Whistleblowing: Eine rechtsvergleichende Untersuchung des US-amerikanischen, englischen und deutschen Rechts unter besonderer Berücksichtigung des Entwurfs eines neuen § 612a BGB [1 ed.] 9783428535309, 9783428135301

Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 21. Juli 2011 hat die Frage nach einem gesetzliche

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German Pages 352 Year 2011

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Whistleblowing: Eine rechtsvergleichende Untersuchung des US-amerikanischen, englischen und deutschen Rechts unter besonderer Berücksichtigung des Entwurfs eines neuen § 612a BGB [1 ed.]
 9783428535309, 9783428135301

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Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 305

Whistleblowing Eine rechtsvergleichende Untersuchung des US-amerikanischen, englischen und deutschen Rechts unter besonderer Berücksichtigung des Entwurfs eines neuen § 612a BGB

Von

Rut Groneberg

Duncker & Humblot · Berlin

RUT GRONEBERG

Whistleblowing

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 305

Whistleblowing Eine rechtsvergleichende Untersuchung des US-amerikanischen, englischen und deutschen Rechts unter besonderer Berücksichtigung des Entwurfs eines neuen § 612a BGB

Von

Rut Groneberg

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Passau hat diese Arbeit im Wintersemester 2009/2010 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0227 ISBN 978-3-428-13530-1 (Print) ISBN 978-3-428-53530-9 (E-Book) ISBN 978-3-428-83530-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern und Lenz

Our lives begin to end the day we become silent about things that matter. Martin Luther King

Vorwort Diese Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Universität Passau im Wintersemester 2009/2010 als Dissertationsschrift angenommen. Nach Abgabe der Arbeit ergangene Rechtsprechung und veröffentlichte Literatur wurden soweit wie möglich berücksichtigt. Mein Dank gebührt an erster Stelle meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Klaus Schurig, der mir einerseits den nötigen wissenschaftlichen Freiraum gewährte und meine Dissertation andererseits durch Denkanstöße und kritisches Hinterfragen fördernd begleitete. Herrn Prof. Dr. Dennis Solomon, LL.M. (Berkeley) danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Dem DAAD danke ich für die Gewährung eines großzügigen Doktorandenstipendiums für meine Forschungsaufenthalte an der Harvard Law School (USA) und an der University of Cambridge (England). Es hat mir nicht nur die wirtschaftliche Freiheit gegeben, mich auf die Arbeit an der Dissertation zu konzentrieren, sondern auch den Austausch mit anderen DAAD-Stipendiaten ermöglicht. Durch die Anbindung an die Law School als Visiting Researcher, den Zugriff auf Literatur und Datenbanken, den Kontakt zu den Professoren sowie die hervorragende Unterstützung des Bibliothekspersonals konnte ich die vorhandenen Möglichkeiten voll ausschöpfen. Auf dem Weg der Dissertation begleitet haben mich zudem unter anderem die folgenden Personen, denen ich für ihre stete Gesprächsbereitschaft, ihre Ideen und Anregungen danke: Prof. Ian Smith (University of East Anglia), Prof. Peter Murray (Harvard Law School), Prof. David Rosenberg (Harvard Law School), Tom Devine (Government Accountability Project), Prof. David Lewis (Middlesex University), Mara Davis und Petra Kirstein (beide Ethics & Compliance, Bertelsmann) sowie die Arbeitsgruppe Hinweisgeber von Transparency International. Lenz und meiner Mutter danke ich zudem für die mühevolle Arbeit des Korrekturlesens. Dem National Whistleblower Center danke ich dafür, dass es meine Teilnahme an der ersten Whistleblower Week in Washington im Jahr 2007 finanziell unterstützt hat. Meinen Eltern möchte ich herzlich danken für all das, was sie mir auf meinen – auch beruflichen – Lebensweg mitgegeben und womit sie eine Promotion erst ermöglicht haben.

10

Vorwort

Ohne Lenz, der die Arbeit von der ersten Stunde an begleitete, und ohne die Unterstützung, die ich stets von ihm erhalte, wäre die Vollendung der Dissertation nicht möglich gewesen. Berlin, im April 2011

Rut Groneberg

Inhaltsübersicht Erster Teil Begriff, Interessen und internationale Vorgaben

31

§ 1 Begriff und Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einführung durch exemplarische Falldarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Was ist Whistleblowing? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31 34 44

§ 2 Whistleblowing in internationalen Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Korruptionsbekämpfung als politisches Ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Maßnahmen in den internationalen Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46 46 47 54

Zweiter Teil Whistleblowing in England und den USA

55

§ 3 Rechtssysteme, Arbeitsrecht und Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Common law, case law und statute law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Arbeitsrecht und Gerichtsbarkeit in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Arbeitsrecht und Gerichtsbarkeit in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55 55 57 61

§ 4 Entwicklung des Whistleblowingrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Entwicklung des Whistleblowingrechts in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Entwicklung des Whistleblowingrechts in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleichende Gegenüberstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65 65 75 89

§ 5 Persönlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 A. Persönlicher Geltungsbereich in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 B. Persönlicher Geltungsbereich in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 C. Vergleichende Gegenüberstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 § 6 Sachlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Sachlicher Geltungsbereich in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sachlicher Geltungsbereich in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleichende Gegenüberstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

115 115 117 128

12

Inhaltsübersicht

§ 7 Adressaten der Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Adressaten der Offenlegung in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Adressaten der Offenlegung in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleichende Gegenüberstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

131 131 137 142

§ 8 Gutgläubigkeit und Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gutgläubigkeit und Motive in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gutgläubigkeit und Motive in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleichende Gegenüberstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

145 145 154 163

§ 9 Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Rechtsdurchsetzung in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsdurchsetzung in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleichende Gegenüberstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

165 165 179 199

Dritter Teil Whistleblowing in Deutschland

203

§ 10 Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Arbeitsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verfassungsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Schutz des Whistleblowers nach geltendem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

203 205 211 216

§ 11 Erfordernis einer gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gesetzesvorschlag der Bundesministerien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Kriterien für einen ausgewogenen Whistleblowerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . C. Konkrete Ausgestaltung einer gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

232 233 234 276

Vierter Teil Zusammenfassung Anhang: Gesetzestexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Employment Rights Act 1996 (ERA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. False Claims Act (FCA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Whistleblower Protection Act (WPA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sarbanes-Oxley Act (SOX) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

278 286 286 298 301 312

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Verzeichnis der Entscheidungen ausländischer Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346

Inhaltsverzeichnis Erster Teil Begriff, Interessen und internationale Vorgaben

31

§ 1 Begriff und Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einführung durch exemplarische Falldarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Maxwell Pensionsskandal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Enron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. SARS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Was ist Whistleblowing? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Internes und externes Whistleblowing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entwicklung des Whistleblowings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vorteile des Whistleblowings und Gefahren für den Whistleblower . . V. Gesellschaftliche Akzeptanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Gesetzlicher Regelungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Interessen der Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Interessen der Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Interessen der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31 31 32 33 34 34 36 37 39 41 44 44 45 45 45 46

§ 2 Whistleblowing in internationalen Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Korruptionsbekämpfung als politisches Ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Maßnahmen in den internationalen Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vereinte Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. UN-Konvention gegen Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. UN-Toolkit gegen Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Europarat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zivilrechtsübereinkommen über Korruption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Modellverhaltenskodex für öffentliche Amtsträger . . . . . . . . . . . . . . III. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung . . 1. OECD-Konvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . 3. OECD Grundsätze der Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . .

46 46 47 47 47 48 49 49 50 50 50 51 51

14

Inhaltsverzeichnis IV. Internationale Handelskammer ICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. ICC Rules . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fighting Corruption und ICC Guidelines on Whistleblowing . . . . . V. Transparency International . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52 52 52 53 54

Zweiter Teil Whistleblowing in England und den USA

55

§ 3 Rechtssysteme, Arbeitsrecht und Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Common law, case law und statute law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Arbeitsrecht und Gerichtsbarkeit in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Arbeitsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gerichtsorganisation und Instanzenzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arbeitsgerichtliches Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Arbeitsrecht und Gerichtsbarkeit in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gerichtsorganisation und Instanzenzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gerichtliches Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55 55 57 57 57 57 60 61 61 63 63 64

§ 4 Entwicklung des Whistleblowingrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Entwicklung des Whistleblowingrechts in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklung im common law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Treue- und Verschwiegenheitspflichten des Arbeitnehmers . . 2. Entwicklung der public interest defence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kündigungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Whistleblowing im öffentlichen Sektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesetzliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Regelungen vor dem Inkrafttreten des PIDA . . . . . . . . 2. Public Interest Disclosure Act 1998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vermeidbare Missstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesetzesentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sinn und Zweck des PIDA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Entwicklung des Whistleblowingrechts in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Uneinheitlichkeit und Unübersichtlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Uneinheitlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Privater und öffentlicher Sektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65 65 65 65 66 68 69 70 70 70 72 72 73 74 75 75 78 78 80

Inhaltsverzeichnis

15

3. Versuche der Vereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Überblick über die wichtigsten Schutzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. National Labor Relations Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. First Amendment Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. False Claims Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Whistleblower Protection Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Civil Service Reform Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Whistleblower Protection Act 1989 und 1994 . . . . . . . . . . . . . . . c) Whistleblower Protection Enhancement Act . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Sarbanes-Oxley Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Whistleblowervorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Public-policy-Einwand in den Einzelstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleichende Gegenüberstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklung des Whistleblowingrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Exkurs: Interessengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81 81 81 82 82 83 83 84 84 85 85 87 87 89 89 91

§ 5 Persönlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Persönlicher Geltungsbereich in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Arbeitnehmer (employee) oder Beschäftigter (worker) . . . . . . . . . . . . . II. Geltung im Bereich des Militärs und der Exekutive . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bewerber und ehemalige Beschäftigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ehemalige Beschäftigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Hinweis für einen anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Arbeitgeber (employer) i. S. d. PIDA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Persönlicher Geltungsbereich in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. First Amendment Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. False Claims Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kläger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Klagegegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Whistleblower Protection Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sarbanes-Oxley Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arbeitnehmerbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Arbeitnehmer (employee) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Hinweis für einen anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Extraterritoriale Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arbeitgeberbegriff im weiteren Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragspartner (contractor) und Subunternehmer (subcontractor) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Arbeitnehmer nicht börsennotierter Tochtergesellschaften . . . .

92 92 92 94 95 95 96 98 99 99 99 99 99 102 103 104 104 104 106 106 107 108 109

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Inhaltsverzeichnis V.

Einzelstaatliches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Public-policy-Einwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelstaatliches Gesetzesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleichende Gegenüberstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 6 Sachlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Sachlicher Geltungsbereich in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gegenstand einer Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zukünftiges Fehlverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Versuchte Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sachlicher Geltungsbereich in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. First Amendment Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. False Claims Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Whistleblower Protection Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sarbanes-Oxley Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gegenstand einer Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erheblichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Versuchte Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Irrige Annahme und Verdacht des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . V. Einzelstaatliches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Public-policy-Einwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelstaatliches Gesetzesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleichende Gegenüberstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

115 115 115 117 117 117 117 118 120 122 122 124 125 126 126 126 127 128

§ 7 Adressaten der Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Adressaten der Offenlegung in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Stufenverhältnis gem. Sections 43C bis 43H ERA . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Section 43C ERA (Disclosure to employer or other responsible person) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Section 43D ERA (Disclosure to legal adviser) . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Section 43E ERA (Disclosure to Minister of the Crown) . . . . . . . . 4. Section 43F ERA (Disclosure to prescribed person) . . . . . . . . . . . . 5. Section 43G ERA (Disclosure in other cases) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Section 43H ERA (Disclosure of exceptionally serious failure) . . II. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Adressaten der Offenlegung in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. First Amendment Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. False Claims Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Whistleblower Protection Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sarbanes-Oxley Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Adressaten i. S. v. Section 806 SOX . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besonderheit von Section 301 Abs. 4 SOX: Anonymität . . . . . . . .

131 131 131 132 132 133 133 134 136 136 137 138 138 139 139 139 140

Inhaltsverzeichnis

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Einzelstaatliches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Public-policy-Einwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelstaatliches Gesetzesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleichende Gegenüberstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

140 140 141 142

§ 8 Gutgläubigkeit und Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gutgläubigkeit und Motive in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gutgläubigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das reasonable belief Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Guter Glaube bezüglich Tatsachen und/oder Rechtsansichten . . . . 3. Handlungen zur Bestätigung der Gutgläubigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . II. Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das good faith Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Street v. Derbyshire Unemployed Workers’ Centre . . . . . . . . . . . b) Rechtliche Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Court of Appeal Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Existenz des good faith Kriteriums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Arbeitnehmerinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Arbeitgeberinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Öffentliche Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Gesamtabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das personal gain Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gutgläubigkeit und Motive in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. First Amendment Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. False Claims Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Finanzielle Anreize als Teil der privaten Rechtsverfolgung . . . . . . 2. False Claims Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Whistleblower Protection Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sarbanes-Oxley Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Einzelstaatliches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Public-policy-Einwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelstaatliches Gesetzesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleichende Gegenüberstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

145 145 145 145 146 147 147 148 148 149 150 150 150 151 151 152 153 154 154 155 155 157 159 160 161 161 162 163

§ 9 Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Rechtsdurchsetzung in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kündigungsschutz i. S. v. Section 103A ERA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Besonderer Kündigungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schutz vor Benachteiligungen i. S. v. Section 47B ERA . . . . . . . . . . . .

165 165 165 165 167 169 170

V.

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Inhaltsverzeichnis 1. Schutz vor Benachteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Knebelklauseln (Section 43J ERA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ersatz materieller Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ersatz immaterieller Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Klagen nach Section 103A ERA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Klagen nach Section 47B ERA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schadensersatz für verletzte Gefühle (injury to feelings) . . bb) Verschärfter Schadensersatz (aggravated damages) . . . . . . cc) Pönalisierender Schadensersatz (exemplary damages) . . . . dd) Abgrenzung zur Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsdurchsetzung in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. First Amendment Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. False Claims Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Whistleblower Protection Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nachteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfahren und Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Sarbanes-Oxley Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nachteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Außerbehördliche Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Einzelstaatliches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Public-policy-Einwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelstaatliches Gesetzesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleichende Gegenüberstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

170 172 173 173 173 174 175 175 176 176 177 178 178 179 179 180 182 183 183 184 184 187 187 187 188 188 190 190 192 196 196 197 199

Dritter Teil Whistleblowing in Deutschland

203

§ 10 Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 A. Arbeitsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 I. Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Inhaltsverzeichnis

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II. Die einschlägigen Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schadensabwendungs- oder Interessenwahrungspflicht . . . . . . . . . . 2. Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pflicht zur Wahrung der betrieblichen Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verhaltenspflichten im öffentlichen Sektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verfassungsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Art. 2 Abs. 1 GG i.V. m. dem Rechtsstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Petitionsrecht (Art. 17 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Schutz des Whistleblowers nach geltendem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Internes Whistleblowing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anzeigepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anzeigepflichten von Betriebsbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Allgemeine Anzeigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anzeigerechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines Anzeigerecht gegenüber dem Arbeitgeber . . . . . . b) Anzeigerechte gegenüber anderen internen Stellen . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Externes Whistleblowing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hinweise gegenüber Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hinweise gegenüber den Strafverfolgungsbehörden . . . . . . . . . . aa) BVerfG v. 02.07.2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) BAG v. 03.07.2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) BAG v. 07.12.2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) BVerwG v. 15.11.2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Hinweise gegenüber anderen Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 17 Abs. 2 S. 1 ArbSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) BAG v. 05.02.1959 und BAG v. 14.12.1972 . . . . . . . . . . . . . cc) BAG v. 04.07.1991 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Landesarbeitsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hinweise gegenüber der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) BVerfG v. 28.04.1970 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) BAG v. 05.02.1981 und BAG v. 11.08.1982 . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Landesarbeitsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

207 207 208 209 210 211 211 213 213 216 216 217 217 218 218 218 219 220 221 221 221 221 222 223 224 225 225 227 227 228 229 229 229 230 231

§ 11 Erfordernis einer gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gesetzesvorschlag der Bundesministerien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Kriterien für einen ausgewogenen Whistleblowerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . I. Öffentliches Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Persönlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

232 233 234 235 236

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Inhaltsverzeichnis 1. Öffentlicher und privater Sektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arbeitnehmer oder Beschäftigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bewerber und ehemalige Beschäftigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Hinweis für einen anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sachlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Adressaten der Offenlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Internes und externes Whistleblowing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätzlicher Vorrang einer internen Abhilfe . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Strafbarkeit durch Nichtanzeige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Straftat, Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schwerwiegende Straftaten und drohende erhebliche Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Keine ausreichende Abhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anforderungen an einen internen Klärungsversuch . . . . . . . . . . aa) Adressat im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Duldungsabsprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wartezeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Selbsthilfe und Arbeitsverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Externe Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anonymität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Gutgläubigkeit und Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gutgläubigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfolgung sachfremder Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Finanzielle Anreize . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schutz vor Benachteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erweiterung von Nebenpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Konkrete Ausgestaltung einer gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

236 237 239 239 239 240 242 246 246 246 248 248 249 250 251 252 253 254 257 257 258 258 260 261 265 265 267 267 268 270 270 271 274 275 276

Inhaltsverzeichnis

21

Vierter Teil Zusammenfassung Anhang: Gesetzestexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Employment Rights Act 1996 (ERA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. False Claims Act (FCA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Whistleblower Protection Act (WPA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sarbanes-Oxley Act (SOX) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

278 286 286 298 301 312

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Verzeichnis der Entscheidungen ausländischer Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346

Abkürzungsverzeichnis A.2d a. A. Abs. AC ACAS Admin. L. Rev. a. F. AG AGG AiB AIR21 AktG Alas. ALJ All ER ALM GL Am. Bus. L. J. AP App. Div. ARB ArbGG ArbRB ArbSchG ArbVG-E ArbZG Ariz. Ct. App. Army Law. Art. ASiG AuA AÜG AuR Ausschuss-Dr. BAG

Atlantic Reporter, Second andere Ansicht Absatz Law Reports, Appeal Cases Advisory, Conciliation and Arbitration Service Administrative Law Review alte Fassung Die Aktiengesellschaft Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Arbeitsrecht im Betrieb Wendell H. Ford Aviation Investment Reform Act for the 21st Century Aktiengesetz Alaska Supreme Court Administrative Law Judge All England Law Reports Annotated Laws of Massachusetts, General Laws American Business Law Journal Arbeitsrechtliche Praxis Appellate Division Administrative Review Board Arbeitsgerichtsgesetz Der Arbeits-Rechts-Berater Arbeitsschutzgesetz Entwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes Arbeitszeitgesetz Arizona Court of Appeals Army Lawyer Artikel, Article Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit Arbeit und Arbeitsrecht Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Arbeit und Recht Ausschussdrucksache Bundesarbeitsgericht

Abkürzungsverzeichnis BAGE BB BBG BCCI BDA BDSG BeamtStG BetrVG BGB BGBl. BGH BGHZ BHO BImschG BJIR BKMS BKR Bl. BLJ BMAS BMELV BMI BMJ BPersVG BRAK BRD BRRG BSE BSI BVerfG BVerwG BW bzw. CA ca. CAA Cal. Cal. L. Rev. Cal. Lab. Code CCC CEO

23

Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Betriebs-Berater Bundesbeamtengesetz Bank of Credit and Commerce International Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Bundesdatenschutzgesetz Beamtenstatusgesetz Betriebsverfassungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshof in Zivilsachen Bundeshaushaltsordnung Bundes-Immissionsschutzgesetz British Journal of Industrial Relations Business Keeper Monitoring System Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Blatt Bucerius Law Journal Bundesministerium für Arbeit und Soziales Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Bundesministerium des Innern Bundesministerium der Justiz Bundespersonalvertretungsgesetz Bundesrechtsanwaltskammer Bundesrepublik Deutschland Beamtenrechtsrahmengesetz Bovine spongiforme Enzephalopathie British Standards Institution Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Baden-Württemberg beziehungsweise Court of Appeal circa Clean Air Act California Supreme Court California Law Review California Labor Code Central Criminal Court Chief Executive Officer

24 CFO CFR C. G. ch. Ch. D. CIA Cir. CNIL Co. Colo. Rev. Stat. Colum. L. Rev. Comp. Law. Cong. Cong. Rec. Conn. Gen. Stat. Corp. CR Cr. App. R. Crim. L. R. CSRA DAJV DB D.C. D.C. Cir. D. Conn. DDA 1995 Del. C. ders. Det. C. L. Mich. St. U. L. Rev. d.h. dies. DJT D. Kan. D. Mass. D. Me. D. Minn. DÖD DOJ DOL EAT E.D. Mich.

Abkürzungsverzeichnis Chief Financial Officer Code of Federal Regulations Corporate Governance: An International Review chapter Law Reports, Chancery Devision Central Intelligence Agency Circuit (United States Court of Appeals) Commission nationale de l’informatique et des libertés Company Colorado Revised Statutes Columbia Law Review Company Lawyer Congress Congressional Record General Statutes of Connecticut Corporation Computer und Recht Criminal Appeal Reports Criminal Law Review Civil Service Reform Act Deutsch-Amerikanische Juristen-Vereinigung Der Betrieb District of Columbia United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit United States District Court for the District of Connecticut Disability Discrimination Act 1995 Delaware Code derselbe Detroit College of Law at Michigan State University Law Review das heißt dieselbe(n) Deutscher Juristentag United States District Court for the District of Kansas United States District Court for the District of Massachusetts United States District Court for the District of Maine United States District Court for the District of Minnesota Der Öffentliche Dienst Department of Justice Department of Labor Employment Appeal Tribunal United States District Court for the Eastern District of Michigan

Abkürzungsverzeichnis E.D. N.Y. E.D. Pa. EE(A)R 2006 EE(RB)R 2003 EE(SO)R 2003 EEOC Emp. L.B. EMRK ERA ERA ErfK ET1 ET3 EU EzA f., ff. F.2d, F.3d FA FBI FCA FCAQR Fed. Cir. Fed. Reg. FFIEC FIMBRA Fla. Dist. Ct. App. Fla. Stat. Fn. FRCP F.Supp., F.Supp.2d GAAP GAAS GAP GCHQ GefStoffV gem. Geo.Wash. L. Rev. GmbH HAG Haw. Rev. Stat.

25

United States District Court for the Eastern District of New York United States District Court for the Eastern District of Pennsylvania Employment Equality (Age) Regulations 2006 Employment Equality (Religion or Belief) Regulations 2003 Employment Equality (Sexual Orientation) Regulations 2003 Equal Employment Opportunity Commission Employment Law Bulletin Europäische Menschenrechtskonvention Employment Rights Act 1996 (England) Energy Reorganization Act (USA) Erfurter Kommentar Employment Tribunal One (Klageformular) Employment Tribunal Three (Klageerwiderungsformular) Europäische Union Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht folgend(e/er) Federal Reporter, Second Series, Third Series Fachanwalt Arbeitsrecht Federal Bureau of Investigation False Claims Act False Claims Act & Qui Tam Quarterly Review United States Court of Appeals for the Federal Circuit Federal Register Federal Financial Institutions Examination Council Financial Intermediaries, Managers and Brokers Regulatory Association Court of Appeal of Florida Florida Statutes Fußnote Federal Rules of Civil Procedure Federal Supplement, Second Series Generally Accepted Accounting Principles Generally Accepted Auditing Standards Government Accountability Project Government Communications Headquarters Gefahrstoffverordnung gemäß George Washington Law Review Gesellschaft mit beschränkter Haftung Heimarbeitsgesetz Hawaii Revised Statutes

26 HBR HDSG HHS HL h. M. HmbDSG HMSO HR H. Rpt. Hrsg./hrsg. IALANA ICC ICR i. d. F. IDS IDS Emp. L. Brief ILJ Ill. Ill. 2d Inc. Ind. L.J. INESPE

Abkürzungsverzeichnis

Harvard Business Review Hessisches Datenschutzgesetz Department of Health and Human Services House of Lords herrschende Meinung Hamburgisches Datenschutzgesetz Her Majesty’s Stationery Office House of Representatives House Report Herausgeber/herausgegeben International Association of Lawyers Against Nuclear Arms International Chamber of Commerce Industrial Cases Reports in der Fassung Incomes Data Services IDS Employment Law Brief Industrial Law Journal Illinois Supreme Court Illinois Reports, Second Series Incorporated Indiana Law Journal International Network for Engineers and Scientists for Social Responsibility IRLB Industrial Relations Law Bulletin IRLR Industrial Relations Law Review IRS Emp. Rev. IRS Employment Review i. S. v. im Sinne von i.V. m. in Verbindung mit JA Juristische Arbeitsblätter JIEL Journal of International Economic Law JOBE Journal of Business Ethics J. Soc. Wel. & Fam. L. Journal of Social Welfare and Family Law KonTraG Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich KrW-/AbfG Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz LAG Landesarbeitsgericht LAGE Sammlung der Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte La. Rev. Stat. Louisiana Revised Statutes lat. lateinisch lit. litera L.J. Ch. Law Journal Reports, New Series, Chancery Division LKA Landeskriminalamt LLC Limited Liability Company

Abkürzungsverzeichnis LS Ltd. M&A m. Anm. M.D. Fla. M.D. Ga. Me. Rev. Stat. Mich. Mich. Comp. Laws Mich. Ct. App. Minn. Ct. App. Minn. Stat. MLR Mo. Ct. App. Mont. Code MSPB MuSchG m.w. N. N.C. Gen. Stat. N.D. Cent. Code N.D. Ga. N.D. N.Y. N.D. Tex. N.E.2d NGG N.H. N.H. Rev. Stat. NHS NICA NIRC N.J. N.J. Stat. NJW NLJ NLRA NLRB No. Nr. NRW DatenSchG NSPCC N.W.2d

27

Legal Studies Limited Mergers & Acquisitions mit Anmerkung United States District Court for the Middle District of Florida United States District Court for the Middle District of Georgia Maine Revised Statutes Michigan Supreme Court Michigan Compiled Laws Court of Appeals of Michigan Court of Appeals of Minnesota Minnesota Statutes Modern Law Review Court of Appeals of Missouri Montana Code Merit Systems Protection Board Mutterschutzgesetz mit weiteren Nachweisen General Statutes of North Carolina North Dakota Century Code United States District Court for the Northern District of Georgia United States District Court for the Northern District of New York United States District Court for the Northern District of Texas North Eastern Reporter, Second Series Nahrung-Genuss-Gaststätten New Hampshire Supreme Court New Hampshire Revised Statutes National Health Service Northern Ireland Court of Appeal National Industrial Relations Court New Jersey Supreme Court New Jersey Statutes Neue Juristische Wochenschrift New Law Journal National Labor Relations Act National Labor Relations Board Number Nummer Nordrhein-Westfalen Datenschutzgesetz National Society for the Protection of Cruelty to Children North Western Reporter, Second Series

28 N.Y. N.Y. App. Div. N.Y.S.2d NZA OECD Ohio Ohio Ct. App. Or. OSA OSC OSHA OSH Act P.2d, P.3d PAR Pa. Stat. PCAOB PCaW PCLJ PersF PflegeZG PIDA PKGrG Pub. Cont. L. J. PwC QB QBD RdA RDV Reg./Regs. Rev. Code R.I. Gen. Laws RIW Rn. RRA 1976 Rs. RzK S. SARS S. Cal. L. Rev. Sch. S. Ct. S.D.

Abkürzungsverzeichnis New York New York Supreme Court, Appellate Division New York Supplement, Second Series Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Organisation for Economic Cooperation and Development Ohio Supreme Court Court of Appeals of Ohio Oregon Supreme Court Official Secrets Act Office of Special Counsel Occupational Safety and Health Administration Occupational Safety & Health Act Pacific Reporter, Second Series, Third Series Public Administration Review Pennsylvania Statutes Public Company Accounting Oversight Board Public Concern at Work Public Contract Law Journal Personalführung Gesetz über die Pflegezeit Public Interest Disclosure Act Kontrollgremiumgesetz Public Contract Law Journal PricewaterhouseCoopers Law Reports, Queen’s Bench Queen’s Bench Division Recht der Arbeit Recht der Datenverarbeitung Regulation/Regulations Revised Code General Laws of Rhode Island Recht der Internationalen Wirtschaft Randnummer Race Relations Act 1976 Rechtssache Rechtsprechung zum Kündigungsrecht Seite Severe acute respiratory syndrome Southern California Law Review Schedule Supreme Court Reporter South Dakota Supreme Court

Abkürzungsverzeichnis SDA 1975 S.D. Fla. S.D. N.Y. S.E.2d SEA SEC SEV SGB VII SI SJ Slg. s. o. So.2d sog. SOL SOX S. Rpt. STAA S. Tex. L. Rev. St. John’s L. Rev. StrlSchV S.W.2d Tenn. Tenn. App. Tenn. Code Tenn. L. Rev. Tex. Tex. Gov’t Code Tex. Tech L. Rev. TI TUC TULR(C)A TVG TV-L TVöD u. a. U. Ill. L. Rev. UNCAC U.S. USA

29

Sex Discrimination Act 1975 United States District Court for the Southern District of Florida United States District Court for the Southern District of New York South Eastern Reporter, Second Series Securities and Exchange Act Securities and Exchange Commission Sammlung der Europaratsverträge Sozialgesetzbuch (SGB) Siebtes Buch (VII) – Gesetzliche Unfallversicherung Statutory Instrument Solicitors Journal Sammlung der Rechtsprechung siehe oben Southern Reporter, Second Series sogenannt(e/er) Secretary of Labor Sarbanes-Oxley Act Senate Report Surface Transportation Assistance Act South Texas Law Review St. John’s Law Review Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen South Western Reporter, 2d Series Tennessee Supreme Court Court of Appeals of Tennessee Tennessee Code Tennessee Law Review Texas Supreme Court Texas Government Code Texas Tech Law Review Transparency International Trades Union Congress Trade Union and Labour Relations (Consolidation) Act Tarifvertragsgesetz Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst unter anderem, und andere University of Illinois Law Review United Nations Convention against Corruption United States, United States Supreme Court Reports United States of America

30 USC usw. Utah UWG v. Va. VDW vgl. Vill. L. Rev. VJIL Wash. Wash. U. J. Urb. & Contemp. L. W.D. Mich. W.D. N.Y. W.D. Va. Web JCLI WHG WM WP WPA W.Va. Code z. B. Ziff. ZIP ZRP

Abkürzungsverzeichnis United States Code und so weiter Utah Supreme Court Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb against (versus), vom, von Virginia Supreme Court Vereinigung Deutscher Wissenschaftler vergleiche Villanova Law Review Virginia Journal of International Law Washington Washington University Journal of Urban and Contemporary Law United States District Court for the Western District of Michigan United States District Court for the Western District of New York United States District Court for the Western District of Virginia Web Journal of Current Legal Issues Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts Wertpapier-Mitteilungen Working Party Whistleblower Protection Act West Virginia Code zum Beispiel Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Rechtspolitik

Erster Teil

Begriff, Interessen und internationale Vorgaben § 1 Begriff und Interessen A. Einführung durch exemplarische Falldarstellungen I. Maxwell Pensionsskandal „I’d been beaten in an unequal struggle and regretted my inability to muster the support of more powerful allies. [. . .] I’d done nothing wrong except try to thwart a tyrannical, megalomaniac bully from using the pension funds of thousands of innocent people for his own ends and to expand his empire. I’d tried to ensure that money set aside for their retirement income was available to them alone. Yet society looked upon me as a villain. [. . .] My life goes on – it was only a job I lost after all – and I retained all the important things: the love of my family, my self respect, my personal values and my integrity. I’d do it all again if required but I’d hope to be more successful second time around.“1

Die Mirror Group Newspapers galt bis zur Übernahme durch Robert Maxwell von Reed International im Jahr 1984 als vorbildlicher Arbeitgeber. Maxwell restrukturierte das Unternehmen, besetzte Entscheidungsgremien mit seinen Vertrauten und ermöglichte so ein Agieren außerhalb neutraler Kontrolle. Einige Zeit nach seinem (bis heute ungeklärten) Tod im Jahr 1991 wurde die Veruntreuung von über £ 400 Millionen an Pensionsgeldern bekannt. Harry Templeton, Drucker und führendes Gewerkschaftsmitglied, versuchte wiederholt, die Handlungen seines Arbeitgebers in Frage zu stellen, fand jedoch keine Unterstützung. Medienmagnat Maxwell dagegen war finanzstark, hatte gute Anwälte und verfügte über so großen Einfluss, dass keine britische Presse (außer dem Satiremagazin Private Eye) über sein Fehlverhalten berichtete. Ferner mangelte es im Vereinigten Königreich Ende der achtziger Jahre an einer für Pensionen zuständigen Aufsichtsbehörde. 1988 wurde Templeton gekündigt. Nur infolge von Einschüchterungen und Drohungen seitens Maxwell sowie dem außergerichtlichen Angebot von £ 20.000, was nach Angaben der englischen Schlichtungsstelle ACAS (Advisory, Conciliation and Arbitration Service) weit über dem Schadensersatz im Falle einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage läge, nahm er das

1

Templeton, S. 30 ff.

32

1. Teil: Begriff, Interessen und internationale Vorgaben

außergerichtliche Angebot an. Es war ihm nicht möglich, in der Druckindustrie neue Arbeit zu finden2. II. Enron „Everyone tried to convince me that my analysis was wrong, that I was wrong. They would ask how could one of the state’s best law firms and one of the country’s best accounting firms have missed all of the problems? I began to feel vulnerable and alienated as my colleagues been avoiding me. People acted as though I wanted to tear down the company. [. . .] My colleagues, some of whom were my friends, were a bitter disappointment. I felt betrayed, and I was angry. [. . .] Although I felt like a lone fish swimming against the tide, I recognise that my story is one with a happy ending. [. . .] I was able to remain in Houston and did not have to uproot my family. Congressional reports and external auditors confirmed my allegations.“3

Enron – häufig in einem Atemzug mit WorldCom genannt – steht für viele für den Finanzskandal, der das 21. Jahrhundert einleitete. Innerhalb kürzester Zeit wurde aus dem ehemals siebt größten Unternehmen der Fortune 500 Liste eine der größten Insolvenzen der U.S.-amerikanischen Geschichte. Sherron Watkins, stellvertretene Leiterin der Finanzabteilung des Energiekonzerns Enron mit Sitz in Houston (Texas), versuchte erfolglos4 ihre Vorgesetzten über ihre Bedenken hinsichtlich der Benutzung unlauterer Buchführungspraktiken des Konzerns zu informieren: zunächst durch ein anonymes internes Memo im August 2001 sowie später in einem direkten Gespräch mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Kenneth Lay5. Obwohl ihre Kündigung in Betracht gezogen wurde6, blieb Watkins bis zu ihrer eigenen Kündigung im November 2002 zumindest formal in

2

Templeton, S. 30 ff. Watkins, S. 61 ff. 4 Infolge ihrer Hinweise wurde zwar eine (sehr begrenzte) Untersuchung angeordnet. Sowohl die Wirtschaftsprüfer Arthur Andersen und die Kanzlei Vinson & Elkins kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass keine größeren Probleme vorlagen. Bei Arthur Andersen sollen die Ergebnisse der Prüfer von den Regionalpartnern verworfen und verändert worden sein; McNamee, Out of Control at Andersen: Internal memos detail how the firm’s unusually lax controls allowed its Enron team to call the shots, in: Business Week vom 8. April 2002, S. 32. Zu der Beziehung zwischen Enron und dessen Anwälten sagte der Republikaner Shays: „[Vinson & Elkins] became too cozy with Enron and did not provide reasonable scrutiny of its dealings“; zitiert nach Baynes, 76 St. John’s L. Rev. (2002), S. 879 Fn. 35. 5 Zwar wird der Enron-Skandal oftmals mit Sherron Watkins gleichgesetzt, es gab jedoch weitere Whistleblower innerhalb und außerhalb des Unternehmens, die schwerwiegende Folgen (bis hin zum Arbeitsplatzverlust) auf sich nehmen mussten; vgl. Kohn/Kohn/Calapinto, S. 2 f. 6 Die Geschäftsleitung von Enron hatte sich bei ihren Anwälten über die Kündigungsmöglichkeiten und den in Texas vorhandenen Whistleblowerschutz erkundigt; Kohn/Kohn/Colapinto, S. 2; Morse/Bower, The Party Crasher, in: TIME vom 30. Dezember 2002, S. 53. 3

§ 1 Begriff und Interessen

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ihrer Position7. Im Herbst 2001 räumte Enron ein, dass es Gewinne der vergangenen Jahre viel zu hoch angegeben und Schulden in Milliardenhöhe nicht in der Bilanz ausgewiesen hatte. Der Energiegigant und seine 14 Tochterunternehmen mussten Insolvenz anmelden und die Aktie fiel von über US$ 90,00 auf US$ 0,30. Tausende von Arbeitsplätzen und Anlegerkapital in Milliardenhöhe wurden vernichtet. Erst im Rahmen der vom Kongress eingeleiteten Untersuchungen wurden die internen Memos von Sherron Watkins im Januar 2002 entdeckt. Sie stellten sicher, dass sich die Führungspersonen nicht aus der Verantwortung ziehen konnten, indem sie ihre Unwissenheit versicherten. Zu den Verurteilten gehören Finanzvorstand Andy Fastow8, Vorstandsvorsitz Jeffrey Skilling9 und dessen Vorgänger Kenneth Lay10. III. SARS Durch frühzeitige Hinweise können Risiken und Gefahren jedoch unter Kontrolle gebracht werden: Obwohl bereits im November 2002 die ersten SARS Fälle in der südchinesischen Provinz Guangdong aufgetreten waren, meldete die chinesische Regierung den Ausbruch des tödlichen Virus erst im Februar 2003 an die Weltgesundheitsorganisation (WHO)11. Im April gab der chinesische Gesundheitsminister, Zhang Wenkang, der internationalen Presse bekannt, dass die Chinesen den Virus unter Kontrolle hätten. Er sprach von zwölf SARS Fällen in Peking, darunter drei Todesfälle12. Der 71-jährige Chirurg Jiang Yanyong hatte 7 Während Watkins als Heldin gefeiert wurde, blieb ihr Vorgehen nicht unkritisiert. So wird ihr internes Memo teilweise als „cover your ass“-Memo interpretiert und darauf hingewiesen, dass sie zuvor Aktien im Wert von US$ 47.000 verkaufte. Sowohl die Medien als auch die Geschäftswelt hätten eine positive Figur in dem Skandal gesucht und Watkins käme dieser am nächsten, obwohl sie nur einen geringen Beitrag geleistet habe; vgl. Baynes, 76 St. John’s L. Rev. (2002), S. 882 sowie Fn. 43 und 46 m.w. N. 8 Fastow wurde zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die Anklage wurde im Gegenzug zu einer von ihm zugesicherten Kooperation mit den Behörden, insbesondere in den Verfahren gegen Lay und Skilling, von 98 auf zwei Anklagepunkte herabgesetzt. 9 Skilling wurde wegen verbrecherischer Verschwörung, Betrug und Bilanzmanipulation zu einer Freiheitsstrafe von 24 Jahren und vier Monaten sowie einer Geldstrafe in Höhe von US$ 45 Millionen verurteilt. 10 Lay wurde wegen Betrug und Verschwörung schuldig gesprochen. Drei Monate bevor das Strafmaß im Oktober 2006 verkündet werden sollte, starb er an einem Herzinfarkt. 11 WHO, S. 1. 12 Feature: a Chinese Doctor’s Extraordinary April in 2003, in: The People’s Daily vom 13. Juni 2003. Die Veröffentlichung weiterer Informationen wurde von den chinesischen Behörden kontinuierlich und so weit möglich beschränkt. So stellte sich später heraus, dass in einem Krankenhaus in Shanxi ein Verbot aufgestellt wurde, mit der WHO oder der Öffentlichkeit über die Handhabung von SARS zu sprechen. In einem Militärkrankenhaus wurden SARS Patienten während einer Kontrolle von WHO Vertretern in einem Hotel untergebracht oder in Krankenwagen umhergefahren.

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1. Teil: Begriff, Interessen und internationale Vorgaben

jedoch mit 60 Patienten (davon sieben Todesfälle) in einem einzigen Krankenhaus eine andere Realität wahrgenommen. Er schilderte seine Bedenken hinsichtlich der vom Gesundheitsminister veröffentlichen Zahlen zwei chinesischen Fernsehsendern. Durch den Umweg über die internationale Presse wurden das eigentliche Ausmaß der Epidemie bekannt und die erforderlichen Schutzvorkehrungen und Aufklärungsarbeiten getroffen13. Die Zahlen vom April wurden noch im selben Monat auf 339 diagnostizierte sowie 402 Verdachtsfälle14 und erneut im Mai auf 5.209 Fälle (darunter 282 Todesfälle) korrigiert15. Welches Ausmaß die Epidemie angenommen hätte, wären die echten Zahlen und damit die Bedeutung nicht bekannt geworden, ist nicht feststellbar. Jiang Yanyong wurde offiziell gerühmt und zum Asia Times Man of the Year 2003 ernannt16. Inwiefern dieser Fall den chinesischen Whistleblowerschutz widerspiegelt, sei dahingestellt; es soll vielmehr den Nutzen des Whistleblowings (auch auf globaler Ebene) verdeutlichen.

B. Was ist Whistleblowing? Häufig ist in den Schlagzeilen über schwerwiegendes Fehlverhalten und grobe Missstände in Organisationen zu lesen. Viele fragen sich in diesen Fällen, wie es dazu kommen konnte, warum es so lange andauerte und warum niemand früher etwas gesagt hat. Erwartet man selbst, dass ein Verantwortlicher seine Bedenken äußert, wenn die Lebensmittel, die man zu sich nimmt, verdorben sind, ein Pfleger einen Verwandten misshandelt, ein Arzt inkompetent ist, private Pensionen oder Steuern veruntreut werden, die Eisenbahn unsicher oder die eigene Gemeinde verschmutzt ist? Würde man jedoch auf der anderen Seite selbst solche Missstände aufdecken, wenn man bei der Arbeit über sie stößt und mit der Offenlegung zahlreiche Risiken bis hin zum Arbeitsplatzverlust verbunden sind? I. Begriff To blow the whistle bedeutet wörtlich „pfeifen“, „abpfeifen“, „jemanden verpfeifen“, „in die Pfeife blasen“. Der Begriff wird auf das Pfeifen eines Schiedsrichters bei einem Foul oder auf den Alarmpfiff eines Polizisten zurückgeführt; also auf jemanden, der mit einem schrillen Ton die Öffentlichkeit auf etwas auf13 Vgl. Jakes, Beijing’s SARS Attack, in: Time Asia vom 8. April 2003; Jakes, People Who Mattered: Jiang Yanyong, in: Time Asia vom 21. Dezember 2003. 14 Feature: a Chinese Doctor’s Extraordinary April in 2003, in: The People’s Daily vom 13. Juni 2003. 15 WHO, S. 10. 16 Ausführlichere Darstellung in Van Den Hende, Robin, Jiang Yanyong and Sars, in: Whistleblowing around the World: Law, Culture & Practice, hrsg. von Calland und Dehn, London 2004, S. 53 ff.

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merksam macht. Der Begriff Whistleblower stammt aus den USA und steht im übertragenen Sinne für eine Person, die Fehlverhalten und Missstände nicht einfach hinnimmt, sondern auf diese aufmerksam macht, um Schäden zu verhindern17. In der deutschen Sprache hat sich bisher kein spezieller Terminus durchgesetzt, dem ein entsprechend neutraler (wenn nicht sogar positiver) Beiklang anhaftet. Übersetzungen wie „verpfeifen“, „alarmieren“ oder sogar „Denunziant“ und „Verräter“18 werden der englischen Bedeutung nicht gerecht19. Teilweise wird alternativ der Begriff „Hinweisgeber“ verwandt, aus Gründen der Einheitlichkeit wird im Rahmen der rechtsvergleichenden Arbeit jedoch der englische Terminus beibehalten. Es gibt keine allgemein gültige Auffassung vom Whistleblowing. Vielmehr werden verschiedene Definitionen angeboten, wobei im Rahmen dieser Arbeit bewusst eine weite Interpretation Anwendung findet. Im arbeitsrechtlichen Sinn20 sind Whistleblower demnach Personen, die arbeitsplatzbezogene Missstände und Fehlverhalten intern oder extern melden. Hinweise, kritische Äußerungen oder Anzeigen können sich dabei auf illegales, aber auch gefährliches oder schädigendes Verhalten von Kollegen und Vorgesetzten beziehen. Das Whistleblowing soll jedoch nicht – wie teilweise in den USA vertreten21 – so weit gefasst werden, dass auch die Weigerung eines Arbeitnehmers, illegale Handlungen vorzunehmen, unter den Begriff zu subsumieren ist. Engere Definitionen, nach denen nur externe Hinweise22 oder Hinweise aus primär alturistischen Motiven23 erfasst sind, sollen ebenfalls nicht verfolgt werden. Ein Hinweis ist von einer persönlichen Beschwerde zu unterscheiden. Aus rechtlicher Pers-

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Ledergerber, S. 7. Während „whistle-blowing“ im online Wörterbuch Leo (dict.leo.org) mit „Verpfeifen“ und „Verraten“ übersetzt wird, entspricht das deutsche „verpfeifen“ wohl eher dem amerikanischen „finking“ oder „snitching“. 19 Vgl. auch Bürkle, DB 2004, S. 2158; Müller, NZA 2002, S. 426; Graser, S. 5. 20 Der Begriff Whistleblowing hat sich auch im Kartellrecht etabliert und beschreibt dort eine Person, die von der Kronzeugenregelung Gebrauch macht; Bürkle, DB 2004, S. 2158 m.w. N. Kronzeugen (King’s evidence) sind jedoch von Whistleblowern im arbeitsrechtlichen Sinne abzugrenzen. Sie sind Zeugen der Anklage, die im Gegensatz zu normalen Zeugen in den Fall involviert sind. Die Kronzeugenregelung – insbesondere aus dem anglo-amerikanischen Rechtssystem bekannt – beruht dabei auf einem gegenseitigen Geschäft: Während der Kronzeuge mit seiner Aussage andere Beteiligte belastet, wird ihm ein Erlass oder eine Reduzierung der Kartellbuße in Aussicht gestellt; vgl. z. B. Lampert, BB 2002, S. 2242 f. Wie der Kronzeuge verfügt auch der Whistleblower über Insiderinfomationen, die zur Aufdeckung von Missständen führen können. In der Regel ist der Whistleblower jedoch nicht involviert und erhebt seine Bedenken, bevor ein Verfahren eingeleitet wurde. 21 Vgl. z. B. Westman/Modesitt, S. 23; Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 549 m.w. N. 22 Vgl. Jubb, (1999) 21 JOBE, S. 90 f. Vgl. auch Leisinger, S. 238. 23 Vgl. Deiseroth (2001), S. 9 m.w. N. 18

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pektive ist zu klären, ob und inwieweit Whistleblower vor Sanktionen seitens des Arbeitgebers geschützt werden sollen. Im negativen Sinne bezeichnet der Begriff Whistleblower einen Querulanten oder Denunzianten, der Betriebsinterna nach außen trägt, sich illoyal gegenüber Kollegen und Arbeitgeber verhält und es somit verdient, für seine Treulosigkeit bestraft zu werden. Im positiven Sinn steht der Begriff für Personen mit Zivilcourage, die aus Gewissensgründen, Verantwortungsbewusstsein oder Nutzen für die Organisation auf Missstände und Fehlverhalten hinweisen, um diese zu unterbinden. II. Internes und externes Whistleblowing Internes Whistleblowing erfolgt gegenüber dem Arbeitgeber, dessen Organen oder anderen betrieblichen bzw. innerdienstlichen Stellen (z. B. gegenüber Betriebsbeauftragten, dem Betriebsrat, Ombudspersonen oder speziell eingerichteten Meldesystemen). Externes Whistleblowing umfasst Meldungen außerhalb der Organisation, sei es gegenüber Behörden, Strafverfolgungsorganen, Interessenverbänden, den Medien oder einer anderen (Teil-)Öffentlichkeit24. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass beim internen Whistleblowing die Informationen betriebs- bzw. verwaltungsintern bleiben. Gerade aus diesem Umstand ergeben sich die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Vorgehensweisen. Ein interner Hinweis ermöglicht einer Organisation, die Angelegenheit schneller, kostengünstiger und ohne Aufsehen von außen zu korrigieren. Es werden behördliche Untersuchungen, Imageverlust und möglicherweise damit einhergehende finanzielle Einbußen für die Organisation vermieden25. Ferner bringt das interne Whistleblowing geringere Loyalitätskonflikte zwischen den Arbeitsparteien mit sich. Auf der anderen Seite stößt internes Whistleblowing auf seine Grenzen, sofern der Arbeitgeber einem Hinweis versehentlich oder bewusst nicht nachgeht oder einen Missstand willentlich nicht beheben lässt. Es ist sogar ungeeignet, wenn eine Verdunklungsgefahr besteht, etwa wenn der Arbeitgeber selbst in die illegalen Praktiken verwickelt ist oder zumindest Kenntnis von diesen besitzt26. Das externe Whistleblowing steht hingegen mit den vertraglichen Rücksichtnahmepflichten im Konflikt und ist geeignet, negative Schlagzeilen, Rufschädigung und finanzielle Schäden herbeizuführen. Während Aufsichtsbehörden in der Regel eine Aufklärung unter Ausschluss der Öffentlichkeit anstreben, geht es der Presse gerade um die öffentliche Aufmerksamkeit. Es wird also

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Vgl. etwa Bürkle, DB 2004, S. 2158. Vgl. Callahan/Dworkin, 36 Am. Bus. L. J. (1998), S. 187 f.; Dworkin/Near, 25 Am. Bus. L. J. (1987), S. 242; Lewis, (1995) 58 MLR, S. 209. 26 Vgl. etwa Vickers (1995), S. 13. 25

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über den zunächst notwendigen Adressatenkreis hinaus die Öffentlichkeit informiert27. Die Gefahren und Risiken des externen Whistleblowings sind mit den Vorteilen abzuwägen. Auf der einen Seite sind diejenigen Organisationen zu schützen, die eine Angelegenheit angemessen und verantwortlich behandeln, sofern sie direkt mit ihr konfrontiert werden. Auf der anderen Seite ist es unerlässlich, dass sich internes und externes Whistleblowing ergänzen. Denn in einem System, welches nicht zumindest als letztes Mittel das externe Whistleblowing ermöglicht, würde ein wesentliches Druckinstrument fehlen, intern die nötigen Schritte zu vollziehen. III. Entwicklung des Whistleblowings Die Thematik, die Wahrheit aus Angst vor Repressalien oder für die eigene Reputation und Stellung zu verschweigen, ist keineswegs neu28. Unter dem Namen Whistleblowing kann sie jedoch – mit Ausnahme der USA – lediglich auf eine junge Entwicklung zurückblicken. Erst im vergangenen Jahrzehnt wurde außerhalb der Vereinigten Staaten das Augenmerk auf Whistleblower gerichtet. Seitdem haben verschiedene Staaten wie England (Public Interest Disclosure Act 1998), Neuseeland (Protected Disclosures Act 2000), Südafrika (Protected Disclosures Act von 2000), Ghana (Whistleblower Protection Act 2001), Japan (Whistleblower Protection Act von 2004) und Kanada (Federal Accountability Act von 2006) Gesetze zum Schutz von Whistleblowern erlassen. Auch der französische Gesetzgeber hat das Arbeitsgesetzbuch (Code du Travail) im Jahr 2007 um eine Schutzvorschrift für Whistleblower ergänzt. Darüber hinaus sind Schutzbestimmung in verschiedenen internationalen Instrumenten zu finden29. Die den Whistleblowern in den letzten Jahren entgegengebrachte Aufmerksamkeit spiegelt das Bewusstsein wider, dass sie einen wichtigen Beitrag zur Aufdeckung von Missständen leisten. In vielen europäischen Ländern, so auch in Deutschland, sind die Gesetzgeber dagegen zögerlich, Schutzvorschriften für Whistleblower zu erlassen30. Daher ist 27 Umfassend Callahan/Dworkin/Lewis, 44 VJIL (2004), S. 904 ff.; Callahan/Dworkin, 32 Am. Bus. L. J. (1994), S. 151 ff. 28 Vgl. z. B. das Märchen ,Des Kaisers neue Kleider‘ des dänischen Schriftstellers Hans Christian Andersen. Das Märchen handelt von einem Kaiser, der sich von zwei Betrügern neue Gewänder weben lässt, die angeblich nur von Personen gesehen werden können, die ihres Amtes würdig sind. Aus Eitelkeit erwähnen weder der Kaiser noch seine Gefolgschaft, dass die Kleider nicht existieren. Der Schwindel fliegt erst auf, als ein Kind ausruft, der Kaiser habe keine Kleider an. 29 Dazu unten § 2. Vgl. auch das (aus amerikanischer Sicht geschriebene) Kapitel „Whistleblowing as an Export“ in: Johnson, S. 115 ff. 30 Ernst & Young, Fraud Risk Mitigation Survey 2007, S. 13.

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auf die allgemeinen Regeln und Grundsätze des Arbeitsrechts abzustellen. Diese sind durch die vertraglichen Rücksichtnahmepflichten gekennzeichnet und führen zu Rechtsunsicherheit und der Befürchtung arbeitsrechtlicher Konsequenzen bis hin zum Arbeitsplatzverlust31. Der im Mai 2008 bekannt gewordene von drei Bundesministerien gemeinsam erarbeitete Vorschlag für eine gesetzliche Verankerung des Whistleblowerschutzes in einem neuen § 612a BGB ist nach unüberwindbaren Widerständen aus den Reihen der CDU/CSU nicht weiterverfolgt worden32. Ziel des Entwurfes war es, eine klare und eindeutige Regelung zum Whistleblowing zu schaffen, und damit die Rechtssicherheit für Arbeitnehmer zu verbessern. Auch der europäische Gesetzgeber ist auf dem Gebiet des Whistleblowings bislang untätig geblieben33. Ein erstes Handeln der EU wurde infolge des Inkrafttretens des U.S.-amerikanischen Sarbanes-Oxley Act erforderlich. Dabei geht es jedoch primär um die Vereinbarkeit des Europäischen Datenschutzrechts mit den amerikanischen Vorgaben, die für alle an U.S.-amerikanischen Börsen notierten Unternehmen gelten, mithin auch für internationale Unternehmen in der EU34. Innerhalb des europäischen Organisationsapparates wurde das Whistleblowing beispielsweise durch den niederländischen EU-Beamten Paul van Buitenen35, die dänische Eurostat Mitarbeiterin Dorte Schmidt-Brown36 und die spani-

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Reiter, RIW 2005, S. 172; Bürkle, DB 2004, S. 2159. Whistleblowing – Gesetzesänderung auf Eis gelegt, in: NJW Spezial 2009, S. 180. 33 Drei Organisationen aus Deutschland (Whistleblower-Netzwerk e. V.), Großbritannien (Freedom to Care) und Norwegen (Explisit) haben im Jahr 2007 unter dem Motto „Europa braucht mehr Whistleblowing!“ eine gemeinsame Stellungnahme zum Arbeitsrecht-Grünbuch der Europäischen Kommission erarbeitet, in der sie die EU-Kommission auffordern, sich des Themas anzunehmen; vgl. Whistleblower-Netzwerk e. V., Freedom to Care, Explisit, S. 1 ff. 34 Vgl. unten § 4 B.III.5 und § 11 A.IV.2. 35 Der EU-Finanzprüfer Paul van Buitenen deckte Korruption, Misswirtschaft und Vetternwirtschaft innerhalb der EU auf. Nach vergeblichen Versuchen, seine Vorgesetzten zu informieren und zum Handeln zu bewegen, übergab er sein Material dem Europäischen Parlament. Obwohl infolge der dann einsetzenden Ermittlungen die gesamte Kommission zurücktrat, wurde van Buitenen mit disziplinarischen Maßnahmen bestraft (u. a. Versetzung, Halbierung des Gehaltes, Verhaltensauflagen); vgl. Bannenberg, S. 376; Barnett/McSmith, Bureaucrat who blew whistle on EC sleaze defies attacks, in: Guardian Unlimited vom 10. Januar 1999. 36 Nachdem Dorte Schmidt-Brown erfolglos Bedenken über Unregelmäßigkeiten in der europäischen Statistikbehörde Eurostat (vor allem Manipulation bei Ausschreibungen und Auftragsvergabe) erhoben hatte, wurde sie versetzt, nachdem ihre Beschwerde an Neil Kinnock, Vizepräsidenten der Kommission, als unbegründet zurückgewiesen worden war. Nach der Aufdeckung des Skandals im Juni 2003 entschuldigte sich Kinnock öffentlich bei Schmidt-Brown, die zwischenzeitlich ihre Arbeit aus gesundheitlichen Gründen aufgeben hatte und eine Invalidenrente erhält; vgl. Coman, Kinnock EU whistleblower ,hung out to dry‘, in: Telegraph.co.uk, Meldung vom 20. Juli 2002; Tillack, Bereichert euch! in: stern.de, Meldung vom 15. Juli 2003. 32

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sche Wirtschaftsprüferin bei der Europäischen Kommission Marta Andreasen37 zum Thema. IV. Vorteile des Whistleblowings und Gefahren für den Whistleblower Jedes Unternehmen und jeder öffentliche Träger steht dem Risiko gegenüber, dass Missstände und Fehlentwicklungen auftreten. Geht man davon aus, dass das Aufdecken von Fehlern insgesamt – d.h. losgelöst von Einzelinteressen – im Interesse der Organisation liegt, ist das Whistleblowing eine effektive Form, vorhandene Ressourcen zu nutzen. Viele Organisationen in hoch industrialisierten Ländern entziehen sich zudem dem Verständnis und der Kontrolle von außen. Dies verstärkt sich mit zunehmender Technologie, kürzeren Innovationszyklen, Größe, Komplexität und Spezialisierung sowie der Anzahl der beteiligten Personen und der Vielzahl der verschiedenen Unternehmensvorgänge38. Oft sind die Beschäftigten die Ersten (und manchmal die Einzigen), die unternehmerisches oder behördliches Fehlverhalten bemerken. Sie sind die Augen und Ohren eines Betriebs und bilden somit eine wertvolle Informationsquelle, um frühzeitig auf arbeitsplatzbezogene Unregelmäßigkeiten aufmerksam zu machen39. Das Whistleblowing ist folglich als interne Risikokommunikation anzusehen40. Durch die Gewährung rechtlichen Schutzes und den Wandel der Orga37 Im Jahr 2002 erhob Marta Andreasen erfolglos intern und später extern Bedenken über grundlegende Prüfstandards in den Europäischen Institutionen (vor allem den Gebrauch von Excel anstelle einer professionellen Buchhaltungssoftware sowie die fehlende doppelte Buchführung, die den privaten Unternehmen in den Mitgliedstaaten sogar europarechtlich vorgeschrieben ist). Sie wurde von der Kommission suspendiert („for violating Articles 12 and 21 of staff regulations: failure to show sufficient loyalty and respect“), diszipliniert und schließlich im Jahr 2005 entlassen. Sie erhielt den in Großbritannien verliehenen Accountancy Age Award sowie den Cliff Robertson Sentinel Award, der seit 2003 jährlich von der U.S.-amerikanischen Association of Certified Fraud Examiners mit der Inschrift „For Choosing Truth Over Self“ verliehen wird; vgl. Perry, Profile: Marta Andreasen, Personality of the Year, in: Accountancy Age vom 27. November 2003; Carvajal, The Workplace: EU turning a deaf ear to warnings, in: International Herald Tribune vom 28. Juli 2004. 38 Vgl. Winfield, S. 45; Callahan/Dworkin/Lewis, 44 VJIL (2004), S. 881; Falter, Stellungnahme § 612a BGB, S. 2 f. 39 Etwa Durant/Wayne, (2004) 25 Comp. Law., S. 152; Deiseroth, ZRP 2007, S. 27. Für ein Profil von Whistleblowern vgl. z. B. Glazer/Glazer, insbesondere S. 5 f., Soeken/Soeken, S. 3 f. und Jos/Tompkins/Hays, (1989) 49 PAR, S. 553 und S. 556. Als statistisches Konstrukt ist der Whistleblower männlich, um die 40 Jahre alt, verheiratet und hat Kinder. Er hat sieben Jahre in der Organisation gearbeitet und war in verantwortungsvoller Position tätig. Er ist ein engagierter Arbeitnehmer, der sowohl finanziell als auch beruflich mehr zu verlieren als zu gewinnen hat. Er ist erfolgreich, hat mit Vertrauen in seine Organisation begonnen und ist überzeugt, dass Bedenken von der Organisation ernst und angemessen behandelt würden. Zur Persönlichkeit von Whistleblowern und ihrer Motivation vgl. Jos/Tompkins/Hays, (1989) 49 PAR, S. 555 ff.; Miceli/Near, S. 93 ff.; Leisinger, S. 76 ff. 40 Vgl. Rohde-Liebenau/Peter, AiB 2004, S. 619 f.

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nisationskultur würde eine Alternative zum Schweigen bereitgestellt werden, so dass auf lange Sicht ein Vorbeugemechanismus etabliert werden könnte. Fehlende Kontrollmechanismen geben hingegen einen Freischein, Fehlverhalten fortzuführen41. Beschäftigte können durch ihre Nähe zum Geschehen einen wichtigen Beitrag zur Aufdeckung von Missständen leisten. Sie sind jedoch auch diejenigen, die am meisten zu verlieren haben42. Häufig äußern sie ihre Bedenken nicht offen, da sie sich treubrüchig gegenüber Kollegen oder ihrem Arbeitgeber vorkommen und arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zum Arbeitsplatzverlust befürchten43. Eine Vielzahl von Tragödien und Skandalen ist bekannt, bei denen Beschäftigte Informationen besaßen, jedoch nicht wussten, an wen sie sich im Vertrauen wenden konnten, ohne selbst einen Schaden zu erleiden44. Die Kombination von Einschüchterung, Angst und Unsicherheit führt oftmals dazu, dass dem skizzierten Interessenkonflikt mit Schweigen begegnet wird – einer sicheren und einfachen Alternative, seinen Arbeitsplatz nicht zu gefährden. Nach Ansicht von Tom Devine, Direktor und Mitgründer der amerikanischen Interessengruppe Government Accountability Project (GAP), leben diese Personen nach dem Motto der drei japanischen Affen Minai, Kikanai und Iwanai „see no evil, hear no evil, speak no evil [. . .] leaving their values without eyes, ears or mouth“ 45. Die Ängste scheinen nach wie vor wohl begründet. Unabhängig von der rechtlichen Lage in den verschiedenen Ländern sind Überbringer schlechter Nachrichten nicht gern gesehen. Beschäftigte gehen mit dem Whistleblowing erhebliche persönliche Risiken ein und müssen mit negativen Konsequenzen für ihr berufliches und persönliches Umfeld rechnen. Oftmals werden sie als Bedrohung für Standorte und Arbeitsplätze angesehen, gelten als illoyal und werden als Lügner, inkompetente Wichtigtuer oder Verräter beschimpft, ignoriert, diszipliniert, diskreditiert, angeklagt oder entlassen46. Im Falle einer Kündigung kann es ferner für den Arbeitnehmer schwer bis nahezu unmöglich werden, eine neue Anstellung zu finden, da er nunmehr als Whistleblower bekannt ist. Dies ist insbesondere in kleinen, verflochtenen Industriezweigen zu beobachten47. Nicht unerheblich werden diese Bedenken in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit durch die gegenwär41 Vgl. Calland/Dehn, S. 7 und S. 202; Leisinger, S. 191; Deiseroth, Stellungnahme § 612a BGB, S. 8 ff. Umfassend zum Whistleblowing als Teil der effektiven Selbstregulierung Berndt/Hoppler, BB 2005, S. 2623 ff. und als gesellschaftliches Sicherheitsnetz Winfield (1994), S. 21 ff. Zu den Kosten und Nutzen des Whistleblowings Miceli/ Near, S. 4 ff. 42 Etwa Calland/Dehn, S. 2; Vinten (1994), S. 3. 43 Etwa Ernst & Young, Fraud Risk Mitigation Survey 2007, S. 9. 44 Calland/Dehn, S. 199; Leisinger, S. 10. 45 Devine, S. 92. So auch Leisinger, S. 15. 46 Vgl. etwa Leisinger, S. 5; Deiseroth, ZRP 2007, S. 27; Rohde-Liebenau/Peter, AiB 2004, S. 616; Gobert/Punch, (2000) 63 MLR, S. 34.

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tige Wirtschaftslage, die fehlende gesellschaftliche Akzeptanz sowie eine gegenüber dem Whistleblower feindlich gesinnte Organisationskultur erhöht. Selbst Unterstützer und Befürworter heben deutlich hervor, dass sich das Leben durch die Entscheidung zum Whistleblowing verändern wird48. V. Gesellschaftliche Akzeptanz Die Einstellung der Gesellschaft zum Whistleblowing im Allgemeinen und des jeweiligen Arbeitgebers im Besonderen befinden sich sowohl in kultureller als auch in rechtlicher Hinsicht in einem Änderungsprozess. Während das Whistleblowing seine Ursprünge in den USA hat, wächst im Rahmen einer generellen Bewegung zu guter Unternehmensführung (Corporate Governance49) und dem Kampf gegen Korruption global das Bewusstsein, Whistleblowern ein sicheres Umfeld zu bieten, damit sie ihr Wissen weitergeben und zum frühen Erfassen von Missständen beitragen können. Zunehmend wird das Whistleblowing als integraler Bestandteil der internen Risikokommunikation und der effektiven Corporate Governance verstanden50. Im Hinblick auf die gesellschaftliche Akzeptanz sind in den verschiedenen Ländern erhebliche Unterschiede zu verzeichnen, die oftmals tief in den jeweiligen kulturellen Gewohnheiten und Einstellungen begründet sind. Wird Whistle47

In diesem Zusammenhang sei auf die amerikanische Praxis des „blacklisting“ hingewiesen. Demnach werden Whistleblower zur gegenseitigen Warnung auf unter den Arbeitgebern kursierende schwarze Listen gesetzt; vgl. Glazer/Glazer, S. 137. 48 Etwa Devine, S. 76, der vom „professional suicide“ spricht und den PentagonWhistleblower Ernie Fitzgerald zitiert, der das Whistleblowing als „committing the truth“ bezeichnete, da man so behandelt wird, als hätte man ein Verbrechen begangen. Vgl. auch Winfield, S. 42; Winfield (1994), S. 28. 49 Corporate Governance – wörtlich das Regieren von Körperschaften – umfasst die Gesamtheit aller Werte und Grundsätze für eine gute, verantwortungsvolle, transparente und auf den langfristigen Erfolg ausgerichtete Unternehmensführung, welche gleichermaßen für Mitarbeiter und Unternehmensleitung gelten; Transparency International, S. 17. In Deutschland wurden im Jahr 2002 die Empfehlungen der „Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex“ verabschiedet. Ferner verpflichtet § 161 S. 1 AktG – eingeführt durch das Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (TransPuG) vom 19.07.2002, BGBl. I S. 2681 – Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaften, jährlich zu erklären, dass den Empfehlungen der Kommission entsprochen wurde und wird, oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden (comply or explain); vgl. Raiser/Veil, § 13 Rn. 27 ff. Corporate Governance unterstützt den Stakeholder-ValueAnsatz, der – im Gegensatz zum Shareholder-Value-Prinzip nicht nur die Bedürfnisse und Erwartungen der Anteilseigner bedenkt, sondern – das Unternehmen in seinem gesamten sozialökonomischen Kontext zu erfassen und die Bedürfnisse der unterschiedlichen Interessengruppen in Einklang zu bringen versucht; vgl. Cutler/Nye, S. 27 ff. 50 Vgl. Rohde-Liebenau, AuR 2006, S. 379; Berndt/Hoppler, BB 2005, S. 2623 ff.; Sauer, Personal 2005, S. 59; ders., DÖD 2005, S. 124; PwC Studie 2007, Länderbericht Deutschland, S. 33 ff.

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blowing in Deutschland noch häufig mit „verpetzen“ oder „anschwärzen“ verbunden, hat es in den USA und England einen positiven Beiklang. Gerade im Ursprungsland USA ist das Whistleblowing zentrales Element der Unternehmensethik und der Terminus ein in weiten Teilen der Bevölkerung bekannter Begriff, der Assoziationen eines pflichtbewussten und mutigen Arbeitnehmers hervorruft51. Nicht nur gibt es in den USA eigens auf Whistleblowing spezialisierte Anwälte und Verbände, das Whistleblowing wird auch in der nicht-juristischen Öffentlichkeit diskutiert und in Filmen thematisiert52. Zu diesem positiven Bild trägt die amerikanische Presse nicht unerheblich bei. Erwähnenswert ist insbesondere die Ende 2002 erschienene Titelgeschichte im TIME Magazine, in der drei Whistleblower zu Persons of the Year ernannt wurden. Auch in England ist seit der Einführung des Public Interest Disclosure Act 1998 (PIDA) ein bedeutender Imagewandel zu verzeichnen. Neben dem rechtlichen Schutz hat der deklara-

51 Dies war jedoch nicht immer der Fall. Insbesondere der U.S.-amerikanische Ökonom österreichischer Herkunft Peter Drucker (1909–2005), der als Pionier der modernen Managementlehre gilt, war bekennender Kritiker. Nach seiner Ansicht ist Whistleblowing lediglich ein anderes Wort für informing. „And perhaps it is not quite irrelevant that the only societies in Western history that encouraged informers were bloody and infamous tyrannies – Tiberius and Nero in Rome, the Inquisition in the Spain of Philip II, the French Terror and Stalin. It may also be no accident that Mao, when he tried to establish dictatorship in China, organized „whistle-blowing“ on a massive scale. For under „whistle-blowing“, under the regime of the „informer“, no mutual trust, no interdependencies and no ethics are possible“; Drucker, S. 51. Auch James Roche, damaliger Vorstandsvorsitzender bei General Motors, warnte 1971: „Some of the enemies of business now encourage an employee to be disloyal to the enterprise. They want to create suspicion and disharmony, and pry into the proprietary interests of the business. However this is labelled – industrial espionage, whistle blowing, or professional responsibility – it is another tactic for spreading disunity and creating conflict“; zitiert nach Walters, HBR (1975), S. 27, der darüber hinaus eine gute Darstellung der Stimmungslage zum Whistleblowing Mitte der siebziger Jahre bietet. Es wird deutlich, dass die USA damals mit den gleichen Vorurteilen zu kämpfen hatte, wie viele andere Länder heute. Vgl. auch die Zusammenfassung von Vaughn, (1982) U. Ill. L. Rev., S. 667: „Less than a decade ago, whistleblowing was a scorned activity often officially punished; today, Congress approves whistleblowing in the strongest terms and protects whistleblowers in several innovative and important ways.“ 52 Vgl. z. B. die Hollywood Filme Silkwood aus dem Jahr 1983 (Die Technikerin Karen Silkwood sagte als Zeugin über die Verletzung von Sicherheitsvorschriften und die mögliche Plutonium-Kontaminierung von Beschäftigten im Kernkraftwerk Kerr McGee gegenüber der U.S. Atomic Energy Commission aus. Einige Zeit später kam sie auf dem Weg zu einem Interview mit der New York Times, wo sie Beweise über die Fehlkonstruktion von Brennstäben vorlegen wollte, bei einem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht ums Leben); The Insider aus dem Jahr 1999 (Jeffrey Wigand, stellvertretener Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung bei Brown & Williamson Tobacco Corp., legte in dem CBS Programm 60 Minutes die bewusst falsche Darstellung seines Arbeitgebers bezüglich der Auswirkungen von Nikotin und Zigaretten offen); Serpico aus dem Jahr 1973 (Der Polizist Frank Serpico deckte einen Korruptionsskandal innerhalb der New Yorker Polizei auf, indem er sich nach fruchtlosen internen Hinweisen an die New York Times wandte) sowie den Dokumentarfilm The Smartest Guys in the Room (2005) über den Untergang von Enron.

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torische Effekt des PIDA eine vertiefte Auseinandersetzung und Diskussion zum Thema Whistleblowing angestoßen53. Der Terminus Whistleblowing ist mittlerweile fester Bestandteil der englischen Rechtsterminologie und findet zunehmend auch Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch. Dagegen wird das Thema in Deutschland – wenn überhaupt – kontrovers diskutiert. Insbesondere in der Unternehmenspraxis und den Medien wird dem Whistleblowing kritisch begegnet. Im Jahr 2006 belegte es Platz 5 in der von der Initiative Nachrichtenaufklärung jährlich veröffentlichten Rangliste der in Deutschland am meisten vernachlässigten Themen und Nachrichten54. Medien würden zwar vereinzelt über firmeninterne Maßnahmen wie Korruptions-Hotlines berichten, nicht aber über die „prekäre Rechtslage“ der Whistleblower. Die geringe Sensibilisierung für das Thema in deutschen Unternehmen wird auch in einer Studie aus dem Jahr 2007 sichtbar: Lediglich 22 Prozent der Unternehmen kennen Hotlines für Whistleblower55. Damit befindet sich Deutschland im internationalen Vergleich – und gerade zum Vereinigten Königreich (78 Prozent) und den USA (79 Prozent bei nicht börsennotierten und 90 Prozent bei börsennotierten Unternehmen)56 – am unteren Ende der Skala. Auch wenn Unternehmen in den letzten Jahren zunehmend Whistleblower-Systeme implementierten, ist das Whistleblowing in Deutschland nach wie vor weit davon entfernt, als notwendiges und nützliches Instrument betrachtet zu werden. Aber auch in den USA bestehen Probleme. So gehörte das Whistleblowing im Jahr 2006 ebenfalls zu den am meisten vernachlässigten Themen und Nachrichten57. Die Kritik bezog sich jedoch nicht auf den Rechtsschutz im Allgemeinen, sondern auf die Gefährdung des Whistleblowerschutzes im öffentlichen Sektor durch die Ernennung von Scott Bloch zum Beauftragten für Whistleblowerschutz (Special Counsel) durch den ehemaligen U.S.-Präsidenten Bush im Jahr 2004. 53

Vgl. Myers, S. 101 ff.; Calland/Dehn, S. 199. Initiative Nachrichtenaufklärung, Top-Themen 2006 (www.nachrichtenaufklae rung.de). Unter der Überschrift „Wenn Insider Alarm schlagen – Whistleblower haben in Deutschland einen schweren Stand“ bespricht die Initiative das Dilemma der Whistleblower und stellt den in Deutschland fehlenden besonderen Rechtsschutz insbesondere den Schutzsystemen in den USA und England gegenüber. Die Plätze 1–4 belegten die Themen: (1) Fehlende Therapieplätze für Medikamentabhängige, (2) Über eine Million politische Gefangene in China – unmenschliche Haftbedingungen und Organhandel?, (3) Stromfresser Internet und (4) Biowaffen aus dem Internet. 55 PwC Studie 2007, Länderbericht Deutschland, S. 31. 56 PwC Studie 2007, Länderbericht UK, S. 5 und PwC Studie 2007, Länderbericht Deutschland, S. 36. Die Angaben beziehen sich auf Unternehmen mit internen Meldesystemen, so dass die Zahl der Unternehmen mit Whistleblower-Hotlines etwas niedriger liegen dürfte. 57 Unter der Überschrift Federal Whistleblower Protection in Jeopardy belegte es Platz 6 der von Project Censored veröffentlichten Top 25 Liste, in welcher Themen und Nachrichten aufgeführt werden, die von den nationalen Medien übersehen und vernachlässigt werden; Project Censored, Top 25 Censored Stories (www.projectcensored.org). 54

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1. Teil: Begriff, Interessen und internationale Vorgaben

Während das Office of Special Counsel (OSC) zur Unterstützung von Whistleblowern im öffentlichen Sektor konzipiert wurde, hat sich Bloch vor allem durch das Abschmettern von Whistleblowerbeschwerden einen Namen gemacht. Die Meldung weist darauf hin, dass selbst die jahrzehntelange Erfahrung sowie die weitverbreitete Kenntnis der Whistleblowingproblematik in den USA keinesfalls automatisch mit einem umfassenden Schutz des Whistleblowers gleichzusetzen ist. VI. Gesetzlicher Regelungsbedarf Ansehen und Nutzen vom Whistleblowing sind stark durch gesellschaftliche Normen und Ansichten geprägt. Auch mit dem Rechtssystem kann auf den Meinungsbildungsprozess Einfluss genommen und ein positives Umfeld für Whistleblower in der Gesellschaft geschaffen werden58. Die von einer gesetzlichen Regelung ausgehende Signalwirkung ist nicht zu unterschätzen und kann eine Thematik ins öffentliche Bewusstsein rücken. Die Präsenz der Problematik und der öffentliche Diskurs sind die Voraussetzungen für den Anstoß und Beginn eines Umdenkungsprozesses und gesellschaftlichen Bewusstseinswandels59. Für eine gesetzliche Regelung sind verschiedene Konfliktebenen zu berücksichtigen, namentlich die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bzw. eine effektive Aufgabenerfüllung durch die Behörden sowie die Schadensabwendung von der Öffentlichkeit.

C. Interessen Das Whistleblowing befindet sich an der Schnittstelle berechtigter, aber konfligierender Interessen. Es umfasst die Loyalität dem Unternehmen gegenüber und das Hinterfragen zweifelhafter Praktiken, betrifft die effiziente Aufgabenerfüllung und die frühe Erkennung von Missständen in Organisationen sowie die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Es ist damit an der Schnittstelle öffentlicher und privater Interessen anzusiedeln60. Wie auch sonst im Arbeitsrecht sind die widerstreitenden Interessen abzuwägen, wobei neben den Interessen der Arbeitsparteien auch das öffentliche Interesse an der Aufdeckung von Missständen zu berücksichtigen ist61. 58

Vgl. Jones, 34 Tex. Tech L. Rev. (2003), S. 1164. Besonders deutlich lässt sich dieser Effekt an den Entwicklungen auf dem Gebiet der Geschlechts- und Rassendiskriminierung in Großbritannien, Deutschland und den USA beobachten. 60 Calland/Dehn, S. 200. 61 Zur Interessenkollision vgl. Bürkle, DB 2004, S. 2159; Müller, NZA 2002, S. 427; Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 643; Westman/Modesitt, S. 33 ff.; Myers, S. 106; Hobby, S. 7. 59

§ 1 Begriff und Interessen

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I. Interessen der Arbeitgeber Arbeitgeber haben ein Interesse an der effizienten und reibungslosen Ausgestaltung ihrer Organisation. Sie fordern von Arbeitnehmern Verschwiegenheit über die im Arbeitsverhältnis erlangten Informationen, Disziplin und intakte Vertrauensbeziehungen innerhalb der Organisation. Sie wollen die Kontrolle und Direktionsrechte am Arbeitsplatz und den nötigen Bewegungsspielraum für erforderliche Personalmaßnahmen. Infolge von externen Offenlegungen kann es zudem zu Reputationsschäden kommen, die für die Arbeitgeber oftmals mit erheblichen finanziellen Beeinträchtigungen verbunden sind. Sie haben folglich ein Interesse daran, auf interne Hinweise zu bauen und externe Offenlegungen zu vermeiden. Durch das interne Whistleblowing kann der Arbeitgeber ferner Kenntnis von Missständen erlangen, die bei Nichtbeseitigung zu erheblichen Nachteilen führen können, wie z. B. Rückrufaktionen, Schadensersatzforderungen, Rufschädigungen oder sogar strafrechtlichen Verurteilungen. Die Vielzahl interner Kontrollsysteme ist dabei Ausdruck des grundsätzlichen Interesses des Arbeitgebers, über Missstände in der Organisation informiert zu sein. II. Interessen der Arbeitnehmer Der Arbeitnehmer hat ein Interesse daran, sein (verfassungsrechtlich garantiertes) Recht auf Meinungsfreiheit auszuüben, ohne Repressalien seitens des Arbeitgebers zu erfahren. Er hat ein Interesse an dem Erhalt seines Arbeitsplatzes und der damit verbundenen Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Darüber hinaus ist ihm daran gelegen, in einem harmonischen Umfeld zu arbeiten, in dem die gesetzlichen, tariflichen und innerbetrieblichen Regeln eingehalten werden. Ist der Arbeitnehmer persönlich betroffen (so z. B. bei Sicherheits- und Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz), werden die Arbeitnehmerinteressen besonders deutlich. Handelt es sich dagegen um Rechtsgüter der Allgemeinheit (so z. B. bei Umweltdelikten) kann der Arbeitnehmer an einer Offenlegung interessiert sein, um als Teil der Allgemeinheit gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. III. Interessen der Allgemeinheit Das öffentliche Interesse begründet sich einerseits in einem stabilen und funktionsfähigen Arbeitsmarkt, zu dem die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten abhängig von den Werten der verschiedenen Rechtssysteme unterschiedlich stark beitragen. Im Whistleblowingkontext besteht das öffentliche Interesse jedoch primär in der Einhaltung und Durchsetzung der Rechtsordnung und der Erhaltung des Rechtsfriedens. Diesem Interesse kommen Whistleblower nach, die oftmals die einzigen Zeugen illegaler oder unlauterer Tätigkeiten sind. Insbesondere bei der Verletzung von Rechtsgütern der Allgemeinheit ist der Rechtsstaat auf Whistleblower angewiesen. Dies wird auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung

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1. Teil: Begriff, Interessen und internationale Vorgaben

und -prävention besonders deutlich62. Denn die Aufdeckung von Korruptionsdelikten, wo regelmäßig anzeigebereite Opfer fehlen, erweist sich als äußerst schwierig63 und ist in der Regel kaum ohne Hinweise von Insidern möglich. Aber auch auf vielen anderen Gebieten, gerade bei drohenden Umwelt- und Gesundheitsgefahren, verfügen Whistleblower häufig über wertvolle Informationen. Im Gegensatz dazu fehlt den zuständigen Aufsichtsbehörden oftmals der Einblick in die komplexen Strukturen und das nötige Personal, um Kontrollen durchzuführen. IV. Abwägung Die Gesamtabwägung der kollidierenden Interessen hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wobei insbesondere die offengelegten Informationen, der Empfänger und das Motiv eines Hinweises zu beachten sind. In England und Deutschland werden die arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflichten, in den USA hingegen die Äußerungsfreiheit und die effektive Rechtsdurchsetzung besonders betont. Während berechtigte Bedenken schutzbedürftig sind, darf der Whistleblowerschutz nicht dazu führen, dass derjenige, der sein eigenes Fehlverhalten verbergen oder in schädigender Weise tätig werden möchte, einen Deckmantel erhält. Zu denken ist an einen Arbeitnehmer, der nach arbeitsvertragswidrigem Verhalten einen (bewusst falschen) Hinweis in der Absicht erhebt, sich gegen etwaige Disziplinar- oder andere Personalentscheidungen mit dem Whistleblowerschutz zu verteidigen.

§ 2 Whistleblowing in internationalen Organisationen A. Korruptionsbekämpfung als politisches Ziel Der Kampf gegen Korruption bildet einen wichtigen Punkt auf der nationalen und internationalen Agenda, wobei die Auseinandersetzung mit möglichen Gegenmaßnahmen eine zentrale Aufgabe in der Korruptionsbekämpfung ist. Auf der rechtlichen Seite wird neben der Verschärfung des Wirtschaftsstrafrechts und der strafbefreienden Selbstanzeige64 insbesondere ein umfassender Schutz für Whistleblower diskutiert. Aufgrund der besonderen Struktur von Korruptions62

Etwa Bannenberg/Schaupensteiner, S. 36 ff. Verlässliche Angaben über die Größe des Dunkelfeldes von Korruptionsdelikten sind mangels umfassender Untersuchungen nicht vorhanden; vgl. BMI/BMJ, Periodischer Sicherheitsbericht, S. 169 ff. Sie wird von Korruptionsfahndern auf 95 Prozent geschätzt; Bannenberg/Schaupensteiner, S. 37 f. 64 Zur strafbefreienden Selbstanzeige als Instrument der Korruptionsbekämpfung Nell/Schlüter, NJW 2008, S. 1996 ff. Unter dem Stichwort der Kronzeugenregelung Bannenberg, S. 422 ff. und S. 428 ff. 63

§ 2 Whistleblowing in internationalen Organisationen

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delikten, bei denen es an direkten Geschädigten fehlt, die wegen eines Eingriffs in ihre individuelle Interessensphäre tätig werden, spielen Whistleblower bei der Aufdeckung eine wichtige Rolle65. Durch die Einbettung in die international präsente Korruptionsproblematik gewinnt das Whistleblowing weltweit an Bedeutung66. Viele internationale Organisationen, wie die Vereinten Nationen, der Europarat, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die Internationale Handelskammer ICC sowie Transparency International (TI) haben das Whistleblowing als wichtiges Instrument der Korruptionsbekämpfung anerkannt und Schutzbestimmungen für einen angemessenen Umgang mit Whistleblowern erarbeitet. In unterschiedlichen Formen existieren rechtlich verbindliche Instrumente, Empfehlungen und Modellkodizes, die Vorgaben für den Umgang mit Whistleblowern in Unternehmen und zum Teil in der öffentlichen Verwaltung enthalten. Alle Instrumente sind im Zusammenhang mit Anti-Korruptionsinitiativen ergangen. Jüngsten Datums sind dabei die von der ICC im Juli 2008 in Paris vorgestellten „Guidelines on Whistleblowing“.

B. Maßnahmen in den internationalen Organisationen I. Vereinte Nationen 1. UN-Konvention gegen Korruption Die UN-Konvention gegen Korruption (United Nations Convention Against Corruption, kurz UNCAC67) zeichnet sich durch eine große geographische Reichweite68 und thematische Breite69 aus. Sie trat im Jahr 2005 in Kraft, nachdem sie von 30 Vertragsstaaten ratifiziert worden ist (Art. 68 UNCAC). Das Übereinkommen wird mit der staatsrechtlichen Wirksamkeit (im Unterschied zur völkerrechtlichen Wirksamkeit durch Ratifikation) Inhalt des innerstaatlichen Rechts70. Die Regeln des Vertrages sind sowohl im Vereinigten Königreich als 65 Bannenberg/Schaupensteiner, S. 36 ff.; Transparency International, S. 24; Bannenberg, S. 375 ff.; Altenburg, BLJ 2008, S. 3 ff. 66 Vgl. Ledergerber, S. 12 ff.; Devine, S. 79 f. 67 A/Res/58/4 v. 31.10.2003 (www.unodc.org/unodc/en/treaties/CAC/index.html). 68 Die Konvention wurde inzwischen von 140 Staaten ratifiziert (Stand Oktober 2009). Eine Liste der Unterzeichnerstaaten in der jeweils aktuellen Fassung ist abrufbar unter http://www.unodc.org/unodc/en/treaties/CAC/signatories.html. 69 Die UNCAC behandelt umfassend drei Hauptaspekte der Korruptionsbekämpfung: Prävention, Sanktionen und internationale Kooperation; vgl. Webb, (2005) 8 JIEL, S. 205 f. 70 In Deutschland geschieht dies für Gegenstände der Bundesgesetzgebung gem. Art. 59 Abs. 2 GG durch Zustimmung in Form eines Bundesgesetzes; Kegel/Schurig, S. 11 f.

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auch in den USA innerstaatliches Recht; in Deutschland steht eine Umsetzung in das nationale Recht noch aus71. Da man keinen Konsens hinsichtlich eines übergeordneten Kontrollmechanismus erzielen konnte, wurden die Kontroll- und Überwachungsmechanismen gemäß Art. 63 Abs. 7 UNCAC den Vertragsstaaten überlassen. Der Wirkungsgrad hängt folglich nicht nur von der sinngemäßen Umsetzung in das nationale Recht, sondern darüber hinaus von effektiven nationalen Kontrollen ab72. Ferner sind nicht alle Artikel der Konvention rechtlich verbindlich. Insbesondere im Hinblick auf präventive Maßnahmen enthält die UNCAC lediglich Empfehlungen73, so dass auch Art. 33 UNCAC (Protection of reporting persons) nicht verbindlich ist. Die Vorschrift empfiehlt, Whistleblower vor ungerechtfertigter Behandlung zu schützen, sofern sie gutgläubig und mit hinreichender Begründung Verstöße gegen die Konvention an die zuständigen Behörden melden74. Obwohl die kurze Bestimmung wesentliche Elemente zum Whistleblowerschutz enthält (externes und bona fide Whistleblowing), ist sie mangels Verbindlichkeit und konkreter Vorschläge lediglich von geringer praktischer Relevanz75. 2. UN-Toolkit gegen Korruption Wesentlich umfassender mit dem Thema Whistleblowing befasst sich das rechtlich unverbindliche United Nations Anti-Corruption Toolkit in seiner überarbeiteten Fassung aus dem Jahr 2004. Es enthält 41 Ratschläge zur Korruptionsbekämpfung, wobei Tool 33 (Whistleblowers: Protection of persons who report corruption) den Nutzen von Whistleblowing skizziert und für einen effektiven Schutz folgende Eckpunkte empfiehlt76: (a) Sanktionierung bewusst falscher 71 Die Antikorruptionsorganisation TI hat im Herbst 2009 erneut zur Ratifizierung der Konvention aufgerufen. Einer Umsetzung stehe die enge Definition des § 108e StGB (Abgeordnetenbestechung) im Weg; Transparency International Deutschland e. V., UN-Konvention gegen Korruption: Generalversammlung von TI fordert neugewählten Deutschen Bundestag zum Handeln auf, Pressemitteilung vom 16. Oktober 2009. Vgl. auch BGH v. 09.05.2006, NJW 2006, S. 2050 zur Wuppertaler Bestechungsaffäre, in welchem die Vorsitzende mahnte, dass „Handlungsbedarf“ bei der Abgeordnetenbestechung bestehe. 72 Webb, (2005) 8 JIEL, S. 218 ff. 73 Webb, (2005) 8 JIEL, S. 206. 74 Art. 33 UNCAC: „Each State Party shall consider incorporating . . . measures to provide protection against any unjustified treatment for any person who reports in good faith and on reasonable grounds to the competent authorities any facts concerning offences established in accordance with this Convention“. 75 Zu beachten ist ferner die in Art. 6 und Art. 13 Abs. 2 UNCAC enthaltene Verpflichtung, eine nationale Antikorruptionsbehörde einzurichten, die u. a. bei Verstößen gegen die Konvention (anonyme) Meldungen von Whistleblowern entgegennimmt. Darüber hinaus empfiehlt Art. 8 Abs. 4 UNCAC die Errichtung von Meldesystemen im öffentlichen Dienst. 76 United Nations Office on Drugs and Crime, The Global Programme Against Corruption, UN Anti-Corruption Toolkit, 3. Fassung, Wien 2004, S. 448 ff.

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oder böswilliger Hinweise, (b) Vermutung der Gutgläubigkeit des Whistleblowers, (c) Vertraulichkeit der Identität und Zeugenschutz, (d) Sanktionierung von Personen, die Whistleblower aufgrund ihres Hinweises diskriminieren, (e) besonderer Kündigungsschutz für den Whistleblower, (f) Schadensersatz-, Wiedereinstellungs- und Versetzungsansprüche im Falle nachteiliger Behandlung, (g) alternative Anlaufstellen, (h) Schulungen potentieller Adressaten sowie (i) die Einführung effektiver interner Meldesysteme. Insgesamt handelt es sich um einen umfassenden Katalog mit hohem Schutzniveau77. Der Einfluss ist jedoch gering, da die Empfehlungen unverbindlich sind und in dem knapp 600seitigen Dokument untergehen. II. Europarat 1. Zivilrechtsübereinkommen über Korruption Das im Jahr 2003 in Kraft getretene Zivilrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption78 wurde von 42 Staaten unterzeichnet und von 34 Staaten ratifiziert79. Es ist mangels Ratifikation und staatsrechtlicher Wirksamkeit jedoch weder in Deutschland noch im Vereinigten Königreich bindendes Recht. Art. 9 des Übereinkommens (Schutz von Beschäftigten) sieht vor, „dass Beschäftigte, die den zuständigen Personen oder Behörden in redlicher Absicht einen begründeten Korruptionsverdacht mitteilen, angemessen vor ungerechtfertigten Nachteilen geschützt werden“. Der erläuternde Bericht führt aus, dass entsprechende Hinweise (also auch externe Meldungen an zuständige Behörden) nicht als Verstoß gegen die Treue- und Verschwiegenheitspflichten zu werten sind80. Die Staaten sollen ferner Maßnahmen ergreifen, um Arbeitnehmer zu ermutigen, ihre Bedenken zu äußern81. Insgesamt enthält die kurze, aber rechtlich verbindliche Vorschrift wesentliche Eckpunkte eines effektiven Whistleblowerschutzes und wird als „Beitrag zur Etablierung eines internationalen Mindeststandards für den Umgang mit Whistleblowern“ gewürdigt82. Zu entgegnen sind dem jedoch die stark regionale Beschränkung des Abkommens auf die Mitglieder des Europarats sowie die geringe Anzahl an Ratifikationen.

77

Ledergerber, S. 32. Europarat, Zivilrechtsübereinkommen über Korruption, SEV Nr. 174. 79 Stand Oktober 2009. Eine Liste der Unterzeichnerstaaten in der jeweils aktuellen Fassung ist abrufbar unter http://www.conventions.coe.int/Treaty/Commun/Cherche Sig.asp?NT=174& CM=1&DF=26/12/2009&CL=GER. 80 Council of Europe, Explanatory Report to the Civil Law Convention on Corruption, Rn. 69. 81 Council of Europe, Explanatory Report to the Civil Law Convention on Corruption, Rn. 71. 82 Ledergerber, S. 45. 78

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1. Teil: Begriff, Interessen und internationale Vorgaben

2. Modellverhaltenskodex für öffentliche Amtsträger Der Modellverhaltenskodex des Europarats für öffentliche Amtsträger83 aus dem Jahr 2000 ist rechtlich nicht verbindlich, sondern soll als Vorlage für die Ausarbeitung nationaler Verhaltenskodizes dienen. Gemäß Art. 12 (Reporting) sollen öffentliche Amtsträger verpflichtet werden, illegale, missbräuchliche und unethische Anweisungen sowie Verstöße gegen den Kodex bei den zuständigen Stellen zu melden (Abs. 1, 2 und 5). Wird ein rechtmäßiger Hinweis nicht angemessen behandelt, soll sich der Amtsträger schriftlich an den Vorgesetzten seiner Behörde wenden können (Abs. 3). Sowohl die Meldepflicht als auch die Möglichkeit, sich bei folgenlosen Hinweisen an den Vorgesetzten zu wenden, verdeutlichen den Stellenwert, der dem Whistleblowing als effektives Frühwarnsystem beigemessen wird. III. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 1. OECD-Konvention Das Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr (Convention on Combating Bribery of Foreign Public Officials in International Business Transactions) ist 1999 in Kraft getreten84. Das Abkommen, welches durch die Korruptionsbekämpfung gleiche Wettbewerbsbedingungen auf den internationalen Märkten erzielen soll85, hat 34 Mitgliedstaaten (darunter Deutschland, das Vereinigte Königreich und die USA)86. Es ist sowohl geographisch (34 Vertragsparteien) als auch inhaltlich (Bestechung ausländischer Amtsträger) eng gefasst, jedoch rechtlich verbindlich und sieht einen nationenübergreifenden, zweistufigen Kontroll- und Überwachungsmechanismus vor87. Zwar enthält die OECD-Konvention keine expliziten 83 Committee of Ministers, Model code of conduct for public officials, Appendix to Recommendation No. R (2000) 10. 84 Für Deutschland ebenfalls in Kraft getreten am 15.02.1999 (BGBl II S. 87) infolge des Gesetzes zur Bekämpfung internationaler Bestechung (IntBestG) v. 10.09. 1998 (BGBl. II S. 2327). 85 Sacerdoti, S. 218. Die Bestechung ausländischer Amtsträger wurde durch die USA thematisiert, die im internationalen Geschäftsverkehr Wettbewerbsnachteile für ihre Unternehmen befürchteten. Denn diese mussten bereits seit dem Foreign Corrupt Practices Act von 1977 mit strafrechtlichen Sanktionen für die Bestechung ausländischer Amtsträger rechnen; Sacerdoti, S. 212; Webb, (2005) 8 JIEL, S. 195 f.; Aiolfi/Pieth, S. 350. 86 BGBl. 2008 II Fundstellennachweis B, S. 809. 87 Die OECD Working Group on Bribery in International Business Transactions prüft die vollständige und sinngemäße Umsetzung der Konvention ins nationale Recht. In der (bereits beendeten) Phase 1 wird die rechtliche Umsetzung der Konvention geprüft. Die Phase 2 ist eine Erfolgskontrolle, in der die effektive und tatsächliche Anwendung der Konvention durch Verwaltung, Justiz und Wirtschaft im Mittelpunkt steht; vgl. Webb, (2005) 8 JIEL, S. 197 f.; Aiolfi/Pieth, S. 353 ff.

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Bestimmungen zum Whistleblowing, es wird jedoch in der zweiten Kontrollphase als wichtiges Instrumentarium der Korruptionsbekämpfung gewürdigt88. 2. OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen89 sind ein Verhaltenskodex für weltweit verantwortungsbewusstes Handeln von Unternehmen. Sie stellen Empfehlungen an die Wirtschaft dar und betonen das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung. Die im Jahr 2000 überarbeiteten, rechtlich nicht verbindlichen Leitsätze enthalten erstmals seit ihrer Veröffentlichung im Jahr 1976 ein Kapitel über Korruptionsbekämpfung (Teil 1, Kapitel 6) sowie eine Whistleblowervorschrift (Teil 1, Kapitel 2). Gemäß Ziffer 9 der Allgemeinen Grundsätze sind Arbeitnehmer, die dem Arbeitgeber oder den zuständigen Behörden in gutem Glauben Praktiken melden, die gegen das geltende Recht, die OECD-Leitsätze oder die Unternehmenspolitik verstoßen, vor diskriminierenden und Disziplinarmaßnahmen zu schützen. Die Leitsätze enthalten damit wesentliche Elemente des Whistleblowerschutzes (internes, externes sowie bona fide Whistleblowing), lassen jedoch einen Hinweis auf die Einführung interner Meldesysteme vermissen und sind rechtlich nicht verbindlich. 3. OECD Grundsätze der Corporate Governance Die OECD Grundsätze der Corporate Governance90 von 1999 stellen einen rechtlich nicht verbindlichen Katalog von Standards und Leitlinien für gute Corporate Governance Praktiken dar, die bei der Orientierung, Evaluierung und Verbesserung guter Unternehmensführung helfen sollen. In die aktualisierte Fassung aus dem Jahr 2004 wurde eine Vorschrift eingefügt, nach der Unternehmensbeteiligte die Möglichkeit haben sollen, ihre Bedenken über illegale oder unethische Vorgänge innerhalb des Unternehmens zu melden, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen (Teil 1, 4.E). Die Anmerkungen im Zweiten Teil enthalten wichtige Ergänzungen. Sie empfehlen unternehmensinterne, unabhängige und neutrale Stellen (z. B. ein Ombudsmann oder eine Telefonhotline) sowie die Möglichkeit, alternative Adressaten zu kontaktieren. Etwas versteckt wird auf die erforderliche Gutgläubigkeit des Whistleblowers eingegangen. Trotz wesentlicher

88 Sowohl der im Vorfeld der Untersuchung auszufüllende Fragebogen als auch die Länderberichte der Phase 2 enthalten Abschnitte (sowie teilweise länderspezifische Empfehlungen) in Bezug auf Meldesysteme und Schutzbestimmungen für Whistleblower; vgl. OECD, Phase 2 Questionnaire, S. 4 (Punkt 2.4), OECD, Länderbericht UK, S. 15 f.; OECD, Länderbericht USA, S. 10 f.; OECD, Länderbericht Deutschland, S. 25 sowie OECD, Follow-up Report Deutschland, S. 25 f. 89 OECD, OECD Guidelines for Multinational Enterprises, Juni 2000. 90 OECD, OECD Principles of Corporate Governance, Paris 2004.

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Elemente wäre ein klarer Hinweis auf externes Whistleblowing, Gutgläubigkeit und interne Meldesysteme in den Grundsätzen selbst wünschenswert. IV. Internationale Handelskammer ICC 1. ICC Rules Die Internationale Handelskammer hat mit den ICC Rules91 erstmals im Jahr 1977 Verhaltensrichtlinien zur Bekämpfung von Korruption im Geschäftsverkehr veröffentlicht. In der überarbeiteten Fassung aus dem Jahr 2005 wird empfohlen, vertrauliche Kanäle zur Verfügung zu stellen, damit ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen Bedenken erhoben werden können (Art. 7 lit. b ICC Rules). Während in der Fassung aus dem Jahr 1999 lediglich Whistleblower erfasst waren, die selbst Opfer eines Bestechungsversuches geworden sind, sollen Meldesysteme nunmehr der gesamten Belegschaft unabhängig von der Selbstbetroffenheit oder dem Gegenstand der Anzeige zur Verfügung stehen. Die Erweiterung spiegelt die zunehmende Sensibilisierung für das Whistleblowing wider. Die Vorschrift ist dennoch allgemein gehalten und auf den Aspekt interner Meldesysteme beschränkt. 2. Fighting Corruption und ICC Guidelines on Whistleblowing Das zur praktischen Umsetzung der ICC Rules gedachte Handbuch Fighting Corruption aus dem Jahr 2003 widmet der Einrichtung und Unterhaltung interner Meldesysteme ein eigenes Kapitel92. In diesem werden zehn Empfehlungen zusammengefasst: (1) die Einrichtung interner Meldesysteme, (2) Schutz nicht nur bei tatsächlichen und vollendeten Verstößen, sondern auch bei Vermutungen und zukünftigen Verstößen, (3) unverzügliche Meldung, damit das Unternehmen die erforderlichen Gegenmaßnahmen treffen kann, (4) effektive Mechanismen (z. B. Hotlines oder Ombudspersonen) zur Wahrung der Vertraulichkeit der Whistlebloweridentität, (5) keine Vergeltungsmaßnahmen als Folge gutgläubiger Hinweise, (6) die Möglichkeit anonymen Whistleblowings, (7) effektive Bearbeitung der erhobenen Bedenken, (8) Schulungen, regelmäßige Überprüfungen des internen Systems sowie erforderliche Disziplinarmaßnahmen bei Verstößen, (9) Beachtung eventuell vorhandener Anzeigepflichten gegenüber Behörden sowie (10) die Unterrichtung des Whistleblowers über den Stand der Untersuchung93.

91 ICC, Combating Extortion and Bribery: ICC Rules of Conduct and Recommendations, Paris 2005. 92 Davies, S. 153 ff. Bereits die Internetseiten der ICC bewarben das Handbuch mit der Überschrift „New calls for companies to encourage whistleblowers“. 93 Davies, S. 164.

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Auch die im Juli 2008 in Paris vorgestellten ICC Guidelines on Whistleblowing94 erläutern den Nutzen interner Whistleblowing-Systeme, um Wirtschaftskriminalität und Korruption zu bekämpfen. Sie enthalten ähnliche Empfehlungen wie das Handbuch Fighting Corruption, weisen jedoch gesondert darauf hin, dass die rechtlichen und kulturellen Besonderheiten der einzelnen Länder zu beachten sind. Zwar beschränken sich beide Empfehlungen auf die Einrichtung, Ausgestaltung und Überprüfung interner Meldesysteme, beinhalten für diesen Themenkomplex aber umfassende und detaillierte Grundsätze, die von den Unternehmen praktikabel umgesetzt werden können. V. Transparency International TI ist eine Nichtregierungsorganisation, die sich Prävention und Bekämpfung von Korruption zum Ziel gesetzt hat. Inwiefern dabei das Whistleblowing thematisiert wird, hängt stark von den verschiedenen nationalen Sektionen ab95. Auf internationaler Ebene werden mit der Verleihung des Integrity Awards Persönlichkeiten und Organisationen geehrt, die sich im Kampf gegen Korruption hervorgetan haben. Bereits mehrmals ist der seit 2000 verliehene Preis an Whistleblower gegangen und trägt damit zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit bei96. Ferner widmen sich die Geschäftsgrundsätze für die Bekämpfung von Korruption97 aus dem Jahr 2003 unter Punkt 6.5 (Bedenken äußern und Rat suchen [„whistleblowing“]) dem Whistleblowing und sprechen sich für die Einrichtung „sichere[r] und leicht zugängliche[r] Informationskanäle“ aus, um Beschäftigten die Offenlegung von Missständen ohne Angst vor Diskriminierung zu erleichtern. Die TI-Grundsätze enthalten gute Ansätze, bleiben jedoch zu unbestimmt und sind rechtlich unverbindlich.

94 ICC Commission on Anti-Corruption, ICC Guidelines on Whistleblowing v. 09.07. 2008 (abrufbar unter http://www.iccwbo.org/uploadedFiles/ICC%20Guidelines%20 Whistleblowing %20%20as%20adopted%204_08(2).pdf). 95 Weder bei TI-Deutschland e. V., Transparency International (UK) noch bei TIUSA gehört das Whistleblowing zu den Kernaktivitäten der nationalen Sektionen; anders dagegen bei TI-Schweiz, die einen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit im Whistleblowing angesiedelt haben. 96 Ledergerber, S. 50. Bereits im Jahr 2000 wurde der Preis an zwei Whistleblower verliehen: Mustapha Adib, der als Hauptmann in der marokkanischen Armee korrupte Praktiken der Luftwaffe aufdeckte, worauf er zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde, und Alfredo Maria Pochat, der ermordet wurde, nachdem er als Angestellter der argentinischen Regierung einen Korruptionsfall seines Arbeitgebers aufdeckte (vgl. www.trans parency.org). 97 TI/Social Accountability International, Business Principles for Countering Bribery, Juni 2003.

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1. Teil: Begriff, Interessen und internationale Vorgaben

C. Zusammenfassende Bewertung Insgesamt ist das internationale Recht dadurch gekennzeichnet, dass die Korruptionsbekämpfung größtenteils auf Freiwilligkeit beruht und es an zentralen Durchsetzungsmechanismen mangelt98. Dies gilt besonders im präventiven Bereich, wozu auch das Whistleblowing gehört. Auch ist bei den meisten Whistleblowervorschriften der internationalen Antikorruptionsinstrumente ihr begrenzter Anwendungsbereich sowie ihre Unbestimmtheit zu bemängeln. Dennoch ist es als Erfolg zu werten, dass Vorschriften zum Schutz von Whistleblowern und die Thematik interner Meldesysteme zunehmend in internationalen Instrumenten aufgenommen werden und auf diese Weise für das Whistleblowing sensibilisieren. Das Whistleblowing ist jedoch keinesfalls auf Fragen der Korruptionsbekämpfung zu beschränken, sondern betrifft auch Fragen des Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutzes, der Sicherheit von Nuklearanlagen und anderen gefahrenträchtigen Einrichtungen sowie allgemein „rechtlich und ethisch fragwürdige Praktiken von Entscheidungsträgern, die Interessen von Bürgern oder der Allgemeinheit beeinträchtigen [können]“99.

98 99

Vgl. Webb, (2005) 8 JIEL, S. 222. Deiseroth (2001), S. 9 f.

Zweiter Teil

Whistleblowing in England und den USA § 3 Rechtssysteme, Arbeitsrecht und Gerichtsbarkeit A. Common law, case law und statute law Die Bezeichnung common law hat ihren Ursprung in dem französisch geprägten Begriff comune ley (lat. communis lex). Sie diente der Abgrenzung der unterschiedlichen Rechte der einzelnen germanischen Stämme (Angeln, Sachsen, Jüten usw.) gegenüber dem englischen gemeinen Recht, welches auf ungeschriebenen Gewohnheiten beruhte und durch richterliche Entscheidungen fortgebildet wurde1. Der Begriff wird heute in zweierlei Hinsicht verwendet: Der weite Begriff des common law bezeichnet das gesamte englisch-amerikanische Recht (case law, statute law und equity) gegenüber dem civil law, welches das kontinentaleuropäische Recht kennzeichnet. Der in dieser Arbeit verwendete, engere Begriff des common law bezeichnet das Fallrechtssystem, wie es über Jahrhunderte durch richterliche Rechtsfortbildung der Königsgerichte (im Gegensatz zur Rechtsfortbildung durch den Court of Chancery, nämlich equity2) entwickelt wurde. 1 Das common law hat seinen Ursprung in der normannischen Eroberung Englands im Jahr 1066 durch Wilhelm den Eroberer. Der König richtete einen eigenen königlichen Gerichtshof, die curia regis, ein und übte mit Unterstützung von reisenden Richtern des königlichen Gerichts (itinerant justices oder justices in eyre) die Gerichtsbarkeit aus. Im dreizehnten Jahrhundert entstanden die königlichen Gerichte (Court of Common Pleas, Court of King’s Bench und Court of Exchequer) mit Sitz in Westminster. Neben den drei königlichen Gerichten blieben für alle anderen Angelegenheiten die nichtköniglichen Gerichte zuständig, also vor allem die county courts oder hundred courts, daneben außerdem Patrimonial- und Kirchengerichte. Aus unterschiedlichen Gründen (insbesondere durch die Möglichkeit, das Erscheinen von Zeugen vor Gericht zu erzwingen, Urteile zu vollstrecken und Untertanen zur Eidesleistung zu verpflichten) konnten die königlichen Gerichte ihre Zuständigkeit zu Lasten der county courts und hundred courts allmählich ausweiten und gegen Ende des Mittelalters die Gerichtsbarkeit überwiegend alleine ausüben. Zur englischen Rechtsentwicklung Sims, S. 17 ff. 2 Das aufgrund des streng formalisierten Prozessverlaufs (sog. writ system) als starr und ungenügend empfundene common law erforderte Ausnahmen, die durch das Billigkeitsrecht der Krone zur Gerechtigkeit im Einzelfall (equity) führen sollten. Zunächst nur sehr zurückhaltend ausgeübt und als willkürlich kritisiert, entwickelte sich aus der anfangs individuellen Rechtshilfe ein System mit eigener Rechtsprechungsorganisation und verfestigten Maximen; Walker & Walker’s English Legal System, S. 4 f.

