakter ohne Konsequenzen für die Anwendung der Norm.51 44 BGH NJW-RR 2001, 1240, 1241 re. Sp. zu § 14 Nr. 2 AFB; so auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 756, 758 re. Sp. zu § 14 Nr. 2 AERB 1987; vgl. Anhang IV; BayObLG NJW-RR 1990, 969, 970 li. Sp. zu erbvertraglichen Verwirkungsklauseln. 45 BGHZ 118, 312, 339. 46 BGHZ 118, 312, 338: Frühere Privatstrafklagen sollten ausgeschlossen sein. Bezugnehmend auf Motive zum BGB, Band 2, § 218 (S. 17 f.) bzw. BGHZ 128, 117, 123: „Gerade weil das Schmerzensgeld keine Privatstrafe darstellt, sondern auf Schadensausgleich gerichtet ist.“ 47 Bentert, Das pönale Element, S. 4 ff. 48 Betonung des Ausnahmecharakters: BGHZ 29, 171, 175 und BGH JZ 1968, 381, 382 li. Sp. zu § 815 BGB; BGHZ 39, 87, 91 und BGHZ 63, 365, 369 zu § 817 Satz 2 BGB. 49 Esser/Eike Schmidt, Schuldrecht I/1, § 2 III (S. 34). 50 Nur vereinzelt wird auch in diesem Zusammenhang die einschränkende Anwendung einer Vorschrift vertreten. So zum Beispiel BGH NJW-RR 1990, 750, 751 li. Sp. zu § 138 BGB.
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1. Kapitel: Sanktionen im Schuldrecht und ihre Rechtsfolgen
In der weiteren Diskussion soll daher das Wesen des Strafcharakters einer Norm vertiefend dargestellt werden. Im Gegensatz zur Sanktion ist der Strafcharakter in seinem zivilrechtlichen Verständnis besonders markanten Normen vorbehalten geblieben. Wenn man sich also die Aufgabe stellt, zwischen dem verwendeten Begriff und den von der Rechtsprechung angenommenen Rechtsfolgen einen Zusammenhang herzustellen, erlaubt nur der Strafcharakter einen solchen Ausblick. Der BGH setzt den Strafcharakter einer Norm in seinen Entscheidungen größtenteils voraus und definiert ihn deshalb nur rudimentär.52 Bei der Bestimmung dessen, was den Strafcharakter einer Norm ausmachen soll, muss zwischen den einen Vermögensnachteil ausgleichenden Vorschriften und sonstigen Normen unterschieden werden. I. Grund für eine Auseinandersetzung mit dem Begriff des Strafcharakters einer Norm gab zu allen Zeiten § 847 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Verletzte auch wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung eine billige Entschädigung in Geld verlangen. Den Strafcharakter des Schmerzensgeldes gem. § 847 BGB hat der BGH stets ablehnt und damit indirekt sein Verständnis vom Begriff der Norm mit Strafcharakter dargelegt. So wird seit der Entscheidung des Großen Senats ausgeführt, dass dem Schmerzensgeld noch etwas vom Charakter der Buße oder – mit dem BGH gesprochen – der Genugtuung anhafte.53 Diese bewirke jedoch keinen unmittelbaren Strafcharakter, da die Genugtuung untrennbar mit der dem Schmerzensgeldanspruch zugleich innewohnenden Ausgleichsfunktion verknüpft sei. Dies gälte auch dann, wenn die Genugtuungsfunktion im Einzelfall in den Vordergrund der Schmerzensgeldbemessung träte, weil angesichts der Unmöglichkeit eines Ausgleichs immaterieller Schäden nur eine zeichenhafte Wiedergutmachung stattfinde.54 In den früheren Entscheidungen zum Charakter des Schmerzensgeldes führt der BGH weiter aus, dass das Schmerzensgeld keinen Strafcharakter haben könne, da es damit dem Rechtssystem zuwiderlaufe. Im Übrigen spreche die Regelung des Schmerzensgeldes im Rahmen des bürgerlichen Rechts gegen einen Strafcharakter der Vorschrift.55 51 Vgl. BGH NJW 1987, 705, 706 li. Sp.; BGHZ 41, 123, 128 zu §§ 823 ff. BGB; BGHZ 107, 117, 121 zu § 812 Abs. 1 BGB. 52 St. Rspr. BGHZ 39, 87, 91; 63, 365, 369 zu § 817 Satz 2 BGB; BGHZ 36, 323, 326; BGH NJW 1962, 734; 735 li. Sp.; 1981, 280 re. Sp.; 1981, 2297 re. Sp.; 1987, 1008 zu § 654 BGB. 53 BGHZ 18, 149, 155: „So schwingt doch in dem Ausgleichsgedanken auch heute noch etwas vom Charakter der Buße oder, um mit dem treffenden Ausdruck der entsprechenden Schweizer Rechtseinrichtung zu reden, der Genugtuung mit.“ 54 St. Rspr. BGHZ 18, 149, 156 f.; 118, 312, 339 f. 55 BGHZ 7, 223, 225; a. A. Schäfer AcP 202 (2002), 397, 405, 419 ff.
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II. Ebenfalls im Rahmen der Beurteilung des Strafcharakters des § 640 Reichsversicherungsverordnung bedient sich der BGH dieses Gedankens.56 Zwar handele es sich bei dieser Vorschrift um die gesetzliche Anordnung eines Aufwendungsersatzanspruches. Durch eine solche solle aber ein Vermögensverlust ausgeglichen werden, so dass insofern eine Vergleichbarkeit mit den schadensersatzrechtlichen Vorschriften bestehe.57 Der durch diese Vorschrift angeordnete Rückgriff verfolge nach der Auffassung des BGH zwar erzieherische Zwecke und habe darüber hinaus Strafcharakter, da er die Befreiung von einer Schadensersatzpflicht gegenüber den Geschädigten gem. §§ 104 ff. BGB durch eine selbständige Begründung eines Aufwendungsersatzanspruches des Versicherers aufhebe. Dieser bestrafende Zweck träte aber hinter den Zweck zurück, dem Sozialversicherungsträger einen finanziellen Ausgleich für seine ihm infolge des Unfalls erwachsenen Lasten zu verschaffen und sei deshalb unerheblich.58 III. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich der BGH bei der Anwendung von schadensersatzrechtlichen oder sonstigen einen Vermögensnachteil kompensierenden Normen am Ausgleichsgedanken orientiert. Solange der Geschädigte keinen seinen Vermögensnachteil übersteigenden Vermögenszuwachs erfährt, kann ein Strafcharakter nicht angenommen werden. In Fällen, in denen der Ausgleichsgedanke nur unwesentlich modifiziert wird oder – wie beim immateriellen Schaden – schwer bestimmbar ist, kommt es auf den Zweck der Vorschrift an. Ist der Zweck auf den Ausgleich gerichtet, dann ist es unschädlich, wenn im Einzelfall eine Überkompensation erfolgt. Für den Ausgleichszweck einer zivilrechtlichen Vorschrift spricht eine widerlegbare Vermutung. Nach der Rechtsprechung sind schadensersatzrechtliche Normen mit Strafcharakter im Zivilrecht derzeit nicht vorhanden.59 IV. Der Strafcharakter von sonstigen Vorschriften außerhalb der Vermögensnachteile ausgleichenden Normen hat insbesondere bei der Anwendung der §§ 654, 661a, 815, 817 Satz 2 BGB und bei den versicherungsrechtlichen und erbrechtlichen Verwirkungsklauseln seinen Niederschlag gefunden. Bei dem von der Rechtsprechung des BGH als Norm mit Strafcharakter bezeichneten § 654 BGB findet sich, wie bei den übrigen der oben genannten 56
Nach dem heute § 640 RVO entsprechenden § 110 Abs. 1 SGB VII gilt: „Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 (sc. SGB VII) beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, . . .“ 57 Erman-Ehmann § 670 Rn. 3: Einbuße am Vermögen wird nur durch freiwillige Handlung des Gläubigers verursacht. 58 BGHZ 57, 314, 322; BGH NJW 1968, 251; Schäfer AcP 202 (2002), 397, 400 mit vergleichbarer Argumentation zum Präventionsgedanken im deutschen Schadensersatzrecht. 59 A. A. Bentert, Das pönale Element, S. 105 f. zu § 611a Abs. 3 Satz 1 BGB; Schäfer AcP 202 (2002), 397, 406 ff.
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1. Kapitel: Sanktionen im Schuldrecht und ihre Rechtsfolgen
Vorschriften, kein Ansatz einer verallgemeinerungsfähigen begrifflichen Auseinandersetzung. Der BGH führt nur aus, dass die Verwirkung des Anspruchs auf den Mäklerlohn nach § 654 BGB offensichtlich Strafcharakter habe. Dieser Strafcharakter des § 654 BGB lasse es als geboten erscheinen, den Anwendungsbereich der Vorschrift einzuschränken.60 Gleiches findet sich im Rahmen einer Qualifizierung von § 661a BGB wieder.61 Hier wird lediglich ausgeführt, dass § 661a BGB eine deliktische Haftung zu Grunde liege, da der Unternehmer für sein täuschendes Versprechen „bestraft“ werde, in dem er hierfür dem Verbraucher auf Erfüllung hafte. Eine vergleichbare Argumentation ist in Bezug auf eine Einordnung des § 815 BGB anzutreffen. Zur Begründung dessen Strafcharakters wird angeführt, dass die Norm den Bereicherungsanspruch wegen Nichteintritts des Erfolgs, dessen Voraussetzungen an sich gegeben sind, deshalb ausschließe, weil der Anspruchsberechtigte wider Treu und Glauben selbst zur Entstehung des Anspruch beigetragen habe.62 Gänzlich unklar ist die Bestimmung des Zwecks des Kondiktionsausschlusses gem. § 817 Satz 2 BGB. Während einerseits ohne weitere Begründung festgestellt wird, dass § 817 Satz 2 BGB Strafcharakter zukomme,63 wird andererseits der Gedanke der Verweigerung des Rechtsschutzes betont.64 Weder aus der Annahme noch aus der Ablehnung eines Strafcharakters können entsprechende begriffliche Anhaltspunkte gewonnen werden.65 In gleicher Weise verfuhr die Rechtsprechung bei der Bestimmung des angeblichen Strafcharakters des § 21 GmbHG. Danach kann im Fall der verzögerten Einzahlung der Leistung auf die Stammeinlage der säumige Gesellschafter nach einer Aufforderung zur Zahlung, die mit einer Nachfristsetzung verbunden ist, seines Gesellschaftsanteils für verlustig erklärt werden.66 60 BGHZ 36, 323, 326; 53, 160, 165. In jüngster Zeit wurde allerdings die ausdrückliche Umschreibung des § 654 BGB als Bestimmung mit Strafcharakter nicht mehr aufgegriffen (zuletzt wohl in BGH NJW 1987, 1008; 1986, 2573 re. Sp.), ohne dass damit eine sachliche Änderung der Rechtsprechung verbunden war. In der Rechtsprechung der Berufungsgerichte ist dagegen die Bezeichnung Strafcharakter bzw. Strafwirkung weiterhin gebräuchlich; OLG Karlsruhe WM 1995, 2095, 2096 li. Sp. OLG Hamm NJW-RR 1997, 370, 372 li. Sp. 61 BGH NJW 2003, 426, 428 re. Sp.; kritisch zu diesem Argument Timme JuS 2003, 638, 641 li. Sp. 62 BGHZ 29, 171, 175; a. A. in Bezug auf den Strafcharakter MünchKomm-Lieb § 815 Rn. 3; Staudinger-Lorenz (1999) § 815 Rn. 3. 63 BGHZ 39, 87, 91; BGH JZ 1951, 716, 718 li. Sp.; BGH WM 1967, 1217, 1218 re. Sp.; BGHZ 63, 365, 369; im Anschluss an RGZ 105, 270, 271 f.; 161, 52, 58; so auch Schäfer AcP 202 (2002), 397, 406 ff. 64 BGHZ 9, 333, 336; 28, 164, 169; 35, 103, 107; 36, 395, 399; 44, 1, 6; so auch überwiegend Auffassung in der Literatur Staudinger-Lorenz (1999) § 817 Rn. 4 f.; Erman-H. P. Westermann § 817 Rn. 4 m. w. N. 65 MünchKomm-Lieb § 817 Rn. 9, welcher den Sinn des § 817 Satz 2 BGB als dunkel bezeichnet.
B. Definition des Strafcharakters durch die Rechtsprechung des BGH
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Wiederum nur am Rande wird das Begriffsverständnis im Rahmen der Rechtsprechung zu den Verwirkungsklauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen dargestellt. Nach den üblicherweise vereinbarten Bestandteilen von Versicherungsverträgen wird der Versicherer bei einer arglistigen Täuschung über Tatsachen, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, von seiner Versicherungspflicht befreit. Diese Vereinbarung hat nach der Rechtsprechung des BGH Strafcharakter, da sie letztlich auf dem Gedanken beruhe, dass dem arglistig getäuschten Versicherer eine Leistung nicht mehr zugemutet werden könne.67 Deutlich wird aus dieser Einordnung durch die Rechtsprechung lediglich, dass privatrechtliche Vereinbarungen einen solchen Charakter haben können. Die allgemeinen Versicherungsbedingungen gelten nämlich kraft rechtsgeschäftlicher Einbeziehung in den Versicherungsvertrag.68 Die Argumentation mit der Zumutbarkeit für einen Versicherer ist dagegen zu undeutlich, um daraus allgemeingültige Aussagen ableiten zu können. Ein vergleichbares Bild zeichnet sich zur Begriffsbestimmung von erbvertraglichen Verwirkungsklauseln ab. Solche Verwirkungsklauseln werden von dem Erblasser verwendet, um ein bestimmtes Verhalten des Erben nach Eintritt des Erbfalles sicherzustellen.69 Diesen Verwirkungsklauseln wird ein Strafcharakter zugemessen,70 weil sie in aller Regel vom Erblasser als Strafsanktion gedacht seien.71 V. Soweit es um den Charakter von außerhalb des Vermögensausgleichs stehenden Normen geht, wird die inhaltliche Bestimmung somit deutlich unsicherer. Gemeinsam ist den genannten Vorschriften, dass an ein treuwidriges Verhalten nachteilige Rechtsfolgen geknüpft werden. Dies ist aber im Zivilrecht nicht neu. Insbesondere im Rahmen der Generalklauseln wird mit einem treuwidrigen Verhalten oft ein rechtlicher Nachteil verbunden,72 ohne dass dieser Zusammenhang mit dem Strafcharakter begründet wird. Auch Vorschriften wie §§ 123, 162, 444, 639, 971 Abs. 2 BGB knüpfen an ein treuwidriges Verhalten an, ohne von der Rechtsprechung als Normen mit Strafcharakter klassifiziert worden zu sein.73 Geht es somit um Vorschriften außerhalb des schadensersatzrechtlichen 66
Ohne weitere Begründung BGHZ 9, 157, 167. BGH NJW-RR 2001, 1240, 1241 re. Sp.: Danach ist § 14 Nr. 2 AFB 1987 eine Verwirkungsbestimmung mit Strafcharakter. BGHZ 96, 88, 94 zu § 16 AFB 1930, der § 14 Nr. 2 AFB 1987 entspricht. BGH NJW 1969, 1385, 1386 re. Sp. zu § 7 Abs. 5 AKB; zum Wortlaut vgl. Anhang IV. 68 Prölss/Martin, VVG, Vorbem. I Rn. 22 ff., § 5a Rn. 9 ff.; Dörner, Versicherungsbedingungen, Einf. S. 6. 69 Im Fall des Berliner Testaments gem. § 2269 BGB wird durch die Verwirkungsklausel angeordnet, dass der Schlusserbe, der beim ersten Erbfall den Pflichtteil fordert, beim zweiten Erbfall nur den Pflichtteil bekommen soll. 70 BayObLG NJW-RR 1990, 969, 970; OLG Stuttgart OLGZ 1968, 246, 247; OLG Braunschweig OLGZ 1977, 185, 188; MünchKomm-Musielak § 2269 Rn. 65 m. w. N. 71 BayObLGZ 1963, 271, 275. 72 Vgl. Erman-Werner § 242 Rn. 73 ff. – Rechtsfolgen unzulässiger Rechtsausübung. 67
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Ausgleichs, fällt die Bestimmung des Strafcharakters unter Zuhilfenahme der Rechtsprechung außerordentlich schwer. Kennt man nicht bereits das jeweilige Urteil des BGH, erscheint eine eigenständige Bestimmung aufgrund objektiver Kriterien unmöglich.
C. Folgen aus der Qualifizierung als Norm mit Strafcharakter Dennoch knüpft der BGH in seiner Rechtsprechung Rechtsfolgen an den Strafcharakter einer Norm. Aufgrund der oben dargestellten unklaren begrifflichen Fassung entspricht dies zwar nicht dem Grundsatz der Ehrlichkeit der Methode, soll aber an dieser Stelle frei von diesen Bedenken dargestellt werden, um ein umfassendes Bild von dem Strafcharakter einer Norm gewinnen zu können. Die Bemühungen um die Schaffung oder Aufrechterhaltung eines juristischen Begriffs müssen sich nämlich nicht zuletzt an seiner Relevanz für die Rechtsanwendung messen lassen.
I. Auswirkung auf die Auslegung Betrachtet man die Rechtsprechung zu diesem Problem, scheint die Begründung einer besonderen Auslegung das Hauptziel der Bestimmung des Strafcharakters zu sein.74 Man könnte annehmen, dass sich mit dieser Feststellung – sozusagen einer Gesetzmäßigkeit folgend – der Weg für eine einschränkende Auslegung ebnet. Nach der Rechtsprechung des BGH sind Normen mit Strafcharakter im Anwendungsbereich einzuschränken,75 d.h. beispielsweise nicht ausdehnend auszulegen76 oder entgegen dem Wortlaut auf erhebliche, grob treuwidrige Verstöße zu beschränken.77 1. Bei § 654 BGB – einer vom BGH anerkannten Norm mit Strafcharakter78 – genügt danach dem Wortlaut des Gesetzes entsprechend nicht, dass der Makler dem Inhalte des Vertrags zuwider auch für den anderen Teil tätig gewesen ist. Nicht jede derartige Verletzung des Maklervertrages führe zum Verlust des Anspruchs. Die einschneidende Rechtsfolge sei nur dann gerechtfertigt, wenn 73
Schäfer AcP 202 (2002), 397, 403 ff. zur Nichtigkeit als zivilrechtlicher Strafe. Zu diesem Argument im Rahmen des § 241a BGB vgl. Schäfer AcP 202 (2002), 397, 398 m. w. N. 75 BGHZ 36, 323, 326; 53, 160, 165; so auch OLG Karlsruhe WM 1995, 2095, 2096 li. Sp. zu § 654 BGB. 76 BGHZ 29, 171, 175 zu § 815 BGB; BGHZ 39, 87, 91; 63, 365, 369 zu § 817 Satz 2 BGB. 77 BGHZ 36, 323, 326 f.; 53, 160, 165; LM zu § 654 Nr. 2. 78 BGHZ 36, 323, 326. 74
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neben dem erfüllten objektiven Tatbestand dem Makler subjektiv ein schwerwiegendes Fehlverhalten anzulasten sei und er deshalb nach dem allgemeinen Rechts- und Billigkeitsempfinden den Lohn nicht verdient habe. Danach sei Vorsatz oder eine dem Vorsatz nahe kommende grobe Leichtfertigkeit erforderlich,79 obwohl der Wortlaut des § 654 BGB selbst keinen Anhaltspunkt für eine derartige Einschränkung liefert. 2. Gleiches wird zu den Verwirkungsklauseln ausgeführt. Diese drohen dem Versicherungsnehmer bei einem Fehlverhalten nach Eintritt des Versicherungsfalles den vollen Verlust seines Vertragsrechts an (z. B. § 7 Abs. 5 AKB und § 14 Nr. 2 AFB).80 Nicht jede den Verwirkungstatbestand erfüllende Zuwiderhandlung des Versicherungsnehmers dürfe demnach unterschiedslos die starre Sanktion auslösen. Da die Verwirkung des Versicherungsschutzes vielfach weit härtere Auswirkungen für den Betroffenen habe, als eine Kriminalstrafe, sei es eine Frage des Einzelfalles, ob sich dadurch nicht ein krasses Missverhältnis zwischen dem Verstoß und den ausgelösten Folgen ergäbe.81 Der Verstoß gegen die Verwirkungsklausel müsse geeignet sein, die berechtigten Interessen des Versicherers in ernster Weise zu gefährden. Weiterhin müsse dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fallen.82 3. Ebenso wurde bei der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB aus dem Charakter der Vorschrift neben der einschränkenden Auslegung,83 die im Ergebnis ein Analogieverbot schuf, ein subjektives Element abgeleitet, das nach dem Wortlaut dieser Vorschrift eigentlich nicht erforderlich ist. Danach genüge für die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB nicht der objektive Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot. Vielmehr müsse sich der Gläubiger dieses Verstoßes bewusst gewesen sein und ihn trotzdem gewollt haben.84 Dabei wird auf die ständige Rechtsprechung des BGH verwiesen, welche ihrerseits auf die des Reichsgerichts zurückzuführen ist. Letztgenannte beruht auf dem Gedanken, dass der in § 817 Satz 2 BGB angeordnete Rechtsnachteil des Ausschlusses des Rückforderungsrechts als Strafe verwerflicher Gesinnung gedacht sei und deshalb nicht schon immer durch einen unwissentlichen Verstoß gegen Verbotsvorschriften verwirkt werden solle.85 Sicher begründet der BGH das Ergebnis heute nicht
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St. Rspr. BGHZ 36, 323, 327; 92, 184, 186. Zum Wortlaut vgl. Anhang IV. 81 BGHZ 53, 160, 164; so auch BGHZ 96, 88, 94 zu § 16 AFB 1930 (der § 14 Nr.2 AFB 1987 entspricht); BGH NJW 1969, 1385, 1386 re. Sp. zu § 7 Abs. 5 AKB. 82 BGHZ 53, 160, 164. 83 BGHZ 39, 87, 91; BGH JZ 1951, 716, 718 li. Sp.; BGH WM 1967, 1217, 1218 re. Sp.; BGHZ 63, 365, 369. 84 BGHZ 50, 90, 92; BGH NJW 1993, 2108, 2109. 85 RGZ 104, 50, 54; 127, 276, 279; in gleichem Sinn BGH NJW-RR 1990, 750, 751 zu den subjektiven Voraussetzungen bei § 138 BGB. 80
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mehr in dieser Weise. Im Ergebnis hält er aber die gewonnenen Ergebnisse weiterhin für sachgerecht.86 4. Ein ähnliches Ergebnis erzielt die Rechtsprechung bei der Auslegung des § 339 Satz 2 BGB. Dabei geht es um die Frage, wann eine vereinbarte Vertragsstrafe, die nach der Rechtsprechung des BGH eine Sanktionswirkung enthält,87 verwirkt wird, d.h. vom Gläubiger verlangt werden kann. Vom Gesetz wird nach der geschuldeten Leistung unterschieden. Bei einer versprochenen Handlung wird die Vertragsstrafe gem. § 339 Satz 1 BGB verwirkt, wenn der Schuldner in Verzug kommt. Der Verzug tritt gem. § 285 BGB nur bei einem Vertretenmüssen ein. Das Vertretenmüssen bestimmt sich in diesem Fall nach den §§ 276 ff. BGB.88 Nach § 339 Satz 2 BGB tritt die Verwirkung bei einem versprochenen Unterlassen mit der Zuwiderhandlung ein. Ein Verschulden ist in diesem Fall vom Gesetz nicht vorausgesetzt.89 Dem ist der BGH entgegengetreten. Danach läge den §§ 339 ff. BGB das allgemeine Bestreben zu Grunde, den Schuldner, für den eine Vertragsstrafe leicht unverhältnismäßig hohe Nachteile bringen könne, gegen solche Folgen zu schützen. Diesem Schutzbedürfnis entspreche es allein, dass die Vertragsstrafe bei dem Verstoß gegen Unterlassungspflichten nur verfalle, wenn der Schuldner die Zuwiderhandlung zu vertreten habe.90 5. Folge der Einordnung als Norm mit Strafcharakter oder Sanktionswirkung (nicht dagegen als bloße Sanktion) ist nach dem Verständnis des BGH also eine einschränkende Anwendung91 dieser Vorschriften. Zumeist geht es im Rahmen der einschränkenden Anwendung um die Postulierung eines subjektiven Erfordernisses einer objektiv formulierten Vorschrift.92 Darüber hinaus wird dem Strafcharakter entnommen, dass eine Vorschrift nicht ausdehnend auszulegen sei,93 was faktisch auf die Begründung eines Analogieverbotes hinausläuft. 86 So auch Literatur Erman-H. P. Westermann § 817 Rn. 13; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 III 3b. (S. 163): „. . . anderenfalls ist die Härte, die in der Regel in der Versagung des Rückforderungsanspruches liegt, rechtsethisch nicht zu rechtfertigen.“; MünchKomm-Lieb § 817 Rn. 37; a. A. Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 49 IV 3 (S. 71) Fn. 46. 87 BGHZ 130, 288, 295 zur Vertragsstrafe. 88 MünchKomm-Gottwald § 339 Rn. 33 ff. 89 Motive zum BGB, Band 2, § 422 (S. 278). 90 BGH NJW 1972, 1893, 1895 li. Sp.; KG NJW-RR 1990, 502; so auch StaudingerRieble (1995) § 339 Rn. 117: „. . . prinziplose und unbillige Durchbrechung“ des Verschuldenserfordernisses; MünchKomm-Gottwald § 339 Rn. 37; Erman-H. P. Westermann § 339 Rn. 7; Jauernig-Vollkommer § 339 Rn. 19. 91 BGHZ 36, 323, 326: „Insbesondere der Strafcharakter des § 654 BGB lässt es als geboten erscheinen, seinen Anwendungsbereich einzuschränken.“ BGHZ 53, 160, 165; so auch OLG Karlsruhe WM 1995, 2095, 2096 li. Sp. zu § 654 BGB. 92 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 68 III 3b. (S. 163) zu § 817 BGB; Larenz, Methodenlehre, S. 391.
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II. Strafwirkung und die Beteiligung Dritter Eine weitere Konsequenz als Strafvorschrift kann sich bei der Beteiligung Dritter ergeben, d.h. solcher Personen, die selbst nicht gegen das in der Norm zum Ausdruck gelangte Verbot verstoßen haben. 1. Zurechnung des Verhaltens Dritter Aufgrund des durch den Strafcharakter einer Norm hervorgerufenen gedanklichen Zusammenhangs zum Strafrecht scheint eine Zurechnung des Verhaltens Dritter ausgeschlossen, da dort eine Zurechnung des Verhaltens Dritter grundsätzlich nicht stattfindet.94 Nach dem Strafrecht kommt es nur auf eine persönliche Vorwerfbarkeit des Verhaltens an. Der gleiche Gedanke könnte auf die Normen mit Strafcharakter Anwendung finden. Diese aufgrund der terminologischen Nähe hervorgerufene Konsequenz wird vom BGH im Zivilrecht nicht gezogen. So führt der BGH zu dieser Fragestellung im Rahmen des § 817 Satz 2 BGB aus, dass die Einwendung des § 817 Satz 2 BGB dem Leistenden selbst und, falls er bei dem grundlegenden Geschäft ein Vertreter gehandelt habe, dem Vertretenen entgegenstehe.95 Nur in einem Fall hat der BGH die Vorschrift des § 817 Satz 2 BGB nicht angewendet und eine Zurechnung eines sittenwidrigen Organverhaltens abgelehnt. Die Nichtzurechnung wurde jedoch mit Besonderheit des Einzelfalles begründet, so dass eine Verallgemeinerung nicht möglich ist.96 Im Rahmen des § 654 BGB hat der Geschäftsherr trotz des Strafcharakters für ein schuldhaftes Verhalten seiner Hilfspersonen einzustehen.97 Gleiches gilt 93 BGHZ 29, 171, 175; BGH JZ 1968, 381, 382 li. Sp. zu § 815 BGB; BGHZ 39, 87, 91; 63, 365, 369 zu § 817 Satz 2 BGB. 94 Nur nach § 30 OWiG kann bei Verstößen gegen gesetzliche Bestimmungen gegen juristische Personen oder Gesamthandgesellschaften eine Geldbuße festgesetzt werden, wobei in beiden Fällen ein schuldhaftes Verhalten eines zur Vertretung Berechtigten zugerechnet wird. 95 RGZ 99, 160, 168; 100, 246, 250; BGHZ 19, 338, 340; BGH LM zu § 817 Nr. 15. 96 BGHZ 36, 395, 401: Es könne nicht Sinn und Zweck des Gesetzes sein, einer im Zeitpunkt der Leistung politisch wehrlosen Gemeinde die Entscheidung ihres Organs zuzurechnen und ihr nach Wiederherstellung geordneter Verhältnisse den Rechtsschutz zu versagen. 97 OLG Hamm VersR 1991, 545, 546; KG NJW-RR 1988, 686; LG Köln MDR 1967, 302 f.; kritisch Staudinger-Reuter (1995) § 654 Rn. 12: „. . . was sicher nicht dem behaupteten Strafcharakter der . . . Anwendung des § 654 BGB, wohl aber praktischen Bedürfnissen entspricht.“ Schwerdtner, Maklerrecht, Rn. 716: „Überraschenderweise soll der Makler . . . im Rahmen von § 654 BGB für seinen Angestellten ,haften‘.“; Prölss/Martin, VVG, § 6 Rn. 81 a. E.: „Ob der Zweck der Wissenszurechnung auch Rechtsfolgen mit pönalem Charakter, die ausschließlich auf Prävention abzielen, rechtfertigt, ist aber zweifelhaft.“
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1. Kapitel: Sanktionen im Schuldrecht und ihre Rechtsfolgen
für Verwirkungsklauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Trotz ihres Strafcharakters hat der BGH wiederholt ausgesprochen, dass sich der Versicherungsnehmer falsche Angaben dritter Personen in entsprechender Anwendung des § 166 BGB zurechnen lassen müsse, wenn er diesen Dritten zur Erfüllung seiner Aufklärungsobliegenheit beauftragt habe.98 Obwohl eine explizite Entscheidung zu § 815 BGB nicht erging, wird man Drittwissen wie bei § 814 BGB zuzurechnen haben.99 Danach ist bei Einschaltung von Dritten als Vertreter grundsätzlich deren Kenntnis dafür maßgeblich, ob die Kondiktion ausgeschlossen ist.100 In Bezug auf die Zurechnung des Verhaltens Dritter werden somit im Vergleich zum allgemeinen Zivilrecht keine abweichenden Ergebnisse erzielt. Der Strafcharakter einer Vorschrift ist insoweit nach der Rechtsprechung ohne Auswirkung.101 2. Abtretung von Forderungen Die Frage der Wirkung von Strafnormen gegenüber Dritten stellt sich auch bei der Abtretung einer Forderung, welche aufgrund eines missbilligten Verhaltens des Schuldners einredebehaftet ist. Der BGH geht grundsätzlich davon aus, dass niemand mehr Rechte übertragen könne, als er selbst habe, und dass der Schuldner durch den ohne seine Mitwirkung vollzogenen Gläubigerwechsel nicht benachteiligt werden solle.102 Insofern stellt die Entscheidung des OLG München eine Ausnahme dar. Danach könne eine missbräuchliche Rechtsausübung dem Neugläubiger nicht entgegengehalten werden, wenn die Gründe für den Einwand nur in der Person des Altgläubigers lagen (so genannte Relativität des Rechtsinhalts einer Schuld).103 Eine in ihrer Ausübung durch den Altgläubiger missbräuchliche Forderung könne in der Hand des Neugläubigers wieder wirksam werden, wenn letztgenanntem selbst ein Rechtsverstoß nicht vorwerfbar sei.104 Dieser Gedanke wurde aber nicht auf 98 BGHZ 122, 388, 389 m. w. N.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 756, 757 li. Sp.; a. A. Prölss/Martin, VVG, § 6 Rn. 81 a. E. 99 So verweist Jauernig-Schlechtriem § 815 Rn. 4 auf die Rechtsprechung zur Kenntniszurechnung in § 814 BGB. 100 BGH NJW 1999, 1024, 1025 re. Sp. 101 Zweifelnd Staudinger-Reuter (1995), § 654 Rn. 12: „. . . was sicher nicht dem behaupteten Strafcharakter des § 654 BGB, wohl aber praktischen Bedürfnissen entspricht.“ Schwerdtner, Maklerrecht, Rn. 716. 102 BGHZ 32, 35, 42; MünchKomm-Roth § 404 Rn. 1. 103 OLG München NJW 1970, 663: Besonderheit des Falles war, dass der ursprüngliche Versicherungsnehmer seinen Anspruch abgetreten hatte und nun seinerseits erneut abgetreten bekam; angedeutet auch BGHZ 32, 35, 42. 104 OLG München NJW 1970, 663, 664 re. Sp.; zustimmend Erman-H. P. Westermann § 404 Rn. 1; Soergel-Zeiss § 404 Rn. 1.
C. Folgen aus der Qualifizierung als Norm mit Strafcharakter
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Normen mit Strafcharakter ausgedehnt, obwohl es nahe liegt, diese als eine höchstpersönliche Einwendung anzusehen,105 weil ihre Ursachen vom Zedenten ausgehen.106 Demgegenüber hat der BGH beispielsweise im Rahmen der Einwendung des § 817 Satz 2 BGB nur festgestellt, dass diese sowohl dem Leistenden als auch dessen Rechtsnachfolgern entgegenstehe.107 Danach gälte es als selbstverständlich im Zivilrecht, dass sich der Rechtsnachfolger des Leistenden den Gesetzesoder Sittenverstoß des Rechtsvorgängers bei Geltendmachung des Bereicherungsanspruchs entgegenhalten lassen müsse, weil das Hindernis der Rechtsverfolgung nicht dadurch beseitigt werde, dass andere kraft Rechtsnachfolge in die Rechtsstellung des Vorgängers einrückten.108
III. Strafnormen in der Insolvenz Eine interessante Abweichung von dem Grundsatz, dass die Veränderung in der Rechtsstellung keinen Einfluss auf den Bestand einer Norm mit Strafcharakter hat, zeigte die anfängliche Rechtsprechung zum Bestand der Einwendung des § 817 Satz 2 BGB in der Insolvenz. Es stellte sich die Frage, ob ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Gläubigers gegen einen Schuldner, der gem. § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist, auch dann ausgeschlossen bleibt, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Gläubigers eröffnet wird. 1. Nach der anfänglichen Rechtsprechung des BGH hinderte § 817 Satz 2 BGB den vom Insolvenzverwalter geltend gemachten Bereicherungsanpruch nicht.109 In der maßgeblichen Entscheidung heißt es, dass die Vorschrift nur den Leistenden treffen wolle und nur sein Recht zur Klage auf Ausgleichung der ungerechtfertigten Bereicherung ausschließe.110 Zwar erwachse aus § 817 Satz 2 BGB eine Einwendung, die vom Bereicherungsschuldner sowohl dem Leistenden als auch jedem Rechtsnachfolger entgegen gehalten werden könne. Wenn aber über das durch die rechtsgrundlose Bereicherung verkürzte Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet werde, fehle es an einem inneren Grund, die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB auf einen solchen Tatbestand zu erstrecken und dem Insolvenzverwalter die Bereicherungsklage abzusprechen. Diesem 105
Staudinger-Busche (1999) § 404 Rn. 1, die das BGB „. . . ohnehin nicht kennt.“ Erman-H. P. Westermann § 404 Rn. 1. 107 RGZ 99, 160, 168; BGHZ 19, 338, 340; BGH LM zu § 817 Nr. 15. 108 RGZ 111, 151, 155. 109 BGH LM zu § 817 Nr. 15; BGHZ 19, 338, 340; BGH NJW 1962, 483 im Anschluss an RGZ 99, 161, 166 ff. 110 BGHZ 19, 338 f.; zur überwiegenden Ablehnung durch die Literatur vgl. BGHZ 106, 169, 174 m. w. N. 106
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1. Kapitel: Sanktionen im Schuldrecht und ihre Rechtsfolgen
könne, wenn er das Rückforderungsrecht ausübe, irgendein Sittenverstoß nicht zur Last gelegt werden.111 Bei dem § 817 Satz 2 BGB handele es sich um ein besonders geartetes Rechtshindernis.112 Demzufolge sei eine Ausnahme anzunehmen, die sich nicht aus der Insolvenzordnung, sondern aus der Eigenart des § 817 Satz 2 BGB ergäbe. Die Vorschrift habe Strafcharakter und richte sich deshalb nur gegen den unter Sittenverstoß Leistenden.113 Die Straffunktion der Norm gegenüber den durch den Anspruchsverlust beeinträchtigten Insolvenzgläubigern entbehre nämlich des sozialen Zwecks. Nach dieser Argumentationslinie hatte der Strafcharakter einer Norm für den BGH durchaus eine Relevanz im Insolvenzverfahren. Sowohl der Insolvenzverwalter als auch die Insolvenzgläubiger als Dritte handelten selbst nicht sitten- oder gesetzeswidrig. Damit bestehe ihnen gegenüber kein Grund zur Anwendung der Vorschrift.114 2. Diese Auffassung wurde jedoch nicht auf sämtliche Normen mit Strafcharakter ausgedehnt. So ging es in einer weiteren Entscheidung um die Anwendung der eben genannten Rechtsprechung zu § 817 Satz 2 BGB auf Allgemeine Versicherungsbedingungen (§ 16 AFB 1930, heute § 14 Nr. 2 AFB). Diese Bedingungen nehmen eine Verwirkung des Versicherungsanspruches an, wenn der Versicherungsnehmer arglistig handelt. Sie sollen deshalb Strafcharakter haben.115 In Bezug auf die Frage, ob sich auch der Insolvenzverwalter diese Einwendung aus der durch arglistiges Verhalten folgenden Verwirkung entgegenhalten lassen muss, kam der BGH zu einer – im Vergleich zu § 817 Satz 2 BGB – entgegengesetzten Feststellung.116 Obwohl bei beiden Vorschriften zum damaligen Zeitpunkt der Strafcharakter feststand,117 führte dies in derselben Situation zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das Hauptargument der Entscheidung zu § 817 Satz 2 BGB hätte gleichermaßen auf § 16 AFB zugetroffen. Auch bei § 16 AFB gehe es darum, arglistiges Verhalten zu sanktionieren.118 Demzufolge hätte genauso wenig ein innerer
111 RGZ 99, 160, 168; BGHZ 19, 338, 340: „In dieser umstrittenen Frage hält der Senat an der Ansicht fest, die das Reichsgericht entwickelt hat.“ 112 BGHZ 19, 338, 340. 113 BGHZ 106, 169, 173 berichtend zur bisherigen Rechtslage, wobei von BGHZ 19, 338, 340 alternativ der Strafcharakter und der Gedanke der Versagung des Rechtsschutzes geprüft werden. In BGH NJW 1962, 483 li. Sp. wird nur die Rechtsschutzverweigerung thematisiert. 114 BGHZ 19, 338, 340. 115 BGHZ 96, 88, 94; ähnlich BGHZ 53, 160, 165. 116 BGHZ 44, 1, 7 f. 117 BGHZ 96, 88, 94 zu § 16 AFB und BGHZ 19, 338, 340 (alternativ neben Rechtsschutzverweigerung geprüft); BGHZ 39, 87, 91; BGHZ 63, 365, 369 zu § 817 Satz 2 BGB. 118 BGHZ 96, 88, 94.
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Grund für die Anwendung des § 16 AFB in der Insolvenz bestanden, wie bei § 817 Satz 2 BGB. Maßgeblich war dies hingegen nicht. Entscheidend war die Schutzwürdigkeit der Rechtsposition des durch die Norm Begünstigten, die bei dem Versicherer auf der einen Seite und dem Empfänger der sittenwidrigen Leistung auf der anderen Seite unterschiedlich zu beurteilen sei.119 3. Aufgrund dieser wenig konsequenten Rechtsanwendung erscheint es nur folgerichtig, dass die Rechtsprechung zur Wirkung des § 817 Satz 2 BGB im Insolvenzverfahren aufgegeben wurde.120 Nunmehr kann auch der Insolvenzverwalter das unter Gesetzes- oder Sittenverstoß Geleistete nicht zurückfordern. Gründe für die Begradigung der Rechtslage waren neben den durchgreifenden rechtsdogmatischen Bedenken und der Unausgewogenheit der erzielten Ergebnisse insbesondere, dass der Insolvenzverwalter in die Rechte und Pflichten des Gemeinschuldners eintritt. Der Insolvenzverwalter könne deshalb für die Masse keine anderen Rechte als der Gemeinschuldner beanspruchen.121 Weiterhin sei der Empfänger der sittenwidrigen Leistung schutzwürdig, da er ansonsten die Leistung zunächst behalten dürfe, sie aber ab Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wieder herausgeben müsse, um sie im Fall der Einstellung des Verfahrens wieder behalten zu dürfen.122
IV. Zusammenfassung Betrachtet man diesen Überblick, kommt man zu einem für die wissenschaftliche Diskussion unbefriedigenden Ergebnis. Der Begriff der Sanktion ist in seiner durch die Rechtsprechung gefundenen Gestalt mit dem Begriffsinhalt des Nachteils gleichzusetzen, so dass ihm keine darüber hinausreichende Unterscheidungskraft zukommt. Der Begriff des Strafcharakters oder der Sanktionswirkung ist zwar an sich markanten Normen vorbehalten geblieben, hat aber trotzdem keine verallgemeinerungsfähige Definition erfahren. Zwar wird bei Normen, die Vermögensnachteile kompensieren, durch die Anknüpfung an den Ausgleichsgedanken insofern eine Präzisierung erreicht.123 Dieser Gedanke ist aber auf die Einordnung von Normen, die einen solchen monetären Ausgleich nicht anstreben, nicht übertragbar. Insofern wird eher willkürlich und ohne nähere Begründung der offensichtliche Strafcharakter einer Norm festgestellt124 oder der Charakter der Norm offen gelassen.125 119 120 121 122 123 124 125
BGHZ 44, 1, 7 f. BGHZ 106, 169 ff. BGHZ 106, 169, 175 f. BGHZ 106, 169, 178. BGHZ 18, 149, 155 zu § 847 BGB. BGHZ 36, 323, 326; 53, 160, 165 zu § 654 BGB. So zum Beispiel in BGHZ 19, 338, 340 zu § 817 Satz 2 BGB.
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Trägt man diesen Umständen Rechnung, kann man zu § 241a BGB nur feststellen, dass dieser, der Terminologie der Rechtsprechung folgend, eine zivilrechtliche Sanktion darstellt. Dies bedeutet aber nur, dass ein Nachteil für den eine unbestellte Leistung erbringenden Unternehmer angeordnet wird. Einen Strafcharakter kann man anhand der fast vollständig fehlenden Vorgaben nicht mit der notwendigen Sicherheit konstatieren. Ob mit § 241a BGB an ein treuwidriges Verhalten angeknüpft wird,126 das wertungsmäßig von einer schlicht unzulässigen Handlung abzugrenzen ist, kann nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgemacht werden. Blickt man auf die Rechtsfolgen der schwer vorzunehmenden Einordnung einer Norm, fällt auf, dass diese ebenfalls nur vage zu bestimmen sind. Gesichert ist nur die Erkenntnis, dass bei Normen mit Strafcharakter eine einschränkende Anwendung erfolgt.127 Zumeist werden subjektive Elemente,128 zum Teil sogar in Form eines vorwerfbaren und vorsätzlichen Verhaltens, in die Norm implementiert.129 Angesichts der unzureichenden begrifflichen Bestimmung reduziert sich allerdings die Bedeutung dieses Zusammenhangs. Insbesondere unter methodischen Erwägungen stellen sich, zumindest im Hinblick auf das Erfordernis der Begründung juristischer Entscheidungen, erhebliche Bedenken. Durch die Verknüpfung des Strafcharakters mit einer Anwendungsmaxime der Vorschrift wird das methodische Instrumentarium der Auslegung und rechtsfortbildenden Rechtsanwendung umgangen. Der Vorbehalt gegen den Begriff des Strafcharakters wird noch dadurch gestärkt, dass eine Argumentation oft mit dem Ausnahmecharakter der Vorschrift untermauert wird. So erinnert die Feststellung, dass solche Ausnahmevorschriften mit Strafcharakter nicht ausdehnend auszulegen seien,130 an den Grundsatz „singularia non sunt extendenda“.131 Dieser schon im gemeinen Recht auftauchende Grundsatz132 wird heute überwiegend abgelehnt.133 Das formale Argument wird der anerkannten teleologischen Auslegungsmethode nicht gerecht.134 126 Was den Vorschriften mit Strafcharakter wie §§ 654, 815, 817 BGB und den Verwirkungsklauseln in Versicherungsverträgen und im Erbrecht gemeinsam ist. 127 BGHZ 36, 323, 326; BGHZ 29, 171, 175; zu diesem Argument im Rahmen des § 241a BGB vgl. Schäfer AcP 202 (2002), 397, 398 m. w. N. 128 BVerfGE 20, 323 ff.; 58, 159 ff.; 84, 82 ff. 129 BGHZ 36, 323, 327; 92, 184, 186 zu § 654 BGB; BGHZ 53, 160, 164 zu Verwirkungsklausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen. 130 BGHZ 29, 171, 175; BGH JZ 1968, 381, 382 li. Sp. zu § 815; BGHZ 39, 87, 91 zu § 817 Satz 2 BGB. 131 Zuweilen beruft man sich auf die Formel „exceptio est strictissimae interpretationis“. 132 Goldschmidt ZHR 3, 331, 354; von Savigny, System des römischen Rechts, Band I, S. 61, 63. 133 Staudinger-Coing (1995) Einl. Rn. 148, 154; Bydlinski, Methodenlehre, S. 440; Canaris, Feststellung von Lücken, S. 181; Engisch, Einführung, S. 195; Klug, Juristi-
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Danach steht der Sinn und Zweck des Gesetzes im Mittelpunkt der Anwendung einer Norm. Diesen im Einzelfall der Rechtsanwendung nutzbar zu machen und im Streitfall einer billigen und vernünftigen Lösung zuzuführen, ist die Aufgabe des Richters.135 Dagegen ist eine mechanische Wahl zwischen Interpretationstendenzen ohne Einsatz der Auslegungsinstrumente ausgeschlossen.136
V. Ursachen für die Berufung auf den Sanktionsund Strafcharakter einer Vorschrift Nach den obigen Erörterungen steht fest, dass sich die Rechtsprechung des schillernden Begriffs des Sanktions- oder des Strafcharakters einer Norm bedient, ohne sich der notwendigen Definition der Begriffsmerkmale zuzuwenden. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Bezeichnung nur Ausdruck eines gleichzeitig angewandten aber nicht offen zugestandenen Rechtsprinzips ist. 1. Einleitung Diese These wird gestützt durch die Beobachtung, dass die Rechtsprechung insbesondere in neueren Urteilen bei der Bestimmung des Strafcharakters einer Vorschrift zunehmend hinterfragt, ob eine Rechtsfolge angemessen ist, d.h. ob Tatbestand und Rechtsfolge in einem sachgerechten Verhältnis zueinander stehen.137 a) So äußern sich zwei Entscheidungen des BGH zu einem ähnlichen Problem, dem der einschränkenden Auslegung von versicherungsrechtlichen Verwirkungsklauseln, trotz des übereinstimmenden Ergebnisses, in unterschiedlicher Weise. In BGHZ 53, 160, 165138 wird die Tatsache, dass nicht jede den Verwirkungstatbestand erfüllende Zuwiderhandlung des Versicherungsnehmers die starre Sanktion auslösen könne, noch verkürzend damit begründet, dass der Strafcharakter der Vorschriften zur Beschränkung des Anwendungsbereiches sche Logik, S. 100 ff.; Heck AcP 112 (1914), 1, 188, insbesondere Fn. 285 m. w. N.; Bender JZ 1957, 593, 600 li. Sp. 134 Hefermehl Ufita 24 (1957), S. 56, 81. 135 St. Rspr. RGZ 142, 36, 40 f.; BGHZ 2, 176, 184; 17, 266, 276; 18, 44, 48 f. 136 Bydlinski, Methodenlehre, S. 440; Heck AcP 112 (1914), 1, 188. 137 BVerfGE 20, 323, 331 zum Charakter des § 890 ZPO; BGHZ 53, 160, 164; 96, 88, 94 zu versicherungsvertraglichen Verwirkungsbestimmungen; BGH NJW 1972, S. 1893, 1895 li. Sp. zum Vertretenmüssen bei § 339 Satz 2 BGB; BGHZ 36, 323, 327 zu § 654 BGB. 138 Zum gleichen Problem BGHZ 52, 86, 90, wobei auf die Strafsanktion abgestellt wird, gleichzeitig aber auf das „. . . Gebot der Verhältnismäßigkeit von Verstoß und Strafe . . .“ hingewiesen wird.
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führen müsse. Dagegen wird in einer Entscheidung zum selben Problem in BGHZ 100, 60, 64 zur Rechtfertigung des gleichen Ergebnisses ausdrücklich auf den das ganze Zivilrecht beherrschenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck abgestellt.139 In letzterer Entscheidung steht der Strafcharakter der Vorschrift argumentativ nicht mehr im Zentrum und wird von der durchgeführten Verhältnismäßigkeitsprüfung verdrängt. b) Ebenso wird bei Normen, die nach der Rechtsprechung des BGH eng mit dem Begriff des Strafcharakters verbunden waren, dieser Begriff in der gegenwärtigen Darstellung vermieden. Wie oben schon erwähnt, wird zu § 815 BGB140 und zu § 654 BGB141 – als ehemals anerkannten Normen mit Strafcharakter – diese ausdrückliche Umschreibung in der Rechtsprechung nicht mehr verwendet. Dies hatte jedoch keine Auswirkungen auf die noch unter der Argumentation mit dem Strafcharakter gewonnenen Ergebnisse.142 Dies stellt ein weiteres Indiz dafür dar, dass der eigentliche Grund für die restriktive Auslegung dieser Vorschriften ein anderer ist. c) Vergleichbares kann in der wechselvollen Rechtsprechung zu § 817 Satz 2 BGB beobachtet werden.143 Obwohl insofern einerseits von einer Straffunktion,144 andererseits von einer Rechtsschutzverweigerung145 ausgegangen wurde, stand das Ergebnis der Auslegung in den Urteilen des BGH jeweils fest, so dass die Vorschrift wegen der sich aus ihr ergebenden Rechtsfolgen eng ausgelegt werden müsse.146 Es wird ausdrücklich hervorgehoben, dass die Rechtsfolgen der Norm unabhängig davon, welchen Zweck die Regelung des § 817 Satz 2 BGB verfolge, eine einschränkende Anwendung rechtfertigen. Damit wurde entgegen dem Wortlaut die Notwendigkeit eines vorsätzlichen Verstoßes gegen das Gesetz- oder Sittenverbot begründet.147 d) Dass der Charakter einer Rechtsnorm nicht das maßgebliche Kriterium darstellt, zeigt auch die oben dargestellte Rechtsprechung zur Anwendung der Normen mit Strafcharakter im Insolvenzverfahren. In zwei Entscheidungen kam 139
Gleichwohl wird noch erwähnt, dass die Verwirkung gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 VVG „. . . eine Strafbestimmung von außerordentlicher Schärfe“ ist, BGHZ 100, 60, 63. Auch in BGH NJW-RR 2001, 1240, 1241 re. Sp. wird wieder auf den Strafcharakter einer Verwirkungsklausel abgestellt. 140 BGH JZ 1968, 381. 141 BGH NJW 1987, 1008. 142 Z. B. BGH NJW-RR 1989, 760 re. Sp. Verweis auf BGHZ 36, 323, 326. 143 Seit BGHZ 63, 365, 369 Strafcharakter nicht mehr erwähnt. 144 BGHZ 39, 87, 91; BGH JZ 1951, 716, 718 li. Sp.; BGH WM 1967, 1217, 1218 re. Sp.; BGHZ 63, 365, 369. 145 BGHZ 9,333, 336; 35, 103, 107; 36, 395, 399; 44, 1, 6. 146 BGHZ 35, 103, 109; Zweck der Vorschrift schon in BGHZ 19, 338, 340 ausdrücklich offengelassen. 147 BGB-RGRK-Heimann-Trosien § 817 Rn. 20.
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der BGH zu jeweils unterschiedlichen Ergebnissen, obwohl es in beiden Fällen um dieselbe Frage ging, ob Normen mit Strafcharakter auch gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Insolvenzgläubigern wirken.148 So wurden Normen trotz ihres anerkannten Strafcharakters in verschiedener Weise angewendet, wobei es ausweislich der Argumentation des BGH maßgeblich auf die Schutzwürdigkeit der jeweiligen Rechtspositionen ankam, die gesondert gegeneinander abgewogen wurden.149 2. Verkürzung des methodischen Aufwandes Die erwähnten Beispiele sprechen somit für die These, dass dem Strafcharakter einer zivilrechtlichen Norm keine normative Bedeutung zukommt. Demgegenüber ist jedoch anzuerkennen, dass die durch seine Anwendung erzielten Ergebnisse in zahlreichen Fällen als durchaus plausibel und nachvollziehbar erscheinen.150 Aufgrund dieses scheinbaren Widerspruches ist der Hauptgrund für die Anwendung in einer Verkürzung des methodischen Aufwandes zu sehen. a) Nach der heute der Methodik zu Grunde liegenden Wertungsjurisprudenz ist ein solches Vorgehen nicht zulässig. Während die Entstehung des BGB in die Zeit des wissenschaftlichen Positivismus fiel, nach dessen Verständnis die Rechtssätze aus logisch aufeinander abgestimmten Begriffen in einem geschlossenen und lückenlosen System abzuleiten waren,151 trat dem schon im ersten Jahrzehnt nach dem Inkrafttreten des BGB die Interessenjurisprudenz gegenüber.152 Ihr Ziel ist eine interessengeleitete Lösung von Streitfällen aus dem Gesetz. Die etwa in der Mitte des 20. Jahrhunderts zum Durchbruch gelangte Wertungsjurisprudenz knüpft an die Interessenjurisprudenz an, hat sie aber durch die Einsicht ergänzt, dass die juristische Tätigkeit letztlich wertender Natur ist.153 An diese theoretischen Grundlagen der Anwendung einer Norm knüpfen die methodischen Regeln an. Diese besagen, wie man nach den Erfahrungen der Rechtswissenschaft verfahren soll, wenn man bestimmte Ziele erreichen will.154 148 Anwendung bejaht für versicherungsrechtliche Verwirkungsklausel in BGHZ 44, 1, 7; verneint für § 817 Satz 2 BGB in BGHZ 19, 338, 340. 149 Dazu BGHZ 19, 338, 340 und BGHZ 44, 1, 7. 150 So werden in der Literatur die Ergebnisse der Rechtsprechung zu § 654 BGB als Norm mit Strafcharakter überwiegend kritiklos hingenommen. So MünchKomm-Roth § 654 Rn. 20; Erman-Werner § 654 Rn. 1; Schwerdtner, Maklerrecht, Rn. 716 f.; Jauernig-Vollkommer § 654 Rn. 10. 151 Vgl. Bydlinski, Methodenlehre, S. 109 ff. 152 Heck, Schuldrecht, Anh. § 2. 153 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 10 ff.; Bydlinski, Methodenlehre, S. 123 ff.; Kleinheisterkamp, Prozessführung, S. 15, Fn. 78. 154 Bydlinski, Methodenlehre, S. 78.
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Sie berichten über die Methode, die zu befolgen ist, um den Norminhalt zu erkennen und den Normsinn zu ergründen.155 Dabei wird herkömmlicherweise zwischen der eigentlichen Interpretation oder Auslegung im engeren Sinn und dem Bereich der richterlichen Rechtsfortbildung unterschieden. Während sich die Auslegung im Rahmen des noch möglichen Wortsinns der Norm hält, weicht die Rechtsfortbildung von diesem ab.156 b) Warum sich die Rechtsprechung nicht dieses anerkannten methodischen Instrumentariums von Anfang an bediente, um die Abweichungen vom Wortlaut der jeweiligen Vorschrift zu begründen, liegt am damit verbundenen erhöhten Begründungsaufwand. In diesem Fall müssen nämlich die der Entscheidung zu Grunde liegenden Wertungen offen gelegt werden. Eine damit verbundene Scheu hängt eng mit der als Grundfrage der Wertungsjurisprudenz bezeichneten Schwierigkeit zusammen,157 nachvollziehbar darzustellen, woher die Bewertungsmaßstäbe kommen, die man zur Geltung bringt, wenn solche Maßstäbe dem gesetzten Recht nicht hinreichend deutlich zu entnehmen sind. Diese Maßstäbe müssen aus Gründen der Nachprüfbarkeit gegenüber sonstigen Wertungen abgrenzbar und rechtlich nachweisbar sein.158 Weiterhin müssen diese Wertungen entsprechend den Methoden der Rechtsfindung umgesetzt werden. Während eine am Wortsinn orientierte Auslegung noch verhältnismäßig geringe Anforderungen stellt, sind die Anforderungen für ein Abweichen vom Wortsinn aufgrund einer teleologischen Reduktion oder einer Analogie weit höher.159 Man vergleiche nur den Aufwand einer methodengerechten teleologischen Reduktion des § 654 BGB mit der vom BGH angewandten Argumentationslinie.160 Diese stellt lediglich fest, dass es der Strafcharakter des § 654 BGB als geboten erscheinen lasse, seinen Anwendungsbereich einzuschränken.161 c) Weiterhin spricht die Rechtsprechung von einer einschränkenden Anwendung,162 um den Eindruck größerer Gesetzestreue zu erwecken. Faktisch wird dagegen der Wortlaut einer Vorschrift teleologisch reduziert, so dass es sich um eine richterliche Rechtsfortbildung handelt. So kann man das Verlangen, den § 654 BGB nur bei einem grob treuwidrigen oder arglistigen Verhalten des Maklers anzuwenden, nur als eine teleologische Reduktion einordnen,163 wenn der Gesetzeswortlaut lediglich verlangt, dass der 155
Kramer, Methodenlehre, S. 28. Kramer, Methodenlehre, S. 39 m. w. N. 157 Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 128. 158 Bydlinski, Juristische Methodenlehre, S. 128. 159 Larenz, Methodenlehre, S. 129. 160 Schmalz, Methodenlehre, Rn. 344 mit Prüfungsverlauf bei der teleologischen Reduktion. 161 BGHZ 36, 323, 326. 162 Z. B. BGHZ 36, 323, 326 zu § 654 BGB. 156
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Mäkler dem Inhalte des Vertrags zuwider auch für den anderen Teil tätig gewesen ist. Denn Grenze der Auslegung ist auch nach der Rechtsprechung das nach dem Wortlaut sprachlich Mögliche, innerhalb dessen ein vom Gesetz verwendeter Begriff überhaupt ausgelegt werden kann.164 Von der Wortbedeutung ausgehend, scheint zwar eine einschränkende Rechtsanwendung oder Auslegung tatsächlich in höherem Maß mit dem Gesetz vereinbar zu sein als eine teleologische Reduktion. Wird aber die Reduktion an dem Gesetzestelos ausgerichtet und werden dabei die ihr gesetzten Schranken beachtet, dann ist sie nicht weniger gesetzestreu als die teleologische Auslegung.165 d) Dass der BGH bei der Einschränkung der Rechtsfolgen von Normen mit Sanktions- oder Strafcharakter neben oder anstelle einer teleologischen Reduktion nicht auf § 242 BGB mit dem Grundsatz von Treu und Glauben zurückgegriffen hat, sondern eine neue Kategorie mit dem Strafcharakter einer Norm schuf, erstaunt. Schon nach § 242 BGB darf der Gläubiger auf geringfügige Pflichtverletzungen des Schuldners nicht im Übermaß reagieren.166 Wird bei den oben genannten Verwirkungstatbeständen dagegen an ein solches geringfügiges Verhalten angeknüpft, dann kann sich der jeweils Begünstigte gem. § 242 BGB nicht darauf berufen. Es kann somit auch ohne den Strafcharakter adäquat auf unbillige Ergebnisse reagiert werden. Zwar hat der BGH teilweise das Argument von Treu und Glauben herangezogen, um geringfügige Verstöße vom Anwendungsbereich der Norm auszunehmen. Dies geschah aber nur neben der Argumentation mit dem Sanktions- oder Strafcharakter.167 Einen Erklärungsversuch stellt die Tatsache dar, dass eine Billigkeitskorrektur mit Hilfe des Rechtsmissbrauchsverbotes des § 242 BGB für den Einzelfall bestimmt ist, der wegen seiner besonders gelagerten Umstände zu absolut unbilligen, das Gerechtigkeitsempfinden gröblich tangierenden Ergebnissen führen würde.168 Dagegen ist eine teleologische Reduktion vorzunehmen, wenn eine abstrakt umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird.169 Dass die Rechtsprechung diesem Verständnis folgt, zeigt sich insbesondere in der Einschränkung des § 125 BGB durch den Grundsatz von Treu und Glauben. Eine einschränkende Auslegung oder – methodisch zutreffender – eine teleologische Reduktion der strikten Formvorschriften erfordert einen Wortlaut, der gemäß der immanenten Teleolo-
163
St. Rspr. BGHZ 36, 323, 326; BGH NJW-RR 1989, 760 re. Sp. BGHZ 46, 74, 76; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 143; Bydlinski, Methodenlehre, S. 467 f.; Fikentscher, Methoden IV, S. 294. 165 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 211. 166 Erman-Werner § 242 Rn. 71; Staudinger-J. Schmidt (1995) § 242 Rn. 780 ff. 167 BGHZ 53, 160, 164 f.; 96, 88, 91; 100, 60, 64 zu Verwirkungsklauseln. 168 Kramer, Methodenlehre, S. 168 m. w. N. 169 Bydlinski, Methodenlehre, S. 480; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 210. 164
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1. Kapitel: Sanktionen im Schuldrecht und ihre Rechtsfolgen
gie des Gesetzes einer Einschränkung bedarf. Dies wäre eine generelle und erhebliche Aufweichung der strikten Formvorschriften und somit nicht begründbar.170 Dies ist der Anwendungsbereich für eine Einschränkung durch die Anwendung des § 242 BGB, der eine Unangemessenheit der Folgen des Gesetzes nur in besonderen Ausnahmefällen annimmt, die gesetzliche Vorschrift im Übrigen aber unangetastet lässt.171 3. Anlehnung an die Rechtsprechung des Reichsgerichts Ein weiterer Grund könnte in der traditionellen Verwendung der Formel des Strafcharakters in der Rechtsprechung des Reichsgerichts zu suchen sein, die durch eine Bezugnahme auf die Entscheidungen gleichsam in die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes übernommen wurde. Insbesondere zu § 817 Satz 2 BGB war das Reichsgericht der Meinung, dass diese Folge als Strafe für die Betätigung verwerflicher Gesinnung gedacht sei. Diese Auffassung bildete die gleichmäßige Grundlage der Rechtsprechung des Reichsgerichts zu § 817 Satz 2 BGB.172 Diese Argumentation wurde dann vom BGH aufgegriffen und teilweise fortgeführt.173 Zwar wird der Strafcharakter des § 817 Satz 2 BGB heute überwiegend abgelehnt und stattdessen auf den Gedanken der Rechtsschutzverweigerung abgestellt.174 Das Argumentationsmuster des Strafcharakters dient aber weiterhin der Beschreibung des § 654 BGB. Seit BGHZ 36, 323, 326 ist dessen Strafcharakter anerkannt, der die oben beschriebenen Rechtsfolgen einer einschränkenden Anwendung herbeiführt.175 Durch diese Ausdehnung des Anwendungsbereiches der Normen mit Strafcharakter hat der Begriff in der Rechtsprechung des BGH eine eigene Bedeutung erhalten. Man kann daher nicht sagen, dass der Strafcharakter von Vorschriften durch den BGH nur rezipiert wurde. Das Reichsgericht vertrat diesen Standpunkt im Rahmen des § 654 BGB nämlich noch nicht.176 Gleiches geschah bei der Wesensbestimmung des § 815 BGB. Während das Reichsgericht noch davon ausging, dass es sich bei § 815 BGB um eine Ausnahmevorschrift handele, da dieser unter bestimmten besonderen Voraussetzungen ausnahmsweise den Nichteintritt der Herausgabepflicht anordne,177 ging der BGH von einer Vorschrift mit 170
Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 215. St. Rspr. BGH NJW 1987, 1069, 1070 re. Sp.; BGH NJW 1996, 1960 f. 172 RGZ 105, 270, 271 f.; 161, 52, 58, Gedanke der Rechtsschutzverweigerung angedeutet in RGZ 151, 70, 72. 173 BGHZ 39, 87, 91; 63, 365, 369 vgl. BGB-RGRK-Heimann-Trosien § 817 Rn. 10. 174 BGHZ 35, 103, 107; 36, 395, 399; 44, 1, 6. 175 BGHZ 92, 184, 185; BGH NJW-RR 1989, 760 re. Sp. Fortführung der Rechtsprechung zu § 654 BGB ohne ausdrückliche Erwähnung des Strafcharakters. 176 Vgl. RGZ 113, 264, 269; RG Gruchot 71, 535 ff.; zur Rechtsprechung des RG zu § 654 BGB auch BGH NJW 1962, 734, 735. 171
C. Folgen aus der Qualifizierung als Norm mit Strafcharakter
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Strafcharakter aus.178 Entsprechend der Vorgehensweise bei § 654 BGB hat der BGH ohne Anknüpfung an Entscheidungen des Reichsgerichts diese Rechtsfigur selbständig ausgeweitet. Ebenso findet die Argumentation mit diesem Begriff zu versicherungsvertraglichen Verwirkungsklauseln keine Entsprechung in der Rechtsprechung des Reichsgerichts. Es kann somit festgestellt werden, dass das Reichsgericht den Begriff des Strafcharakters erstmalig in der juristischen Auseinandersetzung verwendet hat. Die Anwendung bezog sich aber nur auf die Vorschrift des § 817 Satz 2 BGB. Das Reichsgericht gab damit nur einen Impuls, den der BGH bereitwillig aufgegriffen und erheblich ausgedehnt hat. 4. Anerkennung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Zivilrecht Ein weiterer Grund für die Argumentation mit dem Sanktions- und Strafcharakter ist die verdeckte Einbringung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in das Zivilrecht. Dadurch soll ein offenes Bekenntnis zu dessen Geltung im Zivilrecht vermieden werden.179 Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist ein Mittel zur Auslegung von Gesetzen und dient damit demselben Zweck wie etwa auch die teleologische Interpretation.180 Es bringt die an einem Rechtsverhältnis beteiligten Grundrechtspositionen zum Ausgleich und begrenzt dadurch die Beschränkung von Grundrechten.181 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dient damit nur der Verwirklichung der Einsicht, dass die hinter einer Vorschrift stehenden grundrechtlich geschützten Interessen im Privatrechtsverhältnis berücksichtigt werden müssen. Die Anerkennung erweitert dabei nicht das methodische Instrumentarium, sondern nur die Gewichtung der diesem zu Grunde liegenden Interessen. Eine Umsetzung kann nur durch Auslegung oder richterliche Rechtsfortbildung erfolgen.182 a) Diese These wird unterstützt durch die Tatsache, dass zunehmend seltener mit dem Sanktions- oder Strafcharakter der ehemals so bezeichneten Vorschrift argumentiert wird und gleichzeitig eine offene Argumentation mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfolgt. 177
RG Gruchot 51, 972, 977. BGHZ 29, 171, 175; BGH JZ 1968, 381, 382 li. Sp. 179 Staudinger-Hager Vorbem zu §§ 823 ff. Rn. 68: „Das folgt aus dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 GG.“; MünchKomm-Säcker Einl. 56: „. . . nur noch Formulierungsproblem“; a. A. Diederichsen Jura 1997, 57; ders. AcP 198 (1998), 171, 231: „. . . die mit der Anwendung von Art. 1 Abs. 3 GG automatische verbundene Bindung des Zivilrechtsgesetzgebers an die Grundrechte entfällt.“ 180 Medicus AcP 192 (1992), 35, 53 f. 181 Medicus AcP 192 (1992), 35, 51. 182 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 216 mit einem Fall zur Umsetzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. 178
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1. Kapitel: Sanktionen im Schuldrecht und ihre Rechtsfolgen
So ist auf obige Beispielsfälle zurückzukommen, in welchen sich der BGH trotz gleich bleibenden Resultats in unterschiedlicher Weise äußert. In BGHZ 53, 160, 165183 wurde die Tatsache, dass nicht jede begrifflich den Verwirkungstatbestand erfüllende Zuwiderhandlung des Versicherungsnehmers die Sanktion auslöse, noch verkürzend damit begründet, dass der Strafcharakter der Vorschriften zur Beschränkung des Anwendungsbereiches führen müsse. Demgegenüber wurde in einer Entscheidung zum selben Problem in BGHZ 100, 60, 64 zur Rechtfertigung des gleichen Ergebnisses ausdrücklich auf den das ganze Zivilrecht beherrschenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck abgestellt.184 b) Auch wird in den Entscheidungen, welche die Feststellung des Strafcharakters einer Norm betreffen, dieses Ergebnis oft mit dem Eingriff in die Rechte des durch die Norm Belasteten begründet. Dieser Eingriff könne leicht unverhältnismäßig hohe Nachteile bringen, so dass der Betroffene vor diesen geschützt werden müsse.185 Solche Bestimmungen dürften deshalb nicht starr und ohne Rücksicht darauf gehandhabt werden, ob sich im Einzelfall ein krasses Missverhältnis zwischen dem Verstoß und den dadurch ausgelösten Folgen ergäbe.186 Diese Erwägungen zeigen, dass hinter der begrifflichen Fassung als Strafsanktion – die auch in den eben genannten Entscheidungen aufrechterhalten wurde – im Grunde eine Verhältnismäßigkeitsprüfung steht. Grund für die Zuhilfenahme des Begriffs des Strafcharakters könnte die anfängliche und nun überwiegend abgelegte Skepsis gegenüber der Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Zivilrecht gewesen sein.187 c) Zwar ist seit dem Lüth-Urteil nicht mehr umstritten, dass das Grundgesetz Vorgaben für das Zivilrecht enthält.188 Danach seien die Grundrechte ohne Zweifel in erster Linie dazu bestimmt, die Freiheitssphäre des Einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt zu sichern. Ebenso richtig sei aber, dass das Grundgesetz eine objektive Wertordnung eingerichtet habe, von welcher alle Bereiche des Rechts Richtlinien und Impulse empfingen. Somit beeinflusse es selbstverständlich auch das Bürgerliche Recht.
183 Zum gleichen Problem BGHZ 52, 86, 90, wobei auf die Strafsanktion abgestellt wird, gleichzeitig aber auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit von Verstoß und Strafe berücksichtigt wird. 184 BGHZ 100, 60, 63. 185 BGH NJW 1972, S. 1893, 1895 li. Sp. zum Vertretenmüssen in § 339 Satz 2 BGB; BGHZ 36, 323, 327 zu § 654 BGB und BGHZ 53, 160, 165 zu einer Verwirkungsklausel Betonung der Notwendigkeit einer Abwägung der Auswirkung auf den Betroffenen. 186 BGHZ 53, 160, 164; 96, 88, 94. 187 Staudinger-Hager Vorbem zu §§ 823 ff. Rn. 68; MünchKomm-Säcker Einl. 56; a. A. Diederichsen Jura 1997, 57; ders. AcP 198 (1998), 171, 231. 188 BVerfGE 7, 198, 205.
C. Folgen aus der Qualifizierung als Norm mit Strafcharakter
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Damit wurde aber nicht entschieden, ob das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip auch den Zivilgesetzgeber und die Rechtsprechung bindet. Vielmehr begründete die Mephisto-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erhebliche Zweifel an einer solchen Annahme.189 In dieser wird davon ausgegangen, dass das von den Instanzgerichten gefundene Ergebnis nicht mit der Erwägung in Frage gestellt werden könne, dass der Erlass eines zivilrechtlichen Veröffentlichungsverbots außer Verhältnis zu der zu erwartenden Beeinträchtigung stehe. Das Bundesverfassungsgericht hatte zwar wiederholt betont, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtlichen Rang habe und deshalb bei allen Eingriffen der öffentlichen Gewalt in den Freiheitsbereich des Bürgers beachtet werden müsse. Um einen derartigen Eingriff handele es sich hier jedoch nicht. Die Gerichte hätten lediglich einen von dem einen gegen den anderen Bürger geltend gemachten zivilrechtlichen Anspruch zu beurteilen, d.h. ein zivilrechtliches Rechtsverhältnis im Einzelfall zu konkretisieren. Zur Beurteilung dieses könnten diejenigen Erfordernisse, die von Verfassungs wegen im Verhältnis des Bürgers zum Staat bei Eingriffen in die Freiheitssphäre des Einzelnen zu beachten seien, auch nicht entsprechend herangezogen werden. Aufgabe des bürgerlichen Rechts sei es in erster Linie, Interessenkonflikte zwischen rechtlich gleichgeordneten Rechtssubjekten möglichst sachgerecht zu lösen.190 Diesen Ausführungen zufolge fand nur eine Willkürkontrolle statt, die nicht die am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Abwägung der am Privatrechtsverhältnis beteiligten Grundrechtspositionen beinhaltete. d) Nach seiner heutigen Sicht beantwortet das Bundesverfassungsgericht die Aufgabe des Zivilgesetzgebers jedoch dahingehend, dass der verhältnismäßige Ausgleich in der Beziehung der Bürger untereinander zu bewirken sei.191 Damit wird dem Verhältnismäßigkeitsprinzip der Verfassung auch hier Geltung verschafft. Zwar handele es sich bei einer zivilrechtlichen Regelung nicht um einen Eingriff der öffentlichen Gewalt in den Freiheitsbereich des Einzelnen zum Schutz öffentlicher Interessen, indessen müsse der Staat auch bei der Regelung des Privatrechtsverhältnisses unverhältnismäßige Belastungen vermeiden.192 Nicht nur der Privatgesetzgeber sei an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden, sondern auch der Anwender des Gesetzes. Dessen Entscheidungen seien nur dann mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn und soweit seine Auslegung und Anwendung auch tatsächlich zu Entscheidungen führe, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen würden.193
189
BVerfGE 30, 173, 199. Diederichsen AcP 198, S. 171 ff.; ders. Jura 1997, 57; differenzierend Hager Jura 2000, 186, 188 li. Sp. m. w. N.; a. A. Canaris AcP 184 (1984), 211; ders. JuS 1989, 161, 162 f.; Bleckmann JuS 1994, 177, 179 f. 191 BVerfGE 57, 361, 388; so auch BVerfGE 35, 202, 221; 63, 88, 115. 192 BVerfGE 57, 361, 388. 190
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1. Kapitel: Sanktionen im Schuldrecht und ihre Rechtsfolgen
Zur Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Zivilrecht führt nunmehr der BGH gleichermaßen aus, dass dieser zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts gehöre, der auch in der Zivilrechtsordnung Geltung beanspruche.194 e) Diese nunmehr abgelegte Skepsis der Rechtsprechung gegenüber der Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Zivilrecht lässt sich auch vor dem geschichtlichen Hintergrund rechtfertigen.195 Schon während der Entstehung der Zivilrechtskodifikationen misstraute man dem Gesetzgeber und schirmte das Privatrecht gegen Interventionen des Staates durch die Verneinung der staatlichen Berufung zur Privatgesetzgebung ab.196 Eine Geltung des Verfassungsrechts wurde als überflüssig angesehen, weil das geltende Zivilrecht die Rechtssphären überwiegend sachgerecht, freiheitlich und grundrechtsschonend abgegrenzt habe. Das Privatrecht habe ohne den entferntesten Gedanken an eine Drittwirkung der Grundrechte selbständig jene Rechtsinstitute entwickelt, welche im Wesentlichen zum Schutz der wichtigsten Persönlichkeitsrechte erforderlich seien.197 Aus der historischen Erfahrung eines Wohlverhaltens des Gesetzgebers, wurde sozusagen ein Dispens für die Zukunft abgeleitet.198 In der heutigen Diskussion findet sich dieser Gedanke wieder, wenn behauptet wird, dass das Verhältnis von Zivilrecht zum materiellen Recht des Grundgesetzes von Verfassungs wegen ein solches der Neutralität sei.199 Die Werte, um die es bei den Grundrechten gehe, würden ihre Geltung nicht einer Entdeckung des Grundgesetzes verdanken, denn seit jeher sei das Privatrecht erfolgreich um ihre Verwirklichung bemüht gewesen.200 193 BVerfGE 57, 361, 384 zur Auslegung von § 1579 Abs. 2 BGB a. F.; BVerfGE 59, 231, 267: „Die Gerichte haben den . . . verfassungsrechtlichen Anforderungen Rechnung zu tragen.“; a. A. Diederichsen in: Rangordnung, S. 39, 95 f. 194 BGHZ 118, 312, 343; so auch BGHZ 128, 1, 8; 100, 60, 64; BVerfGE 34, 269, 285 f.: zur übermäßigen Sanktion durch Schadensersatz als verfassungswidrigem Eingriff in Freiheitsrechte. 195 Kritisch zu diesem auch Diederichsen AcP 198 (1998), 171, 254, der sich die Bezeichnung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes „. . . als Weichmacher des Rechtsstaates“ und als „. . . eine Gefahr für den Rechtsstaat“ zu Eigen macht. Zur Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch Medicus AcP 192 (1992), 35, 69, der meint, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip allenfalls ganz weite Grenzen ziehen könne. 196 von Savigny, Vom Beruf unsrer Zeit, S. 26 ff. 197 Bydlinski öZöR Band 12, 423, 435. 198 Dürig in: FS für Nawiasky, S. 157, 174: „Das Grundgesetz denkt also die Grundrechte von vornherein vermindert um die den andern gegenüber bestehenden privaten Rechte und setzt voraus, dass die Menschenrechte im Verhältnis der einzelnen untereinander bereits in der Privatrechtsordnung aktualisiert sind.“; a. A. Staudinger-Hager Vorbem zu § 823 ff. Rn. 68 f.; MünchKomm-Säcker Einl. Rn. 55 ff.; MünchKommMayer-Maly/Armbrüster § 134 Rn. 34; dazu Krause JZ 1984, 656, 657 m. w. N. 199 Diederichsen Jura 1997, 57 li. Sp. mit Nachweisen anhand der geschichtlichen Entwicklung; a. A. Canaris AcP 184 (1984), 211; ders. JuS 1989, 161, 162 f.; Bleckmann JuS 1994, 177, 179 f. 200 Zitat von Werner Flume (1960) aus Diederichsen in: Rangordnung, S. 39.
C. Folgen aus der Qualifizierung als Norm mit Strafcharakter
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f) Daher ist es verständlich, wenn der BGH in seinen frühen Entscheidungen bei unverhältnismäßigen Eingriffen den Gedanken des Strafcharakters bemüht, um eine einschränkende Auslegung zu rechtfertigen, die heute unter offener Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfolgt.201 Durch die Berufung auf den Strafcharakter einer zivilrechtlichen Norm wurde eine Assoziation zum Strafrecht hergestellt. Diese geschaffene Verbindung wurde verwendet, um einerseits ein offenes Bekenntnis zur Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Zivilrecht zu vermeiden, andererseits aber die Ergebnisse einer Anwendung des Grundsatzes im Strafrecht nutzbar zu machen. Immer dann, wenn der BGH einen Eingriff durch eine Norm als zu weitgehend empfand, es aber einer plausiblen Begründung bedurfte, verwandte er den Gedanken des Strafcharakters.202 Auf Grund dessen wird auch heute noch mit dem Strafcharakter argumentiert, um mit geringem methodischem Aufwand scheinbar aus sich selbst heraus verständliche Ergebnisse zu liefern.203 Vor diesem Hintergrund ist der Strafcharakter einer Norm weniger der Grund als bereits das Ergebnis einer Wertung. Zwar kommt diesem Begriff eine verbildlichende Kraft zu. Eine über diese deskriptive Funktion hinausgehende Bedeutung ist dagegen nicht zu erkennen.