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

Das case law ist im englisch-amerikanischen Rechtskreis die ursprüngliche und nach wie vor eine sehr wichtige Rechtsquelle. Es bildet eine umfassende Zusammenstellung von über einen langen Zeitraum entwickelten Rechtsprinzipien und Rechtssätzen, deren Weiterentwicklung im Einzelfall durch die Rechtsprechung erfolgt. Die unteren Gerichte sind an die früheren Entscheidungen der höheren Gerichte gebunden (stare decisis)3, wobei das jeweils höchste Gericht von eigenen Entscheidungen abweichen kann, indem es diese korrigiert und dadurch neues Recht schöpft4. Maßgeblich kommt es vor Gericht darauf an, welcher Teil einer früheren Entscheidung als bindendes Präjudiz zu betrachten ist, da nur die der Urteilsfindung zu Grunde liegenden Rechtsprinzipien Bindungswirkung entfalten (sog. ratio decidendi im englischen Recht bzw. holding im U.S.amerikanischen Recht). Juristische Aussagen, die für die Lösung einer Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich waren (obiter dicta), sind hingegen nicht bindend. Die als obiter dicta erwähnten Rechtsauffassungen können jedoch für zukünftige Entscheidungen und die weitere Rechtsentwicklung von Bedeutung sein5. Die Abgrenzung bereitet nicht selten erhebliche Schwierigkeiten. Eine bedeutende Rolle spielt dabei die genaue Festlegung der Tatsachen, da lediglich bei gleichgelagerten Tatsachenkonstellationen ein binding precedent vorliegt. Aus dieser Unterscheidung ergibt sich die Sachverhaltsbezogenheit des englisch-amerikanischen Rechtsdenkens6. In Fallrechtssystemen spielt das Gesetzesrecht traditionell eine untergeordnete Rolle, dessen Bedeutung jedoch seit dem späten neunzehnten Jahrhundert zunimmt. In Konfliktfällen gilt, insbesondere im Einklang mit dem englischen Grundsatz der parliamentary sovereignty7, der Vorrang des Gesetzesrechts gegenüber dem Fallrecht. Sowohl englisch-amerikanische als auch kontinentaleuropäische Rechtssysteme entwickeln sich (durch die jeweils wachsende Bedeutung von Gesetzes3 In den meisten U.S.-amerikanischen Jurisdiktionen werden Entscheidungen zur Veröffentlichung markiert (certified for publication) und unveröffentlichte Entscheidungen dürfen nach der sog. no citation rule nicht als Präzedenzfälle herangezogen werden; vgl. Tiersma, DAJV 2007, S. 74. 4 In England herrschte zeitweise sogar eine Eigenbindung des höchsten Gerichts als strengste Form dieser Doktrin. Das House of Lords entschied 1898, dass die eigenen Rechtsauffassungen nur durch Parlamentsgesetze geändert werden können (London Street Tramways Co. Ltd. v. London County Council [1898] AC 375, HL). Im Jahr 1966 hob der damalige Lord Chancellor, Gerald Gardiner, diese Eigenbindung durch das Practice Statement [1966] 3 All ER 77, HL wieder auf. Das Recht, von eigenen Entscheidungen abzuweichen, wird im Interesse der Rechtssicherheit und einheitlichen Rechtsentwicklung jedoch nur selten in Anspruch genommen. 5 Walker & Walker’s English Legal System, S. 81 ff. 6 Hay, S. 7. 7 Selbst das höchste englische Gericht besitzt keine Verwerfungskompetenz. Seit dem Human Rights Act 1998 (HRA) kann es jedoch eine declaration of incompatibility erklären, sofern ein Gesetz mit dem HRA unvereinbar ist. Dies führt zwar nicht zur Unanwendbarkeit des Gesetzes, bewirkt in der Regel aber ein zügiges Handeln des Gesetzgebers; vgl. Sims, S. 28.

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bzw. Fallrecht) zu gemischten Systemen. Die Vermischung wird auf dem Gebiet des Whistleblowings deutlich: während in England und den USA vorrangig gesetzliche Regelungen diesen Bereich bestimmen, wird in Deutschland auf allgemeine Grundsätze und das von den Gerichten entwickelte Fallrecht zurückgegriffen. Die Betonung verbleibt jedoch nach wie vor auf dem fallrechtlichen bzw. dem gesetzlichen Aspekt.

B. Arbeitsrecht und Gerichtsbarkeit in England I. Arbeitsrecht Das Arbeitsrecht in England war bis in die sechziger Jahre von dem Prinzip der abstention of the law geprägt, einem System der Zurückhaltung der Rechtsordnung gegenüber kollektivvertraglichen und arbeitsrechtlichen Regelungen8. In den letzten Jahrzehnten wurde das Arbeitsrecht hingegen zunehmend zwingenden gesetzlichen Regelungen unterworfen. Eine derartige Verrechtlichung und staatliche Einflussnahme auf die Arbeitsbeziehungen ist insbesondere auf den steigenden Einfluss des europäischen Rechts zurückzuführen. Heute wird das Arbeitsrecht durch das Gesetzesrecht dominiert, und das Fallrecht ist im Wesentlichen bei der Auslegung der Gesetze von Bedeutung. Dies gilt auch für den Whistleblowerschutz, der seit 1999 durch den Public Interest Disclosure Act 1998 (PIDA) normiert ist. II. Arbeitsgerichtsbarkeit 1. Gerichtsorganisation und Instanzenzug Der Employment Rights Act 1996 (ERA)9, in den der PIDA eingearbeitet wurde, eröffnet den Rechtsweg zur Arbeitsgerichtsbarkeit, die einen viergliedrigen Instanzenzug vorsieht (Employment Tribunal, Employment Appeal Tribunal (EAT), Court of Appeal und Supreme Court of the United Kingdom). In Abgrenzung zur ordentlichen Gerichtsbarkeit soll die Arbeitsgerichtsbarkeit eine sachnahe, schnelle, informelle und kostengünstige Entscheidungsfindung gewährleisten10. 8 Zu dem in dieser Zeit einsetzenden Wandel Kahn-Freund, Otto, Industrial Relations and the Law – Retrospect and Prospect, in: (1969) 7 BJIR 301, S. 311 ff. 9 Der ERA, der im Jahr 1996 zentrale individualarbeitsrechtliche Normen in einem umfangreichen Konsolidierungsgesetz zusammenfasste, enthält wesentliche Bestimmungen, bildet jedoch kein abschließendes Arbeitsgesetz. Insgesamt bleibt das englische Arbeitsrecht durch eine Vielzahl nebeneinanderstehender und sich ergänzender Gesetze gekennzeichnet. 10 Walker & Walker’s English Legal System, S. 278 ff.; Cownie/Bradney/Burton, S. 74 f. Die Abkoppelung von der Zivilgerichtsbarkeit wurde durch den Industrial Trai-

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

Streitwertunabhängig ist stets das Employment Tribunal Eingangsinstanz für arbeitsrechtliche Streitigkeiten. Örtlich zuständig ist dasjenige von 25 Employment Tribunals in England, Wales und Schottland, in dessen Gerichtsbezirk der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt oder erbracht hat. Es ist in der Regel mit drei Mitgliedern (einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern) besetzt11. Der Vorsitzende ist ein anwaltlich ausgebildeter Jurist (d.h. barrister oder solicitor12) mit mindestens siebenjähriger Berufserfahrung und wird vom Lord Chancellor13 ernannt. Die beiden sog. lay members vertreten jeweils die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite und sollen ihr Fachwissen und praktische Erfahrung in das Verfahren einbringen. Die drei Mitglieder verfügen über das gleiche Stimmrecht, so dass es zwar unüblich, aber doch möglich ist, dass die Laienrichter den Vorsitzenden überstimmen. Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Employment Tribunals gehen zum EAT, welches in London ansässig ist, aber auch in anderen Städten Großbritanniens tagt14. Dabei sind lediglich Rechtsfragen15 sowie Entscheidungen aufgrund

ning Act 1964 zur Entlastung der Zivilgerichte vollzogen. Im Laufe der Jahre nahm die Zahl der Klagen kontinuierlich zu, so dass die Employment Tribunals mittlerweile ihrerseits nach Alternativen zur Arbeitsentlastung suchen. 11 Section 4 Abs. 1 Employment Tribunals Act 1996. 12 Die Anwaltschaft Englands gliedert sich in barrister und solicitor. Traditionell ist allein der barrister vor jedem Gericht vertretungsbefugt und er verfügt nicht über direkten Mandantenkontakt, sondern wird von einem solicitor für die gerichtliche Vertretung des Mandats beauftragt. Seine Gebühren rechnet er nur mit dem solicitor ab und kann auch nur von diesem für etwaiges Fehlverhalten verantwortlich gemacht werden. Anders als der barrister steht der solicitor im direkten Mandantenkontakt. Seine Vertretungsbefugnis hängt maßgeblich davon ab, ob er ein sog. right of audience besitzt. Traditionell beschränkte sich dieses auf die niederen und europäischen Gerichte, wurde jedoch im Zuge der Annährung beider Berufstände erweitert, so dass sich solicitor bei hinreichender Erfahrung als solicitor advocate qualifizieren können. Dies ermöglicht ihnen ein right of audience einschließlich des Supreme Court of the United Kingdom zu erwerben. Im Zuge dieser Annäherung und der Öffnung des Rechtsberatungsmarktes ist es mittlerweile auch bestimmten Organisationen und Einzelpersonen möglich, bei der Bar, dem Aufsichtorgan der barrister, eine Genehmigung zur direkten Mandatierung eines barrister zu beantragen; Walker & Walker’s English Legal System, S. 349 ff. und S. 353 ff. 13 Bis zu den Verfassungsreformakten von 2005 war der Lord Chancellor gleichzeitig oberster Richter des House of Lords, Mitglied des Kabinetts und Sprecher des House of Lords als zweiter Parlamentskammer und vereinigte so judikative, exekutive und legislative Elemente in einer Person. Bedenken gegen die unzureichende Gewaltenteilung führten zur Forderung von New Labour, das Amt vollständig abzuschaffen. Ein entsprechender unter Tony Blair eingebrachter Gesetzesentwurf mündete in einem Kompromiss, dem Constitutional Reform Act 2005, der das Amt stark in den Kompetenzen beschnitt. In seiner heutigen Position ist der auf Vorschlag des Premierministers vom britischen Monarchen ernannte Lord Chancellor nur noch Mitglied der Regierung und nimmt administrative Aufgaben innerhalb des Justizwesens wahr; Walker & Walker’s English Legal System, S. 301 ff. 14 Section 20 Abs. 2 Employment Tribunals Act 1996. 15 Zu den Ausnahmen einer erneuten Tatsachenwürdigung Payne/Waite, S. 362.

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bestimmter Gesetze16 überprüfbar. Gemäß Section 20 Abs. 3 Employment Tribunals Act 1996 ist das EAT ein superior court of record und weist als solcher die Charakteristika eines Gerichts auf17. Es ist weder geographisch noch streitwertmäßig in seiner Zuständigkeit beschränkt und hat in vielen Angelegenheiten die gleichen Befugnisse wie der englische High Court18. Der Spruchkörper des EAT ist in der Regel mit einem Vorsitzenden und entweder zwei oder vier ehrenamtlichen Richtern besetzt, die paritätisch die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite repräsentieren19. Aufgrund der Zwitterstellung des EAT als Rechtsmittelinstanz einerseits und als mit nur einem Berufsrichter besetzten industrial jury andererseits gilt die Besonderheit, dass das EAT nicht an eigene Entscheidungen gebunden ist20. Das EAT stellt in vielen arbeitsrechtlichen Fragen die maßgeblichen Grundsätze auf. Dem EAT ist als nächsthöhere Instanz der Court of Appeal übergeordnet. In Ausnahmefällen kann von dort ein Rechtsmittel beim Supreme Court of the United Kingdom eingelegt werden, der im Zuge der Verfassungsreformakte von 2005 unter New Labour geschaffen wurde. Der Constitutional Reform Act 2005 leitete das Ende der Stellung des House of Lords als Gericht ein und übertrug die Rechtsprechungsfunktion des Oberhauses auf das neu zu schaffende Verfassungsgericht, welches am 1. Oktober 2009 erstmals zusammentrat. Der oberste Gerichtshof wird nicht mehr vom Lord Chancellor, sondern von einem Präsidenten (President of the Supreme Court of the United Kingdom) geleitet. Ab dem EAT bedürfen Rechtsmittel einer gesonderten Zulassung durch das entscheidende oder das übergeordnete Gericht. Wie beim EAT beschränkt sich die Überprüfung auf Rechtsfragen21, so dass die Employment Tribunals die einzige Tatsacheninstanz sind. Seit dem Beitritt des Vereinigten Königreichs zur EU bildet der EuGH eine zusätzliche Instanz; auf dem Gebiet des Whistleblowings kommt ihm mangels europäischer Vorgaben jedoch keine Bedeutung zu.

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Vgl. die Aufzählung in Section 21 Abs. 1 Employment Tribunals Act 1996. Walker & Walker’s English Legal System, S. 292. Insbesondere unterliegt das EAT nicht der dem common law entstammenden Aufsichtsrechtsprechung (supervisory control), nach der höhere Gerichte das Urteil der Vorinstanz unabhängig von den Parteianträgen überprüfen, unter Umständen gänzlich aufheben und durch eigene Anordnung ersetzen können. Der arbeitsrechtliche appeal entstammt vielmehr dem Gesetzesrecht und schränkt die Überprüfungsmöglichkeit der höheren Gerichte ein; vgl. Walker & Walker’s English Legal System, S. 294 f. 18 Sections 29 ff. Employment Tribunals Act 1996. 19 Section 28 Employment Tribunals Act 1996. 20 Im Interesse der Rechtssicherheit und der einheitlichen Rechtsentwicklung darf das EAT jedoch nur bei außergewöhnlichen Umständen, insbesondere bei offenkundigen Fehlentscheidungen, von eigenen früheren Entscheidungen abweichen; Secretary of State for Trade and Industry v. Cook [1997] IRLR 150, EAT. 21 Section 37 Employment Tribunals Act 1996. 17

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2. Arbeitsgerichtliches Verfahren Die englische Arbeitsgerichtsbarkeit zeichnet sich durch ihr geradliniges und unkompliziertes Verfahren aus22. Der Kläger erhebt mittels eines standardisierten Formulars (sog. ET1) Klage, welche der Beklagte innerhalb von 28 Tagen ebenfalls in standardisierter Form (sog. ET3) erwidern muss23. Zeitgleich mit der Terminierung werden der Schlichtungsstelle ACAS (Advisory, Conciliation and Arbitration Service24) alle für eine gütliche Streitbeilegung relevanten Unterlagen zugeleitet. Ein Ergebnis im ACAS-Verfahren kann nicht erzwungen werden, entfaltet im Falle einer Einigung jedoch Bindungswirkung und präkludiert eine erneute gerichtliche Auseinandersetzung25. Ein gesonderter Gütetermin vor dem Arbeitsgericht ist aufgrund des ACAS Schlichtungsverfahrens nicht vorgesehen. Der Vorsitzende hat jedoch die Möglichkeit, Maßnahmen zu erlassen, die der Vorbereitung und Sicherstellung eines ordentlichen und zügigen Gerichtsverfahrens dienen (sog. case management)26. Die Hauptverhandlung ist grundsätzlich mündlich und öffentlich zu führen27. Es handelt sich um einen Prozess mit gemischten, d.h. inquisitorischen und kontradiktorischen Zügen. Das Gericht ist für die Klärung der aufgeworfenen Fragen sowie zur gerechten Behandlung des Falles verantwortlich. Letztlich liegt die Prozessverantwortung jedoch bei den Parteien, die den Verfahrensverlauf weitgehend durch Tatsachenvortrag, Beweiserhebung und Zeugenberufungen gestalten können28. Die Arbeitsgerichte folgen somit, trotz stärkerer Spezialisierung und größerer Flexibilität, im Wesentlichen den Verfahrensprinzipien der ordentlichen Gerichte. Sie nehmen jedoch insbesondere dann eine aktivere Rolle durch Hinweise und Fragen ein, wenn der Kläger nicht anwaltlich vertreten ist29. In den beiden ersten Instanzen (Employment Tribunal und EAT) sind die anfallenden Ausgaben (einschließlich Prozess- und Anwaltskosten) von den Parteien selbst zu tragen. In den höheren Instanzen werden die Kosten (einschließlich der 22 Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften des Employment Tribunals Act 1996 mit den dazugehörigen Verordnungen und Ausführungsbestimmungen; ausführlich Payne/Waite, S. 1 ff. sowie übersichtlich Smith/Wood’s, S. 511 ff. 23 Sch. 1, Regs. 1 ff. Employment Tribunals (Constitution and Rules of Procedure) Regulations 2004 (SI 2004/1861); vgl. auch Payne/Waite, S. 85 ff. und S. 103 ff. 24 Neben der Vermittlungs- und Schiedstätigkeit arbeitsrechtlicher Streitigkeiten nimmt das 1974 gegründete, unabhängige ACAS individual- und kollektivrechtliche Beratungs-, Schulungs- und Informationsaufgaben wahr; vgl. Smith/Wood’s, S. 57 ff. 25 Smith/Wood’s, S. 59. 26 Sch. 1, Regs. 10 ff. Employment Tribunal (Constitution and Rules of Procedure) Regulations 2004; vgl. auch Payne/Waite, S. 133 ff. 27 Zum Ausschluss der Öffentlichkeit vgl. Sch. 1, Reg. 16 Abs. 1 Employment Tribunal (Constitution and Rules of Procedure) Regulations 2004. 28 Smith/Wood’s, S. 522 ff. 29 Sowohl vor dem Employment Tribunal als auch vor dem EAT besteht kein Anwaltszwang.

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Anwaltskosten30) nach den zivilprozessualen Regeln im Ermessen des Gerichts in angemessener Höhe und grundsätzlich entsprechend dem Obsiegen bzw. Unterliegen der Parteien festgesetzt31. Von Anfang an besteht die Befugnis, unter bestimmten Voraussetzungen sogar die Pflicht, den Parteien Kosten aufzuerlegen32. Erwähnenswert ist die Befugnis, Kosten gegen eine Prozesspartei festzusetzen, sofern deren Verhalten schikanös, beleidigend, störend oder in anderer Weise unangemessen oder das Vorbringen missbräuchlich ist33. Durch die Einbeziehung der letzten Variante („has been misconceived“) ist es nunmehr möglich, Kosten aus Gründen geringer Erfolgschancen anzuordnen34. Im Whistleblowingkontext bedeutet dies, dass einem Kläger Kosten auferlegt werden können, wenn er sich unangemessenerweise auf die Whistleblowerschutzvorschriften beruft mit dem Ziel, wenig erfolgversprechende Klagen anzureichern oder auf diese Weise Zugang zu Gericht zu erhalten.

C. Arbeitsrecht und Gerichtsbarkeit in den USA I. Arbeitsrecht In den Vereinigten Staaten35 stehen Bund und Einzelstaaten im Grundsatz innerstaatlich nebeneinander. Die Kompetenzverteilung richtet sich nach Sachgebieten, die umfassend Bund oder Ländern zugewiesen sind und ohne besondere Regelung die Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Rechtsprechungskompetenzen beinhalten. Die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes sind in Art. 1 § 8 der Bundesverfassung (U.S. Constitution) niedergelegt36. Der verbleibende Teil ist nach dem 10. Zusatzartikel der Bundesverfassung den einzelstaatlichen Gesetz30

Part 43.2 Abs. 1 lit. a Civil Procedure Rules 1998. Part 44.3 und 44.4 Abs. 1 Civil Procedure Rules 1998. 32 Seit 2004 sind die einschlägigen Vorschriften für cost orders und preparation time orders in Sch. 1, Regs. 38 ff. bzw. 42 ff. Employment Tribunals (Constitution and Rules of Procedure) Regulations 2004 zu finden. 33 Sch. 1, Reg. 40 Abs. 3 Employment Tribunals (Constitution and Rules of Procedure) Regulations 2004: „where the paying party has [. . .] acted vexatiously, abusively, disruptively or otherwise unreasonably, or the bringing or conducting of the proceedings by the paying party has been misconceived“. 34 Smith/Wood’s, S. 497. 35 Die USA gliedern sich in Bund, seine fünfzig Einzelstaaten, den District of Columbia (Gebiet der Bundeshauptstadt Washington) sowie die abhängigen, nicht inkorporierten Außengebiete unter der Hoheitsgewalt der USA (z. B. Puerto Rico). 36 Zunächst erscheinen die aufgezählten Befugnisse nicht sehr weitgehend und tatsächlich wurden sie nach der urspünglichen Konzeption auf ein notwendiges Minimum beschränkt. Besonders durch die großzügige Interpretation der zwei Generalklauseln – der interstate commerce clause (Abs. 3) und der necessary and proper clause (Abs. 18) – verschaffte der U.S. Supreme Court dem Bundesgesetzgeber jedoch einen weiteren Kompetenzrahmen; vgl. Hay, S. 17; Ackmann, S. 294. 31

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gebern vorbehalten. Das Arbeitsvertragsrecht (employment law37) ist als Teil des Vertragsrechts (law of contracts) grundsätzlich einzelstaatliches Recht. Zunehmend wird es jedoch vom Bundesgesetzgeber beeinflusst, der sich im Gesetzgebungsprozess auf die interstate commerce clause der Bundesverfassung stützt38. Im Hinblick auf das Whistleblowing verbleiben den Einzelstaaten jedoch weitgehende Kompetenzen. Das U.S.-amerikanische Arbeitsrecht ist durch ein Gesellschaftsmodell geprägt, welches auf der Eigenverantwortung des Individuums, dem Vertrauen in die Selbsthilfekräfte des Einzelnen und seiner unmittelbaren sozialen Umgebung sowie der Beschränkung der staatlichen Einflussnahme auf das Notwendige basiert39. Als Ausdruck der liberalistischen Wirtschaftsideen des neunzehnten Jahrhunderts bildet die employment-at-will Doktrin das Kernstück des amerikanischen Arbeitsrechts40. Eine Kündigung bedarf demnach grundsätzlich keiner Rechtfertigung; Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vielmehr in Abwesenheit vertraglicher oder gesetzlicher Regelungen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis jederzeit ohne besonderen Grund beenden (at any time, for any or no reason, with or without notice)41. Nicht die Zulässigkeit, sondern die Unzulässigkeit einer Kündigung bedarf einer besonderen Begründung. Insbesondere seit den sechziger Jahren wurden jedoch zahlreiche gesetzliche und richterliche Beschränkungen zu der absoluten Vertragsfreiheit und dem System des hire and fire begründet42. Die ersten Ausnahmen betrafen Gewerkschaftsmitglieder, die lediglich for 37 Dagegen umfasst der Begriff labor law aus amerikanischer Sicht primär das kollektive Arbeitsrecht, also insbesondere das Tarifvertrags- und das Arbeitskampfrecht; Ackmann, S. 325. 38 Ackmann, S. 293 f. 39 Vgl. Ackmann, S. 288. 40 Die employment-at-will Doktrin löste während der Industrialisierung Ende des neunzehnten Jahrhunderts die gewohnheitsrechtlich geprägte master-servant Beziehung aus dem englischen Recht ab, was zu einer erheblichen Verkürzung der Arbeitnehmerrechte führte. In Zeiten, in denen Unternehmensfreiheit und ökonomische Expansion gefördert und geschützt wurden, fügte sich die employment-at-will Doktrin reibungslos in das neue Wirtschaftsbild ein. Zur Entwicklung der at-will Doktrin Rothstein/Liebman, S. 24 ff. 41 Covington/Decker, S. 324. Vgl. auch die Zusammenfassung des Gerichts in Payne v. The Western & Atlantic Railroad Company, 81 Tenn. 507, S. 519 f. (1884): „All may dismiss their employees at will, be they many or few, for good cause, for no cause or even for cause morally wrong, without being thereby guilty of legal wrong. [. . .] Trade is free; so is employment. The law leaves employer and employee to make their own contracts; and these, when made, it will enforce; beyond this it does not go.“ 42 Der U.S. Supreme Court hatte in der Tradition liberaler Marktprinzipien verschiedene Gesetzgebungsversuche zum Arbeitnehmerschutz als verfassungswidrige Eingriffe in die Vertragsfreiheit gewertet (vgl. z. B. Lochner v. New York, 198 U.S. 45 (1905) hinsichtlich einer gesetzlichen Arbeitszeitbegrenzung auf 60 Wochenstunden, Coppage v. State of Kansas, 236 U.S. 1 (1915) bezüglich eines gesetzlichen Antidiskriminierungsverbots aufgrund von Gewerkschaftsmitgliedschaft oder Hammer v. Dagenhart, 247 U.S. 251 (1918) in Bezug auf die Regulierung von Kinderarbeit). Die Kehrtwende

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just cause kündbar sind, sowie Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Im Rahmen der Bürgerrechtsbewegung in den sechziger und siebziger Jahren kam es insbesondere im Antidiskriminierungsrecht zu einer Stärkung der Arbeitnehmerrechte43. In den Einzelstaaten kommt es, wie grundsätzlich im amerikanischen Recht, zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Während einige Staaten starr an dem Grundsatz der Kündigungsfreiheit festhalten und Ausnahmen so eng wie möglich interpretieren44, haben andere Staaten die Ausnahmen zur Regel gemacht und ein (umfassendes) Kündigungsschutzrecht etabliert45. Schutzvorschriften zugunsten von Whistleblowern sind als Ausnahme zur grundsätzlichen Kündigungsfreiheit anerkannt und verstreut im bundes- und einzelstaatlichen Recht zu finden. II. Gerichtsbarkeit 1. Gerichtsorganisation und Instanzenzug Das amerikanische Rechtssystem kennt (bis auf wenige Ausnahmen46) keine gesonderten Gerichtszüge, sondern lediglich zwei Prozessarten, den Zivil- und Strafprozess. Sowohl arbeits- als auch öffentlich-rechtliche Streitigkeiten werden vor den gleichen Gerichten verhandelt, so dass der amerikanische Richter als „Universalrichter“ fungiert47. In vielen Fällen – so auch bei zahlreichen Whistleblowervorschriften – ist dem gerichtlichen Verfahren aufgrund der Erfahrung und Spezialisierung der Behörden ein Verwaltungsverfahren vorgeschaltet48. Im amerikanischen Gerichtssystem sind die Bundesgerichte nicht der einzelstaatlichen Gerichtsbarkeit als Rechtsmittelinstanz übergeordnet. Vielmehr bilden brachte die Entscheidung National Labor Relations Board v. Jones & Laughlin Steel Corporation, 301 U.S. 1 (1937), die den National Labor Relations Act (NLRA) von 1935 mit einer 5 zu 4 Mehrheitsentscheidung für verfassungsgemäß erklärte und damit den Weg für zukünftige Schutzgesetze ebnete. Dieser Wandel ist in die Zeit der Großen Depression sowie dem wachsenden Einfluss von Arbeiterbewegungen und Gewerkschaften einzuordnen. 43 Vgl. z. B. Title VII des Civil Rights Act von 1964 (Pub. L. No. 88-352, 78 Stat. 241); Age Discrimination in Employment Act von 1967 (Pub. L. No. 90-202, 81 Stat. 602). 44 Dazu zählen insbesondere Georgia, Alabama, Texas und Virginia; vgl. Kohn, S. 25 ff. 45 Vgl. z. B. das umfassende Kündigungsschutzgesetz von Montana aus dem Jahr 1987 (Montana Wrongful Discharge from Employment Act, Mont. Code §§ 39-2901 ff.). 46 So z. B. der U.S. Court of Federal Claims für Klagen gegen die Bundesregierung. Darüber hinaus ist der U.S. Court of Appeals for the Federal Circuit das einzige Bundesberufungsgericht, dessen Zuständigkeit sich nicht örtlich, sondern sachlich bestimmt. 47 Hay, S. 36. 48 Hay, S. 36.

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Bundes- und einzelstaatliche Gerichte eigenständige Gerichtszüge. Der Bundesinstanzenzug gliedert sich in Bezirksgerichte (District Courts49), Bundesberufungsgerichte (Courts of Appeals50) und den U.S. Supreme Court51. Dabei unterscheidet das amerikanische Recht nicht zwischen Berufung und Revision, Rechtsmittel werden allgemein als appeal bezeichnet und beschränken sich auf Rechtsfragen52. Eine zweite Tatsacheninstanz steht – mit Ausnahme offensichtlich fehlerhafter (clearly erroneous) Tatsachenfeststellungen – nicht zur Verfügung53. Auch der einzelstaatliche Instanzenzug ist meist dreistufig. Während die Bezeichnungen variieren, ist eine den Bundesgerichten entsprechende Unterteilung in District Court, Court of Appeals und Supreme Court verbreitet. Wie bei den Bundesgerichten besitzt die erste Instanz eine generelle Zuständigkeit, wobei viele Einzelstaaten zur Entlastung der erstinstanzlichen Gerichte für bestimmte Angelegenheiten formlose Spezialgerichte vorgeschaltet haben54. 2. Gerichtliches Verfahren Das gerichtliche Verfahren ist kontradiktorisch angelegt, so dass die Parteien den Prozess (einschließlich der Sachverhaltsklärung, Beweiserhebung und Stellungnahmen) in hohem Maße selbst gestalten. Der Richter bleibt weitgehend passiv und wacht über die Befolgung der prozessrechtlichen Spielregeln durch die Parteien55. Er führt keine eigenständigen Untersuchungen durch und ist auch sonst nur in geringem Umfang an der Verhandlung beteiligt. So sieht das amerikanische Prozessrecht beispielsweise grundsätzlich keine richterliche Zeugenbefragung vor, der Richter hat vielmehr über die generelle Zulassung von Beweisen zu entscheiden. Als Grundregel gilt, dass jede Partei ihre im Zusammenhang mit

49 In jedem Bundesstaat gibt es mindestens ein Bezirksgericht; bevölkerungsreiche Bundesstaaten werden in regionale districts unterteilt. Verhandelt wird in aller Regel vor einem Einzelrichter (zu den Ausnahmen vgl. 28 USC § 2284). 50 Das Bundesgebiet ist in zwölf Regionen (circuits) mit je einem Bundesberufungsgericht unterteilt, das die Rechtsmittelinstanz für die in der jeweiligen Region liegenden Bezirksgerichte ist. Ein dreizehnter U.S. Court of Appeals for the Federal Circuit besteht ortsunabhängig für sachlich abgegrenzte Zuständigkeitsbereiche. Die Bundesberufungsgerichte sind in der Regel mit drei Richtern besetzt (zu den Ausnahmen vgl. 28 USC § 46(c)). 51 Der U.S. Supreme Court tagt immer in voller, neunköpfiger Besetzung. Die Richter werden vom Präsidenten mit Zustimmung des Senats auf Lebenszeit ernannt; Hay, S. 38. 52 Hay, S. 64. 53 Vgl. 28 USC § 1292(b) und Rule 52(a) Federal Rules of Civil Procedure. 54 So z. B. ein Traffic Court für Verkehrsdelikte, ein Small Claims Court für Rechtssteitigkeiten mit geringem Streitwert (etwa bis US$ 2.500) oder ein Family Court für Familiensachen; vgl. Hay, S. 40. 55 Hay, S. 36 f.

§ 4 Entwicklung des Whistleblowingrechts

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der Klage entstandenen Kosten (Anwalts-, Gerichts- und Prozesskosten) selbst zu tragen hat (sog. American Rule)56.

§ 4 Entwicklung des Whistleblowingrechts A. Entwicklung des Whistleblowingrechts in England Ausgangspunkt der englischen Rechtsentwicklung war zunächst das common law. Der Schutz des Whistleblowers ist mittlerweile im Public Interest Disclosure Act 1998 (PIDA) verankert, der als Antwort auf eine Reihe aufsehenerregender Skandale ergangen ist und beabsichtigt, die komplexe und zusammenhanglose common law Rechtsprechung zu systematisieren. Ein Überblick über die Entwicklungen im common law zeigt, dass das Whistleblowerrecht maßgeblich durch die Kollision der arbeitnehmerseitigen Treue- und Verschwiegenheitspflichten einerseits und des öffentlichen Interesses an der Aufdeckung von Missständen andererseits gekennzeichnet ist. I. Entwicklung im common law 1. Die Treue- und Verschwiegenheitspflichten des Arbeitnehmers Im englischen common law haben sich Pflichten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber entwickelt, die jedem Arbeitsvertrag allein durch das Bestehen des Arbeitsverhältnisses immanent sind (sog. implied duties). Die Verletzung einer solchen Pflicht ist eine Vertragsverletzung und kann in schwerwiegenden Fällen eine (außerordentliche) Kündigung rechtfertigen57. Im Whistleblowingkontext ist die Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers von Bedeutung, sich nicht schädlich gegenüber seinem Arbeitgeber und dessen Interessen zu verhalten (implied duty of good faith and fidelity58) sowie die Pflicht, vertrauliche Informationen nicht unautorisiert offenzulegen (duty not to disclose confidential information59). Über die immanenten Pflichten hinaus können die Parteien weitere Beschränkungen als Ausfluss des Grundsatzes der Vertragsfreiheit in den Arbeitsvertrag aufnehmen

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Covington/Decker, S. 521 f. Zu den immanenten Pflichten Smith/Wood’s, S. 152 ff. Grundlegend Boston Deep Sea Fishing and Ice Co. v. Ansell (1888) 39 Ch. D. 339,

CA. 59 Im Präzedenzfall Robb v. Green [1895] 2 QB 315, CA wurde der Unterlassungsklage des Arbeitgebers stattgegeben, nachdem ein Arbeitnehmer heimlich die Kundenkartei seines Arbeitgebers übertragen und anschließend gekündigt hatte, um mit ihm in direkten Wettbewerb zu treten. Vgl. auch die Grundsatzentscheidung Faccenda Chicken v. Fowler [1986] IRLR 69, CA.

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(sog. restrictive covenants)60. Beschränkende Klauseln unterliegen jedoch der gerichtlichen Kontrolle, wobei sie zur Wirksamkeit insbesondere dem legitimen Geschäftsinteresse dienen müssen und nicht gegen das öffentliche Interesse (public interest) verstoßen dürfen61. Vor diesem Hintergrund wurde die sog. public interest defence entwickelt, wonach ein Verstoß gegen ausdrückliche und konkludente Vertragspflichten gerechtfertigt ist, sofern die Offenlegung im öffentlichen Interesse erfolgt. 2. Entwicklung der public interest defence Teilweise wird die Entscheidung Gartside v. Outram62 aus dem Jahre 1856, in der die sog. iniquity rule etabliert wurde, als Beginn der Whistleblowingrechtsprechung genannt. Diese besagt, dass Personen nicht zur Verschwiegenheit über widerrechtliches Verhalten verpflichtet werden können („there is no confidence as to the disclosure of iniquity“63). Nachdem die iniquity Ausnahme in Folgeentscheidungen eng interpretiert wurde64, gelang der wesentliche Durchbruch im Jahr 1967 mit der Entscheidung Initial Services Ltd. v. Putterill65. Der Arbeitgeber verklagte einen Ex-Manager seiner Waschsalons auf Schadensersatz, nachdem dieser interne Dokumente an eine Zeitung übergegeben hatte. Diese enthüllten widerrechtliche Kartellabsprachen sowie irreführende Preiserhöhungen unter dem Deckmantel erhöhter Steuersätze. Lord Denning wies die Schadensersatzklage unter Berufung auf das öffentliche Interesse an der Information zurück und etablierte damit die public interest defence. Jedes Fehlverhalten („any misconduct“) könne Gegenstand einer Offenlegung sein, wobei der Charakter des Missstandes unter Umständen sogar eine Offenlegung gegenüber der Presse rechtfertige66. Das Urteil wurde u. a. in Hubbard v. Vosper67 und Woodward v. Hutchins68 bestätigt. 60

Vgl. noch Laws v. London Chronicle [1959] 2 All ER 285, S. 287, CA: „A contract of service is but an example of contracts in general, so that the general law of contract will be applicable“. 61 Vgl. Nordenfelt v. Maxim Nordenfelt Guns and Ammunition Co. Ltd. [1894] AC 535, HL; Esso Petroleum Co. Ltd. v. Harper’s Garage (Stourport) Ltd. [1967] 1 All ER 699, HL. 62 (1856) 26 L.J. Ch. 113 (vor der Prozess- und Gerichtsreform durch den Judicature Act von 1873 und damit vor dem heutigen Gerichtssystem). 63 (1856) 26 L.J. Ch. 113, S. 114. 64 Weld-Blundell v. Stephens [1920] All ER Rep 32, HL. 65 [1967] 3 All ER 145, CA. 66 [1967] 3 All ER 145, S. 148. 67 [1972] 1 All ER 1023, CA. Scientology beantragte eine einstweilige Verfügung gegen die Veröffentlichung eines Buches über den Sektenkult von einem ehemaligen Mitglied. Der Unterlassungsantrag wurde u. a. abgewiesen, weil Scientology als so gefährlich eingeschätzt wurde, dass es im öffentlichen Interesse sei, die in dem Buch enthaltenen Informationen bekannt zu machen.

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In den kommenden Jahren folgte eine Reihe einschränkender Entscheidungen, welche die Vertrauenspflicht der Arbeitnehmer hervorhoben. In Beloff v. Pressdram Ltd.69 wurde vergeblich versucht, eine Copyrightverletzung durch das öffentliche Interesse zu rechtfertigen. Im Ergebnis kam es hingegen zu einer Beschränkung der public interest defense auf Straftaten und Staatsgefahren70. In Distillers Company (Biochemicals) Ltd. v. Times Newspapers Ltd.71 überwog das Interesse an der Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem öffentlichen Interesse, mögliche Fahrlässigkeiten des Unternehmens in Bezug auf Contergan offenzulegen. Entscheidungserheblich war, dass fahrlässiges Verhalten – selbst wenn es nachgewiesen werden könne – keine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht begründe72. In British Steel Corporation v. Granada Television Ltd.73 wurde dem Antrag der damals staatlichen British Steel stattgegeben, den Fernsehsender Granada zur Preisgabe seiner Quelle zu verpflichten, aus der die Information über das Missmanagement zu Lasten der Steuerzahler stammte. Trotz des vorhandenen öffentlichen Interesses würde die public interest defence den Medien nicht zum Schutz ihrer Informationsquellen zur Verfügung stehen, wenn eine Freigabe im Interesse der Justiz notwendig sei. Das Mehrheitsvotum unterstrich die Treulosigkeit des Whistleblowers und empfand sein Verhalten als „quite inexcusable“74. Demgegenüber sprach sich Lord Salmon im Minderheitenvotum für den Whistleblower aus, da er eine Offenlegung aufgrund der Verluste zu Lasten der Steuerzahler als öffentliche Pflicht empfand75. Eine Stärkung der Whistleblowerrechte brachte die Court of Appeal Entscheidung Lion Laboratories Ltd. v. Evans76 aus dem Jahr 1984. Zwei ehemalige Arbeitnehmer hatten interne Dokumente an eine Zeitung übergeben, die Zweifel an der Genauigkeit eines Atemprüfröhrchens ihres Arbeitgebers enthielten. Die Klage des Arbeitgebers auf Unterlassung, die internen Dokumente zu veröffentlichen, wurde abgewiesen, da die Aufklärung des Sachverhalts im öffentlichen Interesse lag. Auch der direkte Weg an die Presse war gerechtfertigt, da bei einer polizeilichen Meldung aufgrund des Eigeninteresses der Polizei in dieser Angele68 [1977] 2 All ER 751, CA. Der ehemalige PR-Manager einer Musikgruppe veröffentlichte verschiedene Artikel über seine Anstellung, um Täuschungen und Halbwahrheiten aufzudecken. Die Unterlassungsklage der Musikgruppe wurde abgewiesen, da die Band durch die Einstellung des PR-Managers die Öffentlichkeit gesucht hatte und sich folglich nicht über die negative öffentliche Aufmerksamkeit beschweren konnte. 69 [1973] 1 All ER 241, Ch D. 70 [1973] 1 All ER 241, S. 260 („misdeeds of a serious nature and importance to the country“). 71 [1975] 1 All ER 41, QBD. 72 [1975] 1 All ER 41, S. 50. 73 [1981] AC 1096, HL. 74 [1981] AC 1096, S. 1122. 75 [1981] AC 1096, S. 1184 ff. 76 [1984] 2 All ER 417, CA.

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genheit nicht mit einer ordnungsgemäßen Aufklärung zu rechnen war. In Re a Company’s Application77 wurde ein Hinweis über vertrauliche Informationen eines ehemaligen Arbeitnehmers im Finanzdienstleistungssektor an die Aufsichtsbehörde FIMBRA – trotz möglicher böswilliger Motive – als geschützt angesehen. Ausdrücklich würdigte das Gericht, dass die Offenlegung gegenüber einer Aufsichtsbehörde (mit Ermittlungskompetenzen) erfolgte. Es sei die Aufgabe solcher Behörden, den Gehalt von Bedenken zu prüfen und sie unterlägen der Pflicht, sensible Informationen vertraulich zu behandeln. 3. Kündigungsschutz Die public interest defence wurde als Ausnahme zur arbeitsvertraglichen Treue- und Verschwiegenheitspflicht entwickelt. Der Whistleblower war mangels besonderer Regelungen auf den allgemeinen Kündigungsschutz der Sections 94 ff. ERA angewiesen, dessen persönlicher und zeitlicher Anwendungsbereich auf Arbeitnehmer (employees78) nach einjähriger Beschäftigung beschränkt ist79. Für den Arbeitgeber war es einfach, eine Kündigung durch einen der damals noch fünf in Section 98 ERA80 genannten Gründe zu rechtferigen und die Gesamtabwägung i. S. v. Section 98 Abs. 4 ERA nach dem range of reasonable responses test81 fiel regelmäßig zugunsten des Arbeitgebers aus82. Selbst im Fall einer ungerechtfertigten Kündigung konnte ein Wiedereinstellungsbegehren verhältnismäßig einfach vom Arbeitgeber abgewiesen werden83, so dass dem Whistleblower letztendlich nur ein begrenzter Anspruch auf Schadensersatz blieb84. 77

[1989] IRLR 477, HC. Zum Arbeitnehmerbegriff unten § 5 A.I. 79 Section 108 Abs. 1 ERA. 80 Neben den personen-, verhaltens- und betriebsbedingten Kündigungen (Section 98 Abs. 2 lit. a, b und c ERA) gilt es als rechtmäßiger Kündigungsgrund, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht ohne Gesetzesverstoß erfüllen kann (Section 98 Abs. 2 lit. d ERA). Darüber hinaus sieht Section 98 Abs. 1 lit. b ERA einen Auffangtatbestand vor („some other substantial reason“, kurz SOSR). Im Jahr 2006 wurde zudem die altersbedingte Kündigung (Section 98 Abs. 2 lit. ba ERA) als sechster Kündigungsgrund eingeführt. Das Gebot der Fairness bildet dabei den Kern des englischen Kündigungsschutzrechts (unfair dismissal law), wobei eine Kündigung potentiell fair ist, wenn sie aus einem der in Section 98 ERA normierten Gründe erfolgt. 81 Nach dem range of reasonable responses test muss eine Kündigung nach einer umfassenden Interessenabwägung in eine Spanne angemessener Reaktionen fallen, die ein vernünftiger Arbeitgeber in einer vergleichbaren Situation getroffen hätte; British Leyland (UK) Ltd. v. Swift [1981] IRLR 91, CA. Der Test wird teilweise stark kritisiert und wurde in Haddon v. Van den Bergh Foods Ltd. [1999] IRLR 672, EAT in Frage gestellt. Kurze Zeit später wurde er jedoch in Post Office v. Foley [2000] IRLR 827, CA bestätigt; vgl. Smith/Wood’s, S. 571 ff. 82 Vgl. Vickers (1995), S. 17 f. 83 Die Gerichte müssen von der Praktikabilität einer Wiedereinstellung überzeugt sein und dem Arbeitgeber stehen verschiedene Einreden zur Verfügung, insbesondere die Unmöglichkeitseinrede aufgrund Neubesetzung des Arbeitsplatzes sowie die Ein78

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4. Whistleblowing im öffentlichen Sektor Einen besonders schweren Stand hatten Whistleblower im öffentlichen Sektor, insbesondere die Beschäftigten in den Geheim- und Sicherheitsdiensten sowie dem National Health Service (NHS). Arbeitsverhältnisse bei den Geheim- und Sicherheitsdiensten waren und sind durch einen besonderen Interessenkonflikt gekennzeichnet. Die Beschäftigten unterliegen nicht nur den common law Verschwiegenheitspflichten, sondern darüber hinaus den Vorschriften des Official Secrets Act 1989 (OSA 1989)85. Die im Außenministerium tätige Sarah Tisdall wurde zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt, nachdem sie regierungsinterne Protokolle an eine Zeitung übergeben hatte86. Demgegenüber wurde Clive Ponting aufgrund seines Hinweises gegenüber einem Labour Abgeordneten zwar ebenfalls angeklagt, als Folge einer politischen Verteidigung jedoch entgegen einer klaren Stellungnahme des Richters von der Jury freigesprochen87. Während Tisdall, wohlbemerkt ohne Jury, zu einer Haftstrafe verurteilt wurde und ihr fortan der Ruf einer treubrüchigen Beamtin anhaftete, wurde Ponting als Mann von Prinzipien gefeiert. Die unterschiedliche Behandlung scheint durch die bei Ponting hervorgerufene öffentliche Kontroverse erklärbar88. Auch die NHS stand lange Zeit exemplarisch für die Probleme im Bereich des Whistleblowings. Umfangreiche Reformen Anfang der neunziger Jahre führten zu einer verstärkten Arbeitsbelastung und zunehmender Jobunsicherheit. Bedenken hinsichtlich der Pflegestandards wurden geäußert und viele empfanden sich durch gesteigerte Verschwiegenheitspflichten, Einschüchterungen, moralische rede einer irreversiblen Störung des Vertrauens. Ferner kann der Arbeitgeber nicht zur Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses gezwungen werden und kann sich durch eine zusätzliche Kompensationszahlung „freikaufen“; vgl. Section 116 f. ERA. Im Erhebungsjahr 2008/09 kam es bei 9.319 der 39.427 eingereichten Kündigungsschutzklagen zu einer gerichtlichen Anhörung. In 42,2 Prozent davon wurde zugunsten des Arbeitnehmers entschieden, wobei lediglich 7 Wiedereinstellungen angeordnet wurden (0,1 Prozent der verhandelten Klagen); Employment Tribunals Service: Annual Statistics 2008–2009, London 2009, S. 7 f. 84 Die Schadenshöchstgrenze wird jährlich angepasst und liegt zurzeit bei £ 65.300 (Stand 2010); vgl. Section 124 Abs. 1 lit. b ERA. Im Jahr 1995 lag sie dagegen noch bei £ 11.000; vgl. Vickers (1995), S. 25 f. 85 Zuvor denen des Official Secrets Act 1911. 86 Aus den Dokumenten ging hervor, dass die Regierung die Lieferung von Marschflugkörpern zunächst geheim halten wollte, um mögliche Reaktionen der Opposition und verschiedener Friedensorganisationen zu verhindern; R v. Tisdall, unveröffentlichtes Urteil vom 23. März 1984; vgl. Hobby, S. 10 f. 87 R v. Ponting [1985] Crim. L. R. 318, CCC. Ponting hatte interne Dokumente übermittelt, die sich mit dem Angriff auf das argentinische Schiff General Belgrano (638 Tote) im Falklandkrieg befassten. Die königliche Marine hatte das Schiff bereits einen Tag vor den offiziellen Berichten gesichtet und angegriffen, obwohl es sich im Zeitpunkt des Angriffs entfernte und bereits außerhalb der Angriffzone lag; ausführlich Norton-Taylor, Richard, The Ponting Affair, London 1985. 88 Hobby, S. 11.

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Zwangslagen und den Gebrauch von Knelbelklauseln (sog. gagging clauses) eingeschränkt89. Ende der neunziger Jahre wurde jedoch im Gesundheitssektor eine flächendeckende und erfolgreiche Kampagne zur Unterstützung von Whistleblowern geführt, die zahlreiche Veränderungen mit sich brachte90. 5. Zwischenergebnis Das common law versäumte es, verlässliche Grundsätze zu entwickeln, und es blieb unklar, unter welchen Voraussetzungen sich Whistleblower auf die public interest defense stützen können91. Das Arbeitsverhältnis war von einer tief greifenden Verschwiegenheitskultur geprägt, die bei den Beschäftigten die Angst schürte, als treubrüchig oder Unruhestifter zu gelten92. Zusätzlich wurde das Whistleblowing durch die angespannte Wirtschaftslage, Knebelklauseln und einen fehlenden besonderen Kündigungsschutz erschwert. II. Gesetzliche Entwicklung 1. Gesetzliche Regelungen vor dem Inkrafttreten des PIDA Vor dem Inkrafttreten des PIDA waren gesetzliche Schutzvorschriften vereinzelt im Arbeitsschutz- und Antidiskriminierungsrecht zu finden. Dabei standen nicht der Individualschutz des Whistleblowers, sondern der Arbeitsschutz und eine effektive Rechtsdurchsetzung im Vordergrund. Gemäß Section 100 Abs. 1 lit. c und Section 44 Abs. 1 lit. c ERA werden Arbeitnehmer, die Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz haben und diese unmittelbar gegenüber ihrem Arbeitgeber erheben, seit 1993 vor Kündigungen und anderen arbeitsrechtlichen Sanktionen ge89 Zum Whistleblowing im Gesundheitssektor Vickers (2001), S. 70 ff.; dies. (1995), S. 3 f. und S. 27 ff.; McHale, (1992) J. Soc. Wel. & Fam. L., S. 363 ff.; Lewis, (1995) 58 MLR, S. 211 ff.; Shipman Inquiry, S. 329 ff. 90 Das Gesundheitsministerium brachte Leitfäden heraus und verteilte Compliance Toolkits (entworfen von der gemeinnützigen Organisation Public Concern at Work [PCaW]). 1999 ordnete es in einem Health Service Circular (einer formalen Kommunikation des Gesundheitsministeriums mit der NHS, die häufig quasigesetzliche Wirkung entfalten) an, Verhaltensrichtlinien zum Whistleblowing einzuführen; Health Service Circular 1999/198, S. 2 ff. 91 Vgl. Smith/Randall, S. 84; Gobert/Punch, (2000) 63 MLR, S. 36; Hobby, S. 2; Lewis/Homewood, (2004) 5 Web JCLI: „Although the common law allows the public interest to be used as a shield against an injunction or damages, it has proved to be a weapon of uncertain strength“. 92 Anschaulich Guy Dehn, Mitgründer und Direktor von PCaW: „[F]or too long there has been a popular belief that the employee’s duty of confidentiality is akin to the Mafia’s code of honour“; zitiert in Trapp, Management: Welcome back to the caring, sharing workplace, in: The Independent vom 18. September 1997.

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schützt93. Der Anwendungsbereich ist auf Arbeitnehmer (employees) beschränkt und nur eröffnet, wenn weder ein Arbeitsschutzvertreter noch ein Arbeitsschutzausschuss im Betrieb vorhanden ist oder wenn es unverhältnismäßig wäre, sich an diese zu wenden. Darüber hinaus wird der Schutz durch eine umfassende Angemessenheitsprüfung eingeschränkt94. Eine Offenlegung ist dabei nicht auf Gefahren für den Arbeitnehmer und dessen Kollegen beschränkt, sondern kann sich auf alle arbeitsbezogenen Missstände beziehen95. Section 104 ERA (sowie die 1998 und 2002 eingefügten Sections 104A–C ERA) gewähren einen besonderen Kündigungsschutz bei externen Offenlegungen, sofern Arbeitnehmer Beeinträchtigungen bestimmter Gesetzesrechte96 durch ihren Arbeitgeber (klageweise) geltend machen. Der Schutz greift unabhängig davon ein, ob das Recht tatsächlich besteht und ob eine Beeinträchtigung des Rechts erfolgte; Voraussetzung ist jedoch, dass die Behauptung in good faith gemacht wurde97. Ähnliche Vorschriften sind in den Antidiskriminierungsgesetzen zu finden98, um einen effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Dort stellen Benachteiligungen infolge von Handlungen, die auf die Durchsetzung der Diskriminierungsverbote zielen (Klageerhebung, Zeugenaussagen oder sonstige verfahrensunterstützende Handlungen), eine Diskriminierung dar, sofern die betroffene Person schlechter 93

Umfassend Vickers (1995), S. 22 ff. In Brendon v. BNFL Flurochemicals Ltd. (unveröffentlichte Entscheidung vom 04.07.1995, EAT 766/95) wurde einem Arbeitnehmer gekündigt, nachdem er Bedenken über die Nebenwirkungen eines von seinem Arbeitgeber vertriebenen Produkts erhoben hatte. Zwar erkannte das Gericht das berechtigte Sicherheitsinteresse an, hielt die Art und Weise seines Hinweises – er hatte während seiner Arbeitszeit Nachforschungen betrieben, die zum Rückgang seiner Verkaufzahlen führten – jedoch für unangemessen. Die Kündigungsschutzklage wurde abgewiesen. 95 In Masiak v. City Restaurants (UK) Ltd. [1999] IRLR 780, EAT wurde einem Koch gekündigt, der Bedenken über Entfrostungsmethoden erhoben hatte. Die Kündigungsschutzklage hatte Erfolg. Die Norm diene der Umsetzung von Art. 13 der EWGRichtlinie 89/391/EWG (Richtlinie über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit) und verpflichte jeden Arbeitnehmer, neben der eigenen auch für „die Sicherheit und die Gesundheit derjenigen Personen Sorge zu tragen, die von seinen Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind“. Zwar erging der Fall zu Section 100 Abs. 1 lit. e ERA, er lässt sich jedoch auf lit. c übertragen; Craig, (1998) 28 Emp. L.B., S. 3 f. 96 Vgl. Section 104 Abs. 4, Section 104A Abs. 3, Section 104B Abs. 1 und Section 104C ERA. 97 Vgl. Section 104 Abs. 2, Section 104A Abs. 2 und Section 104B Abs. 2 ERA. 98 Vgl. Section 4 Sex Discrimination Act 1975 (SDA 1975), Section 2 Race Relations Act 1976 (RRA 1976), Section 55 Disability Discrimination Act 1995 (DDA 1995), Regulation 4 Employment Equality (Religion or Belief) Regulations 2003 (EE(RB)R 2003), Regulation 4 Employment Equality (Sexual Orientation) Regulations 2003 (EE(SO)R 2003) und Regulation 4 EE(A)R 2006. Im Oktober 2010 wurden diese Gesetze im Equality Act 2010 zusammengefasst. In dieser Arbeit wird noch auf die jeweiligen Vorgängergesetze Bezug genommen. 94

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

behandelt wird als eine Person in vergleichbarer Lage (sog. discrimination by way of victimisation)99. Dieser Schutz greift bereits im Vorbereitungs- und Versuchsstadium der Durchsetzungshandlung ein, sofern der Arbeitgeber die Absicht, eine nach dem Gesetz geschützte Handlung vorzunehmen, kennt oder vermutet. 2. Public Interest Disclosure Act 1998 a) Vermeidbare Missstände Verschiedene Skandale erschütterten seit Ende der achtziger Jahre das Vertrauen der britischen Bevölkerung in ihre staatlichen und privaten Institutionen. Die Sicherheitstragödien und Finanzskandale illustrierten, dass Beschäftigte oft über wichtige Informationen verfügten. Hätten sie ihre Bedenken vorgebracht oder wären diese beachtet worden, hätten erhebliche Schäden verhindert oder zumindest in den Folgen gemindert werden können100. Zu den bekanntesten Skandalen zählen – außer dem in der Einleitung bereits erwähnten Pensionsskandal um Robert Maxwell – das Kentern der Herald of Free Enterprise 1987 an der Küste von Zeebrugge, bei dem 193 Menschen ums Leben kamen101, die Piper Alpha Katastrophe 1988, bei der 167 Personen bei der Explosion einer Bohrinsel starben102, sowie das Clapham Rail Zugunglück im Jahr 1988, welches 35 Tote und ca. 500 zum Teil schwer Verletzte forderte103. 99 Der erste Fall des EAT (Kirby v. Manpower Services Commission [1980] IRLR 229, EAT) betraf die Versetzung eines Arbeitsvermittlers, der die zuständige Behörde über diskriminierende Praktiken der Stellenanbieter informiert hatte. Das Gericht akzeptierte die Argumentation des Arbeitgebers, dass jeder gleichermaßen benachteiligt würde, der vertrauliche Informationen nach außen trüge, und folglich keine Benachteiligung vorläge. Dieses Defizit in der Antidiskriminierungsrechtsprechung wurde vom Court of Appeal in der Entscheidung Aziz v. Trinity Street Taxis Ltd. [1988] IRLR 204, CA behoben, denn bei dem anzustellenden Vergleich ist gerade das Diskriminierungsmerkmal auszublenden. 100 Vgl. Calland/Dehn, S. 5. 101 Die Sheen Inquiry kam zu dem Ergebnis, dass bei fünf verschiedenen Gelegenheiten vom Schiffspersonal Bedenken bezüglich im Hafen offengelassener Bugtüren erhoben wurden. Die Bedenken wurden jedoch ignoriert; Sheen Inquiry, MV Herald of Free Enterprise. Report of Court No. 8074, Department of Transport, HMSO, London 1987. Versuche, das Unternehmen wegen corporate manslaughter zu verurteilen, scheiterten mangels Beweisen; R v. P & O European Ferries (Dover) Ltd. [1991] 93 Cr. App. R. 72, CCC. Für eine strafrechtliche Verurteilung des Unternehmens fehlte es am „directing mind and will of the company“, also der Kenntnis der oberen Führungsebene; vgl. H. L. Bolton (Engineering) Co. Ltd. v. T. J. Graham & Sons Ltd. [1956] 3 All ER 624, S. 630, CA. 102 Die Cullen Inquiry enthüllte eine Unternehmenskultur, in der sich die Belegschaft außerstande fühlte, Bedenken hinsichtlich des Arbeitsschutzes zu erheben; Cullen Inquiry, The Public Inquiry into the Piper Alpha Disaster, Cm 1310, HMSO, London 1990.

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Nach dem Zusammenbruch der Bank of Credit and Commerce International (BCCI) 1991 stellte sich heraus, dass diese weltweit (über einen Zeitraum von 19 Jahren) über £ 2 Milliarden veruntreut hatte104. Auch die Missstände im Ashworth Special Hospital 105 sowie die Lyme Bay Kanutragödie106 zählen zu den bekannten Skandalen. Es wurden öffentliche Untersuchungen angeordnet, damit die Fehler identifiziert und Lehren für die Zukunft gezogen werden können. Die gemeinsame Botschaft war, dass Beschäftigte zwar von Missständen Kenntnis hatten oder diese zumindest vermuteten, aus Angst vor Repressalien jedoch schwiegen, oder die interne Kommunikation bei erfolgten Hinweisen unzulänglich war107. b) Gesetzesentwurf Nach erfolglosen Initiativen108 wurde der Gesetzesentwurf zum PIDA durch den konservativen Abgeordneten Richard Shepherd als Private Member’s Bill am 22. Mai 1997, kurze Zeit nach dem Regierungswechsel am 1. Mai 1997, in das 103 Infolge einer fehlerhaften Signalschaltung am Clapham Eisenbahnknotenpunkt kam es zum Zusammenstoß eines Pendlerzuges mit einem stationierten Zug. Ein Arbeitnehmer war einige Monate zuvor im Rahmen einer Inspektion auf Unregelmäßigkeiten gestoßen, hatte jedoch aus Angst, für Unruhe zu sorgen, geschwiegen; Hidden Inquiry, Investigation into the Clapham Junction Railway Accident, Cm 820, HMSO, London 1989. 104 Der Abschlussbericht der Ermittlungen gab Aufschluss über den autokratischen Führungsstil der Bank, in dem sich niemand traute, seine Bedenken zu äußern; Inquiry into the BCCI Collapse, Inquiry into the Supervision of the Bank of Credit and Commerce International, HMSO, London 1992. 105 Der Bericht der Blom-Cooper Inquiry aus dem Jahre 1992 spricht von einem sexistischen, rassistischen und schwulenfeindlichen System, in welchem diejenigen schematisch durch Todesdrohungen, Vandalismus und Körperverletzungen eingeschüchtert wurden, die mutig genug waren, ihre Bedenken gegen das brutale System physischen und mentalen Missbrauchs von Patienten durch das Psychiatriepersonal zu erheben. In einer solchen Organisationskultur war es möglich, dass jahrelanger Missbrauch unaufgedeckt blieb; Blom-Cooper Inquiry, Report of the Committee of Inquiry into Complaints about Ashworth Hospital, Cm 2028, HMSO, London 1992. Umfassend Machin, S. 116 ff. sowie insgesamt zum Whistleblowing in Sozialeinrichtungen Hunt, Whistleblowing in the Social Services, London 1998. 106 1994 ertranken bei einem Kanuunfall vier Kinder, einige Monate nachdem eine Ausbilderin den Leiter Peter Kite schriftlich über Mängel bei den Sicherheitsstandards des Freizeitzentrums informiert hatte. Die Aussagen der Ausbilderin, insbesondere ihre schriftliche Warnung, stellten die Hauptbeweise im anschließenden Prozess dar. Kite wurde in R v. Kite and OLL Ltd. (unveröffentlichte Entscheidung vom Winchester Crown Court vom 08.12.1994) wegen corporate manslaughter zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. 107 Myers, 102. Vgl. auch Vinten (1994), S. 14, nach dessen Ansicht es fast möglich gewesen wäre, einen einzigen Bericht für die unterschiedlichen Desaster zu schreiben. 108 Gesetzesentwürfe wurden bereits 1995 und 1996 von den Abgeordneten Dr. Tony Wright und Don Touhig initiiert, blieben jedoch folgenlos; Lewis/Bowers, (1999) 149 NLJ, S. 1378.

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

Unterhaus eingebracht. Von Anfang an erhielt der Entwurf parteiübergreifende Zustimmung sowie die Unterstützung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Auch das White Paper des Unterhauses Fairness at Work109 unterstrich die Bedeutung des Entwurfs zum Schutz der Beschäftigten vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen im Falle verantwortlich erhobener Bedenken110. Aufgrund des parteiübergreifenden Konsenses kam es weder in der zweiten Lesung im Unterhaus noch in der dritten Lesung im Oberhaus zu Verzögerungen, so dass der Public Interest Disclosure Act im Jahr 1998 verabschiedet wurde und ein Jahr nach der königlichen Zustimmung (Royal Assent) am 2. Juli 1999 in Kraft trat. Die Vorschriften des PIDA wurden im Wesentlichen an drei Stellen in den ERA inkorporiert111: (1) Einfügung des Abschnitts IVA (Part IVA: Protected Disclosures), welcher die maßgeblichen Definitionen einer geschützten Offenlegung enthält, (2) Aufnahme des besonderen Kündigungsschutzes in Section 103A und Section 105 Abs. 6A ERA des Zehnten Abschnitts (Part X: Unfair Dismissal) sowie (3) Verankerung des Schutzes vor anderen arbeitsrechtlichen Nachteilen in Section 47B ERA des Fünften Abschnitts (Part V: Protection From Suffering Detriment In Employment). Die Einführung und Ausarbeitung des PIDA ist zu großen Teilen auf das Engagement der Organisation Public Concern at Work (PCaW) zurückzuführen, die seit ihrer Gründung im Oktober 1993 für die Einführung eines Gesetzes eingetreten ist. Die Kehrseite des weitreichenden politischen Konsenses ist die fehlende Kontroverse und die damit einhergehende mangelnde Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Camp drückte dies folgendermaßen aus: „For a piece of legislation that potentially affects almost everyone in work, it has had surprisingly little publicity“ 112. Nach wie vor scheinen Kenntnis und Verständnis der Vorschriften in der Öffentlichkeit nicht weit verbreitet zu sein113. c) Sinn und Zweck des PIDA Das übergeordnete Ziel des PIDA ist es, in Organisationen einen Wandel von einer Kultur der Verschwiegenheit (culture of secrecy) zu einer Kultur der Offenheit (culture of openness) anzustoßen. Dazu gleicht der PIDA die widerstreiten109 Das im Mai 1998 erschienene White Paper stellte die arbeitsrechtlichen Eckpunkte von New Labour vor. Es ist geprägt von der Idee einer Kultur fairer, flexibler, konkurrenzfähiger und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. 110 Fairness at Work, Punkt 3.3. 111 Die Einfügung neuer Vorschriften in bestehende Gesetzbücher ist für das englische System unüblich. Häufig regelt ein neues Gesetz sämtliche Bereiche im Einzelnen selbst und besteht in dieser Form neben den übrigen Gesetzen fort; Zweigert/Kötz, S. 197 f. 112 Camp, (1999) 149 NLJ, S. 46. Vgl. auch Hobby, S. 42. 113 Vgl. auch die Kritik der OECD an der unzureichenden Öffentlichkeitsarbeit in der zweiten Kontrollphase zur OECD-Konvention; OECD, Länderbericht UK, S. 16.

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den Interessen aus: Zum einen schützt er den Whistleblower bei einer geschützten Offenlegung vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen, zum anderen wird die Benutzung interner Kommunikationswege (gegenüber externen Hinweisen) privilegiert, indem deutlich geringere Anforderungen an die Modalitäten einer internen Offenlegung gestellt werden. Mit dem PIDA wird darüber hinaus anerkannt, dass ein öffentliches Interesse an bestimmten organisationsinternen Missständen besteht.

B. Entwicklung des Whistleblowingrechts in den USA Der Schutz des Whistleblowers hat seinen Ursprung in den USA, beruht dort auf einer langen Rechtstradition und ist bereits seit vielen Jahrzehnten sowohl kulturell als auch gesetzlich verankert. Die Entwicklung begann in den sechziger Jahren und erhielt in den vergangenen zwanzig Jahren erneuten Aufschwung. I. Entwicklung Erste Ansätze zur Kodifizierung des Whistleblowerschutzes waren bereits im False Claims Act (FCA) von 1863 und dem National Labor Relations Act (NLRA) von 1935 enthalten. Als besonders wichtige Ereignisse in der Rechtsentwicklung sind die Anerkennung des public-policy-Einwandes als korrigierende Generalklausel im Jahr 1959 in Kalifornien114 sowie die U.S. Supreme Court Entscheidung Pickering v. Board of Education115 im Jahr 1968 hervorzuheben, die den Beginn der First Amendment Rechtsprechung markierte. Nach dem Whistleblower Protection Act (WPA) von 1989 ist der Sarbanes-Oxley Act (SOX) von 2002 die wichtigste bundesrechtliche Erweiterung der vergangenen Jahre. In den sechziger und siebziger Jahren war das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität der politischen Führung und zunehmend auch in die Privatwirtschaft durch eine Vielzahl von Skandalen erschüttert worden116. Erwähnenswert 114 Petermann v. International Brotherhood of Teamsters, 344 P.2d 25 (1959). Von Bedeutung war ferner ein Artikel aus dem Jahr 1967, der den generellen Bedarf eines public policy Kündigungsschutzes darlegte: Blades, Employment at Will v. Individual Freedom: On Limiting the Abusive Exercise of Employer Power, in: 67 Colum. L. Rev. 1404 ff. (1967). 115 391 U.S. 563 (1968). 116 Nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der Fachliteratur wurde Whistleblowing in den siebziger und achtziger Jahren zu einem vieldiskutierten Thema; vgl. das über 300 Seiten umfassende, kommentierte Quellenverzeichnis aus dem Jahr 1984 von Bowman/Elliston/Lockhart, wo es auf S. 4 heißt: „The body of literature on professional dissent prior to the turn of the last decade is relatively small. Although dissent at the workplace is as old as humankind, it has only recently crystallized into a movement comparable in content, if not scope, to earlier civil rights and liberation movements.“

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

sind u. a. die Veröffentlichung der Pentagon Papiere zum Vietnamkrieg117, die Watergate-Affäre118, die Enthüllung der Korruptionspraktiken im Pentagon119, die Unfälle mit dem Personenwagen Ford Pinto infolge eines dem Unternehmen bekannten Konstruktionsfehlers120 sowie einige Zeit später die Explosion der Weltraumfähre Challenger121. Bei der Aufklärung dieser und ähnlicher Fälle wurde ersichtlich, dass Mitarbeiter durch ihre Insiderperspektive wertvolle Beiträge zur Bekämpfung und Vermeidung von Missständen leisten können. Die Aufmerksamkeit und das Misstrauen der Öffentlichkeit, fehlende Schutzmechanismen für Whistleblower sowie die stetig komplexeren und dadurch schwerer zu durchschauenden Strukturen im öffentlichen Sektor (und die damit 117 Daniel Ellsberg, Analyst im Außenministerium, hatte die sog. Pentagon-Papiere (umgangssprachlich für die United States-Vietnam Relations, 1945–1967: A Study Prepared by the Department of Defense) an die New York Times weitergegeben, wodurch Verschleierungspraktiken und Irreführungen der Regierung im Hinblick auf den Vietnamkrieg enthüllt wurden. Die Veröffentlichung der Pentagon Papiere im Jahr 1971 veränderte die öffentliche Meinung zum Vietnamkrieg. 118 Die Watergate-Affaire (Einbruch in das demokratische Hauptquartier mit dem Versuch, Abhörwanzen zu installieren und Dokumente zu fotokopieren) wurde von einem Whistleblower aufgedeckt, der lediglich als Deep Throat bekannt wurde. Ihm war es gelungen, seine Anonymität zu wahren und damit den negativen Konsequenzen zu entgehen; umfassend Glazer/Glazer, S. 35 f. Erst im Jahr 2005 wurde seine Identität (Mark Felt, ehemaliger US-amerikanischer Agent) durch zwei Reporter der Washington Post aufgedeckt. 119 Airforce-Mitarbeiter Ernest Fitzgerald erhob mehrfach intern Bedenken im Zusammenhang mit der Entwicklung und Beschaffung des C-5A Transportflugzeugs. Infolge eines bewusst und unrealistisch niedrigen Angebots wurden die Beschaffungsverträge mit der Firma Lockheed geschlossen, wobei es in der Folgezeit zu erheblichen Kostensteigerungen mit entsprechenden finanziellen Nachforderungen kam. Trotz massiven Drucks von Seiten des Verteidigungsministeriums sagte Fitzgerald vor dem zuständigen Senats-Unterausschuss aus, woraufhin seine Stelle im Zuge einer behördlichen Umorganisation wegfiel. Nach einem zwölfjährigen Rechtsstreit wurde Fitzgerald – neun Tage vor der U.S. Supreme Court Entscheidung – im Jahr 1982 in seine damalige Position wiedereingestellt; vgl. Westman/Modesitt, S. 13 f. Die Klage gegen den ehemaligen Präsidenten Nixon wurde vom obersten Gericht in Nixon v. Fitzgerald, 457 U.S. 731, S. 749 (1982) wegen absoluter Immunität des Präsidenten abgewiesen. Die Klagen gegen Stabsmitarbeiter wurden dagegen zugelassen, vgl. Harlow v. Fitzgerald, 457 U.S. 800, S. 813 (1982). 120 Der Konstruktionsfehler in der Anordnung des Tanks führte in den 70er Jahren zu zahlreichen Unfällen mit Todesfolge und schweren Verletzungen. Der Ingenieur Frank Camps hatte bereits früh auf die Probleme und die damit verbundenen Gefahren für die Verbraucher hingewiesen. Er wurde jedoch mit Hinweisen auf Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte zurückgewiesen und mit innerbetrieblicher Degradierung und Versetzung bedroht, so dass er schließlich von sich aus kündigte. Umfassend Birsch/Fielder, S. 1 ff. 121 Im Jahr 1986 explodierte die Raumfähre Challenger nur 73 Sekunden nach ihrem Start, wobei alle sieben Besatzungsmitglieder starben. Trotz nachhaltiger Warnungen des Ingenieurs Roger Boisjoly und verschiedener seiner Kollegen über technische Probleme der Raumfähre wurde am Start festgehalten. Boisjoly sagte in einem offiziellen Untersuchungsausschuss gegen großen Druck der Verantwortlichen aus und schied einige Zeit später aus dem Arbeitsverhältnis aus; vgl. Johnson, S. 31 ff.; Glazer/Glazer, S. 9 ff.

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gesteigerten Möglichkeiten für Ineffizienz, Korruption, Misswirtschaft und Ermessensmissbrauch) trugen zur Entwicklung des Whistleblowerschutzes bei122. Bereits Anfang der achtziger Jahre wurden in den Bundesbehörden Hotlines geschaltet, um das Whistleblowing zu fördern123. Darüber hinaus bildete sich ein Netzwerk verschiedener Organisationen (sog. public interest groups) zur juristischen und persönlichen Unterstützung von Whistleblowern, die das Thema durch ihre Öffentlichkeitsarbeit der Allgemeinheit zugänglich machten124. Einen weiteren wichtigen Aspekt bildet die positive Präsenz von Whistleblowern in den Medien125. Besonders deutlich trat dies hervor, als die Zeitschrift Business Week im Dezember 2002 das Year of the Whistleblower ausrief126 und die Zeitschrift TIME kurz darauf drei Whistleblower (Sherron Watkins von Enron127, Coleen Rowley vom FBI128 und Cynthia Cooper von WorldCom129) zu den Persons of the Year 122 Fong, S. 63. Zu den verschiedenen Faktoren, die den Whistleblowerschutz in den USA maßgeblich vorantrieben Vaughn, (1982) U. Ill. L. Rev., S. 616 ff.; Deiseroth (1997), S. 292 ff.; ders., S. 239 ff. Zu den Anfängen gesetzlicher Schutzvorschriften auf einzelstaatlicher Ebene Dworkin/Near, 25 Am. Bus. L. J. (1987), S. 244 ff. 123 Vgl. Johnson, S. 6 und S. 106 ff. m.w. N. 124 So die von Ralph Nader 1971 gegründete Organisation Public Citizen (vgl. auch das erste umfassende Werk zum Thema Whistleblowing: Nader, Ralph/Petkas, Peter J./ Blackwell, Kate, Whistle Blowing: The Report of the Conference on Professional Responsibility, New York 1972). Hervorzuheben sind u. a. das 1977 gegründete Government Accountability Project (GAP) und das 1988 gegründete National Whistleblower Center. Vgl. auch Johnson, S. 12 ff., welche die amerikanische Neigung zur Gruppenbildung als wesentliches Entwicklungselement im Whistleblowingrecht hervorhebt. 125 Johnson, S. 16. 126 Dwyer/Carney, Year of the Whistleblower, in: Business Week vom 16. Dezember 2002. 127 Vgl. oben § 1 A.II. 128 Coleen Rowley, leitende FBI Agentin in Minneapolis (Minnesota), kamen Bedenken über den Umgang des FBI mit Zacarias Moussaoui, der später wegen Beihilfe zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Rowley sagte vor dem zuständigen Senatsausschuss aus und beschrieb verpasste Gelegenheiten bei der Terrorfahndung, insbesondere die Ablehnung der FBI Zentrale auf das Ersuchen des FBI Büros in Minneapolis, den Computer von Zacarias Moussaoui zu durchsuchen. Ferner erhob sie Vorwürfe, dass bestimmte Fakten im Rahmen der Aufklärung weggelassen, heruntergespielt, verdeckt und missinterpretiert wurden, um persönliche oder institutionelle Konsequenzen zu vermeiden bzw. zu minimieren. „The bureau could be great [. . .] if only it put the goal of protecting Americans above the goal of protecting itself“; Coleen Rowley zitiert nach Ripley/Sieger, The Special Agent, in: TIME vom 30. Dezember 2002, S. 37. 129 Cynthia Cooper, stellvertretene Leiterin der Buchführung des mittlerweile unter MCI firmierenden Telekommunikationsunternehmen WorldCom, wurde im März 2002 auf Unregelmäßigkeiten in der Bilanzierung aufmerksam. Nachdem sowohl externe Wirtschaftsprüfer, als auch der Finanz- und Buchhaltungschef Scott Sullivan ihre Bedenken zurückwiesen, entdeckte sie bei einer Prüfung absichtliche Fehlbuchungen in Milliardenhöhe. WorldCom musste Insolvenz anmelden, 17.000 Arbeitnehmer weltweit wurden betriebsbedingt gekündigt, Aktionäre verzeichneten Milliardenverluste und die größte amerikanische Pensionskasse verlor einen dreistelligen Millionenbetrag. Sullivan wurde aufgrund seiner Kooperation mit der Staatsanwaltschaft zu einer Freiheitsstrafe

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2002 kürte130. Die Finanzskandale um die Jahrtausendwende sowie die Tragödie um die Raumfähre Columbia131 rückten das Whistleblowing erneut in die öffentliche Diskussion. Die gerade im Ausland häufig für ihren umfassenden Whistleblowerschutz zitierten Vereinigten Staaten haben jedoch ihrerseits mit vielen Kritikpunkten zu kämpfen. II. Uneinheitlichkeit und Unübersichtlichkeit 1. Uneinheitlichkeit Das amerikanische Rechtssystem besteht aus Richter- und Gesetzesrecht auf bundes- und einzelstaatlicher Ebene. Zur rechtlichen Uneinheitlichkeit trägt die Größe des Landes sowie die weitreichende Autonomie der Einzelstaaten bei132. Die daraus resultierende Unübersichtlichkeit und Uneinheitlichkeit ist das wohl signifikanteste Merkmal und der Hauptkritikpunkt des U.S.-amerikanischen Whistleblowerschutzes. Fall- und Gesetzesrecht auf Bundes- und Landesebene, in verschiedenen allgemeinen und Spezialgesetzen sowie unterschiedliche Vorschriften für den öffentlichen und den privaten Sektor bilden ein unübersichtliches Geflecht uneinheitlicher, zum Teil untereinander im Widerspruch stehender Vorschriften133. Die unterschiedlichen Gerichtsorganisationen und die damit verbundene uneinheitliche Gesetzesinterpretation trägt zur Rechtszersplitterung sowie zur Lückenhaftigkeit im System bei. Die Vielzahl unterschiedlicher Schutzvorschriften erschwert zudem die Einordnung des Whistleblowings in ein Rechtsgebiet. Insbesondere ist es nicht primär dem Arbeitsrecht zuzuordnen, sondern wird teilweise im Verwaltungsrecht, teilweise im Kündigungsschutzrecht sowie im Rahmen der jeweiligen Themengebiete besprochen.

von nur fünf Jahren verurteilt und sagte als Kronzeuge gegen den Firmengründer und früheren Vorstandsvorsitzenden Bernard Ebbers aus, der zu einer 25-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. 130 Lacayo/Ripley, Persons of the Year, in: TIME vom 30. Dezember 2002, S. 32. 131 Die Raumfähre Columbia brach im Februar 2003 beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre auseinander, wobei die sieben Besatzungsmitglieder ums Leben kamen. Im Jahr zuvor hatte ein Expertenausschuss vor schwerwiegenden Sicherheitsmängeln der Raumfähre gewarnt, worauf fünf Mitglieder und zwei Berater vom Ausschuss ausgeschlossen wurden; vgl. Broad/Hulse, Loss of the Shuttle: Safety – NASA Dismissed Advisers Who Warned About Safety, in: The New York Times vom 3. Februar 2003, S. A1; Andersen, Commentary: NASA shuttle whistleblowers – Is it déjà vu all over again? in: Latest News and Efforts from the GAP vom 3. Februar 2003. 132 Vgl. dazu Hay aus dem Vorwort zur 1. Auflage: „[A]uf vielen Gebieten des öffentlichen Rechts und bei fast allen des Privatrechts gibt es kein „amerikanisches Recht“. [. . .] Gemeinsame Sprache, Rechtstradition und Kultur bewirken zwar eine grundsätzliche Rechtseinheit, beim praktischen Arbeiten mit „amerikanischen Recht“ muss aber immer konkretisiert werden, ob es um einzelstaatliches oder Bundesrecht geht [. . .]. Verlass auf „allgemeine Grundregeln“ ist gefährlich.“ 133 Reiter, RIW 2005, S. 170 m.w. N.

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Allgemeine und eigenständige Whistleblowervorschriften sind in den USA eine Ausnahme. In der Regel existieren Schutzbestimmungen in Spezialgesetzen, die spezifische Problem- und Themenkreise adressieren (z. B. Umwelt, Sicherheit, Gesundheit oder Verbraucherschutz134). Der Schutz vor Benachteiligungen ist typischerweise in einem Annex enthalten, der Hinweise schützt, die sich auf Verstöße gegen das jeweilige Gesetz beziehen, da angenommen wird, dass viele Regelungen ohne die Hilfe der Beschäftigten undurchsetzbar bleiben würden. Allein auf Bundesebene enthalten mindestens 36 Gesetze Bestimmungen zum Whistleblowing135. Auf Länderebene kommt es aufgrund der einzelstaatlichen Kompetenzzuschreibung zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen: Während zwar alle 50 Staaten sowie der District of Columbia Schutzinstrumentarien für Whistleblower vorsehen136, variieren diese erheblich hinsichtlich der Ausgestaltung und der gerichtlichen Interpretation137. Wie auf Bundesebende existieren wenige allgemeingültige Whistleblowinggesetze, sondern vorrangig einzelne Schutzvorschriften zu bestimmten Themenkomplexen138. Insgesamt führt dies regelmäßig zu einem in persönlicher wie sachlicher Hinsicht eng begrenzten Schutzbereich. Es ist unmöglich, im Rahmen dieser Arbeit einen vollständigen Überblick über den Whistleblowerschutz in allen Spezialgesetzen zu geben, so dass sich die Darstellung auf die wesentlichen Schutzinstrumente beschränkt. Auf Bundesebene sind – chronologisch geordnet – der National Labor Relations Act von 1935, die First Amendment Rechtsprechung mit Ursprüngen im Jahr 1968, der überarbeitete False Claims Act von 1986, der Whistleblower Protection Act von 1989 (als wesentliche Ergänzung des Civil Service Reform Act von 1978) sowie der Sarbanes-Oxley Act von 2002 von Bedeutung. Erwähnenswert sind ferner die Bürgerrechtsgesetze (insbesondere Title VII des Civil Rights Act von 1964139 und 134 Vgl. etwa die Schutzvorschriften im Commercial Fishing Industry Vessel Act (46 USC § 2114), Employee Retirement Income Security Act (29 USC § 1140), Family and Medical Leave Act (29 USC § 2615), Jury Selection and Service Act (28 USC § 1875) oder im Migrant and Seasonal Agricultural Worker Protection Act (29 USC § 1855). Im Juli 2008 verabschiedete der Kongress eine neue Spezialvorschrift zum Whistleblowerschutz im Rahmen des Consumer Product Safety Commission Reform Act (HR 4040), der am 14. August 2008 von Präsident Bush unterzeichnet wurde. 135 Vgl. Westman/Modesitt, S. 319 ff. (Anhang C). 136 Callahan/Dworkin, 38 Am. Bus. L. J. (2000), S. 107. Vgl. auch Delikat/Rosenberg, S. 63 ff. (Anhang A), Callahan/Dworkin, 38 Am. Bus. L. J. (2000), S. 132 ff. (Anhang) und Westman/Modesitt, S. 281 ff. (Anhang A und B) für eine detaillierte Aufschlüsselung der einzelstaatlichen Schutzinstrumente. 137 Westman/Modesitt, S. 78; Callahan/Dworkin, 38 Am. Bus. L. J. (2000), S. 100. 138 Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 627; Vaughn, 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 582 f. 139 Title VII (42 USC § 2000e-3) enthält umfassende Schutzvorschriften für Arbeitnehmer, die diskriminierende Praktiken (wegen Hautfarbe, Religion, Geschlecht, Alter oder Gesundheitszustand) beanstanden, aufdecken oder bei ihrer Aufdeckung behilflich sind. Aufgrund der oftmals gleichartigen Zielsetzung wird die Auslegung zum Title VII

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der Notification and Federal Employee Antidiscrimination and Retaliation Act (No FEAR Act) von 2002140) sowie Kollektivvereinbarungen für gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter141, auf die jedoch nicht näher eingegangen wird. Der Schutz in den Einzelstaaten wird durch den public-policy-Einwand und einzelstaatliches Gesetzesrecht bestimmt, was exemplarisch besprochen wird. 2. Privater und öffentlicher Sektor Besonders deutlich treten die Unterschiede bei einem Vergleich der Schutzbestimmungen für Beschäftigte im öffentlichen und privaten Sektor hervor. Schutzvorschriften wurden zunächst im öffentlichen Sektor erlassen, da Missstände auf diesem Gebiet direkt zu Lasten der Steuerzahler gehen und somit ein öffentliches Interesse an ihrer Aufdeckung besteht. Schrittweise wurden Schutzvorschriften zur effektiven Rechtsdurchsetzung in Spezialgesetze eingefügt, die auch für den privaten Sektor gelten und schwerpunktmäßig einen Bezug zur Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz aufweisen. Später brachte der SOX ein branchenübergreifendes Schutzgesetz für Whistleblower in börsennotierten Unternehmen. Die etwa 22 Millionen Arbeitnehmer der öffentlichen Hand142 sind jedoch nach wie vor grundsätzlich besser geschützt als die Beschäftigten in der Privatwirtschaft143.

auf andere Whistleblowervorschriften übertragen, so jüngst vom texanischen Supreme Court in Montgomery County v. Park, 2007 Tex. LEXIS 1027 (2007), S. 7 f. 140 Der No FEAR Act (Pub. L. No. 107-174, 116 Stat. 566) enthält Antidiskriminierungsvorschriften im öffentlichen Sektor, die u. a. dem Whistleblowerschutz dienen. Insbesondere regelt Section 201, dass Bundesbehörden den aufkommenden Schaden und außergerichtliche Einigungen für Diskriminierungsverstöße und Vergeltungsmaßnahmen aus ihrem eigenen Etat zahlen müssen. Section 203 verpflichtet die Behörden zu jährlichen Berichten, aus denen die Anzahl, der Stand und der Ausgang interner Beschwerden sowie Statistiken über die Beschäftigtenstruktur hervorgehen. 141 Arbeitgeber können sich in Kollektivvereinbarungen verpflichten, Arbeitnehmer nur bei berechtigtem Grund (just cause) zu kündigen; vgl. Covington/Decker, S. 354 ff.; Rothstein/Liebman, S. 987 ff. Ein berechtigter Grund kann insbesondere bei Vertragsverletzungen bestehen, so dass die Loyalitäts- und Verschwiegenheitspflichten Beachtung finden. Während das interne Whistleblowing in der Regel geschützt ist, wird das externe Whistleblowing meist als Loyalitätsverstoß gewertet. Die Relevanz der Vorschrift wird jedoch erheblich durch die geringe gewerkschaftliche Organisation in den USA geschmälert (lediglich 12,4 Prozent im Jahr 2008; vgl. Bureau of Labor Statistics (U.S. Department of Labor): Union Members Summary, Januar 2009). 142 U.S. Census Bureau, The 2009 Statistical Abstract, State and Local Government Finances and Employment, Table 449: Governmental Employment and Payrolls: 1982 to 2007. 143 47 Staaten und der District of Columbia haben Schutzvorschriften für ihre staatlichen Angestellten erlassen. Lediglich 19 Staaten schützen (meist durch unzulängliche und lückenhafte Vorschriften) Beschäftigte im privaten Sektor; vgl. Westman/Modesitt, S. 67, 77, 281 ff. (Anhang A) und S. 309 ff. (Anhang B) und Westman/Modesitt (2006), S. 135 f.

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3. Versuche der Vereinheitlichung Bestrebungen zur Vereinheitlichung sind ungewöhnlich und blieben bislang ohne Erfolg. So wurde beispielsweise der Gesetzesentwurf des Senats aus dem Jahr 2004 für einen industrieübergreifenden Uniform Health and Safety Whistleblowers Protection Act nicht weiter verfolgt144. Auch eine einheitliche arbeitsrechtliche Entwicklung in den Einzelstaaten ist nicht zu erwarten. Aufgrund der praktischen Schwierigkeiten, die mit den weit reichenden Gesetzgebungskompetenzen der Einzelstaaten einhergehen und gerade im Wirtschaftsleben zu Divergenzen und Rechtszersplitterung führen, gibt es zwar für viele Rechtsgebiete sog. uniform laws, die von der National Conference of Commissioners on Uniform State Laws ausgearbeitet und den Einzelstaaten zur Annahme vorgeschlagen werden. Im Gegensatz zu dem erfolgreichen Uniform Commercial Code von 1952, dessen Regelungen in allen Staaten (mit Ausnahme Louisianas145) gelten, kommt dem Model Employment Termination Act von 1991 nur eine eingeschränkte Bedeutung zu146; lediglich Montana hat ein umfassendes Kündigungsschutzgesetz erlassen. Während eine einheitliche Regelung der Harmonisierung dienen und vorhandene Rechtslücken schließen würde, wird entgegnet, dass ein einheitliches Gesetz „bereits“ vierzig Jahre, nachdem die at-will Doktrin in ihrer Absolutheit in Frage gestellt wurde, den Entwicklungsprozess im common law vorzeitig beenden und damit die Möglichkeit nehmen würde, das detaillierte System zu entwickeln, zu welchem das common law imstande ist147. III. Überblick über die wichtigsten Schutzinstrumente 1. National Labor Relations Act Der National Labor Relations Act148 von 1935 (NLRA) ist das wichtigste amerikanische Normwerk im kollektiven Arbeitsrecht. 29 USC § 158(a)(4) verbietet die Schlechterstellung von Arbeitnehmern, die als Kläger oder Zeugen in einem NLRA-Verfahren auftreten. Die Vorschrift wurde nicht als bewusste Whistle144

Vgl. Westman/Modesitt, S. 91. Obgleich der Uniform Commercial Code in Louisiana nicht formell übernommen wurde, gelten auch dort aufgrund von Richterrecht weitgehend die gleichen Regelungen. 146 Der Model Act wird von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichermaßen kritisiert. Die Kontroverse wird in der Entscheidung deutlich, das Gesetz in letzter Minute als model und nicht als uniform zu verabschieden. Von Seiten der Arbeitnehmerschaft werden insbesondere die Schadenshöchstgrenzen kritisiert, die einen erheblichen Einschnitt bedeuten und es erschweren würden, einen Anwalt auf Erfolgshonorarbasis zu finden, da die Klagen einen Großteil ihrer Attraktivität verlieren würden; Covington/ Decker, S. 353 f. 147 Vgl. Covington/Decker, S. 349. 148 29 USC §§ 151 ff. 145

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blowerschutznorm konzipiert, sondern sollte eine effektive Rechtsdurchsetzung sicherstellen. Eine solche wurde als unmöglich angesehen, sofern der Arbeitgeber die Arbeitnehmer durch Drohungen von einer Verfahrensmitwirkung abhalten konnte149. Trotz der ursprünglich geringen Whistleblowerrelevanz sind unter dem NLRA maßgebliche Entscheidungen ergangen, deren Grundsätze auf andere Whistleblowervorschriften übertragen wurden150. 2. First Amendment Rechtsprechung Der Erste Zusatzartikel der Bundesverfassung (First Amendment) enthält neben den Rechten auf Presse- und Versammlungsfreiheit das Recht, sich frei zu äußern151. Nach einer zunächst restriktiven Haltung unter Berufung auf das Effizienzinteresse der öffentlichen Verwaltung entschied der U.S. Supreme Court in Pickering v. Board of Education152, dass die Verfassung öffentlich Bediensteten grundsätzlich das Recht gewährt, öffentlichen Dissens mit Behörden auszudrücken, also auch die Regierung und öffentliche Dienststellen zu kritisieren. Das oberste Gericht begründete damit Schutzrechte für Whistleblower im öffentlichen Dienst. Während die First Amendment Rechtsprechung einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung des Whistleblowerschutzes leistete, ist sie heute aufgrund der gesetzlichen Regelungen nur noch von untergeordneter Bedeutung. 3. False Claims Act Der ursprünglich 1863 verabschiedete False Claims Act153 wurde von Präsident Abraham Lincoln während des amerikanischen Bürgerkrieges eingeführt154. Er statuiert eine zivilrechtliche Haftung von natürlichen und juristischen Personen, die staatliche Mittel als öffentliche Auftragnehmer oder Subventionsempfänger unzulässigerweise in Anspruch nehmen oder dem Staat in sonstiger betrüge149

Callahan/Dworkin, 38 Am. Bus. L.J. (2000), S. 104. Westman/Modesitt, S. 7. 151 First Amendment to the U.S. Constitution (1791): „Congress shall make no law [. . .] abridging the freedom of speech“. Das Recht der Redefreiheit im Kampf gegen Machtmissbrauch zu benutzen, geht auf die Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges zurück und ist ein wesentlicher Teil der amerikanischen Identität. Es wurde durch den Ersten Zusatzartikel der Bundesverfassung institutionalisiert; Devine, S. 74. Im Gegensatz zu Art. 5 GG werden nicht nur „Meinungsäußerungen“, sondern alle „Äußerungen“ geschützt. 152 391 U.S. 563 (1968). Ein im öffentlichen Schuldienst beschäftigter Lehrer wurde entlassen, weil er in einem Leserbrief die Ausgabenpolitik der lokalen Schulbehörde kritisiert hatte. 153 31 USC §§ 3729 ff. 154 Während der FCA zunächst in der Rüstungsindustrie eingesetzt wurde, liegt der Schwerpunkt mittlerweile auf der Enthüllung von Missständen im Gesundheitssektor; vgl. Boese, S. 1 ff.; Callahan/Dworkin, 38 Am. Bus. L.J. (2000), S. 101 m.w. N. 150

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rischer Weise Schaden zufügen155. Dazu garantiert das Gesetz jedem Bürger, der gegen den Betrüger auf eigene Rechnung namens der Bundesregierung Klage erhebt, im Erfolgsfall einen bestimmten Prozentsatz des der Bundesregierung nachweislich entstandenen Schadens (sog. qui tam Regelung156). 1986 avancierte das bis dahin wenig bekannte Gesetz infolge einer umfassenden Gesetzesnovelle zu einem wichtigen Instrument gegen Unterschlagung und Korruption in der Bundesverwaltung157. Insbesondere wurde der Kreis der Klagebefugten erweitert und die finanziellen Anreize für Whistleblower erhöht158. Seit 1986 werden arbeitsbezogene Hinweise darüber hinaus gemäß 31 USC § 3730(h) durch den Schutz vor arbeitsrechtlichen Benachteiligungen flankiert159. 4. Whistleblower Protection Act a) Civil Service Reform Act Im Rahmen der von Präsident Jimmy Carter kurz nach seinem Amtsantritt eingeleiteten Reform des öffentlichen Dienstes (Personnel Management Project) wurde 1978 der Civil Service Reform Act (CSRA)160 mit dem Ziel erlassen, die Bundesverwaltung neu zu strukturieren. Im Hinblick auf das Whistleblowing wurde erstmals gesetzlich die Benachteiligung von öffentlich Bediensteten verboten, die auf illegale oder nicht ordnungsgemäße Verhaltensweisen im Regierungsbereich hinweisen. Darüber hinaus wurde das OSC begründet, welches als unabhängige Behörde Hinweise von Whistleblowern überprüfen sollte161. Bereits kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes wurden die Vorschriften jedoch als unzureichend kritisiert, was in der Äußerung des damaligen Special Counsel, dem Leiter des OSC, zum Ausdruck kommt: „[U]nless you’re in a position to retire or are independently wealthy, don’t do it. Don’t put your head up, because it will get blown off.“ 162 Insgesamt weist der CSRA eine ernüchternde Statistik auf: zwischen 1978 und 1989 wurde lediglich in vier von über 2.000 Fällen dem Grunde nach zugunsten des Whistleblowers entschieden163. 155

Zur historischen Entwicklung Boese, S. 1 ff. Kurz für „qui tam pro domino rege quam pro se ipso in hac parte sequitur“ (nach freier Übersetzung: „der zugleich für die Krone und sich selbst klagt“). 157 Callahan/Dworkin, 38 Am. Bus. L.J. (2000), S. 100 f. 158 Zu den Änderungen und weiteren Reformvorschlägen Boese, S. 6 ff. 159 Westman/Modesitt, S. 199. 160 Pub. L. No. 95-454, 92 Stat. 1111 (kodifiziert in 5 USC §§ 1201 ff.). 161 Umfassend zu den Schutzvorschriften des CSRA Vaughn, (1982) U. Ill. L. Rev., S. 620 ff. 162 William O’Connor zitiert in Kurtz, Friendly Advice: ,Don’t Put Your Head Up‘, in: The Washington Post vom 17. Juli 1984. 163 Vgl. Devine, S. 84 m.w. N. und S. 92; Devine, 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 534 m.w. N. 156

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b) Whistleblower Protection Act 1989 und 1994 Die Kritik am CSRA führte im Jahr 1989 zur Verabschiedung des WPA164, der den Schutz von Beschäftigten im öffentlichen Dienst, die auf Missstände hinweisen und sich weigern, rechtswidrige Anweisungen zu befolgen, verbessern sollte. Trotz erneuter Ergänzungen im Jahr 1994165 weist der WPA auch in seiner gegenwärtigen Fassung erhebliche Defizite auf. So wurden 193 der 195 Entscheidungen in der Rechtsmittelinstanz vor dem U.S. Court of Appeals for the Federal Circuit zwischen 1994 und 2008 als unbegründet abgewiesen166. Diese Zahlen spiegeln die Diskrepanz zwischen einer das Whistleblowing fördernden politischen Rhetorik und der Realität wider. Dies zeigt sich beispielhaft am Verhalten von Präsident Reagan bei der Einführung des WPA: Sicherte er Whistleblowern anfänglich den uneingeschränkten Rückhalt der Bundesregierung zu, so blockierte sein Veto zunächst das Inkrafttreten des Gesetzes167. c) Whistleblower Protection Enhancement Act Infolge der heftigen Kritik, die sich insbesondere gegen die restriktive Auslegung des WPA durch Gerichte und Verwaltungsbehörden richtet168, wird in Washington seit mehreren Jahren für eine Gesetzesänderung des WPA gekämpft. Der im Repräsentantenhaus169 verabschiedete Whistleblower Protection Enhancement Act 2007 scheiterte an Widerständen der Republikaner im Senat170. Auch der im Februar 2009 im 111. Kongress (2009–2010) eingebrachte Whistleblower

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Pub. L. No. 101-12, 103 Stat. 16. Vgl. die Stellungnahme des Repräsentantenhauses: „Unfortunately, while the [WPA] is the strongest free speech law that exists on paper, it has been a counterproductive disaster in practice. The WPA has created new reprisal victims at a far greater pace than it is protecting them“; House Report No. 103-769, 103d Cong., 2d Session, S. 12 f. (30. September 1994). Zu den Ergänzungen Devine, 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 565 ff. 166 Erfasst wurden lediglich als zulässig erachtete Klagen; Government Accountability Project, WPA Amendments, S. 1. 167 Devine, S. 84 f.; ders., 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 533 und S. 535 m.w. N. Erst nach den Präsidentschaftswahlen 1989 wurde unter Präsident Bush Senior eine neue Fassung des WPA verabschiedet. 168 Ausführlich Devine, 51 Admin. L. Rev. (1999), insbesondere S. 576 ff. 169 Die Bundesgesetzgebung obliegt dem Kongress (U.S. Congress), der sich aus dem Senat (Senate) und dem Repräsentantenhaus (House of Representatives) zusammensetzt. 170 Der Whistleblower Protection Enhancement Act 2007 wurde als HR 985 mit einem Wahlergebnis von 229:0 bei den Demokraten und 102:94 bei den Republikanern im Repräsentantenhaus verabschiedet. Die im Senat erforderliche Abstimmung wurde bis zum Ende der Legislaturperiode durch eine sog. secret hold gesperrt, die es einzelnen Senatoren erlaubt, anonym den Abstimmungsprozess hinauszuzögern. Auch der ehemalige Präsident Bush hatte mehrmals mit seinem Veto gedroht. 165

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Protection Enhancement Act 2009171 scheiterte schließlich im Dezember 2010 an einer secret hold eines Republikaners. In der Legislaturperiode des 112. Kongresses (2011–2012) wurde der Gesetzesentwurf im April 2011 erneut und weitgehend unverändert als Whistleblower Protection Enhancement Act 2011 eingebracht172. Es bleibt abzuwarten, ob sich die parteiübergreifenden Befürworter diesmal durchsetzen können. Der Gesetzesentwurf beinhaltet wesentliche Änderungen, die insbesondere die Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs auf fast alle Angestellten des Bundes (vor allem auch auf Beschäftigte von Sicherheits- und Geheimdiensten) sowie Schutzvorschriften für Vertragspartner der öffentlichen Hand betreffen. Darüber hinaus enthält er Vorschriften, um die Rechte des Whistleblowers im gerichtlichen Rechtsmittelverfahren zu stärken.

5. Sarbanes-Oxley Act Einen wesentlichen Einschnitt im U.S.-amerikanischen Whistleblowingrecht bildet der Sarbanes-Oxley Act von 2002173 als Reaktion auf die Finanzskandale um die Jahrtausendwende (insbesondere die Bilanzskandale bei WorldCom und Enron174). a) Grundlagen Der SOX soll den Anlegerschutz verbessern, dem Missbrauch entgegenwirken und damit das Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte wiederherstellen. Das 66 Seiten lange Gesetz – grundsätzlich anwendbar auf alle nationalen und internationalen Unternehmen, die an U.S.-amerikanischen Börsen notiert sind – beschäftigt sich weder primär noch ausschließlich mit dem Whistleblowing, sondern betrifft Corporate Governance, Compliance sowie die Unternehmensberichterstattung. Es ist in das Gesamtkonzept des U.S.-amerikanischen Unternehmens-, Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts jüngerer Generation einzuordnen, das auf 171 Der Whistleblower Protection Enhancement Act 2009 wurde im Repräsentantenhaus als HR 1507 und im Senat als S 372 eingebracht. 172 GAP, Senate Reintroduces Whistleblower Protection Enhancement Act, GAP Pressemitteilung vom 6. April 2011. 173 Public Law No. 107-204, 116 Stat. 745; benannt nach seinen Verfassern Paul S. Sarbanes (Demokrat) und Michael Oxley (Republikaner). 174 Erwähnenswert sind ferner die Finanzskandale um Adelphia Communications Corp. (der Kabelkonzern musste infolge interner Korruption 2002 Insolvenz anmelden), Arthur Andersen (eine der Big-Five Prüfungsgesellschaften und u. a. Wirtschaftsprüfer von Enron und WorldCom, die als Ergebnis der Verstrickung in den Enron-Skandal 2002 freiwillig den Betrieb einstellten) sowie Tyco International Ltd. (der Mischkonzern hatte mit Bilanzmanipulationen zu kämpfen, geriet jedoch nie in eine Liquiditätskrise; Vorstandschef Kozlowski und Finanzchef Swartz wurden jedoch zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt).

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die umfassende Offenlegung anlageerheblicher Daten (full disclosure) zielt175. Der SOX schreibt umfangreiche Offenlegungs- und Prüfungspflichten vor, die von verschärften Strafvorschriften flankiert werden, insbesondere mit Bezug auf die persönliche Verantwortlichkeit von Vorständen176. Die Unternehmen werden verpflichtet, Offenlegungs- und Kontrollverfahren sowie einen internen Prüfungsausschuss (Audit Committee) einzurichten. Darüber hinaus enthält das Gesetz Schutzvorschriften für Whistleblower. Der SOX wurde am 25. Juli 2002 vom Kongress mit überwältigender Mehrheit verabschiedet177 und trat mit der Unterzeichnung durch Präsident George W. Bush am 30. Juli 2002 in Kraft. Bush bezeichnete das Gesetz als die „am weitreichendste Reform amerikanischer Geschäftspraktiken seit den Zeiten Franklin Delano Roosevelts“ 178. Der SOX wurde in weniger als drei Monaten, nachdem das Senate Judiciary Committee einstimmig die neue Gesetzgebung befürwortet hatte179, in seiner endgültigen Version verabschiedet. Die Abstimmungsergebnisse im Kongress wie auch der öffentliche Diskurs spiegelten die damalige Überzeugung zum Erlass eines Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes wider. Heute mehren sich die Hinweise, dass die Kombination aus Schnelligkeit und einstimmiger Unterstützung fundamentale Probleme bei der Um- und Durchsetzung verdeckte180. 175 Knöfel, RIW 2007, S. 493 m.w. N.; Reufels/Deviard, CCZ 2009, S. 201 f. Allgemein zu den Auswirkungen des SOX auf deutsche Unternehmen Arbeitskreis „Externe und Interne Überwachung der Unternehmung“ der Schmalenbach-Gesellschaft, BB 2004, S. 2399 ff.; Kersting, ZIP 2003, S. 233 ff. und S. 2010 ff.; Block, BKR 2003, S. 774 ff.; Kamann/Simpkins, RIW 2003, S. 183 ff.; Lanfermann/Maul, DB 2002, S. 1725 ff. 176 Gemäß Section 404 SOX – der wohl bekanntesten Vorschrift – müssen die Unternehmensprozesse (insbesondere die Kontroll- und Buchführungsverfahren) jährlich beschrieben, bewertet und mit Kontrollen hinterlegt werden, um das Risiko falscher Bilanzen zu minimieren. CEOs und CFOs müssen die Bilanzen bestätigen (vgl. Section 302(a) SOX) und können zu einer Freiheitsstrafe bis zu 20 Jahren und einer Geldstrafe bis zu US$ 5 Millionen (vgl. Section 906(c)(2) SOX) verurteilt werden, wenn sie vorsätzlich irreführende Informationen in Finanzberichte aufnehmen; vgl. Gorman/Stewart, 56 Admin. L. Rev. (2004), S. 148 ff. 177 Das Gesetz wurde im Senat mit 99 zu 0 Stimmen (148 Cong. Rec. S7365 [25. Juli 2002]) und im Repräsentantenhaus mit 423 zu 3 Stimmen (148 Cong. Rec. H5480 [25. Juli 2002]) verabschiedet. 178 Zitiert nach Zeise, Auf verlorenem Posten: Deutsche Unternehmen müssen das einstimmig verabschiedete Sarbanes-Oxley Gesetz akzeptieren, in: Financial Times Deutschland vom 21. August 2002, S. 26. Franklin D. Roosevelt (1882–1945) war der 32. Präsident der Vereinigten Staaten (1933–1945). Unter Roosevelt wurden der Securities Act 1933 und der Securities Exchange Act 1934 erlassen. 179 Vgl. Senate Judiciary Committee Report, The Corporate and Criminal Fraud Accountability Act of 2002, Senate Report No. 107-146, 107th Cong., 2d Session (6. Mai 2002). 180 Das schnelle Gesetzgebungsverfahren erklärt auch die geringe Zahl der zur Verfügung stehenden Materialien, um den gesetzgeberischen Willen zu deuten; Roberts, S. 1; Gorman/Stewart, 56 Admin. L. Rev. (2004), S. 141.

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b) Whistleblowervorschriften Die Whistleblowervorschriften des SOX tragen wesentlich zu dem Schutz im privaten Sektor bei und sollen bestehende Lücken auf bundes- und einzelstaatlicher Ebene schließen181. Im Gegensatz zu anderen Whistleblowervorschriften, die sich in der Regel auf den Schutz vor arbeitsrechtlichen Benachteiligungen beschränken, enthält der SOX weitergehende Verpflichtungen. Neben dem Schutz vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen (Section 806 SOX)182 werden börsennotierte Unternehmen zur Errichtung interner Meldesysteme verpflichtet (Section 301 Abs. 4 SOX), Meldepflichten für Rechtsanwälte begründet (Section 307 SOX183) sowie strafrechtliche Sanktionen für die Diskriminierung von Whistleblowern statuiert (Section 1107 SOX). Gemeinsam bilden die vier Vorschriften „the most systemic whistleblower protection framework enacted into federal law“ 184. Mit diesem Ansatz soll nicht nur der Whistleblower geschützt, sondern auch gegen den verbreiteten „corporate code of silence“ angegangen werden185. Ob der gesetzgeberische Wille verwirklicht wird, hängt jedoch maßgeblich von der Umsetzung und Interpretation der Vorschriften durch die zuständigen Verwaltungsbehörden und Bundesgerichte ab186. 6. Public-policy-Einwand in den Einzelstaaten Der public-policy-Einwand ist einzelstaatlich gewachsenes common law, nach dem eine Kündigung ungerechtfertigt ist, sofern sie gegen die wesentlichen Rechtsgrundsätze des jeweiligen Einzelstaates verstößt. Der nur schwer übersetzbare Begriff der public policy umfasst damit das Grundlegende der Wertvorstel181

Delikat/Rosenberg, S. 19. Darüber hinaus schützt Section 501 SOX Analysten, die ungünstige Beurteilungen abgeben oder sich weigern, geschönte Bewertungen auszustellen, und dadurch möglicherweise die bestehenden oder zukünftigen Geschäftsbeziehungen des Handelshauses negativ beeinflussen. 183 Kodifiziert in 15 USC § 7245 (Rules of Professional Responsibility for Attorneys). Rechtsanwälte, die im Zusammenhang mit der Vertretung von Unternehmen vor der Securities and Exchange Commission (SEC) auftreten, sind verpflichtet, Rechtsverstöße des Unternehmens und seiner Vertreter dem Chefsyndikus oder dem CEO zu melden. Sofern diese nicht angemessen reagieren, haben sie den Prüfungsausschuss oder ein gleichwertiges Gremium zu informieren (up-the-ladder reporting). Der darüber hinausgehende Vorschlag, Rechtsanwälte zu verpflichten, bei Rechtsverstößen, auf die das Unternehmen nicht angemessen reagiert, ihr Mandat niederzulegen und die Mandatsniederlegung der SEC anzuzeigen (noisy withdrawal), wurde aufgrund heftiger Kritik vorerst nicht umgesetzt. Vgl. Gorman/Stewart, 56 Admin. L. Rev. (2004), S. 173 ff.; Block, BKR 2003, S. 783 ff. 184 Kohn/Kohn/Colapinto, xii. 185 Vgl. Senate Report No. 107-146, 107th Cong., 2d Session, S. 5 und 10 (6. Mai 2002). 186 Kohn/Kohn/Colapinto, xv. 182

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lungen. Dazu gehören die vom Gemeinwesen (gesetzlich) anerkannten Ziele und die Ausübung (gesetzlich) garantierter Rechte. Im Zentrum der Betrachtung stehen die öffentliche Ordnung und Gemeinwohlerwägungen, womit die public policy als Begriff „irgendwo in der Mitte zwischen Normzwecküberlegung und Sittenwidrigkeit“ 187 liegt. Der ebenfalls aus dem Internationalen Privatrecht bekannte Begriff ordre public (englisch: public policy) bezeichnet bei Normenkollisionen verschiedener Länder den unantastbaren Bereich der eigenen Rechtsordnung. Fremdes Recht, welches diesen wesentlichen Grundsätzen des inländischen Rechts widerspricht, wird nicht angewandt (sog. negativer ordre public); eigenes Recht in diesem Kernbereich wird gegenüber anwendbarem fremdem Recht durchgesetzt (sog. positiver ordre public)188. Der public-policy-Einwand in den U.S.-amerikanischen Einzelstaaten löst zwar keine Normenkollisionen zwischen verschiedenen Rechtsordnungen auf. Innerhalb der einzelstaatlichen Rechtsordnungen dient er jedoch der Auflösung des Konfliktes, der durch das Zusammenspiel der employment-at-will Doktrin einerseits und der Einhaltung der wesentlichen Rechtsgrundsätze andererseits entsteht. Der Einwand wurde 1959 in der kalifornischen Entscheidung Petermann v. International Brotherhood of Teamsters189 entwickelt. Zunächst lediglich zurückhaltend angewandt, wird der public-policy-Einwand von mittlerweile 43 einzelstaatlichen Jurisdiktionen anerkannt190. Er ist damit eine der am weitesten verbreiteten Ausnahmen zur employment-at-will Doktrin191. Eine wesentliche Aufgabe besteht darin, die Interessen der Öffentlichkeit und der Arbeitnehmer mit denen des Arbeitgebers (in diesem Fall die Möglichkeit, den Beschäftigten jederzeit at-will zu kündigen) ins Gleichgewicht zu bringen. Neben drei weiteren Fallgruppen192 bildet das Whistleblowing eine wichtige Untergruppe des public-policy-Einwands, die von 39 Einzelstaaten anerkannt wird193. Dabei steht nicht der Individualschutz im Vordergrund, den der typische 187

Jander/Lorenz, RdA 1990, S. 102. Umfassend zur ordre public im Internationalen Privatrecht Kegel/Schurig, S. 516 ff. 189 344 P.2d 25 (1959). Einem at-will Arbeitnehmer wurde (unberechtigterweise) gekündigt, weil er sich weigerte, zugunsten des Arbeitgebers einen Meineid vor einem parlamentarischen Ausschuss zu leisten. 190 Die Aussage beruht auf der Auswertung von Westman/Modesitt, S. 335 ff. (Anhang D), Westman/Modesitt (2005), S. 91 ff., Westman/Modesitt (2006), S. 137 ff. und Kohn, S. 25 ff. Alabama, Florida, Georgia, New York und Maine haben den public-policy-Einwand nicht anerkannt. Arizona und Michigan erkannten ihn dagegen zeitweise an, haben mittlerweile jedoch ausschließliche gesetzliche Regelungen getroffen. 191 Covington/Decker, S. 330. 192 Für einen Überblick der anderen Fallgruppen – (a) Weigerung zur Vornahme rechtswidriger Handlungen, (b) Wahrnehmung gesetzlicher Pflichten sowie (c) Ausübung gesetzlicher Rechte – vgl. Covington/Decker, S. 330 ff. 193 Die Aussage beruht auf der Auswertung von Westman/Modesitt, S. 335 ff. (Anhang D), Westman/Modesitt (2005), S. 91 ff., Westman/Modesitt (2006), S. 137 ff. und 188

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at-will Arbeitnehmer vielmehr individuell im Arbeitsvertrag aushandeln müsse, sondern der Schutz der effektiven Rechtsdurchsetzung, Strafverfolgung und Beseitigung sonstiger Missstände im öffentlichen Interesse. Das Ziel des publicpolicy-Einwands unterscheidet sich damit grundlegend von dem der First Amendment Rechtsprechung, nämlich der Gewährung der Äußerungsfreiheit und dem damit verbundenen öffentlichen Diskurs in einer pluralistischen Demokratie. Da es sich bei dem public-policy-Einwand um einzelstaatlich gewachsenes Recht handelt, variieren Ausgestaltung und Schutzumfang, so dass Verallgemeinerungen nur begrenzt möglich sind. Die einzelstaatlichen Entscheidungen gewinnen lediglich als Anhaltspunkte, nicht jedoch als Präzedenzfälle Bedeutung.

C. Vergleichende Gegenüberstellung I. Entwicklung des Whistleblowingrechts Sowohl in England als auch in den USA sind die Whistleblowervorschriften regelmäßig auf Skandale zurückzuführen, die nach Ansicht der politischen Entscheidungsträger hätten verhindert werden können, wenn Bedenken erfolgreich erhoben worden wären. Die Amerikaner wurden in den vergangenen Jahrzehnten für das Thema Whistleblowing in hohem Maße sensibilisiert, so dass Whistleblowing mittlerweile eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz genießt und die Notwendigkeit entsprechender Schutzvorschriften weitestgehend anerkannt ist. Während die Entwicklung bis in die neunziger Jahre durch den gesellschaftlichen Diskurs über die öffentliche Verwaltung sowie die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz dominiert war, führten die Skandale um die Jahrtausendwende zu Regelungen im Finanzsektor. Wie bereits in dem Bereich der Korruptionsbekämpfung haben die USA auf dem Gebiet des Whistleblowings eine Vorreiterrolle eingenommen. Auch in England setzte mit der Einführung des PIDA ein gesellschaftlicher Umdenkungsprozess ein. Während der Begriff Whistleblowing bis vor einem Jahrzehnt noch negativ besetzt war, wird das Whistleblowing zunehmend als hilfreiches Instrument zur Aufdeckung von Missständen gewürdigt. Vor diesem Hintergrund erklärt sich, dass der PIDA an keiner Stelle das Wort Whistleblowing benutzt, sondern stets auf eine public interest disclosure oder Kohn, S. 25 ff. Texas (vgl. z. B. Austin v. Healthtrust, Inc., 967 S.W.2d 400 [Tex. 1998]) und Virginia (vgl. z. B. Dray v. New Market Poultry Products, Inc., 518 S.E.2d 312 [Va. 1999]) lehnen den public-policy-Einwand für Whistleblower seit jeher ab. Ein common law Schutz für Whistleblower würde dem gesetzgeberischen Willen widersprechen, denn dieser hätte sich gerade gegen einen one-size-fits-all Ansatz entschieden und eine Vielzahl spezifischer Gesetze zum Schutz eng begrenzter Arbeitnehmergruppen erlassen. Eine umfassende und auf jede Person anwendbare Ausnahme würde dieses System unterlaufen. Rhode Island dagegen hatte noch keinen Whistleblowerfall zu entscheiden, deutete aber an, dass es den Schutz auf Whistleblower erstrecken würde. North Dakota sah den public policy Whistleblowerschutz vor, seit dem Inkrafttreten des Whistleblowerschutzgesetzes ist dieses jedoch ausschließlich anwendbar.

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eine protected disclosure abstellt. Das Wort disclosure (Offenlegung) ist ein neutraler Begriff und verhindert – wohl bewusst – Assoziationen mit dem damals noch negativ besetzten Begriff Whistleblowing. Die Wortwahl verhindert jedoch nicht, dass sich in der Praxis die Terminologie vom Whistleblowergesetz und dem Whistleblowing durchgesetzt hat. In den USA findet der Begriff hingegen sowohl im Namen von Gesetzen194 als auch in einzelnen Vorschriften195 Verwendung. Im Gegensatz zu dem einheitlichen PIDA in England, existiert in den USA eine komplexe Gesetzeslandschaft, in welcher der viel diskutierte SOX lediglich eines der maßgeblichen Regelungswerke ist. Aufgrund der stark föderal geprägten Staatsform bestehen signifikante Unterschiede (im Bezug auf Tatbestandsmerkmale, Rechtsfolgen und Verfahrensvorschriften) sowohl zwischen den Bundesstaaten untereinander als auch im Bund-Länder-Verhältnis. Ein derart uneinheitliches und unübersichtliches Patchwork führt dazu, dass fast jeder Beschäftigte einer anderen Menge unterschiedlicher Schutzvorschriften unterliegt. Zunehmend sind aber auch in den USA Harmonisierungsbestrebungen zu verzeichnen: Die Gesetzgebung orientiert sich beim Erlass neuer Regelungen an bereits bestehenden Vorschriften196 und die Rechtsprechung greift zunehmend auf das unter vergleichbaren Regelungen entwicklete Fallrecht als Interpretationshilfe zurück. In beiden Ländern ist das Whistleblowing durch das öffentliche Interesse an der Aufdeckung von Missständen gekennzeichnet. In England wurde die Entwicklung dabei maßgeblich durch das Spannungsfeld der Treue- und Loyalitätspflichten geprägt. Auch in den USA unterliegen Arbeitnehmer und Arbeitgeber wechselseitig immanenten arbeitsvertraglichen Pflichten197. Den Treue- und Loyalitätspflichten kommt in den USA jedoch lediglich eine untergeordnete Bedeutung zu. Das Whistleblowing ist vielmehr durch das Recht der freien Rede und das öffentliche Interesse an einer effektiven Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung geprägt. Im Rahmen der Ausgestaltung gesetzlicher Regelungen kommen dabei grundsätzlich zwei Modelle zur Förderung des Whistleblowings in Betracht: Zum 194

Etwa Whistleblower Protection Act von 1989. Etwa Section 806 SOX: „Whistleblower Protection for Employees of Publicly Traded Companies“. 196 Vgl. z. B. die Whistleblowervorschriften im Age Discimination in Employment Act (29 USC § 623(d)) und im Title VII des Civil Rights Act (42 USC § 2000e-3(a)). Auch die vierzehn von OSHA verwalteten Schutzvorschriften, darunter insbesondere die sieben Environmental Laws (Energy Reorganization Act [42 USC § 5851], Clean Air Act [42 USC § 7622], Comprehensive Environmental Response, Compensation, and Liability Act [42 USC § 9610], Federal Water Pollution Control Act [33 USC § 1367], Safe Drinking Water Act [42 USC § 300j-9], Solid Waste Disposal Act [42 USC § 6971], Toxic Substances Control Act [15 USC § 2622]) weisen untereinander starke Ähnlichkeiten auf. 197 Vgl. Covington/Decker, S. 371. 195

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einen soll durch umfassende Schutzvorschriften dem wohl größten Hindernis potentieller Whistleblower – der Angst vor arbeitsrechtlichen Sanktionen – begegnet werden. Zum anderen sollen finanzielle Anreize ein Gegengewicht zu den erheblichen Risiken bilden, die mit dem Whistleblowing einhergehen. Sowohl in England als auch in den USA wird überwiegend auf die erste Variante zurückgegriffen. In den USA finden sich zudem vereinzelt Vorschriften, die Erfolgsbeteiligungen für die Rückgewinnung staatlicher Gelder vorsehen. II. Exkurs: Interessengruppen Ein wichtiges Element des effektiven Whistleblowerschutzes ist die Arbeit von Interessengruppen und gemeinnützigen Organisationen. Deren Arbeit beginnt oft im Vorfeld einer späteren Gesetzgebung und reicht von Lobbyarbeit und Beratung bis hin zu Gesetzesentwürfen. Neben einem gesetzlichen Rahmenwerk ist die Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit von entscheidender Bedeutung, um fest verankerte gesellschaftliche Strukturen aufzubrechen. Sowohl in England als auch in den USA haben sich Interessengruppen herausgebildet, die sich einzig dem Whistleblowing verschrieben haben. In England war die 1993 gegründete Organisation Public Concern at Work (PCaW) maßgeblich an der Einführung des PIDA beteiligt und hat ein neues Bild des Whistleblowers geprägt. PCaW berät unentgeltlich Beschäftigte über rechtliche Möglichkeiten und geeignetes Vorgehen, insbesondere mittels der bereits 1993 geschalteten vertraulichen Telefonhotline, und bietet Organisationen professionelle Beratungsdienste an. Von Anfang an lag ein Schwerpunkt der Arbeit auf dem Wandel der Organisationskultur, indem wiederholt der Nutzen von Whistleblowing aufgezeigt und Whistleblower als verantwortliche Arbeitnehmer dargestellt wurden, die die Interessen ihrer Organisation und der Gesellschaft wahrnehmen. PCaW vertritt weder Beschäftigte vor Gericht noch wird persönliche Unterstützung für Whistleblower angeboten198. In den USA ist das bereits 1977 gegründete Government Accountability Project (GAP) die wohl führende Whistleblowing-Organisation199. Ihr Ziel ist es „to promote government and corporate accountability“, insbesondere durch die Fürsprache und das Eintreten für 198 Oakley/Myers, S. 174 ff. In England bietet vor allem die 1991 gegründete Organisation Freedom to Care praktische Hilfe und Unterstützung für Whistleblower. Sie engagiert sich darüber hinaus auf britischer und europäischer Ebene für den Whistleblowerschutz, vgl. z. B. Whistleblower-Netzwerk e. V., Freedom to Care, Explisit, Stellungnahme zum Grünbuch: Europa braucht mehr Whistleblowing! 199 Erwähnenswert sind darüber hinaus u. a. das National Whistleblower Center, Taxpayers Against Fraud, Project on Government Oversight, Project on Military Procurement, NO FEAR Coalition und die Liberty Coalition. Die Breite der mit dem Thema befassten Organisationen ließ sich gut im Rahmen der ersten Whistleblower Week in Washington im Mai 2007 beobachten, die von über 45 verschiedenen Organisationen veranstaltet wurde (vgl. www.whistle-week-in-dc.org).

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Whistleblower. GAP konzentriert sich auf die rechtliche Beratung und persönliche Unterstützung individueller Whistleblower. Soweit möglich wird versucht, ein Solidaritätsnetzwerk aufzubauen und die Streitigkeit des individuellen Whistleblowers durch eine öffentliche Kampagne zu begleiten. Darüber hinaus führt GAP (oft nationale) Kampagnen für die Überwachung und Stärkung der Whistleblowerschutzvorschriften und ist maßgeblich an der Ausarbeitung verschiedener Gesetze beteiligt gewesen (so z. B. am WPA 1989 sowie am SOX)200.

§ 5 Persönlicher Geltungsbereich A. Persönlicher Geltungsbereich in England I. Arbeitnehmer (employee) oder Beschäftigter (worker) Eine beträchtliche Neuerung des PIDA ist sein weiter persönlicher Geltungsbereich. Bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung fanden auf Whistleblower die allgemeinen Kündigungsschutzvorschriften Anwendung, die lediglich Arbeitnehmer i. S. v. Section 230 Abs. 1 ERA (employees) erfassen. Lange Zeit war die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmern (employee) und Selbständigen (independent contractor) die wesentliche Unterscheidung im englischen Arbeitsrecht. Gegenüber den klassischen Konstellationen „Arbeitgeber/Arbeitnehmer“ sowie „Auftraggeber/Auftragnehmer“ treten heute jedoch verschiedene Mischund Zwischenformen von Erwerbstätigkeit auf, welche die Unterschiede zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit verschwimmen lassen201. Mit dem Ziel, auch Personen außerhalb des klassischen Arbeitsverhältnisses zu erfassen, weisen mittlerweile viele englische Arbeitsgesetze – nicht mehr nur solche, die auf europäischen Vorgaben basieren – einen über den Arbeitnehmerbegriff hinausgehenden persönlichen Anwendungsbereich auf 202. Einige Vorschriften beziehen sich auf worker i. S. v. Section 230 Abs. 3 ERA, andere enthalten eigene Begriffsbestimmungen. Arbeitnehmer (employees) sind gem. Section 230 Abs. 1 ERA Personen, die aufgrund eines Arbeitsvertrages arbeiten (work under a contract of employment 203). Mangels weiterer Definitionen haben die Gerichte zur Bestimmung der 200 Vgl. Watchman, S. 2; Calland/Dehn, S. 19. Sowohl PCaW als auch GAP werden global als Experten auf dem Gebiet des Whistleblowings angesehen. Sie veröffentlichen praktische und akademische Werke und beraten ausländische Delegationen, die sich für den Erlass von Whistleblowergesetzen interessieren; vgl. Devine, S. 161 sowie Oakley/ Myers, S. 177. 201 Smith/Wood’s, S. 32 f. 202 So beispielsweise der Equal Pay Act 1970, SDA 1975, National Minimum Wage Act 1998, Working Time Regulations 1998 und die Part-Time Workers (Prevention of Less Favourable Treatment) Regulations 2000.

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Arbeitnehmereigenschaft einen multifaktoriellen Ansatz entwickelt, dessen Ergebnis erheblich von den Bewertungen im Einzelfall abhängt204. Im Wesentlichen kommen die folgenden vier Tests zur Anwendung: (i) control test, die persönliche wie fachliche Fremdbestimmung, (ii) integration test, die Eingliederung in die Arbeitsorganisation sowie die Frage, ob die erbrachte Leistung ein integraler Bestandteil dieser Organisation ist, (iii) risk (economic reality) test zur Beurteilung der wirtschaftlichen Aspekte, insbesondere der Verteilung von Vorteil und Risiko, sowie (iv) der wohl entscheidende mutuality of obligation test, das Erfordernis der beiderseitigen Verpflichtung, in Zukunft zu arbeiten und zu beschäftigen205. Zentrale Schutzvorschriften gelten nur für den engen Kreis der employees. Die weitere Kategorie der workers wurde geschaffen, um einen Teil der vom engen Arbeitnehmerbegriff ausgeschlossenen zu erfassen. Gem. Section 230 Abs. 3 ERA sind Beschäftigte (workers) Personen, die aufgrund eines Arbeitsvertrages oder eines anderen Vertrages zur persönlichen Erbringung von Diensten verpflichtet sind. Im Gegensatz zum Arbeitnehmer fehlt es insbesondere an der Weisungsgebundenheit (control) und der gegenseitigen Verpflichtung, Arbeit anzubieten und auszuführen (mutuality of obligation). Vom Beschäftigtenbegriff erfasst werden mithin auch Gelegenheitsarbeiter, freie Mitarbeiter und Selbständige. Der persönliche Geltungsbereich des PIDA erfasst nicht nur worker i. S. v. Section 230 Abs. 3 ERA, sondern wird darüber hinaus in Section 43K Abs. 1 ERA um folgende Berufsgruppen erweitert: (a) Zeitarbeiter 206 (Abs. 1 lit. a), (b) Personen, die örtlich nicht der Kontrolle des Vertragspartners unterliegen und Section 230 Abs. 3 lit. b ERA unterfielen, wenn man „persönlich“ durch „persönlich oder auf anderem Wege“ ersetzen würde (insbesondere Heimarbeiter) (Abs. 1 lit. b), (c) bestimmte Mitarbeiter des National Health Service: Hausärzte, Zahnärzte, Optiker und Apotheker (Abs. 1 lit. ba, bb und c) sowie (d) bestimmte Auszubildende (Abs. 1 lit. d). Der weite Anwendungsbereich des PIDA entspricht der Struktur des modernen Arbeitsmarktes und dem Bedürfnis, der zunehmenden Verwendung atypischer Arbeitsverträge gerecht zu werden, die es den Arbeitgebern erlaubten, den oftmals engen persönlichen Geltungsbereich bestehender Schutzvorschriften zu umgehen207. 203 Der Terminus contract of employment kommt aus dem Gesetzesrecht und wird in Section 230 Abs. 2 ERA als Arbeits- (contract of service) oder Lehrvertrag (contract of apprenticeship – nicht mit dem deutschen Begriff des Ausbildungsvertrages gleichzusetzen) definiert. 204 Vgl. Pitt, S. 66 ff.; Smith/Wood’s, S. 9 ff. 205 Rebhahn, RdA 2009, S. 160 ff. 206 Vgl. Douglas v. Birmingham City Council [2003] All ER (D) 329 (Jul), EAT. Erfasst werden Personen auch dann, wenn zwischen der Personalvermittlung und dem Dienstleistenden eine weitere Firma zwischengeschaltet ist, der Dienstleistende ist dann worker des Dienstleistungsempfängers; Croke v. Hydro Aluminium Worcester Ltd. [2007] All ER (D) 71 (Apr), EAT. 207 Fairness at Work, Punkt 3.14 und 3.18.

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Die beiden zentralen Anspruchsgrundlagen (Section 103A und Section 47B ERA) divergieren im persönlichen Anwendungsbereich: Die Kündigungsschutzvorschriften des Zehnten Abschnitts gelten nur für Arbeitnehmer (employees). Section 47B ERA ist dagegen für worker i. S. v. Section 230 Abs. 3 und 43K Abs. 1 ERA anwendbar208, sowie darüber hinaus für Arbeitnehmer, die sich gegen andere Benachteiligungen als eine Kündigung wehren209. II. Geltung im Bereich des Militärs und der Exekutive Obwohl ein zentrales Anliegen des PIDA darin besteht, den Geltungsbereich auf möglichst viele Beschäftigte zu erstrecken, gibt es Ausnahmeregelungen für Militär und Exekutive. Abschnitt IVA und Section 47B ERA finden auf die Streitkräfte (armed forces), die Beschäftigten im Bereich der nationalen Sicherheit und der Geheimdienste (national security) sowie die Beschäftigten des House of Lords und des House of Commons keine Anwendung210. Die Sonderregelungen (insbesondere auf dem Gebiet der Sicherheits- und Geheimdienste211) bilden eine wichtige und besonders kontrovers diskutierte Ausnahme, da sie Beschäftigte in diesem für die Öffentlichkeit wichtigen Bereich davon abhält, Bedenken zu erheben212. 208

Vgl. Section 47B Abs. 3 ERA. Section 47B Abs. 2 ERA stellt klar, dass Section 103A ERA im Hinblick auf Arbeitnehmerkündigungen lex specialis ist. 210 Vgl. Sections 192 Abs. 2, 193, 194 Abs. 2 und 195 Abs. 2 ERA. Der Ausschluss bezieht sich jedoch nur auf Abschnitt IVA und Section 47B ERA, nicht hingegen auf Section 103A (105 Abs. 6A) ERA. 211 Auch die Diskriminierungsgesetze nehmen Handlungen zur Gewährung der nationalen Sicherheit aus dem Anwendungsbereich heraus. Die entsprechende Vorschrift im SDA 1975 musste jedoch geändert werden, nachdem der EuGH einen Verstoß gegen das Gebot des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 6 der EG-Gleichbehandlungsrichtlinie (76/207/EWG) feststellte; vgl. EuGH v. 15.05.1986 (Rs. C-222/84) Johnston v. The Chief Constable of the Royal Ulster Constabulary, Slg. 1986, S. 1651 ff. Untypischerweise wurde diese Änderung nicht für den RRA 1975 übernommen, obwohl grundsätzlich ein Gleichlauf beider Gesetze angestrebt ist. Dies verdeutlicht die Bedeutung der Ausnahmeregelung und legt nahe, dass die britische Regierung nur in zwingenden (d.h. europarechtswidrigen) Fällen von dieser Regelung abweichen wird. Da im Whistleblowingrecht keine europäischen Vorgaben bestehen, sind Änderungen nicht zu erwarten. 212 Vgl. Bowers/Lewis/Mitchell, (2000) 144 SJ, S. 177; Hobby, S. 44. Die Vorschriften des Official Secrets Act 1989 stellen eine zusätzliche einschüchternde Wirkung dar, was der Fall von Katherine Gun, ehemaliger Mitarbeiterin des britischen Geheimdienstes GCHQ, verdeutlicht, die unter dem OSA 1989 von der Regierung Blair angeklagt wurde. Sie hatte U.S.-amerikanische Geheimdienstmemos durchsickern lassen, die darauf hindeuteten, dass die USA den UN Delegationen Anfang 2003 nachspioniert hatten, um für eine Resolution zugunsten des Irakkriegs Akzeptanz zu gewinnen. In einem streng geheimen Ersuchen bat die USA um die Hilfe ihres engsten Verbündeten. Obwohl Katherine Gun ihr Handeln „gestand“, entschieden sich die Behörden, die Anklage fallen zu lassen, wohl aus Zweifel darüber, ob die zwölfköpfige Jury einer Verurteilung zustimmen würde; Calland/Dehn, S. 200. 209

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Der persönliche Anwendungsbereich erstreckt sich dagegen gemäß Section 191 Abs. 2 ERA auf Beschäftigte der Krone (Crown employment), sofern diese nicht gleichzeitig in den Anwendungsbereich von Section 193 ERA (nationale Sicherheit) fallen. Auch Polizisten können sich seit 2004 auf die Schutzvorschriften berufen (Section 200 Abs. 1 ERA), nachdem sie zunächst vom Geltungsbereich ausgenommen waren213. III. Bewerber und ehemalige Beschäftigte 1. Bewerber Der persönliche Anwendungsbereich des PIDA erstreckt sich nicht auf Stellenbewerber (applicants), so dass Personen erst mit Beginn ihrer Tätigkeit vom Schutzbereich erfasst werden. Demgegenüber werden Stellenbewerber in den Antidiskriminierungsgesetzen214 und in den Vorschriften zur Gewerkschaftszugehörigkeit215 ausdrücklich in den Schutzbereich einbezogen, indem Benachteiligungen bei der Einstellung und den angebotenen Arbeitsbedingungen verboten sind. Die Nichtanwendung des PIDA auf Stellenbewerber wird als unzureichende Verkürzung des Rechtsschutzes kritisiert und es wird für die Erweiterung der Schutzvorschriften auf das Einstellungsverfahren plädiert216. Nach derzeitiger Rechtslage ist es zulässig, als Arbeitgeber einen bereits bekannten Whistleblower aufgrund seiner Whistleblowertätigkeit abzulehnen. Dies wird teilweise damit gerechtfertigt, dass die Gerichte bei der Festsetzung des (unbegrenzten) Schadensersatzes einer erfolgreichen Whistleblowerklage die bei der zukünftigen Arbeitssuche auftretenden Probleme berücksichtigen können. Darüber hinaus wird vorgebracht, der Whistleblower habe aufgrund der Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung gegen die Kündigung zu erwirken, höhere Chancen auf eine Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses. Dem ist jedoch zu entgegnen, dass auch das Antidiskriminierungsrecht, welches Bewerber schützt, keine Schadenshöchstgrenze vorsieht, die Rechtsprechung bei der Schadensfestsetzung nur selten die 213 Vgl. Section 200 Abs. 1 ERA a. F., der durch Schedule 8 Police Reform Act 2002 mit Wirkung zum 1. April 2004 geändert wurde. Für Polizisten ist eine gesonderte Regelung erforderlich, da sie traditionell unabhängige Inhaber eines öffentlichen Amtes sind und nach den Grundsätzen des common law zu niemandem in einem vertraglichen Arbeitsverhältnis stehen. 214 Section 6 Abs. 1 SDA 1975, Section 4 Abs. 1 RRA 1976, Section 4 Abs. 1 DDA 1995, Reg. 6 Abs. 1 EE(RB)R 2003, Reg. 6 Abs. 1 EE(SO)R 2003 und Reg. 7 Abs. 1 EE(A)R 2006. Vgl. Steinhauser, Kapitel 5. B. V. 215 Section 137 Abs. 1 Trade Union and Labour Relations (Consolidation) Act 1992 (TULR(C)A). Der TULR(C)A bildet das gesetzliche Regelungswerk für das kollektive Arbeitsrecht und diente im Jahr 1992 hauptsächlich der Zusammenführung bereits existierender Vorschriften. 216 Vgl. z. B. Lewis/Spencer, S. 22; Lewis, (1998) 27 ILJ, S. 330; ders., (2005) 34 ILJ, S. 245.

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Schwierigkeit einer erneuten Anstellung in Betracht zieht217 und die Wiedereinstellung auch im Whistleblowingrecht ein theoretisches Konstrukt geblieben ist. 2. Ehemalige Beschäftigte Auch die Anwendung der Schutzvorschriften auf ehemalige Beschäftigte ist dem PIDA nicht ausdrücklich zu entnehmen. Nachwirkende Folgen eines beendeten Beschäftigungsverhältnisses (sog. post-employment detriment) könnten sich bei der Erteilung von Zeugnissen oder erneuten Anstellungen (etwa bei einer saisonalen Arbeitskraft218 oder einem externen Berater) ergeben. Zu denken ist ferner an Veranstaltungen, die der Arbeitgeber für Arbeitnehmer im Ruhestand ausrichtet, oder an Zuwendungen außerhalb der betrieblichen Altersvorsorge. Nachdem die Einbeziehung ehemaliger Beschäftigter von der Rechtsprechung zunächst abgelehnt wurde, entschied der Court of Appeal nach heftiger Kritik in der Literatur219 in Woodward v. Abbey National plc.220 den Anwendungsbereich auf ehemalige Beschäftigte zu erweitern. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Eine Arbeitnehmerin hatte während ihres Arbeitsverhältnisses verschiedene Bedenken i. S. d. PIDA erhoben und wurde 1994 betriebsbedingt gekündigt. 2003 erhob sie Klage gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber, der sich u. a. weigerte, ihr ein Zeugnis auszustellen, und damit spätere Bewerbungen beeinträchtigte. Die Instanzgerichte wiesen die Klage mit dem Hinweis auf die Bindung an die Court of Appeal Entscheidung Fadipe v. Reed Nursing Personnel 221 aus dem Jahr 2001 zurück222. In Fadipe hatte das Gericht entschieden, dass die in Section 48 ERA genannten Rechte (darunter Section 47B ERA) nicht auf Benachteiligungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses anwendbar seien. Die Normen bezwecken den Schutz der Beschäftigten vor Nachteilen während des Arbeitsverhältnisses, was aus der Überschrift zu Abschnitt V ERA „Protection from suffering detriment in employment“ 223 hervorgehe224. Fadipe wäre auch nicht durch die House of Lords Entscheidung in Rhys-Harper v. Relaxion Group plc.225 aus dem Jahr 2003 aufgeho217 So aber in Fernandes v. Netcom Consultants (UK) Ltd. (unveröffentlicher Fall aus dem Jahr 2000, Case 2200060/00): Dem Arbeitnehmer wurde Schadensersatz i. H. v. £ 293.441 zugesprochen unter dem ausdrücklichen Verweis auf sein Alter (59) und die Schwierigkeit, gleichwertige Arbeit in der Zukunft zu finden. Vgl. auch Lewis, (2005) 34 ILJ, S. 245. 218 So bereits Craig, (1999) 32 Emp. L.B., S. 3. 219 Vgl. z. B. Lewis, (2005) 34 ILJ, S. 248; Stubbs, (2006) 776 IRLB, S. 9. 220 [2006] IRLR 677, CA. Vgl. auch die Fallbesprechung in (2006) 810 IDS Emp. L. Brief, S. 3 f. 221 [2001] All ER (D) 23 (Dec), CA. 222 Woodward v. Abbey National plc. [2005] ICR 1750, EAT. 223 Hervorhebung durch die Verfasserin. 224 So auch Harvey, V [671.02].

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ben. Das oberste Gericht hatte in Rhys-Harper entschieden, dass eine Rassenund Geschlechtsdiskriminierung durch den ehemaligen Arbeitgeber auch nach beendetem Arbeitsverhältnis Gegenstand einer Klage sein kann, sofern eine enge Verknüpfung zu dem Arbeitsverhältnis bestehe226. Die Entscheidung in RhysHarper beziehe sich jedoch auf ein anderes Rechtsgebiet und sei bei Klagen nach Section 47B ERA nicht zu berücksichtigen. Die instanzgerichtliche Entscheidung wurde im Schriftum insbesondere wegen des unzureichenden Schutzes und der uneinheitlichen Rechtsentwicklung kritisiert. So hatte das EAT in Virgo Fidelis Senior School v. Boyle227 die Benachteiligung von Whistleblowern als eine Form der Diskriminierung angesehen und zur Wahrung der einheitlichen Rechtsentwicklung diskriminierungsrechtliche Grundsätze angewandt, differenzierte in Woodward jedoch zwischen den verschiedenen Schutzrichtungen. Während Fadipe für die Instanzgerichte Bindungswirkung entfaltete, stand es dem Court of Appeal in Woodward frei, bei Wertungswidersprüchen zu RhysHarper von der Entscheidung abzuweichen. Obwohl Wortlaut und Systematik der Antidiskriminierungs- und Whistleblowervorschriften Unterschiede aufweisen, verfolgen die Antidiskriminierungsgesetze und der PIDA nach Auffassung des Court of Appeal das gleiche Konzept, nämlich den Schutz von Personen vor Benachteiligungen aufgrund ihres Diskriminierungsmerkmals bzw. ihres Whistleblowings. Eine unterschiedliche Behandlung der Schutzvorschriften würde Wertungswidersprüche aufwerfen. Auch wäre es willkürlich und könne nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, den Whistleblower zwar während seiner Beschäftigung, aber nicht nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zu schützen: „It simply makes no sense at all to protect the current employee but not the former employee, especially since the frequent response of the embittered exposed employer may well be dismissal and a determination to make life impossible for the nasty little sneak for as long thereafter as he can“ 228. Der Ausdruck „in employment“ in der Überschrift zu Abschnitt V ERA beziehe sich nicht nur auf die arbeitsrechtliche Beziehung während des Arbeitsverhältnisses. Vielmehr ist der Ausdruck als „in the employment relationship“ zu verstehen und beziehe sich auf die gesamte Arbeitsbeziehung, die auch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses überleben kann. Ein Whistleblower ist folglich auch nach beendetem Arbeitsverhältnis vor Benachteiligungen geschützt. Zu beachten ist jedoch, dass ein Handeln oder Unterlassen auch das Ergebnis administrativer Ineffizienz anstelle einer bewussten Entscheidung zur Benachteiligung sein kann und mit erheblichen 225

[2003] IRLR 484, HL. Eine entsprechende gesetzliche Regelung wurde 2003 in allen diskriminierungsrechtlichen Statuten ergänzt (Section 20A SDA 1975, Section 27A RRA 1976 und Section 16A DDA 1995) bzw. von vornherein aufgenommen (Reg. 21 EE(SO)R 2003, Reg. 21 EE(RB)R 2003 und Reg. 24 EE(A)R 2006). 227 [2004] IRLR 268, EAT; vgl. unten § 9 A.IV.2.b). 228 [2006] IRLR 677, S. 686. 226

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Beweisschwierigkeiten zu rechnen ist. Insgesamt verdeutlicht der Fall Woodward, dass das Whistleblowingrecht von den diskriminierungsrechtlichen Entwicklungen profitiert229. Die Entscheidung in Woodward wird weitgehend begrüßt. Vereinzelt wurde jedoch an der Vergleichbarkeit von Whistleblower- und Antidiskriminierungsvorschriften gezweifelt, da alle Antidiskriminierungsgesetze seit dem Jahr 2003 post-employment claims erfassen, wohingegen der PIDA nicht ergänzt wurde230. Der englische Gesetzgeber kannte 1998 bei der Ausarbeitung des PIDA jedoch noch keine explizite Regelung für post-employment detriments, so dass ein Rückschluss auf eine bewusste Abgrenzung zu den Antidiskriminierungsgesetzen unzulässig ist. Gleichwohl wird deutlich, dass der englische Gesetzgeber keinen Gleichlauf des PIDA mit den Antidiskriminierungsgesetzen anstrebt231. Der PIDA unterliegt vielmehr einem eigenen Gesetzesaufbau und eigenen Termini. Bei der Übertragung diskrimierungsrechtlicher Aspekte ist mithin im Einzelfall zu prüfen, ob die unterschiedlichen Vorschriften den gleichen Zweck verfolgen. Bei der Frage, ob sich der Anwendungsbereich auf bestehende und beendete Arbeitsverhältnisse erstreckt, besteht eine vergleichbare Situation, da die Gesetze hier strukturelle Gemeinsamkeiten aufweisen. Beide Regelungen beabsichtigen den Schutz der Merkmalsträger vor Benachteiligungen seitens der Arbeitgeber. Eine Differenzierung zwischen gegenwärtigen und ehemaligen Beschäftigten würde den übergeordneten Gesetzessinn unterlaufen. IV. Hinweis für einen anderen Beschäftigte müssen selbst von der Erfüllung eines Tatbestandes i. S. v. Section 43B Abs. 1 ERA überzeugt sein232. Sie fallen nicht in den persönlichen Geltungs229 Noch Mitte der neunziger Jahre wurde der Diskriminierungsschutz nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses unter dem RRA 1976 in Adekeye v. The Post Office (No. 2) [1997] IRLR 105, CA verweigert. Ein entsprechender Fall unter der Parallelvorschrift des SDA 1975 wurde vom EuGH im Einklang mit Art. 6 der EG-Gleichbehandlungsrichtlinie (76/207/EWG) zugunsten des ehemaligen Beschäftigten entschieden, vgl. EuGH v. 22.09.1998 (Rs. C-185/97) Coote v. Granada Hospitality Ltd., Slg. 1998, I-5199 ff. Erst mit dieser Entscheidung wurde der Umdenkungsprozess in England eingeleitet. Die gängige EAT Praxis, auch ehemalige Beschäftigte zu schützen, wurde vom House of Lords schließlich in Rhys-Harper bestätigt. 230 Vgl. Harvey, DII [91]–[93]. 231 Dies wurde jüngst bei der Diskussion um die Zusammenfassung und Vereinheitlichung der verschiedenen Antidiskriminierungsgesetze bestätigt. In England ist am 1. Oktober 2010 der Equality Act 2010 in Kraft getreten. Während sich Lewis, (2005) 34 ILJ, S. 248 f. und S. 252 für die Einbeziehung des Whistleblowings in dieses Gesamtpaket ausgesprochen hatte, hat dieser Vorschlag weder in der Literatur Beachtung gefunden noch ist er vom Gesetzgeber in Betracht gezogen worden. 232 Eine diesbezügliche Klarstellung enthält Section 43B Abs. 4 ERA für das Verhältnis zwischen Anwalt und Mandant.

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bereich, wenn sie lediglich Bedenken für eine andere Person erheben. Das gilt auch für Personen, die Bedenken an eine andere Person herantragen, ohne selbst eine Offenlegung i. S. d. PIDA vorzunehmen. Man stelle sich folgenden Fall vor: A teilt ihrem Kollegen B Bedenken über Sicherheitsmängel an ihrem Arbeitsplatz mit, woraufhin sich B mit diesen Informationen an den Arbeitgeber wendet. Sofern B nicht eigenständig von den Sicherheitsmängeln überzeugt war, wird er nicht vom Schutzbereich des PIDA erfasst. Entsprechendes gilt für A, da weder ein Hinweis gegenüber Kollegen noch die Veranlassung anderer Personen, einen Hinweis zu tätigen, i. S. d. PIDA geschützt werden. V. Arbeitgeber (employer) i. S. d. PIDA In Section 43K Abs. 2 ERA wird der Arbeitgeberbegriff dem Begriff des worker entsprechend ausgeweitet. Auch Entleiher von Arbeitskräften (Section 43K Abs. 2 lit. a ERA) und Ausbilder (Section 43K Abs. 2 lit. c ERA) fallen mithin unter den Arbeitgeberbegriff. Andere Unternehmen (z. B. Vertragspartner oder Subunternehmen) sowie Einzelpersonen (z. B. Führungskräfte) werden hingegen nicht erfasst.

B. Persönlicher Geltungsbereich in den USA I. First Amendment Rechtsprechung Der verfassungsrechtliche Schutz kommt grundsätzlich nur für öffentliche Beschäftigungsverhältnisse in Betracht. Aufgrund der im amerikanischen Recht fehlenden (mittelbaren) Drittwirkung der verfassungsrechtlichen Garantien können privatrechtlich Beschäftigte sich nicht auf den Schutz berufen233. Bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch private Unternehmen (agent of the government) spielt das Verfassungsrecht dagegen auch bei privaten Arbeitgebern eine Rolle234. In diesen Fällen sind Beschäftigte mit Angestellten im öffentlichen Sektor vergleichbar und daher vor Repressalien seitens des Arbeitgebers geschützt. II. False Claims Act 1. Kläger Der False Claims Act ermöglicht gemäß 31 USC § 3730(b)(1) jeder Privatperson im Namen der Vereinigten Staaten eine zivilrechtliche Klage gegen natürliche oder juristische Personen zu erheben, die sich auf eine Betrugshandlung zum 233 234

Covington/Decker, S. 178 f. Vgl. Muick v. Glenayre Electronics, 280 F.3d 741 (7th Cir. 2002).

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Nachteil der Bundesregierung bezieht (sog. qui tam relator oder qui tam Kläger). Ausgeschlossen sind gemäß 31 USC § 3730(e)(1) Klagen von Angehörigen der Streitkräfte (member of the armed forces), sofern sie sich gegen andere Militärangehörige richten und sich die Hinweise auf das Arbeitsumfeld beziehen. Ergänzend zu der Anreizregelung schützt 31 USC § 3730(h) jegliche Arbeitnehmer (any employee) vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Dabei ist ein Arbeitnehmer nicht nur geschützt, wenn er selbst Klage erhebt, sondern auch wenn ein anderer für ihn handelt („on behalf of the employee“). Inwiefern Klagen von Beschäftigten der Bundesregierung (federal government employees) gestattet sind, ist dagegen nicht im Gesetz geregelt. Gerichte235 und Schriftum236 sind geteilter Ansicht, der U.S. Supreme Court hat sich mit dieser Fragestellung bislang nicht auseinandersetzen müssen. Für eine Anwendung spricht, dass Regierungsmitarbeiter – wie andere Bürger auch – durch die Anreize motiviert werden, Missstände aufzudecken, was wiederum abschreckend auf korrupte Vertragspartner wirkt237. Dagegen wird argumentiert, dass die Aufgabe des öffentlich Bediensteten gerade darin bestehe, staatliche Mittel zu überwachen. Finanzielle Anreize für eine bereits entlohnte Arbeit stünden im Konflikt mit der objektiven Erfüllung der dienstlichen Aufgaben und könnten widernatürliche Anreize und Integritätskonflikte auslösen. Zu denken ist an Regierungsmitarbeiter, die betrügerische Vorgänge geschehen lassen, um anschließend eine qui tam Klage zu erheben, oder Informationen zurückhalten, um diese später in einem eigenen Verfahren geltend zu machen. Auch bestehe die Gefahr, dass es zu einem Wettlauf zu Gericht kommt, bei dem Mitarbeiter aktuelle Erkenntnisse für eine qui tam Klage nutzen, um staatlichen Klagen zuvor zu kommen. Dies könnte zur Folge haben, dass noch nicht hinreichend substantiierte Fälle vor Gericht kommen, wodurch die Gegenseite frühzeitig informiert wäre238. Einen gesetzlichen Anknüpfungspunkt für die Diskussion bietet 31 USC § 3730(e)(4). Demzufolge unterfallen bereits öffentlich bekannte Informationen 235 Während das Bundesberufungsgericht des 1. Bezirks (dieser umfasst die Staaten Maine, Massachusetts, New Hampshire, Puerto Rico und Rhode Island) eine Anwendbarkeit verneint, sofern die Informationen im Rahmen der Arbeit erlangt werden (United States ex rel. LeBlanc v. Raytheon Company, Inc., 913 F.2d 17 [1st Cir. 1990]), erlaubt der 11. Bezirk (Alabama, Florida und Georgia) entsprechende Klagen (United States ex rel. Williams v. NEC Corporation, 931 F.2d 1493 [11th Cir. 1991]). 236 Für eine Anwendbarkeit des FCA u. a. Bullock, 60 Tenn. L. Rev. (1993), S. 365 ff.; Hargrove, 34 PCLJ (2004), S. 45 ff.; Callahan, 49 Wash. U. J. Urb. & Contemp. L. (1996), S. 114 ff.; gegen eine Anwendbarkeit u. a. Theis, 28 Pub. Cont. L.J. (1999), S. 225 ff.; Wallace, (1996) Army Law., S. 14 ff.; Johnston, 62 Geo.Wash. L. Rev. (1994), S. 609 ff. 237 Bullock, 60 Tenn. L. Rev. (1993), S. 384 ff.; Hargrove, 34 PCLJ (2004), S. 87 ff. und S. 102 m.w. N. 238 Vgl. Theis, 28 Pub. Cont. L.J. (1999), S. 243 m.w. N.; Hargrove, 34 PCLJ (2004), S. 86 f. und S. 100 f.; Wallace, (1996) Army Law., S. 20 f.; Winfield (1994), S. 92 m.w. N.

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nur dann dem Anwendungsbereich des FCA, sofern der qui tam Kläger die Originalquelle (original source) ist. Eine Originalquelle besteht gemäß 31 USC § 3730(e)(4)(B) dann, wenn es sich um direktes und unabhängiges Wissen handelt, welches freiwillig an die Regierung herangetragen wird. Die Gerichte des 1. und 11. Bezirks kamen unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile zu dem Ergebnis, dass das im Rahmen der Arbeit erlangte Wissen nicht automatisch als öffentlich bekannte Informationen i. S. v. 31 USC § 3730(e)(4)(A) zu werten sei239. Der 1. Bezirk ging trotz dieser Feststellung dazu über, die Originalität der Information zu prüfen. Er kam zu dem Ergebnis, dass sich ein Regierungsmitarbeiter nicht als Originalquelle i. S. d. FCA qualifizieren könne, sofern er sein Wissen im Rahmen der Arbeit erlangt habe. Die Früchte seiner Arbeit stünden dem Staat zu, so dass der Beschäftigte kein direktes und unabhängiges Wissen besitze240. Im Gegensatz dazu beendete der 11. Bezirk im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut die Prüfung mit der Feststellung, dass es sich nicht um öffentlich bekannte Informationen handele, und bejahte konsequenterweise die Anwendung des FCA. Regierungsmitarbeiter unterlägen mangels anderweitiger Bestimmungen den gleichen Tatbestandsmerkmalen wie andere qui tam Kläger241. Da das Gesetz eine Prüfung der Originalität gerade nur erfordert, wenn es sich um bereits öffentlich bekannte Informationen handelt, ist nur die Auslegung des 11. Bezirks im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut242. Angesichts der kontroversen Debatte und der sich widersprechenden Gerichtsentscheidungen ist eine Klarstellung seitens des Gesetzgebers wünschenswert. Eine Gesetzesänderung sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass es regelmäßig zu dem Aufgabenbereich von Regierungsmitarbeitern zählt, eine ordnungs239 United States ex rel. LeBlanc v. Raytheon Company, Inc., 913 F.2d 17, S. 20 (1st Cir. 1990) und United States ex rel. Williams v. NEC Corporation, 931 F.2d 1493, S. 1499 f. (11th Cir. 1991). Die Vorinstanzen gingen nach der Theorie der Doppelstellung (dual status theory) davon aus, dass die private Nutzung offiziell erlangter Informationen eine Bekanntmachung gegenüber sich selbst (folglich öffentlich bekannte Informationen) darstelle, und verneinten ein Klagerecht der Regierungsmitarbeiter. 240 United States ex rel. LeBlanc v. Raytheon Company, Inc., 913 F.2d 17, S. 20 (1st Cir. 1990). Auch der 9. Bezirk schien bemüht, einen Grund zu finden, die qui tam Klage eines Regierungsmitarbeiters abzulehnen. Er verneinte im Rahmen der Originalitätsprüfung das Kriterium der Freiwilligkeit, da es zu dem Verantwortungsbereich eines Inspektors gehöre, Betrug aufzudecken und zu melden. Eine Offenlegung könne demzufolge nicht freiwillig erfolgen; United States ex rel. Fine v. Chevron, USA, Inc., 72 F.3d 740, S. 743 (9th Cir. 1995). Nach Ansicht des Minderheitsvotums setzte sich das Gericht damit über den gesetzgeberischen Willen hinweg, eine Klage lediglich dann an dem Freiwilligkeitskriterium scheitern zu lassen, sofern man im Rahmen einer Vorladung zur Aussage verpflichtet sei; vgl. 72 F.3d 740, S. 750 mit Verweis auf die Gesetzesmaterialien. 241 Vgl. United States ex rel. Williams v. NEC Corporation, 931 F.2d 1493, S. 1500 f. (11th Cir. 1991). So auch United States ex rel. Holmes v. Consumer Insurance Group, 318 F.3d 1199, S. 1213 f. (10th Cir. 2003) und United States ex rel. Burns v. A.D. Roe Company, Inc., 186 F.3d 717, S. 725 (6th Cir. 1999). 242 So auch Hargrove, 34 PCLJ (2004), S. 73.

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gemäße Verwendung der staatlichen Mittel sicherzustellen. Eine Lösung böte ein zweistufiges Verfahren, nach dem der Bedienstete seine Informationen, die er im Rahmen der staatlichen Aufgabenerfüllung erlangt, zunächst intern an die zuständige Stelle weiterleiten müsste und erst nach Untätigbleiben des Staates und Ablauf einer angemessenen Frist berechtigt wäre, eigenständig im Wege einer qui tam Klage vorzugehen243. 2. Klagegegner Gemäß 31 USC § 3730(b)(1) ist eine qui tam Klage gegen eine Person („person“) zu richten, so dass eine Anwendung sowohl auf juristische als auch natürliche Personen in Betracht kommt. Ob neben natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts auch Einzelstaaten und ihre Behörden unter den Begriff zu subsumieren sind, hatte der U.S. Supreme Court in Vermont Agency of Natural Resources v. United States ex rel. Stevens244 zu entscheiden. Der Fall betraf eine qui tam Klage eines Arbeitnehmers gegen seinen staatlichen Arbeitgeber (Vermont Agency of Natural Resources), der verfälschte Zeit- und Anwesenheitsnachweise der Beschäftigten bei der U.S. Environmental Protection Agency einreichte, um bundesstaatliche Zuschüsse zu erhalten. Entgegen der instanzgerichtlichen Entscheidungen kam das oberste Gericht mehrheitlich zu dem Ergebnis, dass Einzelstaaten und ihre Behörden keine Personen i. S. v. 31 USC § 3730(b)(1) sind245. Es bestehe die gesetzliche Vermutung, dass der Begriff person keine Einzelstaaten umfasse246. Um diese Vermutung zu widerlegen, sei ein entgegengesetzter gesetzgeberischer Wille erforderlich247. Ein solcher komme etwa in der 243 So auch im Gesetzesentwurf HR 4563 (1992), der sich infolge der Diskontinuität des Kongresses mit der Auflösung des 102. Kongresses erledigte. Der Entwurf sah nach einer internen Meldung eine einjährige Wartefrist vor, bevor eine qui tam Klage erhoben werden konnte. Ein vergleichbarer Entwurf im 103. Kongress schaffte es nicht über die Konsultationsphase hinaus; Theis, 28 Pub. Cont. L.J. (1999), S. 238 ff. Vgl. auch Hargrove, 34 PCLJ (2004), S. 93 ff., der sich für die Einrichtung einer zentralen Stelle ausspricht, bei der ein sog. „right-to-sue-letter“ einzureichen und eine Klage nur nach erfolgter Zustimmung zulässig sei. 244 529 U.S. 765 (2000). 245 Viele Instanzgerichte – darunter das Bezirksgericht des District of Vermont (unveröffentlichte Entscheidung) als auch das Bundesberufungsgericht des 2. Bezirks, 162 F.3d 195 (2nd Cir 1998) – thematisieren darüber hinaus den Elften Zusatzartikel der Bundesverfassung, der den Einzelstaaten Immunität vor Klagen seitens der Bürger gewährt. Der U.S. Supreme Court ließ die Frage in Bezug auf qui tam Klagen dagegen ausdrücklich offen. Zum Streitstand und der Bedeutung im Fall Stevens vgl. Histed, Det. C. L. Mich. St. U. L. Rev. (2001), S. 169 ff. 246 Vgl. 1 USC § 1: „[T]he words ,person‘ and ,whoever‘ include corporations, companies, associations, firms, partnerships, societies, and joint stock companies, as well as individuals“. 247 529 U.S. 765, S. 781 ff. Vgl. auch die sog. clear statement rule: „[I]f Congress intends to alter the ,usual constitutional balance between the States and the Federal Government,‘ it must make its intention to do so ,unmistakably clear in the language of the statute‘“; Will v. Michigan Department of State Police, 491 U.S. 58, S. 65 (1989).

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Parallelvorschrift 31 USC § 3733(l)(4) zum Ausdruck, die im Gegensatz zum FCA Einzelstaaten ausdrücklich als Personen i. S. d. Vorschrift definiere. Des Weiteren sehe der FCA in 31 USC § 3729(a)(7) (den mit Strafcharakter ausgestatteten) Schadensersatz in dreifacher Höhe (treble damages) vor. Würde man Einzelstaaten als Klagegegner zulassen, würde die Vorschrift im Widerspruch zu dem Grundsatz stehen, punitive damages nicht zu Lasten der öffentlichen Hand zu gewähren248. Der U.S. Supreme Court stellte klar, dass Bürger nicht im Wege einer qui tam Klage gegen Einzelstaaten oder deren Behörden vorgehen können. Vereinzelt wird der Entscheidung mit dem Argument, die meisten qui tam Klagen würden sich gegen private Personen und Unternehmen richten, die praktische Relevanz abgesprochen249. Andererseits wird hervorgehoben, dass es nicht dem gesetzgeberischen Willen entsprechen könne, das Handeln der Einzelstaaten auszunehmen, und dass der FCA ein kostengünstiges und effektives Mittel bei der Bekämpfung von Betrug und Korruption im öffentlichen Sektor darstelle, so dass die Entscheidung in Stevens die Wirksamkeit des Gesetzes verringere250. III. Whistleblower Protection Act Der persönliche Anwendungsbereich des WPA ist auf Beschäftigte im öffentlichen Dienst beschränkt, erfasst in diesem Rahmen aber Bewerber (applicants) und ehemalige Arbeitnehmer (former employees)251, Teilzeit- und vorübergehend Beschäftigte sowie Beschäftigte auf Probe. Personen, die mit sensiblen Daten umgehen oder vom Präsidenten im Rahmen einer zweckorientierten Amtsausführung bestimmt werden, sind dagegen gem. 5 USC § 2302(a)(2)(B) vom Anwendungsbereich ausgenommen. Entsprechendes gilt für die Angestellten des U.S. Postal Service und der Postal Rate Commission252. Darüber hinaus werden das Government Accountability Office, FBI, CIA, Defense Intelligence Agency, National Imagery and Mapping Agency, National Security Agency sowie vom Präsidenten bestimmte Exekutivbehörden, die primär dem Auslandsgeheimdienst und der Spionageabwehr dienen, ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgenommen253. Der zunächst weite persönliche Anwendungsbereich wird durch die Ausnahmen erheblich beschränkt.

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529 U.S. 765, S. 784 f. Vgl. Callahan/Dworkin, 38 Am. Bus. L.J. (2000), S. 103. 250 Vgl. Histed, Det. C. L. Mich. St. U. L. Rev. (2001), S. 164 f. und S. 214 f.; Vermont Agency of Natural Resources v. United States ex rel. Stevens, 162 F.3d 195 (2nd Cir 1998). 251 5 USC § 1221(a). 252 5 USC § 2105(e). 253 5 USC § 2302(a)(2)(C)(ii) und (iii). 249

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Der sich im Gesetzgebungsverfahren befindende Whistleblower Protection Enhancement Act würde den persönlichen Geltungsbereich erweitern. Insbesondere erfasst Section 10 Beschäftigte im öffentlichen Dienst, die mit Angelegenheiten der nationalen Sicherheit betraut sind (vor allem Angestellte derjenigen Arbeitgeber, die gem. 5 USC § 2302(a)(2)(C) ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgenommenen sind). Zudem würde Section 11 den Schutz auf Arbeitnehmer von Unternehmen erstrecken, die mit der Regierung in Vertragsbeziehung stehen. IV. Sarbanes-Oxley Act 1. Arbeitnehmerbegriff a) Arbeitnehmer (employee) Der Schutzbereich von Section 806 SOX254 (kodifiziert in 18 USC § 1514A) erfasst Arbeitnehmer (employees). Gemäß den Ausführungsbestimmungen255 ist ein employee ein „individual presently or formerly working for a company or company representative, an individual applying to work for a company or company representative, or an individual whose employment could be affected by a company or company representative“. Der Arbeitnehmerbegriff wird folglich auf Bewerber und ehemalige Beschäftigte ausgedehnt. Darüber hinaus werden Personen grundsätzlich ohne nähere Präzisierung geschützt, sofern sie für ein Unternehmen arbeiten oder deren Arbeitsverhältnis durch das Unternehmen beeinflusst werden kann. Die Reichweite dieses zunächst sehr weit gefassten Arbeitnehmerbegriffs bedarf der Konkretisierung durch die Rechtsprechung. Aufgrund der vergleichsweise jungen Geschichte des SOX fehlt es bislang jedoch an grundlegenden Entscheidungen. Der Gesetzgeber bezog sich bei der Formulierung von Section 806 SOX auf seine über dreißigjährige Erfahrung im Whistleblowerschutz und integrierte verschiedene Elemente bereits bestehender Schutzvorschriften256. Folglich kann für die Interpretation von Section 806 SOX auf vergleichbare Whistleblowervorschriften zurückgegriffen werden257. Besonders hilfreich erweisen sich dabei die 254 Section 806 gehört zum Title VIII des Sarbanes-Oxley Act, der ursprünglich als Corporate and Criminal Fraud Accountability Act von 2002 entworfen und erst im Rahmen der Leahy-McCain Novelle am 25. Juli 2002 in den SOX aufgenommen wurde; vgl. 148 Cong. Rec. S7357 f. (25. Juli 2002). 255 29 CFR § 1980.101. Die Ausführungsbestimmungen der Occupational Safety and Health Administration (OSHA) vom 24. August 2004 (69 Fed. Reg. 52104) enthalten Verfahrensvorschriften für die Handhabung von SOX Whistleblowerbeschwerden. Sie sind in 29 CFR Part 1980 kodifiziert (Procedures for the Handling of Discrimination Complaints under Section 806 of the Corporate and Criminal Fraud Accountability Act of 2002, Title VIII of the Sarbanes-Oxley Act of 2002). 256 Kohn/Kohn/Colapinto, xv.

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anderen vom Arbeitsministerium (Department of Labor, kurz DOL) ausgeführten Whistleblowervorschriften, da der SOX in großen Teilen auf diesen basiert258. Wie bei anderen Schutzvorschriften, für deren Ausführung das DOL zuständig ist, hat es die Ermittlungs- und Durchsetzungskompetenzen für Section 806 SOX auf die Occupational Safety and Health Administration (OSHA), der im Arbeitsministerium angesiedelten Behörde für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, übertragen. Diese ist damit für insgesamt 14 Whistleblowervorschriften259 verantwortlich, die aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeiten eine Ausnahme zu den sonst so uneinheitlichen Whistleblowervorschriften bilden260. Während die behördlichen Entscheidungen der DOL Instanzen (OSHA, Administrative Law Judge [ALJ] 261 und Administrative Review Board [ARB] 262) wichtige Leitlinien liefern, kommt es für die Interpretation der unbestimmten Rechtsbegriffe maßgeblich auf die Gerichtsentscheidungen an263. Überträgt man die Rechtsprechung zu anderen Whistleblowerschutzvorschriften, gilt für den Arbeitnehmerbegriff folgendes: Dem Begriff ist eine extensive Auslegung beizumessen, damit das gesetzliche Ziel eines stärkeren Whistleblowerschutzes erreicht werden kann264. Bereits im Jahr 1941 entschied das obers257

Reddy v. Medquist, Inc., 2004-SOX-35, S. 3 (ALJ v. 10.06.2004). Der SOX basiert vor allem auf den Vorschriften des Wendell H. Ford Aviation Investment Reform Act for the 21st Century (AIR21), des Surface Transportation Assistance Act (STAA) und des Energy Reorganization Act (ERA); vgl. Collins v. Beazer Homes USA, Inc., 334 F.Supp.2d 1365, S. 1374 (N.D. Ga. 2004). 259 Section 11(c) Occupational Safety & Health Act of 1970 (OSH Act, 29 USC § 660(c)); Section 31105 STAA of 1982 (49 USC § 31105); Section 211 Asbestos Hazard Emergency Response Act of 1986 (15 USC § 2651); Section 7 International Safe Container Act of 1977 (46 App. USC § 1506); Section 211 ERA of 1978 (42 USC § 5851); Section 322 Clean Air Act of 1977 (CAA, 42 USC § 7622); Section 110 Comprehensive Environmental Response, Compensation, and Liability Act of 1980 (42 USC § 9610); Section 507 Federal Water Pollution Control Act of 1972 (33 USC § 1367); Section 1450 Safe Drinking Water Act of 1974 (42 USC § 300j-9(i)); Section 7001 Solid Waste Disposal Act of 1976 (42 USC § 6971); Section 23 Toxic Substances Control Act of 1976 (15 USC § 2622); Section 519 AIR21 (2000) (49 USC § 42121) und Section 6 Pipeline Safety Improvement Act of 2002 (49 USC § 60129); vgl. OSHA Instruction, S. 1-1 f. 260 Vgl. Westman/Modesitt, S. 92. Kritisch bezüglich der Geeignetheit der OSHA Ermittler Shine, S. 609. 261 Der ALJ hat – ohne Richter im klassischen Sinn zu sein – weitgehend richterliche Befugnisse und bildet eine verwaltungsinterne Instanz, die eine gerichtsähnliche Anhörung der Parteien ermöglicht und eine objektive, sachkundige und effiziente Verfahrensführung sichert. 262 Werden gegen ALJ-Entscheidungen Rechtsmittel eingelegt, ist das ARB als abschließende behördliche Instanz nachgeschaltet. Bei der Einlegung weiterer Rechtsmittel wechselt das Verfahren in den bundesgerichtlichen Instanzenzug. Umfassend zum Verwaltungs- und Gerichtsverfahren unten § 9 B.V.3. 263 Delikat/Rosenberg, S. 32 f. 264 Vgl. Kansas Gas & Electric Co. v. Brock, 780 F.2d 1505, S. 1512 (10th Cir. 1985) zum ERA; DeFord v. Secretary of Labor, 700 F.2d 281, S. 286 (6th Cir. 1983) ebenfalls 258

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te Bundesgericht zu Section 158(a)(1) NLRA: „The term ,employee‘ [. . .] shall include any employee, and shall not be limited to the employees of a particular employer, unless the Act explicitly states otherwise“ 265. Grundsätzlich schützen die Vorschriften Beschäftigte unabhängig von ihrer Funktion und erfassen Leiharbeiter (contract worker), Zeitarbeiter (temporary workers) sowie Mitarbeiter auf Probe (probationary employees)266. Die bloße Bezeichnung als Selbständiger (independent contractor) schließt den persönlichen Anwendungsbereich nicht aus267. b) Hinweis für einen anderen Der SOX schützt sowohl Personen, die selbst eine Meldung vornehmen, als auch solche, die andere dazu veranlassen („cause information to be provided“ bzw. „cause to be filed“, 18 USC § 1514A(a)(1) bzw. (2)). Ein Arbeitnehmer unterliegt folglich auch dann dem Schutz, wenn ein anderer für ihn den Missstand meldet268. c) Extraterritoriale Anwendung Der SOX findet grundsätzlich auch auf ausländische, an der U.S.-amerikanischen Börse notierte Unternehmen Anwendung. Er enthält jedoch keine Regelung hinsichtlich der extraterritorialen Anwendung von Section 806 SOX. Grundsätzlich gilt die widerlegbare Vermutung, dass U.S.-amerikanische Bundesgesetze territorial auf die USA beschränkt sind269. Anhaltspunkte für eine Widerlegung sind weder dem SOX noch den Ausführungsbestimmungen zu entnehmen. Vielmehr bestimmen 29 CFR § 1980.112 und § 1980.113, die die gerichtliche Überprüfung einer DOL Entscheidung regeln, dass sich die Zuständigkeit der Gerichte nach dem Ort bestimmt, an dem die Rechtsverletzung von Section 806 SOX aufzum ERA: „the need for broad construction of the statutory purpose can be well characterized as necessary ,to prevent the [investigating agency’s] channels of information from being dried up by employer intimidation‘, National Labor Relations Board v. Scrivener, 405 U.S. 117, S. 122 (1972)“. 265 Phelps Dodge Corp. v. NLRB, 313 U.S. 177, S. 192 (1941). Vgl. auch Hill v. Tennessee Valley Authority, 87-ERA-23 und 24 (SOL v. 24.05.1989) zum ERA. 266 Vgl. Kohn/Kohn/Colapinto, S. 73 m.w. N. zum einschlägigen Fallrecht. 267 Vgl. Bothwell v. American Income Life, 2005-SOX-57, S. 5 (ALJ v. 19.09.2005). 268 Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 576 f. 269 Vgl. EEOC v. Arabian American Oil Company, 499 U.S. 244 (1991). Ein entgegengesetzter gesetzgeberischer Wille ist z. B. dem U.S.-amerikanischen Antidiskriminierungsrecht zu entnehmen: Gemäß Title VII des Civil Rights Act fallen U.S.-Bürger im Ausland unter den Anwendungsbereich, sofern sie Arbeitnehmer amerikanischer Arbeitgeber sind. Der Age Discrimination in Employment Act erfasst sogar U.S.-Bürger im Ausland, die Arbeitnehmer ausländischer Arbeitgeber sind; vgl. Thüsing, NZA 2003, S. 1309.

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tritt (typischerweise der Betriebssitz oder Beschäftigungsort). Nur eine Verletzung im Inland unterliegt folglich der amerikanischen Gerichtsbarkeit, was für eine territoriale Beschränkung von Section 806 SOX spricht270. So entschied auch das Bundesberufungsgericht des 1. Bezirks in Carnero v. Boston Scientific Corp.271, dass Arbeitnehmer außerhalb der USA nicht unter den Anwendungsbereich der Schutzvorschrift fallen. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf potentielle Konflikte mit ausländischen Rechtsordnungen272 und der oben dargelegten Vermutungsregel. Die Systematik des SOX ergebe ferner, dass sich der Gesetzgeber bewusst mit der extraterritorialen Wirkung auseinandergesetzt hat273: während Section 1107 SOX274 für die strafrechtliche Sanktion die extraterritoriale Bundeszuständigkeit anordnet, fehlt eine entsprechende Anordnung in Section 806 SOX. In O’Mahony v. Accenture Ltd.275 vertrat ein New Yorker Bezirksgericht hingegen die Auffassung, dass der SOX auch die in Frankreich arbeitende Klägerin mit irischer Staatsangehörigkeit schütze. Maßgebliche Unterschiede zu Carnero waren dabei, dass das Arbeitsverhältnis mit einem US-Arbeitgeber bestand und das angebliche Fehlverhalten in den USA stattfand276. 2. Arbeitgeberbegriff im weiteren Sinn Section 806 SOX schützt Arbeitnehmer vor Benachteiligungen durch den Arbeitgeber und dessen Organe. Vom Anwendungsbereich erfasst werden Emittenten, deren Wertpapiere gem. Section 12 Securities and Exchange Act (SEA) re270

Vgl. Reiter, RIW 2005, S. 176. 433 F.3d 1 (1st Cir. 2006); cert. denied, Carnero v. Boston Scientific Corp., 126 S. Ct. 2973 (2006): erfolglose Kündigungsschutzklage eines Argentiniers, der für die argentinischen und brasilianischen Tochtergesellschaften eines in New York notierten Medizinprodukte-Herstellers arbeitete. 272 So auch Ede v. Swatch Group, 2004-SOX-68 (ALJ v. 14.01.2005). Kritisch Knöfel, RIW 2007, S. 494 f., der den „geradezu unamerikanischen Respekt vor fremder Justizhoheit“ hervorhebt und die nationale Beschränkung von Section 806 SOX – entgegen der U.S.-amerikanischen Kapitalmarktpraxis einer marktbezogenen extraterritorialen Anknüpfung – für wenig verständlich hält. 273 So auch in Concone v. Capital One Financial Corporation, 2005-SOX-6 (ALJ v. 3.12.2004); a. A. Knöfel, RIW 2007, S. 495. 274 18 USC § 1513(d): „There is extraterritorial Federal jurisdiction over an offense under this section“. 275 537 F.Supp.2d 506 (S.D. N.Y. 2008); vgl. auch Reufels/Deviard, CCZ 2009, S. 202 f. 276 Zur kollisionsrechtlichen Anwendbarkeit von Section 806 SOX nach deutschem internationalem Arbeitsrecht Reiter, RIW 2005, S. 172 ff. Er kommt zu dem Ergebnis, Section 806 SOX sei nur anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer eines in Deutschland ansässigen Unternehmens in den USA nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft beschäftigt sei. Dies setze voraus, dass der Arbeitnehmer in einem amerikanischen Betrieb arbeite und in diesen Betrieb integriert sei. Bei reiner Inlandstätigkeit und nur vorübergehend Entsandten, die noch der Ausstrahlungswirkung deutscher arbeitsrechtlicher Gesetze unterliegen, sei die Schutzvorschrift hingegen nicht zu beachten. 271

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gistriert sind277 oder die gem. Section 15(d) SEA Berichte bei der Wertpapierund Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) einzureichen haben278. Der Arbeitnehmer ist nicht nur vor Benachteiligungen durch das Unternehmen und dessen Organe, sondern auch vor Benachteiligungen durch natürliche Personen geschützt, die – wie etwa leitende Angestellte oder Prokuristen – im Interesse des Unternehmens arbeiten. Potentielle Anspruchsgegner sind neben dem Unternehmen auch Officer, Angestellte (employees), Vertragspartner (contractor), Subunternehmen (subcontractor) sowie Vertreter (agent), die Arbeitnehmer aufgrund einer Offenlegung benachteiligen 279. Die unterschiedlichen Personen können einzeln zur Verantwortung gezogen werden, da 18 USC § 1514A (b)(1) anstelle des Begriffs Arbeitgeber (employer) den Begriff Person (any person) verwendet280. Die Einbeziehung natürlicher Personen in den Arbeitgeberbegriff bildet eine wesentliche Neuerung gegenüber den bestehenden Whistleblowervorschriften281. a) Vertragspartner (contractor) und Subunternehmer (subcontractor) Die Einbeziehung von Vertragspartnern und Subunternehmen i. S. v. Section 806 SOX bedeutet nicht, dass sich Arbeitnehmer dieser Vertragspartner auf die Schutzvorschrift berufen können. Vielmehr sollen Arbeitnehmer börsennotierter Unternehmen vor Benachteiligungen durch Vertragspartner ihres Arbeitgebers geschützt werden282. In Kalkunte v. DVI Financial Services, Inc. and AP Services, LLC283 wurde beispielsweise neben dem börsennotierten Arbeitgeber (DVI) 277 Kodifiziert in 15 USC § 78l. Dazu zählen vor allem Unternehmen, deren Wertpapiere an einer U.S.-amerikanischen Börse notiert sind, was gemäß Section 12(a) SEA eine Registrierung bei der SEC voraussetzt. Zu den weiteren Registrierungspflichten nach Section 12 SEA vgl. Block, BKR 2003, S. 774 f. Ein Antrag auf Registrierung bleibt folgenlos, sofern er vor der Bewilligung zurückgenommen wird, vgl. Roulett v. American Capital Access, 2004-SOX-78, S. 8 (ALJ v. 22.12.2004). 278 Kodifiziert in 15 USC § 78o(d). Erfasst werden Unternehmen, die – unabhängig von einer Börsennotierung – ein öffentliches Angebot von Wertpapieren abgeben und nicht nach den Section 3 bis 5 Securities Act 1933 von der Registrierungspflicht befreit sind; vgl. Block, BKR 2003, S. 775. 279 18 USC § 1514A(a). 280 Vgl. Donovan v. Diplomat Envelope Corp., 587 F.Supp. 1417, S. 1425 (E.D. N.Y. 1984) zum OSH Act (29 USC § 660(c)(1)): Eine individuelle Inanspruchnahme ist möglich, da sich die Vorschrift auf „any person“ bezieht. Wird dagegen, wie im CAA oder im ERA, der Begriff „employer“ gebraucht, ist eine individuelle Haftung ausgeschlossen; vgl. Varnadore v. Oak Ridge National Laboratory, 92-CAA-2/5, 93-CAA-1, 94-CAA-2/3, 95-ERA-1, S. 36 (ARB v. 14.06.1996). 281 Delikat/Rosenberg, S. 32; Kohn/Kohn/Colapinto, S. 69. 282 Vgl. Minkina v. Affiliated Physician’s Group, 2005-SOX-19, S. 6 (ALJ v. 22.02. 2005). 283 2005-ARB-139, 140 (ARB v. 27.02.2009). Das ARB bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz (2004-SOX-56 [ALJ v. 18.07.2005]), beschränkte jedoch den Schadens-

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der nicht börsennotierte Vertragspartner (AP) nach Section 806 SOX zur Verantwortung gezogen. AP, welches Firmen in finanzieller Notlage Krisenmanagement und Restrukturierungsleistungen anbietet, hatte den Vorstandsvorsitz und die Geschäftsführer des insolventen Arbeitgebers im Insolvenz- und Liquidationsverfahren gestellt, welche in der Folgezeit das Arbeitsverhältnis eines Whistleblowers aufgrund seines Hinweises beendeten. b) Arbeitnehmer nicht börsennotierter Tochtergesellschaften Arbeitnehmer nicht börsennotierter Unternehmen können sich in einer Klage gegen ihren Arbeitgeber grundsätzlich nicht auf Section 806 SOX stützen284. Fraglich ist, ob und inwiefern sie eine Klage nach Section 806 SOX gegen das börsennotierte Mutterunternehmen richten können. Zur Beantwortung dieser Frage kommt es maßgeblich auf die tatsächliche Verbindung der Tochtergesellschaft mit dem börsennotierten Unternehmen an. Ist das nicht börsennotierte Tochterunternehmen faktisch ein integrierter Teil des börsennotierten Unternehmens, etwa weil das Mutterunternehmen für die maßgeblichen Entscheidungen im Tochterunternehmen zuständig ist, eine enge Aufsicht über dieses durch interne Kontroll- und Überwachungsmechanismen besteht und/oder das börsennotierte Unternehmen die Verantwortung für das Handeln der Tochtergesellschaft trägt, sind die Arbeitnehmer nicht börsennotierter Unternehmen ebenfalls vom persönlichen Geltungsbereich von Section 806 SOX erfasst285. In Platone v. Atlantic Coast Airlines Holdings, Inc.286 wurde aufgrund der weitreichenden Gemeinsamkeiten zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft (gemeinsamer Gebrauch von Logos und Firmennamen, Überschneidungen in der Führungsebene sowie Stellenangebote für das Tochterunternehmen auf dem Firmenpapier der Muttergesellschaft) die Haftung der Muttergesellschaft begründet. Diese habe die Tochter als bloßes Werkzeug genutzt und stelle somit ihr Alter Ego dar, so dass die Beschwerdeführerin – an sich Arbeitnehmerin des Tochterunternehmens – im Rahmen von Section 806 SOX als Arbeitnehmerin der Muttergesellschaft galt. Auch in Morefield v. Exelon Services, Inc. and Exelon Corp.287 entschied das Gericht, dass sich der SOX nicht nur auf das börsenersatz, da es – entgegen der Vorinstanz – der Auffassung war, die Insolvenz des Arbeitgebers bilde eine Zäsur, weshalb der zukünftige Lohn (future pay) nicht mehr vom Schadensersatz erfasst sei. Näheres zu den Rechtsfolgen unten § 9 B.V.4. 284 Vgl. Bothwell v. American Income Life, 2005-SOX-57, S. 6 (ALJ v. 19.09.2005). 285 Vgl. z. B. Morefield v. Exelon Services, Inc. and Exelon Corp., 2004-SOX-2, S. 7 f. (ALJ v. 28.01.2004); Gonzalez v. Colonial Bank, 2004-SOX-39, S. 3 f. (ALJ v. 20.08.2004). 286 2003-SOX-27, S. 19 ff. (ALJ v. 30.04.2004): Eine Arbeitnehmerin äußerte Bedenken über eine Verstrickung von Geschäftsführung und Gewerkschaftsfunktionären, letzteren erhöhte Gehälter für Eingeständnisse bei den Tarifverhandlungen zu gewähren. 287 2004-SOX-2 (ALJ v. 28.01.2004).

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notierte Unternehmen, sondern auf die „gesamte konstitutive Einheit“ auf allen Ebenen der gesellschaftlichen Struktur beziehe288. Eine Haftung der börsennotierten Muttergesellschaften wurde dagegen in Mann v. United Space Alliance, LLC, The Boeing Co., Lockheed Martin Corp.289 abgelehnt, da die Tochtergesellschaft für die Personalentscheidungen und das Tagesgeschäft verantwortlich war, als getrennte Rechtspersönlichkeit operierte und keine internen Kontrollmechanismen ersichtlich waren. In Bothwell v. American Income Life290 wurde auf die Entscheidung des obersten Bundesgerichts in United States v. Bestfoods291 Bezug genommen, wonach eine Haftung der Muttergesellschaft nach den Grundsätzen des Gesellschaftsrechts nur möglich sei, „when the corporate veil is pierced“ 292, mithin die Trennung beider Unternehmen durchbrochen und eine faktische Funktionseinheit anzunehmen sei. V. Einzelstaatliches Recht 1. Public-policy-Einwand Der public-policy-Einwand unterscheidet in seinem persönlichen Anwendungsbereich nicht zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor, sondern findet auf alle Beschäftigten Anwendung, die im öffentlichen Interesse auf Missstände aufmerksam machen. Beschäftigte im öffentlichen Sektor berufen sich jedoch zunehmend auf die gesetzlichen Schutzvorschriften. Im privaten Sektor ist der public-policy-Einwand hingegen mangels anderweitiger Schutzvorschriften nach wie vor von großer Bedeutung. Inwiefern sich ein Syndikusanwalt (in-house attorney) auf den public-policyEinwand zum Schutz vor arbeitsrechtlichen Benachteiligungen als Folge eines Hinweises berufen kann, ist umstritten. Da Syndikusanwälte bereits nach den Standesregeln verpflichtet sind, Fehlverhalten ihres Arbeitgebers zu melden, sprechen sich Gerichte teilweise gegen einen Schutz aus293. Sie sind der Auffassung, die Meldepflicht (deren Nichtbefolgung Disziplinarmaßnahmen bis hin zum Entzug der Anwaltszulassung nach sich ziehen kann294) stelle bereits das Ziel des public-policy-Einwands sicher, eine effektive Rechtsdurchsetzung und Beseiti288 Morefield v. Exelon Sevices, Inc. and Exelon Corp., 2004-SOX-2, S. 8 (ALJ v. 28.01.2004). 289 2004-SOX-15, S. 8 f. (ALJ v. 18.02.2005). 290 2005-SOX-57 (ALJ v. 19.09.2005). 291 524 U.S. 51 (1998). 292 Bothwell v. American Income Life, 2005-SOX-57, S. 8 (ALJ v. 19.09.2005). 293 Vgl. z. B. Balla v. Gambro, Inc., 145 Ill. 2d 492 (1991). 294 In den USA ist die Anwaltszulassung (admittance to the bar) auch für Syndikusanwälte gesetzlich zwingend vorgeschrieben, so dass die Standesregeln (Rules of Professional Conduct) auch auf sie Anwendung finden.

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gung sonstiger Missstände im öffentlichen Interesse zu ermöglichen; es bedürfe daher keiner zusätzlichen Motivation durch einen arbeitsrechtlichen Schutz. Diese Ansicht verdeutlicht, dass der public-policy-Einwand nicht dem Individualschutz, sondern dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Rechtsdurchsetzung dient. Zunehmend wird jedoch auf die wirtschaftliche Abhängigkeit von Syndikusanwälten hingewiesen. Auch diese stünden vor dem Konflikt, durch die Erfüllung ihrer Meldepflicht berufliche und persönliche Risiken einzugehen, so dass ein gesetzlicher Schutz eine zusätzliche Motivation für Hinweise darstelle295. Eine vermittelnde Ansicht beschränkt den Schutz auf Hinweise, die zwingende öffentliche Interessen berühren, und legt einen strengen Maßstab an die Richtigkeit von Hinweisen an296. 2. Einzelstaatliches Gesetzesrecht In nahezu allen Einzelstaaten werden Beschäftigte im öffentlichen Sektor gesetzlich geschützt, wobei die Vorschriften in 17 Einzelstaaten gleichermaßen auf Arbeitnehmer aus dem privaten Sektor Anwendung finden297. In zwei weiteren Staaten, Florida und Illinois, wurden separate Schutzvorschriften für den privaten Sektor erlassen. Viele Staaten begründen ihre Zurückhaltung, im Bereich der Privatwirtschaft tätig zu werden, damit, dass Eingriffe in die Arbeitgeberrechte weitgehend vermieden werden sollen und die Entwicklungen im common law bereits hinreichenden Schutz bieten298. Der persönliche Anwendungsbereich der meisten Vorschriften erstreckt sich auf Arbeitnehmer (employees)299, wobei deutliche Unterschiede in der Interpretation zu verzeichnen sind. Während eine richterliche Einbeziehung ehemaliger Beschäftigter nicht unüblich ist, wurde eine entsprechende Auslegung in Minnesota zurückgewiesen, da sich die einschlägige Vorschrift lediglich auf employees und damit nur auf gegenwärtige Arbeitsverhältnisse beziehe300. Einen weiteren Unterschied bildet die Einbeziehung bzw. Ausgrenzung von Selbständigen (in295 Vgl. General Dynamics Corp. v. Superior Court of San Bernardino County, 876 P.2d 487, S. 500 ff. m.w. N. (Cal. 1994). 296 Umfassend Corello, 92 Colum. L. Rev. (1992), S. 389 ff. insbesondere S. 399 ff. m.w. N. 297 Arizona, Connecticut, Hawaii, Kalifornien, Louisiana, Maine, Michigan, Minnesota, Montana, New Hampshire, New Jersey, New York, North Dakota, Ohio, Oregon, Rhode Island und Tennessee; vgl. Westman/Modesitt, S. 77 und S. 309 ff. (Anhang B) und Westman/Modesitt (2006), S. 135 f. mit den einschlägigen Gesetzesfundstellen. 298 Vgl. Westman/Modesitt, S. 87. 299 So z. B. in Connecticut (Conn. Gen. Stat. § 31-51m(b)), Massachusetts (ALM GL ch. 149, § 185), Michigan (Mich. Comp. Laws § 15.362), New York (New York Labor Law § 740(2)) und Rhode Island (R.I. Gen. Laws § 28-50-3). 300 Vgl. Guercio v. Production Automation Corp., 664 N.W.2d 379, S. 388 f. (Minn. Ct. App. 2003) zu Minn. Stat. § 181.931.

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dependent contractors)301. Sofern keine explizite Regelung getroffen ist, werden Selbständige in der Regel vom Anwendungsbereich ausgenommen302. Eine Ausnahme bildet New Jersey, dessen Whistleblowinggesetz (Conscientious Employee Protection Act [CEPA]) von den Gerichten extensiv ausgelegt wird. Jüngst wurde vom obersten Gericht in D’Annunzio v. Prudential Insurance Company of America303 und Stomel v. City of Camden304 trotz Fehlens einer ausdrücklichen Regelung entschieden, dass auch Selbständige unter bestimmten Umständen als employees i. S. d. CEPA gelten können. Bei der zu treffenden Abgrenzung ist weder die Bezeichnung der Parteien noch die Art der Entlohnung entscheidend, sondern insbesondere der Grad der Kontrolle durch den Arbeitgeber, die wirtschaftliche Abhängigkeit des Vertragspartners sowie die funktionale Eingliederung in den Betrieb305. Das Gericht unterstrich in D’Annunzio die Bedeutung einer weiten Interpretation der Schutzvorschriften, um den Anforderungen des modernen Arbeitsmarktes gerecht zu werden306. Unterschiede bestehen in den Einzelstaaten ferner, wenn nicht der Arbeitnehmer selbst, sondern eine andere Person für ihn tätig wird. Lediglich sieben Staaten307 enthalten ausdrückliche Regelungen, die

301 Florida (Fla. Stat. § 448.101(2)), Minnesota (Minn. Stat. § 181.931(2)), Montana (Mont. Code § 39-2-903(3)) und New York (NY Labor Law § 740(4)(c)) nehmen Selbständige vom Anwendungsbereich aus, wohingegen Rhode Island (R.I. Gen. Laws § 2850-2(1)) den Anwendungsbereich explizit auf sie erstreckt. 302 Westman/Modesitt, S. 79. Vgl. Birchem v. Knights of Columbus, 116 F.3d 310, S. 315 (8th Cir. 1997) zu N.D. Cent. Code, § 34-01-20(1) und Stephens v. Prudential Insurance Co. of America, 717 N.Y.S.2d 144, S. 145 (N.Y. App. Div. 2000) zu N.Y. Labor Law § 740. 303 192 N.J. 110 (2007): Ein selbständiger Chiropraktiker, der seine Privatpraxis behielt, arbeitete werktags von 8–12 Uhr an einem von der beklagten Versicherung gestellten Arbeitsplatz, wo er Bürobedarf, eine eigene Telefonnummer und eine Firmenemail gestellt bekam. Nach sechs Monaten wurde sein Vertrag infolge eines Hinweises über illegale und unethische Praktiken der Versicherung beendet. 304 192 N.J. 137 (2007): Ein Pflichtverteidiger, den die Stadt in aufeinandergeschalteten Einjahresverträgen mit pauschaler Jahresvergütung beauftragte, unterfiel dem Anwendungsbereich des CEPA, da seine von 1982–1999 geleisteten Dienste einen integrierten Teil der städtischen Dienstleistung darstellten. Er hatte einen Erpressungsversuch eines Staatsanwalts gemeldet, der für eine Wiederberufung als Pflichtverteidiger eine Spende i. H. v. US$ 5.000 für die Wahlkampagne des Bürgermeisters verlangt hatte. 305 Neben den drei Hauptfaktoren sind weitere Faktoren einzubeziehen, u. a. die Weisungsgebundenheit, Fachkönnen, Bereitstellung von Material und Arbeitsplatz, Beschäftigungsdauer, Zahlungsmodalitäten, Urlaubsregelungen, Renten und Sozialversicherung. 306 „When enacted, CEPA was ,the most far reaching whistleblower statute in the nation‘“ und die weite Interpretation der Vorschriften ist „[the Court’s] single guiding principle [. . .] since its enactment“; D’Annunzio v. Prudential Insurance Company of America, 192 N.J. 110, S. 120 (2007). 307 Vgl. Westman/Modesitt, S. 84 sowie die Gesetzesvorschriften in Connecticut (Conn. Gen. Stat. § 31-51m(b)), Hawaii (Haw. Rev. Stat. § 378-62(1)), Maine (26 Me. Rev. Stat. § 833(1)), Michigan (Mich. Comp. Laws § 15.362), Minnesota (Minn. Stat. § 181.932(1)(a)), North Dakota (N.D. Cent. Code § 34-01-20(1)(a)) und Rhode Island (R.I. Gen. Laws § 28-50-3(1)): „or a person acting on behalf of the employee“.

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den Schutzbereich auch auf Personen erstrecken, die Bedenken für eine andere Person erheben. In den meisten Staaten finden die Schutzvorschriften unabhängig von der Größe des Arbeitgebers Anwendung, Florida und Louisiana setzen hingegen eine Mindestarbeitnehmerzahl voraus308. Michigan bildet eine weitere Ausnahme, indem es den Arbeitgeberbegriff auf Stellvertreter ausdehnt309 und damit eine individuelle Haftung von Führungskräften ermöglicht310. Aus dem SOX bekannte Erweiterungen auf Vertragspartner und Subunternehmer sind nicht ersichtlich. Hier bleibt abzuwarten, ob und wie entsprechende Vorschriften ihren Weg in die einzelstaatlichen Gesetze finden.

C. Vergleichende Gegenüberstellung In England wurde der persönliche Anwendungsbereich des PIDA bewusst weit konzipiert, um einen umfassenden Whistleblowerschutz zu gewährleisten. Er differenziert weder zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor noch zwischen den verschiedenen Industriesektoren. Im privaten Sektor werden lediglich solche Erwerbstätige vom Anwendungsbereich ausgenommen, die aufgrund ihrer Selbständigkeit in keinerlei Abhängigkeitsverhältnis stehen und folglich keines gesetzlichen Schutzes bedürfen (sog. genuinely self-employed). Im öffentlichen Sektor wird der Schutz durch Ausnahmeregelungen für das Militär, die staatlichen Sicherheits- und Geheimdienste sowie die Beschäftigten des Ober- und Unterhauses begrenzt. Im Gegensatz zum PIDA gelten in den USA unterschiedliche Regelungen für den öffentlichen Dienst und die Privatwirtschaft sowie separate Regelungen für die verschiedenen Industriezweige. Sowohl die First Amendment Rechtsprechung als auch der WPA finden lediglich auf den öffentlichen Sektor Anwendung, wobei die auch in England bestehenden Ausnahmevorschriften für den Bereich der nationalen Sicherheit durch den Whistleblower Protection Enhancement Act zumindest eingeschränkt werden könnten. Der persönliche Anwendungsbereich des SOX erstreckt sich nur auf börsennotierte Unternehmen, zeichnet sich jedoch in seinem begrenzten Anwendungsbereich durch einen weiten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbegriff aus. Der FCA findet dagegen auf jeden Bürger Anwendung. Auch auf einzelstaatlicher Ebene ist das amerikanische Gesetzesrecht durch die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Sektor gekennzeichnet; einheitliche Vorschriften bleiben die Ausnahme. Im Gegensatz zum Gesetzesrecht nimmt der einzelstaatliche public-policy-Einwand 308 In Florida muss der Arbeitgeber mindestens zehn Arbeitnehmer beschäftigen (Fla. Stat. 448.101(3)), in Louisiana muss er über eine bestimmte Zeitspanne mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigen (La. Rev. Stat. § 23:302 Abs. 2). 309 Vgl. Mich. Comp. Laws § 15.361(b). 310 Vgl. Westman/Modesitt, S. 79.

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keine derartige Differenzierung vor. Aufgrund der fehlenden alternativen Schutzvorschriften in der Privatwirtschaft kommt ihm jedoch im privaten Sektor die größere Bedeutung zu. Insgesamt genießen Beschäftigte im öffentlichen Dienst in den USA (auch nach dem Inkrafttreten des SOX) einen umfassenderen Schutz als die Beschäftigten der Privatwirtschaft. In England bedurfte es aufgrund der bestehenden Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern, Beschäftigten und Selbständigen differenzierender Regelungen im persönlichen Anwendungsbereich. Eine einheitliche Verwendung des Arbeitnehmerbegriffs war aufgrund der feststehenden Arbeitnehmerdefinition in Section 230 Abs. 1 ERA nicht möglich. Aus diesem Grund wurde neben der Begriffsbestimmung für worker in Section 230 Abs. 3 ERA eine gesonderte Erweiterung des Beschäftigtenbegriffs in Section 43K Abs. 1 ERA für die Whistleblowervorschriften getroffen. In den USA, die keine entsprechende Arbeitnehmerdefinition kennen, finden die Schutzvorschriften dagegen ohne eine nähere Konkretisierung auf employees Anwendnung. Der Arbeitnehmerbegriff wird von den Gerichten extensiv ausgelegt, damit ein umfassender Whistleblowerschutz sichergestellt werden kann. Trotz der unterschiedlichen Herangehensweise streben beide Länder einen weitreichenden persönlichen Anwendungsbereich an. Unterschiede zeigen sich jedoch beim Schutz von Bewerbern und ehemaligen Beschäftigten. Die Schutzwirkung des PIDA beginnt erst mit der Tätigkeitsaufnahme, wurde richterlich jedoch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus auf post-employment detriments erweitert. In den USA dagegen werden Bewerber und ehemalige Beschäftigte zum Teil ausdrücklich in den Anwendungsbereich einbezogen. Vorschriften, die sich lediglich auf employees beziehen, werden von der Rechtsprechung dahingehend ausgelegt, dass auch Bewerber und ehemalige Beschäftigte unter den Anwendungsbereich zu subsumieren sind. Lediglich vereinzelt lehnen Gerichte eine entsprechende Erweiterung ab. Insgesamt herrscht in den USA eine größere Bereitschaft, Beschäftigte auch vor und nach dem tatsächlichen Arbeitsverhältnis zu schützen. Auch Personen, die für eine andere Person Bedenken erheben, werden in England und den USA unterschiedlich behandelt. So schützt der PIDA lediglich den eigentlichen Whistleblower, also denjenigen der die Bedenken tatsächlich erhebt. Nicht geschützt werden hingegen Personen, die einen anderen lediglich zu einem Hinweis veranlassen. Im Gegensatz dazu schützt der SOX (sowie einige einzelstaatliche Schutzvorschriften) sowohl den eigentlichen Whistleblower als auch denjenigen, der den Whistleblower auf den Missstand aufmerksam macht.

§ 6 Sachlicher Geltungsbereich

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§ 6 Sachlicher Geltungsbereich A. Sachlicher Geltungsbereich in England I. Gegenstand einer Offenlegung Eine qualifizierte Offenlegung (qualifying disclosure) i. S. v. Section 43B Abs. 1 ERA muss nach der begründeten Überzeugung des Beschäftigten inhaltlich eine oder mehrere der folgenden enumerativ aufgezählten Kategorien betreffen: (a) strafbare Handlungen, (b) Verletzungen rechtlicher Pflichten, (c) Irreführung der Justiz (z. B. die Verheimlichung von Beweisen oder Meineid), (d) Arbeitssicherheits- und Gesundheitsgefahren, (e) Umweltgefährdungen oder (f) die vorsätzliche Verheimlichung eines durch eine andere Person geschaffenen Missstandes i. S. v. lit. a bis e (sog. cover-up clause). Es handelt sich um einen weitreichenden Katalog, der jedoch die Flexibilität eines Generaltatbestandes vermissen lässt311. Gleichwohl ist die extensive Interpretation von Section 43B Abs. 1 lit. b ERA (any legal obligation) in Parkins v. Sodexho Ltd.312 zu berücksichtigen. In diesem Fall entschied das EAT im Rahmen der traditionellen Wortlautauslegung, dass unter „jeglicher Pflichtverletzung“ auch die Verletzung individualarbeitsrechtlicher Vorschriften zu fassen sei. Ein Hinweis kann sich somit auf eine Verletzung von rechtlichen Pflichten aus Gesetzen, Verträgen, verwaltungsrechtlichen Vorschriften oder dem common law beziehen, ohne dass ein öffentliches Interesse an einer Pflichtverletzung erforderlich ist. Inwiefern auch betriebsinterne Verhaltens- und Verfahrensvorschriften Gegenstand eines Hinweises sein können, hängt davon ab, ob eine rechtliche Verpflichtung zu deren Einhaltung besteht. Vereinzelt wurde in der Literatur kritisiert, dass die Einbeziehung rein privater Vertragsstreitigkeiten nicht mehr dem Sinn und Zweck des PIDA – Offenlegungen im öffentlichen Interesse zu schützen – entspräche313 sowie zu Überschneidungen314 oder sogar der bewussten Umgehung bestehender Rechte führen könnte315. 311 Bowers/Lewis/Mitchell, (2000) 144 SJ, S. 177; Hobby, S. 43; Vickers (2002), S. 155. So scheint die Enthüllung eines ernsthaften Fehlverhaltens, welches jedoch nicht gegen eine rechtliche Pflicht verstößt (wie etwa Fälle von schwerwiegendem Missmanagement), nicht vom Schutzbereich erfasst zu sein; Lewis, (2001) 30 ILJ, S. 177. 312 [2002] IRLR 109, EAT. Ein Arbeitnehmer hatte einen Hinweis erhoben, dass die Anweisung, beim Verlassen der Arbeitsstätte seinen Vorgesetzten zu benachrichtigen, eine gegen seinen Arbeitsvertrag verstoßende Überwachung darstelle. 313 Für die Geltendmachung individueller Rechte sei auf die dafür vorgesehenen (arbeitsrechtlichen) Wege und nicht auf die Schutzvorschriften des PIDA zurückzugreifen; Smith/Wood’s, S. 182. 314 Vgl. Pitt, S. 112. 315 Ein Arbeitnehmer könnte z. B. einen geschützten Hinweis erheben, dass sein Arbeitgeber männliche Kollegen, die Vaterschaftsurlaub beantragen, diskriminiere. Im Falle einer Benachteiligung könnte er sich auf den PIDA berufen, der keine Mindestbeschäftigung, keine Schadenshöchstgrenze und erleichterte Beweislastregeln vorsieht.

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Ein Hinweis muss inhaltlich nicht mit der Arbeit des Whistleblowers verknüpft sein316, er ist nicht von einer Erheblichkeitsschwelle abhängig und kann grundsätzlich auch vertrauliche Informationen umfassen. Darüber hinaus kommt es nicht darauf an, dass die zu Grunde liegenden Informationen für den Adressaten neu sind317, so dass nicht nur Personen geschützt werden, die auf einen bisher unbekannten Missstand aufmerksam machen. Schließlich ist es gemäß Section 43B Abs. 2 ERA unerheblich, ob sich das offengelegte Fehlverhalten im Vereinigten Königreich oder im Ausland ereignet. Ein Hinweis wird jedoch gemäß Section 43B Abs. 3 ERA nicht geschützt, wenn durch ihn ein Straftatbestand erfüllt wird. Ein häufig zitiertes, aber auch stark kritisiertes Beispiel ist eine unautorisierte Offenlegung i. S. d. Official Secrets Act 1989318. In Miklaszewicz v. Stolt Offshore Ltd.319 wurde entschieden, dass es im Rahmen von Section 103A ERA unerheblich sei, ob eine Offenlegung vor dem Inkrafttreten des PIDA (also vor dem 2. Juli 1999) getätigt wurde, sofern die Kündigung nach dem Inkrafttreten erfolgt. Entsprechendes gilt für den Schutz nach Section 47B ERA320. Maßgeblich ist folglich nicht das Datum der Offenlegung, sondern das Datum der benachteiligenden Handlung.

Der Arbeitnehmer, dem tatsächlich infolge des Vaterschaftsurlaubs gekündigt wird, könnte sich zwar auf den besonderen Kündigungsschutz von Section 99 ERA berufen, unterläge jedoch der in Section 124 ERA festgelegten Schadenshöchstgrenze; vgl. Motraghi, S. 13 ff. 316 Vgl. Lewis, (1998) 27 ILJ, S. 325; Bowers/Lewis/Mitchell, (2000) 144 SJ, S. 176. 317 Section 43L Abs. 3 ERA. 318 Aufgrund des weitreichenden Geltungsbereichs des Official Secrets Act 1989 in den Bereichen der Sicherheit, der Verteidigung und der internationalen Beziehungen kommt es zu erheblichen Einschränkungen des PIDA, die vielfach kritisiert werden; vgl. Vickers, (2000) LS, S. 442 f. Das House of Lords stellte zwar in R v. Shayler ([2002] 2 All ER 477, HL) einen Verstoß des OSA 1989 gegen die in Art. 10 Abs. 1 EMRK gewährte Meinungsfreiheit fest. Dieser Verstoß sei jedoch gemäß Art. 10 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, der gewisse Freiheitsbeschränkungen vorsieht, u. a. „um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern“. Die grundrechtlichen Bestimmungen der EMRK wurden im Oktober 2000 mit Inkrafttreten des Human Rights Act 1998 in England geltendes Recht. Zum Whistleblowing vor dem Hintergrund der in Art. 10 EMRK geschützten Meinungsfreiheit, vgl. Hobby, S. 46 ff.; McColgan, S. 61 ff.; Bowers/Fodder/Lewis/Mitchell, S. 300 ff. 319 [2002] IRLR 344, Court of Session. Der Hinweis eines Arbeitnehmers im Jahr 1993 gegenüber dem Finanzamt, sein Arbeitgeber hätte ihn gezwungen, in den Status eines Selbständigen zu wechseln, führte zu einer Geldstrafe i. H. v. £ 3 Millionen für den Arbeitgeber und der anschließenden Kündigung des Arbeitnehmers. Sein neuer Arbeitgeber wurde im Jahr 1999 von seinem ehemaligen Arbeitgeber übernommen, was zu seiner erneuten Kündigung führte. Entgegen der Eingangsinstanz stellte das Gericht nicht auf die Offenlegung vor dem Inkrafttreten des PIDA (1993), sondern auf die benachteiligende Arbeitgeberhandlung nach dem Inkrafttreten der Schutzvorschrift (1999) ab mit der Folge, dass der Arbeitnehmer vom Schutzbereich des PIDA erfasst wurde. Der PIDA diene dem Schutz vor Benachteiligungen und eine gegensätzliche Entscheidung, insbesondere in der Anfangszeit des PIDA, hätte den Arbeitnehmern einen wichtigen Schutz genommen.

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II. Zukünftiges Fehlverhalten Hinweise können sowohl die Vergangenheit, die Gegenwart als auch die Zukunft betreffen (Section 43B Abs. 1 lit. a bis f ERA). In Bezug auf zukünftige Ereignisse muss ein Fehlverhalten wahrscheinlich (likely) sein. Die bloße Möglichkeit oder ein geringes Risiko sind nicht ausreichend. Die dem Whistleblower zur Verfügung stehenden Informationen müssen vielmehr zeigen, dass der Eintritt eines Fehlverhaltens wahrscheinlicher ist als der Nichteintritt (more probable than not)321. III. Versuchte Offenlegung Inwiefern der PIDA versuchte Offenlegungen schützt, ist weder gesetzlich geregelt noch bislang Gegenstand einer Gerichtsentscheidung gewesen. Eine (für England typische) am Wortlaut orientierte Auslegung käme zu dem Ergebnis, dass nur tatsächlich erfolgte Offenlegungen und keine bloßen Absichten oder Drohungen geschützt sind322. Aus diesem Grund plädieren Teile des Schriftums für eine Gesetzesänderung, die den Schutz in Anlehnung an die Diskriminierungsgesetze323 ausdrücklich auf das Vorbereitungs- und Versuchsstadium erstreckt, so dass Personen bereits geschützt wären, wenn der Arbeitgeber ihre Absicht, eine geschützte Handlung vorzunehmen, kennt oder vermutet324.

B. Sachlicher Geltungsbereich in den USA I. First Amendment Rechtsprechung In sachlicher Hinsicht ist der Schutzbereich des Ersten Zusatzartikels im Whistleblowingkontext eröffnet, sofern sich eine Äußerung auf eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse (public concern) bezieht. Das Tatbestandsmerkmal wird eng interpretiert und umfasst keine Themen, die lediglich eine persönliche Frage betreffen. So wurde in der Entscheidung Connick v. Myers325 der 320 Meteorological Office v. Edgar [2002] ICR 149, EAT. Diese Prinzipien wurden in Pinnington v. City and Council of Swansea [2005] ICR 685, CA bestätigt, es wurde jedoch kein relevantes Unterlassen des Arbeitgebers nach dem Inkrafttreten des PIDA festgestellt. 321 Vgl. Kraus v. Penna plc. [2004] IRLR 260, EAT; Harvey, DII [43]. 322 So auch Harvey, DII [35]. 323 Vgl. Section 4 Abs. 1 SDA 1975, Section 2 Abs. 1 RRA 1976, Section 55 Abs. 2 lit. b DDA 1995, Reg. 4 Abs. 1 EE(RB)R 2003, Reg. 4 Abs. 1 EE(SO)R 2003 und Reg. 4 Abs. 1 EE(A)R 2006. 324 Vgl. Lewis, (2005) 34 ILJ, S. 247 sowie Lewis/Homewood, (2004) 5 Web JCLI. 325 461 U.S. 138 (1983): Nachdem die Beamtin von ihrer geplanten Versetzung in Kenntnis gesetzt wurde, verteilte sie unter den Kollegen einen Fragebogen im Hinblick auf die interne Versetzungspolitik, den Bedarf an einem Beschwerdekomitee, das Ver-

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sachliche Geltungsbereich verneint, da die Beamtin nicht im öffentlichen Interesse, sondern aufgrund persönlicher Motive handelte326. Vereinzelt wird vertreten, dass die Beschränkung auf Themen von öffentlichem Interesse dem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf freie Rede zuwider laufe, da das Recht vom Meinungsbildungsprozess der Mehrheit abhänge327. Es ist jedoch zu beachten, dass es sich bei der Äußerungsfreiheit nicht um ein unbeschränktes Recht handelt, sondern dass sie mit den kollidierenden Interessen des Arbeitgebers und der Öffentlichkeit in Einklang zu bringen ist. Gerade um das Whistleblowing von persönlichen Arbeitsstreitigkeiten abzugrenzen, ist die Einbeziehung des öffentlichen Interesses sinnvoll328. Eine weitere Einschränkung wurde jüngst vom U.S. Supreme Court in Garcetti v. Ceballos329 mit einer knappen Mehrheit bestätigt. Arbeitnehmer können sich demnach bei Äußerungen im Zusammenhang mit ihren Dienstpflichten nicht auf den Ersten Zusatzartikel der Bundesverfassung berufen, obwohl sie dort mit der größten Wahrscheinlichkeit Kenntnis von Verfehlungen erlangen. Die Entscheidung verdeutlicht, dass die Äußerungsfreiheit nur begrenzten Schutz für Whistleblower bietet. Äußerungen sind ferner nicht geschützt, sofern sie die ordnungsgemäße Ausführung der dienstlichen Pflichten oder den regulären Dienstbetrieb des Arbeitgebers beeinträchtigen 330. II. False Claims Act Eine qui tam Klage i. S. d. FCA muss sich auf einen Betrug oder den Missbrauch öffentlicher Vermögenswerte beziehen. Während der Klagegegenstand unter den ursprünglichen Vorschriften auf bestimmte betrügerische Praktiken be-

trauen in die Vorgesetzten sowie eventuell verspürte Drucksituationen, in politischen Kampagnen mitzuwirken. 326 461 U.S. 138, S. 147. Im Minderheitsvotum (4:5) wurde die enge Definition des öffentlichen Interesses, die Fragen des Arbeitsverhältnisses pauschal ausklammere, kritisiert; 461 U.S. 138, S. 165 ff. 327 Massaro, 61 S. Cal. L. Rev. (1987), S. 31. 328 Der U.S. Supreme Court leitet den Whistleblowerschutz nicht aus dem individuellen Interpretationsansatz zum Ersten Zusatzartikel her, nach welchem die Meinungsfreiheit als Grundvoraussetzung persönlicher Autonomie und Selbstverwirklichung verstanden wird (sog. self-realization theory). Vielmehr kommt der kollektive Ansatz zum Vorschein, die Voraussetzungen für einen öffentlichen Diskurs zu sichern (sog. marketplace of ideas theory). Zu den Theorien Massaro, 61 S. Cal. L. Rev. (1987), S. 49 f. und S. 43 ff. 329 126 S. Ct. 1951 (2006): Ein Staatsanwalt wurde benachteiligt, nachdem er in seiner amtlichen Funktion Bedenken erhoben hatte, dass sich ein Kollege einen Durchsuchungsbefehl erschlichen hatte. Die Klage wurde mit der Begründung abgewiesen, die Verfassung schütze nicht vor Disziplinarmaßnahmen der Dienststelle, die auf Äußerungen im Rahmen der Tätigkeit basieren. 330 Vgl. Pickering v. Board of Education, 391 U.S. 563, S. 572 f. (1968).