201
BGHZ 100, 60, 64; 118, 312, 343. BGHZ 36, 323, 326: „Die Verwirkung des Anspruchs auf Mäklerlohn nach § 654 BGB hat offensichtlich Strafcharakter. . . . Insbesondere der Strafcharakter des § 654 BGB lässt es geboten erscheinen, seinen Anwendungsbereich einzuschränken.“ 203 BGH NJW-RR 2001, 1240, 1241 re. Sp. zu versicherungsrechtlichen Verwirkungsklauseln; BGH NJW 2003, 426, 428 re. Sp. zu § 661a BGB. 202
2. Kapitel
Gesetzesanwendung ohne Berücksichtigung eines Sanktions- oder Strafcharakters Aufgrund der Untauglichkeit einer Rechtsanwendung, die sich auf die Begriffe der Sanktion und des Strafcharakter im Zivilrecht stützt, stellt sich die Frage, ob nicht trotzdem mit dieser Fragestellung eine wichtige Weichenstellung vorgenommen wird. Betrachtet man die oben bereits genannten Vorschriften, z. B. § 654 BGB oder § 817 Satz 2 BGB, ist man nämlich durchaus bereit, das vom BGH erzielte Ergebnis auch bei Ablehnung der angewandten Methode und Begründung zu bestätigen.1 Es stellt sich damit die Frage, ob nicht im Grund zutreffende Ergebnisse erzielt werden, wenn bestimmten Vorschriften im Zivilrecht nur einschränkend angewandt werden. Sucht man nach einer Antwort, fällt auf, dass die Begriffe des Strafcharakters und der Sanktion geeignet sind, eine öffentlich-rechtliche Herkunft der jeweiligen Vorschrift nahe zu legen und damit ohne weiteren Begründungsaufwand zeigen, dass die entsprechende Regelung im Zivilrecht sonderbar und damit eine Ausnahme sei.2 So ruft allein das Thema der vorgelegten Arbeit bei jedem Juristen Erstaunen hervor, verbunden mit der Frage, ob das Zivilrecht Normen im Sinne des Strafrechts enthalte oder nach dem Ergebnis der Untersuchung enthalten solle. Dass mit Sanktionen nur angeordnete rechtliche Nachteile gleich welcher Art gemeint sind, bleibt aufgrund des herrschenden Vorverständnisses auf den ersten Blick verborgen. Mit dieser terminologischen Verknüpfung zivilrechtlicher Vorschriften und dem Strafrecht wird die grundsätzliche Abgrenzung des Zivilrechts auf der einen und des öffentlichem Rechts auf der anderen Seite angesprochen. Da die Unterscheidung von Zivilrecht und öffentlichem Recht generell von erheblichem Interesse ist und eine wichtige Rolle bei der Rechtsanwendung spielt,3 wird allein durch die Charakterisierung bestimmter Vorschriften als Normen mit Strafcharakter ein Unbehagen ausgelöst. Man 1 So werden zum Beispiel in der Literatur die Ergebnisse der Rechtsprechung zu § 654 BGB als Norm mit Strafcharakter überwiegend kritiklos hingenommen. Vgl. MünchKomm-Roth § 654 Rn. 20; Erman-Werner § 654 Rn. 1; Schwerdtner, Maklerrecht, Rn. 716 f.; Jauernig-Vollkommer § 654 Rn. 10. 2 Zur gleichzeitigen Argumentation mit dem Ausnahmecharakter BGHZ 29, 171, 175; BGH JZ 1968, 381, 382 li. Sp. zu § 815 BGB und BGHZ 39, 87, 91 zu § 817 Satz 2 BGB.
2. Kapitel: Gesetzesanwendung ohne einen Sanktions- oder Strafcharakter
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möchte sich spontan der Meinung, dass eine solche Norm einen Fremdkörper und eine Ausnahme im Zivilrecht darstelle,4 ohne weitere Begründung anschließen und ist ebenso bereit eine einschränkende Anwendung zu akzeptieren. Gestützt wird diese Annahme durch die Anmerkungen zu § 241a BGB. Wenn geäußert wird, dass solche Vorschriften ins öffentliche Recht gehörten,5 dass man Sanktionen dem Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht überlassen solle,6 dass § 241a BGB eine systemwidrige Vorschrift und einen Fremdkörper im BGB darstelle7 oder dass es sich beim Verbraucherschutzrecht einschließlich des § 241a BGB gar nicht um Privatrecht, sondern um öffentliches Recht handele,8 dann wird damit das grundsätzliche Problem einer Aufgabenverteilung zwischen Zivilrecht und öffentlichem Recht angesprochen. Ohne die folgenden Ergebnisse vorwegnehmen zu wollen, kann man feststellen, dass § 241a BGB nach dem Willen des Gesetzgebers eine Sanktion des Wettbewerbsverstoßes darstellt.9 Damit wird nicht nur an die individuelle Belästigung des Einzelnen, sondern über den Schutz des Wettbewerbs an sämtliche durch den lauteren Wettbewerb geschützten Interessen wie die der Mitbewerber, der sonstigen Marktteilnehmer und der Allgemeinheit angeknüpft.10 Insofern geht es nicht nur um einen Individualschutz, sondern um einen Schutz aller im Wettbewerbsgeschehen aufeinander stoßenden Interessen an einem lauteren Verhalten.11 Dieser aus Sicht des Verbrauchers nur teilweise individuell wirkende Schutz beruht auf einer erheblichen Einbindung von überindividuellen Interessen in eine zivilrechtliche Norm. Voraussetzung für die Richtigkeit der Auffassung, die den Regelungszweck des § 241a BGB aufgrund dessen nur als im öffentlichen Recht verwirklichbar ansieht,12 ist, dass das Wesen des Zivilrechts der Verwirklichung von solchen 3 Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 2; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 2, der Zivilrecht und Öffentliches Recht als unterschiedliche Grundprinzipien bezeichnet. 4 So BGHZ 29, 171, 175; BGH JZ 1968, 381, 382 li. Sp. zu § 815 BGB und BGHZ 39, 87, 91, 63, 365, 369 zu § 817 Satz 2 BGB. 5 Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp. 6 Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp. 7 Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 7; Härting, Fernabsatzgesetz, Einl. Rn. 90. 8 Honsell JZ 2001, 18, 19 re. Sp.; ähnlich Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 10 a. E.: „Das öffentliche Recht ist das Recht der gebundenen, das Privatrecht dasjenige der freien Entscheidung.“ 9 BT-Drs. 14/2658, S. 46 re. Sp. 10 Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 23; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. Rn. 50. 11 von Gamm, Wettbewerbsrecht, 4. Kapitel Rn. 13. 12 Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp.; Honsell JZ 2001, 18, 19 re. Sp. für Verbraucherschutz insgesamt.
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2. Kapitel: Gesetzesanwendung ohne einen Sanktions- oder Strafcharakter
überindividuellen Zwecken entgegensteht, weil es nur einen individuellen Interessenausgleich zwischen Rechtssubjekten anstrebt. Wenn anknüpfend an diese Systemwidrigkeit einer Norm eine abweichende Anwendung gefordert wird,13 dann stellt sich die weitere im Folgenden zu beantwortende Frage, ob die beteiligten überindividuellen Interessen oder Allgemeininteressen bei einer Normanwendung eine andere Bewertung als Individualinteressen erfahren müssen. Steht der Verwirklichung von Allgemeininteressen im Zivilrecht aber nichts entgegen und ist eine a priori zu beurteilende abweichende Bewertung nicht erkennbar, dann müssen alle Vorschriften gleichermaßen nach Sinn und Zweck ausgelegt werden.14 Die Feststellungen, dass § 241a BGB wegen seines zivilrechtspolitisch nicht unbedenklichen Sanktionscharakters eng ausgelegt werden solle und dass sich das vom Gesetzgeber beabsichtigte Sanktionsmoment dem § 241a BGB nicht als objektiv zu bestimmender Gesetzeszweck beilegen lasse, wären dann nicht mehr haltbar.15
A. Grundsätzliche Verteilung der Interessen im Zivilrecht Entsprechend der einleitenden Fragestellung soll zuerst die Aufgabenverteilung zwischen Zivilrecht und öffentlichem Recht beleuchtet werden.
I. Historische Interessenverwirklichung im Zivilrecht Schon von Savigny, der durch die Erforschung und Systematisierung des römischen Rechts auf die inhaltliche Ausgestaltung des BGB mittelbaren Einfluss ausübte,16 prägte zur Frage der Aufgabe des Privatrechts die Ansicht, dass Rechtsregeln auf dem reinen (zivilrechtlichen) Rechtsgebiet nur solche seien, die sich auf die Anerkennung der überall gleichen sittlichen Würde und Freiheit des Menschen beschränkten.17 Mit der Annahme jenes einen Zieles genüge es völlig, und es sei keineswegs nötig, demselben ein ganz verschiedenes zweites, unter dem Namen des öffentlichen Wohles, an die Seite zu setzen.18 Die Regeln, 13 Berger JuS 2001, 649, 654 re. Sp.: „Im übrigen sollte § 241a BGB wegen seines zivilrechtspolitisch nicht unbedenklichen Sanktionscharakters eng ausgelegt werden.“ Brehm/Berger, Sachenrecht, 7.59 (S. 119). 14 BGHZ 17, 266, 276. 15 So aber Casper ZIP 2000, 1602, 1607 li. Sp.; a. A. Schäfer AcP 202 (2002), 397, 428, 434. 16 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 3 Rn. 62. 17 von Savigny, System des römischen Rechts, Band I, S. 55. 18 von Savigny, System des römischen Rechts, Band I, S. 54.
A. Grundsätzliche Verteilung der Interessen im Zivilrecht
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die andern Zwecken wie politischen, polizeilichen, volkswirtschaftlichen Zielsetzungen dienten, lägen außerhalb des reinen (zivilrechtlichen) Rechtsgebiets. Das Wesen des Privatrechtsverhältnisses bestimmte von Savigny als ein Gebiet unabhängiger Herrschaft des individuellen Willens. Die Aufgabe des Privatrechts solle keine andere sein, als solche Herrschaft zu sichern, nicht dagegen die Verwirklichung irgendeines überindividuellen Entwurfs von gerechter sozialer Ordnung.19 Dies stelle vielmehr eine Aufgabe des öffentlichen Rechts dar, in dem das Ganze als Zweck erscheine.20 Aufgrund des Einflusses von Savignys auf das BGB verwundert es nicht,21 dass sich vergleichbare Ausführungen auch in den Materialien des BGB wieder finden. Schon der Gesetzgeber des BGB ging von einer Abgrenzung der Interessenssphären im Zivilrecht aus, wenn er ausführt, dass der Rechtskreis des Einzelnen zunächst seine eigentlichen Vermögensrechte, dingliche wie obligatorische, sodann aber auch seine sog. Persönlichkeitsrechte (Leben, körperliche Unversehrtheit, Gesundheit, Freiheit, Ehre) umfasse, welche durch das an Jedermann gerichtete Verbot eines Eingriffes ebenso geschützt seien, wie die Rechte an Sachen. Dabei seien jedoch nur solche Gebote und Verbote in Betracht zu ziehen, welche darauf abzielten, die Interessen des Einen vor der Beeinträchtigung durch den Anderen zu bewahren, nicht dagegen die im Interesse der Gesamtheit auferlegten gesetzlichen Pflichten, welche, weil sie den Interessen aller förderlich seien, auch jedem irgendwie Beteiligten zu Gute kämen.22
II. Heutige Sicht der Interessenverteilung 1. In Anknüpfung an diese klassische Interessenverteilung führt Wolf in seiner aktuellen Ausgabe zum Allgemeinen Teil des BGB aus, dass ein Unterscheidungsmerkmal zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht in den zur Wahrnehmung übertragenen Interessen liege.23 Im Privatrecht gehe es im Wesentlichen um die Durchsetzung und den Ausgleich dieser miteinander konkurrierenden und sich zum Teil widerstreitenden Individualinteressen. Dabei könnten auch im Privatrecht Allgemeininteressen mit beteiligt sein. Diese Allgemein19 Vom Vermögensrecht sagt von Savigny ausdrücklich, es sei ihm „. . . kein sittlicher Bestandtheil zuzuschreiben“, von Savigny, System des römischen Rechts, Band I, S. 371. 20 von Savigny, System des römischen Rechts, Band I, S. 23; U. Huber, studium generale 23 (1970), S. 769, 770 ff. m. w. N. 21 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 3 Rn. 62. 22 Mugdan, Materialien, Band II, S. 1073 zum Entwurf des Schadensersatzrechts. 23 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 7 f.; Kloepfer UTR Bd.11, 35, 44: „Privatrechtsnormen regeln die Beziehungen Privater untereinander. Sie dienen unmittelbar ausschließlich (und mittelbar vorrangig) der Durchsetzung privater Interessen und der Abgrenzung individueller Freiheitssphären. Zivilrecht ist also wesensmäßig privatnützig.“
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2. Kapitel: Gesetzesanwendung ohne einen Sanktions- oder Strafcharakter
interessen seien im Privatrecht aber nicht einzelnen Personen zur verantwortlichen Wahrnehmung übertragen, sondern kämen als (Neben-) Folgen zusammen mit den als Primärzweck wahrgenommenen Individualinteressen zur Geltung.24 Insbesondere mit dem Schuldrecht würden in erster Linie diejenigen Regeln bereitgestellt, mit deren Hilfe die Personen in eigener Verantwortung ihre wirtschaftlichen Bedürfnisse decken.25 Damit wird entscheidend auf die einer Normgebung zu Grunde liegende Interessenlage abgestellt, die bei einer zivilrechtlichen Norm grundsätzlich nicht den Schutz der Rechtsordnung an sich, sondern die auszugleichenden Individualinteressen vor Augen habe.26 Der BGH bringt in seiner Entscheidung über die Zulässigkeit der Vollstreckung von US-amerikanischen Urteilen auf punitive damages in Deutschland den gleichen Gedanken zum Ausdruck, wenn er feststellt, dass Sanktionen, die der Bestrafung und Abschreckung – also dem Schutz der Rechtsordnung im Allgemeinen – dienen, im Zivilrecht unzulässig seien.27 Vergleichbare Andeutungen finden sich in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wenn ausgeführt wird, dass die Bewältigung bestimmter dem Gemeinwohl dienender Aufgaben zu den typischen Angelegenheiten des öffentlichen Rechts gehöre, die mit den Mitteln und in der Form des Privatrechts kaum erfüllbar seien.28 Einen großen Anteil hat diese traditionelle Auffassung auch daran, dass Normen, die dem Allgemeininteresse dienen, per se dem öffentlichen Recht zugewiesen werden. Augenscheinlich schwingt dabei die zur Abgrenzung von öffentlichem Recht und Zivilrecht verwandte und schon im römischen Recht bekannte Interessentheorie mit.29 Nach dieser ist für die Zugehörigkeit eines Rechtsverhältnisses oder einer Norm zum öffentlichen Recht oder zum Zivilrecht entscheidend, ob öffentliche oder private Interessen betroffen sind.30 Zwar wird diese Auffassung nach herrschendem Verständnis abgelehnt,31 es finden sich 24 So auch Canaris, Grundrechte, S. 22: „Belange des Gemeinwohls oder des öffentlichen Interesses spielen für die Regelung des Verhältnisses zwischen den Privatrechtssubjekten regelmäßig keine Rolle“; Diederichsen UTR Bd. 5, 189, 194: „Das Zivilrecht ist in seiner inneren Struktur nach auf die Regelung individueller Verhältnisse . . . hin angelegt.“; Meyer-Abich ZRP 1999, 428, 430 f. 25 Fikentscher, Schuldrecht, § 1 IV 1, Rn. 4. 26 E. Schmidt NJW 2002, 25, 28 li. Sp.: „Schutz der Verbraucherinteressen und damit einem öffentlichen Anliegen, das keine private Individualisierung verträgt.“ Diederichsen UTR Bd.5, 189, 194: „Zivilrecht ist in seiner inneren Struktur nach auf die Regelung individueller Verhältnisse . . . hin angelegt.“ Meyer-Abich ZRP 1999, 428, 430 f. 27 BGHZ 118, 312, 344. 28 BVerfGE 58, 300, 344. 29 Kritisch zum Erkenntniswert Brückner in: Festgabe zum Schweizerischen Juristentag, S. 35, da die Zweiteilung des Rechts in öffentliches und privates den römischen Juristen unwichtig war und die Begriffe ius publicum und ius privatum keine Bedeutung für die Lösung juristischer Probleme hatten.
A. Grundsätzliche Verteilung der Interessen im Zivilrecht
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aber stets Exponenten dieser Ansicht.32 So verweist Honsell im Zusammenhang mit den Verbraucherschutzgesetzen auf diesen Gedanken, wenn er sagt, dass nach der Verfügungstheorie, wonach Privatrecht nur Recht sei, über das die Parteien verfügen könnten (ius dispositivum), es sich bei den Verbraucherschutzgesetzen gar nicht um Privatrecht, sondern um öffentliches Recht (ius cogens) handele. Dies spreche gegen eine Verankerung im BGB.33 Nach Medicus stelle das öffentliche Recht das Recht der gebundenen, das Privatrecht dagegen dasjenige der freien Entscheidung dar.34 2. Diese klassische Systemvorstellung, nach welcher die Aufgabe des Privatrechts der Schutz und die Abgrenzung privater Interessenssphären ist und die das öffentliche Interesse im Wesentlichen aus dem Privatrecht eliminiert, wird jedoch zunehmend durch die Beobachtung ergänzt, dass ein Privatrecht, das in seiner inhaltlichen Ausgestaltung öffentliche Interessen schlichtweg negiert, kaum vorstellbar sei.35 So habe beispielsweise das Privatrecht zu allen Zeiten den Schutz der Unmündigen als eine Angelegenheit betrachtet, welche die Allgemeinheit angehe.36 Dabei handele es sich nicht nur um den Schutz individueller Interessen sozial schwacher Personen, sondern auch um die Aufrechterhaltung bestimmter kultureller und sittlicher Wertvorstellungen.37 So führt Heck aus, dass ein Privatrecht, das nur die Interessen der Einzelnen schütze, zu keiner Zeit existiert habe. Die Interessen der Einzelnen würden nur geschützt, weil sie zugleich Gemeinschaftsinteressen seien.38 Die Rechtsnormen würden die Interessen der menschlichen Gemeinschaft schützen und dadurch ihre Lebensbedingungen sichern.39 Das Privatrecht habe von Anfang an, d.h. seit Erlass des BGB, die Tendenz gezeigt, dass Gesichtspunkte des öffentlichen Interesses bei
30 Medicus, Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 7; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 24; Bork, Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 17. 31 Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 4; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 15; Ehlers in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 15; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 24. 32 Zur Interessentheorie BVerfGE 58, 300, 344; BGHZ 118, 312, 344; BVerwGE 47, 229, 230; herrschend in der Rechtsprechung ist die modifizierte Subjektstheorie GmS-OGB BGHZ 97, 312, 314; BGHZ 108, 284, 286. 33 Honsell JZ 2001, 18, 19; Burckhardt, Organisation der Rechtsgemeinschaft, S. 8; a. A. Stratenwerth in: Festgabe zum Schweizerischen Juristentag, S. 415, 417 ff. m. w. N.; kritisch dagegen Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 24 gesteht der Interessentheorie einen „. . . berechtigten Kern“ zu. 34 Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 10. 35 Bydlinski in: FS für Wilburg, S. 53, 59. 36 U. Huber studium generale 23 (1970), 769, 773. 37 U. Huber studium generale 23 (1970), 769, 773; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 8; Bydlinski in: FS für Wilburg, S. 53, 59 m. w. N. 38 Heck AcP 146 (nF 26/27), 1, 4 f. 39 Heck, Schuldrecht, Anh. § 1, 2.b) (S. 472).
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2. Kapitel: Gesetzesanwendung ohne einen Sanktions- oder Strafcharakter
der Ausgestaltung und Beurteilung privatrechtlicher Rechtsverhältnisse mit berücksichtigt worden seien.40
III. Zusammenfassung In Abkehr von dem historischen Verständnis werden nach der heutigen Auffassung im Zivilrecht sowohl individuelle als auch überindividuelle Interessen zur Geltung gebracht. Trotz dieser Erkenntnis ist es bei empirischer Betrachtung dennoch so, dass die Mehrzahl der Normen den am jeweiligen Rechtsverhältnis Beteiligten die Wahrnehmung ihrer Individualinteressen übertragen und es im Wesentlichen um die Durchsetzung und den Ausgleich dieser miteinander konkurrierenden und sich zum Teil widerstreitenden Individualinteressen geht.41 So ist das Interesse der Allgemeinheit bei einem Großteil der schuldrechtlichen Vorschriften zu vernachlässigen und besteht im Wesentlichen nur aus der durch die gesetzlichen Regelungen erzielten Rechtssicherheit. Demzufolge stellt es keinen Widerspruch zu obiger Erkenntnis dar, wenn Canaris ausführt, dass Belange des Gemeinwohls oder des öffentlichen Interesses für die Regelung des Verhältnisses zwischen den Privatrechtssubjekten regelmäßig keine Rolle spiele.42
B. Zulässigkeit der Verankerung von Allgemeininteressen im Zivilrecht Ob dieser rein empirische Befund einer Einbindung von Allgemeininteressen im Zivilrecht entgegensteht und damit den Kritikern des neugeschaffenen § 241a BGB Recht gibt, ist zweifelhaft.43 Vielmehr sollte für den Beweis der Behauptung, dass solche Vorschriften ins öffentliche Recht gehörten,44 notwendig sein, dass neben der rein tatsächlichen Zustandsbeschreibung des Zivilrechts eine an rechtlichen Kategorien orientierte Begründung geliefert wird. Die automatische Verknüpfung der im geltenden Recht vorherrschenden individuellen 40 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 2 Rn. 44 ff.: sozialstaatliche Einflüsse auf das Privatrecht; Bydlinski in: FS für Wilburg, S. 53, 60: „Privatrechtliche Normen beruhen also keineswegs ausschließlich auf der Abwägung der Interessen der unmittelbar beteiligten privatrechtlichen Subjekte allein.“ 41 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 7; Diederichsen UTR Bd. 5, 189, 194: „Zivilrecht ist in seiner inneren Struktur nach auf die Regelung individueller Verhältnisse . . . hin angelegt.“; Meyer-Abich ZRP 1999, 428, 430 f. 42 Canaris, Grundrechte, S. 22. 43 Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp.: § 241a BGB ist eine systemwidrige Vorschrift und ein Fremdkörper im BGB; so auch Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 7; a. A. Schäfer AcP 202 (2002), 397, 428, 434; Sosnitza BB 2000, 2317, 2321 li. Sp. 44 Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp.; a. A. Schäfer AcP 202 (2002), 397, 428, 434; Sosnitza BB 2000, 2317, 2321 li. Sp.
B. Zulässigkeit der Verankerung von Allgemeininteressen im Zivilrecht
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Ausrichtung des Zivilrechts mit einer Exklusivität dieser Regelungsmaterie, genügt diesen Anforderungen nicht. Die Fragestellung kann deshalb nur sein, ob es Regelungsziele gibt, deren Verwirklichung im Zivilrecht unzulässig ist. I. Die Bedeutung dieser Frage wird durch die Tatsache verstärkt, dass in vielen Fällen aufgrund der Wirkung von zivil- und öffentlichrechtlichen Regelungen rein tatsächlich das gleiche Ziel sowohl mit Mitteln des öffentlichen als auch des privaten Rechts erreicht werden kann.45 Dies erschwert zusätzlich die Trennung der traditionellen Aufgabenbereiche von Zivilrecht und öffentlichem Recht und stellt sie in Frage.46 In beiden Regelungsmaterien kann an ein unerwünschtes Verhalten eine nachteilige Rechtsfolge geknüpft werden, die geeignet ist, diese zu unterbinden. So macht es beispielsweise keinen Unterschied, ob eine Meinungsäußerung oder eine Buchpublikation mit den Mitteln des Privatrechts47 oder mit denen des öffentlichen Rechts untersagt wird.48 Weiterhin scheint sich der Gesetzgeber zunehmend auf das Zivilrecht als Ort der Verwirklichung von überindividuellen Interessen zu besinnen. Der rechtspolitische Trend geht dahin, die Durchsetzung objektiver Normen verstärkt dem Zivilrecht aufzugeben.49 Wenn die Bundesregierung mit einem Antidiskriminierungsgesetz gegen eine Schlechterstellung von Minderheiten im Wirtschaftsleben vorgehen und damit ein eindeutiges Signal dafür setzen möchte, dass in allen Rechtsbereichen insbesondere rassistisch oder fremdenfeindlich motiviertes Handeln geächtet wird,50 erstaunt es, wenn Art. 3 GG überwiegend durch die Anordnung von zivilrechtlichen Rechtsfolgen Geltung verschafft werden soll.51 Vergleichbares geschah bereits mit der Verankerung von § 611a Abs. 3 BGB im Zivilrecht.52 Obwohl der EuGH explizit feststellte, dass die Gleichbehandlungsrichtlinie den Mitgliedstaaten das konkrete Mittel der Umsetzung 45 Canaris JuS 1989, 161, 162 re. Sp.; Stürner AfP 1998, 1, 8 li. Sp.: „Es gibt eben keine scharfe Grenze zwischen strafrechtlichen und zivilrechtlichen Regelungszwecken.“ 46 Stürner AfP 1998, 1, 8: „Es ist im übrigen bei aller grundsätzlichen Zustimmung zur Abgrenzung zivilrechtlicher und strafrechtlicher Funktionen kaum haltbar, Bereiche notwendiger Überschneidung zu leugnen, in denen das Zivilrecht ähnliche Funktionen wie das Strafrecht haben kann.“ 47 BVerfGE 7, 198 ff. Untersagung einer Meinungsäußerung aufgrund § 826 BGB. 48 Canaris JuS 1989, 161, 162 re. Sp. 49 K. Schmidt in: Oepen, Diskussionsbericht, ZZP 113 (2000), 443, 445; Schäfer AcP 202 (2002), 397, 434; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 14 a. E. 50 FAZ vom 08. März 2002, Nr. 57, S. 13. 51 Vgl. Anhang V teilweise basierend auf Richtlinie 2000/43/EG (ABlEG Nr. L 180/ 22) zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft und eine erste Umsetzung dieses Entwurfes im BGB durch § 105a BGB. Zu § 105a BGB vgl. Casper NJW 2002, 3425 ff. Kritisch zu diesem Vorhaben der Umsetzung Picker JZ 2003, 540 ff. 52 Rosengarten NJW 1996, 1935, 1937 li. Sp.: „Parallele zum amerikanischen Recht (ist) nicht zu verkennen. Einige US-amerikanische Gerichte billigen in solchen Fällen
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2. Kapitel: Gesetzesanwendung ohne einen Sanktions- oder Strafcharakter
nicht vorschreibe,53 solange ein tatsächlicher und wirksamer Rechtsschutz gewährleistet sei54 und auch der Bundesrat eine Umsetzung der Gleichbehandlungsrichtlinie durch einen Ordnungswidrigkeitstatbestand vorschlug,55 wurde eine Regelung im Zivilrecht bevorzugt. Überindividuelle Interessen wurden im Bürgerlichen Recht ebenso durch die Entkopplung des Verzugszinses vom gesetzlichen Zinssatz auf fünf Prozent über dem Basiszinssatz gem. § 288 BGB aufgenommen, da die Vorschrift zu einer Überkompensation führen kann und demzufolge mit dem Ausgleichsprinzip nicht zu begründen ist.56 In diese Entwicklung ist auch § 241a BGB einzuordnen, denn den Kritikern der Vorschrift ist zuzugeben, dass die Zusendung unbestellter Waren rein tatsächlich durch das Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht und damit durch das öffentliche Recht hätte geregelt werden können. II. Trotz der oft vergleichbaren faktischen Wirkungen von zivil- und öffentlichrechtlichen Regelungen gelten bei deren Durchsetzung aber unterschiedliche Maximen. So wird eine privatrechtliche Norm im Zivilprozess durchgesetzt, in welchem der Verhandlungsgrundsatz und die Dispositionsmaxime gelten.57 Danach können die Parteien über den Gang und den Inhalt des Verfahrens bestimmen. Demgegenüber gilt im Strafrecht der strafprozessuale Untersuchungsgrundsatz gem. § 244 Abs. 2 StPO, wonach die Ermittlung des wahren Sachverhalts das zentrale Anliegen des Prozesses ist.58 Neben weiteren Verschiedenheiten59 decken bereits diese unterschiedlichen Grundsätze der beliebigen wechselseitigen Interessenverfolgung Grenzen auf. III. Das Spannungsverhältnis von faktisch möglicher Interessenverwirklichung eines Regelungszieles in verschiedenen Rechtsordnungen und den mit einer Entscheidung über den Standort einer Norm verbundenen Rechtsfolgen für deren Anwendung und Durchsetzung veranlasst die Frage, bis zum welchem Grad der Gesetzgeber die Entscheidungsfreiheit über die Stellung einer Norm hat. der Diskriminierung punitive damages zu.“ Zum Charakter des § 611a Abs. 3 Satz 1 BGB vgl. Schäfer AcP 202 (2002), 397, 410 ff.; Bentert, Das pönale Element, S. 105 f. 53 Richtlinie 76/207/EWG (ABlEG Nr. L 39/40) des Rates vom 9.2.1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung. Zur Ausdehnung dieses Grundsatzes Richtlinie 2000/78/EG (ABlEG Nr. L 303/16) zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Kritisch dazu Adomeit NJW 2003, 1162. 54 EuGH NJW 1984, 2021, 2022 – von Colson & Kamann ./. Land Nordrhein-Westfalen. 55 BT-Drs. 12/5468, S. 64 f. 56 Schäfer AcP 202 (2002), 397, 413. 57 Vgl. Musielak, ZPO, Einl. Rn. 37 ff.; Thomas/Putzo, ZPO, Einl. I Rn. 1 ff. 58 Kleinknecht/Meyer-Goßner § 244 Rn. 11. 59 Vgl. Bentert, Das pönale Element, S. 7 f.: „in dubio pro reo“ und Analogieverbot; Hirsch in: FS für Engisch, S. 304, 324 ff.
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1. Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist für die Normierung im Grundsatz nur entscheidend, ob die dem Schutz dienenden Maßnahmen, seien sie bürgerlich-rechtlicher, öffentlich-rechtlicher, oder strafrechtlicher Natur, einen der Bedeutung des zu sichernden Rechtsgutes entsprechenden tatsächlichen Schutz gewährleisten können.60 Nach der Rechtsprechung ist dem Gesetzgeber damit ein gewisser Freiraum bei der Auswahl der Regelungsmaterie gegeben. Demnach könne der Gesetzgeber grundsätzlich im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit bestimmen, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz verwirklichen wolle.61 Diese Wahlfreiheit sei aber insoweit eingeschränkt, als aus der Einsicht in die Unzulänglichkeit aller anderen Mittel eine relative Verpflichtung zur Benutzung der Strafdrohung entstünde.62 Andererseits könne auf die ultima ratio des Strafrechts nur zurückgegriffen werden, solange und soweit andere rechtliche Sanktionen nicht wirkungsvoll genug erschienen, d.h. wenn das Verhalten derart sozialschädlich sei, dass es die Grenze zur Strafwürdigkeit überschreite.63 Der Grundsatz der ultima ratio beruhe auf dem mit der Bestrafung verbundenen formalen Unwerturteil und auf den mit einer strafrechtlichen Regelung verbundenen Eingriffsmöglichkeiten des Staates, welche die Strafprozessordnung bereithalten würde. Deshalb dürfe nach dem rechtsstaatlichen Prinzip der Verhältnismäßigkeit, welches das gesamte öffentliche Recht beherrsche, von der Strafe nur behutsam und zurückhaltend Gebrauch gemacht werden.64 Insbesondere der letztgenannte Ansatz ist angesichts der Forderung der Verankerung des § 241a BGB im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht zu betonen.65 Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts kann dies nur erfolgen, wenn § 241a BGB nicht wirkungsvoll genug ist, die Verkaufsmethode der unbestellten Leistungserbringung zu unterbinden. 2. Einer Verfolgung von Allgemeininteressen im Zivilrecht steht nicht entgegen, dass sich der Staat durch die Einfügung einer Vorschrift im Privatrecht von verfassungsrechtlichen Bindungen freizeichnen kann. Der Zivilgesetzgeber ist beim Erlass von Gesetzen an die Verfassung und dabei insbesondere an die Grundrechte gebunden.66
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BVerfGE 39, 1, 46. BVerfGE 21, 1, 6; so auch BVerfGE 35, 79, 135; 37, 121, 127; 51, 60, 74. 62 BVerfGE 39, 1, 47. 63 Matzky NStZ 2002, 458, 463 li. Sp. m. w. N. 64 BVerfGE 39, 1, 47; Matzky NStZ 2002, 458, 463 li. Sp. zum Grundsatz der ultima ratio des Strafrechts und der Zusendung unbestellter Waren. 65 Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp.; a. A. Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 16 Rn. 40; Matzky NStZ 2002, 458, 463 li. Sp. 61
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Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.67 Danach sei die Rechtslage beim Einsatz zivilrechtlicher Mittel grundsätzlich nicht anders als bei dem Erlass einer Strafnorm, denn in beiden Fällen seien Maßnahmen unvermeidlich, durch welche die Freiheitsbereiche anderer Grundrechtsträger tangiert würden.68 Die durch die Rechtsprechung anerkannte Geltung der Grundrechte für den Zivilgesetzgeber bedingt aber die Folgefrage, wie diese zum Ausgleich gebracht werden. Dies könnte dann als problematisch angesehen werden, wenn man davon ausgeht, dass bei der typischen Anwendung der Grundrechte nur das Individualinteresse auf der einen und das Allgemeininteresse des Staates auf der anderen Seite maßgeblich sind. Die Tatsache, dass die Grundrechtsgeltung im Zivilrecht die Abwägung zwischen den Grundrechten verschiedener Rechtssubjekte erfordert, ist aber keine Besonderheit,69 da es derartige Interessenkollisionen in gleichem Maße im öffentlichen Recht, etwa im Strafrecht, im Umweltschutzrecht, im Baurecht und zum Teil im Sicherheitsrecht gibt.70 Gerade bei letztgenannten Regelungsbereichen sind die Grundrechtspositionen von verschiedenen Rechtssubjekten und nicht nur das Individualinteresse auf der einen und das Allgemeininteresse des Staates auf der anderen Seite abzugleichen. Weiterhin gibt es bei diesem umfassenden Interessenausgleich für den Gesetzgeber viele Möglichkeiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es Sache seines Ermessens, in welcher Form und mit welcher Intensität er Schutz gewähren wolle, wobei jedoch die Wertentscheidungen der Verfassung zu beachten seien.71 3. Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Verwirklichung von Allgemeininteressen im Zivilrecht könnten sich – wie schon oben angedeutet – aus den unterschiedlichen Prozessmaximen im Zivil- und im Strafprozess ergeben. Zum weiteren Umfeld dieser Fragestellung gehören auch die Geltung der Unschuldsvermutung und des Analogieverbotes.72 Es geht somit um die Frage, ob die spezifischen rechtsstaatlichen Sicherungen des Strafverfahrens durch eine zivilrechtliche Untersagung umgangen werden.73 66 Staudinger-Hager (1995) Vorbem zu §§ 823 ff. Rn. 68; MünchKomm-Säcker Einl. Rn. 56 f.; Canaris AcP 184 (1984), 212; a. A. Diederichsen in: Rangordnung, S. 39, 46 ff.; ders. AcP 198, 171, 203 ff. 67 St. Rspr. BVerfGE 84, 9, 16; 89, 237, 241 f.; 97, 157, 164. 68 BVerfGE 39, 1, 47. 69 Staudinger-Hager (1995), Vorbem zu §§ 823 ff. Rn. 68 a. E.; Canaris AcP 184 (1984), 201, 212. 70 Canaris JuS 1989, 161, 162 li. Sp.; a. A. noch BVerfGE 30, 173, 199. 71 BVerfGE 18, 121, 132 zu Abwägung von Mieterschutz und Privateigentum. 72 Vgl. Bentert, Das pönale Element, S. 7 f.; Hirsch in: FS für Engisch, S. 304, 324 ff.; Schäfer AcP 202 (2002), 397, 432 f. zur Geltung der Unschuldsvermutung im Zivilrecht. 73 Hirsch in: FS für Engisch, S. 304 ff. zur Funktion des Schmerzensgeldes; Bentert, Das pönale Element, S. 8; Schäfer AcP 202 (2002), 397, 433 f.
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Zu dieser Frage hat der BGH in seiner Entscheidung zur Vollstreckbarerklärung von US-amerikanischen Urteilen auf punitive damages Stellung genommen.74 Danach sei regelmäßig allein der Ausgleich der durch den rechtswidrigen Eingriff gestörten Vermögensverhältnisse der unmittelbar Beteiligten das angemessene Ziel des über den Eingriff geführten Zivilprozesses. Darauf seien dessen Verfahrens- und Beweisregeln zugeschnitten, die den Parteien einen vielfältig bestimmenden Einfluss auf das Ergebnis bis hin zur Festlegung des maßgeblichen Sachverhalts durch die Parteien und zur Möglichkeit von Säumnisentscheidungen einräumten. Hingegen fielen Sanktionen, die der Bestrafung und Abschreckung – also dem Schutz der Rechtsordnung im Allgemeinen – dienten, nach deutscher Auffassung grundsätzlich unter das Strafmonopol des Staates. Der Staat übe es im öffentlichen Interesse in einer besonderen Verfahrensart aus, in dem einerseits die Amtsermittlung eine höhere Gewähr für die Richtigkeit der Sachentscheidung böte und andererseits die Rechte des Beschuldigten stärker geschützt seien. Diese Feststellung könnte Bedenken im Hinblick auf Normen im Zivilrecht aufwerfen, die nicht ausschließlich dem Ausgleich von Individualinteressen dienen. Die obigen Erwägungen des BGH wurden jedoch nur für den Fall aufgestellt, dass in einem Zivilurteil eine erhebliche Geldzahlung auferlegt werde, die nicht dem Schadensausgleich diene.75 Damit steht auch diese Überlegung unter dem Gedanken der Verhältnismäßigkeit. Die erhebliche Geldzahlung hat man im Zusammenhang mit der obigen Entscheidung zu verstehen, in der ein US-amerikanisches Urteil $ 400.000,– Strafschadensersatz neben $ 150.260,– Heilbehandlungskosten und $ 200.000,– Schmerzensgeld für vollstreckbar erklärt werden sollte. Ein vergleichbarer Gedanke findet sich in Art. 40 Abs. 3 EGBGB wieder. Diese Vorschrift bringt ebenso zum Ausdruck, dass nicht jede Abweichung vom Ausgleichsgedanken des Zivilrechts mit den Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuches unvereinbar ist. Danach können Ansprüche, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, in deutschen Gerichten nur dann nicht geltend gemacht werden, soweit sie gem. § 40 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB wesentlich weiter gehen als zur angemessenen Entschädigung des Verletzten erforderlich ist oder gem. § 40 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB offensichtlich anderen Zwecken als einer angemessenen Entschädigung des Verletzten dienen. 4. An diese Erheblichkeitsgrenze anzuknüpfen und nicht jede Überkompensation als Umgehung der im Strafprozess geltenden Verfahrensgrundsätze anzusehen, ist zutreffend. Das Strafverfahren gewährt seinen besonderen Schutz aufgrund des mit ihm verbundenen formalen Unwerturteils. Das Wesen der Strafe liegt in einem mit staatlicher Autorität versehenem sozial-ethischen Unwertur74 75
BGHZ 118, 312, 343 f. BGHZ 118, 312, 344.
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teil über die von ihr pönalisierte Handlungsweise.76 Sie ist damit bewusste und gewollte Missbilligung der Tat und des Täters. Das unterscheidet die (Kriminal-) Strafe von anderen Reaktionen der Rechtsordnung auf unerwünschtes Verhalten77. Zwar können den Einzelnen zivilrechtlicher Schadensersatz und Vertragsstrafen härter treffen als eine Kriminalstrafe. Dennoch fehlt diesen der Ernst der staatlichen Strafe, d.h. das Element der sozialethischen Missbilligung des Verhaltens.78 Dies zeigt insbesondere der Strafmakel, der in der Eintragung in das Bundeszentralregister gem. § 3 Nr. 1 BZRG zum Ausdruck kommt, verbunden mit der Publizität des Führungszeugnisses gem. §§ 30 ff. BZRG. Die Kriminalstrafe unterscheidet sich von einer zivilrechtlichen Norm somit in der schuldausgleichenden Funktion, im abweichenden Inhalt (Möglichkeit der Freiheitsstrafe) sowie in einer stigmatisierenden Wirkung (Strafverfahren, Registereintragung).79 Entsprechendes gilt gleichermaßen für Ordnungswidrigkeiten, die ebenfalls einen solchen Vorwurf enthalten und sich vom Kriminalunrecht nicht nach qualitativen, sondern nur nach quantitativen Merkmalen unterscheiden.80 Demgegenüber ist mit der zivilrechtlichen Wirkung einer Norm niemals ein solches Unwerturteil verbunden. Was verhängt wird, ist keine diskriminierende Strafe, kein Unwerturteil, sondern ein wirtschaftlicher Nachteil.81 Darüber hinaus hält die Strafprozessordnung und das gem. § 46 Abs. 1 auf diese verweisende Ordnungswidrigkeitengesetz zahlreiche Zwangsmaßnahmen bereit, die an die Verfahrensbeteiligung anknüpfen, wie zum Beispiel freiheitsbeschränkende Maßnahmen oder körperliche Untersuchungen. Insofern sind nicht nur die schützenden strafprozessualen Verfahrensgarantien, sondern auch die gegenüber dem Zivilprozess in höherem Maße hinzunehmenden persönlichen Eingriffe bei der Ermittlung des Sachverhalts zu berücksichtigen.82 Dass der Verwirklichung von Allgemeininteressen im Zivilrecht die Prozessrechtsmaximen nicht entgegenstehen, hat der BGH inzident durch die Caroline-Entscheidung bestätigt.83
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BVerfGE 27, 18, 29. Otto, Grundkurs Strafrecht AT, § 1 Rn. 8; Schultze-Fielitz in: Dreier, GG, Art. 103 II Rn. 19, Jarass/Pieroth, GG, Art. 103 Rn. 41. 78 BVerfGE 27, 18, 33; Otto, Grundkurs Strafrecht AT, § 1 Rn. 9. 79 Schäfer AcP 202 (2002), 397, 434. 80 BVerfGE 9, 167, 171: für Ordnungswidrigkeiten, die ihrer Schwere nach auch Wirtschaftsstraftaten sein können; BVerfGE 51, 60, 74; KKOWi-Bohnert Einl. Rn. 88; Göhler, OWiG, vor § 1 Rn. 4 ff. 81 BGHZ 21, 370, 376. 82 Gem. § 46 Abs. 3 OWiG finden im Bußgeldverfahren dagegen nicht alle Zwangsmaßnahmen der Strafprozessordnung Anwendung. 83 BGHZ 128, 1 – Caroline von Monaco I; BGH NJW 1996, 984 – Caroline von Monaco II; vgl. Schäfer AcP 202 (2002), 397, 423. 77
B. Zulässigkeit der Verankerung von Allgemeininteressen im Zivilrecht
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Dort führt er aus, dass bei der Bemessung einer Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gedanke der Prävention in bestimmten Fällen als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe einer Geldentschädigung einzubeziehen sei,84 so dass von der Höhe der Entschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehe.85 Damit geht der BGH davon aus, dass unabhängig vom Ausgleichsgedanken eine Geldzahlung auferlegt werden kann und somit das Interesse der Allgemeinheit an der Verhinderung von Persönlichkeitsrechtsverletzungen selbständige Geltung erlangt.86 Gleichzeitig hat er damit gezeigt, dass grundsätzlich nichts dagegen spricht, über den Kompensationsgedanken hinauszugehen, der nach wie vor den Grundpfeiler im Schadensersatzrecht darstellt, und dass die strafprozessualen Verfahrensgrundsätze dadurch nicht umgangen werden.87 Darüber hinaus wurde schon durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Art. 103 Abs. 2 (nulla poena) und Art. 103 Abs. 3 (ne bis in idem) des Grundgesetzes einer Überkompensation im Zivilrecht nicht entgegenstünden. Die Begriffe der Strafbarkeit und des Strafgesetzes seien mit Rücksicht auf die stigmatisierende Wirkung der Kriminalstrafe im formalen Sinne zu verstehen.88 5. Anders ist dies aber dann, wenn die vom BGH angedeutete Erheblichkeitsschwelle überschritten wird. Bei der Auferlegung von erheblichen zivilrechtlichen Verpflichtungen findet nämlich eine Annährung an die Wirkungen der Kriminalstrafe in Form der Geldstrafe statt. Bei zu unterbindenden sozialschädlichen Verhaltensweisen von einigem Gewicht kann daher eine zulässige Regelung nur im materiellen Strafrecht erfolgen. Wann die Grenze der Funktionsverteilung erreicht ist, kann nicht abstrakt an bestimmte Rechtsgüter geknüpft werden, da gleichzeitig auch die Intensität der Beeinträchtigung eine wesentliche Rolle spielt. Deshalb sollte mit dem Bundesverfassungsgericht der effektive Schutz eines Rechtsgutes im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Danach ist Grundvoraussetzung für die Wahl der Regelungsmaterien, dass die dem Schutz dienenden Maßnahmen einen der Bedeutung des zu sichernden Rechtsgutes ent84 BGHZ 128, 1 – Caroline von Monaco I; BGH NJW 1996, 984 – Caroline von Monaco II: „Bei der Bemessung einer Geldentschädigung, die im Fall einer schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu zahlen ist, kommt dem Präventionsgedanken besondere Bedeutung zu.“ 85 BGHZ 128, 1, 16. 86 Zur Geltung des Präventionsgedankens: Kötz in: FS für Steindorff, S. 643, 646 ff.; Löwe, Prävention, S. 151; Canaris in: FS für Steindorff, S. 519, 542: heute „. . . kaum noch umstritten“; Deutsch, Haftungsrecht, Rn. 18, 907 ff.; Lange, Schadensersatz, Einl. III 2b (S. 10); kritisch Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 53 4b (S. 137); a. A. Larenz, Schuldrecht I, § 27 I (S. 423 f.): erwünschtes Nebenprodukt; Honsell, Die Rückabwicklung, S. 59: „. . . volkspädagogische Zwecksetzungen dieser Art im Zivilrecht keinen Ort“; Esser/Eike Schmidt, Schuldrecht I/2, § 30 II 2 (S. 160 f.). 87 So auch Schäfer AcP 202 (2002), 397, 433 f., der aber die strafrechtliche Unschuldsvermutung im Zivilrecht bei einer zivilen Strafnorm berücksichtigen will. 88 BVerfGE 34, 269, 293.
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2. Kapitel: Gesetzesanwendung ohne einen Sanktions- oder Strafcharakter
sprechenden tatsächlichen Schutz gewährleisten. Aus der Einsicht in die Unzulänglichkeit aller anderen Mittel entsteht dann eine relative Verpflichtung zur Verwendung einer strafrechtlichen Norm.89 An einem äquivalenten Schutz durch das Zivilrecht wird es gerade bei erheblichen sozialschädlichen Verhaltensweisen mangeln. Zum Schutz vor bestimmten Beeinträchtigungen ist das erweiterte Instrumentarium des öffentlichen Rechts notwendig, weil die Anknüpfung eines rein geldwerten Nachteils nicht ausreicht. Es ist damit zulässig, wenn zur Verhinderung unerwünschter Verhaltensweisen von geringerem Gewicht eine zivilrechtliche Regelung gesucht wird.90 Im Fall des § 241a BGB ist eine zivilrechtliche Umsetzung nicht nur zulässig, sondern auch notwendig, da zwingende Gründe gegen eine Verankerung im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht sprechen.91 Das Bundesverfassungsgericht stellt dazu fest, dass die Frage, inwieweit der Staat auch das Mittel des Strafrechts als der schärfsten ihm zur Verfügung stehenden Waffe einzusetzen habe, nicht von der vereinfachten Fragestellung aus beantwortet werden könne, ob der Staat bestimmte Handlungen bestrafen müsse. Notwendig sei eine Gesamtbetrachtung, die einerseits den Wert des verletzten Rechtsgutes und das Maß der Sozialschädlichkeit der Verletzungshandlung in Blick nehme und schließlich die praktische Wirksamkeit von Strafdrohungen und die Möglichkeit ihres Ersatzes durch andere rechtliche Sanktionen nicht außer Acht lasse.92 Die Strafnorm stelle die ultima ratio im Instrumentarium des Gesetzgebers dar. Nach dem das ganze öffentliche Recht einschließlich des Verfassungsrechts beherrschenden rechtsstaatlichen Prinzip der Verhältnismäßigkeit dürfe der Staat von diesem Mittel nur behutsam und zurückhaltend Gebrauch machen.93 Im Ergebnis spricht demnach nichts gegen die Verankerung des § 241a BGB im Privatrecht. Diese zivilrechtliche Regelung stellt keinesfalls ein derart unzulängliches Mittel dar, welches nicht geeignet erscheint, das gesetzgeberische Ziel in Form der Unterbindung dieser wettbewerbswidrigen Verkaufsform zu erreichen. Vielmehr ist eine straf- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtliche Konstruktion aufgrund des Grundsatzes der ultima ratio ausgeschlossen.
89
BVerfGE 39, 1, 46. Matzky NStZ 2002, 458, 463 li. Sp.; Schäfer AcP 202 (2002), 397, 434; a. A. Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp. 91 Matzky NStZ 2002, 458, 463 li. Sp.; a. A. Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp. 92 BVerfGE 39, 1, 45. 93 BVerfGE 39, 1, 47; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 5, 41, der das Subsidiaritätsprinzip mit dem Vorrang der kleineren Einheit des vom Individuum geprägten Privatrechts vor dem durch das Allgemeininteresse beherrschten öffentlichen Recht begründet; Matzky NStZ 2002, 458, 463 li. Sp. 90
C. Konsequenzen der Berücksichtigung von Allgemeininteressen im Schuldrecht 69
C. Konsequenzen der verstärkten Berücksichtigung von Allgemeininteressen im Schuldrecht Sieht man es als eine grundsätzlich zulässige Aufgabe des Zivilrechts an, auch Allgemeininteressen zu verwirklichen, soll es im Folgenden darum gehen, die Konsequenzen einer solchen Einbindung im Schuldrecht zu umreißen. I. Auszugehen ist dabei von der Funktion des Schuldrechts, den Ausgleich von Interessen herbeizuführen.94 Dieser Ausgleich wird mit den eingeschränkten Mitteln des Schuldrechts vorgenommen. Das Schuldrecht besitzt als Regelungsinstrumentarium die Möglichkeit, Schuldverhältnisse oder Einwendungen, die auf Schuldverhältnisse einwirken, zu begründen. Im Interessenausgleich zwischen Privatpersonen weist es Ansprüche zu oder erkennt sie ab. Dies ist ein binärer Ansatz, d.h. ein auf Entweder-Oder zugeschnittenes Recht.95 Diesem Gedanken zufolge kann sich die Berücksichtigung von Allgemeininteressen nur in einer schematischen Reaktion äußern. Damit ist gemeint, dass sich die Einbeziehung von Allgemeininteressen, soll sie nicht nur als Nebenfolge beabsichtigt sein, in der Begründung eines Schuldverhältnisses oder in der Einwirkung auf eine solches äußert. Somit wird zwangsläufig eine Privatperson gegenüber der anderen – zumeist wirtschaftlich – begünstigt (oder benachteiligt). Sie kann etwas fordern (oder nicht mehr fordern), was sie unter ausschließlicher Berücksichtigung ihres Individualinteresses nicht könnte (oder fordern könnte). Aus diesem Grund werden Normen, die einen Vermögensvorteil aus einem Allgemeininteresse heraus zuwenden, heftig kritisiert.96 II. Im Fall des § 241a BGB erhält der Verbraucher durch die anspruchausschließende Wirkung der Norm eine Rechtsposition zugewiesen, die nicht vollständig der Beeinträchtigung von eigenen Interessen entspricht, sondern diese übersteigt. Laienhaft gesprochen wird der Verbraucher dieses Behaltendürfen der Leistung stets mit erfreutem Staunen quittieren, in dem Wissen, ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Nichts anderes ist gemeint, wenn beispielsweise im Rahmen der Auslegung des § 654 BGB davon gesprochen wird, dass die Vertragsuntreue für den anderen Teil zum Geschäft werde, indem er die vollwertige Leistung ohne Gegenleistung erhalte.97 Demzufolge wird in den Geset94
Gernhuber, Schuldverhältnis, § 1 II 5 (S. 5). Esser/Eike Schmidt, Schuldrecht I/1, § 2 III (S. 37). 96 So im Schadensersatzrecht: BGHZ 118, 312, 344: für „. . . erhebliche Geldzahlung“; Greger NJW 1989, 3103, 3104; Medicus, Schuldrecht II, Rn. 664: „. . . will eine Begünstigung des Empfängers durch die ,Strafe‘ nicht recht einleuchten: Wodurch sollte z. B. der Bewucherte eine ,Belohnung‘ verdienen?“ 97 Staudinger-Reuter (1995), § 654 Rn. 3; Konsequenz bei Schwerdtner, Maklerrecht, Rn. 740: „. . . kommt es bei der Anwendung des § 654 BGB auf eine Schädigung des Auftraggebers an.“; a. A. BGHZ 36, 323, 326; MünchKomm-Roth § 654 Rn. 20; ErmanWerner § 654 Rn. 1. 95
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2. Kapitel: Gesetzesanwendung ohne einen Sanktions- oder Strafcharakter
zesmaterialien zu § 241a BGB darauf hingewiesen, dass der Empfänger unbestellter Erzeugnisse diese in jedem Fall kostenlos behalten könne, was im Ergebnis auf eine Schenkung hinauslaufe.98 III. Erkennt man zu Recht die Aufgabe des Zivilrechts insgesamt und des Schuldrechts im Besonderen an, auch überindividuelle Interessen zu verwirklichen, kann man den aus diesem Grund für eine Privatperson entstehenden Rechtsvorteil nicht als unzulässig ansehen, solange er die oben angedeuteten Grenzen einer wechselseitigen Interessenverwirklichung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht nicht überschreitet. Es kann nicht als eine vorrangige Aufgabe des Rechts angesehen werden, unberechtigte Vorteile zu verhindern, sofern nur der korrespondierende Nachteil den anderen Teil nicht unbillig trifft.99 Insofern ein Bereicherungsverbot anzunehmen, findet keinen Halt in den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen.100 Sicher besteht ein solches dort, wo der Gesetzgeber – wie beim Schadensausgleich – grundsätzlich eine Bereicherung des Geschädigten vermeiden will. Darüber hinaus ist es aber Aufgabe des Gesetzgebers, in den ihm vorgegebenen Grenzen ein solches zu formulieren. Nach Canaris wäre es gewiss „schöner“, wenn der Vorteil z. B. an eine wohltätige Organisation abgeführt würde, aber solle die Rechtsordnung dazu zwingen?101 IV. Trotz der Wirkungen einer Einflechtung von Allgemeininteressen sollte eine Analogie zum Gedanken der Schenkung und der unentgeltlichen Zuwendung vermieden werden.102 Zu groß ist die Gefahr, dass der mit einer unentgeltlichen Zuwendung verbundene Grundsatz, nach welchem der unentgeltliche Erwerb bei Zusammenstoß mit anderen Interessen geringer gewertet wird,103 zur Einschränkung der Norm herangezogen wird. Die Skepsis des Gesetzgebers ge98 BT-Drs. 14/2658 S. 46 re. Sp.; darauf bezugnehmend Sosnitza BB 2000, 2317, 2322 re. Sp.; Diskussionsentwurf der EG-Kommission vom 8.8.1991, wo es zur Behandlung des Problems zur Zusendung unbestellter Waren heißt: „Die einfache Vorgehensweise besteht darin, alle unverlangten Waren oder Dienstleistungen als ein Gratisgeschenk zu betrachten.“ zit. aus Bunte in: FS für Gaedertz, S. 89, 91; Lorenz JuS 2000, 833, 841 re. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 4; Stock GewArch 2000, 471, 475 re. Sp. 99 Canaris in: FS für Steindorff, S. 519, 525. 100 Zum Bereicherungsverbot im Schadensersatzrecht Esser/Eike Schmidt, Schuldrecht I/2, § 30 II 3c.) (S. 165); Larenz, Schuldrecht I, § 30 II (S. 530 ff.); MünchKomm-Oetker § 249 Rn. 18; Schäfer AcP 202 (2002), 397, 414 m. w. N.; a. A. MünchKomm-Grunsky vor § 249 Rn. 6a: Bereicherungsverbot ist „. . . nur terminologische Besonderheit der Differenzhypothese . . ., weshalb es deren Schicksal teilen muss.“ 101 Canaris in: FS für Steindorff, S. 519, 525 zu § 817 Satz 2 BGB; Heck AcP 123 (1925), 1, 64: „Oder soll man hier den Fiskus eingreifen lassen?“ 102 BT-Drs. 14/2658 S. 46 re. Sp. zu § 241a BGB; Sosnitza BB 2000, 2317, 2322 re. Sp.; Lorenz JuS 2000, 833, 841 re. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 4; Stock GewArch 2000, 471, 475 re. Sp. 103 Heck, Schuldrecht, § 92, 4d (S. 290).
D. Beschreibung von Allgemein- und Individualinteressen
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genüber der unentgeltlichen Zuwendung liegt in deren altruistischem Motiv, dem angesichts der Entgeltlichkeit des Wirtschaftlebens misstraut wird.104 Insbesondere bei § 241a BGB knüpft der Gesetzgeber eine Rechtsfolge an die unbestellte Leistungserbringung und damit an eine unerwünschte Absatztechnik an. Von einem altruistischen Motiv des Unternehmers kann dann keine Rede sein. Weiterhin würden die Allgemeininteressen, die nach obiger Auffassung legitimerweise im Zivilrecht verfolgt werden können, über diesen Weg teilweise entwertet.105
D. Beschreibung von Allgemein- und Individualinteressen Den Ergebnissen der obigen Darstellung folgend, soll im nächsten Schritt die Frage beantwortet werden, ob eine abweichende Anwendung einer zivilrechtlichen Norm erfolgen muss, wenn mit dieser überindividuelle Zwecke verfolgt werden. Eine solche Annahme setzt voraus, dass die mit einer Vorschrift verfolgten Interessen abgegrenzt und damit bewertet werden können. Nur dann können die oben genannten Äußerungen Bestand haben, dass § 241a BGB wegen seines zivilrechtspolitisch nicht unbedenklichen Sanktionscharakters eng ausgelegt werden solle und dass sich das vom Gesetzgeber beabsichtigte Sanktionsmoment dem § 241a BGB nicht als objektiv zu bestimmender Gesetzeszweck beilegen lasse.106 Muss man demgegenüber feststellen, dass die Interessen weder abstrakt noch im Einzelfall in willkürfreier und nachvollziehbarer Art und Weise bestimmt werden können, ist eine von den grundsätzlichen Maximen der Anwendung einer Norm abweichende Auslegung nicht möglich.
I. Bestimmung des Allgemeininteresses gegenüber dem Individualinteresse Unter Interessen der Allgemeinheit kann der Inbegriff der Anforderungen verstanden werden, die das Gemeinwesen an den Einzelnen stellt. Mit dem Gemeinwesen ist insoweit das institutionell organisierte Gemeinwesen, aber auch das unorganisierte Gemeinwesen, die allgemeine Masse der anderen zu verstehen.107 Das Individualinteresse steht dem gegenüber als die Privatsphäre des Einzelnen, als Bereich, den der Einzelne aus eigenem Entschluss und in eigener Verantwortung gestalten kann, ohne Lenkung und Störung durch andere, insbesondere durch den Staat.108 Der Begriff des Interesses ist nicht auf wirtschaft104
Heck, Schuldrecht, § 92, 2 (S. 289). Im Ergebnis so auch Schäfer AcP 202 (2002), 397, 428 wonach das § 241a BGB zu Grunde liegende Prinzip ernst zu nehmen ist. 106 Casper ZIP 2000, 1602, 1607 li. Sp. 107 U. Huber studium generale 23 (1970), 769. 105
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2. Kapitel: Gesetzesanwendung ohne einen Sanktions- oder Strafcharakter
liche oder materielle Bestrebungen zu beschränken, sondern er umfasst auch solche mit geistigen, kulturellen, weltanschaulichen und religiösem Charakter.109 Die Abgrenzung dieser abstrakt beschreibbaren Interessensphären erscheint aber dann als schwierig, wenn man davon ausgeht, dass das Allgemeininteresse meistens nichts anderes ist als die Summe der Individualinteressen.110 Werden danach alle Betroffenen individuell geschützt, so sind zugleich die Belange der Gesamtheit gewahrt und umgekehrt.111 Die Konstruktion eines Gegensatzes zwischen Individual- und Allgemeininteresse, der eine absolute Trennung ermöglichen könnte, ist deshalb nicht möglich.112 Ein solcher würde sich auch in einem demokratischen Staat nicht durchhalten lassen, denn staatliche Interessen sind nicht Selbstzweck an sich, sondern immer nur zu legitimieren, wenn sie zumindest mittelbar die Interessen bestimmter einzelner Personen und Personengruppen schützen sollen.113 So entspricht es einer Gesellschaftsordnung, die staatliche Belange nicht als Selbstzweck ansieht, dass Belange der Allgemeinheit immer der Rechtfertigung durch Belange aller mittelbar oder unmittelbar betroffenen Bürger, also der Einzelnen, bedürfen.114 Eine absolute Trennung der Interessenbewertung dergestalt, dass die eine Vorschrift ausschließlich dem Ausgleich von Individualinteressen dient, eine andere dagegen nur Allgemeininteressen verfolgt, ist aufgrund der Wechselwirkung nicht möglich. Zwar mag in der Situation des Normgebers, der über den Standort einer Vorschrift zu entscheiden hat, die abstrakte Trennung der Interessensphären eine Rolle spielen. Dies geschieht aber vornehmlich mit dem Ziel, die Effektivität einer Rechtsmaterie für die Realisierung einer bestimmten Zielsetzung zu ermitteln.115 Ist die angestrebte Regelung aber Gesetz geworden, dann ist es nur schwer möglich, die Interessenssphären derart voneinander zu trennen, um daran Rechtsfolgen zu knüpfen.116 In den dann anzutreffenden Gemengelagen 108 U. Huber studium generale 23 (1970), 769; Ryffel in: Öffentliche Interessen, S. 13 f.: „Unter Privatinteressen verstehen wir in aller Regel Bestrebungen eines Einzelnen, die diesem besonderen Einzelnen, dem Hinz oder dem Kunz dienen.“ 109 Ryffel in: Öffentliche Interessen, S. 13, 14. 110 Grunsky VSSR 5 (1977), 265, 267 zur Wahrnehmung von Allgemeininteressen mit verfahrensrechtlichen Mittel. 111 Knöpfle NJW 1967, 697, 699 li. Sp. 112 Canaris in: 2. FS für Larenz, S. 27, 46: „Institutionsschutz ist nämlich meist kein Selbstzweck, sondern dient (auch) dem Individualschutz.“ 113 Kohte Jura 1988, 125, 126 re. Sp. 114 BGHZ 66, 388, 390. 115 BVerfGE 58, 300, 344: „Die Bewältigung einer derart umfassenden, dem Gemeinwohl dienenden Aufgabe (sc. Schutz des Grundwassers) gehört zu den typischen Angelegenheiten des öffentlichen Rechts, die mit den Mitteln des Privatrechts kaum erfüllt werden können.“ 116 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 1 Rn. 24, wonach die Abgrenzung nicht immer zuverlässig möglich ist.
D. Beschreibung von Allgemein- und Individualinteressen
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müsste man nämlich das Überwiegen von Interessen oder den Grad der Direktheit bestimmen können, mit dem bestimmte Interessen geschützt werden sollen. Bloß mittelbare Auswirkungen in Form der Reflexwirkung einer Norm müssten erkannt werden und von den unmittelbaren, direkt beeinflussten Interessen abgegrenzt werden können.
II. Bewertung der Abgrenzung Die Durchführbarkeit einer Abgrenzung und deren Folgen für die Anwendung einer Norm werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt. 1. Während die Rechtsprechung sich in zahlreichen Konstellationen des Arguments der Allgemeininteressen bedient, wird ein sehr geringer Aufwand betrieben, um diese herauszuarbeiten. So ist das Allgemeininteresse ein maßgebliches Kriterium der Bestimmung des Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Da ein Gesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB nach Art. 2 EGBGB jede Rechtsnorm darstellen kann,117 ist für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB die in der jeweils verletzten Bezugsnorm vorgenommene und bezweckte Interessenwertung entscheidend.118 Nach der Rechtsprechung des BGH sei Voraussetzung für die Eigenschaft als Schutzgesetz, dass die betreffende Norm nicht lediglich den Schutz der Allgemeinheit oder eines sonstigen nicht-individuellen Rechtsgutes, sondern zumindest auch den des Geschädigten zum Ziel habe.119 Eine Norm müsse den Schutz eines bestimmten Personenkreises umfassen und gegen eine näher bestimmte Art der Schädigung eines im Gesetz festgelegten Rechtsguts oder Individualinteresses gerichtet sein.120 Gleichermaßen bedient sich die Rechtsprechung beim Ausfüllen von Generalklauseln des Kriteriums des Allgemeininteresses. So liege eine treuwidrige Verwirkung eines Rechtes gem. § 242 BGB dann vor, wenn es der Berechtigte über einen längeren Zeitraum nicht geltend mache und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten dürfe und eingerichtet habe, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde.121 Trotz Vorliegens der geschilderten positiven Tatbestandsmerkmale trete eine Verwirkung aber dann nicht ein, wenn ihr ein öffentliches Interesse entgegenstehe.122 Der auf § 242 BGB beruhende Einwand der Verwirkung
117
RGZ 135, 242, 245; Erman-Schiemann § 823 Rn. 154. BGHZ 66, 388, 390 m. w. N.; Schmiedel, Deliktsobligationen, S. 121. 119 St. Rspr. BGHZ 66, 388, 390; 84, 312, 314; 122, 1, 4; 125, 366, 374 ff.; Larenz/ Canaris, Schuldrecht II/2, § 77 II 2a. (S. 433); Erman-Schiemann § 823 Rn. 157. 120 BGHZ 64, 232, 237. 121 St. Rspr. BGHZ 84, 281; 103, 70; Jauernig-Vollkommer § 242 Rn. 54. 118
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2. Kapitel: Gesetzesanwendung ohne einen Sanktions- oder Strafcharakter
könne grundsätzlich nur gegenüber Ansprüchen erhoben werden, mit denen individuelle Interessen verfolgt würden, nicht dagegen, wenn es um Belange der Allgemeinheit gehe.123 So einleuchtend die durch die Argumentation gewonnenen Ergebnisse erscheinen, so kennzeichnend ist für die Schwierigkeit einer Abgrenzung aber die Tatsache, dass der BGH in keiner Entscheidung dieses Allgemeininteresse näher beschrieben hat. Zumeist wird nur festgestellt, dass ein überragendes Allgemeininteresse bestehe, das die Individualinteressen überwiege,124 oder dass bestimmte Ansprüche wegen der hier mit in Frage stehenden Interessen der Allgemeinheit grundsätzlich nicht der Verwirkung unterlägen.125 Im Ergebnis stimmt die Literatur in den eben genannten Fragen der Anwendung des Arguments des Allgemeininteresses zu, sieht das Hauptproblem aber darin, überwiegende Belange der Allgemeinheit im konkreten Einzelfall herauszuarbeiten und zu begründen.126 2. In der Literatur wird insbesondere von L. Raiser angemerkt, dass der Grad der Privatheit oder Öffentlichkeit eines Lebensbereichs zu rechtlich relevanten Unterschieden in der Funktion und der Handhabung privatrechtlicher Rechtsinstitute führen müsse, die es deutlicher als bisher zu erkennen gälte.127 Gleichzeitig stellt L. Raiser jedoch selbstkritisch fest, dass er wohl sehe, dass das Kriterium der Öffentlichkeit nicht für präzise, griffige Abgrenzungen geeignet sei.128 Dennoch solle eine Theorie, die dieser Wirklichkeit Rechnung tragen wolle, die Übergänge und Zwischenformen nicht leugnen, und versuchen, an typischen Situationen Grade der Öffentlichkeit und ihre Folgen für die rechtliche Ordnung herauszuarbeiten.129 Die gleiche, eher optimistische Beurteilung der Abgrenzung der Interessenssphären teilt U. Huber. Er stellt fest, dass durch die zunehmende Inkorporation und Berücksichtigung von Allgemeininteressen Rechtsgebiete wie z. B. das Wettbewerbsrecht entstünden, die sich in das klassische Schema bestehend aus öffentlichem und privatem Recht nicht einordnen ließen.130 So sei im Wettbe122 St. Rspr. BGHZ 5, 189, 196; 16, 82, 93; Staudinger-J. Schmidt (1995) § 242 Rn. 558 m. w. N. 123 BGH GRUR 1985, 930, 931 re. Sp.; BGHZ 126, 287, 295 m. w. N. 124 BGHZ 126, 287, 295. 125 BGH GRUR 1990, 604, 605 re. Sp.; BGH GRUR 1985, 930, 931 zu § 3 UWG. 126 Staudinger-J. Schmidt (1995) § 242 Rn. 558; MünchKomm- Roth § 242 Rn. 506; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap 17; kritisch zum Allgemeininteresse im Wettbewerbsrecht Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 3, 2 (S. 18 f.). Zu weiteren Beispielen der Berücksichtigung von Allgemeininteressen in der Rechtsprechung im Wettbewerbsrecht vgl. Pause, Die Berücksichtigung der Allgemeinheit, S. 38 ff. 127 L. Raiser, Zukunft des Privatrechts, S. 27. 128 L. Raiser, Zukunft des Privatrechts, S. 28. 129 L. Raiser, Zukunft des Privatrechts, S. 28; so auch Steindorff in: FS für L. Raiser, S. 621, 642 f. 130 U. Huber studium generale 23 (1970), 769, 780.
D. Beschreibung von Allgemein- und Individualinteressen
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werbsrecht das Schutzobjekt nicht mehr in der Privatsphäre des Unternehmers, sondern durch die Berücksichtigung weiterer Allgemeininteressen in der Institution des Wettbewerbs zu suchen.131 Bei der Frage, ob der Unternehmer gegen einen Konkurrenten einen Unterlassungsanspruch habe, flössen danach neben dem privaten Konkurrenteninteresse insbesondere Interessen der Allgemeinheit in die Entscheidung ein.132 Aber diese erweiterte Bezugnahme auf Allgemeininteressen führe nach U. Huber nicht zu einer Umwälzung des Privatrechtssystems, sondern lediglich zu einer Überlagerung durch systemfremde Rechtsinstitute, in denen das öffentliche Interesse sich Geltung verschaffe.133 Danach müssten wir uns auf einen einigermaßen komplizierten Zustand einrichten. Einerseits seien eine Vielzahl von Entwicklungen zu beobachten, die sich in das herkömmliche Privatrechtssystem nicht einfügen ließen, andererseits existiere das System mit einem im Kern unangegriffenen Geltungsanspruch weiter. Für den Zivilrechtler bedeute dies, dass er mit einem Widerspruch oder wenigstens in einem bestimmten Spannungsverhältnis zu seinem System lebe.134 Aufgrund dieser unabwendbaren und notwendigen Entwicklung soll nach U. Huber jedenfalls das Argument, dass eine bestimmte Entscheidung mit dem System unseres Privatrechts unvereinbar sei, nicht anwendbar sein.135 3. Demgegenüber werden die obigen Vorschläge von K. Schmidt eher kritisch bewertet. Die zunehmende Aufmerksamkeit, die dem nicht privaten Privatrecht durch die Ansätze von U. Huber und L. Raiser geschenkt werde, würde es zwar konzeptionell nahe legen, das Privatrecht aufzugliedern als einen Inbegriff von Rechtsnormen, die teils der privaten Sphäre einzelner Rechtssubjekte, teils dem öffentlichen Bereich zuzuordnen seien.136 Unklar sei jedoch letztendlich, welche Rechtsfolgen eine solche Zweiteilung haben solle. Die Anknüpfung an die Allgemeininteressen im Zivilrecht sei deshalb wenig ertragreich für eine praktische Nutzbarmachung.137 Nach seiner Auffassung sei es mit den Konsequenzen der Ansätze von U. Huber und L. Raiser daher nicht sehr weit her.138
131 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. UWG Rn. 51; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 3, 2 (S. 17); Großkomm-Schünemann Einl. C 23; von Gamm, Wettbewerbsrecht, Kap 4 Rn. 13; Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 10 Rn. 11. 132 Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 24. 133 U. Huber studium generale 23 (1970), 769, 784; zumindest widersprüchlich erscheint es, wenn U. Huber von einer „Entprivatisierung“ des Privatrechts spricht, auch wenn dies nur in Form einer Fragestellung geschieht. 134 U. Huber studium generale 23 (1970), 769, 785. 135 So aber Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp., 654 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 7. 136 K. Schmidt, Kartellverfahrensrecht, S. 96. 137 K. Schmidt, Kartellverfahrensrecht, S. 96 f. 138 K. Schmidt, Kartellverfahrensrecht, S. 96, Fn. 148.
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2. Kapitel: Gesetzesanwendung ohne einen Sanktions- oder Strafcharakter
Nach einer weiteren Einschätzung von Zöllner sei es um den Versuch, je nach dem Grad der Privatheit und Öffentlichkeit von Reglungsbereichen zu unterscheiden, still geworden. Hauptgrund dafür sei die Tatsache, dass sich der Begriff des Öffentlichen im Rahmen der Rechtsbeziehungen zwischen Privatrechtssubjekten nicht fruchtbar bestimmen lasse.139 4. Nach der unscharf gebliebenen Abgrenzung in Rechtsprechung und Literatur ist damit durchaus Skepsis gegenüber den an eine Gegenüberstellung von Allgemein- und Individualinteressen anknüpfenden Rechtsfolgen angebracht.140 Wenn selbst Vertreter, welche die Möglichkeit der Abgrenzung und einer rechtsfolgenorientierten Verwertung grundsätzlich befürworten, ausführen, dass dies gewiss nicht revolutionär sei, sondern eher nachzeichne, was die Praxis ohnedies tue,141 vermittelt dies keinen optimistischen Ausblick. Selbst wenn der gegenwärtige rechtspolitische Trend dahin geht, die Durchsetzung objektiver Normen verstärkt dem Zivilrecht aufzugeben,142 ist diese Steuerungsaufgabe des Zivilrechts weder in der Bereitstellung des nötigen Rüstzeugs noch in ihren Möglichkeiten auch nur annähernd erschlossen.143
III. Abgrenzung der Interessenlage am Beispiel von § 241a BGB Die Schwierigkeit einer Zuordnung zu den einzelnen Interessensphären zeigt sich besonders deutlich am Beispiel des § 241a BGB. Exemplarisch soll die dieser Vorschrift zu Grunde liegende Interessenlage aufgezeigt werden, wobei eine Differenzierung zwischen Individual- und Allgemeininteressen angestrebt wird. 1. Motive des Gesetzgebers Nach den Materialien des Gesetzgebers haben die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb die unzulässigen Handlungen nicht zurückgedrängt. Es sei deshalb erforderlich, diese durch zivilrechtliche Ansprüche zu unterlegen.144 § 241a BGB solle deshalb für den Verbraucher klare Verhältnisse 139 Zöllner, Privatrechtsgesellschaft, S. 30; so auch Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 3, 2 (S. 18); dagegen Argumentation mit dem Allgemeininteresse bei Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. UWG Rn. 80 ff. 140 Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 3, 2 (S. 18), der von der Unfassbarkeit der Allgemeininteressen spricht. 141 L. Raiser, Zukunft des Privatrechts, S. 36. 142 K. Schmidt in: Oepen, Diskussionsbericht, ZZP 113 (2000), 443, 445; Schäfer AcP 202 (2002), 397, 434; vgl. den Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums gegen Diskriminierung im Alltag (besucht am 30.12.2001; Stand 3.12.2001), . 143 Steindorff in: FS für L. Raiser, S. 621, 642 f.
D. Beschreibung von Allgemein- und Individualinteressen
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schaffen, um die ihm zugedachte Abschreckungswirkung zu erreichen.145 Es solle die Praxis unterbunden werden, die dem Verbraucher Warenangebote aufdränge, mit denen er sich nicht befassen möchte.146 Einerseits ist es damit das Ziel der Vorschrift, die wettbewerbsrechtlichen Regelungen durch zivilrechtliche Ansprüche zu unterlegen,147 andererseits soll die Privatsphäre des Verbrauchers geschützt werden. 2. Schutzobjekt des Wettbewerbsrechts Da § 241a BGB aufgrund der Zielsetzung der Gesetzgebung einen engen Bezug zum Wettbewerbsrecht hat, stellt sich die Frage der mit dieser Vorschrift zu schützenden Interessen in Analogie zum Lauterkeitsrecht. Im Rahmen des Lauterkeitsrechts wird anerkannt, dass das Schutzobjekt des Wettbewerbsrechts nicht ein reiner Individualrechtsschutz, sondern ein sozialrechtlich zu begreifender Schutz aller im Wettbewerb aufeinander stoßender Interessen sei.148 Der Wettbewerb oder die Wettbewerbsordnung werden als objektiv-rechtliche Institution geschützt.149 Ein früher vertretener individualrechtlicher Ansatz, nach dem als Schutzobjekt des UWG das Persönlichkeitsrecht der beeinträchtigten Mitkonkurrenten angesehen worden war,150 habe sich durch den Wandel der Funktion des Wettbewerbsrechts überholt.151 Demnach liege die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs gleichermaßen und gleichrangig im privaten Konkurrenteninteresse und im öffentlichen Interesse, wobei letzteres den Interessenschutz der Verbraucher und der Allgemeinheit ebenso einschließe wie den der Mitbewerber.152 Die Schutzbereiche des Wettbewerbsrechts würden ineinander greifen und ergänzten sich.153 Erst aus 144 BT-Drs. 14/3195, S. 33 f. zu § 661a BGB: „. . . ähnlich wie dies mit dem neuen § 241a BGB . . . geschehen soll.“ 145 BT-Drs. 14/3195, S. 32 zu § 241a BGB. 146 BT-Drs. 14/2658, S. 48 zu § 661a BGB. 147 BT-Drs. 14/3195, S. 33 zu § 661a BGB. 148 Köhler/Piper, Einf. UWG Rn. 23; Fezer WRP 1993, 565, 569 ff.; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 3, 2 (S. 17 ff.); Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 10 Rn. 11; vgl. § 1 Satz 1 Entwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb BT-Drs. 15/ 1487. 149 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. UWG Rn. 51; Großkomm-Schünemann Einl. C 23; von Gamm, Wettbewerbsrecht, Kap. 4 Rn. 13; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 3, 2 (S. 17); vgl. § 1 Satz 2 des Entwurfes eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb BT-Drs. 15/1487. 150 Fezer WRP 1993, 565, 569 ff. m. w. N. 151 Köhler/Piper, Einf. UWG Rn. 24; zur Entwicklung der Schutzzwecke vgl. Beater, Verbraucherschutz, S. 8 ff. 152 Köhler/Piper, Einf. UWG Rn. 24. 153 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. UWG Rn. 41; von Gamm, Wettbewerbsrecht, Kap. 4 Rn. 14.
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2. Kapitel: Gesetzesanwendung ohne einen Sanktions- oder Strafcharakter
der Beurteilung des konkreten Einzelfalls mit seiner allgemeinen Interessenlage und mit seinen Besonderheiten könne sich ein Übergewicht bestimmter Interessen ergeben.154 Ein solches Übergewicht privater oder öffentlicher Interessen ist bei § 241a BGB nicht erkennbar. Zwar soll die Vorschrift einerseits abschreckend wirken, was aufgrund der präventiven Zwecksetzung für ein Übergewicht der verfolgten Allgemeininteressen spricht. Andererseits ist sie aber individualschützend. Die mit der unbestellten Leistungserbringung einhergehende Beeinträchtigung der Privatsphäre in der Form der Belästigung und der psychische Druck, resultierend aus einer irrtümlich angenommenen Pflicht zur Bezahlung, sollen durch den Anspruchsausschluss beseitigt werden.155 Demzufolge kann aus der der Norm zu Grunde liegenden Interessenlage kein eindeutiges Übergewicht der Allgemeininteressen abgeleitet werden kann.