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schränkt war331, ist infolge der Gesetzesänderung von 1986 nunmehr fast jedes unrechtmäßige Verhalten erfasst, welches finanzielle Verluste des Staates zur Folge hat332. Die die qui tam Regelung flankierende Schutzvorschrift des 31 USC § 3730(h) erstreckt sich nicht nur auf die Klageerhebung, sondern schützt auch Nachforschungen, Verfahrenseinleitungen, Zeugenaussagen oder andere Hilfestellungen in einer bereits erhobenen oder geplanten Klage. Seit jeher Gegenstand umfangreicher Diskussionen und eines der Kernelemente der beiden grundlegenden Gesetzesänderungen in den Jahren 1943333 und 1986334 ist die Frage, inwiefern es sich bei den der Klage zu Grunde liegenden Informationen um originäres Wissen handeln muss. Nach 31 USC § 3730(e) (4)(A) muss der qui tam Kläger einer bereits öffentlich bekannten Information deren Originalquelle (original source) sein, um dem Anwendungsbereich zu unterfallen335. Dies bedeutet, die Information muss auf direktem und unabhängigem Wissen des Klägers basieren und der Regierung freiwillig zur Verfügung gestellt werden, 31 USC § 3730(e)(4)(B). Das Wissen ist „direkt“, wenn es auf eigene Bemühungen zurückzuführen ist; es ist „unabhängig“, sofern es nicht auf öffentlich zugänglichen Informationen beruht336. Eine zunächst erfolgte Offen331 Vgl. United States v. McNinch, 356 U.S. 595, S. 599 (1958): „the False Claims Act was not designed to reach every kind of fraud practiced on the Government“. 332 Vgl. Harrison v. Westinghouse Savannah River Company, 176 F.3d 776, S. 788 (4th Cir. 1999): „The False Claims Act is intended to reach all types of fraud, without qualification, that might result in financial loss to the Government“. Zu den einzelnen false claims i. S. v. 31 USC § 3729(a) vgl. Boese, S. 2 ff. 333 1943 wurde der FCA infolge einer Reihe „parasitärer Klagen“ verschärft, so dass nur noch Klagen erlaubt waren, deren zu Grunde liegende Informationen der Regierung noch nicht bekannt waren. Ausschlaggebend war die Entscheidung in United States ex rel. Marcus v. Hess, 317 U.S. 537 (1943): Der Kläger hatte einem Strafverfahren Informationen für eine zivilrechtliche qui tam Klage entnommen, in welcher er gegen geheime Absprachen bei einer Ausschreibung zu Lasten des Staates vorging. Da das Gesetz keine Einschränkung vorsah, wurde der Klage stattgegeben, obwohl sie auf öffentlich zugängliche Informationen gestützt war. Vgl. Hargrove, 34 PCLJ (2004), S. 57 ff. 334 Im Jahr 1986 wurde die heutige Fassung eingeführt, nachdem qui tam Klagen aufgrund der Gesetzesänderung im Jahr 1943 stark zurückgegangen waren, wobei nicht nur die unerwünschten Klagen, sondern aufgrund der kompromisslosen Einschränkung auch „legitime Klagen“ abgewiesen wurden. So wurde beispielsweise eine qui tam Klage abgewiesen, da der Kläger – im Einklang mit bundesstaatlichen Regelungen – die zu Grunde liegenden Beweise zuvor der Bundesregierung offengelegt hatte. Da die Informationen folglich der Regierung bekannt waren, wurde die Klage abgewiesen, obwohl sie originär gerade aus den Händen des qui tam Klägers kamen (United States ex rel. Wisconsin v. Dean, 729 F.2d 1100 (7th Cir. 1984)). Vgl. Hargrove, 34 PCLJ (2004), S. 60 ff. 335 Neben der sog. public disclosure bar sieht das Gesetz drei weitere Einschränkungen in 31 USC § 3730(e)(1), (2) und (3) vor, die jedoch von untergeordneter Bedeutung sind. 336 United States ex rel. O’Keeffe v. Sverdup Corporation, 131 F.Supp.2d 87, S. 93 (D. Mass. 2001). Vgl. auch United States ex rel. Smith v. Yale University, 415 F.Supp.2d 58, S. 71 ff. (D. Conn. 2006) m.w. N.

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legung im Rahmen von Regierungs- und Verwaltungsausschüssen, Gutachten und Ermittlungen, aber auch gegenüber den Medien ist folglich unbeachtlich, sofern eine qui tam Klage auf originären Informationen beruht. Eine Klage ist erst dann vom Geltungsbereich ausgenommen, wenn das betrügerische Verhalten bereits bekannt war und der Kläger nicht die Originalquelle war. Dass die Einführung des original source Kriteriums im Jahr 1986 keine Rückwirkung entfaltet, wurde höchstrichterlich in Hughes Aircraft Company v. United States ex rel. Schumer337 unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile entschieden. Die qui tam Klage, die auf Informationen beruhte, die der Regierung bereits bekannt waren, wurde abgewiesen, wie es das geltende Recht 1982 – zum Zeitpunkt des beanstandeten Fehlverhaltens – verlangte. III. Whistleblower Protection Act Gemäß 5 USC § 2302(b)(8) werden Hinweise im Hinblick auf (i) illegale Handlungen (Gesetzes-, Regel- und Vorschriftsverstöße) sowie (ii) Misswirtschaft in großem Ausmaß (gross mismanagement), die erhebliche Verschwendung öffentlicher Mittel (gross waste), Amtsmissbrauch (abuse of authority) oder erhebliche und bestimmte Gefahren für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit (substantial and specific danger to public health or safety) geschützt. Es handelt sich um ein breites Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten, wobei die Einbeziehung unbestimmter Kriterien wie Misswirtschaft und Verschwendung öffentlicher Gelder eine Besonderheit ist und die notwendige Flexibilität sicherstellen soll. Bereits dem Gesetzeswortlaut lässt sich für bestimmte Tatbestandsmerkmale eine Erheblichkeitsschwelle entnehmen, die Bagatellstreitigkeiten entgegenwirken soll338. Die „Misswirtschaft in großem Ausmaß“ ist nicht lediglich eine fragwürdige Management-Entscheidung, sondern muss vielmehr ein Element der Unverfrorenheit aufweisen und eine erhebliche Gefahr für eine effektive Amtsausführung der Behörde bilden339. Als „erhebliche Verschwendung öffentlicher Mittel“ werden Ausgaben erachtet, die in keinem Verhältnis zu einem vernünftigen Nutzen für den Staat stehen340. Auch Gefahren für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit müssen erheblich und bestimmt sein341. Dabei ist es nicht erforderlich, dass eine Gefahr für die breite Öffentlichkeit besteht, bereits die

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520 U.S. 939 (1997). Whitaker, S. 4 f. 339 Vgl. Smith v. Department of the Army, 80 MSPR 311, S. 315 (1998). 340 Vgl. Smith v. Department of the Army, 80 MSPR 311, S. 315 (1998). 341 Die bloße Kritik am Umweltministerium, es würde sich nicht ausreichend für den Umweltschutz engagieren, wäre unbestimmt, wohingegen der Hinweis über ein unzulängliches Kühlsystem eines Atomreaktors die nötige Bestimmtheit aufweisen würde; vgl. Devine, 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 532 m.w. N. 338

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Bedrohung für eine begrenzte Zahl öffentlich Beschäftigter kann den Schutz auslösen342. Das Merkmal „Amtsmissbrauch“ enthält hingegen keine Beschränkung. Der sachliche Geltungsbereich wird darüber hinaus eingeschränkt, indem lediglich bislang unbekannte Informationen geschützt werden. 5 USC § 2302(b)(8) verlangt eine Offenlegung (disclosure) und damit eine Bekanntmachung oder Enthüllung. Auch erfordere der Sinn und Zweck des Gesetzes, dass es sich um der Öffentlichkeit bislang unbekannte oder zumindest nicht zugängliche Informationen handele343. Der WPA findet ferner keine Anwendung, wenn eine Offenlegung in den arbeitsvertraglichen Aufgabenbereich des Whistleblowers fällt344. Eine Pflicht zum Tätigwerden ergibt sich in diesem Fall bereits aus der vom Arbeitnehmer geschuldeten Treuepflicht und ist keine geschützte Offenlegung i. S. d. WPA345. Die Rechtsprechung wird kritisiert, da der gesetzgeberische Wille, „any disclosure“ zu schützen, ignoriert wird und viele Hinweise aus dem Anwendungsbereich genommen werden346. Die Problemstellung spiegelt in gewisser Hinsicht die Diskussion zur Zulässigkeit von qui tam Klagen durch öffentlich Bedienstete im Rahmen des FCA wider. Einer uneingeschränkten Anwendung des FCA wird zu Recht entgegen gehalten, dass die Aufgabe des öffentlich Bediensteten gerade darin bestehe, staatliche Mittel zu überwachen, und finanzielle Anreize im Konflikt mit der objektiven Aufgabenerfüllung stünden347. Das Argument, die Aufdeckung von Missständen falle regelmäßig in den Aufgabenbereich öffentlich Bediensteter, wird auch für eine Beschränkung des sachlichen Geltungsbereichs des WPA herangezogen. Es überzeugt in diesem Zusammenhang jedoch nicht. Denn der WPA stellt keine finanziellen Anreize in Aussicht, die einen möglichen Interessenkonflikt begründen könnten. Der sachliche Geltungsbereich des WPA sollte mithin auch diejenigen Offenlegungen erfassen, die in den arbeitsvertraglichen Aufgabenbereich des Whistleblowers fallen.

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Vgl. Wojcicki v. Department of the Air Force, 72 MSPR 628, S. 634 f. (1996). Vgl. Meuwissen v. Department of Interior, 234 F.3d 9, S. 12 f. (2000). 344 Willis v. Department of Agriculture, 141 F.3d 1139, S. 1144 (Fed. Cir. 1998). Ein Beamter aus dem Landwirtschaftsministerium, zu dessen Aufgabenbereich es gehörte, bei Landwirten die Einhaltung von Vorgaben seines Hauses zu überprüfen, konnte sich nicht auf den WPA berufen, nachdem er darauf hingewiesen hatte, dass sieben Landwirte diese Vorgaben nicht befolgten. 345 Vgl. Huffman v. Office of Personnel Management, 263 F.3d 1341 (Fed. Cir. 2001): „Extending the WPA’s protections [to assigned normal duties] would be inconsistent with the WPA’s recognition of the importance of fostering the performance of normal work obligations and subjecting employees to normal, non-retaliatory discipline“ (S. 1352) und „The WPA was established to protect employees who go above and beyond the call of duty and report infractions of law that are hidden“ (S. 1353). 346 Vgl. Government Accountability Project, WPA Amendments, S. 1 f.; Devine, 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 575 ff. 347 Vgl. oben § 5 B.II.1. 343

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IV. Sarbanes-Oxley Act 1. Gegenstand einer Offenlegung Um dem sachlichen Geltungsbereich von Section 806 SOX zu unterfallen, muss sich der Hinweis auf einen Verstoß (1) gegen 18 USC § 1341 (Frauds and swindles), § 1343 (Fraud by wire, radio, or television), § 1344 (Bank fraud) oder § 1348 (Securities fraud), (2) gegen Bestimmungen der Securities and Exchange Commission (SEC) oder (3) gegen ein Bundesgesetz zum Schutz vor Missbrauch zu Lasten der Aktionäre348 beziehen, 18 USC § 1514A(a)(1) und (2). Inhaltlich muss sich ein Hinweis mithin auf einen Missstand beziehen, der eine gewisse Relevanz zum Anlegerschutz aufweist und sich nachteilig auf Investitionen der Aktionäre auswirken könnte; erfasst werden demnach insbesondere Hinweise bezüglich finanz- und bilanztechnischer Unregelmäßigkeiten349. So wurde die Eröffnung des sachlichen Geltungsbereichs bei Hinweisen über technische Angelegenheiten350, illegale Abwasserentsorgung351 oder fehlerhafte Batterien352 verneint. Aber auch der Umkehrschluss, alle Vorschriften zum Aktionärsschutz seien automatisch erfasst, ist unzulässig. So wurde etwa ein Hinweis über die Verletzung genereller Buchführungsstandards (GAAP, GAAS und FFIEC) trotz übereinstimmender Zielsetzung mit den erfassten Bundesgesetzen nicht geschützt: Der SOX enthalte eine enumerative Aufzählung, in der die GAAP, GAAS und FFIEC Standards keine Erwähnung finden353. Auch Bedenken hinsichtlich der Befolgung unternehmensinterner Richtlinien sind vom Geltungsbereich ausgenommen, sofern das zu beanstandende Handeln oder Unterlassen nicht zeitgleich gegen die SEC Vorschriften oder die einschlägigen Bundesgesetze verstößt354.

348 Nach nunmehr ganz überwiegender Meinung bezieht sich der letzte Teilsatz („relating to fraud against shareholders“) lediglich auf Bundesgesetze und nicht auf die zwei ersten Punkte. Zum Streitstand und den maßgeblichen Argumenten vgl. Reyna v. ConAgra Foods, Inc., 2007 U.S. Dist. LEXIS 42112, S. 46 ff. (M.D. Ga. 2007). Die relevanten Bundesgesetze sind neben dem SOX insbesondere der Securities Act von 1933, der Securities and Exchange Act von 1934, der Public Utility Holding Company Act von 1935, der Trust Indenture Act von 1939, der Investment Company Act von 1940, der Investment Advisors Act von 1940 sowie der Securities Investor Protection Act von 1970 (sog. securities laws). 349 Delikat/Rosenberg, S. 41. 350 Stojicevic v. Arizona-American Water Co., 2004-SOX-73, S. 7 (ALJ v. 24.03. 2005). 351 Hopkins v. ATK Tactical Systems, 2004-SOX-19, S. 6 (ALJ v. 27.05.2004). 352 Tuttle v. Johnson Controls, Battery Divison, 2004-SOX-76, S. 3 f. (ALJ v. 03.01. 2005). 353 Welch v. Cardinal Bankshares Corp., 2005-ARB-64, S. 11 f. (ARB v. 31.05.2007), bestätigt in Welch v. Chao, 536 F.3d 269 (4th Cir. 2008). 354 Vgl. z. B. Reddy v. Medquist, Inc., 2004-ARB-123, S. 8 f. (ARB v. 30.09.2005) sowie Marshall v. Northrop Gruman Synoptics, 2005-SOX-8, S. 4 f. (ALJ v. 22.06. 2005): interne Fehlbuchungen zwischen Abteilungen und Verstöße gegen unterneh-

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Damit ein Hinweis dem Geltungsbereich unterfällt, muss er darüber hinaus bestimmt sein, d.h. er muss sich auf konkrete Bedenken bezüglich eines bestimmten Missstandes beziehen. Ein generelles Hinterfragen von Vorgängen ohne die Identifizierung spezieller Probleme ist unzureichend355. Der SOX schützt zudem nur rechtmäßiges Verhalten (any lawful act)356, so dass beispielsweise Offenlegungen von Geschäftsgeheimnissen nicht erfasst werden, sofern eine Güterabwägung einen Vertragsbruch und damit ihre Rechtswidrigkeit ergibt357. Auch ein Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten kann den Schutz ausschließen. Dies verdeutlicht ein Fall unter der zu Section 806 SOX vergleichbaren Vorschrift des Energy Reorganization Act, in dem einem Arbeitnehmer der Schutz versagt wurde, der potentielle Missstände während seiner Arbeitszeit untersuchte358. Ein Arbeitnehmer unterfällt folglich nicht schon deswegen dem Schutzbereich des SOX, weil sein Verhalten im Zusammenhang mit berechtigten Bedenken steht359. Darüber hinaus muss sich ein Hinweis zumindest dem Wortlaut nach auf eine bereits eingetretene Rechtsverletzung beziehen. Missstände, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Zukunft eintreten werden, fallen nicht unter den Schutzbereich. Ob hingegen auch solche Aktivitäten vom Schutzbereich ausgenommen sind, die zum Aufgabenbereich eines Arbeitnehmers gehören, ist strittig. Teilweise wird vertreten, dass die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Aufgaben kein geschütztes Verhalten darstelle360. Im Gegensatz dazu sprach sich der ALJ in mensinterne Ethikrichtlinien sind keine Gesetzesverstöße, so dass diesbezügliche Hinweise ungeschützt blieben. 355 Platone v. FLYi, Inc., 2004-ARB-154, S. 17 (ARB v. 29.09.2006). Vgl. auch Lerbs v. Buca Di Beppo, Inc., 2004-SOX-8, S. 14 (ALJ v. 15.06.2004): Allein die Auffassung des Kassenführers, die Buchhaltungsgepflogenheiten seines Vorgesetzten seien nicht richtig und missverständlich, sei als allgemeine Erkundigung („general inquiry“) nicht vom Schutzbereich erfasst. Ein geschützter Hinweis müsse sich auf spezifische Bedenken („particular concerns“) beziehen. 356 18 USC § 1514A(a). 357 So bereits Senator Leahy im Gesetzgebungsprozess; vgl. 148 Cong. Rec. S7420 (26. Juli 2002): Legislative History of Title VIII of HR 2673: The Sarbanes-Oxley Act of 2002. Auch dem Kopieren von vertraulichen Unternehmensdokumenten wurde unter Title VII (42 USC § 2000e-3(a)) und dem Age Discrimination in Employment Act (29 USC § 623) der Schutz versagt; vgl. Laughlin v. Metropolitan Washington Airports Authority, 149 F.3d 253, S. 258 ff. (4th Cir. 1998) bzw. O’Day v. McDonnell Douglas Helicopter Company, 79 F.3d 756, S. 763 f. (9th Cir. 1996). 358 Lockert v. United States Department of Labor, 867 F.2d 513, S. 519 (9th Cir. 1989) zum ERA. 359 American Nuclear Resources, Inc. v. U.S. Department of Labor, 134 F.3d 1292, S. 1295 (6th Cir. 1998) ebenfalls zum ERA. 360 Vgl. Grant v. Dominion East Ohio Gas, 2004-SOX-63, S. 40 (ALJ v. 10.03.2005); Robinson v. Morgan Stanley/Discover Financial Services, 2005-SOX-44, S. 117 f. (ALJ v. 26.03.2007); Delikat/Rosenberg, S. 43. Dieses Ergebnis entspricht den Auslegungsgrundsätzen unter der First Amendment Rechtsprechung (s. o. § 6 B.I.), dem FCA (s. o. § 5 B.II.1.) und dem WPA (s. o. § 6 B.III.).

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Deremer v. Gulfmark Offshore, Inc.361 gegen eine solch restriktive Auslegung aus. Dabei hob er den Unterschied zum FCA hervor, der aufgrund seiner finanziellen Anreize erhöhte Anforderungen an einen geschützten Hinweis erfordere und eine Beschränkung rechtfertige. Im Rahmen des SOX hingegen sei eine entsprechende Einschränkung (wie auch beim WPA362) nicht sachgerecht und weder vom Wortlaut noch vom gesetzgeberischen Willen vorgesehen. Section 806 SOX entfaltet keine Rückwirkung, sofern die Benachteiligung vor Inkrafttreten des SOX vorgenommen wurde363. Liegt der Hinweis jedoch vor Inkrafttreten und findet die Benachteiligung erst nach Inkrafttreten des SOX statt, wurde die Anwendbarkeit des SOX in Lerbs v. Buca di Beppo, Inc.364 bejaht. 2. Erheblichkeit Fraglich ist, ob die erhobenen Bedenken einer Erheblichkeitsschwelle unterliegen. Dem SOX selbst ist keine diesbezügliche Regelung zu entnehmen. Auch wenn sich die Rechtsprechung zu diesem Punkt noch nicht dezidiert geäußert hat, lassen einzelne Entscheidungen eine Tendenz zu einer differenzierten Betrachtung erkennen. Einerseits wurde ein Hinweis bezüglich einer unsachgemäßen Bilanzierung, die lediglich 0,008 Prozent des Jahresumsatzes ausmachte, als hinreichend erachtet, um dem Geltungsbereich des SOX zu unterfallen365. Auch ein Hinweis bezüglich der Manipulation interner Finanzdaten, die sich lediglich auf 0,0001 Prozent des Jahresumsatzes belief, wurde vom Gericht trotz der relativ geringen Größenordnung als geschützt angesehen366. Andererseits wurden Hinweise bezüglich individueller Diskriminierung367 oder zu geringer Lohnzahlungen368 aufgrund fehlender Erheblichkeit abgewiesen369. Unterschiede lassen sich nicht nur im Hinblick auf die absoluten Zahlen erkennen (US$ 300.000 im ersten Fall und lediglich US$ 300 im zuletzt genannten Fall). Die erstgenannten Fälle verdeutlichen zudem, dass es bei der Beurteilung des Anwendungsbereichs maß-

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2006-SOX-2, S. 57 ff. (ALJ v. 29.06.2007). Vgl. oben § 6 B.III. 363 Gilmore v. Parametric Technology Corp., 2003-SOX-1 (ALJ v. 6.02.2003); Kunkler v. Global Futures & Forex, Ltd., 2003-SOX-6 (ALJ v. 24.04.2003). 364 2004-SOX-8, S. 10 f. (ALJ v. 15.06.2004). 365 Henrich v. Ecolab, Inc., 2004-SOX-51, S. 8 f. (ALJ v. 23.11.2004). 366 Morefield v. Exelon Services, Inc. and Exelon Corp., 2004-SOX-2, S. 8 f. (ALJ v. 28.01.2004). 367 Harvey v. The Home Depot, Inc., 2004-SOX-20, S. 14 ff. (ALJ v. 28.05.2004). 368 Harvey v. Safeway, Inc., 2004-SOX-21, S. 30 ff. (ALJ v. 11.02.2005). 369 Vgl. Harvey v. The Home Depot, Inc., 2004-SOX-20, S. 15: „[Individual discrimination] does not reach that materiality threshold in terms of a corporation’s financial condition“. 362

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geblich darauf ankommt, dass die in Frage stehenden Sachverhalte einen Bezug zu der im SOX geregelten Materie aufweisen. An dem erforderlichen Bezug fehlte es in den letztgenannten Fällen. Die Gerichte erwogen jedoch, den Anwendungsbereich zu eröffnen, wenn sich der Hinweis auf einen systematischen Missstand im Unternehmen beziehe und dieser eine Sammelklage (class action) mit weitreichenden finanziellen Folgen für die Aktionäre befürchten ließe370. 3. Versuchte Offenlegung Weder Gesetzgeber noch Rechtsprechung setzten sich (bislang) damit auseinander, ob Arbeitnehmer, die lediglich mit einer Offenlegung drohen oder kurz vor einer Offenlegung stehen (sog. embryonic whistleblower371), vom Schutzbereich erfasst sind. Zum Teil wird in der Literatur vertreten, dass der SOX Vorschriften ähnelt, unter denen auch der Versuch und die Drohung einer Offenlegung geschützt wird, so dass eine entsprechende Auslegung auch unter dem SOX zu erwarten sei372. Bei den angeführten Vorschriften (Energy Reorganization Act373 und Whistleblowers’ Protection Act von Michigan374) handelt es sich jedoch nicht um vergleichbare Gesetzestexte. Die Vorschriften schützen Arbeitnehmer, die im Begriff sind („[are] about to“), eine geschützte Handlung vorzunehmen. Der SOX hingegen schützt Handlungen im Rahmen von Ermittlungen, die bereits begonnen haben oder im Begriff sind, eingeleitet zu werden („about to be“)375. Der zeitliche Moment bezieht sich bei den vermeintlichen Vergleichsvorschriften auf die geschützte Offenlegung, bei dem SOX hingegen auf die Ermittlungen. Mangels Vergleichbarkeit verfängt diese Argumentation nicht und es bleibt eine Auslegung der Vorschrift seitens der Gerichte abzuwarten.

370

Harvey v. The Home Depot, Inc., 2004-SOX-20, S. 15; Harvey v. Safeway, Inc.,

S. 32. 371

Zum Begriff „embrionales Whistleblowing“ Westman/Modesitt, S. 23. So Kohn/Kohn/Colapinto, S. 85 mit Hinweisen auf Macktal v. United States Department of Labor, 171 F.3d 323, S. 329 (5th Cir. 1999) zum ERA und Shallal v. Catholic Social Services of Wayne County, 566 N.W.2d 571, S. 575 (Mich. 1997) zum Whistleblowers’ Protection Act von Michigan, wobei beide Klagen letztendlich am Kausalitätserfordernis scheiterten. 373 42 USC § 5851(a)(1): „No employer may discharge any employee [. . .] because the employee [. . .] (E) testified or is about to testify [. . .] or; (F) assisted or participated or is about to assist or participate“. 374 Mich. Comp. Laws § 15.362: „An employer shall not discharge [. . .] an employee [. . .] because the employee [. . .] reports or is about to report, verbally or in writing, a violation or a suspected violation“. 375 18 USC § 1514A(a)(2): „to file, cause to be filed, testify, participate in, or otherwise assist in a proceeding filed or about to be filed [. . .]“. 372

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

4. Irrige Annahme und Verdacht des Arbeitgebers Inwiefern Beschäftigte geschützt sind, von denen der Arbeitgeber lediglich vermutet oder irrtümlich annimmt, dass der Arbeitnehmer einen geschützten Hinweis getätigt hat, wurde weder gesetzlich noch bislang richterlich entschieden. Ein Blick auf vergleichbare Regelungen lässt jedoch vermuten, dass sich der Schutz auch auf diese Konstellation erstreckt376. Für das Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers ist es unerheblich, ob er tatsächlich einen geschützten Hinweis erhoben hat, der Arbeitgeber dies lediglich vermutet oder fälschlicherweise von einem solchen ausgeht. V. Einzelstaatliches Recht 1. Public-policy-Einwand Der sachliche Geltungsbereich des public-policy-Einwands ist eröffnet, sofern eine Benachteiligung gegen die wesentlichen Rechtsgrundsätze des jeweiligen Einzelstaates verstößt. Eine einheitliche Definition des unbestimmten Rechtsbegriffs der public policy besteht nicht377. Weitgehend Einigkeit besteht dahingehend, dass der public-policy-Einwand Hinweise schützt, die auf Gesetzesverstöße aufmerksam machen. Teilweise werden zudem auch Hinweise erfasst, die sich auf – zwar nicht rechtswidrige – aber schwerwiegende moralische und ethische Missstände beziehen378. In manchen Staaten (z. B. in Illinois) wurde versucht, eine allgemeingültige Definition zu etablieren379, wohingegen sich andere Staaten (etwa Tennessee) für eine klare Richtungsweisung durch den Gesetzgeber aussprechen380. Wieder andere Staaten (etwa Maryland) orientieren sich an den gesetzlichen Vorgaben und ziehen den public-policy-Einwand nur als Ergänzung grundlegender, gesetzlich anerkannter Prinzipien heran381. Einigkeit besteht je376 Vgl. z. B. Reich v. Hoy Shoe Company, Inc., 32 F.3d 361, S. 368 (8th Cir. 1994) zum OSH Act (29 USC § 660(c)) oder Brock v. Richardson, 812 F.2d 121, S. 123 ff. (3th Cir. 1987) zum Fair Labor Standards Act (29 USC § 215(a)(3)). 377 Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 591. 378 Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 594 m.w. N. 379 Palmateer v. International Harvester Company, 421 N.E.2d 876, S. 878 f. (Ill. 1981): „[P]ublic policy concerns what is right and just and what affects the citizens of the State collectively. It is to be found in the State’s constitution and statutes and, when they are silent, in its judicial decisions. [A] matter must strike at the heart of a citizen’s social rights, duties, and responsibilities before the tort will be allowed“. Im Minderheitsvotum wurde die weite Definition als zu umfangreich kritisiert; vgl. S. 881 ff. 380 Watson v. Cleveland Chair Company, 789 S.W.2d 538, S. 540 (Tenn. 1989); jüngst zitiert in Guy v. Mutual of Omaha Insurance Company, 2001 Tenn. App. LEXIS 132, S. 21 (2001). Als Folge der Entscheidung in Watson aus dem Jahr 1989 hat der Gesetzgeber von Tennessee im Jahr 1990 den Public Protection Act (auch bekannt als Tennessee Whistleblower Act) erlassen. 381 Vgl. Sears, Roebuck and Co. v. Wholey, 779 A.2d 408, S. 412 (2001).

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denfalls darin, dass ein Interesse der Öffentlichkeit an der Aufklärung des Falles und der Durchsetzung der Rechtsordnung bestehen muss. Rein private Interessenkonflikte werden nicht erfasst382. 2. Einzelstaatliches Gesetzesrecht Einzelstaatliche Vorschriften schützen regelmäßig Hinweise, die sich auf Verstöße gegen bundes- und einzelstaatliches Verfassungs- und einfaches Recht beziehen383. In einigen Staaten beschränkt sich der Schutz auf Gesetzesverletzungen mit konkreter Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Gesundheit384. Andere Staaten erstrecken den Schutz auf Verordnungen und behördliche Vorschriften385. Hinweise bezüglich unethischen oder unmoralischen Verhaltens oder der Verletzung innerbetrieblicher Regelungen sind dagegen in der Regel nicht geschützt386. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass Schutzvorschriften im öffentlichen Sektor oftmals weiter gehen und auch Hinweise bezüglich der Verschwendung öffentlicher Gelder und Fälle von Missmanagement erfassen. Diese Missstände gehen stets zu Lasten der Steuerzahler und ihre Aufdeckung ist folglich im öffentlichen Interesse. Entsprechende Vorschriften in der Privatwirtschaft gelten dagegen als unangemessener Eingriff in die Unternehmensautonomie387. In einigen Staaten wird das Fehlverhalten von Kollegen – und in New

382 Vgl. Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 598 f. m.w. N. sowie Dahl v. Combined Insurance Company, 621 N.W.2d 163, S. 167 (S.D. 2001) und Gower v. IKON Office Solutions, Inc., 155 F.Supp.2d 1268, S. 1272 (D. Kan. 2001). 383 Neben allgemeinen Vorschriften gibt es zahlreiche Annexregelungen, die den Schutz auf bestimmte Industriezweige oder Themengebiete beschränken; Westman/ Modesitt, S. 78. Für eine umfassende Auflistung: Vaughn, 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 582 f. 384 So N.Y. Labor Law § 740(2)(a). 385 Vgl. Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 555 f. mit umfassenden Nachweisen einschlägiger Vorschriften sowie Callahan/Dworkin, 38 Am. Bus. L.J. (2000), S. 113 f. mit einer thematischen Auflistung der verschiedenen Schutzvorschriften. 386 Callahan/Dworkin, 38 Am. Bus. L.J. (2000), S. 106. So verstoße ein Hinweis bezüglich unzulässiger Lohnabzüge für Ferngespräche lediglich gegen interne Geschäftspraktiken und blieb ungeschützt (Donahue v. Schwegman, Lundberg, Woessner & Kluth, P.A., 586 N.W.2d 811 [1998]). Geschützt wurde dagegen ein Hinweis eines Polizisten, der als Leiter eines Untersuchungsausschusses Bedenken über die Verletzung behördlicher Regeln und die Unmöglichkeit, seine Pflichten gewissenhaft zu erbringen, erhob (Henry v. City of Detroit, 594 N.W.2d 107 [Mich. Ct. App. 1999]). 387 Vgl. Westman/Modesitt, S. 80 und S. 87; Callahan/Dworkin, 38 Am. Bus. L.J. (2000), S. 119 f. Die Differenzierung tritt besonders deutlich in der Schutzvorschrift von Connecticut hervor; vgl. Conn. Gen. Stat. § 31-51m(b): „No employer shall discharge [. . .] any employee because the employee [. . .] reports [. . .] a violation or a suspected violation of any state or federal law or regulation [. . .]. No municipal employer shall discharge [. . .] any employee because the employee [. . .] reports [. . .] to a public body concerning the unethical practices, mismanagement or abuse of authority by such employer“.

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

Jersey sogar das Fehlverhalten von Vertragspartnern388 – gesetzlich als potentieller Gegenstand einer Offenlegung anerkannt389. In manchen Staaten wird ein entsprechendes Schutzniveau durch die Gerichte begründet390. Inwiefern Arbeitnehmer geschützt werden, die noch keine Informationen offengelegt haben, aber dies vorhaben (embryonic whistleblower), wird unterschiedlich behandelt. Während in vielen Einzelstaaten keine dahingehenden Regelungen bestehen, haben einige Einzelstaaten Vorschriften erlassen, die auch Personen schützen, die kurz vor einer Offenlegung stehen („is about to report“ 391) oder mit einer Offenlegung drohen („threatens to disclose“ 392).

C. Vergleichende Gegenüberstellung In England erstreckt sich der sachliche Geltungsbereich auf alle in Section 43B Abs. 1 ERA genannten Bereiche. Die Vorschrift ist, auch ohne die Flexibilität eines Generaltatbestandes, sehr weit gefasst. Insbesondere die extensive Auslegung von Section 43B Abs. 1 lit. b ERA (any legal obligation) ermöglicht Hinweise bezüglich der Verletzung von gesetzlichen, vertraglichen, verwaltungsrechtlichen und common law Pflichten. Das erforderliche öffentliche Interesse umfasst sogar die Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten, die lediglich Auswirkungen auf einzelne Arbeitnehmer haben. Auch nach der amerikanischen First Amendment Rechtsprechung und dem public-policy-Einwand wird ein öffentliches Interesse gefordert. Im Gegensatz zur englischen Regelung wird es jedoch enger interpretiert, so dass der Schutzbereich weder persönliche Belange noch individuelle Vertragsverletzungen umfasst. Der unterschiedliche Schutzumfang der beiden amerikanischen Schutzinstrumente untereinander erklärt sich aus den verschiedenen Schutzzwecken. Während der Erste Zusatzartikel das Recht auf freie Rede schützt, stellt der public-policy-Einwand vornehmlich auf eine effektive Rechtsdurchsetzung ab. So werden (allgemein-)politische Äußerungen zwar nicht von dem public-policy-Einwand erfasst, gehören dagegen zu dem Kernbereich des First Amendment Schutzes. Oftmals ist der sachliche Geltungsbereich U.S.-amerikanischer Schutzinstrumente auf spezifisches Fehlverhalten beschränkt, während der PIDA umfassend anwendbar ist. 388

N.J. Stat. § 34:19-3(a). So in Ohio (Ohio Rev. Code § 4113.52(A)(3)). 390 So in Michigan (Dudewicz v. Norris-Schmid, Inc., 503 N.W.2d 645, S. 647 ff. [Mich. 1993]) und New Jersey (Higgins v. Pascack Valley Hospital, 730 A.2d 327 [N.J. 1999]). 391 Vgl. Hawaii (Haw. Rev. Stat. § 378-62(1)), Michigan (Mich. Comp. Laws § 15.362) und Rhode Island (R.I. Gen. Laws § 28-50-3(1)). Zur Auslegung und Beweislastverteilung vgl. auch Shallal v. Catholic Social Services of Wayne County, 566 N.W.2d 571, S. 575 (Mich. 1997). 392 Vgl. Florida (Fla. Stat. § 448.102(1)), Louisiana (La. Rev. Stat. § 23:967(A)(1)), New Jersey (N.J. Stat. § 34:19-3(a)) und New York (New York Labor Law § 740(2)(a)). 389

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Der Geltungsbereich des SOX umfasst bilanzielle Unregelmäßigkeiten, die in England nicht explizit erfasst werden. Entsprechende Hinweise können jedoch regelmäßig unter eine der Kategorien von Section 43B Abs. 1 ERA als Straftaten (wie Betrug oder Diebstahl) oder Pflichtverletzungen (wie falsche Rechnungslegung) subsumiert werden. Problematischer und weitestgehend von der Interpretation der Gerichte abhängig ist der Schutz von Hinweisen über Missmanagement, Verschwendung oder Machtmissbrauch. In den USA schützen der WPA und verschiedene einzelstaatliche Schutzvorschriften entsprechende Hinweise, so dass die Gerichte über ein flexibles Konzept zur Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe verfügen. Der PIDA enthält dagegen keine ausdrückliche Regelung, die Hinweise bezüglich Missmanagement, Verschwendung oder Machtmissbrauch schützt. In Betracht kommt jedoch eine weite Auslegung von Section 43B Abs. 1 lit. b ERA, die es ermöglicht, grobes Missmanagement als Bruch der duty of mutual trust and confidence oder Machtmissbrauch als Verletzung der duty to act reasonably and comply with natural justice zu klassifizieren393. Eine zusätzliche Erweiterung erfährt der sachliche Anwendungsbereich in England durch das Fehlen einer Erheblichkeitsschwelle, die in den USA hingegen nicht unüblich ist. Im Ergebnis bedingt eine weite Auslegung von Section 43B Abs. 1 ERA, dass das Schutzniveau in England nicht notwendigerweise hinter dem des SOX zurückbleibt. Der PIDA schützt Hinweise über Missstände in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Demgegenüber beziehen sich die meisten amerikanischen Gesetze, darunter der SOX, dem Wortlaut nach lediglich auf bereits eingetretene Rechtsverletzungen. Zwar ist bislang keine Rechtsprechung zu dieser Problematik unter dem SOX ergangen, im Einklang mit vergleichbaren Vorschriften ist jedoch eine Begrenzung auf bereits eingetretene oder begonnene Missstände zu erwarten. Auch im Hinblick auf die Originalität eines Hinweises geht der Schutz des PIDA über die amerikanischen Regelungen hinaus. So wird in England gesetzlich klargestellt, dass eine Offenlegung auch dann gegeben ist, wenn der Adressat bereits Kenntnis von dem Missstand hat. Im Gegensatz dazu fordert der amerikanische FCA im Rahmen des original source Kriteriums, dass bereits bekannte Informationen ursprünglich vom Whistleblower stammen. Dies ist vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Rechtsfolgen (arbeitsrechtlicher Schutz im Gegensatz zur zusätzlichen finanziellen Belohnung) auch zweckmäßig. Auch unter dem WPA sind jedoch nur solche Hinweise geschützt, die sich auf noch nicht bekannte Informationen beziehen. Diese Beschränkung ist mit Blick auf die Rechtsfolgen, die nur den arbeitsrechtlichen Schutz und keine finanziellen Anreize vorsehen, nicht erforderlich. 393 Vgl. Motraghi, S. 12; Vickers, (2000) LS, S. 434 f.; dies. (2002), S. 156, die Section 43B Abs. 1 lit. b ERA als „de facto catch-all provision“ ansieht, jedoch das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung im Gesetz bemängelt.

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

In England und den USA werden zudem Hinweise unterschiedlich behandelt, die im Zusammenhang mit den Dienstpflichten oder der arbeitsvertraglichen Aufgabenerfüllung getätigt werden. In England wird zwischen den Hinweisen nicht differenziert, so dass es unerheblich ist, ob ein Missstand im Rahmen der vertraglichen Aufgabenerfüllung entdeckt wird394. Im Gegensatz dazu wird in den USA der Schutz in solchen Konstellationen regelmäßig versagt. Eine solche Beschränkung des sachlichen Geltungsbereichs (zumindest auf ein abgestuftes Verfahren oder ein Erlaubnisverfahren) ist bei qui tam Klagen unter dem amerikanischen FCA zweckmäßig. Aufgrund der erheblichen finanziellen Anreize von bis zu 30 Prozent der erzielten Klagesumme und der damit einhergehenden Möglichkeit von Interessenkonflikten ist ein geschützter Hinweis unter dem FCA deutlich von der normalen Aufgabenerfüllung abzugrenzen. Demgegenüber ist es im Rahmen der anderen Schutzgesetze, die keine finanziellen Anreize vorsehen, unangemessen und es bildet eine unverhältnismäßige Verkürzung des Rechtsschutzes, Hinweisen generell den Schutz zu versagen, die sich auf im Rahmen der vertraglichen Aufgabenerfüllung entdeckte Missstände beziehen. Aufgrund der dem U.S.-amerikanischen Arbeitsrecht zu Grunde liegenden employment-atwill-Doktrin ist ein solcher Schutz vielmehr erforderlich. Der Schutz von Offenlegungen im Vorbereitungs- und Versuchsstadium sowie bei Drohungen einer Offenlegung ist zwar in einigen U.S.-amerikanischen Einzelstaaten gesetzlich vorgesehen, jedoch weder in England noch in den USA grundsätzlich gegeben. In beiden Ländern kommt es zudem nach dem Inkrafttreten neuer Schutzvorschriften regelmäßig nicht auf den Zeitpunkt der Offenlegung seitens des Whistleblowers, sondern maßgeblich auf die Benachteiligung seitens des Arbeitgebers an, die sich im Einklang mit dem generellen Rückwirkungsverbot nach dem Inkrafttreten des jeweiligen Gesetzes ereignen muss. Der Vergleich der U.S.-amerikanischen Schutzinstrumente untereinander verdeutlicht das unterschiedliche Schutzniveau der verschiedenen Vorschriften. Im Gegensatz zu den Schutzvorschriften im privaten Sektor, die regelmäßig auf eng umgrenzte Themengebiete beschränkt sind395, zeichnen sich die Whistleblowervorschriften im öffentlichen Sektor (wie etwa der WPA) zunächst durch einen umfassenden sachlichen Anwendungsbereich aus und begrenzen ihn sodann durch zahlreiche Ausnahmen. Ein weiterer Unterschied zum privaten Sektor bil394 Vgl. Fernandes v. Netcom Consultants (UK) Ltd. (unveröffentlichter Fall aus dem Jahr 2000 [Case 2200060/00]): Ein geschützter Hinweis lag vor, als ein Arbeitnehmer, der für die Spesenabrechnung der Führungskräfte zuständig war, die Abrechnungen eines Geschäftsführers rügte. 395 Vgl. neben dem SOX, der auf Verstöße gegen SEC Vorschriften und einschlägige Bundesgesetze mit Bezug zum Anlegerschutz beschränkt ist, auch die zahlreichen Annexregelungen, wie im Federal Mine Safety and Health Act (30 USC § 815(c) – Bergbauindustrie), Energy Reorganization Act (42 USC § 5851 – Atomindustrie), Railroad Safety Authorization Act (49 USC § 20109 – Bahnindustrie) sowie im Longshore and Harbor Workers’ Compensation Act (33 USC § 948a – Hafenindustrie).

§ 7 Adressaten der Offenlegung

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det die Einbeziehung von Hinweisen im Hinblick auf Missmanagement, Amtsmissbrauch und die Verschwendung öffentlicher Gelder. Entsprechende Vorschriften sind nicht nur im WPA, sondern auch auf einzelstaatlicher Ebene zu finden. Der unterschiedliche Schutz zwischen privatem und öffentlichem Sektor begründet sich darin, dass ineffektives Handeln im öffentlichen Sektor zu Lasten der Steuerzahler geht, während es den Unternehmen freisteht, ineffektiv zu wirtschaften.

§ 7 Adressaten der Offenlegung A. Adressaten der Offenlegung in England Eine geschützte Offenlegung (protected disclosure) i. S. v. Section 43A ERA setzt neben einer qualifizierten Offenlegung i. S. v. Section 43B ERA voraus, dass ein Hinweis gegenüber einem Adressaten i. S. v. Sections 43C bis 43H ERA erfolgt. Diese Vorschriften enthalten als wesentliches Charakeristikum ein Stufenverhältnis zwischen internen (internal), behördlichen (regulatory) und weitgehenderen (wider) Offenlegungen. Je weiter sich der Whistleblower vom Arbeitgeber als Adressaten entfernt, desto strengere Anforderungen werden an eine Offenlegung gestellt. Das interne (und behördliche) Whistleblowing wird privilegiert, der Schutz steht jedoch auch demjenigen zu, der als letztes Mittel an die Öffentlichkeit geht396. Ein Hinweis kann sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen397, wohingegen in privaten Konversationen kommunizierte Bedenken nicht geschützt werden398. Die Adressaten einer Offenlegung unterliegen als solche keiner Handlungspflicht. Doch kommt eine straf- und/oder zivilrechtliche Haftung für schuldhaftes Unterlassen in Frage. I. Stufenverhältnis gem. Sections 43C bis 43H ERA Sections 43C bis 43H ERA sehen sechs verschiedene Adressaten vor. Die ersten vier Varianten betreffen interne Hinweise (insbesondere gegenüber dem Arbeitgeber) sowie Hinweise an Behörden, in deren Zuständigkeitsbereich das betreffende Fehlverhalten fällt. Die Privilegierung interner und behördlicher Offenlegungen soll sicherstellen, dass die Hinweise eine Person erreichen, die schnell 396 Vgl. auch Fairness at Work, Punkt 3.3: „[The PIDA] will encourage resolution of concerns through proper workplace procedures, but it will protect those who, in the last resort, have to go public.“ 397 Kraus v. Penna plc. [2004] IRLR 260, EAT. 398 Douglas v. Birmingham City Council [2003] All ER (D) 329 (Jul), EAT. Eine Lehrerin hatte Bedenken hinsichtlich der Chancengleichheit an ihrer Schule gegenüber einer Kollegin geäußert, sowie eine formale Beschwerde beim Schulrat eingereicht. Die formale Beschwerde wurde als geschützter Hinweis gewertet, das „vertrauliche Gespräch zwischen Kollegen“ dagegen nicht.

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

und effektiv handeln kann. Des Weiteren werden durch interne Hinweise negative Schlagzeilen und damit verbundene Konsequenzen für die Organisation, wie Reputationsschäden, weitgehend vermieden. Schließlich liegt ein interner Hinweis auch im Interesse des Whistleblowers, da die Hemmschwelle im Vergleich zu externen Offenlegungen in der Regel geringer ist399. Es wird jedoch Fälle geben, in denen sich die privilegierte Offenlegung als unangemessen erweist (z. B. bei dringenden Gefahren oder einer Verdunkelungsgefahr). Diese Situation wird von Sections 43G und 43H ERA erfasst, die es dem Whistleblower erlauben, sich unmittelbar an die Öffentlichkeit zu wenden. Die sechs Varianten stehen alternativ zueinander, so dass es nicht erforderlich ist, dass ein Whistleblower zunächst das interne Verfahren durchläuft, bevor er sich an die Öffentlichkeit wendet, sofern die jeweiligen Voraussetzungen für eine externe Offenlegung erfüllt sind. 1. Section 43C ERA (Disclosure to employer or other responsible person) Gemäß Section 43C Abs. 1 lit. a ERA ist ein Hinweis geschützt, der in good faith400 an den Arbeitgeber erfolgt. Entsprechendes gilt gemäß Section 43C Abs. 1 lit. b ERA für einen Hinweis gegenüber einer anderen Person, sofern der Beschäftigte einen vernünftigen Grund zur Annahme hat (reasonably believes), dass das relevante Fehlverhalten allein oder überwiegend auf diese Person oder auf ein bestimmtes Ereignis, für welches diese Person die rechtliche Verantwortung trägt, zurückzuführen ist. Diese Alternative wurde insbesondere für Leiharbeiter und abgeordnete Beschäftigte (secondments) konzipiert401, so dass auch ein Mitarbeiter, der vorübergehend in einem Entleiher- oder Kundenbetrieb tätig ist, Bedenken in diesem Betrieb erheben kann. Eine entsprechende Offenlegung bildet einen geschützten Hinweis, schützt jedoch nur vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen seitens des Arbeitgebers, nicht hingegen vor nachteiliger Behandlung in dem Entleiher- bzw. Kundenbetrieb402. Gemäß Section 43C Abs. 2 ERA sind darüber hinaus Hinweise gegenüber Personen geschützt, die der Arbeitgeber in einem Meldesystem als legitime Adressaten autorisiert403. 2. Section 43D ERA (Disclosure to legal adviser) Section 43D ERA erstreckt den Schutz auf Mitteilungen, die im Rahmen einer Rechtsberatung durch Rechtsanwälte erfolgen. Nur in dieser Variante wurde auf 399

Vgl. Camp, (1999) 149 NLJ, S. 47; Lewis/Bowers, (1999) 149 NLJ, S. 1379. Zum good faith Kriterium unten § 8 A.II.1. 401 Smail, (2002) 152 NLJ, S. 367. 402 Mansfield, (1999) 149 NLJ, S. 1658; kritisch Lewis, (1998) 27 ILJ, S. 328, der eine entsprechende Erweiterung von Section 47B ERA als unproblematisch erachtet. 403 Vgl. Eleady-Cole v. The Brothers of Charity Services Merseyside [2002] All ER (D) 198 (Mar), EAT (vertrauliche vom Arbeitgeber geschaltete Telefonhotline). 400

§ 7 Adressaten der Offenlegung

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das good faith Kriterium verzichtet. Section 43B Abs. 4 ERA stellt in diesem Zusammenhang klar, dass ein Rechtsberater hinsichtlich der im Rahmen der rechtlichen Beratung erlangten Informationen der beruflichen Schweigepflicht unterliegt und – beruhend auf diesen Informationen – keinen geschützten Hinweis erheben kann. Zu beachten ist ferner, dass die rechtliche Beratung durch Gewerkschaften nur dann Section 43D ERA unterfällt, wenn sie von Juristen vorgenommen wird404. 3. Section 43E ERA (Disclosure to Minister of the Crown) Section 43E ERA schützt Offenlegungen, die in good faith an einen Minister (Minister of the Crown bzw. Member of the Scottish Executive) erfolgen, sofern Arbeitgeber oder dessen Beschäftigte (z. B. Richter) von einem Minister ernannt werden. 4. Section 43F ERA (Disclosure to prescribed person) Section 43F Abs. 1 ERA schützt Offenlegungen, die in good faith gegenüber Stellen erfolgen, die vom Secretary of State405 in einer Verordnung benannt werden. Gemäß Section 43F Abs. 1 lit. b ERA muss ein vernünftiger Grund (reasonable belief) zur Annahme bestehen, dass (i) das relevante Fehlverhalten in den Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Stelle fällt und (ii) die Informationen im Wesentlichen wahrheitsgemäß (substanially true) sind. Die letztgenannte Voraussetzung in Section 43F Abs. 1 lit. b (ii) ERA soll einer Überlastung der vorgesehenen Stellen durch Beweise vom Hörensagen entgegenwirken406. Eine Beschränkung auf schwerwiegendes Fehlverhalten ist dagegen nicht vorgesehen. Gestützt auf die Ermächtigungsgrundlage von Section 43F Abs. 2 ERA hat das Secretary of State die Public Interest Disclosure (Prescribed Persons) Order 1999407 erlassen, die ursprünglich 38, mittlerweile 50 Anlaufstellen benennt und 404 Der Dachverband der Gewerkschaften (Trades Union Congress [TUC]) schlug vor, nicht nur die Beratung durch Rechtsanwälte, sondern auch die Beratung durch anderweitig fachlich qualifizierte Personen von Section 43D ERA zu erfassen mit dem Ziel, eine Beratung von (nicht juristischen) Gewerkschaftsvertretern einzubeziehen. Der Vorschlag erfuhr im Parlament jedoch keine Zustimmung, da Gewerkschaftsvertreter keiner Verschwiegenheitspflicht unterliegen; vgl. Frieze/Jennings, S. 125. 405 Die Ministerien in England stehen grundsätzlich unter der Leitung eines Secretary of State. Eine Ausnahme bildet das Finanzministerium, welchem der Chancellor of the Exchequer vorsteht. Theoretisch gesehen gibt es jedoch nur ein Amt des Secretary of State und Gesetze verweisen stets auf den Singular, auch wenn das Amt in der Praxis zwischen verschiedenen Personen aufgeteilt ist. 406 Lewis/Spencer, S. 18. 407 SI 1999/1549. Erweitert durch die Public Interest Disclosure (Prescribed Persons) (Amendment) Order 2003 (SI 2003/1993).

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

deren Verantwortungsbereiche präzisiert. Bei den Anlaufstellen handelt es sich in der Regel um gesetzlich verankerte Aufsichtsbehörden in spezifischen Industriesektoren. Die abschließende Aufzählung umfasst unter anderem die Health and Safety Executive408, den Data Protection Registrar, die Finanzaufsicht Financial Services Authority sowie Finanzämter409. Eine Beratung über die Zuständigkeit der jeweiligen Stellen steht nicht zur Verfügung; auch besteht keine Verpflichtung der Adressaten, den Whistleblower bei Unzuständigkeit an die für ihn zuständige Stelle zu verweisen410. Trotz der weitreichenden Aufzählung werden weder die Polizei noch Gewerkschaften als eine zuständige Stelle i. S. d. Verordnung qualifiziert. Entgegen entsprechender Vorschläge wurden auch Vertrauenspersonen im Arbeitsschutz (health and safety representatives) nicht in die Verordnung aufgenommen, so dass Offenlegungen gegenüber einem Arbeitsschutzvertreter nur nach Section 44 Abs. 1 lit. e und Section 100 Abs. 1 lit. e ERA geschützt sind. Diese erlauben es dem Arbeitnehmer (nicht dem worker), in Fällen ernsthafter und drohender Gefahren geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen411 und mithin den Arbeitsschutzvertreter zu informieren. Im Gegensatz zu diesen strengen Anforderungen erfasst die Verordnung externe Hinweise gegenüber der Health and Safety Executive bereits dann, wenn sie die Sicherheit und Gesundheit von Personen betreffen können. Die weiten Möglichkeiten externen Whistleblowings bilden für Arbeitgeber zusätzliche Anreize, interne Meldesysteme einzuführen, damit die Beschäftigten ihre Bedenken zunächst intern erheben412. 5. Section 43G ERA (Disclosure in other cases) Im Gegensatz zu den internen wie behördlichen Offenlegungen werden erhöhte Anforderungen an weitgehendere Offenlegungen nach Section 43G ERA gestellt. Zunächst muss eine der drei in Section 43G Abs. 1 lit. d i.V. m. Abs. 2 408 Die Regierungsbehörde Health and Safety Executive, die für die Sicherheit und Ermittlungen von Unfällen am Arbeitsplatz zuständig ist, wurde unter dem Health and Safety at Work etc. Act 1974 gegründet und berichtet der Health and Safety Commission. 409 Stets werden Erweiterungen diskutiert, so z. B. die Einbeziehung von Gewerkschaften (Lewis/Homewood, (2004) 5 Web JCLI), dem General Medical Council (Vickers (2002), S. 163; Shipman Inquiry, S. 339 f.) oder der Healthcare Commission (Shipman Inquiry, S. 339 f.). 410 Kritisch Lewis, (2001) 30 ILJ, S. 192. 411 In der Konsultationsphase hatte sich die Regierung noch für die Einbeziehung von Arbeitsschutzvertretern ausgesprochen mit dem Ziel, die durch Sections 44 und 100 ERA entstandenen Schutzlücken im persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich zu schließen; so Ian McCartney, damaliger Wirtschaftsminister und starker Befürworter des Gesetzes, in der Ausschusssitzung zum Public Interest Disclosure Bill, Standing Committee D (11. März 1998). 412 Craig, (1999) 32 Emp. L.B., S. 2.

§ 7 Adressaten der Offenlegung

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ERA genannten Voraussetzungen erfüllt sein: (a) der Whistleblower hat einen berechtigen Grund zur Annahme, dass eine interne oder behördliche Meldung zu einer Benachteiligung führt (Abs. 2 lit. a), (b) der Whistleblower hat die angemessene Befürchtung, dass bei einer internen Meldung Beweismaterial vernichtet wird (Abs. 2 lit. b), oder (c) der Whistleblower hat bereits einen internen oder behördlichen Hinweis getätigt (Abs. 2 lit. c). Im Falle einer vorherigen Offenlegung nach Abs. 2 lit. c müssen die späteren mit den ursprünglichen Informationen im Wesentlichen (substantially) übereinstimmen, jedoch nicht identisch sein. Section 43G Abs. 4 ERA stellt in diesem Zusammenhang klar, dass das Kriterium auch erfüllt ist, wenn die spätere Offenlegung Tatsachen einbezieht, die sich in der Zwischenzeit ereignet haben. Liegt eine der drei Voraussetzungen vor, müssen die übrigen Voraussetzungen von Section 43 Abs. 1 ERA erfüllt sein: (a) die Offenlegung muss in good faith erfolgen (Abs. 1 lit. a), (b) der Whisteblower hat einen vernünftigen Grund (reasonable belief) zur Annahme, dass die offengelegte Information im Wesentlichen wahr ist (Abs. 1 lit. b)413, (c) die Offenlegung gereicht ihm zu keinem persönlichen Vorteil (Abs. 1 lit. c)414 und (d) eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung fällt zugunsten des Whistleblowers aus (Abs. 1 lit. e i.V. m. Abs. 3). Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind insbesondere die folgenden Faktoren einzubeziehen: (a) die Identität des Adressaten415, (b) die Schwere des Verstoßes, (c) die Kontinuität oder Wiederholungsgefahr des Fehlverhaltens sowie (d) die Verletzung möglicher Vertrauenspflichten, die der Arbeitgeber Dritten schuldet416. Im Falle einer vorangegangenen (internen oder behördlichen) Meldung i. S. v. Abs. 2 lit. c sind ferner die Maßnahmen einzubeziehen, die von den Adressaten zur Behebung des Missstandes getroffen wurden oder in angemessener Weise erwartet werden konnten (Abs. 3 lit. e). Im Falle einer internen Meldung ist ferner die Befolgung organisationsinterner Verfahren einzubeziehen (Abs. 3 lit. f). Der letzte Punkt verdeutlicht die große Bedeutung, die der Gesetzgeber internen Verhaltens- und Verfahrensregeln für das Whistleblowing zumisst417. Zwar verpflichtet der PIDA nicht, interne Meldesysteme zu installieren, bietet aufgrund ihrer Berücksichtigung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung jedoch erhebliche Anreize. Während sich externes Whistleblowing i. S. v. Section 413 Zur Abgrenzung zwischen dem good faith und dem reasonable belief Kriterium unten § 8 A.II.1.a). 414 Zum personal gain Kriterium unten § 8 A.II.2. 415 Offenlegungen gegenüber einem Gewerkschaftsvertreter, einem Priester oder der Polizei werden als angemessener beurteilt als Hinweise an die Presse; Harvey, DII [82]. 416 Dieser Punkt verdeutlicht, dass die Interessen unbeteiligter Dritter in Betracht zu ziehen sind. In der parlamentarischen Debatte wurde das Beispiel erörtert, dass der im guten Glauben erhobene falsche Hinweis einer Arzthelferin ein nicht rückgängig zu machendes Eindringen in die Privatsphäre eines Patienten darstellen könne; vgl. Harvey, DII [82]. 417 Smith/Wood’s, S. 182.

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

43G ERA in Abwesenheit interner Systeme eher rechtfertigen lässt, werden beim Bestehen organisationsinterner Meldesysteme höhere Anforderungen an externes Whistleblowing gestellt. 6. Section 43H ERA (Disclosure of exceptionally serious failure) Bei besonders gravierenden Missständen (exceptionally serious failures) gestattet Section 43H ERA eine unmittelbare Offenlegung gegenüber der Öffentlichkeit. Der Gesetzgeber hat bewusst auf eine (abschließende oder beispielhafte) Aufzählung besonders schwerwiegender Missstände verzichtet, so dass die widerstreitenden Interessen im Einzelfall gegeneinander abzuwägen sind. Dabei gilt es zu berücksichtigen, ob die Angelegenheit so schwerwiegend ist, dass eine Meldung an die Öffentlichkeit das Arbeitgeberinteresse an einer internen Offenlegung überwiegt418. Der Verzicht auf eine beispielhafte Nennung schwerwiegender Missstände gewährt die notwendige Flexibilität, geht jedoch zu Lasten der Rechtssicherheit419. In Übereinstimmung mit Section 43G Abs. 1 ERA wird gem. Section 43H Abs. 1 eine Offenlegung in good faith, reasonable belief und bei fehlendem Gewinnstreben geschützt420. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Section 43H Abs. 1 lit. e i.V. m. Abs. 2 ERA ist insbesondere die Identität des Adressaten zu berücksichtigen. Demzufolge wird es regelmäßig schwer fallen, die Angemessenheit eines Hinweises an die Presse (im Gegensatz zu Hinweisen gegenüber der Polizei oder Abgeordneten) zu begründen421. II. Zusammenfassung Das Spektrum möglicher Adressaten umfasst neben organisationsinternen Adressaten u. a. Behörden, Gewerkschaften, Polizei, Abgeordnete, Verbraucherorganisationen sowie die Medien. Der Schutz internen Whistleblowings ist „virtually automatic“ 422 und auch an Offenlegungen gegenüber Behörden nach Section 43F ERA werden vergleichsweise geringe Voraussetzungen geknüpft. Im Gegensatz dazu greifen Offenlegungen i. S. v. Sections 43G und 43H ERA wesentlich intensiver in den Rechtskreis des Arbeitgebers ein und bedürfen daher einer erhöhten Rechtfertigung. Das Stufenverhältnis des nach internen, behördlichen und weitgehenderen Offenlegungen differenzierenden Schutzsystems unterstreicht die Priviligierung interner und behördlicher Hinweise, ermöglicht jedoch 418 419 420 421 422

Harvey, DII [87]. Vgl. Vickers, (2000) LS, S. 441 sowie Lewis/Homewood, (2004) 5 Web JCLI. Section 43H Abs. 1 lit. a, b und c. Mansfield, (1999) 149 NLJ, S. 1659. Vickers, (2000) LS, S. 436.

§ 7 Adressaten der Offenlegung

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als letztes Mittel auch adäquaten Schutz für externes Whistleblowing423. In der dadurch vorgenommenen Differenzierung kommt der Grundgedanke des Whistleblowings zum Ausdruck, die gegenläufigen Interessen der Beschäftigten, Arbeitgeber und der Öffentlichkeit untereinander abzustimmen. Obwohl mit der Einführung des PIDA keine Kodifizierung des common law beabsichtigt war, spiegelt das Stufenverhältnis die unter dem common law entwickelten Grundsätze im Hinblick auf die möglichen Adressaten einer Offenlegung wider. Bereits Lord Denning unterstrich in Initial Services Ltd. v. Putterill, dass Hinweise nur an Personen mit angemessenem Empfangsinteresse zu richten sind, akzeptierte jedoch, dass auch Hinweise an die Presse gerechtfertigt sein können424. Auch das House of Lords hob in Attorney-General v. Guardian Newspapers Ltd. (No. 2) hervor, dass dem öffentlichen Interesse am Besten durch eine begrenzte Offenlegung gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde gedient wäre, da diese verpflichtet ist, vertrauliche Informationen nicht zu missbrauchen und sie nur im Rahmen ihrer Ermittlungen zu nutzen425. Insgesamt war die Ausgestaltung des Stufenverhältnisses eine der größten Herausforderungen beim Erlass des PIDA. Zwar wird die differenzierende Ausgestaltung als wesentliches Charakteristikum und gelungener Interessenausgleich angesehen, bedingt jedoch in gewissem Maße eine Unübersichtlichkeit, die für den juristischen Laien nur schwer zu durchdringen ist426.

B. Adressaten der Offenlegung in den USA Bereits unter dem NLRA von 1935 ist eine richtungsweisende Entscheidung zur Interpretation der möglichen Adressaten eines Hinweises ergangen427. Während 29 USC § 158(a)(4) dem Wortlaut nach lediglich die Klageerhebung und die Zeugenaussage vor dem National Labor Relations Board (NLRB) schützt, legte der U.S. Supreme Court die Vorschrift in National Labor Relations Board v. Scrivener428 dahingehend aus, dass auch ein schriftlicher Hinweis eines Arbeitnehmers gegenüber einem staatlichen Prüfer geschützt sei429. Diese weite, über den

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Lewis/Bowers, (1999) 149 NLJ, S. 1379. [1967] 3 All ER 145, S. 148. 425 [1988] 3 All ER 545, S. 648. 426 Vickers, (2000) LS, S. 441 kritisiert die komplexe Struktur des PIDA mit den unterschiedlichen Anforderungen für die verschiedenen Adressaten und sieht darin eine zusätzliche Abschreckung für potentielle Whistleblower. 427 Kohn/Kohn, S. 92. 428 405 U.S. 117 (1972). 429 Vgl. NLRB v. Scrivener, 405 U.S. 117, S. 123 f.: „It would make less than complete sense to protect the employee because he participates in the formal inception of the process (by filing a charge) [. . .], but not to protect his participation in the important developmental stages that fall between these two points in time“. 424

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Wortlaut hinausgehende Interpretation des Adressatenkreises prägte die gerichtliche Interpretation von Whistleblowervorschriften grundlegend430. I. First Amendment Rechtsprechung Die First Amendment Rechtsprechung privilegiert im Einklang mit dem kollektiven Interpretationsansatz externe Hinweise, um einen öffentlichen Diskurs durch das Recht auf freie Rede zu gewährleisten. Es wird überwiegend davon ausgegangen, dass ein interner Hinweis nicht auf die persönliche Meinungsbekundung, sondern auf die Verfolgung persönlicher Anliegen gerichtet ist und folglich nicht in der Rolle des Bürgers, sondern in der Rolle des Arbeitnehmers getätigt wird. Ein externer Hinweis (auch gegenüber den Medien) ist dagegen ein Zeichen für einen allgemeinen Belang und das Auftreten des Whistleblowers als besorgter Bürger, der eine öffentliche Debatte anregen möchte431. Ferner können interne Meldungen leichter zu Verdunkelungsmaßnahmen, Untätigkeit sowie Vergeltungsmaßnahmen führen, so dass eine Aufklärung und effektive Beseitigung des Missstandes am besten durch unmittelbare Kontaktaufnahme mit den zuständigen Behörden gewährleistet ist. Trotz der deutlichen Privilegierung externer Hinweise wurde in Givhan v. Western Line Consolidated School District432 unter Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils anerkannt, dass auch nicht öffentlich geäußerte Bedenken (gegenüber Mitarbeitern oder Vorgesetzten) unter den Schutzbereich fallen können. Die der First Amendment Rechtsprechung zu Grunde liegenden Wertungen zum Adressatenkreis verdeutlichen, dass im U.S.amerikanischen Whistleblowerrecht nicht die Loyalitätspflichten, sondern das Recht auf freie Rede, die Aufdeckung von Missständen sowie die effektive Rechtsdurchsetzung im Vordergrund stehen433. II. False Claims Act Im Gegensatz zur qui tam Klage, die notwendigerweise eine Klageerhebung erfordert, erstreckt sich der Whistleblowerschutz nach 31 USC § 3730(h) auch 430 Vgl. z. B. Phillips v. Interior Board of Mine Operations Appeals, 500 F.2d 772, S. 779 (D.C. Cir. 1974) zum Federal Mine Safety Act: Während vom Wortlaut lediglich externe Offenlegungen gegenüber Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden erfasst werden, wurden interne Hinweise als notwendiges Vorstadium anerkannt und dem Schutzbereich ebenfalls unterstellt. Vgl. auch Clean Harbors Environmental Services, Inc. v. Herman, 146 F.3d 12, S. 19 ff. (1st Cir. 1998) zum STAA sowie Passaic Valley Sewerage Commissioners v. U.S. Department of Labor, 992 F.2d 474, S. 480 (3rd Cir. 1993) zum Clean Water Act. 431 Massaro, 61 S. Cal. L. Rev. (1987), S. 22 f. m.w. N. 432 439 U.S. 410, S. 415 f. (1979). 433 So auch Callahan/Dworkin/Lewis, 44 VJIL (2004), S. 891. Vgl. auch die Definition von Devine, S. 74: „[A whistleblower is] an employee who exercises free speech rights to challenge abuses of power that betray the public trust“.

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auf Ermittlungen, Zeugenaussagen oder anderweitige Unterstützung in einer erhobenen oder zu erhebenden qui tam Klage. Das geschützte Verhalten hat folglich gegenüber den Gerichten oder zuständigen Ermittlungsbehörden zu erfolgen, so dass interne Hinweise nicht unter dem FCA geschützt sind. III. Whistleblower Protection Act Der WPA unterscheidet zwischen generellen Offenlegungen, die keinen spezifischen Adressaten benennen434, und Offenlegungen gegenüber dem Special Counsel, dem Inspector General einer Behörde oder einer vom Leiter der Behörde ermächtigten Person435. Ein genereller, d.h. nicht auf einen Adressatenkreis begrenzter Hinweis ist geschützt, sofern eine Offenlegung nicht ausdrücklich durch Gesetz verboten ist oder im Rahmen einer Durchführungsverordnung (Executive Order) ausdrücklich die Geheimhaltung angeordnet wurde. Bei einer Offenlegung gegenüber den spezifizierten Adressaten ist eine entsprechende Beschränkung nicht vorgesehen, so dass Offenlegungen uneingeschränkt möglich sind. IV. Sarbanes-Oxley Act 1. Adressaten i. S. v. Section 806 SOX Ein Whistleblower kann seine Bedenken unter dem SOX alternativ gegenüber einer Bundesaufsichts- oder Strafverfolgungsbehörde (18 USC § 1514A(a) (1)(A)), einem Kongressabgeordneten oder -komitee (§ 1514A(a)(1)(B)) oder unternehmensintern (18 USC § 1514A(a)(1)(C)) äußern. Zu den Bundesaufsichtsund Strafverfolgungsbehörden gehören vor allem die SEC, die Staatsanwaltschaft, das Bundesjustizministerium sowie andere Regierungsbehörden, die an der Regulierung börsennotierter Unternehmen beteiligt sind (wie das Public Company Accounting Oversight Board [PCAOB436])437. Intern können sich Beschäftigte an eine Person mit Weisungsmacht wenden (in aller Regel also den Vorgesetzten) oder an Personen, die vom Arbeitgeber mit Kontroll- und Ermitt434

5 USC § 2302(b)(8)(A). 5 USC § 2302(b)(8)(B). 436 Das PCAOB wurde durch den SOX gegründet mit dem Ziel, Anleger zu schützen und zur Förderung des Gemeinwohls das Verhalten von Wirtschaftsprüfern zu überwachen. Es unterliegt der Aufsicht der SEC und hat u. a. die Aufgabe, Wirtschaftsprüfer zu registrieren sowie Berufsregeln und -standards zu setzen, an welche der SOX gewisse Mindestanforderungen stellt. 437 Viele Behörden operieren kostenlose Hotlines und stellen Online-Formulare und Faxnummern für Hinweise zur Verfügung; so z. B. das SEC Center for Complaints and Enforcement Tips oder das PCAOB Center for Enforcement Tips, Complaints and other Information. 435

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

lungsbefugnissen ausgestattet wurden. Dazu zählen vor allem Prüfungsausschüsse, einzelne Prüfer, die Rechtsabteilung, die Geschäftsführung sowie Ombudspersonen. Es ist nicht erforderlich, vor einem externen Hinweis zunächst interne Kommunikationswege zu durchlaufen. Im Gesetz werden sogar die externen vor den internen Adressaten genannt, was zwar keinen Rückschluss auf eine Privilegierung externer Hinweise zulässt, zumindest aber gegen eine Privilegierung interner Hinweise spricht. 2. Besonderheit von Section 301 Abs. 4 SOX: Anonymität Section 301 SOX438 verpflichtet alle in den USA börsennotierte Unternehmen, einen Prüfungsausschuss (Audit Committee) mit unabhängigem Personal einzurichten439. Dieser ist wiederum zur Errichtung eines unternehmensinternen Meldesystems verpflichtet, das sämtlichen Mitarbeitern ermöglicht, fragwürdige Buchungs- und Bilanzierungsangelegenheiten (accounting, internal accounting controls, or auditing matters) zu melden440. Dabei muss den Mitarbeitern nicht nur Vertraulichkeit, sondern nach ihrem Wunsch auch Anonymität gewährt werden441. Der amerikanische Bundesgesetzgeber hat damit – trotz der bestehenden Bedenken442 – erstmalig die Möglichkeit anonymer Hinweise gesetzlich verankert. Die Regelung spiegelt die in den USA verbreitete Ansicht wieder, das anonyme Whistleblowing zur Förderung von Hinweisen zu schützen.

V. Einzelstaatliches Recht 1. Public-policy-Einwand Wie bei der First Amendment Rechtsprechung werden bei dem public-policyEinwand externe Hinweise gegenüber Rechtsverfolgungs- und Rechtsdurchsetzungsbehörden privilegiert443. Denn dem Ziel, im Widerspruch zur public policy stehende Missstände zu beheben, wird nach Ansicht der Gerichte nur durch externe Hinweise Rechnung getragen, die eine effektive Rechtsdurchsetzung sicher-

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Kodifiziert in 15 USC § 78j-1(m) als Ergänzung zu Section 10A SEA von 1934. 15 USC § 78j-1(m)(2) und (3). Umfassend Kersting, ZIP 2003, S. 2010 ff. 440 15 USC § 78j-1(m)(4). 441 15 USC § 78j-1(m)(4)(B). 442 Zu den Bedenken und Problemen des anonymen Whistleblowings unten § 11 B.IV.2. 443 Vgl. Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 599 ff.; Callahan/Dworkin, 29 Am. Bus. L.J. (1991), S. 289; Westman/Modesitt, S. 143. Nur vereinzelt wird darüber hinaus auch internes Whistleblowing geschützt. So werden z. B. in Arizona Hinweise erfasst, die gegenüber der organisatorischen Leitungsebene erfolgen, vgl. Murcott v. Best Western International, Inc., 9 P.3d 1088, S. 1097 f. (Ariz. Ct. App. 2000). 439

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stellen und eine darüber hinausgehende Abschreckungswirkung enthalten444. Interne Hinweise deuten dagegen nach Auffassung der Gerichte auf Individualarbeitsstreitigkeiten, die gerade nicht erfasst werden sollen445. 2. Einzelstaatliches Gesetzesrecht Auf der einzelstaatlichen Ebene spiegelt sich die Bandbreite verschiedener Lösungsansätze wieder446. Die größte Flexibiltät bieten Vorschriften, die von vornherein alternative Adressaten vorsehen und dem Whistleblower die Wahl zwischen internen und externen Hinweisen lassen447. Manche Gesetze beschränken den Schutzbereich auf Hinweise gegenüber den zuständigen Kontrollinstanzen oder gegenüber öffentlichen Stellen448. Andere Vorschriften fordern vor einem externen zunächst einen internen Hinweis449, damit dem Arbeitgeber eine Korrektur ermöglicht wird und Rufschädigungen vermieden werden können450. In aller Regel beinhalten diese Vorschriften einen Ausnahmetatbestand, der eine sofortige externe Meldung bei Verdunkelungs- oder Gesundheitsgefahren gestattet451. Nur vereinzelt treffen die Schutzvorschriften keine Regelung bezüglich der Adressaten452. Trotz der weitreichenden Unterschiede verbieten oder beschrän-

444 Vgl. z. B. Faust v. Ryder Commercial Leasing & Services, 954 S.W.2d 383, S. 391 ff. (Mo. Ct. App. 1997); Fox v. MCI Communications Corp., 931 P.2d 857, S. 861 (Utah 1997). 445 Kritisch zur Privilegierung externen Whistleblowings Callahan/Dworkin, 29 Am. Bus. L.J. (1991), insbesondere S. 295 ff. Auch sozialpsychologische Untersuchungen würden eine Privilegierung internen Whistleblowings unterstützen; Callahan/Dworkin, 29 Am. Bus. L.J. (1991), S. 303 f. m.w. N. 446 Umfassend Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 570 ff. Zur Entwicklung Callahan/Dworkin, 29 Am. Bus. L.J. (1991), S. 275 ff. 447 So z. B. in Hawaii (Haw. Rev. Stat. § 378-62(1)), Minnesota (Minn. Stat. § 181.932(1)(a)), New Jersey (N.J. Stat. § 34:19-3(a)), North Dakota (N.D. Cent. Code, § 34-01-20(1)(a)) und Rhode Island (R.I. Gen. Laws § 28-50-3(1) und (4)). 448 So z. B. in Connecticut (Conn. Gen. Stat. § 31-51m(b)), Delaware (29 Del. C. § 5115(b)), Michigan (Mich. Stat. § 15.362) und Texas (Tex. Gov’t Code § 554.002). Insbesondere in Schutzvorschriften, die sich auf ein spezifisches Thema oder einen bestimmten Industriezweig beschränken, werden auserwählte Personen oder Behörden als Adressaten benannt. 449 So z. B. in Florida (Fla. Stat. § 448.102(1)), New Jersey (N.J. Stat. § 34:19-4) und New York (New York Labor Law § 740(3)). Ohio differenziert dagegen nach der Art des Hinweises: Während Straftaten direkt gegenüber der zuständigen Stelle zu melden sind, müssen andere Gesetzesverletzungen zunächst intern beanstandet werden, Ohio Rev. Code § 4113.52(A). 450 Vgl. z. B. Potomac Systems Engineering, Inc. v. Deering, 683 So.2d 180, S. 182 (Fla. Dist. Ct. App. 1996). 451 So z. B. in Maine (26 Me. Rev. Stat. § 833(2)), New Jersey (N.J. Stat. § 34:19-4) und New Hampshire (N.H. Rev. Stat. 275-E:2(2)). 452 So z. B. in Montana (Mont. Code § 39-2-904(1)(a)) und Tennessee (Tenn. Code § 50-1-304(a)).

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

ken fast alle Gesetze eine Offenlegung gegenüber den Medien453. Insgesamt verdeutlichen die verschiedenen Lösungsansätze die unterschiedliche Gewichtung der einzelstaatlichen Gesetzgeber. Auf der einen Seite soll den Organisationen die Möglichkeit gegeben werden, Missstände intern zu beheben. Auf der anderen Seite sollen die zuständigen Behörden (mit Ermittlungs- und Verfolgungskompetenzen) alsbald involviert werden, damit interne Verschleierungen verhindert und die notwendigen Schritte einer effektiven Rechtsverfolgung eingeleitet werden können. Die meisten Einzelstaaten kennen keine Regelung im Hinblick auf die Vertraulichkeit oder die Anonymität der Whistlebloweridentität. Dies überrascht jedoch wenig, da die meisten Gesetze lediglich eine Schutzvorschrift enthalten und Organisationen gerade nicht die Einrichtung von Meldevorrichtungen vorschreiben, die entsprechende Modalitäten regeln könnten. Ausnahmen bestehen in Minnesota454 und Washington455, wo die Identität des Whistleblowers grundsätzlich vertraulich zu behandeln ist. Der Schutz anonymer Hinweise ist auf einzelstaatlicher Ebene dagegen nicht gesetzlich verankert. Von dem Grundsatz, dass sowohl schriftliche als auch mündliche Hinweise geschützt werden456, machen nur wenige Einzelstaaten eine Ausnahme457.

C. Vergleichende Gegenüberstellung Der Ausgleich der widerstreitenden Interessen von Arbeitgeber, Beschäftigten und der Öffentlichkeit ist im gesamten Whistleblowingrecht, insbesondere jedoch im Rahmen der Adressaten von Bedeutung. Je mehr Personen (insbesondere auch extern) von einem Missstand erfahren, desto intensiver wird in den Rechtskreis

453 Vgl. Callahan/Dworkin/Lewis, 44 VJIL (2004), S. 893 m.w. N. Kritisch Callahan/Dworkin, 32 Am. Bus. L.J. (1994), S. 151 ff., die in der Gefahr vor medialer Aufmerksamkeit (Auswirkungen auf Umsatz, Bonität und Ansehen) ein wirksames Abschreckmittel sehen und sich für entsprechende Schutzvorschriften aussprechen. 454 Die Identität ist nur preiszugeben, sofern es für die Strafverfolgung erforderlich ist; auch in diesem Fall ist der Arbeitnehmer jedoch zuvor zu informieren, Minn. Stat. § 181.932(2). 455 Vgl. Rev. Code Wash. § 42.40.040. 456 So z. B. in Delaware (29 Del. C. § 5115(b)), Hawaii (Haw. Rev. Stat. § 37862(1)), Michigan (Mich. Stat. § 15.362) und North Carolina (N.C. Gen. Stat. § 12684(a)). 457 In Florida (Fla. Stat. § 448.102(1)) und New Jersey (N.J. Stat. § 34:19-4) wird z. B. ein schriftlicher Hinweis gegenüber dem Arbeitgeber gefordert, bevor ein Hinweis an die zuständige Behörde zulässig ist. In Ohio wird auch ein mündlicher Hinweis gegenüber dem Arbeitgeber geschützt, während externe Hinweise schriftlich erfolgen müssen, Ohio Rev. Code § 4113.52(A)(1)(a). Bei bestimmten Straftaten ist dagegen von vornherein ein mündlicher oder schriftlicher Hinweis an die zuständige Behörde möglich; Ohio Rev. Code § 4113.52(A)(2).

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des Arbeitgebers eingegriffen. Eine Beschränkung auf interne Hinweise dagegen würde dem gesamten Konzept die Wirksamkeit nehmen. Die unterschiedlichen Ansätze in England und den USA sind Ausdruck des jeweiligen soziokulturellen Wertesystems der beiden Länder. Sowohl in England als auch in den USA existieren keine Regelungen, die den Schutz auf internes Whistleblowing beschränken. Damit wurde dem Aspekt Rechnung getragen, dass zumindest als letztes Mittel eine externe Offenlegung möglich sein muss, um z. B. Verdunkelungsmöglichkeiten durch den Arbeitgeber entgegenzuwirken oder Gefahren für die Öffentlichkeit abzuwenden. Darüber hinaus würde eine Beschränkung auf interne Hinweise einschüchternd auf potentielle Whistleblower wirken. Die meisten Schutzinstrumente sehen daher eine Kombination interner und externer Hinweise vor, wobei sie regelmäßig entweder internes oder externes Whistleblowing bevorzugen. Das englische System beruht auf einem detaillierten Stufenverhältnis mit unterschiedlichen Voraussetzungen für die jeweiligen Adressaten. Neben einem umfassenden Schutz für internes und behördliches Whistleblowing werden an weitergehendes Whistleblowing erhöhte Anforderungen gestellt. Damit wird dem Arbeitgeberinteresse an internen Hinweisen Rechnung getragen, gleichzeitig aber auch dem Bedürfnis nach neutralen externen Anlaufstellen nachgekommen. Im Gegensatz dazu vefolgt das amerikanische Recht verschiedene Ansätze. Zum einen existieren mit der First Amendment Rechtsprechung, dem public-policy-Einwand sowie dem FCA Schutzinstrumente, die externes Whistleblowing privilegieren. Die Regelungen bezwecken, die zuständigen Aufsichtsbehörden alsbald zu beteiligen, damit der primäre Gesetzeszweck – das öffentliche Interesse an einer effektiven Rechtsverfolgung und Rechtsdurchsetzung – erreicht werden kann. Zum anderen existieren auf einzelstaatlicher Ebene Vorschriften, die vor einem externen Hinweis eine interne Offenlegung erfordern. Keine Unterscheidung in den Voraussetzungen trifft hingegen der SOX, der Hinweise gegenüber dem Arbeitgeber, einer Aufsichtsbehörde oder dem Kongress gleichermaßen schützt. Wie der PIDA erlaubt der SOX folglich von Anfang an das externe Whistleblowing, sieht jedoch im Gegensatz zum PIDA kein Stufenverhältnis vor. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass die Anforderungen in England erst bei weiter gehenden Offenlegungen nach Section 43G und 43H ERA erheblich zunehmen. Die im SOX vorgesehenen Adressaten würden allesamt den ersten vier Kategorien des PIDA (interne und behördliche Offenlegungen) unterfallen und wären somit auch in England nicht an die strengen Voraussetzungen geknüpft. Bezüglich der Adressaten ähneln sich die beiden Gesetze folglich, wobei der Schutzbereich des PIDA aufgrund der Möglichkeit weitgehenderer Offenlegungen großzügiger gestaltet ist. In den USA besteht zumindest theoretisch ein umfassenderer Schutz für externes Whistleblowing. Dies spiegelt die historische Entwicklung des Whistle-

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blowerrechts wider, nämlich die Entstehung der Schutzvorschriften als „Nebenprodukt“ einer effektiven Rechtsdurchsetzung. Damit einhergehend werden externe Hinweise in den USA oftmals nur geschützt, wenn sie gegenüber öffentlichen Stellen mit Aufsichts- und Kontrollfunktionen erfolgen. Im Gegensatz zum amerikanischen Ansatz unterstreicht die Privilegierung interner Hinweise in England die Bedeutung der Loyalitäts- und Verschwiegenheitspflichten, von denen das englische Whistleblowingrecht maßgeblich geprägt ist. Das Whistleblowing gegenüber den Medien ist in England nach Sections 43G und 43H ERA geschützt, wobei deren strenge Voraussetzungen verdeutlichen, dass das mediale Whistleblowing nur als letztes Mittel vorgesehen ist. In den USA werden Hinweise gegenüber den Medien hingegen großzügiger gehandhabt, wobei der Schutz auf Bundesebene grundsätzlich weiter reicht als in den Einzelstaaten. Eine Ausnahme bildet der SOX, dessen enumerative Adressatenaufzählung sich nicht auf die Medien erstreckt. Demgegenüber sieht der WPA – zumindest im Rahmen nicht sensibler Daten – keine bestimmten Adressaten vor, so dass eine Offenlegung auch gegenüber der Presse erfolgen kann. Auch der FCA gesteht dem Whistleblower, der sich zunächst an die Presse wendet, im Fall einer späteren Klageerhebung sowohl die vorgesehenen finanziellen Anreize als auch den Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen zu. Im Rahmen der First Amendment Rechtsprechung werden die Medien sogar – zumindest gegenüber dem internen Whistleblowing – als bevorzugter Adressat anerkannt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in dem medialen Interesse an dem Hinweis eine Angelegenheit von öffentlicher Bedeutung gesehen wird, was für die Erfüllung des public concern Kriteriums spricht. Die Entscheidungen zum public-policy-Einwand lassen bislang keine eindeutige Tendenz erkennen. Aufgrund der strukturellen Nähe zur First Amendment Rechtsprechung wäre es denkbar, die dort geltenden Maßstäbe zum medialen Whistleblowing zu übertragen. Dies würde jedoch die unterschiedlichen Schutzrichtungen des public-policy-Einwands (effektive Rechtsdurchsetzung) und der First Amendment Rechtsprechung (Recht auf freie Rede) unberücksichtigt lassen. Die Medien sind zwar zur Aufdeckung von Missständen, jedoch nur in Sonderfällen zu deren effektiver Beseitigung geeignet. Damit ist mediales Whistleblowing ungeeignet, dem Schutzzweck der public policy gerecht zu werden, so dass eine Übertragung der First Amendment Grundsätze abzulehnen ist. Die Analyse der verschiedenen Schutzinstrumente verdeutlicht erneut die unterschiedlichen Wertungen der beiden Länder, nämlich die effektive Rechtsdurchsetzung in den USA und die Loyalitäts- und Verschwiegenheitspflichten in England. In den USA ist das anonyme Whistleblowing trotz der bestehenden Bedenken als Alternative zum Schweigen anerkannt und wurde in bestimmten Situationen von jeher befürwortet. So sprach sich bereits Ralph Nader Anfang der siebziger Jahre zwar grundsätzlich gegen anonyme Hinweise aus, hielt jedoch gewisse enge Ausnahmen für gerechtfertigt458. Mittlerweile sind anonyme Hinweise in

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den USA gesetzlich in Section 301 Abs. 4 SOX verankert, im Schutzniveau anderen Hinweisen gleichgestellt und von der Literatur weitestgehend anerkannt. Allgemein vertritt man in den USA die Ansicht, dass die Risiken anonymer Hinweise für das Oberziel (Aufdeckung von Missständen und effektive Rechtsdurchsetzung) in Kauf zu nehmen sind. Im Gegensatz dazu wird anonymes Whistleblowing in England weder in den gesetzlichen Vorschriften erwähnt noch von der Literatur befürwortet. Letztere hebt vielmehr die praktischen Schwierigkeiten (Sachverhaltsermittlung, fehlende Rückfragemöglichkeit) sowie Zweifel an den Motiven anonymer Hinweise hervor459.

§ 8 Gutgläubigkeit und Motive A. Gutgläubigkeit und Motive in England I. Gutgläubigkeit 1. Das reasonable belief Kriterium Section 43B Abs. 1 ERA erfordert den guten Glauben (reasonable belief) des Whistleblowers an die Richtigkeit der offengelegten Information. Damit sollen bewusst falsche Hinweise verhindert und dem Schutzbereich entzogen werden. Dem klaren Gesetzeswortlaut zufolge ist auf die Überzeugung des Whistleblowers von der Richtigkeit seiner Behauptung abzustellen460. Die Ermittlung der objektiven Wahrheit kann zwar als Hilfsmittel herangezogen werden; es kommt jedoch maßgeblich darauf an, dass der Whistleblower seinen Hinweis auf Tatsachen stützt, von deren Richtigkeit er in angemessener Weise ausgehen durfte und die einen relevanten Missstand nach den einschlägigen Vorschriften begründen461. Die Angemessenheit ist im Einzelfall von dem Volumen und der 458 Anonymes Whistleblowing sei anzuerkennen, sofern es sich um unabhängig nachweisbare Informationen handelt, der Whistleblower ohne seinen gegenwärtigen Arbeitsplatz außerstande ist, seine Familie zu ernähren, und die Vertraulichkeit der Information nicht auf andere Weise gewährleistet werden kann; Nader/Petkas/Blackwell, S. 235. 459 So z. B. Durrant/Wayne, S. 152 f.; Lewis, (2002) 11 Business Ethics: A European Review, S. 204; PCaW (2005), S. 2; Attwood, (2004) 791 IRS Emp. Rev., S. 19. Auch in England ist vereinzelt Zuspruch für das anonyme Whistleblowing als letztes Mittel zu finden (Winfield (1994), S. 24). Lewis, (2007) 36 ILJ, S. 227 fordert dagegen eine gesetzliche Verpflichtung, Hinweise vertraulich zu behandeln. 460 Darnton v. University of Surrey [2003] IRLR 133, EAT unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils. Für die Entscheidung spricht neben dem Wortlaut auch die Systematik der Sections 43A ff. ERA. Während Section 43B ERA den guten Glauben (reasonable belief) voraussetzt, verlangen Sections 43F, 43G und 43H ERA neben dem guten Glauben, dass die Behauptung des Whistleblowers im Wesentlichen wahrheitsgemäß (substantially true) ist. Würde man der ersten Instanz folgen und objektiv begründete Bedenken voraussetzen, wäre das zusätzliche Tatbestandsmerkmal entbehrlich. 461 [2003] IRLR 133, S. 138. Vgl. auch Harvey, DII [37].

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Qualität der im Zeitpunkt der Offenlegung zur Verfügung stehenden Informationen abhängig462. Eine geschützte Offenlegung kann somit auch dann bestehen, wenn die Vorwürfe später ganz oder teilweise entkräftet werden. 2. Guter Glaube bezüglich Tatsachen und/oder Rechtsansichten Ob sich der gute Glaube neben Tatsachen auch auf Rechtsansichten erstreckt, war lange Zeit umstritten. Zunächst bildete die EAT Entscheidung in Kraus v. Penna plc.463 den Präzedenzfall, nach dem der gute Glaube an das Bestehen rechtlicher Pflichten nicht geschützt war. Diese restriktive Rechtsauffassung wurde vielfach als unzumutbare Risikoverteilung zu Lasten des Whistleblowers kritisiert, da es für den juristischen Laien oftmals nicht erkennbar sei, ob eine Rechtsverletzung tatsächlich vorliegt464. Ein Paradigmenwechsel deutete sich bereits in Bolton School v. Evans465 an, wo das EAT in einer Nebenfrage entschied, dass ein Hinweis nicht allein deshalb ungeschützt sei, weil der Arbeitgeber erfolgreich Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe für sein Verhalten vorbringen kann. Es würde den gesetzlichen Schutz unterlaufen, wenn ein Beschäftigter alle potentiellen rechtlichen Verteidigungsmöglichkeiten antizipieren müsse. Schließlich wurde die stark kritisierte Entscheidung Kraus v. Penna vom Court of Appeal in Babula v. Waltham Forest College466 aufgehoben. Ein Arbeitnehmer hatte intern Bedenken erhoben, dass der Unterricht seines Vorgängers zu Rassismus anstifte (ein Verbrechen i. S. d. Public Order Act 1986)467, was schließlich zur Kündigung des Whistleblowers führte. Da die vorgetragenen Fakten die Straftat nicht erfüllten468, sahen sich die 462 Das EAT stützte sich bei seinen Ausführungen auf den von Bowers/Lewis/Mitchell, S. 19 aufgestellten Test ([2003] IRLR 133, S. 137), wobei die Berufung auf Literatur in englischen Gerichtsentscheidungen unüblich ist. 463 [2004] IRLR 260, EAT. Ein Arbeitnehmer sollte einen Sozialplan im Rahmen der Restrukturierung eines Kundenbetriebs aufstellen. Er zweifelte jedoch an der Rechtmäßigkeit, insbesondere an den Gründen für betriebsbedingte Kündigungen. Er äußerte seine Bedenken, weswegen ihm gekündigt wurde. Seine Kündigungsschutzklage – gestützt auf die Überzeugung, dass der Kunde einer ihm auferlegten rechtlichen Pflicht nicht entsprach – wurde abgewiesen, da sich seine Fehlvorstellung auf Rechtsfragen und nicht auf Tatsachen bezog. 464 So Lewis/Homewood, (2004) 5 Web JCLI. 465 [2006] IRLR 500, EAT. 466 [2007] IRLR 346, CA. Vgl. auch die Fallbesprechung in (2007) 826 IDS Emp. L. Brief, S. 14 f. 467 Sein Vorgänger hatte die Klasse in muslimische und nichtmuslimische Gruppen unterteilt und seine Unterstützung für die Terroranschläge vom 11. September 2001 kundgetan. 468 Die Handlungen des Vorgängers basierten auf Religion (religion) und der Public Order Act 1986 erfasste zum relevanten Zeitpunkt nur Handlungen im Zusammenhang mit der Herkunft (race).

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ersten beiden Instanzen im Einklang mit Kraus v. Penna gebunden, die Klage abzuweisen. Der Court of Appeal entschied dagegen, dass sich das reasonable belief Kriterium sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen beziehe. Von Beschäftigten eine detaillierte Rechtskenntniss sowie rechtliche Bewertung zu fordern, würde die Schutzvoraussetzungen des PIDA über Gebühr strapazieren und dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufen469. 3. Handlungen zur Bestätigung der Gutgläubigkeit In Bolton School v. Evans470 wurde entschieden, dass der PIDA zwar die Gutgläubigkeit an sich, nicht jedoch Handlungen von Beschäftigten schütze, die der Sachverhaltserforschung dienen. Ein Lehrer hatte Sicherheitsbedenken hinsichtlich des neuen Computersystems an seiner Schule gegenüber der zuständigen Stelle geäußert. Mit dem Ziel, die Sicherheit zu testen und seine Bedenken zu demonstrieren, drang er eigenmächtig in das Sicherheitssystem ein. Obwohl er sein Verhalten zuvor angekündigt und anschließend seinem Arbeitgeber mitgeteilt hatte, wurde sein Verhalten disziplinarrechtlich geahndet. Seine Beschwerde blieb erfolglos, woraufhin er das Arbeitsverhältnis kündigte und Klage auf der Grundlage erhob, dass sein Eindringen in das Sicherheitssystem als Teil eines geschützten Hinweises zu beurteilen sei. Unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils wies das EAT die Klage ab. Zwar sei der Hinweis gegenüber der zuständigen Kontaktperson i. S. v. Section 43A ERA geschützt; das Gesetz schütze jedoch neben Hinweisen keine weiteren Handlungen, auch wenn diese im Zusammenhang mit der Offenlegung stünden. Das Disziplinarverfahren sei nicht aufgrund der Bedenken, sondern ausschließlich aufgrund des vorsätzlichen Eindringens in das Netzwerk eingeleitet worden. Der Fall demonstriert, dass Beschäftigte ihren Vermutungen nur begrenzt nachgehen dürfen, um diese zu bestätigen oder zu beweisen. Denn sofern es sich um rechtswidriges Verhalten oder eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten handelt, finden die allgmeinen Regeln Anwendung, auch wenn eine Verbindung zu einem geschützten Hinweis besteht. II. Motive Wesentlicher Diskussionspunkt bei Whistleblowervorschriften ist die Einbeziehung der Motive als Voraussetzung eines geschützten Hinweises. Oftmals bezie469 Im Gegensatz zu den Whistleblowervorschriften ist in Section 104 Abs. 2 ERA, der den besonderen Kündigungsschutz bei Hinweisen wegen enumerativ aufgezählter arbeitgeberseitiger Rechtsverstöße regelt (s. o. § 4 A.II.1.), gesetzlich verankert, dass der Schutz unabhängig vom Bestehen und der Beeinträchtigung eines Rechts vorliegt, solange der Hinweis im guten Glauben erfolgte. Damit ist Section 104 ERA weiter gefasst als der Whistleblowerschutz, bei dem erst richterlich ein äquivalenter Schutz etabliert werden musste. 470 [2006] IRLR 500, EAT. Kritisch Lewis, (2006) 35 ILJ, S. 326 f.

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hen sich Bedenken bei der Einführung von Schutzvorschriften auf solche Fälle, in denen aus Rache, Schadenfreude, Böswilligkeit oder persönlichem Gewinnstreben jemand „verpetzt“ werden könnte. Es bleibt zu klären, inwiefern Hinweise aus sachfremden Motiven zu schützen sind, da auch diese Missstände aufdecken und beheben können. In England sind dabei sowohl das good faith Kriterium als auch das personal gain Kriterium relevant, die nachfolgend besprochen werden. Erstgenanntes ist bei Offenlegungen i. S. d. Sections 43C bis 43H ERA (mit Ausnahme von Section 43D ERA) Voraussetzung; letztgenanntes wird bei Offenlegungen i. S. v. Sections 43G und 43H ERA gefordert. 1. Das good faith Kriterium a) Street v. Derbyshire Unemployed Workers’ Centre Nach dem allgemeinen Rechtsverständnis bedeutet der unbestimmte Rechtsbegriff good faith Redlichkeit und würde damit den guten Glauben des Whistleblowers im Hinblick auf seine Offenlegung voraussetzen. Gegenstand der Entscheidung in Street v. Derbyshire Unemployed Workers’ Centre471 war, ob der PIDA dem Tatbestandsmerkmal eine darüber hinausgehende Bedeutung zuweist. Eine Arbeitnehmerin stützte ihre Kündigungsschutzklage auf Section 103A i.V. m. Section 43C (interne Offenlegung) und Section 43G ERA (externe Offenlegung)472. Sie hatte sowohl aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Informationen im guten Glauben i. S. v. Section 43B Abs. 1 ERA als auch ohne persönliches Gewinnstreben i. S. v. Section 43G ERA gehandelt. Da sie jedoch nicht aus öffentlichem Interesse, sondern überwiegend oder sogar ausschließlich aus persönlicher Feindseligkeit gegenüber dem Leiter der Beratungsstelle handelte, kam es maßgeblich darauf an, ob das good faith Kriterium lediglich auf die Redlichkeit oder darüber hinaus auf die Motivation des Whistleblowers abstellt473. Im Einklang mit den beiden Vorinstanzen entschied der Court of Appeal, dass auch die Motive des Whistleblowers einzubeziehen sind. Das good faith Kriterium müsse im systematischen Kontext der ihn einbettenden Vorschriften gesehen werden. Es sei lediglich eine von mehreren kumulativ erforderlichen Voraussetzungen und müsse folglich eine eigenständige Bedeutung gegenüber den anderen Tatbestandsmerkmalen aufweisen. Da der Whistleblower bereits gemäß Section 43B Abs. 1 ERA von der Richtigkeit der Tatsachen und Rechtsfragen überzeugt sein 471

[2004] IRLR 687, CA. Die Bedenken bezogen sich auf das betrügerische Vorgehen des Leiters der Arbeitsberatung als Kassenwart der örtlichen Gewerkschaft sowie dessen Reisen, die er zugunsten anderer Organisationen während seiner Arbeitszeit für die Beratungsstelle unternahm. 473 Die Arbeitnehmerin wurde in dem Verfahren von PCaW unterstützt. Vor dem Hintergrund, dass PCaW ausdrücklich darauf hinweist, dass es eine Beratungsstelle ist und keine anwaltliche Vertretung vornimmt, ist die Prägnanz des Falles zu erkennen. 472

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muss (reasonable belief), sei dem good faith Kriterium eine darüber hinausgehende Bedeutung zuzuerkennen. Auch der Sinn und Zweck des Gesetzes, Hinweise im öffentlichen Interesse zu schützen, verdeutliche, dass ein Hinweis im öffentlichen Interesse und nicht aus persönlichem Groll etc. motiviert sein müsse. Folglich seien die Beweggründe des Whistleblowers im Rahmen des good faith Kriteriums einzubeziehen474. Diese Beschränkung wird jedoch dadurch relativiert, dass das sachfremde Motiv (zumindest) vorherrschend sein muss. Den Schutz bereits aufgrund des bloßen Vorhandenseins weiterer Motive neben dem öffentlichen Interesse abzuerkennen, würde den Rechtsschutz des Whistleblowers unverhältnismäßig verkürzen. Die Gerichte müssen folglich im Rahmen einer Einzelfallentscheidung das vorherrschende von verschiedenen Motiven bestimmen. Nur für den Fall, dass sie zu der Überzeugung kommen, dass der Hinweis nicht primär im öffentlichen Interesse motiviert war, liegt kein geschützter Hinweis im Sinne des PIDA vor. Die hinter dem Whistleblowing stehende Motivation kann folglich den Charakter einer Handlung ändern und gegebenenfalls zum Rechtsverlust führen. b) Rechtliche Würdigung Die Interpretation des good faith Kriteriums durch den Court of Appeal sowie dessen Existenz sind in der Literatur auf Widerstände gestoßen und werden nach wie vor kontrovers diskutiert. Soll derjenige, der auf ein objektiv bestehendes Fehlverhalten aufmerksam macht, nur deshalb nicht geschützt werden, weil er (auch) aus unlauteren Motiven handelte? Entspricht es nicht vielmehr dem Sinn und Zweck des PIDA „to prevent matters of concern being covered up by the Damoclean sword of dismissal“475? Ein Teil der Literatur spricht sich daher dafür aus, die Beweggründe eines Whistleblowers nicht zu berücksichtigen: Ein Hinweis sei auch bei unlauteren Motiven objektiv im Interesse der Öffentlichkeit und die Einbeziehung der Motive verkürze den individuellen Rechtsschutz des Whistleblowers476. Der Schutz sollte folglich nur bei bewusst falschen Hinweisen aberkannt werden, so dass beispielsweise auch Offenlegungen mit Schädigungsabsicht zu schützen seien. 474 Das Gericht setzte sich mit der common law Entscheidung Re a Company’s Application ([1989] IRLR 477, HC) auseinander, in der ein Arbeitnehmer trotz möglicherweise böswilliger Motive geschützt wurde (s. o. § 4 A.I.2.). Nach Ansicht des Gerichts in Street handele es sich dabei, wenn überhaupt, um eine Aussage obiter dictum. Ferner habe es zu der Zeit noch kein gesetzliches good faith Kriterium gegeben, so dass es sich nicht um eine richtungsweisende Entscheidung handele; vgl. [2004] IRLR 687, S. 694. 475 Leach, S. 5. 476 Vgl. Shipman Inquiry, S. 344; Sternberg, S. 29; Leach, S. 5; Lewis, (2005) 34 ILJ, S. 247; ders., (2001) 30 ILJ, S. 173 und S. 191; Lewis/Homewood, (2004) 5 Web JCLI. Differenzierend dagegen Bowers/Fodder/Lewis/Mitchell, S. 74 ff.

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aa) Die Court of Appeal Entscheidung Der Court of Appeal entschied in Street477, die Beweggründe des Whistleblowers einzubeziehen, und berief sich auf Wortlaut, Zweck und Systematik des Gesetzes. Insbesondere der systematische Zusammenhang der Vorschriften verdeutlicht, dass das good faith Kriterium über die bloße Redlichkeit (reasonable belief i. S. v. Section 43B Abs. 1 ERA) hinausgehen muss. Folgt man dagegen der in der Literatur vertretenen Ansicht, den Schutz nur bei bewusst falschen Hinweisen zu negieren, würde der PIDA zwei verschiedene Voraussetzungen enthalten, die inhaltlich nicht voneinander abgrenzbar sind. Nur die vom Court of Appeal vorgenommene Interpretation des good faith Kriteriums ist folglich mit dem Gesetz vereinbar. bb) Existenz des good faith Kriteriums Die Literaturansicht, die sich gegen die Einbeziehung der Beweggründe ausspricht, muss sich folglich gegen die Existenz des Tatbestandsmerkmals und nicht nur gegen dessen gerichtliche Interpretation wenden. Es bleibt mithin zu klären, ob das good faith Kriterium im Rahmen einer Novellierung des PIDA entfallen sollte. Die Beantwortung dieser Frage hängt maßgeblich von der Systematik und dem Sinn und Zweck des Gesetzes ab. Im Rahmen der systematischen Auslegung ist zu prüfen, ob die Streichung des Tatbestandsmerkmals der Gesetzessystematik widersprechen würde. Ein Widerspruch würde entstehen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen derart miteinander in Bezug stünden, dass die Streichung unweigerlich Auswirkungen auf die verbleibenden Kriterien hätte. Das good faith Kriterium ist jedoch eine eigenständige Voraussetzung, dessen Entfallen die anderen Kriterien nicht beeinträchtigen würde. Insofern kommt es maßgeblich auf den Sinn und Zweck des Gesetzes an. Der PIDA gibt dem Whistleblowingrecht einen Rahmen und dient dem Ausgleich widerstreitender Interessen von Arbeitnehmern, Arbeitgebern und der Öffentlichkeit. Daher gilt es, die Auswirkungen einer Streichung auf die einzelnen Schutzinteressen zu untersuchen. (1) Arbeitnehmerinteressen Arbeitnehmer haben ein großes Interesse daran, ihren Arbeitsplatz nicht infolge eines Hinweises zu verlieren. Diesem Interesse wird durch eine Erweiterung des Individualschutzes – präventiver Schutz vor Benachteiligungen sowie repressiver Schutz durch effektive Rechtsdurchsetzung – gedient. Zusätzliche Voraussetzungen für die Annahme einer geschützten Offenlegung bedeuten eine Beschränkung dieses Individualschutzes, so dass die Einbeziehung der Motivation nicht im Interesse der Arbeitnehmer liegt. Zu beachten ist jedoch, dass die 477

Street v. Derbyshire Unemployed Workers’ Centre, [2004] IRLR 687, CA.

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Wertung, dem böswillig Handelnden den Schutz zu entziehen, bekannten Rechtsgrundsätzen entspricht, nämlich dem alten englischen Grundsatz in equity, dass derjenige, der ein Recht geltend machen möchte, sich selbst nichts zu Schulden hat kommen lassen („One who comes into equity must come with clean hands“). Im Rahmen einer isolierten Betrachtung der Arbeitnehmerinteressen kommt man folglich zu dem Ergebnis, dass das subjektive Tatbestandsmerkmal der Motivation einerseits den Individualschutz verkürzt, andererseits jedoch allgemeinen Wertungen entspricht. (2) Arbeitgeberinteressen Fraglich ist, inwiefern sich die (Nicht-)Einbeziehung der Motivation auf die Arbeitgeberinteressen auswirkt, die insbesondere darin liegen, objektiv unbegründete oder sogar bewusst falsche Bedenken sowie negative Schlagzeilen und daraus resultierende Reputationsschäden zu vermeiden. Diesen Interessen wurde maßgeblich durch das Stufenverhältnis (Privilegierung interner und behördlicher Hinweise) und das reasonable belief Kriterium (Gutgläubigkeit an die Richtigkeit der Behauptungen) Rechnung getragen. Erfolgt ein Hinweis bewusst falsch oder leichtfertig, ist er unter dem PIDA aufgrund des resaonable belief Kriteriums nicht geschützt; eines zusätzlichen Abstellens auf die Motivation bedarf es nicht. Wählt ein unlauter motivierter Whistleblower bewusst einen für den Arbeitgeber ungünstigen Adressaten mit dem Ziel, seinen Feindseligkeiten die nötige Aufmerksamkeit zu verleihen, wird das Arbeitgeberinteresse beeinträchtigt, den Adressatenkreis möglichst eng zu halten. Gerade dieser Problematik wird jedoch durch das gestaffelte System des PIDA mit seinen stetig ansteigenden Voraussetzungen ausreichend Rechnung getragen. Dabei ist das good faith Kriterium nicht Teil des Stufensystems, sondern auf allen Stufen (mit Ausnahme von Section 43D ERA) eine Voraussetzung für einen geschützten Hinweis. Auch interne Hinweise, die nicht zu einer Rufschädigung bei Kunden und der weiteren Öffentlichkeit führen, beeinträchtigen die Arbeitgeberinteressen nicht wesentlich. Teilweise wird vorgebracht, bei dem Schutz von unlauter motivierten Hinweisen sei eine negative Beeinträchtigung des Organisationsklimas zu befürchten, da der Schutz zu einer Kultur des Misstrauens beitragen könnte, die dazu einläd, persönliche Feindseligkeiten unter dem Deckmantel des PIDA auszutragen. Dem ist jedoch zu entgegnen, dass die Missbrauchsgefahr durch die übrigen Tatbestandsmerkmale weitgehend entschärft ist. Zudem kann der Arbeitgeber auch unlauter motivierte Hinweise nutzen, um Misstände im Unternehmen zu beheben. (3) Öffentliche Interessen Das öffentliche Interesse ist darauf gerichtet, tatsächliche Missstände aufzudecken. Unabhängig von der Motivation kommt es folglich darauf an, dass objek-

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tiv begründete Bedenken der Beschäftigten kommuniziert werden478. Umgekehrt hält jede weitere Tatbestandsvoraussetzung potentielle Whistleblower von einer Offenlegung ab. Das good faith Kriterium ist, wie auch mehrfach in der Literatur hervorgehoben, folglich nicht im Einklang mit dem öffentlichen Interesse, bestehende Missstände aufzudecken. (4) Gesamtabwägung Die Streichung des good faith Kriteriums und damit eine von den Motiven losgelöste Betrachtung ist im Interesse potentieller Whistleblower (höheres Schutzniveau) sowie im öffentlichen Interesse (Aufdeckung von Missständen). Letzterem kommt besonderes Gewicht zu, da es gerade das öffentliche Interesse ist, welches dem Gesetz das Gepräge gibt. Auf der anderen Seite würde eine Gesetzesänderung dem equity Gedanken widersprechen, unbillig Handelnden keinen Schutz zu gewähren. Zwar vermag die Pönalisierung der Arglist eine Einschränkung erforderlich, zumindest aber vertretbar erscheinen lassen, dies ließe jedoch den Aspekt des öffentlichen Interesses unberücksichtigt. Es entspricht gerade dem Sinn und Zweck des Gesetzes, Hinweise im öffentlichen Interesse zu schützen. Die Arglist kann insbesondere in privaten Rechtsbeziehungen einen Rechtsverlust rechtfertigen, da in einer solchen Situation – anders als in der hier besprochenen Konstellation – öffentliche Interessen gerade nicht tangiert werden. Der Whistleblower handelt dagegen, unabhängig von seiner Motivation, objektiv im Interesse der Öffentlichkeit, wenn er auf tatsächlich bestehende Missstände aufmerksam macht, und ist in dieser Konstellation stets schutzwürdig. Der Schutz eines Whistleblowers sollte folglich nicht von seinen Motiven abhängen. Da jedoch nur die vom Court of Appeal in Street479 vorgenommene Interpretation des good faith Kriteriums mit dem Gesetz vereinbar ist, sollte eine Gesetzesänderung des PIDA erwogen werden. Zu denken ist zum einen an eine Streichung des good faith Kriteriums. Alternativ könnte man die Einbeziehung der Motivation davon abhängig machen, ob sich ein Hinweis ojektiv als wahr oder falsch herausstellt: Während ein Whistleblower bei einem objektiv begründeten Hinweis unabhängig von seinen Beweggründen stets schutzwürdig wäre, wären die Motive bei einer gutgläubigen Falschaussage einzubeziehen480. Eine entsprechende Auslegung des good 478 Nur objektiv begründete Hinweise werden vom öffentlichen Interesse erfasst. Darüber hinaus auch gutgläubige, aber objektiv falsche Hinweise zu schützen, wirkt einer unbilligen Risikoverteilung zu Lasten des Whistleblowers entgegen und dient damit dem Ausgleich der widerstreitenden Interessen. Denn der Whistleblower wird in aller Regel nicht aus eigenem Interesse, sondern im Allgemeininteresse tätig, so dass eine Risikoverteilung nicht tragbar wäre, bei der jeder Irrtum zu seinen Lasten ginge. 479 Vgl. oben § 8 A.II.1.a). 480 So Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 641, der einen entsprechenden Vorschlag im Kontext U.S.-amerikanischer, einzelstaatlicher Schutzvorschriften diskutiert.

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faith Kriteriums wäre zwar mit dem derzeitigen Wortlaut und der Systematik des PIDA nicht vereinbar. Zu denken wäre jedoch an eine Gesetzesänderung mit einer dem Antidiskriminierungsrecht vergleichbaren Formulierung („does not apply [. . .] if the allegation was false and not made in good faith“ 481 ). Dadurch würde auf der einen Seite dem öffentlichen Interesse Rechnung getragen, indem objektiv begründete Bedenken unabhängig von der Motivation geschützt wären. Auf der anderen Seite würde der böswillig Handelnde zumindest dann seinen Schutz verlieren, wenn es sich um einen objektiv falschen Hinweis handelt. 2. Das personal gain Kriterium Das good faith Kriterium, welches bei allen internen, behördlichen und externen Offenlegungen (mit Ausnahme von Offenlegungen nach Section 43D ERA) gefordert wird, soll insbesondere Hinweise mit Schädigungsabsicht dem Schutzbereich entnehmen. Demgegenüber wird das personal gain Kriterien nur bei externen Offenlegungen i. S. d. Sections 43G und 43H ERA vorausgesetzt und verbietet Offenlegungen, die dem Whistleblower einen persönlichen Vorteil (personal gain) bringen. Zwar hätte die Rechtsprechung es durch eine extensive Auslegung des good faith Kriteriums in der Hand gehabt, persönliches Gewinnstreben als bad faith zu qualifizieren und entsprechenden Hinweisen den Schutz zu versagen. Durch die ausdrückliche Nennung des personal gain Kriteriums stellte der Gesetzgeber jedoch von vornherein klar, dass externe Hinweise nur zu schützen sind, wenn sie nicht durch die Aussicht auf einen persönlichen Vorteil motiviert sind. Dabei kommt es nicht auf das tatsächliche Entstehen eines persönlichen Vorteils, sondern auf einen diesbezüglichen Vorsatz zum Zeitpunkt des Hinweises an482. Erhält ein Whistleblower bei der Übergabe von Informationen an die Presse einen nicht unerheblichen geldwerten Vorteil, spricht vieles dafür, dass seine Offenlegung finanziell motiviert war. Kann der Whistleblower das Gericht jedoch davon überzeugen, dass er ausschließlich im öffentlichen Interesse gehandelt hat und lediglich für seine Information belohnt wurde, wäre eine unterschiedliche Behandlung gegenüber einer Information ohne Gegenleistung nicht 481 Hervorhebung durch die Verfasserin. Vgl. Section 4 Abs. 2 SDA 1975, Section 2 Abs. 2 RRA 1976, Section 55 Abs. 4 DDA 1995, Reg. 4 Abs. 2 EE(RB)R 2003, Reg. 4 Abs. 2 EE(SO)R 2003 und Reg. 4 Abs. 2 EE(A)R 2006. Die Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, so dass sowohl Falschaussagen in good faith, als auch wahre Aussagen in bad faith geschützt sind. Ob das good faith Kriterium im Antidiskriminierungsrecht die Gutgläubigkeit oder darüber hinaus die Einbeziehung der Motivation verlangt, ist ungeklärt. Aufgrund fehlender Orientierungshilfe wird erstmals umgekehrt eine Parallelwertung zu den Whistleblowervorschriften vorgeschlagen, wonach unter dem good faith Kriterium die Motivation einzubeziehen sei; vgl. Tucker/George, D8.002. In diesem Fall würde der diskriminierungsrechtliche Schutz über den des PIDA hinausgehen, da er nur bei einer objektiv falschen, unbillig motivierten Behauptung zu versagen wäre. 482 Harvey, DII [66].

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zu rechtfertigen483. In jedem Fall sind gesetzlich vorgesehene Belohnungen gemäß Section 43L Abs. 2 ERA bei der Betrachtung außer Acht zu lassen484. Sowohl das Gesetz als auch die Rechtsprechung haben sich (bislang) nicht mit gemischten Motiven im Rahmen des personal gain Kriteriums auseinandergesetzt. Denkbar wäre ein Fall, in dem jemand primär im öffentlichen Interesse handelt, seine Informationen jedoch Zeitung A (und nicht Zeitung B) zur Verfügung stellt, da Zeitung A ihm dafür Geld bietet. Die Gegenleistung hat Einfluss auf die Entscheidung, ist jedoch nicht das primäre Motiv. Dem Sinn und Zweck des Gesetzes zufolge soll auf der einen Seite gerade bei externen Hinweisen derjenige geschützt werden, der im öffentlichen und nicht im Selbstinteresse handelt. Auf der anderen Seite sollen im öffentlichen Interesse tatsächlich bestehende Missstände aufgedeckt werden485. Es ist davon auszugehen, dass die Rechtsprechung entsprechend ihren Grundsätzen zum good faith Kriterium auch beim personal gain Kriterium auf das vorherrschende Motiv abstellen würde486. Da jedoch erhebliche Schwierigkeiten bestehen, bei menschlichem Verhalten, das regelmäßig durch eine Vielzahl verschiedener Faktoren bestimmt ist, das vorherrschende Motiv festzustellen, sollte persönliches Gewinnstreben nicht per se zu einem Rechtsverlust führen, sondern im Rahmen der abschließenden Verhältnismäßigkeitsprüfung Beachtung finden.

B. Gutgläubigkeit und Motive in den USA I. First Amendment Rechtsprechung Während sich der Schutz des Ersten Zusatzartikels der Bundesverfassung auf gutgläubige Falschaussagen erstreckt, hat der U.S. Supreme Court in Pickering v. Board of Education487 ausdrücklich offen gelassen, ob darüber hinaus auch vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschaussagen geschützt sind, sofern sie nachweisbar keinen Schaden verursacht haben. Allein das Offenlassen dieser Frage unterstreicht den Stellenwert des verfassungsrechtlichen Schutzes in der U.S.amerikanischen Rechtsprechung. Neben der Gutgläubigkeit bilden auch die Beweggründe des Whistleblowers kein eigenständiges (gesetzliches oder unge-

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Harvey, DII [66]. Von den Steuer- und Zollbehörden werden beispielsweise Belohnungen für Hinweise vorgesehen; vgl. Harvey, DII [67]; Gobert/Punch, (2000) 63 MLR, S. 53. 485 Aus diesem Grunde wird das personal gain Kriterium teilweise in der Literatur hinterfragt und parallel zum good faith Kriterium argumentiert, dass auch ein finanziell motivierter Hinweis im öffentlichen Interesse sei, sofern durch ihn ein Schaden verhindert wird; vgl. Lewis/Homewood, (2004) 5 Web JCLI. 486 So auch Harvey, DII [66 ff.]. 487 391 U.S. 563, S. 574 f. (1968). 484

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schriebenes) Tatbestandsmerkmal, sondern sind im Rahmen einer umfassenden Gesamtabwägung zu würdigen. II. False Claims Act 1. Finanzielle Anreize als Teil der privaten Rechtsverfolgung Vorschriften, die wie der False Claims Act besondere Anreize für Informationen vorsehen, sind in die amerikanische Eigenheit der privaten Rechtsverfolgung (private law enforcement) einzuordnen, nach welcher Bürger an der Strafverfolgung und Gesetzesdurchsetzung beteiligt werden mit dem Ziel, dem Ermittlungsnotstand des Staates entgegenzuwirken488. Neben der Institution des private attorney gerneral489 werden im Rahmen der privaten Rechtsdurchsetzung gezielt finanzielle Anreize geboten, um potentielle Whistleblower bei ihrer Entscheidung, Bedenken zu erheben, zu unterstützen und dadurch den Strafverfolgungsbehörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu helfen490. Im Rahmen von qui tam Regelungen können Privatpersonen zugleich im eigenen und im Namen des Staates ein Verfahren einleiten, ohne selbst betroffen zu sein. Die sonst erforderliche Klagebefugnis unter der traditionellen standing doctrine ist nicht erforderlich491. Bei einer erfolgreichen Klage erhält der Kläger als eine Art Prämie für seine Informationen einen gesetzlich vorgeschriebenen Teil der erstrittenen Klagesumme492. Das Konzept beruht auf dem Gedanken, dass der Privatkläger mit den 488

Umfassend Callahan/Dworkin, 37 Vill. L. Rev. (1992), S. 273 ff. Der Kläger vertritt als sog. private attorney general (privater Generalbundesanwalt oder Justizminister) die staatlichen Verfolgungsorgane. Als Anreiz locken dem siegreichen Privatkläger in der Regel dreifacher Ersatz des nachgewiesenen Schadens und – ganz entgegen der Grundregel, dass jede Partei ihre Kosten selbst trägt – der Ersatz der im Zusammenhang mit der Klage entstandenen Kosten; Reimann, S. 284 f. Der Privatkläger muss ein erhebliches gesellschaftliches Interesse (great social importance) darlegen; vgl. Cheng, Carl, Important Rights and the Private Attorney General Doctrine, in: 73 Cal. L. Rev. 1929 ff. (1985). 490 Vgl. Callahan/Dworkin, 37 Vill. L. Rev. (1992), S. 301 f. m.w. N. zu verschiedenen Studien, die die Auswirkungen von finanziellen Anreizen auf die Entscheidung eines Whistleblowers analysieren. 491 Popularklagen (sog. citizen suit provisions) sehen im Gegensatz zu qui tam Klagen keine finanziellen Anreize vor, erlauben aber dem einzelnen Bürger eine Klage ohne subjektive Rechtsverletzung zu erheben. Dadurch soll die staatliche Rechtsdurchsetzung mit Hilfe privater Ressourcen unterstützt werden. Jeder Bürger kann z. B. nach 42 USC § 7604 auf die Unterlassung der im CAA verbotenen Schadstoffemissionen oder die Verhängung von Geldstrafen klagen, die jedoch ausschließlich der Staatskasse zufließen. 492 Neben dem FCA als bekanntester und erfolgreichster qui tam Regelung enthalten auch andere Gesetze finanzielle Anreizsysteme. So autorisiert der Financial Institutions Reform, Recovery and Enforcement Act (12 USC § 1831k) staatliche Bankinstitute, Erfolgsbeteiligungen bis zu 25 Prozent (maximal jedoch US$ 100.000) zu gewähren. Nach dem Insider Trading and Securities Fraud Enforcement Act (15 USC § 78u-1(e)) sind Belohnungen bis zu 10 Prozent der Bußgeldsumme vorgesehen. 489

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Umständen und Beweisen vertraut ist, staatliche Organe möglicherweise unmotiviert, nachlässig oder gar korrupt sind und der Privatkläger somit einen Beitrag zur Rechtsdurchsetzung leistet, ohne den Fiskus zu belasten493. Am Rande sei bereits an dieser Stelle auf die Gewährung von punitive damages hingewiesen. Ihnen wird in den USA nicht nur eine strafende und abschreckende Komponente beigemessen, sondern sie dienen auch als Belohnung von couragierten Klägern, die zugleich als Vertreter des öffentlichen Interesses an der Ahndung von Rechtsverstößen mitwirken494. Während im Rahmen der qui tam Regelungen ein unbeteiligter Dritte auf Missstände aufmerksam macht und dafür einen Teil der erstrittenen Summe erhält, bilden punitive damages einen zusätzlichen Schadensposten, den der betroffene Kläger als Zusatz für den von ihm erlittenen Schaden erhält. Qui tam Regelungen sind so auszugestalten, dass sie tatsächliche Auswirkungen auf den Entscheidungsprozess potentieller Whistleblower haben. Dazu müssen sie als angemessen im Verhältnis zum erforderlichen Aufwand und dem persönlichen Risiko gesehen werden. Sowohl die Höhe wie auch die Modalitäten, ob, wann und von wem eine Belohnung gezahlt wird, sind dabei ausschlaggebend. Belohnungen, deren Gewährung ohne Mindestprozentsatz im Ermessen des Ausstellers liegt, haben eine geringere Anreizwirkung als vordefinierte Prozentsätze. Entsprechendes gilt für Belohungen, die (nicht vom Gericht, sondern) von der Behörde festgelegt werden, zu deren Gunsten der Hinweis erfolgt, da höhere Belohnungen für Whistleblower für die Behörde zunächst geringere Einnahmen bedeuten495. Diese Maßgaben wurden jüngst im Tax Relief and Health Care Act von 2006 beachtet, der die bundesstaatliche Abgabenordnung (Internal Revenue Code) ergänzt und die darin enthaltene qui tam Regelung modifiziert. Das Gesetz bietet Anreize, Hinweise auf erhebliche Steuerhinterziehung496 beim Finanzamt zu melden. Während die frühere Regelung eine nicht anfechtbare, angemessene Belohnung im Ermessen der Finanzämter vorsah497, steht dem Whistleblower nunmehr im Erfolgsfall eine gerichtlich überprüfbare Belohnung zwischen 15 und 30 Prozent der erstrittenen Summe zu, sofern sich das Finanzamt 493

Vgl. Reimann, S. 285. Reimann, S. 285. 495 Vgl. Callahan/Dworkin, 37 Vill. L. Rev. (1992), S. 278, S. 298 und S. 306 f.; dies., 38 Am. Bus. L.J. (2000), S. 101 f. 496 Hinweise müssen sich auf Steuersünder beziehen, die ein Bruttoeinkommen von über US$ 200.000 verzeichnen und deren Steuerschuld (einschließlich Strafen und Zinsen) US$ 2 Millionen übersteigt, 26 USC § 7623(b)(5). 497 26 USC § 7623 a. F. In aller Regel waren die Prämien minimal und schwer zu erhalten. Zwischen Ende der sechziger Jahre und 2003 gingen ingesamt 250.000 Belohnungsanträge ein, wobei in lediglich 7,8 Prozent Gelder (insgesamt US$ 76,8 Millionen) ausgezahlt wurden. Ein Großteil davon wurde allein in den letzten Jahren zugesprochen (US$ 4,1 Millionen in 2003, US$ 7,7 Millionen in 2002 und US$ 10,8 Millionen im Rekordjahr 2000); vgl. Verschoor, (2005) Strategic Finance, S. 18 m.w. N. 494

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entschließt, die Angelegenheit zu verfolgen, und es sich um originäre Informationen des Whistleblowers handelt498. Die behördliche Ermessensentscheidung wurde damit auf vordefinierte Prozentsätze beschränkt sowie einer gerichtlichen Überprüfung unterworfen. 2. False Claims Act Seit der Novellierung des FCA im Jahr 1986 sieht das Gesetz eine Belohnung zwischen 15 und 30 Prozent der erzielten Klagesumme vor499. Der Prozentsatz richtet sich nach dem Informationsbeitrag des qui tam Klägers sowie danach, ob sich die Bundesregierung entschließt500, sich der Klage anzuschließen (dann zwischen 15 und 25 Prozent501) oder nicht (dann zwischen 25 und 30 Prozent502). Ist der Whistleblower in die Angelegenheit verwickelt, kann das Gericht den Anteil herabsetzen. Ist er aufgrund seiner Beteiligung strafrechtlich verurteilt, ist seine Klage unzulässig; das Recht des Staates, die Klage zu verfolgen, bleibt unberührt503. Im Jahr 2008 nahm die Bundesregierung aufgrund des FCA über US$ 1 Milliarde (2007: US$ 1,4 Milliarden; 2006: US$ 1,5 Milliarden) ein, die Gesamteinnahmen seit der Gesetzesänderung beliefen sich auf über US$ 13,6 Milliarden. Qui tam Kläger erhielten im Jahr 2008 ungefähr US$ 197 Millionen (2007: US$ 179 Millionen; 2006: US$ 224 Millionen) und seit der Gesetzesänderung bereits über US$ 2 Milliarden504. Während vor 1986 durchschnittlich 6 Klagen pro Jahr zu verzeichnen waren505, führte die Gesetzesänderung zu einem stetigen Anstieg von 66 Klagen im Jahr 1987 bis zum Allzeithoch von 533 Klagen im Jahr 1997506. In knapp einem Fünftel der Klagen ist eine bundesstaatliche Beteiligung zu verzeichnen, wobei diese Fälle um die 95 Prozent der Einnahmen erbrachten507. Zu den besonders erwähnenswerten qui tam Klägern gehören Dou498

26 USC § 7623(b)(1). Vor der Änderung sah das Gesetz keinen Mindestprozentsatz im Erfolgsfall vor, sondern stellte die Gewährung einer Belohnung ausschließlich ins Ermessen der Gerichte; Callahan/Dworkin, 37 Vill. L. Rev. (1992), S. 305. 500 Nach der Klageerhebung hat die Bundesregierung grundsätzlich 60 Tage für ihre Entscheidung, ob sie sich der Klage anschließen möchte. In dieser Zeit ist der Fall versiegelt; 31 USC § 3730(b)(2) und (3). 501 31 USC § 3730(d)(1). 502 31 USC § 3730(d)(2) und § 3730(b)(4)(B). 503 31 USC § 3730(d)(3). 504 U.S. Department of Justice, Civil Division, Fraud Statistics – Overview: Oct. 1, 1986–Sept. 30, 2008. 505 Callahan/Dworkin/Lewis, 44 VJIL (2004), S. 897. 506 U.S. Department of Justice, Civil Division, Fraud Statistics – Overview: Oct. 1, 1986–Sept. 30, 2008. 507 Zum Ende des Berichtzeitraums am 30. September 2008 hatte sich die Bundesregierung von insgesamt 6.199 erhobenen Klagen 1.190 Klagen angeschlossen und in 4.134 Fällen eine Beteiligung abgelehnt; bezüglich der übrigen 875 Fälle stand eine 499

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glas Keeth (US$ 22,5 Millionen)508, Evelyn M. Knoob (US$ 29 Millionen)509, Douglas Durand (US$ 126 Millionen)510 sowie der im Jahr 2003 an die Whistleblower im Verfahren gegen Healthcare Inc. gezahlte Betrag in Höhe von gut US$ 150 Millionen511. Die Ausführungen lassen erkennen, dass ein qui tam Kläger sowohl ehrenhaft als auch unbillig motiviert sein kann. Die finanziellen Anreize werden nicht als störendes Motiv betrachtet, sondern bewusst eingesetzt mit dem Ziel, die Rechtsdurchsetzung durch Privatkläger attraktiv zu gestalten512. Es wird davon ausgegangen, dass intrinsisch motivierte Whistleblower regelmäßig nicht den FCA nutzen, um ihre Bedenken zu erheben. Vielmehr sollen die von außen wirkenden finanziellen Anreize Personen motivieren, die sich ansonsten gegen eine Offenlegung entscheiden würden513. Entsprechend findet die Schutzvorschrift des 31 USC § 3730(h) unabhängig von dem Erfolg der Klage und den Beweggründen Anwendung, sofern der Whistleblower in gutem Glauben an die Richtigkeit seiner Klagebehauptung handelte514. In der Literatur wird der FCA teilweise aufgrund seiner erheblichen Anreize kritisiert. Versuche, die Reichweite des Gesetzes zu beschränken waren bislang jedoch ohne Erfolg515. Insbesondere infolge der Erfolgsbeteiligung für Douglas Durand i. H. v. US$ 126 Millionen schrieb der Journalist Weinberg eine harsche Entscheidung zum Erhebungszeitpunkt noch aus; U.S. Department of Justice, Civil Division, Fraud Statistics – Overview: Oct. 1, 1986–Sept. 30, 2008. 508 Die qui tam Klage aus dem Jahr 1989 richtete sich gegen unsachgemäße Rechnungen von United Technologies Corp. gegenüber dem Verteidigungsministerium. Eine außergerichtliche Zahlung in Höhe von US$ 1 Millionen lehnte Keeth ab; von der erstrittenen Summe i. H. v. US$ 150 Millionen erhielt er US$ 22,5 Millionen; Corporate Crime Report, S. 17. 509 Knoob erhob Klage gegen ihren Arbeitgeber Blue Cross Blue Shield of Illinois aufgrund falscher Abrechungen gegenüber dem Staat und der Zerstörung von Dokumenten. Von den an den Staat gezahlten US$ 140 Millionen erhielt sie gut US$ 29 Millionen; Corporate Crime Reporter, S. 17 f. 510 Die qui tam Klage von Douglas Durand richtete sich gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber TAP Pharmaceuticals sowie kurz darauf gegen dessen Konkurrenten AstraZeneca aufgrund rechtswidriger Provisionen („Kick-backs“) sowie falscher Rückerstattungsansprüche gegenüber staatlichen Krankenversicherungen. Die Unternehmen mussten US$ 885 Millionen bzw. US$ 355 Millionen an den Staat zahlen, von denen Durand US$ 79 Millionen bzw. US$ 47 Millionen erhielt; vgl. Weinberg, The Dark Side of Whistleblowing, in: Forbes.com, Meldung vom 14. März 2005. 511 Vgl. Corporate Crime Reporter, S. 9. 512 Für eine sozialpsychologische Diskussion zu finanziellen Anreizen Callahan/ Dworkin, 37 Vill. L. Rev. (1992), S. 283 ff. 513 Vgl. Callahan/Dworkin, 37 Vill. L. Rev. (1992), S. 293 f. 514 Vgl. Callahan/Dworkin/Lewis, 44 VJIL (2004), S. 897. 515 Vgl. Callahan/Dworkin, 38 Am. Bus. L.J. (2000), S. 101 ff. Zu einer einschränkenden, aber gescheiterten Gesetzesinitiative (HR 3523) aus dem Jahr 1998 vgl. Spotlight: Legislation That Would Cut the False Claims Act Loses Support After DOJ and HHS Issue Guidelines, in: 14 FCAQR 29 ff. (1998).

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Kritik über das Gesetz516. Durand wären bereits kurz nach seiner Einstellung im Jahr 1995 Bedenken bezüglich der Abrechnungen mit den staatlichen Krankenkassen gekommen. Anstelle seine Bedenken intern zu adressieren, sammelte er Beweise, kündigte im Jahr 1996 und erhob kurz darauf eine qui tam Klage gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber. Weinberg spricht sich weder generell gegen finanzielle Anreize aus noch stellt er eine Sanktionierung des Arbeitgebers in Frage. Vielmehr greift er die neue „post-Enron era“ amerikanischer Wirtschaftskriminalität an, bemängelt fehlende Obergrenzen und sieht im FCA ein Gesetz, welches Whistleblowern erlaube, Multimillionäre durch die Aufdeckung von Missständen zu werden, nachdem sie diese schweigend beobachtet hatten. Arbeitgeber kritisieren darüber hinaus, dass das Gesetz unbillig motivierte Hinweise unterstütze. Dem wird entgegengehalten, dass qui tam Klagen teuer und zeitaufwändig seien und der FCA ausreichende Abschreckungsmittel enthalte, unsubstantiierte Klagen nur aus unbilligen Motiven zu erheben. So kann das Gericht dem qui tam Kläger z. B. angemessene Anwaltskosten und Auslagen der Gegenseite auferlegen, sofern es die Klage als „clearly frivolous, clearly vexatious, or brought primarily for purposes of harassment“ ansieht517. In den USA wird ganz überwiegend vertreten, dass qui tam Klagen der effektiven Rechtsdurchsetzung dienen und ein weiteres Kontrollinstrument durch die Bürger bilden518. III. Whistleblower Protection Act Der WPA schützt gutgläubige Falschmeldungen, wobei objektiv zu bestimmen ist, ob eine Person in vergleichbarer Lage vernünftigerweise die gleiche Annahme getroffen hätte519. Inwiefern darüber hinaus die Motive des Whistleblowers einzubeziehen sind, wird unterschiedlich beurteilt. Insbesondere wurde im Gesetzgebungsverfahren zum WPA die Entscheidung Fiorillo v. U.S. Department of Justice, Bureau of Prisons520 unter dem Vorgängergesetz CSRA kritisiert, in welcher der Schutz verneint wurde, da die Offenlegung primär persönlich und nicht im Wohl der Allgemeinheit motiviert war521. Mit der Einführung des WPA wurde der Terminus „a disclosure“ durch „any disclosure“ ersetzt, damit unabhängig von Zeit, Art und Weise, Ort, Form, Motiven oder Zielgruppe von nun an jede gutgläubige Offenlegung geschützt werde522. Unter Berücksichtigung der Geset516 Vgl. Weinberg, The Dark Side of Whistleblowing, in: Forbes.com, Meldung vom 14. März 2005. 517 31 USC § 3730(d)(4). 518 Vgl. Callahan/Dworkin, 37 Vill. L. Rev. (1992), S. 325 ff. 519 Vgl. z. B. Smith v. Department of the Army, 80 MSPR 311 (1998) m.w. N. 520 795 F.2d 1544 (Fed. Cir. 1986). 521 S. Rpt. 100-413, S. 12 (Governmental Affairs Committee) vom 6. Juli 1988. 522 S. Rpt. 100-413, S. 12 (Governmental Affairs Committee) vom 6. Juli 1988.

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zesmaterialien wird daher in der Literatur vertreten, dass es lediglich auf den Inhalt, nicht dagegen auf die Motivation ankomme523. Die behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen spiegeln die geänderte Gesetzeslage jedoch nicht wider524. IV. Sarbanes-Oxley Act Der Whistleblower muss einen vernünftigen Grund zu der Annahme haben (reasonable belief), dass das von ihm gerügte Fehlverhalten tatsächlich geschieht525. Dabei ist der normale „reasonable person standard“ anzuwenden, den auch andere vom DOL ausgeführte Whistleblowervorschriften vorsehen526. Während es eines tatsächlichen Missstandes nicht bedarf, ist es subjektiv geboten, dass der Beschwerdeführer von einem solchen überzeugt ist, und es ist objektiv erforderlich, dass ein vernünftiger Dritter in einer vergleichbaren Situation mit der Ausbildung und Erfahrung des Whistleblowers die Situation entsprechend beurteilt hätte527. So wurde etwa der Schutz verneint, als ein Whistleblower seinen Hinweis über Insider-Geschäfte auf zufällig mitgehörte Gesprächsausschnitte, die keinen eindeutigen Rückschluss zuließen, sowie den Entwurf einer Pressemitteilung über den erfolgreichen Ausgang eines Prozesses stützte, den er im Müll entdeckt hatte. Aus Sicht eines vernünftigen Dritten in vergleichbarer Lage war ein Rückschluss aufgrund der Schwere des Vorwurfs nicht angemessen528. Ebenfalls nicht ausreichend sind Vermutungen, dass nicht näher bezeichnete Vorgänge einen Verstoß gegen die von Section 806 SOX erfassten Vorschriften enthalten529; die Überzeugung muss sich vielmehr auf bestimmte Tatsachen und eine konkrete Rechtsverletzung beziehen. Dabei ist es jedoch nicht erforder-

523

Vgl. Devine, 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 552 m.w. N. Vgl. die Aussage im Bericht des Repräsentantenhauses: „Perhaps the most troubling precedents involve the [MSPB’s] inability to understand that ,any‘ means ,any.‘ The WPA protects ,any‘ disclosure evidencing a reasonable belief of specified misconduct, a cornerstone to which the MSPB remains blind“; H. Rpt. 103-769, S. 18 (Committee on Post Office and Civil Service) vom 30. September 1994. 525 18 USC § 1514A(a)(1). 526 Vgl. 148 Cong. Rec. S7420 (26. Juli 2002): Legislative History of Title VIII of HR 2673: The Sarbanes-Oxley Act of 2002. 527 Vgl. z. B. Collins v. Beazer Homes USA, Inc., 334 F.Supp.2d 1365, S. 1376 (N.D. Ga. 2004); Bishop v. PCS Administration (USA), Inc., 24 I.E.R. Cas. (BNA) 1096 (2006); Smith v. Corning, Inc., 496 F.Supp.2d 244, S. 248 f. (W.D. N.Y. 2007) sowie Lerbs v. Buca di Beppo, Inc., 2004-SOX-8, S. 13 (ALJ v. 15.06.2004). 528 Bechtel v. Competitive Technologies, Inc., 2005-SOX-33, S. 27 ff. (ALJ v. 05.10. 2005). Davon losgelöste Bedenken stellten zwar einen geschützten Hinweis dar, hielten jedoch nicht der Kausalitätsprüfung stand, so dass die Beschwerde insgesamt abgewiesen wurde. 529 Vgl. Richards v. Lexmark International, Inc., 2004-SOX-49, S. 32 ff. (ALJ v. 20.06.2006). 524

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lich, dass der Whistleblower eine spezifische Vorschrift nennt, gegen die nach seiner Ansicht verstoßen wurde530. Eine über das reasonable belief Kriterium hinausgehende motivationsbeschränkende Voraussetzung sieht der SOX nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht bei Zugrundelegung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Parallelwertung zu anderen vom DOL ausgeführten Whistleblowervorschriften. In den Gesetzesmaterialien nimmt er vielmehr Bezug auf die Entscheidung in Passaic Valley Sewerage Commissioners v. U.S. Department of Labor531, nach welcher der Whistleblower unter dem Water Pollution Control Act unabhängig von seinen Motiven zu schützen ist532. Eine solche Auslegung ist folglich auch unter dem SOX zu erwarten und entspricht dem amerikanischen Anliegen, Missstände möglichst umfassend aufzudecken533. V. Einzelstaatliches Recht 1. Public-policy-Einwand Während im Rahmen des public-policy-Einwands vereinzelte Staaten für den Schutz einen tatsächlichen Missstand erfordern, stellen die überwiegenden Staaten auf den guten Glauben des Whistleblowers an die Richtigkeit seiner Behauptung ab534. In Arizona kommt es hingegen nicht auf die Gutgläubigkeit, sondern ausschließlich darauf an, ob sich die erhobenen Bedenken auf einen wichtigen Grundsatz der öffentlichen Ordnung beziehen535. Im Hinblick auf die Motivation schränken viele Einzelstaaten den Schutz dahingehend ein, dass ein Hinweis nicht ausschließlich oder überwiegend auf Rache, Aussicht auf persönliche Bereicherung oder sonstigen sachfremden Beweggründen basieren darf 536. Dass Hinweise aus unbilligen Motiven oftmals ungeschützt bleiben, ist im Hinblick auf den Sinn und Zweck des public-policyEinwands (effektive Rechtsdurchsetzung) und die sonst zurückhaltende Einbeziehung der Motivation zumindest auffällig. 530 Vgl. Collins v. Beazer Homes USA, Inc., 334 F.Supp.2d 1365, S. 1377 (N.D. Ga. 2004); Mahony v. KeySpan Corp., 2007 U.S. Dist. LEXIS 22042, S. 14 (E.D. N.Y. 2007). 531 992 F.2d 474, S. 478 (3rd Cir. 1993). 532 Vgl. 148 Cong. Rec. S7420 (26. Juli 2002): Legislative History of Title VIII of HR 2673: The Sarbanes-Oxley Act of 2002. 533 Gegen die Einbeziehung der Motivation Callahan/Dworkin/Lewis, 44 VJIL (2004), S. 896 und Callahan/Dworkin/Fort/Schipani, 40 Am. Bus. L.J. (2002), S. 190. 534 Westman/Modesitt, S. 142 m.w. N.; Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 597. 535 Vgl. Murcott v. Best Western International, Inc., 9 P.3d 1088, S. 1096 (Ariz. Ct. App. 2000). 536 Vgl. Westman/Modesitt, S. 144 f. m.w. N. sowie z. B. Dahl v. Combined Insurance Company, 621 N.W.2d 163, S. 167 f. (S.D. 2001).

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2. Einzelstaatliches Gesetzesrecht Ganz überwiegend schützen die Einzelstaaten Whistleblower, die im Zeitpunkt des Hinweises in gutem Glauben sind. Dies setzt regelmäßig voraus, dass dem Whistleblower weder bekannt noch infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass sein Hinweis nicht der Wahrheit entspricht537. Einige Gesetze versagen den Schutz dagegen nur bei bewusst falschen Hinweisen, so dass auch grob fahrlässige Fehleinschätzungen erfasst werden538. In Ohio wird von dem Whistleblower das Bemühen verlangt, sich von der Richtigkeit der Aussage zu überzeugen539. Vereinzelt – in der Regel in Übereinstimmung mit einer grundsätzlich restriktiven Interpretation der Whistleblowerschutznormen – wird der gute Glauben für unzureichend gehalten und ein tatsächlicher Missstand vorausgesetzt540. Dies ist jedoch die Ausnahme; Gerichte kommen regelmäßig auch ohne gesetzliche Regelung zu dem Ergebnis, dass eine tatsächliche Rechtsverletzung nicht bestehen muss541. Die Mehrzahl der Einzelstaaten schließt einen Schutz aus, sofern Hinweise unbillig motiviert sind542. Manche Staaten (z. B. Pennsylvania543 und West Virginia544) schützen ausdrücklich nur solche Hinweise, „which [are] made without malice or consideration of personal benefit“. In anderen Staaten (z. B. New Hampshire545) wird die Motivation durch die Gerichte über das good faith Kriterium einbezogen, indem sie dieses als „absence of malice“ und „honesty of in537 So z. B. in New Hampshire (N.H. Rev. Stat. Ann. 275-E:2(1)(a): „what the employee has reasonable cause to believe is a violation of [. . .]“). 538 So z. B. in Florida (Fla. Stat. § 112.3187(4)(c): „The provisions of this subsection shall not be applicable when an employee [. . .] discloses information known [. . .] to be false.“). Vgl. auch Colorado (Colo. Rev. Stat. 24-50.5-103(1)(a)), wo weder bewusst falsche Hinweise noch „information with disregard for the truth or falsity thereof“ geschützt sind. 539 Vgl. Ohio Rev. Code § 4113.52(B): „reasonable and good faith effort to determine accuracy of any information so reported“. 540 Vgl. Bordell v. General Electric Company, 622 N.Y.S.2d 1001 (N.Y. App. Div. 1995): Während die Schutzvorschrift für den öffentlichen Sektor durch das reasonable belief Kriterium ergänzt wurde, blieben drei Versuche erfolglos, eine entsprechende Änderung im privaten Sektor vorzunehmen. Dies unterstreiche den gesetzgeberischen Willen, den Schutz auf tatsächliche Missstände zu beschränken. Eine entsprechende Interpretation sei ferner im Einklang mit der Linie der New Yorker Gerichte, den publicpolicy-Einwand nicht anzuerkennen, da eine entsprechende Regelung in den Kompetenzbereich des Gesetzgebers fiele (jüngst in McGimpsey v. J. Robert Folchetti & Associates, 798 N.Y.S.2d 498, S. 499 [N.Y. App. Div. 2005]). Vgl. auch Colon v. Total Renal Care, Inc., 26 I.E.R. Cas. (BNA) 1704 (M.D. Fla. 2007) zu Fla. Stat. § 448.102. 541 Vgl. Felsberg, 32 Employment Relations Today (2005), S. 92 sowie z. B. Madison v. USF&G Financial Services Corp., 693 N.E.2d 293, S. 296 (Ohio Ct. App. 1997). 542 Vgl. Callahan/Dworkin, 36 Am. Bus. L.J. (1998), S. 177 f. 543 43 Pa. Stat. § 1422. 544 W.Va. Code § 6C-1-2(d). 545 Appeal of Osram Sylvania, Inc., 706 A.2d 172, S. 175 (N.H. 1998).

§ 8 Gutgläubigkeit und Motive

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tention“ definieren. Durch die Einbeziehung der Beweggründe soll dem Missbrauch entgegengewirkt werden: Es soll verhindert werden, dass Arbeitnehmer ihren Arbeitgebern mit externen Hinweisen drohen oder bei einer drohenden Kündigung zum Whistleblower werden mit dem Ziel, in den Genuss des Kündigungsschutzes zu kommen546. Andere Einzelstaaten sprechen sich gegen die Einbeziehung von Motiven aus, da die hinter einer Offenlegung stehenden Motive für die Erreichung des Ziels – Missstände aufzudecken und zu verringern – unbeachtlich seien547. Gut zwanzig Staaten haben (neben Schutzvorschriften für Whistleblower) ihre eigene Version des bundesstaatlichen False Claims Act erlassen und sehen finanzielle Anreize für Beschäftigte vor, die sich mit Informationen über Gesetzesverletzungen, Missmanagement und Amtsmissbrauch an dafür vorgesehene Kontrollinstanzen wenden. Teilweise sind die einzelstaatlichen Vorschriften stark an den FCA angelehnt548, teilweise auch auf den Betrug im Gesundheitswesen (health care fraud) beschränkt549. Im Gegensatz zum FCA sind die finanziellen Anreize in der Regel jedoch gering, so dass es unwahrscheinlicher ist, dass sie Entscheidungen potentieller Whistleblower beeinflussen550.

C. Vergleichende Gegenüberstellung Während bewusst falsche Hinweise in beiden Ländern dem Schutzbereich entzogen sind, werden – bis auf vereinzelte Ausnahmen in den U.S.-amerikanischen Einzelstaaten – nicht nur Hinweise über tatsächlich bestehende Missstände, sondern auch gutgläubige Falschaussagen geschützt. Dies beruht auf dem Gedanken, dass es eine unzumutbare Risikoverteilung zu Lasten des im öffentlichen Inte-

546 Vgl. z. B. Wolcott v. Champion International Corp., 691 F.Supp. 1052, S. 1064 f. (W.D. Mich. 1987): Der Schutz wurde versagt, da der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber mit einem externen Hinweis für den Fall gedroht hatte, dass er keine Arbeitsplatzgarantie bekäme. 547 Vgl. z. B. Wichita County, Texas v. Hart, 917 S.W.2d 779, S. 784 ff. (Tex. 1996): das good faith Kriterium wurde vom Gericht als Redlichkeit interpretiert, so dass die Motive nicht einzubeziehen waren. 548 So in Delaware, Florida, Hawai, Illinois, Kalifornien, Massachusetts, Michigan, Nevada, Tennessee, Virginia und Washington, D.C., wobei Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in fünf Staaten (Hawai, Kalifornien, Nevada, Tennessee und Virginia) ausdrücklich als potentielle qui tam Kläger genannt werden; vgl. Hargrove, 34 PCLJ (2004), S. 50 mit Nachweis der einschlägigen Vorschriften. 549 So in Arkansas, Colorado, Louisiana, Michigan, Montana, North Carolina, Oklahoma, Tennessee, Texas, Utah und Washington; vgl. Hargrove, 34 PCLJ (2004), S. 50 mit Nachweis der einschlägigen Vorschriften. 550 Vgl. Callahan/Dworkin, 37 Vill. L. Rev. (1992), S. 278; so sieht z. B. das Gesetz in South Carolina (S.C. Code § 8-27-20(B)) eine Belohnung i. H. v. 25 Prozent der erstrittenen Klagesumme vor, begrenzt die Belohnung jedoch auf maximal US$ 2.000.

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resse handelnden Whistleblowers wäre, ihm den Schutz bei gutgläubigem Verhalten zu versagen. In England sind die Motive des Whistleblowers nach der Rechtsprechung des Court of Appeal über das good faith Kritierium einzubeziehen und der Schutz bei überwiegend oder ausschließlich unbilligen Motiven zu versagen. Diese Auslegung des good faith Kriteriums wird in der Literatur heftig kritisiert, ist jedoch aufgrund des Wortlauts und der Systematik des PIDA zwingend; eine Gesetzesänderung sollte aufgrund der berechtigten Kritik erwogen werden. Auch in den USA wird die Einbeziehung der Motivation kontrovers diskutiert, seitdem Ralph Nader Anfang der siebziger Jahre erstmals vorschlug, das Whistleblowing bewusst als Kontrollinstrument gegen unternehmerische und behördliche Missstände einzusetzen. Während Hinweise aus unlauteren Motiven in den Einzelstaaten teilweise als nicht schutzbedürftig angesehen werden, wird überwiegend vertreten, dass die hinter einem Hinweis stehende Motivation unbeachtlich ist, sofern ein Hinweis dem gesellschaftlichen Interesse dient und Missstände verhindert. Darin kommt erneut die amerikanische Haltung zum Ausdruck, für das übergeordnete Ziel einer effektiven Rechtsdurchsetzung bestimmte Nachteile in Kauf zu nehmen. Finanzielle Anreizsysteme bilden neben Schutzvorschriften eine weitere Möglichkeit, Personen zum Whistleblowing zu motivieren. Damit wird indirekt anerkannt, dass die zu Grunde liegende Information gegenüber der Motivation wichtiger ist. Die Kritik an diesem System richtet sich vor allem gegen die Idee, für ethisches Verhalten Belohnungen zu gewähren, sowie gegen die zusätzliche Veranlassung unlauterer und böswilliger Hinweise. Entsprechend sieht das englische Rechtssystem bis auf wenige Ausnahmen keine finanziellen Anreize vor und schließt den Whistleblowerschutz nach Section 43G und Section 43H ERA sogar aus, sofern ein Hinweis für einen persönlichen Vorteil (personal gain) getätigt wird. Kritiker des personal gain Kriteriums verweisen auf das U.S.-amerikanische System, in welchem finanzielle Anreize gesetzlich verankert sind und folglich kein Novum im Whistleblowerschutz darstellen. Dennoch wäre es unzutreffend zu sagen, dass das amerikanische System im Wesentlichen darauf beruhe, Whistleblower für ihre Hinweise finanziell zu belohnen. Zwar existieren entsprechende Vorschriften in den USA, jedoch basiert das System auch dort überwiegend auf Schutzvorschriften ohne finanzielle Anreize. Die Anreizsysteme verdeutlichen aber, dass der amerikanische Gesetzgeber finanzielle Anreize als effektives Mittel betrachtet, Bürger an der Rechtsdurchsetzung zu beteiligen. Das beste und bekannteste Beispiel ist der FCA, der erhebliche Belohnungen in Aussicht stellt. Andere bundes- und einzelstaatliche Anreizvorschriften bleiben in ihrer Effektivität hinter dem FCA zurück.

§ 9 Rechtsdurchsetzung

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§ 9 Rechtsdurchsetzung A. Rechtsdurchsetzung in England Ebenso wichtig wie der materiellrechtliche Regelungsgehalt einer geschützten Offenlegung i. S. d. Sections 43A ff. ERA ist die effektive Rechtsdurchsetzung. Dem Whistleblower stehen mit Section 103A und Section 47B ERA umfangreiche Schutzvorschriften zur Verfügung, um seine Rechte durchzusetzen. Dabei gilt wie folgt zu differenzieren: Der Kündigungsschutz in Abschnitt X und damit Section 103A ERA ist nur auf Arbeitnehmer (employees) i. S. v. Section 230 Abs. 1 ERA anwendbar. Beschäftigte (worker) i. S. v. Section 230 Abs. 3 und Section 43K Abs. 1 ERA haben ihre Klagen dagegen stets auf Section 47B ERA zu stützen. Entsprechendes gilt für Arbeitnehmer, sofern sie sich gegen andere Benachteiligungen als eine Kündigung wenden. I. Kündigungsschutz i. S. v. Section 103A ERA 1. Besonderer Kündigungsschutz Eine Kündigung (Section 103A ERA) bzw. die Sozialauswahl im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung (Section 105 Abs. 6A ERA) ist ungerechtfertigt, sofern sie auf einem geschützten Hinweis i. S. v. Section 43A ERA beruht. Damit genießt der Whistleblower besonderen Kündigungsschutz. Eine gerichtlich überprüfbare Kündigung seitens des Arbeitgebers liegt dabei nicht nur bei einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung vor, sondern auch bei einer arbeitgeberseitig veranlassten Eigenkündigung des Arbeitnehmers (constructive dismissal)551. Dabei beendet zwar der Arbeitnehmer faktisch das Arbeitsverhältnis, der eigentliche Beendigungsgrund liegt jedoch in dem vorgeschalteten wesentlichen Vertragsbruch des Arbeitgebers552. Für einen umfassenden Schutz wurde darüber hinaus Section 237 Abs. 1A lit. a TULR(C)A eingefügt. Entgegen dem Grundsatz von Section 237 Abs. 1 TULR(C)A, dass rechtswidrig streikende Arbeitnehmer keinen Kündigungsschutz genießen, wird durch Abs. 1A lit. a der besondere Kündigungsschutz von Section 103A ERA aufrechterhalten. Gemäß Section 103A (und Section 105 Abs. 6A) ERA muss das Whistleblowing der (vorherrschende) Grund („the reason [or, if more than one, the principal reason]“) für die Kündigung gewesen sein. Es sind folglich die Beweggründe des Arbeitgebers (bei einem Motivbündel der vorherrschende Grund) für die Kündigung festzustellen. Teilweise wird in der Literatur eine Gesetzesänderung dahingehend gefordert, im Rahmen der Kausalverknüpfung nicht auf den vorherrschenden Grund abzustellen, sondern den besonderen Kündigungsschutz 551 552

Section 95 Abs. 1 lit. c ERA. Vgl. Smith/Wood’s, S. 546 ff.

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bereits zu gewähren, wenn das Whistleblowing eines der Kündigungsgründe ist553. Eine Klage ist innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim Employment Tribunal zu erheben554. Die Whistleblowerschutzvorschriften im Abschnitt X begründen einen besonderen Kündigungsschutz. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber Whistleblower als besonders schutzbedürftig ansieht und ihre Kündigung über den allgemeinen Kündigungsschutz hinaus ausgeschlossen hat. Der besondere Kündigungsschutz bringt bestimmte Vorzüge mit sich. Insbesondere kann jeder Arbeitnehmer ab Beginn des Arbeitsverhältnisses klagen; die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzes ist nicht – wie im allgemeinen Kündigungsschutzrecht – davon abhängig, dass das Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als ein Jahr besteht (sog. qualifying period)555. Darüber hinaus findet die im allgemeinen Kündigungsschutzrecht anwendbare Schadenshöchstgrenze des Entschädigungsanspruchs (compensatory award) von derzeit £ 65.300 bei Kündigungsschutzklagen von Whistleblowern keine Anwendung556. Gerade aus dem Arbeitgeberlager wird auf das Missbrauchspotential des besonderen Kündigungsschutzes hingewiesen. Arbeitnehmer würden ihre Klagen auf Section 103A ERA stützen, um das Erfordernis der einjährigen Beschäftigung sowie die Haftungsobergrenze im allgemeinen Kündigungsschutzrecht zu umgehen und ein weiteres taktisches Druckmittel im Prozess zu haben557. Ferner würden Hinweise vor dem Hintergund bereits anhängiger Disziplinarverfahren sowie einer drohenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhoben mit dem 553

Vickers, (2000) LS, S. 442. Section 111 Abs. 2 lit. a ERA. Eine Fristverlängerung ist gemäß Abs. 2 lit. b. möglich, sofern es dem Kläger billigerweise nicht möglich war (not reasonably practicable), die Klage innerhalb der Frist einzureichen. Abzustellen ist folglich auf eine schuldhafte Säumnis des Klägers. Im Gegensatz zu dieser Regelung haben die Gerichte im Antidiskriminierungsrecht ein weiter gehendes Ermessen (just and equitable) und können auch die Erfolgsaussichten der Klage einbeziehen, vgl. Steinhauser, Kapitel 6. A. IV. Teilweise wird die Übertragung der diskriminierungsrechtlichen Regelung gefordert; vgl. Lewis, (2005) 34 ILJ, S. 250. 555 Section 108 Abs. 3 lit. ff und lit. h ERA. Die Beschränkung des allgemeinen Kündigungsschutzes auf das 65. Lebensalter (Section 109 Abs. 1 ERA a. F.) ist mit der Einführung der EE(A)R 2006 entfallen, wobei für das Whistleblowing ohnehin eine Ausnahme galt (vgl. Section 109 Abs. 2 lit. ff und lit. h ERA a. F.). 556 Section 124 Abs. 1A ERA. Der Schadensersatz besteht gemäß Section 118 ERA aus einem Grundanspruch (basic award) und einem Entschädigungsanspruch (compensatory award). Der basic award soll den Verlust des Arbeitsplatzes und damit der kontinuierlichen Beschäftigung entschädigen. Die Höhe des Anspruchs wird mit einem Wochenentgelt pro Beschäftigungsjahr berechnet; Section 119 ff. ERA. Der compensatory award soll dagegen den direkten Schaden ausgleichen, der durch den Verlust des Arbeitsplatzes entstanden ist. Die Höhe wird durch das Gericht nach billigem Ermessen im Hinblick auf alle Umstände, die zur Kündigung geführt haben, ermittelt; Section 123 f. ERA. 557 Vgl. die Ausführungen in Myers, S. 110; PCaW (2003), S. 17; Hobby, S. 45. 554

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Ziel, dem Schutzbereich des PIDA zu unterfallen. Arbeitnehmer würden – ohne Nachteile befürchten zu müssen – hoffen, auf diese Weise Zugang zu Gericht zu erhalten oder eine außergerichtliche Einigung zur Vermeidung teurer und öffentlichkeitswirksamer Prozesse zu erzielen558. Eine gewisse Warnung, insbesondere im Hinblick auf das im Jahr 2004 eingeführte strengere Kostensystem559, brachte die EAT Entscheidung in Milne v. Link Asset and Security Co. Ltd.560, in der dem Kläger Kosten i. H. v. £ 5.000 auferlegt wurden. Der Kostenbeschluss beruhte auf der unangemessenen und missbräuchlichen Referenz zum Whistleblowing, mit welcher der Arbeitnehmer eine wenig erfolgversprechende Kündigungsschutzklage anreicherte und damit die Gerichte unnötig belastete und dem Arbeitgeber überflüssige Kosten verursachte. 2. Beweislastverteilung Mangels eigenständiger Beweisvorschriften im Arbeitsverfahren gelten grundsätzlich die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln zum Tatsachenvortrag und zur Beweisführung im kontradiktorischen Prozess. Demnach obliegt es dem Kläger, die behaupteten Tatsachen – insbesondere einen geschützten Hinweis gem. Sections 43A ff. ERA – substantiiert darzulegen und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (on a balance of probabilities) zu beweisen561. Dabei bezieht sich die Beweislast auf den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich, einen legitimen Adressaten sowie die Gutgläubigkeit. Aufgrund der erheblichen praktischen Schwierigkeiten, subjektive Tatbestandsmerkmale zu beweisen, gilt jedoch eine Vermutung zugunsten des Whistleblowers, dieser habe in good faith gehandelt562. Ein entsprechender Gegenbeweis des Arbeitgebers muss zwingende Indi558 Die Informationen von Whistleblowern oder besser deren Schweigen sind Arbeitgebern oftmals erhebliche Summen wert. So zahlte die damalige Gewerkschaft Manufacturing, Science, Finance (heute Amicus) gut £ 750.000 an Beratungskosten und außergerichtlicher Einigungen für drei Mitarbeiter, die Bedenken hinsichtlich Unregelmäßigkeiten in der Gewerkschaft erhoben hatten; Hencke, Third tribunal payout gags MSF allegations, in: The Guardian vom 18. Juli 2000. Auch British Biotech zahlte seinem ehemaligen Forschungsdirektor Dr. Andrew Millar, der öffentlich Bedenken über den Ausgang von Arzneimittelversuchen und die Erfolgsaussichten bestimmter Medikamente erhob, nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage in einer außergerichtlichen Einigung £ 250.000; Walsh, Honesty at work comes with a price, in: The Observer vom 8. Juli 2001. 559 Vgl. oben § 3 B.II.2. 560 [2005] All ER (D) 143 (Sep), EAT. 561 Bailey/Ching/Gunn, S. 1059 f. 562 Lucas v. Chichester Diocesan Housing Association Ltd. [2005] All ER (D) 92 (Feb), EAT. Eine Arbeitnehmerin hatte Bedenken über finanzielle Unregelmäßigkeiten im Rahmen eines Stadterneuerungsprojekts erhoben, weswegen ihre Stunden gekürzt und ihr später gekündigt wurde. Die erste Instanz hielt ihre Bedenken zwar für begründet und forderte sogar den Gemeinderat zu einer öffentlichen Untersuchung auf. Die Klage wurde jedoch abgewiesen, da die Arbeitnehmerin aus Bosheit über ihre Stunden-

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zien enthalten, da persönliche Feindseligkeiten und Bosheit besonders ernste Anschuldigungen in Arbeitsverhältnissen sind. Das EAT bestätigte seine Rechtsprechung in der Entscheidung Bachnak v. Emerging Markets Partnership (Europe) Ltd.563, in der es die Rechtsauffassung der ersten Instanz, es gelte keine Beweiserleichterung zugunsten des Whistleblowers, ausdrücklich zurückwies. Des Weiteren überträgt Section 98 Abs. 1 ERA die Beweislast bezüglich der Berechtigung (fairness) einer Kündigung auf den Arbeitgeber, da deren Fehlen für den Arbeitnehmer regelmäßig nur schwer nachzuweisen ist. Während der Arbeitnehmer folglich den geschützten Hinweis beweisen muss, trifft den Arbeitgeber die Beweislast, dass ein berechtigter Grund zur Kündigung bestand564. In Kuzel v. Roche Products Ltd.565 wurde vom EAT entschieden, dass eine Zurückweisung der vom Arbeitgeber vorgebrachten Kündigungsgründe nicht automatisch in der Annahme des vom Arbeitnehmer vorgebrachten Kündigungsgrundes resultiere. Vielmehr sei das Gericht (losgelöst vom Parteivorbringen) frei, einen anderen Kündigungsgrund anzunehmen. So wurde die Kündigung nicht wegen des Whistleblowings, sondern aufgrund des arbeitgeberseitigen Verstoßes gegen die gesetzlichen Verfahrensvorschriften für ungerechtfertigt erklärt, was insbesondere im Zusammenhang mit der Anwendung der Schadenshöchstgrenze von Bedeutung war. Das Gericht argumentierte, dass trotz starker Ähnlichkeiten zum Antidiskriminierungsrecht, in welchem der fehlende Entlastungsbeweis von Seiten des Arbeitgebers zu einer automatischen Stattgabe der Klage führt, gesetzliche Unterschiede bestünden und zu beachten seien566. Der Gesetzgeber habe verkürzung gehandelt habe. Das EAT korrigierte die Entscheidung, da das good faith Kriterium aufgrund des zeitlichen Widerspruchs im erstinstanzlichen Urteil – der Hinweis erfolgte gerade vor der Stundenverkürzung – nicht aus diesem Grunde verneint werden konnte. Der Arbeitgeber konnte auch nicht beweisen, dass die Arbeitnehmerin aus anderem Grunde nicht in good faith handelte. 563 [2006] All ER (D) 211 (Jan), EAT. Nachdem ein Disziplinarverfahren gegen einen Arbeitnehmer eingeleitet worden war, wies dieser auf Missstände im Unternehmen hin. Nach Ansicht des EAT erfolgte der Hinweis nicht im öffentlichen, sondern im persönlichen Interesse, da er seinen Arbeitgeber unter Druck setzen wollte, ihn nicht zu entlassen. 564 Bei einem Beschäftigungsverhältnis unter einem Jahr, in welchem der allgemeine Kündigungsschutz nicht anwendbar ist, hat der Arbeitnehmer darüber hinaus die besondere Zuständigkeit der Arbeitsgerichte (on the balance of probabilities) darzulegen. Ferner werden erhöhte Voraussetzungen an die Widerlegung der vom Arbeitgeber vorgebrachten Kündigungsgründe gestellt; vgl. Eleady-Cole v. The Brothers of Charity Services Merseyside [2002] All ER (D) 198 (Mar), EAT. 565 [2007] IRLR 309, EAT. Vgl. auch die Fallbesprechung in (2007) 833 IDS Emp. L. Brief, S. 3 f. 566 Das Diskriminierungsmerkmal muss ein wesentlicher Faktor (significant factor) für die Benachteiligung sein, wohingegen ein Hinweis der (vorherrschende) Grund ([principal] reason) für die Kündigung sein muss. Ferner unterscheidet das Whistleblowingrecht zwischen Kündigungen (Section 103A ERA) und anderen arbeitsrechtlichen Vergeltungsmaßnahmen (Section 47B ERA), wohingegen das Antidiskriminierungsrecht keine solche Differenzierung kennt. Schließlich steht Schmerzensgeld im

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nicht den Gleichlauf mit dem Antidiskriminierungsrecht gewollt, sondern das Whistleblowing bewusst in das Kündigungsschutzrecht eingeordnet, so dass für die Beweislastverteilung die in Maund v. Penwith District Council 567 aufgestellten Grundsätze gelten. 3. Rechtsfolgen Eine begründete Klage eröffnet den in Section 112 ERA genannten Rechtsfolgenkatalog. Auf Antrag des Klägers kann das Gericht gemäß Section 112 Abs. 2, 3 i.V. m. Sections 113 ff. ERA eine Weiterbeschäftigung oder Wiedereinstellung anordnen568. Alternativ ist dem Kläger nach Section 112 Abs. 4 i.V. m. Sections 118 ff. ERA der entstandene Schaden zu ersetzen569. Zur Geltendmachung seiner Rechte kann der Whistleblower das Eilverfahren gemäß Sections 128 ff. ERA in Anspruch nehmen. Das Interesse aller beteiligten Parteien an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist jedoch gering. So wird das theoretische Konstrukt von Eilverfahren und Wiedereinstellungsanspruch in der Praxis weder von der Arbeitnehmerseite beantragt, noch von der Rechtsprechung angeordnet570. Die Fortführung des Arbeitsverhältnisses bleibt eine Sondererscheinung im britischen Arbeitsrecht und der finanzielle Schadensausgleich bildet auch im Whistleblowingrecht die übliche Kompensation. In der Literatur wird diese Entwicklung kritisiert und die Wiedereinstellung als Regel und nicht als Ausnahme gefordert571. Ferner wird kritisiert, dass die Gerichte – gerade im Gegensatz zum Antidiskriminierungsrecht – keine Möglichkeit haben, dem Arbeitgeber Maßnahmen aufzuerlegen, die nachteilige Folgen für den Whistleblower beseitigen oder zu Antidiskriminierungsrecht stets zur Verfügung, wohingegen es bei Kündigungsschutzklagen ausgeschlossen ist. 567 [1984] IRLR 24, CA. 568 Die order of reinstatement (Section 114 ERA) verpflichtet den Arbeitgeber zur Fortsetzung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Dabei ist der Arbeitnehmer so zu behandeln, als hätte es keine Unterbrechung des Dauerschuldverhältnisses gegeben. Er hat folglich einen Anspruch sowohl auf den entgangenen Lohn als auch auf potentielle Erhöhungen oder Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, zu denen er berechtigt gewesen wäre. Dagegen verpflichtet die order of re-engagement (Section 115 ERA) den Arbeitgeber, den Arbeitnehmer zu gleicher oder vergleichbarer Arbeit erneut anzustellen. Die Gerichte können Bedingungen (z. B. einen Zahlungsrückstand) festsetzen und ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis wird fingiert; vgl. Smith/Wood’s, S. 604 ff.; Bowers/Fodder/Lewis/Mitchell, S. 206 ff. 569 Dazu unten § 9 A.IV. 570 Der Verfasserin ist lediglich ein Fall bekannt, in dem es nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses kam. So wurde in Stevens v. Conwy County Borough Council (unveröffentlichte Entscheidung aus dem Jahr 2001) eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses gemäß Section 114 ERA angeordnet, nachdem einem Fitnesslehrer gekündigt wurde, weil er Bedenken erhoben hatte, dass ein externer Erste-Hilfe-Kurs nicht den vertraglichen Vereinbarungen entsprach; zitiert nach Myers, S. 110. 571 Vgl. Hobby, S. 56.

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einem whistleblowerfreundlichen Organisationsklima beitragen. Mit derartigen Kompetenzen könnten die Gerichte auf organisationsinterne Abläufe einwirken und einen Kulturwandel anstoßen572. II. Schutz vor Benachteiligungen i. S. v. Section 47B ERA 1. Schutz vor Benachteiligungen Section 47B Abs. 1 ERA verbietet eine Benachteiligung (detriment) von Beschäftigten durch ein Handeln oder Unterlassen des Arbeitgebers aufgrund (on the ground) einer geschützten Offenlegung. Gegenüber dem common law enthält die Vorschrift zwei Neuerungen: Zum einen können sich Beschäftigte, die keine Arbeitnehmer i. S. v. Section 230 Abs. 1 ERA sind, auf den Schutz berufen; zum anderen kann sich ein Whistleblower auch gegen solche Benachteiligungen wehren, die nicht in einer Kündigung bestehen. Gemäß Section 48 Abs. 1A ERA ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit eröffnet. Die Klagefrist beträgt drei Monate, beginnend mit dem Handeln oder Unterlassen, auf das sich die Klage bezieht573. Bei einer fortdauernden Benachteiligung (series of similar acts or failures) setzt die letzte Handlung oder Unterlassung die Frist in Gang574. Anspruchsvoraussetzungen sind (1) ein geschützter Hinweis i. S. v. Section 43A ERA, (2) ein Nachteil (3) durch ein Handeln oder Unterlassen des Arbeitgebers sowie (4) die Kausalität zwischen Hinweis und Arbeitgeberverhalten575. Der Nachteilsbegriff (detriment) ist im Gesetz nicht näher definiert. Das Konzept ist jedoch aus dem Antidiskriminierungsrecht bekannt und entsprechend auszulegen576. Demnach liegt ein Nachteil vor, sofern ein vernünftiger Beschäftigter (reasonable worker) der Ansicht wäre, dass er durch die Behandlung unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls einen Nachteil erlitt577. Die Recht572 Vgl. Lewis, (2005) 34 ILJ, S. 250 f. So auch Gobert/Punch, (2000) 63 MLR, S. 48, die in der derzeitigen Rechtslage einen Freischein für Arbeitgeber sehen, Benachteiligungen von Whistleblowern zu „erkaufen“. 573 Section 48 Abs. 3 lit. a ERA (mit einer möglichen Fristverlängerung in Abs. 3 lit. b). 574 Eine Klage wegen fortdauernder Benachteiligung darf ohne Beweiswürdigung nicht schon deshalb abgewiesen werden, weil lediglich die letzte Handlung innerhalb der Klagefrist liegt. Es ist vielmehr eine umfassende Beweiswürdigung erforderlich, damit eventuelle Verknüpfungen zwischen den Handlungen aufgezeigt werden können; Arthur v. London Eastern Railway Ltd. [2007] IRLR 58, CA. Vgl. auch Bartlet-Jones/ Niaz-Dickinson, (2007) 157 NLJ, S. 14 f. 575 London Borough of Harrow v. Knight [2003] IRLR 140, EAT. 576 Harvey, DII [90]. 577 Harvey, DII [90]. Vgl. auch die diskriminierungsrechtlichen Entscheidungen in Kahn v. Chief Constable of West Yorkshire [2001] IRLR 830, HL und Shamoon v. Chief Constable of the Royal Ulster Constabulary (Northern Ireland) [2003] IRLR 285, HL.

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sprechung legt den Nachteilsbegriff extensiv aus. Er umfasst u. a. Entlassungen, Disziplinarmaßnahmen, Lohnkürzungen, schlechtere Arbeitsbedingungen oder Sozialleistungen, Mobbing, das „Kaltstellen“ eines Beschäftigten durch Aufgabenentzug oder Versetzung auf einen „unschädlichen“ Arbeitsplatz sowie die Versagung von Gehaltserhöhungen, Beförderungen, Gratifikationen oder anderer Vergünstigungen. Obwohl sich eine nachteilige Behandlung in der Regel in einem ökonomischen Nachteil manifestiert, wird keine derartige Beschränkung vorgenommen. Vielmehr kann bereits das bloße Vorenthalten einer Wahlmöglichkeit ein Nachteil sein, sofern sie dem Kläger wertvoll erscheint und diese Wertigkeit von anderen aus vernünftigen Erwägungen geteilt wird578. Regelmäßig sind jedoch nicht die Fälle offensichtlicher Benachteiligungen problematisch. Vielmehr stellt sich die Frage nach einer bestehenden Erheblichkeitsschwelle, unterhalb derer eine faktisch gegebene Benachteiligung unbeachtlich bleiben könnte. Im Antidiskriminierungsrecht wurde eine derartige de minimis Regelung in Gill and Coote v. El Vino Co. Ltd.579 – entgegen früherer Entscheidungen580 – verneint, so dass eine Erheblichkeitsschwelle in Anbetracht der Parallelwertung zum Nachteilsbegriff auch im Whistleblowingrecht nicht zu erwarten ist. Handlungen von Beschäftigten sind dem Arbeitgeber zuzurechnen, sofern die beanstandete Handlung dem Kontrollbereich des Arbeitgebers zuzuordnen ist581. In diesem Zusammenhang entschied das EAT in Cumbria County Council v. Carlisle-Morgan582, dass der Arbeitgeber für das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen nach den allgemeinen Grundsätzen zur vicarious liability haftet. Demnach sind Handlungen (mit Ausnahme strafbarer Handlungen), die im Lauf der Beschäftigung (in the course of his employment) vorgenommen werden, so zu behandeln, 578

Birmingham City Council v. Equal Opportunities Commission [1989] IRLR 173,

HL. 579 [1983] IRLR 206, S. 208, CA. In einem als Treffpunkt von Journalisten und Juristen äußerst populären Weinlokal in der Londoner Fleet Street durften sich Frauen lediglich an den beiden Tischen oder im Hinterzimmer aufhalten, nicht jedoch im Thekenbereich: „Can it be said that the refusal of that facility was a matter that could be classified as de minimis? In other words, it seems to me that involves saying ,Well, she was less favourably treated but only very slightly.‘ I find it very difficult to evoke the maxim de minimis non curat lex in a situation where that which has been denied to the plaintiff is the very thing that Parliament seeks to provide, namely facilities and services on an equal basis“. 580 Automotive Products Ltd. v. Peake [1977] IRLR 365, CA. Der Arbeitgeber hatte seinen Arbeitnehmerinnen gestattet, das Betriebsgelände fünf Minuten vor den männlichen Kollegen zu verlassen. Lord Denning wies die Klage der Arbeitnehmer ab, da sie – wenn nicht bereits aus anderen Gründen – jedenfalls wegen des Grundsatzes de minimis non curat lex scheitere. 581 London Borough of Harrow v. Knight [2003] IRLR 140, EAT mit Verweis auf Burton and Rhule v. De Vere Hotels Ltd [1996] IRLR 596, EAT. 582 [2007] IRLR 314, EAT unter Berufung auf Majrowski v. Guy’s and St. Thomas’s NHS Trust [2006] IRLR 695, HL. Vgl. auch die Fallbesprechung in (2007) 827 IDS Emp. L. Brief, S. 8 f.

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als seien sie sowohl vom Beschäftigten als auch vom Arbeitgeber vorgenommen worden. Mangels gesetzlicher Regelung zur Haftung des Arbeitgebers für das Verhalten Dritter wird die Entscheidung teilweise dahingehend verstanden, dass sie eine weitere Lücke im Whistleblowerschutz schließt583. Teilweise wird darüber hinaus eine ausdrückliche Regelung wie in den Antidiskriminierungsgesetzen584 gefordert, welche die Exkulpationsmöglichkeiten des Arbeitgebers beschränkt585. Für den Kausalzusammenhang ist es erforderlich, dass die Benachteiligung nicht nur im Zusammenhang mit (related to), sondern aufgrund (on the ground) des geschützten Hinweises erfolgt586. Eine Ermittlung, warum eine Benachteiligung aufgrund einer geschützten Offenlegung erfolgte, ist nicht erforderlich. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Benachteiligung aufgrund eines solchen Hinweises erfolgte. Etwaige (über den Vorsatz hinausgehende) subjektive Elemente, wie eine Schädigungsabsicht des Arbeitgebers, sind nicht zu beachten587. 2. Beweislastverteilung Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer als Kläger nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln die anspruchsbegründenden Tatsachen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (on a balance of probabilities) zu beweisen588. Section 48 Abs. 2 ERA sieht jedoch aufgrund der praktischen Beweisschwierigkeiten vor, dass der Arbeitgeber die Gründe für sein Verhalten beweisen muss. Kann also der Kläger einen geschützten Hinweis sowie eine Benachteiligung seitens des Arbeitgebers beweisen, wobei eine Vermutung des good faith Kriteriums zugunsten des Klägers gilt589, ist es Aufgabe des Arbeitgebers, den vermuteten Kausalzusammenhang zwischen Hinweis und Arbeitgeberverhalten zu widerlegen590. 583

Vgl. Harvey Bulletin No. 347, S. 5. Vgl. Section 41 SDA 1975, Section 32 RRA 1976, Section 58 DDA 1995, Reg. 22 EE(RB)R 2003, Reg. 22 EE(SO)R 2003 und Reg. 25 EE(A)R 2006). 585 So Lewis, (2007) 36 ILJ, S. 226 f. 586 London Borough of Harrow v. Knight [2003] IRLR 140, EAT. Das EAT war (entgegen der ersten Instanz) der Ansicht, es sei für die Bejahung der Kausalität nicht ausreichend, dass ein Ersuchen eines Arbeitnehmers nach dem Stand interner Ermittlungen nicht beantwortet wurde, ohne weiter zu prüfen, ob die Untätigkeit auf dem Hinweis, bloßer Nachlässigkeit oder anderen Gründen beruhte. Vgl. auch Harvey, DII [95]. 587 Neben dem Wortlaut und dem Schutzzweck der Norm spricht die Parallelwertung zum Antidiskriminierungsrecht für eine entsprechende Auslegung. Die Kausalverknüpfung „on the grounds“ wurde vom House of Lords in R v. Birmingham City Council, ex parte Equal Opportunities Commission ([1989] IRLR 173, HL zu Section 1 Abs. 1 lit. a SDA 1975) und James v. Eastleigh Borough Council ([1990] IRLR 288, HL ebenfalls zur Geschlechterdiskriminierung) dahingehend ausgelegt, dass Absichten des Diskriminierenden unerheblich sind und lediglich eine vom Willen getragene Handlung erforderlich ist. 588 Bailey/Ching/Gunn, S. 1059 f. 589 Vgl. oben § 9 A.I.2. 584

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3. Rechtsfolgen Im Falle einer begründeten Klage haben die Gerichte gemäß Section 49 Abs. 1 ERA die Rechte der Beteiligten in Bezug auf die inkriminierte Handlung festzustellen (lit. a) und können den Arbeitgeber zur Zahlung von Schadensersatz verurteilen (lit. b). Der Schadensersatz ist nach Recht und Billigkeit (just and equitable in all the circumstances) mit Rücksicht auf die Rechtsverletzung und den dadurch entstanden Schaden zu bestimmen591. Grundsätzlich unterliegt der Schadensersatz keiner Begrenzung. Dies gilt jedoch nicht, wenn sich eine Klage i. S. v. Section 47B ERA gegen die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eines Nicht-Arbeitnehmers richtet. Während Kündigungsschutzklagen von employees nach Maßgabe der Sections 103A ff. ERA zu beurteilen sind, müssen worker eine Klage gegen die Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses auf Section 47B ERA stützen. Mit dem Ziel, alle Beschäftigten bei Kündigungen den gleichen Rechtsfolgen zu unterwerfen592, bestimmt Section 49 Abs. 6 ERA, dass die Rechtsfolgen bei Kündigungsschutzklagen nach Section 47B ERA den gleichen Beschränkungen wie Kündigungsschutzklagen nach Section 103A ERA unterliegen593. III. Knebelklauseln (Section 43J ERA) Infolge vehementer Kritik hinsichtlich des Gebrauchs von Geheimhaltungsklauseln594, wurde Section 43J ERA (Contractual duties of confidentiality) eingeführt. Die Vorschrift erklärt Vereinbarungen für unwirksam, deren Ziel es ist, Beschäftigte an Offenlegungen zu hindern. Vom Anwendungsbereich der Norm werden Vertragsklauseln, Klageverzichte sowie außergerichtliche Einigungen erfasst. Vereinbarungen, die eine unter dem PIDA nicht geschützte Offenlegung verbieten, werden hingegen nicht erfasst. So könnte eine Vertragsklausel wohl die Offenlegung schwerwiegenden Missmanagements, nicht jedoch die Offenlegung illegaler Unternehmensführung verbieten. IV. Schadensersatz Eine Verurteilung des Arbeitgebers zur Zahlung von Schadensersatz ist sowohl im Rahmen von Section 103A ERA als auch von Section 47B ERA das übliche Sanktionsmittel. Für die Berechnung des Schadensersatzes kommen die Grund590 So auch das EAT in London Borough of Harrow v. Knight [2003] IRLR 140, EAT, mangels Entscheidungsrelevanz jedoch lediglich obiter dictum. 591 Section 49 Abs. 2 ERA. 592 Lewis, (1998) 27 ILJ, S. 329. 593 Vgl. unten § 9 A.IV.2.b). 594 Vgl. insbesondere Committee on Standards in Public Life, First und Second Report.

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regeln der Schadensersatzlehre zur Anwendung, so dass die benachteiligte Person nach dem Restitutionsprinzip so zu stellen ist, wie sie stünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Die Aufhebung der Schadenshöchstgrenze im Antidiskriminierungsrecht595 sowie die Bereitschaft der Gerichte, höhere Schadensersatzsummen im Antidiskriminierungsrecht zuzusprechen, tragen zu einer generellen Dynamisierung des Schadensersatzes bei, was auch dem Whistleblower zu Gute kommt. Der durchschnittlich unter dem PIDA zugesprochene Schadensersatz liegt bei £ 107.117596 und ist damit deutlich über der Höchstgrenze bei allgemeinen Kündigungsschutzklagen. Allein in den ersten drei Jahren seit Inkrafttreten des PIDA wurden durch die Gerichte Zahlungen von über £ 30 Millionen angeordnet597. Bei der Einbeziehung außergerichtlicher Zahlungen käme man auf eine weitaus höhere Summe, da Arbeitgeber bei hohen Erfolgsaussichten der Klage sowie drohenden Reputationsschäden einen öffentlichen Prozess vermeiden wollen. 1. Ersatz materieller Schäden Grundsätzlich sind wirtschaftliche Schäden (entgangenes Entgelt, Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung sowie betriebliche Leistungen) in dem Umfang zu erstatten, in dem sie nachweislich entstanden sind. Nach den Grundsätzen der haftungsausfüllenden Kausalität muss der Schaden direkt durch das Verhalten des Arbeitgebers verursacht worden sein. Zukünftige Schäden sind auf der Basis einer Prognose zu ersetzen, soweit sie direkt auf das Arbeitgeberverhalten zurückzuführen sind. Im Falle einer Benachteiligung, die keine Kündigung ist, erweist sich die Berechnung des Schadensersatzes als problematisch. Dies gilt insbesondere für die Ermittlung des geldwerten Nachteils von vorenthaltenen Vergünstigungen (z. B. Weiterbildungsmöglichkeiten oder Beförderungen). Für den Fall, dass das Beschäftigungsverhältnis beendet wurde, sind bei der Schadensfestsetzung neben dem Verdienst des Whistleblowers598 auch dessen 595 Während auch in den Diskriminierungsgesetzen (SDA 1975 und RRA 1976) zunächst die regulären Schadenshöchstgrenzen Anwendung fanden, hielt der EuGH diese Grenzen im Bereich der Geschlechterdiskriminierung für unvereinbar mit Art. 6 der EG-Gleichbehandlungsrichtlinie (EuGH v. 02.08.1993 [Rs. C-271/91] Marshall v. Southampton and South-West Hampshire Area Health Authority, Slg. 1993, I-4367 ff.). Die Gesetzesänderung des SDA 1975 wurde für den RRA 1976 übernommen und in den folgenden Antidiskriminierungsgesetzen (DDA 1995, EE(SO)R 2003, EE(RB)R 2003 und EE(A)R 2006) von Anfang an beachtet. Die Gesetze sind als zusammengehörige und gleichartige Gesetze (pares materia) konzipiert und sollen eine möglichst weitgehende einheitliche Rechtsentwicklung genießen. 596 Die Spanne des zugesprochenen Schadensersatzes reicht dabei von £ 1.000 bis £ 806.384; vgl. PCaW Case Summaries. 597 Vgl. PCaW Case Summaries. 598 So erhielt ein Leiter der M&A Abteilung, der einen Börsengang des Unternehmens begleiten sollte und intern Bedenken bezüglich einer Reihe von falschen und irre-

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Schwierigkeiten einzubeziehen, alternative Arbeit zu finden. Der Schadensersatz dient demnach auch der Kompensation von Chancenverlusten und Nachteilen auf dem Arbeitsmarkt. So wurde in Fernandes v. Netcom Consultants (UK) Ltd.599 ein Schadensersatz in Höhe von £ 293.441 unter ausdrücklichem Hinweis auf das Alter des Arbeitnehmers (59) und die Schwierigkeit, in den verbleibenden sechs Jahren des Berufslebens eine gleichwertige Arbeit zu finden, zugesprochen. Guy Dehn, Direktor von PCaW, bezeichnete diesen Fall als „wake-up call to every employer in the UK“ 600. Die Einbeziehung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt bleibt jedoch im Rahmen der Schadensfestsetzung weiterhin eine Ausnahme. 2. Ersatz immaterieller Schäden a) Klagen nach Section 103A ERA Immaterieller Schadensersatz (aufgeteilt in Schadensersatz für verletzte Gefühle [injury to feelings], verschärften Schadensersatz [aggravated damages] und pönalisierenden Schadensersatz [exemplary damages]) hat im britischen Arbeitsrecht eine Sonderstellung. Bereits 1972 wurde in Norton Tool Co. Ltd. v. Tewson601 entschieden, dass eine Kündigungsschutzklage nach Sections 94 ff. ERA (und damit auch nach Section 103A ERA) auf den Ersatz materieller Schäden beschränkt ist. Dieser Grundsatz wurde im Jahr 2001 von Lord Hoffmann in Johnson v. Unisys Ltd.602 in Frage gestellt, als er sich obiter dictum für eine Erweiterung des Ersatzes auf immaterielle Schäden aussprach. Die dadurch bedingte Rechtsunsicherheit wurde alsbald in Dunnachie v. Kingston-Upon-Hull City Counsel603 beseitigt, in dem das House of Lords die alten Grundsätze bestätigte, so dass auch weiterhin nur materielle Schäden zu ersetzen sind604. führenden Darstellungen erhob, infolge seiner Kündigung als Teil des Schadensersatzes £ 700.000, die ihm (ohne die Kündigung) als Provision zugestanden hätten. Das Urteil wurde jedoch vom EAT wegen Verfahrensfehlern aufgehoben (Bhatia v. Sterlite Industries (India) Ltd. [2003] All ER (D) 410 (Mar), EAT). 599 Unveröffentlichter Fall aus dem Jahr 2000 (Case 2200060/00). Der Arbeitnehmer war für die Spesenabrechnung der Führungskräfte zuständig, die mit der firmeneigenen Kreditkarte persönliche Ausgaben tätigen durften, alle unquittierten Ausgaben jedoch erstatten mussten. Seinen Bedenken, dass ein Geschäftsführer entgegen wiederholter Anfragen keine Belege vorlegte, wurde zunächst telefonisch entgegnet, er solle sich „um seine eigenen Angelegenheiten kümmern“. Ein erneuter Hinweis führte zu seiner Kündigung. 600 Vgl. PCaW, £ 293.441 Award for Whistleblower, Pressemitteilung vom 10. Juli 2000. 601 [1972] IRLR 86, NIRC. 602 [2001] IRLR 279, HL. 603 [2004] IRLR 727, HL unter Aufhebung der Court of Appeal Entscheidung ([2004] IRLR 287, CA). 604 Kritisch Vinten, (2005) 13 C. G., S. 558, der sich für einen umfassenden finanziellen Ausgleich unter Einbeziehung des immateriellen Schadens ausspricht: „Without

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b) Klagen nach Section 47B ERA Kündigungsschutzklagen nach Section 47B ERA von Beschäftigten, die nicht Arbeitnehmer i. S. v. Section 230 Abs. 1 ERA sind, unterliegen gem. Section 49 Abs. 6 ERA den gleichen Beschränkungen wie Kündigungsschutzklagen gem. Section 103A ERA. Demnach sind immaterielle Schäden in jeglichen Kündigungsschutzklagen nicht erstattungsfähig. Es bleibt zu klären, ob entsprechendes auch dann gilt, wenn sich eine Klage nach Section 47B ERA gegen eine Benachteiligung richtet, die keine Kündigung ist. Die maßgeblichen Grundsätze wurden in Virgo Fidelis Senior School v. Boyle605 aufgestellt, wo das EAT allein die Gewährung und die Höhe des von der ersten Instanz zugesprochenen immateriellen Schadensersatzes i. H. v. £ 45.000 zu überprüfen hatte. aa) Schadensersatz für verletzte Gefühle (injury to feelings) Das EAT entschied in Boyle, die diskriminierungsrechtlichen Grundsätze auf das Whistleblowingrecht zu übertragen. Während Schmerzensgeld in Form von injury to feelings lange Zeit nicht isoliert festgesetzt werden konnte, ist diese Form des Schadensersatzes im Antidiskriminierungsrecht heute allgemein anerkannt vor dem Hintergrund, dass Gefühlsverletzungen bei Diskriminierungen nahezu unausweichlich sind606. Da jedoch praktische Schwierigkeiten bestehen, erlittene Demütigungen objektiv zu bemessen, wurden standardisierte Grundsätze für die Festsetzung der Schadenshöhe entwickelt. Maßgeblich ist die Entscheidung in Vento v. Chief Constable of West Yorkshire Police (No. 2)607, nach der im Rahmen einer Gesamtbetrachtung608 drei Kategorien im Hinblick auf die Ernsthaftigkeit und Schwere des Falles zu unterscheiden sind: (1) Die untere Kategorie this, there is absolutely no reason why anybody should desire to blow the whistle if the principle is supposed to be just compensation“. 605 [2004] IRLR 268, EAT. Ein Lehrer hatte Bedenken u. a. gegen die Schulleitung erhoben. Ein Disziplinarverfahren, welches die Schulleiterin trotz persönlicher Verstrickung leitete und deren Ausschussmitglieder sie bestimmte, wurde eingeleitet und führte zu seiner Kündigung. 606 Dabei wird das Schmerzensgeld in Form von injury to feelings teilweise ausdrücklich im Gesetz erwähnt (vgl. Section 66 Abs. 4 SDA 1975, Section 57 Abs. 4 RRA 1976 und Section 17A Abs. 4 DDA 1995) und teilweise im Rahmen der gerichtlichen Auslegung anerkannt (so unter Reg. 30 EE(SO)R 2003, Reg. 30 EE(RB)R 2003 und Reg. 38 EE(A)R 2006). 607 [2003] IRLR 102, CA. 608 Einzubeziehen sind Intensität, Häufigkeit, Charakter und Dauer der erlittenen Diskriminierung sowie die Auswirkungen auf den Betroffenen. Ferner kann das Verhalten des Arbeitgebers berücksichtigt werden, welches wegen einer Überschreitung der Klagefrist nicht mehr selbst Gegenstand der Klage sein kann. Voraussetzung ist, dass das Verhalten als Bestandteil eines Musters gewertet wird, nach welchem die Diskriminierung stattgefunden und welches die Verletzung der Gefühle intensiviert hat.

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für weniger ernsthafte Fälle (z. B. isolierte oder einmalige Diskriminierungen) sieht ein Schmerzensgeld zwischen £ 500 und £ 5.000 vor. (2) Die mittlere Kategorie für ernsthafte Fälle, die jedoch keine Einordnung in die obere Kategorie rechtfertigen, sieht eine Spanne zwischen £ 5.000 und £ 15.000 vor. (3) In die obere Kategorie fallen besonders ernsthafte Fälle (z. B. eine lang anhaltende Diskriminierung); sie sieht ein Schmerzensgeld zwischen £ 15.000 und £ 25.000 vor. Nur in außergewöhnlichen Fällen ist ein darüber hinausgehendes Schmerzensgeld zuzusprechen. Die Vento Grundsätze wurden in London Borough of Hackney v. Adams609 bereits auf Benachteiligungen als Folge der Gewerkschaftszugehörigkeit ausgedehnt. Auch Benachteiligungen des Whistleblowers sind nach Ansicht des EAT in Boyle eine Form der Diskriminierung, so dass eine Harmonisierung der Vorschriften angemessen und im Interesse einer einheitlichen Rechtsentwicklung geboten sei. Die Vento Grundsätze finden folglich auch auf Whistleblowerklagen nach Section 47B ERA Anwendung, die keine Kündigung zum Gegenstand haben. Das von der ersten Instanz gewährte Schmerzensgeld i. H. v. £ 45.000 wurde auf £ 25.000 herabgesetzt. Darüber hinaus sprach sich das EAT dafür aus, dass ein Whistleblower grundsätzlich in die obere Kategorie einzuordnen sei. In der Entscheidung Da’Bell v. NSPCC 610 im Herbst 2009 hat das EAT die in Vento festgesetzten Schadenskategorien entsprechend der Inflationsrate erhöht. Die untere Kategorie sieht demnach ein Schmerzensgeld bis zu £ 6.000 (bislang £ 5.000), die mittlere Kategorie ein Schmerzensgeld bis zu £ 18.000 (bislang £ 15.000) und die obere Kategorie ein Schmerzensgeld bis zu £ 30.000 (bislang £ 25.000) vor. Es ist davon auszugehen, dass die im diskriminierungsrechtlichen Kontext ergangene Entscheidung auf das Whistleblowingrecht übertragen wird. bb) Verschärfter Schadensersatz (aggravated damages) Verschärfter Schadenersatz kann nach den Grundsätzen des common law zugesprochen werden, sofern ein Schädiger in willkürlicher, böswilliger, beleidigender oder schikanöser Weise handelt (high-handed, malicious, insulting, oppressive) und durch sein Verhalten den Schaden des Klägers erheblich intensiviert611. Aggravated damages besitzen folglich keinen Strafcharakter, sondern bemessen sich ausschließlich an der besonderen Schwere des Schadens612. In Boyle wurde entschieden, dass diese Grundsätze auch im Bereich des Whistleblowings Anwendung finden. Aufgrund der Behandlung des Arbeitnehmers während des Ver609

[2003] IRLR 402, EAT. [2010] IRLR 19, EAT. 611 Vgl. Rookes v. Barnard [1964] AC 1129, HL; Cassell Co. Ltd. v. Broome [1972] AC 1027, HL. 612 Vgl. McConnell v. Police Authority for Northern Ireland [1997] IRLR 625, NICA. 610

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fahrens (der Schaden des Arbeitnehmers wurde durch die Ignoranz und fehlende Reue des Arbeitgebers intensiviert) wurde neben dem Schadensersatz wegen injury to feelings zusätzlich ein verschärfter Schadensersatz i. H. v. £ 10.000 zugesprochen. cc) Pönalisierender Schadensersatz (exemplary damages) Exemplary damages sind ein zusätzlicher Schadensersatz mit Abschreckungund Strafcharakter. Sie bilden einen Sonderfall im Schadensrecht, da sie nicht mehr dem Ziel dienen, den eingetretenen Schaden zu kompensieren, sondern den Schädiger mit zivilrechtlichen Mitteln bestrafen sollen613. Im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung kam das EAT in Boyle zu dem Ergebnis, dass pönalisierender Schadensersatz zwar grundsätzlich auch im Arbeitsrecht möglich ist, das Arbeitgeberverhalten jedoch regelmäßig bereits mit dem verschärften Schadensersatz abgegolten ist. Insgesamt stellt Boyle damit eine aufschlussreiche Analyse für den Ersatz immaterieller Schäden in Whistleblowerklagen dar, die sich nicht gegen Kündigungen richten. Für das Schmerzensgeld in Form von injury to feelings gelten die Vento Grundsätze, darüber hinausgehender Schadensersatz in Form von aggravated und exemplary damages ist nach den üblichen Kriterien zu gewähren. dd) Abgrenzung zur Kündigung Aufgrund der unterschiedlichen Behandlung von Kündigungen und anderen Benachteiligungen bezüglich des immateriellen Schadensersatzes sind diese voneinander abzugrenzen. Bei einer durch den Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung ist dieser Zeitpunkt deutlich feststellbar. Die Bestimmung des relevanten Zeitpunkts im Fall einer arbeitgeberseitig bedingten Eigenkündigung des Beschäftigten (constructive dismissal) hat dagegen Schwierigkeiten hervorgerufen. In Melia v. Magna Kansei Ltd.614 waren sowohl die Kündigungsschutzklage gemäß Section 103A ERA als auch die Klage gemäß Section 47B Abs. 1 ERA begründet. Für die Berechnung, bis zu welchem Zeitpunkt Schmerzensgeld nach Section 47B ERA gewährt werden kann, kam es somit maßgeblich auf den Kündigungszeitpunkt an. Eine constructive dismissal setzt einen wesentlichen Vertragsbruch seitens des Arbeitgebers voraus, so dass beide Vorinstanzen auf den Zeitpunkt des Vertragsbruchs abstellten. Zu Recht entschied der Court of Appeal dagegen, dass auf die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer abzustellen sei. Per gesetzlicher Definition besteht eine Kündigung erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nicht bereits mit dem 613

Grundlegend Rookes v. Barnard [1964] 1 All ER 367, HL. [2006] IRLR 117, CA. Vgl. auch die Fallbesprechung in (2006) 797 IDS Emp. L. Brief, S. 7 f. 614

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Eintritt der Kündigungsvoraussetzungen. Darüber hinaus sollen sich Section 47B und Section 103A ERA ergänzen, so dass ein Nachteil, der im Kündigungsschutzprozess keine Beachtung findet (hier ein Nachteil nach einem wesentlichen Vertragsbruch des Arbeitgebers, aber vor der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses), von Section 47B Abs. 1 ERA erfasst wird. Schmerzensgeld in Form von injury to feelings ist folglich bis zur tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, also bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, zu gewähren.

B. Rechtsdurchsetzung in den USA I. Allgemeines Das U.S.-amerikanische Schadensersatzrecht ist nicht durch den Grundsatz der Naturalrestitution geprägt. Vielmehr erfolgt der Ausgleich grundsätzlich durch Geldersatz und die Naturalrestitution (im Arbeitsrecht in Form der Wiedereinstellung) bildet die Ausnahme. Der Schadensersatz in Geld setzt sich aus zwei unterschiedlichen Schadenskomponenten, dem kompensatorischen Schadensersatz (compensatory damages) und dem Strafschadensersatz (punitive damages), zusammen. Compensatory damages sind in general und special damages unterteilt und sollen den direkten Schaden des Klägers abgelten. General damages sind natürliche und notwendige Folgen der Verletzungshandlung und erfassen insbesondere immaterielle Schäden wie pain and suffering, cosmetic deformity und loss of enjoyment of life615. Special damages resultieren dagegen aus besonderen Umständen des Falles und stellen keine notwendige Folge des Handelns dar. Es handelt sich regelmäßig um materielle Schäden wie Anwaltskosten, Verdienstverlust oder Kosten für medizinische Behandlungen616. Punitive damages (auch exemplary damages) haben Straf-, Abschreckungs- und Kostenausgleichsfunktionen und sollen den Privatkläger (private attorney general) unterstützen, der mit der Verfolgung seiner Interessen auch der Durchsetzung von Allgemeininteressen dient617. Der Strafschadensersatz ist aus dem englischen Recht übernommen618. Ihm kommt jedoch im amerikanischen Recht eine wesentlich höhere Bedeutung zu, da „in der prozessfreudigen Gesellschaft“ ohne verbindliche Standards immer wieder von „unkontrollierten Jurys“ 619 exorbitante Ersatzansprüche zugesprochen werden, die oftmals ein Vielfaches des tatsächlichen Schadens er615

Hay, S. 122. Hay, S. 122 f. 617 Der Strafschadensersatz ist einzelfallabhängig und wird nach dem Handlungscharakter, dem tatsächlichen Schaden, der Art der Verletzung und den Vermögensverhältnissen des Beklagten bemessen. 618 Vgl. Huckle v. Money (1763) 2 Wils.K.B. 205. 619 Beermann, DAJV 2007, S. 143. Vgl. auch Callahan/Dworkin/Fort/Schipani, 40 Am. Bus. L.J. (2002), S. 194. 616

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reichen und daher ein nicht kalkulierbares Risiko bilden. Vor diesem Hintergrund sind punitive damages Gegenstand anhaltender rechtspolitischer Diskussion620. Klagen auf Erfüllung (specific performance) und einstweilige Verfügungen (injunction) sind im U.S.-amerikanischen Recht dagegen die Ausnahme, da sie der korrigierenden equity Rechtsprechung entstammen. Entsprechend wurden Wiedereinstellungen lange als inadäquate Rechtsfolge für eine beendete Arbeitsbeziehung angesehen. Heute ist der Wiedereinstellungsanspruch sowohl im Bundes- als auch im Landesrecht anerkannt621, wobei der Schadensersatz in Geld (und nicht als Naturalrestitution) die wichtigste Rechtsfolge bleibt. Die Schadensposten sind vielfältig und können u. a. entgangenen Lohn (back pay)622, zukünftigen Lohn (front pay), Zusatzleistungen (benefits) und Anwaltskosten (attorneys’ fees) umfassen. Eine Entschädigung für zukünftigen Lohn kommt dabei nur in Betracht, sofern es sich um einen Anspruch handelt, der auf der Rechtsfolgenseite die Wiedereinstellung vorsieht, diese aber nicht praktikabel (kein freier Arbeitsplatz) oder nicht empfehlenswert (gestörtes Vertrauensverhältnis) ist623. Manche Gesetze sehen darüber hinaus zivile Strafen (civil penalties) vor, die in aller Regel an den Staat zu zahlen sind. Bereits 1941 entschied der U.S. Supreme Court zum NLRA, dass die Ablehnung einer Bewerbung in den Rechtsfolgen so zu behandeln ist wie die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses624. II. First Amendment Rechtsprechung Das Recht auf freie Rede ist nicht unbeschränkt. Die Gerichte haben vielmehr eine Güterabwägung zwischen den individuellen und kollektiven Interessen am 620 Befürworter betonen das Abschreckungsbedürfnis, die Förderung von Vergleichen sowie eine gewisse Ausgleichsfunktion in den Fällen, in denen der erlittene Schaden (z. B. durch die von den Parteien selbst zu tragenden Gerichts- und Anwaltskosten) höher als die zugesprochene Schadensersatzsumme ist. Gegner berufen sich auf die Vermischung von Zivil- und Strafrecht, das Verbot der Doppelbestrafung, die Rechtsunsicherheit aufgrund fehlender Bemessungsvorgaben und sehen in den enormen Schadensersatzsummen gesellschaftspolitische Gefahren (z. B. den Konkurs von Unternehmen oder die Behinderung der Innovation und Konkurrenzfähigkeit amerikanischer Gesellschaften auf dem Markt); vgl. Beermann, DAJV 2007, S. 140 ff.; Cordewener, JA 1998, S. 172 ff. 621 Covington/Decker, S. 518. 622 Der entgangene Lohn umfasst nicht nur den Basislohn, sondern die gesamte Vergütung inklusive Überstunden, Schichtzulagen, verlorener (Kranken- und Lebens-)Versicherungsleistungen, Boni und anderer Sondervergütungen (z. B. Aktienoptionen, Dienstwagen) sowie unter bestimmten Umständen Gehaltserhöhungen und Beförderungen; vgl. z. B. Pecker v. Heckler, 801 F.2d 709, S. 713 (4th Cir. 1986) sowie Saunders v. Claytor, 629 F.2d 596, S. 598 (9th Cir. 1980). 623 Vgl. Covington/Decker, S. 516 f. 624 Phelps Dodge Corp. v. National Labor Relations Board, 313 U.S. 177, S. 188 (1941): „To differentiate between discrimination in denying employment and in terminating it, would be a differentiation [. . .] without substance“.

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Schutz der Redefreiheit (insbesondere das Interesse des Beschäftigten als Staatsbürger, öffentliche Angelegenheiten frei zu kommentieren) und dem Interesse der Behörde (insbesondere dem Effizienzinteresse des öffentlichen Dienstes625) vorzunehmen626. Je höher das öffentliche Interesse (public concern) an der Äußerung ist, desto erheblicher muss eine Effizienzstörung sein, um im Rahmen der Güterabwägung zu überwiegen627. Die Position des Beschäftigten kann den staatlichen Ermessensspielraum beeinflussen. So sind die behördlichen Belange bei politischen oder behördenstrategischen Entscheidungsträgern (sog. policy maker) oder Bediensteten in besonderen Vertrauenspositionen höher zu gewichten als bei Beschäftigten in reinen Verwaltungsfunktionen628. Der öffentlich Bedienstete muss als Folge seiner geschützten Aussage Nachteile erlitten haben. Die Beweislastverteilung richtet sich nach dem sog. Mt. Healthy Test629: der Whistleblower muss darlegen, dass sein verfassungsrechtlich geschütztes Verhalten ein motivierender Faktor (motivating factor) für die streitgegenständliche Benachteiligung seitens des Arbeitgebers war. Gelingt ihm dies, geht die Beweislast auf den Arbeitgeber über, der nach dem im US-amerikanischen Zivilprozess geltenden Beweisrecht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (preponderance of the evidence) beweisen muss630, dass er auch ohne das geschützte Verhalten des Beschäftigten dieselbe Maßnahme ergriffen hätte. Trotz Beweiserleichterung ist auch der Beweis der Mitkausalität für den typischen atwill Arbeitnehmer oft nur schwer zu führen, da er keinen Auskunftsanspruch be-

625 Zu dem Effizienzinteresse gehören neben der Aufrechterhaltung der Disziplin, einem harmonischen Klima unter den Mitarbeitern und der reibungslosen Erledigung von Verwaltungsaufgaben ausnahmsweise auch Loyalitätserwägungen. Dabei handelt es sich jedoch nur um einen Faktor unter vielen und es ist unerheblich, ob es zu einer Vertragsverletzung kommt oder nicht. 626 Pickering v. Board of Education, 391 U.S. 563, S. 569 ff. (1968). 627 Connick v. Myers, 461 U.S. 138, S. 152 (1983). 628 Vgl. z. B. Rankin v. McPherson, 483 U.S. 378, S. 392 (1987) (Der Schutz wurde unter ausdrücklichem Bezug auf die Postion der Klägerin (reine Bürotätigkeit) gewährt) sowie Hall v. Ford, 856 F.2d 255, S. 261 ff. (D.C. Cir. 1988) (Dem atheletic director einer staatlichen Universität konnte aufgrund seiner Führungspostition für seine Kritik am Fachbereich Sport rechtmäßig gekündigt werden). 629 Mt. Healthy City School District Board of Education v. Doyle, 429 U.S. 274 (1977). Ein Lehrer hatte sich im Rundfunk über die für Lehrkräfte geltende Kleiderordnung beschwert. Die Schulbehörde musste darlegen, dass sie seinen Vertrag, den sie auslaufen ließ, auch ohne die Äußerungen nicht verlängert hätte. 630 Der im Zivilprozess geltende Beweismaßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (preponderance of the evidence) setzt voraus, dass die Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung wahrscheinlicher ist als deren Unrichtigkeit (51 Prozent). Im amerikanischen Strafprozess ist eine Verurteilung dagegen nur ohne begründete Zweifel an der Strafbarkeit (beyond a reasonable doubt) möglich (95 Prozent); vgl. Burnham, S. 102. An den Beweis im amerikanischen Zivilprozess sind damit geringere Anforderungen zu stellen als in Deutschland, wo die Tatsachen zur „vollen Überzeugung“ des Gerichts nachgewiesen werden müssen.

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züglich seines Kündigungsgrundes hat. Zum Teil spricht sich die Literatur daher zur Absicherung der verfassungsrechtlichen Garantien für eine arbeitgeberseitige Verpflichtung aus, den Beschäftigten die Kündigungsgründe zu nennen631. Der U.S. Supreme Court lehnte es in Bush v. Lucas632 ab, eigenständige Rechtsfolgen für die First Amendment Rechtsprechung zu entwickeln, sondern verwies für den Umfang und das Verfahren auf die ausführlichen einfachgesetzlichen Regelungen zu öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen (insbesondere den Back Pay Act von 1966 und den CSRA). Eine Verletzung des Ersten Zusatzartikels durch den staatlichen Arbeitgeber begründet folglich einen Anspruch auf Wiedereinstellung und materiellen Schadensersatz; immaterieller Schadensersatz und Strafschadensersatz werden dagegen nicht gewährt. III. False Claims Act Der FCA sieht in 31 USC § 3729(a)(7) zwei Rechtsfolgen vor, welche die Millionenbeträge erklären, die an erfolgreiche qui tam Kläger gezahlt werden: zum einen hat die unterlegene Partei Schadensersatz in dreifacher Höhe (treble damages) zu leisten, zum anderen hat sie eine Zivilstrafe zwischen US$ 5.500 und US$ 10.000 für jeden betrügerischen Akt (false claim) zu entrichten. Qui Tam Klagen sind innerhalb von sechs Jahren nach der Rechtsverletzung gegenüber dem Staat zu erheben633. Diese Frist bezieht sich jedoch nur auf qui tam Klagen i. S. v. 31 USC § 3729, so dass sie auf Schutzklagen nach 31 USC § 3730(h) nicht anwendbar ist634. Ohne eine eigenständige Klagefrist gelten nach der Grundsatzentscheidung des U.S. Supreme Court in DelCostello v. International Brotherhood of Teamsters635 die einzelstaatlichen Fristenregelungen. Bezüglich der Rechtsfolgen sieht 31 USC § 3730(h) einen umfassenden Schadensersatz vor (make whole remedy). Der Anspruch erstreckt sich auf die Wiedereinstellung mit dem gleichen Senioritätsstatus, Schadensersatz, Nachzahlung des doppelten Gehalts nebst Zinsen und die Erstattung weiterer Schäden (special damages), die insbesondere Gerichtsund angemessene Anwaltskosten umfassen. Eine Klage ist bei dem örtlich zuständigen Bundesbezirksgericht zu erheben.

631 Estlund, 71 Ind. L.J. (1995), S. 144 ff. Auch Massaro, 61 S. Cal. L. Rev. (1987), S. 19 f. 632 462 U.S. 367, S. 385 ff. (1983). 633 31 USC § 3731(b). 634 United States ex rel. Lujan v. Hughes Aircraft Company, 162 F.3d 1027, S. 1034 f. (9th Cir. 1998). 635 462 U.S. 151, S. 159 f. (1983).