E. Auswirkungen der Verfolgung von Allgemeininteressen auf die Anwendung der Norm Geht man entgegen den eben angeführten Gründen von der Durchführbarkeit einer hinreichend deutlichen Abgrenzung und dem Überwiegen des Allgemeininteresses einer zivilrechtlichen Norm aus, stellt sich die weitere Frage, ob Allgemeininteressen schützende Normen im Zivilrecht, verglichen mit Individualinteressen ausgleichenden Normen, eine abweichende Beurteilung zu erfahren haben. Wie bei jeder Auslegung des Gesetzes muss zur Beantwortung dieser Frage offen gelegt werden, welche Umstände eine abweichende Bewertung rechtfertigen, um der Gefahr der Beliebigkeit von Entscheidungen ohne hinreichende Begründung zu begegnen.156 I. Angesichts der Weite der Fragestellung ist eine positive Bewertung der Allgemeininteressen nicht dergestalt vorzunehmen, dass die öffentlichen Interessen den privaten Interessen vorgehen.157 Genauso gut kann wegen der fehlenden Belegbarkeit vom Gegenteil ausgegangen werden. Beide Extrempositionen sollte man ausschließen, da es keinen Grundsatz der Art gibt, dass bestimmte Interessen unabhängig von ihrer Herkunft mit einem größeren Gewicht ausgestattet sind. Andererseits kann man aufgrund der festgestellten Zulässigkeit der Verfolgung verschiedener Interessen im Zivilrecht einem Normzweck nur deshalb, weil er auch durch eine öffentlichrechtliche Vorschrift hätte umgesetzt 154
von Gamm, Wettbewerbsrecht, Kap. 4 Rn. 14. Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183 zu Reichweite der Belästigung bei der unbestellten Leistungserbringung. 156 Bydlinski, Methodenlehre, S. 128. 157 Ryffel in: Öffentliche Interessen, S. 13, 16 unter Berufung auf Cicero (De legibus 3, 38) „Salus publicum suprema lex esto.“ 155
E. Auswirkungen von Allgemeininteressen auf die Anwendung der Norm
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werden können, nicht die legitime Wirkung nehmen. Gleiches geschieht aber, wenn eine Vorschrift einschränkend ausgelegt158 oder ihr die Gültigkeit versagt wird.159 II. Sicher ist es der anerkannten Methode der systematischen Auslegung immanent, dass sie für das Verständnis einer Vorschrift und somit für deren Anwendung an den Bedeutungszusammenhang anknüpft, in dem die betreffende Vorschrift steht.160 Bei Einfügung einer Vorschrift in das Zivilrecht, können damit dessen bisherige Grundsätze zur Interpretation herangezogen werden. Diese haben also auf das Verständnis einer neugeschaffenen Norm mittelbaren Einfluss.161 Gleiches ist mit den Argumenten zur Auslegung des § 241a BGB gemeint, wenn dessen Bezeichnung als Fremdkörper162 oder dessen Sanktionscharakter163 zu einer Rechtsanwendung führe, die dem immanenten Regelungszweck der Vorschrift gerade nicht mehr entspreche. Verabsolutiert man allerdings diese Auffassung, dann wäre der heutige Gesetzgeber an bestimmte Entscheidungen des historischen Gesetzgebers gebunden. Dies ist mit einem demokratischen Verständnis der Rechtssetzung nicht zu vereinbaren. Weiterhin ist die Anlehnung an bereits vorhandene gesetzliche Regeln als leitende Grundsätze bei der systematischen Auslegung einer Norm nur dann anzuwenden, wenn die grundlegende Wertung nachgewiesen ist bzw. die Höherrangigkeit eines Prinzips zuvor teleologisch begründet wird, da jede Norm unter besonderer Berücksichtigung des Sinn und Zwecks anzuwenden ist.164 Den Sinn und Zweck einer Vorschrift im Einzelfall der Rechtsanwendung nutzbar zu machen und danach unter Berücksichtigung von Treu und Glauben den Streitfall einer billigen und vernünftigen Lösung zuzuführen, sei die vordringliche Aufgabe des Richters. Nach dem BGH sei hierbei von dem Interessenkonflikt auszugehen, den die fragliche Rechtsnorm vorfand, und dem Interessenausgleich, den sie herbeiführen wolle.165 Diesem methodischen Vorgehen wird jedoch nicht mehr entsprochen, wenn dem durch die Norm angestrebten Interessenausgleich die Anerkennung durch eine pauschale Argumentation aufgrund einer Bezugnahme auf die Abgrenzung von Individual- und Allgemeininteressen versagt wird.
158 159
Berger JuS 2001, 649, 654 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1607 li. Sp. Flume ZIP 2000, 1427, 1429: „§ 241a BGB ist . . . als pro non scripto zu behan-
deln.“ 160 161 162 163 164 165
48 f.
Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 38; Bydlinski, Methodenlehre, S. 443. Bydlinski, Methodenlehre, S. 443. Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp. Berger JuS 2001, 649, 654 re. Sp. Bydlinski, Methodenlehre, S. 443. BGHZ 17, 266, 276; st. Rspr. RGZ 142, 36, 40 f.; BGHZ 2, 176, 184; 18, 44,
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2. Kapitel: Gesetzesanwendung ohne einen Sanktions- oder Strafcharakter
F. Zusammenfassung Zusammenfassend kann man feststellen, dass die teilweise als Sanktion, Strafcharakter oder als Prävention beschriebenen Funktionen von zivilrechtlichen Vorschriften im Grunde die Frage der Anerkennung der Verfolgung von überindividuellen Interessen zum Gegenstand hat. Tatsächlich geht es dabei um eine vom klassischen Bild des Zivilrechts als einem Ort des Ausgleichs von privaten Interessen abweichende Vorgehensweise des Gesetzgebers und damit um eine teilweise Neudefinition und Überlagerung des Zivilrechts. Der Einbindung von Allgemeininteressen im Privatrecht stehen außerhalb der oben beschriebenen Grenzen keine zwingenden Erwägungen entgegen. Die maßgebliche Frage ist die nach der Wirksamkeit und Effektivität einer Vorschrift. Schon die Schwierigkeit der exakten Bestimmung der beteiligten Interessen und nicht zuletzt die Anerkennung des durch die Norm beabsichtigten Interessenausgleichs verbieten es, eine verminderte Durchsetzungskraft von Interessen durch pauschale Rechtsanwendungsmaximen herbeizuführen. Eine Anwendung hat nach den für sämtliche zivilrechtlichen Vorschriften geltenden Auslegungs- und Rechtsfortbildungsgrundsätzen zu erfolgen. Diese haben insbesondere zu berücksichtigen, dass in zulässiger Weise verankerte Interessen angemessen bewertet werden müssen. A priori sind alle Interessen unabhängig von einer Qualifizierung gleichwertig und bei einer entsprechenden Zwecksetzung der Norm dem teleologischen Verständnis zu Grunde zu legen. Aufgrund der Maßgeblichkeit des Gesetzeszweckes bei der Anwendung der Norm ist dieser im Einzelfall zu verwirklichen und ein widersinniges, d.h. mit dem Gesetzeszweck unvereinbares Ergebnis zu vermeiden.166 Es ist danach derjenigen Deutung der Vorzug zu geben, bei welcher der Zweck der Norm am ehesten erreicht wird.167 Sicher kann auch unter diesen Vorgaben eine einschränkende Anwendung der Norm im Einzelfall gerechtfertigt sein, weil der Norm mehrere Gesetzeszwecke zu Grunde liegen und einer dieser Zwecke bei einer bestimmten Anwendung zurückzutreten hat. Eine unzulässige Begründung eines entsprechenden Ergebnisses stellt aber in jedem Fall der bloße Hinweis auf den Straf- oder Sanktionscharakter einer Vorschrift dar.
166 St. Rspr. RGZ 142, 36, 40 f.; BGHZ 2, 176, 184; 18, 44, 48 f.; MünchKommSäcker Einl. Rn. 128, Staudinger-Coing (1995) Einl. zum BGB Rn. 198. 167 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 41.
3. Kapitel
Die Anwendung des § 241a BGB Nachdem die grundsätzlichen Überlegungen zur Berücksichtigung von Allgemeininteressen im Zivilrecht angestellt wurden, soll es im Folgenden um die speziellen Auslegungs- und Anwendungsprobleme des § 241a BGB gehen. Dabei werden soweit wie möglich die oben gewonnen Ergebnisse in die einzelfallorientierte Auslegung der Norm einfließen. So kann schon an dieser Stelle, aufgrund des oben gewonnenen Ergebnisses, einer pauschalen restriktiven Auslegung des § 241a BGB wegen seines zivilrechtspolitisch nicht unbedenklichen Charakters widersprochen werden.1 Vielmehr soll versucht werden, § 241a BGB unter Anerkennung des durch den Gesetzgeber vorgefundenen und herbeigeführten Interessenausgleichs anzuwenden.
A. Empirischer Bedarf einer Regelung der Zusendung unbestellter Waren Seit seiner Einführung wurde der § 241a BGB stets mit heftiger Kritik begleitet. Neben Hinweisen auf handwerkliche Fehler2 wurde schon ein empirischer Bedarf für den Erlass der Norm bezweifelt. „Was ist denn bloß in Berlin los? Unbestellte Waren? Ich bekomme nie welche, immer nur unbestellte Kataloge. All dieser neumodische Kram – war denn das nötig?“3 Gerade aufgrund der exponierten Stellung muss sich die Norm nach ihrer Rechtfertigung fragen lassen.4 Durch § 241a BGB wird mit der Zusendung unbestellter Waren eine prominente Fallgruppe normiert. Trotz der Überschrift des § 241a BGB (Lieferung unbestellter Sachen) erschöpft sich darin jedoch nicht der Anwendungsbereich der Vorschrift.5 Neben unbestellten Sachen werden nämlich sämtliche unbe1 Berger JuS 2001, 649, 654 re. Sp.; im Ergebnis auch Casper ZIP 2000, 1602, 1607 li. Sp. 2 Flume ZIP 2000, 1427, 1428 f. 3 Hensen ZIP 2000, 1151 li. Sp. 4 Hensen ZIP 2000, 1151 li. Sp.: „Nun duckt sich unser Goldstück, der § 242 BGB, ganz klein hinter dem schrecklichen § 241a BGB.“ 5 Obwohl durch Art. 2 Abs. 2 des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26.11.2001 (BGBl I, S. 3138) im gesamten BGB amtliche Überschriften eingeführt wurden. Vgl. zu den Konsequenzen Leipold NJW 2003, 2657, 2659 li. Sp., wonach
82
3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
stellte Leistungen und somit ebenso Dienst- oder Werkleistung erfasst. Berücksichtigt man beispielsweise die großzügige Erbringung von Leistungen im Bereich des Handwerks ohne jede Bestellung,6 dann sind die vorauszusehenden Wirkungen der Vorschrift nicht derart unbedeutend, § 241a BGB überflüssig erscheinen zu lassen. Im Übrigen ist auch die klassische Zusendung unbestellter Waren immer noch anzutreffen, wie Entscheidungen aus neuerer Zeit7 und spektakuläre Fälle aus der Praxis8 zeigen.
B. Umsetzungsbedarf der Richtlinie 97/7/EG vom 20.5.1997 Unabhängig von der Frage einer empirischen Rechtfertigung der Norm ergibt sich ein Umsetzungsbedarf nach Art. 9 FARL:9 Danach treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um 1. Spiegelstrich: „. . . zu untersagen, dass einem Verbraucher ohne vorherige Bestellung Waren geliefert oder Dienstleistungen erbracht werden, wenn mit der Warenlieferung oder Dienstleistungserbringung eine Zahlungsaufforderung verbunden ist“ und 2. Spiegelstrich: „. . . den Verbraucher von jedweder Gegenleistung für den Fall zu befreien, dass unbestellte Waren geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht wurden, wobei das Ausbleiben einer Reaktion nicht als Zustimmung gilt.“
I. Umsetzungsbedarf nach Art. 9, erster Spiegelstrich FARL Art. 9, erster Spiegelstrich FARL verlangt von den Mitgliedstaaten eine eindeutige rechtliche Regelung, die es den Gewerbetreibenden verbietet, den Verbraucher durch die unverlangte Zusendung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu einer Zahlung zu zwingen.10
nun die zum Gesetzestext gehörenden offiziellen Überschriften bei der Auslegung des Gesetzes berücksichtigt werden müssen, während dies bei den nicht amtlichen Überschriften nicht der Fall war. 6 So etwa bei der Reparatur von Kraftfahrzeugen. 7 OLG Stuttgart NJWE-WettbR 1996, 38 f.; OLG Köln GRUR-RR 2002, 236 f. 8 Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 180, dessen Beispielsfall der unbestellten Zusendung einer CD-ROM im Wert von 100,– DM an etwa 37.000 Anwälte zwar nicht dem § 241a BGB unterfällt, aber dennoch thematisch einschlägig ist. 9 Richtlinie 97/7/EG vom 20.5.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz in NJW 1998, S. 212–215, vgl. Anhang I. 10 Micklitz in: Grabitz/Hilf III, A 3 Rn. 139.
B. Umsetzungsbedarf der Richtlinie 97/7/EG vom 20.5.1997
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Nach bisherigem Recht erfüllt die Erbringung unbestellter Leistungen als Form der anreißerischen Werbung den Tatbestand der Sittenwidrigkeit gem. § 1 UWG.11 Die Wettbewerbswidrigkeit wird damit begründet, dass die Zusendung unbestellter Ware Unannehmlichkeiten für den Empfänger mit sich bringe, die ihn in seiner freien Willensentscheidung beeinflussen und dazu veranlassen könnten, die Ware nicht mit Rücksicht auf sachliche Gründe zu erwerben.12 Die Sittenwidrigkeit dieser Vertriebsform löse damit gem. § 1 UWG Unterlassungsansprüche aus, welche den Verbraucher mittelbar schützten. Aus diesem Grund sei ein Bedürfnis für die Umsetzung nicht gegeben.13 1. Nach dem heutigen Verständnis des Wettbewerbsrechtes stellt dieses keinen reinen deliktsrechtlichen Konkurrentenschutz dar. Vielmehr werden daneben mit gleichem Rang die Verbraucher sowie die Allgemeinheit gegen Missbräuche und Auswüchse der Wettbewerbsfreiheit geschützt.14 Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Interessen der Verbraucher nur dann berücksichtigt werden können, wenn der Anwendungsbereich des § 1 UWG eröffnet ist. Die Feststellung der Sittenwidrigkeit gem. § 1 UWG setzt jedoch ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs voraus. Ob ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs vorliegt, betrifft die Frage nach dem Vorliegen eines wettbewerblichen Tatbestandes, d.h. ob ein wettbewerbliches, dem UWG unterfallendes Verhalten überhaupt in Betracht kommt. Mit der weiteren Frage, ob das in Rede stehende Verhalten sittenwidrig ist, hat die Frage nach dem Vorliegen eines wettbewerblichen Tatbestandes nichts zu tun.15 Nur in diesem Licht kann die eben angedeutete sozialrechtliche Interpretation des UWG verstanden werden. Im Kern bezweckt das UWG damit einen deliktsrechtlichen Konkurrentenschutz.16 Eine Veränderung dieser Funktion des Wettbewerbsrechts tritt auch nicht im Rahmen einer Neustrukturierung des Wettbewerbsrechts durch den Entwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ein.17 Nach diesem Ge11 St. Rspr. BGH GRUR 1959, 277, 278 f. – Künstlerpostkarten; BGH GRUR 1960, 382, 383 – Verbandstoffe; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 72; Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 16 Rn. 39; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 12, 5 (S. 155); Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183; Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 2 Rn. 56. 12 BGH GRUR 1959, 277, 278 f. – Künstlerpostkarten; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 12, 5 (S. 155). 13 BT-Drs. 14/2658, S. 23 re. Sp.; Sosnitza BB 2000, 2317, 2318 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1604 li. Sp.; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 2; Härting, Fernabsatzgesetz, Einl. Rn. 84; Waldenberger K&R 1999, 345, 352 li. Sp.; Gößmann MMR 1998, 88, 91 re. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 2 f. m. w. N.; a. A. Micklitz/Reich, Fernabsatzrichtlinie, S. 75 f., 121; Tonner BB 2000, 1413, 1418 li. Sp. 14 Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 3, 2 (S. 17) m. w. N.; Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 24; Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 1 Rn. 17 f.; zur Entwicklung der Schutzzweckdiskussion Beater, Verbraucherschutz, S. 8 ff. und Großkomm-Schünemann, Einl. C 9 ff. 15 Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 206. 16 Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 4, 3 (S. 22).
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
setzesentwurf setzt der Schutz des Verbrauchers weiterhin eine wettbewerbliche Beziehung voraus. Obwohl der Schutz des Verbrauchers nun in § 1 Satz 1 des Entwurfes anerkannt ist, begründet das Wettbewerbsrecht keine individuellen Ansprüche des Verbrauchers.18 Der primäre Zweck des UWG liegt weiterhin darin, das Marktverhalten zu regeln. 2. Definiert man ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs nach der herrschenden Ansicht, ist Voraussetzung ein Tun, das den Absatz einer Person zulasten eines anderen Wettbewerbers zu fördern geeignet ist, objektiv Wettbewerbszwecken dienen kann und von einer auf Wettbewerb gerichteten Absicht getragen ist.19 Selbst wenn bei der Bestimmung des Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs in der Rechtsprechung großzügig verfahren wird,20 ist dennoch Grundvoraussetzung eines Wettbewerbsverhältnisses, dass die unternehmerische Handlung die eigene Wettbewerbsstellung zulasten eines anderen Wettbewerbers beeinflussen können muss.21 Wird das Feld des wirtschaftlichen Wettbewerbs demnach weit gezogen, ist damit dennoch eine Grenze gesetzt. Ohne eine wettbewerbliche Beziehung zwischen zwei oder mehr Personen kann es keinen unlauteren Wettbewerb geben.22 So liegt ein unlauterer Wettbewerb dann nicht vor, wenn sich die fraglichen Unternehmen an völlig unterschiedliche Verkehrsund Kundenkreise richten.23 Insbesondere der vorliegend interessierende Schutz des Verbrauchers vollzieht sich nur im Rahmen eines Gesetzes, welches die Beziehungen zwischen Wettbewerbern regelt und nicht eines Gesetzes, das allgemein das Geschäftsgebaren der Gewerbetreibenden normiert.24 Aufgabe und Funktion des Lauterkeitsrechts ist es nicht, im wirtschaftlichen Verkehr redliches Verhalten generell zu gewährleisten.25 Im Gegensatz zu diesem vorherrschenden Verständnis des Wettbewerbsrechts, muss festgestellt werden, dass die persönliche Beeinträchtigung des Verbrauchers durch die Handlung eines Unternehmers unabhängig davon besteht, ob letzterer im Wettbewerb mit einem weiteren Unternehmer steht. Aus Sicht des Verbrauchers macht es keinen Unter17 BT-Drs. 15/1487; RefE GRUR 2003, 298 ff.; vgl. die Bewertung durch Köhler GRUR 2003, 265 ff. 18 BT-Drs. 15/1487, S. 22; RefE GRUR 2003, 298, 308 re. Sp. 19 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. Rn. 215; Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 4, 3 (S. 23) m. w. N.; Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 2 Rn. 8 f.; a. A. Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 11 Rn. 32. 20 St. Rspr. BGHZ 13, 244, 249; 93, 96, 97 – DIMPLE; Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 2 Rn. 9. 21 Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 210, 236; kritisch Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 11 Rn. 32 m. w. N., der den bloßen Kaufkraftwettbewerb ausreichen lässt. 22 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. Rn. 219. 23 Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 4, 4a (S. 25). 24 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. Rn. 219. 25 Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 205; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. Rn. 219.
B. Umsetzungsbedarf der Richtlinie 97/7/EG vom 20.5.1997
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schied, ob der Unternehmer eine Monopolstellung innehat26 oder ob eine Handlung durch die öffentliche Hand vorliegt. Trotz der weiten Auslegung des Begriffs des Wettbewerbsverhältnisses durch die Rechtsprechung27 bietet nämlich das UWG keinen ausreichenden Schutz, wenn ein Monopolunternehmen handelt.28 Weiterhin verfährt die Praxis bei der Leistungserbringung durch die öffentliche Hand ausgesprochen großzügig, bevor sie ein solches Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs annimmt.29 Größtenteils wird es bereits als ausreichend angesehen, dass die öffentliche Hand mit ihrer Tätigkeit irgendwelche öffentlichen Zwecke verfolgt, um ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs auszuschließen.30 Dagegen fallen öffentliche Unternehmer dann, wenn sie Leistungen gegen Entgelt anbieten, ohne weiteres in den Anwendungsbereich von Art. 9, erster Spiegelstrich FARL, der nur davon spricht, dass der Verbraucher vor unbestellten Leistungen zu schützen ist, dagegen keine weiteren Anforderungen an die Unternehmereigenschaft stellt.31 Dies zeigt – auch wenn sich die relevanten Fallgruppen einschränken lassen – deutlich, dass das Wettbewerbsrecht aufgrund seiner Konzeption als Konkurrentenschutzrecht den Verbraucher nicht umfassend schützt. Solange das Wettbewerbsrecht Verbraucherinteressen nur als Kollektivinteressen im Rahmen von Wettbewerbsverhältnissen einbezieht und dem einzelnen Verbraucher damit keine Individualansprüche zuerkennt,32 kann von einem durch Art. 9, erster Spiegelstrich FARL geforderten Schutzniveau hinsichtlich der Erbringung unbestellter Leistungen nicht gesprochen werden. Mit der Wettbewerbswidrigkeit ist dem betroffenen Verbraucher, der weder die Ware erwerben noch die Kosten für die Rücksendung tragen will, nicht geholfen, wenn weder Konkurrenten noch Wettbewerbs- oder Verbraucherverbünde auf Unterlassung klagen.33 Nach Art. 9, erster Spiegelstrich FARL soll dem Unternehmer untersagt werden, den Verbraucher durch jegliche unbestellte Leistungserbringung zu einer Zahlung zu veranlassen.34 Danach muss der Verbraucher in jedem Fall, unabhängig von einem Wett26
Beater, Verbraucherschutz, S. 29. St. Rspr. BGHZ 13, 244, 249; 93, 96, 97 – DIMPLE; Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 2 Rn. 9 m. w. N. 28 Beater, Verbraucherschutz, S. 29; ders., Unlauterer Wettbewerb, § 10 Rn. 18: „Dogmatische Gretchenfrage ist die nach der Anwendbarkeit des UWG auf das Handeln von Monopolunternehmen.“ 29 Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 4, 6a (S. 32). 30 Emmerich, Wettbewerbsrecht, § 4, 6a (S. 32) m. w. N. 31 Zur öffentlichen Hand als Unternehmer gem. § 14 BGB vgl. MünchKomm-Micklitz § 14 Rn. 19; Palandt-Heinrichs § 14 Rn. 2; Härting, Fernabsatzgesetz, Einl. Rn. 60. 32 Zum gegenwärtigen Schutz von Individualinteressen des Verbrauchers vgl. Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 240; Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 28 Rn. 5. 33 Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 16 Rn. 40. 34 Micklitz in: Grabitz/Hilf III, A 3 Rn. 139; Erwägung Nr. 5 der FARL: „. . . die Käufer von Gütern oder Dienstleistungen vor der Forderung nach Zahlung nicht bestellter Waren . . . zu schützen.“ 27
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
bewerbsverhältnis, vor unbestellten Leistungen mit Zahlungsaufforderung geschützt werden. 3. Deutlicher wird diese Vorgabe bei Erbringung einer anderen als der bestellten Leistung als Ersatz für eine nicht verfügbare bestellte Leistung. Während bei erstmaligem Erbringen unbestellter Waren regelmäßig die Wettbewerbswidrigkeit angenommen wird und diese damit gem. § 1 UWG untersagt werden kann, lässt sich nach der Rechtsprechung des BGH der Fall der Ersatzleistung nicht ohne weiteres dem der Zusendung überhaupt nicht bestellter Ware an die Seite stellen.35 Eine Sittenwidrigkeit gem. § 1 UWG liege nur dann vor, wenn eine die Wettbewerbswidrigkeit begründende Belästigung vorliege, die wettbewerblich von Bedeutung sei. Dies sei dann der Fall, wenn dem Besteller stillschweigend eine Leistung in der Hoffnung aufgedrängt werde, dass er den Unterschied entweder nicht bemerke oder, um sich Unannehmlichkeiten zu ersparen, es bei der ihm aufgedrängten Lage bewenden lasse.36 Nach dem Wettbewerbsrecht kann somit der Fall, dass der Unternehmer bei der Leistungserbringung offen auf die Abweichung hinweist, nicht gem. § 1 UWG untersagt werden.37 Dies genügt den Anforderungen der Richtlinie nicht. Neben der Forderung nach einer generellen Untersagung gem. Art. 9, erster Spiegelstrich FARL können die Mitgliedstaaten im Rahmen des Art. 7 Abs. 3 FARL nur vorsehen, dass der Lieferer dem Verbraucher eine qualitätsmäßig und preislich gleichwertige Dienstleistung erbringen kann, wenn diese Möglichkeit vor Vertragsabschluss oder in dem Vertrag vorgesehen wurde. Von dieser Möglichkeit ist der Verbraucher in klarer und verständlicher Form zu unterrichten. Zusätzlich ist er nach Art. 7 Abs. 3 FARL davon zu unterrichten, dass er die Kosten der Rücksendung in diesem Fall nicht zu tragen hat. 4. Ein Anspruch in entsprechender Anwendung des § 1004 Abs. 1 BGB (quasinegatorischer Anspruch), basierend auf der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts38 und der Beeinträchtigung der Privatsphäre, ist nicht geeignet, die Aufdrängung von Leistungen wirkungsvoll zu unterbinden. Seine Rechtsfolgen sind nämlich auf Beseitigung und Unterlassung des Eingriffs gerichtet. Erstere Rechtsschutzmöglichkeit ist auf die Beseitigung einer in der Vergangenheit eingetretenen, aber noch in der Gegenwart fortwirkenden, letztere auf die Unterlassung einer künftigen Beeinträchtigung gerichtet.39 Während
35
BGH GRUR 1965, 361, 362 re. Sp. – Taxi-Bestellung. BGH GRUR 1965, 607, 608 li. Sp. – Funkmietwagen. 37 BGH GRUR 1965, 607, 608 re. Sp. – Funkmietwagen: „. . . denn wettbewerbswidrig ist nur das Unterschieben einer anderen als der verlangten Leistung ohne Aufklärung des Bestellers.“ 38 BT-Drs. 14/2658, S. 22 re. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 650 li. Sp.; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183; a. A. Micklitz/Reich, Fernabsatzrichtlinie, S. 75. 39 MünchKomm-Medicus § 1004 Rn. 59 ff., 80 ff. 36
B. Umsetzungsbedarf der Richtlinie 97/7/EG vom 20.5.1997
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der Beseitigungsanspruch vom Verbraucher regelmäßig nicht durchgesetzt zu werden braucht, da der Unternehmer ein eigenes Interesse daran hat, die Leistung bei Nichtabschluss eines Vertrages zurückzuerlangen, setzt der Unterlassungsanspruch eine entsprechende Kenntnis des Empfängers über ein zukünftiges Ereignis voraus, die er regelmäßig nicht haben wird. Ein weiteres Hindernis für Durchsetzung des Anspruches auf Unterlassung oder Beseitigung stellt der zu betreibende prozessuale Aufwand dar, der in keinem Verhältnis zum Vorteil des beeinträchtigten Empfängers steht.
II. Umsetzungsbedarf nach Art. 9, zweiter Spiegelstrich FARL Nach dem geltenden Recht entstehen durch die Erbringung der unbestellten Leistung keine vertraglichen Ansprüche.40 Zwar liegt ein Antrag auf Abschluss eines Vertrages und bei dessen Annahme ein solcher auf Übereignung seitens des Unternehmers vor. Durch Schweigen kommt ein solcher Vertrag aber nicht zustande.41 Versteht man somit die Gegenleistung in Art. 9 FARL als vertragliche Gegenleistung, bedurfte es keiner Umsetzung.42 1. Diese Auslegung wird aber der autonomen Anwendung der Richtlinie nicht gerecht. Da ein europäisches Schuldrecht fehlt, ist die Vorschrift aus sich heraus zu verstehen, was eine Anknüpfung an deutsch-rechtliche Grundsätze verbietet.43 Nach dem Wortlaut des Art 9, zweiter Spiegelstrich FARL ist der Verbraucher von jedweder Gegenleistung für den Fall zu befreien, dass unbestellte Waren geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht wurden, wobei das Ausbleiben einer Reaktion nicht als Zustimmung gilt. Aus diesem Zusammenhang heraus kann die Gegenleistung nicht als eine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Zahlungsverpflichtung verstanden werden. Die Befreiung hat für den Fall zu erfolgen, dass unbestellte Waren geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht wurden. Liegt ein solcher Fall vor, dann gilt das Ausbleiben einer Reaktion nicht als Zustimmung. Demnach ist gerade dann, wenn eine unbestellte Ware geliefert wird – also wenn gerade kein vertraglicher Anspruch aufgrund 40
MünchKomm-Kramer § 145 Rn. 11. Jauernig vor § 116 Rn. 10; Schwung JuS 1985, 449, 450 li. Sp.; Bunte in: FS für Gaedertz, S. 87, 89. 42 Lorenz JuS 2000, 833, 841 li. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 650 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1604 li. Sp. m. w. N. in Fn. 19; Härting, Fernabsatzgesetz, Einl. Rn. 84; Bodewig DZWir 1997, 447, 453 re. Sp.; Härting CR 1999, 507, 511 li. Sp.; Waldenberger, K&R 1999, 345, 352 re. Sp.; Gößmann MMR 1998, 88, 91 re. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 2 f.; a. A. BT-Drs. 14/2658, S. 23 f.; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 2; Tonner BB 2000, 1413, 1418 li. Sp. 43 Casper ZIP 2000, 1602, 1604 li. Sp.; S. Lorenz in: FS für W. Lorenz, S. 193, 194 ff.; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 2, der gleiches aus der verbraucherschützenden Gesamtintention der FARL und dem Effektivitätsgebot entnimmt. 41
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
der bloßen Zusendung entsteht – eine Befreiung von der Gegenleistung vorzunehmen. Bei diesem Verständnis würde die Richtlinie jedoch eine Selbstverständlichkeit feststellen, da das Ausbleiben einer Reaktion in keiner Rechtsordnung als Zustimmung gewertet wird,44 also in diesem beschriebenen Fall niemals eine synallagmatische Gegenleistung entstehen kann.45 Eine Auslegung einer Norm, die diese als zwecklos, weil überflüssig ansieht, ist zu vermeiden,46 weil dem Gesetzgeber grundsätzlich eine sinnhafte Normgebung zugetraut wird. Deshalb ist die Gegenleistung als jede Leistung zu interpretieren, die der Verbraucher an den Unternehmer zu entrichten hat. Dafür spricht auch die Bezeichnung als jedwede Gegenleistung.47 Würde nur die Zahlung der Gegenleistung erfasst, dann würde das Wort jedwede überflüssig und damit falsch sein.48 2. Vor jedweden Ansprüchen aus der Leistungserbringung ist der Verbraucher aber nach der bisherigen Rechtslage nicht geschützt.49 Demnach können insbesondere aus der Leistung in Form der Lieferung einer Sache Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis,50 aus ungerechtfertigter Bereicherung51 und deliktische Ansprüche52 entstehen. Zwar wird insoweit der mildere Haftungsmaßstab aus § 300 Abs. 1 BGB entsprechend angewandt53 und der Schadensersatzanspruch gem. § 254 BGB gekürzt.54 Dies än44 Kötz, Europäisches Vertragsrecht I, § 2 C II 2 (S. 41): „Überall anerkannt ist der Grundsatz, dass in bloßem Schweigen keine Annahme des Angebots liegt.“ So bestimmt Art. 18 Abs. 1 S. 2 UN-Kaufrecht: „Schweigen oder Untätigkeit allein stellen keine Annahme dar.“ 45 Nach Micklitz in: Grabitz/Hilf III, A3 Rn. 140 ist genau diese Aussage Kern des Art. 9, zweiter Spiegelstrich, obwohl er selbst feststellt, dass „. . . in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen . . . Übereinstimmung zu herrschen scheint, als die unbestellte Zusendung . . . nicht zum Vertragsschluss führt.“ 46 Bydlinski, Methodenlehre, S. 445. 47 AnwKom-Krebs § 241a Rn. 2. 48 A. A. Casper ZIP 2000, 1602, 1604 li. Sp.; Waldenberger K&R 1999, 345, 352 re. Sp. unter Hinweis auf Bezeichnung der Überschrift der FARL als „. . . Richtlinie . . . über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz“ und Erwägungsgrund Nr. 5 der FARL „. . . Schutz . . . vor Forderung nach Zahlung nicht bestellter Waren.“ 49 Zur bisherigen Rechtslage vgl. Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 42; Berger JuS 2001, 649, 650 li. Sp.; Sosnitza BB 2000, S. 2317, 2318 li. Sp. 50 MünchKomm-Medicus vor §§ 987–1003 Rn. 16; Schwung JuS 1985, 449, 451; Bunte in: FS für Gaedertz, S. 87, 91; a. A. herrschende Meinung, wobei der Empfänger als berechtigter Besitzer angesehen wird: Staudinger-Grunsky, vor §§ 987–993, Rn. 11; Staudinger-Bork (1996) § 146 Rn. 15; Soergel-Mühl § 990 Rn. 17. 51 Schwung JuS 1985, 449, 451 li. Sp.; Staudinger-Bork (1996) § 146 Rn. 15. 52 Staudinger-Bork (1996) § 146 Rn. 16. 53 Flume, Allgemeiner Teil II, § 35 II 3 a. E.; zur Begründung Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 42 m. w. N. 54 Schwung JuS 1985, 449, 452 re. Sp.
C. Standort für eine Umsetzung der Richtlinie
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dert jedoch nichts an der grundsätzlichen Verpflichtung zum Schadensersatz.55 So merkt dann auch Medicus an, der Empfänger dürfe die Waren nach der alten Rechtslage nicht einfach wegwerfen, sondern habe sie, bis sie der Absender abhole, aufzubewahren. Grund dafür sei die Tatsache, dass der Empfänger, der die Sache nicht haben wolle, wisse, dass er sie herausgeben müsse.56 Diese möglichen Leistungspflichten unterfallen nach dem obigen weiten Verständnis dem Anwendungsbereich der Richtlinie und lösen einen Umsetzungsbedarf aus.57
III. Art. 14 FARL Auch bei einem abweichenden Verständnis können keine negativen Rechtsfolgen für eine Anwendung des § 241a BGB abgeleitet werden. Gem. Art. 14 Satz 1 FARL können die Mitgliedstaaten in dem unter diese Richtlinie fallenden Bereich strengere Bestimmungen erlassen oder aufrechterhalten, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustellen.
C. Standort für eine Umsetzung der Richtlinie Nachdem ein Umsetzungsbedarf festgestellt wurde, hat sich die Norm der verbreiteten Kritik an ihrem Standort im Schuldrecht zu stellen.58 Neben dem grundsätzlichen Standort im Bürgerlichen Gesetzbuch hätte sich auch eine Regelung im Wettbewerbsrecht und prinzipiell auch im Ordnungswidrigkeitenrecht angeboten.59 Obiger Argumentation zufolge ist eine Lösung im materiellen Strafrecht, wozu auch das Ordnungswidrigkeitenrecht zählt,60 nur als ultima ratio zulässig.61 Da ein solcher Fall nicht vorliegt, ist eine privatrechtliche Lösung anzustreben. Neben dem Zivilrecht stellt aber auch das Wettbewerbsrecht Privatrecht in Form eines Sonderprivatrechts dar.62 Der Gesetzgeber hat die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs überwiegend mit dem Gestaltungsmittel des 55 A. A. Jauernig § 145 Rn. 6, der von einem Recht des Empfängers ausgeht, sich der Sache zu entledigen. 56 MünchKomm-Medicus vor § 987 Rn. 16; a. A. Jauernig § 146 Rn. 6; Soergel-Wolf § 145 Rn. 26 bei geringwertigen Sachen. 57 Tendenziell so auch S. Lorenz in: FS für W. Lorenz, S. 193, 196. 58 Vgl. zur Einfügung eines weiteren a-Paragrafen im BGB Casper NJW 2002, 3425 ff. 59 Für letzteren Standort: Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp.; a. A. Matzky NStZ 2002, 458, 463 li. Sp. 60 Göhler, OWiG, vor § 1 Rn. 5: Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht sind nicht nach qualitativen, sondern quantitativen Merkmalen zu unterscheiden. 61 2. Kapitel B. III. 5; vgl. auch Matzky NStZ 2002, 458, 463 li. Sp. 62 Köhler/Piper, UWG, Einf. 38; Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 14; Gloy, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 33.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Privatrechts organisiert.63 Eine Regelung im Wettbewerbsrecht wäre somit eine Alternative zu einer Verankerung im Zivilrecht gewesen. Im Gesetzgebungsverfahren wurde diese Möglichkeit gesehen.64 Sie wurde jedoch dahingehend beantwortet, dass das Wettbewerbsrecht die Verkaufspraktiken nicht zurückgedrängt habe und dieses demzufolge durch zivilrechtliche Ansprüche unterlegt werden solle.65 Danach sei im deutschen Recht ein zwingender Standort für eine Regelung schwer auszumachen. Geeignet erschien deshalb eine neue Vorschrift nach § 241 BGB, da sich im Schuldrecht die Folgen der Zusendung unbestellter Ware am besten regeln lassen könnten.66 Noch im Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz sollte dem § 305 BGB ein Absatz 2 mit dem Inhalt des heutigen § 241a BGB angefügt werden.67 In der Literatur wurde überwiegend eine Umsetzung von Art. 9 FARL im Wettbewerbsrecht erwogen.68 So wurden bereits konkrete Vorschläge für eine diesbezügliche Novellierung des UWG unterbreitet, indem an die §§ 6a–c UWG ein § 6d UWG angefügt werden sollte. Diesem Vorschlag zufolge hätte § 6d UWG eine Unterlassungsverpflichtung an die unbestellte Leistungserbringung anknüpft.69 Die Argumente erschöpften sich jedoch darin, dass es dafür gute Gründe gäbe70 und die Vorschrift jedenfalls nicht in das BGB gehöre.71 Zahlreiche Vertreter sprachen sich demgegenüber für eine zivilrechtliche Lösung aus.72
63 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. UWG Rn. 54, vereinzelt Strafrecht §§ 4, 6c, 15 bis 18, 20 UWG. 64 Stellungnahme des Bundesrates BT-Drs. 14/2920, S. 7 li. Sp. zu § 661a BGB. 65 Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses BT-Drs. 14/3195, S. 33 f. zu § 661a BGB. 66 BT-Drs. 14/2658, S. 46 li. Sp.; a. A. Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 16 f., der die zentrale Stellung des § 241a BGB im allgemeinen Schuldrecht als unangemessen bezeichnet und eine Einfügung in die Vorschriften über den Fernabsatz vorschlägt. Kritisch auch Tonner BB 2000, 1413, 1418. 67 Dazu Waldenberger K&R 1999, 345, 352; Härting CR 1999, 507, 511 li. Sp. 68 Sosnitza BB 2000, 2317, 2321 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; Ring, Fernabsatzgesetz, Teil IV Art. 2 Rn. 18; Micklitz/Reich, Fernabsatzrichtlinie, S. 121 f. 69 Micklitz/Reich, Fernabsatzrichtlinie, S. 121 f; vgl. Anhang III. 70 Sosnitza BB 2000, 2317, 2321 re. Sp. 71 Flume ZIP 2000, 1427, 1429 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; PalandtHeinrichs § 241a Rn. 1 gegen die Einordnung zwischen den schuldrechtlichen Grundnormen. 72 Tonner BB 2000, 1413, 1418 li. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 16 f. mit dem Vorschlag einer Regelung im Fernabsatzgesetz; Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 363 Fn. 29: „. . . wo anders . . . als im Rahmen des Bürgerlichen Rechts.“; Roth JZ 2000, 1013, 1014 für Verbrauchergesetze allgemein; Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 16 Rn. 40.
C. Standort für eine Umsetzung der Richtlinie
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I. Umsetzung im BGB In der Diskussion spiegelt sich das generelle Problem wider, ob das Verbraucherschutzrecht in das BGB zu integrieren oder außerhalb dessen umgesetzt werden soll. Eine Regelung außerhalb des BGB ist abzulehnen, da sie zu einer Erosion desselben führt. Der Bürger als Verbraucher könnte anderenfalls seine Rechtsstellung im Schuldrecht, anders als im Erb- und Familienrecht, nicht mehr aus dem Zivilrecht entnehmen. Die Auslagerung von Verbrauchervorschriften würde diesen Vorgang beschleunigen und die Anwendbarkeit des BGB auf Ereignisse des täglichen Lebens weitgehend entwerten.73 Nach Medicus müsse der Verbraucherschutz in das BGB integrieren werden.74 Anderenfalls werde das BGB in seinen Aussagen irreführend, da der Verbraucherschutz aus dem BGB ersichtlich sein solle.75 Die durch eine Integration hervorgerufenen Wertungswidersprüche mit dem bestehenden System des Bürgerlichen Gesetzbuches seien auch bei einer Sondergesetzgebung unvermeidlich.76 Durch das Einfügen der Norm in das BGB soll nicht zuletzt eine Problemlage präzisiert werden, die weniger dem Wettbewerbsrecht, als vielmehr der zivilrechtlichen Behandlung Schwierigkeiten bereitet. Während im Wettbewerbsrecht weitgehend Einigkeit über die Unzulässigkeit dieser Vertriebsform besteht,77 waren die zivilrechtlichen Rechtsfolgen heftig umstritten.78 Selbst wenn durch § 241a BGB nur die Leistungserbringung von Unternehmern an Verbraucher erfasst wird und dadurch, wie im Folgenden zu sehen sein wird, neue Problemlagen entstehen, ist das Zivilrecht thematisch einschlägig. Darüber hinaus lässt sich die angeordnete Rechtsfolge in Form eines Anspruchsausschlusses im Rechtsfolgensystem des BGB widerspruchsfrei verankern.79 Die gegenteilige Auffassung übersieht, dass Einwendungen als Verteidigungsmittel im Zivilrecht nichts Ungewöhnliches darstellen.80 Weiterhin sind die Voraussetzungen des Anspruchsausschlusses gem. § 241a BGB unabhängig von einer wettbewerbsrechtlichen Beurteilung zu bestim73 W.-H. Roth JZ 2001, 475, 487 li. Sp. zu einem einheitlichen Verbrauchergesetzbuch. 74 Medicus in: Schulte-Nölke, Diskussionsbericht JZ 2001, 497 f. 75 H. Roth JZ 2000, 1013, 1014 re. Sp. 76 Medicus in: Schulte-Nölke, Diskussionsbericht JZ 2001, 497 f. 77 Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183 ff.; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 12, 5 (S. 154 f.). 78 Vgl. MünchKomm-Medicus vor § 987 Rn. 16; Staudinger-Bork (1996) § 146 Rn. 13 ff. m. w. N. 79 A. A. Schwarz NJW 2001, 1449 li. Sp. 80 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 18 Rn. 50 ff.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
men.81 Die Anknüpfung an die wettbewerbsrechtliche Beurteilung war das ursprüngliche Motiv des Gesetzgebers.82 Dieses hat jedoch keinen Niederschlag in der tatbestandlichen Fassung der Norm gefunden. Der Anspruchsausschluss ist unabhängig von einer wettbewerbswidrigen Handlung ausgestaltet worden. Die Bedeutung dieser Tatsache verkennen diejenigen, welche die Verknüpfung von Wettbewerbsrecht und zivilrechtlichem Anspruchsausschluss als ungewohnt empfinden.83 Eine solche Verknüpfung besteht nämlich nicht. Vielmehr war der Schutz des Wettbewerbs nur der Anlass für die Schaffung der Norm.
II. Umsetzung im Wettbewerbsrecht Für eine Regelung im Wettbewerbsrecht spricht insbesondere der systematische Zusammenhang zwischen der Zusendung unbestellter Waren und der Fallgruppe des Kundenfangs durch Anreißen im Rahmen des § 1 UWG.84 Weiterhin hat sich das Wettbewerbsrecht inzwischen als Spezialmaterie verfeinert und verästelt.85 Für eine wettbewerbsrechtliche Umsetzung der FARL spricht demnach die durch das UWG hergestellte Symmetrie von gesetzlicher Funktion und ökonomischer Sanktion.86 1. Bei einer Umsetzung der Richtlinie im Wettbewerbsrecht würde sich dagegen das Problem stellen, dass der Verbraucher im UWG bisher nur überindividuelles Schutzgut ist.87 Verbraucherinteressen werden insbesondere bei der Konkretisierung der Generalklausel des § 1 UWG nur jeweils neben anderen betroffenen Interessen mitberücksichtigt.88 Dabei fließt der Verbraucherschutz als Kollektivinteresse in die Abwägung ein und sichert damit die Verbraucherschaft als solche.89 Individualinteressen einzelner Verbraucher erfasst das UWG dagegen nicht, sondern lehnt einen solchen Schutz bewusst und durchweg ab. Die wichtigste Konsequenz aus der wettbewerbsrechtlichen Unbeachtlichkeit von Verbraucherindividualinteressen ist, dass der einzelne Verbraucher nicht Inhaber wettbewerbsrechtlicher Ansprüche sein kann.90 Weder ist er unmittelbar Verletz-
81 A. A. Palandt-Heinrichs, § 241a Rn. 4 mit verfassungskonformer Auslegung, um lauter Handelnden zu begünstigen; Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 7. 82 BT-Drs. 14/3195, S. 32 li. Sp.; 14/2920, S. 14 li. Sp. 83 Sosnitza BB 2000, 2317, 2321 li. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 7. 84 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 72. 85 Lehmann BB 1981, 1717, 1722 li. Sp.; so im Ergebnis auch Ring, Fernabsatzgesetz, Teil IV Art. 2 Rn. 18. 86 Lehmann BB 1981, 1717, 1722 li. Sp. 87 Ahrens WRP 1978, 667, 684 li. Sp.; vgl. zur Diskussion des Verbraucherschutzes im UWG 3. Kapitel B I 1. 88 Emmerich, Unlauterer Wettbewerb (5. Auflage), § 3, 3 (S. 14). 89 Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 28 Rn. 5.
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ter einer wettbewerbswidrigen Handlung91 noch sind die Normen des UWG Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.92 Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Klagemöglichkeiten stehen nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG allein Verbrauchereinrichtungen zu. Diese verfolgen aber keine Individualinteressen, sondern Interessen der Gesamtheit der Verbraucher. Daran ändert der Gesetzesentwurf zur Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb nichts. Das UWG begründet weiterhin keine individuellen Ansprüche des Verbrauchers und ist trotz der ausdrücklichen Feststellung des Verbraucherschutzes als Schutzzweck in § 1 Satz 1 des Entwurfes kein Schutzgesetz gem. § 823 Abs. 2 BGB.93 2. Zwar wurde mit der Einführung des § 13a UWG erstmalig ein teilweiser Übergang vom nur kollektiven zum individuellen Verbraucherschutz vollzogen.94 Der § 13a UWG hat sich aber gerade durch seine Einbettung im Wettbewerbsrecht und der damit verbundenen tatbestandlichen Einengung als folgenlos erwiesen.95 Durch den gesetzesinternen Verweis und die damit verbundene Anlehnung an die Dogmatik des § 4 UWG genügt beispielsweise nicht jede Irreführung des Verbrauchers durch einen Unternehmer. Vielmehr ist eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung erforderlich.96 Im Einzelfall ist demnach eine Werbung mit unwahren Angaben mangels Irreführungsgefahr zugelassen.97 Außerdem muss die irreführende und unwahre Angabe in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, enthalten sein.98 Nicht erfasst werden damit Werbeangaben gegenüber Einzelpersonen oder einem engeren Personenkreis.99 Aufgrund dieser engen Voraussetzungen, deren Ursache auch in der Einpassung in die Systema90 Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 28 Rn. 5; Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 42, vor § 13 Rn. 84. 91 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. Rn. 322; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 13. Kapitel Rn. 4. 92 BGH GRUR 1975, 150 f.; Köhler/Piper, UWG, Einf. 42; Scherer WRP 1992, 607, 611; a. A. Lindacher BB 1975, 1311, 1312 re. Sp.; Schricker GRUR 1975, 111, 118 f. 93 BT-Drs. 15/1487, S. 22; RefE GRUR 2003, 298, 308 re. Sp.; a. A. Fezer WRP 2001, 989, 998 re. Sp. 94 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 37 Rn. 2; Staudinger-Köhler (2001) § 13a UWG Rn. 1; Schaefer ZIP 1987, 554, 563 f. 95 Sosnitza BB 2000, 2317, 2323 re. Sp. 96 Sack BB 1987, Beilage 2, 6 li. Sp.; Staudinger-Köhler (2001) § 13a UWG Rn. 16. 97 St. Rspr. BGH GRUR 1979, 415, 416 – Cantil-Flasche; GRUR 1991, 852, 855 – Aquavit; Staudinger-Köhler (2001) § 13a UWG Rn. 16. 98 Staudinger-Köhler (2001) § 13a UWG Rn. 16: „Diese weitreichende Einschränkung des Abnehmerschutzes erfolgt offenbar als Zugeständnis an die Interessen der Absatzwirtschaft.“ 99 Staudinger-Köhler (2001) § 13a UWG Rn. 13 m. w. N.: dies bedeutet „. . . eine gewisse Schutzlücke.“
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
tik des UWG zu suchen ist,100 ist der Versuch einer Individualisierung des Abnehmerschutzes gem. § 13a UWG fehlgeschlagen. Dem bislang einzigen subjektiv-individuellen Recht der Abnehmer innerhalb des UWG wird keinerlei praktische Bedeutung zugemessen.101 Der Gesetzesentwurf zur Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb sieht demzufolge eine ersatzlose Streichung von § 13a UWG vor.102 3. Passt man einen individuellen Anspruch des Abnehmers in das System des UWG ein, ist ein Bezug zu einem Wettbewerbsverhältnis erforderlich, da ein solches im UWG regelmäßig vorausgesetzt wird.103 Der Gesetzesentwurf zur Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb nimmt insoweit keine Änderung vor. Der in der Generalklausel des § 3 des Entwurfes vorgeschlagene Begriff der Wettbewerbshandlung, soll der Legaldefinition des § 2 Nr. 1 des Entwurfes zufolge weiterhin dem Begriff des Handelns im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs nach § 1 UWG entsprechen.104 Daran anknüpfend stellt sich aber die Frage, welchen inneren Bezug das individuelle Absatzgeschehen zum Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses hat.105 Die Beeinträchtigung des Empfängers einer unbestellten Leistung besteht gerade unabhängig von diesem. 4. Erweitert man nicht den Katalog der gem. § 13 UWG klagebefugten Personen oder sieht den Verbraucher als Verletzten an, kann der Verbraucher die durch das UWG gewährten Rechte nicht durchsetzen. Dies zeigt der Vorschlag von Micklitz/Reich.106 Danach hätte Art. 9, 1. Spiegelstrich FARL durch Anfügung eines § 6d UWG umgesetzt werden sollen. Unterlassungsansprüche hätten nach der Systematik des UWG aber nur einem Gewerbetreibenden, nicht dagegen dem Verbraucher zugestanden, da anspruchsberechtigt nach dem UWG von vornherein nur Gewerbetreibende sind.107 Wenn weder die Konkurrenten des die unbestellte Leistung erbringenden Unternehmers noch die Wettbewerbs- oder Verbraucher100 Sack BB 1987, Beil 2, S. 6 li. Sp.; so sinngemäß auch Sosnitza BB 2000, 2317, 2323 re. Sp. 101 Lehmann/Dürrschmidt GRUR 1997, 549 re. Sp.; Köhler/Piper, UWG, § 13a Rn. 1: „. . . Bedeutung des § 13a UWG ist . . . gering.“; Schricker GRUR Int. 1996, 473, 474, Fn. 18: „§ 13a UWG hat sich als praktisch bedeutungslos erwiesen.“; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 14, 10c (S. 201); Sosnitza BB 2000, 2317, 2323 re. Sp.; Fikentscher, Schulrecht, Rn. 426. 102 BT-Drs. 15/1487, S. 14; RefE GRUR 2003, 298, 303 re. Sp. 103 von Gamm, Wettbewerbsrecht, Kap.17 Rn. 29: Selbst dort, wo dieses Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs nicht ausdrücklich vorausgesetzt wird, sind Tatbestandsmerkmale genannt, „. . . die der Sache nach unter den Oberbegriff eines Handelns zu Wettbewerbszwecken fallen.“ So auch Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 209. 104 BT-Drs. 15/1487, S. 16; RefE GRUR 2003, 298, 304 re. Sp. 105 Ahrens WRP 1978, 667, 684 li. Sp. 106 Siehe Anhang III. 107 Köhler/Piper, UWG, vor § 13 Rn. 84; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. Rn. 322.
C. Standort für eine Umsetzung der Richtlinie
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verbände die durch eine Verletzung des vorgeschlagenen § 6d UWG entstehenden Ansprüche durchsetzen, ist dem einzelnen Verbraucher nicht geholfen. 5. Wird dagegen ein Individualanspruch des Verbrauchers losgelöst von einem Wettbewerbsverhältnis im UWG begründet, wäre eine Neustrukturierung des Wettbewerbsrechts notwendig.108 Für diesen Fall wird bereits argumentiert, dass die auf diese Weise eingefügten Normen einen Fremdkörper im System des UWG darstellen würden, das seiner Natur nach nur Wettbewerbsverhältnisse regeln solle.109 Somit taucht das Argument des Fremdkörpers sowohl bei zivilrechtlicher110 als auch bei wettbewerbsrechtlicher Verankerung auf. Es verwundert deshalb nicht, wenn § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB die Rechtsfolgen von öffentlichen Äußerungen von dem Irreführungsgedanken des UWG löst und im Zivilrecht regelt.111 Konsequent erscheint es demzufolge, wenn im Gesetzesentwurf zur Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb die ersatzlose Streichung des § 13a UWG, als dem bislang einzigen subjektiv-individuellen Recht der Abnehmer im Wettbewerbsrecht, vorgeschlagen wird, verbunden mit dem Hinweis, dass ein ausreichender Schutz des Abnehmers durch das Schuldrecht sichergestellt sei.112 Von der Systematik ist das gegenwärtige Wettbewerbsrecht ohne grundsätzliche Umstrukturierung nicht geeignet, den individualschützenden Charakter des § 241a BGB aufzunehmen. Dies wäre aber notwendig, wenn man anerkennt, dass das bisherige Wettbewerbsrecht bestimmte Verkaufspraktiken nicht wirksam bekämpfen konnte.113
III. Umsetzung im Allgemeinen Teil des Schuldrechts Eine Verankerung im allgemeinen Schuldrecht ist sachgerecht und zu bevorzugen.114 Das Schuldrecht stellt nämlich die Rechtsregeln bereit, die zum Austausch von Vermögensgegenständen und zum Ausgleich von Benachteiligungen 108
Fezer WRP 2001, 989, 998. Ahrens WRP 1978, 667, 684 li. Sp.; Borck WRP 1978, 333, 337 li. Sp.; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 4, 3 (S. 22): „. . . im Kern . . . Konkurrentenschutz bezweckt.“; a. A. Lindacher BB 1975, 1311 ff.; Schricker GRUR 1975, 111, 118 f. 110 Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; a. A. Sosnitza BB 2000, 2317, 2320 f. 111 Umsetzung von Art. 2 Abs. 2 lit. d der Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten der Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABlEG Nr. L 171 vom 7.7.1999; kritisch Kircher ZRP 1997, 290, 292 li. Sp.; a. A. Medicus ZIP 1996, 1925, 1926 f.: Unterschied zu bisherigen Recht ist nicht wesentlich.; Rieger VuR 1999, 287, 288 re. Sp. 112 BT-Drs. 15/1487, S. 14; RefE GRUR 2003, 298, 303 re. Sp. 113 BT-Drs. 14/2920, S. 15 re. Sp. zu § 661a BGB; Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 16 Rn. 40; Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 363 Fn. 29: „. . . wo anders . . . als im Rahmen des Bürgerlichen Rechts.“ 109
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
und Schäden benötigt werden.115 Das Gemeinsame und Kennzeichnende des Schuldrechts liegt vor allem in seiner Rechtsfolge in Form des schuldrechtlichen Anspruches. Woraus sich dieser Anspruch ergibt, gehört genauso in den Bereich des Schuldrechts wie Inhalt, Veränderung, Untergang und Störung dieses Anspruchs.116 In seiner Systematik vollzieht das Recht der Schuldverhältnisse ebenfalls den Schritt vom Allgemeinen zum Besonderen. Auf diese Weise wird in den §§ 241 – 432 BGB der Versuch unternommen, Gemeinsamkeiten, die für sämtliche der speziellen Schuldbeziehungen von Belang sind, vorab zu erfassen.117 Gewisse allgemeine Grundsätze des Schuldrechts beanspruchen auch in anderen Teilen der Rechtsordnung Geltung.118 Da § 241a BGB für sämtliche Ansprüche gelten soll,119 bietet sich der allgemeine Teil des Schuldrechts an.120
D. Regelungstechnik des § 241a BGB Die in Bezug auf § 241a BGB vorgetragene Kritik bezieht sich nicht nur auf den Standort der Vorschrift.121 Einwände werden gleichzeitig gegen die Regelungstechnik des Gesetzgebers erhoben.122 Die Normierung eines Einzelfalles sei dem BGB bisher fremd geblieben. Vielmehr ginge die Technik des Zivilgesetzgebers dahin, generalisierend mit abstrakten Wortbildungen und technischen Ausdrücken auf der einen123 und unbestimmten Begriffen und Generalklauseln auf der anderen Seite Recht zu setzen.124 Diese Grundsätze in Verbindung mit
114 A. A. Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 16; Tonner BB 2000, 1413, 1418 li. Sp. für Umsetzung im Fernabsatzgesetz. 115 Fikentscher, Schuldrecht, § 1 Rn. 3. 116 Fikentscher, Schuldrecht, § 1 Rn. 3. 117 Esser/Eike Schmidt, Schuldrecht I/1, § 3 II 2 (S. 52). 118 Erman-Werner Einl. § 241 Rn. 10 zur Anwendung des allgemeinen Schuldrechts auf dingliche Ansprüche. 119 BT-Drs. 14/2658, S. 23 f.: „Es soll . . . eine Regelung . . . geschaffen werden, die klarstellt, dass den Verbraucher keinerlei Verbindlichkeiten, weder Schadensersatznoch Nutzungsherausgabeansprüche, treffen und . . . diese Freistellung auch auf die Rückgabeverpflichtung zu erstrecken.“ 120 Sosnitza BB 2000, 2317, 2319 li. Sp.: „. . . zwingender Standort für die Regelung (ist) . . . nur schwer auszumachen.“ Im Anschluss an BT-Drs. 14/2658, S. 46 li. Sp.; a. A. Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 16; Tonner BB 2000, 1413, 1418 li. Sp. 121 Casper NJW 2002, 3425 und 3428 zur Stellung und Regelungstechnik des § 105a BGB als weiteren a-Paragrafen an markanter Stelle im BGB. 122 Flume ZIP 2000, 1427, 1428 re. Sp.; Hensen ZIP 2000, 1151 li. Sp.; Schöne/ Fröschle, Unbestellte Waren, S. 1: „§ 241a BGB kann durchaus als Musterbeispiel für eine misslungene ,Umsetzung‘ europarechtlich gebotener Vorgaben in das nationale Recht angesehen werden.“ 123 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 3 Rn. 99. 124 Enneccerus/Nipperdey, AT 1/1, § 15 I 1, (S. 72).
E. Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB
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den Auslegungsmaximen hätten es ermöglicht, auch dann eine vernünftige Entscheidung zu finden, wenn eine gesetzgeberische Lücke bestand.125 Demgegenüber stelle insbesondere § 241a BGB die Arbeit eines kasuistischen Gesetzgebers dar, der sich teilweise der Umgangssprache bediene, die zu einer Geschwätzigkeit im unverbindlichen Bereich neige.126 Der Charakter der Gesetze wandele sich zu einer Maßnahmegesetzgebung, die sich anders als die auf Dauer angelegten großen Kodifikationen weniger leicht rechtsdogmatisch rationalisieren lasse.127 Der auf die Positivierung des Einzelfalles gerichtete Blick versperre vielfach die Möglichkeit, den Rechtsstoff souverän umzukneten: statt kleiner Brötchen das große Brot zu backen, wie es der Kodifikationsgedanke eigentlich fordere.128 Darin wiederum liege ein Grund für jene Änderungsdynamik, derzufolge Detailregelungen besonders änderungsanfällig seien.129 Die Auswirkungen neuer Regelungen auf den bestehenden Rechtsstoff seien weiterhin unübersichtlich und in den Einzelheiten ebenso unübersehbar.130 Festzustellen ist aber ebenso, dass selbst der historische Gesetzgeber des BGB weder Lücken noch den Wandel des Rechts durch die Rechtsprechung unterbinden konnte. Deshalb wird man erst recht den heutigen Alltags-Gesetzgeber nicht überfordern dürfen.131 Denn hinter der heutigen Gesetzgebungstechnik steht das Grundsatzproblem, dass der Verlust einheitlicher Gerechtigkeitsvorstellungen und der Wandel zur Interventionsgesetzgebung eine rechtsdogmatisch rationale Gesetzgebung strukturell erschwert hat.132 Dies hat insbesondere angesichts der Tatsache einer verstärkten Tätigkeit des europäischen Gesetzgebers im Zivilrecht durch zahlreiche umzusetzende Vorgaben in Richtlinien zu gelten.133
E. Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB In § 241a Abs. 1 BGB wird bestimmt, dass durch die Lieferung unbestellter Sachen oder durch die Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen durch einen 125 Enneccerus/Nipperdey, AT 1/1, § 15 I 1, (S. 72); kritisch zur Rechtssprache des BGB: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 3 Rn. 100. 126 Schulze-Fielitz, Gesetzgebung, S. 521; Flume ZIP 2000, 1427, 1428 re. Sp. zu § 241a BGB: Vorschrift mit einer „. . . geschwätzigen Formulierung“; Hensen ZIP 2000, 1151 li. Sp. 127 Schulze-Fielitz, Gesetzgebung, S. 528; Diederichsen AcP 182 (1982), 101, 110. 128 Diederichsen AcP 182 (1982), 101, 110. 129 Schulze-Fielitz, Gesetzgebung, S. 528. 130 Öhlinger in: Methodik der Gesetzgebung, S. 17, 22; Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp.: „Eine systemwidrige Vorschrift und ganze Bibliotheken entstehen.“ 131 Schulze-Fielitz, Gesetzgebung, S. 528. 132 Schulze-Fielitz, Gesetzgebung, S. 528. 133 Angedeutet bei Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 1.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Unternehmer an einen Verbraucher ein Anspruch gegen diesen nicht begründet wird. § 241a Abs. 1 BGB bezieht sich damit zum einen auf die Lieferung unbestellter Sachen, zum anderen auf die Erbringung sonstiger unbestellter Leistungen. Aufgrund der Bezeichnung „sonstiger“ und der in den weiteren Absätzen ausschließlichen Verwendung des Begriffs der Leistung, ist die Leistung als Oberbegriff anzusehen,134 welche sich in die genannten zwei Fallgruppen unterteilt. In § 241a Abs. 2 und Abs. 3 BGB sind jeweils Ausschlussgründe für die Anwendung des § 241a Abs. 1 BGB genannt. Während § 241a Abs. 2 BGB dann eingreift, wenn die Leistung nicht für den Empfänger bestimmt war oder in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte, liegt eine unbestellte Leistung gem. § 241a Abs. 3 BGB dann nicht vor, wenn statt der bestellten eine nach Qualität und Preis gleichwertige Leistung angeboten und der Empfänger darauf hingewiesen wird, dass er zur Annahme nicht verpflichtet ist und die Kosten der Rücksendung nicht zu tragen hat.
I. Sachlicher Anwendungsbereich Der sachliche Anwendungsbereich des § 241a Abs. 1 BGB setzt die Lieferung unbestellter Sachen oder die Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen voraus. 1. Begriff der Leistung und der Lieferung im Sinne des § 241a BGB Der Begriff der Leistung als Oberbegriff ist dem BGB bekannt, da sich das gesamte Schuldrecht auf den Leistungsbegriff bezieht. Aufgrund des umfassenden Anwendungsbereiches ist es schwierig ein einheitliches Verständnis des Leistungsbegriffes auszumachen. Letzteres ist vielmehr ambivalent und doppeldeutig und dessen Inhalt im jeweiligen verwendeten Zusammenhang zu bestimmen.135 Deshalb wäre eine Legaldefinition des Leistungsbegriffs in § 241a BGB notwendig gewesen.136 Versucht man dennoch, an im Schuldrecht bereits vorhandenen Kategorien anzuknüpfen, erscheint eine teilweise Anlehnung an das Verständnis des Leistungsbegriffs im Bereicherungsrecht als möglich. Danach kann die Leistung als die bewusste Vermehrung fremden Vermögens angesehen werden.137. Genauso wie im Bereicherungsrecht kann das Erfordernis der bewussten Leistungserbringung in § 241a Abs. 1 BGB dazu dienen, die Leistung von der Erlangung in sonstiger Weise abzugrenzen. Letztere löst den Tat134 135
Zu letzterem Argument Casper ZIP 2000, 1602, 1604 li. Sp. Vgl. Staudinger-J. Schmidt (1995) § 241 Rn. 76; MünchKomm-Kramer § 241
Rn. 7. 136 137
Casper ZIP 2000, 1602, 1604 re. Sp. Staudinger-Lorenz (1999) § 812 Rn. 4; MünchKomm-Lieb § 812 Rn. 13 ff.
E. Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB
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bestand des § 241a Abs. 1 BGB gerade nicht aus. Fordert man demzufolge eine bewusste Vermögensmehrung, stellt sich das weitere Problem, ob eine solche nur zu Gunsten eines bestimmten Empfängers erfolgen kann. Entscheidend wird dies bei der Beantwortung der Frage, ob eine durch einen Dritten fehlgeleitete Leistung überhaupt eine Leistung im Sinn des § 241a Abs. 1 BGB darstellt. Ein solcher Irrläufer liegt beispielsweise dann vor, wenn sich die Transportperson irrt und an einen anderen als den bestimmten Empfänger leistet. In diesem Fall hat der Unternehmer nicht das Bewusstsein, an den tatsächlichen Empfänger zu leisten. Ein Anspruchsausschluss würde in diesem Fall schon mangels Leistung nicht eintreten, wenn gefordert würde, dass der Unternehmer das Bewusstsein haben muss, das Vermögen einer bestimmten Person zu mehren.138 Diese Fallgruppe wird jedoch ausdrücklich durch § 241a Abs. 2, 1. Alt. BGB geregelt, so dass diese Wertung für die Bestimmung des Leistungsbegriffs maßgeblich ist. Selbst in diesem Fall, in dem der Unternehmer an eine bestimmte Person leisten will, die Leistung aber aus Versehen an eine dritte Person erbracht wird, bezeichnet das Gesetz die Handlung gem. § 241a Abs. 2, 1. Alt. BGB als Leistung. Unter Berücksichtigung der Wertung dieses Merkmals muss es für eine Leistung nach § 241a BGB ausreichen, wenn der Unternehmer diese willentlich aus der Hand gibt. Nicht erforderlich ist für das Vorliegen einer Leistung, dass der Unternehmer an einen bestimmten Empfänger leisten will.139 In Abweichung zum Bereicherungsrecht ist weiterhin keine Zwecksetzung der Leistung erforderlich.140 Zwar wurde ein solches Erfordernis noch im Gesetzgebungsverfahren vorgeschlagen, so dass nur eine Leistung zum Zwecke der Anbahnung eines Vertrages erfasst werden sollte.141 Aufgrund der Befürchtung, dass diese Formulierung die eindeutige Aussage der Vorschrift verdunkeln könnte, wurde diese Einschränkung nicht eingefügt.142 Nur im Einzelfall kann eine dem Empfänger erkennbare, abweichende Zwecksetzung § 241a Abs. 1 BGB unanwendbar machen. Dies ist jedoch keine Frage der Leistung, sondern der Anwendbarkeit des § 241a Abs. 2 BGB. Will der Unternehmer mit der bewussten Vermögensmehrung zu Gunsten des Empfängers einen bestimmten Zweck erfüllen, zum Beispiel auf eine vermeintliche Bestellung hin leisten, dann hindert diese positive Zwecksetzung den Anspruchsausschluss des § 241a Abs. 1 BGB dann, wenn diese Zwecksetzung dem Empfänger gem. § 241a Abs. 2, 2. Alt. BGB zumindest erkennbar ist.
138
Wendehorst DStR 2000, 1311, 1317 li. Sp. Zweifelnd Wendehorst DStR 2000, 1311, 1317 li. Sp. 140 St. Rspr. für Bereicherungsrecht BGH 40, 272, 277; BGH NJW 1999, 1393, 1394 li. Sp.; Staudinger-Lorenz (1999) § 812 Rn. 4; kritisch dazu Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 70 V 1 (S. 238), § 70 VI 2 (S. 248 f.); a.a. Hau NJW 2001, 2863, 2865. 141 BT-Drs. 14/3195, S. 8 (Synopse). 142 BT-Drs. 14/3195, S. 32 (Begründung). 139
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Da der Begriff der Leistung der Oberbegriff ist, gelten die Ausführungen gleichsam für den Begriff der Lieferung, dessen unterscheidendes Merkmal lediglich die Leistung einer Sache gem. § 90 BGB ist. Der Begriff der Lieferung wurde erstmals in dieser Form im Bürgerlichen Gesetzbuch verwandt, um ein Tatbestandsmerkmal zu beschreiben. Im Zuge der Modernisierung des Schuldrechts findet der Begriff der Lieferung häufiger Anwendung und ist nun Bestandteil in § 434 Abs. 3 BGB und § 651 BGB.143 Zu den letztgenannten Vorschriften wird angemerkt, dass die Lieferung die Handlung zur Verschaffung der Herrschaftsmacht sei.144 Ein darüber hinausgehender Erkenntnisgewinn ist damit allerdings nicht verbunden. 2. Die Lieferung oder sonstige unbestellte Leistung beim Handeln Dritter Da der Gesetzgeber bei Schaffung der Norm ausschließlich das Zweipersonenverhältnis im Blick hatte, schweigen sowohl der Wortlaut als auch die Gesetzesmaterialien zu der Frage, welche Besonderheiten bei der Leistungserbringung durch Dritte zu beachten sind. Im Folgenden wird deshalb im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, wer als Träger einer Leistung anzusehen ist und unter welchen Umständen das Handeln Dritter zugerechnet werden kann. Bei letzterer Frage wird es insbesondere um die Zurechnung des für eine Leistung erforderlichen Bewusstseins und die daran anknüpfenden Irrtümer gem. § 241a Abs. 2, 2. Alt. BGB gehen. a) Träger der Leistung Voraussetzung des § 241a Abs. 1 BGB ist eine Lieferung oder sonstige Leistung durch einen Unternehmer. Schon aufgrund dieser personellen Anforderung ist für die Eröffnung des Anwendungsbereichs entscheidend, wer eine Lieferung oder sonstige Leistung erbringt. Eindeutig ist eine Beurteilung, solange ein Arbeitnehmer des Unternehmers tätig wird. Denkbar sind aber auch Fälle, in denen ein dritter Unternehmer die bestellte Leistung für einen anderen Unternehmer erbringt. Liegt eine selbständige Leistung eines dritten Unternehmers an den Empfänger vor, dann muss auch diese bestellt sein, um nicht § 241a Abs. 1 BGB zu unterfallen. aa) Diese Möglichkeiten einer Leistungserbringung zeigen, dass die Leistung neben dem tatsächlichen Moment der bewussten Vermögensmehrung zusätzlich 143 Vollständige Neufassung durch Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11. 2001 (BGBl. I S. 3138). 144 Ergänzungsband zu Palandt-Putzo § 434 Rn. 53.
E. Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB
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eine normative Komponente enthält. Es kann nur das Ergebnis einer Wertung sein, wann ein Dritter so selbständig bei der Leistungserbringung auftritt, dass nur er als Leistender gem. § 241a Abs. 1 BGB anzusehen ist. Dagegen kann nicht im naturwissenschaftlichen Sinn gefragt werden, wer die größeren Anstrengungen zur Leistungserbringung unternimmt. bb) Da die Vorschrift aufgrund der bisher umstrittenen zivilrechtlichen Behandlung besonders im Interesse des belästigten Empfängers erlassen wurde,145 muss bei der Bestimmung des Leistungsträgers insbesondere auf die dem Leistungsempfänger erkennbaren objektiven Umstände abgestellt werden. Tritt aus Sicht des Leistungsempfängers der Dritte selbständig auf und ordnet sich nicht erkennbar der erteilten Bestellung unter, wird er selbst zum Erbringer der Leistung. Weitere Kriterien sind die erkennbare Abhängigkeit des Dritten von der Organisation des Bestellungsempfängers146 und die Zuordnung der Mittel, mit denen die Leistung erbracht wird. Sendet der Dritte im Fall der Lieferung ihm gehörende Sachen zu, dann ist besonders darauf zu achten, ob er die Leistung in Anerkennung der erteilten Bestellung erbringt oder ein davon unabhängiges Absatzgeschäft anstrebt. Im Zweifel sollte der Bestellungsempfänger aber als Träger der Leistung angesehen werden, da die Inanspruchnahme Dritter aufgrund der heutigen Arbeitsorganisation üblich ist. Dies gilt nicht, wenn sich der Dritte bei der Leistungserbringung erkennbar von diesem zu vermutenden Zusammenhang distanziert. cc) Einen anderen Ansatzpunkt zur Beschreibung der eben genannten Fallkonstellation könnte § 267 Abs. 1 BGB bieten, der auf dem Gedanken beruht, dass der Gläubiger grundsätzlich nur an der Herbeiführung des Leistungserfolges, nicht aber an der Person des Leistenden interessiert ist.147 Vergleichbar der Leistung gem. § 241a Abs. 1 BGB muss der Empfänger das Verhalten des Leistenden auch im Rahmen des § 267 Abs. 1 BGB als Ausdruck des Willens verstehen dürfen, eine fremde Leistung zu erbringen.148 Nachteilig wirkt sich bei einem Weg über die Vorschrift des § 267 BGB aus, dass dieser bei höchstpersönlichen Leistungen unanwendbar ist.149 Weiterhin ist der seltene aber mögliche Fall des § 267 Abs. 2 BGB zu bedenken, der zu einer unbestellten Leistung führen kann. Aufgrund der mit dieser Vorschrift verbundenen Unsicherheiten für den Dritten, die zu einem Ausschluss seiner Ansprüche gem. § 241a BGB führen kann, sollte § 267 BGB nicht zur Bestimmung des Leistungsträgers herangezogen werden. So bestimmt § 267 BGB die Erfüllungswirkung einer Drittleis145
BT-Drs. 14/2658, S. 46 li. Sp. Begrifflich soll der Unternehmer als Bestellungsempfänger und der Verbraucher als Leistungsempfänger bezeichnet werden. 147 MünchKomm-Krüger § 267 Rn. 2; Staudinger-Selb (1995) § 267 Rn. 1. 148 St. Rspr. BGHZ 43, 1, 11; 75, 299, 303; MünchKomm-Krüger § 267 Rn. 11; Erman-Kuckuk § 267 Rn. 4. 149 Staudinger-Selb (1995) § 267 Rn. 1. 146
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
tung und damit, wann das Schuldverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner erlischt.150 Demgegenüber soll im § 241a Abs. 1 BGB die Frage beantwortet werden, wann die Leistungserbringung durch einen Dritten überraschend und damit belästigend wirkt,151 weil sie keinen erkennbaren Bezug mehr zur abgegebenen Bestellung hat. Beide Fragen nach unterschiedlichen Kriterien zu beurteilen, ist aufgrund des abweichenden Gesetzeszweckes notwendig. Demnach ist ein Dritter nur dann Leistungsträger, wenn er erkennbar selbständig gegenüber dem Empfänger auftritt und sich durch sein Verhalten von einer bereits vorliegenden Bestellung distanziert. Trotz der eher großzügigen Bestimmung des Leistungsträgers zu Gunsten von dritten Unternehmern im Rahmen des § 241a BGB sollten Subunternehmer, die Drittleistungen gegenüber Verbrauchern erbringen, ihr Verhältnis zum Auftragnehmer als dem Bestellungsempfänger bei der Leistungserbringung offen legen, um eine eigene Leistung und die Konflikte mit § 241a Abs. 1 BGB zu vermeiden. b) Zurechnung der unbestellten Lieferung oder sonstigen Leistung Im vorstehenden Abschnitt wurde die Frage erörtert, in welcher Person die Voraussetzungen des § 241a BGB vorliegen müssen, um einen Anspruchsausschluss zu bewirken. Leistet demnach ein Dritter für einen Leistungsträger, dann ist für die Wirkung des § 241a BGB entscheidend, ob letzterer die Eigenschaften gem. § 14 BGB erfüllt, ob ihm gegenüber eine Bestellung vorliegt oder ob er trotz Kenntnis der fehlenden Bestellung leistete. Dagegen ist unerheblich, ob der Dritte selbst Unternehmer gem. § 14 BGB ist und ob ihm gegenüber eine Bestellung vorliegt, da er nicht Träger der Leistung ist. Diese mögliche Arbeitsteilung zwischen dem Leistungsträger und einem Dritten birgt jedoch die Gefahr, dass der Leistungsträger intern sämtliche Entscheidungsbefugnisse auf den Dritten überträgt und sich aufgrund seiner tatsächlichen Unkenntnis von den Vorgängen darauf berufen kann, dass er keine Kenntnis von einer unbestellten Leistung des Dritten hatte. Im Folgenden soll dargestellt werden, unter welchen Voraussetzungen die bewusste Leistungserbringung beim Handeln eines Dritten in der Person des Unternehmers vorliegt, d.h. letzterem zugerechnet wird. Weiterhin ist von Interesse, wie mit einer Leistung im Zusammenhang stehende Irrtümer – beispielsweise gem. § 241a Abs. 2, 2. Alt. BGB – berücksichtigt werden können.
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Staudinger-Selb (1995) § 267 Rn. 13. BT-Drs. 14/2658, S. 46.
E. Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB
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aa) Systematik der Zurechnung Die Zurechnung des Verhaltens Dritter stellt sich als komplexe Problematik dar. Ihr liegt stets die Tatsache zu Grunde, dass ein Rechtssubjekt ohne Zurechnung nicht alle Tatbestandsmerkmale selbst erfüllt, wohl aber zusammen mit einem anderen Rechtssubjekt, und dass eine zuordnende Gesamtschau der tatbestandsrelevanten Verhältnisse stattfindet.152 Eine einheitliche Kennzeichnung und Systematisierung ist schwierig.153 Das liegt zum einen daran, dass sich Zurechnungstatbestände in allen Rechtsgebieten finden, und zum anderen an der Vielfalt dessen, was zugerechnet werden kann.154 Nach einer groben Einteilung der Zurechnungstatbestände wird ein Verhalten gem. §§ 31, 164, 278 BGB und Wissen gem. § 166 BGB zugerechnet.155 Eine Zurechnung eines Verhaltens gem. § 278 Satz 1 BGB setzt das Vorliegen eines Sonderrechtsverhältnisses und die Erfüllung einer Verbindlichkeit voraus. Außerhalb von Sonderrechtsverhältnissen wird bei Drittverhalten allein nach § 831 BGB für ein eigenes Auswahl- und Überwachungsverschulden gehaftet.156 §§ 31, 89 BGB enthalten eine besondere Zurechnungsnorm für den Fall, dass als Dritter ein Organ handelt. Letztgenannte Vorschriften gelten gleichermaßen für ein Handeln inner- und außerhalb von Sonderrechtsverhältnissen und stellen eine lex specialis zu § 278 Satz 1 BGB und zu § 831 BGB dar. Geht es nicht um ein Verhalten, sondern um Wissen eines Dritten, so greift allein § 166 BGB inner- und außerhalb eines Sonderrechtsverhältnisses ein.157 Die Anwendbarkeit dieser scheinbar einfachen Abgrenzung zwischen der Zurechnung von Wissen gem. § 166 BGB und einem Verhalten gem. § 278 Satz 1 BGB wird dadurch erschwert, dass ein verschuldetes Verhalten insbesondere bei Vorsatz immer auch ein Wissenselement enthält, wie beispielsweise der Fall der Arglist zeigt.158 So erfolgt eine Zurechnung des arglistigen Verhaltens von Hilfspersonen159 teilweise durch eine Betonung des Wissenselements gem. § 166 BGB.160 Die gegenteilige Auffassung sieht sich aufgrund des notwendigen Wollenselements gehindert gem. § 166 BGB zuzurechnen und wendet 152
Bork, Allgemeiner Teil, Rn. 1324. Waltermann NJW 1993, 889, 895 li. Sp.: „. . . die Zurechnung bedarf der gesetzlichen Neuregelung“; zur Kritik an § 831 BGB vgl. MünchKomm-Stein § 831 Rn. 8; Staudinger-Belling/Eberl-Borges (1999) § 831 Rn. 127. 154 Bork, Allgemeiner Teil, Rn. 1322. 155 Bork, Allgemeiner Teil, Rn. 1322; Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 889; ErmanHefermehl § 990 Rn. 4. 156 Insofern ist eine Zuordnung des § 831 BGB in den Zusammenhang der Zurechnung zumindest missverständlich, da der Geschäftsherr für eigenes Verschulden haftet; Erman-Schiemann § 831 Rn. 1. 157 MünchKomm-Grundmann § 278 Rn. 6. 158 Waltermann AcP 192 (1992), 181, 188. 159 Beispielsweise im Rahmen des § 463 Satz 2 BGB. 153
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
§ 278 Satz 1 BGB an.161 Andererseits wird in Fällen, in denen es um die Kenntnis von Umständen geht, gem. § 278 Satz 1 BGB zugerechnet. So wird vom BGH die zur Sittenwidrigkeit erforderliche Kenntnis im Rahmen des § 138 BGB über § 278 Satz 1 BGB zugerechnet.162 Betrachtet man die (bewusste) unbestellte Leistung gem. § 241a Abs. 1 BGB stellt diese vornehmlich ein Verhalten dar. Geht es dagegen um die irrtümliche Annahme einer Bestellung gem. § 241a Abs. 2, 2. Alt. BGB, dann sind Wissenselemente dominierend. bb) Zurechnung entsprechend § 13 Abs. 4 UWG Neben den in Betracht kommenden allgemeinen Vorschriften sind aber stets spezielle Zurechnungsnormen zu beachten. Eine solche stellt § 13 Abs. 4 UWG dar.163 § 13 Abs. 4 UWG ist gerade deshalb erwägenswert, weil § 241a BGB zur Unterbindung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens eingefügt wurde.164 Werden danach bestimmte Zuwiderhandlungen gegen das UWG in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so ist der daraus folgende Unterlassungsanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs begründet. (1) Gem. § 13 Abs. 4 UWG haftet der Inhaber eines Betriebes für das wettbewerbswidrige Verhalten eines Angestellten oder Beauftragten in einem geschäftlichen Betrieb.165 Die Bedeutung des § 13 Abs. 4 UWG besteht in einer Verschärfung gegenüber der Haftung nach den allgemeinen bürgerlichrechtlichen Regeln. Die sonst bei der Haftung des Geschäftsherrn für seinen Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB bestehende Möglichkeit des Entlastungsbeweises ist dem nach § 13 Abs. 4 UWG haftenden Betriebsinhaber versagt. Dieser haftet daher auch, wenn der Wettbewerbsverstoß ohne sein Wissen und sogar gegen seinen Willen von einem Angestellten oder Beauftragten begangen wird.166 Es 160 MünchKomm-H. P. Westermann § 463 Rn. 15; zweifelnd Waltermann AcP 192 (1992), S. 181, 215 f. m. w. N., ob voluntatives Element gem. § 166 BGB zugerechnet werden kann. 161 So die ältere Rechtsprechung des BGH BB 1968, 689, 690 li. Sp.; BGHZ 62, 63, 66; a. A. BGH NJW 1996, 1205 ff., BGHZ 117, 104, 106. 162 BGH NJW-RR 1990, 750, 751 zur Kenntnis der Umstände, welche die Sittenwidrigkeit begründen; a. A. Soergel-Wolf § 278 Rn. 3; MünchKomm-Grundmann § 278 Rn. 9; BGH NJW 1992, 899 f. 163 Großkomm-Erdmann § 13 Rn. 144; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 21, 6a. (S. 340); vgl. § 8 Abs. 2 des Entwurfes eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb BT-Drs. 15/1487. 164 BT-Drs. 14/2658, S. 46 li. Sp.; MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 3; Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp. 165 Köhler/Piper, UWG, § 13 Rn. 38; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 13 Rn. 60; Großkomm-Erdmann, § 13 UWG Rn. 144. 166 BGH WRP 2000, S. 1258, 1261 li. Sp.; Köhler/Piper, UWG, § 13 Rn. 38; kritisch Großkomm-Erdmann, § 13 UWG Rn. 143 für eine Begrenzung entsprechend dem
E. Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB
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handelt sich um eine Sonderregelung, die eine Erfolgshaftung des Betriebsinhabers für wettbewerbswidriges Verhalten Dritter begründet.167 Von ihrem Anwendungsbereich ist die Norm aber auf einen Unterlassungsanspruch und den zu seiner Vorbereitung dienenden Auskunftsanspruch beschränkt. Keine Anwendung findet § 13 Abs. 4 UWG auf den Schadensersatz- oder Bereicherungsanspruch.168 Insoweit ist auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 31, 831 BGB zurückzugreifen, da das Wettbewerbsrecht einen Ausschnitt aus dem Recht der unerlaubten Handlungen darstellt.169 (2) Da § 241a BGB keinen Unterlassungsanspruch darstellt, kommt eine unmittelbare Anwendung des § 13 Abs. 4 UWG nicht in Betracht. Für eine analoge Anwendung ist neben der planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes eine vergleichbare gesetzliche Wertung erforderlich.170 Eine eindeutige Zuordnung des § 241a BGB in die von § 13 Abs. 4 UWG zu Grunde gelegten Kategorien von Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch ist nicht möglich. Demzufolge kann ein Vergleich nur an den wesentlichen Funktionen eines Unterlassungsanspruches auf der einen und § 241a BGB auf der anderen Seite anknüpfen. Ein Anspruch in Form des Unterlassungsanspruches dient der Abwehr künftiger und der gleichzeitig vorliegende Beseitigungsanspruch der Abwehr fortdauernder Beeinträchtigungen.171 Vergleicht man die Wirkung des § 241a BGB ist festzustellen, dass der durch § 241a BGB angeordnete Nachteil geeignet ist, eine zumeist auch wettbewerbswidrige Verhaltensweise zu verhindern. § 241a BGB ist damit ähnlich dem Unterlassungsanspruch geeignet, künftige Handlungen zu unterbinden. Gleichzeitig wird durch den Anspruchsausschluss die ansonsten fortdauernde Beeinträchtigung des Empfängers beseitigt, indem er mit der Leistung nach Belieben verfahren kann.172 Betrachtet man diese faktischen Konsequenzen der Vorschrift, Normzweck in Fällen, „. . . in denen die wettbewerbswidrige Handlung völlig am Betriebsinhaber vorbeiläuft und ihm in keiner Weise zugute kommt.“ 167 Köhler/Piper, UWG, § 13 Rn. 38. 168 BGH GRUR 1980, 116, 117 – Textildrucke; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 13 Rn. 60; Köhler GRUR 1991, 344, 352 re. Sp.; anders dagegen §§ 14 VII, 15 VI MarkenG, welche auch das Verschulden des Angestellten oder Beauftragten zurechnen und somit einen Schadensersatz gegenüber dem Betriebsinhaber begründen. 169 Köhler GRUR 1991, 344, 345 li. Sp.; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. UWG Rn. 397. 170 Larenz, Methodenlehre, 373 ff.; Bydlinski, Methodenlehre, 475 ff. 171 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. UWG Rn. 256, 307: §§ 1, 3 UWG umfassen auch den Beseitigungsanspruch, § 1 Rn. 912; Köhler/Piper, UWG, vor § 13 Rn. 33. 172 3. Kapitel F I ff.; vgl. Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 8; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 182; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 12, 5 (S. 155); a. A. Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1605 ff.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
liegt durchaus ein Bezug zu einem Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes vor. Gegen eine hinreichende Vergleichbarkeit, die eine Voraussetzung für die analoge Rechtsanwendung darstellt, spricht jedoch entscheidend das Mittel, mit dem diese Wirkungen erzielt werden. § 241a BGB erkennt ohne Anknüpfung an einen Schaden des Verbrauchers einen Vermögenswert zu, indem die Norm die gesetzlichen Ansprüche ausschließt. Der Unternehmer verliert damit sämtliche Ansprüche, die aus seinem Eigentum fließen. § 241a BGB geht damit noch über die Wirkung eines Schadensersatzanspruches hinaus, in dessen Rahmen bereits eine Zurechnung gem. § 13 Abs. 4 UWG ausgeschlossen ist. § 13 Abs. 4 UWG kann erst recht nicht zur Zurechnung eines Verhaltens herangezogen werden, das noch weitergehendere Rechtsfolgen hat.173 (3) Zusätzlich ist zu erwägen, dass § 13 Abs. 4 UWG eine Sonderregelung des Wettbewerbsrechts darstellt,174 deren Anwendbarkeit neben § 241a BGB zusätzlich bestehen bleibt. Bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung eines Verhaltens führt § 13 Abs. 4 UWG auch weiterhin zur Zurechnung eines Verhaltens Dritter, das den Unterlassungsanspruch gegen einen Mitkonkurrenten begründet.175 Der Unterlassungsanspruch eines Verbrauchers beurteilt sich dagegen ausschließlich nach dem bürgerlichen Recht, da der Verbraucher nicht Anspruchsberechtigter im Sinne des Wettbewerbsrechts ist.176 Es würde einen Widerspruch darstellen, wenn der letztgenannte Anspruch des Verbrauchers den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen der Zurechnung folgt, dagegen bei § 241a BGB durch die entsprechende Anwendung des § 13 Abs. 4 UWG eine Erfolgshaftung des Unternehmers begründet würde. Es müssen die beiden Fragen unterschieden werden, ob der Unternehmer von einem Mitbewerber auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann und wann die Wirkungen des § 241a BGB zu Gunsten des Verbrauchers eintreten. Beide Rechtskreise und die damit verbundenen Fragestellungen sind zu trennen. Der wettbewerbsrechtliche Anspruch auf Unterlassung einer unbestellten Leistungserbringung beurteilt sich auch weiterhin ausschließlich nach § 1 UWG und wird durch § 241a BGB nicht berührt.177 Insofern kann sich der Unternehmer, soweit es um die Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht geht, nicht der Verantwortung durch einen Verweis auf das Handeln abhängiger Dritter entziehen.178 Eine Rechtsschutzlücke besteht insofern nicht. Trotz des in den Geset173
Kramer, Methodenlehre, S. 152: argumentum a maiori ad minus. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 13 Rn. 60. 175 Köhler/Piper, UWG, Vor § 13 Rn. 84 m. w. N. 176 Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 40; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl UWG Rn. 254 zur negatorischen und quasinegatorischen Funktion des § 1004. 177 Casper ZIP 2000, 1602 Fn. 2. 178 Großkomm-Erdmann § 13 Rn. 144. 174
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zesmaterialien ausgewiesenen Bezuges des § 241a BGB zu einer wettbewerbsrechtlichen Fallgruppe im Rahmen des § 1 UWG ist hervorzuheben, dass dieser zwar Anlass für die Normierung war, aber gerade nicht in den Wortlaut aufgenommen wurde.179 Der Rechtsschutz des Wettbewerbsrechts sollte durch eine selbständige Regelung im Schuldrecht flankiert werden.180 Dass sich diese Vorschrift nach anderen Grundsätzen beurteilt, wurde aufgrund der systematischen Stellung im Schuldrecht in Kauf genommen, so dass eine analoge Anwendung des § 13 Abs. 4 UWG nicht vorzunehmen ist. cc) Zurechnung gem. § 278 Satz 1 BGB Prüft man die Voraussetzungen einer Zurechnung nach den allgemeinen Vorschriften des Zivilrechts, kann eine Zurechung gem. § 278 Satz 1 BGB nur erfolgen, wenn sich der Schuldner einer Person zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient.181 Damit findet § 278 Satz 1 BGB nur im Rahmen einer schuldrechtlichen oder schuldrechtsähnlichen Beziehung Anwendung, wobei das erforderliche Rechtsverhältnis auf Vertrag oder Gesetz beruhen kann.182 Nicht anwendbar ist § 278 Satz 1 BGB auf die Verletzung allgemeiner Rechtspflichten, wie der Pflicht, das Integritätsinteresse anderer zu wahren.183 (1) Vorvertragliches Schuldverhältnis gem. § 311 Abs. 2 BGB In diesem Grenzbereich zwischen der Haftung inner- und außerhalb eines Rechtsverhältnisses wird gem. § 311 Abs. 2 i.V. m. § 241 Abs. 2 BGB auch ein vorvertragliches Schuldverhältnis als pflichtenbegründendes Schuldverhältnis anerkannt. Danach beginnt ein Schuldverhältnis zwischen Vertragspartnern bereits mit der Anbahnung des geschäftlichen Kontakts gem. § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB, welcher zu redlichem Verhalten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet.184 Begründet wird dies damit, dass sich im Umfeld des Vertragsschlusses die Deliktshaftung als unzulänglich darstelle.185 Aufgrund die179
BT-Drs. 14/2658, S. 46 li. Sp. BT-Drs. 14/2920, S. 14 li. Sp. 181 Beim Handeln von Organen in Form des Vorstandes, Vorstandsmitgliedes oder eines anderen verfassungsmäßig berufenen Vertreters findet eine Zurechnung gem. § 31 BGB statt. 182 MünchKomm-Grundmann § 276 Rn. 15. 183 Staudinger-Löwisch (1995) § 278 Rn. 34; MünchKomm-Grundmann § 276 Rn. 15; Erman-Battes § 278 Rn. 3. 184 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 31 Rn. 5 m. w. N. 185 MünchKomm-Emmerich Vor § 275 Rn. 53; Erman-Battes § 276 Rn. 110; Emmerich Jura 1987, 561, 567. 180
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ses vorvertraglichen Schuldverhältnisses entstehen gem. § 241 Abs. 2 BGB vor allem Aufklärungs- und Schutzpflichten. Letztere beinhalten die Pflicht, sich bereits bei Anbahnung des Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass Rechtsgüter des anderen Teils nicht verletzt werden.186 Diesem Gedanken zufolge könnte sich die durch die unbestellte Leistungserbringung eintretende Beeinträchtigung des Verbrauchers187 bereits als eine Verletzung der Schutzpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB darstellen. (a) Ein vorvertragliches Schuldverhältnis entsteht zwischen den intendierten Partnern mit Eintritt in die Vertragsverhandlungen oder eines sie vorbereitenden geschäftlichen Kontakts.188 Danach rechtfertigt es weniger der mit der Einschaltung der Hilfsperson für den Schuldner verbundene Nutzen, sondern vielmehr der Umstand, dass der Gläubiger seine Rechtssphäre anlässlich des Schuldverhältnisses öffnet, um über den deliktischen Schutz hinauszugehen. Da es sich um ein gesetzliches Schuldverhältnis handelt, ist es nicht erforderlich, dass später ein Vertrag zustande kommt.189 Eine Leitentscheidung bildet der vom Reichsgericht entschiedene Linoleumrollenfall, in dem eine Mutter mit ihrem Kind in Kaufabsicht ein Kaufhaus betrat, wobei das Kind durch umfallende, unsorgfältig aufgestellte Linoleumrollen verletzt wurde. Das Reichsgericht gewährte Schadensersatz aus culpa in contrahendo, wobei der Eintritt in die Vertragsverhandlungen mit dem Betreten der Räumlichkeiten begann.190 Diesem Gedanken entsprechend könnte man die Zusendung der unbestellten Ware als vorbereitenden geschäftlichen Kontakt des Unternehmers ansehen. Dieser verbindet die Zusendung zumindest konkludent mit einem Vertragsangebot. Er „betritt“ die Privatsphäre des Verbrauchers zu Vertragsverhandlungen. Anders als im Grundfall der culpa in contrahendo erfolgt die Pflichtverletzung aber nicht zeitlich nach, sondern zeitgleich mit der Kontaktaufnahme, denn schon diese ist pflichtwidrig. (b) Versteht man das Rechtsinstitut ausschließlich vom Vertrauensgrundsatz her, so muss zuerst eine Vertrauensgrundlage geschaffen werden, die durch ein Verhalten enttäuscht wird.191 Dafür spricht der Wortlaut des § 311 Abs. 2 Nr. 2 186 MünchKomm-Emmerich Vor § 275 Rn. 72; Ergänzungsband zu Palandt-Heinrichs § 241 Rn. 7. 187 BT-Drs. 14/2658, S. 22 re. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp.; Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 72; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183; ErmanEhmann Anh § 12 Rn. 672 zur Störung durch Briefkastenwerbung. 188 Larenz, Schuldrecht I, § 9 Ia. (S. 109). 189 Larenz, Schuldrecht I, § 9 Ia. (S. 109); Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 31 Rn. 9 m.w. N. 190 RGZ 78, 239 ff. 191 Canaris, Vertrauenshaftung, § 43 III (S. 532); Larenz, Schuldrecht I, § 9 Ia (S. 106); Staudinger-Löwisch (1995) § 278 Rn. 34; kritisch MünchKomm-Emmerich Vor § 275 Rn. 54.
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BGB, der eine Anbahnung eines Vertrages verlangt, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte gewährt. Dies könnte insbesondere in der Fallgruppe der Lieferung einer unbestellten Sache gegen ein vorvertragliches Schuldverhältnis sprechen, da der Empfänger diese nicht deshalb in Empfang nimmt, weil er seine Rechtssphäre anlässlich des Schuldverhältnisses öffnet.192 Vielmehr nimmt er mit seiner Post jegliche Sendungen in Unkenntnis des Inhalts entgegen und erkennt erst mit dem Öffnen, dass eine Vertragsanbahnung stattgefunden hat. Dies genügt nicht um ein vorvertragliches Schuldverhältnis zu begründen. Anders zu beurteilen sind nur diejenigen Fälle der unbestellten sonstigen Leistungserbringung, bei denen eine Öffnung der Rechtssphäre stattfindet, um dem Unternehmer Gelegenheit zu geben, eine Leistung zu erbringen. Wenn dieser die Situation zum Anlass nimmt, um zusätzliche unbestellte Leistungen zu erbringen, dann erfolgt diese Pflichtverletzung nach der Anbahnung des Vertrages und nur deshalb, weil der Verbraucher im Hinblick auf eine rechtsgeschäftliche Beziehung dem Unternehmer die Möglichkeit der Einwirkung gegeben hat. (c) Nach einer anderen Auffassung besteht der tragende Grund für die vorvertraglichen Sorgfaltspflichten nicht in der Gewährung in Anspruch genommenen Vertrauens, sondern in dem Korrelat privatautonomer Gestaltungsmöglichkeiten. Demnach müsse derjenige ein bestimmtes Maß an Verantwortlichkeit tragen, dem die Rechtsordnung die Fähigkeit zur Rechtsgestaltung einräume.193 Es sei danach anzuerkennen, dass zumindest gewisse vorvertragliche Pflichten gegenüber jedermann bestünden, mit dem der Handelnde künftig in geschäftlichen Kontakt treten wolle.194 Danach sei das Vertrauensprinzip ein wichtiger Aspekt des vorvertraglichen Schuldverhältnisses. Hinter dem Vertrauensprinzip stehe aber der umfassendere Gedanke, dass jeder soziale Kontakt ein gesetzliches Schuldverhältnis schaffe, wenn die Kontaktaufnahme vom geschäftlichen Interesse getragen werde. Demnach könne jeder soziale Kontakt auf der Ebene des Geschäftsverkehrs ein gesetzliches Schuldverhältnis begründen.195 (d) Mit letzteren Argumenten kann damit die Entstehung eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses bereits mit der Kontaktaufnahme durch den Unternehmer angenommen werden.196 Letztlich verbieten aber die Grundlagen des vorvertraglichen Schuldverhältnisses eine Zurechnung im Rahmen des § 241a 192
Staudinger-Löwisch (1995) § 278 Rn. 34. Welser ÖJZ 1973, 281, 284 li. Sp.; Frotz in: FS für Gschnitzer, S. 163, 173 ff.; Schuhmacher, Vertragsanbahnung, S. 180 m.w. N. 194 Welser ÖJZ 1973, 281, 286 re. Sp. 195 Sack WRP 1974, 445, 454; im Ergebnis auch Erman AcP 139 (1934), 273, 319 f.: „Als Beginn des Verhandelns und damit der Haftung muss in heutiger Zeit auch schon die Reklame selbst in Zeitungen, und die Benutzung von Schaufenstern gelten.“; Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 69. 193
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BGB. Während nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo der Vertragspartner durch die Schaffung von vertragsähnlichen Schutzpflichten so gestellt werden soll, wie er ohne die Pflichtverletzung stehen würde,197 hat § 241a BGB bewusst einen solchen schadensersetzenden Anknüpfungspunkt nicht gewählt. Aufgrund des vorvertraglichen Kontakts besteht eine Vertrauensbasis nur dahingehend, dass der Verbraucher erwarten kann, nicht mit unbestellten Dienstleistungen überzogen zu werden. Aufgrund einer schuldhaften Verletzung dieser Schutzpflicht könnte aber nur der Vertrauensschaden verlangt werden. Der Verbraucher wäre aufgrund dessen so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde.198 Aus diesem Gedanken heraus ist jedoch nicht zu begründen, warum der Verbraucher die Sache behalten können soll. Der Erhalt der Sache übersteigt eventuelle Schäden bei weitem. Eine Zurechnung im Rahmen der vorvertraglichen Pflichten kann nicht gem. § 278 Satz 1 BGB erfolgen, wenn sich die Rechtsfolge außerhalb der dogmatischen Grundlagen befindet. Wenn die Grundlage des vorvertraglichen Schuldverhältnisses im Vertrauensgrundsatz zu erblicken ist,199 dann kann nicht losgelöst von jedem Schaden eine Zuordnung von geldwerten Vorteilen erfolgen. Der Verbraucher kann in dieser Konstellation nicht darauf vertrauen, eine unbestellte Ware behalten zu dürfen. Diese aus einem vorvertraglichen Vertrauensverhältnis fließenden Schutzpflichten zur Rechtfertigung einer Zurechnung im Rahmen des § 241a BGB heranzuziehen, würde die Verschiedenheit der Anknüpfungspunkte nicht beachten. (2) Sonderverbindung gem. § 241a BGB Ein pflichtenbegründendes Verhältnis im Sinne des § 278 Satz 1 BGB, das über die allgemeinen Schutzanforderungen des § 823 BGB hinausgeht, könnte durch § 241a BGB selbst begründet worden sein. Sieht man den Grund für die Anordnung des Anspruchsausschlusses gem. § 241a BGB nicht in der Verletzung eines vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses, kann dennoch durch dessen Einführung selbst ein pflichtenbegründendes Schuldverhältnis entstanden sein. Nach der bisherigen Rechtslage hatte es der Unternehmer gem. §§ 823, 1004 BGB zu unterlassen, unbestellte Waren zuzusenden.200 Dem Empfänger stand nur 196 Gernhuber, Schuldverhältnis, § 8 II (S. 181), wonach das vorvertragliche Schuldverhältnisses schon mit Absendung der Offerte entsteht. 197 Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 81. 198 Erman-Battes § 276 Rn. 112; Larenz, Schuldrecht I, § 9 I 3 (S. 112); Larenz/ Wolf, Allgemeiner Teil, § 31 Rn. 37. 199 Canaris, Vertrauenshaftung, § 43 III (S. 532); Larenz, Schuldrecht I, § 9 Ia (S. 106): Begründung mit der allgemeinen Redlichkeitserwartung; Staudinger-Löwisch (1995) § 278 Rn. 34; kritisch MünchKomm-Emmerich Vor § 275 Rn. 54. 200 Nach den Grundsätzen des BGH zur Verletzung des Persönlichkeitsrechts bei unerwünschter Briefkastenwerbung, st. Rspr. BGH NJW 1973, 1119 ff., NJW 1989, 902 ff.; BT-Drs. 14/2658, S. 22 re. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 650 li. Sp.
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aus §§ 1004, 903, 862 BGB das Recht zu, sich gegen eine Beeinträchtigung seiner räumlich-gegenständlichen Sphäre durch das Aufdrängen von unerwünschten Eingriffen zur Wehr setzen.201 Diese Pflicht ist Ausdruck der allgemeinen Pflicht, nicht unberechtigt in die Privatsphäre eines anderen einzudringen. Ob durch § 241a BGB eine Umqualifizierung dieser Verkehrspflichten stattgefunden hat, ist schwierig zu beantworten. Jedenfalls bedarf es einer Rechtfertigung, den Anwendungsbereich der §§ 823 ff. BGB zu Gunsten einer Haftung aus einem Schuldverhältnis und einer damit einhergehenden abweichenden Verteilung des Haftungsrisikos zu verlassen. Diese Wirkung kann § 241a BGB nicht zuerkannt werden, da er durch seine Rechtsfolgen lediglich die gesetzlichen Ansprüche des Gläubigers ausschließt. Durch die Konzeption eines Anspruchsausschlusses greift er in das ansonsten entstehende Schuldverhältnis beispielsweise aus ungerechtfertigter Bereicherung ein. Kraft des § 241a BGB verliert der Unternehmer seine gesetzlichen Ansprüche an der Leistung. Die Vorschrift knüpft an den Eingriff in die Privatsphäre an. Sie begründet keine zusätzlichen Pflichten, die über die allgemeinen deliktischen Verkehrssicherungspflichten hinausgehen. Vielmehr wird nur eine von den §§ 249 ff. BGB abweichende Rechtsfolge mit einer Verletzung dieser Pflichten verbunden. Möchte der Verbraucher daher den Eingriff schon im Vorfeld unterbinden, hat er sein Begehren gegen den Unternehmer weiterhin auf die allgemeinen deliktischen Anspruchsgrundlagen (§ 1004, § 823 BGB) zu stützen. Eine durch § 241a BGB begründete besondere Schutzpflicht liegt nicht vor. dd) „Zurechnung“ gem. § 831 BGB Außerhalb von Sonderrechtsverhältnissen wird bei Drittverhalten allein nach § 831 BGB für ein eigenes Auswahl- und Überwachungsverschulden gehaftet.202 Für eine Anwendung des § 831 BGB spricht, dass der Eingriff durch die unbestellte Leistungserbringung in eine deliktisch als sonstiges Recht geschützte Rechtsposition erfolgt und damit gegen eine allgemeine Verkehrssicherungspflicht verstoßen wird. Bei der Erbringung einer Leistung handelt es sich um ein Verhalten, welches zumindest konzeptionell nach § 831 BGB beurteilt werden kann. Gegen eine Anwendung von § 831 BGB spricht aber, dass die an eine Verwirklichung des § 831 BGB anknüpfende Verpflichtung die des Schadensersatzes ist. Von einer Verbindung zwischen Pflichtverletzung und Ersatz des dadurch entstandenen Schadens rückt § 241a BGB demgegenüber erkennbar ab, so dass die Vorschrift des § 831 BGB nicht heranzuziehen ist. Im Übri201
BGH NJW 1989, 902, 903 li. Sp. Insofern ist eine Zuordnung des § 831 BGB in den Zusammenhang der Zurechnung zumindest missverständlich, da der Geschäftsherr für eigenes Verschulden haftet; Erman-Schiemann § 831 Rn. 1. 202
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gen hat das Gesetz den Sachverhalt der unbestellten Leistungserbringung systematisch vom Recht der unerlaubten Handlung gelöst, so dass eine entsprechende Anwendung nicht als sachgemäß erscheint.203 Die Anwendung des § 831 BGB würde darüber hinaus zu unlösbaren Schwierigkeiten führen, wenn sich der Dritte über den Bestand einer Bestellung gem. § 241a Abs. 2, 2. Alt. BGB geirrt hat. Die beiden Möglichkeiten, eine widerrechtliche Schadenszufügung abzulehnen204 oder nach dem Schutzzweck der Norm eine Haftung des Geschäftsherrn dann auszuschließen, wenn der Verrichtungsgehilfe objektiv fehlerfrei gehandelt hat,205 zeigen die unzureichende Vereinbarkeit des § 831 BGB mit der Systematik des § 241a BGB. ee) Zurechnung entsprechend § 166 Abs. 1 BGB (1) Aufgrund des engen Wortlauts und dem Bedürfnis nach einer Beantwortung der Zurechnung auch in anderen als den von § 166 Abs. 1 BGB ausdrücklich geregelten Fällen, wird der hinter der Vorschrift stehende Rechtsgedanke in analoger Anwendung verallgemeinert.206 Da es sich nicht um eine unmittelbare Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB handelt, kann nicht angeführt werden, dass es bei den Folgen einer unbestellten Leistungserbringung gem. § 241a BGB nicht um die Rechtsfolgen einer Willenserklärung, sondern eines Realhandelns geht, und dass in den häufigsten Fällen überhaupt kein Vertreter handeln wird. Aufgrund der entsprechenden Anwendung ist zu fragen, ob eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes besteht, die durch die analoge Anwendung des § 166 BGB geschlossen werden kann.207 (2) Nach dem der Vorschrift des § 241a BGB zu Grunde liegenden Regelungsplan soll der bewusst gegen das Verbot der Zusendung unbestellter Waren verstoßende Unternehmer seiner Vorteile aus solchen Handlungen beraubt werden.208 Dies spricht dafür, nur seine individuelle Bewusstseinslage für den Tatbestand des § 241a BGB zu fordern und eine Unvollständigkeit der Vorschrift abzulehnen. Andererseits wird aber der Verbraucher in seinem Interesse geschützt, unbeeinflusst von den Wirkungen dieser Verkaufsmethode über die weitere Nutzung der Leistung zu entscheiden.209 In diesem Punkt bedeutet § 241a 203
BGHZ 42, 63, 69 zur Zurechnung beim Überbau gem. § 912 BGB. Nach der Lehre vom Erfolgsunrecht indiziert die tatbestandsmäßige Rechtsgutsbeeinträchtigung bereits die Rechtswidrigkeit, da der Irrtum kein Rechtfertigungsgrund ist. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 75 II 2c (S. 363). 205 St. Rspr. BGH NJW-RR 1988, 38 re. Sp.; BGH NJW 1996, 3205, 3207 li. Sp.; MünchKomm-Stein § 831 Rn. 58; Palandt-Thomas § 831 Rn. 11. 206 St. Rspr. BGHZ 83, 293, 296; 117, 104, 106. 207 Larenz, Methodenlehre, S. 373, 375. 208 BT-Drs. 14/2658, S. 46 re. Sp. 204
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BGB einen Gewinn an Rechtssicherheit, weil er klarstellt, dass der Verbraucher die Ware preisgeben darf.210 Dieser Gewinn würde zunichte gemacht, wenn der Unternehmer aufgrund einer arbeitsteiligen Vorgehensweise die Wirkung des § 241a BGB umgehen könnte, indem er sich erfolgreich hinter seiner Vertriebsorganisation verbirgt. Dem entspricht der § 166 Abs. 1 BGB zu entnehmende Rechtsgedanke, nach dem sich derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen muss. Nach dem Rechtsgedanken des § 166 Abs. 1 BGB ist aber nicht jede untergeordnete Wahrnehmung von Aufgaben geeignet, die Zurechnung der Kenntnis des Gehilfen auszulösen. Voraussetzung ist, dass solche Personen mit einem Vertreter gewisse Berührungspunkte aufweisen. Es kommt darauf an, dass derjenige, dessen Wissen zugerechnet wird, ähnlich einem Vertreter von dem Geschäftsherrn mit der weitgehend selbständigen Wahrnehmung dieser Angelegenheit betraut wurde.211 Dieses Kriterium dient dazu, eine Abgrenzung vom Tätigwerden von bloßen Hilfspersonen vorzunehmen.212 Denn wer nur mechanische Hilfsdienste leistet, hat zu dem Geschäft keine ausreichend enge Beziehung, die eine Zurechnung nach § 166 Abs. 1 BGB rechtfertigt.213 (3) Wendet man diesen Gedanken des § 166 Abs. 1 BGB auf die Zurechnung einer unbestellten Leistung gem. § 241a Abs. 1 BGB an, dann wird der Fall des § 241a Abs. 2, 1. Alt. BGB, der eine Ausnahme zu § 241a Abs. 1 BGB darstellt und damit gleichzeitig dessen Anwendbarkeit impliziert, nicht erfasst. Dieser Fall liegt dann vor, wenn auf die Bestellung eines Verbrauchers hin an einen nicht beteiligten dritten Verbraucher geleistet wird, was beispielsweise durch einen Fehler in der Versandabteilung des Unternehmers durch eine unrichtige Etikettierung verursacht werden kann.214 Bleibt man bei diesem Beispiel, dann muss festgestellt werden, dass Angestellte in der Versandabteilung regelmäßig nur mechanische Hilfsdienste erbringen, da sie gerade nicht mit der weitgehend selbständigen Wahrnehmung einer Angelegenheit betraut werden.215 Eine entsprechende Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB und damit eine Zurechnung der 209
BT-Drs. 14/2658, S. 46 li. Sp. Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp. 211 St. Rspr. BGHZ 83, 293, 296; 117, 104, 106, Soergel-Leptien § 166 Rn. 6; MünchKomm-Schramm § 166 Rn. 45; Erman-Palm § 166 Rn. 6 f.; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 46 Rn. 109; Bork, Allgemeiner Teil, Rn. 1663; a. A. Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 200 m.w. N. 212 BGH WM 1967, 1133, 1135 li. Sp. 213 Soergel-Leptien § 166 Rn. 6; MünchKomm-Schramm § 166 Rn. 45. 214 Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp. 215 St. Rspr. BGHZ 83, 293, 296; 117, 104, 106, Soergel-Leptien § 166 Rn. 6; MünchKomm-Schramm § 166 Rn. 45; Erman-Palm § 166 Rn. 6 f.; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 46 Rn. 109; Bork, Allgemeiner Teil, Rn. 1663; a. A. Waltermann, AcP 192 (1992), 181, 200 m.w. N. 210
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
unbestellten Leistungserbringung durch diese Angestellten könnte nicht erfolgen. Mangels Zurechnung läge keine unbestellte Leistungserbringung gem. § 241a Abs. 1 BGB vor. Dies würde aber dem Sinn des § 241a Abs. 2, 1. Alt. BGB widersprechen. Im Umkehrschluss zu dieser Vorschrift liegt eine unbestellte Leistung auch dann vor, wenn die Leistung nicht für den Empfänger bestimmt ist. Nur dann, wenn der Empfänger diesen Umstand zumindest hätte erkennen können, werden die gesetzlichen Ansprüche nicht ausgeschlossen. Unbedeutend ist dagegen, aus welchem Grund eine Leistung erbracht wurde, die nicht für den Empfänger bestimmt war. Eine Differenzierung nach selbständigen und unselbständigen Tätigkeiten im Rahmen der Leistungserbringung sollte demnach nicht erfolgen. Eine entsprechende Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB ist damit abzulehnen. Diese Schlussfolgerung ist insbesondere aufgrund des Gedankens gerechtfertigt, dass § 241a BGB den Verbraucher unabhängig von Unwägbarkeiten in der Sphäre des Unternehmers schützen soll. Mit der selbständigen Zurechnung des Verhaltens Dritter gem. § 241a BGB wird die Unsicherheit der Bestimmung des analogen Anwendungsbereiches des § 166 Abs. 1 BGB vermieden. ff) Ergebnis Aufgrund der in § 241a Abs. 2 BGB vorgenommenen Wertung muss jedes Verhalten einer Hilfsperson unabhängig von deren Stellung zugerechnet werden, solange diese mit dem Willen des Unternehmers Tätigkeiten ausführt.216 Soweit sie in Ausführung dieser Tätigkeiten handelt, erfolgt eine Zurechnung nach § 241a BGB. Aufgrund dieser weitreichenden Annahme, die eine Exkulpation gem. § 831 BGB oder eine bestimmte Qualität der Hilfsperson entsprechend § 166 Abs. 1 BGB nicht vorsieht, muss gleichzeitig jeder Irrtum gem. § 241a Abs. 2, 2. Alt. BGB über das Vorliegen einer Bestellung seitens einer Hilfsperson, welche die konkrete Leistung erbringt, erheblich sein und damit zu Gunsten des Unternehmers wirken. Nur ein entsprechendes Verständnis entspricht dem Prinzip der Zusammengehörigkeit von Gefahr und Vorteil.217 3. Begriff der unbestellten Lieferung oder sonstigen Leistung Etwas im Abseits der heftig geführten Diskussion um den Standort und der im weiteren Verlauf noch darzustellenden Rechtsfolgen des § 241a BGB steht das Tatbestandsmerkmal der unbestellten Sache oder der unbestellten sonstigen Leistung. 216 Bamberger/Roth-Grüneberg § 241a Rn. 5, der von einem „eingeschalteten Dritten“ spricht. 217 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 72 I 1c, (S. 266).
E. Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB
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Geht man von einem vorläufigen und intuitiven Verständnis aus, ist man geneigt, bei der Bestimmung des Begriffsinhaltes zwei Schritte auf einmal zu vollziehen. So wird man das Merkmal der unbestellten Leistung dem der ohne Bestellung erfolgten Leistungserbringung gleichstellen und die Bestellung als eine verbindliche Offerte auf Abschluss eines Vertrages ansehen. Somit liegt nach dieser ersten Einschätzung eine unbestellte Leistung vor, solange kein wirksames Angebot durch den Empfänger abgegeben wurde. Jede Unwirksamkeit des Angebotes oder der Bestellung führt in diesem Fall zu einer unbestellten Leistungserbringung, die grundsätzlich die Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB, vorbehaltlich des § 241a Abs. 2 BGB, auslöst. Diese logische Schlussfolgerung wird in der Literatur mit großer Unsicherheit über die Begründung des Ergebnisses jedoch nicht gezogen.218 Dies zeigt schon vom Ergebnis her, dass die zu Grunde gelegte Annahme vordergründig ist und im Ergebnis nicht zutreffend sein kann. Somit wird im Folgenden versucht, das Tatbestandsmerkmal unbestellt abweichend zu bestimmen, so dass die Einführung weiterer Begriffe – wie der der Veranlassung219 – und die damit einhergehenden Unsicherheiten vermieden werden können. Zur Verdeutlichung soll auf die eben angedeutete vorherrschende Auffassung in der Literatur eingegangen werden. Diese nimmt an, dass eine unbestellte Leistung nur dann vorliege, wenn der Empfänger die Leistung nicht veranlasst habe.220 Eine solche Veranlassung liege beispielsweise dann vor, wenn der Empfänger im Sinne einer verbindlichen Offerte oder sonst unverbindlich zur Ansicht bestellt habe. Diese Aufzählung sei aber nicht abschließend, da jede zurechenbare Veranlassung der Leistungserbringung genüge.221 Wird daran anknüpfend gleichzeitig davon ausgegangen, dass die Bestellung im Sinne des § 241a Abs. 1 BGB das Angebot eines Adressaten an einen Anbieter auf Abschluss eines Vertrages über eine Leistungserbringung sei,222 dann kommt den Begriffen unbestellt und ohne Bestellung ein unterschiedlicher Bedeutungsgehalt zu. Nicht jede ohne Bestellung erfolgte Leistung des Unternehmers ist
218 Löhnig JA 2001, 33 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1605 li. Sp.; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 2; Wendehorst DStR 2000, 1311, 1316 re. Sp. 219 MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 7; Casper ZIP 2000, 1602, 1605 li. Sp.; Löhnig JA 2001, 33 re. Sp.: „Es genügt schon jede zurechenbare Veranlassung der Leistungserbringung.“; Matzky NStZ 2002, 458, 459 li. Sp. 220 MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 7; Löhnig JA 2001, 33 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1605 li. Sp.; Matzky NStZ 2002, 458, 459 li. Sp.; Bamberger/Roth-Grüneberg § 241a Rn. 6; a. A. Berger JuS 2001, 649, 651 re. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 12, die meinen, dass eine unverlangte Zusendung der Ware nur dann vorliege, wenn der Verbraucher zuvor keine entsprechende Bestellung abgegeben habe. 221 Löhnig JA 2001, 33 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1605 li. Sp.; Matzky NStZ 2002, 458, 459 li. Sp. 222 Löhnig JA 2001, 33 li. Sp.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
gleichzeitig unbestellt im Sinne des § 241a Abs. 1 BGB, da der Empfänger die Leistung auch in ansonsten zurechenbarer Weise veranlasst haben kann.223 Dieser vorgenommenen Differenzierung kann nicht gefolgt werden, da die Begriffe unbestellt und ohne Bestellung identisch zu bestimmen sind.224 Voraussetzung des § 241a Abs. 1 BGB ist lediglich, dass der erbrachten Leistung keine Bestellung vorausgeht. Diese scheinbar banale Erkenntnis ergibt sich aus dem Wortlaut und der Systematik des § 241a BGB. So ist der Wortsinn von unbestellt und ohne Bestellung schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch identisch. Die Feststellung, dass eine ohne oder aufgrund einer unwirksamen Bestellung erfolgte Leistung nicht unbestellt ist, erscheint daher schwer verständlich. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber das Wort unbestellt und nicht den Begriff unveranlasst zum Tatbestandsmerkmal erhoben hat. Dieses Argument erlangt besondere Bedeutung, wenn man bedenkt, dass der Gesetzgeber in Kenntnis des § 864 Abs. 2 ABGB eine abweichende Formulierung wählte.225 § 864 Abs. 2 ABGB stellt im Gegensatz zu § 241a Abs. 1 BGB gerade darauf ab, ob eine Sache vorliegt, die dem Empfänger ohne seine Veranlassung übersandt worden ist.226 Weiterhin legt die Systematik des § 241a BGB ein von der überwiegenden Auffassung abweichendes Verständnis nahe. In § 241a Abs. 2 BGB wird ausdrücklich an die irrige Vorstellung einer Bestellung angeknüpft. Nach der herrschenden Meinung müsste dagegen von einer „irrigen Vorstellung einer Veranlassung“ die Rede sein. Da dies gerade nicht erfolgte, ist davon auszugehen, dass eine ohne Bestellung erfolgte Leistungserbringung stets unbestellt ist.227 a) Das Verhältnis der Bestellung zum Angebot auf Abschluss eines Vertrages Da eine Bestellung den Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB ausschließt und im Umkehrschluss ohne diese eine unbestellte Sache oder sonstige Leistung vorliegt, sollen im Folgenden die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Bestellung dargestellt werden. aa) Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch liegt es nahe, eine Bestellung als verbindliche Offerte auf Abschluss eines Vertrages zu sehen. Dies scheint für 223
MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 7; Löhnig JA 2001, 33 re. Sp. Vom Ergebnis auch Berger JuS 2001, 649, 651 re. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 12; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 12. 225 BT-Drs. 14/2658, S. 46 li. Sp. 226 Vgl. Anhang II; anders Art. 6a OR. 227 Auch die fehlgeleitete Leistung gem. § 241a Abs. 2, 1. Alt. BGB, die irrtümliche Leistung gem. § 241a Abs. 2, 2. Alt. BGB und die Leistung einer gleichwertigen Leistung ohne Hinweis gem. § 241a Abs. 3 BGB sind unbestellt. 224
E. Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB
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die Auffassung einer Gleichsetzung der Bestellung mit der auf Abschluss eines Vertrages gerichteten Willenserklärung zu sprechen.228 Aber der dem allgemeinen Sprachgebrauch vorgehende besondere Sprachgebrauch des Gesetzes bestätigt ein solches eindeutiges Verständnis nicht.229 Zwar ist auf der einen Seite der Besteller im Werkvertragsrecht gem. § 631 Abs. 1 BGB Partei eines gegenseitig verpflichtenden Vertrages und somit zur Entrichtung des vereinbarten Vergütung verpflichtet, so dass eine Bestellung in diesem Sinn eine Willenserklärung darstellt, die auf den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages gerichtet ist. Auf der anderen Seite wird der Begriff der Bestellung im Bürgerlichen Gesetzbuch in den Zusammenhängen der Bestellung eines Vorstandes gem. § 27 BGB, der öffentlichen Bestellung des Auftragnehmers gem. § 663 Satz 1, 1. Alt. BGB, der Bestellung eines Nießbrauchs bzw. Pfandrechts gem. §§ 1032 Satz 1, 1069 Abs. 1, 1274 BGB oder der Bestellung eines Vormundes oder Pflegers gem. §§ 1789, 1792, 1915 BGB verwendet. Diese Normen lassen zwar keinen einheitlichen terminus technicus der Bestellung erkennen, sind aber geeignet, das umgangssprachliche Verständnis der Bestellung als Angebot auf Abschluss eines Vertrages zu erschüttern. Kern der vorgenannten Vorschriften ist, dass sie die Einräumung einer jeweils unterschiedlich ausgestalteten Rechtsposition regeln. Diese Einräumung einer Rechtsposition wird als Bestellung bezeichnet. Ein solches Verständnis wird durch eine weitere Vorschrift zum Schutz des Verbrauchers vor den Gefahren aus aufgedrängten Geschäften gestärkt. Nach § 312 Abs. 1 i.V. m. § 355 BGB wird dem Verbraucher in Situationen, die eine übereilte Entscheidung beim Vertragsschluss nahe legen, ein Widerrufsrecht eingeräumt. Ausnahmeweise besteht dieses Widerrufsrecht gem. § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB nicht, wenn die Verhandlungen, auf denen der Abschluss des Vertrages beruht, aufgrund vorhergehender Bestellung des Verbrauchers durchgeführt wurden. Eine Bestellung in diesem Sinn hat zwar einen Bezug zu dem späteren Vertragsschluss, beinhaltet selbst aber keine Willenserklärung, die auf einen solchen gerichtet ist.230 Erkennt man diesen weiteren Bedeutungsgehalt des Begriffs der Bestellung im Bürgerlichen Gesetzbuch an, dann bestehen zumindest Zweifel an dem Verständnis der Bestellung als Willenserklärung gerichtet auf Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages. bb) Nach den Gesetzesmaterialien soll § 241a BGB die Ansprüche als Sanktion des Wettbewerbsverstoßes ausschließen.231 Damit nahm der Gesetzgeber für 228 Casper ZIP 2000, 1602, 1604 re. Sp.; Löhnig JA 2001, 33 li. Sp.; im Ergebnis Wendehorst DStR 2000, 1311, 1316 f.; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 2; a. A. MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 7; Berger JuS 2001, 649, 651 re. Sp.; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 12. 229 Larenz, Methodenlehre, S. 322; Kramer, Methodenlehre, S. 63 f. 230 MünchKomm-Ulmer § 1 HausTWG Rn. 38 m.w. N.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
die Regelung eine wettbewerbsrechtliche Fallgruppe zum Anlass. Im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung ist es aber unumstritten, dass die Wettbewerbswidrigkeit dann ausgeschlossen ist, wenn sich der Empfänger mit der Leistung ausdrücklich oder stillschweigend einverstanden erklärt habe.232 Eine auf Abschluss eines Vertrages gerichtete Willenserklärung ist gerade nicht Voraussetzung. Dies ist auch einsichtig, da es zwei verschiedene Fragen sind, ob der Unternehmer mit dem geäußerten Willen des Empfängers handelt oder ob gleichzeitig ein wirksamer Vertrag zu Stande kommt. Aus diesem Grund spricht eine weitere Vermutung für eine Trennung von Bestellung und Vertragsschluss. cc) Der Sinn und Zweck der Vorschrift unterstützen dieses durch historische Auslegung gewonnene Ergebnis. § 241a BGB soll den Verbraucher vor einer aggressiven Verkaufsmethode schützen, deren Unzulässigkeit in der Belästigung liege, die durch das mit ihr verbundene Angebot psychischen Druck auf den Empfänger ausübe.233 Zur Abwehr einer solchen Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hat der Empfänger einen Anspruch auf Unterlassung in entsprechender Anwendung der §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB (quasinegatorischer Anspruch).234 Bewertet man die unbestellte Leistungserbringung als eine deliktische Handlung, dann liegt die Interpretation der Bestellung als tatsächliche Bekundung des Willens, die aus der Leistungserbringung folgenden Beeinträchtigungen der Privatsphäre hinzunehmen, nahe. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man auch die tatbestandsausschließende Einwilligung in ein deliktisches Handeln als Realakt ansieht.235 Für diese Annahme spricht weiterhin die denkbare Fallkonstellation, dass eine Ware unverbindlich zur Ansicht geliefert wird.236 In diesem Fall liegt nur eine Aufforderung des Verbrauchers vor, die Sache für eine Probezeit zur Verfügung zu stellen. Der Unternehmer liefert in einem solchen Fall ohne eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung. Sicherlich kann man einige dieser Fälle als Abschluss eines Leihvertrages gem. § 598 BGB oder eines Verwahrungsvertrages gem. § 688 BGB ansehen, so dass die Bestellung auch in dieser Konstellation einer Willenserklärung gleichgestellt werden könnte. Nicht zu übersehen ist aber die Möglichkeit der Überlassung aufgrund einer Gefälligkeit ohne rechtsgeschäft231
BT-Drs. 14/2658, S. 46 re. Sp. Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 187. 233 BGH GRUR 1959, 277, 279 – Künstlerpostkarten; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 72; von Gamm, Wettbewerbsrecht, 25. Kapitel Rn. 39; Köhler/ Piper, UWG, § 1 Rn. 183. 234 BT-Drs. 14/2658, S. 22 re. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 650 li. Sp.; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183; a. A. Micklitz/Reich, Fernabsatzrichtlinie, S. 75. 235 Für Realakt: Deutsch, Haftungsrecht, Rn. 282; Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 93; Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 200; Palandt-Heinrichs Überbl vor § 104 Rn. 8; a. A. BGHZ 29, 33, 36; OLG München OLGZ 1990, 97, 99; Larenz, Schuldrecht II, § 71 Ic. (S. 594); MünchKomm-Schmitt § 105 Rn. 22. 236 MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 7; Berger JuS 2001, 649, 651 re. Sp. 232
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lichen Charakter wie zum Beispiel die Probefahrt mit einem Fahrzeug, das dem Empfänger zur Verfügung gestellt und damit geleistet wird.237 In diesem Fall basiert die Leistungserbringung gerade nicht auf einem verpflichtenden Vertrag. Sie ist das bloße Einverständnis des Verbrauchers mit der Leistung.238 dd) Im Weiteren spricht die richtlinienkonforme Auslegung für eine trennende Betrachtung von Bestellung und der auf einen Vertragsabschluss gerichteten Willenserklärung. Nach dem Erwägungsgrund Nr. 16 der FARL soll die Absatztechnik, die darin besteht, dem Verbraucher ohne vorherige Bestellung oder ohne ausdrückliches Einverständnis gegen Entgelt Waren zu liefern oder Dienstleistung zu erbringen, als unzulässig anzusehen sein. Während in der FARL noch zwischen Bestellung und Einverständnis getrennt wird, findet sich in § 241a BGB nur noch eine Bezugnahme auf die Bestellung. Da nicht davon auszugehen ist, dass ein ausdrückliches Einverständnis ohne rechtsgeschäftlichen Vertragsschluss im Gegensatz zur Richtlinie unzureichend sein soll, ist die Bestellung eine unabhängig vom Verbrauchervertrag zu betrachtende Erklärung. Insbesondere die Tatsache, dass nicht stets eine rechtsgeschäftlich verbindliche Erklärung vorliegen muss, zeigt zwar einen selteneren, aber doch möglichen Fall eines Geschäftskontakts, der keine unbestellte Leistungserbringung darstellt. ee) Die anders lautende Auffassung in der Literatur muss aufgrund der Verknüpfung von Angebot auf Abschluss eines Vertrages und der Bestellung zu dem Ergebnis führen, dass bei Unwirksamkeit des Vertrages auch eine unbestellte Leistung gem. § 241a Abs. 1 BGB vorliegt. Dieses Ergebnis wird nur durch eine widersprüchliche Argumentation vermieden. So führt Löhnig aus, dass die Bestellung im Sinne des § 241a Abs. 1 BGB das Angebot eines Adressaten an einen Anbieter auf Abschluss eines Vertrages über eine Leistungserbringung darstelle. Dieses Angebot müsse aber nicht wirksam sein, da schon jede zurechenbare Veranlassung der Leistungserbringung durch den Adressaten genüge.239 Nach Wendehorst habe man die Frage, ob unbestellte Leistungen auch solche sind, die aufgrund eines unwirksamen Verbrauchervertrags erbracht werden, zu verneinen, da § 241a BGB angesichts der Weite des Tatbestands über das eigentliche Regelungsziel ohnehin schon hinausschieße.240 Gestützt auf eine vergleichbare Begründung meint Casper einerseits, die Bestellung stelle ein Angebot auf Abschluss eines obligatorischen Verpflichtungsgeschäfts durch einen Verbraucher dar. Andererseits unterfalle eine nichtige Bestellung in diesem Sinn aber nicht dem Anwendungsbereich des § 241a BGB, da der Verbraucher für die Leistung Anlass gegeben habe.241 Diese wenig konsequente 237 238 239 240 241
Jauernig-Vollkommer § 598 Rn. 4 m.w. N. Berger JuS 2001, 649, 651 re. Sp. Löhnig JA 2001, 33 li. Sp. Wendehorst DStR 2000, 1311, 1316 re. Sp. Casper ZIP 2000, 1602, 1605 li. Sp.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Argumentation wird durch das Festhalten an einer unrichtigen Prämisse verursacht, die sich nur auf das allgemeine Verständnis des Wortsinns der Bestellung stützt. ff) Da die Bestellung nur die Einwilligung in die Leistungserbringung beinhaltet, sind Willensmängel und sonstige Unvollständigkeiten, die sich nicht auf diesen Erklärungsinhalt beziehen, schon deswegen für die Frage unbeachtlich, ob eine Bestellung vorliegt. So ist es möglich, dass der Vertrag im Gegensatz zur Bestellung unwirksam ist. Geht beispielsweise ein Kaufangebot bezüglich einer Sache zu einem bestimmten Preis bei dem Unternehmer ein und liefert er die bestellte Sache, verbunden mit einer abändernden Annahme gem. § 150 Abs. 2 BGB, zu einem abweichenden Preis, dann ist ein Vertrag nicht zu Stande gekommen. Demgegenüber war der Verbraucher mit der Lieferung genau dieser Sache grundsätzlich einverstanden, so dass die Leistung gerade nicht unbestellt gem. § 241a BGB ist.242 Die Bestellung wird damit von den Unsicherheiten über die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrages grundsätzlich nicht berührt. b) Rechtsnatur der Bestellung Weiterhin muss untersucht werden, welche Rechtsqualität der Bestellung zukommt. Neben der systematischen Ordnung, die der besseren Orientierung dient, hängt es beispielsweise von der Einordnung einer Handlung als Willenserklärung ab, ob die Vorschriften über Rechtsgeschäfte anzuwenden sind.243 aa) Bestellung als Willenserklärung Die Bestellung könnte eine unabhängig von dem intendierten Vertrag abzugebende Willenserklärung sein. Unter einer Willenserklärung ist die auf den Eintritt einer Rechtsfolge gerichtete Willensäußerung einer Person zu verstehen, die deshalb eintritt, weil sie gewollt ist.244 Voraussetzung ist demnach, dass die Bestellung auf einen rechtlichen, nicht bloß tatsächlichen Erfolg gerichtet ist. Wenn man die Bestellung von der auf Abschluss eines verpflichtenden Rechtsgeschäftes gerichteten Willenserklärung abstrahiert, dann enthält sie nur das Einverständnis, die Beeinträchtigungen durch die Leistungserbringung, wie zum Beispiel Aufbewahrung, Rücksendung und psychologischen Kaufzwang, hinzunehmen.245 Aufgrund der Bestellung an sich ist der Unternehmer nur be242 So auch AnwKom-Krebs § 241a Rn. 13; a. A. Berger JuS 2001, 649, 652 li. Sp., der eine analoge Anwendung des § 241a Abs. 1 BGB annimmt. 243 Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 97. 244 Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 97, Rn. 91; Köhler, Allgemeiner Teil, § 5 Rn. 5. 245 Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183.
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rechtigt, aber nicht verpflichtet, die Leistung zu erbringen. Diese öffnet die Privatsphäre für die Leistungserbringung. Es wird nur die Bereitschaft bekannt gegeben, die Leistung entgegenzunehmen.246 Eine Rechtsfolge soll dadurch aus Sicht des Empfängers nicht gesetzt werden.247 Nur die auf den Vertragsabschluss gerichtete Erklärung beabsichtigt eine bindende Regelung. bb) Bestellung als geschäftsähnliche Handlung und die Rechtsfolgen Weiterhin könnte die Bestellung eine geschäftsähnliche Handlung darstellen. Eine geschäftsähnliche Handlung ist eine Erklärung, insbesondere Mitteilung oder Aufforderung, die kraft Gesetzes eine bestimmte Rechtsfolge herbeiführt.248 Diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn sie vom Äußernden nicht gewollt ist.249 Die Bestellung stellt nach dem Verständnis des Wortsinns eine Mitteilung an den Unternehmer dar, die Leistung entgegenzunehmen und die dadurch entstehenden Belästigungen hinzunehmen.250 An diese Mitteilung knüpft das Gesetz die Rechtsfolge, dass § 241a Abs. 1 BGB nicht eingreift. Diese Rechtsfolge tritt unabhängig vom Willen des Empfängers ein. Die Bestellung erfüllt somit die Voraussetzungen einer geschäftsähnlichen Handlung.251 (1) Gegen diese Auffassung und für die Qualifizierung der Bestellung als Realakt könnte die Vergleichbarkeit der Bestellung mit der Einwilligung in eine Rechtsgutsverletzung sprechen.252 Ähnlich der Einwilligung in eine unerlaubte Handlung bringt die Bestellung einen Verzicht auf den Schutz der Privatsphäre zum Ausdruck, so dass sie als Realakt qualifiziert werden könnte. Diese Einordnung in das System der Rechtshandlungen ist aber bereits bei der Einwilligung nicht unumstritten.253 Zwar geht die überwiegende Auffassung trotz des Charakters der Einwilligung als Mitteilung davon aus, dass es sich um 246
So auch Berger JuS 2001, 649, 651 re. Sp. S. Lorenz in: FS für W. Lorenz, S. 193, 208. 248 BGH NJW 2001, 289, 290; Köhler, Allgemeiner Teil, § 5 Rn. 7. 249 Erman-Palm Einl. § 104 Rn. 6; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 22 Rn. 23; Soergel-Hefermehl Vor § 104 Rn. 20. 250 In den meisten Fällen verbunden mit einer Willenserklärung gerichtet auf Abschluss eines Vertrages. 251 So auch AnwKom-Krebs § 241a Rn. 12; a. A. S. Lorenz in: FS für W. Lorenz, S. 193, 208. 252 Deutsch, Haftungsrecht, Rn. 282; Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 93; Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 200; Palandt-Heinrichs Überbl vor § 104 Rn. 8; a. A. Larenz, Schuldrecht II, § 71 I c. (S. 594); OLG München OLGZ 1990, 97, 99. 253 Für Realakt: Deutsch, Haftungsrecht, Rn. 282; Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 93; Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 200; Palandt-Heinrichs Überbl vor § 104 Rn. 8; a. A. BGHZ 29, 33, 36, obwohl Vorschriften über Rechtsgeschäfte nicht entsprechend angewandt wurden; OLG München OLGZ 1990, 97, 99; Larenz, Schuldrecht II, § 71 Ic. (S. 594); MünchKomm-Schmitt § 105 Rn. 22. 247
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einen Realakt handelt. Dem wird jedoch zutreffend entgegengehalten, dass sich die Ähnlichkeit mit einer geschäftsähnlichen Handlung schon daran zeige, dass der Einwilligende über einen deliktischen Schadensersatzanspruch und damit letztlich über einen Vermögenswert verfüge.254 Gegen eine Einordnung als Realakt spricht des Weiteren die Tatsache, dass Realakte Handlungen sind, bei denen das Gesetz die Rechtsfolge ausschließlich an einen tatsächlichen Vorgang und nicht an den Willen anknüpft.255 Auf eine Willensbetätigung kommt es bei diesen im Gegensatz zur geschäftsähnlichen Handlung grundsätzlich nicht an.256 (2) Trotz dieser durchgeführten Einteilung sind die an eine Qualifizierung einer Rechtshandlung als geschäftsähnliche Handlung anknüpfenden Voraussetzungen nur insoweit eindeutig, als die Vorschriften für Rechtsgeschäfte keine direkte Anwendung finden.257 Das Bürgerlichen Gesetzbuch beschreibt nur die Voraussetzungen für Rechtshandlungen, deren Folgen gewollt sind. Die Voraussetzungen für die geschäftsähnliche Handlung und den Realakt werden dagegen der Ausformung durch die Wissenschaft überlassen, da allgemeine Vorschriften über Rechtshandlungen nicht aufgestellt seien.258 Aufgrund der tatsächlichen Nähe von Willenserklärung und geschäftsähnlicher Handlung, die beide auf der Mitteilung eines gebildeten Willens beruhen, kann eine entsprechende Anwendung der Vorschriften für Rechtsgeschäfte, insbesondere der §§ 104 ff. BGB, gerechtfertigt sein.259 Da es erhebliche Unterschiede sowohl zwischen den einzelnen geschäftsähnlichen Handlungen als auch zwischen den verschiedenen Vorschriften über Rechtsgeschäfte gibt,260 ist eine generelle Aussage nicht möglich.261 Über die Anwendung der Vorschriften über Rechtsgeschäfte auf geschäftsähnliche Handlungen ist danach zu entscheiden, ob der Zweck der jeweiligen Vorschriften die entsprechende Anwendung rechtfertigt.262 Dabei ist für jede Fallgruppe und für jede Gruppe von Vorschriften zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Analogie gegeben sind.263
254
MünchKomm-Schmitt § 105 Rn. 22. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 22 Rn. 31; Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 196; Soergel-Hefermehl Vor § 104 Rn. 18. 256 Zu den Durchbrechungen dieses Grundsatzes vgl. Erman-Palm Einl. § 104 Rn. 9 m.w. N. 257 Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 97; Köhler, Allgemeiner Teil, § 5 Rn. 7; ErmanPalm Einl. § 104 Rn. 7. 258 Motive zum BGB, Band 1, § 64 (S. 127). 259 Soergel-Hefermehl Vor § 104 Rn. 20. 260 Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 198; Soergel-Hefermehl Vor § 104 Rn. 17. 261 Hübner, Allgemeiner Teil, Rn. 696. 262 BGHZ 29, 33, 36; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 22 Rn. 28. 263 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 22 Fn. 21 (S. 438); Bork, Allgemeiner Teil, Rn. 416. 255
E. Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB
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(1) Anwendbarkeit der Vorschriften über die Geschäftsfähigkeit Die Vorschriften über den Schutz des Geschäftsunfähigen bzw. beschränkt Geschäftsfähigen sind nicht entsprechend auf die Bestellung anzuwenden.264 Zweck der §§ 104 ff. BGB ist es nämlich, vor den Gefahren des rechtsgeschäftlichen Verkehrs, insbesondere den daraus erwachsenden Verpflichtungen, zu schützen. Die zivilrechtlichen Regelungen zur Geschäftsfähigkeit sollen sicherstellen, dass die Rechtsfolgen einer Willenserklärung nur geschäftsfähigen Personen zugerechnet werden können.265 Wie oben herausgearbeitet,266 sind die Bestellung gem. § 241a BGB und der Vertragsschluss aber voneinander zu trennen. Nach diesem Verständnis liegt in der Bestellung nur eine Mitteilung des Empfängers, die Belästigung aus einer erfolgten Leistungserbringung hinzunehmen.267 Sie bringt damit keine rechtsgeschäftliche Verpflichtung mit sich, denn eine andere Frage ist, ob das zumeist gleichzeitig abgegebene Vertragsangebot wirksam ist, was sich nach §§ 104 ff. BGB beurteilt.268 Durch die Nichtanwendung der §§ 104 ff. BGB auf die Bestellung gem. § 241a BGB wird der nicht voll Geschäftsfähige auch nicht unbillig benachteiligt, denn gegenüber dem infolge der Leistung entstehendem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 BGB wird er ausreichend über § 818 Abs. 3 BGB geschützt. Vor möglichen Schadensersatzansprüchen gem. §§ 989, 990 Abs. 1 BGB muss der nicht voll Geschäftsfähige dagegen nicht geschützt werden. Voraussetzung für die Haftung im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis gem. §§ 989, 990 Abs. 1 BGB ist die Bösgläubigkeit des Empfängers in Bezug auf das Recht zum Besitz. Ob Personen und insbesondere Minderjährige bösgläubig sind, bestimmt sich aber nach §§ 827, 828 BGB.269 Nach diesen Vorschriften ist eine Haftung ausgeschlossen, wenn der Minderjährige das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat oder wenn er das achtzehnte Lebensjahr nicht vollendet hat und nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht besitzt. Der mögliche Eintritt der nach dem Grundsatz der Billigkeit zu bestimmenden Haftung gem. § 829 BGB ist grundsätzlich nicht zu befürchten, da für die Begründung der Haftung ein erhebliches Gefälle zu Ungunsten des Schädigers bestehen muss.270 Dies wird nur in den seltensten Fällen anzunehmen sein. 264
So im Ergebnis auch S. Lorenz in: FS für W. Lorenz, S. 193, 208 f. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 25 Rn. 1. 266 3. Kapitel E. 3. a). 267 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 72. 268 Außer bei Bestellung zur Ansicht, vgl. MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 7; Berger JuS 2001, 649, 651 re. Sp. 269 Erman-Hefermehl § 990 Rn. 4; Jauernig § 990 Rn. 2; Staudinger-Gursky (1999) § 990 Rn. 38 m.w. N. zur abweichenden Auffassung. 270 Jauernig-Teichmann § 829 Rn. 4. 265
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Insgesamt sind für die Bestimmung der Voraussetzungen für eine wirksame Bestellung somit weder die festen Grenzen der Geschäfts- noch die der Deliktsfähigkeit anzuwenden. Aufgrund des ausreichenden Schutzes vor einer rechtsgeschäftlichen Inanspruchnahme durch §§ 104 ff. BGB auf der einen und einer deliktischen Schadensersatzpflicht durch §§ 827, 828 BGB auf der anderen Seite kann Voraussetzung für die Willensbildung nur sein, dass eine Person erkennt, dass ihr Privatbereich für eine derartige Leistungserbringung geöffnet wird. Erforderlich ist danach nur, dass der Bestellende reif ist, die Bedeutung der Einwilligung in die Beeinträchtigung und ihre Folgen zu ermessen.271 Dies kann auch bei Personen unter sieben Jahren der Fall sein. (2) Anwendbarkeit der Vorschriften über die Anfechtung gem. §§ 119 ff. BGB Durch die Trennung der Bestellung von der auf Vertragsabschluss gerichteten Erklärung ergibt sich die Unabhängigkeit der Bestellung von Nichtigkeitsgründen, die ihren Ursprung ausschließlich in der auf Abschluss eines Vertrages gerichteten Willenserklärung haben. Die Nichtigkeit der Willenserklärung und damit des intendierten Vertrages führt nicht automatisch zum Wegfall der Bestellung. Nur wenn ein Irrtum hinsichtlich der Bestellungserklärung selbst vorliegt, stellt sich die Frage ihrer Anfechtbarkeit. So scheidet eine Anfechtung der Bestellung aus, wenn ein Irrtum gem. § 119 Abs. 1 BGB durch ein Verschreiben oder Versprechen hinsichtlich des Preises des vertraglichen Angebotes vorliegt. Da durch die Bestellung nur das Einverständnis mit der Empfangnahme der Leistung erklärt wird, ändert ein Irrtum über den Preis nichts an dem fehlerfrei geäußerten Willen, eine bestimmte Leistung annehmen zu wollen. Aus dem gleichen Grund ändert der Irrtum nach § 119 Abs. 2 BGB über eine verkehrswesentliche Eigenschaft, beispielsweise des Gegenstandes der Leistung, nichts an dem grundsätzlichen Einverständnis, die aus der Leistungserbringung folgenden Beeinträchtigungen hinzunehmen, und berechtigt nicht zur Anfechtung der Bestellung. Nur wenn der Bestellende die Annahme einer bestimmten Leistung nicht erklären wollte, zum Beispiel bei einem Verschreiben oder Versprechen im Hinblick auf die Art und die Menge der Leistung oder aufgrund einer arglistigen Täuschung eine Bestellung erklärt, liegt ein denkbarer Irrtum gem. §§ 119 ff. BGB vor. Ausschließlich im Hinblick auf eine solche Konstellation stellt sich die im Folgenden zu beantwortende Frage, ob die Bestellung als geschäftsähnliche Handlung selbst angefochten werden kann.
271 BGHZ 29, 33, 36 zur Einwilligung; Erman-Schiemann § 823 Rn. 147; MünchKomm-Mertens § 823 Rn. 39.
E. Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB
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(a) Wirkungen der Anfechtung der Bestellung Hierbei gilt, dass eine Anwendung der Vorschriften über Rechtsgeschäfte und damit der Anfechtungsvorschriften bei einer geschäftsähnlichen Handlung zwar nahe liegt,272 jedoch bei jeder Fallgruppe zu prüfen ist, wie weit ihre Ähnlichkeit mit den rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen reicht.273 Es ist für jede Erklärung gesondert zu prüfen, ob nicht der Schutz des Empfängers der Mitteilung höher zu bewerten ist als das Interesse des Erklärenden, sich von einer abgegebenen Erklärung lösen zu können, und eine Anfechtung daher auszuschließen ist.274 Daher werden die Vorschriften über die Anfechtbarkeit nur dann benötigt, wenn das Geschäft dem Erklärenden einen Nachteil bringt.275 Nur dann ist es gerechtfertigt, die durch die Erklärung für den Empfänger geschaffene günstige Rechtsposition durch die Anfechtung aufzuheben. (aa) So könnte man erwägen, dass die Nichtanwendung der Anfechtungsregeln den Besteller zwar an seine Bestellung bindet, aber dennoch keinen Nachteil für diesen mit sich bringt. Dies könnte damit begründet werden, dass dem Verbraucher durch die Wirkung des § 241a BGB etwas zugewendet werde, worauf er keinen Anspruch habe und damit wirtschaftlich gesehen geschenkt bekomme.276 Schon wirtschaftlich gesehen ist es jedoch ein Nachteil, die Wirkung des § 241a BGB zu verlieren, da sich der Verbraucher in diesem Fall wieder mit der Frage beschäftigen muss, wie er mit der Sache oder sonstigen Leistung verfahren soll. Diesen Entscheidungs- und den daraus möglicherweise resultierenden Kaufzwang versucht die Vorschrift gerade zu beseitigen. Darüber hinaus wäre der Verbraucher ohne die Anfechtungsmöglichkeit an seine einmal abgegebene Bestellung gebunden. Mit Zugang der Bestellung beim Unternehmer wird diese in entsprechender Anwendung des § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam.277 Im Gleichlauf mit dem zumeist vorliegenden Vertragsangebot ist eine diesem entsprechende Bindung der Bestellung anzunehmen. Die Einräumung eines voraussetzungslosen Widerrufs- oder Rücknahmerechts278 hinsichtlich der Bestellung ist dagegen abzulehnen. Vom Ergebnis her argumentiert, würde dieses Recht zwar dazu führen, dass eine Anfechtung ent-
272 Enneccerus/Nipperdey, AT 1/2, § 207 II (S. 1266), wonach die analoge Anwendbarkeit die Regel ist; Bork, Allgemeiner Teil, Rn. 416. 273 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 22 Rn. 30. 274 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 22 Rn. 30; Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 198; Hübner, Allgemeiner Teil, Rn. 696; a. A. Erman-Palm § 119 Rn. 27: gegen die Anfechtbarkeit der geschäftsähnlichen Handlung. 275 Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 198; Bork, Allgemeiner Teil, Rn. 419. 276 Lorenz JuS 2000, 833, 841 re. Sp. 277 Der auf eine geschäftsähnliche Handlung entsprechend anwendbar ist; Larenz/ Wolf, Allgemeiner Teil, § 22 Rn. 29; Bork, Allgemeiner Teil, Rn. 420. 278 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 22 Rn. 30; Bork, Allgemeiner Teil, Rn. 419.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
behrlich ist. Dies könnte aber zu der zu vermeidenden Situation führen, dass sich der Verbraucher mit Wirkung ex nunc von seiner Bestellung lösen kann, während das häufig gleichzeitig mit vorliegende Vertragsangebot gem. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam bestehen bleibt.279 Selbst wenn das Vertragsverhältnis die besonderen Voraussetzungen eines Fernabsatzvertrag gem. § 312b BGB erfüllt und man insbesondere die Widerrufsmöglichkeit gem. § 312d Abs. 1 i.V. m. § 355 Abs. 1 BGB auch auf die Bestellung erstreckt, ist eine Anfechtungsmöglichkeit aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen nicht entbehrlich. Während mit der Anfechtung ein Mangel der Erklärung selbst geltend gemacht wird, der dieser von vorneherein anhaftet, übt der zum Widerruf Berechtigte ein vertragliches oder gesetzliches Recht aus, das ihm gerade im Hinblick auf die Verbraucherschutzgesetze aufgrund abstrakter Gefährdungssituationen eingeräumt wird. Außerdem sind insbesondere die Fristen280 für eine Ausübung und die an die Gestaltungsmittel anknüpfenden Rechtsfolgen281 unterschiedlich. Der Empfänger sollte sich unabhängig von den Widerrufsfristen des § 355 Abs. 3 BGB von einer irrtümlichen Erklärung lösen können. Ansonsten müsste er möglicherweise in einem solchen Fall die Leistung durch den Unternehmer in der Zukunft ohne den Schutz des § 241a BGB dulden. Dies zeigt die Notwendigkeit, die §§ 119 ff. BGB entsprechend heranzuziehen. (bb) Andererseits drängt sich die Frage auf, ob die Anfechtung mit der Wirkung ex tunc gem. § 142 Abs. 1 BGB gerechtfertigt ist. Diese gesetzlich angeordnete Wirkung der Anfechtung könnte nämlich dazu führen, dass bereits auf eine Bestellung hin erbrachte Leistungen nachträglich als unbestellt anzusehen wären. Eine Alternative zu dieser Folge ist die Beschränkung der Rechtsfolgen einer Anfechtung.282 Obwohl die Anordnung der Rückwirkung gem. § 142 Abs. 1 BGB dem zwingenden Recht angehört, hat die Rechtsprechung für eine Zahl von Rechtsgeschäften die ex-tunc-Wirkung abgelehnt.283 Grund war jeweils, dass die Rückabwicklung der Rechtsgeschäfte zu unzumutbaren Ergebnissen
279 Es sei denn, ein Widerruf des Vertragsangebotes gem. § 312d Abs. 1 i.V. m. § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB ist möglich. Ansonsten müsste über § 242 BGB (venire contra factum proprium) geholfen werden. 280 § 355 Abs. 3 BGB einerseits und §§ 119, 121; 123, 124 BGB andererseits. 281 Nach dem Widerruf gem. § 355 BGB hat der Berechtigte gem. § 357 Abs. 3 BGB Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu zahlen, während er nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz nur bei Unmöglichkeit der Herausgabe zu leisten hat. 282 Zu den Ausnahmen der Wirkung des § 142 Abs. 1 BGB, vgl. Erman-Palm § 142 Rn. 10. 283 MünchKomm-Kramer § 119 Rn. 19 schlägt eine teleologische Reduktion vor, während MünchKomm-Mayer-Maly/Busche § 142 Rn. 15 Gewohnheitsrecht anwendet.
E. Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB
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führte.284 Gleiches könnte eine rückwirkende Vernichtung der Bestellung bewirken und damit der ex-tunc-Wirkung entgegenstehen. Da es vorliegend um die Bewertung einer analogen Anwendung des § 142 Abs. 1 BGB geht, ist zu prüfen, ob der zu beurteilende, nicht geregelte Sachverhalt den in der fraglichen gesetzlichen Vorschrift geregelten Fällen entspricht.285 Um zu beurteilen, ob die Anwendung der rückwirkenden Anfechtung von Willenserklärungen auch wertungsmäßig mit der rückwirkenden Beseitigung der Bestellung im Sinne des § 241a Abs. 1 BGB vergleichbar ist, sollen im Folgenden die Konsequenzen einer solchen dargestellt werden. Ausgangspunkt ist dabei, dass die Anfechtung der Bestellung in analoger Anwendung der §§ 119 ff. BGB mit der Wirkung des § 142 Abs. 1 BGB grundsätzlich eine unbestellte Leistung gem. § 241a Abs. 1 BGB zur Folge hat.286 Der damit verbundene Anspruchsausschluss gem. § 241a Abs. 1 BGB ist jedoch durch die Regelung des § 241a Abs. 2 BGB eingeschränkt. Danach sind die Ansprüche des Unternehmers nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgt. Solange dem Unternehmer daher die Anfechtbarkeit nicht positiv bekannt ist – wobei gem. 142 Abs. 2 BGB die Kenntnis der Anfechtbarkeit im Fall der Anfechtung der Kenntnis der Nichtigkeit gleichgestellt wird – geht er irrtümlich von einer Bestellung gem. § 241a Abs. 2 BGB aus. Die positive Kenntnis der Anfechtbarkeit der Bestellung wird regelmäßig nur bei einer arglistigen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung gem. § 123 Abs. 1 BGB vorliegen. Weitere Voraussetzung für § 241a Abs. 2 BGB ist, dass der Empfänger die irrige Vorstellung des Unternehmers erkannt hat oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können. Entsprechend der Regelung des § 142 Abs. 2 BGB muss auch bei dem Empfänger auf die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen der Anfechtbarkeit abgestellt werden. War diesem bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt sein Irrtum erkennbar, dann musste er auch erkennen, dass der Unternehmer im Fall der Anfechtung irrtümlich eine unbestellte Leistung erbringt. Wenn die Voraussetzungen des § 241a Abs. 2 BGB vorliegen, kann der Unternehmer seine gesetzlichen Ansprüche weiterhin geltend machen. Greift somit der Anspruchsausschluss des § 241a Abs. 1 BGB aufgrund der Wirkung der Ausnahme des § 241a Absatzes 2 BGB nicht ein, besteht eine Vindikationslage. Einer verschärften Haftung gem. §§ 989, 292 Abs. 1 i.V. m. § 819 Abs. 1 BGB ist der Empfänger aber erst im Zeitpunkt der positiven Kenntnis der Anfechtbarkeit ausgesetzt. In diesem Fall ist es nicht angezeigt, auf das Verschul284 MünchKomm-Mayer-Maly/Busche § 142 Rn. 15 zum Beispiel in Arbeits- und Gesellschaftsverhältnissen. 285 Kramer, Methodenlehre, S. 150. 286 A. A. Casper ZIP 2000, 1602, 1605 li. Sp.; Wendehorst DStR 2000, 1311, 1316 re. Sp.; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 2; Löhnig JA 2001, 33 li. Sp.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
den gem. § 989 BGB den gemilderten Haftungsmaßstab nach § 300 Abs. 1 BGB analog anzuwenden, da der Unternehmer die Leistung nicht im Bewusstsein der fehlenden Bestellung erbracht hat. (cc) Für die wenigen Fälle, in denen der Empfänger die irrige Vorstellung des Unternehmers nicht erkennen konnte, weil sein Irrtum auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht vermeidbar war, bleibt es mangels Vorliegens der Voraussetzung des § 241a Abs. 2 BGB bei der Wirkung des § 241a Abs. 1 BGB, so dass der Unternehmer seine gesetzlichen Ansprüche verliert. In diesem Fall hat der Verbraucher aber gem. § 122 Abs. 1 i.V. m. §§ 119, 120 BGB den Vertrauensschaden zu ersetzen.287 Er hat den Unternehmer, der gem. § 241a Abs. 1 BGB aufgrund der fehlenden Erkennbarkeit auf Seiten des Empfängers keine Ansprüche hinsichtlich der erbrachten Leistung hat, so zu stellen, wie er stünde, wenn er sich auf das Geschäft nicht eingelassen hätte.288 In diesem Fall wäre der Unternehmer noch in deren Besitz, wenn beispielsweise eine Lieferung erfolgte. Das in Erfüllung der nichtigen Bestellung Geleistete kann gem. § 122 Abs. 1 BGB zurückgefordert werden.289 Dieser Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens gem. § 122 Abs. 1 BGB seinerseits ist nicht durch § 241a Abs. 1 BGB aufgrund der nunmehr vorliegenden unbestellten Leistungserbringung ausgeschlossen.290 Bei diesem Schadensersatzanspruch handelt es sich nicht mehr um einen Anspruch durch die Lieferung oder durch die Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen, denn erst durch die Anfechtung wird die Leistung zu einer unbestellten Leistung. Somit ist die Anfechtung, durch die der Schadensersatzanspruch gem. § 122 Abs. 1 BGB entsteht, ursächlich für die unbestellte Leistungserbringung. Voraussetzung für die Anwendung des § 241a Abs. 1 BGB ist aber der Fall, in dem die Leistungserbringung conditio sine qua non für die Entstehung des Anspruchs ist. (b) Zwischenergebnis Fasst man nochmals die Ergebnisse einer Rückwirkung der Anfechtung entsprechend § 142 Abs. 1 BGB zusammen, ist festzustellen, dass der Unternehmer dadurch keinen unvertretbaren Nachteil erleidet, da keine wesentlichen Abweichungen zwischen ex-nunc und ex-tunc-Wirkung der Anfechtung im Hinblick auf § 241a BGB bestehen. Beruht die Anfechtung auf einem Irrtum gem. §§ 119, 120 BGB, wird die Wirkung des § 241a Abs. 1 BGB durch § 241a 287 Bei einer Anfechtung gem. § 123 BGB scheidet § 241a Abs. 2 BGB schon deshalb aus, weil der arglistig handelnde Unternehmer keinem Irrtum über die Wirksamkeit der Bestellung gem. § 142 Abs. 2 BGB unterliegt. 288 Köhler, Allgemeiner Teil, § 7 Rn. 36. 289 Erman-Palm § 122 Rn. 5; MünchKomm-Kramer § 122 Rn. 8. 290 A. A. Casper ZIP 2000, 1602, 1607 Fn. 44.