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IV. Whistleblower Protection Act 1. Nachteil Der WPA schützt vor fast jeder Form der Benachteiligung am Arbeitsplatz. Er erfasst Handlungen und Unterlassen, tatsächliche Sanktionen oder Drohungen sowie subtile Diskriminierungsformen (Verweise, Aufgabenentzug oder nicht gewährte Schulungen)636. Die abschließende Aufzählung in 5 USC § 2302(a)(2)(A) wurde 1994 um einen Auffangtatbestand („any other significant change in duties, responsibilities, or working conditions“) ergänzt637, der durch die Aufnahme des Wortes „significant“ jedoch eine Erheblichkeitsschwelle aufweist. Als problematisch erweist sich der Entzug von Security Clearances, da dieser im Gesetz nicht als Nachteil anerkannt ist. Security Clearances sind Zugangsberechtigungen zu Dokumenten, die als Verschlusssache klassifiziert wurden, und sie bilden für fast drei Millionen öffentlich Bedienstete eine Beschäftigungsvoraussetzung. Durch den Entzug einer Security Clearance hat es der Arbeitgeber in der Hand, das Arbeitsverhältnis jederzeit de facto zu beenden638. Die Problematik verschärft sich durch die Rechtsprechung des U.S. Supreme Court in Department of the Navy v. Egan639. Das Gericht entschied, dass Entscheidungen zu Security Clearances lediglich in formaler Hinsicht – also hinsichtlich möglicher Verfahrensverstöße – überprüfbar sind. Damit wird es dem Staat faktisch ermöglicht, Beschäftigte zu entlassen, ohne dass diesen eine umfassende rechtliche Überprüfung der Maßnahme zur Verfügung steht. Die Literatur plädiert daher für eine gesetzliche Regelung640, die nunmehr in Section 10 Whistleblower Protec636

Vgl. 5 USC § 2302(b)(8) sowie Devine, 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 540 m.w. N. 5 USC § 2302(a)(2)(A)(xi). 638 Infolge der Anschläge vom 9. September 2001 nahm die Anzahl klassifizierter Dokumente (confidential, secret und top secret) sowie die Schaffung neuer Geheimhaltungskategorien wie Critical Infrastructure Information oder Sensitive But Unclassified zu; vgl. dazu Galison, 31 Critical Inquiry (2004), S. 230, der von jährlich 250 Millionen klassifizierten Seiten in den USA ausgeht und dies mit dem gesamten Bibliothekenverbund der Harvard University vergleicht, der in einem Jahr insgesamt 220.000 Volumina und damit um die 60 Millionen Einzelseiten anschaffte. Einige Gesetze (darunter der Homeland Security Act sowie der „post 9/11 Patriot Act“) ermächtigen im Falle von Offenlegungen klassifizierter Informationen Kündigungen und erhebliche (Haft-) Strafen. Nicht zuletzt wegen der weit gehaltenen Definitionen, die „mit guter Argumentation alles umfassen“, sei es einfach, den Verschwiegenheitsstatus für Informationen zu bekommen; vgl. Devine, S. 76 und S. 90. 639 484 U.S. 518 (1988). 640 Vgl. z. B. Government Accountability Project, WPA Amendments, S. 1 f., Devine, 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 578. Vgl. auch Devine, S. 88 f. mit verschiedenen Beispielen, u. a. dem Fall Martin Andersen, der Bedenken darüber erhob, dass klassifizierte Dokumente zur politischen Vetternwirtschaft genutzt wurden. Innerhalb von Tagen wurde ihm erklärt, dass seine Top Secret Security Clearance, die er seit über einem Jahr benutzte, nie existiert habe. Ohne den Zugang zu den klassifizierten Informationen konnte er seine Arbeit nicht verrichten und wurde zur Einlagerungs- und Speicherabteilung versetzt. 637

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tion Enhancement Act vorgesehen ist. Die Vorschrift nimmt die Verweigerung, Suspendierung, den Entzug und anderweitige Beschränkungen einer Security Clearance in den Katalog verbotener Benachteiligungen auf. 2. Beweislastverteilung Unter Heranziehung des vom U.S. Supreme Court zur First Amendment Rechtsprechung entwickelten Mt. Healthy Test641 wurde im Jahr 1989 als Kernstück der Gesetzesänderung ein neues gesetzliches Beweisverfahren begründet (sog. contributing factor test), der in zahlreichen Whistleblowervorschriften übernommen wurde642. Der Whistleblower hat einen ersten Anschein darzulegen (prima facie), dass sein geschütztes Verhalten mitkausal (a contributing factor) für den von ihm erlittenen Nachteil war643. Damit wurde die Voraussetzung eines vorherrschenden (predominant) oder maßgeblichen (significant) Grundes ausdrücklich aufgehoben644. Gelingt ihm dies, ist es Aufgabe des Arbeitgebers, durch einen eindeutigen und überzeugenden Beweis (clear and convincing evidence) die Kausalitätsvermutung zu widerlegen, indem er nachweist, dass die Maßnahme nicht auf einer geschützten Aktivität des Whistleblowers beruhte645. 3. Verfahren und Rechtsfolgen Öffentlich Bedienstete, die sich auf den WPA berufen, haben ein Verwaltungsverfahren zu durchlaufen, bevor sie gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können. Dabei haben sie sich grundsätzlich646 an das Office of Special Counsel (OSC) zu wenden. Während das Gesetz keine Beschwerdefrist vorsieht, enthält es hinsichtlich der Art und Weise der Untersuchung erstaunlich präzise Vorgaben: Es normiert Fristen, innerhalb derer den Beschwerden nachzugehen647 und der Whistleblower über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchungen zu unterrichten ist648. Ferner ist die Identität des Whistleblowers zu wahren, so-

641

429 U.S. 274 (1977). So z. B. im ERA (42 USC § 5851), in Whistleblowervorschriften im Bankenrecht sowie im AIR21 (49 USC § 42121), auf den auch der SOX in 15 USC § 1514A(b) (2)(A) und (C) verweist. 643 5 USC § 1214(b)(4)(B)(i) und § 1221(e)(1). Indizien sind insbesondere die Kenntnis des Arbeitgebers sowie die zeitliche Nähe zwischen Offenlegung und Benachteiligung; vgl. 5 USC § 1221(e)(1)(A) und (B). 644 Kohn/Kohn/Colapinto, S. 7 m.w. N. 645 Vgl. 5 USC § 1214(b)(4)(B)(ii) und § 1221(e)(2). 646 Zu den Ausnahmen von 5 USC § 7701 („Chapter 77“ Appeal) und 5 USC § 7121 (gesondertes Beschwerdeverfahren) vgl. Whitaker, S. 8 f. und S. 13 f. 647 5 USC § 1214(b)(2)(A). 648 5 USC § 1214(a)(1)(B), (C) und (D). 642

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fern die Preisgabe der Identität nicht zur Abwehr einer dringenden Gefahr für die Öffentlichkeit oder zur Verhinderung einer Straftat erforderlich ist649. Zwar kann das OSC selbst keine Rechtsfolgen anordnen, es kann jedoch umfassende Maßnahmen beim Merit System Protection Board (MSPB) beantragen, insbesondere Abhilfemaßnahmen (corrective action), Wiedereinstellungen sowie die Zubilligung von Schadensersatz650. Das OSC ist wiederholt, insbesondere aufgrund seiner personellen Besetzung, Gegenstand heftiger Kritik651. Dies führte dazu, dass das Repräsentantenhaus im Jahr 2007 einen Ausschuss beauftragte, die Funktionsfähigkeit von OSC und MSPB zu überprüfen652. Infolge dieser Überprüfung und nach einer Durchsuchung der Geschäfts- und Privaträume wurde der im Jahr 2004 ernannte Special Counsel Scott Bloch im November 2008 entlassen653. Im Frühjahr 2011 wurde er wegen Missachtung des Kongresses verurteilt, da er im Zuge eines Ermittlungsverfahrens Informationen vorenthalten hatte. Die Ermittlungen betrafen die von ihm veranlasste Löschung von Daten auf Regierungscomputern während seiner Amtszeit654. Während Whistleblower unter dem Vorgängergesetz CSRA auf das Tätigwerden des OSC angewiesen waren655, können sie sich seit dem WPA 1989 in zwei Fällen eigenständig ans MSPB wenden: zum einen innerhalb von 60 Tagen, nachdem das OSC den Fall geschlossen hat, zum anderen, sofern 120 Tage seit der Beschwerdeeinreichung beim OSC verstrichen sind und keine Benachrichtigung erfolgte (Individual Right of Action)656. Das MSPB kann die Wiedereinstellung anordnen und Ersatz für entgangenen Lohn, Zusatzleistungen, Arzt- und Reise649 5 USC § 1213(h). Zur Vertraulichkeit bezüglich anderer Informationen über die Beschwerde oder die beschwerdeführende Person, vgl. 5 USC § 1212(g). 650 5 USC § 1212(a)(2)(A) i.V. m. § 1214(b) und § 1214(g). 651 Bereits in den achtziger Jahren sorgte der Special Counsel Alex Kozinski für negative Schlagzeilen. Die Behörde bearbeitete Beschwerden nicht oder nicht zeitgerecht und ging offen mit Informationen und Identitäten von Whistleblowern um. Kozinski soll ferner whistleblowerfreundliches Personal im OSC eliminiert und Lehrgänge in Führungsebenen veranstaltet haben, wie man Whistleblower sanktionslos entlassen könne. Der Kompetenzmissbrauch führte zu seinem erzwungenem Rücktritt sowie erfolglosen Gesetzesinitiativen zur Abschaffung des OSC; vgl. Devine, S. 86 m.w. N.; ders., 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 534, S. 549 und S. 574; Kohn/Kohn, S. 84; Fong, S. 64; Callahan/Dworkin, 32 Am. Bus. L.J. (1994), S. 167 f. 652 GAP äußerte sich anlässlich der ersten Anhörung wie folgt: „The [OSC], a cornerstone of the merit system when functioning as Congress intended, is in a crisis of credibility and legitimacy from nearly every perspective“; GAP, House to Hold Oversight Hearing on U.S. Office of Special Counsel Tomorrow, GAP Pressemitteilung vom 11. Juli 2007. 653 GAP, FBI Agents Raid Office of Special Counsel, GAP Pressemitteilung vom 6. Mai 2008; GAP, Special Counsel Bloch Forced Out, GAP Pressemitteilung vom 24. Oktober 2008. 654 GAP, Former Special Counsel Sentenced to Month’s Loss of Freedom, GAP Pressemitteilung vom 30. März 2011. 655 Devine, 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 539. 656 5 USC § 1214(a)(3) i.V. m. § 1221.

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kosten, andere vorhersehbare Folgeschäden sowie unter bestimmten Voraussetzungen Ersatz angemessener Auslagen und Anwaltskosten zusprechen657. Im Fall einer Wiedereinstellung kann der Whistleblower auf Antrag zu einer anderen Dienststelle versetzt werden, wenn er Vergeltungsmaßnahmen befürchtet658. Darüber hinaus kann das MSPB Sanktionen gegen den Schädiger verhängen659. Dazu zählen die Degradierung, Suspendierung, ein maximal fünfjähriger Ausschluss aus dem öffentlichen Dienst sowie die Verhängung einer zivilrechtlichen Geldbuße bis zu US$ 1.000660. Die Arbeit des MSPB wird wegen der teilweise jahrelangen Verfahrensdauer661 und der fehlenden richterlichen Unabhängigkeit der Administrative Judges662 kritisiert. Rechtsmittel gegen Entscheidungen vom MSPB sind ausschließlich beim U.S. Court of Appeals for the Federal Circuit einzulegen663, dessen Monopolstellung einen fehlenden Diskurs der Rechtsmittelgerichte bedingt664. Nach heftiger Kritik an der „whistleblowerfeindlichen Rechtsprechung“ 665 des Federal Circuit sieht Section 9 Whistleblower Protection Enhancement Act nunmehr die unter dem SOX erstmals eingeführte alternative Klagemöglichkeit zu dem zuständigen Bundesbezirksgericht vor666. Demnach könnte ein Beschwerdeführer, sofern 180 Tage nach Beschwerdeeingang noch keine endgültige Entscheidung getroffen wurde, optional eine de novo Klage beim örtlich zuständigen Bundesbezirksgericht einlegen. Section 9 Whistleblower Protection Enhancement Act würde dem Whistleblower im Falle einer endgültigen Entscheidung des MSPB ferner ermöglichen, alternativ zu einer Überprüfung durch den Federal Circuit eine Überprüfung durch das örtlich zuständige Bundesberufungsgericht zu beantragen. Mit diesen Neuerungen soll den langen Verfahren vor dem MSPB entgegengewirkt und das Monopol des Federal Circuit aufgehoben werden667.

657 5 USC § 1221(g). Für den Fall bestimmter vom Präsidenten in Vertrauenspositionen ernannter Personen ist es dem Präsidenten vorbehalten, angemessene Maßnahmen anzuordnen, 5 USC § 1215(b). 658 5 USC § 3352. Vgl. auch Devine, 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 559 f. 659 Vgl. 5 USC § 1215(a)(2) und (3). 660 Vgl. Section 7 Whistleblower Protection Enhancement Act zu leichten Änderungen, insbesondere der Möglichkeit, Disziplinarstrafen auch kumulativ zu verhängen. 661 In White v. Department of the Air Force (95 MSPR 1 [2003]) wurde erst nach elf Jahren und in Keefer v. Department of Agriculture (92 MSPR 476 [2002]) erst nach acht Jahren eine endgültige MSPB Entscheidung getroffen. 662 Vgl. Devine, S. 86. 663 5 USC § 1221(h)(1). Die Rechtsmittelfrist beträgt 60 Tage ab Bekanntgabe der endgültigen Entscheidung; 5 USC § 1221(h)(2) i.V. m. § 7703(b)(1). 664 Devine, S. 86 ff. 665 Devine, 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 578 f. 666 Dazu unten § 9 B.V.3.c). 667 Ein entsprechender Vorstoß im Jahr 1994 war im Rahmen eines Kompromisses aus dem Gesetzesentwurf gestrichen worden; Devine, 51 Admin. L. Rev. (1999), S. 572.

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V. Sarbanes-Oxley Act 1. Nachteil Ein Whistleblower wird gemäß 18 USC § 1514A(a) davor geschützt, gekündigt (discharge), degradiert (demote), suspendiert (suspend), bedroht (threaten), belästigt (harass) oder in sonstiger Weise im Arbeitsverhältnis diskriminiert zu werden (in any other manner discriminate). Der Nachteilsbegriff im Whistleblowingrecht orientiert sich am Antidiskriminierungsrecht und dem dort geltenden weiten Begriffsverständnis. In Anlehnung an diskriminierungsrechtliche Entscheidungen besteht eine Benachteiligung, sofern das Verhalten des Arbeitgebers den Arbeitnehmer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einer rechtlich geschützten Handlung abhalten wird668. Auch die Reduzierung der Verantwortung – etwa eine Modifizierung der Arbeitspflichten oder eine Versetzung unter Beibehaltung von Gehalt und Status – sei eine Benachteiligung, sofern sie zu einer gewichtigen und nachteiligen Umwandlung der Arbeitsbedingungen führe669. Nicht erfasst wurde dagegen eine negative Leistungsbewertung, die keinen spürbaren Nachteil mit sich brachte670. 2. Beweislastverteilung Die unter dem WPA 1989 eingeführte Beweislastverteilung (contributing factor test) findet auch im Rahmen von Section 806 SOX Anwendung671. Aufgrund des Verweises auf den AIR21 und andere wortgleiche Regelungen ist bei der Anwendung des contributing factor test auf umfassendes Fallrecht der DOL Schutzvorschriften zurückzugreifen672. Trotz der Beweiserleichterung bleibt es für Whistleblower oftmals schwierig, den Kausalzusammenhang zwischen Hinweis und Benachteiligung darzulegen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der typische at-will Arbeitnehmer grundsätzlich aus jedem Grund gekündigt werden kann. Da der Arbeitgeber seine Entscheidung auch auf rein subjektive und somit kaum nachprüfbare Erwägungen stützen darf, kann er Gründe vorschieben, die dem Kausalitätsnachweis nur schwer zugänglich sind. Um dem entgegenzuwirken, sind sowohl der Direktbeweis (direct evidence) als auch der Indizienbeweis 668 McClendon v. Hewlett-Packard Company (2005 U.S. Dist. LEXIS 43579 [2005]) unter Berufung auf die Entscheidung in Ray v. Henderson, 217 F.3d 1234, 1243 (9th Cir. 2000). Vgl. auch Halloum v. Intel Corp., 2003-SOX-7, S. 15 f. (ALJ v. 04.03.2004). 669 Willis v. Vie Financial Group, Inc. (2004 U.S. Dist. LEXIS 15753 [E.D. Pa. 2004]) unter Berufung auf die Entscheidung in Glanzman v. Metropolitan Management Corporation, 290 F.Supp.2d 571 (E.D. Pa. 2003). 670 Dolan v. EMC Corp., 2004-SOX-1, S. 4 m.w. N. (ALJ v. 24.03.2004). 671 15 USC § 1514A(b)(2)(C) i.V. m. 49 USC 42121(b)(2)(B)(iii) und (iv); 29 CFR § 1980.104(b) und (c). 672 69 Fed. Reg. 52107 (24. August 2004).

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(circumstantial evidence) zulässig673. So wird in den Ausführungsbestimmungen z. B. ein enger zeitlicher Zusammenhang (zwischen Hinweis und Vergeltungsmaßnahme) ausdrücklich als hinreichende Kausalverknüpfung anerkannt674. Im Falle eines Motivbündels ist auf das vorherrschende Motiv abzustellen675. 3. Verfahren Die Rechtsdurchsetzung von Section 806 SOX erfolgt in einem dreistufigen Verwaltungsverfahren (OSHA, Administrative Law Judge [ALJ] und Administrative Review Board [ARB]) unter der Kontrolle des DOL und wechselt sodann in den bundesgerichtlichen Instanzenzug. Das vorgeschaltete Verwaltungsverfahren richtet sich weitgehend nach den Vorschriften des AIR21676, wobei Section 806 SOX zwei verfahrensrechtliche Neuerungen enthält. Zum einen ist bereits die Eingangsinstanz im Verwaltungsverfahren und nicht erst das Gericht befugt, die sofortige Wiedereinstellung eines Arbeitnehmers anzuordnen. Zum anderen wird dem Whistleblower ein zusätzlicher Rechtsweg zu den Bundesbezirksgerichten eröffnet, sofern die Streitsache – ohne Verschulden oder bewusstes Hinauszögern – nicht innerhalb von 180 Tagen behördlich beigelegt wird. a) Verwaltungsverfahren Der Whistleblower hat innerhalb von 90 Tagen nach einer Benachteiligung Beschwerde bei der OSHA einzureichen677. Dabei ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Entscheidung getroffen und gegenüber dem Beschwerdeführer kommuniziert wird678. Im Fall einer Kündigung ist dies folglich nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern bereits die Kündigungserklärung gegenüber 673 Der Indizienbeweis ist oftmals die einzige Möglichkeit, Vergeltungsmaßnahmen darzulegen. Erfolgreich wurden u. a. die folgenden Indizien vorgebracht: (a) positive Leistungsbewertungen vor dem geschützten Hinweis, (b) Abweichungen von standardisierten Verfahrensabläufen sowie (c) eine negative Grundeinstellung gegenüber Whistleblowern (z. B. durch die Bezugnahme als „troublemaker“ oder „disloyal“); vgl. Kohn/ Kohn/Colapinto, S. 63 ff. m.w. N. 674 29 CFR § 1980.104(b)(2). Vgl. Collins v. Beazer Homes USA, Inc., 334 F.Supp.2d 1365, S. 1379 (N.D. Ga. 2004): allein die zeitliche Nähe von 14 Tagen war für den Kausalitätsnachweis ausreichend. Vgl. aber auch Baynes, 76 St. John’s L. Rev. (2002), S. 895 mit verschiedenen Beispielen zu problematischen Kausalitätsnachweisen, insbesondere bei (nicht abrupten) Benachteiligungen durch langsamen, stetigen Wandel. 675 Vgl. Halloum v. Intel Corp., 2003-SOX-7, S. 19 f. (ALJ v. 04.03.2004). 676 18 USC § 1514A(b)(2)(A) mit einer Ausnahme in § 1514A(b)(2)(B). 677 18 USC § 1514A(b)(2)(D). Eine Fristverlängerung ist nur unter engen Voraussetzungen – insbesondere unter der equitable tolling doctrine (entschuldbare Unkenntnis) und der equitable estoppel doctrine (bewusste Irreführung durch den Arbeitgeber) – möglich; vgl. Kohn/Kohn/Colapinto, S. 16 f. 678 29 CFR § 1980.103(d) in Anlehnung an Delaware State College v. Ricks, 449 U.S. 250, S. 258 (1980) zur Auslegung entsprechender Vorschriften des Title VII.

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dem Arbeitnehmer679. Der OSHA Investigator nimmt eine Art summarische Prüfung des Falles vor, woraufhin er seine vorläufige Entscheidung trifft. Bei den Ermittlungen ist die Vertraulichkeit aller Beteiligten zu wahren680. Zudem werden Fristen vorgegeben, innerhalb derer die beteiligten Parteien bestimmte Verfahrensabschnitte erfüllen sollen. Die Fristen sind in der Regel jedoch als „Soll“Vorschriften konzipiert, so dass die Nichtbefolgung der zeitlichen Vorgaben ohne Konsequenzen bleibt681. Kritisiert werden neben der kurzen Beschwerdefrist auch die uneinheitlichen Fristen der Whistleblowervorschriften. Allein die Beschwerdefristen der vierzehn vom DOL ausgeführten Vorschriften variieren zwischen 30, 60, 90 und 180 Tagen682. Die vorläufige Entscheidung des OSHA Investigators wird bestandskräftig, sofern nicht innerhalb von 30 Tagen nach dem Empfang dagegen Widerspruch erhoben wird683. Über diesen Widerspruch entscheidet ein Administrative Law Judge, bei dem es sich nicht um einen Verwaltungsrichter nach deutschem Verständnis, sondern um eine behördeninterne Instanz handelt. Der Widerspruch entfaltet – mit Ausnahme einer Anordnung zur Wiedereinstellung – aufschiebende Wirkung684. Das ALJ Verfahren ist ein sog. de novo trial, d.h. der Fall wird sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht überprüft685. Von einer Gerichtsverhandlung unterscheidet sich das Verfahren dadurch, dass die formalen Beweisregeln (Federal Rules of Evidence) keine Anwendung finden686 und der ALJ zur Beschleunigung des Verfahrens über ein weites Ermessen bezüglich des Umfangs und der Art der Offenlegung beweiserheblicher Unterlagen (discovery) verfügt687. Gegen die Entscheidung des ALJ kann bei gesonderter Zulassung innerhalb von zehn Geschäftstagen Widerspruch beim ARB eingelegt werden688. Sein Spruch ist die abschließende Entscheidung des DOL. Das Verfahren richtet sich nach dem Federal Administrative Procedure Act689. Während Rechtsfragen voll679

Vgl. z. B. Carter v. Champion Bus, Inc., 2005-SOX-23, S. 2 (ALJ v. 17.03.2005). So sind etwa auf Vertrauensbasis erfolgte Zeugenaussagen derart zu editieren oder inhaltlich zusammenzufassen, dass die Identität der Quelle geschützt wird; 29 CFR § 1980.104(e). Unter bestimmten Umständen kann sogar besonderer Schutz angeordnet werden, 29 CFR § 18.15. 681 Scalia, S. 298; Kohn/Kohn/Colapinto, S. 25 f. 682 Vgl. OSHA Instruction, S. 2–4. 683 29 CFR § 1980.106(a). 684 Vgl. 29 CFR § 1980.105(c) und § 1980.106(b)(1). 685 29 CFR § 1980.107(b). Zur Ergänzung der Beschwerde vor dem ALJ vgl. Delikat/Rosenberg, S. 27 f. sowie Gonzalez v. Colonial Bank, 2005-ARB-60, S. 3 ff. (ARB v. 31.05.2005). 686 29 CFR § 1980.107(d). 687 29 CFR § 1980.107(b). 688 29 CFR § 1980.110(a) und (b). 689 5 USC §§ 701 ff. 680

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ständig überprüft werden, richtet sich die Überprüfung von Tatsachen nach dem substantial evidence test690, so dass das ALJ in der Regel die maßgebliche Tatsacheninstanz ist. Der Widerspruch hat (mit Ausnahme einer Anordnung zur Wiedereinstellung) aufschiebende Wirkung691. b) Außerbehördliche Einigung Um Knebelklauseln entgegenzuwirken, sind außerbehördliche Einigungen, die an sich den Regeln der Vertragsfreiheit unterliegen, nach Beginn des Verwaltungsverfahrens nur noch eingeschränkt zulässig. So ist es ab dem ALJ Verfahren zwingend erforderlich, dass eine außergerichtliche Einigung als fair, angemessen und im Einklang mit dem öffentlichen Interesse bewilligt wird692. Auf diese Weise soll dem gesetzlichen Ziel, Missstände aufzudecken, Rechnung getragen werden. Es ist nicht möglich, in einer Parteivereinbarung auf zukünftige Rechte oder Rechte aus anderen Gesetzen zu verzichten, die Anwendung von einzelstaatlichem Recht festzulegen oder das Recht des Beschwerdeführers auszuschließen, mit bundes- und einzelstaatlichen Behörden zu kommunizieren693. c) Gerichtsverfahren Eine Überprüfung der ARB Entscheidung kann von den Parteien innerhalb von 60 Tagen am örtlich zuständigen Bundesberufungsgericht beantragt werden694. Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Bundesberufungsgerichts sind beim U.S. Supreme Court einzulegen. Der gerichtliche Instanzenzug ist auf die Überprüfung von Rechtsfragen beschränkt695. Während die Rechtsfolgen im Verwaltungsverfahren (bis auf die Anordnung zur Wiedereinstellung) suspendiert werden, entfaltet die Einlegung gerichtlicher Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung696. Alternativ eröffnet sich der gerichtliche Instanzenzug, sofern das Arbeitsministerium nicht innerhalb von 180 Tagen nach Beschwerdeeingang eine endgültige 690 29 CFR § 1980.110(b). Nach dem substantial evidence test ist das ARB an die Tatsachenfeststellungen des ALJ gebunden, sofern sie durch gewichtiges Tatsachenmaterial unterstützt werden. Ein entsprechender Standard ist aus dem STAA (29 CFR § 1978.109(b)(3)) und dem AIR21 (29 CFR § 1979.110(b)) bekannt. 691 29 CFR § 1980.110(b). 692 18 USC § 1514A(b)(2)(A) i.V. m. 49 USC § 42121(b)(3)(A); 29 CFR § 1980. 111(d)(2). 693 Vgl. Coker v. Wal-Mart Stores, Inc., 2004-SOX-33, S. 5 und S. 7 f. (ALJ v. 04.06. 2004); Michaelson v. Officemax, Inc. 2004-SOX-17, S. 3 ff. (ALJ v. 21.06.2004). 694 18 USC § 1514A(b)(2)(A) i.V. m. 49 USC § 42121(b)(4)(A); 29 CFR § 1980. 112(a). 695 Vgl. 5 USC § 706 sowie Thompson v. U.S. Department of Labor, 885 F.2d 551, S. 555 ff. (9th Cir. 1989) zum ERA. 696 Vgl. 5 USC § 705 und Rule 18 (Stay Pending Review) der Federal Rules of Appellate Procedure.

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Entscheidung fällt. Damit gewährt der SOX dem Beschwerdeführer erstmalig697 eine Wahlmöglichkeit, das behördliche Verfahren weiter zu führen oder Klage vor dem örtlich zuständigen Bundesbezirksgericht zu erheben698. Mit der Klageerhebung geht die Zuständigkeit auf das Gericht über699, das Verwaltungsverfahren wird abgebrochen und etwaige verwaltungsinstanzliche Entscheidungen entfalten keine Rechtskraft700. Es handelt sich um ein eigenständiges Verfahren (trial de novo), spätere Ergänzungen vor Gericht sind jedoch nicht zulässig701. Da sich das gerichtliche Verfahren nach den bundesrechtlichen Prozessregeln bestimmt702, hat der Gesetzgeber ausdrücklich geregelt, dass der contributing factor Test auch im Gerichtsverfahren anzuwenden ist703. Ungeklärt ist hingegen, ob dem Kläger ein Recht auf einen Juryprozess zusteht704. Der Siebte Zusatzartikel der Bundesverfassung705 spricht das Recht auf einen Geschworenenprozess an, ohne einen solchen in jedem Fall zu garantieren. Der Zusatzartikel wahrt vielmehr das Recht auf einen Geschworenenprozess, wie es im Jahr 1789 in dem aus England importierten common law existierte. Demnach waren Zivilverfahren in actions at law und actions in equity unterteilt und der Juryprozess war nur für actions at law vorgesehen706. Die maßgebliche SOX-Vorschrift (18 USC § 1514A(b)(1)(B)) gewährt „an action at law or equity“ ohne ausdrücklich auf die Zulassung von Geschworenenprozessen Bezug zu nehmen. Zumindest das Bundesbezirksgericht in Murray v. TXU Corporation707 spricht sich gegen die Zulassung aus. Allein die Formulierung „action at law“ würde nicht notwendigerweise das Recht auf einen Geschworenenprozess einbeziehen708. Ferner sehe 697 Die Neuerung wurde in Anlehnung an die Antidiskriminierungsgesetze eingefügt; vgl. Watchman, S. 3. Bereits im Juli 2005 wurde der ERA durch eine entsprechende Vorschrift (jedoch mit Jahresfrist) ergänzt; vgl. 42 USC § 5851(b)(4). Weitere Ergänzungen sind in der Diskussion; vgl. Guyer/Ayers, S. 384. 698 18 USC § 1514A(b)(1)(B); 29 CFR § 1980.114. 699 18 USC § 1514A(b)(1)(B). 700 Vgl. Hanna v. WCI Communities, Inc., 348 F.Supp.2d 1332 (S.D. Fla. 2004). 701 Vgl. Willis v. Vie Financial Group, Inc., 2004 U.S. Dist. LEXIS 15753, S. 16 (E.D. Pa. 2004). 702 Dazu zählen insbesondere die bundesrechtliche Zivilprozessordnung (Federal Rules of Civil Procedure) und die bundesrechtlichen Beweisregeln (Federal Rules of Evidence). 703 18 USC § 1514A(b)(2)(C). 704 Vgl. Westman/Modesitt (2006), S. 89 f. 705 „In Suits at common law, where the value in controversy shall exceed twenty dollars, the right of trial by jury shall be preserved, and no fact tried by a jury shall be otherwise re-examined in any Court of the United States, than according to the rules of the common law.“ 706 Morrison/Morrison, S. 76. 707 2005 U.S. Dist. LEXIS 10945 (N.D. Tex. 2005). 708 Murray v. TXU Corporation, 2005 U.S. Dist. LEXIS 10945, S. 4 (N.D. Tex. 2005) unter Berufung auf City of Monterey v. Del Monte Dunes at Monterey, 526 U.S. 687, S. 707 f. (1999).

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Section 806 SOX nach Ansicht des Gerichts nur den Ersatz materieller Schäden vor, so dass die – typischerweise durch eine Jury erfolgende – Schadensfestsetzung immaterieller Schadensposten nicht erforderlich sei709. Auch das Gericht in Hanna v. WCI Communities, Inc.710 sprach sich obiter dictum gegen einen Juryprozess aus, da Title VII (42 USC § 1981a(c)) im Gegensatz zum SOX explizit einen Geschworenenprozess ermögliche. Die gerichtliche Argumentation bleibt in der Literatur nicht ohne Kritik711. Eine höchstgerichtliche Entscheidung bleibt abzuwarten. Verwaltungs- und Gerichtsverfahren weisen unterschiedliche Vor- und Nachteile auf. Das Verwaltungsverfahren ist in der Regel günstiger, schneller und flexibler. Zudem verfügt das Arbeitsministerium über eine 20-jährige Erfahrung in Whistleblowerfällen und hat den Ruf erworben, Arbeitnehmer fair und angemessen zu behandeln. Dies bildet gerade vor dem Hintergrund des amerikanischen „Universalrichters“ und einer potentiell fehlenden Sensibilisierung für die Whistleblowerproblematik einen nicht zu unterschätzenden Vorteil712. Darüber hinaus sind Sanktionen für böswillige Klagen im Verwaltungsverfahren auf US$ 1.000 begrenzt (im Gegensatz zu unbegrenzten Sanktionen im Gerichtsverfahren). Aber auch die Prozessregeln gerichtlicher Verfahren weisen Vorteile auf713: Zum einen können Zeugen im Gegensatz zum Verwaltungsverfahren vorgeladen werden, was bei wichtigen Zeugen einen wesentlichen Zugewinn bedeuten kann714; zum anderen werden die Schadensersatzsummen vor Gericht in der Regel höher ausfallen. Dies würde insbesondere für den Fall zulässiger Geschworenengerichte gelten, da die Amerikaner seit der medialen Aufmerksamkeit und den erheblichen Folgen für die amerikanische Bevölkerung infolge von Enron, WorldCom und anderen Finanzskandalen besonders sensibel auf Whistleblowerschicksale reagieren715. 4. Rechtsfolgen Im Falle des Obsiegens ist der Whistleblower so zu stellen, wie er stünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre (make whole relief)716. 709 Murray v. TXU Corporation, 2005 U.S. Dist. LEXIS 10945, S. 7 ff. (N.D. Tex. 2005). 710 348 F.Supp.2d 1332, S. 1334 (S.D. Fla. 2004). 711 Sowohl die U.S. Supreme Court Entscheidung in City of Monterey v. Del Monte Dunes at Monterey, 526 U.S. 687 (1999), die Rechtsprechung zum Siebten Zusatzartikel als auch die Äußerungen von Senator Leahy in den Gesetzesmaterialien, dem Whistleblower stehe ein Geschworenenprozess zu (148 Cong. Rec. S7420 [26. Juli 2002]), seien starke Argumente für einen Juryprozess; Guyer/Ayers, S. 376 f. 712 Kohn/Kohn/Colapinto, S. 56. 713 Guyer/Ayers, S. 373. 714 Kohn/Kohn/Colapinto, S. 57. 715 Delikat/Rosenberg, S. 61.

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Sein Anspruch erstreckt sich gemäß 18 USC § 1514A(c)(2) auf: (A) die Wiedereinstellung, ohne dass es zu einer Unterbrechung der Betriebszugehörigkeit kommt, (B) Entgeltnachzahlung inklusive Zinsen sowie (C) special damages717, wie Prozess-, Anwalts- und Gutachterkosten. Immaterielle Schadensposten und punitive damages werden in der Vorschrift nicht genannt. Unterliegt dagegen der Whistleblower, steht dem Arbeitgeber kein Schadensausgleich zu. Es bleibt bei der Grundregel, dass jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen hat. Lediglich bei leichtsinnigen (frivolous) oder böswilligen (bad faith) Beschwerden kann der Beschwerdegegner auf Antrag eine (zumindest teilweise) Erstattung seiner Anwaltskosten (bis zu US$ 1.000) geltend machen718. Trotz der grundsätzlich positiven Haltung des DOL zum Wiedereinstellungsanspruch ergeben sich zahlreiche praktische Schwierigkeiten: nur wenige Fälle werden dem Grunde nach zugunsten von Whistleblowern entschieden719, Wiedereinstellungen sind von keiner der beiden Parteien gewollt720 oder aufgrund einer zwischenzeitlich eingetretenen Insolvenz des Unternehmens unmöglich. Ist die Wiedereinstellung wie im letzten Fall keine praktizierbare Lösung, ist zukünftiger Lohn auch ohne gesetzliche Verankerung als „notwendiger Teil“ des make whole relief zu gewähren721. So wurden der Beschwerdeführerin in Kalkunte v. DVI Financial Services, Inc.722 rund US$ 150.000 in der Annahme zugesprochen, sie würde vier Jahre benötigen, um ihre alte Gehaltsstufe zu erreichen. Darüber hinaus sind vorläufige, nicht rechtskräftige Anordnungen des Arbeitsministeriums nicht durchsetzbar, so dass Arbeitgeber eine Wiedereinstellung durch lange Verfahren aufschieben können723. Special damages werden in 18 USC § 1514A(c)(2)(C) in einer nicht abschließenden Aufzählung („including“) als Prozess-, Anwalts- und Gutachterkosten aufgeführt724. In Anlehnung an vergleichbare Whistleblowervorschriften ist da716 18 USC § 1514A(c)(1). Vgl. etwa Getman v. Southwest Securities, Inc., 2003SOX-8, S. 29 (ALJ v. 02.02.2004). 717 Special damages gehören wie general damages zum kompensatorischen Schadensersatz. Während letztgenannte insbesondere immaterielle Schäden erfassen, handelt es sich bei special damages vor allem um materielle Schäden. Vgl. oben § 9 B.I. 718 Eine Geltendmachung ist erst ab der ALJ Instanz möglich, vgl. 29 CFR § 1980.109(b) und § 1980.110(e). 719 Vgl. Martin/Hoffman/Casey, 9 The Securities Reporter (2004), S. 6 m.w. N. 720 Vgl. z. B. Platone v. Atlantic Coast Airlines Holdings, Inc., 2003-SOX-27 (ALJ v. 30.04.2004); Jayaraj v. Pro-Pharmaceuticals, Inc., 2003-SOX-32 (ALJ v. 11.02.2005). 721 Pollard v. E. I. du Pont de Nemours & Company, 532 U.S. 843, S. 850 (2001). 722 2004-SOX-56, S. 58 ff. (ALJ v. 18.07.2005). 723 Vgl. Welch v. Cardinal Bankshares Corp., 454 F.Supp.2d 552 (W.D. Va. 2006); Bechtel v. Competitive Technologies, Inc., 448 F.3d 469 (2nd Cir. 2006). 724 Damit ist der SOX einer von lediglich vier Bundesgesetzen, die die Erstattung angemessener Anwaltskosten vorschreiben. Andere Gesetze sehen eine Kostenerstattung – wenn überhaupt – nur im Ermessen der Gerichte vor; Kohn/Kohn/Colapinto, S. 111.

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von auszugehen, dass dem Whistleblower jegliche Kosten erstattet werden, die ihm durch die Prozessführung angemessenerweise entstanden sind725. Fraglich ist hingegen, ob auch Ersatz für immaterielle Schäden (insbesondere Reputations- und Stressschäden) zu gewähren ist. Teilweise werden die in 18 USC § 1514A(c)(1) verwendete Formulierung „shall be entitled to all relief necessary to make the employee whole“ und der Begriff „compensatory damages“ in 18 USC § 1514A(c)(2) dahingehend ausgelegt, dass Ersatz für immaterielle Schäden zuzusprechen sei, da sowohl der make whole relief als auch compensatory damages grundsätzlich umfassenden materiellen und immateriellen Schadensersatz gewähren726. Dem wird entgegnet, dass die Aufzählung in 18 USC § 1514A(c) (2)(C) einer Einbeziehung entgegenstehe, da sie mit Prozess-, Anwalts- und Gutachterkosten auf materielle Schadensposten beschränkt sei und kein Beispiel für einen immateriellen Schadensposten enthalte727. Einigkeit besteht hingegen, dass punitive damages unter dem SOX nicht zu gewähren sind. Der Strafschadensersatz wird im Gesetz nicht ausdrücklich genannt, wurde aus dem ursprünglichen Gesetzesentwurf gestrichen und widerspräche den Eigenheiten der generellen securities laws728, die auf den Ersatz tatsächlich angefallener Schäden beschränkt sind729. Section 1107 SOX führt darüber hinaus eine strafrechtliche Sanktion für die Benachteiligung von Whistleblowern ein und ergänzt damit 18 USC § 1513 (Retaliating against a witness, victim, or an informant)730. Der Strafrahmen sieht 725 Vgl. z. B. Johnson v. Bechtel Construction Company, 95-ERA-11, S. 2 (SOL v. 26.02.1996) sowie Kohn/Kohn/Colapinto, S. 117 f. m.w. N. 726 So Hanna v. WCI Communities, Inc., 348 F.Supp.2d 1332, S. 1334 (S.D. Fla. 2004); Mahony v. KeySpan Corp., 2007 U.S. Dist. LEXIS 22042, S. 21 f. (E.D. N.Y. 2007) und Kalkunte v. DVI Financial Services, Inc., 2004-SOX-56, S. 62 ff. m.w. N. (ALJ v. 18.07.2005). 727 Murray v. TXU Corporation, 2005 U.S. Dist. LEXIS 10945, S. 8 (N.D. Tex. 2005) per obiter dictum. So auch Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 580. Vgl. auch die WPA Entscheidung Bohac v. Department of Agriculture, 239 F.3d 1334, S. 1341 f. (Fed. Cir. 2001), in der das Gericht argumentierte, dass der Gesetzgeber den Begriff „compensatory damages“ gebraucht hätte, sofern er immaterielle Schäden hätte ersetzen wollen. 728 Zu den securities laws gehören der Securities Act von 1933, der Securities and Exchange Act von 1934, der Public Utility Holding Company Act von 1935, der Trust Indenture Act von 1939, der Investment Company Act von 1940, der Investment Advisors Act von 1940 sowie der Securities Investor Protection Act von 1970. 729 Vgl. Murray v. TXU Corporation, 2005 U.S. Dist. LEXIS 10945 (N.D. Tex. 2005), S. 13 m.w. N.; Hanna v. WCI Communities, Inc., 348 F.Supp.2d 1332 (S.D. Fla. 2004); Guyer/Ayers, S. 380 f. 730 18 USC § 1513 sanktioniert den (versuchten) Totschlag, Körperverletzung und Sachbeschädigung sowie entsprechende Drohungen gegenüber dem geschützten Personenkreis (Zeugen, Opfern und Informanten). Kritisiert wurde die Bezeichnung des Whistleblowers als „Informant“ in der amtlichen Überschrift, da es einen negativen Beigeschmack mit sich bringe; Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 581 und S. 642. Die Überschrift enthielt jedoch bereits seit Inkrafttreten der Vorschrift im Jahr 1982 die drei

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Geldstrafen bis zu US$ 250.000 für Individuen bzw. bis zu US$ 500.000 für Unternehmen sowie Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren vor. Die Benachteiligung von Whistleblowern wird damit erstmals als bundesrechtliche Straftat normiert, die von der Staatsanwaltschaft zu verfolgen ist731. Die Vorschrift sanktioniert die absichtliche Diskriminierung einer Person, die einem Rechtsdurchsetzungsorgan wahre Informationen über eine (versuchte) bundesrechtliche Straftat zur Verfügung stellt. Damit hat die Vorschrift ähnliche, wenn auch nicht identische Tatbestandsvoraussetzungen wie Section 806 SOX. Der Hinweis muss – im Gegensatz zu der arbeitsrechtlichen Schutzvorschrift – wahr (truthful) sein. Der gute Glaube an die Existenz der Tatsachen ist nicht ausreichend. Auch der Adressatenkreis ist begrenzter, da lediglich Offenlegungen gegenüber einem Rechtsdurchsetzungsorgan (law enforcement officer) erfasst werden. Interne Hinweise oder Offenlegungen gegenüber dem Kongress fallen nicht in den Anwendungsbereich. Zu beachten ist jedoch, dass der Terminus law enforcement officer in 18 USC § 1515(a)(4) sehr weit definiert wird und fast alle Behörden umfasst, die ein Whistleblower kontaktieren könnte732. Wesentlich umfassender als Section 806 SOX ist die Vorschrift dagegen im Hinblick auf die Arbeitgeber und den Inhalt der Offenlegung. An Stelle einer Begrenzung auf börsennotierte Unternehmen wird jeder Arbeitgeber in den Vereinigten Staaten in den Normbereich einbezogen. Zudem erfasst Section 1107 SOX jegliche (any) Information bezüglich aller (any) bundesstaatlichen Straftaten, ohne dass diese einen Bezug zum Anlegerschutz aufweisen müssen. Nicht erfasst von Section 1107 SOX (dagegen aber von Section 806 SOX) sind Informationen bezüglich der Verletzung von SEC Vorschriften, sofern der Verstoß nicht zugleich eine bundesrechtliche Straftat verwirklicht. Einige werten die strafrechtliche Sanktion als erheblichen Einschnitt in das U.S.-amerikanische Whistleblowerrecht, andere sehen sie mangels praktischer Relevanz als bedeutungslos an. So beschrieben die Leitlinien des Justizministeriums an Staatsanwälte die Reformen derart moderat, dass sie einen erbosten Brief des federführenden Senators Patrick Leahy hervorriefen, die Leitlinien würden die „powerful new authority to investigate, prosecute, and punish white collar criminals“ ignorieren733. Jedenfalls werden Arbeitgeber zumindest vorübergehend bei Hinweisen gegenüber Bundesbehörden eine gewisse Vorsicht walten lassen. Ob die intendierte – am Sinn und Zweck des SOX orientierte – Abschreckwirkung langfristig erzielt wird, bleibt zu bezweifeln.

Personenkreise Zeugen, Opfer und Informanten, so dass der Whistleblower nicht ausdrücklich als Informant bezeichnet wurde, sondern lediglich unter diesen Begriff subsumiert wurde. Eine Ergänzung der Überschrift („[. . .] and whistleblowers“) hätte jedoch für die nötige Klarheit gesorgt und der Vorschrift mehr Ausdruck verliehen. 731 Vgl. In re Compact Disc Minimum Advertised Price Antitrust Litigation, 456 F.Supp.2d 131, S. 145 (D. Me. 2006). 732 Vgl. Kohn/Kohn/Colapinto, S. 159. 733 Zitiert nach Motraghi, S. 34.

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

VI. Einzelstaatliches Recht 1. Public-policy-Einwand Grundsätzlich hat der Whistleblower im Rahmen des public-policy-Einwands die Tatbestandsvoraussetzungen seines Anspruchs (geschützter Hinweis, Arbeitgeberkenntnis, Schaden sowie Kausalität zwischen Hinweis und Vergeltungsmaßnahme) schlüssig darzulegen. Die Beweislast geht sodann auf den Arbeitgeber über, der einen legitimen Grund für sein Verhalten darlegen muss. Der Beweismaßstab unterscheidet sich dabei in den einzelstaatlichen Jurisdiktionen und reicht von preponderance of the evidence über credible evidence bis clear and convincing evidence734. Die erheblichen Beweisschwierigkeiten bezüglich des Kausalitätsnachweises werden oftmals im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt, indem ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Hinweis und Benachteiligung zugunsten des Whistleblowers berücksichtigt wird735. Der public-policy-Einwand ist in der Regel im Recht der unerlaubten Handlung (tort law) angesiedelt. Er wird auf die Pflicht des Arbeitgebers gestützt, sein Unternehmen im Einklang mit der public policy zu führen736. In lediglich vier Staaten (Arkansas, Idaho, South Dakota und Wisconsin) ist der public-policyEinwand im Vertragsrecht angesiedelt737. Der signifikanteste Unterschied in der dogmatischen Einordnung besteht darin, dass der Strafschadensersatz (punitive damages) nur im tort law, nicht hingegen im Vertragsrecht gewährt wird. Im Recht der unerlaubten Handlung ist der Kläger nach dem Kompensationsprinzip so zu stellen, wie er stünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre (make whole remedy). Der Ausgleich erfolgt nach den Grundsätzen des amerikanischen Schadensersatzrechts auf finanzieller Ebene, die Naturalrestitution (im Arbeitsrecht in Form der Wiedereinstellung) ist die Ausnahme. Das Kompensationsprinzip wird in den meisten Staaten durch den Strafschadensersatz (punitive damages) ergänzt. Die Anforderungen an die Gewährung von Strafschadensersatz sind sehr unterschiedlich und reichen von grober Fahrlässigkeit (gross negligence) über absichtliche Gleichgültigkeit (willful indifference) und mutwilliges oder rücksichtsloses Verhalten (wanton or reckless conduct) bis hin zur Böswilligkeit (malice)738. Aufgrund der üblicherweise hohen Schadenser-

734

Vgl. Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 610 ff. m.w. N. Vgl. z. B. Boe v. AlliedSignal Inc., 131 F.Supp.2d 1197, S. 1204 f. (D. Kan. 2001); Villiarimo v. Aloha Island Air, Inc., 281 F.3d 1054, S. 1068 (9th Cir. 2002). 736 Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 605. 737 Westman/Modesitt, S. 335. Vgl. z. B. Waddoups v. Amalgamated Sugar Company, 54 P.3d 1054, S. 1065 (Utah 2002) unter Anwendung des Rechts aus dem Bundesstaat Idaho. 738 Vgl. Kochinke, DAJV 2004, S. 159; Beermann, DAJV 2007, S. 141. In Murcott v. Best Western International, Inc., 9 P.3d 1088, S. 1100 (Ariz. Ct. App. 2000) wurde dem 735

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satzsummen ist eine Tendenz erkennbar, den Strafschadensersatz auf ein angemessenes Verhältnis zum eingetretenen Schaden zu begrenzen739. Im Hinblick auf die Klagefristen wenden die meisten Einzelstaaten die für das Recht der unerlaubten Handlung geltenden gesetzlichen Verjährungsvorschriften an, anstelle auf die häufig kürzeren Fristen etwaiger Whistleblowervorschriften zurückzugreifen740. Bei dem im Vertragsrecht angesiedelten public-policy-Einwand ist die geschädigte Person so zu stellen, wie sie stünde, wenn die Vertragsverletzung nicht eingetreten wäre741. Neben dem entgangenen Lohn können Zinsen und zukünftiger Lohn gewährt werden, Anwalts- und Gerichtskosten sind dagegen in der Regel nicht erstattungsfähig. Auch punitive damages, die in tort Klagen der Höhe nach oftmals weit über den entstandenen Schaden hinausgehen, können nicht zugesprochen werden742. 2. Einzelstaatliches Gesetzesrecht Im einzelstaatlichen Gesetzesrecht ist sowohl der dem WPA nachgebildete contributing factor Test als auch die widerlegbare Kausalitätsvermutung bei zeitlicher Nähe zwischen Hinweis und Benachteiligung zu finden743. Dagegen sehen die einzelnen Staaten sehr unterschiedliche Klagefristen vor, die von 90 Tagen Whistleblower der Strafschadensersatz versagt, da der Arbeitgeber nicht mit einer „evil hand [. . .] guided by an evil mind“ gehandelt hatte. 739 Vgl. Covington/Decker, S. 521. So wurde z. B. in Callantine v. Staff Builders, Inc., 271 F.3d 1124 (8th Cir. 2001) der von der Jury zugesprochene Strafschadensersatz bei einem tatsächlichen Schaden i. H. v. US$ 2.807 von US$ 180.000 auf US$ 50.000 herabgesetzt. In diesem Zusammenhang ist auf die aktuelle Rechtsprechung des U.S. Supreme Court hinzuweisen. Als Bundesgericht hat dieser zwar keinen direkten Einfluss auf das einzelstaatliche common law, kann jedoch im Rahmen von Klagen mit bundesrechtlichen Bezügen Stellung beziehen. So hielt er in State Farm Mutual Automobile Insurance Company v. Campbell, 538 U.S. 408 (2003) das Verhältnis des Strafschadensersatzes zum Kompensationsschaden bei einem 145-fachen Mutiplikator für nicht mehr verfassungsgemäß. Punitive damages dürften nur in äußerst verwerflichen Fällen auf mehr als einem einstelligen Mulitplikator des tatsächlichen Schadens beruhen; vgl. Beermann, DAVJ 2007, S. 143 f. Auch die American Tort Reform Association drängt auf eine gesetzliche Höchstgrenze für punitive damages; vgl. Kochinke, DAJV 2004, S. 159. 740 In Ohio ist z. B. anstelle der 180-tägigen Frist der Whistleblowerschutzvorschrift (Ohio Rev. Code § 4113.52(D)) die vierjährige Frist für tort actions (Ohio Rev. Code § 2305.09(D)) maßgeblich; Pytlinski v. Brocar Products, Inc., 760 N.E.2d 385 (Ohio 2002). 741 Covington/Decker, S. 512; Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 606. 742 Covington/Decker, S. 520 f. 743 Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 577. So wurden eine Suspendierung nach fünf Tagen und eine Kündigung nach 20 Tagen in Melchi v. Burns International Security Services, Inc., 597 F.Supp. 575, S. 584 (E.D. Mich. 1984) als ausreichendes Indiz gewertet.

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

bis zu vier Jahren reichen744. Auch die Rechtsfolgen der einzelstaatlichen Gesetze unterscheiden sich erheblich. Zu finden sind allgemeine Formulierungen wie „all remedies available in common law tort actions“ 745, „damages“ 746, „actual damages“ 747, aber auch detaillierte Aufzählungen der Schadensposten748. Wie der Ersatz des tatsächlich entstandenen Schadens gehört auch die Wiedereinstellung (zumindest in der Theorie) zur Kernkompensation749. Im Hinblick auf weitere Schadensposten sind große Diskrepanzen zu verzeichnen. Massachusetts gewährt z. B. als Anreiz den dreifachen Betrag des entgangenen Lohns750 und Montana ersetzt die Kosten für die Suche nach einer neuen Arbeit, einschließlich der Umzugskosten751. Besonders umstritten ist die Verfügbarkeit von Strafschadensersatz. Viele einzelstaatliche Gerichte verneinen einen Anspruch auf punitive damages, insbesondere wenn sich die Klage gegen den Staat richtet752. Dieses Ergebnis ist nicht überraschend in Anbetracht der Tatsache, dass sich die Mehrzahl der Gesetze auf den öffentlichen Sektor bezieht und Strafschadensersatz zu Lasten des Staates grundsätzlich nicht gewährt wird753. In Minnesota werden dagegen „any and all damages recoverable at law“ erstattet754, was den immateriellen sowie den Strafschadensersatz erfasst755. In New Jersey und Louisiana ist der Ersatz von punitive damages sogar ausdrücklich im Gesetz vorgesehen756. Im Gegensatz zu dem amerikanischen Grundsatz, dass jede Partei die eigenen (Anwalts- und Gerichts-)Kosten zu tragen hat, können Arbeitnehmer in manchen Staaten auch den Ersatz dieser Kosten verlangen757. Andererseits sehen manche Staaten den Ersatz der Anwaltskosten des Arbeitge744 Vgl. z. B. Connecticut (Conn. Gen. Stat. § 31-51m(c)) und Michigan (Mich. Comp. Laws § 15.363(1)) mit 90 Tagen sowie Rhode Island (R.I. Gen. Laws § 28-504(a)) und Florida (Fla. Stat. § 448.103(1)(a)) mit drei bzw. vier Jahren. 745 So in New Jersey (N.J. Stat. § 34:19-5) und Massachusetts (ALM GL ch. 149, § 185(d)). 746 So in Tennessee (Tenn. Code § 50-1-304(d)(1)). 747 So in Rhode Island (R.I. Gen. Laws § 28-50-4(a)). 748 Vgl. z. B. in Connecticut (Conn. Gen. Stat. § 31-51m(c)), Florida (Fla. Stat. § 448.103(2) und § 448.104), Hawaii (Haw. Rev. Stat. § 378-64), North Dakota (N.D. Cent. Code § 34-01-20(3)) und Ohio (Ohio Rev. Code § 4113.52(E)). 749 Vgl. z. B. Connecticut (Conn. Gen. Stat. § 31-51m(c)), Florida (Fla. Stat. § 448.103(2)(b)), Hawaii (Haw. Rev. Stat. § 378-64), Massachusetts (ALM GL ch. 149, § 185(d)(2)), New York (N.Y. Labor Law § 740(5)(b)), North Dakota (N.D. Cent. Code § 34-01-20(3)) und Ohio (Ohio Rev. Code § 4113.52(E)). 750 ALM GL ch. 149, § 185(d)(4). 751 Mont. Code § 39-2-905(1). 752 Callahan/Dworkin, 38 Am. Bus. L.J. (2000), S. 129 f. Vgl. z. B. Alaska Housing Finance Corporation v. Salvucci, 950 P.2d 1116 (Alas. 1997); Faro v. Highway Division, 951 P.2d 716 (Or. 1998); Clarke v. TRW, Inc., 921 F.Supp. 927 (N.D. N.Y. 1996). 753 Callahan/Dworkin, 38 Am. Bus. L.J. (2000), S. 130. 754 Minn. Stat. § 181.935(a). 755 Vgl. Morrow v. Air Methods, Inc., 884 F.Supp. 1353, S. 1356 ff. (D. Minn. 1995). 756 Vgl. N.J. Stat. § 34:19-5 bzw. La. Rev. Stat. § 46:440.3(C)(2).

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bers vor758 oder erklären Disziplinarmaßnahmen seitens des Arbeitgebers für zulässig759, sofern ein Hinweis in böswilliger Absicht erhoben wurde. Teilweise erlauben einzelstaatliche Schutzvorschriften, insbesondere im privaten Sektor, den Arbeitgebern Geldbußen aufzuerlegen: In New Jersey sind bis zu US$ 10.000 für den ersten Verstoß und US$ 20.000 für jeden weiteren Verstoß an den Staat zu zahlen760. In Kalifornien können natürliche Personen zu einer Geldstrafe bis zu US$ 1.000 und/oder einer maximal einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt werden; Unternehmen können bis zu einer Höhe von US$ 10.000 in Anspruch genommen werden761. Auch andere Staaten sehen Geldbußen vor, die in der Regel an den Staat zu zahlen sind762.

C. Vergleichende Gegenüberstellung Im Folgenden wird die Rechtsdurchsetzung in England und den USA im Hinblick auf den Nachteilsbegriff, die Beweislastverteilung, das Verfahren, Knebelklauseln und die Rechtsfolgen verglichen. In beiden Ländern wird der Nachteilsbegriff (in den USA spricht man von retaliation, in England dagegen von victimisation) weit ausgelegt und findet oftmals Anlehnung an etablierte Grundsätze aus dem Antidiskriminierungsrecht. Als problematisch erweist sich für den Whistleblower regelmäßig der Kausalitätsnachweis zwischen Hinweis und Benachteiligung. Dies gilt insbesondere in Amerika, welches trotz erheblicher Veränderungen nach wie vor durch die employment-at-will Doktrin geprägt ist, so dass Arbeitnehmer grundsätzlich aus jedem Grund gekündigt werden können. Deshalb enthalten nahezu alle Schutz757 So z. B. in Connecticut (Conn. Gen. Stat. § 31-51m(c)), Florida (Fla. Stat. § 448.104), Massachusetts (ALM GL ch. 149, § 185(d)(5)), New Jersey (N.J. Stat. § 34:19-5), New York (N.Y. Labor Law § 740(5)(e)), Rhode Island (R.I. Gen. Laws § 28-50-5) und Ohio (Ohio Rev. Code § 4113.52(E)). 758 Vgl. z. B. Florida (Fla. Stat. § 448.104), Massachusetts (ALM GL ch. 149, § 185(e)), New Jersey (N.J. Stat. § 34:19-6), New York (N.Y. Labor Law § 740(6)), North Dakota (N.D. Cent. Code 34-01-20(3)) und Tennessee (Tenn. Code § 50-1304(f)(2)). 759 Vgl. z. B. Connecticut (Conn. Gen. Stat. § 31-51m(c)), Ohio (Ohio Rev. Code § 4113.52(C)) und. 760 N.J. Stat. § 34:19-5. 761 Cal. Lab. Code § 1103 bzw. § 1102.5(f). 762 Hawaii sieht Strafen zwischen US$ 500 und US$ 5.000 für jede Verletzung vor; Haw. Rev. Stat. § 378-65. In Michigan können Strafen bis zu US$ 500 verhängt werden; Mich. Comp. Laws § 15.365(1). New York sieht im Gesundheitssektor Strafen von bis zu US$ 10.000 vor; N.Y. Labor Law § 740(4)(d). In Maine werden Arbeitgeber zu einem Aushang verpflichtet, der die Rechte sowie die Telefonnummer der zuständigen Anlaufstelle für die Entgegennahme von Hinweisen nennt. Für jeden Tag der vorsätzlichen Pflichtverletzung hat der Arbeitgeber eine Geldstrafe von US$ 10 zu zahlen; 26 Me. Rev. Stat. § 836.

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

instrumente eine Beweislasterleichterung zugunsten des Whistleblowers. Darüber hinaus wird bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Hinweis und Benachteiligung eine Kausalitätsverknüpfung vermutet. In den USA brachte die neue Beweislastregelung unter dem WPA 1989 (contributing factor test) eine deutliche Verbesserung, die in zahlreichen amerikanischen Einzel- und Bundesgesetzen übernommen wurde. Eine Ausnahme bildet der public-policy-Einwand, bei dem die allgemeinen Beweisgrundsätze Anwendung finden. In England obliegt es dem Arbeitgeber, die Fairness einer Kündigung (bei Klagen gemäß Section 103A ERA) bzw. die Gründe seines Handelns (bei Klagen gemäß Section 47B ERA) darzulegen und zu beweisen sowie das vermutete good faith Kriterium zu widerlegen, so dass den Arbeitgeber die wesentlichen Beweisschwierigkeiten treffen. Bis auf wenige Ausnahmen in den USA763 kann der Whistleblower in beiden Ländern eigenständig ein Verfahren einleiten und ist nicht darauf angewiesen, dass Behörden für ihn tätig werden. In England ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet. Eine Klage ist innerhalb von drei Monaten gegenüber dem Employment Tribunal zu erheben. Der in Section 103A ERA vorgesehene besondere Kündigungsschutz gewährt einzelne Verfahrenserleichterungen gegenüber dem allgemeinen Kündigungsschutz, so z. B. die Entbehrlichkeit der einjährigen Mindestbeschäftigung. In den USA existiert dagegen eine Vielzahl verschiedener Schutzinstrumente mit uneinheitlichen Verfahrensvorschriften. Während zum Teil ein gemischt behördlich-gerichtlicher Rechtsbehelf vorgesehen ist (so beim WPA und SOX), eröffnen andere Schutzinstrumente unmittelbar den Weg zu den Gerichten (so beim FCA und public-policy-Einwand). Aufgrund teilweise jahrelanger Verwaltungsverfahren wurde unter dem SOX eine alternative Klagemöglichkeit eingeführt. Demnach ist eine Klage zum Bundesbezirksgericht zulässig, sofern nicht innerhalb von 180 Tagen eine endgültige behördliche Entscheidung ergangen ist. Eine entsprechende Regelung wurde bereits auf den Energy Reorganization Act übertragen und wird für den WPA diskutiert. In England verbietet Section 43J ERA Knebelklauseln in Arbeitsverträgen und außergerichtlichen Einigungen. Eine entsprechende Vorschrift ist in den U.S.amerikanischen Gesetzen nicht zu finden. Die Rechtsprechung schränkt die Vertragsfreiheit jedoch dahingehend ein, dass Vertraulichkeitsvereinbarungen für unzulässig erklärt werden, soweit öffentliche oder gesellschaftliche Interessen (public or societal interest) berührt sind764. Vor dem Hintergrund, dass Unternehmen zur Geheimhaltung von Informationen teilweise erhebliche Zahlungen leis763 Eine Ausnahme sieht z. B. der OSH Act (29 USC § 660(c)(2) und (3)) vor, wonach der Arbeitnehmer nicht klageberechtigt ist. Vielmehr muss das Arbeitsministerium der Beschwerde nachgehen und für den Arbeitnehmer Klage erheben. 764 Vgl. umfassend Callahan/Dworkin, 36 Am. Bus. L.J. (1998), S. 151 ff. sowie z. B. Foley v. Interactive Data Corp., 765 P.2d 373, S. 380 m.w. N. (Cal. 1988).

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ten, erfordert der SOX bei (außerbehördlichen) Einigungen der Parteien eine zwingende Zustimmung des mit der Streitsache befassten Vorsitzenden. Diese Voraussetzung verdeutlicht, dass es sich nicht um eine rein private Streitigkeit handelt, sondern darüber hinaus öffentliche Interessen berührt sind. Sowohl in England als auch in den USA sind die Wiedereinstellung und die Kompensation in Form von Schadensersatz in Geld als Rechtfolgen vorgesehen. Im englischen Arbeitsrecht bildet die Wiedereinstellung zwar den Grundsatz nach einer Kündigung, tatsächlich ist sie aber ein überwiegend theoretisches Konstrukt geblieben. Demgegenüber basiert das amerikanische Schadensersatzrecht auf einer Kompensation in Geld und die Naturalrestitution bildet die Ausnahme. Dennoch zeigen sich die amerikanischen Verwaltungsbehörden und Gerichte gegenüber Wiedereinstellungen von Whistleblowern grundsätzlich offen; in absoluten Zahlen bleiben Wiedereinstellungen aber auch dort die Ausnahme. In beiden Ländern ist der Schadensersatz in Geld somit die übliche Form der Kompensation und dem Whistleblower kann im Erfolgsfall eine erhebliche Schadenssumme zugesprochen werden. In England ist zwischen Kündigungsschutzklagen und Klagen aufgrund anderer Benachteiligungen zu unterscheiden: In Kündigungsschutzklagen, die auf die Whistleblowerschutzvorschriften gestützt werden, ist die (aus dem allgemeinen Kündigungsschutzrecht bekannte) Schadenshöchstgrenze von derzeit £ 65.300 nicht anwendbar. Es wird jedoch nur materieller und kein immaterieller Schadensersatz gewährt. Bei Klagen, die keine Kündigung zum Gegenstand haben, ist der materielle Schadensersatz ebenfalls unbegrenzt; zudem kann das Gericht immateriellen Schadensersatz zusprechen, zu dem auch aggravated und exemplary damages zählen. In den USA werden insbesondere in qui tam Klagen hohe Belohnungen gewährt. Aber auch in Whistleblowerschutzprozessen kann das Gericht in erheblichem Umfang Schadensersatz zusprechen, vor allem sofern neben immateriellen Schäden auch punitive damages gewährt werden. Entgegen dem amerikanischen Grundsatz, dass jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen hat, sehen viele Vorschriften die Erstattung angemessener Anwaltskosten vor. Im Gegensatz dazu haben die Parteien in England in den ersten beiden Instanzen ihre Kosten selbst zu tragen. Erst ab dem Court of Appeal finden die allgemeinen Kostengrundsätze Anwendung. Insgesamt sehen beide Länder die Möglichkeit einer umfassenden Kompensation vor, damit die mit dem Whistleblowing verbundenen Risiken und Nachteile ausgeglichen werden können. Zudem kommt den potentiell erheblichen Schadensersatzsummen eine Abschreckungswirkung zu. Hervorzuheben bleibt, dass der individuelle Rechtsschutz in beiden Ländern erheblich von den Entwicklungen im Antidiskriminierungsrecht profitiert hat, ohne die der heutige Whistleblowerschutz kaum denkbar wäre. Gegen eine als Folge des Whistleblowings erlitttene Benachteiligung vorzugehen, wird als private, nicht als öffentliche Angelegenheit erachtet. Daher sind (strafrechtliche) Sanktionen gegen den Schädiger grundsätzlich nicht vorgesehen.

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2. Teil: Whistleblowing in England und den USA

Während dieser Grundsatz in England uneingeschränkt gilt, sehen der WPA und einige einzelstaatliche Gesetze in den USA Sanktionen für die Diskriminierung von Whistleblowern vor. Dazu gehören insbesondere die Suspendierung (bis hin zu einem Ausschluss aus dem öffentlichen Dienst) sowie zusätzliche Geldzahlungen an den Staat. Zudem wurde die Benachteiligung von Whistleblowern unter dem SOX erstmals als bundesrechtliche Straftat normiert. Ob die damit bezweckte Abschreckungswirkung erzielt wird, ist aufgrund der schwachen Umsetzung jedoch zweifelhaft.

Dritter Teil

Whistleblowing in Deutschland § 10 Ausgangslage Die Whistleblowingthematik hat in Deutschland im Jahr 2002 eine neue Dynamik mit dem Inkrafttreten des Sarbanes-Oxley Act (SOX) erfahren, der U.S.-börsennotierte Unternehmen zur Errichtung interner Meldesysteme verpflichtet. Diese Meldesysteme müssen Mitarbeitern ermöglichen, fragwürdige Buchungsund Bilanzierungsangelegenheiten (auch anonym) unternehmensintern zu melden. Viele amerikanische Unternehmen haben nicht nur den gesetzlichen Mindeststandard umgesetzt, sondern darüber hinaus umfassende konzerneinheitliche Verhaltens- oder Ethikrichtlinien (sog. Codes of Conduct oder Codes of Ethics) mit detaillierten Verhaltensanweisungen erlassen (z. B. in Bezug auf Interessenkonflikte, die Verwendung von Unternehmensvermögen, den Schutz vertraulicher Informationen sowie Regelungen zur Geschenkannahme und -vergabe). Entsprechende Verhaltensrichtlinien gelten in den USA als Aushängeschild guter Unternehmensführung. Bei international tätigen Konzernen werden Unternehmensrichtlinien, die auf amerikanischen Rechtsvorgaben und dem amerikanischem Rechtssystem basieren, in die jeweilige Landessprache der Tochterunternehmen übersetzt und sollen dort – möglichst ohne Veränderungen – transnational einheitlich eingeführt werden. Dies führt dazu, dass deutsche Tochterunternehmen U.S.-amerikanischer Konzerne zunehmend mit Ethikrichtlinien konfrontiert werden, die umfassende Verhaltensanweisungen vorsehen und die Mitarbeiter verpflichten, jegliche Verstöße gegen Gesetze, Verordnungen sowie die internen Richtlinien zu melden1. Entsprechende Regelungen werden immer wieder übernommen, um mit den Vorgaben der U.S.-amerikanischen Muttergesellschaft konform zu gehen. Sie tragen jedoch dazu bei, dass das Whistleblowing als auferlegte Pflicht und nicht als gesellschaftliches sowie unternehmerisches Instrument zur Behebung von Missständen angesehen wird. Die juristische Diskussion in Deutschland war in den letzten Jahren maßgeblich durch die U.S.-amerikanische Verpflichtung zur Errichtung interner Melde1 Vgl. Henssler/Schneider, RdA 2009, S. 319; Deinert, AuR 2008, S. 90; Junker, BB 2005, S. 602 und S. 605; Mengel/Hagemeister, BB 2007, S. 1393; Wisskirchen/Jordan/ Bissels, DB 2005, S. 2194. Zur Unzulässigkeit genereller Meldepflichten unabhängig von der Schwere des Verstoßes Schuster/Darsow, NZA 2005, S. 276; Barthel/Huppertz, AuA 2006, S. 205 sowie umfassend Mahnhold, NZA 2008, S. 738 f.

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3. Teil: Whistleblowing in Deutschland

systeme und den damit einhergehenden Umsetzungsschwierigkeiten, insbesondere im Hinblick auf mitbestimmungs-2 und datenschutzrechtliche 3 Aspekte, geprägt. Nunmehr wird die Diskussion verstärkt unter individualarbeitsrechtlichen Gesichtspunkten geführt. Dazu haben insbesondere die diversen Lebensmittel-, Korruptions- und Finanzskandale der letzten Jahre beigetragen. Im Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit standen dabei beispielsweise der Skandal um Gammelfleisch, die Vergnügungsreisen für Betriebsräte bei VW, die Schwarzen Kassen bei Siemens, der MAN-Schmiergeldskandal, die Datenaffäre bei der Deutschen Bahn, der Skandal um die Bankgesellschaft Berlin sowie die Bespitzelungsaffären bei Lidl und der Deutschen Telekom. Dies hat dazu geführt, dass das Whistleblowing zunehmend von Unternehmen als Compliance- und Risikomanagement-Thema wahrgenommen wird. Darüber hinaus wird erkannt, dass es eines umfassenden Schutzes vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen bedarf, damit Mitteilungen von Arbeitnehmern gefördert werden. Nachdem bereits verschiedene Gesetzesentwürfe folgenlos geblieben sind4, hat das Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz (BMELV) in Abstimmung mit dem Ministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und dem Justizministerium im Frühjahr 2008 einen Gesetzesentwurf zur „Verankerung des Informantenschutzes für Arbeitnehmer im Bürgerlichen Gesetzbuch“ erarbeitet. Der Gesetzesentwurf sah vor, diese Regelung in § 612a BGB umzusetzen und den jetzigen § 612a BGB künftig mit § 612b BGB zu bezeichnen. Der Gesetzesentwurf stand im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und ist insbesondere vor dem Hintergrund der Vorfälle um nicht für den menschlichen Verzehr bestimmtes Fleisch (K3-Fleisch) zu sehen, die teilweise durch Anzeigen von Mitarbeitern und anonyme Hinweise an externe Stellen aufgedeckt wurden. Prominentes Beispiel für die Aufdeckung ist der LkwFahrer Miroslaw Strecker, der im August 2007 durch seine Meldung verhindern konnte, dass nicht für den Verzehr geeignetes K3-Fleisch weiter in Umlauf gelangte. Bundesverbraucherminister Horst Seehofer zeichnete ihn dafür mit der 2 In einer Entscheidung aus dem Jahr 2008 stellte das BAG in Übereinstimmung mit der viel zitierten Wal-Mart Entscheidung (LAG Düsseldorf v. 14.11.2005, DB 2006, S. 162 ff. m. Anm. Bittmann/Lenze) klar, dass Whistleblowerklauseln in Ethikrichtlinien der betrieblichen Mitbestimmung gem. § 87 Abs. 1 BetrVG unterliegen. Entgegen der Vorinstanz (LAG Hessen v. 18.01.2007, AuR 2007, S. 394) entschied das BAG jedoch, dass die Mitbestimmungspflichtigkeit der Whistleblowerklausel nicht automatisch zur Mitbestimmungspflichtigkeit der gesamten Ethikrichtlinie führe; vgl. BAG v. 22.07. 2008, AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG 1972. Weiterführend zur betrieblichen Mitbestimmung bei Whistleblowerklauseln Henssler/Schneider, RdA 2009, S. 318 ff.; Deinert, AuR 2008, S. 90 f.; Barthel/Huppertz, AuA 2006, S. 204 ff.; Wisskirchen/Jordan/Bissels, DB 2005, S. 2190 ff.; Junker, BB 2005, S. 604 f.; Schuster/Darsow, NZA 2005, S. 273 ff. 3 Vgl. etwa Zimmermann, WM 2007, S. 1060 ff.; ders., RDV 2006, S. 242 ff.; Wybitul, BB 2009, S. 1582 ff.; Breinlinger/Krader, RDV 2006, S. 60 ff.; Barthel/Huppertz, AuA 2006, S. 206 ff.; Müller-Bonanni/Schell, ArbRB 2006, S. 299 ff.; Wisskirchen/ Körber/Bissels, BB 2006, S. 1567 ff. 4 Im Einzelnen Deiseroth (2001), S. 209 ff.; Schmitt, S. 190 ff.

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erstmals verliehenen Goldenen Plakette seines Hauses aus, bescheinigte ihm „ein außergewöhnliches Maß an Gemeinsinn“ und kündigte an, den Schutz vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen gesetzlich zu verankern5. Auch in Niedersachsen wurden Anfang 2008 staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen den Wurstfabrikant BFZ Brägeler Fleischzerlegung GmbH durch die Hinweise von Leiharbeitern eingeleitet, die nach eigenen Angaben über Monate tonnenweise vergammelte Schweineköpfe zu Wurst verarbeitet hatten6. Die Reportage von Günter Wallraff im Mai 2008 über die Backfabrik Weinzheimer im Hunsrück deckte nicht nur unwürdige Arbeits-, Sicherheits- und Hygienebedingungen auf, sondern verdeutlicht exemplarisch, dass sich Beschäftigte aus Angst um ihren Arbeitsplatz oftmals nicht trauen, auf Missstände hinzuweisen7. Das Whistleblowing ist nicht auf verbraucherschutzrechtliche und landwirtschaftliche Bezüge zu beschränken, sondern ist – unabhängig von etwaigen Industriesektoren, Tätigkeitsbereichen oder Straftatbeständen – allgemein als Mittel zu erkennen, frühzeitig und im Interesse der Öffentlichkeit auf Missstände aufmerksam zu machen. Zwar hat sich die Diskussion zur Einfügung eines neuen § 612a BGB (im Folgenden: § 612a BGB-E) vor dem Hintergrund der Lebensmittel-Skandale entfaltet, durch die Stellung in den dienstrechtlichen Vorschriften des BGB wurde jedoch die allgemeine Bedeutung der Vorschrift ersichtlich und die Diskussion sollte entsprechend den damit einhergehenden Auswirkungen allgemein gehalten werden. Die gesetzliche Verankerung des Whistleblowerschutzes in § 612a BGB-E ist an den Widerständen von CDU/CSU gescheitert8. Die folgende Besprechung erfolgt vor dem Hintergrund zukünftiger Gesetzesvorhaben mit gleichem Ziel.

A. Arbeitsrechtliche Vorgaben I. Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften Mangels ausdrücklicher Whistleblowervorschriften im deutschen Recht ist auf die allgemeinen Vorschriften und Grundsätze des Arbeitsrechts (bzw. des öffent5 Der Fahrer hatte Schlachtabfälle von Schleswig-Holstein nach Bayern transportiert. Bei der Ankunft sollte er den Lastwagen so parken, dass kein Nachbar ihn einsehen konnte und beim Entladen wurden die Etiketten mit der Aufschrift „Nicht für den menschlichen Verzehr“ entfernt. Durch seine Meldung half er bei der Sicherstellung von 11,5 Tonnen Gammelfleisch; vgl. Seehofer ehrt couragierten Gammelfleisch-Fahrer, in: Der Tagesspiegel vom 5. Oktober 2007; Herrmann, Ekelfleisch: Hinseher unter Wegguckern, in: Berliner Zeitung vom 6. Oktober 2007. 6 Neuer Fleischskandal in Niedersachsen, in: Report Mainz vom 21. Januar 2008, 21.45 Uhr im Ersten. 7 Unabhängig voneinander wandten sich zwei Arbeiter an Günter Wallraff und schilderten die Bedingungen ihres Arbeitgebers. Wallraff ließ sich unter einem Decknamen bei der Backfabrik anstellen mit dem Ziel, nach seinem Ausscheiden über seine Erlebnisse zu berichten; vgl. Wallraff, Unser täglich Brötchen, in: Die Zeit vom 1. Mai 2008. 8 Whistleblowing – Gesetzesänderung auf Eis gelegt, in: NJW-Spezial 2009, S. 180.

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lichen Diensrechts9) zurückzugreifen. Das Verhalten des Arbeitgebers ist anhand der einschlägigen Normen auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Auch § 612a BGB-E würde kein eigenständiges Benachteiligungsverbot statuieren, sondern wäre im Zusammenhang mit den allgemeinen arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften zu lesen. Eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ist an § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zu messen. Demnach ist eine Kündung rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Soweit das Gesetz nach §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG anwendbar ist, gilt es auf der ersten Stufe zu prüfen, ob „an sich“ ein Kündigungsgrund besteht. Wird eine rechtswidrige und schuldhafte Pflichtverletzung bejaht, ist auf der zweiten Stufe eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen10. Handelt es sich dagegen um Arbeitnehmer, auf die das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist, oder um sonstige Benachteiligungen, die keine Kündigung sind, ist das Arbeitgeberverhalten am Maßregelungsverbot des derzeitigen § 612a BGB zu messen, welches einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit bildet11. Demnach darf ein Arbeitnehmer nicht benachteiligt werden, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausübt12, was insbesondere unter Berücksichtigung der vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten zu beurteilen ist. Die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung richtet sich nach § 626 BGB und setzt einen wichtigen Grund, mithin eine schwere Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten voraus. Auf der ersten Stufe ist zu prüfen, ob die Pflichtverletzung ohne besondere Umstände des Einzelfalls an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden. Auf der zweiten Stufe ist unter Abwägung der gegenseitigen Interessen im Einzelfall zu klären, ob eine Fortsetzung des Vertrages bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist13. Auch im öffentlichen Dienst setzen dienstrechtliche Konsequenzen einen Verstoß gegen die einschlägigen Verhaltenspflichten voraus14. Im Ergebnis kommt es somit für die Rechtmäßigkeit des Ar9 Die folgenden Ausführungen beziehen sich hauptsächlich auf die Beschäftigten in der Privatwirtschaft; an gegebener Stelle wird in der gebotenen Kürze auf die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes eingegangen. 10 Grundsätzlich ist bei verhaltensbedingten Kündigungen neben einer negativen Zukunftsprognose nach dem ultima ratio Prinzip eine Abmahnung nunmehr auch bei Störungen im Vertrauensbereich (im Gegensatz zu Störungen im Leistungsbereich) erforderlich; BAG v. 04.06.1997, AP Nr. 137 zu § 626 BGB. Eine besonders schwere Loyalitätspflichtverletzung kann jedoch eine so nachhaltige Störung der Vertrauensgrundlage zwischen den Arbeitsparteien darstellen, dass eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich ist; vgl. ErfK/Oetker, § 1 KSchG Rn. 188 ff. 11 BAG v. 22.05.2003, AP Nr. 18 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit; ErfK/Preis, § 612a BGB Rn. 2. 12 Erfasst wird die Ausübung der arbeitsvertraglichen und verfassungsrechtlich geschützten Rechte; vgl. APS/Linck, § 612a BGB Rn. 6 ff.; ErfK/Preis, § 612a BGB Rn. 2. 13 Vgl. ErfK/Müller-Glöge, § 626 BGB Rn. 14 ff. und 24 ff. 14 Eine disziplinarrechtliche Ahndung von Beamten richtet sich nach § 77 Abs. 1 S. 1 BBG und setzt eine schuldhafte Pflichtverletzung voraus. Zu dem Begriff des Dienst-

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beitgeberverhaltens maßgeblich darauf an, ob ein Hinweisgeber rechtswidrig und schuldhaft gegen arbeitsvertragliche (bzw. beamtenrechtliche) Pflichten verstößt. II. Die einschlägigen Verhaltenspflichten Das Arbeitsverhältnis (als dauerhafte und besonders intensive vertragliche Beziehung) ist durch gegenseitige Haupt- und Nebenpflichten gekennzeichnet, die jedem Arbeitsverhältnis immanent sind15. Sie enthalten besondere Beschränkungen, die als Ausgangspunkt für die rechtliche Zulässigkeit des Whistleblowings dienen. Dabei ist eine Verletzung der Hauptleistungspflicht – die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung – regelmäßig von untergeordneter Bedeutung16. Relevant sind vielmehr die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten, die sich aus den nach §§ 241 Abs. 2, 242 BGB für alle Schuldverhältnisse geltenden Grundsätzen ergeben. § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet die Parteien eines Schuldverhältnisses zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Nach § 242 BGB hat der Schuldner die Leistung so zu bewirken, wie es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Dabei richtet sich der Umfang der Rücksichtnahmepflichten nach der Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb, insbesondere der Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie nach besonderen Vertrauensverhältnissen (z. B. bei Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten)17. Trotz der unterschiedlichen Begriffe in der Literatur werden verschiedene Fallgruppen von Nebenpflichten anerkannt, wobei im Folgenden die für das Whistleblowing relevante Schadensabwendungspflicht, die Verschwiegenheitspflicht und die Pflicht zur Wahrung des Betriebsfriedens erläutert werden. 1. Schadensabwendungs- oder Interessenwahrungspflicht Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf die geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen und sie im zumutbaren Umfang zu wahren. Dazu gehört die Pflicht, Schäden an den Rechtsgütern des Arbeitgebers abzuwenden und ihn über alle wesentlichen Vorkommnisse im Betrieb in Kenntnis zu setzen, vergehens und den in Betracht kommenden Disziplinarmaßnahmen Battis, BBG, § 77 Rn. 11 ff. und Rn. 18 ff. Für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst enthält § 34 TVöD/TV-L die Modifizierungen gegenüber den Arbeitnehmern außerhalb des öffentlichen Dienstes, insbesondere eigenständige Regelungen der Kündigungsfristen sowie den Fortbestand der sog. „Unkündbarkeitsvorschrift“; vgl. Bredemeier/Neffke-Weizenegger, TVöD/TV-L, Vor § 34 Rn. 1 f. 15 ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 707. 16 Eine Verletzung der Hauptleistungspflicht ist dagegen denkbar, sofern ausnahmsweise der Inhalt des Arbeitsverhältnisses bestimmte Meinungsäußerungen verbietet: Zu denken ist an einen Pressesprecher eines Unternehmens, der sich negativ über das Unternehmen äußert; vgl. Wendeling-Schröder (1994), S. 180. 17 MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 3; Kittner/Däubler/Zwanziger-Däubler, § 1 KSchG Rn. 235; Palandt/Weidenkaff, § 611 Rn. 39; Hromadka/Maschmann, S. 210.

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insbesondere um vor drohenden Schäden zu warnen18. Sie erstreckt sich auf die Pflicht, ruf- und kreditschädigende Mitteilungen über das Unternehmen oder den Arbeitgeber an Dritte zu unterlassen19. Auf der anderen Seite sind die berechtigten und insbesondere die grundrechtlich geschützten Interessen der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Insbesondere externe Offenlegungen können gegen die Schadensabwendungspflicht (vor allem die Pflicht, bei einem Hinweis den Schaden für den Arbeitgeber möglichst gering zu halten) verstoßen, wenn der Arbeitgeber durch die negative öffentliche Publizität in der Meinung der Öffentlichkeit herabgesetzt wird und erhebliche Nachteile erleidet. In Betracht kommt etwa eine Störung der geschäftlichen Beziehungen, in Extremfällen sogar eine Gefährdung der Existenzgrundlage20. 2. Verschwiegenheitspflicht Die vertragliche Verschwiegenheits- oder Geheimhaltungspflicht verpflichtet den Arbeitnehmer, über Tatsachen und Vorgänge Verschwiegenheit zu wahren, die ihm im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bekannt geworden sind und deren Geheimhaltung im Interesse des Arbeitgebers ist21. Sie wird flankiert durch das mit Strafandrohung bewehrte und damit zugleich deliktsrechtlich relevante (§ 823 Abs. 2 BGB) Verbot, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse zu verraten (§§ 17 ff. UWG)22. Für die Bestimmung der Reichweite der vertraglichen Verschwiegenheitspflicht ist insbesondere das Interesse des Arbeitgebers an der Geheimhaltung zu würdigen. Dabei ist nicht hinreichend geklärt, ob ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers besteht, „illegale“ Geheimnisse zu wahren23. Im Rahmen der 18 Schaub/Linck, § 55 Rn. 44; Palandt/Weidenkaff, § 611 Rn. 40; ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 744. 19 MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 68; Hromadka/Maschmann, S. 213. 20 Dies erkennt auch das BAG an, indem es darauf hinweist, dass ein Arbeitgeber „durch die mit der Einleitung eines Strafverfahrens verbundene negative öffentliche Publizität sogar in seiner Existenzgrundlage gefährdet werden [kann]“; BAG v. 03.07. 2003, AP Nr. 45 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung = NZA 2004, S. 427 ff., S. 430. 21 MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 64; Schaub/Linck, § 55 Rn. 51. 22 Die gesetzlich nicht definierten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse liegen nach h. M. vor, wenn Tatsachen im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb, die nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt und nicht offenkundig sind, nach dem ausdrücklich oder konkludent erklärten Willen des Betriebsinhabers aufgrund eines berechtigten wirtschaftlichen Interesses geheimgehalten werden sollen; MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 56 ff. Vgl. auch v. Pelchrzim, CCZ 2009, S. 25 ff. 23 Zu Recht ablehnend ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 713; Preis/Rolfs, Der Arbeitsvertrag, II V 20 Rn. 22; Froschauer, S. 122; Rohde-Liebenau, AuR 2006, S. 378; Colneric, AiB 1987, S. 265 f.

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Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse i. S. v. § 17 UWG wird ein „berechtigtes wirtschaftliches Interesse“ an der Geheimhaltung gefordert, und es ist allgemein anerkannt, dass die Geheimhaltung von Wettbewerbsverstößen, Straftaten und sonstigen Gesetzeswidrigkeiten sowie Vertragsbrüchen des Arbeitgebers nicht schutzwürdig ist24. Das BAG hat den Einwand, die Verheimlichung von Gesetzesverstößen werde durch die Verfassung nicht geschützt, jedenfalls dann zurückgewiesen, wenn ein selbst nicht rechtswidrig und vorsätzlich handelnder Arbeitgeber betroffen ist25. In der Rechtsprechung sind darüber hinaus Fälle bekannt, in denen Hinweise gegen den gesetzwidrig handelnden Arbeitgeber als Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten gewertet wurden26. Zwar wird man richtigerweise davon ausgehen müssen, dass der Arbeitgeber bei Gesetzesverstößen aufgrund von Wertungswidersprüchen zur übrigen Rechtsordnung kein Schutzbedürfnis an der Geheimhaltung hat. Unabhängig von dem Bestehen einer Verschwiegenheitspflicht kann die Bekanntgabe an Dritte durch den Arbeitnehmer jedoch andere vertragliche Nebenpflichten verletzen27. Die Verschwiegenheitspflicht findet ihre Grenzen in den berechtigten und grundrechtlich geschützten Belangen der Arbeitnehmer, sofern diese von der Rechtsordnung als höherwertig angesehen werden28. Dies gilt vor allem, wenn der Arbeitnehmer eigene Rechte gegenüber dem Arbeitgeber verfolgt und dabei auf die Darlegung geheimzuhaltender Umstände angewiesen ist29 oder wenn er sich aufgrund der Geheimhaltung selbst der Strafverfolgung aussetzten würde. 3. Pflicht zur Wahrung der betrieblichen Ordnung Die Pflicht zur Wahrung der betrieblichen Ordnung umfasst das Zusammenwirken von Arbeitgeber und Belegschaft sowie der Beschäftigten untereinander. Arbeitnehmer haben Störungen des Betriebsablaufs zu unterlassen, die sich auf das Arbeitsverhalten anderer auswirken (z. B. Unaufmerksamkeit, streitlustiges Verhalten, Verleumdungen und üble Nachrede). Die Pflicht dient den wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers sowie den ideellen Interessen der Mitarbeiter und wird primär im Kontext politischer Meinungsäußerungen diskutiert30. Aber 24

Vgl. nur MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 61; ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 713. BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 427 ff., S. 430. 26 Vgl. BAG v. 05.02.1959, AP Nr. 10 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; LAG Düsseldorf v. 18.01.1961, BB 1961, S. 532. 27 So auch Herbert/Oberrath, NZA 2005, S. 196; Schaub/Linck, § 55 Rn. 55; vgl auch MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 69, nach dessen Ansicht der Arbeitgeber nach einem internen Hinweis des Arbeitnehmers sein schutzwürdiges Vertrauen in dessen Verschwiegenheit verliert. 28 ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 715; MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 66. 29 MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 66. 30 MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 1 ff.; ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 738 ff.; ErfK/ Dieterich, Art. 5 GG Rn. 34. 25

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3. Teil: Whistleblowing in Deutschland

auch beim Whistleblowing erfordert die Frage, ob und inwieweit Arbeitnehmer unternehmensschädliche Äußerungen zu unterlassen haben, eine Abwägung der kollidierten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen31. 4. Verhaltenspflichten im öffentlichen Sektor Zu den maßgeblichen beamtenrechtlichen Verhaltenspflichten zählen die Treueund Loyalitätspflichten 32 sowie die Amtsverschwiegenheit33. Dabei stehen Beamte aufgrund von Art. 33 Abs. 5 GG (hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums) in einem besonderen Pflichten- und Treueverhältnis gegenüber ihrem Dienstherrn, das sie wesentlich enger an ihn als die übrigen Arbeitnehmer an ihren Arbeitgeber bindet34. § 171 BBG verpflichtet Beamte, bei Anträgen und Beschwerden den Dienstweg einzuhalten, d.h. die dienstlichen Stellen in hierarchisch aufsteigender Linie zu kontaktieren. Nur bei Betroffenheit des unmittelbaren Vorgesetzten können sie sich unmittelbar an den nächsthöheren Vorgesetzten wenden (§ 171 Abs. 2 BBG). Ausnahmen von dem Grundsatz der Amtsverschwiegenheit bestehen lediglich für offenkundige, ihrer Bedeutung nach nicht geheimhaltungsbedürftige Tatsachen sowie für die gesetzlich begründete Pflicht, Straftaten anzuzeigen (§ 138 StGB) und für den Erhalt der freiheitlich demokratischen Grundordnung einzutreten35. Zwecks Umsetzung des (noch nicht ratifizierten) Zivilrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption36 sieht das Beamtenstatusgesetz (BeamtStG)37, welches das BRRG infolge der Föderalismusreform zum 1. April 2009 weitgehend abgelöst hat, nunmehr in § 37 Abs. 2 Nr. 3 eine weitere Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht vor, der zufolge Beamte Korruptionsstraftaten nach §§ 331–337 StGB gegenüber einer Strafverfolgungsbehörde oder einer durch Landesrecht bestimmten Behörde anzeigen dürfen. Für Bundesbeamte ist geplant, eine entsprechende Regelung in § 61 Abs. 1 BBG aufzunehmen38. Für die Angestellten im öffentlichen Dienst gelten weitgehend die gleichen Maßstäbe wie für Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes. Dies gilt umso mehr seit der Neufassung des Tarifrechts für die Beschäftigten im öffent31

ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 740. Vgl. vor allem § 52 (Amtsführung), § 53 (Zurückhaltung bei politischer Betätigung) und § 54 S. 3 BBG (Wohlverhaltenspflicht). 33 Vgl. § 61 BBG. 34 Vgl. Battis, BBG, § 2 Rn. 13; Müller, NZA 2002, S. 426; BVerfG v. 22.05.1975, BVerfGE 39, S. 334 ff. 35 Vgl. § 61 Abs. 1 S. 2 und Abs. 4 BBG. 36 Vgl. oben § 2 B.II.1. 37 BeamtStG vom 17.06.2008, BGBl. I S. 1010. 38 Entwurf der Bundesregierung vom 18.07.2006 für ein Gesetz zur Änderung des Bundesbeamtengesetzes, BT-Drucksache 16/2253, S. 10. 32

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lichen Dienst, da die „allgemeine Verhaltenspflicht“ („[. . .] hat sich so zu verhalten, wie es von Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwartet wird“) nicht mehr in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) aufgenommen wurde39.

B. Verfassungsrechtliche Vorgaben Bei der Konkretisierung der vertraglichen Nebenpflichten sind die grundrechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Zwar gelten die Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Staat nicht unmittelbar im Privatrecht, sie sind jedoch Elemente einer objektiven Rechtsordnung und strahlen als verfassungsrechtliche Grundentscheidungen auf das Privatrecht aus. Dies erfolgt im Wege der mittelbaren Drittwirkung. Von einer Drittwirkung spricht man bei Grundrechten, wenn sie ihre Schutzwirkung nicht nur im Verhältnis zwischen Bürger und Staat, sondern auch im Verhältnis der Bürger untereinander entfalten. Medium für die Ausstrahlung der Grundrechte auf das bürgerliche Recht sind vor allem die Generalklauseln. Die Schutzwirkung tritt hier ein, weil bei der Auslegung der Generalklausel, wie z. B. § 242 BGB, die durch das Grundgesetz (und damit die Grundrechte) etablierte objektive Werteordnung zu berücksichtigen ist40. Kollidiert das dem Arbeitgeber als Ausfluss seiner grundrechtlich geschützten Betätigungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) zustehende Recht, vom Arbeitnehmer die Einhaltung der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten zu verlangen, mit grundrechtlich geschützten Positionen des Arbeitnehmers, ist das Spannungsverhältnis grundrechtskonform aufzulösen und sind die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten entsprechend zu konkretisieren41. Eine Kollisionsauflösung verschiedener Grundrechte erfolgt durch eine Grundrechtsbegrenzung im Wege der praktischen Konkordanz. Dabei darf nicht eines der Grundrechte auf Kosten des anderen im Sinne einer vorschnellen Güterabwägung realisiert werden. Vielmehr sind den kollidierenden, verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern nach dem „Prinzip des schonendsten Ausgleichs“ 42 Grenzen zu setzen, damit beide zu optimaler Wirksamkeit gelangen43. I. Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) Die Rücksichtnahmepflichten werden durch das Recht auf freie Meinungsäußerung begrenzt. Nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG hat jeder das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern. Der Begriff der Meinung ist weit aus39 40 41 42 43

Bredemeier/Neffke-Neffke, TVöD/TV-L, § 3 Rn. 12. Statt vieler Pieroth/Schlink, Rn. 173 ff. Vgl. BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 429 m.w. N.; Schaub/Linck, § 3 Rn. 2. BVerfG v. 25.02.1975, BVerfGE 39, S. 1 ff., S. 43 („Schwangerschaftsabbruch I“). Vgl. ErfK/Dieterich, Einl. GG Rn. 71.

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zulegen und umfasst Äußerungen, die durch das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder des Meinens geprägt sind44. Obwohl das Whistleblowing auf reine Tatsachenbehauptungen beschränkt sein kann, hat das BVerfG klargestellt, dass die Mitteilung einer Tatsache geschützt ist, „soweit sie Voraussetzung der Bildung von Meinungen ist, welche Art. 5 Abs. 1 GG in seiner Gesamtheit gewährleistet“ 45. Nur Tatsachenbehauptungen, die weder mit Werturteilen verbunden noch für die Bildung von Meinungen relevant sind (insbesondere also erwiesen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen), fallen aus dem Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 S. 1 heraus46. Das Whistleblowing unterfällt damit grundsätzlich dem Schutzbereich des Grundrechts47. Etwas anderes gilt nach Ansicht des BAG bei anonymen Anzeigen, da es an dem konstituierenden Element der Subjektivtät fehle; ohne eine deutlich erkennbare persönliche Zuordnung könne eine anonyme Äußerung nicht an der geistigen Auseinandersetzung teilnehmen48. Die Meinungsfreiheit findet ihre Schranken gemäß Art. 5 Abs. 2 GG in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. In diesem Zusammenhang hat das BAG in ständiger Rechtsprechung die „Grundregeln über die Arbeitsverhältnisse“ als Schranken herangezogen49. Nachdem diese Position überwiegend Kritik erfahren hat, leitet das BAG die maßgebliche Schrankenregelung nunmehr aus § 241 Abs. 2 und § 242 BGB ab, die von allen Vertragspartnern Rücksichtnahme auf die Belange des jeweils anderen verlangen und insbesondere die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten einbeziehen50. In Beamtenverhältnissen ergeben sich Einschränkungen der Meinungsfreiheit aus den Beamtengesetzen sowie aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Dabei gelten grundsätzlich strengere Anforderungen, da Beamte bei ihrer Tätigkeit die Prinzipien der Neutralität, Objektivität und Unabhängigkeit zu beachten haben51. Nach der Wech-

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Pieroth/Schlink, Rn. 554; BVerfG v. 22.06.1982, BVerfGE 61, S. 1 ff., S. 8. BVerfG v. 22.06.1982, BVerfGE 61, S. 1 ff., S. 8. 46 Statt vieler Pieroth/Schlink, Rn. 554 f. m.w. N. 47 Vgl. BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 430 m.w. N.; ErfK/Dieterich, Art. 5 GG Rn. 37; Müller, NZA 2002, S. 429 f.; so bereits Hinrichs, S. 39 f. 48 BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 430; zustimmend Sauer, DÖD 2005, S. 124; Otto, AP 2005, Bl. 151. 49 Grundlegend BAG v. 03.12.1954, AP Nr. 2 zu § 13 KSchG, BAGE 1, 185. 50 Vgl. ErfK/Dieterich, Art. 5 GG Rn. 32; Kittner/Däubler/Zwanziger-Däubler, Art. 5 GG Rn. 11 f.; BAG v. 24.11.2005, AP Nr. 198 zu § 626 BGB = NZA 2006, S. 650 ff., S. 653; BAG v. 12.01.2006, AP Nr. 53 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung = NZA 2006, S. 917 ff., S. 921. In der Literatur wurde vor allem die fehlende Normierung der Grundrechtsschranken sowie die Unbestimmtheit des Terminus und die damit einhergehenden Rechtsunsicherheiten kritisiert; vgl. z. B. Preis/ Stoffels, RdA 1996, S. 211 f. m.w. N.; Wendeling-Schröder (1994), S. 173; Deiseroth (1997), S. 320. 51 Vgl. BVerfG v. 22.05.1975, BVerfGE 39, S. 334 ff. sowie zu Meinungskundgaben öffentlich-rechtlicher Funktionsträger Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Art. 5 GG Rn. 39 ff. 45

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selwirkungstheorie sind die allgemeinen Gesetze ihrerseits im Lichte der Bedeutung des einzuschränkenden Grundrechts zu interpretieren, so dass es zu einer Abwägung der widerstreitenden Interessen kommt52. Dabei ist stets der hohe Stellenwert der Meinungsfreiheit im Katalog der Grundrechte zu beachten53, so dass nicht jedes nachvollziehbare Interesse des Arbeitgebers eine Beschränkung der Meinungsfreiheit rechtfertigt. II. Art. 2 Abs. 1 GG i.V. m. dem Rechtsstaatsprinzip Die in Art. 2 Abs. 1 GG normierte allgemeine Handlungsfreiheit, deren weiter Schutzbereich jegliches menschliches Verhalten erfasst, verkörpert i.V. m. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) das Recht, an einem rechtsstaatlichen Strafverfahren teilzunehmen, und begrenzt damit die arbeitsvertraglichen Rücksichtsnahmepflichten. Es erfasst die staatsbürgerlichen Pflichten (vor allem die Zeugenpflicht54), aber auch das Recht, freiwillig die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu unterstützen55. Die (nicht wissentlich unwahre oder leichtfertige) Strafanzeige eines Bürgers ist im allgemeinen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und an der Aufklärung von Straftaten, auf die der Rechtsstaat bei der Strafverfolgung nicht verzichten kann56. Dementsprechend ist bei der Erstattung einer Strafanzeige der Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V. m. dem Rechtsstaatsprinzip eröffnet57. Es gilt, den grundrechtlich geschützten Rechtspositionen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers (insbesondere Art. 12 Abs. 1 GG) im Rahmen einer Abwägung nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz zu möglichst optimaler Wirksamkeit zu verhelfen. III. Petitionsrecht (Art. 17 GG) Auch das in Art. 17 GG normierte Petitionsrecht, welches Bitten und Beschwerden an zuständige Stellen und an die Volksvertretung schützt, kann die vertraglichen Nebenpflichten der Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber einschränken. Träger des Grundrechts ist jedermann. Der Petent ist nicht darauf be52

Vgl. Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Art. 5 GG Rn. 145 ff. Schon im Lüth-Urteil hat das BVerfG von der Meinungsfreiheit als einem der „vornehmsten Menschenrechte“ als „unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft“ gesprochen; BVerfG v. 15.01.1958, BVerfGE 7, S. 198 ff., S. 208. 54 Vgl. BVerfG v. 01.10.1987, BVerfGE 76, S. 363 ff. = NJW 1988, S. 897 ff., S. 898. 55 Vgl. BVerfG v. 02.07.2001, AP Nr. 170 zu § 626 BGB = NZA 2001, S. 888 ff., S. 890. 56 BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 429 mit Bezug auf BVerfG v. 25.02.1987, BVerfGE 74, S. 257 ff., S. 262. 57 BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 429; so bereits Müller, NZA 2002, S. 430. 53

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3. Teil: Whistleblowing in Deutschland

schränkt, die Verletzung eigener Rechte geltend zu machen, sondern kann auch für andere oder das Gemeinwohl eintreten58. Petitionen bedürfen der Schriftform und müssen den Urheber erkennen lassen59, so dass anonyme Hinweise jedenfalls nicht vom Schutzbereich erfasst werden. Ob der Schutzbereich des Art. 17 GG bei sonstigen Bitten oder Beschwerden von Arbeitnehmern über Missstände bei ihrem privaten Arbeitgeber gegenüber einer staatlichen Stelle berührt ist, wurde vom BVerfG in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2001 mangels Einschlägigkeit nicht erörtert60. Das BAG hat diese Frage im Jahr 2003 ausdrücklich offen gelassen61, obwohl die Eröffnung des Schutzbereiches jedenfalls aus dem Grund hätte verneint werden können, dass der Anzeigeerstatter aus der Strafanzeige nicht hervorging. Nach zutreffender Ansicht können sich jedoch auch Arbeitnehmer im privaten Sektor im Wege des Petitionsrechts gegen Missstände ihres Arbeitgebers wenden. Zwar beziehen sich „Bitten und Beschwerden“ nur auf hoheitliches Handeln, sofern ein Hinweis jedoch zugleich die „Bitte“ um hoheitliches Einschreiten im privaten Sektor enthält, ist der Schutzbereich des Art. 17 GG eröffnet62. Während Art. 17 GG offensichtlich vor staatlichen Sanktionen schützt, die an die Ausübung des Petitionsrechts anknüpfen63, ist ungeklärt, ob sich auch Beschäftigte im privaten Sektor über die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte auf Art. 17 GG berufen können, um sich vor Sanktionen von Seiten ihres Arbeitgebers zu schützen. Vielfach bleibt dieses Grundrecht in Whistleblowerentscheidungen unerwähnt. Soweit ersichtlich befasst sich lediglich die Entscheidung des LAG Düsseldorf mit dem Petitionsrecht64. Ein Matrose hatte seinen Vorgesetzten ohne interne Vorschaltbeschwerde wegen der Erschleichung von Schiffsführerpatenten bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion angezeigt, weswegen ihm gekündigt wurde. Das Gericht gab der Kündigungsschutzklage mit der Begründung statt, der Matrose habe zu Recht sein Petitionsrecht ausgeübt und sei dadurch vor Benachteiligungen seitens des privaten Arbeitgebers geschützt. Für den Schutz vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen sprechen die Ausstrahlungswirkung der

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Klein in Maunz/Dürig, Art. 17 GG Rn. 60; Deiseroth, AuR 2002, S. 166. Pagenkopf, in: Sachs (Hrsg.), Art. 17 GG Rn. 9; Klein in Maunz/Dürig, Art. 17 GG Rn. 62. 60 BVerfG v. 02.07.2001, AP Nr. 170 zu § 626 BGB = NZA 2001, S. 888 ff. Der Arbeitnehmer hatte sich selbst nicht an eine staatliche Stelle gewandt, sondern hatte die Strafverfolgungsbehörden nur unterstützt. 61 BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 427 ff., S. 430. 62 Vgl. Herbert/Oberrath, NZA 2005, S. 197; Stein, BB 2004, S. 1963; Müller, NZA 2002, S. 430; Wendeling-Schröder (1994), S. 164 und S. 192 sowie bereits Denck, DB 1980, S. 2133; Hinrichs, S. 40 und Colneric, AiB 1987, S. 264 f. 63 Vgl. BAG v. 18.06.1970, AP Nr. 82 zu § 1 KSchG = DB 1970, S. 1739 f.: Der Angestellte des öffentlichen Dienstes braucht keine Kündigung zu befürchten, wenn er von seinem Petitionsrecht Gebrauch und dabei auf gewisse Missstände in seinem Amte aufmerksam macht (Leitsatz). 64 LAG Düsseldorf v. 21.02.1974, DB 1974, S. 2164 („Matrosenfall“). 59

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Grundrechte, der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung und das Prinzip, dass man für die Ausübung seiner Rechte keine Nachteile erfahren darf. Aus diesen Gründen müssen sich auch Beschäftigte im privaten Sektor auf die Schutzwirkung von Art. 17 GG gegenüber ihrem Arbeitgeber berufen können65. Bei dem Petitionsrecht handelt es sich jedoch nicht um ein unbeschränktes Recht, sondern um eine grundrechtlich geschützte Position, die im Rahmen des Abwägungsprozesses zu berücksichtigen ist66. Aufgrund der verfassungsimmanenten Schranken kommt es nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz zu einer Abwägung der sich gegenüberstehenden Verfassungsgüter67. Dabei ist insbesondere das durch Art. 12 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Interesse des Arbeitgebers zu beachten, grundsätzlich alle unternehmensbezogenen Fragen frei zu entscheiden und nur mit solchen Arbeitnehmern zusammenzuarbeiten, die die Ziele des Unternehmens fördern und es vor Schäden bewahren68. Jedenfalls dürfen Beschäftigte aufgrund der besonderen Rücksichtnahmepflichten bei Petitionen gegen den Arbeitgeber keine völlig haltlosen oder übereilten Vorwürfe aufstellen und keine sachfremden Motive verfolgen69. „Zuständige Stellen“ i. S. v. Art. 17 GG sind alle Stellen und Behörden öffentlich-rechtlicher Einrichtungen, gleich welcher Art. Sie können Petitionen nur im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach der verfassungsrechtlich normierten Kompetenzverteilung prüfen. Unzuständige Stellen haben nach h. M. die Petition weiterzuleiten oder dem Petenten die zuständige Stelle zu benennen70. Nach überwiegender Ansicht besteht nicht nur eine Verpflichtung des Petitionsadressaten zur Entgegennahme der Petition. Das Petitionsrecht umfasst darüber hinaus einen Anspruch auf sachliche Prüfung, vorschriftsmäßige Erledigung der Petition sowie ein Recht auf Antwort71.

65 So auch Herbert/Oberrath, NZA 2005, S. 197; Stein, BB 2004, S. 1963; Müller, NZA 2002, S. 431; Deiseroth, AuR 2002, S. 166; Kollmer/Oppenauer, § 17 ArbSchG Rn. 16b; Preis/Reinfeld, AuR 1989, S. 370. 66 Vgl. Otto, AP 2005, Bl. 151. 67 Für Angehörige der Streitkräfte und des Ersatzdienstes trifft Art. 17a Abs. 1 GG eine besondere Schrankenregelung im Hinblick auf Sammelpetitionen; Pagenkopf, in: Sachs (Hrsg.), Art. 17 GG Rn. 15. 68 Vgl. BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 430; Herbert/Oberrath, NZA 2005, S. 195. 69 BAG v. 18.06.1970, AP Nr. 82 zu § 1 KSchG. Auch nach Ansicht des LAG Düsseldorf (Urteil v. 21.02.1974, DB 1974, S. 2164) sei die Rechtsfrage im Matrosenfall anders zu bewerten gewesen, wenn eine Anzeige völlig grundlos erfolge oder nach Inhalt und Form erheblich zu missbilligen sei. 70 Klein, in: Maunz/Dürig, Art. 17 GG Rn. 86 m.w. N.; Pagenkopf, in: Sachs (Hrsg.), Art. 17 GG Rn. 11. 71 Vgl. Pagenkopf, in: Sachs (Hrsg.), Art. 17 GG Rn. 8 und 13 m.w. N.

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3. Teil: Whistleblowing in Deutschland

C. Schutz des Whistleblowers nach geltendem Recht Der Schutz des Whistleblowers ist mangels gesetzlicher Regelung von der richterlichen Rechtsfortbildung abhängig. Zwar wurden in den letzten Jahren – beginnend mit der Entscheidung des BVerfG aus dem Jahre 200172 – zunehmend höchstrichterliche Beurteilungskriterien aufgestellt. Nach wie vor verbleiben jedoch zahlreiche Einzelfragen, die weder gesetzlich noch (höchst-)richterlich geklärt sind. Bei der Untersuchung ist zwischen dem internen Whistleblowing (Anzeigepflichten und Anzeigerechte gegenüber dem Arbeitgeber) und dem externen Whistleblowing (Hinweise gegenüber Behörden und der weiteren Öffentlichkeit) zu differenzieren. I. Internes Whistleblowing Hinweise von Beschäftigten gegenüber ihren Arbeitgebern sind weitgehend unproblematisch. Im eng umgrenzten Rahmen existieren gesetzliche und arbeitsvertragliche Anzeigepflichten; darüber hinaus bestehen Anzeigerechte, also Rechte von Beschäftigten, ihre Bedenken intern zu erheben. Für die rechtmäßige Ausübung ihrer Rechte und Pflichten dürfen Beschäftigte nicht mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen sanktioniert werden. Das Benachteiligungsverbot ergibt sich bei den Anzeigepflichten bereits aus dem Grundsatz, dass zivilrechtliche Nachteile als Folge der Ausübung gesetzlich auferlegter Pflichten gegen Art. 2 Abs. 1 GG i.V. m. dem Rechtsstaatsprinzip verstoßen73. Für alle Fälle des internen Whistleblowings sind zudem die Wertungen der §§ 242, 138 und 612a BGB heranzuziehen. Im Rahmen von arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten ist der Grundsatz des venire contra factum proprium (lat. Zuwiderhandlung gegen das eigene frühere Verhalten) zu beachten, der einen bestimmten Fall des Verstoßes gegen den in § 242 BGB normierten Grundsatz von Treu und Glauben bezeichnet74. Demnach ist eine Rechtsausübung innerhalb eines Schuldverhältnisses oder einer anderen rechtlichen Sonderverbindung missbräuchlich und unzulässig, wenn der Berechtigte eine tatsächliche Situation geschaffen hat, auf deren Bestand der andere Teil vertrauen durfte und vertraut hat75. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber nicht ein bestimmtes Verhalten arbeitsvertraglich vorgeben kann, was er anschließend mit Nachteilen sanktioniert.

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BVerfG v. 02.07.2001, AP Nr. 170 zu § 626 BGB = NZA 2001, S. 888 ff. BVerfG v. 02.07.2001, AP Nr. 170 zu § 626 BGB = NZA 2001, S. 888 ff. 74 Vgl. Wisskirchen/Körber/Bissels, BB 2006, S. 1571; Müller, NZA 2002, S. 432; Graser, S. 155 f. 75 Statt vieler Palandt/Heinrichs, § 242 Rn. 55 f. 73

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1. Anzeigepflichten a) Anzeigepflichten von Betriebsbeauftragten Arbeitgeber müssen Betriebsbeauftragte insbesondere im Sicherheits- und Umweltbereich bestellen, die gesetzlich verpflichtet sind, Schäden, Störungen und Gefahren in ihrem Zuständigkeitsbereich dem Arbeitgeber anzuzeigen. Damit soll eine wirksame Eigenüberwachung sichergestellt werden, die „von innen heraus“ Gefahren frühzeitig aufdeckt und es ermöglicht, die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Belange der Beschäftigten und der Allgemeinheit einzuleiten76. Zu den Verpflichteten zählen die Datenschutz- (§§ 4 f, 4 g BDSG), Gewässerschutz- (§§ 21a ff. WHG), Sicherheits- (§ 22 SGB VII), Strahlenschutz(§ 33 StrlSchV), Immissionsschutz- (§§ 53 ff. BImSchG) und Störfallbeauftragten (§§ 58a ff. BImSchG) sowie die Fachkräfte für Arbeitssicherheit (§ 5 ff. ASiG) und die Betriebsbeauftragten für Abfall (§§ 54 f. KrW-/AbfG). Sie dürfen wegen der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden77. Ob sie neben ihrer internen Meldepflicht auch zu externen Hinweisen berechtigt sind, ist nicht hinreichend geklärt78. Nach richtiger Ansicht sind jedoch keine überhöhten Anforderungen an die Legitimität eines externen Hinweises zu stellen. Entsprechend hatte das BAG im Jahr 1972 den Fall eines Strahlenschutzbeauftragten einer Kernforschungsanlage entschieden, der zunächst intern und später wiederholt gegenüber der Aufsichtsbehörde Sicherheitsbedenken über die technische Ausgestaltung der Anlage erhoben hatte und daraufhin gekündigt wurde79: Zwar könne eine unsachgemäße und unberechtigte Kritik an sich einen Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung bilden. Ein Sicherheitsbeauftragter, der die Sicherheit betrieblicher Einrichtungen zu kontrollieren hat, könne jedoch Sicherheitsbedenken bei allen zuständigen Stellen vorbringen bis die Zweifel nach objektiven Maßstäben ausgeräumt sind. Jedenfalls weisen die internen Meldepflichten der Betriebsbeauftragen, die möglicherweise durch ein externes 76

Vgl. Preis/Reinfeld, AuR 1989, S. 370 f.; Deiseroth, S. 369. Vgl. § 4f Abs. 3 BDSG, § 21f WHG, § 22 Abs. 3 SGB VII, § 32 Abs. 5 StrlSchV, § 58 und § 58d BImschG, § 8 Abs. 1 S. 2 ASiG sowie § 55 Abs. 3 KrW-/ AbfG i.V. m. § 58 BImschG. Mit der durch die Novelle zum Bundesdatenschutzgesetz (BDSG-Novelle II, Gesetz vom 14.08.2009, BGBl. I S. 2814, in Kraft getreten am 01.09.2009) eingeführten Neuregelung in § 4f Abs. 3 S. 5 und S. 6 BDSG wurde nach kontroverser Diskussion klargestellt, dass der betriebliche Datenschutzbeauftragte (neben dem bereits zuvor in § 4f Abs. 3 S. 3 BDSG verankerten Benachteiligungsverbot) auch besonderen Kündigungsschutz genießt; umfassend zur Neuregelung Schwab/Ehrhard, NZA 2009, S. 1118 ff. 78 Deiseroth (2001), S. 177; ders., Stellungnahme § 612a BGB, S. 3. Eine darüber hinausgehende externe Anzeigepflicht ist jedenfalls abzulehnen. Zum Meinungsstand Schmitt, S. 80 ff. sowie exemplarisch zum Betriebsbeauftragten im Umweltschutzrecht Fischer, S. 149 ff. 79 BAG v. 14.12.1972, AP Nr. 8 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung („Strahlenschutz-Fall“). 77

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Anzeigerecht flankiert werden, einen sowohl in persönlicher als auch in sachlicher Hinsicht eng umgrenzten Anwendungsbereich auf und sind damit nur für eine geringe Zahl der Beschäftigten von Bedeutung. b) Allgemeine Anzeigepflicht Einen wesentlich weiteren persönlichen, allerdings sachlich begrenzten Anwendungsbereich eröffnet § 16 Abs. 1 ArbSchG, der alle Beschäftigten verpflichtet, dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden. Darüber hinaus ist allgemein anerkannt, dass die arbeitsvertragliche Schadensabwendungspflicht eine Anzeigepflicht der Arbeitnehmer begründet. Sie besteht bei Störungen und Schäden im eigenen Arbeitsbereich und sofern Personen- oder erhebliche Sachschäden entstanden oder zu befürchten sind80. Arbeitnehmer, die eine aktualisierte Überwachungs- und Kontrollpflicht innehaben, die also (auch) zur Beaufsichtigung des übrigen Personals eingestellt sind, sind dagegen weitergehend anzeigepflichtig: Sie haben dem Arbeitgeber eine gegen ihn gerichtete schädigende Haltung ihrer Arbeitskollegen mitzuteilen, wenn sich diese „in dem Aufgabenbereich abspielt, mit dem der betreffende Arbeitnehmer betraut ist, und wenn eine Wiederholungsgefahr besteht, d.h. es nicht von der Hand zu weisen ist, dass durch ein Unterlassen der Meldung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber der dem Arbeitgeber entstehende Schaden nicht behoben oder sogar vergrößert wird“ 81. 2. Anzeigerechte a) Allgemeines Anzeigerecht gegenüber dem Arbeitgeber Es besteht weitgehend Einigkeit, dass den Beschäftigten ein ungeschriebenes allgemeines Recht zusteht, betriebliche Missstände intern gegenüber dem Arbeitgeber vorzubringen. Die Missstände müssen dabei weder den Beschäftigten noch seine Kollegen betreffen, sondern können auch die Interessen Dritter oder der Allgemeinheit berühren. Eine Pflicht des Arbeitgebers, sich mit derartigen Hinweisen auseinanderzusetzen, besteht nicht. Das ungeschriebene Anzeigerecht wird teilweise aus der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht82 oder den Grund80 Vgl. nur MünchArbR/Blomeyer, § 54 Rn. 9. Die Anzeigepflicht findet ihre Grenze in der Verhältnismäßigkeit. Sie ist unzumutbar, sofern sich der Anzeigende selbst bezichtigen oder eine Anzeige sein Verbleiben im Betrieb unhaltbar machen würde. 81 BAG v. 18.06.1970, AP Nr. 57 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; Schaub/Linck, § 55 Rn. 44. Vgl. auch LAG Hamm v. 29.07.1994, BB 1994, S. 2352. 82 So GK-BetrVG/Wiese, vor § 81 Rn. 16; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 84 Rn. 2.

§ 10 Ausgangslage

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rechtspositionen der Arbeitnehmer83 abgeleitet; teilweise schlicht darauf gestützt, dass eine in angemessener Form vorgetragene Kritik von Missständen keine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung bilden könne84. Inwiefern sich ein Hinweis auf das Fehlverhalten von Kollegen beziehen darf, ist umstritten. Jedenfalls wird zu Recht darauf hingewiesen, dass berechtigte sachliche Kritik an Kollegen von Denunziantentum abzugrenzen ist. Letzteres kann je nach Umständen des Einzelfalls eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen85. b) Anzeigerechte gegenüber anderen internen Stellen Gemäß § 16 Abs. 2 S. 2 ArbSchG sollen Beschäftigte von ihnen festgestellte Gefahren für Sicherheit und Gesundheit sowie Mängel an den Schutzsystemen der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt oder dem Sicherheitsbeauftragten mitteilen. Die „Soll“-Vorschrift dient der zusätzlichen Information über Missstände, welche die genannten Stellen ohne den Einblick der Beschäftigten nicht erhielten, und damit einer möglichst effektiven Bekämpfung von Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz86. Gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG gehört es zu den allgemeinen Aufgaben des Betriebsrates, Anregungen von Arbeitnehmern entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken. „Anregungen“ umfassen Beschwerden und Vorschläge, die nicht notwendigerweise eine Selbstbetroffenheit aufweisen müssen87. Auf diesem Weg kann der Konflikt entindividualisiert und sogar die Anonymität gewahrt bleiben88. Zwar ist der Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten, es besteht jedoch weder ein Anspruch auf eine Begründung noch die Möglichkeit, ein zwingendes Verfahren vor der Einigungsstelle einzuleiten 89. § 68 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG enthält eine weitgehend entsprechende Vorschrift, die Angehörigen des öffentlichen Dienstes ein Anregungsund Beschwerderecht beim Personalrat gewährt. Ein solches Vorgehen ist freilich 83 So Herbert/Oberrath, NZA 2005, S. 196, die sich auf die Meinungsfreiheit (Art. 5 I GG), das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II GG), das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 1, 2 I GG), die Gewissensfreiheit (Art. 4 I GG) und das Petitionsrecht (Art. 17 GG) berufen. 84 Wendeling-Schröder (1994), S. 187. 85 Vgl. Schaub/Linck, § 55 Rn. 44; Kittner/Däubler/Zwanziger-Däubler, § 1 KSchG Rn. 208. 86 Vgl. auch Kollmer/Oppenauer, § 16 ArbSchG Rn. 16 f. 87 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 80 Rn. 32. Vgl. § 70 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu den allgemeinen Aufgaben der Jugend- und Auszubildendenvertretung, die sich jedoch nicht direkt an den Arbeitgeber wenden darf, sondern beim Betriebsrat auf eine Erledigung hinzuwirken hat. 88 So auch Graser, S. 164. 89 GK-BetrVG/Kraft/Weber, § 80 Rn. 37.

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3. Teil: Whistleblowing in Deutschland

ungeeignet, wenn der Betriebsrat bzw. die Personalvertretung in die Missstände involviert ist oder ein anderweitiges Interesse hat, eine Aufdeckung zu verhindern. Auch die Betriebs- (§ 45 BetrVG) und Personalversammlung (§ 51 PersVG) bieten ein Forum für betriebs- bzw. dienstinterne Kritik, die die Organisation oder ihre Beschäftigten unmittelbar betreffen. Auf der einen Seite wird aufgrund der regelmäßig erhitzten Debatten und der guten Gelegenheit des Arbeitgebers, zu der Kritik Stellung zu nehmen, gefordert, die Anforderungen an die Mäßigungspflicht gering zu halten. Es sei den Beschäftigten grundsätzlich auch zuzugestehen, „harte Worte“ zu gebrauchen und zusammenfassende Wertungen auszusprechen. Auf der anderen Seite wird vertreten, dass die Rücksichtnahmepflichten es gebieten, Bedenken zunächst „intern“ und nicht auf der Betriebsversammlung als der „betrieblichen Öffentlichkeit“ zu verbreiten90. Die Betriebsund Personalversammlung bilden aus Zeitgründen, der Beschränkung der zulässigen Themen, der oftmals komplexen Materie sowie der fehlenden Sachkenntnis der Belegschaft jedoch ohnehin regelmäßig kein geeignetes Forum, Bedenken zu erheben. § 84 BetrVG und § 13 AGG sehen Beschwerderechte der Arbeitnehmer bzw. der Beschäftigten91 gegenüber den zuständigen Stellen im Betrieb vor. Die Vorschriften setzen jedoch die Selbstbetroffenheit voraus und sollen als persönliche Beschwerderechte in dieser Arbeit nicht vertieft werden92. Entsprechendes gilt für § 85 Abs. 1 BetrVG, wonach der Betriebsrat Individualbeschwerden der Arbeitnehmer entgegennehmen und – sofern er sie für berechtigt erachtet – beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinwirken muss93. 3. Zwischenergebnis Beschäftigte haben – auch bei fehlender Selbstbetroffenheit – verschiedene Möglichkeiten, sich intern an den Arbeitgeber, den zuständigen Vorgesetzten, die Betriebsbeauftragten oder den Betriebsrat bzw. die Personalvertretung zu wenden. Es besteht jedoch kein Anspruch auf Abhilfe der zu dem Hinweis führenden Missstände, so dass die Beschäftigten auf den guten Willen des Arbeitgebers angewiesen sind. Allgemein anerkannt ist jedoch, dass berechtigte Bedenken, die intern in angemessener Form erhoben werden, nicht zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen dürfen. An die Art und Weise und die Form eines Hinweises sind 90 Zum Meinungsstand Graser, S. 166 m.w. N. und S. 169 f. Vgl. auch die Entscheidung des BAG v. 24.06.2004, NZA 2005, S. 158 ff., in der das BAG die überragende Bedeutung der Meinungsfreiheit bei betriebsinternen Äußerungen betont. 91 Zum Unterschied zwischen Arbeitnehmern und Beschäftigten unten § 11 B.II.2. 92 Ausführlich zu § 13 AGG vgl. Oetker, NZA 2008, S. 264 ff. 93 Ausführlich zu §§ 84, 85 BetrVG vgl. Schmitt, S. 86 ff.

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dabei keine hohen Anforderungen zu stellen. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass interne Beanstandungen einem weitgehenden Schutz unterliegen, was erklärt, warum sich die Diskussion auf die Zulässigkeit externen Whistleblowings konzentriert. II. Externes Whistleblowing Die Notwendigkeit des externen Whistleblowings wird ersichtlich, wenn man die Schwachstellen des internen Whistleblowings betrachtet. Würde man den Schutz auf das interne Whistleblowing beschränken und nicht zumindest als letztes Mittel eine externe Offenlegung erlauben, bestünde für den Arbeitgeber keine Notwendigkeit, sich mit den Hinweisen auseinanderzusetzen. Das Fehlen interner Durchsetzungsmechanismen und die damit einhergehende geringe Wirksamkeit interner Anzeigen erfordern unter bestimmten Umständen auch den Schutz externen Whistleblowings. Bei diesem ist zwischen Hinweisen gegenüber Behörden und Hinweisen gegenüber der Öffentlichkeit (insbesondere gegenüber den Medien) zu differenzieren. 1. Hinweise gegenüber Behörden a) Hinweise gegenüber den Strafverfolgungsbehörden Während § 138 StGB eine Anzeigepflicht bezüglich bestimmter abschließend aufgezählter geplanter Straftaten vorsieht, gewährt § 158 StPO jedermann das Recht Strafanzeige zu erstatten. Eine Verletzung der eigenen Rechte ist dabei nicht erforderlich. Das Anzeigerecht ist jedoch kein unbeschränktes Recht; vielmehr wurden in den letzten Jahren vom BVerfG und BAG Grundsätze aufgestellt, unter welchen Voraussetzungen Strafanzeigen von Arbeitnehmern zulässig sind und folglich nicht gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. aa) BVerfG v. 02.07.2001 Im Jahr 2001 hielt das BVerfG die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers für unwirksam, der in einem Ermittlungsverfahren gegen seine Arbeitgeberin als Zeuge ausgesagt und Geschäftsunterlagen der Staatsanwaltschaft übergeben hatte94. Das BVerfG ging dabei von seiner ständigen Rechtsprechung aus, es verstoße gegen Art. 2 Abs. 1 GG i.V. m. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), den gutgläubigen Strafanzeigeerstatter mit dem Risiko des Schadensersatzes für den Fall zu belasten, dass seine Anzeige nicht zum Erweis des behaupte94 BVerfG v. 02.07.2001, AP Nr. 170 zu § 626 BGB. Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des LAG Hamm v. 02.02.2000, gegen das die Revision zum BAG nicht zugelassen wurde.

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ten Vorwurfs führe95. Übertragen auf das Arbeitsverhältnis stelle eine (fristlose) Kündigung einen zivilrechtlichen Nachteil dar, der mit den von der Rechtsordnung aufgestellten Pflichten – der Zeugenpflicht als allgemeiner Staatsbürgerpflicht sowie der Herausgabepflicht bestimmter Beweisgegenstände gem. §§ 94 ff. StPO – unvereinbar sei, sofern der Arbeitnehmer nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben gemacht habe. Das LAG habe den verfassungsrechtlichen Aspekt verkannt, als es das erstinstanzliche Urteil abänderte und die Klage in vollem Umfang abwies. Es handelte sich um ein von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen eingeleitetes Verfahren, und der Arbeitnehmer wurde zum ersten Gespräch von der Staatsanwaltschaft vorgeladen; die Initiative ging also – entgegen dem vom LAG zu Grunde gelegten Sachverhalt – nicht vom Arbeitnehmer aus, der lediglich die ihm gesetzlich auferlegten Pflichten erfüllte96. Darüber hinaus führte das BVerfG aus, dass selbst wenn der Beschwerdeführer „freiwillig“ zur Staatsanwaltschaft gekommen wäre und damit seine staatsbürgerlichen Rechte im Strafverfahren wahrgenommen hätte, „[dies] – soweit nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben gemacht werden – im Regelfall aus rechtsstaatlichen Gründen nicht dazu führen [kann], daraus einen Grund für eine fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses abzuleiten“ 97. bb) BAG v. 03.07.2003 Das BAG betonte in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2003 erneut das Arbeitgeberinteresse an der Verschwiegenheit und urteilte, das BVerfG habe in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2001 lediglich einen Regelfall ausgeführt. Demnach könnten nicht nur wissentlich oder leichtfertig falsche Angaben, sondern auch andere arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Erstattung einer Strafanzeige im Einzelfall eine Kündigung rechtfertigen98. Die vertragliche Rücksichtnahmepflicht sei dahingehend zu konkretisieren, dass eine Arbeitnehmeranzeige keine „unverhältnismäßige Reaktion auf ein Verhalten des Ar95

Vgl. BVerfG v. 25.02.1987, BVerfGE 74, S. 257 ff., S. 261. Vor diesem Hintergrund wird ersichtlich, warum sich das BVerfG nicht mit dem Argument des LAG auseinandersetzte, dass vor einer Strafanzeige ein interner Klärungsversuch erforderlich sei. Rückschlüsse, das BVerfG hielte einen internen Klärungsversuch für unbeachtlich, können daraus nicht gezogen werden. 97 BVerfG v. 02.07.2001, NZA 2001, S. 890. So auch LAG Düsseldorf v. 17.01.2002, NZA-RR 2002, S. 585: Die Erstattung einer Strafanzeige durch den Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber kann nur dann einen „an sich“ geeigneten Kündigungsgrund nach § 626 Abs. 1 BGB bilden, wenn ihr wissentlich unwahre oder leichtfertig gemachte falsche Angaben zu Grunde liegen. Vgl. auch Müller, NZA 2002, S. 433 f.; Deiseroth, AuR 2002, S. 162 ff.; Wendeling-Schröder, RdA 2004, S. 376 f.; StevensBartol, AiB 2003, S. 283 f. 98 BAG v. 03.07.2003, AP Nr. 45 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung m. Anm. Otto = NZA 2004, S. 427 ff. 96

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beitgebers oder seines Repräsentanten“ sein dürfe. Als Indizien seien die „Berechtigung der Anzeige“, die „Motivation des Anzeigenden“ sowie ein „fehlender innerbetrieblicher Hinweis auf die angezeigten Missstände“ zu werten99. Besonderen Wert legte das BAG dabei auf die letzten beiden Punkte. Handele der Arbeitnehmer mit Schädigungsabsicht, nehme er keine verfassungsrechtlichen Rechte wahr, sondern verhalte sich – jedenfalls gegenüber dem Arbeitgeber – rechtsmissbräuchlich. Unter Berufung auf den verfassungsrechtlichen Rahmen und die grundrechtlichen Positionen des Arbeitnehmers führte das BAG weiter aus, dass der internen Klärung nicht generell der Vorrang gebühre, sondern im Einzelfall die Zumutbarkeit zu bestimmen sei. Unzumutbar sei eine interne Meldung insbesondere, wenn sich der Arbeitnehmer durch Nichtanzeige selbst der Strafverfoglung aussetzen würde, bei schwerwiegenden Straftaten, bei vom Arbeitgeber selbst begangenen Straftaten oder wenn eine interne Abhilfe nicht zu erwarten sei. Unter Berücksichtigung der Schadensabwendungspflicht gelte jedoch regelmäßig etwas anderes, wenn nicht der Arbeitgeber oder sein gesetzlicher Vertreter, sondern ein Mitarbeiter oder Vorgesetzter seine Pflichten verletzt oder strafbar gehandelt hat. Ein interner Klärungsversuch sei in diesen Fällen insbesondere dann zumutbar, wenn es sich um Pflichtwidrigkeiten zu Lasten des Arbeitgebers handele. Ein Sozialarbeiter in einem vom Beklagten betriebenen Jugendzentrum erstattete über seinen Anwalt – ohne Nennung seines Namens und ohne zunächst eine interne Klärung versucht zu haben – gegen den Einrichtungsleiter eine Strafanzeige wegen der Veruntreuung von Geldern. Dieser habe in den vergangenen Jahren unberechtigt Leistungen zu Lasten des Beklagten abgerechnet. Nachdem der Beklagte von der Anzeige Kenntnis erlangt hatte, kündigte er dem Sozialarbeiter. Das eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde später gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Das BAG hob das Berufungsurteil auf, welches zugunsten des Arbeitnehmers ergangen war, und verwies die Sache unter Berufung auf die aufgestellten Grundsätze zur weiteren Sachverhaltsaufklärung (insbesondere hinsichtlich der Motivation und der Zumutbarkeit einer internen Klärung) an das LAG zurück100. cc) BAG v. 07.12.2006 Im Jahr 2006 bestätigte das BAG diese Grundsätze dahingehend, dass ein interner Klärungsversuch vor einer Strafanzeige regelmäßig entbehrlich sei, wenn es sich um schwerwiegende Straftaten des Arbeitgebers handele101. In dem vom BAG zu entscheidenden Fall zeigte ein Arbeitnehmer, der bei einem gemeinnüt99

BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 430. Kritisch Rohde-Liebenau/Peter, AuR 2004, S. 429 f.; dies., AiB 2004, S. 618 f.; Reiter, RIW 2005, S. 172; zumindest in Einzelpunkten Wendeling-Schröder, RdA 2004, S. 376 f.; Stein, BB 2004, S. 1962 ff. 101 BAG v. 07.12.2006, NZA 2007, S. 502 ff. 100

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zigen Verein angestellt war, die Vorsitzende des Vereins wegen Veruntreuung an, nachdem die Löhne und Gehälter nicht pünktlich gezahlt wurden und er von der Schatzmeisterin des Vereins erfahren hatte, dass es zu Unregelmäßigkeiten bei der Verwaltung der Geschäftsgelder gekommen sei. Wegen der Strafanzeige wurde dem Arbeitnehmer gekündigt und der Arbeitgeber wegen Untreue in 30 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Kündigungsschutzklage hatte Erfolg. Nach Ansicht des BAG komme es für die Berechtigung der Kündigung nicht auf den Ausgang des Strafverfahrens an. Zwar sei eine Verurteilung des Arbeitgebers ein Indiz dafür, dass die Anzeige nicht leichtfertig erhoben wurde. Der Rückschluss, die Anzeige verstoße bei einer fehlenden Verurteilung gegen arbeitsvertragliche Pflichten, wäre jedoch verfehlt102. Darüber hinaus bestehe das staatsbürgerliche Recht zur Erstattung von Strafanzeigen unabhängig von der beruflichen oder sonstigen Stellung. Die Auffassung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer beträfen die Unregelmäßigkeiten aufgrund seiner Stellung im Unternehmen („schlichter Kraftfahrer“) nicht, wurde als unbegründet zurückgewiesen. dd) BVerwG v. 15.11.2000 Bereits im Jahr 2000 entschied das BVerwG, dass die Erstattung einer Strafanzeige eines Beamten gegen Verwaltungsbedienstete pflichtwidrig sei, sofern kein vorhergehender Versuch unternommen wurde, eine verwaltungsinterne Klärung der streitigen Angelegenheiten herbeizuführen103. Das Verhalten des Beamten verstoße gegen die Wohlverhaltenspflicht (§ 54 S. 3 BBG), gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (§ 61 BBG) sowie gegen das Dienstweggebot (§ 171 BBG). Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn gesetzliche Sonderreglungen oder besonders schwere Misstände in der Verwaltung es im Einzelfall rechtfertigen, sofort an die Öffentlichkeit zu treten104. Dabei ist zu beachten, dass sich das BVerwG bezüglich der Ausnahmeregelung auf eine Entscheidung des BVerfG beruft, die sich nicht auf die Erstattung einer Strafanzeige, sondern auf einen Hinweis gegenüber den Medien bezieht. Diese beiden gleichzusetzen verkennt – selbst in Anbetracht der beamtenrechtlichen Besonderheiten – den Unterschied einer Offenlegung gegenüber Behörden und den Medien. Denn ein Hinweis gegenüber den Behörden greift geringer in den geschützten Rechtskreis des Arbeitgebers ein als ein Hinweis an die Öffentlichkeit, so dass auch die Anforderungen an eine Offenlegung entsprechend abzustufen sind. 102 So bereits LAG Frankfurt v. 14.02.1991, LAGE § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 31, wonach es kündigungsrechtlich nicht darauf ankomme, ob die Behauptungen einer Strafanzeige für einen ermittlungsauslösenden Anfangsverdacht ausreichen. 103 BVerwG v. 15.11.2000 – 1 D 65/98. 104 BVerwG v. 15.11.2000 – 1 D 65/98, unter Bezug auf BVerfG v. 28.04.1970, BVerfGE 28, S. 191 ff., S. 204 f. [siehe unten § 10 C.II.2.a)].

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Eine Übertragung der vom BVerfG und BAG aufgestellten Grundsätze auf das öffentliche Dienstrecht ist dennoch nicht zu erwarten105. Die beamtenrechtlichen Besonderheiten, insbesondere die gesteigerten Loyalitäts- und Treuepflichten und die Dienstwegbindung, wie auch die Neuregelung im § 37 Abs. 2 Nr. 3 BeamtStG, derzufolge Beamte nunmehr Korruptionsstraftaten nach §§ 331 ff. StGB gegenüber einer Strafverfolgungsbehörde anzeigen dürfen106, lassen eigenständige Grundsätze erwarten. Auch hier bedarf es der Klarstellung, um potentiellen Whistleblowern die erforderliche Rechtssicherheit zu gewähren. b) Hinweise gegenüber anderen Behörden Vorschriften, die Arbeitnehmeranzeigen gegenüber Behörden gestatten, sind nur in wenigen Gesetzen zu finden und regelmäßig auf eng definierte Themen beschränkt. So kann sich beispielsweise der betriebliche Datenschutzbeauftragte, der auf die Einhaltung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) im Betrieb hinzuwirken hat, gemäß § 4g Abs. 1 S. 2 BDSG in Zweifelsfällen an die zuständige Behörde wenden107. aa) § 17 Abs. 2 S. 1 ArbSchG § 17 Abs. 2 S. 1 ArbSchG gewährt dagegen allen Beschäftigten das Recht, sich nach einer erfolglosen internen Vorschaltbeschwerde an die zuständige Behörde zu wenden, sofern sie aufgrund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung sind, dass die vom Arbeitgeber getroffenen Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz nicht ausreichen108. Beschäftigte sind dabei gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 ArbSchG auch arbeitnehmerähnliche Personen und Beamte. Eine persönliche Betroffenheit ist nicht erforderlich, so dass auch Gefahren für Mitarbeiter oder Dritte erfasst werden109. Beschäftigte müssen nicht sämtliche innerbetrieblichen Beschwerdemöglichkei105 So aber Sauer, DÖD 2005, S. 124, nach dessen Ansicht es nahe liegt, dass die vom BVerfG und BAG aufgestellten Grundsätze auch im Beamtenrecht Beachtung finden. 106 Vgl. oben § 10 A.II.4. 107 Der Datenschutzbeauftragte habe jedoch zwischen seinem Recht aus § 4g BDSG und seiner Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem Arbeitgeber abzuwägen und zunächst alle internen Möglichkeiten auszuschöpfen, bevor er sich an die Aufsichtsbehörde wendet; Gola/Schomerus, BDSG, § 4g Rn. 12 ff. Vgl. auch einzelne Landesdatenschutzgesetze, die die Anrufung des Landesbeauftragten für Datenschutz vorsehen (z. B. § 28 HDSG, § 26 HmbDSG oder § 25 NRW DatenSchG). 108 § 17 Abs. 2 ArbSchG dient der Umsetzung von Art. 11 Abs. 6 der ArbeitsschutzRahmenrichtlinie (89/391/EWG) mit dem Ziel, die Autonomie der Beschäftigten, die Stärkung ihrer Eigenverantwortung und transparente Arbeitsbedingungen sicherzustellen; vgl. Kollmer/Oppenauer, § 17 ArbSchG Rn. 15. 109 Vgl. Kollmer, Rn. 241; Kollmer/Oppenauer, § 17 ArbSchG Rn. 20.

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ten ausschöpfen, ein einmaliges Abhilfeverlangen gegenüber dem Arbeitgeber ist ausreichend110. Für Beamte erfährt das Anzeigerecht jedoch eine weitere Einschränkung in § 17 Abs. 2 S. 3 i.V. m. Abs. 1 S. 2 ArbSchG, der ausdrücklich auf die Dienstwegbindung des § 171 BBG hinweist. Insgesamt wird § 17 Abs. 2 ArbSchG kritisiert, da er keine Ausnahmeregelung für den Fall enthält, dass ein interner Klärungsversuch für den Beschäftigten unzumutbar ist. In der Literatur wird auch ohne eine entsprechende Regelung vertreten, dass eine vorherige Beschwerde beim Arbeitgeber dann entbehrlich sei, wenn dem Arbeitgeber die Nichteinhaltung von Arbeitsschutzvorschriften bekannt ist und er schuldhaft zögert, diese zu beseitigen, sowie bei vorsätzlichen Straftaten des Arbeitgebers, besonders gegen die Beschäftigten selbst oder gegen die Umwelt (§§ 324 ff. StGB)111. Besondere Beachtung gebührt der Formulierung „aufgrund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung“, da diese Formulierung auch in § 612a BGB-E verwendet wird. Die Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden. Nach herrschender Literaturansicht ist es jedoch nicht erforderlich, dass objektiv eine Arbeits- oder Gesundheitsgefahr gegeben ist. Vielmehr genügt es, dass der Beschäftigte subjektiv der Ansicht ist, dass die Arbeitschutzmaßnahmen des Arbeitgebers nicht ausreichen, und für diese Annahme konkrete Anhaltspunkte bestehen. Denn dem Beschäftigten fehlt häufig die erforderliche Sachkenntnis, um die objektive Situation oder die objektive Wirkung einer Maßnahme ausreichend beurteilen zu können. Bloße Vermutungen und leichtfertige Fehleinschätzungen genügen jedoch nicht; es müssen Tatsachen bestehen, die für den Verdacht eines Pflichtverstoßes sprechen112. Es handelt sich mithin um eine Kombination subjektiver und objektiver Kriterien. Richtiger Adressat für die externe Beschwerde ist die zuständige Aufsichtsbehörde und damit das jeweilige Gewerbeaufsichtsamt oder der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, zumeist die für den Wirtschaftszweig zuständige Berufsgenossenschaft113. Diese Stellen müssen aufgrund des Drittschutzcharakters der öffentlich-rechtlichen Überwachungsvorschriften im Arbeitsschutz den Beschwerden nachgehen und Überwachungsmaßnahmen entsprechend §§ 21 f. ArbSchG einleiten114. Gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 ArbSchG dürfen den Beschäftig110 Gem. § 21 Abs. 6 S. 1 GefStoffV a. F. war es hingegen erforderlich, vor einer Behördenanzeige sämtliche innerbetrieblichen Beschwerdemöglichkeiten zu erschöpfen; Müller, NZA 2002, S. 432; Wank, DB 1996, S. 1136. Vgl. auch Kittner/Pieper, § 17 ArbSchG Rn. 5. 111 Heilmann/Aufhauser, ArbSchG, § 17 Rn. 2; Kittner/Pieper, § 17 ArbSchG Rn. 6 f. m.w. N. 112 Vgl. Kollmer, Rn. 241; Heilmann/Aufhauser, ArbSchG, § 17 Rn. 2; Kollmer/Oppenauer, § 17 ArbSchG Rn. 19; Wank, DB 1996, S. 1136. 113 Kollmer/Oppenauer, § 17 ArbSchG Rn. 22. 114 Heilmann/Aufhauser, ArbSchG, § 17 Rn. 2; Kollmer/Oppenauer, § 17 ArbSchG Rn. 23a.

§ 10 Ausgangslage

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ten aus der Ausübung ihres Rechts keine Nachteile entstehen. Dies gilt auch, wenn sich später herausstellen sollte, dass die Arbeitsschutzmaßnahmen des Arbeitgebers ausreichend waren, der Beschäftigte unter Berücksichtigung der konkreten Umstände jedoch das Gegenteil annehmen konnte115. Insgesamt ist die Vorschrift durch einen weiten persönlichen Anwendungsbereich gekennzeichnet, jedoch sachlich (als Teil des ArbSchG) auf den Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz beschränkt. bb) BAG v. 05.02.1959 und BAG v. 14.12.1972 Im Jahr 1959 wies das BAG die Kündigungsschutzklage eines Angestellten eines Speditionsunternehmens ab, der bei den zuständigen Behörden Verstöße seines Arbeitgebers gegen güterfernverkehrsrechtliche Bestimmungen angezeigt hatte, an denen er zum Teil selber mitwirken musste116. Zwar berücksichtigte das BAG die Richtigkeit der Hinweise, die zu befürchtenden Verstöße in der Zukunft sowie die Gefahr des Angestellten, sich selbst strafbar zu machen. Es kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Loyalitätsinteressen des Arbeitgebers überwogen hätten; insbesondere hätte der Arbeitnehmer bei Bedenken über rechtswidrige Anweisungen die Arbeit verweigern können. Im bereits besprochenen Strahlenschutz-Fall aus dem Jahr 1972 hielt das BAG dagegen die Kündigung des Strahlenschutzbeauftragten, der zunächst intern und sodann extern Sicherheitsbedenken äußerte, nicht aufrecht117. Zu beachten ist jedoch, dass sich der Hinweis im ersten Fall auf Regelverstöße des Arbeitgebers, im zweiten Fall dagegen auf Sicherheitsbedenken mit potentiell erheblichen Auswirkungen bezog. Ferner war das Anzeigerecht im zweiten Fall an die besondere Position des betroffenen Arbeitnehmers als Strahlenschutzbeauftragter gebunden und folglich nicht auf alle Beschäftigten übertragbar. cc) BAG v. 04.07.1991 Im Jahr 1991 entschied das BAG unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile, dass die Motivation des Whistleblowers zu berücksichtigen sei und die Arbeitnehmeranzeige eine verhältnismäßige Reaktion auf das Verhalten des Arbeitgebers sein müsse. Ein an sich inhaltlich schutzwürdiger Hinweis verlöre jedenfalls dann den Schutz, wenn er allein dadurch motiviert sei, den Angezeigten zu schädigen118. Die Vorinstanz sah den externen Hinweis einer Arbeitnehmerin an 115

Kittner/Pieper, § 17 ArbSchG Rn. 8; Kollmer/Oppenauer, § 17 ArbSchG Rn. 23. BAG v. 05.02.1959, AP Nr. 10 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung („Speditions-Fall“). 117 BAG v. 14.12.1972, AP Nr. 8 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung; vgl. oben § 10 C.I.1.a). 118 BAG v. 04.07.1991, RzK I 6a Nr. 74 („Steueranzeige-Fall“). 116

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das Finanzamt über die Steuerhinterziehung ihres Arbeitgebers aufgrund des berechtigten Interesses der Arbeitnehmerin, als Beteiligte durch die Selbstanzeige Straffreiheit nach § 371 AO zu erlangen, als schützwürdig an119. Anders das BAG: Die Arbeitnehmerin war bis kurz vor ihrer zunächst ordentlichen Kündigung mit dem Beklagten liiert gewesen und hatte mehrfach nach dem Bruch der persönlichen Beziehungen gegenüber verschiedenen Personen zum Ausdruck gebracht, ihn beruflich und finanziell „fertigzumachen“. Die Mitteilung an das Finanzamt könne in diesem Fall nicht als Wahrnehmung berechtigter Interessen anerkannt werden. dd) Landesarbeitsgerichte Das LAG Baden-Württemberg hielt im Jahr 1976 in einer heftig kritisierten Entscheidung die ordentliche Kündigung eines Schweißers aufrecht, der zunächst intern und später extern gegenüber dem Gesundheitsamt und der Gewerbeaufsicht Bedenken über die Gesundheitsschädlichkeit seiner Schweißarbeit erhoben hatte120. Zwar sei der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht zum Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers nicht hinreichend nachgekommen und der Arbeinehmer habe Gesundheitsschäden befürchten müssen. Der Arbeitnehmer hätte sich jedoch selbst helfen können, z. B. durch die Benutzung einer Atemschutzmaske oder das Entfernen der Kunststoffschicht, von der die Gesundheitsgefährdung ausging121. Im Jahr 1987 bezog das LAG hingegen eine whistleblowerfreundlichere Position: Zwar könne eine Arbeitnehmeranzeige gegen den gesetzeswidrig handelnden Arbeitgeber an sich einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung geben. Könne der Arbeitnehmer jedoch von der Kenntnis und Billigung des Arbeitgebers ausgehen und handele es sich um eine Verletzung von Vorschriften, die für die Allgemeinheit nicht nur von untergeordneter Bedeutung seien, sei ein Hinweis gegenüber einer Behörde ohne vorherige interne Meldung „entschuldbar“ 122. Eine Arbeitnehmerin hatte beobachtet, wie Hackfleisch vom Vortag mit frischem Hackfleisch vermischt, wieder verpackt und mit dem aktuellen Datum versehen wurde. Sie wandte sich an den Wirtschaftskontrolldienst, worauf ein Ermittlungsverfahren gegen den Abteilungsleiter der Frischfleischabteilung eingeleitet wurde. Ihre Kündigungsschutzklage war erfolgreich. Auch das LAG Köln 119

Vgl. LAG Hamm v. 12.11.1990, LAGE § 626 BGB Nr. 54. LAG BW v. 20.10.1976, EzA Nr. 8 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung („Schweißer-Fall“). 121 Kritisiert wurde vor allem, dass das Gericht eine fehlerhafte Interessenabwägung vorgenommen und die Unabdingbarkeit der Fürsorgepflicht unterlaufen habe. Es sei Arbeitnehmern nicht zuzumuten, zu ihren Ungunsten auf produktivitätssenkende Arbeitsweisen überzugehen. Ferner blieb unberücksichtigt, dass der Arbeitnehmer zunächst intern seine Bedenken äußerte, bevor er sich an externe Stellen wandte; vgl. z. B. Hinrichs, S. 37 f.; a. A. Denck, DB 1980, S. 2132. 122 LAG BW v. 03.02.1987, NZA 1987, S. 756 f. („Hackfleisch-Fall“). 120

§ 10 Ausgangslage

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erklärte im Jahr 1996 die Kündigung eines Kraftfahrers für unwirksam, der den ihm zugeteilten Lkw der Polizei zur Überprüfung der Verkehrstüchtigkeit vorgestellt hatte. Zuvor hatte er vergeblich versucht, den Arbeitgeber zur Behebung des Mangels zu veranlassen123. 2. Hinweise gegenüber der Öffentlichkeit Eine gesetzliche Regelung für Hinweise gegenüber der Öffentlichkeit, insbesondere gegenüber den Medien, existiert nicht. Bei der sog. „Flucht in die Öffentlichkeit“ ist regelmäßig der Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 GG eröffnet, so dass es entscheidend auf eine einzelfallbezogene Güterabwägung der widerstreitenden Interessen ankommt. Auf das Petitionsrecht (Art. 17 GG) kann sich der Whistleblower bei dieser Art der Offenlegung hingegen nicht berufen, da es an einer „zuständigen Stelle“ i. S. d. Gesetzes fehlt. a) BVerfG v. 28.04.1970 Im Jahr 1970 befasste sich das BVerfG mit einem Angestellten des Bundesamts für Verfassungsschutz, welcher Amtshandlungen seiner Behörde gegenüber der Öffentlichkeit als verfassungswidrig rügte. Dabei bestätigte das BVerfG das Urteil des BGH, wonach er wegen vorsätzlicher Verletzung der Amtsverschwiegenheit verurteilt wurde. Es enthalte keinen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 GG, einen Angestellten des öffentlichen Dienstes zu verpflichten, „zunächst die in der institutionellen Ordnung der Verwaltung und des demokratischen Staates liegenden Abhilfemöglichkeiten auszuschöpfen, bevor er den [. . .] Weg in die Öffentlichkeit beschreitet“ 124. Aufgrund des besonderen Treue- und Loyalitätsverhältnisses zum Staat sei jeder Amtsträger grundsätzlich verpflichtet, Missstände im Interesse der ungestörten und möglichst wirksamen Tätigkeit der Behörde mit dem schonendsten Mittel zu bekämpfen, namentlich auf dem Dienstweg oder mit dem Petitionsrecht. Eine Ausnahme sollte nach Ansicht des BGH nur dann gelten, wenn schwerwiegend gegen den „Kernbereich des Verfassungsrechts“ und damit gegen „oberste Rechts- und Verfassungswerte“ verstoßen wird. Das BVerfG lies es dagegen ausdrücklich offen, ob gegen diese „Stufentheorie in ihrer allgemeinen und abstrakten Fassung Einwände möglich wären“ 125. b) BAG v. 05.02.1981 und BAG v. 11.08.1982 Im Jahr 1981 entschied das BAG, dass Presseveröffentlichungen eines Chefarztes, in denen er seiner Auffassung nach bestehende Missstände im Kranken123 124 125

LAG Köln v. 23.02.1996, NZA-RR 1996, S. 330 („Lkw-Fall“). BVerfG v. 28.04.1970, BVerfGE 28, S. 191 ff., S. 205 („Verfassungsschutz-Fall“). BVerfG v. 28.04.1970, BVerfGE 28, S. 191 ff., S. 203 f.

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haus scharf kritisierte, nicht schutzwürdig seien. Tragender Grund hierfür war, dass er private Interessen – die Durchsetzung finanzieller Forderungen gegenüber dem Krankenhaus – verfolgte und durch Halbwahrheiten und die Art der Darstellung das Ansehen des Arbeitgebers erheblich schädigte126. Entsprechend entschied das BAG im Jahr 1982, als ein Redakteur des WDR wider besseres Wissen gegenüber den Medien behauptete, dass ein von ihm mitgestalteter Dokumentationsbeitrag aus politischen Gründen abgesetzt wurde. Unwahre und ehrenrührige Behauptungen über den Arbeitgeber seien nicht durch die Meinungsfreiheit geschützt, sondern bildeten eine schwere Vertragsverletzung127. c) Landesarbeitsgerichte Auch die Landesarbeitsgerichte sprechen sich für strenge Voraussetzungen bei der „Flucht in die Öffentlichkeit“ aus. Erwähnenswert ist dabei der Fall der im Fleischhygieneamt beschäftigten Veterinärmedizinerin Dr. Margrit Herbst, die den Verdacht öffentlich äußerte, dass ein schleswig-holsteinischer Schlachthof BSE-verdächtige Rinder verarbeite. Das LAG Schleswig-Holstein hielt die darauf folgende fristlose Kündigung aufrecht und unterstrich die arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht und die Bedeutung interner Klärungsversuche. Die Medizinerin habe durch ihren Gang an die Öffentlichkeit die Ängste der Bevölkerung im Zusammenhang mit der BSE-Krise zusätzlich geschürt und den Bestand des betroffenen Schlachthofes nachhaltig gefährdet. Die Revision zum BAG wurde nicht zugelassen128. Anders entschied dagegen das LAG Frankfurt a. M., als ein Betriebsratsmitglied der Hoechst AG in einem anonymen Fernsehauftritt eine Gefährdung von Anliegern durch Störfallemissionen seines Arbeitgebers kritisierte. Zwar hätte die teilweise unrichtige Darstellung das Ansehen des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit beschädigt und habe dadurch eine erhebliche Pflichtverletzung gebildet, die an sich geeignet gewesen wäre, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Die gemäß § 626 Abs. 1 BGB erforderliche Interessenabwägung fiel dennoch zugunsten des Arbeitnehmers aus. Denn es bestehe ein „hohes Interesse der Öffentlichkeit“ an der Aufdeckung von Gefahren in der Chemieindustrie. Ferner

126 BAG v. 05.02.1981 (unveröffentlicht), teilweise wiedergegeben in Zachert, AuR 1984, S. 291 f. 127 BAG v. 11.08.1982, AP Nr. 9 zu Art. 5 GG Meinungsfreiheit. 128 LAG Schleswig-Holstein v. 15.11.1995, 3 Sa 404/95 (unveröffentlicht), abgedruckt in Deiseroth (2001), S. 141 ff. Frau Dr. Herbst erhielt im Jahr 2001 den Whistleblower-Preis, der seit dem Jahr 1999 im Zweijahresrhythmus von der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) vergeben wird. Weitere deutsche Preisträger sind die Altenpflegerin Brigitte Heinisch und die Ärztin Liv Bode im Jahr 2007 (vgl. Deiseroth/ Falter, S. 1 ff.) sowie die Steuerfahnder Rudolf Schmenger und Frank Wehrheim im Jahr 2009 (vgl. Deiseroth/Falter (2010), S. 1 ff.).

§ 10 Ausgangslage

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seien nur einzelne Punkte falsch wiedergegeben und der Arbeitnehmer habe nicht in Schädigungsabsicht gehandelt. Vielmehr habe der Arbeitnehmer offensichtlich auf die Gefahren in der chemischen Industrie hinweisen wollen, was seine erfolglosen internen Abhilfebemühungen bestätigten. Zudem stellte das Gericht auf die konkreten Verletzungen der Arbeitgeberinteressen ab und kam zu dem Ergebnis, eine zusätzliche erhebliche Rufschädigung des Arbeitgebers allein durch die Äußerungen des Arbeitnehmers sei nicht ersichtlich129. 3. Zwischenergebnis Während die ältere arbeitsrechtliche Judikatur den Interessen des Arbeitgebers den Vorrang vor den Interessen des Arbeitnehmers einräumte, brachte die Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2001 einen Einschnitt in die traditionelle Arbeitsrechtsprechung. Demnach sind bei der Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten die grundrechtlich geschützten Interessen des Arbeitgebers (insbesondere Art. 12 Abs. 1 GG) mit denen des Arbeitnehmers (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. m. dem Rechtsstaatsprinzip) auszugleichen. Während durch eine Strafanzeige eines Arbeitnehmers einerseits das Vertrauensverhältnis der Parteien gestört wird, darf andererseits die Erfüllung gesetzlich gewährter Rechte nicht zu zivilrechtlichen Nachteilen führen. Zwei Jahre später rückte das BAG die vertragliche Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers erneut in das Zentrum der Betrachtung. Demnach ist es grundsätzlich erforderlich, die Motivation einzubeziehen und im Rahmen der Zumutbarkeit vor einer Strafanzeige auf eine interne Abhilfe hinzuwirken. Ein interner Abhilfeversuch ist insbesondere dann unzumutbar, wenn der Arbeitgeber kein Vertrauen verdient und damit nicht schutzwürdig ist. Das BVerfG hatte ferner bereits entschieden, dass wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben keinen Schutz verdienen. Eine strafrechtliche Verurteilung des Arbeitgebers spricht dabei zwar gegen eine leichtfertige Anzeige; grundsätzlich ist der Ausgang eines Strafverfahrens jedoch kein maßgebliches Beurteilungskriterium. Obwohl die höchstrichterlichen Entscheidungen der letzten Jahre zu Strafanzeigen ergangen sind, kommen darin wohl allgemeine Grundsätze zum Ausdruck, die auf Hinweise gegenüber anderen Behörden übertragbar sind. Auch die Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte lässt entsprechende Tendenzen erkennen, indem sie einen deutlichen Vorrang der internen Klärung postuliert, aber in bestimmten Situationen Ausnahmen für erforderlich erachtet. Die wenigen Spezialvorschriften zu Behördenanzeigen sind hingegen von untergeordneter Bedeutung, da sie auf eng definierte Themen – regelmäßig auf die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz – begrenzt sind. 129 LAG Frankfurt a. M. v. 17.04.1989, 11 Sa 1357/88 (unveröffentlicht), insbesondere S. 43 ff.

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3. Teil: Whistleblowing in Deutschland

Dem Whistleblowing gegenüber der Öffentlichkeit sind enge Grenzen gesetzt. Von Bedeutung sind interne und behördliche Klärungsversuche, die Motivation sowie insbesondere die Schwere des aufgedeckten Missstandes. So scheint die durch einen öffentlichen Hinweis erzeugte erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitgeberinteressen nur bei der Enthüllung schwerwiegender Missstände gerechtfertigt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht. Die Konstellation eines redlichen Whistleblowers, der sich nach internen und behördlichen Abhilfeversuchen an die Öffentlichkeit wendet, hatten die Bundesgerichte jedoch noch nicht zu entscheiden. Zu begrüßen ist insoweit die ausgewogene Interessenabwägung des LAG Frankfurt a. M.130: Zwar könnten Hinweise gegenüber den Medien an sich eine Kündigung rechtfertigen, im Rahmen der Interessenabwägung sei jedoch zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, dass dieser zunächst intern auf Abhilfe gedrängt und ein erhebliches öffentliches Interesse an der Aufdeckung des Missstandes bestanden habe.

§ 11 Erfordernis einer gesetzlichen Regelung Aufgrund der mangelnden Rechtsklarheit und Rechtssicherheit ist der Schutz des Whistleblowers in Deutschland unzureichend. Auch wenn in den letzten Jahren hilfreiche Grundsätze durch die Bundesgerichte aufgestellt wurden, sind die Beschäftigten nach wie vor erheblichen arbeitsrechtlichen Risiken ausgesetzt, wenn sie ihren gesetzeswidrig handelnden Arbeitgeber extern anzeigen131. Eine gesetzliche Regelung zum Schutz des Whistleblowers ist erforderlich. Zum einen ist Richterrecht nur eingeschränkt in der Lage, an die Stelle einer gesetzlichen Regelung zu treten132. Denn die richterliche Rechtsfortbildung vollzieht sich stets anhand von Einzelfällen und kann eine umfassende Regelung nicht ersetzen. Zum anderen ist eine gesetzliche Regelung leichter zugänglich als Entscheidungen der Gerichte133. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der für den einzelnen Bürger nur wenig überschaubaren und nicht leicht zugänglichen Rechtsprechung zum Whistleblowing. Nicht zuletzt geht von einer gesetzlichen Regelung eine Signalwirkung aus, die durch den öffentlichen Diskurs einen gesellschaftlichen Umdenkungsprozess einleiten kann134. 130

Vgl. oben § 10 C.II.2.c). Vgl. etwa Deiseroth, ZRP 2008, S. 249; ders., ZRP 2007, S. 28; Rohde-Liebenau, S. 13 und S. 36; ders., AuR 2006, S. 378; Reiter, RIW 2005, S. 172; Rohde-Liebenau/ Peter, AuR 2004, S. 430; dies., AiB 2004, S. 617 ff.; Bürkle, DB 2004, S. 2159. 132 Vgl. Waas, Stellungnahme § 612a BGB, S. 3. 133 Vgl. Waas, Stellungnahme § 612a BGB, S. 3. 134 Vgl. auch Rohde-Liebenau, Stellungnahme § 612a BGB, S. 26. An dieser Stelle sei auch der von Henssler und Preis im Oktober 2007 vorgelegte Entwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes erwähnt, der in § 78 ArbVG-E (Abhilfe bei drohenden Schäden und Gesetzesverstößen) eine Regelung zum Whistleblowerschutz enthält. 131

§ 11 Erfordernis einer gesetzlichen Regelung

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Als das BVerfG in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2001 maßgeblich auf die Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten abstellte, wurde dies vielerorts als Abkehr von der whistleblowerrestriktiven Linie der Arbeitsgerichtsbarkeit gewertet. Das BAG rückte in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2003 die vertragliche Rücksichtnahmepflicht der Mitarbeiter jedoch erneut in das Zentrum der Betrachtung. Zwar überzeugen die vom BAG dargelegten Grundsätze weitgehend. Viele Gerichte begnügen sich jedoch unter Hervorhebung der vertraglichen Nebenpflichten mit der Feststellung einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung, ohne die widerstreitenden Interessen anhand konkreter Rechtspositionen abzuwägen135. Dabei wäre im Einzelfall zu klären, inwiefern ein externer Hinweis tatsächlich in schutzwürdige Rechtspositionen des Arbeitgebers eingreift. Sodann wären die konkreten Auswirkungen dieses Eingriffs mit den grundrechtlich geschützten und berechtigten Interessen des Arbeitnehmers abzuwägen. Insgesamt erinnert die derzeitige Situation in Deutschland in vielen Punkten an die Lage in England vor dem Inkrafttreten des PIDA im Jahr 1999. Die Gerichte beschränkten ihre Prüfung oftmals auf die Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten und standen der sich langsam entwickelnden public interest defense skeptisch gegenüber. Erst durch gesetzliche Vorgaben und die dazu ergangene Rechtsprechung konnten klare Grundsätze etabliert werden.

A. Gesetzesvorschlag der Bundesministerien Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) und das Bundesministerium der Justiz (BMJ) haben im April 2008 einen „Vorschlag für eine gesetzliche Verankerung des Informantenschutzes für Arbeitnehmer im Bürgerlichen Gesetzbuch“ erarbeitet mit dem Ziel, eine eindeutige Regelung zu schaffen und die Rechtssicherheit für Whistleblower zu verbessern136. Demnach sollte der bisherige § 612a BGB in § 612b BGB umbenannt werden. Ein neuer § 612a BGB sollte eingefügt werden: „§ 612a Anzeigerecht (1) Ist ein Arbeitnehmer auf Grund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung, dass im Betrieb oder bei einer betrieblichen Tätigkeit gesetzliche Pflichten verletzt werden, kann er sich an den Arbeitgeber oder eine zur innerbetrieblichen Klärung zuständige Stelle wenden und Abhilfe verlangen. Kommt der Arbeitgeber dem Verlangen nach

135 Ähnlich Reiter, RIW 2005, S. 172, der von einem „latente[n] Misstrauen der Arbeitsrichter gegenüber dem Whistleblower [spricht, welches] sich in einer tendenziell arbeitnehmerunfreundlichen Judikatur niederschlägt“. Vgl. auch Gänßle, FA 2005, S. 69; Stevens-Bartol, AiB 2003, S. 281. 136 BMAS/BMELV/BMJ, Vorschlag für eine gesetzliche Verankerung des Informantenschutzes für Arbeitnehmer im Bürgerlichen Gesetzbuch, Berlin 2008, S. 2 f.

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3. Teil: Whistleblowing in Deutschland

Abhilfe nicht oder nicht ausreichend nach, hat der Arbeitnehmer das Recht, sich an eine zuständige außerbetriebliche Stelle zu wenden. (2) Ein vorheriges Verlangen nach Abhilfe ist nicht erforderlich, wenn dies dem Arbeitnehmer nicht zumutbar ist. Unzumutbar ist ein solches Verlangen stets, wenn der Arbeitnehmer aufgrund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung ist, dass 1. aus dem Betrieb eine unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder für die Umwelt droht, 2. der Arbeitgeber oder ein anderer Arbeitnehmer eine Straftat begangen hat, 3. eine Straftat geplant ist, durch deren Nichtanzeige er sich selbst der Strafverfolgung aussetzen würde, 4. eine innerbetriebliche Abhilfe nicht oder nicht ausreichend erfolgen wird. (3) Von den Absätzen 1 und 2 kann nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. (4) Beschwerderechte des Arbeitnehmers nach anderen Rechtsvorschriften und die Rechte der Arbeitnehmervertretungen bleiben unberührt.“

B. Kriterien für einen ausgewogenen Whistleblowerschutz Die Untersuchungen zum englischen und U.S.-amerikanischen Whistleblowerschutz haben es – trotz unterschiedlicher Schwerpunkte in den USA (effektive Rechtsdurchsetzung) und England (Loyalitäts- und Verschwiegenheitspflichten) – ermöglicht, die wesentlichen Kriterien effektiver und ausgewogener Schutzinstrumente auch in Deutschland herauszuarbeiten. Im Einzelnen ist auf die Einbeziehung des öffentlichen Interesses, die Reichweite des persönlichen und sachlichen Geltungsbereichs einer Schutzvorschrift, die Adressaten einer Offenlegung, die Gutgläubigkeit und Motivation des Whistleblowers sowie die Rechtsdurchsetzung einzugehen. Dabei ist zu beachten, dass die USA zwar vielfach als Beispiel für einen erfolgreichen Whistleblowerschutz zitiert werden. Allein die Anzahl der Schutzvorschriften und die (zumindest in der Öffentlichkeit herrschende) positive Haltung gegenüber Whistleblowern lassen jedoch keinen Rückschluss auf den tatsächlichen Schutz zu. Ferner erfordern die unterschiedlichen Rechtssysteme sowie das schon fast gegensätzliche Arbeitsrecht in Deutschland und den USA eine genaue Prüfung bei der Übertragung amerikanischer Lösungsansätze. Demgegenüber steht das englische Arbeitsrecht, insbesondere aufgrund der Bedeutung der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten, dem deutschen Arbeitsrecht wesentlich näher. Unabhängig von den Unterschieden und Gemeinsamkeiten der Rechtssysteme müssen Lösungsansätze an das jeweilige Rechtssystem angepasst und auf die Praktikabilität in ihrem juristischen und tatsächlichen Kontext untersucht werden. Jedenfalls leisten die Erfahrungen aus anderen Ländern einen hilfreichen Beitrag,

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die Probleme zu identifizieren und potentielle Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. I. Öffentliches Interesse Im englisch-amerikanischen Rechtssystem kommt dem öffentlichen Interesse an der Aufdeckung von Missständen – in den USA darüber hinaus an einer effektiven Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung – eine wesentliche Bedeutung zu: Neben den schützenswerten Interessen der Arbeitgeber und Beschäftigten sind auch die Rechtsgüter Dritter einzubeziehen, da erkennbar Gemeinwohlinteressen von erheblichem Gewicht auf dem Spiel stehen. Das öffentliche Interesse an der Aufdeckung von Missständen ist mithin neben den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu würdigen. In Deutschland beschränkt sich die Abwägung dagegen – wie auch sonst im Arbeitsrecht – auf eine Gegenüberstellung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen. Die Interessen der Allgemeinheit bleiben oftmals unberücksichtigt137. Nur wenige Entscheidungen behandeln das besondere öffentliche Interesse. Lange Zeit bildeten die Entscheidungen des LAG Baden-Württemberg aus dem Jahr 1987138 und des LAG Frankfurt a. M. aus dem Jahr 1989139 die Ausnahmen, als sie bei einer Verletzung der Hackfleischverordnung bzw. einer Gefährdung von Anliegern durch Störfallemissionen die besondere Bedeutung für den Schutz von Leben und Gesundheit hervorhoben. Auch das BVerfG hat in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2001140 nunmehr das öffentliche Interesse einbezogen, als es sich darauf berief, dass eine (nicht wissentlich unwahre oder leichtfertige) Strafanzeige eines Bürgers im allgemeinen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und an der Aufklärung von Straftaten liege, auf die der Rechtsstaat bei der Strafverfolgung nicht verzichten könne. Das BAG konzentrierte sich in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2003141 hingegen erneut auf eine Abwägung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen, und Überlegungen zum Schutz des Allgemeininteresses spielten, wie auch in der übrigen Rechtsprechung des BAG, allenfalls eine untergeordnete Rolle142. Es bedarf mithin einer eindeutigen Formulierung durch ein Bundesgericht oder in der Gesetzesbegründung, dass das Interesse der Allgemeinheit an der Aufdeckung von Missständen in die Interessenabwägung einzubeziehen ist.

137 So auch Müller, NZA 2002, S. 437; Graser, S. 196; Waas, Stellungnahme § 612a BGB, S. 6. 138 LAG BW v. 03.02.1987 [s. o. § 10 C.II.1.b)dd)]. 139 LAG Frankfurt a. M. v. 17.04.1989 [s. o. § 10 C.II.2.d)]. 140 BVerfG v. 02.07.2001, NZA 2001, S. 888 ff. [s. o. § 10 C.II.1.a)aa)]. 141 BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 427 ff. [s. o. § 10 C.II.1.a)bb)]. 142 Vgl. Waas, Stellungnahme § 612a BGB, S. 6.

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II. Persönlicher Geltungsbereich 1. Öffentlicher und privater Sektor Es liegt nahe, im persönlichen Geltungsbereich zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor zu differenzieren, da die Beschäftigten in privaten und öffentlichrechtlichen Dienstverhältnissen grundsätzlichen unterschiedlichen Regelungswerken unterliegen. Zu beachten ist jedoch, dass Missstände in Verwaltung und Privatwirtschaft gleichermaßen existieren und dass das Whistleblowing als Instrument zur Bekämpfung und Aufdeckung von Missständen im öffentlichen und privaten Sektor zu nutzen ist. Es handelt sich mithin um eine unerwünschte Trennung, Schutzvorschriften lediglich für bestimmte Beschäftigungsgruppen zu konzipieren. Dies wurde vom englischen Gesetzgeber erkannt, als er mit dem PIDA eine umfassende einheitliche Regelung schuf. Im Gegensatz dazu beschränkte sich der U.S.-amerikanische Schutz zunächst auf den öffentlichen Sektor. Denn das Whistleblowing wurde ursprünglich als Instrument gesehen, Missstände in der öffentlichen Verwaltung aufzudecken, die zu Lasten der Steuerzahler gehen. Der Umgang mit Missständen und Fehlverhalten in der Privatwirtschaft gehörte dagegen lange Zeit zur Unternehmensfreiheit, in die sich der Staat nicht einzumischen habe. Sowohl auf bundes- als auch auf einzelstaatlicher Ebene erstreckt sich der Schutz jedoch zunehmend auch auf den privaten Sektor. Dabei wurden Schutzvorschriften zunächst in besonders gefahrenträchtigen Industriesektoren erlassen, im Zuge der Finanzskandale um Enron, WorldCom etc. wurden sie darüber hinaus branchenunabhängig auf börsennotierte Unternehmen erweitert. Zwar sind in Deutschland die Sonderregelungen für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse zu beachten, grundsätzlich ist jedoch eine parallele Entwicklung erstrebenswert. Im Rahmen einer gesetzlichen Regelung sind dabei verschiedene Konstellationen denkbar. In Betracht käme ein eigenständiges Gesetz nach dem Vorbild des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Während der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes zunächst in § 6 AGG definiert wird, enthält § 24 AGG eine Sonderregelung für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse. Demnach gelten die Vorschriften des AGG unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für Beamte, Richter und Zivildienstleistende. Gerade vor der anhaltenden Diskussion um ein einheitliches Arbeitsvertragsgesetzbuch143, das die auf einer Vielzahl von einzelnen Gesetzen

143 Bis heute sind alle Kodifikationsversuche (z. B. der sogenannte Professorenentwurf des DJT sowie die Entwürfe der Länder Brandenburg und Sachsen) gescheitert. Derzeit versucht die Bertelsmann Stiftung einen neuen Anlauf zur Realisierung dieses Vorhabens. Sie hat die Kölner Professoren Martin Henssler und Ulrich Preis mit der Erstellung eines Gesetzentwurfs beauftragt, die im Oktober 2007 ihren aktualisierten Diskussionsentwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes vorlegten.

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verstreuten Regelungen zum Individualarbeitsrecht in einem Gesetzbuch zusammenfassen soll, ist ein eigenständiges Whistleblowergesetz jedoch nicht zu begrüßen. Eine gesetzliche Regelung sollte vielmehr in ein bestehendes Regelungswerk eingefügt werden. Die von dem Gesetzesvorschlag der Bundesministerien vorgesehene zentrale Stellung in den dienstrechtlichen Vorschriften des BGB ist aufgrund ihrer Allgemeingültigkeit zu begrüßen. Da eine für den privaten und öffentlichen Sektor einheitliche Vorschrift im BGB jedoch der Gesetzessystematik widerspräche, sind unterschiedliche Regelungen erforderlich. Diese sollten jedoch aneinander angelehnt werden und an einer weitgehend parallelen Entwicklung teilhaben, da das Whistleblowing wie auch das Antidiskriminierungsrecht eine allgemeine Problematik bilden. Obwohl sich die folgenden Ausführungen auf die Beschäftigten in der Privatwirtschaft beschränken, ist eine Übertragung der Grundsätze auf öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung erforderlich. 2. Arbeitnehmer oder Beschäftigte Der Whistleblowerschutz ist nicht auf Arbeitnehmer zu beschränken, sondern auf alle Personen in Beschäftigtenverhältnissen zu erstrecken144. Eine entsprechende Wertung findet sich im englisch-amerikanischen Rechtssystem: Der englische Gesetzgeber hat seine vorhandenen Beschäftigtenbegriffe (employee und worker) für den Whistleblowerschutz erweitert und damit einen weiten persönlichen Anwendungsbereich geschaffen. Auch in den USA, in denen kein entsprechend starrer Arbeitnehmerbegriff existiert, wird der Begriff employee im Whistleblowingkontext bewusst weit ausgelegt. Arbeitnehmer in Deutschland ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags weisungsgebunden und in persönlicher Abhängigkeit von einem anderen – dem Arbeitgeber – zur Arbeitsleistung gegen Vergütung verpflichtet ist. Abzugrenzen sind Arbeitnehmer von freien Mitarbeitern, wobei der Grad der persönlichen Abhängigkeit, insbesondere die Eingliederung in die Arbeitsorganisation und der Umfang des Weisungsrechts, maßgebend sind145. Von den Arbeitnehmern abzugrenzen sind die arbeitnehmerähnlichen Personen, die wegen ihrer fehlenden Eingliederung in die betriebliche Organisation und der Möglichkeit, über ihre Arbeitszeit im Wesentlichen frei zu bestimmen, in geringerem Maße persönlich abhängig sind als Arbeitnehmer. Sie sind aber aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit dem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürf-

144 Vgl. auch Strack, Stellungnahme § 612a BGB, S. 35 und S. 49; Rohde-Liebenau, Stellungnahme § 612a BGB, S. 33; Whistleblower-Netzwerk e. V., Freedom to Care, Explisit, S. 7. 145 Statt vieler ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 34 ff.

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tig146. Rechtsfolge ist vor allem die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte147 und die entsprechende Anwendung des Tarifvertragsgesetzes148. Ansonsten ist das Arbeitsrecht (insbesondere das Kündigungsschutzrecht) auf arbeitnehmerähnliche Personen grundsätzlich unanwendbar149. Arbeitnehmerähnliche Personen sind hauptsächlich Heimarbeiter und Einfirmen-Handelsvertreter. Heimarbeiter arbeiten nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Heimarbeitsgesetz (HAG) erwerbsmäßig in selbst gewählter Arbeitsstätte allein oder mit Familienangehörigen im Auftrag von Gewerbetreibenden, überlassen die Verwertung der Arbeitsergebnisse jedoch dem auftraggebenden Gewerbetreibenden150. Der persönliche Geltungsbereich einer Schutzvorschrift sollte demnach neben Arbeitnehmern auch die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten sowie Personen erfassen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind, wobei zu diesen auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten gehören151. Zu dem persönlichen Geltungsbereich sind ebenso Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte zu zählen, die mit Führungs- oder Repräsentationsfunktionen betraut sind. Ihre Sonderstellung mit oftmals gesteigerten Loyalitätspflichten gegenüber dem Arbeitgeber ist lediglich im Rahmen der erforderlichen Güterabwägung zu beachten. Grundsätzlich gilt, dass bestimmten Beschäftigungsgruppen nicht pauschal der Schutz zu entziehen ist, sondern Beschränkungen im Rahmen des Adressatenkreises und der Abwägung vorgenommen werden sollten. Dieser Gedanke findet sich etwa im öffentlichen Dienst in § 2d Kontrollgremiumgesetz (PKGrG), der es Angehörigen der Nachrichtendienste gestattet, „sich in dienstlichen Angelegenheiten, jedoch nicht im eigenen oder Interesse anderer Angehöriger dieser Behörden, mit Eingaben an das Parlamentarische Kontrollgremium zu wenden, soweit die Leitung der Dienste entsprechenden Eingaben nicht gefolgt ist“. Statt externe Hinweise pauschal zu versagen, hat man den Adressatenkreis aufgrund der besonderen Stellung der Angehörigen der Nachrichtendienste bewusst beschränkt. Entsprechend urteilte das BVerfG im Verfassungsschutz146 Vgl. § 12a Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG). Für das Kriterium der sozialen Schutzbedürftigkeit sind die gesamten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung maßgeblich; ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 111 m.w. N. 147 § 5 Abs. 1 S. 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). 148 § 12a Abs. 1 TVG. 149 ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 110 ff. 150 Ein Heimarbeiter unterliegt nicht dem Direktionsrecht des Auftraggebers. Ort, Tag, Beginn und Ende der Arbeitszeit einschließlich Dauer und Lage von Arbeitsunterbrechungen oder Pausen bestimmt der Heimarbeiter selbst. Die Kontrollbefugnis des Auftraggebers beschränkt sich auf die Abnahme des Produktes. Der Heimarbeiter schuldet seinem Auftraggeber einen bestimmten Erfolg, im Gegensatz zum Arbeitnehmer, der die Erledigung einer aufgetragenen Arbeit schuldet. 151 Ein entsprechend weiter persönlicher Anwendungsbereich ist aus den neueren Arbeitnehmerschutzgesetzen (etwa dem AGG [§ 6 Abs. 1 S. 1 AGG] und dem PflegeZG [§ 7 Abs. 1 PflegeZG]) bekannt.

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Fall152, in dem es das besondere Loyalitätsverhältnis der Angestellten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zum Staat hervorhob, die Möglichkeit externer Hinweise jedoch nicht pauschal versagte. 3. Bewerber und ehemalige Beschäftigte Um einen umfassenden Schutz zu gewährleisten, müssen sowohl Bewerber als auch solche Personen als Beschäftigte gelten, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist. Der Schutz im Anbahnungsstadium der Vertragsbeziehung und für beendete Beschäftigungsverhältnisse ist bereits aus dem AGG bekannt153. Er soll verhindern, dass Whistleblower aufgrund eines früheren Hinweises im Bewerbungsverfahren oder nach dem Beschäftigungsverhältnis benachteiligt werden. Während ein entsprechender Schutz in den USA oftmals bereits gesetzlich verankert ist, fehlt in England eine gesetzliche Regelung. Erst nach heftiger Kritik an der restriktiven Auslegung durch die Gerichte hat der Court of Appeal in Woodward v. Abbey National plc.154 den Schutz ehemaliger Beschäftigter anerkannt. Zur Vermeidung langjähriger Gerichtsprozesse sowie einer unklaren Rechtslage sollte eine gesetzliche Regelung folglich auch Bewerber und ehemalige Beschäftigte erfassen. 4. Hinweis für einen anderen Inwiefern Personen zu schützen sind, die für eine andere Person Bedenken erheben, wird unterschiedlich behandelt. In England und in vielen amerikanischen Vorschriften wird nur derjenige geschützt, der selbst von einem Missstand überzeugt ist und diesen auch meldet. Der SOX schützt dagegen auch denjenigen, der einen anderen auf einen Missstand aufmerksam macht und zu einem Hinweis veranlasst. Eine gesetzliche Regelung sollte, insbesondere um Hinweise vom Hören-Sagen zu vermeiden, in Anlehnung an das englische System den Schutz auf Personen beschränken, die selbst von einem Missstand überzeugt sind und diesen auch an einen vorgesehenen Adressaten melden. 5. Arbeitgeber Vor dem Hintergrund eines weiten Beschäftigtenbegriffs muss auch der Arbeitgeberbegriff entsprechend erweitert werden und all diejenigen natürlichen und juristischen Personen sowie rechtsfähigen Personengesellschaften erfassen, die eine vom persönlichen Geltungsbereich erfasste Person beschäftigen. Für die in 152

BVerfG v. 28.04.1970, BVerfGE 28, S. 191 ff. [s. o. § 10 C.II.2.a)]. Vgl. § 6 Abs. 1 S. 2 AGG: „Als Beschäftigte gelten auch die Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie die Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist“. 154 [2006] IRLR 677, CA (s. o. § 5 A.III.2.). 153

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Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten muss an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister155 treten. Bei Leiharbeitsverhältnissen ist zu berücksichtigen, dass ein Arbeitnehmer auch auf Missstände des Entleihers aufmerksam werden kann. In diesen Fällen ist es dem Verleiher als seinem Arbeitgeber156 nicht möglich, unmittelbar Abhilfe zu schaffen157. Der Leiharbeitnehmer muss daher auch befugt sein, den Entleiher um Abhilfe zu ersuchen, und ist vor Benachteiligungen sowohl vom Verleiher als auch vom Entleiher zu schützen. Daraus folgt, dass sowohl Verleiher als auch Entleiher als Arbeitgeber im Sinne einer Schutzvorschrift zu gelten haben. Eine entsprechende Erweiterung des Arbeitgeberbegriffs ist aus dem englischen PIDA sowie aus § 6 Abs. 2 AGG und § 7 Abs. 2 PflegeZG bekannt. 6. Gesetzliche Regelung Zwar gelten die §§ 611 ff. BGB grundsätzlich für Dienstverhältnisse aller Art, indem § 612a BGB-E jedoch den Begriff des Arbeitnehmers verwendet, grenzt er den befugten Personenkreis ein. Ohne eine genaue Begriffsbestimmung ist fraglich, ob tatsächlich nur Personen, bei denen die Arbeitnehmereigenschaft besteht, vom persönlichen Geltungsbereich erfasst werden sollen. Ein Blick auf den derzeitigen § 612a BGB (Maßregelungsverbot), der ebenfalls den Begriff des Arbeitnehmers verwendet, kann hier weiterhelfen. So wird losgelöst von der Whistleblowerproblematik in der Literatur überwiegend vertreten, das Maßregelungsverbot schütze – entsprechend dem Gedanken des allgemeinen Benachteiligungsverbots – alle abhängig Beschäftigten unabhängig von Inhalt, Umfang und der zeitlichen Dauer der eigentlichen Dienstleistung. Die Vorschrift erfasse folglich auch leitende Angestellte, Auszubildende, Volontäre, Umschüler, Praktikanten sowie arbeitnehmerähnliche Personen, nicht jedoch Stellenbewerber. Durch eine entsprechende Erweiterung des Arbeitgeberbegriffs komme als Arbeitgeber nicht nur der eigentliche Vertragspartner in Betracht, sondern auch Dritte, die – wie etwa Entleiher im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung – Arbeitgeberfunktionen ausüben158. Das BAG lehnt die Anwendung des Maßregelungsverbots auf arbeitnehmerähnliche Personen hingegen ab, da die Vorschrift dem Wortlaut nach 155 Zwischenmeister i. S. v. § 2 Abs. 3 HAG ist, wer, ohne Arbeitnehmer zu sein, die ihm von Gewerbetreibenden übertragene Arbeit an Heimarbeiter oder Hausgewerbetreibende weitergibt. In Österreich wurde die ebenfalls im Heimarbeitsgesetz verwandte Legaldefinition für Zwischenmeister im Jahr 2009 abgeschafft, weil die bisherigen Strukturen des Gesetzes angesichts der ständig sinkenden Anzahl von Zwischenmeistern als nicht mehr zeitgemäß erachtet wurden. 156 Vgl. § 14 Abs. 1 AÜG. 157 Vgl. Rinck, Stellungnahme § 612a BGB, S. 6; Gewerkschaft NGG, Stellungnahme § 612a BGB, S. 5. 158 Vgl. ErfK/Preis, § 612a BGB Rn. 4; APS/Linck, § 612a BGB Rn. 4 f.; KR/ Pfeiffer, § 612a BGB Rn. 3; MüKoBGB/Müller-Glöge, § 612a Rn. 4.

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ausschließlich für Arbeitnehmer gelte159. Durch die Anwendung von § 138 BGB erzielt es jedoch die gleichen Ergebnisse: Die Beendigung des Rechtsverhältnisses einer arbeitnehmerähnlichen Person allein deswegen, weil sie ihr zustehende Ansprüche geltend macht, sei gem. § 138 BGB sittenwidrig. Einer analogen Anwendung des § 612a BGB bedürfe es nicht. Eine Kündigung sei sittenwidrig, wenn sie auf einem verwerflichen Motiv des Kündigenden beruhe. Dazu gehöre auch der Fall der Vergeltung für die Wahrnehmung berechtigter Interessen, insbesondere für die Geltendmachung von vermeintlichen Rechtsansprüchen. Dies entspreche auch den vom BGH entwickelten Grundsätzen, wonach die Kündigung eines Vertragsverhältnisses gegenüber einem selbständigen, aber wirtschaftlich abhängigen Vertragspartner sittenwidrig sei, wenn sie eine Sanktion für das Beharren auf vertraglichen Rechtspositionen ist160. Würde man den Gesetzesvorschlag der Ministerien übernehmen, der sich ohne weitere Ausführungen auf „Arbeitnehmer“ bezieht, wäre dies – wie auch bei dem Maßregelungsverbot des derzeitigen § 612a BGB – mit Abgrenzungsschwierigkeiten im persönlichen Geltungsbereich und erheblicher Rechtsunsicherheit für die Beschäftigten verbunden. Es ist davon auszugehen, dass das BAG die Anwendung von § 612a BGB-E dem Wortlaut nach auf Arbeitnehmer begrenzen würde. Zugleich müsste es jedoch in Anlehnung an die zu § 612a BGB aufgestellten Grundsätze zu dem Ergebnis kommen, dass § 612a BGB-E eine grundsätzliche Wertung enthält, die im Rahmen der allgemeinen Vorschriften auf arbeitnehmerähnliche Personen zu übertragen ist. Der Gesetzgeber könnte darüber hinaus in der Gesetzesbegründung klarstellen, dass sich der persönliche Geltungsbereich der §§ 612a und 612b BGB-E auf einen weiten Beschäftigtenbegriff beziehen soll. Um jedoch von Anfang an die erforderliche Rechtssicherheit zu schaffen, sind eine gesetzliche Definition des Arbeitnehmerbegriffs und eine entsprechende Erweiterung des Arbeitgeberbegriffs zu begrüßen. Zudem sollte ausdrücklich erwähnt werden, dass sich der Schutz auch auf Bewerber und ehemalige Beschäftigte erstreckt. Zu denken ist an die Einführung neuer Absätze 2 und 3 des nunmehr unter § 612b BGB geplanten Maßregelungsverbots mit folgendem Inhalt: (2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser und der vorangegangenen Vorschrift gelten auch die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten sowie Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten. Als Arbeitnehmer gelten auch die Bewerber für ein Arbeitsverhältnis sowie die Personen, deren Arbeitsverhältnis beendet ist161. 159

BAG v. 14.12.2004, BAGE 113, S. 129 ff. = NZA 2005, S. 637 ff., S. 638. BGH v. 26.02.1970, AP Nr. 28 zu § 138 BGB = NJW 1970, S. 855 f. 161 Alternativ zu einer an § 6 Abs. 1 S. 2 AGG angelehnten Vorschrift könnte der Schutz von Bewerbern auch dadurch erreicht werden, dass man in Anlehnung an 160

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(3) Arbeitgeber im Sinne dieser und der vorangegangenen Vorschrift sind natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 2 beschäftigen. Werden Arbeitnehmer einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber. Für die arbeitnehmerähnlichen Personen, insbesondere für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten, tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister. III. Sachlicher Geltungsbereich Die Frage, auf welche Themen sich Hinweise von Beschäftigten beziehen dürfen, wurde in der Literatur bislang kaum diskutiert und war in der Rechtsprechung nicht entscheidungserheblich. Bei einem Blick auf die englisch-amerikanischen Vorschriften fällt auf, dass der englische PIDA durch einen einheitlichen und weiten sachlichen Anwendungsbereich gekennzeichnet ist, während die amerikanischen Schutzvorschriften aufgrund ihrer Beschränkung im sachlichen Anwendungsbereich in einer Vielzahl von Gesetzen verstreut sind. Auch in Deutschland bestehen insbesondere auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes bereits vereinzelt spezialgesetzliche Tatbestände und mit weiteren Vorschriften ist zu rechnen. Zur Vermeidung einer Zersplitterung ähnlich dem amerikanischen Recht ist eine einheitliche Regelung in einem allgemeinen Gesetz erforderlich162. Um die Grenzen des sachlichen Geltungsbereichs zu bestimmen, gilt es, sich den Schutzzweck der Norm zu vergegenwärtigen. Der Schutz des Whistleblowers vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen soll insbesondere Hinweise bezüglich organisationsinterner Missstände fördern und damit Risiken und Schäden für den Arbeitgeber, die Arbeitnehmerschaft und die Allgemeinheit abwenden. Während das Whistleblowing in der Wirtschaft insbesondere in den Bereichen des Rechnungs- oder Bankwesens und der Wirtschaftskriminalität diskutiert wird, ist § 612a BGB-E im Zuge des Gammelfleisch-Skandals entstanden und somit im Bereich des Verbraucherschutzes angesiedelt. Unabhängig vom Themengebiet wird ersichtlich, dass Hinweise regelmäßig nicht den Whistleblower selbst betref§ 611a BGB a. F. den Absatz 1 des Maßregelungsverbotes wie folgt ergänzt: „Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder einer Kündigung, nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt“ (Ergänzung kursiv hervorgehoben). Diese Alternative ist jedoch nicht vorzuziehen, da die Regelungen zum Arbeitnehmerbegriff auf zwei Absätze verteilt wären, nämlich die Erweiterung auf Bewerber im ersten Absatz und ein erweiterter Beschäftigtenbegriff im zweiten Absatz. Vorzugswürdig ist es, den Arbeitnehmerbegriff umfassend in einem eigenständigen Absatz zu regeln. Dies ermöglicht, die Besonderheiten hervorzuheben und einen Gleichlauf mit den diskriminierungsrechtlichen Vorschriften herzustellen. 162 A.A. BDA, Stellungnahme § 612a BGB, S. 3, die eine abstrakte Regelung als „völlig überflüssig“ erachtet.

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fen, sondern sich auf Rechtsgutsverletzungen beziehen, die der Arbeitnehmerschaft, außenstehenden Dritten, der Allgemeinheit oder der Umwelt schaden. Die Selbstbetroffenheit des Whistleblowers ist ebenso wenig erforderlich wie ein besonderer Schutz seiner Rechtsgüter163. Zudem soll das externe Whistleblowing keinen weiteren Rechtsbehelf für an sich arbeitsrechtliche Streitigkeiten schaffen, da dafür bereits die hergebrachten Kommunikationsstrukturen im Unternehmen sowie der arbeitsgerichtliche Rechtsweg dienen. Der sachliche Geltungsbereich hat sich jedenfalls auf Straftaten zu erstrecken. In Betracht kommen vor allem Verstöße gegen das Steuerstrafrecht (insbesondere die Steuerhinterziehung nach § 370 AO), Betrug (§ 263 StGB), Untreue (§ 266 StGB), Straftaten gegen den Wettbewerb (§§ 298 ff. StGB), Umweltstraftaten (§§ 324 ff. StGB), Bestechungsdelikte (§§ 331 ff. StGB) sowie das Inverkehrbringen von gesundheitsschädlichen Lebensmitteln. Dem Schutzzweck entsprechend ist der sachliche Geltungsbereich jedoch nicht auf Straftaten zu beschränken, sondern auf die Verletzung gesetzlicher Pflichten zu erstrecken164. Denn auch nicht strafbare Gesetzesverstöße können Gefahren und Schäden an den Rechtsgütern Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit und Eigentum hervorrufen. Zu denken sind vor allem an Verstöße gegen das Arbeitsschutzrecht (insbesondere das ArbZG, ArbSchG, ASiG, die GefStoffV, das Mutterschutzgesetz oder das Beschäftigtenschutzgesetz) und das Sozialversicherungsrecht. In bestimmten Branchen sind ferner Hinweise über unlautere Wettbewerbspraktiken oder Verstöße gegen das Außenwirtschaftsrecht, insbesondere bestehende Exportverbote denkbar165. Der sachliche Geltungsbereich ist zudem nicht auf vergangene und gegenwärtige Missstände zu beschränken, sondern muss darüber hinaus entsprechend dem Schutzzweck der Norm auch drohende Schäden erfassen, damit die erforderlichen Gefahrenabwehrmaßnahmen ermöglicht werden166. Eine über Gesetzesverstöße hinausgehende Erweiterung des sachlichen Geltungsbereichs könnte sich auf die Verschwendung von Mitteln, Misswirtschaft und den Amtsmissbrauch beziehen, wie es insbesondere aus dem U.S.-amerikanischen WPA bekannt ist. Dieser enthält jedoch eine Erheblichkeitsschwelle und findet nur in der Bundesverwaltung Anwendung. Entsprechende Ergebnisse lassen sich in Deutschland auch mit der Beschränkung auf Gesetzesverstöße erzielen, so dass eine Erweiterung nicht erforderlich ist. Zu denken ist an einen Ver163 So aber BDA, Stellungnahme § 612a BGB, S. 3; ähnlich Scheuerl, Stellungnahme § 612a BGB, S. 6. 164 A.A. BRAK, Stellungnahme § 612a BGB, S. 6, die den sachlichen Geltungsbereich auf drohende Schäden für Menschen, Sachwerte und Umwelt sowie die Verletzung von Strafgesetzen und Arbeitsschutzvorschriften beschränken möchte. 165 Vgl. Herbert/Oberrath, NZA 2005, S. 194; BMAS/BMELV/BMJ, Vorschlag für eine gesetzliche Verankerung des Informantenschutzes für Arbeitnehmer im Bürgerlichen Gesetzbuch, Berlin 2008, S. 5. 166 So auch in Section 43B Abs. 1 ERA.

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stoß gegen den in § 7 Bundeshaushaltsordnung (BHO) normierten Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgrundsatz sowie gegen die entsprechenden Vorschriften in den Landesgesetzen und Gemeindeordnungen. Man könnte zudem in Betracht ziehen, den sachlichen Geltungsbereich auf Verhaltensweisen oder Zustände zu erweitern, die zwar nicht illegal, aber dennoch gefährlich oder moralisch verwerflich sind167. In diesen Fällen kann sie zwar niemand verbieten und auch eine Rechtsverfolgung scheidet aus; gleichwohl könnte ein Hinweis zu einer Verhaltensänderung beitragen und damit im öffentlichen Interesse sein. Dies könnte einen arbeitsrechtlichen Schutz des Hinweisgebers rechtfertigen. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass insbesondere der Begriff „moralisch verwerflich“ nur schwer greifbar ist und zu einer untragbaren Rechtsunsicherheit sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer führen würde. Zudem sind Arbeitnehmer bereits aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Schadensabwendungspflicht gehalten, ihrem Arbeitgeber erhebliche Gefahren und Schäden anzuzeigen, so dass besonders schwerwiegende Fälle erfasst werden. Eine Erweiterung des internen Anzeigerechts ist folglich nicht erforderlich. Es muss Beschäftigten jedoch möglich sein, sich bei drohenden erheblichen Gefahren für Leib und Leben oder die Umwelt mit ihren Bedenken an die zuständige Aufsichtsbehörde zu wenden. Ein entsprechendes externes Anzeigerecht wird im Rahmen des nächsten Abschnitts (Adressaten) besprochen168. Bezieht sich der sachliche Geltungsbereich folglich generell auf die Verletzung gesetzlicher Pflichten169, stellt sich die Frage nach dem Bestehen einer Erheblichkeitsschwelle. Die Notwendigkeit einer solchen wird von den Kritikern hervorgehoben. Sie sind der Ansicht, das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie zwischen Arbeitnehmern untereinander werde ohne Erheblichkeitsschwelle „massiv [. . .] untergraben“ 170. Zu beachten ist jedoch, dass Hinweise bezüglich „unerheblicher“ Gesetzesverstöße die Ausnahme bilden. Während interne Hinweise grundsätzlich uneingeschränkt vom Schutzbereich erfasst werden sollten, ist die Schwere eines Missstandes bei Hinweisen gegenüber der Öffentlichkeit im Rahmen einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung zu beachten. Hinweise bezüglich „unerheblicher“ Gesetzesverstöße sind nicht automatisch dem Schutzbereich zu entziehen; unter Umständen können sie jedoch gegen das vertragliche Rücksichtnahmegebot (§ 241 BGB) verstoßen, so etwa bei einer gewissen Häufigkeit. Im Gegensatz zu einer Erheblichkeitsschwelle ist es jedoch erforderlich, den sachlichen Geltungsbereich auf Ge167

Vgl. Müller, NZA 2002, S. 426. Vgl. unten § 11 B.IV.1.b)cc). 169 Im Rahmen interner Meldesysteme können die Hinweis-Kategorien über Gesetzesverstöße hinaus z. B. auf Verstöße gegen interne Richtlinien erweitert werden. Zu den Einschränkungen Mahnhold, NZA 2008, S. 739; Zimmermann, RDV 2006, S. 246. 170 Scheuerl, Stellungnahme § 612a BGB, S. 6 f.; vgl. auch BDA, Stellungnahme § 612a BGB, S. 3. 168

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setzesverstöße zu beschränken, die im Zusammenhang mit der Beschäftigung stehen. Gesetzesverstöße, die dem rein privaten Bereich des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer zuzurechnen sind, sind vom sachlichen Geltungsbereich auszunehmen. § 612a BGB-E schränkt die Verletzung gesetzlicher Pflichten daher zu Recht ein, bezieht sich jedoch auf gesetzliche Pflichten „im Betrieb oder bei einer betrieblichen Tätigkeit“. Die Anknüpfung an den Betrieb vermag dabei nicht zu überzeugen171. Ein Unternehmen kann durchaus Inhaber mehrerer Betriebe sein und Arbeitnehmer können auch Missstände in anderen Betrieben ihres Unternehmens entdecken, die ebenfalls vom sachlichen Geltungsbereich erfasst sein müssen. Bezugspunkt kann folglich nur das Unternehmen als Rechtsträger des Betriebes und auch Vertragspartner des Arbeitnehmers sein. Der Gesetzeswortlaut sollte sich folglich darauf beziehen, dass „im Unternehmen oder bei einer betrieblichen oder geschäftlichen Tätigkeit gesetzliche Pflichten verletzt werden oder die Verletzung gesetzlicher Pflichten droht“. Indem sich der sachliche Geltungsbereich auf die Verletzung gesetzlicher Pflichten bezieht, werden Widersprüche mit der Geheimhaltungsvorschrift des § 17 UWG vermieden. Für ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis i. S. d. dieser Vorschrift ist ein objektives Interesse des Arbeitgebers an der Geheimhaltung der betreffenden Tatsachen erforderlich, was gerade zu verneinen ist, wenn sich das „Geheimnis“ auf gesetzeswidrige Verhaltensweisen oder Zustände bezieht172. Verletzt z. B. ein Arbeitgeber fremde Patente und ein Arbeitnehmer weist auf eine diesbezügliche Verletzung hin, macht sich der Arbeitnehmer nicht des Verrats nach § 17 UWG strafbar, da die rechtswidrige Verletzung fremder Patente kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis bildet. Auch eine Differenzierung nach dem Verursacher ist im sachlichen Geltungsbereich nicht vorzunehmen. Ein Hinweis kann sich gleichermaßen auf arbeitgeberseitiges Fehlverhalten oder auf Fehlverhalten von Kollegen und Vorgesetzten beziehen. Der Verursacher gewinnt jedoch im Rahmen der Adressaten an Bedeutung, insbesondere bei der Frage, wann eine Anzeige gegenüber der zuständigen Behörde ohne vorherigen internen Abhilfeversuch zulässig ist173. Lediglich aus Klarstellungsgründen sei abschließend erwähnt, dass es für den Schutz weder darauf ankommen kann, ob der Whistleblower im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Aufgabenerfüllung auf den Missstand aufmerksam geworden ist174 noch ob der Adressat bereits Kenntnis von dem Missstand hatte175. 171

So auch Rinck, Stellungnahme § 612a BGB, S. 1. Vgl. oben § 10 A.II.2.; a. A. v. Pelchrzim, CCZ 2009, S. 26 f. 173 Dazu unten § 11 B.IV.1.b)bb) und cc). 174 Entscheidungserheblich dagegen in den USA unter der First Amendment Rechtsprechung (s. o. § 6 B.I.), dem FCA (s. o. § 5 B.II.1.) und dem WPA (s. o. § 6 B.III.); strittig unter dem SOX (s. o. § 6 B.IV.1.). 175 So auch in England (Section 43L Abs. 3 ERA); nicht dagegen in den USA unter dem FCA (s. o. § 6 B.II.) und dem WPA (s. o. § 6 B.III.). 172

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IV. Adressaten der Offenlegung 1. Internes und externes Whistleblowing Es bedarf der Klärung, an welchen Kreis von Personen und Institutionen der Whistleblower Informationen weiterleiten darf und ob er dabei eine bestimmte Reihenfolge zu beachten hat. In dieser Hinsicht sind erhebliche Unterschiede in den U.S.-amerikanischen und englischen Schutzinstrumenten zu konstatieren. In den USA genießen externe und interne Hinweise weitgehend gleichwertigen Schutz; unter der First Amendment Rechtsprechung, dem FCA und dem publicpolicy-Einwand werden externe Hinweise sogar gegenüber internen Hinweisen privilegiert. Dies erklärt sich zum einen aus der geringen Bedeutung vertraglicher Rücksichtnahmepflichten im U.S.-amerikanischen Arbeitsrecht, zum anderen aus dem Normzweck einer effektiven Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung. In England ist das Whistleblowingrecht dagegen maßgeblich vom Spannungsfeld der arbeitsvertraglichen Pflichten geprägt. Der Gesetzgeber hat mit dem PIDA ein ausgewogenes Stufenverhältnis zwischen internen, behördlichen und weitergehenden Offenlegungen geschaffen, welches dem Arbeitgeberinteresse an organisationsinternen Hinweisen sowie gleichzeitig dem Bedürfnis nach neutralen externen Anlaufstellen Rechnung trägt. Jedenfalls ist es unerlässlich, dass sich interne und externe Hinweise ergänzen. Denn die Auswirkungen eines internen Hinweises sind von der Bereitschaft des Arbeitgebers abhängig, dem angezeigten Missstand abzuhelfen. Ein wirksamer Schutz und der zum Teil erforderliche Druck auf den Arbeitgeber kann folglich nur erreicht werden, sofern zumindest als ultima ratio die Möglichkeit besteht, Bedenken auch extern zu äußern. a) Grundsätzlicher Vorrang einer internen Abhilfe Kommt man mithin zu dem Ergebnis, dass sich eine effektive Schutzvorschrift sowohl auf interne als auch auf externe Hinweise erstrecken muss, bleibt zu klären, ob diese in einem Stufen- oder Alternativverhältnis zueinander stehen sollen. Es wird die Ansicht vertreten, dem Whistleblower von Anfang an ein Wahlrecht zu gewähren, sich an seinen Arbeitgeber oder die zuständige Aufsichtsbehörde zu wenden176. Für diese Ansicht spricht zunächst, dass potentielle Whistleblower bei der Pflicht eines vorherigen internen Abhilfeversuches aus Furcht vor Nachteilen von einer weiteren Verfolgung ihres Anliegens absehen könnten. Dem ist

176 Vgl. Colneric, AiB 1987, S. 265; Strack, Stellungnahme § 612a BGB, S. 44 ff.; Whistleblower-Netzwerk e. V., Freedom to Care, Explisit, S. 11; ebenso Kollmer/Oppenauer, § 17 ArbSchG Rn. 14 zum Beschwerderecht nach § 17 Abs. 2 S. 1 ArbSchG, der in einem uneingeschränktem Recht zur außerbetrieblichen Beschwerde die Lösung des Problems sieht.

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jedoch durch ein ausgewogenes Regel-Ausnahme-Verhältnis Rechnung zu tragen, wobei der Vorrang der internen Abhilfe die Regel sein muss. Externe Hinweise, auch Hinweise gegenüber der zuständigen Behörde, greifen wesentlich intensiver in die geschützten Rechtspositionen des Arbeitgebers ein als interne Hinweise. Sie nehmen ihm die Möglichkeit, organisationsintern die erforderlichen Korrekturmaßnahmen zu ergreifen und auf diese Weise möglicherweise gravierende wirtschaftliche Nachteile – insbesondere durch öffentlichkeits- und medienträchtige Untersuchungen und Sanktionen sowie einem damit verbundenen Reputationsverlust – zu vermeiden. Auch die Beschäftigten werden aus Loyalitätserwägungen oftmals einen internen Hinweis vorziehen. Zudem haben sie regelmäßig ein Eigeninteresse am Erhalt ihres Arbeitsplatzes und damit an der Lebensfähigkeit und Profitabilität des Unternehmens und wollen negative Reaktionen bei den Behörden und in der Öffentlichkeit vermeiden177. Auch in Deutschland sprechen sich Rechtsprechung und Literatur daher zu Recht für den grundsätzlichen Vorrang einer internen Abhilfe aus178. Beschäftigten ist es in der Regel zumutbar, zunächst eine interne Lösung anzustreben. Auch den Arbeitgeberinteressen wird durch das Stufenverhältnis Rechnung getragen, indem sie regelmäßig keine externen Hinweise zu befürchten haben, sofern sie den berechtigten Bedenken der Beschäftigten nachgehen. Sorgen die Arbeitgeber hingegen nicht für Abhilfe, sondern möchten sich durch die Nichteinhaltung von Vorschriften Wettbewerbsvorteile sichern, sind sie nicht mehr schutzbedürftig179. In dem Gesetzesvorschlag kommt der grundsätzliche Vorrang einer internen Klärung im Zusammenspiel von § 612a Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB-E zum Ausdruck. Abs. 1 S. 1 des Gesetzesvorschlags drückt dabei nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit aus, nämlich dass sich der Arbeitnehmer mit seinen Bedenken „an den Arbeitgeber [. . .] wenden und Abhilfe verlangen“ kann. Abs. 1 S. 2 sieht vor, dass sich der Arbeitnehmer an die zuständige Stelle wenden kann, wenn „der Arbeitgeber dem Verlangen nach Abhilfe“ nicht nachkommt. Dies verdeutlicht einerseits den Vorrang der internen Klärung, andererseits die fehlende Schutzbedürftigkeit des Arbeitgebers, sofern dieser untätig bleibt. Zu erwähnen bleibt lediglich, dass die Formulierung „Abhilfe verlangen“ kein Recht des Arbeitnehmers begründen soll, der Arbeitgeber müsse sich mit seinen Bedenken befassen. Zur Vorbeugung von Missverständnissen ist die Formulierung vorzugswürdig, der Arbeitnehmer könne „den Arbeitgeber [. . .] zur Abhilfe auffordern“. 177 Vgl. Bürkle, DB 2004, S. 2159; Rohde-Liebenau/Peter, AiB 2004, S. 620; Gach/ Rützel, BB 1997, S. 1962. 178 Vgl. etwa KR/Fischermeier, § 626 BGB Rn. 408; MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 69 f.; ErfK/Dieterich, Art. 5 GG Rn. 37; Leisinger, S. 96; Sauer, Personal 2005, S. 59; Müller, NZA 2002, S. 436; Gach/Rützel, BB 1997, S. 1961 f. 179 Vgl. BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 430; Stahlhacke/Preis, Rn. 692; MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 69; Preis/Reinfeld, AuR 1989, S. 370.

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b) Ausnahmen Es würde dem verfassungsrechtlichen Rahmen und den grundrechtlichen Positionen der Arbeitnehmer nicht gerecht werden, von ihnen stets einen internen Klärungsversuch zu erwarten. Vielmehr ist im Einzelfall zu bestimmen, ob es dem Arbeitnehmer zumutbar ist, sich zunächst intern an seinen Arbeitgeber zu wenden180. Dabei ist die vertragliche Rücksichtnahmepflicht inhaltlich anhand der Wechselwirkung mit den Grundrechten, der Rechtsgutsverletzung und dem Arbeitgeberverhalten zu bestimmen. Sie mindert sich, sofern die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers oder der Allgemeinheit verletzt werden, was dazu führen kann, dass sich der Arbeitnehmer unmittelbar an die zuständige Behörde wenden darf181. In Anlehnung an das BAG Urteil aus dem Jahr 2003 sind folgende Regelbeispiele zu bilden: (a) eine Straftat ist geplant oder wird ausgeführt, durch deren Nichtanzeige sich der Arbeitnehmer der Strafverfolgung aussetzen würde, (b) der Arbeitgeber hat eine Straftat begangen oder ihm ist eine Straftat eines Arbeitnehmers bekannt oder grob fahrlässig unbekannt, (c) es wurde eine schwerwiegende Straftat begangen oder es drohen erhebliche Schäden für Menschen, Sachwerte oder die Umwelt oder (d) eine interne Abhilfe wird nicht oder nicht ausreichend erfolgen. Dass es sich nicht um eine abschließende Aufzählung, sondern um Regelbeispiele handelt, ist dadurch zum Ausdruck zu bringen, dass die in § 612a Abs. 2 S. 2 BGB-E verwendete Formulierung „stets“ durch den Begriff „insbesondere“ ersetzt wird. aa) Strafbarkeit durch Nichtanzeige Besonders stark beeinträchtigt sind die Interessen eines Arbeitnehmers, wenn er sich strafbar machen würde, sofern er dem Geschehen unternehmensintern seinen Lauf ließe. Die vertragliche Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers muss in diesen Fällen zurücktreten, so dass ein interner Hinweis unzumutbar ist. Entsprechend nehmen auch das BAG182 und § 612a Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BGB-E eine Ausnahme an, sofern der Arbeitnehmer Kenntnis von geplanten Straftaten erhält, durch deren Nichtanzeige sich der Arbeitnehmer einer Strafverfolgung aussetzen würde. Erfasst wird der Straftatenkatalog des § 138 StGB und folglich auch die Behördenanzeige hinsichtlich bestimmter zukünftiger Straftaten. Der Ausnahmetatbestand in § 612a Abs. 2 S. 2 BGB-E sollte aus Gründen der Klarstellung in Anlehnung an § 138 StGB nicht nur das Vorhaben, sondern auch die Ausführung der Katalogstraftaten erfassen und wie folgt lauten: „eine Straftat ge180 Vgl. BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 430; MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 70; Schaub/Linck, § 127 Rn 66; Stein, BB 2004, S. 1962; Gach/Rützel, BB 1997, S. 1961. 181 Dieses Regel-Ausnahme Verhältnis muss bei allen Anzeigerechten Anwendung finden, so dass § 17 Abs. 2 ArbSchG entsprechend zu ergänzen ist. 182 BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 430; vgl. auch KR/Griebeling, § 1 KSchG Rn. 427.

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plant ist oder ausgeführt wird, durch deren Nichtanzeige der Arbeitnehmer sich selbst der Strafverfolgung aussetzen würde“. bb) Straftat, Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Arbeitgebers Das BAG hat in seinem Urteil aus dem Jahr 2003 die Zumutbarkeit eines internen Hinweises verneint, sofern es sich um eine vom Arbeitgeber selbst begangene Straftat handelt183. Zu Recht laufen in diesem Fall die Argumente für den Vorrang einer internen Abhilfe leer, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu gewähren, organisationsintern die erforderlichen Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Handelt es sich hingegen nicht um ein strafbares Verhalten des Arbeitgebers selbst, sondern um ein solches seiner Mitarbeiter, ist wie folgt zu differenzieren: Kennt der Arbeitgeber das strafbare Verhalten seiner Mitarbeiter nicht, hat er ein berechtigtes und schützenswertes Interesse an einer internen Klärung. Dies gilt umso mehr, wenn sich das Fehlverhalten eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber richtet (z. B. in Fällen der Untreue). Kennt der Arbeitgeber hingegen das strafbare Verhalten seiner Mitarbeiter und ergreift keine Aufklärungs- und Folgemaßnahmen, ist ein interner Hinweis nicht zumutbar. Der Vorrang eines internen Hinweises begründet sich darin, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu gewähren, die Missstände organisationsintern zu beheben. Bei Kenntnis von Straftaten und folgender Untätigkeit dokumentiert der Arbeitgeber, dass er die Straftat billigt. Der Zweck eines internen Hinweises, den Arbeitgeber auf den Missstand aufmerksam zu machen, kann damit nicht mehr erfüllt werden. Daher ist ein interner Hinweis nicht zu fordern, wenn der Arbeitgeber den Missstand kennt und billigt. Dabei ist nicht nur auf die Kenntnis und Billigung des Arbeitgebers abzustellen; es reicht aus, wenn ein kündigungsberechtigter Mitarbeiter das gesetzeswidrige Verhalten des Mitarbeiters kennt und billigt184. Schließlich besteht auch dann keine Pflicht zur internen Anzeige, wenn die Verstöße dem Arbeitgeber oder dem sonstigen Zuständigen grob fahrlässig unbekannt sind185. Dies gilt auch, wenn es sich um eine Straftat gegen den Arbeitgeber handelt. Denn auch in diesem Fall kann sich der Arbeitgeber grob fahrlässig der Kenntnis verschließen. Zu denken ist etwa an einen Arbeitgeber, der bei einem Verdacht auf eine Veruntreuung von Firmengeldern zum Schutz des veruntreuenden Arbeitnehmers keine Prüfung anordnet. Diese Nichtanweisung kann eine zu beanstandende grobe Fahrlässigkeit sein, die einen externen Hinweis rechtfertigen würde. 183 BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 430. A.A. BRAK, Stellungnahme § 612a BGB, S. 7, die sich in Anlehnung an § 78 ArbVG-E für eine Beschränkung auf „nicht nur auf Antrag verfolgbare Straftaten“ ausspricht. 184 Vgl. BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 431; Stahlhacke/Preis, Rn. 692. 185 Etwa Müller, NZA 2002, S. 435; Gach/Rützel, BB 1997, S. 1961; Preis/Reinfeld, AuR 1989, S. 373. Vgl. auch APS/Linck, § 612a BGB Rn. 16; ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 717.