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Abs. 2 BGB aufgehoben, so dass trotz der Rückwirkung keine Abweichung zu einer Wirkung ex nunc besteht. Im Übrigen kann der Unternehmer gestützt auf § 122 Abs. 1 BGB Schadensersatz verlangen, solange nicht § 122 Abs. 2 BGB eingreift. Diese Gleichwertigkeit der Lösungen ändert sich jedoch dann zu Gunsten einer ex-tunc-Wirkung der Anfechtung, wenn die Bestellung durch eine arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung gem. § 123 BGB veranlasst wurde oder der Unternehmer sonst positive Kenntnis von dem Irrtum des Empfängers hat.291 Eine Wirkung der Anfechtung ex nunc hätte zur Folge, dass sich der Verbraucher nur mit Wirkung für die Zukunft von der Bestellung lösen könnte. Die entsprechende Anwendung des § 142 Abs. 1 BGB stellt dagegen diesen Fall einer von Anfang an unbestellten Leistungserbringung gleich. Nur die letztgenannte Folge ist aber wertungsgemäß, da der vorsätzlich handelnde Unternehmer unabhängig davon behandelt werden sollte, ob er sich zuvor noch eine Bestellungserklärung durch ein arglistiges Verhalten verschafft, trotz positiver Kenntnis eines Irrtums leistet oder eine von Anfang an unbestellte Leistung erbringt.292 Der Unternehmer, der in Kenntnis der Anfechtbarkeit leistet, wird entsprechend § 142 Abs. 2 BGB, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er in Kenntnis der anfänglichen Unwirksamkeit und damit der fehlenden Bestellung geleistet hätte. Grundsätzlich ist ein Unternehmer, der in Kenntnis der Anfechtbarkeit einer Bestellung leistet, nicht schutzwürdiger als derjenige, der bewusst ohne Bestellung Leistungen an Verbraucher erbringt. Berücksichtigt man diese Wertung, ist eine Anfechtung der Bestellung mit Wirkung ex tunc entsprechend § 142 Abs. 1 BGB vorzugswürdig.293 (3) Anwendung der weiteren Vorschriften für Willenserklärungen In Bezug auf die weiteren möglichen Willensmängel gem. §§ 116–118 BGB ist in gleicher Weise eine differenzierende Betrachtung vorzunehmen. (a) Gibt der Verbraucher eine Bestellung ab, behält sich aber insgeheim vor, das Erklärte nicht zu wollen, sollte § 116 Satz 1 BGB entsprechend herangezogen werden. Diese Norm stellt den allgemeinen Grundsatz auf, dass derjenige, der durch eine bewusste Handlung eine Rechtsfolge in Gang setzt, nicht durch 291 In diesem Fall irrt er nicht gem. § 241a Abs. 2 BGB und ein Schadensersatzanspruch ist gem. § 122 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. 292 A. A. Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 2: „. . . durch Anfechtung, auch . . . nach § 123, wird eine Leistung . . . nicht zu einer unbestellten.“ 293 Auch im UWG wird die Wettbewerbswidrigkeit einer Leistungserbringung durch ein erschlichenes oder sonst in unlauterer Weise eingeholtes Einverständnis nicht ausgeschlossen; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 187.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
eine nicht geäußerte gegenteilige Absicht die Wirksamkeit des von ihm vorgenommenen Aktes vereiteln kann.294 Somit ist die Bestellung nicht deshalb unwirksam, weil sich der Verbraucher insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Hat der Unternehmer dagegen Kenntnis von dem Vorbehalt, dann liegt schon nach den allgemeinen Grundsätzen der Auslegung empfangsbedürftiger Erklärungen, unabhängig von der Anordnung des § 116 Satz 2 BGB, eine wirksame Erklärung nicht vor.295 Der Unternehmer leistet in diesem Fall unbestellt im Sinne des § 241a Abs. 1 BGB. Die Regelung des § 241a Abs. 2 BGB greift dagegen nicht ein, da die Leistung durch den Unternehmer gerade nicht irrtümlich erbracht wurde. (b) Liegt eine Scherzerklärung des Empfängers im Sinne des § 118 BGB vor, dann leistet der Unternehmer ebenfalls ohne Bestellung. Erkennt er die Nichternstlichkeit nicht, dann geht er irrtümlich von einer Bestellung im Sinn des § 241a Abs. 2 BGB aus, wobei der Leistungsempfänger diese irrtümliche Vorstellung auch erkennen muss. Gem. § 122 BGB kann der Unternehmer zusätzlich Schadensersatz verlangen. Der Schadensersatzanspruch entsteht durch die Erklärung im Sinne des § 118 BGB,296 nicht durch die Leistung im Sinn von § 241a Abs. 1 BGB und ist deshalb nicht ausgeschlossen. Erkennt der Unternehmer den Charakter der Scherzerklärung, liegt schon nach den Grundsätzen der Auslegung empfangsbedürftiger Erklärungen eine Bestellung nicht vor.297 § 241a Abs. 2 BGB ist dann nicht anwendbar, so dass der leistende Unternehmer seine Ansprüche verliert. (c) Ein weiteres Problem ergibt sich, wenn die Parteien nur den äußeren Schein einer Erklärung, dagegen nicht die mit dieser verbundenen Rechtswirkungen eintreten lassen wollen. Da die Auslegung der Anwendung der Vorschriften über Willensmängel vorgeht, liegt auf der Basis einer Auslegung nach der Verständnismöglichkeit des Empfängers schon keine wirksame Erklärung vor.298 Aus der Sicht des Empfängers enthält die Bestellung nur eine zum Schein abgegebene und damit eine nicht gewollte Erklärung. § 117 Abs. 1 BGB stellt sich nach diesem Verständnis als ein bloße Regelung der Beweislast dar.299 Demzufolge ist über eine analoge Anwendung des § 117 Abs. 1 BGB nur aufgrund dieses eingeschränkten Zweckes der Regelung zu entscheiden. Unabhängig von § 117 BGB trägt aber 294
Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 35 Rn. 5. Kritisch zur Regelung des § 116 Satz 2 BGB MünchKomm-Kramer § 116 Rn. 9; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 35 Rn. 9; a. A. Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 593. 296 Erman-Palm § 118 Rn. 3. 297 Soergel-Hefermehl § 118 Rn. 1. 298 Soergel-Hefermehl § 117 Rn. 1; Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 193. 299 Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 193. 295
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der Empfänger sowieso die Beweislast für die Unbestelltheit und damit das Eingreifen des § 241a Abs. 1 BGB.300 Nach der allgemeinen Regel der Beweislast hat jede Partei die Voraussetzungen der ihr günstigen Norm zu behaupten und im Falle des Bestreitens zu beweisen.301 Somit besteht keine Notwendigkeit für die Anwendung des § 117 BGB. (d) Aufgrund der Empfangsbedürftigkeit ist die Bestellung als geschäftsähnliche Handlung entsprechend den §§ 133, 157 BGB nach dem Empfängerhorizont zu beurteilen, wodurch der gebotene Vertrauensschutz gewährt wird.302 Dies legt insbesondere der Wortlaut nahe, der ein Element der Bekanntgabe an den Unternehmer enthält. Aufgrund dieser Empfangsbedürftigkeit sind die Vorschriften über den Zugang gem. §§ 130 ff. BGB entsprechend anzuwenden.303 Auf das Recht der Stellvertretung kann ebenso zurückgegriffen werden.304 Die Bestellung öffnet zwar den Privatbereich einer Person, ist aber keine höchstpersönliche, geschäftsähnliche Handlung, welche die Stellvertretung ausschließt. Dagegen ist eine Sittenwidrigkeit der Bestellung gem. § 138 BGB als der bloßen Gestattung der Leistungserbringung oder der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot gem. § 134 BGB schwer vorstellbar.305 Das Element der Zulassung der Lieferung oder sonstigen Leistung an sich wird in den seltensten Fällen sittenwidrig sein. 4. Verhältnis von Bestellung und erbrachter Leistung Wurden in der obigen Diskussion die Rechtsnatur der Bestellung und deren Rechtsfolgen dargestellt, soll es im Folgenden darum gehen, wie die durch den Unternehmer erbrachte Leistung beschaffen sein muss, um noch als von der Bestellung erfasst angesehen zu werden. Diese Eigenschaft, die als Leistungstauglichkeit bezeichnet werden soll, grenzt damit die bestellte von der unbestellten Leistung – vorbehaltlich des § 241a Abs. 3 BGB – ab. a) Einen möglichen Ansatz für die Bestimmung der Leistungstauglichkeit bietet die Anknüpfung an den Tatbestand der Erfüllung.306 Es wird deshalb gel300 Zum Beweis einer negativen Tatsache vgl. Baumgärtel-Strieder, Beweislast im Privatrecht, § 812 Rn. 11; a. A. Bamberger/Roth-Grüneberg § 241a Rn. 15, wonach die schlichte Behauptung des Verbrauchers genügen soll, es liege eine unbestellte Leistung vor. Danach hätte der Unternehmer das Vorliegen einer Bestellung oder die Voraussetzungen von § 241a Abs. 2 und Abs. 3 darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. 301 Rosenberg, Beweislast, S. 99. 302 BGH NJW 1995, 45, 46 li. Sp.; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 28 Rn. 11. 303 Bork, Allgemeiner Teil, Rn. 420. 304 MünchKomm-Schramm § 164 Rn. 5. 305 Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 198. 306 Berger JuS 2001, 649, 652 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1608 f.; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 1; Wrase/Müller-Helle NJW 2002, 2537, 2538.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
tend gemacht, dass neben der Bestellung im oben genannten Sinn zumeist ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages vorläge. Dieses Angebot werde durch die Erbringung der Leistung zumindest konkludent angenommen.307 Eine bestellte Leistung sei nur dann gegeben, wenn die erbrachte Leistung geeignet sei, das begründete Schuldverhältnis gem. § 362 BGB zum Erlöschen zu bringen. Diesem Verständnis zufolge werden die Begriffe der Erfüllungstauglichkeit gem. § 362 BGB und die hier als Leistungstauglichkeit bezeichnete Erbringung einer bestellten Leistung gem. § 241a Abs. 1 BGB gleichgestellt. Begründet wird diese Gleichstellung mit der Regelung des § 241a Abs. 3 BGB. Obwohl sich dieser wie eine Ausnahme zu § 241a Abs. 1 BGB läse, solle er den Anwendungsbereich des § 241a Abs. 1 BGB um den Fall erweitern, dass eine Bestellung vorliege, der Unternehmer aber eine erfüllungsuntaugliche Ware liefere.308 Dies sei die klassische Konstellation der Aliud-Lieferung, die bisher nicht zur Fallgruppe der Lieferung unbestellter Waren zählte. Aus dem Umkehrschluss zu § 241a Abs. 3 BGB würde sich ergeben, dass nunmehr auch die Zusendung erfüllungsuntauglicher Ware zum Verlust aller Ansprüche nach § 241a Abs. 1 BGB führen solle.309 b) Diese Argumentation erscheint auf den ersten Blick zumindest so lange als angemessen, wie der Unternehmer ein aliud leistet.310 Mit einem solchen kann – was schon die Bezeichnung ausdrückt – weder im Kaufrecht gem. § 433 Abs. 1 Satz 2 i.V. m. § 434 Abs. 3 BGB noch in einer anderen Vertragsbeziehung erfüllt werden. Es erscheint damit folgerichtig, in diesem Fall auch eine unbestellte Leistung im Sinne des § 241a Abs. 1 BGB anzunehmen. Zu bedenken ist aber stets, dass die Anknüpfung an die Erfüllung und damit an den Begriff des aliuds als einer Leistung, die fälschlicherweise anstelle der geschuldeten erbracht wird, immer ein bestehendes Schuldverhältnis voraussetzt. Nur vor diesem Hintergrund macht die Frage nach der Erfüllung als dem Erlöschen des Schuldverhältnisses gem. § 362 Abs. 1 BGB Sinn. Ein solches Schuldverhältnis wird aber aus tatsächlichen Gründen in den seltensten Fällen bei einer Abweichung von der bestellten Sache oder sonstigen Leistung vorliegen. In den zahlreichen Fällen dieser Art wird der Verbraucher gleichzeitig eine Bestellung und ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages unterbreiten. Erbringt der Unternehmer nun eine davon abweichende Leistung, dann liegt in der konkludenten abweichenden Annahme eine Erweiterung, Einschränkung oder sons307
MünchKomm-Kramer Vor § 116 Rn. 21 ff. Casper ZIP 2000, 1602, 1608 re. Sp. 309 Casper ZIP 2000, 1602, 1608 re. Sp.; ähnlich Berger JuS 2001, 649, 652 li. Sp.; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 1. 310 Nach dem neuen Kaufrecht ist die Unterscheidung von Fehler und aliud durch die Gleichstellung gem. § 434 Abs. 3 BGB entschärft. Das neue Schuldrecht-Haas 5. Kapitel Rn. 127; Ergänzungsband zu Palandt-Heinrichs § 434 Rn. 52; H. P. Westermann JZ 2001, 530, 534; a. A. für Identitäts-aliud Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, S. XXIII. 308
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tige Änderung gem. § 150 Abs. 2 BGB, die als Ablehnung des Angebotes verbunden mit einem neuen Antrag gilt, so dass ein vertragliches Schuldverhältnis nicht begründet wird. Die Frage, ob die Leistung erfüllungstauglich ist, stellt sich nicht. Die Anknüpfung an die Erfüllungstauglichkeit ist somit nur den Konstellationen vorbehalten, in denen die Parteien einen Vertrag über die bestimmte Leistung schließen und der Unternehmer eine abweichende Leistung erbringt.311 c) Darüber hinaus geht die Gleichstellung von einem unrichtigen Verständnis von Erfüllungs- und Leistungstauglichkeit aus. Die Erfüllung gem. § 362 BGB stellt die bestimmungsgemäße natürliche Beendigung des Schuldverhältnisses dar.312 Durch das Bewirken der geschuldeten Leistung erlischt der Anspruch, so dass die Leistungspflicht des Schuldners entfällt.313 Entsprechend der Definition der Bestellung als dem bloßen Einverständnis mit der Lieferung, das eine auf Abschluss eines Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht voraussetzt,314 beantwortet die Leistungstauglichkeit dagegen die Frage, ob die mit der Leistungserbringung einhergehende Beeinträchtigung des Empfängers noch von der in der Bestellung liegenden Billigung umfasst ist. Die Notwendigkeit dieser Differenzierung zeigt sich exemplarisch bei der Lieferung einer mangelhaften Sache im neuen Kaufrecht, wonach der Verkäufer dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln gem. § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB zu verschaffen hat. Mit einer mangelhaften Kaufsache kann daher nicht erfüllt werden.315 Legt man die oben angedeutete Prämisse zu Grunde, nach welcher Erfüllungs- und Leistungstauglichkeit gleich zu behandeln sind, dann ist auch eine mangelhafte Lieferung aufgrund ihrer Ungeeignetheit zur Erfüllung eine unbestellte Leistung im Sinne des § 241a Abs. 1 BGB. Wird nun zusätzlich die Anwendbarkeit des § 241a Abs. 3 BGB mit dem Argument abgelehnt, dass eine nach Qualität und Preis gleichwertige Leistung beim Vorliegen eines Mangels nicht gegeben sei,316 dann sind sämtliche Ansprüche des Unternehmers gem. § 241a Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Vor diesem Ergebnis könnte sich der Unternehmer auch nicht durch den Hinweis gem. § 241a Abs. 3, 2. Alt. BGB schützen. Diese letzte Konsequenz kann von den Befürwortern einer Gleichstellung von Erfüllungs- und Leistungstauglichkeit nur mit der Argumentation vermieden werden, dass der Schutzzweck des § 241a BGB nicht ein311 Zur Anwendbarkeit des § 241a BGB auf die Falschlieferung in diesem Fall vgl. Lorenz/Riehm, Schuldrecht, Rn. 492 Fn. 80; Lettl Jus 2002, 866, 871 li. Sp. und die Diskussion im Folgenden unter f. 312 Erman-H. P. Westermann § 362 Rn. 1. 313 Staudinger-Olzen § 362 Rn. 3. 314 Berger JuS 2001, 649, 651 re. Sp. 315 Das neue Schuldrecht-Haas 5. Kapitel Rn. 36; H. P. Westermann JZ 2001, 530, 536 re. Sp.; von Wilmowsky Beilage zu JuS Heft 1/2002, 22 li. Sp.; Ergänzungsband zu Palandt-Putzo § 433 Rn. 21. 316 Berger JuS 2001, 649, 652 li. Sp.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
schlägig sei, wenn der Unternehmer eine mangelhafte Sache aufgrund einer Bestellung des Verbrauchers liefere, da der Interessenausgleich dem Kaufrecht überlassen bleiben solle.317 d) Schon nach dem Wortlaut des § 241a Abs. 1 BGB ergibt sich kein Hinweis auf eine Anknüpfung an die Erfüllungswirkung gem. § 362 BGB. Unter Beachtung des § 241a Abs. 1 BGB kann man nicht sagen, dass eine bestellte Sache zu einer unbestellten wird, weil sie mangelhaft ist und deshalb nicht mit ihr erfüllt werden kann. Maßgebendes Kriterium ist nur der Inhalt der Bestellung als einseitige Erklärung durch den Verbraucher. Die Begründung eines Schuldverhältnisses wird vom Tatbestand nicht vorausgesetzt. Ergänzend muss a maiore ad minus davon ausgegangen werden, dass, wenn schon gem. § 241a Abs. 3 BGB unter bestimmten Voraussetzungen die Erbringung einer abweichenden Leistung nicht als unbestellt gilt,318 erst recht eine bestellte, aber mangelhafte Leistung nicht als unbestellt anzusehen ist. Ansonsten könnte sich der Unternehmer für den Fall der Lieferung aus einer anderen Gattung unter Beachtung des § 241a Abs. 3 BGB schützen, wohingegen ihm ein gleiches Vorgehen bei der Mangelhaftigkeit der gelieferten Sache nicht möglich wäre, da § 241a Abs. 3 BGB eine gleichwertige Qualität voraussetzt, die bei Mangelhaftigkeit der Leistung nicht gegeben ist. Insbesondere nach dem Sinn und Zweck der Bestellung kann eine Gleichstellung nicht überzeugen. Zwar wird es häufig so sein, dass mit der Bestellung ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages verbunden ist. Dies ist aber für das Vorliegen einer wirksamen Bestellung nicht konstitutiv.319 So kann die eine Gleichstellung von Erfüllungs- und Leistungstauglichkeit befürwortende Auffassung320 bei einer unverbindlichen Bestellung einer Ware zur Ansicht321 nicht aufzeigen, wie in diesem Fall das Kriterium der Erfüllungstauglichkeit angewendet werden soll. Mangels geschlossenen Vertrages steht nicht fest, was der Unternehmer zu leisten hat. Vielmehr werden die Vertragsbedingungen erst nachträglich ausgehandelt. Die Anknüpfung an eine Erfüllungshandlung, die zu einer Beendigung des Schuldverhältnisses führt, läuft auf eine unzulässige Fiktion hinaus. e) Die Bestimmung dessen, was noch bestellt oder schon unbestellt ist, hat sich demzufolge von der Erfüllungswirkung und daran anknüpfenden Kategorien, wie der des aliuds, freizumachen. Es ist vielmehr danach zu fragen, ob der
317 Berger JuS 2001, 649, 652 li. Sp.; Wrase/Müller-Helle NJW 2002, 2537, 2538; ähnlich Casper ZIP 2000, 1602, 1609 li. Sp.: „Man wird dieses unbefriedigende Ergebnis nur dadurch auflösen können, dass man Abs. 2 Alt. 2 heranzieht . . .“ 318 Casper ZIP 2000, 1602, 1605 li. Sp.: „. . . klassischer Fall der Aliud-Lieferung.“ 319 Berger JuS 2001, 649, 651 re. Sp. 320 Berger JuS 2001, 649, 652 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1608 f.; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 1; Wrase/Müller-Helle NJW 2002, 2537, 2538. 321 MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 7.
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Verbraucher durch seine Bestellung das grundsätzliche Einverständnis erteilt hat, gerade diese Leistung entgegenzunehmen. Da der Verbraucher durch die Gewährleistungsvorschriften ausreichend geschützt ist, hat man dabei eine Mangelhaftigkeit nicht zu berücksichtigen. Im Ergebnis kommt man allerdings nicht umhin, bei der Bestellung einer Gattungssache danach zu fragen, ob die Lieferung dieser angehört.322 Es stellen sich bei dieser vergleichbare Abgrenzungsschwierigkeiten wie bei der Feststellung eines aliud, so dass die für das Kaufrecht aufgrund des § 434 Abs. 3 BGB entbehrlich gewordene Diskussion in neuem Gewand wieder auflebt.323 f) Wird demzufolge eine andere als die bestellte Leistung erbracht, liegt § 241a Abs. 1 BGB tatbestandlich vor. Im Weiteren ist dann stets zu prüfen, ob nicht die Ausnahmen des § 241a Abs. 2 und § 241a Abs. 3 BGB gegeben sind. Von diesem Standpunkt betrachtet, ist es nicht vertretbar, den Fall der versehentlichen Falschlieferung schon dem Anwendungsbereich des § 241a Abs. 1 BGB zu entziehen.324 Begründet wird die Nichtanwendung des § 241a Abs. 1 BGB auf die versehentliche Falschlieferung mit einem Umkehrschluss aus § 241a Abs. 3 BGB, der auf das Angebot einer anderen als der bestellten Leistung durch den Unternehmer abstelle. Ein Angebot setze aber einen entsprechenden Willen voraus, der bei einer versehentlichen Falschlieferung fehle. Da § 241a Abs. 3 BGB deshalb in diesem Fall keine Anwendung finden könne, würde stets ein Anspruchsausschluss durch § 241a Abs. 1 BGB herbeigeführt. Dieser Auffassung zufolge wäre es völlig unangemessen und mit den Zwecken des Gesetzes nicht zu vereinbaren, träten in den Fällen der versehentlichen Falschlieferung die „scharfen Rechtsfolgen“ des § 241a Abs. 1 BGB ein.325 Dasselbe Ergebnis der Nichtanwendbarkeit des § 241a Abs. 1 BGB auf die Falschlieferung besteht ebenso wenig aufgrund anderer Erwägungen.326 Eine abweichende Auffassung nimmt Entsprechendes mit der Begründung an, dass § 241a BGB nicht einschlägig sei, weil der Zahlungsanspruch des Unternehmers nicht durch die unbestellte Lieferung, sondern durch den vorher abgeschlossenen Vertrag begründet würde.327 Mit dieser Argumentation wird aber nur die Selbst322
MünchKomm-H. P. Westermann § 459 Rn. 20 f. So im Ergebnis auch Wrase/Müller-Helle NJW 2002, 2537, 2538. Im neuen Kaufrecht – außerhalb des Anwendungsbereiches von § 241a BGB – ist die Unterscheidung von Fehler und aliud durch die Gleichstellung gem. § 434 Abs. 3 BGB dagegen beseitigt. Das neue Schuldrecht-Haas 5. Kapitel Rn. 127; Ergänzungsband zu Palandt-Heinrichs § 434 Rn. 52; H. P. Westermann JZ 2001, 530, 534; a. A. für Identitäts-aliud Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, S. XXIII. 324 Deckers NJW 2001, 1474 re. Sp.; a. A. Wrase/Müller-Helle NJW 2002, 2537, 2538 li. Sp. 325 Deckers NJW 2001, 1474, 1475; Lettl Jus 2002, 866, 871 li. Sp.; a. A. Wrase/ Müller-Helle NJW 2002, 2537, 2538 li. Sp. 326 A. A. Lorenz/Riehm, Schuldrecht, Rn. 492 Fn. 80; im Anschluss daran Lettl Jus 2002, 866, 871 li. Sp. und Fn. 48. 323
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
verständlichkeit festgestellt, dass § 241a BGB keinen Einfluss auf einen abgeschlossenen Vertrag hat. Daraus können keine Folgerungen gegen die Anwendbarkeit des § 241a BGB auf die Falschlieferung abgeleitet werden. Im Umkehrschluss zu § 241a Abs. 2 BGB bezieht sich § 241a Abs. 1 BGB nämlich nur auf gesetzliche Ansprüche des Unternehmers. Erbringt der Unternehmer dagegen eine Falschlieferung, kann er diese nicht aufgrund des geschlossenen Vertrages, sondern nur gestützt auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zurückverlangen.328 Dieser gesetzliche Anspruch kann aber durch § 241a BGB ausgeschlossen sein.329 Demzufolge kann der Verbraucher jede Falschlieferung, solange die Ausnahmen gem. § 241a Abs. 2 BGB und § 241a Abs. 3 BGB nicht vorliegen, behalten. Darüber hinaus kann der Käufer bei einer Falschlieferung seine Gewährleistungsrechte ausüben und gem. § 439 Abs. 1 BGB Nacherfüllung verlangen, ohne nach § 439 Abs. 4 BGB zur Rückgewähr der erlangten Falschlieferung verpflichtete zu sein. Er kann unter den Voraussetzungen des § 323 BGB oder § 326 Abs. 5 BGB vom Vertrag zurücktreten, wodurch ebenfalls keine Herausgabeverpflichtung hinsichtlich der Falschlieferung entsteht. Eine Minderung des Kaufpreises gem. § 441 BGB ist nicht möglich, da der Käufer die unbestellte Sache ohnehin behalten darf.330 Schließlich kann der Verbraucher Schadensersatz nach den §§ 280 Abs. 1, 281, 283 oder § 311a Abs. 2 BGB verlangen, wobei er sich den Wert der unbestellten Ware aufgrund der Wertung des § 241a BGB nicht anrechnen lassen muss.
II. Personaler Anwendungsbereich Weitere Voraussetzung für die Eröffnung des Anwendungsbereiches ist die unbestellte Leistungserbringung durch einen Unternehmer an einen Verbraucher. 1. Unternehmerbegriff Nach der Legaldefinition des Unternehmers in § 14 BGB ist dieser eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Der Unternehmerbegriff ersetzt im Ver327 Lorenz/Riehm, Schuldrecht, Rn. 492 Fn. 80; Lettl Jus 2002, 866, 871 li. Sp. und Fn. 48. 328 Dauner-Lieb/Kitz, Fälle zum neuen Schuldrecht, Fall 59, S. 128 f.; Lettl Jus 2002, 866, 871 f., wenn Rechtsstellung des Käufers durch einen Herausgabeanspruch nicht verschlechtert wird; Lorenz/Riehm, Schuldrecht, Rn. 493 nur die irrtümliche Lieferung einer wertvolleren Sache kann kondiziert werden; a. A. Musielak NJW 2003, 89, 92 re. Sp.; Reischl JuS 2003, 865, 869 re. Sp. 329 Wrase/Müller-Helle NJW 2002, 2537, 2539. 330 Vgl. Wrase/Müller-Helle NJW 2002, 2537, 2539.
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braucherrecht den Begriff des Kaufmanns und den des Gewerbebetriebes.331 Die natürliche oder juristische Person muss planmäßig Leistungen gegen Entgelt am Markt anbieten, wobei es auf eine Gewinnerzielungsabsicht nicht ankommt.332 Demzufolge sind von dem Unternehmerbegriff auch Einrichtungen des öffentlichen Rechts erfasst, die Leistungen gegen Entgelt anbieten.333 Mit dem Begriff des Handelns bei Abschluss eines Rechtsgeschäftes gem. § 14 Abs. 1 BGB ist auch die Vorbereitung eines Rechtsgeschäfts durch eine Zusendung gem. § 241a BGB erfasst.334 Insofern ist es unschädlich, dass im Zeitpunkt der unbestellten Leistungserbringung nur ein Angebot des Erbringers, aber noch kein Rechtsgeschäft vorliegt. 2. Verbraucherbegriff Nach § 13 BGB ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, ein Verbraucher. Mit dieser Vorschrift sollen nicht nur die nationalen Regeln vereinheitlicht, sondern auch die europäischen Vorgaben erfüllt werden.335 Im Fall des § 241a BGB soll damit Art. 2 Nr. 2 FARL umgesetzt werden. In letzterer Vorschrift wird der Verbraucher als jede natürliche Person, die beim Abschluss von Verträgen im Sinne dieser Richtlinie zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, bezeichnet. Erweiternd zu Art. 2 Nr. 2 FARL ist nach § 13 BGB auch der nichtselbständig beruflich Tätige als Verbraucher erfasst. Die Schaffung eines höheren Schutzniveaus für die Verbraucher wird aber durch Art. 14 FARL ausdrücklich gestattet und ist deshalb europarechtlich unbedenklich. a) Unabhängig von der Schutzbedürftigkeit im Einzelfall erstreckt sich die Verbrauchereigenschaft nur auf natürliche Personen, soweit sie außerhalb ihres gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeitsbereichs handeln. Auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann Verbraucher sein.336 Daran hat die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch den BGH bei einer Teilnahme am Rechtsverkehr nichts geändert. Ausdrücklich wird in der maßgeblichen Entscheidung darauf hingewiesen, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts dadurch nicht zu einer juristischen Person werde.337 331
Eintragung im Handelsregister ist somit nicht erforderlich. MünchKomm-Micklitz § 14 Rn. 16; Palandt-Heinrichs § 14 Rn. 2 m.w. N. 333 MünchKomm-Micklitz § 14 Rn. 19; Palandt-Heinrichs § 14 Rn. 2 mit der Ausnahme, dass die Leistungsbeziehung ausschließlich öffentlich-rechtlich organisiert ist. 334 Palandt-Heinrichs § 14 Rn. 4. 335 MünchKomm-Micklitz § 13 Rn. 1. 336 BGH ZIP 2001, 2224 ff. 332
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
b) Maßgeblich für die Verbrauchereigenschaft ist weiterhin der Zweck, zu dem das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird. So kann ein gewerblich oder sonst selbstständig Tätiger Verbraucher sein, wenn das zu beurteilende Rechtsgeschäft keinen Bezug zu dieser Tätigkeit hat, weil mit ihm ein privater Zweck verfolgt wird. Diese von § 13 BGB zu Grunde gelegte Zweckbestimmung stellt auf ein bereits abgeschlossenes Rechtsgeschäft ab und bereitet deshalb bei der Anwendung im Rahmen des § 241a BGB Schwierigkeiten.338 Im Zeitpunkt der unbestellten Leistungserbringung liegt ein solches nämlich noch nicht vor. Vielmehr wird es erst durch den Unternehmer vorbereitet. Nach Berger soll deshalb auf das hypothetische Rechtsgeschäft abgestellt werden. Es sei danach zu fragen, ob die Leistung der privaten oder der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen wäre, wenn der Empfänger das Angebot angenommen hätte.339 Diese Auffassung stellt sich jedoch als ungeeignet zur Bestimmung der Verbrauchereigenschaft im Rahmen des § 241a BGB dar, weil der Empfänger mit der Annahme verschiedene Zwecke verbinden kann. Wird einem Rechtsanwalt unbestellt ein Palandt zugesandt, dann kann er im Falle einer gut ausgestatteten Bibliothek, die einen solchen bereits enthält, das zugesandte Exemplar für seinen Neffen erwerben wollen. Natürlich kann er den Palandt, was aufgrund des Sachzusammenhangs näher liegt, auch für seine selbständige Tätigkeit erwerben.340 Wer etwas unbestellt erhält, kann einen entsprechenden Zweck zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht bilden, sondern allenfalls nach der Empfangnahme der Leistung. Es ist daher unzutreffend, an der von einem Rechtsgeschäft ausgehenden Konstruktion des § 13 BGB auch im Fall des § 241a BGB festzuhalten. c) Methodisch ist dieses Ergebnis nur durch eine Gesetzesanalogie zu erreichen,341 denn der Wortlaut markiert sowohl den Ausgangs- als auch den Endpunkt der Auslegung. Dieser wird überschritten, wenn die für die Verbrauchereigenschaft maßgebliche Zwecksetzung ohne Bezug auf ein Rechtsgeschäft ermittelt wird.342 aa) Voraussetzung für einen Analogieschluss ist, dass der zu beurteilende, nicht geregelte Sachverhalt eine planwidrige Regelungslücke des Gesetzes dar-
337
BGHZ 146, 341, 343. MünchKomm-Micklitz § 13 Rn. 47 zu § 661a BGB. 339 Berger JuS 2001, 649, 651 re. Sp. 340 Bonifacio NJW 2000, XXVIII re. Sp. 341 Kritisch zur analogen Anwendung des § 13 BGB MünchKomm-Micklitz § 13 Rn. 47: „Einer analogen Anwendbarkeit des § 13 (hier im Fall des § 661a BGB) ist mit Vorsicht zu begegnen.“ 342 Kramer, Methodenlehre, S. 43: „starting point“; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 143, 163 f.; Zippelius, Methodenlehre, § 9; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 37. 338
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stellt und den in der fraglichen gesetzlichen Vorschrift geregelten Fällen wertungsmäßig entspricht.343 Im Übrigen muss es dem Gleichheitssatz folgend geboten sein, den nicht geregelten Fall entsprechend zu behandeln.344 Die Planwidrigkeit der Regelungslücke zeigt sich insbesondere daran, dass § 241a BGB ohne eine analoge Anwendung des § 13 BGB keinen Anwendungsbereich findet.345 Die Bestimmung der Verbrauchereigenschaft setzt ein Rechtsgeschäft voraus, welches gerade nicht vorliegt. Aber auch ohne ein solches ist der private Empfänger einer unbestellten Leistung schutzwürdig. Sinn und Zweck des § 13 BGB in Verbindung mit den Verbraucherschutzgesetzen ist der Schutz der Verbraucher als einer, im Verhältnis zum Unternehmer strukturell unterlegenen Marktgruppe.346 Dieser Schutz wäre im Fall des § 241a i.V. m. § 13 BGB nicht mehr gewährleistet. Eine analoge Anwendung kann allerdings nicht dergestalt vorgenommen werden, dass nach dem hypothetischen Willen des Empfängers bei einer fiktiven Annahme gefragt wird.347 Dies würde die Verschiedenheit eines Rechtsgeschäfts auf der einen und einer einseitigen Leistungserbringung des Unternehmers auf der anderen Seite, die gerade keine Annahmeerklärung voraussetzt, missachten. bb) Maßgeblich kann danach nur eine abstrakte Betrachtung der erbrachten Leistung sein.348 Weist diese ohne Berücksichtigung auf die konkrete Verwendung einen stärkeren Sachzusammenhang zur gewerblichen oder selbständigberuflichen Sphäre auf, dann ist die Verbrauchereigenschaft abzulehnen. Es ist danach zu fragen, ob die unbestellte Leistung eine sinnvolle Ergänzung der beruflichen oder der privaten Sphäre darstellt. Diese objektive Bewertung bleibt unabhängig von einer späteren Verwendungsentscheidung bestehen.349 Der Palandt im obigen Beispielsfall ist danach unabhängig von einer späteren Verwendung bei einem Rechtsanwalt der beruflichen Sphäre zuzuordnen, so dass § 241a BGB in diesem Fall keine Anwendung findet. Genauso wenig schadet im umgekehrten Fall die gewerbliche oder berufliche Nutzung einer anfänglich im privaten Zusammenhang stehenden Leistungserbringung der Anwendbarkeit des § 241a BGB.
343
Larenz, Methodenlehre, S. 370 ff.; Kramer, Methodenlehre, S. 148. Kramer, Methodenlehre, S. 148. 345 Schmalz, Methodenlehre, Rn. 324 bezeichnen dies als: „. . . logische oder echte Lücke.“ 346 MünchKomm-Micklitz § 13 Rn. 4. 347 Berger JuS 2001, 649, 651 re. Sp. 348 Generell für objektive Zweckbestimmung MünchKomm-Micklitz § 13 Rn. 30. 349 So auch Bonifacio NJW 2000, XXVIII re. Sp. 344
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cc) Abgrenzungsprobleme ergeben sich, wenn die Leistungserbringung teilweise der privaten oder abhängig-beruflichen, teilweise der gewerblichen oder selbständig-beruflichen Sphäre zuzuordnen ist, da sie beiden Sphären in sinnvoller Art und Weise dienen kann. Solange einer dieser objektiven Zwecke überwiegt, ist dieser als der maßgebliche anzuerkennen.350 Ist ein solcher überwiegender Zweck nicht erkennbar, kann man die Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften an verschiedene Bedingungen anknüpfen. Teilweise wird in diesem Fall ein Verbraucherhandeln nur bei eindeutig oder ausschließlich der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zuzuordnenden Verträgen abgelehnt. Immer dann, wenn die Leistung auch privaten Zwecken diene oder dienen könne, seien etwaige Verbraucherschutzvorschriften anwendbar.351 Für eine derart weitgehende Verteilung der Risiken zulasten des Unternehmers besteht jedoch kein Anlass. Insbesondere Art. 2 Nr. 2 FARL verlangt dies nicht.352 Genauso wenig gebietet die Formulierung des § 13 BGB eine solche Auslegung. Anders als § 1 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG353 spricht § 13 BGB keine Vermutung für das Vorliegen der Verbrauchereigenschaft aus. Verbraucher im Sinne des § 241a BGB ist somit nur derjenige Empfänger, dessen Leistung unabhängig von einer individuell zu treffenden Verwendungsentscheidung überwiegend zu privaten Zwecken verwendet werden kann.354
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB Nachdem die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Eingreifen des § 241a Abs. 1 BGB dargestellt wurden, geht es im Folgenden um die aus der Vorschrift fließenden Rechtsfolgen. So heißt es dem Wortlaut des § 241a Abs. 1 BGB zufolge nur, dass ein Anspruch des Unternehmers durch die Lieferung unbestellter Sachen oder sonstiger Leistungen nicht begründet werde. 350
Wendehorst DStR 2000, 1311 re. Sp.; zweifelnd MünchKomm-Micklitz § 13 Rn. 35. Bodewig DZWir 1997, 447, 449 li. Sp.; Graf von Westphalen BB 1996, 2101 zu § 24a AGBG. 352 Micklitz in: Grabitz/Hilf III, A 3 Rn. 13 unter Hinweis auf den Verbraucherbegriff in der Haustürwiderrufsrichtlinie (RL 85/577/EWG); vgl. dazu Micklitz in: Grabitz/Hilf III, A 2 Rn. 2; Meents, Verbraucherschutz, S. 180; a. A. Bodewig DZWir 1997, 447, 449 li. Sp. 353 § 1 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. 07. 2000 (BGBl. I S. 940): „Als Verbraucher gelten auch alle anderen natürlichen Personen, es sei denn, dass der Kredit nach dem Inhalt des Vertrages für ihre bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit bestimmt ist.“ Aufgrund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (BGBl. I S. 3138) ab 01. 01. 2002 ersetzt durch § 491 i.V. m. § 13 BGB. 354 Dafür trägt der Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast: Palandt-Heinrichs § 13 Rn. 3; Pfeiffer NJW 1999, 169, 173 li. Sp.; Bülow/Artz NJW 2000, 2049, 2055 re. Sp.; a. A. Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp.; Härting, Fernabsatzgesetz, Einl. Rn. 57, der davon ausgeht, dass im Zweifel die Verbrauchereigenschaft anzunehmen ist. 351
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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Nach § 241a Abs. 1 BGB ist damit in Verbindung mit der Legaldefinition des Anspruchs in § 194 BGB jedes Recht, von dem Verbraucher ein Tun oder ein Unterlassen zu verlangen, durch die Leistungserbringung ausgeschlossen. Dies betrifft auf der einen Seite die Selbstverständlichkeit, dass das Schweigen auf das mit der unbestellten Leistung verbundene Angebot keine Annahme darstellt355 und somit aus der bloßen Entgegennahme der Leistung kein vertraglicher Anspruch entsteht.356 Andererseits werden durch § 241a Abs. 1 BGB die durch die unbestellte Leistung entstehenden gesetzlichen Ansprüche ausgeschlossen.357
I. Durch die Lieferung oder durch die Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen Beginnt man die Auslegung mit dem Wortsinn, kann „durch“ im Sinne von unmittelbar durch die Lieferung oder sonstige Leistung verstanden werden.358 Legt man der Normanwendung dieses Begriffsverständnis zu Grunde, muss der Verbraucher beispielsweise die zugesandte Sache aufbewahren und darf sich ihrer – entgegen der Regelungsabsicht des Gesetzgebers – nicht entledigen.359 Der durch die Beschädigung oder Zerstörung der Sache entstehende Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB360 wird nicht unmittelbar durch die Lieferung begründet, sondern durch die daran lediglich mittelbar anknüpfende deliktische Handlung. Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie wichtig das Verständnis des Begriffs „durch“ für die Bestimmung der Reichweite des § 241a BGB ist. 1. Anknüpfend an den Wortlaut des § 241a Abs. 1 BGB wird durch die Lieferung unbestellter Sachen oder durch die Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen ein Anspruch des Unternehmers gegen den Verbraucher nicht begründet. Im Umkehrschluss dazu steht fest, dass durch sonstige Handlungen auch weiterhin Ansprüche des Unternehmers entstehen können. Somit grenzt dieses Tatbestandsmerkmal in entscheidender Weise die Risikosphären von Empfänger und Unternehmer ab. Behält beispielsweise der Verbraucher die zugesandte Sache 355 MünchKomm-Kramer § 145 Rn. 11; Jauernig § 145 Rn. 6; Hinweis von Löhnig JA 2001, 33, 34 li. Sp., dass ein solches Angebot nicht bei „Irrläufern“ vorliegt, da der Empfänger nicht Vertragspartner werden soll. 356 Riehm Jura 2000, 505, 511 li. Sp.; Bonifacio NJW 2000, XXVIII; Deckers NJW 2001, 1474 li. Sp. 357 Nach Riehm Jura 2000, 505, 511 li. Sp. werden die gesetzlichen Ansprüche aufgrund des § 241a Abs. 2 BGB ausgeschlossen; a. A. Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp. 358 Vgl. dazu Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 7, 42; Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp.; Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361 ff. 359 BT-Drs. 14/2658, S. 46. 360 Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis verdrängt § 823 BGB nicht gem. § 993 Abs. 1 a. E. BGB, da § 985 BGB unmittelbar durch die Lieferung entsteht. Zur Frage einer teleologischen Reduktion weiter unten.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
mit Annahmewillen, dann entsteht ein Anspruch gegen ihn aufgrund des geschlossenen Kaufvertrages. Dieser vertragliche Anspruch wird von § 241a Abs. 1 BGB nicht berührt, da er nicht durch die Leistung, sondern durch die Annahme des Empfängers begründet wurde.361 Das gleiche Argument kann gegen einen Ausschluss von Nutzungs- bzw. Schadensersatzansprüchen gem. § 241a Abs. 1 BGB sprechen. Legt man den Wortlaut nämlich restriktiv im Sinn von unmittelbar durch die Lieferung aus, stehen sowohl Nutzungs- als auch Schadensersatzansprüche begründende Handlungen in keinem unmittelbaren Verhältnis zur Leistung. Sie erfolgen erst zeitlich nach der Erbringung der Leistung. Vom noch möglichen Wortsinn ist aber ebenso die Interpretation umfasst, nach welcher mittelbar durch die Leistung entstehende Ansprüche gleichermaßen gem. § 241a Abs. 1 BGB ausgeschlossen werden. Danach beschreibt der Begriff „durch“ nur einen Kausalzusammenhang, sagt aber nichts über dessen Unmittelbarkeit aus. Die Voraussetzungen des erforderlichen Zusammenhangs können danach in wertender Betrachtung der Tatsache gewonnen werden, dass der Empfänger ohne die unbestellte Leistungserbringung nicht in die Lage versetzt worden wäre, über den weiteren Verbleib der Leistung entscheiden zu müssen. In normativer Betrachtung, den an diese Belästigung anknüpfenden Handlungen eine anspruchsbegründende Wirkung zu versagen, ist nach dem Wortlaut nicht ausgeschlossen. Lässt der Wortlaut aber – so wie hier – verschiedene Bedeutungsvarianten zu, dann geben die weiteren anerkannten Auslegungsgrundsätze den Ausschlag.362 2. Nach der systematischen Auslegung ist derjenigen Bedeutungsvariante der Vorzug zu geben, die sich aus dem Bedeutungszusammenhang des Gesetzes ergibt.363 Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass keine Rechtsvorschrift und kein Rechtsbegriff für sich allein steht. Vielmehr sind sie Teile einer einheitlichen widerspruchsfreien Rechtsordnung.364 Aus diesem Grund zieht die systematische Auslegung Schlüsse aus anderen gesetzlichen Vorschriften und Prinzipien und bemüht sich, Widersprüche zu vermeiden.365 a) Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung sei im Umkehrschluss zu § 241a Abs. 2 BGB eine weite Auslegung des Begriffes durch die Lieferung oder sonstige Leistung vorzunehmen.366 Dies erfolgt mit der Begründung, dass gem. § 241a Abs. 2 BGB gesetzliche Ansprüche in Durchbrechung des § 241a Abs. 1 BGB in bestimmten Fallgruppen nicht ausgeschlossen seien. § 241a Abs. 2 BGB würde aber bei einem engen Verständnis von § 241a Abs. 1 BGB 361 362 363 364 365 366
Lorenz JuS 2000, 833, 841 re. Sp.; BT-Drs. 14/2658, S. 46 li. Sp. Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 164. Larenz, Methodenlehre, S. 324; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 38. Engisch, Einführung, S. 206 f.; Raisch, Methoden, 6.2. (S. 148) m.w. N. Schmalz, Methodenlehre, Rn. 239; Zippelius, Methodenlehre, § 8. Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 363 re. Sp.
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weitgehend unverständlich sein, weil die Lieferung bei einer restriktiven Interpretation an sich keine gesetzlichen Ansprüche begründe.367 Dies ist zwar vom Ergebnis, nicht jedoch von der Begründung überzeugend. Schon nach der eigenen Darstellung dieser Auffassung entstehe durch die Lieferung selbst im Fall eines eingeschränkten Verständnisses zumindest ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. Zusätzlich werde durch die Zusendung ein Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger begründet.368 Beides sind jedoch gesetzliche Ansprüche.369 § 241a Abs. 2 BGB behält also auch dann einen wesentlichen Anwendungsbereich, wenn durch die Lieferung im Sinne von unmittelbar durch die Lieferung verstanden wird. Wie sinnvoll die dadurch gewonnenen Ergebnisse sind, ist demgegenüber eine Frage der Auslegung nach dem Sinn und Zweck. b) Aus dem Standort im allgemeinen Teil des Schuldrechts ist nur zu folgern, dass sich § 241a Abs. 1 BGB auf alle gesetzlichen Ansprüche beziehen kann. Ob dagegen neben dem oben erwähnten Ausschluss der Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und dem Bereicherungsrecht auch solche aus einer deliktischen Schädigung erfasst sind, lässt sich aufgrund des Standortes der Norm nicht beurteilen.370 3. Wenn sich der aus dem Sprachgebrauch des Gesetzes ergebende Wortsinn und der Bedeutungszusammenhang des Gesetzes verschiedene Deutungsmöglichkeiten offen lassen, liegt die Frage nahe, welche Deutung der Regelungsabsicht des Gesetzgebers entspricht. Umstritten sind in diesem Zusammenhang die Fragen, um welche Personen es sich handelt, wenn nach der Normvorstellung des Gesetzgebers gefragt wird,371 und ob der Wille des Gesetzgebers subjektiv oder als objektiver Sinn, der unabhängig vom dem subjektiven Willen des Gesetzgebers besteht, ermittelt werden soll.372 Aufgrund der Vielfalt der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen ist davon auszugehen, dass ein Gesetzgebungsorgan, das bei der Beratung und Beschlussfassung über ein Gesetz keine eigenen Zielvorstellungen zum Gesetz insgesamt oder zu seinen einzelnen Normen entwickelt hat, denjenigen Sinn akzeptiert, den die Gesetzesreferenten dem von ihnen erarbeiteten Text mit auf den
367
Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 363 re. Sp. Berger JuS 2001, 649, 650 re. Sp. zur Frage, ob durch die Lieferung ein Anspruch gem. § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. oder § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB begründet wird. 369 Larenz, Schuldrecht I, § 1 (S. 3) für §§ 812 ff.; Fikentscher, Schulrecht, § 18 II, S. 58 für §§ 985 ff. 370 A. A. Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 363 re. Sp. 371 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 149 m.w. N. 372 Staudinger-Coing (1995) Einl. Rn. 132 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 316; Engisch, Einführung, S. 109 ff.; Zippelius, Methodenlehre, § 4 II. 368
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Weg gegeben haben.373 Demzufolge sind auch ohne Widerspruch gebliebene Vorstellungen der Ministerialbeamten und die Vorstellungen der einzelnen Abgeordneten, welche die Initiative ergriffen und den Text mitgestaltet haben, zu berücksichtigen. Nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung solle eine Regelung im allgemeinen Schuldrecht geschaffen werden, die klarstelle, dass den Verbraucher im Falle bewusst unbestellt zugesendeter Waren oder Erbringung unbestellter Dienstleistungen keinerlei Verbindlichkeiten, weder Schadensersatz- noch Nutzungsherausgabeansprüche, träfen.374 Der § 241a BGB solle nicht nur klären, dass keinerlei vertragliche Ansprüche entstünden, sondern darüber hinaus auch weder außervertragliche Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungen noch Schadensersatzansprüche des Versenders bestünden.375 Mit der Regelung solle die bestehende Unsicherheit bei der zivilrechtlichen Behandlung dieser Ansprüche beseitigt werden. Es werde damit an die entsprechende Regelung gem. § 864 Abs. 2 ABGB angeknüpft, nach welcher sich der Empfänger der Sache entledigen könne.376 Nach diesem Willen, der im Gesetzgebungsverfahren keinen Widerspruch fand und somit als akzeptiert gilt,377 ist eine weite Auslegung des Begriffs „durch die Lieferung“ beabsichtigt. Die oben aufgeworfene Problemstellung eines subjektiven oder objektiven Verständnisses stellt sich im vorliegenden Fall nicht in aller Schärfe. Nur bei sozialen, wirtschaftlichen oder technischen Veränderungen, die seit dem Erlass des Gesetzes eingetreten sind, stellt sich diese Frage in aller Deutlichkeit.378 Bei zeitnaher Gesetzgebung und Anwendung sollte der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers dagegen nicht ohne Not beiseite geschoben werden. 4. Zwar besteht unter den Auslegungskriterien kein festes Rangverhältnis.379 Überwiegend wird jedoch im Rahmen des möglichen Wortsinns ein Primat der teleologischen Auslegung anerkannt.380 373 MünchKomm-Säcker Einl. Rn.124; Bydlinski, Methodenlehre, S. 432; Enneccerus/Nipperdey, AT 1/1, § 54 III (S. 329); Engisch, Einführung, S. 91; a. A. Larenz/ Canaris, Methodenlehre, S. 150: nur Grundabsicht des Gesetzgebers und ohne Widerspruch gebliebene Vorstellungen bei Beratungen der zuständigen Ausschüsse. 374 BT-Drs. 14/2658, S. 23 f.; BT-Drs. 14/2920, S. 14 li. Sp.: „Diesem unzulässigen Verhalten kann effektiv nur Einhalt geboten werden, wenn solche Unternehmer gegen den Verbraucher gar keine Ansprüche mehr haben.“ 375 BT-Drs. 14/2658, S. 46 li. Sp. 376 Vgl. Anhang II. In gleicher Weise darf der Empfänger nach Art. 15 des portugiesischen Gesetzesdekretes Nr. 272/87 und gem. Art. 6a OR mit der Sache verfahren. 377 Bydlinski, Methodenlehre, S. 432; MünchKomm-Säcker Einl. Rn. 124: „Paktentheorie“ m.w. N. 378 Kramer, Methodenlehre, S. 103, 110; Sosnitza BB 2000, 2317, 2319 f.; Larenz/ Wolf, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 41.
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Dies stellt keinen Widerspruch zum Ergebnis der historischen Auslegung dar, da bei der Suche nach dem Gesetzeszweck, der hinter der Norm zu suchen ist, wiederum die Gesetzesmaterialien den Ausschlag geben.381 Zwar wird ebenso die Frage berücksichtigt, welcher Zweck der gesetzlichen Bestimmung am vernünftigsten zugemessen werden soll.382 Dieser Bestimmung kommt aber aufgrund der mit ihr verbundenen Gefahr der eigenständigen und vorgeprägten Wertung nur dann besondere Bedeutung zu, wenn die subjektiven Maßstäbe des Gesetzgebers nicht ermittelt werden können oder künftige Entwicklungen vom Gesetzgeber nicht vorhergesehen werden konnten.383 Insoweit wird auf den Wert des Ergebnisses der Betrachtung der Entscheidungsfolgen in der Lebenswirklichkeit abgestellt.384 Zu vermeiden ist eine Auslegung, die konsequent zu Ende gedacht, der inneren Logik der Vorschrift widerspricht und zu absurden Ergebnissen führt.385 Ein solches widersprüchliches Ergebnis würde hier aber entstehen, wenn der Begriff „durch die Lieferung“ eng im Sinne von unmittelbar ausgelegt würde.386 Dann könnte der Verbraucher die Ware im Zeitpunkt der Lieferung behalten, d.h. er wäre keinerlei Ansprüchen ausgesetzt. Im nächsten Moment würde sich für ihn jedoch die Frage stellen, wie er mit der Sache verfahren kann. Nach der engen Auslegung darf er die Sache faktisch nicht nutzen. Bei einer Nutzung hat der Verbraucher die tatsächlich gezogenen Nutzungen gem. § 818 Abs. 2 BGB herauszugeben. Darüber hinaus besteht bei einer solchen Nutzung immer die Gefahr einer zum Schadensersatz führenden fahrlässigen Beschädigung.387 Insbesondere letzterer Gesichtspunkt wird den Verbraucher von einer Verwendung der unbestellten Ware abhalten. Erst recht darf er sich letzterer nicht entledigen, da dies eine vorsätzliche deliktische Schädigung darstellt. Dieses Ergebnis wäre widersprüchlich. Eine Sache dauerhaft nicht herausgeben zu müssen, sich ihrer aber nicht entledigen zu dürfen, ist wenig konsequent. 5. Bei einem mehrdeutigen Wortlaut ist stets die verfassungskonforme Auslegung zu berücksichtigen.388 Daraus folgt, dass unter den nach obigen Kriterien 379
Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 166. MünchKomm-Säcker Einl. Rn. 128; Palandt-Heinrichs Einl. Rn. 38; a. A. Larenz/ Canaris, Methodenlehre, S. 165. 381 Kramer, Methodenlehre, S. 112, Fn. 345. 382 Kramer, Methodenlehre, S. 113. 383 Sosnitza JA 2000, 708, 712 li. Sp. 384 MünchKomm-Säcker Einl. Rn. 128; Staudinger-Coing (1995) Einl. Rn. 149. 385 Kramer, Methodenlehre, S. 123; Sosnitza JA 2000, 708, 712 li. Sp. 386 Zur ratio des § 241a BGB Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 7, 42; Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp.; Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 363 f. 387 Allerdings bei einem entsprechend § 300 Abs. 1 BGB gemilderten Haftungsmaßstab. 388 MünchKomm-Säcker Einl. Rn. 127 m.w. N. 380
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
möglichen Auslegungsvarianten immer diejenige den Vorzug verdient, die mit den Prinzipien der Verfassung am besten übereinstimmt.389 Dabei kommen vor allem die Prinzipien und Wertentscheidungen in Betracht, die im Grundrechtsteil der Verfassung Ausdruck gefunden haben.390 a) Der Anspruchsausschluss nach § 241a Abs. 1 BGB ist eine Beschränkung des Eigentumsrechts des Unternehmers. Zwar verliert er das Eigentum formalrechtlich nicht, aber er kann dauerhaft keine Ansprüche mehr aus diesem herleiten. Zum Schutzbereich des Art. 14 GG gehören demnach alle vermögenswerten Rechte, die durch privatrechtliche Normen dem Einzelnen so zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf.391 Darunter fallen neben dem Eigentum selbst alle Ansprüche und Forderungen des privaten Rechts.392 Die Beschränkung der aus dem Eigentum fließenden Ansprüche des Unternehmers stellt einen Eigentumseingriff direkt durch eine Norm dar.393 b) Bei einem solchen Eingriff in das Eigentum ist die Abgrenzung einer Inhalts- und Schrankenbestimmung von einer Legalenteignung vorzunehmen.394 Eine Legalenteignung liegt vor, wenn das Gesetz selbst und unmittelbar mit seinem Inkrafttreten ohne weiteren Vollzugsakt individuelle Rechte entzieht.395 Vollzugsakt in diesem Sinn ist ein Verwaltungsakt, da das Unmittelbarkeitskriterium nur zur Abgrenzung von Legal- und Administrativenteignung dient.396 Ein solcher ist zur Entfaltung der Rechtswirkungen des § 241a BGB nicht erforderlich, so dass nur eine Legalenteignung in Erwägung zu ziehen ist.397 Für die Abgrenzung der Legalenteignung von der Inhalts- und Schrankenbestimmung kommt es auf materielle Kriterien an. Danach ist eine Enteignung398 auf eine vollständige oder teilweise Entziehung von konkreten Eigentumspositionen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet.399 Die Offenheit dieser Formulierung bedingt eine weitere 389 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 159, 165; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 309; Engisch, Einführung, S. 101 f.; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 44. 390 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 159. 391 St. Rspr. BVerfGE 83, 201, 209; 89, 1, 6. 392 Jarass/Pieroth, GG, Art. 14 Rn. 8. 393 Jarass/Pieroth, GG, Art. 14 Rn. 29. 394 Eine Administrativenteignung ist nur durch eine Entscheidung der Exekutive aufgrund eines Gesetzes möglich; Wendt in: Sachs, GG, Art. 14 Rn. 159. 395 BVerfGE 52, 1, 27. 396 Wieland in: Dreier, GG, Art. 14 Rn. 69. 397 A. A. Riehm Jura 2000, 505, 512 re. Sp., der in dem Zugang der Zusendung einen Vollzugsakt sieht. 398 Die besondere Anforderungen an den Eingriff gem. Art. 14 Abs. 3 GG stellt. 399 St. Rspr. BVerfGE 24, 367, 394, 70, 191, 199 f.; 72, 66, 76; Bryde in: Münch/ Kunig, GGK I, Art. 14 Rn. 54 m.w. N.
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Abgrenzung von der Inhalts- und Schrankenbestimmung. Diese wird vom Bundesverfassungsgericht dahingehend getroffen, dass eine Enteignung dann nicht vorliege, wenn es sich um eine generell-abstrakte Verwirklichung gesetzgeberischer Ziele handele, die den Inhalt des Eigentumsrechts vom Inkrafttreten des Gesetzes an für die Zukunft in allgemeiner Form bestimmten.400 Dies gälte selbst dann, wenn das Eigentum völlig entwertet werde.401 Auf die Schwere des Eingriffs wird dagegen nicht abgestellt, da sich die Abgrenzung von Inhaltsund Schrankenbestimmung und Enteignung nicht anhand quantitativer Kriterien vollziehe.402 Der Gesetzgeber zielt mit der Schaffung des § 241a BGB nicht darauf ab, zur Realisierung bestimmter öffentlicher Aufgaben entgegenstehende Rechtspositionen zu überwinden. Vielmehr sollen durch die Neugestaltung eigentumsrechtlicher Positionen gesetzgeberische Ziele für die Zukunft verwirklicht werden. Demnach ist aufgrund der abstrakt generellen Regelung des § 241a BGB, unabhängig von der Schwere des Eingriffs eine Inhalts- und Schrankenbestimmung gegeben. Durch die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 2 Abs. 1 EGBGB wird sichergestellt, dass § 241a BGB nicht auf bereits bestehende Ansprüche des Unternehmers, resultierend aus bisherigen Fällen der Erbringung unbestellter Leistungen, einwirkt.403 c) Jede Inhalts- und Schrankenbestimmung muss den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Sie muss geeignet, erforderlich und angemessen sein.404 § 241a BGB ist grundsätzlich geeignet, das Ziel einer Verhinderung von aggressiven Verkaufsmethoden zu erreichen. Ein milderes Mittel ist nicht erkennbar, wenn man anerkennt, dass die bisherige Rechtslage dieses unzulässige Verhalten nicht unterbinden konnte.405 Demzufolge stellt es kein milderes Mittel dar, wenn der Unternehmer, wie bisher, die Herausgabe verlangen kann.406 Die Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn) erfordert eine Zumutbarkeit der Regelung. Die beteiligten schutzwürdigen Interessen müssen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden.407 Der Gesetzgeber hat dabei sowohl 400 St. Rspr. BVerfGE 52, 1, 27; 70, 191, 199 f.; 72, 66, 76; Bryde in: Münch/Kunig, GGK I, Art. 14 Rn. 55; anders noch BVerfGE 58, 300, 331 f. 401 BVerfGE 102, 1, 16. 402 St. Rspr. BVerfGE 58, 300, 331 f.; 100, 226, 240; 102, 1, 16; Jarass/Pieroth, GG, Art. 14 Rn. 36, 75; Bryde in: Münch/Kunig, GGK I, Art. 14 Rn. 54; a. A. Wendt in: Sachs, GG, Art. 14 Rn. 150a m.w. N. 403 Diese Einwirkung auf bestehende Rechte kann nach BVerfGE 52, 1, 28; 58, 300, 331 f. zu einer Enteignung führen; a. A. BVerfGE 83, 201, 212. 404 St. Rspr. BVerfGE 8, 71, 80; 92, 262, 273; 102, 1, 17; Jarass/Pieroth, GG, Art. 14 Rn. 38. 405 BT-Drs. 14/2920, S. 14 li. Sp. zu § 241a BGB; S. 15 re. Sp. zu § 661a BGB; BTDrs. 14/3195, S. 33 f. 406 Riehm Jura 2000, 505, 512 f. 407 St. Rspr. BVerfGE 58, 81, 114; 72, 66, 77 f.
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die Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch das Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG zu berücksichtigen.408 Auf der einen Seite steht damit das Eigentumsrecht des Unternehmers, in welches besonders schwer eingegriffen wird. Bei einem weiten Verständnis behält der Unternehmer trotz seines weiterhin bestehenden Eigentumsrechts eine Hülse, da er einen Großteil der aus dem Eigentumsrecht fließenden Ansprüche nicht mehr geltend machen kann.409 Bei einem engen Verständnis könnte er weiterhin Schadensersatz- und Nutzungsherausgabeansprüche geltend machen. Auf der anderen Seite stehen die Grundrechtspositionen des Verbrauchers. Durch die unbestellte Erbringung der Leistung wird er in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt. Insbesondere die Lieferung stellt eine Belästigung dar, die durch das Aufzwingen der Sache verursacht wird. Des Weiteren ist der psychische Druck, der durch die rechtliche Unsicherheit über die Konsequenzen der unbestellten Leistung entsteht, zu berücksichtigen.410 Wie oben festgestellt, sind dies jedoch nicht die einzigen Interessen, die in dieser Rechtsbeziehung eingeflochten sind. Zusätzlich steht das Interesse der Allgemeinheit an einem lauteren Wettbewerb im Raum. Ohne die Berücksichtigung dieses Gedankens läge eine restriktive Auslegung nahe. Der schweren Beeinträchtigung des Eigentumsrechts auf der einen Seite stünde ein relativ geringfügiger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Verbrauchers gegenüber. Wenn jedoch die Einbindung von Allgemeininteressen in eine zivilrechtliche Rechtsbeziehung zulässig ist, dann muss diesem Interesse auch ein entsprechendes Gewicht beigemessen werden, damit das gesetzgeberische Motiv umgesetzt werden kann.411 Welcher konkrete Wert diesem Interesse zugemessen wird, bestimmt sich nach den Vorgaben des Gesetzgebers, da eine davon losgelöste objektive Bestimmung mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar ist.412 Der Gesetzgeber hat dem Gedanken der Verhinderung von unbestellten Leistungen bei der Schaffung der Norm ein maßgebliches Gewicht gegeben.413 Demnach sei § 241a BGB eine Sanktion des Wettbewerbsverstoßes des Versenders,414 da diesem unzulässigen Verhalten effektiv nur Einhalt geboten werden könne, wenn
408
BVerfGE 52, 1, 29. Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 365 li. Sp. 410 Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183. 411 Schäfer AcP 202 (2002), 397, 428, der davon spricht, die Zielsetzung des § 241a BGB „ernst zu nehmen“. 412 A. A. Casper ZIP 2000, 1602, 1607 li. Sp. 413 BT-Drs. 14/2920, 14 li. Sp.: „Diesem unzulässigen Verhalten kann effektiv nur Einhalt geboten werden, wenn . . .“; BT-Drs. 14/2920, 15 re. Sp.: „Eine wirksame Bekämpfung solcher Verkaufspraktiken kann nur dann erfolgen, wenn . . .“; BT-Drs. 14/ 3195, 33 f.: „Es ist deshalb erforderlich, diese durch zivilrechtliche Ansprüche zu unterlegen . . .“ 414 BT-Drs. 14/2658, 46 re. Sp. 409
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solche Unternehmer gegen den Verbraucher gar keine Ansprüche mehr hätten.415 Dieses zulässige Ziel stellt eine im Gesetzgebungsverfahren stets wiederkehrende Zwecksetzung dar, die sich bei einer Abwägung der dem § 241a BGB zu Grunde liegenden Interessen wieder finden muss. Dass eine abweichende Bewertung der Interessen kaum vertretbar ist, zeigt ebenso der immanente Widerspruch der in der Literatur erhobenen Forderung, den Regelungsgehalt des § 241a BGB im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht zu verwirklichen416 und gleichzeitig aufgrund der Eingriffstiefe des § 241a BGB in das Eigentumsrecht die Unverhältnismäßigkeit der Vorschrift anzunehmen.417 Folge der geforderten Verankerung des Regelungsgehaltes im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht könnte nämlich eine Einziehung des gelieferten Gegenstandes gem. §§ 22 ff. OWiG oder §§ 74 ff. StGB sein. Diese hätte aber noch über den § 241a BGB hinausgehende Wirkungen, da der Unternehmer sein Eigentum kraft der Entscheidung über die Einziehung gem. § 26 Abs. 1 OWiG oder § 74e Abs. 1 StGB verliert. Eine Einziehung soll nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts keine verfassungsmäßigen Bedenken auslösen. Vielmehr kenne das heutige Recht unabhängig vom Enteignungstatbestand den Verlust von Eigentum als Nebenfolge einer strafrechtlichen Verurteilung in Form der Einziehung der instrumenta sceleris. Diese Tatbestände gehörten zu den traditionellen Beschränkungen des Eigentums. Sie seien vom Grundgesetz zugelassen.418 Wenn eine der Einziehung vergleichbare Rechtswirkung lediglich durch eine zivilrechtliche Vorschrift erreicht wird,419 können allein aufgrund des Regelungszusammenhangs keine zusätzlichen Bedenken in Bezug auf die Zulässigkeit des Eigentumseingriffs aufkommen. Demzufolge ist eine restriktive Auslegung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten, da ein weites Verständnis des Tatbestandsmerkmals „durch“ mit Art. 14 GG vereinbar ist.420 6. Durch § 241a BGB wurden Art. 9 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 3 FARL umgesetzt. 415
BT-Drs. 14/2920, 14 li. Sp. Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449 li. Sp. 417 Schwarz NJW 2001, 1449, 1454 re. Sp.; Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 365 re. Sp.; Riehm Jura 2000, 505, 512 f.; Deckers NJW 2001, 1474 re. Sp.; a. A. Lorenz JuS 2000, 833, 841 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1606 re. Sp. 418 BVerfGE 22, 387, 422. 419 Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp.: „Funktional entspricht § 241a Abs. 1 BGB . . . der Einziehung nach § 74 StGB“; Schmidt-Räntsch ZBB 2000, 344, 349 li. Sp.: wonach durch § 241a Abs. 1 BGB „. . . gewissermaßen die instrumenta sceleris entzogen werden.“ 420 So auch Lorenz JuS 2000, 833, 841 li. Sp.; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 5; a. A. Riehm Jura 2000, 505, 512 f.; Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 365 li. Sp. 416
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Nach dem Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung müssen in das deutsche Recht aufgrund von Richtlinien aufgenommene Vorschriften nach Maßgabe letzterer ausgelegt werden.421 Geht man mit der oben vertretenen Auffassung von einem weiten Verständnis des Begriffs der Gegenleistung in Art. 9, zweiter Spiegelstrich FARL aus, dann ist entsprechend der Richtlinie durch die Lieferung oder durch die Erbringung sonstiger Leistungen erweiternd auf die aus der Nutzung- und Beschädigung der Leistung entstehenden Ansprüche zu erstrecken. Nur dadurch kann jedwede auf der Leistung beruhende Verpflichtung vermieden werden. Unter Berücksichtigung der mitgliedstaatsfreundlichen Auslegung, welche darauf abzielt, Auslegungsspielräume möglichst so auszufüllen, dass Widersprüche und Konflikte mit dem nationalen Recht anderer Mitgliedstaaten vermieden werden,422 kann ein weites Verständnis angenommen werden. Sowohl in Österreich,423 Portugal424 und dem Nichtmitgliedstaat Schweiz425 kann der Empfänger einer unbestellten Ware mit dieser nach Belieben verfahren. Damit sind insbesondere Ansprüche ausgeschlossen, die an Verhaltensweisen anknüpfen, die nur mittelbar mit der Lieferung zusammenhängen. 7. Zusammenfassend ist festzustellen, dass es sich bei den ausgeführten Auslegungskriterien nicht um verschiedene Auslegungsmethoden handelt, sondern um leitende Gesichtspunkte, denen ein unterschiedliches Gewicht zukommt.426 Da der Wortlaut und auch die systematische Auslegung keine eindeutigen Ergebnisse liefern, ist der historischen und der teleologischen Auslegung zu folgen, die eine extensive Auslegung des Begriffs „durch“ die Leistung erfordert. Die verfassungskonforme Auslegung steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Somit sind durch § 241a Abs. 1 BGB auch Ansprüche ausgeschlossen, die erst nach der Leistung entstehen, so dass die gesetzlichen Ansprüche auf Nutzungsund Schadensersatz ausgeschlossen sind. Im Umkehrschluss zu § 241a Abs. 2 BGB werden vertraglich begründete Ansprüche dagegen nicht berührt.
421
Staudinger-Coing (1995) Einl. Rn. 197; Sosnitza JA 2000, S. 708, 710 f. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 66; kritisch Sosnitza JA 2000, 708, 711 li. Sp., wonach die mitgliedstaatsfreundliche Auslegung als rechtsvergleichende Auslegung begriffen werden sollte; Bydlinski, Methodenlehre, S. 461 f. will diese Auslegung nur als „. . . ergänzende Argumentation . . .“ zulassen. 423 Vgl. Anhang II § 864 Abs. 2 ABGB; dazu auch Schwimann-Apathy, ABGB, § 864 Rn. 9. 424 In gleicher Weise darf der Empfänger nach Art. 15 des portugiesischen Gesetzesdekretes Nr.272/87 mit der Sache verfahren. Nach MünchKomm-Kramer § 241a Fn. 3; Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361 li. Sp. 425 Vgl. Anhang II Art. 6a OR; dazu auch OR-Bucher Art. 6a Rn. 3, Honsell AJP 1992, S. 66 re. Sp. 426 Larenz, Methodenlehre, S. 343. 422
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II. Ausschluss der Ansprüche aus der Geschäftsführung ohne Auftrag Geht man von dem eben gewonnenen Ergebnis aus, steht lediglich fest, dass gesetzliche Ansprüche aufgrund des Wortlautes auch dann ausgeschlossen sein können, wenn sie nicht unmittelbar mit der Leistungserbringung zusammenhängen. Da die Auslegung nicht zuletzt eine wertende Betrachtung ist, soll im Zusammenhang mit verschiedenen denkbaren gesetzlichen Ansprüchen überprüft werden, ob deren Ausschluss im Einzelfall dem Normzweck des § 241a BGB entspricht. Beginnt man diese Überlegungen mit der Frage, ob die Ansprüche aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag durch § 241a BGB ausgeschlossen sind, fällt auf, dass es gerade eine Voraussetzung der Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677 ff. BGB ist, dass jede auf Geschäftsbesorgung gerichtete Rechtsbeziehung zwischen den Parteien fehlt.427 Demzufolge scheint die Antwort auf die oben gestellte Frage bereits gegeben und ein Ausschluss von Ansprüchen aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag unvermeidlich. Trotz ihrer systematischen Stellung im Rahmen der vertraglichen Schuldverhältnisse ist die Geschäftsführung ohne Auftrag ein gesetzliches Schuldverhältnis,428 das somit von § 241a BGB erfasst wird. Überblickt man an dieser Stelle nur umrissartig die mit einem Anspruchsausschluss einhergehenden Konsequenzen, fällt auf, dass wichtige Teile des gesellschaftlichen Lebens negativ beeinflusst werden. Selbst wenn nur ein geringer Teil der Streitfälle aus einem altruistischen Motiv des Geschäftsführers entspringt,429 sollen derartige Fälle einer tätigen Menschenhilfe, wie beispielsweise die vorübergehende Aufnahme und erste Pflege eines Verletzten oder die Rettung aus See- oder Bergnot durch die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag eine angemessene Regelung finden.430 Derartige Tätigkeiten von berufsmäßigen Helfern würden in Zukunft bei einer Qualifizierung als unbestellte sonstige Leistung unterbleiben, nachdem diesen bisher gem. § 670 i.V. m. §§ 683 Satz 1, 677 BGB ein Aufwendungsersatz- und in entsprechender Anwendung des § 1835 Abs. 3 BGB ein Anspruch auf die übliche Vergütung zustand.431 Hinsichtlich der weiteren Darstellung ist davon auszugehen, dass die Geschäftsführung ohne Auftrag kein einheitlicher Tatbestand ist. Somit muss bei 427
Jauernig-Vollkommer Vor § 677 Rn. 1; MünchKomm-Seiler § 677 Rn. 36. Staudinger-Wittmann (1995) Vorbem zu § 677 ff. Rn. 8 a. E.; Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 46 I 1d.) (S. 3). 429 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, § 46 I 1b.) (S. 1 f.). 430 Larenz, Schuldrecht II/1, § 57 Ia.) (S. 438); Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 927; a. A. MünchKomm-Seiler Vor § 677 Rn. 1. 431 Staudinger-Wittmann (1995) § 683 Rn. 3; MünchKomm-Seiler § 683 Rn. 25. 428
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
der Bewertung des Ausschlusses von Ansprüchen aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag durch § 241a BGB differenziert werden. Zwar liegt grundsätzlich eine Geschäftsführung ohne Auftrag vor, wenn jemand (Geschäftsführer) willentlich für einen anderen (Geschäftsherr) dessen Angelegenheiten wahrnimmt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Während aber ein dem Interesse und dem Willen des Geschäftsherrn entsprechendes Handeln des Geschäftsführers eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677, 683 BGB darstellt, liegt bei einer diesem widersprechenden Geschäftsbesorgung eine unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag gem. § 684 BGB vor.432 In letzterem Fall entsteht das besondere gesetzliche Schuldverhältnis der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nicht.433 Darüber hinaus liegt gem. § 687 Abs. 1 BGB überhaupt kein Fall einer Geschäftsführung ohne Auftrag vor, wenn jemand ein fremdes Geschäft als sein eigenes behandelt. 1. Ausschluss der Ansprüche aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag Die Beantwortung der Frage, ob Ansprüche aus einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677, 683 BGB vom Anspruchsausschluss des § 241a Abs. 1 BGB erfasst sind, hat wie jede Gesetzesinterpretation mit dem Wortsinn zu beginnen. Nach dem oben genannten Verständnis ist die Bestellung eine Mitteilung des Verbrauchers an den Unternehmer, durch welche dieser sein Einverständnis erklärt, die Beeinträchtigungen aus einer Leistungserbringung hinzunehmen.434 Nach dem Wortsinn liegt ohne eine ausdrückliche oder zumindest konkludente Erklärung dieses Willens durch den Verbraucher keine Bestellung vor. Selbst wenn die Leistung dem Interesse und dem tatsächlichen Willen des Verbrauchers entspricht und ihm somit höchst willkommen ist, greift ohne Mitteilung dieses Willens der Anspruchsausschluss ein. Da das nach dem Wortlaut sprachlich Mögliche die Grenzen absteckt, innerhalb derer ein vom Gesetz verwendeter Begriff ausgelegt werden darf, kann eine erweiternde Auslegung des Begriffs der Bestellung nicht zur Annahme einer solchen führen, wenn keine ausdrückliche oder zumindest konkludente Erklärung vorliegt.435 Eine Lösung der angedeuteten Problemstellung über eine einzelfallbezogene Billigkeitskorrektur mit Hilfe des Rechtsmissbrauchsverbots gem. § 242 BGB ist ebenso wenig durchführbar.436 Der Gedanke der Gesetzeskorrektur mit Hilfe 432
Zur Unbeachtlichkeit des entgegenstehenden Willens vgl. §§ 679, 683 Satz 2
BGB. 433 434 435 436
Staudinger-Wittmann (1995) § 684 Rn. 1. 3. Kapitel E. 3. a); im Ergebnis auch Berger JuS 2001, 649, 651 re. Sp. BGHZ 46, 74, 76. So auch Hau NJW 2001, 2863, 2365.
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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des Rechtsmissbrauchsverbots soll für Fälle reserviert werden, in denen die Berufung auf die teleologisch interpretierte Norm in einem Einzelfall, der wegen seiner besonders gelagerten Umstände keine ausreichende Basis für eine generalisierende teleologische Reduktion bietet, zu absolut unbilligen Ergebnissen führen würde.437 Der mit einer offenen Korrektur des Wortlautes einer Norm verbundene Argumentations- und Begründungsaufwand würde durch die im Einzelfall bedingte Nichtanwendung der Norm umgangen. a) Teleologische Reduktion des § 241a Abs. 1 BGB Dies wirft die Frage auf, ob von einer unbestellten Leistung gesprochen werden kann, wenn die Voraussetzungen für eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen,438 oder ob nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift der Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB zu reduzieren ist.439 Eine teleologische Reduktion ist dann zulässig, wenn der Wortsinn der Norm nicht dem Normzweck entspricht, weil er das durch die Norm Gewollte nicht zum Ausdruck bringt.440 Die Ausfüllung dieser „verdeckten Lücke“ erfolgt durch die Hinzufügung der sinngemäß geforderten Einschränkung.441 Vorausgesetzt ist der Nachweis, dass eine abstrakt umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen dem Wortlaut gar nicht getroffen wird und dass sie sich von den beabsichtigten Fallgruppen so weit unterscheidet, dass eine Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt wäre. Die Ermittlung des Gesetzeszweckes hat sich dabei des gesamten Auslegungsmaterials zu bedienen.442 aa) Ausgehend von den Gesetzesmaterialien soll durch die bürgerlichrechtliche Regelung des § 241a BGB ein wettbewerbswidriges Verhalten verhindert werden.443 Legt man diese gesetzgeberische Absicht dem zu ermittelnden Gesetzeszweck zu Grunde, spricht einiges dafür, dass ein aus wettbewerbsrechtlicher Sicht lauteres Handeln des Unternehmers nicht vom Regelungszweck der 437
Kramer, Methodenlehre, S. 168 m.w. N. MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 13; Wrase/Müller-Helle NJW 2002, 2537 f., die ohne Differenzierung alle Ansprüche des Unternehmers gegen den Verbraucher durch § 241a Abs. 1 BGB als ausgeschlossen ansehen. 439 Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 5 f., 15 f., 55 ff.; Hau NJW 2001, 2863, 2865; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4; Casper ZIP 2000, 1602, 1605 Fn. 26; Bamberger/Roth-Grüneberg § 241a Rn. 3; a. A. AnwKom-Krebs § 241a Rn. 17, der meint, dass das Recht der GoA die speziellere Wertung enthalte und daher § 241a BGB schon im Konkurrenzwege vorgehe. 440 Schmalz, Methodenlehre, Rn. 352; Kramer, Methodenlehre, S. 162. 441 Larenz, Methodenlehre, S. 391. 442 Bydlinski, Methodenlehre, S. 480. 443 BT-Drs. 14/3195, S. 33 f. 438
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Vorschrift erfasst werden soll.444 Betrachtet man nun die Wirkung einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag auf die wettbewerbsrechtliche Sittenwidrigkeit einer unbestellten Leistungserbringung gem. § 1 UWG,445 wird erkennbar, dass in diesem Fall ein so genanntes mutmaßliches Einverständnis vorliegt, welches die Wettbewerbswidrigkeit beseitigt.446 Voraussetzung dieses mutmaßlichen Einverständnisses ist, dass der Absender davon ausgehen kann, dem Kunden sei eine unbestellte Zusendung erwünscht. Dies ist dann der Fall, wenn der Empfänger aus Sicht des Unternehmers eine derartige Warensendung erwartet.447 Trotz dieses ersten Hinweises für ein Lösung lässt sich nicht eindeutig bestimmen, ob der Gesetzgeber aus Gründen der Rechtssicherheit nicht dennoch sämtliche gesetzlichen Ansprüche, und damit auch die aus einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, ausschließen wollte.448 In den Gesetzesmaterialien lässt sich dazu kein einheitliches Bild erkennen. Während einerseits durch den § 241a BGB klargestellt werden solle, dass den Verbraucher im Falle bewusst unbestellt zugesendeter Waren oder Erbringung unbestellter Dienstleistungen keinerlei Verbindlichkeiten träfen,449 wird andererseits explizit nur auf den Herausgabe-, Schadensersatz- und Nutzungsherausgabeanspruch abgestellt.450 So werden § 985 und § 812 BGB des Öfteren diskutiert, wogegen die Frage, ob auch Ansprüche aus einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag ausgeschlossen sein sollen, nicht erwähnt wird. Aufgrund der weitreichenden Folgen eines derartigen Ausschlusses kann man einen entsprechenden Hinweis in den Gesetzesmaterialien zu dieser Frage erwarten. Es ist somit davon auszugehen, dass der Gesetzgeber das Problem des Ausschlusses der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag durch § 241a BGB nicht gesehen hat. bb) Maßgeblich für die teleologische Reduktion ist, dass der Gesetzeszweck bei der Anwendung der Vorschrift auf den Einzelfall verwirklicht wird. Sind jedoch die Gesetzesmaterialien wie zur vorliegenden Frage unergiebig, muss versucht werden, die ratio legis aufgrund allgemeiner Wertungen wie Rechtssicherheit, Zweckmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Rechtsanwendung zu ermitteln.451 Insoweit kommt dem Wert der Entscheidungsfolgen in der Lebenswirklichkeit große methodische Bedeutung zu.452 444
Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4; Berger JuS 2001, 649, 653 re. Sp. Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183 a. E. 446 Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 187. 447 BGH GRUR 1966, 47, 48 f.-Indicator; Köhler/Piper, § 1 Rn. 187; Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 74. 448 Zur Berücksichtigung der Rechtssicherheit Enneccerus/Nipperdey, AT 1/1, § 59 I (S. 346). 449 BT-Drs. 14/2658, S. 23 f. 450 BT-Drs. 14/2658, S. 24 li. Sp.; BT-Drs. 14/2658, S. 46 re. Sp. 451 Bydlinski, Methodenlehre, S. 454. 445
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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(1) Bei einer strikten Anwendung des Wortlautes würde das Handeln ohne Bestellung von Unternehmern zu Gunsten von Verbrauchern vollständig zum Erliegen kommen. Während dies bei der Zusendung von Waren noch hinnehmbar ist453 und durch Rahmenvereinbarungen, die eine solche Zusendung gestatten, verhältnismäßig leicht abzuwenden wäre,454 sind die Konsequenzen eines faktischen Verbotes der freiwilligen Wahrnehmung fremder Angelegenheiten bei sonstigen Leistungen weitreichender. Wenn man bedenkt, dass viele Rettungsmaßnahmen von berufsmäßigen Helfern ohne Bestellung vorgenommen werden und diese keinen Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen können, wird dass Ausmaß der Regelung besonders deutlich. Zu Bedenken ist weiterhin, dass gem. § 323c StGB jedermann zu einer Hilfeleistung bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not verpflichtet ist. Die Anwendung des § 241a BGB hätte aber nur nachteilige Auswirkungen auf den zur Hilfe verpflichteten Unternehmer, wohingegen sonstige Helfer Ansprüche aus der Geschäftsführung ohne Auftrag hätten. Dies ist vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG sachlich nicht zu rechtfertigen. Darüber hinaus sind Unternehmer, deren gewerbliche oder selbständig berufliche Tätigkeit solche Hilfeleistungen zum Gegenstand hat, nicht nur aus der allgemeinen Beistandspflicht gem. § 323c StGB verpflichtet. Sie sind vielmehr Garanten für die Nichtverwirklichung des jeweiligen Risikos.455 (2) Als weiteres Argument für einen eingeschränkten Gesetzeszweck, der die Ansprüche aus einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nicht ausschließen will, spricht das Prinzip der Zusammengehörigkeit von Gefahr und Vorteil.456 Der Geschäftsführer ist bei einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nicht nur zur ordnungsgemäßen Ausführung des Geschäfts, sondern gem. § 681 Satz 1 BGB ebenso zur Anzeige der Übernahme der Geschäftsführung und zum Abwarten der Entschließung des Geschäftsherrn verpflichtet. Darüber hinaus hat er gem. § 681 Satz 2 i.V. m. § 666 BGB eine umfassende Auskunfts- und Rechenschaftspflicht gegenüber dem Geschäftsherrn. Nach § 667 BGB muss er weiterhin alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, herausgeben. Bei einer schuldhaften Verletzung dieser Pflichten ist der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn gem. § 280 Abs. 1 i.V. m. § 241 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig.457 Da die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag eine Ausgleichsordnung darstellen,458 die sich aus der besonderen Situation der 452 MünchKomm-Kramer Einleitung Rn. 128; Staudinger-Coing (1995) Einl. zum BGB Rn. 149. 453 A. A. Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp. 454 MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 7. 455 Lackner/Kühl § 13 Rn. 9; Otto, Grundkurs AT, § 9 Rn. 64 aus freiwilliger Übernahme von Schutzfunktionen. 456 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 72 I 1c, (S. 266).
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Wahrnehmung fremder Interessen ergibt, würde dieser umfassende Pflichtenkatalog beim Eingreifen des Anspruchsausschlusses gem. § 241a BGB einseitig zulasten des Geschäftsführers abgeändert. Während auf der einen Seite die Pflichten aus der Geschäftsführung ohne Auftrag bestehen blieben, würden die aus einer berechtigten Geschäftsführung fließenden Vorteile in Form des Aufwendungsersatzanspruches gem. § 670 i.V. m. §§ 683 Satz 1, 677 BGB ausgeschlossen.459 Von einem Ausgleich der beteiligten Interessen könnte dann keine Rede mehr sein. (3) Für eine einschränkende Auslegung des Anspruchsausschlusses gem. § 241a BGB spricht weiterhin, dass die unbestellte Leistungserbringung eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes darstellt, die aus der Belästigung und dem psychischen Druck des rechtsunkundigen Verbrauchers resultiert.460 Zur Feststellung der Rechtswidrigkeit bedarf es wegen der generalklauselartigen Weite des Persönlichkeitsrechts einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung.461 In einer solchen Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag einen besonderen Rechtfertigungsgrund darstellt. Eingriffe des Geschäftsführers in den Rechtskreis des Geschäftsherrn sind dadurch gestattet und damit rechtmäßig.462 Ein Schutzbedürfnis besteht bei einer interessen- und willensgetragenen Leistungserbringung durch Dritte nicht, da gerade nicht gegen den Willen und das Interesse des Empfängers gehandelt wird. Im Deliktsrecht führt demzufolge die mutmaßliche Einwilligung zu einer Rechtfertigung des Eingriffs, die mit der Wertung der §§ 677, 683 BGB begründet wird.463 (4) Vergleicht man den Sinn und Zweck der Geschäftsführung ohne Auftrag mit dem des § 241a BGB, ist eine teilweise Übereinstimmung festzustellen. Sowohl die §§ 677 ff. BGB als auch § 241a BGB wollen eine Partei vor der unbefugten und unerwünschten Einmischung in ihre Angelegenheiten schützen.464 Trotz dieses teilweise übereinstimmenden Zieles erlaubt die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag aber etwas, was der Wortlaut des § 241a Abs. 1 BGB verbietet. Danach ist es unter den Voraussetzungen der §§ 677, 683 BGB 457 Unter den Voraussetzungen des § 680 BGB ist der Haftungsmaßstab für das Ausführungsverschulden gemildert. 458 MünchKomm-Seiler Vor § 677 Rn. 3. 459 Staudinger-Wittmann (1995) § 683 Rn. 3; MünchKomm-Seiler § 683 Rn. 25. 460 BT-Drs. 14/2658, S. 22 re. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 650 li. Sp.; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183. 461 Staudinger-Hager § 823 Rn. 17 m.w. N. 462 Staudinger-Wittmann Vorbem. zu §§ 677 ff. Rn. 8; Soergel-Beuthien Vor § 677 Rn. 9; a. A. MünchKomm-Seiler Vor § 677 Rn. 13 m.w. N. 463 MünchKomm-Mertens § 823 Rn. 43; Deutsch, Haftungsrecht, Rn. 283. 464 Einerseits Staudinger-Wittmann (1995) Vorbem zu § 677 ff. Rn. 10; JauernigVollkommer Vor § 677 Rn. 2; andererseits BT-Drs. 14/2920, S. 14 li. Sp.
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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erlaubt, die Angelegenheiten eines anderen wahrzunehmen.465 Diese erlaubte Handlung eines Unternehmers kann aber die Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB auslösen. Es ist widersprüchlich, durch § 241a BGB etwas faktisch zu untersagen, was durch die Vorschriften über die berechtigte Geschäftsführung gestattet wird. b) Zwischenergebnis Aus dem eben genannten ergibt sich, dass der sinnhafte Gesetzeszweck der Vorschrift durch den Wortlaut überdehnt wird. Demzufolge ist die durch den Sinn und Zweck geforderte Einschränkung hinzuzufügen und es sind die Rechtsfolgen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag als nicht vom Anspruchsausschluss erfasst anzusehen.466 Eine Beschränkung auf die Fälle der altruistischen Geschäftsführung ohne Auftrag findet nicht statt,467 da die Erforschung der Gesinnung des Unternehmers mit Unsicherheiten behaftet ist.468 Das Merkmal des altruistischen Charakters einer Handlung in Abgrenzung zum Handeln zu eigenen Zwecken ist aufgrund seiner Unbestimmtheit nicht geeignet, eine exakte tatbestandliche Einschränkung zu gewährleisten.469 Weiterhin ist es weder erforderlich noch methodengerecht, das Merkmal zum Zwecke der Anbahnung eines Vertrages in den § 241a Abs. 1 BGB hineinzulesen.470 Schon nach den Gesetzesmaterialien ist ausdrücklich auf die Einfügung des vorgeschlagenen Merkmals verzichtet worden, um den praktischen Anwendungsschwierigkeiten vorzubeugen, die aus einer missbräuchlichen Berufung folgen.471 Weiterhin sollte die teleologische Reduktion des § 241a Abs. 1 BGB nicht mit dem grundsätzlich bestehenden Unbehagen über die ausufernde Anwendung der berechtigten Geschäftsführung durch die Rechtsprechung belastet werden, die als nahezu unübersehbar und schwer berechenbar beschrieben wird.472 Dies ist eine Frage des Tatbestandes der Geschäftsführung ohne Auf465 Staudinger-Wittmann Vorbem. zu §§ 677 ff. Rn. 8; MünchKomm-Seiler Vor § 677 Rn. 15, wonach die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag einen Rechtsgrund für die Durchführung der Handlung gibt. 466 Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 5 f., 15 f., 55 ff.; Bamberger/Roth-Grüneberg § 241a Rn. 3. 467 Casper ZIP 2000, 1602, 1605 Fn. 26. 468 Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 57 f. 469 MünchKomm-Seiler § 677 Rn. 12. 470 Hau NJW 2001, 2863, 2865; im Ergebnis auch Casper ZIP 2000, 1602, 1605 Fn. 26. 471 BT-Drs. 14/3195, S. 32.; BGHZ 46, 74, 80, wonach die Entstehungsgeschichte oft einen wertvollen Anhaltspunkt, „. . . ja geradezu einen Beweis . . .“ dafür liefert, worin der Rechtfertigungsgrund für eine Vorschrift liegt. 472 MünchKomm-Seiler § 677 Rn. 10, mit Bezug auf das auch-fremde Geschäft; Falk JuS 2003, 833, 835 Fn. 18 und 836 re. Sp. m.w. N.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
trag und nicht der tatbestandlichen Reduktion des § 241a Abs. 1 BGB. Dessen Tatbestand sollte nicht zusätzlich mit Unwägbarkeiten belastet werden. Bedenken aus einer Anwendung der Vorschriften der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, im Hinblick auf eventuelle Vertragsanbahnungskosten, die über die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag liquidiert werden könnten, bestehen nicht. Schon nach bisheriger Rechtslage sind Aufwendungen, die im Hinblick auf eine etwaige Vertragsanbahnung getätigt werden, nicht nach den Grundsätzen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen. Danach bleiben eigene Aufwendungen im Vorfeld eines Vertragsschlusses, sofern es nicht zu einem Abschluss kommt, nach den Regeln des Privatrechts unvergütet. Jede Seite trägt das Risiko eines Scheiterns der Vertragsverhandlungen selbst.473 Mit dieser Rechtsprechung hat der BGH der zahlreichen Kritik an der Denaturierung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag Rechnung getragen.474 2. Ausschluss der Ansprüche aus unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag Liegen die Voraussetzung für eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677, 683 BGB nicht vor, weil die Geschäftsbesorgung nicht dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht,475 dann liegt eine unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag vor. Das besondere gesetzliche Schuldverhältnis der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag entsteht nicht. Die mit der Geschäftsführung verbundenen Eingriffe in den fremden Rechtskreis sind widerrechtlich gem. § 823 BGB und erfolgte Vermögensverschiebungen sind rechtsgrundlos gem. § 684 Satz 1 i.V. m. §§ 812 ff. BGB.476 Sie stellen in diesem Fall eine unzulässige Einmischung dar. Die Rechtsfolgen der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag und des § 241a BGB stimmen in diesem Fall überein. Eine teleologische Reduktion scheidet aus. Die infolge einer unberechtigten Geschäftsführung erbrachten Leistungen eines Unternehmers sind unbestellt gem. § 241a Abs. 1 BGB und eine Rückforderung gem. § 684 Satz 1 BGB ist damit ausgeschlossen. Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsführung gem. § 684 Satz 2 i.V. m. § 184 BGB entsprechend, dann stehen dem geschäftsführenden Unternehmer die durch § 683 i.V. m. § 670 BGB bestimmten Ansprüche auf Ersatz seiner Aufwendungen und entsprechend § 1835 Abs. 3 BGB die übliche Vergütung zu.477 Durch 473
BGH JZ 2000, 521, 522 re. Sp. MünchKomm-Seiler § 677 Rn. 10; Kötz FS für Großfeld, S. 583, 594; Martinek/ Theobald JuS 1997, 805, 806. 475 Zur Unbeachtlichkeit des entgegenstehenden Willens vgl. §§ 679, 683 Satz 2 BGB. 476 Staudinger-Wittmann (1995) § 684 Rn. 1. 477 Staudinger-Wittmann (1995) § 684 Rn. 10; MünchKomm-Seiler § 684 Rn. 14. 474
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die Genehmigung der unberechtigten Geschäftsführung entsteht zwar kein Auftragsverhältnis,478 aber die Genehmigung macht die zunächst unberechtigte Geschäftsführung mit rückwirkender Kraft in vollem Umfang zu einer berechtigten Geschäftführung ohne Auftrag,479 deren Ansprüche von § 241a Abs. 1 BGB nicht ausgeschlossen werden. Eine teleologische Reduktion des § 241a Abs. 1 BGB ist in letzterem Fall nicht notwendig, da die durch die Genehmigung der unberechtigten Geschäftsführung entstehenden Ansprüche nicht durch die Leistung, sondern durch die Genehmigung der Geschäftsführung entstehen und damit nicht gem. § 241a BGB ausgeschlossen sind.
III. Ausschluss des Herausgabeanspruchs gem. § 985 BGB Ein vergleichbares Problem der Reichweite des Anspruchsausschlusses gem. § 241a Abs. 1 BGB ergibt sich hinsichtlich des dinglichen Herausgabeanspruches gem. § 985 BGB. Da sich die Anwendung einer Norm über den Wortlaut hinaus an dem systematischen und teleologischen Verständnis orientiert,480 könnte ein derart weitgehender Ausschluss als mit der Eigentumsgarantie gem. Art. 14 GG und dem Sinn und Zweck der Vorschrift unvereinbar angesehen werden und damit eine teleologische Reduktion bedingen. Angesichts des zu dieser Fragestellung anzutreffenden Meinungsspektrums sollen zunächst die existierenden Strömungen dargestellt werden, um eine Orientierung zu erleichtern. Während der überwiegende Teil der Literatur einen Ausschluss sämtlicher Ansprüche einschließlich des dinglichen Herausgabeanspruches annimmt,481 steht dem eine stark vertretene Meinung gegenüber, die den Vindikationsanspruch unter verschiedenen Voraussetzungen dem Anwendungsbereich des § 241a Abs. 1 BGB entziehen möchte.482 478
Jauernig-Vollkommer § 684 Rn. 2. Staudinger-Wittmann (1995) § 684 Rn. 10. 480 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 36 ff. m.w. N. 481 MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 13; Jauernig § 145 Rn. 6; Brehm/Berger, Sachenrecht, 7.59 (S. 119); Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 12, 5 (S. 155); Köhler/ Piper, UWG, § 1 Rn. 182; Lorenz JuS 2000, 833, 841 li. Sp.; Sosnitza BB 2000, 2317, 2319 f.; Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 366 re. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449 re. Sp.; Riehm Jura 2000, 505, 512 f.; Löhnig JA 2001, 33, 34 re. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 7; 23; Schäfer AcP 202 (2002), 397, 428; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 6, 14; Bamberger/Roth-Grüneberg § 241a Rn. 10; Schmidt-Räntsch ZBB 2000, 344, 349 li. Sp.; Wendehorst DStR 2000, 1311, 1316 f.; Bonifacio NJW 2000, S. XXVIII; Gaertner/Gierschmann DB 2000, 1601, 1605 li. Sp.; Kamanabrou WM 2000, 1417, 1426 li. Sp.; Ring, Fernabsatzgesetz, Teil IV Art. 2 IV Rn. 28; Wegner, NJ 2000, 407, 408 re. Sp.; Stock, GewArch 2000, 471, 475 re. Sp.; Wrase/Müller-Helle NJW 2002, 2537 f.; Matzky NStZ 2002, 458, 459 li. Sp. 479
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Die Vertreter der letztgenannten Auffassung berufen sich entweder darauf, dass die Vindikation „natürlich“ unberührt bleibe483 oder dass dieses Resultat Folge einer notwendigen einschränkenden Auslegung484 oder einer teleologische Reduktion sei.485 Die Voraussetzungen für die einschränkende Anwendung des § 241a Abs. 1 BGB werden dabei höchst unterschiedlich bestimmt. Während die insoweit überwiegende Ansicht den Herausgabeanspruch voraussetzungslos als weiterhin bestehend ansieht,486 fordern einige Vertreter die Einschränkung des Anspruchsausschlusses nur für den Fall, dass der Unternehmer nicht wettbewerbswidrig gehandelt habe.487 Wieder andere nehmen eine Einschränkung des Wortlautes nur dann an, wenn der Verbraucher die Sache ohne Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen tatsächlichen und rechtlichen Belange herausgeben könne und der Unternehmer sie auf eigene Kosten abhole488 oder der Unternehmer innerhalb angemessen kurzer Frist zur Abholung bereit sei.489 1. Auslegung des § 241a Abs. 1 BGB Bei der Bestimmung der Reichweite des § 241a Abs. 1 BGB im Hinblick auf den dinglichen Herausgabeanspruch kommt es erneut auf das Ergebnis einer Gesetzesinterpretation an, wobei die Gesetzesauslegung von der Rechtsfortbildung zu unterscheiden ist.490 Während sich die Auslegung am noch möglichen Wortsinn orientiert, geht eine Rechtsfortbildung über den Wortsinn der Norm hinaus.491 a) Nach dem Wortlaut des § 241a Abs. 1 BGB wird ein Anspruch gegen den Verbraucher nicht begründet. Aufgrund der Legaldefinition des Anspruchs in
482 Bülow/Artz NJW 2000, 2049, 2056 re. Sp.; so auch Flume ZIP 2000, 1427, 1429 li. Sp.: „§ 241a BGB ist . . . als pro non scripto zu behandeln.“; Casper ZIP 2000, 1602, 1605 ff.; Deckers NJW 2001, 1474 re. Sp.; Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 7; Härting, Fernabsatzgesetz, Einl. Rn. 92; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4. 483 Bülow/Artz NJW 2000, 2049, 2056 re. Sp.; Flume ZIP 2000, 1427, 1429 li. Sp. 484 Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp.; Deckers NJW 2001, 1474 re. Sp.; Härting, Fernabsatzgesetz, Einl. Rn. 92; Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 7; unklar Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4, der in zusätzlich noch auf die teleologische Reduktion abstellt. 485 Casper ZIP 2000, 1602, 1606 f.; unklar Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4.; zur Argumentation dieser Auffassung Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 23 f., die aber selbst eine teleologische Reduktion ablehnen. 486 Casper ZIP 2000, 1602, 1607 li. Sp.; Bülow/Artz NJW 2000, 2049, 2056 re. Sp.; Härting, Fernabsatzgesetz, Einl. Rn. 92; Flume ZIP 2000, 1427, 1429 li. Sp. 487 Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4; Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp. 488 Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 7. 489 Deckers NJW 2001, 1474 re. Sp. 490 Sosnitza JA 2000, 708 li. Sp. 491 BGHZ 46, 74, 76; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 67.
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§ 194 Abs. 1 BGB ist damit jedes Recht des Unternehmers ausgeschlossen, ein Tun oder ein Unterlassen zu verlangen. Dieses Ergebnis wird durch die systematische Stellung der Norm unterstützt. § 241a BGB befindet sich im allgemeinen Schuldrecht, das grundsätzlich auf sämtliche Ansprüche und Schuldverhältnisse anwendbar ist.492 Nach den Gesetzesmaterialien soll weiterhin klargestellt werden, dass den Verbraucher keinerlei Verbindlichkeiten treffen. Deshalb sei es angebracht, diese Freistellung auch auf die Rückgabeverpflichtung zu erstrecken.493 Insbesondere die Rechtspraxis in anderen europäischen Staaten machte es notwendig, die Rückgabeansprüche gem. § 985 oder § 812 Abs. 1 BGB als Sanktion des Wettbewerbsverstoßes des Versenders auszuschließen.494 Neben diesem Ergebnis, welches keinen Zweifel an der Eindeutigkeit des Wortsinns lässt, muss eine teleologische Auslegung ausscheiden. Jeder Auslegung sind durch den möglichen Wortsinn der auszulegenden Norm Grenzen gezogen.495 Will der Rechtsanwender davon abweichen, d.h. entweder aus Gründen der Gleichbehandlung die gesetzliche Regel auf Fälle anwenden, die eindeutig nicht unter den Wortsinn der Norm fallen, oder will er die Norm auf bestimmte Fälle nicht anwenden, die eindeutig unter ihrem Wortlaut fallen, so kann das nicht durch Gesetzesauslegung, sondern nur durch Rechtsfortbildung geschehen.496 Obwohl Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung nicht wesensverschieden sind, sondern nur verschiedene Stufen desselben gedanklichen Verfahrens, gibt es bestimmte Methoden, die für jede dieser Stufen maßgeblich sind, so dass eine Unterscheidung geboten ist.497 b) Aus diesem Grund müssen die Versuche in der Literatur scheitern, die eine Einschränkung des § 241a Abs. 1 BGB durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 241a Abs. 1 BGB erreichen wollen.498 Unabhängig von den einer verfassungskonformen Auslegung des § 241a Abs. 1 BGB zu Grunde lie-
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MünchKomm-Kramer Einl. vor § 241 Rn. 6 f. BT-Drs. 14/2658, S. 24 li. Sp. 494 BT-Drs. 14/2658, S. 46 re. Sp.; 14/2920, S. 14 li. Sp.: „Diesem unzulässigen Verhalten kann effektiv nur Einhalt geboten werden, wenn solche Unternehmer gegen den Verbraucher gar keine Ansprüche mehr haben.“ BT-Drs. 14/3195, S. 32 li. Sp.: „Der Ausschuss hält es für richtig, die Zusendung unbestellter Waren mit einem Verlust des Herausgabeanspruches zu sanktionieren.“ 495 St. Rspr. BVerfGE 71, 108, 115; 87, 209, 224; BGHZ 46, 74, 76; Zippelius, Methodenlehre, § 10 VI; Kramer, Methodenlehre, S. 105, 131; Larenz, Methodenlehre, S. 322 m.w. N. 496 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 187; Zippelius, Methodenlehre, § 10 VI; Palandt-Heinrichs Einl. Rn. 41. 497 Larenz, Methodenlehre, S. 366. 498 Deckers NJW 2001, 1474 re. Sp.; Härting, Fernabsatzgesetz, Einl. Rn. 92; im Ergebnis auch Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp.; unklar Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4. 493
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
genden Erwägungen, werden die methodischen Grenzen dieses Instruments der verfassungsgemäßen Interpretation einer Norm verkannt.499 Für eine solche Auslegung ist nur Platz, soweit nicht der Zweck des Gesetzes oder der Gesetzeswortlaut entgegenstehen.500 Die verfassungskonforme Interpretation ist kein Instrument, verfassungswidrige Vorschriften gleichsam unter die Wertvorstellungen der Verfassung zu beugen.501 Sie berechtigt nicht zur Auslegung, wenn einem Gesetz ein geradezu entgegengesetzter, das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlender Sinn gegeben wird.502 Dies wäre ein unhaltbarer Eingriff in die Kompetenz des Gesetzgebers. Wenn also wie im vorliegenden Fall der Wille des Gesetzgebers im Zusammenhang mit dem Wortlaut eindeutig zu dem Ergebnis eines Anspruchsausschlusses für sämtliche Ansprüche kommt, kann ein abweichendes Ergebnis nicht durch die verfassungskonforme Auslegung erreicht werden. Darüber hinaus ist mit obiger Argumentation § 241a BGB als eine verhältnismäßige Inhaltsbestimmung des Eigentums des Unternehmers anzusehen.503 2. Teleologische Reduktion des § 241a Abs. 1 BGB Methodisch ist eine teleologische Reduktion oder Restriktion denkbar,504 wenn es sich um eine Verbesserung des Gedankens und nicht nur des Ausdrucks des Gesetzes handelt.505 Die Restriktion verschafft dem Gesetzeszweck nicht gegen einen zu engen, sondern gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Geltung.506 Vorausgesetzt ist stets der Nachweis, dass eine abstrakt umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird und dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich ist.507 In einer Folgebetrachtung ist zu berücksichtigen, dass Abweichungen vom klaren Wortlaut des Gesetzes Rechtssicherheit und Vertrauen auf das geschriebene Gesetz beeinträchtigen, womit die äußerste Grenze der teleologischen Reduktion markiert wird.508 499
Zur Verfassungsmäßigkeit des § 241a BGB vgl. 3. Kapitel F I 5. St. Rspr. BVerfGE 8, 38, 41; 19, 248, 253; Engisch, Einführung, S. 101 f.; Müller, Methodik, S. 87; Palandt-Heinrichs Einl. Rn. 36 m.w. N. zur Rechtsprechung. 501 MünchKomm-Säcker Einl. Rn. 127. 502 BVerfGE 38, 263, 280; Engisch, Einführung, S. 102. 503 3. Kapitel, F I 5. 504 Kramer, Methodenlehre, S. 105, 161 ff. 505 Enneccerus/Nipperdey, AT 1/1, § 59 II (S. 348). 506 Bydlinski, Methodenlehre, S. 480. 507 Bydlinski, Methodenlehre, S. 480; Kramer, Methodenlehre, S. 168; Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 62: „Grundlage . . . ist das Gleichbehandlungsgebot.“; Köhler, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 24. 508 Schmalz, Methodenlehre, Rn. 344; Enneccerus/Nipperdey, AT 1/1, § 59 I (S. 346). 500
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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a) Nach den genannten Voraussetzungen erscheint es unabhängig vom Gesetzeszweck und dessen Ermittlung nicht möglich, den Vindikationsanspruch gänzlich dem Anspruchsausschluss des § 241a Abs. 1 BGB zu entziehen. Die teleologische Reduktion ist nur darauf angelegt, eine bestimmte abstrakt beschreibbare Fallgruppe aus dem Anwendungsbereich einer Vorschrift zu entnehmen.509 Nur wenn der Gesetzeszweck bezüglich einzelner Sachverhaltsgruppen, die an sich vom Gesetzestatbestand umfasst sind, nicht mehr erreicht wird, ist eine teleologische Reduktion möglich.510 Wird eine Norm dagegen in einem zentralen Punkt gar nicht angewendet, liegt keine teleologische Reduktion ihres Anwendungsbereichs vor. Die teleologische Gesetzesanwendung darf nicht zum Abschütteln unwillkommener Regelungen missbraucht werden.511 Gerade der Ausschluss des Herausgabeanspruches spielte im Gesetzgebungsverfahren eine zentrale Rolle.512 Dieser Zweck hat im Gesetzeswortlaut Ausdruck gefunden, da dieser sämtliche Ansprüche ausschließt. Den Herausgabeanspruch aus dem Anspruchsausschluss herauszunehmen hieße damit, den § 241a BGB in seinem Kern nicht anzuwenden. Das zeigen insbesondere die Konsequenzen einer teleologischen Reduktion des § 241a Abs. 1 BGB. So soll nach Casper der Unternehmer als Eigentümer den Empfänger bei einer Verschlechterung der Sache aus Verzug oder gemäß §§ 987 ff. BGB in Anspruch nehmen können.513 Mit dieser eher beiläufigen Feststellung wird aber die alte Streitfrage nach der Haftung des Empfängers wieder belebt,514 deren Unsicherheiten durch die Neuregelung gerade beseitigt werden sollten.515 b) Wenn man demgegenüber das Instrument der teleologischen Reduktion mit einigen Vertretern in der Literatur zur Erhaltung des Vindikationsanspruches als ausreichend ansieht,516 stellt sich die Frage, wie die zur Einschränkung notwendige immanente Teleologie des Gesetzes ermittelt werden soll.517 Bei 509 Bydlinski, Methodenlehre, S. 480; Kramer, Methodenlehre, S. 168; MünchKommSäcker Einl. Rn. 129. 510 MünchKomm-Säcker Einl. Rn. 129. 511 Kramer, Methodenlehre, S. 170; ZGB-Mayer-Maly Art. 1 Rn. 19. 512 BT-Drs. 14/2658, S. 46 re. Sp. (Gesetzentwurf der Bundesregierung); dagegen BTDrs. 14/2920, S. 5 re. Sp. (Stellungnahme des Bundesrates); BT-Drs. 14/2920, S. 14 li. Sp. (Gegenäußerung der Bundesregierung); BT-Drs. 14/3195, S. 32 li. Sp. (Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses). 513 Casper ZIP 2000, 1602, 1607 li. Sp. weitere Voraussetzung soll die grundlose Weigerung der Herausgabe sein. 514 Casper ZIP 2000, 1602, 1607 li. Sp.; ohne Hinweis auf die Folgen einer teleologischen Reduktion dagegen Bülow/Artz NJW 2000, 2049, 2056 re. Sp.; Hk-BGB/ Schulze § 241a Rn. 7. 515 BT-Drs. 14/2658, S. 46 li. Sp. 516 Casper ZIP 2000, 1602, 1606 f.; wohl auch Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4. 517 Larenz, Methodenlehre, S. 391.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
deren Bestimmung steht die umstrittene Frage im Mittelpunkt,518 ob der Gesetzeszweck subjektiv oder objektiv bestimmt wird.519 aa) Nach der subjektiven Theorie ist eine Interpretation die Feststellung des Sinnes, welchen der Gesetzgeber mit den von ihm gebrauchten Worten verbunden hat.520 Danach ist der im Gesetz zum Ausdruck gelangte Wille des Gesetzgebers maßgebend.521 Die objektive Theorie hält dagegen den vom gesetzgeberischen Willen vollständig abgelösten Willen des Gesetzes selbst für allein maßgebend. Entscheidend sei nur der Sinn, den die Auslegenden in den vom Gesetzgeber festgestellten Worten fänden, auch wenn klar erkennbar sei, dass der Wille des Gesetzgebers ein anderer war.522 Die subjektive Theorie geht einerseits davon aus, dass die Rechtsnorm einem auf Ordnung der Gesellschaft gerichteten Willen entspricht und die diesem zu Grunde liegenden sachlichen Überlegungen der Mitwirkenden an der Bindung des Gesetzes gem. Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG teilnehmen, weshalb sie nicht unbeachtet bleiben können.523 Andererseits liegt die zutreffende Annahme der objektiven Theorie darin, dass ein Gesetz, sobald es angewendet wird, eine ihm eigene Wirksamkeit entfaltet. Es gibt auch Antworten auf Fragen, die sich der Gesetzgeber noch nicht gestellt hat. So ist die subjektive Theorie gezwungen, im Fall der nachträglichen Veränderung der Bedürfnisse und Anschauungen auf normative Gesichtspunkte zurückzugreifen, da in diesem Fall ein Wille des Gesetzgebers nicht ermittelt werden kann.524 Demgegenüber ist es der objektiven Theorie nicht gelungen, die Gefahr der willkürlichen Interpretation bei der Bestimmung dessen, was dem objektiven Willen des Gesetzes entspricht, einzudämmen.525 Der Vorwurf der objektiven Theorie, dass der Gesetzgeber ein anonymes Wesen sei und die abstimmenden Parlamentarier zumeist nichts über den Zweck des Gesetzes gedacht haben,526 mag zwar im Einzelfall zutreffen, beantwortet aber dann nicht die Frage nach der Richtigkeit der objektiven Theorie, wenn entsprechende Überlegungen durch den Gesetzgeber angestellt wurden und aus den Materialien eindeutig ersichtlich sind. Gerade bei zeitnah erlassenen Gesetzen ist eine Anpassung an gewandelte Lebensverhältnisse und Bedürfnisse nicht 518 Casper ZIP 2000, 1602, 1606 re. Sp.; Engisch, Einführung, S. 120 f.: „Problem . . . (wird) sich wie alle echten Grundlagenprobleme nie endgültig . . . lösen lassen.“ 519 Engisch, Einführung, S. 110 ff.; Bydlinski, Methodenlehre, S. 436: nur Frage des Rangs der Auslegungsmethoden. 520 Engisch, Einführung, S. 110 ff. m.w. N. 521 Enneccerus/Nipperdey, AT 1/1, § 54 II (S. 325). 522 Enneccerus/Nipperdey, AT 1/1, § 54 II (S. 326). 523 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 138; Larenz, Methodenlehre, S. 317; Enneccerus/Nipperdey, AT 1/1, § 55 I (S. 330); a. A. Engisch, Einführung, S. 113, demgegenüber auf S. 120 mehr Raum für Materialien einräumend. 524 Larenz, Methodenlehre, S. 317 m.w. N. 525 MünchKomm-Säcker Einl. Rn. 65; Sosnitza BB 2000, 2317, 2320 li. Sp. 526 Engisch, Einführung, S. 113 f.
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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vorzunehmen.527 In einem solchen Fall ist die Korrektur des Gesetzes unter Berufung auf den objektiven Gesetzeszweck aufgrund des damit verbundenen Risikos einer unzulässigen Lockerung der Gesetzesbindung abzulehnen. Demzufolge wird in der Rechtsprechung verstärkt auf die Wichtigkeit des in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers abgestellt. Der BGH beschreibt die bisherige Entwicklung der Rechtsprechung zur methodengerechten Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien dergestalt, dass trotz mancher gegenteilig klingender Sätze die höchstrichterliche Rechtsprechung die Entstehungsgeschichte immer wieder dann maßgeblich herangezogen habe, wenn aus ihr – und vor allem, wenn nur aus ihr – Wesentliches für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift zu entnehmen war. Dabei sei wiederholt darauf hingewiesen worden, dass die Gesetzesmaterialien, vor allem die im Gesetzgebungsverfahren erfolgten Äußerungen der an dem Gesetzeswerk beteiligten Verfassungsorgane, die die mit der getroffenen Regelung verfolgten gesetzgeberischen Zwecke und die für sie maßgebenden Beweggründe hervortreten lassen, oft einen wertvollen Anhaltspunkt, ja geradezu einen Bewies dafür erbrächten, worin der Rechtfertigungsgrund für eine Vorschrift läge, welchen Zweck man mit ihr verfolgt habe und welche Zweckvorstellungen auch heute noch die Auslegung bestimmen müssten.528 bb) So ist der Streit zwischen subjektiver und objektiver Gesetzesanwendung folgendermaßen beizulegen. Während der Objektivist anerkennen muss, dass die Entstehungsgeschichte des Gesetzes keineswegs irrelevant ist, muss der Subjektivist zugestehen, dass das Gesetz vom Rechtsanwender den aktuellen Bedürfnissen angepasst werden kann.529 Da im vorliegenden Fall mit der teleologischen Reduktion des § 241a Abs. 1 BGB aber gerade keine Anpassung an veränderte Bedingungen erfolgen soll, sondern eine offene Korrektur der gesetzgeberischen Absicht vorgenommen wird, ist die Bestimmung eines abweichenden objektiven Gesetzeszweckes nicht möglich.530
527 Kramer, Methodenlehre, S. 103 m.w. N. in Fn. 310, wonach die Intensität des historischen Verständnisses „. . . mit Zeitablauf . . .“ schwindet; Gruber JuS 2002, 1066, 1069 re. Sp. 528 BGHZ 46, 74, 80; so auch BGHZ 37, 58, 61; BGHSt 2, 99, 103 f.; ähnlich BGHSt 14, 116, 119 f.; zurückhaltender BVerfGE 11, 126, 130: „. . . nur mit einer gewissen Zurückhaltung, in der Regel bloß unterstützend, zu verwerten.“; BVerfGE 1, 299, 312; BGHZ 33, 321, 330. 529 Kramer, Methodenlehre, S. 101; Sosnitza JA 2000, 708, 709 li. Sp.; Köhler, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 13, 18; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 41; Engisch, Einführung, S. 121 Fn. 47. 530 Engisch, Einführung, S. 121 Fn. 47, These 3; Gruber JuS 2002, 1066, 1069 re. Sp.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
3. Totalkorrektur des § 241a BGB Da eine teleologische Reduktion des § 241a Abs. 1 BGB schon aus grundsätzlichen methodischen Erwägungen ausscheidet, kann eine Nichtanwendung der Vorschrift hinsichtlich des Herausgabeanspruches nur durch eine Totalkorrektur der Norm erreicht werden. Eine solche Totalkorrektur hat aufgrund der mit ihr verbundenen weitreichenden Konsequenzen nur einen eingeschränkten Anwendungsbereich. Sie wird beispielsweise angewandt, wenn durch den Wandel der Normsituation einer ursprünglich vernünftig erscheinenden Norm nachträglich die Grundlage entzogen wird.531 Dies ist nur dann der Fall, wenn der ursprüngliche Zweck unerreichbar oder gegenstandslos geworden ist.532 Dieser Gedanke kann auch auf eine von Anfang an zweckwidrige Norm übertragen werden,533 da die Maxime aus dem Willkürverbot fließt und dadurch generelle Anwendung beansprucht.534 Es kann keinen Unterschied machen, ob die Zweckwidrigkeit bereits zu Beginn der Normgeltung besteht oder erst nachträglich durch die Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse eintritt. Zu bedenken ist jedoch, dass bei der Totalreduktion der letzte und dramatischste Fall eines Gesetzes vorliegt, das infolge eines schweren Verstoßen gegen die Rechtsidee der Rechtsqualität entbehrt.535 Aufgrund der durch eine Norm zu gewährleistenden Rechtssicherheit genügt es nicht schon dann, wenn das positive Recht inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig erscheint. Nur dann, wenn der Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht, hat das Gesetz als unrichtiges Recht zu weichen.536 Die weitere Anwendung der Norm muss geradezu einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zur Folge haben.537 Eine solche Situation kann sich ergeben, wenn eine Norm gerade nur im Hinblick auf bestimmte Verhältnisse erlassen wurde, die von Anfang an nicht bestanden oder nun nicht mehr bestehen. Diese wegen des gravierenden Einschnittes in die Geltung einer Norm notwendigen Voraussetzungen liegen im Fall des § 241a BGB nicht vor. Zwar mag der Zweck des § 241a BGB als einer zivilrechtlichen Vorschrift einigen Vertretern in der Literatur unerwünscht sein.538 Er führt aber nicht dazu, dass 531 Larenz, Methodenlehre, S. 350 f.; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 171; Bydlinski, Methodenlehre, S. 375; MünchKomm-Säcker Einl. Rn. 129: „Cessante legis ratione cessat lex ipsa.“ 532 Larenz, Methodenlehre, S. 351. 533 Kruis JuS 2001, 831, 832 re. Sp. 534 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 171. 535 Bydlinski, Methodenlehre, S. 375. 536 Radbruch SüddJZ 1946, 105, 107 li. Sp.: „Radbruchsche Formel“; Kramer, Methodenlehre, S. 171, Fn. 595 m.w. N. 537 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 171.
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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die Anwendung des Gesetzes völlig zweck- und sinnlose Ergebnisse liefert.539 Wie oben herausgearbeitet, ist das Argument, dass eine Vorschrift aufgrund ihres Sanktionscharakters nicht ins BGB gehört, untauglich zur Begründung dieses Ergebnisses.540 Ausgeschlossen ist damit die Aufrechterhaltung des Vindikationsanspruches541 und erst recht der Vorschlag von Flume, die Vorschrift des § 241a BGB insgesamt zu streichen und, solange dies nicht geschehen ist, als pro non scripto zu behandeln.542 4. Einschränkung des Anwendungsbereiches auf wettbewerbswidriges Verhalten Scheidet dem obigen Ergebnis folgend eine generelle Aufrechterhaltung des Vindikationsanspruches aus, stellt sich dennoch die Frage, ob nicht zumindest die Fallgruppe der lauteren Erbringung unbestellter Leistungen zu einer teleologischen Reduktion des Anwendungsbereiches führt. Nach den Vertretern dieser Auffassung sei es nicht gerechtfertigt, den umfassenden Anspruchsausschluss des § 241a Abs. 1 BGB anzuwenden, wenn der Unternehmer bei der Erbringung der Dienstleistung nicht wettbewerbswidrig gehandelt habe.543 Grund für diese Annahme sei die Tatsache, dass § 241a BGB der Verhinderung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens dienen solle.544 Liege ein solches dagegen nicht vor, dann sei aus dem Zweck des Gesetzes heraus eine Einschränkung geboten, da ansonsten Handlungen umfasst würden, die nicht gegen § 1 UWG verstießen. Trotz des gemeinsamen Ausgangspunktes besteht Uneinigkeit hinsichtlich der Umsetzung der gezogenen Schlussfolgerung. Während Heinrichs eine teleologische Reduktion dergestalt vornimmt, dass der § 985 BGB erhalten bleibt, im Übrigen aber alle gesetzlichen Ansprüche durch § 241a BGB ausgeschlossen werden,545 möchte Berger die Wettbewerbswidrigkeit als Tatbestandsmerkmal des § 241a Abs. 1 BGB einfügen.546 Zusätzlich verlangt Berger, dass die unbestellte Lieferung innerhalb eines darauf ausgerichteten Vertriebssystems erfolgt.547 538
Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp. Larenz, Methodenlehre, S. 351. 540 Siehe oben 2. Kapitel F; so auch Schäfer AcP 202 (2002), 397, 428 f. 541 So aber Bülow/Artz NJW 2000, 2049, 2056 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1605 ff.; Deckers NJW 2001, 1474 re. Sp.; Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 7; Härting, Fernabsatzgesetz, Einl. Rn. 92. 542 Flume ZIP 2000, 1427, 1429 li. Sp. 543 Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4; Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp. 544 BT-Drs. 14/2658, S. 46 re. Sp. 545 Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4. 546 Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp. 539
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Ohne Berücksichtigung der weiteren Voraussetzungen, ist die von Heinrichs vorgeschlagene Reduktion aus grundsätzlichen Erwägungen abzulehnen. Sie bezieht sich nur auf die Lieferung und benachteiligt deshalb unbestellte sonstige Leistungen gleichheitswidrig. Ist der behauptete Zusammenhang von wettbewerbsrechtlicher Beurteilung und § 241a BGB richtig, dann kann dies nicht von der Art der erbrachten Leistung abhängen. Ansonsten würde der lauter liefernde Unternehmer seine Sache über § 985 BGB zurückerhalten, wohingegen der eine sonstige Leistung erbringende Unternehmer zum Beispiel keinen Wertersatz für die Dienstleistung gem. § 818 Abs. 2 BGB verlangen könnte. Vor diesem Hintergrund kann sich nur die Frage nach einer generellen Einschränkung des Tatbestandes durch das Erfordernis der Wettbewerbswidrigkeit der Lieferung oder sonstigen Leistungserbringung nach dem Vorschlag von Berger stellen.548 Die Verknüpfung des § 241a Abs. 1 BGB mit der wettbewerbsrechtlichen Bewertung wirft die grundsätzliche Frage nach dem Verhältnis von Bürgerlichen Recht und Wettbewerbsrecht auf. Bei dieser Fragestellung kann es aber nicht nur darum gehen, die Einwirkungen des Wettbewerbsrechts auf das Bürgerliche Recht zu untersuchen, vielmehr muss ebenso das umgekehrte Verhältnis dargestellt werden. Schließt nämlich § 241a BGB aufgrund einer möglichen abschließenden Regelung der Fallgruppe der Zusendung unbestellter Waren im Zivilrecht eine zusätzliche wettbewerbsrechtliche Beurteilung aus, dann ist eine Verknüpfung des zivilrechtlichen Tatbestandes mit der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung schon aus logischen Gründen abzulehnen. a) Wirkung des Wettbewerbsrechts auf das Bürgerliche Recht Der Gesetzgeber hat die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs überwiegend mit den Mitteln des Privatrechts organisiert. Das Wettbewerbsrecht ist deshalb ein Sonderprivatrecht.549 Grundsätzlich kann deshalb ein und dieselbe Handlung sowohl wettbewerbsrechtliche als auch bürgerlichrechtliche Abwehrund Ersatzansprüche auslösen, so dass sich die Frage der Konkurrenz der beiden Rechtsgebiete stellt. Eine Einschränkung dieser weitreichenden Problematik ergibt sich aber daraus, dass eine Konkurrenz der Normkomplexe nur im Hinblick auf bestimmte Personen besteht. Nur dann, wenn Personen nach dem Wettbewerbsrecht und dem Bürgerlichen Recht anspruchsberechtigt sind, kommt es zu einer Überschneidung der Rechtsbehelfe. Aufgrund des eingeschränkten An547
Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp., wohl in Anknüpfung an § 312b Abs. 1 a. E.
BGB. 548
Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp. Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 40; Gloy, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 33; Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 14. 549
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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wendungsbereiches des § 241a BGB soll es im Folgenden nur insoweit um das Verhältnis von Wettbewerbsrecht und Bürgerlichem Recht gehen, als der Verbraucherschutz betroffen ist.550 Es ist grundsätzlich festzustellen, dass die Unlauterkeit von Wettbewerbshandlungen für den einzelnen Verbraucher zivilrechtlich unerheblich ist. Eine Konkurrenz zwischen Wettbewerbsrecht und Bürgerlichem Recht besteht insoweit nicht, da die Wettbewerbswidrigkeit nur durch den unmittelbar verletzten Mitbewerber und die in § 13 Abs. 2 UWG genannten Personen und Einrichtungen, nicht aber vom Verbraucher selbst geltend gemacht werden kann.551 Abgesehen von der Regelung des § 13a UWG, die jedoch nach dem Gesetzesentwurf zur Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb gestrichen werden soll,552 werden die bürgerlichrechtlichen Rechtsbehelfe des Verbrauchers durch das Wettbewerbsrecht weder ergänzt noch modifiziert.553 Weder sind die auf unlauteren Handlungen beruhenden Vertragsabschlüsse aufgrund der Wettbewerbswidrigkeit unwirksam,554 noch stellen die Wettbewerbsvorschriften Schutzvorschriften zu Gunsten des Verbrauchers gem. § 823 Abs. 2 BGB dar.555 Diese Überlegungen sprechen damit grundsätzlich gegen eine Verknüpfung einer zivilrechtlichen Vorschrift mit dem Wettbewerbsrecht. b) Wirkung des Bürgerlichen Rechts auf das Wettbewerbsrecht Während in der Literatur zu diesem Problem kaum Stellung genommen, sondern nur vereinzelt festgestellt wird, dass sich durch die Neuregelung in § 241a BGB keine Änderung der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung ergäbe,556 bieten
550 Zum Verhältnis von Wettbewerbsrecht und zivilrechtlichem Unternehmensschutz vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Allg. Rn. 130; von Gamm, Wettbewerbsrecht, 8. Kapitel Rn. 8: subsidiäre Anwendung der §§ 823 ff. BGB; Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 41 ff. m.w. N. 551 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 13 Rn. 2b; Köhler/Piper, UWG, vor § 13 Rn. 84; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, 5. Auflage, § 22, 1 (S. 339), wonach das Klagerecht der Verbraucher unbekannt ist. Daran wird auch der Entwurf eines gegen den unlauteren Wettbewerb nichts ändern BT-Drs. 15/1487, S. 22; vgl. auch RefE GRUR 2003, 298, 308 re. Sp. 552 BT-Drs. 15/1487, S. 14. 553 Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 40; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. Rn. 59; a. A. Großkomm-Schünemann Einl. UWG Rn. E 90, wonach das Anfechtungsrecht gem. §§ 119, 123 BGB subsidiär gegenüber § 13a UWG ist. 554 Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 45. Etwas anderes gilt nur, wenn sich das wettbewerbliche Unrecht gerade im Vertrag perpetuiert und manifestiert, wie bei Verstößen gegen das Verbot der progressiven Kundenwerbung gem. § 6c UWG. Vgl. Köhler GRUR 2003, 265, 267 Fn. 17 m.w. N. 555 BGH GRUR 1975, 150 – Prüfzeichen; Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 42 m.w. N. 556 Casper ZIP 2000, 1602 Fn. 2.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
sich zumindest theoretisch verschiedene Möglichkeiten an, das Verhältnis der Regelungsmaterien zu bestimmen. Der § 241a BGB könnte als Ausdruck einer grundsätzlichen Missbilligung der unbestellten Leistungserbringung angesehen werden. Mit Ausnahme der in § 241a Abs. 2 und 3 BGB geregelten Fälle wäre dann bei einem Verstoß gegen § 241a Abs. 1 BGB ohne weiteres von einer Unlauterkeit auszugehen. Ein solches Verständnis könnte eine Entscheidung des OLG Köln nahe legen.557 Ein Verlagsunternehmer hatte einer Kundin neben dem abonnierten Periodikum eine nicht bestellte Sonderausgabe zugesandt. Im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzvereins stützte das Gericht seine Entscheidung unter anderem auf § 241a Abs. 3 BGB. Aufgrund der Wertung des § 241a Abs. 3 BGB könne danach die Lieferung eines unbestellten Ansichtsexemplars keinesfalls wettbewerbsrechtlich als ausnahmsweise zulässig angesehen werden. Lässt man die im Zivilrecht getroffene Wertung mit dieser Entscheidung gleichermaßen im Wettbewerbsrecht maßgeblich sein, könnte zum Beispiel die bisher zulässige unbestellte Zusendung in laufenden Geschäftsbeziehungen als wettbewerbswidrig anzusehen sein, da § 241a BGB diesbezüglich ebenfalls keine Ausnahme vorsieht.558 Umgekehrt könnte die Regelung des § 241a BGB in ihrem Anwendungsbereich als wettbewerbrechtliche Sondervorschrift angesehen werden, die eine abschließende Regelung der wettbewerbsrechtlichen Fallgruppe darstellen soll. Aufgrund der abschließenden Wirkung des § 241a BGB würde dann eine zusätzliche Beurteilung anhand des § 1 UWG nicht erfolgen.559 So hält beispielsweise das schweizerische Recht das Zusenden unbestellter Waren nicht für wettbewerbswidrig, da bereits ein wirksamer zivilrechtlicher Rechtsbehelf vorhanden sei, der den Empfänger gem. Art. 6a Satz 2 OR nicht für verpflichtet ansähe, die Sache zurückzusenden oder aufzubewahren.560 Neben diesen beiden Extrempositionen ist noch eine vermittelnde Sicht denkbar, wonach eine direkte Rückwirkung des Zivilrechts auf das Wettbewerbsrecht ausgeschlossen ist, sich eine Überprüfung der Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers im Wettbewerbsrecht aber aufgrund der Einführung des § 241a BGB abweichend beurteilt. aa) Ob eine zivilrechtliche Vorschrift die wettbewerbsrechtliche Beurteilung verändert, wird abstrakt nur dahingehend beantwortet, dass zivilrechtliche Rege557 OLG Köln 6 U 160/00 vom 26.01.2001, teilweise abgedruckt in GRUR-RR 2002, 236 f.; dazu Schöne/Vowinckel EWiR 2001, 1163 f. 558 Vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 74. 559 Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 28 Rn. 40: „So kann es . . . sein, dass Normen auf . . . allgemein zivilrechtlicher Ebene einen wettbewerbsrechtlichen Schutz überflüssig machen.“ 560 Vgl. Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 16 Rn. 40 m.w. N.
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
171
lungen regelmäßig nicht unmittelbar auf das Wettbewerbsrecht einwirkten und damit nicht die Einbeziehung oder Ausklammerung bestimmter Verhaltensweisen in den oder aus dem Anwendungsbereich des § 1 UWG zur Folge hätten.561 Damit wird aber nur die bisherige Rechtslage beschrieben. Durchaus denkbar ist aber die Schaffung einer Art wettbewerbsrechtlichen Nebengesetzes, welches Rückschlüsse auf die Wettbewerbswidrigkeit einer Handlung zulässt.562 Eine solche Verknüpfung ist durch die Einführung des § 241a BGB aber nicht beabsichtigt gewesen. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle § 241a BGB nur die zivilrechtlichen Rechtsfolgen eines im Übrigen wettbewerbswidrigen Verhaltens bestimmen, um die bisher umstrittene bürgerlich-rechtliche Diskussion zu begradigen.563 Der Gesetzgeber gibt durch diese Erwägungen zu erkennen, dass die wettbewerbsrechtliche Rechtslage unberührt bleiben soll.564 Zwar besteht durch die Fallgruppe des Vorsprungs durch Rechtsbruch eine Verknüpfung von außerwettbewerblichen Verhaltenspflichten und dem Wettbewerbsrecht, so dass der planmäßige Verstoß gegen zivilrechtliche Vorschriften die Wettbewerbswidrigkeit begründen kann.565 Daraus kann aber kein Bedingungszusammenhang konstruiert werden.566 Wettbewerbswidrigkeit im Sinne von § 1 UWG kann nicht mit Gesetzeswidrigkeit gleichgesetzt werden.567 Zwar setzt die Fallgruppe den Verstoß gegen außerwettbewerbsrechtliche Pflichten als Tatbestandsmerkmal voraus, betrifft aber genuin wettbewerbsrechtliche Fragestellungen, die den Rechtsbruch lediglich als einen Indikator für eine besondere Schutzwürdigkeit ansehen.568 bb) Zu bedenken ist weiterhin, dass die Rechtsfolgen im konkreten Fall verschieden sind, so dass eine abschließende Wirkung des § 241a BGB zulasten des Wettbewerbsrechts willkürlich wäre.569 So könnte sich der durch das wettbewerbswidrige Verhalten beeinträchtigte Mitbewerber mangels Verstoßes gegen § 1 UWG nicht mehr durch das Begehren auf Unterlassung und Schadensersatz gegen seinen Konkurrenten zur Wehr setzen. Das verminderte Schutzbedürfnis 561
Ulmer WRP 1986, 445, 452 re. Sp. m.w. N.; Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 12 Rn. 16; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 59 zu Verbraucherkreditgesetz und Wettbewerbsrecht und § 1 Rn. 82 zu Haustürwiderrufsgesetz und Wettbewerbsrecht. 562 Zur abgeschafften Zugabeverordnung Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, vor § 1 ZugabeVO Rn. 16. 563 BT-Drs. 14/2658, S. 46 li. Sp. 564 BT-Drs. 14/3195, S. 33 f. zur Einführung des § 661a BGB. 565 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 609 ff.; Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 27 Rn. 1 ff. 566 Ulmer WRP 1986, 445, 452 re. Sp.; Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 28 Rn. 40. 567 Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 27 Rn. 3. 568 Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 28 Rn. 40 für Fallgruppe des Vertragsbruches. 569 A. A. Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 28 Rn. 40.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
des Verbrauchers ist aber nur eine Wirkung des § 241a BGB, wohingegen die Mitbewerber auch weiterhin Rechtsschutz gegen diese Form des Vertriebs in Anspruch nehmen können sollen. Sicherlich ist die Überlegung der Mitbewerber zu bedenken, auf eigene Rechtsmittel in dem Wissen zu verzichten, dass der unlauter handelnde Unternehmer wirtschaftlich gesehen nur schwer geldwerte Vorteile aus diesem Verhalten ziehen wird. Letztgenannte Wirkung des § 241a BGB hängt jedoch maßgeblich davon ab, ob sich Verbraucher auf die Norm berufen. Voraussetzung ist immer eine Kenntnis der Regelung, was eine entsprechend umfassende Aufklärung voraussetzt. Insoweit ist das durch die Irrtumsregelung des § 241a Abs. 2 BGB geschaffene Missbrauchspotential zu Gunsten der Unternehmer zu berücksichtigen,570 welches ein Mitkonkurrent aufgrund seiner umfassenderen Informationsbeschaffung im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage besser ausräumen kann. cc) Da ein direkter Zusammenhang ausscheidet, könnte aufgrund folgender Überlegungen ein indirekter Zusammenhang angenommen werden. Der Richter hat bei der Konkretisierung der Generalklausel des § 1 UWG sämtliche jeweils betroffenen Interessen einschließlich der des Verbrauchers zu berücksichtigen, um den Verstoß gegen die guten Sitten festzustellen.571 Da gerade in der Fallgruppe der Zusendung unbestellter Waren die intensive Beeinträchtigung der Privatsphäre des Empfängers ein maßgebliches Kriterium bei der Beurteilung der Unlauterkeit ist,572 könnte aus der Wirkung des § 241a BGB eine verminderte Schutzbedürftigkeit der zu berücksichtigenden Verbraucherinteressen resultieren. Zwar stellt die Zusendung unbestellter Waren weiterhin eine Belästigung dar, da der Empfänger genötigt wird, die Ware entgegenzunehmen. Es entfällt aber der psychische Druck, über den Verbleib der Ware entscheiden zu müssen, da sich der Empfänger ihrer entledigen kann. Bislang glaubte der Laie oft, er sei zur Rücksendung verpflichtet oder müsse aus rechtlichen oder doch moralischen Gründen die Ware bezahlen.573 Trotz dieser Entlastung ist der Empfänger aber auch weiterhin genötigt, die Leistung insbesondere bei der Zusendung entgegenzunehmen, zu öffnen und sich Gedanken darüber zu machen, wie er mit der Leistung verfahren will. Diese grobe Belästigung wird durch den § 241a BGB nicht ausgeräumt. Insofern ist weiterhin eine uneingeschränkte Wirkung des Lauterkeitsrechts sicherzustellen. dd) Bezogen auf die Frage nach den Auswirkungen des § 241a BGB auf die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der unbestellten Leistungserbringung ist fest570 Wendehorst DStR 2000, 1311, 1317 li. Sp.: Lieferung mit Auftragsbestätigung an einen Dritten. 571 Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, 5. Auflage, § 3, 3 (S. 14); Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, Einl. Rn. 83. 572 Gloy-Jacobs/Hasselblatt, Wettbewerbsrecht, § 50 Rn. 56; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 72. 573 Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183.
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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zustellen, dass eine direkte Verknüpfung mit § 1 UWG nicht vorliegt. Keinesfalls hat das Vorliegen des Tatbestandes des § 241a BGB einen Verstoß des Unternehmers gegen § 1 UWG zur Folge, da Zivil- und Wettbewerbsrecht unterschiedliche Zwecke verfolgen.574 Die umgekehrte Wirkung, dass eine mit § 241a BGB in Einklang stehende Vertriebsmethode in keinem Fall dem § 1 UWG unterfallen kann, ist nicht gegeben. Weiterhin führt § 241a BGB nicht zu einer abweichenden Abwägung der Interessen in § 1 UWG.575 Der Verbraucherschutz bei der Bewertung von Fällen der unbestellten Leistungserbringung im Rahmen des § 1 UWG kann aufgrund des Bestandes des § 241a BGB nicht als weniger schutzwürdig angesehen werden. c) Teleologische Reduktion des § 241a BGB durch Anbindung an die wettbewerbsrechtliche Beurteilung Da eine direkte Verknüpfung der Regelung des § 241a BGB mit dem Wettbewerbsrecht nicht vorliegt und damit die wettbewerbsrechtliche Beurteilung durch Schaffung der Vorschrift nicht verändert wurde, stellt sich die bereits aufgeworfene Frage einer teleologischen Reduktion des § 241a BGB. Nach dieser Auffassung sollen damit nur wettbewerbswidrige Verhaltensweisen den Anspruchsausschluss auslösen.576 Nach der Entstehungsgeschichte des § 241a BGB betrifft dieser ausnahmslos ein wettbewerbswidriges Verhalten.577 Nach den Gesetzesmaterialien soll § 241a BGB sicherstellen, dass den Empfänger unbestellter Waren oder sonstiger Werk- und Dienstleistungen, die zum Zwecke der wettbewerbswidrigen Anbahnung erbracht worden sind, keine Verpflichtung trifft.578 Gerade § 985 und § 812 BGB werden als angemessene Sanktion des Wettbewerbsverstoßes ausgeschlossen.579 Demzufolge wollte der Gesetzgeber die bereits bestehende Unzulässigkeit nach dem Wettbewerbsrecht zivilrechtlich unterlegen.580 Da das Gesetz nicht mehr sagen dürfen soll, als es meint, erscheint eine Restriktion möglich.581 Dazu ist zuerst das Ausmaß der Abweichung von zivilrechtlicher Rechtslage und Wettbewerbsrecht zu ermitteln. Im Anschluss daran ist eine Auslegung des Wortlautes vorzunehmen, denn negative Voraussetzung 574
Ulmer WRP 1986, 445, 453 li. Sp. A. A. Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 28 Rn. 40. 576 Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp.; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 12, 5 (S. 155). 577 BT-Drs. 14/2920, 14 li. Sp.: „Dieses Aufdrängen von Angeboten ist bereits nach derzeitiger Rechtslage nicht zulässig.“ 578 BT-Drs. 14/2658, 46 li. Sp. 579 BT-Drs. 14/2658, 46 re. Sp. 580 BT-Drs. 14/3195, 33 f. 581 Fikentscher, Methoden IV, S. 311. 575
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
einer Restriktion ist zunächst, dass eine Auslegung ausscheidet, weil der zu entscheidende Fall eindeutig vom Wortsinn der Rechtsnorm erfasst ist.582 aa) Bewertung der Erbringung unbestellter Leistungen im Wettbewerbsrecht Die Zusendung unbestellter Waren und die Erbringung unbestellter Dienstleistungen werden im Regelfall als unzulässige – so genannte anreißerische – Werbung betrachtet.583 Sie stellen in der Regel eine grobe Belästigung des Empfängers dar, die nach § 1 UWG unzulässig ist.584 (1) Als ausnahmsweise zulässig wird diese Verkaufspraktik nur dann angesehen, wenn der Leistungserbringer aufgrund der Geschäftsbeziehung Anlass zu der Annahme habe, dass dem Empfänger eine unverlangte Sendung erwünscht sei. Dies könne vor allem in einer laufenden Geschäftsverbindung der Fall sein.585 Das Verbot des § 1 UWG beziehe sich nur auf die Zusendung von unverlangten und unbestellten Waren.586 Wenn der Empfänger mit dem Versender in laufender Geschäftsverbindung stehe und dieser solche Warensendungen im Rahmen des Kundendienstes erwarte, könne von unverlangten Sendungen keine Rede sein.587 So seien Bücheransichtsendungen der Verlage und Sortimenter an ihre Kunden wettbewerbsrechtlich zulässig, wenn der Zusender davon ausgehen könne, dass dies dem Interesse oder gar dem Wunsch des Kunden entspreche.588 (2) Eine weitere Ausnahme von der grundsätzlichen Wettbewerbswidrigkeit wird dann angenommen, wenn der Empfänger bei Erhalt der Sendung einer geringwertigen Sache eindeutig darauf hingewiesen werde, dass ihn weder eine Zahlungsnoch eine Aufbewahrungspflicht träfe und er sich daher nicht zu scheuen brauche, die Ware auch ohne Bezahlung zu vernichten oder zu verbrauchen.589 (3) Obwohl es bei der Beurteilung der Ausnahmen im Einzelfall darauf ankommt, ob aufgrund der besonderen Verhältnisse ausnahmsweise keine nennenswerte Belästigung vorliegt,590 hat die Rechtsprechung darüber hinausgehende Ausnahmen bisher nicht anerkannt. Deshalb hängt die Beantwortung der Frage,
582
Schmalz, Methodenlehre, Rn. 343. St. Rspr. BGH GRUR 1959, 277, 278 f. – Künstlerpostkarten; BGH GRUR 1992, 855, 856 – Gutscheinübersendung. 584 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 72. 585 St. Rspr. BGH GRUR 1960, 382, 384 re. Sp. – Verbandstoffe; BGH GRUR 1966, 47, 48 f. – Indicator; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 187; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 74. 586 BGH GRUR 1960, 382, 384 re. Sp. – Verbandstoffe. 587 BGH GRUR 1960, 382, 384 re. Sp. – Verbandstoffe. 588 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 74. 589 BGH GRUR 1959, 277 ff. – Künstlerpostkarten. 590 BGH GRUR 1966, 47, 49 li. Sp. – Indicator. 583
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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ob § 241a BGB den Interessenkonflikt bereits in Übereinstimmung oder abweichend von der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung der Fallgruppe regelt, maßgeblich von der zutreffenden Einordnung dieser angesprochenen Ausnahmekonstellationen in § 241a BGB ab. Gelingt es die bestehenden Möglichkeiten einer Abweichung der zivilrechtlichen von der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung zu verhindern, besteht keine Notwendigkeit für eine teleologische Reduktion. Der Fall, dass § 241a BGB entgegen der Ansicht des Bundestages auch Werbemaßnahmen erfasse, die nicht gegen § 1 UWG verstoßen, wäre dann nicht zutreffend.591 bb) Behandlung der nach Wettbewerbsrecht zulässigen unbestellten Leistungserbringung in § 241a BGB Die eine teleologische Reduktion befürwortende Literaturansicht geht davon aus, dass § 241a BGB die oben angeführten, ausnahmsweise zulässigen Wettbewerbshandlungen nicht zutreffend behandele, da diese ebenso wie die wettbewerbswidrige Erbringung unbestellter Leistungen tatbestandlich erfasst würden.592 Im Folgenden wird zu untersuchen sein, ob die Diskrepanz zwischen bürgerlich- und wettbewerbsrechtlicher Beurteilung tatsächlich besteht. (1) Unproblematisch zu lösen ist die letztgenannte Fallgruppe der unbestellten Zusendung einer geringwertigen Sache unter ausdrücklichem Hinweis auf die fehlende Zahlungs- und Aufbewahrungspflicht.593 Unter Berücksichtigung des § 241a BGB stellt diese Konstellation kein Problem dar, da der Verbraucher die Sache gerade mit dem Willen des Unternehmers verbrauchen oder vernichten kann. Man wird die Erklärung des Unternehmers als Eigentumsaufgabe oder zumindest als Einwilligung in die Verwendung der Leistung ansehen, welche Ansprüche aus §§ 989, 990 BGB ausschließt. Somit entspricht die Wirkung des § 241a BGB in dieser Situation dem Willen des Unternehmers, der seine gelieferte Sache nicht zurückerlangen möchte. (2) Entscheidend ist somit der Fall, der wettbewerbsrechtlich mit dem Begriff der laufenden Geschäftsverbindung umschrieben wird.594 (a) Der Topos der laufenden Geschäftsverbindung dient nur der plastischen Beschreibung einer häufig auftretenden Erscheinungsform der ausnahmsweise zulässigen unbestellten Leistungserbringung. Eigentlicher Grund für den Ausschluss der Wettbewerbswidrigkeit ist die dem Interesse und dem Willen des 591
Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4. Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp.; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4. 593 BGH GRUR 1959, 277 ff. – Künstlerpostkarten. 594 BGH GRUR 1960, 382, 384 re. Sp. – Verbandstoffe; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 74. 592
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Empfängers entsprechende Leistungserbringung.595 Dieses Faktum wird von der Rechtsprechung trotz der fehlenden Bestellung als ausreichend angesehen, um eine Wettbewerbswidrigkeit abzulehnen. Maßgeblich sei, ob der Absender davon ausgehen könne, dass dem Kunden eine unbestellte Zusendung erwünscht sei.596 In seinen Entscheidungen stellt der BGH in dieser Fragestellung regelmäßig darauf ab, ob der Empfänger die Warensendung im Rahmen des Kundendienstes erwarte597 oder zumindest der Unternehmer von einer solchen Erwartung des Empfängers ausgehen könne.598 Damit ist der Grund für die Rechtmäßigkeit einer unbestellten Leistungserbringung bezeichnet. Es geht darum, dass eine dem Empfängerwillen oder dessen Interesse entsprechende Leistungserbringung nicht wettbewerbswidrig ist.599 (b) Derselbe Gedanke liegt aber auch der im Hinblick auf die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag durchgeführten teleologischen Reduktion zu Grunde.600 So wollen die §§ 677 ff. BGB eine Partei vor der unbefugten und unerwünschten Einmischung in ihre Angelegenheiten schützen.601 Dass dieser Gedanke nicht nur in den engen Grenzen der Begründung von Ansprüchen aus der berechtigten Geschäftsführung Geltung beansprucht, zeigen die eben dargestellten Argumentationsmuster des BGH. So ist ein Eingriff in die Rechte einer Partei nicht nur beim Vorliegen der Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag gerechtfertigt. Ausreichend ist bereits, dass die Interessen und der Wille des Beeinträchtigten nicht entgegenstehen. Zwar greift die darüber hinausgehende Schadloshaltungsfunktion der Geschäftsführung ohne Auftrag nur ein, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen wie beispielsweise die Besorgung eines fremden Geschäfts mit Fremdgeschäftsführerwillen.602 Eine Rechtfertigung des auch deliktischen Eingriffs liegt aber schon dann vor, wenn den Interessen und dem Willen des Empfängers nicht widersprochen wird. Diese Annahme wird mit dem Begriff des mutmaßlichen Einverständnisses umschrieben. Sowohl im Wettbewerbsrecht603 – als Sonderdeliktsrecht604 – als auch im allgemeinen Deliktsrecht führt das Vorliegen eines mutmaßlichen Einverständnisses zur Rechtmäßigkeit der Handlung.605
595
Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 187. Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 187; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 74. 597 BGH GRUR 1960, 382, 384 re. Sp. – Verbandstoffe. 598 BGH GRUR 1966, 47, 48 f. – Indicator; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 187; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 74. 599 Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183 a. E. 600 Siehe oben 3. Kapitel F II 1. 601 Einerseits Staudinger-Wittmann (1995) Vorbem. zu § 677 ff. Rn. 10; JauernigVollkommer Vor § 677 Rn. 2; andererseits BT-Drs. 14/2920, S. 14 li. Sp. 602 Staudinger-Wittmann Vorbem. zu §§ 677 ff. Rn. 6. 603 Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 187; Berger Jus 2001, 649, 652 re. Sp. 596
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(c) Zu Unrecht werden diese Fragestellungen in der Literatur getrennt behandelt. Während sich einige Vertreter dem § 241a BGB ausschließlich vom Wettbewerbsrecht annähern,606 gehen andere auf die Konsequenzen einer willens- und interessengerechten Leistungserbringung im Rahmen des § 241a BGB nur unter dem Gesichtspunkt der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag ein.607 Eine dem Willen oder dem Interesse des Verbrauchers entsprechende Leistungserbringung ist aber weder wettbewerbswidrig608 noch stellt sie nach obiger Argumentation eine unbestellte Leistungserbringung nach § 241a Abs. 1 BGB dar. cc) Ergebnis Mit der im Hinblick auf eine interessen- und willensgemäße unbestellte Leistungserbringung durchgeführten teleologische Reduktion des § 241a Abs. 1 BGB609 lassen sich die ausnahmsweise gem. § 1 UWG zulässigen Fälle im Rahmen des § 241a BGB angemessen lösen. Demnach führt der eine Leistung rechtfertigende Gedanke der interessen- und willensgemäßen Handlung, der sowohl der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag als auch dem mutmaßlichen Einverständnis in einen deliktischen Eingriff zu Grunde liegt, zu einer teleologischen Reduktion des § 241a BGB. Insofern werden Ergebnisse erzielt, die den Vorschlägen von Berger und Heinrichs entsprechen.610 Abweichend von diesen werden aber die Unsicherheiten der Einfügung des Tatbestandsmerkmals der Wettbewerbswidrigkeit und des Erfordernisses, dass die unbestellte Lieferung innerhalb eines darauf ausgerichteten Vertriebssystems erfolgen solle,611 vermieden. Die Anwendung des § 241a Abs. 1 BGB mit der wettbewerbsrechtlichen Abwägungsentscheidung der Generalklausel des § 1 UWG anzureichern, ist aus den genannten Gründen nicht erforderlich. 5. Sonstige Gründe für einen Ausschluss des Herausgabeanspruches Neben dem Vorschlag, § 985 BGB generell der Rechtsfolgenanordnung des § 241a BGB zu entziehen612 oder den Anspruchsausschluss an die Wettbewerbswidrigkeit zu knüpfen,613 werden in der Literatur noch abweichende Vor604 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 4. Kapitel Rn. 11; Köhler/Piper, UWG, Einl. 39; kritisch Großkomm-Schünemann Einl. E 64. 605 Deutsch, Haftungsrecht, Rn. 283; MünchKomm-Mertens § 823 Rn. 43. 606 Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp.; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4. 607 Hau NJW 2001, 2863 ff.; andeutungsweise auch Casper ZIP 2000, 1602, 1605, Fn. 26. 608 Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183 a. E., 187. 609 Siehe oben 3. Kapitel F II 1. 610 Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp.; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4. 611 A. A. Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
aussetzungen für eine Aufrechterhaltung des Herausgabeanspruches formuliert. Auf diese soll im Folgenden eingegangen werden. Während nach Deckers der Herausgabeanspruch dann nicht ausgeschlossen sein soll, wenn der Unternehmer innerhalb angemessen kurzer Frist zur Abholung bereit sei,614 werden nach Schulze die Herausgabeansprüche aus § 985 und § 812 BGB dann nicht von § 241a BGB erfasst, wenn der Verbraucher die Sache ohne Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange herausgeben könne und der Unternehmer sie auf eigene Kosten abhole.615 Neben den oben genannten methodischen Bedenken in Bezug auf die Leistungsfähigkeit der teleologischen Reduktion bei einer wesentlichen Änderung der Norm spricht hier das Argument der Rechtssicherheit gegen die Restriktion. Voraussetzung einer teleologischen Reduktion ist nicht nur, dass eine Vorschrift Fälle umfasst oder Folgen herbeiführt, die vom Gesetzgeber nicht erkannt worden sind, sondern auch, dass nicht das Erfordernis der Rechtssicherheit in Form des Stabilitätsinteresses an einer Norm entgegensteht.616 Gerade die Einfügung von unsicheren Kriterien wie der Voraussetzungen, dass der Unternehmer innerhalb angemessen kurzer Frist zur Abholung bereit sei617 oder der Verbraucher ohne Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen tatsächlichen und rechtlichen Belange die Sache herausgeben könne und der Unternehmer sie auf eigene Kosten abhole,618 bergen eine erhebliche Rechtsunsicherheit für den Empfänger. Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe stellen zwar ein bewährtes Regelungsinstrument im bürgerlichen Recht dar,619 begründen aber das Risiko, den Gedanken der Rechtssicherheit zu Gunsten einer am Einzelfall orientierten Billigkeitsjustiz zu vernachlässigen.620 Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn der in dieser Frage eindeutige Wortlaut, der die Rechtssicherheit verkörpert,621 durch einen unbestimmten Rechtsbegriff ersetzt wird. Der einzelne Verbraucher kann selbst bei Kenntnis der Kriterien nicht mehr zuverlässig bestimmen, wann er einem Herausgabeanspruch und damit einhergehend einer möglichen Schadensersatzpflicht nach §§ 990 Abs. 1, 989 BGB ausgesetzt ist. 612 Bülow/Artz NJW 2000, 2049, 2056 re. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1605 ff.; Deckers NJW 2001, 1474 re. Sp.; Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 7; Härting, Fernabsatzgesetz, Einl. Rn. 92. 613 Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4; im Ergebnis auch Berger JuS 2001, 649, 652 re. Sp. 614 Deckers NJW 2001, 1474 re. Sp. 615 Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 7. 616 Enneccerus/Nipperdey, AT 1/1, § 59 I (S. 346); Schmalz, Methodenlehre, Rn. 344. 617 Deckers NJW 2001, 1474 re. Sp. 618 Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 7. 619 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 3 Rn. 96. 620 Staudinger-Coing (1995) Einl. zum BGB Rn. 72. 621 Honsell in: FS für Mayer-Maly, S. 369, 371.
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IV. Wirkung des § 241a BGB auf die materielle Rechtslage Gelangt man mit den obigen Erörterungen zu einem umfassenden Ausschluss der gesetzlichen Ansprüche mit Ausnahme derer aus einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, wird das Eigentum als das umfassendste aller Rechte622 weitgehend entwertet. Sowohl der Besitz als auch die Nutzungs- und Verfügungsbefugnis sind dauerhaft dem Verbraucher zugewiesen.623 Stellt man deshalb auf den Gehalt einer Rechtsposition ab, verdient eine solche die Bezeichnung als Eigentum nur dann, wenn aus ihr entsprechend weitgehende Befugnisse abgeleitet werden können. Knüpft man an den Wortlaut des § 241a Abs. 1 BGB an, dann erscheint eine Veränderung der dinglichen Zuordnung durch die Wirkung der Vorschrift ausgeschlossen.624 Die Vorschrift spricht nur davon, dass ein Anspruch nicht begründet wird. In gleicher Weise gehen die Gesetzesmaterialien von einer unbeeinflussten Eigentümerstellung des ursprünglichen Inhabers aus.625 Trotz dieses Ergebnisses versuchen Vertreter in der Literatur vom Sinn und Zweck des § 241a BGB in Verbindung mit dem Eigentumsbegriff eine Änderung der dinglichen Zuordnung abzuleiten. Nach der Auffassung von Riehm könne die Rechtsposition des Unternehmers nicht mehr als Eigentum, als das umfassendste dingliche Recht, bezeichnet werden.626 Demzufolge sei dem § 241a BGB nicht nur ein Anspruchsausschluss, sondern auch ein gesetzlicher Übergang des Eigentums zu entnehmen. Zwar widerspräche diese Interpretation nach Riehm auf den ersten Blick dem Wortlaut der Vorschrift, der lediglich vom Ausschluss gesetzlicher Ansprüche ausgehe. Diese Konstellation sei seiner Auffassung zufolge dem geltenden Recht aber nicht unbekannt. Ein solches Beispiel fände sich ebenso in Art. 16 Abs. 2 WG und Art. 21 ScheckG. Diese Vorschriften würden nach ihrem Wortlaut lediglich einen Herausgabeanspruch des früheren Wechsel- bzw. Scheckinhabers ausschließen. Dennoch entnähme ihnen die überwiegende Meinung einen Eigentumsübergang auf den Erwerber.627 Mit dem gleichen Verständnis solle § 241a BGB ausgelegt werden. Der Ausschluss der gesetzlichen Ansprüche bedeute danach nichts anderes als die Anordnung eines Eigentumsüberganges. Durch diese Auslegung des Wortlautes solle ein Gleichlauf von dem formellen Eigentum und 622
Erman-Hagen/Lorenz Vor § 903 Rn. 2. Riehm Jura 2000, 505, 512 re. Sp. 624 Sosnitza BB 2000, 2317, 2320 li. Sp., 2322 li. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1450; Lorenz JuS 2000, 833, 841 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1606 li. Sp.; Bamberger/Roth-Grüneberg § 241a Rn. 10; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 5. 625 Vgl. BT-Drs. 14/2658, S. 46. 626 Riehm Jura 2000, 505, 512 re. Sp. 627 Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz, Art. 16 Rn. 8; Hueck/Canaris, Wertpapiere, § 8 IV 2b (S. 89). 623
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der materiellen Rechtsposition im Interesse dogmatischer Konsistenz hergestellt werden.628 Mit dem gleichen Ziel konstruiert Löhnig einen Übereignungsanspruch des Empfängers gegen den Eigentümer.629 Er geht davon aus, dass im Bürgerlichen Gesetzbuch der Grundsatz bestehe, dass der Inhaber eines dinglichen Rechts diese Rechtsposition aufgeben müsse, wenn ausgeschlossen sei, dass er sie jemals durchsetzen könne. Die rechtliche Grundlage für diese Annahme wird in einer Rechtsanalogie zu den Vorschriften §§ 886, 1169 und 1254 BGB gesehen.630 1. Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz als allgemeines Rechtsproblem Trotz des neueren gesetzgeberischen Datums des § 241a BGB handelt es sich bei dieser Fragestellung um ein altbekanntes Problem, welches dann auftritt, wenn formale Eigentümerstellung und materielle Rechtsposition auseinander fallen. Dies ist dann der Fall, wenn die Eigentümerstellung nicht mehr annährend die Rechtsbefugnisse in sich trägt, die dem Eigentum als dem umfassendsten aller Rechte631 grundsätzlich innewohnen.632 Mit großer Heftigkeit wurde und wird diese Diskussion insbesondere bei der Verjährung von dinglichen Ansprüchen geführt.633 Es erscheint somit hilfreich, die bisherige Diskussion im Folgenden zu skizzieren. So können die zu diesem Problem bereits gefundene Argumente und Ergebnisse in der gegenwärtigen Diskussion nutzbar gemacht werden. 2. Rechtsfolgen der Verjährung eines dinglichen Herausgabeanspruches Ähnlich der durch § 241a BGB herbeigeführten Situation führt die Verjährung des Herausgabeanspruches des Eigentümer einer beweglichen Sache634 dazu, dass der Eigentümer dauerhaft seine Rechte nicht mehr verwirklichen 628 Riehm Jura 2000, 505, 512 re. Sp.; so auch Honsell AJP 1992, 66 re. Sp. für Art. 6a OR vgl. Anhang II. 629 Löhnig JA 2001, 33, 35 li. Sp. 630 Löhnig JA 2001, 33, 35 li. Sp.; dazu auch Flume JherJb. 84 (1934), 340 ff. 631 Jauernig Vor § 903 Rn. 1. 632 Zum Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz bei der Interpretation des neu in das BGB eingefügten § 105a BGB vgl. Casper NJW 2002, 3425, 3428 li. Sp. 633 RGZ 138, 296, 300; Erman-Hefermehl § 194 Rn. 4; Staudinger-Peters (2001) § 221 Rn. 9; Westermann, Sachenrecht, § 51 I 2 (S. 413); Wieling, Sachenrecht I, § 1 I 3 (S. 7). 634 Der Herausgabeanspruch aus einem eingetragenen Recht an einem Grundstück verjährt gem. § 902 BGB nicht.
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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kann, wenn die Verjährungseinrede gem. § 214 Abs. 1 BGB geltend gemacht wird. Da die eingetretene Verjährung a maiore ad minus zu § 198 BGB auch zu Gunsten etwaiger Rechtsnachfolger wirkt, wird davon gesprochen, dass Eigentum und Besitz dauerhaft auseinander fallen.635 Weitgehende Einigkeit besteht in Rechtsprechung und Literatur, dass dies ein unerwünschter Zustand ist.636 Uneinig ist man sich dagegen, wie dieses Problem zu lösen ist. Die Rechtsprechung und die überwiegenden Teile der Literatur gehen davon aus, dass der Gesetzgeber den Fall, dass ein „Eigentum sine re“ bestehen kann, durch die Regelungstechnik der Verjährung von Ansprüchen – nicht dagegen von Rechten – in Kauf genommen habe.637 So wurde zur Vermeidung dieses Ergebnisses die Verjährbarkeit von dinglichen Ansprüchen an eingetragenen Rechten an einem Grundstück gem. § 902 BGB ausgeschlossen und dadurch zu erkennen gegeben, dass Gleiches bei dinglichen Ansprüchen auf bewegliche Sachen nicht erforderlich sei. Demnach müsse dieser vom Gesetzgeber gebilligte Zustand bei dinglichen Ansprüchen auf bewegliche Sachen ohne Korrektur hingenommen werden. Nach einer abweichenden Ansicht führe die Unverjährbarkeit der dinglichen Rechtsposition zwingend dazu, dass der Herausgabeanspruch entgegen § 194 Abs. 1 BGB nicht verjähre. Danach diene der Vindikationsanspruch nur der Geltendmachung der dinglichen Rechtsposition und könne nicht abweichend von dieser beurteilt werden.638 Eine Rechtsposition müsse stets die Rechtsmacht beinhalten, diese gegebenenfalls durchzusetzen zu können. Danach verjährten sämtliche dinglichen Ansprüchen entgegen § 197 Abs. 1 Nr. 1, § 194 Abs. 1 BGB nicht. Die ausdrückliche Regelung der Unverjährbarkeit von dinglichen Ansprüchen an eingetragenen Rechten gem. § 902 BGB sei eine rein deklaratorische Feststellung diese Gedankens. Nach einer weiteren Auffassung habe das dingliche Recht keinen Wert mehr, wenn der Herausgabeanspruch gegen den Besitzer verjährt sei.639 Danach entspräche es dem Sinn der Verjährungsvorschriften, im Interesse der Verkehrssi635 Das gleiche Problem besteht bei der Verjährung von Kaufpreisansprüchen einer unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sache; vgl. BGHZ 34, 191 ff.; 70, 96 ff.; abweichend Sosnitza BB 2000, 2317, 2320 m.w. N. 636 RGZ 138, 296, 300; Staudinger-Peters (2001) § 221 Rn. 9; MünchKomm-Quack § 937 Rn.1; Westermann, Sachenrecht, § 51 I 2 (S. 413); Müller, Sachenrecht, Rn. 455; Wieling, Sachenrecht I, § 1 I 3 (S. 7); zur Vermeidung des Auseinanderfallens von Eigentum und Besitz bei § 105a BGB vgl. Casper NJW 2002, 3425, 3428 li. Sp. 637 RGZ 138, 296, 300; BGH LM zu § 989 Nr. 2, Bl.1; Staudinger-Peters (2001) § 194 Rn. 19; im Ergebnis auch MünchKomm-Medicus § 985 Rn. 25; Erman-Hefermehl § 194 Rn. 4.; Palandt-Heinrichs § 194 Rn. 4. 638 Müller, Sachenrecht, Rn. 455. 639 Wieling, Sachenrecht I, § 1 I 3 (S. 7); Kegel in: FS für von Caemmerer, S. 149, 176.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
cherheit in solchen Fällen einen Eigentumserwerb durch den Besitzer anzunehmen. Konstruktiv sei den Verjährungsvorschriften entweder ein eigentumsübertragender Charakter (Versitzung)640 oder ein eigentumsentziehender Charakter (Entsitzung)641 beizumessen oder es sei in analoger Anwendung der §§ 1169, 1254 BGB ein Anspruch auf Abgabe einer Verzichtserklärung des Eigentümers zu begründen.642 3. Bewertung der Vorschläge einer dinglichen Wirkung von § 241a BGB Die obigen Vorschläge zur dinglichen Rechtslage bei Vorliegen des Anspruchsausschlusses gem. § 241a BGB sind als die Fortführung der Diskussion einer grundsätzliche Frage des Zivilrechts anzusehen, so dass vergleichbare Argumentationsmuster angewendet werden. So entspricht die Nichtanwendung der Verjährungsvorschriften auf den Herausgabeanspruch den dargestellten Versuchen, die Vorschrift des § 241a BGB teleologisch zu reduzieren und nicht auf § 985 BGB anzuwenden.643 In gleichem Maße finden die zur Wirkung der Verjährung des Herausgabeanspruches bereits existierenden Vorschläge des eigentumsübertragenden Charakters der Verjährung oder der Konstruktion eines Anspruches auf Übertragung des Eigentums ihre Entsprechung in den Darstellungen von Riehm und Löhnig, die aus den folgenden Erwägungen abzulehnen sind. a) Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber bei der Gestaltung der Eigentumsverhältnisse um Eindeutigkeit und Klarheit bemüht.644 Gerade bei einem gesetzlichen Eigentumserwerb können die Vorschriften über die Ersitzung gem. §§ 937 ff. BGB und die §§ 946 ff. BGB als Beispiel der Gesetzgebungstechnik dienen. Beide Vorschriften lassen keinen Zweifel an der dinglichen Rechtslage, indem sie ausdrücklich den Übergang des Eigentums anordnen. Diese Eindeutigkeit bei der Anordnung eines Eigentumsübergangs spricht schon formallogisch gegen die Annahme Riehms, dass der bloße Ausschluss des Herausgabeanspruches entsprechend den Vorschriften des Art. 16 Abs. 2 WG und Art. 21 ScheckG aufgrund der Zusammengehörigkeit von dinglichem Anspruch und der materiellen Rechtsposition per Gesetz zu einem Übergang des Eigentums führe. Eine solche Gleichstellung wurzelt zwar im alten deutschen Recht und wurde in Anlehnung an dieses Verständnis in Art. 16 Abs. 2 WG und Art. 21 ScheckG vorgenommen.645 Von dieser Konzeption geht aber der heutige Gesetzgeber erkennbar nicht mehr aus.646 Die Hypothese, dass 640 641 642 643 644
Wieling, Sachenrecht I, § 1 I 3 (S. 7). Kegel in: FS für von Caemmerer, S. 149, 176. Flume JherJb. 84 (1934), 340 ff. Siehe oben 3. Kapitel F III. Staudinger-Wiegand (1995) Einl. zu §§ 929 ff. Rn. 9.
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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der Gesetzgeber seinen Willen auf Übergang des Eigentums durch den Wortlaut der Norm nur unvollkommen zum Ausdruck gebracht hat, wird durch die Gesetzesmaterialien widerlegt. So wurde explizit die Wirkung des § 241a BGB auf Eigentum und Besitz dargestellt und im Gesetzgebungsverfahren diskutiert.647 Stets war nur von den verfassungsrechtlichen Wirkungen des Ausschlusses des Herausgabeanspruches die Rede.648 Weiterhin ist der deutsche Gesetzgeber gerade nicht dem Beispiel des englischen Rechts gefolgt. Dieses sah in Section 1 Unsolicited Goods and Services Act 1971 vor, dass der Empfänger nach spätestens sechs Monaten vom Zeitpunkt der Zusendung oder 30 Tage nach einer Benachrichtigung des Leistungserbringers durch den Empfänger über den Zugang der unbestellten Leistung das Eigentum an unbestellten Waren erwerben konnte.649 b) Die Annahme eines gesetzlichen Übereignungsanspruches infolge der Wirkungen des § 241a BGB in Rechtsanalogie zu den §§ 886, 1169 und 1254 BGB650 setzt das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke voraus.651 Der Begriff der Lücke weist auf eine Unvollständigkeit hin. Von Lücken eines Gesetzes kann man daher nur dann sprechen, wenn dieses für einen bestimmten Bereich eine vollständige Regelung anstrebt.652 Ob eine derartige Lücke vorliegt, ist daher vom Standpunkt des Gesetzes selbst, der zu Grunde liegenden Regelungsabsicht, dem verfolgten Zweck und dem gesetzgeberischen Plan zu beurteilen.653 Bei der wertenden Feststellung einer Lücke hat man sich entsprechend der Gesetzesauslegung der systematischen, historischen und teleologischen Auslegungskriterien zu bedienen.654 Entsprechend zu obiger Darstellung655 stellt sich in diesem Rahmen wieder das Problem des Verhältnisses von subjektiver und objektiver Auslegung.656 In Anlehnung hieran ist aber insbeson645 Kegel in: FS für von Caemmerer, S. 149, 176; Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz, Art. 16 Rn. 8. 646 Schwarz NJW 2001, 1449, 1450 li. Sp.; S. Lorenz in: FS für W. Lorenz, S. 193, 212. 647 BT-Drs. 14/2658, S. 46 re. Sp. 648 BT-Drs. 14/2920, S. 5 re. Sp.; 14/3195, S. 32 li. Sp. 649 Diese Vorschrift wurde durch die Consumer Protection (Distance Selling) Regulations 2000 (Statutory Instruments 2000/2334, Regulation 22(1), (2) aufgehoben, so dass unbestellte Waren und sonstige Leistungen nach dem 31.10.2000 nicht mehr von dieser Regelung erfasst werden. Die Erbringung unbestellter Leistung stellt nach Section 2 Unsolicited Goods and Services Act 1971 (Chapter 30) eine Ordnungswidrigkeit dar. 650 Engisch, Einführung, S. 192; a. A. Larenz, Methodenlehre, S. 383 bezeichnet dies als eine Gesamtanalogie. 651 Canaris, Feststellung von Lücken, S. 39; Kramer, Methodenlehre, S. 137; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 68; Engisch, Einführung, S. 191 f. 652 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 192. 653 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 194; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 4 Rn. 68. 654 Schmalz, Methodenlehre, Rn. 325. 655 Siehe oben 3. Kapitel F III 2 b.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
dere bei zeitnaher Gesetzgebung und eindeutiger Stellungnahme in den Gesetzesmaterialien vorrangig der Wille des Gesetzgebers zu beachten.657 Ist danach für einen bestimmten Sachverhalt eine bestimmte Rechtsfolge von der Gesetzgebungsinstanz bewusst abgelehnt worden, fehlt es jedenfalls an der Gesetzeslücke und daher an der Möglichkeit ergänzender Rechtsfindung.658 Der Gesetzgeber hat im Gesetzgebungsverfahren nur den Herausgabeanspruch ausschließen wollen und ausdrücklich auf das beim Unternehmer verbleibende Eigentum hingewiesen.659 Der Übergang des Eigentums mag aus Ordnungsgesichtspunkten rechtspolitisch erwünscht sein. Dies allein macht das Gesetz aber nicht unvollständig, sondern allenfalls verbesserungsbedürftig. aa) Im Übrigen fehlt es an der Vergleichbarkeit der Interessenlage. Wie die §§ 886, 1169 und 1254 BGB zeigen, soll eine dauerhafte Einrede nur dann zu einem Rechtserwerb führen, wenn die Rechtsposition in den Händen des formal Berechtigten keinen vernünftigen Zweck mehr erfüllen kann.660 In den zur Begründung der Rechtsanalogie genannten Vorschriften kann der Rechtsinhaber unter keinen Umständen mehr aus seinem Recht vorgehen, da gegen die zu Grunde liegende Forderung eine dauerhafte Einrede besteht. Die Inhaberschaft des dinglichen Rechts erfüllt in seiner Situation keinen Sinn mehr, sondern behindert den Eigentümer in der Rechtsausübung. bb) Anders stellt sich dagegen die Rechtsstellung des Eigentümers trotz des Ausschlusses zahlreicher Ansprüche gegenüber dem Verbraucher gem. § 241a BGB dar. Aufgrund der Rechtswirkungen des § 241a BGB kann der Verbraucher die Sache nutzen, verbrauchen oder sich ihrer entledigen. Der Eigentümer kann die Sache nicht mehr von dem Verbraucher herausverlangen oder Ansprüche aus Schadens- oder Nutzungsersatz geltend machen. Diese auf den ersten Blick bestehende Rechtlosstellung erscheint in einem anderen Licht, wenn der Verbraucher über die Ware verfügen will. Ohne die Eigentümerstellung über die Sache ist die Verfügung ohne die Einwilligung des Eigentümers gem. § 183 Satz 1 BGB nur bei Gutgläubigkeit des Erwerbers gem. § 932 BGB wirksam. Ist diese Verfügung unwirksam oder hat der Verbraucher die Ware sonst einem Dritten überlassen, dann kann der Eigentümer sie gem. § 985 BGB direkt von diesem verlangen, da § 241a BGB nach der überwiegenden Auffassung in der Literatur kein Recht zum Besitz geben 656 Engisch, Einführung, S. 121 Fn. 47; Zippelius, Methodenlehre, § 4 II; Kramer, Methodenlehre, S. 90 ff. m.w. N. 657 Schmalz, Methodenlehre, Rn. 248, grundsätzlich zu dieser Fragestellung: Engisch, Einführung, S. 121 Fn. 47; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 149 ff. 658 Bydlinski, Methodenlehre, S. 475. 659 BT-Drs. 14/2658, S. 46 re. Sp. 660 Flume JherJb. 84 (1934), 340, 343.
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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soll.661 Weiterhin ist der Eigentümer bei der Beschädigung der Sache durch einen Dritten Inhaber des Anspruches aus § 823 Abs. 1 BGB.662 Bei einer wirksamen unentgeltlichen Verfügung kann er gem. § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB Herausgabe des Erlangten verlangen. Zwar ist die Rechtsposition des Eigentümers im Verhältnis zum Verbraucher durch § 241a BGB stark eingeschränkt. Dies gilt aber nicht für die Rechte gegenüber Dritten.
V. § 241a BGB als Recht zum Besitz Nachdem bei der bisherigen Darstellung mit der überwiegenden Ansicht in der Literatur die Frage, ob § 241a Abs. 1 BGB dem Empfänger ein Recht zum Besitz an der gelieferten Ware gibt, abgelehnt wurde,663 soll im Folgenden die Richtigkeit dieser Annahme untersucht werden. Solange der Empfänger die unbestellt gelieferte Sache in Besitz hat, ist die Frage, ob § 241a BGB dem Empfänger ein Recht zum Besitz gibt, von eher dogmatischem Interesse. Den obigen Ergebnissen folgend hat der Eigentümer, unabhängig von einem Besitzrecht des Empfängers, jedenfalls keinen Anspruch auf Herausgabe der unbestellt gelieferten Sache.664 Entscheidend ist die Beantwortung dann, wenn ein Dritter den Besitz an der Sache erlangt. Gegen diesen hat der Eigentümer grundsätzlich einen Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB. Da dem Dritten unmittelbar kein Besitzrecht gegenüber dem Eigentümer gem. § 986 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB zusteht, kann der Herausgabeanspruch nur durch ein abgeleitetes Besitzrecht gem. § 986 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. BGB ausgeschlossen sein.665 Voraussetzung eines solchen abgeleiteten Besitzrechtes ist, dass der Empfänger, von dem der Dritte sein Besitzrecht ableitet, seinerseits dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist.666 Die weiterhin im Um661 Brehm/Berger, Sachenrecht, 7.59 (S. 119); Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp.; Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 364 re. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1452; HkBGB/Schulze § 241a Rn. 8; Link NJW 2003, 2811, 2812 li. Sp.; a. A. Sosnitza BB 2000, 2317, 2323 li. Sp.; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 5; vgl. 3. Kapitel F V. 662 A. A. Wendehorst DStR 2000, 1311, 1317 li. Sp., Schwarz NJW 2001, 1449, 1453 Fn. 55 und Link NJW 2003, 2811, 2812 li. Sp., die meinen, dass die Beschädigung der unbestellten Sache durch Dritte keinen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB auslöse, da die Sache auf Grund des umfassenden Anspruchsausschlusses für den Unternehmer sowieso „wertlos“ sei. Die „Wertlosigkeit“ der Sache sollte jedoch nicht bereits als Voraussetzung postuliert werden, sondern vielmehr Ergebnis einer Prüfung der verbleibenden Ansprüche des Unternehmers sein. So auch AnwKom-Krebs § 241a Rn. 20. 663 Brehm/Berger, Sachenrecht, 7.59 (S. 119); Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp.; Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 364 re. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1452; HkBGB/Schulze § 241a Rn. 8; Link NJW 2003, 2811, 2812 li. Sp.; a. A. Sosnitza BB 2000, 2317, 2323 li. Sp.; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 5. 664 Siehe oben 3. Kapitel F III. 665 Staudinger-Gursky (1999) § 986 Rn. 3 zur Anspruchslage während der Dauer des Besitzrechts.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
kehrschluss zu § 986 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Befugnis des Empfängers, die gelieferte Sache einem Dritten überlassen zu dürfen, kann § 241a BGB entnommen werden. Da der Empfänger mit der unbestellten Sache gem. § 241a BGB nach Belieben verfahren darf,667 ist in dieser Rechtsstellung a maiore ad minus das Recht zur Überlassung an einen Dritten enthalten. Lehnt man dagegen ein Recht zum Besitz des Empfängers ab, kann der Eigentümer die Sache von einem Dritten herausverlangen.668 1. Da der von einem mittelbaren Besitzer ausgehende Wortlaut gem. § 986 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. BGB als zu eng empfunden wird, kommt es nicht darauf an, ob zwischen dem Empfänger und dem dritten Besitzer ein Besitzmittlungsverhältnis besteht. Voraussetzung ist lediglich, dass der Dritte dem Empfänger gegenüber zum Besitz berechtigt ist und dem Empfänger ein ebensolches Recht gegenüber dem Eigentümer zusteht.669 2. Da ein vertragliches Besitzrecht des Empfängers gegenüber dem Eigentümer ausscheidet, kommt nur ein gesetzliches Besitzrecht in Betracht, das durch § 241a BGB begründet wird. a) Die überwiegende Ansicht in der Literatur lehnt ein Recht zum Besitz aufgrund des § 241a Abs. 1 BGB ab.670 Dies wird damit begründet, dass § 241a BGB zwar eine Einwendung gegen den Vindikationsanspruch begründe, den Verbraucher aber nicht zum berechtigten Besitzer mache.671 Ein Recht zum Besitz gem. § 986 Abs. 1 BGB begründe Rechte oder Ansprüche des Besitzers gegen den Eigentümer, was bei § 241a BGB nicht der Fall sei.672 b) Nach Sosnitza begründet § 241a BGB dagegen ein Recht zum Behaltendürfen, aufgrund dessen der Empfänger die Sache nutzen, gebrauchen und verbrauchen darf.673 Nach seiner Ansicht stellt diese Rechtsposition des Empfängers nichts anderes als ein Recht zum Besitz i. S. des § 986 BGB dar. 3. Grundsätzlich kann ein Recht zum Besitz auf einem Vertrag, aber auch auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis beruhen.674 Neben dieser grundsätzlichen 666 Sosnitza BB 2000, 2317, 2323 li. Sp.: § 241a BGB gibt dem Empfänger ein gesetzliches Besitzrecht. 667 Siehe oben 3. Kapitel F I ff.; vgl. Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 8; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 182; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 12, 5 (S. 155); a. A. Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1605 ff. 668 Brehm/Berger, Sachenrecht, 7.59 (S. 119); Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp.; Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 364 re. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1452. 669 Staudinger-Gursky (1999) § 986 Rn. 37. 670 Brehm/Berger, Sachenrecht, 7.59 (S. 119); Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp.; Schwarz/Pohlmann Jura 2001, 361, 364 re. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1452; HkBGB/Schulze § 241a Rn. 8; a. A. Sosnitza BB 2000, 2317, 2323 li. Sp. 671 Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp. 672 Schwarz NJW 2001, 1449, 1452 li. Sp.; Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 8. 673 Sosnitza BB 2000, 2317, 2323 li. Sp.
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Feststellung besteht Uneinigkeit, ob das Recht zum Besitz ein Anspruch des Besitzers ist675 oder ob es sich um ein Herrschaftsrecht handelt.676 a) Nach der erstgenannten Ansicht ist Voraussetzung für ein Besitzrecht, dass der Besitzer aufgrund eines gegen den Eigentümer gerichteten obligatorischen Anspruchs berechtigt ist, die Sache zu besitzen.677 An dieses Verständnis knüpft die überwiegende Meinung zu § 241a BGB an.678 In der Tat kann der Empfänger aufgrund des § 241a BGB keine Ansprüche gegen den zusendenden Unternehmer geltend machen. Vor dem Zeitpunkt der Zusendung der unbestellten Sache hat der Verbraucher keinen Anspruch gegen Eigentümer. Nur wenn dem Verbraucher die Sache unbestellt zugesandt wurde, kann er mit dieser nach Belieben verfahren. b) Nach einer anderen Auffassung ist ein Recht zum Besitz durch ein Herrschaftsrecht gekennzeichnet.679 Es sei ein Recht zu einem eigenen Verhalten, nicht wie das Forderungsrecht, das ein Recht auf fremdes Verhalten darstelle.680 Danach sei lediglich erforderlich, dass nach der Rechtsbeziehung zwischen Eigentümer und Besitzer der Besitz vorübergehend oder auf Dauer dem Besitzer zustehe.681 c) Die Betonung der Beziehung des Besitzers zur Sache und die Trennung von der Frage eines Anspruches gegen den Eigentümer auf Überlassung durch die letztgenannte Auffassung sind überzeugend. Zwar entspricht die Kongruenz eines vorübergehenden oder dauerhaften Herrschaftsrechts an der Sache und eines Anspruchs gegen den Eigentümer auf Einräumung dieses Rechts in den meisten Fällen der Rechtswirklichkeit. So ist es bei den Erscheinungen wie Leihe, Miete oder Kaufvertrag nicht notwendig, die verschiedenen Ansichten abzugrenzen, da die Verträge gleichzeitig ein Herrschaftsrecht an der Sache und einen Anspruch gegen den Eigentümer begründen. Sind schuldrechtliche Vereinbarungen aufgrund einer rechtshindernden oder rechtsvernichtenden Einwendung unwirksam, dann entfallen sowohl das vereinbarte Herrschaftsrecht als auch der Anspruch gegen den Eigentümer. Dabei handelt es sich aber um eine empirische Betrachtung und nicht um eine notwendige Beschreibung des Rech674 675
Wieling, Sachenrecht I, § 12 I 3a (S. 528); Staudinger-Gursky (1999), § 986 Rn. 8. Wieling, Sachenrecht I, § 12 I 3a (S. 527 f.); Schwarz, NJW 2001, S. 1449, 1452
li. Sp. 676 Diederichsen, Recht zum Besitz, S. 9; Palandt-Heinrichs, § 194 Rn. 5; ErmanHefermehl § 194 Rn. 12. 677 Wieling, Sachenrecht I, § 12 I 3a (S. 527 f.). 678 Schwarz, NJW 2001, S. 1449, 1452 li. Sp.; Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 8. 679 Staudinger-Gursky (1999), § 986 Rn. 8; Diederichsen, Recht zum Besitz, S. 9; Palandt-Heinrichs, § 194 Rn. 5; Erman-Hefermehl § 194 Rn. 12. 680 Diederichsen, Recht zum Besitz, S. 9; Palandt-Heinrichs, § 194 Rn. 5; ErmanHefermehl § 194 Rn. 12. 681 Staudinger-Gursky (1999), § 986 Rn. 8.
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tes zum Besitz. Sicher ist es schwierig, im Bereich der obligatorischen Besitzrechte einen Fall zu bestimmen, der die theoretisch mögliche Aufspaltung in Herrschaftsrecht und Anspruch aufzeigt. Aber konstruktiv ist eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung denkbar, in der nur dieses Herrschaftsrecht von den Parteien geregelt, aber nicht gleichzeitig ein Anspruch auf Verschaffung des Besitzes begründet wird. Einer solchen Vereinbarung könnte nur schwer der Charakter eines Besitzrechtes abgesprochen werden, wenn eine Partei den Besitz in Übereinstimmung mit dem eingeräumten Herrschaftsrecht ausübt. In der Rechtsprechung des BGH werden das Recht zum Besitz und der Anspruch auf Überlassung ebenfalls getrennt betrachtet.682 Das Recht zum Besitz sei danach kein Anspruch. Es unterliege anders als der Anspruch auf Überlassung des Besitzes nicht der Verjährung.683 Selbst dann, wenn der Anspruch auf Überlassung gegen den Eigentümer nicht mehr durchsetzbar sei, bleibe das Recht zum Besitz bestehen. In diesem Fall entfalte das Schuldverhältnis nur noch sachenrechtliche Wirkungen. Die rein obligatorischen Möglichkeiten seien dagegen erschöpft.684 Da das Recht zum Besitz selbst kein Anspruch ist, kann im Umkehrschluss das Bestehen eines Anspruches nicht zur Voraussetzung des Besitzrechtes erhoben werden. Entscheidend ist damit nur, dass der Empfänger durch § 241a BGB die Befugnis erhält, mit der unbestellten Ware nach Belieben zu verfahren. Diese Herrschaftsmacht wird ihm durch die gesetzliche Regelung verliehen, was dem Verständnis des Rechtes zum Besitz nicht entgegensteht. Aufgrund dieses Rechtes zum Besitz kann der Empfänger die Sache an Dritte weitergeben. Da diese Überlassung nach dem Inhalt des § 241a BGB zulässig ist, kann der Eigentümer bei einer mit dem Willen des Empfängers erfolgenden Besitzübertragung aufgrund der Besitzrechtskette gem. § 986 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. BGB seinen Herausgabeanspruch nicht geltend machen.
VI. Ausschluss der Ansprüche bei fehlender Eigentümerstellung des Unternehmers Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der Wirkung des § 241a Abs. 1 BGB ergibt sich in dem Fall, in welchem Unternehmer und Eigentümer nicht identisch sind. In den vorangegangenen Diskussionen wurde zwar zur Vereinfachung der Darstellung von der Identität von leistendem Unternehmer und Eigentümer der Sache ausgegangen. Durch die Verbreitung des Eigentumsvorbehaltes 682 RGZ 138, 296 ff.; BGHZ 90, 269 ff. st.Rspr.; dazu Staudinger-Gursky (1999), § 986 Rn. 14. 683 Staudinger-Gursky (1999) § 986 Rn. 14; MünchKomm-Grothe § 194 Rn. 22; 195 Rn. 16. 684 Diederichsen, Recht zum Besitz, S. 9 zu RGZ 138, 296 ff.
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und der Sicherungsübereignung ist diese Annahme jedoch in einem großen Teil der von § 241a BGB erfassten Situationen nicht mit der Rechtswirklichkeit zu vereinbaren. Beim besonders häufigen Eigentumsvorbehalt wird der die Ware vertreibende Unternehmer nur aufschiebend bedingter Eigentümer bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises. Bis zum Eintritt dieser Bedingung bleibt der Vorbehaltsverkäufer Eigentümer der Ware. Versendet nun der Käufer als Unternehmer die noch dem Verkäufer gehörende Sache unbestellt an den Verbraucher, stellt sich die Frage, ob der Eigentümer der Ware ebenfalls seine Ansprüche gegen den Verbraucher gem. § 241a Abs. 1 BGB verliert, obwohl er selbst nicht unbestellt geleistet hat.685 1. Nach dem Wortlaut des § 241a Abs. 1 BGB wird durch die Lieferung unbestellter Sachen oder durch die Erbringung von unbestellten sonstigen Leistungen durch einen Unternehmer an einen Verbraucher ein Anspruch gegen diesen nicht begründet. Mit der Formulierung „gegen diesen“ wird Bezug auf den Verbraucher genommen. Nicht erwähnt wird dagegen, wessen Ansprüche von dem Ausschluss erfasst werden. Bei einer engen Auslegung des Wortlautes kann aufgrund der ausschließlichen Erwähnung des Unternehmers die Meinung vertreten werden, dass nur dessen Ansprüche erfasst sein sollen. Auf der anderen Seite ist eine weite Auslegung denkbar, die „gegen diesen“ als eine Freistellung von sämtlichen Ansprüchen und damit auch von Ansprüchen Dritter ansieht. Beide Auslegungsvarianten sind somit noch vom Wortsinn umfasst.686 2. Aus der systematischen Stellung des § 241a Abs. 1 BGB im allgemeinen Teil des Schuldrechts lassen sich keine Schlüsse hinsichtlich der Anwendbarkeit auf den dinglichen Herausgabeanspruch des Eigentümers ziehen. Aufgrund des Standortes der Vorschrift kann nur negativ formuliert werden, dass dieser nicht gegen einen solchen Ausschluss spricht. 3. Die historische Auslegung kann zu diesem Problem keine eindeutige Aussage liefern. Einerseits geht der Gesetzgeber in den Materialien erkennbar nur von dem Fall aus, dass der Unternehmer auch der Eigentümer ist. So hält es der Gesetzgeber für richtig, die Zusendung unbestellter Waren mit einem Verlust des Herausgabeanspruchs zu sanktionieren. Verfassungsrechtlich bedenklich sei diese Regelung nicht, da von der Regelung nur der Unternehmer betroffen werde, der sich bewusst über die rechtlichen Vorgaben hinwegsetze.687 Mit dem Herausgabeanspruch sei nicht nur der Kondiktionsanspruch gem. § 812 Abs. 1 BGB, sondern insbesondere der Vindikationsanspruch gem. § 985 BGB ge685 Nach Berger JuS 2001, 649, 653 re. Sp.; Brehm/Berger, Sachenrecht, 7.59 (S. 119); Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 9, 48; Matzky NStZ 2002, 458, 463 re. Sp.; Link NJW 2003, 2811, 2812 li. Sp. werden Ansprüche des Eigentümers in diesem Fall durch § 241a Abs. 1 BGB nicht ausgeschlossen; a. A. dagegen AnwKomKrebs § 241a Rn. 18. 686 A. A. Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 48. 687 BT-Drs. 14/3195, S. 32 li. Sp.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
meint. Da dessen Entzug gerade mit dem bewussten Verstoß verknüpft wird, scheint der Gesetzgeber nur die Ansprüche des zusendenden Eigentümers als erfasst anzusehen. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Ausschluss des Herausgabeanspruches gem. § 985 BGB zulasten des Unternehmers ist nur dadurch zu erklären.688 Andererseits solle eine Regelung im allgemeinen Schuldrecht geschaffen werden, die klarstelle, dass den Verbraucher keinerlei Verbindlichkeiten, d.h. weder Schadensersatz- noch Nutzungsherausgabeansprüche träfen. Deshalb werde die Freistellung ausdrücklich auf die Rückgabeverpflichtung ausgedehnt.689 Der Empfänger solle nach dem gesetzgeberischen Willen gerade von der Beantwortung der strittigen zivilrechtlichen Fragen befreit werden.690 4. Die im Weiteren anzuwendende teleologische Auslegung fragt nach Sinn und Tragweite der gesetzlichen Regelung im Hinblick auf das konkret zu lösende Sachproblem.691 Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass das Gesetz etwas Vernünftiges will.692 Dabei stehen sich insbesondere das Interesse an der Funktion der Kreditsicherungsmittel wie Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung und die Wirksamkeit des § 241a BGB gegenüber. a) So ist auf der einen Seite danach zu fragen, ob eine extensive Auslegung insbesondere den häufig anzutreffenden Eigentumsvorbehalt als Instrument der Forderungssicherung empfindlich entwertet693 und damit gegen eine solche spricht. In der Struktur wird der Eigentumsvorbehalt regelmäßig so ausgestaltet, dass der Vorbehaltskäufer gem. § 185 Abs. 1, § 183 BGB ermächtigt wird, über die Ware zu verfügen, und dafür die aus dem Verkauf entstehenden Forderung an den Vorbehaltsverkäufer im Voraus abtritt (verlängerter Eigentumsvorbehalt).694 Die Ermächtigung ist jedoch beschränkt auf eine Veräußerung im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs.695 Aufgrund dessen kann der Vorbehaltskäufer rechtsgeschäftlich nur im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs wirksam über die Sache verfügen, so dass ein gewisser Schutz des Vorbehaltsverkäufers besteht. Ein vergleichbarer Schutz vor den Wirkungen des § 241a Abs. 1 BGB ist aufgrund seiner gesetzlich angeordneten Rechtsfolgen nicht möglich. Fraglich ist nur, ob dies ein derartiges Novum darstellt, das geeignet ist, die sichernde Wirkung insbesondere des Eigentumsvorbehalts emp688
BT-Drs. 14/2658, S. 46 re. Sp. BT-Drs. 14/2658, S. 23 f. 690 BT-Drs. 14/2658, S. 46 li. Sp. 691 MünchKomm-Säcker Einl. Rn. 128. 692 Staudinger-Coing (1995), Einl. Rn. 149; Larenz, Methodenlehre, S. 333 f.; Kramer, Methodenlehre, S. 113; Bydlinski in Rummel, § 6 Rn. 20. 693 So Brehm/Berger, Sachenrecht, § 7 Rn. 59 (S. 119). 694 MünchKomm-H. P. Westermann § 455 Rn. 65, 94 ff. 695 BHGZ 10, 14, 17 f.: „Diese Bedingung gilt auch ohne besondere Abrede aufgrund der Verkehrssitte als vereinbart.“ 689
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findlich einzuschränken.696 Festzustellen ist allerdings, dass auch die bisherige Ausgestaltung des Eigentumsvorbehaltes den Eigentümer nur bedingt schützen kann. Weder besteht ein Schutz vor der wirksamen Veräußerung der Ware an einen gutgläubigen Erwerber durch den Vorbehaltskäufer gem. §§ 929, 932 BGB697 noch ist der Eigentümer vor Handlungen wie Vermischung, Vermengung,698 Verarbeitung,699 Beschädigung und Zerstörung der gelieferten Sache geschützt. Insofern ist er auf vertragliche Sekundäransprüche gegen den Vorbehaltskäufer angewiesen. Zu deren Realisierung kommt es auf die Bonität des Vertragspartners an. Dies bedeutet, dass sich auch nach bisherigem Recht der Vorbehaltsverkäufer seinen Vertragspartner genau aussuchen musste, so dass der durch eine extensive Auslegung des § 241a Abs. 1 BGB mögliche Rechtsverlust nicht weitergehend als bisher auf seine Entscheidungsfreiheit einwirken wird. b) Auf der anderen Seite würde § 241a Abs. 1 BGB durch eine restriktive Auslegung, verbunden mit dem Bestehen eines Herausgabeanspruches des Eigentümers, weitgehend leer laufen. Schon jetzt sind der Eigentumsvorbehalt und die Sicherungsübereignung im Geschäftsverkehr weit verbreitet. Durch die Aussicht auf eine Umgehung des § 241a BGB würden aber selbst dort, wo diese Sicherungsmittel bisher nicht verbreitet sind, zu Umgehungszwecken entsprechende Vereinbarungen geschlossen werden und anderweitige Übereignungen vor einer unbestellten Lieferung zunehmen. Die Vorschrift wäre durch eine enge Auslegung zumindest in der Alternative der Lieferung einer Sache wirkungslos.700 5. Besonderes Gewicht bei der Anwendung einer Norm kommt stets der verfassungskonformen Auslegung zu,701 da der Stufenbau der Rechtsordnung bedingt, dass Normen nach der Verfassung ausgelegt werden müssen.702 Wie schon oben erörtert,703 stellt der Ausschluss eine Beschränkung des Eigentumsrechts dar. Zum Schutzbereich des Art. 14 GG gehören nämlich alle vermögenswerten Rechte704 wie das Eigentum selbst und sämtliche Ansprüche und Forderungen des privaten Rechts.705 Aufgrund der abstrakt-generellen Regelung und 696
So Brehm/Berger, Sachenrecht, § 7 Rn. 59 (S. 119). Beim Erwerb von einem Kaufmann genügt, wenn sich der gute Glaube gem. § 366 Abs. 1 HGB auf die Verfügungsbefugnis erstreckt. 698 MünchKomm-H. P. Westermann § 455 Rn. 97, wonach sich dem Rechtsverlust nicht durch vertragliche Abreden vorbeugen lässt, sondern nur erneute Übertragung des Eigentums möglich ist. 699 MünchKomm-H. P. Westermann § 455 Rn. 98 ff. m.w. N. zu Verarbeitungsklauseln. 700 So auch AnwKom-Krebs § 241a Rn. 18; a. A. Berger JuS 2001, 649, 653 re. Sp.; Link NJW 2003, 2811, 2812 li. Sp. 701 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 159, 165. 702 MünchKomm-Säcker Einl. Rn. 126. 703 Siehe oben 3. Kapitel F I 5 a). 704 BVerfGE 83, 201, 209; 89, 1, 6. 697
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der gesetzgeberischen Zielsetzung ist § 241a BGB eine Inhalts- und Schrankenbestimmung. a) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz706 bedingt die Eignung einer jeden Inhalts- und Schrankenbestimmung.707 Ein Ziel des § 241a BGB ist es, aggressive Verkaufsmethoden zu unterbinden. Diese sind zwar schon nach dem Wettbewerbsrecht unzulässig, konnten aber durch dessen Wirkungen allein nicht wirkungsvoll beseitigt werden.708 Sieht man diesen Zweck als den hauptsächlichen an, ist die extensive Auslegung nicht geeignet, diesen zu erreichen. Wenn der § 241a Abs. 1 BGB zu einer Beschneidung von Rechten eines Dritten führt, der eine entsprechende unzulässige Verkaufsmethode selbst nicht an den Tag gelegt hat und sich diese im Regelfall des selbständigen Abnehmers nicht zurechnen lassen muss, dann geht die abschreckende Wirkung des Rechtsverlustes durch § 241a Abs. 1 BGB ins Leere. Die Verhinderung von aggressiven Verkaufsmethoden ist aber nicht der ausschließliche Zweck der Norm. Neben diesem Gedanken kommt in den Gesetzesmaterialien das Ziel der Schaffung von Rechtssicherheit für den Verbraucher zum Ausdruck. Es sollte eine Regelung im Schuldrecht geschaffen werden, die klarstellt, dass den Verbraucher keinerlei Verbindlichkeiten treffen.709 Zur Erreichung dieses Zieles ist nur die extensive Auslegung geeignet. b) Weiterhin darf sich die im Gesetz angeordnete Maßnahme durch keinen milderen Eingriff erreichen lassen.710 Nach Berger sei ein ausreichender Schutz des Verbrauchers vor Ansprüchen des Eigentümers bereits durch das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis gegeben, so dass der Anspruchsausschluss unverhältnismäßig sei.711 Im Fall einer restriktiven Auslegung bestehe aufgrund des Herausgabeanspruches des Eigentümers und des fehlenden Besitzrechts des Verbrauchers ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. In diesem hafte der Verbraucher nach §§ 990 Abs. 1, 989 BGB nur bei Bösgläubigkeit oder Rechtshängigkeit. Angesichts des § 241a BGB dürfe der Verbraucher davon ausgehen, dass er die Sache nicht herausgeben müsse. Aufgrund der daraus folgenden Gutgläubigkeit sei der Verbraucher bei einer Beschädigung der zugesandten Sache keinen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt, ohne dass durch eine extensive Auslegung der Herausgabeanspruch des Eigentümers gänzlich ausgeschlossen werden müsste.
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Jarass/Pieroth, GG, Art. 14 Rn. 8. St. Rspr. BVerfGE 8, 71, 80; 92, 262, 273; 102, 1, 17; Jarass/Pieroth, GG, Art. 14 Rn. 38; Bryde in: Münch/Kunig, GGK I, Art. 14 Rn. 62. 707 von Münch in: Münch/Kunig, GGK I, Vorb. Art. 1–19 Rn. 55. 708 BT-Drs. 14/2920, S. 14 li. Sp.; 14/3195, S. 33 zu § 661a BGB. 709 BT-Drs. 14/2658, S. 23 re. Sp., S. 46 li. Sp. 710 von Münch in: Münch/Kunig, GGK I, Vorb. Art. 1–19 Rn. 55. 711 Berger JuS 2001, 649, 654 li. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 9; so auch im Ergebnis Matzky NStZ 2002, 458, 463 re. Sp. 706
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Dieses auf den ersten Blick mildere Mittel verliert jedoch durch die vorauszusehende Reaktion der unter Eigentumsvorbehalt erwerbenden Unternehmer seine Wirksamkeit. Die Gutgläubigkeit des Empfängers kann durch einen mit der Zusendung verbundenen Hinweis auf die dingliche Rechtslage leicht beseitigt werden. Daran hat der Unternehmer auch ein Interesse, da der Eigentümer somit seine Ansprüche auf Schadensersatz nicht verliert und er seinerseits keinen Regressansprüchen ausgesetzt ist. Ein milderes Mittel muss aber zur Zweckerreichung in gleichem Maße geeignet sein.712 Aufgrund der leichten Umgehungsmöglichkeit ist dies nicht der Fall. c) Die Belastung des Eigentümers muss weiterhin in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Regelung verfolgten Interessen stehen.713 Dabei ist von der Privatnützigkeit des Eigentums bei der Ausgestaltung der Eigentumsrechte auszugehen.714 Der Gesetzgeber muss daher diejenigen Rechte, die nach dem Grundgehalt der Eigentumsgarantie dem Einzelnen als private Vermögensrechte zuzuordnen sind, so ausgestalten, dass sie angemessen genutzt werden können. Diese Privatnützigkeit findet jedoch an der Sozialpflichtigkeit des Eigentums gem. Art. 14 Abs. 2 GG und den Rechten anderer ihre Grenze. Die beteiligten schutzwürdigen Interessen müssen in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden.715 Auf der einen Seite steht das Eigentumsrecht, in welches besonders schwer eingegriffen wird. Es wird zwar nicht tatsächlich die formale Eigentümerstellung entzogen, jedoch führt eine extensive Auslegung zu einer weitgehenden Aufhebung des Zuordnungsverhältnisses. Solche weitgehenden Eingriffe in das Eigentumsrecht können zur Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit zulässig sein.716 Wie oben gesehen,717 besteht der Zweck des § 241a BGB darin, die Institution des Wettbewerbs als Rechtsgut der Allgemeinheit und den Empfänger der unbestellten Leistung, in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird, zu schützen.718 Die Schutzwürdigkeit dieser Interessen besteht unabhängig von einem schuldhaften Verhalten des Eigentümers. aa) Verfassungsrechtlich bestehen keine unüberwindbaren Hürden, den Eigentümer einer Sache allein wegen seiner Rechtsstellung zu verpflichten, auch 712
Sachs in: Sachs, GG, Art. 20 Rn. 152; Jarass/Pieroth, GG, Art. 14 Rn. 39. Sachs in: Sachs, GG, Art. 20 Rn. 154; Jarass/Pieroth, GG, Art. 14 Rn. 39. 714 Bryde in: Münch/Kunig, GGK I, Art. 14 Rn. 61. 715 St. Rspr. BVerfGE 58, 81, 114; 72, 66, 77 f.; 102, 1, 17. 716 Jarass/Pieroth, GG, Art. 14 Rn. 40. 717 2. Kapitel D III. 718 Berger JuS 2001, 649, 651 li. Sp.; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 72; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 183; Erman-Ehmann Anh § 12 Rn. 672 zur Störung durch Briefkastenwerbung. 713
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wenn er die Gefahrenlage weder verursacht noch verschuldet hat.719 Das Bundesverfassungsgericht führt dazu aus, dass dem Eigentümer nach geltendem Recht die Vorteile der Nutzung der Sache auch dann zuflössen, wenn sie ohne sein Zutun entstünden. Es sei daher nur konsequent dem Eigentümer die Lasten der Sache auch dann tragen zu lassen, wenn die Gefahr nicht durch ihn verursacht worden sei.720 bb) Zusätzlich muss bei der Abwägung der beteiligten Interessen der Gedanke der Veranlassung berücksichtigt werden.721 Exemplarisch für dessen Geltung im Zivilrecht soll § 935 Abs. 1 BGB herangezogen werden. Trotz der Verankerung im Rahmen des gutgläubigen Erwerbs einer beweglichen Sache, der eine Heranziehung in der vorliegenden Fragestellung als eher fern liegend erscheinen lässt, liegt der Vorschrift ein allgemeines Prinzip über den Verlust einer Rechtsposition zu Grunde. Nach der hinter der Vorschrift stehenden Interessenlage ist § 935 Abs. 1 BGB Ausdruck des Gedankens, dass der Verlust einer Rechtsposition dem Inhaber nur dann zuzumuten ist, wenn er das Risiko des möglichen Verlusts steuern kann. Im Beispiel des gutgläubigen Erwerbs reicht deshalb auf der Erwerberseite der gute Glaube allein nicht aus, sondern der Besitz ist die weitere Voraussetzung für die Erfüllung des Erwerbstatbestandes gem. §§ 929 ff. BGB. Da die Besitzlage aufgrund der zahlreichen Erscheinungen wie Miete, Leasing, Sicherungsübereignung und Eigentumsvorbehalt eine Indizwirkung des Besitzes für die tatsächliche Innehabung des Eigentums nur eingeschränkt zulässt, ist die Erkenntnisgrundlage in der Steuerungsfunktion des Besitzes zu finden.722 Demzufolge schützt der Besitz den Eigentümer vor dem Verlust der Sache. Wer seine Sache der Verkehrsgefahr nicht aussetzen will, kann den Besitz behalten oder den Besitzer, dem er die Sache übergibt, sorgfältig aussuchen.723 Dahinter steht ausweislich der Motive zum BGB der Grundsatz „Hand muss Hand wahren.“724 Oder: „Wo du deinen Glauben gelassen hast, musst du ihn wieder suchen.“725 Nach diesem deutschen mittelalterlichen Grundsatz konnte der Eigentümer einer beweglichen Sache, der den Besitz an ihr freiwillig auf einen anderen übertragen hatte, nur diesen anderen, nicht auch den Dritten verklagen, in dessen Besitz die Sache gelangt war.726 Eine Rechts-
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BVerfGE 102, 1, 18. BVerfGE 102, 1, 19. 721 Zum Prinzip der abstrakten Beherrschung des Risikos und dem Sphärengedanken im Schuldrecht vgl. Canaris JZ 2001, 499, 506 Fn. 77 und 507 li. Sp. m.w. N. 722 Brehm/Berger, Sachenrecht, 26.16 (S. 392); a. A. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 4 Rn. 9; Müller, Sachenrecht, Rn. 98. 723 Brehm/Berger, Sachenrecht, 26.16 (S. 392). 724 Motive zum BGB, Band 3, S. 348. 725 Ebel/Thielmann, Rechtsgeschichte I, Rn. 292; Gmür/Roth, Deutsche Rechtsgeschichte, Rn. 208. 726 Gmür/Roth, Deutsche Rechtsgeschichte, Rn. 208. 720
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geltung kommt diesem Grundsatz nur in eingeschränktem Umfang zu, da dieser nur in abgewandelter Form in das Bürgerlichen Gesetzbuch zum Beispiel in § 935 BGB Eingang fand. Gleichzeitig ist er aber Ausdruck des allgemeinen Gedankens, dass sich der Anspruchsverlust bei einer Entscheidung des Eigentümers, die Sache aus der Hand zu geben, nicht als unvermeidbar darstellt.727 Solange er die Sache nicht ohne seinen Willen verliert, kann er durch die geeignete Auswahl seines Vertragspartners Vorsorge treffen. Hat er diesen entsprechend ausgewählt, dann wird sein weiterhin bestehender Kaufpreisanspruch den Verlust des Herausgabeanspruches ausgleichen. Gleiches gilt bei sonstigen schuldvertraglichen Überlassungen, wobei der Eigentümer gem. §§ 283, 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann. Das Risiko des Eigentümers ist mit der Gefahr zu vergleichen, dass die Sache durch den Vertragspartner beschädigt, zerstört oder preisgegeben wird, wogegen er sich gleichfalls nur durch dessen sorgfältige Auswahl schützen kann. cc) Der Einfluss einer an die Veranlassung anknüpfenden Auffassung zeigt sich insbesondere im Fall des unfreiwilligen Verlustes der Sache, beispielsweise durch einen Diebstahl. Hier hatte der Eigentümer keine Möglichkeit, auf die Besitzlage Einfluss zu nehmen und durch eine entsprechende Auswahl des Unternehmers die unbestellte Lieferung an Verbraucher zu unterbinden. Ihm in diesem Fall seinen Herausgabeanspruch zu versagen, hieße, seine Rechtsposition ohne eigene Veranlassung zu entwerten. Unter Anwendung obigen Gedankens auf § 241a BGB muss dies vermieden werden.728 Der Empfänger der unbestellten Ware auf der anderen Seite wird trotz des Fortbestehens des Herausgabeanspruches des Eigentümers in diesem Fall hinreichend geschützt. Aufgrund der Existenz des § 241a BGB darf der Verbraucher nämlich grundsätzlich davon ausgehen, dass er die unbestellte Leistung behalten darf. Er ist ein gutgläubiger Besitzer, den das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis e contrario §§ 989, 990 Abs. 1 und § 993 Abs. 1 a. E. BGB vor Ansprüchen des Eigentümers schützt. Im Gegensatz zu den Fällen des Eigentumsvorbehalts, der Sicherungsübereignung und der sonstigen Überlassung wird der bösgläubige Unternehmer regelmäßig eine Richtigstellung der wahren Herkunft der Ware unterlassen. Sind dem Unternehmer selbst die Umstände des Abhandenkommens der Sache nicht bekannt, ist eine anderweitige Aufklärung des Empfängers unwahrscheinlich. Demnach sind die Ansprüche des vom Unternehmer verschiedenen Eigentümers gem. § 241a Abs. 1 BGB ausgeschlossen, solange die Sache von ihm freiwillig aus der Hand gegeben wurde.729 Bei einem unfreiwilligen Besitzverlust bleiben die Ansprüche dagegen bestehen.
727 Zum Prinzip der abstrakten Beherrschung des Risikos und dem Sphärengedanken im Schuldrecht vgl. Canaris JZ 2001, 499, 506 Fn. 77 und 507 li. Sp. m.w. N. 728 Im Ergebnis so auch AnwKom-Krebs § 241a Rn. 18.
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VII. Wirkung des § 241a BGB auf den Vertragsschluss Unproblematisch stellen sich die Fälle dar, in denen die Anbahnung des Vertragsschlusses von dem Verbraucher ausgeht, da insofern der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht eröffnet ist. Aber selbst dann, wenn der Unternehmer ein Angebot verbunden mit einer unbestellten Leistung unterbreitet, schließt § 241a Abs. 1 BGB einen Vertragsschluss zwischen Verbraucher und Unternehmer nicht aus.730 Insbesondere die wettbewerbswidrige Anbahnung des Vertrages steht dem wirksamen Abschluss eines Vertrages nicht entgegen.731 Die Verhaltensnormen des Wettbewerbsrechts stellen keine Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB dar. § 134 BGB bezieht sich auf gesetzliche Verbote, die sich gegen die Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes als solches richten. Der Begriff der guten Sitten in § 1 UWG und in § 138 BGB ist nicht deckungsgleich.732 § 138 BGB bezieht sich auf Rechtsgeschäfte, deren Inhalt unter Berücksichtigung von Zweck und Beweggrund gegen die guten Sitten verstoßen. Sowohl § 134 BGB als auch § 138 BGB bewirken nicht die Nichtigkeit eines wettbewerbswidrig zu Stande gekommenen Rechtsgeschäfts.733 1. Da der Unternehmer mit der unbestellten Leistungserbringung im Sinne des § 241a Abs. 1 BGB zumindest schlüssig eine Willenserklärung auf Abschluss eines Vertrages verbindet, stellt sich die Frage, wann eine Annahme des Empfängers vorliegt. Regelmäßig erfolgt die Annahme eines Vertragsangebots durch eine an den Anbietenden zu richtende und damit empfangsbedürftige Willenserklärung. Bei einer sofortigen Leistungserbringung wie im Fall der Zusendung unbestellter Sachen ist jedoch nach der Verkehrssitte ein Verzicht auf den Zugang der Annahme gem. § 151 Satz 1 BGB anzunehmen.734 Trotz der fehlenden Notwendigkeit des Zugangs der Annahme beim Antragenden genügt nach überwiegender Auffassung aus Verkehrsschutzgründen nicht der innere Entschluss, den 729 So auch AnwKom-Krebs § 241a Rn. 18; a. A. Berger JuS 2001, 649, 653 re. Sp.; Brehm/Berger, Sachenrecht, 7.59 (S. 119); Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 9, 48; Matzky NStZ 2002, 458, 463 re. Sp. 730 MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 8; Lorenz JuS 2000, 833, 841 re. Sp.; Riehm Jura 2000, 505, 511 re. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1451 re. Sp.; Sosnitza BB 2000, 2317, 2323; Löhnig JA 2001, 33, 34 li. Sp.; Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 10; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 7; Jayme/Schulze JuS 2001, 878, 881 f. 731 Vgl. Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 1 Rn. 65, 68 ff.; Köhler/Piper, UWG, Einf. Rn. 45. Etwas anderes gilt nur, wenn sich das wettbewerbliche Unrecht gerade im Vertrag perpetuiert und manifestiert, wie bei Verstößen gegen das Verbot der progressiven Kundenwerbung gem. § 6c UWG. Vgl. Köhler GRUR 2003, 265, 267 Fn. 17 m.w. N. 732 Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 12 Rn. 16. 733 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 913; Köhler/Piper, UWG, Einf. 262. 734 MünchKomm-Kramer § 151 Rn. 55.
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Vertrag zustande zu bringen. Erforderlich ist vielmehr ein objektiv hervorgetretener Annahmeentschluss.735 Ob dies der Fall ist, beurteilt sich vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten.736 Aus Sicht dieses Dritten lassen insbesondere Erfüllungs- und Aneignungs- oder Gebrauchshandlungen durch den Empfänger auf eine Annahme schließen.737 2. Unstreitig liegt eine Annahme vor, wenn der Empfänger eine ausdrückliche Annahmeerklärung abgibt oder er der durch den Unternehmer begehrten Zahlung des Preises nachkommt.738 Insbesondere in letzterem Fall liegt die Möglichkeit einer Annahme durch eine Erfüllungshandlung im Interesse des Angebotsempfängers, der, nachdem er seinerseits mit der Erfüllung begonnen hat, nun auch die Rechte aus dem Vertrag erwerben will. 3. Grundsätzlich genügen aber ebenso Aneignungs- und Gebrauchshandlungen, die einen Annahmewillen zum Ausdruck bringen. Zur Gruppe der Aneignungs- und Gebrauchshandlungen gehören zum Beispiel die Fälle, in denen der Empfänger einer Sendung die Ware in Gebrauch nimmt oder wie ein Eigentümer über sie verfügt. Die Übertragung dieser Grundsätze auf die Situation des Empfängers einer unbestellten Leistung im Sinne des § 241a BGB würde aber den bisher gewonnenen Ergebnissen nicht gerecht. Danach kann der Empfänger nach Belieben mit der unbestellten Leistung verfahren, ohne Ansprüchen seitens des Eigentümers ausgesetzt zu sein.739 Annahmehandlungen im Sinne des § 151 Satz 1 BGB sind aber nur diejenigen Handlungen, von denen ein objektiver Dritter auf einen Annahmewillen schließen kann.740 Ein solcher objektiver Betrachter muss die Wirkung des § 241a BGB bei der Bewertung des Verhaltens des Empfängers berücksichtigen.741 So kann eine nach § 241a BGB ohnehin gestattete Handlung des Empfängers nicht als eine die Zahlungspflicht auslösende Vertragsannahme verstanden werden.742 Ein abweichendes Verständnis der Handlung des Empfängers würde dessen Willen nicht beachten. 735 Staudinger-Bork (1996) § 151 Rn. 15; MünchKomm-Kramer § 151 Rn. 50; a. A. Flume, Allgemeiner Teil II, § 35 II 3 (S. 655), wonach der Entschluss des Angebotsempfängers genügt. 736 St. Rspr. BGH NJW-RR 1986, 415 re. Sp.; BGHZ 111, 97, 101. 737 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 30 Rn. 8 ff.; Jayme/Schulze JuS 2001, 878, 881 f. 738 Vgl. Schwarz NJW 2001, 1449, 1451 li. Sp.; Sosnitza BB 2000, 2317, 2323; Jayme/Schulze JuS 2001, 878, 881 f. 739 Siehe oben 3. Kapitel F I ff.; vgl. Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 8; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 182; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 12, 5 (S. 155); a. A. Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1605 ff. 740 St. Rspr. BGH NJW-RR 1986, 415 re. Sp.; BGHZ 111, 97, 101. 741 Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 8; Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 10; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 6 a. E. 742 MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 11; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 21; Schwarz NJW 2001, 1449, 1451 li. Sp.; Sosnitza BB 2000, 2317, 2323; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 3; Riehm Jura 2000, 505, 511 f.; Lorenz JuS 2000, 833, 841 re. Sp.;
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4. Wegen der notwendigen Anknüpfung der Auslegung an den normativen Gehalt des § 241a BGB spiegelt sich hier die Meinungsvielfalt der bereits oben behandelten Diskussionen743 zur Reichweite der Vorschrift wider. Diejenigen Vertreter, die eine Nutzung der Leistung nicht als von § 241a BGB erfasst ansehen, verstehen den Gebrauch der Leistung als Handlung, die den entsprechenden Annahmewillen dokumentiere.744 Danach dürfe sich der Empfänger der Leistung dieser nur sofort entledigen, denn § 241a BGB verfolge ausschließlich den Zweck, den Verbraucher von der Lästigkeit, die mit der unbestellten Zusendung verbunden sei, zu befreien.745 Geht man demgegenüber davon aus, dass der Verbraucher die Leistung nutzen, gebrauchen und verbrauchen kann, lässt eine entsprechende Handlung nicht auf den Willen zur Annahme schließen.746 Gleiches gilt dann, wenn der Empfänger unberechtigt über die unbestellte Sache zu Gunsten eines Dritten verfügt.747 Die unberechtigte Verfügung im Sinne des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB stellt nur eine Sonderform des Verbrauchens der Leistung dar. Der gesetzliche Anspruch aus § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB entsteht deshalb bei Wirksamkeit der Verfügung aufgrund § 241a BGB nicht, was bei der Auslegung der Handlung des Empfängers berücksichtigt werden muss.748 5. Die eben getroffene Feststellung, dass Nutzungshandlungen des Empfängers regelmäßig keine Annahme darstellen, ist dagegen nicht so weitgehend zu verstehen, dass die Annahme gem. § 151 Satz 1 BGB aufgrund der typischen Verwertungs-, Aneignungs-, Verbrauchs- und Gebrauchshandlungen selbst dann ausgeschlossen ist, wenn der Verbraucher einen entsprechenden Vertragsschlusswillen hat.749
Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 10; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 6 a. E.; a. A. Jayme/ Schulze JuS 2001, 878, 881 f.; Casper ZIP 2000, 1602, 1607 re. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 654 li. Sp.; Löhnig JA 2001, 33, 34 li. Sp. 743 Siehe oben 3. Kapitel F I ff. 744 Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp., 654 li. Sp.; Löhnig JA 2001, 33, 34 li. Sp.; Jayme/Schulze JuS 2001, 878, 881 f. 745 Casper ZIP 2000, S. 1602, 1607 re. Sp. 746 MünchKomm – Kramer § 241a Rn. 11; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 3 f.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 21; Lorenz JuS 2000, 833, 841 re. Sp.; Sosnitza BB 2000, 2317, 2323; Schwarz NJW 2001, 1449, 1451 li. Sp.; Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 10; Riehm Jura 2000, 505, 511 f.; Link NJW 2003, 2811 li. Sp.; AnwKomKrebs § 241a Rn. 6 a. E. 747 A. A. nur in Bezug auf Weiterveräußerung Sosnitza BB 2000, 2317, 2323 li. Sp. 748 MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 13; Riehm Jura 2000, 505, 512 li. Sp.; Schwarz NJW 2001, 1449, 1453 li. Sp.; Link NJW 2003, 2811 re. Sp.; a. A. Sosnitza BB 2000, 2317, 2323; Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp.; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 20. 749 AnwKom-Krebs § 241a Rn. 6 a. E.; a. A. Schwarz NJW 2001, 1449, 1451 li. Sp., der meint, dass nach § 241a BGB nur noch eine ausdrückliche Annahme möglich sein soll.
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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Da die Annahme gem. § 151 Satz 1 BGB keines Zugangs bedarf, stellt sie eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung dar.750 Bei der Frage der Gültigkeit und des Inhalts einer nicht empfangsbedürftigen Willenserklärung geht es nicht um den Vertrauensschutz eines bestimmten Erklärungsempfängers. Die Auslegung nach dem Empfängerhorizont ist nicht maßgebend.751 In erster Linie ist der Wille des Erklärenden gem. § 133 BGB zu erforschen.752 Das Abstellen auf die Verständnismöglichkeit eines objektiven Dritten hat demnach nicht die gleiche Funktion wie die Auslegung nach dem Empfängerhorizont bei einer empfangsbedürftigen Willenserklärung. Die nach außen getretene Handlung ist hier nur ein Beweis- und Offenbarungsmittel.753 Steht der Annahmewille des Empfängers fest, kann er diesen durch eine Ingebrauchnahme der Leistung zum Ausdruck bringen.754
VIII. Die Anfechtung des Verbrauchervertrages und die Wirkung des § 241a BGB Hat sich der Verbraucher hinsichtlich seiner auf Abschluss eines Vertrages gerichteten Willenserklärung geirrt, kann er diese unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 119 ff. BGB anfechten. Das Anfechtungsrecht des Verbrauchers besteht unabhängig davon, ob das Angebot von ihm ausging oder ob er ein Angebot des Unternehmers annahm. 1. Anfechtungsgründe hinsichtlich des Verbrauchervertrages und § 241a BGB Grundsätzlich hat § 241a BGB keine Auswirkungen auf die Anfechtungsgründe gem. §§ 119 ff. BGB hinsichtlich der Willenserklärung, die auf Abschluss eines Verbrauchervertrages gerichtet ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Angebot von dem Verbraucher ausgeht und ein Vertrag durch die Annahme des Unternehmers zu Stande kommt. Gleiches hat für den umgekehrten Fall zu gelten, so dass es einer weiteren Erwähnung grundsätzlich nicht bedürfte. In der Literatur finden sich jedoch für den Fall der Annahme eines mit der unbestellten Leistung verbundenen Vertrages erwähnenswerte Anmerkungen.
750 MünchKomm-Kramer § 151 Rn. 49 m.w. N.; a. A. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 22 Rn. 10, § 30 Rn. 2. 751 Soergel-Wolf § 151 Rn. 8. 752 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 28 Rn. 15. 753 BGH NJW-RR 1986, 415 re. Sp.; MünchKomm-Kramer § 151 Rn. 51. 754 Nach der herrschenden Meinung muss der Wille nur irgendwie objektivierbar nach außen getreten sein; st. Rspr. BGH NJW-RR 1986, 415 re. Sp.; BGHZ 111, 97, 101; Soergel-Wolf § 151 Rn. 8 m.w. N.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Diese werden dadurch ausgelöst, dass der Unternehmer mit der unbestellten Leistung ein konkludentes oder ausdrückliches Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags und bei einer Sache auf dingliche Einigung nach § 929 BGB verbindet und damit schlüssig auf eine empfangsbedürftige Annahmeerklärung verzichtet.755 Somit liegt eine Annahme nach § 151 Satz 1 BGB vor. Zwar kann diese grundsätzlich angefochten werden,756 aber die Auslegung unterscheidet sich von der Interpretation einer empfangsbedürftigen Willenserklärung gem. § 157 BGB. Diese besondere Beachtung des wahren Willens des Annehmenden macht eine Anfechtung teilweise entbehrlich.757 a) Diesen Grundsatz verkennt Casper, der meint, dass ein Vertrag zu Stande komme, wenn der Verbraucher die Sache versehentlich in Gebrauch nehme, weil er sie für eine eigene halte.758 Selbst wenn man ihm darin folgt, dass der Gebrauch eine Handlung darstellt, die auf einen Annahmewillen schließen lässt, kann bei eindeutig entgegenstehendem Willen des Empfängers ein Annahmewille nicht angenommen werden.759 Steht das Fehlen des Annahmewillens gem. § 133 BGB fest, liegt, unabhängig von der Schwierigkeit eines Beweises gegen die äußeren Indizien, keine Annahme gem. § 151 Satz 1 BGB vor.760 Die Frage einer Anfechtung stellt sich von vornherein nicht. Zwar kann das von Casper vorgeschlagene Anfechtungsrecht entsprechend § 119 Abs. 1 BGB dem Willen des Empfängers zumindest im Ergebnis zur Geltung verhelfen. Das Anfechtungsrecht besteht jedoch nur eingeschränkt durch die Obliegenheit der unverzüglichen Anfechtung gem. § 121 Abs. 1 BGB und der Verpflichtung den Vertrauensschaden gem. § 122 BGB zu ersetzen.761 b) Wendet man die Auslegung nach dem wahren Willen konsequent an, dann müssten jegliche Irrtümer nach §§ 119 ff. BGB ausscheiden.762 Dies würde dazu führen, dass der Unternehmer der Annahme gem. § 151 Satz 1 BGB selbst dann nicht vertrauen dürfte, wenn er diese zur Kenntnis genommen hat. In dieser Situation, die einen Vertrauenstatbestand zu seinen Gunsten schafft, ist 755
MünchKomm-Kramer 151 Rn. 55. Staudinger-Bork (1996) § 151 Rn. 14; MünchKomm-Kramer § 151 Rn. 49; Jauernig § 151 Rn. 1; Soergel-Wolf § 151 Rn. 7 m.w. N. zu abweichenden Auffassungen. 757 Soergel-Wolf § 151 Rn. 8. 758 Casper ZIP 2000, 1602, 1607 Fn. 44. 759 BGH NJW-RR 1986, 415 re. Sp.; OLG Dresden WM 1999, 949, 950 f.; MünchKomm-Kramer § 151 Rn. 51. 760 MünchKomm-Kramer § 151 Rn. 51; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 30 Rn. 22; Flume, Allgemeiner Teil II, § 35 II 3 (S. 656): „Der ,Anschein‘ der Annahme wird durch bloße Aufklärung zerstört.“; a. A. Staudinger-Bork (1996), § 151 Rn. 16. 761 A. A. Casper ZIP 2000, 1602, 1607 Fn. 44: „Ansprüche aus § 122 BGB sind . . . nach § 241a BGB ausgeschlossen.“ 762 MünchKomm-Kramer § 151 Rn. 51, jedenfalls solange kein Vertrauenstatbestand besteht; a. A. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 30 Rn. 22; Staudinger-Bork (1996) § 151 Rn. 16. 756
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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er aber vergleichbar mit dem Empfänger einer Annahmeerklärung. Diese Tatsache veranlasst die überwiegende Ansicht dazu, die durch eine strikte Anwendung des § 133 BGB erzielten Ergebnisse zu relativieren. Wird damit ein Vertrauenstatbestand zu Gunsten des Unternehmers geschaffen, findet faktisch doch wieder eine Berücksichtigung des Empfängerhorizontes statt.763 Dies stellt keinen Widerspruch zur oben festgestellten Tatsache dar, dass bei fehlendem Annahmewillen eine Annahme gem. § 151 Satz 1 BGB in keinem Fall vorliegt.764 Der Annehmende will, im Gegensatz zum fehlenden Annahmewillen, immerhin das vom Angebotsempfänger gemachte Angebot auch bei einem Irrtum annehmen. Dies rechtfertigt es, zunächst einmal die Handlung als Annahme des Angebots gelten zu lassen. Von diesem Angebot kann sich der Annehmende dann unter den besonderen Voraussetzungen der §§ 119 ff. BGB lösen. c) Alle an eine Anfechtung der Annahme gem. § 151 Satz 1 BGB anknüpfenden Fragen beantworten sich entsprechend der Anfechtung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung. So ist der von Schwarz gebildete Fall keine Besonderheit der Geltung des § 241a BGB. In seinem Beispiel hält sich der Empfänger durch die unbestellte Leistungserbringung oder durch eine Gebrauchshandlung irrtümlich für verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen.765 Dies kann insbesondere deshalb vorkommen, weil ihm der § 241a BGB unbekannt geblieben ist. Nach Schwarz soll es sich um einen anfechtbaren Vertragsschluss wegen des vorliegenden potenziellen Erklärungsbewusstseins handeln.766 Diese Situation ist jedoch mit der des fehlenden Erklärungsbewusstseins nicht vergleichbar. Eine solche liegt nur dann vor, wenn der Erklärende nicht weiß, dass er eine rechtsgeschäftlich erhebliche Erklärung abgibt.767 Im vorliegenden Fall weiß der Empfänger aber, dass er sich durch die Zahlung in rechtlich erheblicher Weise äußert. Mit der Zahlung des Preises bringt der Empfänger im Erklärungszeitpunkt seinen Willen konkludent zum Ausdruck. Fehlerhaft ist nur die Bildung des Willens, da sich der Empfänger beispielsweise für verpflichtet hält, die Sache zu bezahlen. Ein solcher Irrtum bei der Willensbildung ist nur dann beachtlich, wenn er eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person oder Sache betrifft. Soweit dies nicht der Fall ist, liegt ein unbeachtlicher Motivirrtum vor. Dieser berechtigt nicht zur Anfechtung.768
763
Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 30 Rn. 24; Staudinger-Bork (1996) § 151 Rn. 16. BGH NJW-RR 1986, 415 re. Sp.; MünchKomm-Kramer § 151 Rn. 51; mit abweichender Auffassung zum fehlenden Erklärungsbewusstsein bei einer empfangsbedürftigen Willenserklärung vgl. BGHZ 91, 324, ff.; MünchKomm-Kramer § 119 Rn. 92 ff. 765 Schwarz NJW 2001, 1449, 1451 re. Sp. 766 Schwarz NJW 2001, 1449, 1451 li. Sp. 767 Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 198. 764
202
3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Solange damit nicht bereits der Annahmewille fehlt,769 ergeben sich keine Unterschiede hinsichtlich der Anfechtungsgründe durch eine unbestellte Leistungserbringung. 2. Rechtsfolgen der Anfechtung des Verbrauchervertrages und § 241a BGB Obwohl die Anfechtungsgründe selbst keine Änderung durch die Anwendung des § 241a BGB erfahren, kann gleiches nicht für die Rechtsfolgen einer wirksamen Anfechtung der auf Abschluss eines Vertrages gerichteten Willenserklärung gesagt werden. Aus Gründen der Darstellung wird im Folgenden danach unterschieden, ob im Zeitpunkt der Abgabe der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung durch den Verbraucher bereits eine unbestellte Leistung im Sinne des § 241a BGB vorlag oder nicht, so dass die jeweiligen Konsequenzen sichtbar werden. a) Anfechtung eines Rechtsgeschäftes über eine unbestellte Leistung Auszugehen ist von der Konstellation, dass eine Willenserklärung angefochten wird, die zu einer rechtsgeschäftlichen Einigung über eine unbestellte Leistung führte. Es liegt also die Situation vor, in welcher dem Verbraucher eine unbestellte Leistung erbracht wurde und er diese erwerben möchte, weil sie ihm als nützlich erscheint. Dass der Vertragsschluss über eine unbestellte Leistung nach wie vor möglich ist, wurde bereits festgestellt.770 Solange der nachträglich geschlossene Verbrauchervertrag wirksam ist, stellt sich die Frage einer weiterhin bestehenden Wirkung des § 241a BGB nicht, da der Vertrag Rechtsgrund für die ausgetauschten Leistungen ist. Fällt dieser aber durch die Wirkung einer Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB weg, dann ist für die Rückabwicklung der erbrachten Leistungen entscheidend, ob die anfänglich gem. § 241a BGB ausgeschlossenen gesetzlichen Ansprüche des Unternehmers bestehen. aa) Da § 241a BGB nur die durch eine unbestellte Leistung entstehenden gesetzlichen Ansprüche erfasst, könnte die Vorschrift unanwendbar sein. Diese setzt voraus, dass die Bestellung nachträglich, d.h. zu einem Zeitpunkt, in dem bereits eine unbestellte Leistung erbracht wurde, erklärt werden kann. Zu beur768 Bamberger/Roth-Grüneberg § 241a Rn. 11, der aber auf das Widerrufsrecht gem. § 312b ff. BGB hinweist. Zur Anfechtung vgl. auch Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 36 Rn. 9; Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 217. 769 BGH NJW-RR 1986, 415; OLG Dresden WM 1999, 949, 951; MünchKommKramer § 151 Rn. 51. 770 Siehe oben 3. Kapitel F VII.
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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teilen ist dabei die Bestellung, die von der auf Abschluss des Vertrages gerichteten Willenserklärung zu trennen ist.771 Wendet man auf diese jedoch die für Rechtsgeschäfte geltenden Grundsätze entsprechend an, ist eine rückwirkende Bestellung nicht möglich.772 Für Rechtsgeschäfte ist anerkannt, dass diese grundsätzlich nur ab dem Zeitpunkt der Vornahme wirken. Rechtsgeschäfte sind in der Terminologie des Bürgerlichen Gesetzbuches gewollte Handlungen, deren Zweck darin liegt, eine Rechtsfolge herbeizuführen. Die Rechtsfolgen treten dabei grundsätzlich in dem Zeitpunkt ein, in dem sämtliche Erfordernisse vorliegen, welche die Rechtsordnung als Grund und Voraussetzung für die Geltungsanordnung verlangt.773 Abweichendes kann nur dann angenommen werden, wenn das Gesetz eine Rückwirkung anordnet (§ 142 Abs. 1, § 184 Abs. 1 BGB) oder die Parteien eine solche vereinbaren.774 Hat demnach der Empfänger erst nach Erhalt der Leistung bestellt, dann war diese zum Zeitpunkt der Erbringung unbestellt. Daran ändert der nachträgliche Vertragsschluss nichts. bb) Eine nachträgliche Bestellung in Form der Annahme eines mit einer unbestellten Leistung verbundenen Angebots könnte rechtstechnisch einen Verzicht auf die Einwendung des § 241a BGB darstellen. Da es sich nicht um den Verzicht auf einen schuldrechtlichen Anspruch handelt, ist ein Vertrag nicht erforderlich. Soweit damit § 397 BGB nicht eingreift, kann ein rechtlicher Vorteil durch einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung aufgegeben werden.775 Ein einseitiges Aufgeben ist aber nur insoweit möglich, als es um Gestaltungsbefugnisse wie Rücktritts-, Kündigungs- und Anfechtungsrechte oder Einreden im materiellen Sinn geht.776 Ein Verzicht auf eine Einwendung ist ausgeschlossen. Der Grund dafür erschließt sich aus der Wirkung der Einwendung, welche die Entstehung eines Anspruchs wie im Fall des § 241a BGB hindert (rechtshindernde Einwendung) oder vernichtet (rechtsvernichtende Einwendung).777 Ein nachträglicher Verzicht könnte diese erloschenen Ansprüche nicht wieder zum Entstehen bringen. Vielmehr ist nur die rechtsgeschäftliche Neubegründung eines Herausgabeanspruches möglich. Einen solchen Willen kann man aber der Annahme durch den Verbraucher nicht beimessen. Dieser möchte dem Unternehmer für den Fall der Unwirksamkeit des Vertrages keine Ansprüche einräumen, die durch § 241a BGB bereits erloschen sind. Im Übrigen ist § 241a 771
Siehe oben 3. Kapitel E I 3. Deutsch, Haftungsrecht, Rn. 282 zur Einwilligung. 773 Schneider AcP 175 (1975), 279, 284 f. m.w. N. 774 Schneider AcP 175 (1975), 279, 291 m.w. N. zur Rückdatierung schuldrechtlicher Verträge. 775 Soergel-Zeiss § 397 Rn. 1; Erman-H. P. Westermann § 397 Rn. 1. 776 BGH LM § 326 (J) BGB Nr. 2; Soergel-Zeiss § 397 Rn. 1; Staudinger-Rieble (1999) § 397 Rn. 68; MünchKomm-Schlüter § 397 Rn. 19. 777 Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 620; Köhler, Allgemeiner Teil, § 18 Rn. 10. 772
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
BGB, wenn man ihn als Umsetzung des Art. 9 FARL ansieht gem. Art. 12 Abs. 1 FARL unabdingbar.778 cc) Da somit die ursprünglichen gesetzlichen Ansprüche des Unternehmers ausgeschlossen sind, ist eine Rückforderung der Leistung nur dann möglich, wenn man gesetzliche Ansprüche als durch die Anfechtung und nicht durch die unbestellte Leistungserbringung gem. § 241a Abs. 1 BGB entstanden ansieht. Aber schon der Vindikationsanspruch gem. § 985 BGB entsteht mit der Besitzerlangung durch einen Dritten, dem kein Recht zum Besitz an der Sache zusteht. Dies ist der Zeitpunkt der ursprünglichen Lieferung der Sache, während im weiteren Verlauf der Verbraucher nicht erneut Besitz erlangt und deshalb ohne die Wirkung des § 241a Abs. 1 BGB kein Recht zum Besitz hätte. Der einmal untergegangene Vindikationsanspruch kann nicht durch die Anfechtung neu begründet werden. Gleiches gilt für den Kondiktionsanspruch gem. § 812 Abs. 1 BGB. Dieser setzt lediglich voraus, dass durch einen Dritten etwas ohne Rechtsgrund durch eine Leistung oder in sonstiger Weise erlangt wurde. Dieser Anspruch entsteht damit in dem Moment, in dem die genannten Voraussetzungen vorliegen. Da dies der Zeitpunkt der unbestellten Leistungserbringung ist, hindert § 241a BGB eine Entstehung des Kondiktionsanspruches. Durch die Anfechtung wird demgegenüber nicht nochmals etwas geleistet, was durch § 812 Abs. 1 BGB zurückgefordert werden könnte. Vielmehr müsste ein solches Begehren an den Zeitpunkt der Leistung der Sache anknüpfen. Durch diese unbestellte Leistung wird nach § 241a BGB kein Anspruch gegen den Empfänger begründet. dd) Damit bleibt eine einmal unbestellt erbrachte Leistung auch dann unbestellt, wenn der Verbraucher einen Vertrag abschließt. Wird dieser angefochten oder ist dieser aus sonstigen Gründen nichtig, dann hat der Unternehmer aufgrund der Wirkung des § 241a Abs. 1 BGB keinen Anspruch auf das Geleistete. Somit kann der Verbraucher mit der Leistung nach Belieben verfahren. Im Gegensatz dazu kann der Verbraucher gem. § 812 Abs. 1 BGB das seinerseits Geleistete – regelmäßig also den Kaufpreis – zurückverlangen. Wird er vom Unternehmer nach erfolgter Anfechtung mit Erfolg zur Rückgabe oder zum Wertersatz der unbestellten Leistung veranlasst, leistet er diesbezüglich ohne Rechtsgrund und kann das Geleistete ebenso gem. § 812 Abs. 1 BGB zurückverlangen. Weiterhin löst die Anfechtung durch den Verbraucher gem. §§ 119, 120 BGB allein wegen des Verlustes der unbestellten Leistung keine Schadensersatzpflicht gem. § 122 BGB aus. Dies ergibt sich aus der Bestimmung dessen, was als Vertrauensschaden angesehen werden kann. Der Unternehmer als Anfechtungsgegner kann nur verlan778
MünchKomm-Schlüter § 397 Rn. 20 zu den Verzichtsverboten.
F. Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB
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gen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn er sich nicht auf die Gültigkeit der Erklärung eingestellt hätte.779 Der Verlust der Sache tritt aber nicht aufgrund des Vertrauens in den Bestand des Rechtsgeschäftes ein. Zum Zeitpunkt des Verlustes sämtlicher gesetzlicher Ansprüche durch § 241a BGB hatte der Verbraucher noch keinen Vertrauenstatbestand gesetzt. Die schadensstiftende Ursache ist die unbestellte Leistungserbringung, die der Unternehmer eigenverantwortlich vornahm. Demgegenüber sind die über den bloßen Verlust der gesetzlichen Ansprüche und die Aufwendungen zur unbestellten Leistungserbringung hinausgehende Schäden gem. § 122 Abs. 1 BGB zu ersetzen. Diese entstehen nicht durch die Lieferung oder sonstige Leistung, sondern durch den Irrtum des Verbrauchers bei Abschluss des Vertrages. b) Anfechtung eines Rechtsgeschäftes über eine bestellte Leistung Im Folgenden sollen die Wirkungen der Anfechtung eines Vertrages dargestellt werden, bei dem der Unternehmer die Leistung erst nach dem Vorliegen einer Bestellung erbringt. Es handelt sich damit um eine Konstellation, die den Normalfall darstellt. Der Verbraucher möchte eine Leistung erwerben, gibt deshalb eine auf Abschluss eines Vertrages gerichtete Willenserklärung ab und bestellt die Leistung. Kommt eine Anfechtung der Willenserklärung gerichtet auf Abschluss eines Vertrages durch den Verbraucher aufgrund eines Erklärungs-, Inhalts- oder Eigenschaftsirrtums gem. § 119 BGB in Betracht, so ist das abgeschlossene Rechtsgeschäft gem. § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend nichtig. Wie oben festgestellt,780 liegt durch die Anfechtung des Rechtsgeschäfts nicht zeitgleich eine unbestellte Leistung vor. Da die Bestellung eine getrennt zu betrachtende geschäftsähnliche Handlung darstellt, beurteilt sich ihre Anfechtbarkeit unabhängig von der Anfechtung des Vertrages. Von diesem Grundsatz ist eine Einschränkung vorzunehmen. Es ist zwar vorstellbar, dass der Verbraucher die Leistung frei von Willensmängeln bestellt, gleichzeitig aber eine gem. §§ 119 ff. BGB anfechtbare Willenserklärung auf Abschluss eines Vertrages abgibt. Dies ist dann der Fall, wenn der Verbraucher eine bestimmte Ware erwerben möchte, sich aber hinsichtlich des Preises verschreibt oder verspricht. Dagegen ist der umgekehrte Fall nicht denkbar. Irrt sich der Verbraucher hinsichtlich der Bestellung, dann ist gleichzeitig die auf Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung fehlerhaft. Denn wird schon das
779 780
Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 36 Rn. 130. Siehe oben 3. Kapitel E I 3 a) ff.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Einverständnis in die Erbringung der Leistung nicht fehlerfrei geäußert, will der Verbraucher auch keine vertragliche Bindung hinsichtlich der zu erbringenden Leistung erzielen. aa) Bezieht sich der Irrtum nur auf die vertragliche Willenserklärung, weil der Verbraucher beispielsweise auf jeden Fall eine bestimmte Sache kaufen wollte und sich nur bei den sonstigen Bestandteilen seines Angebotes verschrieben oder versprochen hat, dann ist auch nur diese anfechtbar und nach erfolgter Anfechtung nichtig. Da die Bestellung weiterhin wirksam ist, greift § 241a BGB nicht ein. Neben den gesetzlichen Ansprüchen auf Herausgabe der Leistung hat der Unternehmer beim Vorliegen der Anfechtungsgründe der §§ 119, 120 BGB einen weiteren Schadensersatzanspruch gem. § 122 BGB. bb) Liegt der Irrtum des Verbrauchers sowohl in der auf einen Vertragsabschluss gerichteten Willenserklärung als auch in der Bestellung, dann treten die bereits oben skizzierten Rechtsfolgen ein.781 Zusammengefasst bedeutet dies, dass der Unternehmer trotz der Rückwirkung der Anfechtung, die zu einer unbestellten Leistungserbringung führt, solange über § 241a Abs. 2 BGB und § 122 BGB geschützt ist, wie er den Irrtum nicht kennt. Ist dies der Fall wie beispielsweise bei einer arglistigen Täuschung, kann die erbrachte unbestellte Leistung vom Unternehmer nicht zurückverlangt werden.
IX. Der Rücktritt vom Verbrauchervertrag und die Wirkung des § 241a BGB Die auf Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung kann aber nicht nur durch Anfechtung, sondern auch durch Rücktritt unwirksam werden. 1. Angesichts der an einen wirksamen Rücktritt gem. § 346 BGB anknüpfenden Rechtsfolgen stellt sich auch in diesem Zusammenhang die Frage des Einflusses von § 241a BGB, wenn ein Vertrag über eine unbestellte Leistung geschlossen wird. Ein Recht zum Rücktritt ist gem. § 346 BGB dann gegeben, wenn sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten hat oder ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zusteht. Da ein vertragliches Rücktrittsrecht eine schuldrechtliche Vereinbarung erfordert,782 sind es vornehmlich die gesetzlichen Rücktrittsrechte, die zu einer Rückabwicklung des Verbrauchervertrages führen können. Einschlägig sind insbesondere die Rücktrittsrechte, wenn die Kaufsache einen Sach- oder Rechtsmangel aufweist (§§ 437 Nr. 2, 440 i.V. m. § 323 BGB), wenn das Werk mangelhaft ist (§§ 634 Nr. 3, 636 i.V. m. § 323 BGB) oder ein Widerrufsrecht nach den Verbraucherschutzgesetzen gewährt wird (§§ 312, 312d, 485, 495 781 782
Siehe oben 3. Kapitel E I 3 b) (2) (a). Zur Wirksamkeit in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vgl. § 308 Nr. 3 BGB.
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BGB). Häufig wird der Verbrauchervertrag über eine bereits erbrachte unbestellte Leistung durch die Verwendung von Fernkommunikationsmitteln gem. § 312b Abs. 2 BGB geschlossen werden, so dass der zu Stande gekommene Fernabsatzvertrag gem. §§ 312b Abs. 1, 312d Abs. 1 i.V. m. § 355 BGB widerrufen werden kann.783 Nach § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Verbraucher an eine Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerruft.784 Aufgrund der Angleichung an die Rechtsfolgen des Rücktritts wandelt sich im Fall eines wirksamen Widerrufs gem. § 346 i.V. m. § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB das Vertragsverhältnis ex nunc in ein Abwicklungsverhältnis um.785 Aus diesem sind die Parteien verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. a) Als empfangene Leistung in diesem Sinne könnte die unbestellte Leistung angesehen werden, so dass trotz des ursprünglichen Anspruchsausschlusses ein Anspruch des Unternehmers auf Rückgabe oder Wertersatz besteht. Durch den Rücktritt wandelt sich der Verbrauchervertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis um, das die Grundlage für die Rückabwicklung bildet.786 Es könnte demzufolge angenommen werden, dass die ursprünglich durch § 241a BGB ausgeschlossenen gesetzlichen Ansprüche des Unternehmers durch die Rückabwicklung neu entstehen. Da die Rückgewähr der Leistungen rechtsdogmatisch als Ausfluss des durch den Rücktritt umgestalteten Vertrages verstanden wird,787 scheint § 241a BGB, der sich e contrario § 241a Abs. 2 BGB auf den Ausschluss der gesetzlichen Ansprüche beschränkt, schon aus diesem Grund keine Auswirkungen zu haben. b) Diese Auffassung würde jedoch die Wirkungen des Rücktritts verkennen und ist damit abzulehnen. Ziel des Rücktritts ist es, den status quo ante, d.h. den Zustand wiederherzustellen, der ohne den Vertrag bestanden hätte.788 Demnach sind nicht die empfangenen Leistungen schlechthin, sondern nur die auf783 Kritisch zur Widerrufbarkeit des Fernabsatzvertrages im Fall des § 241a BGB Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 10 f.: „Indes wird der Schutz durch das dem Verbraucher eingeräumte Widerspruchsrecht überdehnt.“ 784 MünchKomm-Ulmer § 361a Rn. 30; Ergänzungsband zu Palandt-Heinrichs Einf vor § 346 Rn. 13; § 355 Rn. 4; Musielak-Lackmann, ZPO, § 767 Rn. 27 (Widerruf); anders noch BGHZ 131, 82 zu § 1 Abs. 1 Haustürwiderrufsgesetz a. F., zum damaligen Streitstand MünchKommZPO-K. Schmidt § 767 Rn. 58, 63, 80. 785 St. Rspr. BGHZ 86, 313, 319; BGH NJW 98, 3268 re. Sp.; Staudinger-Kaiser (1995) Vorbem. zu §§ 346 ff. Rn. 1, 53; Staudinger-Kaduk (1994) Vorbem. zu §§ 346 ff. Rn. 14 ff. zu den Theorien über die Wirkungen des Rücktritts. 786 MünchKomm-Janßen Vor § 346 Rn. 45; Staudinger-Kaiser (1995) Vorbem. zu §§ 346 ff. Rn. 53; a. A. Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 419: gesetzlich normiertes Schuldverhältnis. 787 St. Rspr. BGHZ 86, 313, 319; BGH NJW 98, 3268 re. Sp. 788 Staudinger-Kaiser (1995) Vorbem. zu §§ 346 ff. Rn. 1, 54; Esser/Eike Schmidt, Schuldrecht I/1, § 19 III (S. 313); Leser, Rücktritt vom Vertrag, S. 165; BGB-RGRKBallhaus § 346 Rn. 17; Motive zum BGB, Band 2, § 427 (S. 280).
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
grund des Vertrages und damit zu dessen Erfüllung empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Ohne den Vertrag hätte der Unternehmer aber nichts für seine unbestellte Lieferung oder sonstige Leistung gem. § 241a BGB verlangen können. Sinn der Rücktrittsvorschriften ist es nicht, Ansprüche zu begründen, die ohne den Vertrag nicht bestanden hätten. Berücksichtigt man diese Wertung, dann ändern auch die Rechtsfolgen eines Rücktritts nichts an der anspruchsausschließenden Wirkung des § 241a BGB. 2. Somit ergibt sich ein vergleichbares Bild zwischen der Anfechtung des Verbrauchervertrages auf der einen und dem Rücktritt oder Widerruf eines Verbrauchervertrages auf der anderen Seite. Entscheidend ist, ob ein Vertrag über eine unbestellte oder bestellte Leistung geschlossen wurde. Der geschlossene Verbrauchervertrag kann nur im Fall der Wirksamkeit die Rechtsfolgen des § 241a BGB überlagern. Solange der Vertrag besteht, kann sich der Unternehmer auf die vertraglichen Ansprüche stützen. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die anspruchsausschließende Wirkung des § 241a Abs. 1 BGB sozusagen aufschiebend bedingt durch den Bestand des Verbrauchervertrages weiter besteht. Der Unternehmer, der sich aufgrund eines Rücktrittsvorbehaltes oder des Vorliegens eines Anfechtungsgrundes über eine Beseitigung eines Verbrauchervertrages Gedanken macht, sollte sich diese Wirkung vergegenwärtigen. Demgegenüber kann derjenige Verbraucher, der einen anfechtbaren oder gem. § 312d BGB widerrufbaren Verbrauchervertrag geschlossen hat, durch Ausübung seines ihm zustehenden Gestaltungsrechts noch in den Genuss der Wirkungen des § 241a Abs. 1 BGB kommen.
X. Die Aufhebung des Verbrauchervertrages und die Wirkung des § 241a BGB Zur Veränderung eines Schuldverhältnisses kann es nicht nur durch die oben genannten einseitigen Gestaltungsrechte wie Anfechtung und Rücktritt, sondern selbstverständlich auch durch einen Vertrag kommen. Solange der Verbrauchervertrag nicht aufgehoben wird, kommt die aufschiebend bedingte Wirkung des § 241a Abs. 1 BGB nicht zur Geltung. Gleiches gilt, wenn einzelne Forderungen durch Erlassvertrag gem. § 397 BGB zum Erlöschen gebracht werden, da dies nichts am Fortbestand des geschlossenen Vertrages ändert.789 Wird aber ein Verbrauchervertrag durch Aufhebungsvertrag beseitigt, stellt sich stets die Frage nach der Rückabwicklung der bereits ausgetauschten Leistungen. Zwar ist die Wirkung des Aufhebungsvertrages im Wege der Auslegung zu ermitteln, so dass die Parteien die Modalitäten der Rückabwicklung vereinbaren können. Ist dies jedoch nicht geschehen, stellt sich die Frage, welche Wirkungen ein 789 Staudinger-Olzen (1995) Einl. zu §§ 362 ff. Rn. 44, MünchKomm-Thode § 305 Rn. 45.
G. Tatbestand des § 241a Abs. 2 BGB
209
Aufhebungsvertrag hat. Bei der Aufhebung eines auf eine einmalige Leistung gerichteten Vertrages wird in der Regel davon ausgegangen, dass die Parteien den Vertrag als von Anfang an nicht geschlossen ansehen wollen.790 Da der Gesetzgeber keine Rückabwicklungsregeln für die Vertragsaufhebung normiert hat, ist umstritten, ob erbrachte Leistungen bei einer fehlenden Vereinbarung über die Rechtsfolgen der Aufhebung entsprechend §§ 346 ff. BGB oder §§ 812 ff. BGB zurückzugewähren sind. Zwar wird überwiegend davon ausgegangen, dass die Rückabwicklung nach den §§ 346 ff. BGB eher geeignet ist und dem Parteiwillen besser entspricht als die Rückgewähr nach den §§ 812 ff. BGB.791 Selbst wenn man aber grundsätzlich eine Rückgewähr gem. §§ 812 ff. BGB befürwortet,792 ist aufgrund der vorrangigen Auslegung des Aufhebungsvertrages nach § 242 BGB793 nicht davon auszugehen, dass der Verbraucher unbestellte Leistungen herauszugeben hat. Die Aufgabe der notwendigen ergänzenden Vertragsauslegung besteht darin, dass man die bereits getroffenen Regelungen weiterdenkt. Dabei sind die von beiden Parteien angenommenen Bewertungsmaßstäbe unter Berücksichtigung des Vertragszweckes und der gesamten Interessenlage zu Grunde zu legen.794 Berücksichtigt man dies vor dem Hintergrund des § 241a Abs. 1 BGB, ist ohne weitere Vereinbarung nicht anzunehmen, dass der Verbraucher etwas zurückgewähren will, was er aufgrund der Wirkung des § 241a Abs. 1 BGB ursprünglich hätte behalten können. Im Hinblick auf den sicher seltenen, aber doch möglichen Fall eines Aufhebungsvertrages über eine unbestellte Leistung, ist dies zu bedenken und in einer Vertragsgestaltung zu berücksichtigen.
G. Tatbestand des § 241a Abs. 2 BGB Ist der Anwendungsbereich des § 241a Abs. 1 BGB eröffnet, weil ein Unternehmer ohne Bestellung eine Leistung an einen Verbraucher erbracht hat, durchbricht der § 241a Abs. 2 BGB die daran anknüpfenden Rechtsfolgen. Der Anspruchsausschluss gem. § 241a Abs. 1 BGB greift danach nicht ein, wenn die Leistung nicht für den Empfänger bestimmt war oder wenn der Unternehmer die Leistung in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erbrachte.795 Weitere Voraussetzung ist in den beiden Alternativen des § 241a Abs. 2 BGB, dass der 790 BGH NJW 1978, 2198; Larenz, Schuldrecht I, § 19 II b (S. 272); a. A. Flume, Allgemeiner Teil II, § 33, 5 (S. 607). 791 MünchKomm-Thode § 305 Rn. 46; Larenz, Schuldrecht I, § 19 II b (S. 272); Staudinger-Olzen (1995) Einl. zu §§ 362 ff. Rn. 44; Gernhuber, Erfüllung, § 17, 4 (S. 399). 792 Erman-H. P. Westermann § 397 Rn. 3; MünchKomm-Schlüter § 397 Rn. 18. 793 MünchKomm-Mayer-Maly/Busche § 157 Rn. 26, wonach Grundlage der ergänzenden Vertragsauslegung nicht § 157 BGB ist. 794 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, § 33 Rn. 11. 795 Vgl. dazu Casper ZIP 2000, 1602, 1608 li. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 652.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Empfänger dies erkannt hat oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können. I. Während die erste Alternative durch die Regelung der so genannten Irrläufer einen eindeutigen Sachverhalt umfasst, der beispielsweise dann vorliegt, wenn aufgrund einer Verwechselung der Adressen oder eines Irrtums der Transportperson an einen nicht beteiligten Verbraucher geleistet wird,796 birgt die Bestimmung dessen, was Voraussetzung einer irrigen Vorstellung einer Bestellung im Sinn der zweiten Alternative ist, Unsicherheiten in sich. Stellt man auf den Wortlaut der Vorschrift ab, dann wird der Irrtum des Unternehmers hinsichtlich einer Bestellung vorausgesetzt. Insofern kommt es nur auf die fehlerhafte Willensbildung beim Unternehmer an. So muss § 241a Abs. 2 BGB bei bloß internen Irrtümern, die beispielsweise auf einer Fehlfunktion der Datenverarbeitung beruhen, in gleichem Maße Anwendung finden.797 Regelmäßig wird dieser Irrtum dem Empfänger zumindest erkennbar sein, wenn bei der Leistung auf eine nicht abgegebene Bestellung abgehoben wird. Demgegenüber trägt der Unternehmer die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 241a Abs. 2 BGB und damit auch für seinen Irrtum.798 II. Um das Problem des Missbrauchs der Vorschrift durch eine extensive Nutzung der Irrtumsregelung durch Unternehmer zu entschärfen, wird als weitere Voraussetzung postuliert, dass überhaupt Anzeichen für das Vorliegen einer Bestellung vorgelegen hätten, zum Beispiel eine unverbindliche Anfrage des Verbrauchers.799 § 241a Abs. 2, 2. Alt. BGB sei demnach nur anwendbar, wenn der Empfänger die unbestellte Leistung im weiteren Sinn veranlasst habe. Im Umkehrschluss liegt ein Irrtum des Unternehmers nicht vor, wenn er ohne ein solches Tätigwerden des Empfängers eine unbestellte Leistung erbringt. In Anknüpfung an die zivilrechtliche Lösung der Irrtumsfrage kann dem nicht gefolgt werden. Dem Zivilrecht ist nämlich der Gedanke unbekannt, dass der Irrtum in irgendeiner Art und Weise von einer Person veranlasst oder verschuldet worden sein muss, um erheblich zu sein.800 So ist es im Rahmen der §§ 119 ff. BGB nicht notwendig, dass der Anfechtungsgegner den Irrtum verursacht hat.801 Einzige Voraussetzung ist das Auseinanderfallen von Wille und Erklärung.802 796
Casper ZIP 2000, 1602, 1608 li. Sp. So im Ergebnis auch Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 12 f.; kritisch zur Missbrauchsgefahr durch § 241a Abs. 2 BGB Wendehorst DStR 2000, 1311, 1317 li. Sp. 798 MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 21; Bamberger/Roth-Grüneberg § 241a Rn. 15. 799 Casper ZIP 2000, 1602, 1608 li. Sp. 800 Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 738 ff.; Jauernig § 119 Rn. 1. 801 Eine Ausnahme stellt insofern § 123 Abs. 2 BGB dar, wenn Dritter täuscht. 802 MünchKomm-Kramer Vor § 116 Rn. 15; Brehm, Allgemeiner Teil, Rn. 194. 797
G. Tatbestand des § 241a Abs. 2 BGB
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Insbesondere der Wortlaut des § 241a Abs. 2 BGB gibt für ein abweichendes Verständnis keinen Anlass. Der Empfänger wird durch das Kriterium der Erkennbarkeit des Irrtums hinreichend geschützt. Ebenso ist nicht auszumachen, wann ein Anzeichen für das Vorliegen einer Bestellung vorliegen soll.803 Mag für den einen der regelmäßige geschäftliche Kontakt zum Unternehmer notwendig sein, um diese Voraussetzung zu erfüllen, ist für andere eine unverbindliche Anfrage oder bereits die Teilnahme an einem Gewinnspiel des Unternehmers, bei dem der Verbraucher seine persönlichen Daten bekannt gibt, ausreichend. Um einem Missbrauch vorzubeugen, ist nur der Weg gangbar, erhöhte Anforderungen an die Darlegung und den Beweis des Irrtums zu stellen. III. Nach der hier vertretenen Auffassung ist § 241a Abs. 2 BGB weiterhin nicht nur dann anzuwenden, wenn überhaupt keine Bestellung vorliegt oder eine solche zwar vorliegt, aber irrtümlich ein aliud geleistet wird.804 Vielmehr ist § 241a Abs. 2 BGB auch bei einer nichtigen oder unwirksamen Bestellung anzuwenden. Nach der abweichenden Auffassung in der Literatur gehöre das Vorliegen einer nichtigen oder unwirksamen Bestellung nicht in den Anwendungsbereich des § 241a Abs. 2 BGB.805 Sei die Bestellung unwirksam oder nichtig, liege trotzdem keine unbestellte Lieferung oder sonstige Leistung vor, da schon jede zurechenbare Veranlassung der Leistungserbringung durch den Adressaten zur Nichtanwendung des § 241a Abs. 1 BGB führe.806 Demzufolge stelle sich die Frage der Anwendbarkeit des § 241a Abs. 2 BGB in diesem Fall nicht. Dieses nicht mit dem Wortlaut und der Systematik des § 241a BGB übereinstimmende Ergebnis wird durch die hier vertretene abweichende Bestimmung der Bestellung vermieden.807 Sieht man die Bestellung als konstitutives Merkmal an, muss deren Unwirksamkeit oder Nichtigkeit zwangsläufig zu einer unbestellten Leistung führen. Damit ist § 241a Abs. 2 BGB auch in diesem Fall anwendbar. IV. Durch die Wirkung des § 241a Abs. 2 BGB bleiben alle gesetzlichen Ansprüche bestehen. Eine Haftung des Empfängers auf Schadens- oder Nutzungsersatz ergibt sich bei Zusendung einer unbestellten Sache gem. §§ 989, 990 Abs. 1 BGB. Voraussetzung ist aber die Bösgläubigkeit des Empfängers, welche gem. § 932 Abs. 2 BGB nur dann vorliegt, wenn er positive Kenntnis von der fehlenden Besitzberechtigung gegenüber dem Eigentümer hat oder
803
Casper ZIP 2000, 1602, 1608 li. Sp. Zur Frage der irrtümlichen Erbringung einer anderen als der bestellten Leistung siehe unten 3. Kapitel H II 3. 805 Casper ZIP 2000, 1602, 1608 li. Sp. 806 Löhnig JA 2001, 33 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1605 li. Sp.; MünchKommKramer § 241a Rn. 7; im Ergebnis auch Wendehorst DStR 2000, 1311, 1316 re. Sp.; a. A. Berger JuS 2001, 649, 651 re. Sp. 807 Siehe oben 3. Kapitel E I 3. 804
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
diese infolge grober Fahrlässigkeit nicht hat. Dies beurteilt sich danach, ob er den Irrtum des Unternehmers in grob fahrlässiger Weise nicht erkannte. Die Annahme, den Empfänger bis zur Verweigerung der Herausgabe in keinem Fall als bösgläubigen Besitzer anzusehen, ist unhaltbar.808 Der Ursprung dieses Gedankens ist in der bürgerlich-rechtlichen Beurteilung der Zusendung unbestellter Waren zu suchen, die außerhalb des Anwendungsbereichs von § 241a BGB weiterhin Anwendung findet. Während einige Vertreter in diesem Bereich eine grundsätzliche Haftung nach den §§ 989, 990 Abs. 1 BGB annehmen,809 verneinen andere die Haftung aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, solange der Empfänger die Herausgabe nicht verweigere.810 Da der Gesetzgeber mit § 241a BGB diese streitigen Haftungsfragen beenden wollte, ist davon auszugehen, dass der Empfänger bei Ausschluss des § 241a Abs. 1 BGB durch § 241a Abs. 2 BGB bei Bösgläubigkeit der Haftung nach dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis unterliegt. Eine weitere Haftung gem. § 823 BGB ist nach § 993 Abs. 1 a. E BGB ausgeschlossen. Eine Milderung des Haftungsmaßstabes entsprechend § 300 Abs. 1 BGB und damit eine Gleichbehandlung mit den Fällen der bewusst unbestellt erbrachten Lieferung vor Schaffung des § 241a BGB ist nicht vorzunehmen.811 Grund für die entsprechende Anwendung des § 300 Abs. 1 BGB ist, dass die Situation des Empfängers mit derjenigen eines Schuldners vergleichbar ist, der vergeblich zu leisten versuchte, denn auch letzterem wird die Aufbewahrungspflicht vom Gläubiger aufgedrängt.812 Aufgrund des Irrtums ist der Eingriff in die Sphäre des Empfängers nicht mehr unzulässig und daher vom Empfänger hinzunehmen. Mit dieser Duldungspflicht ist die Anwendung der Haftungserleichterung nicht vereinbar. Abzulehnen ist weiterhin die dem Empfänger teilweise auferlegte Pflicht, bei Kenntnis des Irrtums den Unternehmer nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB zu benachrichtigen.813 In Kenntnis einer entsprechenden Regelung in § 864 Abs. 2 Satz 3 AGBG und Art. 6a Abs. 3 OR814 hat der deutsche Gesetzgeber auf eine solche Pflichtenbegründung verzichtet. Damit besteht eine Aufbewahrungspflicht der gelieferten Sache. Eine Rücksendungspflicht besteht hingegen nicht, so dass bei freiwilliger Rücksendung
808
MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 16. MünchKomm-Medicus Vor §§ 987–1003 Rn. 16; Schwung JuS 1985, 449, 451 re. Sp. m.w. N. 810 Staudinger-Gursky Vorb §§ 987–993 Rn. 11; Palandt-Bassenge Vorbem. § 987 Rn. 6. 811 Casper ZIP 2000, 1602, 1608 re. Sp.; a. A. MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 16; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 25. 812 Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 42 m.w. N. 813 MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 16. 814 Vgl. Anhang II. 809
H. Tatbestand des § 241a Abs. 3 BGB
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ein Aufwendungsersatzanspruch des Empfängers gem. §§ 670, 683 Satz 1, 677 BGB entsteht. Bei sonstigen unbestellten Leistungen, die nicht die Lieferung einer Sache gem. § 90 BGB betreffen, ergibt sich eine Herausgabepflicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 i.V. m. § 818 Abs. 1 BGB815 und im Fall der Unmöglichkeit der Herausgabe ein Anspruch auf Wertersatz aus § 818 Abs. 2 BGB. Eine Entreicherung gem. § 818 Abs. 3 BGB ist nur für den Fall der positiven Kenntnis gem. § 819 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.816 Zwar gibt § 241a Abs. 1 BGB keinen Rechtsgrund für die unbestellte Leistung, so dass sich die Kenntnis nicht auf den Mangel des rechtlichen Grundes beziehen kann. Dem ist es jedoch gleichzusetzen, wenn der Empfänger glaubt, aufgrund des § 241a Abs. 1 BGB gar keinem Anspruch ausgesetzt zu sein.
H. Tatbestand des § 241a Abs. 3 BGB Eine weitere Ausnahme vom Grundtatbestand stellt § 241a Abs. 3 BGB dar. Danach liegt eine unbestellte Leistung nicht vor, wenn dem Verbraucher statt der bestellten eine nach Qualität und Preis gleichwertige Leistung angeboten und er darauf hingewiesen wird, dass er zur Annahme nicht verpflichtet ist und die Kosten der Rücksendung nicht zu tragen hat.
I. Wettbewerbsrechtliche Beurteilung Nach der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung ist die Erbringung einer anderen als der bestellten Leistung eine irreführende Wettbewerbshandlung und demnach gem. § 1 UWG wettbewerbswidrig.817 Anders als bei einer überhaupt nicht bestellten Leistung hebt der BGH neben dem Gesichtspunkt der Belästigung des Bestellers die Tatsache der irreführenden Wirkung der abweichenden Leistung hervor. Es widerspräche dem Anstandsgefühl des redlichen, verständigen Durchschnittsgewerbetreibenden, dass dem Besteller eine nicht verlangte Ware oder Leistung an Stelle der verlangten Ware oder Leistung in der Hoffnung aufgedrängt werde, dass der Besteller den Unterschied nicht bemerke.818 815 Bei § 241a Abs. 2, 1. Alt. BGB liegt eine Eingriffskondiktion vor, da bei einem Irrläufer keine bewusste willentliche Wertverschaffung vorliegt. Demgegenüber ist bei § 241a Abs. 2, 2. Alt. BGB eine Leistungskondiktion gegeben. 816 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 73 II 5 (S. 319), der bei Kenntnis in § 818 Abs. 2 BGB eine eigenständige Anspruchsgrundlage sieht, die von den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 989 BGB unabhängig sei. 817 BGH GRUR 1965, 361 – Taxi-Bestellung; BGH GRUR 1965, 607 – Funkmietwagen; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 23; Frage der Wettbewerbswidrigkeit nach § 3 UWG offen lassend vgl. BGH GRUR 1965, 361 re. Sp. – TaxiBestellung.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Mit Rücksicht auf diesen Umstand sei es nach dem Wettbewerbsrecht unabhängig von Qualität und Preis der Ersatzleistung notwendig, aber auch ausreichend, wenn der Unternehmer den Besteller bei der Entgegennahme der Bestellung, spätestens aber bei der Leistungserbringung über die Abweichung aufkläre, um die Sittenwidrigkeit der Ersatzleistung auszuschließen.819 Ähnlich der Beurteilung bei der gänzlich unbestellten Leistung entfalle die Wettbewerbswidrigkeit, wenn der Wettbewerber davon ausgehen könne, dass der Kunde an der anderen Leistung das gleiche Interesse habe.820
II. Erbringung einer anderen als der bestellten Leistung gem. § 241a Abs. 3 BGB Im Vergleich zur wettbewerbsrechtlichen Beurteilung führt § 241a Abs. 3 BGB zu einem strengeren Maßstab bei der Beurteilung des Ersatzes der bestellten Ware. Sowohl hinsichtlich des Erfordernisses der Gleichwertigkeit als auch des Hinweises auf die fehlende Annahmeverpflichtung und die Kostentragung der Rücksendung werden abweichend von der bisherigen wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit höhere Anforderungen gestellt.821 Zwar kann auch hier eine ständige Geschäftsbeziehung und ein daraus abzuleitendes Interesse des Empfängers nach den Grundsätzen eines willens- und interessegemäßen Handelns für einen anderen schon zu einer Nichtanwendbarkeit des § 241a Abs. 1 BGB führen.822 Ohne einen näheren Kontakt zwischen Unternehmer und Empfänger kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass der Besteller jeweils bereit ist, infolge seiner Bestellung ein Surrogat zu akzeptieren.823 1. Angebot einer nach Qualität und Preis gleichwertigen Leistung Die Bestimmung des § 241a Abs. 3 BGB hat Kritik hervorgerufen, da unklar ist, wann eine Leistung nach Qualität und Preis gleichwertig ist.824 Aufgrund der Unbestimmtheit der verwendeten Begriffe und der damit verbundenen An818 BGH GRUR 1965, 607, 608 li. Sp. – Funkmietwagen; missverständlich Casper ZIP 2000, 1602, 1608 re. Sp., der meint, die Konstellation der Aliud-Lieferung sei bisher nicht zur Fallgruppe der Lieferung unbestellter Waren gezählt worden. 819 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 23; BGH GRUR 1965, 361 – Taxi-Bestellung. 820 Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 23. 821 Woraus sich nach obigem Verständnis ein Umsetzungsbedarf des Art. 9, erster Spiegelstrich FARL ergibt. 822 Siehe oben 3. Kapitel F II 1 und F III 4 c) bb) (2) (b). 823 Im Versandhandel ist zu prüfen, ob sich der Unternehmer die Änderung der versprochenen Leistung wirksam vorbehalten hat gem. § 308 Nr. 4 BGB. 824 Deckers NJW 2001, 1474, 1475 li. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 12 f.
H. Tatbestand des § 241a Abs. 3 BGB
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wendungsprobleme wird in der Literatur größtenteils eine kasuistische Bestimmung der Tatbestandsmerkmale vorgenommen.825 a) Gleichwertigkeit der Qualität In der Tat ist die Bestimmung dessen, was eine gleichwertige Qualität hat, genauso schwierig wie wichtig für die Darstellung des Anwendungsbereiches der Norm. aa) Nach einer allgemeinen Definition ist Qualität die Gesamtheit der charakteristischen Eigenschaften einer Person oder Sache. Sie bestimme sich im Hinblick auf eine Ware oder Dienstleistung nach deren Unterscheidungsmerkmalen gegenüber anderen Waren oder Dienstleistungen und sei deshalb kein absoluter, sondern ein relativer Begriff.826 Erleichtert wird die Anwendung durch das Kriterium der Gleichwertigkeit der Qualität, das im Gegensatz zu einer denkbaren Formulierung im Sinne derselben Qualität einen größeren Spielraum bei der Bewertung lässt. Dennoch stellt sich die Frage, welches Maß an Übereinstimmung in den Eigenschaften einer ersatzweisen Leistung gefordert wird. bb) Aufgrund der eigentumsbeschränkenden Wirkung des § 241a Abs. 1 BGB sollte unter extensiver Auslegung der Vorschrift ein größerer Spielraum zu Gunsten des Unternehmers angenommen werden. Denn der Empfänger hat zumindest etwas bestellt und wird durch die Leistungserbringung nicht derart überrascht, wie der Empfänger, der nie etwas bestellt hat. Durch den Hinweis, dass er zur Annahme nicht verpflichtet ist und die Kosten der Rücksendung nicht zu tragen hat, wird er vor der ansonsten bestehenden Unsicherheit über die Rechtslage geschützt. Ein rechtsunkundiger Laie wird sich nach der Aufklärung nicht aus vermeintlich rechtlichen oder moralischen Gründen zum Kauf genötigt sehen. Zwar kann der Hinweis, dass der Empfänger die Kosten der Rücksendung nicht zu tragen hat, die Fehlvorstellung hervorrufen, dass er zu einer solchen Handlung verpflichtet ist. Insofern ist § 241a Abs. 3 BGB aber lediglich verbesserungswürdig.827 Demgegenüber würde bei entsprechend enger Auslegung kein Unternehmer von einer Ersatzleistung gem. § 241a Abs. 3 BGB Gebrauch machen, wenn er stets das Damoklesschwert des § 241a Abs. 1 BGB befürchten muss. Demnach kann Deckers zugestimmt werden, der eine Gleichwertigkeit der Qualität schon dann annimmt, wenn ein redlicher Unternehmer annehmen dürfe, dass der Emp825 Berger JuS 2001, 649, 652 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1609 li. Sp.; Kamanabrou WM 2000, 1417, 1426 Fn. 84. 826 Brockhaus, Stichwort Qualität; zur Verwendung von Lexika oder Fachliteratur zur Feststellung des Wortsinns vgl. BGH NJW 1986, 431 re. Sp. für Ermittlung des Wortsinns von Omnibus durch den Brockhaus. 827 Deckers NJW 2001, 1474, 1475 li. Sp.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
fänger die ersatzweise erbrachte Leistung an Erfüllungs statt akzeptiere.828 Anzuzweifeln ist nur die Herleitung dieses Ergebnisses durch eine Anwendung des Gedankens des § 378 HGB zu Gunsten des Unternehmers. Diese Vorschrift wurde durch Art. 5 Abs. 16 Nr. 6 des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ersatzlos gestrichen.829 Darüber hinaus war stets umstritten, ob die gem. §§ 343 Abs. 1, 377 HGB ein Handelsgeschäft voraussetzende Vorschrift des § 378 HGB im Zivilrecht entsprechend angewendet werden konnte.830 Ein vergleichbares Ergebnis sollte besser aufgrund der eben dargelegten und dem § 241a BGB zu Grunde liegenden Interessenlage gewonnen werden. Solange damit die erbrachte von der bestellten Leistung nicht so gravierend abweicht, dass sie offensichtlich nicht als Leistung auf die Bestellung verstanden werden kann, liegt die Gleichwertigkeit der Qualität vor. b) Gleichwertigkeit des Preises Neben der Gleichwertigkeit der Qualität ist die Gleichwertigkeit des Preises eine weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 241a Abs. 3 BGB. aa) Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist mit dem Preis der Betrag gemeint, der beim Kauf einer Ware oder Leistung bezahlt werden muss.831 Dieses Verständnis setzt aber voraus, dass bereits ein Vertrag über eine bestimmte Leistung geschlossen worden ist. In der Situation der Ersatzleistung liegt ein solcher aber noch nicht vor. Vielmehr wurde das ursprüngliche Angebot des Verbrauchers durch die Ersatzleistung abgeändert und gilt gem. § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung, verbunden mit einem neuen Antrag. Es steht damit noch nicht fest, welcher Gegenwert für die Leistung erbracht werden muss. Demnach ist zu fragen, ob die der Ersatzleistung des Unternehmers zu Grunde liegende einseitige Preisvorstellung mit derjenigen vergleichbar ist, auf der die ursprünglich bestellte Leistung basierte. Dies ist dann der Fall, wenn die dem ursprünglichen Angebot des Verbrauchers zu Grunde liegende Vorstellung über einen später zu zahlenden Preis erneut als möglicher Vertragsinhalt für die Ersatzleistung des 828 Deckers NJW 2001, 1474, 1475 li. Sp.; a. A. Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 14, wonach der vertragsgemäße Gebrauch der Leistung aus Sicht des Bestellers zu Grunde zu legen ist; Casper ZIP 2000, 1602, 1609 li. Sp., der auf den objektiven Wert der Ersatzware im Vergleich zum vertraglich vereinbarten Preis abstellt; Wrase/MüllerHelle NJW 2002, 2537, 2538 re. Sp., die auf die Verkehrsanschauung abstellen; Bamberger/Roth-Grüneberg § 241a Rn. 8, der die Sicht eines vernünftigen Bestellers maßgeblich sein lässt. 829 Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 (BGBl. I, S. 3138). 830 Soergel-Huber Vor § 459 Rn. 118 ff.; Erman-Grunewald Vor § 459 Rn. 46 ff. m.w. N., wobei diese Abgrenzung nun durch § 434 Abs. 3 BGB nicht mehr maßgeblich ist. 831 Rechtslexikon, Stichwort Preis; zur Heranziehung von Lexika zur Feststellung des Wortsinns vgl. Schmalz, Methodenlehre, Rn. 232.
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Unternehmers vorgeschlagen wird. Geringe Abweichungen stehen der Gleichwertigkeit nicht entgegen, da vom Gesetz nicht Gleichheit des Preises verlangt wird. Aufgrund des weitreichenden Anspruchsausschlusses des § 241a BGB kann mit Grüneberg davon ausgegangen werden, dass Preisabweichungen von bis zu zehn Prozent vom Empfänger hinzunehmen sind.832 bb) Nach einer abweichenden Auffassung wird das Tatbestandsmerkmal des Preises objektiv bestimmt. Für die Frage, wann eine Gleichwertigkeit vorliege, sei auf den objektiven Wert der Ersatzware im Vergleich zum ursprünglich angestrebten Preis abzustellen.833 Dieses Verständnis führt aber insbesondere dann zu widersprüchlichen Ergebnissen, wenn der Unternehmer aus Kulanz den der bestellten Leistung zu Grunde liegenden Preis auch für die objektiv werthaltigere und ersatzweise erbrachte Leistung verlangt. Dem Unternehmer dann gem. § 241a Abs. 1 BGB sämtliche Ansprüche zu versagen, erscheint nicht angemessen, solange die Qualität gleichwertig ist. Der Empfänger wird in diesem Fall bevorteilt, da er eine höherwertige Leistung erhält. Preis im Sinne des § 241a Abs. 3 BGB ist demnach der vom Unternehmer in Bezug auf die Ersatzleistung vorgeschlagene Geldbetrag. Wenn der Unternehmer beim Erbringen der Ersatzleistung keine ausdrückliche Erklärung zum Preis abgibt, ist im Zweifel von dem der Bestellung zu Grunde liegenden Angebot auszugehen. 2. Hinweis auf die fehlende Annahmepflicht und die Nichttragung der Rücksendungskosten Die durch Art. 7 Abs. 3 FARL geforderte und in § 241a Abs. 3 BGB umgesetzte Hinweispflicht bei der Leistung einer anderen als der bestellten Sache umfasst den Hinweis auf die fehlende Abnahmepflicht und die Nichttragung der Rücksendungskosten. Der Hinweis soll grundsätzlich mit der ersatzweisen Leistung erteilt werden. Erforderlich ist jedoch, dass der Hinweis spätestens mit dem Zugang der Ersatzware oder dem Empfang der Leistung zugeht und sich auf eine konkrete Leistung bezieht, wobei eine besondere Form für den Hinweis nicht erforderlich ist.834 Die Verletzung der Hinweispflicht des Unternehmers macht die Erbringung der Ersatzleistung zu einer unbestellten Ware und löst den Anspruchausschluss gem. § 241a Abs. 1 BGB aus.835 Da für den Unternehmer nicht unerhebliche Beweisprobleme entstehen, wenn der Verbraucher 832 Bamberger/Roth-Grüneberg § 241a Rn. 8; a. A. Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 14 Fn. 49. 833 Casper ZIP 2000, 1602, 1609 li. Sp. 834 Casper ZIP 2000, 1602, 1609 li. Sp.; Deckers NJW 2001, 1474, 1475 li. Sp.; Bamberger/Roth-Grüneberg § 241a Rn. 8; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 13, der die Zulässigkeit eines unverzüglich nach der Ersatzleistung gem. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB nachgereichten Hinweises andenkt.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
bestreitet, einen Hinweis erhalten zu haben, sollte der Unternehmer den Verbraucher zunächst davon informieren, dass die bestellte Leistung nicht erbracht werden kann. Ist der Verbraucher mit der abweichenden Leistungserbringung einverstanden, findet auf die damit vereinbarte Ersetzungsbefugnis § 241a Abs. 3 BGB keine Anwendung.836 3. Einschränkung der Vorschrift Wie so oft im Zusammenhang mit § 241a BGB wird auch zu diesem Absatz eine Auslegung gefordert, die den Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB im Ergebnis einschränkt. a) So erscheinen Kramer die Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB unbillig, wenn die Leistung nach Qualität und Preis nicht gleichwertig sei, weil es sich beispielsweise um ein minderwertiges oder höherwertiges aliud handele. Sei der Unternehmer seiner Hinweisobliegenheit gem. § 241a Abs. 3 BGB nachgekommen, dann solle in diesem Fall § 241a Abs. 2 BGB entsprechend angewendet werden, da diese Situation mit einer irrigen Vorstellung einer Bestellung vergleichbar sei.837 Danach solle der Unternehmer bei Erfüllung der Hinweisobliegenheit ohne Rücksicht auf Qualität und Preis die Leistung zurückverlangen dürfen. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Casper, der sogar vorschlägt, unabhängig von einer weiteren Erfüllung der Hinweisobliegenheit den § 241a Abs. 2, 2. Alt. BGB entsprechend anzuwenden, wenn der Unternehmer statt der bestellten eine zur Erfüllung untaugliche Leistung erbringt.838 Dieses Ergebnis wird damit gerechtfertigt, dass der Verlust der Ansprüche rechtspolitisch äußerst fragwürdig sei, da der Empfänger aufgrund der vorangegangenen Bestellung regelmäßig wissen müsse, dass die Erfüllung fehlgeschlagen und deshalb rückabzuwickeln sei.839 b) Die dargestellten Vorschläge gehen von der Situation aus, in der dem Unternehmer bei der Bearbeitung der Bestellung ein Versehen unterläuft und er eine andere als die bestellte Leistung erbringt. Diese Prämisse wird zwar nicht ausdrücklich hervorgehoben, ergibt sich aber aus der Forderung einer analogen Anwendung des § 241a Abs. 2 BGB, der auch bei einer entsprechenden Anwendung einen Irrtum voraussetzt.
835 Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 13; Wrase/Müller-Helle NJW 2002, 2537, 2538 li. Sp.; a. A. Stock GewArch 2000, 471, 475 re. Sp. der meint, dass diese Frage von der Rechtsprechung entschieden werden müsse. 836 Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 14 m.w. N. 837 MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 20. 838 Casper ZIP 2000, 1602, 1608 f. 839 Einschränkend auch Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 2 bei Bestellung unter „eilt sehr.“
H. Tatbestand des § 241a Abs. 3 BGB
219
Liegt jedoch der genannte Fall der irrtümlichen Erbringung einer anderen Leistung vor, gehen der Unternehmer oder sein Handlungsgehilfe davon aus, dass die erbrachte Leistung auch bestellt ist. Im Zeitpunkt der Leistungserbringung glaubt er, dass Leistung und eingegangene Bestellung übereinstimmen. Er geht irrtümlich von einer Bestellung der Leistung aus. Es liegt damit ein Fall des § 241a Abs. 2, 2. Alt. BGB in direkter Anwendung der Norm vor.840 Es kann nicht danach unterschieden werden, ob gar keine Bestellung vorliegt und der Unternehmer irrtümlich von einer solchen ausgeht oder ob eine andere Bestellung vorliegt und der Unternehmer dieser irrtümlich nicht entspricht. In beiden Fällen liegt der Leistung irrtümlich keine Bestellung zu Grunde. Selbst wenn man dem nicht folgt, kann eine entsprechende Anwendung von § 241a Abs. 2 BGB nicht von einem Hinweis durch den Unternehmer gem. § 241a Abs. 3 BGB abhängen.841 Liegt ein Irrtum vor, hat der Unternehmer nämlich begriffsnotwendig keine Kenntnis von seiner abweichenden Leistungserbringung, so dass er einen Hinweis unmöglich erteilen kann. Der Unternehmer könnte dem Erfordernis nur durch einen pauschalen Hinweis für den Fall eines Irrtums entsprechen, was nicht dem Sinn der Regelung des § 241a Abs. 3 BGB entspricht. c) Demnach bedarf es keiner Einschränkung des Anwendungsbereiches des § 241a Abs. 3 BGB, da diesem Fall durch eine Anwendung des § 241a Abs. 2 BGB Rechnung getragen werden kann. Ist dem Unternehmer dagegen bewusst, dass er von der Bestellung abweicht, dann müssen die Voraussetzungen des § 241a Abs. 3 BGB vorliegen. 4. Weitere Problemfälle Schwierigkeiten bereiten in diesem Zusammenhang seltene Fälle, in denen der Unternehmer eine Leistung von höherer Qualität zum gleichen Preis oder noch billiger erbringt. Nach Deckers soll § 241a Abs. 3 BGB immer dann angewendet werden, wenn der Unternehmer redlich handelt. Dies sei dann der Fall, wenn eine gleich gute oder bessere Sache zum geringeren Preis oder eine bessere Sache zum gleichen Preis angeboten werde.842 Dem ist entgegenzuhalten, dass § 241a Abs. 3 BGB sowohl die Gleichwertigkeit der Qualität als auch des Preises verlangt. Diese kumulativen Voraussetzungen bestehen aus gutem Grund, da der Verbraucher bei einer qualitativ höher840 Wrase/Müller-Helle NJW 2002, 2537, 2538 li. Sp., der aber § 241a Abs. 2, 1. Alt. anwendet. 841 A. A. MünchKomm-Kramer § 241a Rn. 20. 842 Deckers NJW 2001, 1474, 1475 li. Sp.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 14; Härting, Fernabsatzgesetz, Einl. Rn. 100.
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
wertigen Leistung möglicherweise den Preis nicht ernst nehmen wird und dadurch in eine Zwangslage versetzt wird. Er hat dann entsprechend einer von Anfang an unbestellten Sache die Entscheidung zu treffen, wie er mit der Sache zu verfahren hat. Wie oben dargelegt,843 sollte man das Kriterium der Gleichwertigkeit der Qualität im Sinne einer vernünftigerweise denkbaren Billigung des Verbrauchers verstehen. Dadurch ist § 241a Abs. 3 BGB nur dann nicht anwendbar, wenn eine gänzlich abweichende Leistung erbracht wird. Der theoretische Fall, dass eine qualitativ gleichwertige Leistung zum niedrigeren Preis angeboten wird, geht von einem altruistisch handelnden Unternehmer aus und ist demnach zu vernachlässigen. Werden dagegen Leistungen schlechterer Qualität zum niedrigeren Preis oder qualitativ höherwertige Leistungen zum höheren Preis angeboten, besteht keine Veranlassung, § 241a Abs. 3 BGB anzuwenden.844 Nach dem Sinn und Zweck des § 241a BGB soll der Verbraucher davor geschützt werden, dass Dritte unabhängig von dem geäußerten Willen darüber entscheiden, was geleistet wird. Diese Entscheidung trifft nur der Leistungsempfänger selbst. Weicht der Unternehmer von dieser in grober Weise ab, kann er nicht auf § 241a Abs. 3 BGB vertrauen. Die gezeigten Unsicherheiten bei der Anwendung des § 241a Abs. 3 BGB und die weitreichenden Folgen des § 241a Abs. 1 BGB sollten den Unternehmer dazu veranlassen, vor der Ersatzleistung in jedem Fall das Einverständnis des Verbrauchers einzuholen.
I. § 241a und der strafrechtliche Schutz des Eigentums Nach der oben verfolgten Argumentation bewirkt § 241a BGB keine Veränderung der dinglichen Rechtslage.845 Damit bleibt der Unternehmer oder ein Dritter Eigentümer der gelieferten Ware. Trotz der unveränderten Eigentumslage steht dem Empfänger aber ein dauerhaftes Recht zum Besitz an der Sache zu.846 Er kann gem. § 241a BGB nach Belieben mit der Sache verfahren und sich dieser demzufolge entledigen oder über diese verfügen.847 Dies veranlasst die weitere Frage nach der strafrechtlichen Beurteilung eines solchen Verhaltens des Empfängers. Verfügt der Empfänger beispielsweise über die Sache, könnte er sich gem. § 246 StGB schuldig machen. Danach wird bestraft, wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig 843
Siehe oben 3. Kapitel H II 1 a). A. A. Deckers NJW 2001, 1474, 1475 li. Sp. 845 Siehe oben 3. Kapitel F IV. 846 Siehe oben 3. Kapitel F V. 847 Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 8; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rn. 182; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, § 12, 5 (S. 155); a. A. Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp.; Casper ZIP 2000, 1602, 1605 ff.; Lorenz JuS 2000, 833, 841 li. Sp.; Sosnitza BB 2000, 2317, 2322 re. Sp.; a. A. Casper ZIP 2000, 1602, 1609 re. Sp.; Berger JuS 2001, 649, 653 li. Sp. 844
I. § 241a und der strafrechtliche Schutz des Eigentums
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zueignet. Ebenso könnte es zu einer Strafbarkeit des Empfängers nach § 303 StGB führen, wenn er die im fremden Eigentum stehende Sache beschädigt oder zerstört. A. Eine Strafbarkeit scheint sich insbesondere aus der Anknüpfung der Eigentumsschutztatbestände des Strafrechts an den Eigentumsbegriff des Bürgerlichen Rechts zu ergeben.848 Die Fremdheit einer Sache bestimmt sich nach überwiegender Ansicht unter Rückgriff auf die zivilrechtlichen Grundsätze.849 Demzufolge ist jede Sache für den Täter fremd, die weder herrenlos noch in seinem Alleineigentum steht.850 Eignet sich der Empfänger die Sache durch ein Gebrauchen der Sache in eigentümerähnlicher Weise zu, was beispielsweise durch eine Verfügung zu Gunsten eines Dritten geschehen kann, dann erfüllt er damit den Tatbestand des § 246 StGB. Beschädigt oder zerstört der Empfänger die Ware, dann liegt § 303 StGB tatbestandsmäßig vor.851 Zu einem anderen Ergebnis kommt man hingegen, wenn man den Begriff „fremd“ vom zivilrechtlichen Eigentumsbegriff löst und eine Sache bereits dann als nicht fremd ansieht, wenn eine Person, unabhängig von der eigentumsrechtliche Lage, eine umfassendere Vermögensposition an der Sache innehat.852 Das zivilrechtliche Eigentumsrecht entfaltet danach nur eine widerlegbare Vermutung für die stärkere Vermögensposition.853 Bei einer entsprechenden wirtschaftlichen Betrachtung wäre zu berücksichtigen, dass dem Empfänger durch § 241a BGB eine umfassende Entscheidungsbefugnis über den Verbleib der unbestellten Sache zusteht. Diese Rechtsmacht geht weit über die dem Eigentümer aus seiner formalen Rechtsstellung fließenden Rechte hinaus. Wirtschaftlich ist die unbestellte Ware damit dem Empfänger zugeordnet.854 Mit einer rein wirtschaftlichen Bestimmung des Tatbestandsmerkmals der Fremdheit büßt der strafrechtliche Eigentumsschutz jedoch an Vorhersehbarkeit ein. Die strafrechtliche Beurteilung der Fremdheit verliert ihre klare, formelhafte Eindeutigkeit durch die Verabschiedung von formalen Kriterien.855 Dies 848 Schwarz NJW 2001, 1449, 1453 f.; a. A. Riehm, Jura 2000, 505, 512 li. Sp., der gestützt auf die drohende Strafbarkeit einen Eigentumsübergang gem. § 241a BGB annimmt; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4. 849 BGHSt 6, 377, 378; Mitsch, Strafrecht BT 2, § 1 Rn. 21; § 2 Rn. 11; § 5 Rn. 17; Schönke/Schröder-Eser § 242 Rn. 12, der ausführt, es gäbe keinen besonderen strafrechtlichen Eigentumsbegriff; Tröndle/Fischer § 242 Rn. 4; Lackner/Kühl § 242 Rn. 4; Matzky NStZ 2002, 458, 459 Fn. 22 m.w. N. 850 Tröndle/Fischer § 242 Rn. 4. 851 Vgl. Matzky NStZ 2002, 458, 459. 852 Otto Jura 1996, 219, 220 li. Sp.; ders., Grundkurs BT, § 40 Rn. 10 ff. m.w. N. 853 Otto, Grundkurs BT, § 40 Rn. 11. 854 Matzky NStZ 2002, 458, 461 li. Sp., der die stärkere Vermögensposition des Verbrauchers als offensichtlich bezeichnet. 855 Matzky NStZ 2002, 458, 461 li. Sp.; zu diesem Argument der herrschenden Meinung vgl. Otto, Grundkurs BT, § 40 Rn. 9.
222
3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
wird im Fall des § 241a BGB besonders deutlich, wenn man sich die oben dargestellte Meinungsvielfalt zur Reichweite des Anspruchsausschlusses verdeutlicht.856 Geht man beispielsweise mit einer Ansicht davon aus, dass § 241a Abs. 1 BGB den Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB nicht ausschließt,857 dann ist eine Entscheidung über die wirtschaftliche Zuordnung der unbestellten Sache nur schwer vorzunehmen. Der Empfänger ist unter dieser Prämisse zwar immer noch berechtigt, sich der Sache zu entledigen,858 hat diese aber, solange er im Besitz der Sache ist, auf Verlangen wieder an den Eigentümer herauszugeben. Eine wirtschaftliche Zuordnung hängt somit maßgeblich von dem jeweils angenommenen Standpunkt über die Reichweite der Vorschrift des § 241a BGB ab. Die in dieser Frage bestehenden Unsicherheiten sollten nicht auf den strafrechtlichen Tatbestand übertragen werden.859 B. § 241a BGB kann jedoch einen Rechtfertigungsgrund darstellen.860 Mit der Feststellung, dass ein Sachverhalt dem typischen Unrechtsgehalt eines Straftatbestandes unterfällt, ist nämlich noch kein endgültiges Unrechtsurteil verbunden.861 Rechtfertigungsgründe sind Erlaubnissätze, die das Indiz der Rechtswidrigkeit einer tatbestandsmäßigen Handlung widerlegen und damit die Rechtmäßigkeit der Tat, d.h. ihre Vereinbarkeit mit der Gesamtrechtsordnung, begründen.862 Dabei wird davon ausgegangen, dass die Rechtsordnung nur einen einheitlichen Begriff der Rechtswidrigkeit kennt, da nur die Rechtsfolgen in den einzelnen Rechtsgebieten verschieden sind.863 Demzufolge müssen die Rechtfertigungsgründe aus der Gesamtheit der Rechtsordnung hergeleitet werden.864 Grundsätzlich ist damit die Anwendung von bürgerlich-rechtlichen Rechtfertigungsgründen und somit des § 241a BGB möglich.865 Ein Rechtfertigungsgrund basiert auf der Tatsache, dass die Rechtsordnung nicht nur aus Verboten, sondern auch aus Gewährungen besteht, welche die Verbote unter bestimmten Vorausset856
Siehe oben 3. Kapitel F I ff. Bülow/Artz NJW 2000, 2049, 2056 re. Sp.; so auch Flume ZIP 2000, 1427, 1429 li. Sp.: „§ 241a BGB ist . . . als pro non scripto zu behandeln.“ Casper ZIP 2000, 1602, 1605 ff.; Deckers NJW 2001, 1474 re. Sp.; Hk-BGB/Schulze § 241a Rn. 6; Härting, Fernabsatzgesetz, Einl. Rn. 92; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4. 858 Dieses Recht auf Beseitigung der Sache wird unabhängig von der Frage des Bestandes des Vindikationsanspruches einhellig anerkannt. 859 Im Ergebnis so auch Matzky NStZ 2002, 458, 461 li. Sp., wonach die herkömmliche Auslegung des Begriffs fremd nicht ohne Not über Bord geworfen werden sollte. 860 So Matzky NStZ 2002, 458, 462 f.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 7 Fn. 23; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 6; Bamberger/Roth-Grüneberg § 241a Rn. 10; a. A. Schwarz NJW 2001, 1449, 1453 re. Sp. ohne weitere Begründung. 861 Schönke/Schröder-Lenckner Vorbem §§ 32 ff. Rn. 4 m.w. N. 862 Lackner/Kühl vor § 32 Rn. 2. 863 Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, § 31 III 1. 864 BGHSt 11, 241, 244; Engisch, Einführung, S. 206 f. 865 Lackner/Kühl vor § 32 Rn. 9 zu den bereits anerkannten bürgerlich rechtlichen Rechtfertigungsgründen. 857
I. § 241a und der strafrechtliche Schutz des Eigentums
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zungen aufheben. Wenn ein Rechtfertigungsgrund vorliegt, wird die im Unrechtstatbestand enthaltene Verbotsnorm im Einzelfall nicht wirksam.866 § 241a BGB ordnet nicht ausdrücklich die Erlaubnis für bestimmte Verhaltensweisen des Empfängers an. Dies ist dann erkennbar, wenn man § 241a BGB mit §§ 228, 229 und § 904 BGB vergleicht, die anerkannte zivilrechtliche Rechtfertigungsgründe darstellen.867 So sprechen §§ 228, 229 BGB davon, dass eine Person nicht widerrechtlich handele, wenn besondere weitere Voraussetzungen vorlägen. Eine solche eindeutige Aussage trifft § 241a BGB nicht. § 241a Abs. 1 BGB spricht nur davon, dass ein Anspruch gegen den Empfänger durch die Leistung nicht begründet werde. Es stellt sich damit die Frage, ob § 241a Abs. 1 BGB bestimmte Handlungen gestattet und damit zum Ausdruck bringt, dass die jeweilige Tat von der Rechtsordnung trotz ihrer Tatbestandsmäßigkeit gebilligt wird. Wie bereits festgestellt,868 schließt § 241a BGB sämtliche Ansprüche des Eigentümers aus. Diese durch den Gesetzeswortlaut angeordnete Rechtsfolge hat aber keine andere Bedeutung, als das Verhalten des Empfängers zu gestatten. Selbst wenn dies nicht ausdrücklich ausgesprochen wird, ist dies der Zweck der Regelung.869 Das Verbot fremdes Eigentum nicht zu beeinträchtigen, trifft den Empfänger aufgrund des § 241a BGB nicht mehr.870 Die Herleitung eines Rechtfertigungsgrundes aus den mit einer Vorschrift verfolgten Zwecken entspricht dem gängigen Auslegungskanon, so dass eine ausdrückliche Anordnung der rechtfertigenden Wirkung einer Norm keine Voraussetzung ist.871 Zusätzlich ist festzustellen, dass der Anspruchsausschluss das Ergebnis einer Wertung ist, welche die Interessen des Eigentümers an der Durchsetzung der aus dem Eigentum fließenden Rechte den Interessen des Verbrauchers unterordnet. Damit wird die generelle Aufgabe von Rechtfertigungsgründen angesprochen. Bei diesen geht es stets darum, dass im Einzelfall zwei Güter oder Interessen in Widerstreit treten, aber nur eines von beiden gewahrt werden kann.872 Da das BGB den Verbraucher vor den Rechtsfolgen der aggressiven Verkaufstechnik der Zusendung unbestellter Waren nicht zufrieden stellend schützt, wurden durch § 241a BGB die Interessen des Verbrauchers gestärkt und denen des Unternehmers übergeordnet.873 Nimmt der Gesetzgeber eine solche Abwägung der 866
Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, § 31 I 2. Otto, Grundkurs, Strafrecht AT, § 8 Rn. 11. 868 Siehe oben 3. Kapitel F I bis IV. 869 BT-Drs. 14/2658, S. 46. 870 Matzky NStZ 2002, 458, 463 li. Sp. 871 RGSt 61, 242, 247. 872 Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, § 31 I 4; Schönke/Schröder-Lenckner, Vorbem §§ 32 ff. Rn. 7: Rechtfertigungsgründe basieren danach entweder auf dem Prinzip des überwiegenden oder mangelnden Interesses; Matzky NStZ 2002, 458, 462 m.w. N. 873 BT-Drs. 14/2658, S. 23 f. 867
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3. Kapitel: Die Anwendung des § 241a BGB
Interessen im Zivilrecht vor, dann muss diese aufgrund des Prinzips der Einheit der Rechtsordnung gleichermaßen im Strafrecht Beachtung finden, um die Widerspruchsfreiheit des Normengefüges zu gewährleisten.874 § 241a BGB stellt damit einen Rechtfertigungsgrund dar.875 Handelt der Empfänger der unbestellten Sache mit der für das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes notwendigen Kenntnis der Rechtfertigungssituation,876 liegt kein strafbares Unrecht vor.
874
Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, § 31 III 1; Matzky NStZ 2002, 458, 464. Matzky NStZ 2002, 458, 462 f.; Schöne/Fröschle, Unbestellte Waren, S. 7 Fn. 23; AnwKom-Krebs § 241a Rn. 6; Palandt-Heinrichs § 241a Rn. 4, der die Strafbarkeit ohne Begründung ausschließt; a. A. Schwarz NJW 2001, 1449, 1453 re. Sp. ohne weitere Begründung. 876 Matzky NStZ 2002, 458, 463 zur subjektiven Komponente des Rechtfertigungsgrundes. 875
4. Kapitel
Zusammenfassung Die Ergebnisse der Arbeit lassen sich in folgenden Thesen zusammenfassen: 1. These (1. Kapitel) Die Argumentation mit dem Sanktions- oder dem Strafcharakter einer Norm im Zivilrecht ist unzutreffend. Während der Begriff des Strafcharakters insbesondere in der Rechtsprechung zu keinem Zeitpunkt eine hinreichende Bestimmung erfahren hat, wird der Begriff der Sanktion für jede Vorschrift herangezogen, die einen Nachteil bringt. Er weist somit keine Unterscheidungskraft auf. 2. These Die aus einem Strafcharakter einer zivilrechtlichen Vorschrift abgeleiteten Rechtsfolgen in Form einer einschränkenden Anwendung sind willkürlich und nicht methodengerecht. Aus dem gleichen Grund muss der Auslegungsgrundsatz „singularia non sunt extendenda“ abgelehnt werden. 3. These Eine Begründung für die Verwendung der Begriffe des Sanktions- und des Strafcharakters ist in der Verkürzung des methodischen Aufwandes, teilweise in einem traditionell geprägten Begriffsverständnis und im fehlenden Bekenntnis zur Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Privatrecht zu finden. 4. These (2. Kapitel) Den eigentlichen Hintergrund für eine abweichende Anwendung von Sanktions- und Strafvorschriften bildet die Frage der Aufgabenverteilung zwischen öffentlichem Recht und Zivilrecht. Nach dem klassischen Verständnis werden im Zivilrecht Individualinteressen zum Ausgleich gebracht, während im öffentlichen Recht die überindividuellen Interessen oder Allgemeininteressen verwirklicht werden. Außerhalb dieses auch heute noch festzustellenden empirischen Befundes ist eine wechselseitige Interessenvertretung grundsätzlich zulässig.
226
4. Kapitel: Zusammenfassung
Wirksamkeit und Effektivität sind die maßgebliche Grenze der jeweiligen Regelungsmaterie. Darüber hinaus steht der Einbindung von Allgemeininteressen in ein privates Rechtsverhältnis nichts entgegen. Besonderheiten bei der Anwendung der Vorschriften sind nicht zu berücksichtigen, so dass hieraus das Erfordernis einer restriktiven Auslegung nicht abgeleitet werden kann. A priori sind alle an einem Rechtsverhältnis beteiligten Interessen gleichwertig. Es ist hinzunehmen, dass ein privates Rechtssubjekt durch die Einbindung von Allgemeininteressen einen Vorteil erfährt, der nicht dem privaten Interessenausgleich dient. 5. These (3. Kapitel) Ein Umsetzungsbedarf für § 241a BGB ergibt sich sowohl aus Art. 9, erster Spiegelstrich i.V. m. Art. 7 Abs. 3 FARL als auch aus Art. 9, zweiter Spiegelstrich FARL. 6. These Die Vorschrift des § 241a BGB wurde zutreffend im Schuldrecht verankert. Kritisch zu bewerten ist die kasuistische Regelungstechnik, deren wesentlicher Grund in den Vorgaben der umzusetzenden Richtlinie zu suchen ist. 7. These Der Tatbestand des § 241a Abs. 1 BGB geht vom Oberbegriff der Leistung aus und ordnet diesem die Lieferung einer unbestellten Sache als speziellen Fall unter. Voraussetzung ist die bewusste Vermögensmehrung durch den Leistungsträger in Kenntnis der fehlenden Bestellung. Beim Handeln Dritter werden die Erbringung der Leistung und etwaige Irrtümer über das Vorliegen einer Bestellung dem Unternehmer gem. § 241a BGB insbesondere im Umkehrschluss zu § 241a Abs. 2, 1. Alt. BGB immer dann zugerechnet, wenn der Dritte mit dem Willen des Unternehmers Leistungen erbringt. Eine Zurechnung gem. § 13 Abs. 4 UWG, § 278 Satz 1 BGB und in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB scheidet ebenso aus wie die Anwendung des § 831 BGB. Die tatbestandsausschließende Bestellung stellt eine geschäftsähnliche Handlung dar, die vom Vorliegen und Bestand der auf Abschluss eines Vertrages gerichteten Willenserklärung unabhängig ist. Auf die Bestellung sind die Vorschriften über Geschäftsfähigkeit gem. §§ 104 bis 113 BGB nicht anzuwenden. Dagegen ist die Bestellung beim Vorliegen eines Anfechtungsgrundes gem. §§ 119 ff. BGB mit Wirkung ex tunc anfechtbar. Die in diesem Fall aus einer anfänglichen Unwirksamkeit der Bestellung folgende unbestellte Leistungserbringung gem. § 241a Abs. 1 BGB kann durch Anwendung von § 241a Abs. 2 BGB und § 122 BGB angemessen bewältigt werden.
4. Kapitel: Zusammenfassung
227
These 8 Der Anspruchsausschluss des § 241a Abs. 1 BGB erstreckt sich auf sämtliche gesetzlichen Ansprüche des Unternehmers gegen den Verbraucher. Eine Ausnahme bildet der Anspruch aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, da dieser einen Rechtfertigungsgrund für die unbestellte Leistungserbringung darstellt. Darüber hinaus ist eine teleologische Reduktion insbesondere im Hinblick auf den Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB nicht zulässig. Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich selbst dann nicht, wenn Unternehmer und Eigentümer nicht identisch sind. § 241a Abs. 1 BGB stellt eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar. Eine Einschränkung des § 241a Abs. 1 BGB durch eine Verknüpfung mit der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung der Zusendung unbestellter Waren gem. § 1 UWG ist nicht vorzunehmen. Die Anwendung des § 241a Abs. 1 BGB auf ein lauteres Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs kann durch eine angemessene Auslegung vermieden werden. § 241a Abs. 1 BGB hat keine Auswirkungen auf die dingliche Rechtslage, so dass der Eigentümer seine formale Rechtsstellung nicht verliert. § 241a Abs. 1 BGB gibt dem Empfänger ein Recht zum Besitz an der erbrachten Leistung. Vertragliche Ansprüche werden durch § 241a Abs. 1 BGB nicht berührt. Wird der über eine unbestellte Leistung geschlossene Verbrauchervertrag jedoch unwirksam, leben die Rechtsfolgen des § 241a Abs. 1 BGB wieder auf. These 9 § 241a BGB stellt einen Rechtfertigungsgrund dar. Eine Strafbarkeit des Verbrauchers gem. §§ 246, 303 StGB ist beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 241a BGB ausgeschlossen.
Anhang Anhang I Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABlEG Nr. L 144 v. 4.6.1997, S. 19 = NJW 1998, 212 ff.) Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union . . . in Erwägung nachstehender Gründe: ... (5) Unter den Nrn. 18 und 19 des Anhangs zur Entschließung des Rates vom 14.4.1975 über das erste Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Information der Verbraucher wird von der Notwendigkeit gesprochen, die Käufer von Gütern oder Dienstleistungen vor der Forderung nach Zahlung nicht bestellter Waren und vor aggressiven Verkaufsmethoden zu schützen. ... (16) Die Absatztechnik, die darin besteht, dem Verbraucher ohne vorherige Bestellung oder ohne ausdrückliches Einverständnis gegen Entgelt Waren zu liefern oder Dienstleistungen zu erbringen, ist als nicht zulässig anzusehen, es sei denn, es handele sich um eine Ersatzlieferung. ... haben folgende Richtlinie erlassen: ... Art. 2. Definitionen. Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck . . . 2. „Verbraucher“ jede natürliche Person, die beim Abschluss von Verträgen i. S. dieser Richtlinie zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können; . . . Art. 7. Erfüllung des Vertrages. . . . (3) Die Mitgliedstaaten können indessen vorsehen, dass der Lieferer dem Verbraucher eine qualitätsmäßig und preislich gleichwertige Ware liefern oder eine qualitätsmäßig und preislich gleichwertige Dienstleistung erbringen kann, wenn diese Möglichkeit vor Vertragsabschluss oder in dem Vertrag vorgesehen wurde. Der Verbraucher ist von dieser Möglichkeit in klarer und verständlicher Form zu unterrichten. Die Kosten der Rücksendung infolge der Ausübung des Widerrufsrechts gehen in diesem Fall zu Lasten des Lieferers; der Verbraucher ist davon zu unterrichten. In diesem Fall handelt es sich bei der Lieferung einer Ware oder der Erbringung einer Dienstleistung nicht um eine unbestellte Ware oder Dienstleistung i. S. des Art. 9.
Anhang
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Art. 9. Unbestellte Waren oder Dienstleistungen. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um – zu untersagen, dass einem Verbraucher ohne vorherige Bestellung Waren geliefert oder Dienstleistungen erbracht werden, wenn mit der Warenlieferung oder Dienstleistungserbringung eine Zahlungsaufforderung verbunden ist; – der Verbraucher von jedweder Gegenleistung für den Fall zu befreien, dass unbestellte Waren geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht wurden, wobei das Ausbleiben einer Reaktion nicht als Zustimmung gilt.
Anhang II § 864 Abs. 2 ABGB (eingefügt durch BGBl. 1997/I/6) Das Behalten, Verwenden oder Verbrauchen einer Sache, die dem Empfänger ohne seine Veranlassung übersandt worden ist, gilt nicht als Annahme eines Antrags. Der Empfänger ist nicht verpflichtet, die Sache zu verwahren oder zurückzuleiten, er darf sich ihrer auch entledigen. Muß ihm jedoch nach den Umständen auffallen, daß die Sache irrtümlich an ihn gelangt ist, so hat er in angemessener Frist dies dem Absender mitzuteilen oder die Sache an den Absender zurückzuleiten. Art. 6a OR (in Kraft getreten am 1.7.1991) Die Zusendung einer unbestellten Sache ist kein Antrag. Der Empfänger ist nicht verpflichtet, die Sache zurückzusenden oder aufzubewahren. Ist eine unbestellte Sache offensichtlich irrtümlich zugesandt worden, so muss der Empfänger den Absender benachrichtigen.
Anhang III Vorschlag von Micklitz/Reich, Fernabsatzrichtlinie, S. 121 f. zur Umsetzung des Art. 9 i.V. m. Art. 7 Abs. 3 FARL im UWG: § 6d Abs. 1: „Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, einem Verbraucher ohne vorherige Bestellung Waren zu liefern oder Dienstleistungen zu erbringen, wenn mit der Warenlieferung oder Dienstleistungserbringung eine Zahlungsaufforderung verbunden ist, oder gegenüber dem Verbraucher eine Zahlungspflicht zu behaupten, wenn unbestellte Waren oder Dienstleistungen erbracht wurden, kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.“ § 6d Abs. 2: „Eine unaufgeforderte Lieferung bzw. Leistung liegt nicht vor, wenn dem Verbraucher bei Vertragsschluss in eindeutiger, klarer und verständlicher Form die Möglichkeit eingeräumt wird, anstelle der nicht verfügbaren bestellten Ware bzw. Dienstleistung eine qualitätsmäßig und preislich gleichwertige Ware oder Dienstleistung zu beziehen.“
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Anhang IV Versicherungsbedingungen1 § 14 Nr. 2 AERB Versucht der Versicherungsnehmer, den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, so ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei. § 7 Abs. 5 AKB Wird in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung eine dieser Obliegenheiten vorsätzlich oder grobfahrlässig verletzt, so ist der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber von der Verpflichtung zur Leistung . . . frei. § 14 Nr. 2 AFB Versucht der Versicherungsnehmer, den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, so ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei.
Anhang V Nr. 82/01 Berlin, am 3. Dezember 20012 Bundesjustizministerin . . . stellt Gesetzentwurf gegen Diskriminierung vor3 Schutz vor Diskriminierung im Alltag ... Kernpunkte des Gesetzentwurfs: 1. So darf z. B. niemand eine Wohnung oder eine Dienstleistung auf dem Markt einer bestimmten Personengruppe vorbehalten und damit eine andere Gruppe wegen deren Herkunft, Geschlecht, Religion, Alter oder etwa wegen einer Behinderung diskriminieren. Das Gleiche gilt für Kredite oder sonstige Finanzdienstleistungen oder etwa auch die Mitnahme im Taxi oder die Bedienung beim Friseur. Selbstverständlich allerdings sind sachlich begründete Unterschiede möglich. 2. Auch berufsständische Vereine und Organisationen dürfen nicht diskriminieren. 3. Diskriminierte haben es in Zukunft leichter, Diskriminierungen darzulegen, um sich wehren zu können. Wird beispielsweise ein Farbiger nicht in eine Diskothek eingelassen, andere Gäste vor und nach ihm aber doch, so muss nicht mehr er beweisen, dass der Türsteher so entschieden hat, um ihn zu diskriminieren. Es reicht vielmehr, 1
Dörner, Versicherungsbedingungen Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 17. Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums gegen Diskriminierung im Alltag (besucht am 30.12.2001; Stand 3.12.2001), . 3 Der Entwurf basiert teilweise auf Richtlinie 2000/43/EG (ABlEG Nr. L 180/22) zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft. 2
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diesen Sachverhalt und die damit nahe liegende ungerechtfertigte Benachteiligung glaubhaft zu machen. Die Beweispflicht, dass keine Diskriminierung vorgelegen hat, liegt dann beim Betreiber bzw. bei dessen Mitarbeitern. Sie müssten in diesem Fall darlegen, welche sachlichen Gründe für die Entscheidung gesprochen haben. Wenn ein Vertrag ohne Diskriminierung zustande gekommen wäre, kann der Diskriminierte auf den Vertragsabschluss bestehen. . . . 4. Wenn die Folge der Diskriminierung nicht mehr zu beseitigen ist – weil etwa die Wohnung bereits an einen Dritten vermietet ist – kann der Benachteiligte Schadenersatz verlangen. 5. Im Antidiskriminierungs-Gesetz werden weitere Regelungen vorgesehen: So können künftig volljährige Menschen, die juristisch nicht geschäftsfähig sind, Geschäfte des täglichen Lebens mit verhältnismäßig niedrigem Wert wirksam abschließen. Das entspricht ihrer tatsächlichen Fähigkeit im gesellschaftlichen Alltag. Damit können beispielsweise geistig Behinderte im Supermarkt einkaufen gehen. . . . (Siehe dazu § 105a BGB eingefügt durch BGBl. I v. 31.7.2002, 2850, 2856.) 7. Verbände können künftig gegen Diskriminierung klagen. Verstoßen beispielsweise Unternehmer gegen das Verbot der Ungleichbehandlung, kann nicht nur der unmittelbar Diskriminierte dagegen klagen; auch Betroffenen-Verbände können erwirken, dass der Unternehmer dies zu unterlassen hat. („zivilrechtliche Verbandsklage“) . . .
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Sachwortverzeichnis Aliud 134 siehe Falschlieferung 132 Allgemeininteressen im Zivilrecht – Bewertung 73 – Definition 71 – Konsequenzen 69 – Zulässigkeit 60 Anspruchsausschluss – Anspruch aus § 985 BGB 159 – Einschränkung auf wettbewerbswidriges Verhalten 167 – Teleologische Reduktion 162 – Totalkorrektur des § 241a BGB 166 – weitere Gründe 177 – Ansprüche aus GoA 151 – Berechtigte GoA 152 – Teleologische Reduktion 153 – Unberechtigte GoA 158 – Durchbrechung aufgrund Irrtums 209 – Durchbrechung bei Gleichwertigkeit und Hinweis 213 – Enges oder weites Verständnis 140 – Fehlende Eigentümerstellung des Unternehmers 188 Besitz – Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz 180 – Recht zum Besitz 185 Bestellung – Anfechtung 124 – Definition 116 – Geschäftsähnliche Handlung 121 – Geschäftsfähigkeit 123 – Verhältnis zu erbrachter Leistung 131 – Verhältnis zum Vertragsabschluss 116 – Willenserklärung 120
Durch die Lieferung oder Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen 141 Eigentum – Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz 180 – Übergang durch § 241a BGB 179 Eigentumsvorbehalt – Anspruchsausschluss 188 Enteignung 146 Falschlieferung siehe Leistungstauglichkeit – Gewährleistungsrechte 136 – Irrtümliche Falschlieferung 135 Fernabsatzrichtlinie siehe Umsetzungsbedarf Gegenleistung – Befreiung 87 Geschäftsführung ohne Auftrag 151 Gleichwertigkeit der Leistung – Preis 216 – Qualität 215 Hinweis gem. § 241a Abs. 3 BGB 217 Historische Auslegung des § 241a BGB – Maßgebliche Quellen 143 – Subjektives oder objektives Verständnis 144 Inhalts- und Schrankenbestimmung 146 Interessenverwirklichung im Zivilrecht – Heutiger Ansatz 57 – Historischer Ansatz 56 Irrtümliche Leistungserbringung 209
Sachwortverzeichnis Konkurrenz – Wettbewerbsrecht Recht 168
und
Bürgerliches
Laufende Geschäftsverbindung 174 Leistung – Definition 98 – Handeln Dritter 100 – Zurechnung 102 Leistungstauglichkeit – Abgrenzung keit 133
zur
Erfüllungstauglich-
– Definition 131 Lieferung – Definition 100 – Handeln Dritter 100 – Zurechnung 102 Prävention 66, 80
249
Strafcharakter einer Norm – § 654 BGB 32 – § 661a BGB 32 – § 817 Satz 2 BGB 32 – § 847 BGB 30 – Definition 25 – Rechtsfolgen – Auslegung 34 – Beteiligung Dritter 37 – Insolvenz 39 – Rechtsfolgen 34 – Rechtsprechung 29 Strafprozessuale Verfahrensgarantien 62 Strafrecht – Wirkung des § 241a BGB 220 Strafschadensersatz 28 Strafwirkung einer Norm – Definition 25 Systematische Auslegung 142 Teleologische Auslegung 144
Privatstrafe 28 punitive damages 65 Rangverhältnis der Auslegungskriterien 144 Recht zum Besitz 185 Rechtfertigungsgrund 222 Rechtsfolgen – Umfang 140
des
Anspruchsausschlusses
Sanktion – Begriffsbestimmung 24 Strafcharakter – Ursachen 43, 49 – Anlehnung an Rspr. des Reichsgerichts 48 – Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 49 – Verkürzung des methodischen Aufwandes 45
Umsetzung der Richtlinie 97/7/EG – im Allgemeinen Teil des Schuldrechts 95 – im BGB 91 – im Wettbewerbsrecht 92 – Umsetzungsbedarf 82 Unbestellheit der Lieferung oder sonstigen Leistung, Definition 114 Unternehmer – Definition 136 Verbraucher – Definition 137 Verbrauchervertrag – Anfechtung – Anfechtungsgründe 199 – Rechtsfolgen 202 – Verbrauchervertrag über bestellte Leistung 205 – Verbrauchervertrag über unbestellte Leistung 202
250
Sachwortverzeichnis
– Aufhebung 208 – Rücktritt 206 – Wirkung von § 241a BGB auf Abschluss 196 Verfassungskonforme Auslegung 145 Verhältnis Wettbewerbsrecht und Bürgerliches Recht 168 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, Geltung im Zivilrecht 50
Wettbewerbsrecht – Erbringung unbestellter Leistungen 174 – Schutzobjekt 77, 83
Zurechnung von Handlungen Dritter – Geltung bei § 241a BGB 114 – Grundsätze 103