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Zu Recht wird kritisiert, dass der Gesetzesvorschlag in Abs. 2 S. 2 Nr. 2 („der Arbeitgeber oder ein anderer Arbeitnehmer eine Straftat begangen hat“) nicht zwischen den Straftaten des Arbeitgebers und denen der Arbeitnehmer differenziert186. Nur bei Straftaten des Arbeitgebers ist ein interner Hinweis stets unzumutbar. Bei Straftaten von Arbeitnehmern sollte die Pflicht zur vorherigen internen Anzeige von der Kenntnis und Billigung oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Arbeitgebers abhängen. Der Ausnahmetatbestand sollte daher wie folgt lauten: „der Arbeitgeber eine Straftat begangen hat oder eine Straftat eines Arbeitnehmers kennt und billigt oder dem Arbeitgeber eine Straftat eines Arbeitnehmers grob fahrlässig unbekannt ist“. cc) Schwerwiegende Straftaten und drohende erhebliche Schäden Sofern schwerwiegende Straftaten und drohende erhebliche Schäden für Menschen, Sachwerte oder die Umwelt in Rede stehen, muss das Arbeitgeberinteresse an einer internen Beanstandung hinter den Interessen der Allgemeinheit zurücktreten. Ein interner Hinweis ist in diesen Fällen kein ausreichendes Mittel. Anstelle den Erfolg eines internen Klärungsversuches abzuwarten, ist schnellstmögliche Abhilfe und damit ein behördliches Einschreiten erforderlich. Dieser Ausnahmetatbestand wurde bereits vom BAG anerkannt, sofern es sich um die Offenlegung schwerwiegender Straftaten handelt187. Erfasst werden dabei nur verwirklichte Straftatbestände. Hinweise bezüglich geplanter Straftaten werden bereits von Nr. 1 erfasst, sofern es sich um eine Katalogtat des § 138 StGB handelt. Der Ausnahmetatbestand ist über die Verwirklichung schwerwiegender Straftaten hinaus auf drohende erhebliche Gefahren zu erweitern, da diese ebenfalls eine schnellstmögliche Abhilfe erfordern188. Zu denken ist insbesondere an schwere Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften, die gravierende Folgen mit sich bringen können, etwa eine ungesicherte Maschine, deren Inbetriebnahme Menschenleben gefährden würde. Durch die Beschränkung auf erhebliche Schäden erfolgt eine sachgerechte Einschränkung des Ausnahmetatbestandes. So wäre etwa ein externer Hinweis bezüglich einer minimalen Unterschreitung der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen (vgl. § 4 Arbeitszeitgesetz [ArbZG]) nicht geschützt. Würde hingegen ein Arbeitgeber bei Lkw-Fahrern die Arbeitszeiten erheblich ausdehnen und die Ruhepausen und Ruhezeiten beschränken, so dass besondere Gefahren nicht nur für die Gesundheit des Arbeitnehmers, sondern auch 186

Vgl. BDA, Stellungnahme § 612a BGB, S. 2; Rinck, Stellungnahme § 612a BGB,

S. 5. 187

BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 430 [s. o. § 10 C.II.1.a)bb)]. So auch Herbert/Oberrath, NZA 2005, S. 197. Deiseroth, ZRP 2008, S. 251 spricht sich darüber hinaus für eine Erweiterung der Ausnahmeregelung auf „schwerwiegende wirtschaftliche, soziale und rechtliche Missstände“ aus, damit durch deren Aufdeckung auch „gesamtgesellschaftliche Lernprozesse“ eingeleitet werden können. 188

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für den Straßenverkehr zu erwarten sind, wäre ein externer Hinweis zulässig. Im Hinblick auf den Gesetzesvorschlag bleibt festzustellen, dass dieser zwar mit der Formulierung „eine unmittelbare Gefahr [. . .] droht“ (§ 612a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB-E) den präventiven Charakter des Whistleblowings zum Ausdruck bringt, jedoch eine sachgerechte Einschränkung hinsichtlich der Erheblichkeit vermissen lässt. Im Gegensatz zu dem vorherigen Ausnahmetatbestand, der allein an das Verhalten und die Kenntnis des Arbeitgebers anknüpft, unterscheidet dieser Ausnahmetatbestand nicht zwischen dem Fehlverhalten des Arbeitgebers einerseits und dem der Arbeitnehmer andererseits. Zwar hat der Arbeitgeber bei Gesetzesverstößen einzelner Mitarbeiter grundsätzlich ein berechtigtes und schützenswertes Interesse an einer internen Klärung189. Drohen jedoch erhebliche Schäden für die genannten Werte, ist der Erfolg eines internen Klärungsversuches nicht abzuwarten, sondern schnellstmögliche Abhilfe erforderlich. Das Arbeitgeberinteresse an einer internen Klärung muss in diesen Fällen hinter dem Interesse der Allgemeinheit an der Vermeidung erheblicher Schäden zurücktreten. dd) Keine ausreichende Abhilfe Sofern der beabsichtigte Erfolg, also die Abhilfe des Arbeitgebers, nicht oder nicht ausreichend erfolgen wird, ist es unverhältnismäßig und greift unzulässigerweise in die Freiheitsrechte des Arbeitnehmers ein, ihn auf interne Abhilfebemühungen zu verweisen190. Ein interner Abhilfeversuch ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn der Whistleblower der begründeten Auffassung ist, es bestehe eine Verdunkelungsgefahr191. Das gleiche gilt, sofern der Arbeitgeber in der Vergangenheit bereits auf eine gleich gelagerte Beschwerde eines anderen Beschäftigten nicht reagiert hat192, eine Korrektur seitens des Arbeitgebers objektiv nicht möglich ist193 oder wenn ein erheblicher Schaden bei vorheriger Unterrichtung des Arbeitgebers nicht mehr verhindert werden könnte194. Der Ausnahmetatbestand erfasst mithin Fälle, in denen aus der ex-ante Sicht eines verständigen Arbeitnehmers nicht mit einer ausreichenden internen Abhilfe zu rechnen ist. Der Gesetzesvorschlag stellt in § 612a Abs. 2 S. 2 Nr. 4 BGB-E darauf ab, dass „eine innerbetriebliche Abhilfe nicht oder nicht ausreichend erfolgen wird“. 189

Vgl. BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 431. Vgl. BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 430. 191 So auch Section 43G Abs. 2 lit. b ERA. 192 So auch Müller, NZA 2002, S. 435; Kollmer/Oppenauer, § 17 ArbSchG Rn. 21; Froschauer, S. 139. 193 So auch Stahlhacke/Preis, Rn. 692; MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 70; Preis/ Reinfeld, AuR 1989, S. 373. 194 So bereits § 79 Abs. 3 des Entwurfs eines Arbeitsgesetzbuches der Arbeitsgesetzbuchkommission aus dem Jahr 1977. 190

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Kritisiert wird dabei, es sei nach dem Gesetzesvorschlag allein auf die subjektive Einschätzung des Arbeitnehmers abzustellen195. Diese Ansicht lässt jedoch außer Acht, dass ein Arbeitnehmer „aufgrund konkreter Anhaltspunkte“ von der Existenz des Ausnahmetatbestandes überzeugt sein muss und die Regelung folglich ein gemischt objektiv-subjektives Kriterium enthält196. Die Formulierung aus dem Gesetzesvorschlag ist mithin beizubehalten. c) Anforderungen an einen internen Klärungsversuch Unabhängig vom Stufenverhältnis und den einzelnen Ausnahmetatbeständen besteht jedenfalls dahingehend Einigkeit, dass sich Arbeitnehmer nach erfolglosem internem Abhilfeversuch an die zuständige externe Stelle wenden dürfen. Umstritten ist jedoch, welche Anforderungen an das Bemühen um eine interne Abhilfe zu stellen sind. Insbesondere früher wurde gefordert, dass vor einem externen Hinweis sämtliche innerbetrieblichen Maßnahmen (einschließlich des innerbetrieblichen Beschwerdeverfahrens gem. §§ 84, 85 BetrVG) auszuschöpfen sind197. Diese Ansicht ist jedoch abzulehnen, da sie – gerade in größeren Betrieben mit oft unüberschaubaren Instanzenwegen – ein unzumutbares Erfordernis bildet. Darüber hinaus setzen §§ 84, 85 BetrVG eine Beschwerdebefugnis voraus, so dass das Anzeigerecht entgegen des Grundgedankens des Whistleblowings auf Rechtsgutsverletzungen unmittelbar betroffener Arbeitnehmer beschränkt wäre198. Nach einer anderen Ansicht richtet sich der Umfang der internen Abhilfemaßnahmen nach der Zumutbarkeit im Einzelfall199. Aufgrund der drohenden Willkür bei der Auslegung des Zumutbarkeitskriteriums ist dies jedoch wenig hilfreich. Zwar sind unbestimmte Rechtsbegriffe, die der Auslegung durch die Gerichte zugänglich sind, teilweise nicht zu vermeiden. Sofern jedoch – wie hier – eine überzeugende Alternative besteht, ist eine solche vorzugswürdig. Demnach überzeugt allein diejenige Ansicht, nach der ein einmaliger Abhilfeversuch beim Arbeitgeber ausreicht und das Risiko etwaiger Fehlentscheidungen auf dem organisationsinternen Instanzenweg folglich vom Arbeitgeber zu tragen ist200. Aus Gründen der Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass der Gegenstand eines späteren externen Hinweises zwar im Wesentlichen mit dem eines vorangegangenen internen Klärungsversuchs übereinstimmen muss. Sofern sich 195 BDA, Stellungnahme § 612a BGB, S. 2, 5 und 8; BRAK, Stellungnahme § 612a BGB, S. 7; Scheuerl, Stellungnahme § 612a BGB, S. 7. 196 Dazu unten § 11 B.V.1. 197 Vgl. etwa Denck, DB 1980, S. 2132 ff.; Wlotzke, S. 752 f. 198 Vgl. Herbert/Oberrath, NZA 2005, S. 197; Preis/Reinfeld, AuR 1989, S. 372 f.; Froschauer, S. 138; Hinrichs, S. 50 f.; Deiseroth, Stellungnahme § 612a BGB, S. 4. 199 Vgl. etwa ErfK/Dieterich, Art. 5 GG Rn. 37. 200 Vgl. etwa Rohde-Liebenau/Peter, AuR 2004, S. 429; Kollmer/Oppenauer, § 17 ArbSchG Rn. 18; Froschauer, S. 138; Preis/Reinfeld, AuR 1989, S. 373.

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der externe Hinweis jedoch auf neue Tatsachen bezieht, die lediglich eine Fortführung des angezeigten Fehlverhaltens oder eine Reaktion auf den Hinweis bilden, ist ein erneuter interner Hinweis dagegen nicht erforderlich201. aa) Adressat im Unternehmen Es stellt sich die Frage, wer der Arbeitgeber ist, an den ein interner Hinweis zu richten ist. Unproblematisch fallen darunter der Arbeitgeber als natürliche Person sowie seine gesetzlichen Vertreter. Handelt es sich jedoch um größere Organisationen, werden Arbeitgeber und gesetzliche Vertreter für eine Vielzahl der Beschäftigten weder bekannt noch erreichbar und in vielen Fällen nicht die geeigneten Adressaten sein. Es wäre unverhältnismäßig, den Beschäftigten zu verpflichten, sich an die Organe der Gesellschaft oder den Geschäftsinhaber zu wenden. Es muss daher ausreichen, dass sich der Beschäftigte an einen Mitarbeiter wendet, der ihm gegenüber kündigungsberechtigt ist202. Neben dem Arbeitgeber sind Personen kündigungsberechtigt, die der Arbeitgeber rechtsgeschäftlich bevollmächtigt, eine Kündigung zu erklären (§ 164 Abs. 1 BGB). Dazu gehören regelmäßig Personen, die der Arbeitgeber mit den Personalangelegenheiten betraut, wie z. B. der Betriebs- oder Personalleiter203. Sofern ein kündigungsberechtigter Mitarbeiter selbst in den Missstand involviert ist, hat sich der Beschäftigte ausnahmsweise an dessen Vorgesetzten zu wenden. Denn in diesem Fall ist davon auszugehen, dass der kündigungsberechtigte Mitarbeiter aufgrund seiner Beteiligung keine Abhilfe leistet, der Arbeitgeber jedoch nach wie vor ein berechtigtes Interesse daran hat, von dem Missstand in einer Art und Weise zu erfahren, dass er korrigierend eingreifen kann. Zudem sieht der Gesetzesvorschlag in Abs. 1 S. 1 vor, dass sich Arbeitnehmer „an den Arbeitgeber oder eine zur innerbetrieblichen Klärung zuständige Stelle wenden“ können. Während die Gleichstellung zwischen Hinweisen gegenüber dem Arbeitgeber und einer von ihm autorisierten Stelle zu begrüßen ist204, bereitet die Formulierung „innerbetrieblich“ Schwierigkeiten. Nach der klassischen Definition ist ein Betrieb eine organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Mitarbeitern bestimmte arbeitstechnische Zwecke mit Hilfe sächlicher und immaterieller Mittel fortgesetzt verfolgt205. Ein Unternehmen kann aus einem oder mehreren Betrieben bestehen. Während ein Kaufmann, der einen Zeitschriftenkiosk betreibt, als Unternehmer ein Unterneh201 Eine entsprechende Regelung ist im englischen Recht sogar ausdrücklich in Section 43G Abs. 4 ERA verankert. 202 Ähnlich Wendeling-Schröder, RdA 2004, S. 377. 203 APS/Preis, Grundlagen D, Rn. 61 ff., insbesondere Rn. 75. 204 So auch in Section 43C Abs. 2 ERA. 205 Statt vieler APS/Preis, Grundlagen C Rn. 83.

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men in einem Betrieb betreibt, betreiben Großkonzerne ihr Unternehmen in einer Vielzahl von Betrieben. Problematisch ist die Anknüpfung an den Betrieb, da Missstände über die Betriebsgrenzen hinausgehen und eine betriebsübergreifende Klärung erfordern können, z. B. wenn die Betriebsleiter verschiedener Betriebe rechtswidrige Absprachen treffen. Zudem bleibt unklar, ob eine Anlaufstelle tatsächlich im jeweiligen Betrieb vorhanden sein muss oder ob es dem Arbeitgeber nicht gestattet werden sollte, im Unternehmen oder sogar extern entsprechende Anlaufstellen einzurichten. Abhängig von der Größe und der Struktur der jeweiligen Organisation kommen unterschiedliche Formen in Betracht. Zu denken ist an eine neutrale unternehmensinterne Stelle (etwa einen Whistleblowing-Beauftragten oder Compliance Officer206) an möglichst hoher Stelle in der Unternehmenshierarchie oder an die Auslagerung an eine vom Unternehmen dafür benannte externe Stelle (z. B. Rechtsanwälte in der Funktion von Ombudspersonen oder eine durch die entsprechende Branche gegründete Selbstregulierungsorganisation). Die Kommunikation kann dabei per Telefon (Whistleblowing-Hotline), E-Mail, persönlichem Kontakt, Datenbank oder über (anonymisierte) internetbasierte Meldesysteme wie etwa das Business Keeper Monitoring System (BKMS) erfolgen207. Eine zentrale Anlaufstelle bietet dabei den Vorteil einer eindeutigen Kompetenzzuordnung und Kompetenzbündelung. Die gesetzliche Regelung sollte sich folglich auf eine vom Arbeitgeber autorisierte und zur „internen“ Klärung zuständige Stelle beziehen. bb) Duldungsabsprachen Ein weiteres Problemfeld bilden Duldungsabsprachen, also Zusagen von Arbeitgebern gegenüber Arbeitnehmern mit Leitungsfunktion, dass sie bestimmte Missstände nicht beanstanden und mithin dulden. Macht ein Beschäftigter gegenüber seinem nicht kündigungsberechtigten Vorgesetzten auf einen Missstand aufmerksam und dieser behauptet, das Vorgehen sei mit dem Arbeitgeber abgespro206 Die Aufgabe eines Compliance Officers (als Leiter einer Compliance Abteilung) besteht darin, die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zu überwachen und unternehmensinterne Richtlinien zu entwickeln, zu implementieren und deren Einhaltung sicherzustellen. Oftmals sind zudem konzernweite Whistleblowing-Systeme an die Compliance Abteilung angebunden. 207 BASF, ABB Deutschland und Hochtief haben sich für eine Telefon-Hotline zur Entgegennahme von Hinweisen entschieden. Der Kontakt bei BASF erfolgt dabei über einen externen Rechtsanwalt, während Hinweise bei ABB und Hochtief in der Rechtsabteilung bzw. bei einem hausinternen Anwalt eingehen. Auch Daimler nimmt im sog. Business Practices Offices intern Hinweise über eine Hotline, das Intranet, per Post oder Fax entgegen. Das BKMS ist beim LKA Niedersachsen und bei der AOK Rheinland-Pfalz im Einsatz; vgl. Schönefeldt, PersF 2005, S. 36 ff.; zum BKMS auch Altenburg, BLJ 2008, S. 3 ff. Zunehmend werden die Kommunikationsmethoden von den Unternehmen kombiniert. So nutzt die Deutsche Bahn neben externen Ombudsleuten das BKMS, die Telekom und Bertelsmann haben darüber hinaus eine interne Hotline geschaltet.

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chen208, ist wie folgt zu differenzieren: Sollte der Arbeitgeber den Missstand tatsächlich kennen und billigen, ist dies ein Ausnahmetatbestand zum grundsätzlichen Vorrang der internen Abhilfe und ein externer Hinweis wäre zulässig. Sollte eine Duldungsabsprache hingegen nicht bestehen und hätte der Arbeitgeber folglich keine Kenntnis des Missstandes, rechtfertigt allein die Meldung gegenüber dem nicht kündigungsberechtigten Vorgesetzten ohne weiteren Versuch einer internen Klärung (gegenüber einem übergeordneten internen Adressaten) an sich noch keinen externen Hinweis. Vor dem Hintergrund, dass Prüfungen, ob eine entsprechende Duldungsabsprache tatsächlich besteht oder nicht, sehr umfassend sein können und unter Umständen ein eigenständiges Ermittlungsverfahren gegen die Geschäftsleitung oder den Geschäftsinhaber erfordern, bleibt zu klären, welche Anforderungen an eine Aufklärung der tatsächlichen Kenntnis des Arbeitgebers seitens des Beschäftigten zu stellen sind. Das BAG ist der Auffassung, allein die Behauptung einer Duldungsabsprache sei für einen externen Hinweis nicht ausreichend. Es sei vielmehr zu klären, ob eine solche tatsächlich besteht209. Dieser Ansicht ist jedoch nicht zu folgen. Umfassende Prüfungen hinsichtlich des Bestehens von Duldungsabsprachen würden die Beschäftigten unzumutbar belasten und wären teilweise für sie überhaupt nicht möglich210. Anstelle einer umfassenden Prüfung ist vielmehr zu fragen, ob der Beschäftigte Grund hatte, an der Erklärung seines Vorgesetzten, der Missstand sei vom Arbeitgeber gedeckt, zu zweifeln. Abzustellen ist dabei auf die Sicht eines verständigen Arbeitnehmers. Begründete Zweifel an einer Duldungsabsprache bestehen insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber Maßnahmen ergriffen hat, gegen Missstände und Unregelmäßigkeiten in seiner Organisation vorzugehen. Dazu gehören neben formalen Kontrollverfahren insbesondere neutrale Anlaufstellen, an die sich die Beschäftigten mit ihren Bedenken wenden können211. Denn sofern der Arbeitgeber durch die Einrichtung solcher Stellen zu erkennen gibt, dass er derartiges 208 Unproblematisch ist dagegen der Fall, dass dem Beschäftigten von einem kündigungsberechtigten Mitarbeiter gesagt wird, dass eine Duldungsabsprache bestehe. In diesem Fall hat der Beschäftigte die Anforderungen an einen internen Klärungsversuch erfüllt und kann sich nunmehr extern an die zuständige Behörde wenden. 209 BAG v. 03.07.2003, NZA 2004, S. 431. 210 Zudem sei auch die Arbeitsgerichtsbarkeit in einem späteren Prozess mit der Ermittlung systematisch kriminellen Verhaltens in einer Organisation regelmäßig überlastet; vgl. Rohde-Liebenau/Peter, AuR 2004, S. 429; dies., AiB 2004, S. 618 f. 211 Vgl. Bürkle, DB 2004, S. 2160 f.; Rohde-Liebenau/Peter, AuR 2004, S. 430. Es existieren weder deutsche noch europäische Vorgaben, die zur Errichtung interner Meldesysteme verpflichten. Der im Jahr 1998 durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG vom 05.03.1998, BGBl. I S. 786) eingeführte § 91 Abs. 2 AktG sieht lediglich vor, dass der Vorstand geeignete Maßnahmen zu treffen und ein Überwachungssystem einzurichten hat, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden können (Risikofrüherkennungssystem). Auch der Deutsche Corporate Governance Kodex i. d. F. vom 06.06.2008 erwähnt das Whistleblowing nicht; er sieht in Ziff. 4.1.4 lediglich vor, dass der Vorstand für ein angemessenes Risikomanagement und Risikocontrolling sorgen muss.

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Fehlverhalten nicht duldet und konsequent dagegen vorgehen wird, ist es dem Beschäftigten in aller Regel zumutbar, zunächst diese Möglichkeit der internen Klärung in Anspruch zu nehmen212. Andererseits wäre es unverhältnismäßig und für den Beschäftigten unzumutbar, in Organisationen ohne neutrale Anlaufstellen weitere Personen intern zu informieren. Eine entsprechende Differenzierung nach den vom Arbeitgeber ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung von Missständen ist sachgerecht. Der Vorrang einer internen Klärung begründet sich in den geschützten Rechtspositionen des Arbeitgebers und insbesondere darin, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, organisationsintern die erforderlichen Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Entsprechend sollte das Schutzbedürfnis von Arbeitgebern unterschiedlich danach ausgestaltet werden, inwiefern sie sich ihrerseits für die Aufklärung von Missständen durch die Errichtung von Kontrollsystemen einsetzen. Je umfassender eine Organisation interne Kontroll- und Meldesysteme zur Verfügung stellt, desto höhere Anforderungen sind an eine interne Klärung zu stellen. Umgekehrt dürfen keine hohen Anforderungen an einen internen Klärungsversuch gestellt werden, sofern der Arbeitgeber vollständig auf die Errichtung neutraler Anlaufstellen verzichtet. Im Ergebnis wird durch eine gesetzliche Regelung ein Anreiz für Organisationen geschaffen, interne Kontroll- und Meldesysteme einzuführen und dadurch interne Hinweise zu fördern213. Dabei gibt es allerdings keine einheitlichen Vorgaben, sondern jede Organisation hat eine Lösung anhand einer Vielzahl unternehmensindividueller Faktoren (wie etwa der Branche, der Unternehmensgröße, dem Internationalisierungsgrad und der Vorgeschichte im Unternehmen [frühere Missstände und Unregelmäßigkeiten]) zu finden. Neutrale Anlaufstellen sollten dabei sicherstellen, dass Hinweise vertraulich und ohne Furcht vor Sanktionen angebracht werden können, und durch zeitnahe Untersuchung und Rückmeldung an den Beschäftigten deutlich machen, dass die Unternehmensleitung Hinweise ernst nimmt und bemüht ist, Missstände aufzuklären214. 212 Vgl. Sauer, Personal 2005, S. 59; ders., DÖD 2005, S. 124; Gänßle, FA 2005, S. 69; Deiseroth, ZRP 2008, S. 251; Wisskirchen/Körber/Bissels, BB 2006, S. 1571; Gach/Rützel, BB 1997, S. 1963; Leisinger, S. 192; Wendeling-Schröder (1997), S. 231 f.; Ernst & Young, Fraud Risk Mitigation Survey 2007, S. 14. Kittner/Däubler/ Zwanziger-Däubler, § 1 KSchG Rn. 185 und Otto, AP 2005, Bl. 151 gehen unter Umständen sogar von einer „leichtfertigen Anzeige“ aus, sofern nahe liegende innerbetriebliche Erkundungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft wurden. 213 Ähnlich Rinck, Stellungnahme § 612a BGB, S. 7, der zu Recht erwägt, die datenschutzrechtlichen Bestimmungen dem gesteigerten, schutzwürdigen Interesse der Unternehmen anzupassen, interne Abhilfesysteme zu etablieren. 214 Vgl. Gach/Rützel, BB 1997, S. 1963. Zu organisationsinternen Whistleblowersystemen und ihren Kernelementen Leisinger, S. 171 ff.; Bürkle, DB 2004, S. 2160 f.; Schönefeldt, PersF 2005, S. 36 ff. sowie insbesondere vor dem Hintergrund des Datenschutzes Zimmermann, RDV 2006, S. 242 ff.; Breinlinger/Krader, RDV 2006, S. 60 ff.; Müller-Bonanni/Schell, ArbRB 2006, S. 299 ff. Vgl. auch Lampert, BB 2002, S. 2239 ff., dessen Beitrag sich zwar auf Competition-Compliance-Programme bezieht,

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cc) Wartezeiten Zu klären bleibt, wann der Beschäftigte davon ausgehen kann, dass mit einer angemessenen internen Reaktion nicht mehr zu rechnen ist. Dabei ist insbesondere darauf abzustellen, ob es zu einer zeitnahen Untersuchung und einer Rückmeldung an den Beschäftigten kam. In diesem Zusammenhang wird in England vereinzelt gefordert, gesetzliche Fristen für eine Rückmeldung an den Beschäftigten festzuschreiben215. Dies würde einer gesetzlichen Regelung jedoch die nötige Flexibilität nehmen. Fristregelungen, die einen zeitlichen Rahmen vorgeben und Handlungssicherheit gewähren, sind jedoch im Rahmen organisationsinterner Verfahrensvorschriften zu begrüßen. Die jeweils angemessene Wartefrist bestimmt sich im Einzelfall nach der Dringlichkeit, der Schwere der Rechtsgutsverletzung und der Größe der Organisation. Sofern eine Untersuchung nicht eingeleitet oder nicht in einem angemessenen Zeitrahmen durchgeführt wird oder eine zugesagte Abhilfe nicht (nach Ablauf einer angemessenen Zeit) erfolgt, muss dem Whistleblower eine Meldung gegenüber einer externen Stelle möglich sein. Gleiches gilt, sofern der Arbeitgeber infolge einer Untersuchung untätig bleibt oder den Whistleblower nicht über den Stand der Ermittlungen unterrichtet, wobei unter Umständen (insbesondere bei unmittelbaren Gefahren) eine Pflicht zur unverzüglichen Antwort bestehen kann216. Gerade der letzte Punkt ist von besonderer Bedeutung, da allein die fehlende Unterrichtung über den Stand der Ermittlungen für den Whistleblower ausreichen muss, eine nicht angemessene Abhilfe anzunehmen. Es geht folglich zu Lasten der Organisation, wenn der Whistleblower nicht über die Maßnahmen oder zumindest über den Zeitpunkt der zu erwartenden Mitteilung informiert wird. dd) Selbsthilfe und Arbeitsverweigerung Im Zusammenhang mit den Anforderungen an einen internen Klärungsversuch werden auch der Vorrang der Selbsthilfe217 sowie die Möglichkeit der Arbeitsverviele Elemente jedoch auf interne Meldesysteme übertragbar sind, sowie den zum zehnten Jahrestag des PIDA im Juli 2008 vom BSI veröffentlichten Code of Practice mit hilfreichen Anregungen zur Ausgestaltung von Whistleblowersystemen; British Standards Institution, Whistleblowing arrangements – Code of Practice (PAS 1998:2008), London 2008. 215 Lewis, (2001) 30 ILJ, S. 192. Die Flexibilität soll durch Ausnahmetatbestände gewährleistet werden, die dem Arbeitgeber erlauben, die Fristen durch schriftliche Mitteilung an den Beschäftigten zu verlängern. 216 Vgl. Kollmer, Rn. 241a; MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 70; Kollmer/Oppenauer, § 17 ArbSchG Rn. 21. 217 Hierzu etwa LAG BW v. 20.10.1976, EzA Nr. 8 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung [s. o. § 10 C.II.1.b)dd)]; Wlotzke, S. 751 f.; Hinrichs, S. 45; Müller, NZA 2002, S. 434.

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weigerung218 diskutiert. Eine große Bedeutung kommt diesen Abhilfemöglichkeiten jedoch nicht zu. Schon wegen der rein faktischen Begrenzung der Eingriffsmöglichkeiten einzelner Arbeitnehmer kommt Selbsthilfe oftmals nicht in Betracht. Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich der Arbeitnehmer tatsächlich ohne greifbare Nachteile selbst behelfen kann, da ihm die technischen Möglichkeiten und die erforderliche Sachkunde zur Verfügung stehen. Dabei dürfen jedoch keine hohen Anforderungen an eine Selbsthilfepflicht gestellt werden. Auch das Leistungsverweigerungsrecht bietet in den meisten Fällen keine befriedigende Lösung. Zum einen kann es nur von unmittelbar Betroffenen ausgeübt werden, zum anderen führt es selbst in diesen Fällen – zu denken ist an eine arbeitsschutzwidrige Weisung des Arbeitgebers – nicht zu einer dauerhaften Lösung219. d) Externe Adressaten Im Falle eines erfolglosen internen Abhilfeversuchs muss sich der Beschäftigte grundsätzlich an die zuständige Behörde wenden und darf nicht unmittelbar an die Öffentlichkeit gehen220. Eine entsprechende Wertung lässt sich bereits § 17 Abs. 2 S. 1 ArbSchG entnehmen. Sie begründet sich ferner aus der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht, da eine Behördenanzeige aufgrund der geringeren Publizität und der Verschwiegenheitspflicht von Amtsträgern ein milderes Mittel gegenüber einem Hinweis an die Öffentlichkeit darstellt. Insbesondere bei im Ergebnis haltlosen Vorwürfen wird der Arbeitgeber regelmäßig keinen Schaden erleiden, da weder Kunden noch Kreditgeber und Geschäftspartner von den Vorwürfen Kenntnis erlangen. Zudem gerät ein Hinweis an eine Stelle, die eine sachkundige, neutrale Prüfung sicherstellt und zur Verfolgung der erhobenen Vorwürfe berechtigt ist221. aa) Behörden Steht der Vorrang einer Behördenanzeige gegenüber einem Hinweis an die Öffentlichkeit fest, bleibt zu klären, worauf sich der Gesetzeswortlaut beziehen 218 Hierzu etwa BAG v. 05.02.1959, AP Nr. 10 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung [s. o. § 10 C.II.1.b)bb)]; Wlotzke, S. 747 ff.; Deiseroth, S. 292 ff. und S. 377 ff.; Wendeling-Schröder (1994), S. 112 ff. 219 Vgl. MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 70; Herbert/Oberrath, NZA 2005, S. 197; Müller, NZA 2002, S. 434; Preis/Reinfeld, AuR 1989, S. 372; Hinrichs, S. 45; Wlotzke, S. 751 f. Vgl. auch Denck, DB 1980, S. 2139 zur Unzumutbarkeit der Leistungsverweigerung in kleinen Betrieben. 220 Zu beachten ist, dass die zuständige Gewerkschaft keine „Öffentlichkeit“ in diesem Sinne, sondern Teil des arbeitsrechtlichen Korrekturverfahrens ist; ErfK/Dieterich, Art. 5 GG Rn. 37. 221 Vgl. Wendeling-Schröder (1997), S. 230; Rinck, Stellungnahme § 612a BGB, S. 2 f.

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sollte. Eine gesetzliche Regelung könnte in Anlehnung an Art. 17 GG einen Hinweis gegenüber der „zuständigen Stelle“ erlauben, so dass alle Stellen und Behörden öffentlich-rechtlicher Einrichtungen erfasst wären. Ähnlich bezieht sich § 612a BGB-E auf eine „zuständige außerbetriebliche Stelle“. Diese Formulierung hat jedoch zu Recht Kritik erfahren, da sie zu Missverständnissen einlädt222. Beschäftigte könnten beispielsweise Verbraucherschutzorganisationen oder sonstige Verbände als zuständige Stellen ansehen. Die Formulierung „zuständige Behörde“ unterstreicht dagegen die Beschränkung auf öffentlich-rechtliche Adressaten und schafft die nötige Klarheit223. Dabei ist nicht zwischen Strafverfolgungsbehörden und anderen Behörden zu differenzieren, da auf alle Behörden die gleichen Maßstäbe anzuwenden sind. Auch ist eine detaillierte Aufzählung der in Betracht kommenden Behörden nach dem Vorbild des englischen PIDA nicht erforderlich und angesichts der Vielgestaltigkeit der Lebensbereiche auch kaum möglich. Behörden haben Hinweise im Rahmen ihrer Zuständigkeit, die sich aus den jeweiligen Zuständigkeitsregelungen ergibt, entgegenzunehmen, zu prüfen und das Ergebnis dem Beschäftigten mitzuteilen. Unzuständige Stellen haben den Whistleblower an die zuständige Stelle zu verweisen. Nach dem Opportunitätsprinzip liegt es jedoch im Ermessen der Behörde, „ob“ und „wann“ sie ein Eingreifen für erforderlich hält, so dass der Whistleblower grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf ein Einschreiten der Behörde hat. Vereinzelt wird in der Literatur die Gründung einer zentralen, bundeseinheitlichen Anlaufstelle zur Entgegennahme externer Hinweise vorgeschlagen224. Eine solche hätte den Vorteil, die Kompetenz im Umgang mit Whistleblowern und bei der Entgegennahme von Hinweisen zu bündeln. Sie könnte, wie auch externe Ombudsleute, die Informationen aus- und bewerten und sie sodann mit ihrer Einschätzung an die zuständige Stelle mit Ermittlungs- und Einschreitungskompetenzen weiterleiten. Aufgrund ihrer zentralen Stellung könnte sie wichtige Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit leisten und würde zudem einen höheren Bekanntheitsgrad genießen als vereinzelte Hotlines oder Meldesysteme auf Landesoder Kommunalebene. Neben Schwierigkeiten aufgrund der unterschiedlich gelagerten Bund-Länder-Kompetenzen spricht jedoch ein rein praktisches Argument gegen eine entsprechende Superbehörde zur Entgegennahme von Behördenanzeigen: Designierte Adressaten von Hinweisen müssen nicht nur im Umgang mit Whistleblowern geschult sein, sondern bedürfen einer besonderen Sach- und 222

Rinck, Stellungnahme § 612a BGB, S. 2 f.; BRAK, Stellungnahme § 612a BGB,

S. 6. 223

So auch in § 17 Abs. 2 S. 1 ArbSchG. Vgl. Falter, Stellungnahme § 612a BGB, S. 4 f.; in England Lewis/Homewood, (2004) 5 Web JCLI; Lewis, (2001) 30 ILJ, S. 192. Vgl. auch Rohde-Liebenau, Stellungnahme § 612a BGB, S. 43 ff., der sich aus Gründen der besseren Erreichbarkeit für fünf bis sieben regionale Anlaufstellen ausspricht. 224

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Fachkenntnis, damit sie die Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit des Vorwurfs beurteilen können. Insofern wären innerhalb einer zentralen Behörde wiederum zahlreiche Unterabteilungen für die verschiedenen Hinweise zu bilden. Sachdienlicher wäre der Zusammenschluss verschiedener Aufsichtsbehörden oder die Errichtung zentraler Stellen bei Berufsvereinigungen oder Verbänden225. bb) Öffentlichkeit Aufgrund des besonderen Konflikts mit der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht kann die Flucht in die Öffentlichkeit, insbesondere die Einschaltung der Presse, nur unter engen Voraussetzungen zulässig sein: Die weitere Öffentlichkeit darf nur informiert werden, wenn dies zum Schutz von wichtigen Rechtsgütern der Allgemeinheit erforderlich ist oder sonst ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an der Veröffentlichung besteht. In einer unmittelbaren Einschaltung der Presse wird dabei regelmäßig eine Nebenpflichtverletzung des Arbeitsvertrags liegen. Wenn hingegen Arbeitgeber und zuständige Behörde nicht oder nur unzureichend abhelfen oder keine Abhilfe schaffen können, muss der Gang an die Öffentlichkeit als letztes Mittel zulässig sein226. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Arbeitgeber die Verhängung von Geldstrafen bewusst in Kauf nimmt, um höhere Umweltschutzausgaben zu sparen227. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sind dabei die tatsächlichen Auswirkungen auf den Arbeitgeber entscheidend. Zugunsten des Beschäftigten ist es zu werten, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines Hinweises keine (zusätzliche) erhebliche Rufschädigung erleidet228. Im Gegensatz dazu wird die Einschaltung der Presse regelmäßig unverhältnismäßig sein, wenn die Auswirkungen einer Rechtsverletzung nur minimal sind. Denn aufgrund der erheblichen Konsequenzen für den Arbeitgeber muss in diesen Fällen bei einer Abwägung das vom Arbeitnehmer verfolgte Ziel gegenüber der Beeinträchtigung der Arbeitgeberinteressen zurücktreten229. Diese Grundsätze spiegeln weitgehend die Rechtsprechung zu Hinweisen gegenüber den Medien wider. Zwar haben die Bundesgerichte allgemeingültige Aussagen bislang vermieden, in einzelnen Entscheidungen kommt jedoch zum Ausdruck, dass auch ein Hinweis an die Presse zum Schutz von wichtigen 225 Vgl. Weber-Rey, AG 2006, S. 408 ff. und Berndt/Hoppler, BB 2005, S. 2628 f. zur Gründung brancheninterner Selbstregulierungsorganisationen, mit denen aufgrund der Flexibilität und der Markt- und Sachnähe zumeist pragmatische und sachadäquate Lösungen gefunden werden und die Akzeptanz der Betroffenen einhergeht. 226 Etwa ErfK/Dieterich, Art. 5 GG Rn. 37; Kittner/Däubler/Zwanziger-Däubler, Art. 5 GG Rn. 17; Stahlhacke/Preis, Rn. 693; MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 71; Herbert/Oberrath, NZA 2005, S. 198 f.; Preis/Reinfeld, AuR 1989, S. 373. 227 Vgl. Froschauer, S. 153 f. 228 Richtig LAG Frankfurt a. M. v. 17.04.1989, S. 45, 11 Sa 1357/88 (unveröffentlicht). 229 Vgl. MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 71.

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Rechtsgütern der Allgemeinheit als letztes Mittel zulässig sein muss. In der öffentlichen Diskussion wird das Whistleblowing hingegen oftmals undifferenziert mit Hinweisen an die Öffentlichkeit gleichgesetzt und vor den schwerwiegenden Folgen negativer Schlagzeilen gewarnt. Zur Verdeutlichung des Ausnahmecharakters von Hinweisen gegenüber der Öffentlichkeit wird die gesetzliche Normierung einer dritten Stufe in einem neuen Absatz 3 in Anlehnung an den englischen PIDA230 angeregt. Als Orientierungshilfe für die Beschäftigten und die Gerichte sind dabei verschiedene Kriterien aufzuzählen, die bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit heranzuziehen sind. Durch eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung soll sichergestellt werden, dass die Interessen der Arbeitgeber, des Arbeitnehmers und der Öffentlichkeit im Einzelfall angemessen ausgeglichen werden. (3) Der Arbeitnehmer darf sich an die Öffentlichkeit wenden, wenn dies zum Schutz von wichtigen Rechtsgütern der Allgemeinheit erforderlich ist. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit sind insbesondere die vorangegangenen Klärungsversuche, der Adressat der Information, die Erheblichkeit der Rechtsgutsverletzung und die Rechte Dritter zu berücksichtigen. 2. Anonymität In Anbetracht der potentiell schwerwiegenden Konsequenzen für Whistleblower und der fehlenden Rechtsklarheit ist es nicht verwunderlich, dass immer wieder Hinweise anonym erfolgen231. Insbesondere in den USA verspricht man sich durch anonym nutzbare Whistleblowingsysteme eine größere Akzeptanz der Verfahren, da sich potentielle Whistleblower aufgrund ihrer Anonymität vor negativen Konsequenzen am Arbeitsplatz besser geschützt fühlen. Sie werden durch Section 301 Abs. 4 Sarbanes-Oxley Act (SOX), der U.S.-börsennotierte Unternehmen zur Errichtung entsprechender Verfahren verpflichtet, nunmehr sogar bewusst zur Förderung von Hinweisen eingesetzt. In England und Deutschland steht man der Verwendung anonym nutzbarer Whistleblowingsysteme dagegen kritisch gegenüber, da sie zahlreiche rechtliche und praktische Schwierigkeiten mit sich bringen. Ein anonymer Hinweis nimmt dem von der Meldung Betroffenen die Möglichkeit, sich in einem rechtsstaatlichen Verfahren gegen eine etwaige Verleumdung zur Wehr zu setzen; er hat jedoch ein berechtigtes Interesse an der Offenlegung

230 Vgl. Section 43G und 43H ERA. Für eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, sich an die Öffentlichkeit zu wenden, auch Deiseroth, ZRP 2008, S. 251. 231 Ernst & Young, Fraud Risk Mitigation Survey 2007, S. 13. Vgl. auch Schönefeldt, PersF 2005, S. 36 und Behrendt/Kaufmann, CR 2006, S. 648, die die Bedeutung von anonymen Hinweisen in Deutschland vor dem Hintergrund fehlender Schutzvorschriften hervorheben.

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der über ihn erhobenen Daten sowie an fairen Verfahrensgrundsätzen232. Immer wieder werden zudem Zweifel an den Motiven anonymer Whistleblower geäußert, und es wird die Begünstigung von Missbrauch und Denunziantentum eingewendet, die aufgrund der ständigen Verdächtigung zu einer Verschlechterung des sozialen Klimas unter den Mitarbeitern führen könne233. Im Rahmen der praktischen Schwierigkeiten ist es – zumindest mit herkömmlichen Methoden – nicht möglich, missverständliche Informationen zu klären und zusätzliche Informationen zu erfragen234. Schließlich werden (insbesondere kleinere) Organisationen ohnehin nicht sicherstellen können, dass trotz eines anonymen Hinweises die Identität des Whistleblowers nicht auf anderem Weg bekannt wird235. Eine gesetzliche Verpflichtung zu anonym nutzbaren Whistleblowingsystemen nach dem Vorbild des SOX ist jedenfalls abzulehnen236. Dafür sprechen zum einen die rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten, zum anderen die generelle Überlegung, dass es Teil der unternehmerischen Selbstregulierung bleiben sollte, welche Maßnahmen aufgrund der Struktur und Größe einer jeweiligen Organisation angemessen und erforderlich sind. Bei einer Entscheidung für die freiwillige Implementierung anonym nutzbarer Meldesysteme sind jedenfalls die datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten. Dabei sind insbesondere die Stellungnahmen der EU-Datenschutzgruppe237, der Arbeitsgruppe „Beschäftigtendatenschutz“ des Düsseldorfer Kreises238 und der französischen Datenschutzaufsichts232 Vgl. Breinlinger/Krader, RDV 2006, S. 65; Scheuerl, Stellungnahme § 612a BGB, S. 14. 233 Vgl. Mahnhold, NZA 2008, S. 739; Breinlinger/Krader, RDV 2006, S. 65; Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 641. Dem ist jedoch zu entgegnen, dass bösgläubige Hinweise die Ausnahme und in aller Regel leicht zu identifizieren sind; so auch Hearn, (1999) Management Accounting, S. 36. Ähnlich Ernst & Young, Fraud Risk Mitigation Survey 2007, S. 14. 234 Vgl. Leisinger, S. 91; Mahnhold, NZA 2008, S. 740; Callahan/Dworkin, 32 Am. Bus. L.J. (1994), S. 168 m.w. N. Diesen Bedenken kann jedoch durch neuere Technologien, insbesondere durch verschlüsselte Online Briefkästen, begegnet werden, die eine anonyme Kommunikation ermöglichen. 235 Vgl. Callahan/Dworkin/Fort/Schipani, 40 Am. Bus. L.J. (2002), S. 206 f. (Fn. 187); Lewis, (2007) 36 ILJ, S. 225. 236 Vgl. auch Weber-Rey, AG 2006, S. 407 ff., die sich unabhängig von dem Anonymitätserfordernis gegen eine Verpflichtung zur Errichtung interner Meldesysteme ausspricht und die Gefahr der Überreglementierung hervorhebt. A.A. in England Lewis, (1998) 27 ILJ, S. 330; ders., (2005) 155 NLJ, S. 14 und Hobby, S. 38 f., die eine gesetzliche Verpflichtung befürworten. 237 Stellungnahme 1/2006 der Art. 29-Datenschutzgruppe v. 01.02.2006, WP 117, S. 11 ff. Die Arbeitsgruppe ist ein unabhängiges EU-Beratungsgremium und setzt sich aus den Datenschutzbeauftragten der 25 EU-Mitgliedstaaten zusammen. Der Stellungnahme folgte ein mehrmonatiger Briefwechsel mit der SEC. Die Parteien versäumten es jedoch, das Spannungsverhältnis zwischen dem europäischen Datenschutzrecht und dem SOX aufzulösen; vgl. zum Briefwechsel Zimmermann, WM 2007, S. 1062 ff. 238 Arbeitsbericht, Whistleblowing-Hotlines: Firmeninterne Warnsysteme und Beschäftigtendatenschutz, S. 4 f., April 2007. Der Düsseldorfer Kreis ist eine Vereinigung der obersten Aufsichtsbehörden, die in Deutschland die Einhaltung des Datenschutzes

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behörde CNIL239 zu berücksichtigen, die sich dafür ausgesprochen haben, die anonyme Nutzbarkeit von Whistleblowingsystemen – wenn überhaupt – nur subsidiär zu anderen Meldearten zu ermöglichen. Diese Stellungnahmen sind formal nicht verbindlich, gelten in der Praxis aber mangels gerichtlicher Vorgaben als wichtige Richtlinien für ein gesetzeskonformes Verhalten. Anlass für die Stellungnahmen war das Spannungsverhältnis zwischen der nach Section 301 Abs. 4 SOX geforderten Einführung anonym nutzbarer Whistleblowingsysteme und dem Erfordernis, den Vorgaben der europäischen Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/ 46/EG) zu genügen. Mit der Meldung von Verstößen gehen die Erhebung, Übermittlung und Speicherung von personenbezogenen Daten einher, da Angaben über die beschuldigte Person, die (angeblichen) Verhaltensverstöße sowie die entsprechenden Sachverhalte erfasst werden. In Deutschland beurteilt sich die datenschutzrechtliche Zulässigkeit eines Meldeverfahrens nach den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Die Stellungnahme des Düsseldorfer Kreises bezog sich noch auf § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG, wonach die Erhebung von Daten zur Wahrung berechtigter Interessen des Unternehmens erforderlich ist und schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht überwiegen dürfen240. Ein solches berechtigtes Interesse der Unternehmen erkannte der Düsseldorfer Kreis bei Hinweisen an, die sich auf Verhaltensweisen beziehen, die einen sich gegen das Unternehmensinteresse richtenden Straftatbestand erfüllen241 oder gegen Menschenrechte oder Umweltschutzbelange verstoßen242. Als entgegenstehende schutzwürdige Interessen der belasteten Personen nennt der Düsseldorfer Kreis insbesondere die Gefahr der Viktimisierung und Stigmatisierung, wobei anonyme Anzeigen Missbrauch und Denunziantentum zusätzlich begünstigen würden243. In der Literatur244 wird daher teilweise empfohlen, die Anonymität zwar im nicht-öffentlichen Bereich überwachen. Der Bericht zeigt die rechtlichen Grundlagen für Whistleblowing-Hotlines und gibt Empfehlungen für eine datenschutzgerechte Realisierung. 239 Richtlinie der Commission nationale de l’informatique et des libertés (CNIL) v. 10.11.2005. Handlungsbedarf war dadurch entstanden, dass die CNIL im Mai 2005 die Whistleblowinghotlines von McDonald’s und CEAC (Compagnie Européenne d’Accumulateurs), die zur Erfüllung der SOX Anforderungen eingeführt wurden, datenschutzrechtlich für unwirksam erklärt hatte; CNIL Entscheidung Nr. 2005-110 v. 26.05.2005 (McDonald’s) und CNIL Entscheidung Nr. 2005-111 v. 26.05.2005 (CEAC [Exide Technologies]). 240 Seit September 2009 gilt für Beschäftigungsverhältnisse der speziellere § 32 BDSG; vgl. Wybitul, BB 2009, S. 1582 ff.; Reufels/Deviard, CCZ 2009, S. 206 ff. Weitere Änderungen des Beschäftigtendatenschutzes sind geplant, vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 15.12.2010 zum „Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes“. 241 Insbesondere Betrug und Fehlverhalten in Bezug auf die Rechnungslegung sowie interne Rechnungslegungskontrollen, Wirtschaftsprüfungsdelikte, Korruption, Bankenund Finanzkriminalität sowie verbotene Insidergeschäfte. 242 Arbeitsgruppe „Beschäftigtendatenschutz“ des Düsseldorfer Kreises, S. 3. 243 Arbeitsgruppe „Beschäftigtendatenschutz“ des Düsseldorfer Kreises, S. 3 ff.

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zu ermöglichen, diese aber nicht gezielt zu fördern. Dem ist jedoch zu entgegnen, dass ein Meldesystem, welches die Anonymität zwar ermöglicht, auf eine solche Modalität aber nicht hinweist, nur schwer als SOX-konform zu betrachten ist. Zumindest an U.S.-amerikanischen Börsen gelistete Unternehmen, die dem Geltungsbereich des SOX unterfallen, sollten beim Anonymitätserfordernis keine Abstriche machen und vielmehr ein datenschutzrechtlich zulässiges, anonym nutzbares Meldesystem ausgestalten245. Eine datenschutzgerechte Gestaltung erfordert, dass personenbezogene Daten nur für festgelegte eindeutige Zwecke erhoben und nicht in einer damit nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet oder genutzt werden (§ 32 BDSG). Zudem sind die Unterrichtungs- (§ 33 BDSG) und Auskunftspflichten (§ 34 BDSG) zu beachten, die jedoch nicht bestehen, wenn die Daten wegen eines überwiegenden rechtlichen Interesses einer dritten Person geheim gehalten werden müssen246. Demnach kann ein Unternehmen eine Unterrichtung aufschieben und eine Auskunft verweigern, wenn ein erhebliches Risiko besteht, dass die Fähigkeit des Unternehmens zur wirksamen Untersuchung des Vorwurfs oder zur Sammlung der erforderlichen Beweise gefährdet wäre. Schließlich sind die in § 35 BDSG normierten Anforderungen zur Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten zu beachten. Fraglich bleibt, welchen Schutz anonyme Whistleblower genießen, deren Identität später bekannt wird. Sofern der Arbeitgeber im Rahmen des internen Risikomanagements ein anonym nutzbares Meldesystem eingeführt hat, konkretisiert er damit die Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer dahingehend, dass die anonyme Benutzung des Systems keinen Verstoß gegen die Nebenpflichten enthält247. Aber auch bei anonymen externen Hinweisen sind an den Schutz des Whistleblowers vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen die gleichen Anforderungen wie bei offenen Hinweisen zu stellen248. Ein gesetzlich ausdrücklich verankertes Recht auf die Erstattung anonymer Anzeigen ist nicht erforderlich.

244 Mahnhold, NZA 2008, S. 743; Müller-Bonanni/Schell, ArbRB 2006, S. 300; Wisskirchen/Körber/Bissels, BB 2006, S. 1570. 245 Zimmermann, WM 2007, S. 1064; ders., RDV 2006, S. 242 f. Vgl. auch Reufels/ Deviard, CCZ 2009, S. 204; Behrendt/Kaufmann, CR 2006, S. 648 und Bürkle, DB 2004, S. 2161. Mengel/Hagemeister, BB 2007, S. 1389 sprechen sich ebenfalls für die Zulässigkeit anonymer Whistleblower-Hotlines aus, weisen jedoch darauf hin, dass eine restriktive Rechtsprechung nicht auszuschließen ist. 246 § 33 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BDSG bzw. § 34 Abs. 4 i.V. m. § 33 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BDSG. 247 Zur Konkretisierung der arbeitsvertraglichen Verhaltenspflichten bei Whistleblowersystemen Wisskirchen/Körber/Bissels, BB 2006, S. 1571. 248 Für den Schutz der Anonymität auch Gach/Rützel, BB 1997, S. 1963 sowie Rohde-Liebenau, AuR 2006, S. 379, der an anderer Stelle jedoch aufgrund der Vielzahl von Schwierigkeiten grundsätzlich von anonymer Kommunikation abrät; Rohde-Liebenau, S. 33.

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V. Gutgläubigkeit und Motive 1. Gutgläubigkeit Fraglich ist, in welchem Umfang Beschäftigte bei sachlich unberechtigten Hinweisen zu schützen sind, d.h. wenn sich der angezeigte Sachverhalt tatsächlich nicht – wie in der Anzeige beschrieben – ereignet hat. In diesen Fällen erscheint es nicht sachgerecht, die arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber dem redlichen Arbeitgeber zu reduzieren. Dennoch zeigt der Blick auf andere Rechtsgebiete und die englisch-amerikanischen Schutzinstrumente, dass der Irrende nicht schutzlos stehen darf, wenn auch ein verständiger Arbeitnehmer dem Irrtum erlegen wäre. Es würde eine unzulässige Risikoverteilung zu Lasten des Beschäftigten enthalten, wenn diesem über das Risiko der Redlichkeit hinaus das volle Risiko der Wahrheit auferlegt würde249. Denn für den (potentiellen) Whistleblower, bei dem ein umfassender juristischer Sachverstand regelmäßig nicht erwartet werden darf, ist es häufig nur schwer einzuschätzen, ob eine Handlung tatsächlich gegen ein Gesetz verstößt oder nicht. Dies gilt umso mehr für Bereiche, bei denen der Grad zwischen (noch) zulässiger Sachverhaltsgestaltung und (bereits) gesetzeswidriger Handlung ein sehr schmaler ist250. Zu denken ist etwa an die Annahme und Vergabe von Geschenken und Einladungen im Geschäftsverkehr. Während z. B. ein Schirm mit Firmenlogo als Werbegeschenk in der Regel unbedenklich ist, erweist sich die Zulässigkeit einer Einladung zur Fußball-WM bereits als problematisch. Es ist folglich darauf abzustellen, inwiefern der Beschäftigte die Unrichtigkeit seiner Vorwürfe hätte erkennen können. Bei wissentlich unwahren oder leichtfertig falschen Angaben251, insbesondere bei bloßen Vermutungen oder Gerüchten, die weiter getragen werden, ist der Anzeigende nicht schutzbedürftig; etwas anderes gilt hingegen bei nur leichter Fahrlässigkeit252. Abzustellen ist auf die objektive ex-ante Sicht eines verständigen Arbeitnehmers253, so dass es auf den Ausgang eines Strafverfahrens oder das Ergebnis einer organisationsinternen oder behördlichen Untersuchung nicht ankommt254.

249 Vgl. etwa Müller, NZA 2002, S. 436; Stein, BB 2004, S. 1963; Herbert/Oberrath, NZA 2005, S. 197 f.; Wendeling-Schröder (1997), S. 232; Hinrichs, S. 52. Auch vor dem Hintergrund dieser Risikoverteilung ist Arbeitgebern zu raten, organisationsinterne neutrale Anlaufstellen zu schaffen. 250 Berndt/Hoppler, BB 2005, S. 2624; Weber-Rey, AG 2006, S. 407. 251 BVerfG v. 02.07.2001, NZA 2001, S. 890. 252 Vgl. etwa Gach/Rützel, BB 1997, S. 1959 f.; Otto, AP 2005, Bl. 151; a. A. Preis/ Reinfeld, AuR 1989, S. 370, die die Wertung des § 824 BGB heranziehen wollen. 253 So bereits LAG Frankfurt v. 14.02.1991, LAGE § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 31 = NZA 1992, S. 124. 254 Richtig BAG v. 07.12.2006, NZA 2007, S. 504; LAG Frankfurt v. 14.02.1991, NZA 1992, S. 124; Deiseroth, Stellungnahme § 612a BGB, S. 14

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3. Teil: Whistleblowing in Deutschland

Zu klären bleibt, welche Nachforschungs- und Prüfungspflichten den Beschäftigten treffen, bevor er auf einen Missstand aufmerksam macht. Das LAG Frankfurt hielt eine Anzeige für leichtfertig, als ein Beschäftigter objektiv unrichtige Behauptungen deshalb aufgestellt hatte, weil er sie nicht einmal in einem ihm unter den konkreten Umständen persönlich zumutbaren Umfang vorher auf ihre Richtigkeit hin überprüft hatte255. Zu Recht ist von den Beschäftigten eine sorgfältige und gewissenhafte Prüfung im Rahmen ihres Erfahrungshorizonts und ihrer Informationsbeschaffungsmöglichkeiten zu erwarten256. Dies ergibt sich aus der Verpflichtung, die Interessen des Arbeitgebers zu wahren und keine unberechtigten Vorwürfe oder haltlosen Verdächtigungen zu erheben. Auf der anderen Seite dürfen etwaige Nachforschungen ihrerseits nicht zur Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten führen und sollten folglich nicht in der Arbeitszeit erfolgen oder gegen Gesetze oder organisationsinterne Vorschriften verstoßen. Zudem kann von den Beschäftigten keine Vorwegnahme einer Prüfung verlangt werden, die regelmäßig erst im Rahmen einer organisationsinternen Untersuchung, eines behördlichen Verfahrens oder der gerichtlichen Überprüfung stattfindet257. Im Ergebnis treffen den Arbeitnehmer folglich Sorgfaltspflichten, die sich jedoch im Rahmen des ihm Zumutbaren halten müssen258. § 612a BGB-E stellt durchgängig darauf ab, dass ein Arbeitnehmer „auf Grund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung“ ist, dass gesetzliche Pflichten verletzt werden. Nach der Begründung ist das so zu verstehen, dass dem Arbeitnehmer „konkrete Umstände bekannt sein [müssen], die objektiv eine Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Missstandes ergeben; bloße Mutmaßungen oder theoretische Überlegungen reichen nicht aus“ 259. Die Formulierung wurde als unbestimmt kritisiert: Sie könne dahingehend verstanden werden, dass es auf die rein subjektive Auffassung des Arbeitnehmers ankomme oder schon geringste Anhaltspunkte für das Anzeigerecht genügen260. Dem ist zu entgegnen, dass die Formulierung bereits im Rahmen von § 17 Abs. 2 S. 1 ArbSchG verwendet wird, wonach es erforderlich ist, dass der Beschäftigte subjektiv von dem Fehlverhalten überzeugt ist und für diese Annahme konkrete, mithin objektive Anhaltspunkte 255 LAG Frankfurt v. 14.02.1991, LAGE § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 31. Vgl. auch LAG Hamm v. 28.11.2003, NZA-RR 2004, S. 475 ff., nach dessen Ansicht die Strafanzeige gegen den Geschäftsführer wegen der nach den Umständen „völlig lebensfremden“ Möglichkeit eines Mordauftrages zur Beseitigung eines missliebigen Arbeitnehmers leichtfertig erfolgte, da der Arbeitnehmer in keiner Weise versucht hatte, intern die Hintergründe der Äußerung des Geschäftsführers zu klären. 256 Vgl. auch Leisinger, S. 82 ff. 257 Hinrichs, S. 52. 258 Vgl. Gach/Rützel, BB 1997, S. 1960; Hinrichs, S. 51 f. 259 BMAS/BMELV/BMJ, Vorschlag für eine gesetzliche Verankerung des Informantenschutzes für Arbeitnehmer im Bürgerlichen Gesetzbuch, Berlin 2008, S. 4. 260 Vgl. Scheuerl, Stellungnahme § 612a BGB, S. 7; Rinck, Stellungnahme § 612a BGB, S. 2. A.A. Strack, Stellungnahme § 612a BGB, S. 38 f., nach dessen Ansicht die Formulierung zu Lasten des Whistleblowers geht.

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bestehen261. Um jedoch Missverständnissen vorzubeugen und klarzustellen, dass aus Sicht eines verständigen Arbeitnehmers objektive Anhaltspunkte bestehen müssen, ist die Formulierung wie folgt zu ergänzen: „auf Grund konkreter Anhaltspunkte der begründeten Auffassung“. Damit wird der Schutz auch dann gewährleistet, wenn sich später herausstellt, dass das Verhalten gesetzeskonform war, der Whistleblower jedoch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände aus Sicht eines verständigen Arbeitnehmers das Gegenteil annehmen durfte. 2. Motive a) Verfolgung sachfremder Ziele Inwiefern über das Kriterium der Gutgläubigkeit hinaus auch die Motive des Whistleblowers zu beachten sind, ist umstritten. Dabei geht es um die Frage, ob die Verfolgung sachfremder Ziele, etwa aus Rache oder in Schädigungsabsicht, schon allein die Pflichtwidrigkeit des Handelns begründen kann. Nicht Gegenstand des Motivationskriteriums sind hingegen bewusst unwahre und leichtfertige Hinweise, da diese bereits im Rahmen der Gutgläubigkeit ihren Schutz verlieren. Zum Teil wird – wie auch überwiegend in den USA – vertreten, dass Motive nicht in die Beurteilung einfließen sollen, da auch Hinweise aus sachfremden Motiven letztlich zur Aufdeckung und Beseitigung von Missständen im öffentlichen Interesse beitragen262. Eine andere Ansicht – so auch das BAG und der Court of Appeal in England – spricht sich dafür aus, Hinweisen zur Verfolgung sachfremder Ziele den Schutz abzuerkennen263. Wieder andere schlagen eine Differenzierung nach der Berechtigung der Anzeige vor: Sofern es sich um eine sachlich berechtigte Anzeige handelt, sind die Motive des Arbeitnehmers unerheblich, da das öffentliche Interesse an der Aufdeckung von Missständen überwiegt. Ist der angezeigte Missstand hingegen nicht gegeben und wurde er irrig angenommen, gewinnt auch die Frage nach dem Motiv an Bedeutung, und ein zu missbilligendes Motiv wirkt sich im Abwägungsprozess zu Lasten des Arbeitnehmers aus264. 261

Vgl. oben § 10 C.II.1.b)aa). Etwa Gewerkschaft NGG, Stellungnahme § 612a BGB, S. 4 f. Auch Rohde-Liebenau/Peter, AuR 2004, S. 430 kritisieren das Kriterium der Motivation als praktisch nicht handhabbar und überflüssig. Ebenso kritisch Wendeling-Schröder, RdA 2004, S. 377, nach dessen Ansicht die Motivation jedenfalls bei gewichtigen Gemeinschaftsinteressen nachrangig ist. 263 Vgl. BAG v. 04.07.1991, RzK I 6a Nr. 74 (Steueranzeige-Fall); BAG v. 03.07. 2003, NZA 2004, S. 430; LAG Köln v. 07.01.2000, RDV 2000, S. 226 f.; ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 717; KR/Griebeling, § 1 KSchG Rn. 428; Stahlhacke/Preis, Rn. 691; MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 70; Hinrichs, S. 52; Herbert/Oberrath, NZA 2005, S. 198; Preis/Reinfeld, AuR 1989, S. 372. 264 Vgl. Müller, NZA 2002, S. 436; Cavico, 45 S. Tex. L. Rev. (2004), S. 641. Ähnlich Gach/Rützel, BB 1997, S. 1960. 262

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3. Teil: Whistleblowing in Deutschland

Im englischen Teil wurde erarbeitet, dass eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Allgemeinheit zu dem Ergebnis führt, dass die Motive des Whistleblowers bei tatsächlich bestehenden Missständen ohne Beachtung bleiben müssen265. Diese Grundsätze sind auf das deutsche Recht übertragbar. Das öffentliche Interesse an der Aufdeckung von Missständen muss in diesen Fällen überwiegen. Werden objektiv die richtigen Ziele mit einem Hinweis erreicht (zu denken ist etwa an eine Person, die durch ihre Anzeige Menschenleben rettet), muss der Whistleblower unabhängig von seinen Motiven Schutz vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen genießen. Zwar ist auch beim Whistleblowing – wie bei jeder Rechtswahrnehmung – ein Missbrauch grundsätzlich möglich. Der Missbrauchsgefahr wird jedoch durch das vertragliche Rücksichtnahmegebot (§ 241 BGB) und die Anwendung des § 242 BGB auf treuwidrige Hinweise sowie die Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB bei sittenwidriger Schädigung in angemessener Weise begegnet266. Ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal der Motivation ist demnach abzulehnen. § 612a BGB-E enthält keine Ausführungen zu der Motivation des Arbeitnehmers. Daraus lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die Motivation unbeachtlich wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das BAG entsprechend seiner Rechtsprechung im Steueranzeige-Fall267 auch künftig die Schutzbedürftigkeit von Hinweisen verneinen würde, die der Verfolgung sachfremder Ziele dienen268. Eine klare Positionierung des Gesetzgebers ist daher erforderlich. Dabei ist eine gesetzliche Regelung, die die Nichtbeachtung der Motive feststellt, ungeeignet. Vorzugswürdig ist es, in der Gesetzesbegründung unmissverständlich hervorzuheben, dass die Motive bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Hinweises nicht zu beachten sind. b) Finanzielle Anreize Inwiefern für einen finanziell motivierten Hinweis Besonderheiten gelten, wurde bislang kaum diskutiert. Die Ausführungen zum U.S.-amerikanischen False Claims Act und die Debatte um die Liechtensteiner Steueraffäre269 haben 265

Vgl. oben § 8 A.II.1.b)bb). So auch Deiseroth, ZRP 2008, S. 251. Aus den allgemeinen Wertungen ergibt sich zudem, dass eine Anzeige nicht in erheblich missbilligenswerter Form erstattet werden darf. Verstöße gegen die auch außerhalb von Arbeitsverhältnissen zu beachtenden Vorschriften, insbesondere die Strafbestimmungen zum Schutz der Ehre, sind nicht schützenswert; vgl. etwa Hinrichs, S. 52; Herbert/Oberrath, NZA 2005, S. 198; Gach/ Rützel, BB 1997, S. 1960; Colneric, AiB 1987, S. 266. 267 BAG v. 04.07.1991, RzK I 6a Nr. 74 [s. o. § 10 C.II.1.b)cc)]. 268 Rinck, Stellungnahme § 612a BGB, S. 3 spricht sich für die Beibehaltung der vom BAG aufgestellten Grundsätze aus und plädiert dafür, dass diese Grundsätze auch im Wortlaut der gesetzlichen Regelung ihren Ausdruck finden, damit Zweifelsfälle vermieden und zur Rechtsklarheit beigetragen werden kann. 269 Zu den Ermittlungen in Sachen Liechtenstein vgl. Sieber, NJW 2008, S. 881 ff. 266

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die Problematik finanzieller Anreize verdeutlicht. Erwähnenswert ist zudem, dass seit März 2008 die Firma Steuerverrat.de gewerblich im Bereich der Vermittlung von Beweismaterial tätig ist. Als solche nimmt sie Hinweise aus dem Bereich der Steuerhinterziehung oder der Wirtschaftskriminalität (z. B. Subventions- oder Kreditbetrug, Hinterziehung von Sozialleistungen oder Bilanzmanipulationen zum Nachteil des Finanzamts) von Informanten entgegen, wertet Beweise aus und bietet sie den Behörden an. Von einer etwaig erzielten „Belohnung“ für den Informanten behält sie einen Anteil von 15 Prozent ein. Eine gesetzliche Regelung nach dem Vorbild des U.S.-amerikanischen False Claims Act ist abzulehnen. Zum einen sieht der FCA eine Popularklagemöglichkeit vor, die zur amerikanischen Eigenheit der privaten Rechtsverfolgung gehört. Sie ist in Deutschland nur in Ausnahmefällen zugelassen und würde der Neutralität, Unabhängigkeit und Integrität der Strafverfolgungsbehörden nicht entsprechen270. Zudem haben die amerikanischen Erfahrungen zu qui tam Regelungen gezeigt, dass finanzielle Anreizsysteme nur dann motivierend wirken, wenn sie hohe Erfolgsbeteiligungen in Aussicht stellen271. In den USA wird der Schadensersatz insbesondere durch punitive damages oder im Rahmen des FCA durch treble damages in die Höhe getrieben. Diese Schadensposten sind dem deutschen Recht jedoch fremd. Auch das Vorgehen, dem Informanten in der Liechtensteiner Steueraffäre neben 4,6 Millionen Euro vom Bundesnachrichtendienst eine neue Identität und zwei falsche Pässe zu gewähren, ist unabhängig von der dadurch ausgelösten Kontroverse jedenfalls keine Massenlösung. Schließlich fördert ein dem FCA entsprechendes Gesetz externe Hinweise, was der arbeitsrechtlichen Sonderbeziehung mit beiderseitigen Pflichten zur Rücksichtnahme entgegensteht. In Deutschland liegt der Schwerpunkt gerade nicht auf der Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung, sondern auf der Aufdeckung von Missständen bei einer eindeutigen Präferenz für eine organisationsinterne Lösung. Für den Schutz vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen bei Hinweisen, für die der Whistleblower eine „Belohnung“ erhält, sind keine gesonderten Bestimmungen erforderlich. Denkt man an den praktisch wohl häufigsten Fall, dass organisationsinterne Informationen an die Presse verkauft werden, gelten die strengen Anforderungen für Hinweise gegenüber der Öffentlichkeit. Insbesondere ist der Schutz von wichtigen Rechtsgütern der Allgemeinheit erforderlich und interne und behördliche Klärungsversuche müssen erfolglos ausgeschöpft worden sein. 270 Vgl. auch Cover/Humphreys, S. 92, die eine Entlastung der Strafverfolgungsbehörden als positiv bewerten, aber dennoch das Erfordernis nach Neutralität hervorheben. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die breite Ablehnung, die im Jahr 1998 der Vorschlag der SPD Finanzexpertin Matthäus-Maier fand, die sich dafür aussprach, im Kampf gegen Steuerhinterziehung die Belohnung von Informanten zu prüfen. Während sie Prämienzahlungen als einen denkbarer Weg bezeichnete, Steuerhinterziehern auf die Schliche zu kommen, wurde das Vorhaben als „Denunziations-Förderungs-Gesetz“ bezeichnet; Müller, NZA 2002, S. 425 m.w. N. 271 Vgl. oben § 8 B.II.1.

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3. Teil: Whistleblowing in Deutschland

VI. Rechtsdurchsetzung 1. Schutz vor Benachteiligungen Dem Beschäftigten dürfen als Folge eines geschützten Hinweises keine Nachteile entstehen. Das bedeutet zunächst, dass der Beschäftigte nicht wegen einer vermeintlichen Pflichtverletzung abgemahnt oder gekündigt werden darf. Auch ist der Beschäftigte nicht durch anderweitige repressive Maßnahmen (wie Versetzungen, Umsetzungen oder Organisationsänderungen) zu benachteiligen. § 612a BGB-E statuiert ein Recht des Arbeitnehmers, ohne jedoch eine eigenständige Rechtsfolge zu enthalten. Daher bedarf es für die Rechtsdurchsetzung eines Rückgriffs auf die allgemeinen Vorschriften. Dabei ist wie folgt zwischen ordentlichen und außerordentlichen Kündigungen sowie anderen Benachteiligungen zu differenzieren: Die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) sind bei einer ordentlichen Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer anwendbar, wenn dessen Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat (§ 1 Abs. 1 KSchG) und in dem Betrieb in der Regel zehn oder mehr Arbeitnehmer beschäftigt werden (§ 23 Abs. 1 KSchG). Eine ordentliche Kündigung ist nach § 1 KSchG unwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist, d.h. wenn kein personen-, verhaltens- oder betriebsbedingter Kündigungsgrund besteht. Maßgeblich kommt es mithin darauf an, ob ein Hinweis derart gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt, dass er eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigt. Dies ist nicht der Fall, wenn es sich um einen i. S. v. § 612a BGB-E geschützten Hinweis handelt und der Arbeitnehmer folglich in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine auf einem solchen Hinweis basierende Kündigung wäre rechtsunwirksam. Die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung richtet sich bei allen Dienstverhältnissen (unabhängig von der Arbeitnehmereigenschaft) nach § 626 BGB. Eine fristlose Kündigung setzt einen wichtigen Grund voraus, mithin eine schwere Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten. Wie bei einer ordentlichen Kündigung gilt, dass ein i. S. v. § 612a BGB-E geschützter Hinweis kein vertragswidriges Verhalten bildet und eine Kündigung mithin unwirksam wäre. Handelt es sich um eine ordentliche Kündigung von Arbeitnehmern, auf die das Kündigungsschutzgesetz mangels Beschäftigungsdauer oder Größe des Betriebes nicht anwendbar ist, oder um sonstige Benachteiligungen, die keine Kündigung sind, richtet sich die Rechtmäßigkeit des Arbeitgeberverhaltens nach dem Maßregelungsverbot des derzeitigen § 612a BGB. Demnach darf ein Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligt werden, weil er in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Der Begriff der Maßnahme ist dabei weit zu verstehen und erfasst sämtliches tatsächliches und rechtliches Arbeitgeberverhalten, wozu auch interne Diskriminierungen zählen, wie Versetzungen oder die Beschäftigung mit sinnlosen Arbeiten272. Eine Benachteiligung

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i. S. v. § 612a BGB besteht, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, d.h. wenn sich seine Situation gegenüber dem bisherigen Zustand verschlechtert oder ihm Vorteile vorenthalten werden, welche der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, die entsprechende Rechte nicht ausgeübt haben273. Da ein i. S. v. § 612a BGB-E geschützter Hinweis eine zulässige Rechtsausübung bildet, würde eine Benachteiligung gegen das Maßregelungsverbot verstoßen und wäre rechtswidrig. Die Unwirksamkeit einer Kündigung muss stets innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG gerichtlich geltend gemacht werden. Die Frist beginnt mit Zugang der schriftlichen Kündigung. Bei Versäumung der Frist ist die Klage zwar zulässig; wegen § 7 KSchG, der bei nicht rechtzeitiger Geltendmachung die Rechtswirksamkeit der Kündigung von Anfang an fingiert, ist sie jedoch als unbegründet abzuweisen. Bei der Klagefrist handelt es sich deshalb um eine prozessuale Frist, an deren Versäumung sich materiellrechtliche Folgen anschließen274. Für ordentliche Kündigungen nach dem Kündigungsschutzgesetz ist § 4 KSchG ohne weiteres anwendbar. Für außerordentliche Kündigungen findet § 4 S. 1 KSchG nach § 13 Abs. 1 S. 2 KSchG Anwendung. Aber auch für ordentliche Kündigungen, auf die das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist und deren Rechtmäßigkeit sich nach § 612a BGB beurteilt, gilt die dreiwöchige Klagefrist: Seit der Neufassung des § 4 S. 1 KSchG zum 1. Januar 2004 ist die Frist nämlich auch dann zu beachten, wenn ein Arbeitnehmer die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung „aus anderen Gründen“ (als der fehlenden sozialen Rechtfertigung) geltend macht275. 2. Beweislastverteilung Nach den allgemeinen Regeln trägt der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen, während der Anspruchsgegner die anspruchshindernden und -vernichtenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat276. Eine Behauptung ist gem. § 286 ZPO bewiesen, wenn das Gericht von ihrer Wahrheit überzeugt ist. Nach diesen Grundsätzen würde der Whistleblower die volle Darlegungs- und Beweislast bezüglich des persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs, eines legitimen Adressaten, seiner Gutgläubigkeit, einer objektiven Benachteiligung und der Kausalität zwischen Hinweis und Benachteiligung tragen.

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Vgl. APS/Linck, § 612a BGB Rn. 9 f. m.w. N.; ErfK/Preis, § 612a BGB Rn. 8 f. Vgl. MüKoBGB/Müller-Glöge, § 612a Rn. 15 m.w. N.; ErfK/Preis, § 612a BGB Rn. 10; APS/Linck, § 612a BGB Rn. 10b. 274 APS/Ascheid/Hesse, § 4 KSchG Rn. 97. 275 ErfK/Preis, § 612a BGB Rn. 26. 276 Statt vieler Zöller/Greger, Vor § 284 ZPO Rn. 17a. 273

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3. Teil: Whistleblowing in Deutschland

Problematisch erweist sich die allgemeine Beweislastverteilung insbesondere im Hinblick auf den Kausalitätsnachweis, da dieser die Kenntnis von Tatsachen voraussetzt, die in der Sphäre des Arbeitgebers liegen und den Beschäftigten regelmäßig nicht bekannt sein können. Dieser Problematik wird im Rahmen der Kündigungsschutzvorschriften (§ 1 KSchG, § 626 BGB) Rechnung getragen, indem dem Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen auferlegt wird, die eine Kündigung bedingen277. Der Arbeitgeber ist folglich bei einer ordentlichen Kündigung für das Bestehen einer schuldhaften Vertragsverletzung nebst ihrer betrieblichen Auswirkung beweispflichtig; bei einer außerordentlichen Kündigung hat er zu beweisen, dass ein wichtiger Grund besteht und ihm die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann278. Das in § 612a BGB geregelte Maßregelungsverbot sieht hingegen (nach der derzeitigen Rechtslage) keine Beweislastumkehr oder -erleichterung vor, so dass den Arbeitnehmer die volle Darlegungs- und Beweislast trifft, dass er „wegen“ seiner Rechtsausübung vom Arbeitgeber benachteiligt worden ist279. Auch eine Abstufung der Darlegungs- und Beweislast, wie sie § 22 AGG (§ 611a Abs. 1 S. 3 BGB a. F.) vorsieht, ist nach Ansicht des BAG nicht auf § 612a BGB übertragbar280. Diese Rechtslage ist ungenügend281, weil dem Whistleblower ein direkt auf das Tatbestandsmerkmal „wegen“ gerichteter Nachweis kaum gelingen kann; der Nachweis müsste auf innere Tatsachen gerichtet sein, die die für die benachteiligende Handlung jeweils maßgebenden Gesichtpunkte oder Motive betreffen. Dieser Problematik wurde bei ordentlichen und außerordentlichen Kündi277 Vgl. § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG zur ordentlichen Kündigung und ErfK/Müller-Glöge, § 626 BGB Rn. 234 zur außerordentlichen Kündigung. 278 Vgl. MüKoBGB/Hergenröder, § 1 KSchG Rn. 228; APS/Dörner, § 1 KSchG Rn. 439; ders., § 626 BGB Rn. 173 ff.; MüKoBGB/Henssler, § 626 BGB Rn. 339. 279 BAG v. 16.09.2004, AP Nr. 142 zu § 102 BetrVG 1972; KR/Pfeiffer, § 612a BGB Rn. 12. Der Kausalitätsnachweis erfordert, dass die Rechtsausübung für den Arbeitgeber der tragende Beweggrund, d.h. das wesentliche Motiv und nicht nur mitursächlich gewesen ist. Zum Kausalitätserfordernis ErfK/Preis, § 612a BGB Rn. 11; APS/Linck, § 612a BGB Rn. 11; KR/Pfeiffer, § 612a BGB Rn. 7. 280 BAG v. 25.11.1993, AP Nr. 3 zu § 14 KSchG 1969 = NZA 1994, S. 837 ff.; KR/ Pfeiffer, § 612a BGB Rn. 12. Dem Arbeitnehmer ist jedoch die Möglichkeit eines Anscheinsbeweises zu eröffnen, wenn ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen Benachteiligung und zulässiger Rechtsausübung besteht; vgl. ErfK/Preis, § 612a BGB Rn. 22 m.w. N.; KR/Pfeiffer, § 612a BGB Rn. 12; APS/Linck, § 612a BGB Rn. 23. Voraussetzung eines Anscheinsbeweises ist, dass sich unter Berücksichtigung aller Einzelumstände ein für die zu beweisende Tatsache nach der Lebenserfahrung typischer Geschehensablauf ergibt. Dann kann von einer feststehenden Tatsache auf eine bestimmte Folge oder die Verursachung durch ein bestimmtes Verhalten geschlossen werden. Der Gegner kann den Anschein durch einen vereinfachten Gegenbeweis erschüttern. Er braucht nur die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Ablaufs zu beweisen; statt vieler Zöller/Greger, vor § 284 ZPO Rn. 29. 281 So auch Deiseroth, Stellungnahme § 612a BGB, S. 17; ders. (2001), S. 224 f.; ders. (1997), S. 322; Rohde-Liebenau, S. 36; ders., Stellungnahme § 612a BGB, S. 22.

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gungen durch eine Beweislastumkehr Rechnung getragen. Eine Übertragung auf das Maßregelungsverbot erscheint jedoch nicht sachgerecht: Ist nicht nur die Rechtmäßigkeit von Kündigungen zu beurteilen, sondern potentiell jegliches Arbeitgeberverhalten, das eine Benachteiligung darstellen könnte (einschließlich Versetzungen, Umsetzungen und Organisationsänderungen), wäre eine Beweislastumkehr mit der Folge, dass der Arbeitgeber stets die Gründe für sein Verhalten zu beweisen hat, zu weitgehend. Vorzugswürdig ist eine an das Antidiskriminierungsrecht angelehnte Regelung, die dem Whistleblower eine Beweiserleichterung dahingehend gewährt, dass er lediglich Indizien dafür beibringen muss282, dass eine Benachteiligung wegen eines geschützten Hinweises i. S. v. § 612a BGB-E erfolgt. Gelingt dieses, trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast dafür, dass er nicht gegen das Maßregelungsverbot verstoßen hat. Auf diese Weise soll dem Whistleblower ein strenger Nachweis von Tatsachen erspart werden, die in der Sphäre des Unternehmens liegen und somit Beschäftigten und Bewerbern nicht genügend bekannt sind283. Das Maßregelungsverbot ist folglich in § 612b Abs. 1 S. 2 BGB-E durch eine abgestufte Darlegungs- und Beweislastverteilung nach dem Vorbild des § 22 AGG zu ergänzen: „Wenn im Streitfall der Arbeitnehmer Tatsachen beweist, die eine Benachteiligung wegen der zulässigen Ausübung seiner Rechte vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass er keinen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot begangen hat.“ Dabei ist der Begriff des Glaubhaftmachens, wie er noch in § 611a Abs. 1 S. 3 BGB a. F. zur geschlechtsbezogenen Benachteiligung verwandt wurde, entsprechend dem neuen § 22 AGG zu vermeiden. Zu beachten ist jedoch, dass mit der Umformulierung von § 611a BGB a. F. zu § 22 AGG keine materiellen Änderungen beabsichtigt waren; es sollte vielmehr klargestellt werden, dass die Formulierung nicht als Glaubhaftmachung i. S. v. § 294 ZPO zu verstehen ist284. Demnach ist weiterhin auch die zu § 611a Abs. 1 S. 3 BGB a. F. ergangene Rechtsprechung zur Verdeutlichung des Regelungsinhalts heranzuziehen, insbesondere die Ausführungen des BAG zum Entschädigungsanspruch wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung in der Entscheidung aus dem Jahr 2008285: Die Beweislastregelung lasse die Beweisverteilung zunächst unberührt und senke lediglich das Beweismaß. Demnach genüge für die Kausalität zwischen Benachteiligung und zulässiger Rechtsausübung die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahr282 Der Indizienbeweis dient dem Nachweis tatbestandsfremder Behauptungen, die einen Schluss auf das Bestehen des fraglichen Tatbestandsmerkmals rechtfertigen. Für die Indizien selbst gilt kein erleichterter Beweismaßstab. Sie müssen, sofern sie bestritten werden, zur vollen Überzeugung des Gerichts nach § 286 ZPO bewiesen werden; vgl. Bauer/Gopfert/Krieger, AGG, § 22 Rn. 6; ErfK/Schlachter, § 22 AGG Rn. 3. 283 Zu der entsprechenden Regelung im AGG vgl. ErfK/Schlachter, § 22 AGG Rn. 2 f.; Bauer/Gopfert/Krieger, AGG, § 22 Rn. 4 ff.; Zöller/Greger, § 286 ZPO Rn. 9a. 284 Vgl. ErfK/Schlachter, § 22 AGG Rn. 1. 285 BAG v. 24.04.2008, NZA 2008, S. 1351 ff.

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scheinlichkeit. Für die Vermutungswirkung der Hilfstatsachen sei es nicht erforderlich, dass die Tatsachen einen zwingenden Indizienschluss auf eine Benachteiligung zulassen. Vielmehr reiche es aus, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Benachteiligung bestehe. Das Tatsachengericht habe eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Dabei sei es möglich, dass einzelne vom Arbeitnehmer dargelegte Umstände für sich allein betrachtet noch keine Benachteiligung vermuten lassen, die Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls oder der Handlungsweisen und Äußerungen des Arbeitgebers aber eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Benachteiligung begründen und damit die Vermutungswirkung entfalten können286. Diese vom BAG entwickelten Grundsätze wären nach einer Änderung der Beweislastregelung auf das Maßregelungsverbot anzuwenden. Als Indizien kommen neben abwertenden Äußerungen des Arbeitgebers über Whistleblower etwa die Trennung eines Whistleblowers von den übrigen Mitarbeitern und dessen Beschäftigung mit sinnlosen Arbeiten oder die Anordnung in Betracht, sich trotz vorhandener Stempeluhr bei jedem Verlassen des Arbeitsplatzes mündlich an- und abzumelden. 3. Erweiterung von Nebenpflichten In der Kautelarpraxis werden regelmäßig sog. All-Klauseln verwendet, in denen sich der Arbeitnehmer zur Geheimhaltung über sämtliche ihm während seiner Tätigkeit bekannt gewordenen geschäftlichen und betrieblichen Tatsachen verpflichtet. Eine entsprechende Klausel würde grundsätzlich auch Behördenanzeigen verbieten287. Die Parteien sind zwar grundsätzlich frei, im Rahmen der Vertragsfreiheit Verschwiegenheitstatbestände zu schaffen. Beschränkende Klauseln gelten selbst bei einer echten Individualvereinbarung nur innerhalb der allgemeinen Grenzen der §§ 134, 138, 242 BGB sowie bei vorformulierten Klauseln zusätzlich in den Grenzen der §§ 305 ff. BGB288. An einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers, eine vertragliche Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Verschwiegenheit aufrechtzuerhalten, fehlt es insbesondere, wenn und soweit die Verschwiegenheitsverpflichtung nicht durch betriebliche Belange gerechtfertigt ist. Die von den Gerichten vorzunehmende Billigkeits- und Inhaltskontrolle wird durch § 612a Abs. 3 BGB-E ergänzt, der eine Abweichung in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträgen zuungunsten des Arbeitnehmers verbietet289.

286

BAG v. 24.04.2008, NZA 2008, S. 1351 ff., S. 1352 ff. Vgl. Preis/Rolfs, Der Arbeitsvertrag, II V 20 Rn. 31; MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn. 65; Gach/Rützel, BB 1997, S. 1962; Preis/Reinfeld, AuR 1989, S. 364; Deiseroth, S. 368 f.; Wendeling-Schröder (1994), S. 88. 288 Vgl. nur Preis/Rolfs, Der Arbeitsvertrag, II V 20 Rn. 31 f. 289 So auch im englischen Recht in Section 43J ERA. 287

§ 11 Erfordernis einer gesetzlichen Regelung

275

4. Rechtsfolgen Wird in einem Kündigungsschutzprozess festgestellt, dass eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung nach § 1 KSchG bzw. § 626 BGB unwirksam ist, wird das Arbeitsverhältnis mit seinen bisherigen Rechten und Pflichten ununterbrochen fortgesetzt. Der Arbeitgeber befindet sich regelmäßig in Annahmeverzug, so dass der Arbeitnehmer seinen Entgeltanspruch unter dem Gesichtspunkt des § 615 BGB behält290. Ist die Fortführung des Arbeitsverhältnisses für eine oder beide Parteien unzumutbar, eröffnet die Regelung in § 9 KSchG, der für den Fall der außerordentlichen Kündigung durch § 13 Abs. 1 S. 3 KSchG ergänzt wird, dem Gericht die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis auf Antrag aufzulösen und dem Arbeitnehmer als Ausgleich für den an sich nicht gerechtfertigten Verlust seines Arbeitspatzes eine Abfindung nach Maßgabe des § 10 KSchG291 zuzusprechen. Ist das Kündigungsschutzgesetz hingegen nicht anwendbar und handelt es sich nicht um eine außerordentliche Kündigung, richtet sich das Arbeitgeberverhalten nach dem Maßregelungsverbot des derzeitigen § 612a BGB. Da § 612a BGB in den Anwendungsbereich des § 134 BGB fällt, ist primäre Rechtsfolge die Nichtigkeit des dagegen verstoßenden Rechtsgeschäfts. Tatsächliche Maßnahmen des Arbeitgebers wie verbotswidrige Arbeitszuweisungen und Anordnungen sind rechtswidrig und damit für den Arbeitnehmer unverbindlich. Er kann die Beseitigung der Maßnahme und bei Wiederholungsgefahr Unterlassung verlangen292. Der Arbeitnehmer ist dabei so zu stellen, als wäre die Maßregelung nicht erfolgt293. Leistungsansprüche ergeben sich jedoch nicht aus der Vorschrift selbst, sondern aus der für die Leistung maßgebenden Anspruchsgrundlage i.V. m. § 612a BGB. Ist dem Arbeitnehmer z. B. ein Vermögensschaden entstanden, besteht für den Arbeitgeber eine Schadensersatzverpflichtung aus § 280 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 2 i.V. m. § 612a BGB. Eine solche Verpflichtung kommt etwa bei unzulässigen Gehaltskürzungen in Betracht. Ein Anspruch könnte sich zudem aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben, wenn dem Arbeitnehmer beispielsweise unzulässigerweise Sonderzuwendungen vorenthalten werden294. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz besagt, dass der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer nicht sachfremd gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage schlechter stellen darf. Gewährt der Arbeitgeber aufgrund einer abstrakten Regelung eine freiwillige Leistung (z. B. ein Weihnachtsgeld) nach einem erkennbar generalisie290 Vgl. MünchArbR/Berkowsky, § 134 Rn. 110 ff.; APS/Dörner, § 1 KSchG Rn. 117; MüKoBGB/Henssler, § 626 BGB Rn. 335. 291 § 10 KSchG gilt im Fall einer außerordentlichen Kündigung gem. § 13 Abs. 1 S. 5 KSchG entsprechend. 292 Vgl. KR/Pfeiffer, § 612a BGB Rn. 11; ErfK/Preis, § 612a BGB Rn. 23. 293 BAG v. 12.06.2002, AP Nr. 8 zu § 612a BGB = NZA 2002, S. 1389 ff. 294 Vgl. MüKoBGB/Müller-Glöge, § 612a BGB Rn. 22 f.; KR/Pfeiffer, § 612a BGB Rn. 11; ErfK/Preis, § 612a BGB Rn. 23; APS/Linck, § 612a BGB Rn. 25.

276

3. Teil: Whistleblowing in Deutschland

renden Prinzip und legt er die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistung fest, darf er einzelne Arbeitnehmer von der Leistung nur ausnehmen, wenn dies sachlichen Kriterien entspricht. Ist die unterschiedliche Behandlung (also die Vorenthaltung des Weihnachtsgeldes) nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, kann der benachteiligte Arbeitnehmer verlangen, nach dem Maß der begünstigten Arbeitnehmer behandelt zu werden295.

C. Konkrete Ausgestaltung einer gesetzlichen Regelung Im vorangegangenen Abschnitt wurden die wesentlichen Kriterien für einen ausgewogenen Whistleblowerschutz dargelegt. Basierend auf diesen Grundsätzen sollte der Gesetzesvorschlag der Bundesministerien wie folgt modifiziert werden, wobei die Änderungen gegenüber der bisherigen Fassung jeweils durch Kursivdruck kenntlich gemacht sind. Darüber hinaus sollten bei der konkreten Rechtsanwendung die in dem vorangegangenen Abschnitt herausgearbeiteten Grundsätze beachtet werden. § 612a BGB (1) 1Ist ein Arbeitnehmer aufgrund konkreter Anhaltspunkte der begründeten Auffassung, dass im Unternehmen oder bei einer betrieblichen oder geschäftlichen Tätigkeit gesetzliche Pflichten verletzt werden oder die Verletzung gesetzlicher Pflichten droht, kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber oder eine zur internen Klärung zuständige Stelle zur Abhilfe auffordern. 2Kommt der Arbeitgeber der Aufforderung nicht oder nicht ausreichend nach, hat der Arbeitnehmer das Recht, sich an eine zuständige Behörde zu wenden. (2) 1Der Arbeitnehmer darf sich unmittelbar an die zuständige Behörde wenden, wenn ihm ein vorheriger interner Klärungsversuch nicht zumutbar ist. 2 Unzumutbar ist ein solcher Versuch insbesondere, wenn der Arbeitnehmer aufgrund konkreter Anhaltspunkte der begründeten Auffassung ist, dass 1.

eine Straftat geplant ist oder ausgeführt wird, durch deren Nichtanzeige er sich selbst der Strafverfolgung aussetzen würde,

2.

der Arbeitgeber eine Straftat begangen hat oder eine Straftat eines Arbeitnehmers kennt und billigt oder dem Arbeitgeber eine Straftat eines Arbeitnehmers grob fahrlässig unbekannt ist,

3.

eine schwerwiegende Straftat begangen wurde oder erhebliche Schäden für Menschen, Sachwerte oder die Umwelt drohen oder

4.

eine interne Abhilfe nicht oder nicht ausreichend erfolgen wird.

295 Ständige Rechtsprechung des BAG; vgl. nur BAG v. 30.07.2008, NZA 2008, S. 1412 ff. m.w. N.

§ 11 Erfordernis einer gesetzlichen Regelung

277

(3) 1Der Arbeitnehmer darf sich an die Öffentlichkeit wenden, wenn dies zum Schutz von wichtigen Rechtsgütern der Allgemeinheit erforderlich ist. 2Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit sind insbesondere die vorangegangenen Klärungsversuche, der Adressat der Information, die Erheblichkeit der Rechtsgutsverletzung und die Rechte Dritter zu berücksichtigen. (4) Von den Absätzen 1, 2 und 3 kann nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. (5) Beschwerde- und Anzeigerechte des Arbeitnehmers nach anderen Rechtsvorschriften und die Rechte der Arbeitnehmervertretungen bleiben unberührt. § 612b BGB (1) 1Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. 2Wenn im Streitfall der Arbeitnehmer Tatsachen beweist, die eine Benachteiligung wegen der zulässigen Ausübung seiner Rechte vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass er keinen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot begangen hat. (2) 1Als Arbeitnehmer im Sinne dieser und der vorangegangenen Vorschrift gelten auch die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten sowie Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten. 2Als Arbeitnehmer gelten auch die Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie die Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist. (3) 1Arbeitgeber im Sinne dieser und der vorangegangenen Vorschrift sind natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 2 beschäftigen. 2Werden Arbeitnehmer einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber. 3Für die arbeitnehmerähnlichen Personen, insbesondere für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten, tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister.

Vierter Teil

Zusammenfassung Gegenstand der vorangegangenen Untersuchungen war ein Vergleich der englischen und U.S.-amerikanischen Grundsätze zum Whistleblowingrecht1 mit anschließender Betrachtung der deutschen Rechtslage unter besonderer Berücksichtigung des Gesetzesvorschlags zur Einführung eines neuen § 612a BGB2. Anlass dafür war die zunehmende Kritik in Deutschland an einem unzureichenden Schutz vor Benachteiligungen solcher Personen, die im öffentlichen Interesse auf arbeitsplatzbezogene Missstände aufmerksam machen. Die Erfahrungen auf dem Gebiet des Whistleblowerschutzes in England und den Vereinigten Staaten legten es nahe, die dortigen Rechtsordnungen zu untersuchen, um die Erfahrungen für das deutsche Recht nutzbar zu machen. Dabei hat sich zunächst gezeigt, dass der Whistleblowerschutz seine Ursprünge in den Vereinigten Staaten hat und sowohl der amerikanische Gesetzgeber als auch die amerikanische Öffentlichkeit für das Thema sensibilisiert sind3. Die USA leisteten wichtige Pionierarbeit für die Entwicklung des rechtlichen Schutzes und den Wandel kultureller Normen. Jüngstes Beispiel ist der SarbanesOxley Act (SOX), der durch seine Verpflichtung zur Errichtung interner Meldesysteme das Whistleblowing weltweit zu einem Thema macht4. Keinesfalls ist jedoch aus der Vielzahl der Schutzvorschriften und der positiven Grundeinstellung zum Whistleblowing auf den tatsächlichen Schutz des Whistleblowers in den USA zu schließen. Insbesondere unter Einbeziehung der forensischen Praxis wird deutlich, dass in den USA erhebliche Diskrepanzen zwischen der Gesetzesintention und der gesellschaftlichen Akzeptanz einerseits und den praktischen Erfahrungen andererseits bestehen5. Die mangelhafte Rechtsdurchsetzung durch Behörden und Gerichte wird immer wieder kritisiert. Im Gegensatz dazu begann die Entwicklung zum Schutz von Whistleblowern in England deutlich später6. In

1

Zweiter Teil: Whistleblowing in England und den USA (§ 3 bis § 9). Dritter Teil: Whistleblowing in den USA (§ 10 und § 11). 3 Vgl. § 4 B.I. 4 Vgl. insbesondere § 4 B.III.5. 5 Vgl. etwa Devine, S. 100, der die „US’ inability to match rhetoric with reality through genuine, enforceable legal rights“ hervorhebt. 6 Vgl. § 4 A. 2

4. Teil: Zusammenfassung

279

den letzten zehn Jahren hat sich jedoch ein kohärentes Schutzsystem entwickelt, welches ein hohes Schutzniveau gewährleistet. Die Untersuchungen haben ergeben, dass die rechtliche Behandlung des Whistleblowings in beiden Ländern Parallelen aufweist. Obgleich sowohl England als auch die USA durch das case law geprägt sind, setzen sie beim Whistleblowerschutz überwiegend auf gesetzliche Vorschriften. Dabei greifen sie auf ihre langjährigen diskriminierungsrechtlichen Entwicklungen zurück, so dass das Whistleblowing maßgeblich vom Antidiskriminierungsrecht beeinflusst ist. Inhaltlich zeichnen sich die Schutzinstrumente durch einen weiten persönlichen7 und sachlichen8 Anwendungsbereich aus und schützen den gutgläubigen Whistleblower9. Sie unterscheiden sich jedoch, wenn es darum geht, den Konflikt zwischen den Interessen der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. In den USA ist das Whistleblowerrecht maßgeblich durch das öffentliche Interesse an einer effektiven Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung gekennzeichnet. Um dieses Ziel zu erreichen, werden teilweise externe Hinweise privilegiert10 und finanzielle Anreize geschaffen11. Ausführungen zu den Loyalitätspflichten der Arbeitnehmer lassen sich dagegen nur selten finden, da der typische at-will Arbeitnehmer regelmäßig ohne Grund gekündigt werden kann und eine Vertragsverletzung folglich nicht dargelegt werden muss12. Anders in England: Die Entwicklung des Whistleblowings im common law sowie die Ausgestaltung des PIDA ist maßgeblich durch die arbeitsvertraglichen Loyalitäts- und Verschwiegenheitspflichten gekennzeichnet13. Besonders deutlich wird dies am gesetzlichen Stufenverhältnis, welches interne (und behördliche) Hinweise privilegiert und externe Hinweise lediglich als letztes Mittel zulässt14. Ziel ist die Aufdeckung und Vermeidung von Missständen, wobei den Organisationen die Möglichkeit gegeben werden soll, Missstände eigenständig zu beheben, bevor externe Stellen eingeschaltet werden. Unterschiedliche Positionen zeigen sich auch im Hinblick auf die Regelungsvielfalt. Im Gegensatz zum einheitlichen und umfassenden PIDA ist das wohl signifikanteste Merkmal in den USA die Unübersichtlichkeit und Lückenhaftigkeit durch Regelungen im Bundes- und Landesrecht, Fall- und Gesetzesrecht, Annexregelungen und eigenständigen Gesetzen sowie die Trennung zwischen öffentlichem und privatem Sektor15. Da es an einem Harmonisierungskonzept für Whistleblower7

Vgl. § 5. Vgl. § 6. 9 Vgl. § 8 A.I. und § 8 B. 10 Vgl. § 7 B. 11 Vgl. § 8 B.II. 12 Vgl. § 3 C.I. 13 Vgl. § 4 A. 14 Vgl. § 7 A.I. 15 Vgl. § 4 B.II. 8

280

4. Teil: Zusammenfassung

schutzvorschriften in den USA bislang weitgehend fehlt, führen die oftmals spezifischen und punktuellen Regelungen zu einem unterschiedlichen und teilweise zufälligen Schutzniveau der Beschäftigtengruppen. Die einzelnen, in der Arbeit gesondert besprochenen englischen und U.S.-amerikanischen Schutzinstrumente sind wie folgt zu charakterisieren: • Der englische Public Interest Disclosure Act (PIDA) aus dem Jahr 1998 stellt ein umfassendes und ausdifferenziertes Instrumentarium zum Schutz des Whistleblowers zur Verfügung. Hervorzuheben ist der weite persönliche und sachliche Anwendungsbereich sowie das Stufenverhältnis bezüglich legitimer Adressaten. Der PIDA kann sowohl für europäische als auch für nationale Gesetzgebungsvorhaben Maßstäbe setzen. Nicht ohne Grund wird er als ModellWhistleblowing-Gesetz bezeichnet, an dem sich verschiedene Staaten (darunter Südafrika und Japan) bei ihrer Gesetzgebung orientierten16. • Unter dem Ersten Zusatzartikel (First Amendment) der U.S.-amerikanischen Bundesverfassung wurde im Jahr 1968 mit der Entscheidung des U.S. Supreme Court in Pickering v. Board of Education der Whistleblowerschutz im öffentlichen Sektor begründet. Das Gericht entschied, dass die Verfassung öffentlich Bediensteten grundsätzlich das Recht gewährt, öffentlichen Dissens mit Behörden auszudrücken, also auch die Regierung und öffentliche Dienststellen zu kritisieren, sofern sich die Äußerung auf eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse (public concern) bezieht. Die Folgeentscheidungen des U.S. Supreme Court, zuletzt im Jahr 2006 in Garcetti v. Ceballos, sind entgegen der weitreichenden ersten Entscheidung restriktiver. Insgesamt leistete der Erste Zusatzartikel einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung des Whistleblowerschutzes, bietet heute aber nur noch begrenzten Schutz für Whistleblower und hat aufgrund der zahlreichen gesetzlichen Regelungen an Bedeutung verloren17. • Der False Claims Act (FCA) aus dem Jahr 1986 sieht neben einer Schutzvorschrift insbesondere finanzielle Anreize für Whistleblower vor, die auf eigene Kosten im Namen der Bundesregierung klagen, um gegen Missstände zum Nachteil des Staates vorzugehen. Er sieht eine prozentuale Erfolgsbeteiligung in Höhe von 15 bis 30 Prozent vor, sofern die Klage zu Geldstrafen oder Rückzahlungspflichten führt18. • Der Whistleblower Protection Act (WPA) aus dem Jahr 1989 bildet das Hauptinstrument für den Whistleblowerschutz in der Bundesverwaltung. Hervorzuheben ist insbesondere die unter dem WPA geschaffene Beweislastverteilung (contributing factor test) zugunsten des Whistleblowers, die seitdem in vielen 16

Zum PIDA vgl. § 4 A.II., § 5 A., § 6 A., § 7 A., § 8 A. und § 9 A. Zur First Amendment Rechtsprechung vgl. § 4 B.III.2., § 5 B.I., § 6 B.I., § 7 B.I., § 8 B.I. und § 9 B.II. 18 Zum FCA vgl. § 4 B.III.3., § 5 B.II., § 6 B.II., § 7 B.II., § 8 B.II. und § 9 B.III. 17

4. Teil: Zusammenfassung

281

bundes- und einzelstaatlichen Gesetzen übernommen wurde. Kritisiert werden hingegen die weitreichenden Ausnahmen und die whistleblowerfeindliche Einstellung der zuständigen Entscheidungsorgane. Die Rechtsposition des Whistleblowers soll durch den Whistleblower Protection Enhancement Act gestärkt werden, der sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren befindet. Er beinhaltet wesentliche Änderungen, die insbesondere die Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs (auf Beschäftigte von Sicherheits- und Geheimdiensten und Vertragspartnern der öffentlichen Hand) sowie eine Stärkung der Rechte des Whistleblowers im gerichtlichen Rechtsmittelverfahren betreffen19. • Der Sarbanes-Oxley Act (SOX) aus dem Jahr 2002 schützt Whistleblower in börsennotierten Unternehmen. Er ist industrieübergreifend anwendbar und enthält damit erste Ansätze allgemeingültiger Schutzvorschriften in der Privatwirtschaft. Der Schutz vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen wird durch strafrechtliche Sanktionen im Fall der Diskriminierung von Whistleblowern und die Verpflichtung zur Errichtung interner Meldesysteme flankiert. Es zeichnen sich jedoch Probleme in der Rechtsdurchsetzung ab und es ist zunehmend zu bezweifeln, ob die theoretisch weitreichenden Vorschriften ihren Zweck in der Praxis erfüllen20. • Der public-policy-Einwand ist einzelstaatlich gewachsenes common law und hat seine Ursprünge in der kalifornischen Entscheidung Petermann v. International Brotherhood of Teamsters aus dem Jahr 1959. Er besagt, dass eine Kündigung trotz der amerikanischen employment-at-will Doktrin (nach der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis grundsätzlich jederzeit ohne besonderen Grund beenden können) ungerechtfertigt ist, sofern sie gegen die wesentlichen Rechtsgrundsätze des jeweiligen Einzelstaates verstößt. Damit schützt der public-policy-Einwand Hinweise im öffentlichen Interesse und dient der effektiven Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung. Er wird mittlerweile in den meisten Jurisdiktionen anerkannt, variiert jedoch im Hinblick auf die Ausgestaltung und den Schutzumfang erheblich21. • Das einzelstaatliche Gesetzesrecht in den USA sieht im Gleichklang mit einer engen oder weiten Handhabung des public-policy-Einwands restriktive oder umfassende Schutzvorschriften vor. In Texas und Virginia werden Whistleblower nur in geringem Maße geschützt, wohingegen sich der Schutz in New Jersey durch umfangreiche und allgemeingültige Vorschriften sowie eine weite gerichtliche Interpretation der Schutzvorschriften auszeichnet. Auf der Tatbe-

19

Zum WPA vgl. § 4 B.III.4., § 5 B.III., § 6 B.III., § 7 B.III., § 8 B.III. und § 9 B.IV. Zum SOX vgl. § 4 B.III.5., § 5 B.IV., § 6 B.IV., § 7 B.IV., § 8 B.IV. und § 9 B.V. 21 Zum public-policy-Einwand vgl. § 4 B.III.6., § 5 B.V.1., § 6 B.V.1., § 7 B.V.1., § 8 B.V.1. und § 9 B.VI.1. 20

282

4. Teil: Zusammenfassung

stands- und Rechtsfolgenebene werden zahlreiche Lösungsansätze vertreten, wobei externe Hinweise restriktiver gehandhabt werden und die Motivation eine höhere Beachtung findet als auf Bundesebene22. Die Untersuchungen der englisch-amerikanischen Schutzvorschriften haben es ermöglicht, die wesentlichen Elemente eines umfassenden Whistleblowerschutzes herauszuarbeiten. Gemessen an diesen Maßstäben ist die gegenwärtige Rechtslage in Deutschland unbefriedigend. Mangels einer allgemeingültigen Schutzvorschrift zugunsten des Whistleblowers ist dieser auf die allgemeinen Vorschriften sowie das Richterrecht angewiesen. Trotz wichtiger Entscheidungen der Bundesgerichte in den letzten Jahren23 verbleibt eine Vielzahl von Unsicherheiten, die eine Klärung im Interesse der Rechtssicherheit erfordern. Das Richterrecht war bisher nicht imstande, eine umfassende gesetzliche Regelung zu ersetzen. Vor diesem Hintergrund wurde im Frühjahr 2008 unter der Federführung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ein Vorschlag zur Einführung eines neuen § 612a BGB erarbeitet, der die Rechte von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit externen Hinweisen statuieren sollte. Dabei ging es nicht um die Einführung einer gesetzlichen Meldepflicht, sondern es sollte Klarheit bezüglich des Rechts geschaffen werden, im öffentlichen Interesse auf Missstände hinzuweisen. Der Vorschlag ist an den Widerständen von CDU/CSU gescheitert. Es ist dennoch zu begrüßen, dass sich der Gesetzgeber mit der regelungsbedürftigen Materie des Whistleblowings auseinander gesetzt und im Rahmen einer Anhörung im Bundestagsausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Argumente weitgehend ausgeschöpft hat. Der Vorschlag kann nach wie vor als Ausgangspunkt und Diskussionsgrundlage dienen, bedarf jedoch wesentlicher Ergänzungen. Die Kernpunkte einer arbeitsrechtlichen Schutzvorschrift sind wie folgt zusammenzufassen: • Das Whistleblowing ist eine allgemeine Thematik und folglich nicht auf einzelne Beschäftigungsgruppen zu beschränken. Eine gesetzliche Regelung muss demnach durch einen weiten persönlichen Geltungsbereich gekennzeichnet sein, der nicht nach den einzelnen Beschäftigungsformen differenziert. Eine Schutzvorschrift sollte daher mit einer eigenen weiten Definition des Beschäftigtenbegriffs versehen werden, wie es aus den neueren arbeitsrechtlichen Schutzgesetzen (etwa dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und dem Pflegezeitgesetz) bekannt ist24. Diese Arbeit beschränkt sich auf die Bespre-

22 Zum einzelstaatlichen Gesetzesrecht vgl. § 5 B.V.2., § 6 B.V.2., § 7 B.V.2., § 8 B.V.2. und § 9 B.VI.2. 23 Vgl. § 10 C.II. 24 Vgl. § 11 B.II.

4. Teil: Zusammenfassung

283

chung einer arbeitsrechtlichen Schutzvorschrift. Doch ist eine parallele Vorschrift im öffentlichen Dienstrecht unter Berücksichtigung der besonderen Rechtsstellung öffentlich-rechtlicher Dienstverhältnisse erforderlich. Auch tritt die Thematik des Whistleblowings außerhalb des Arbeits- und Dienstrechts auf, so etwa im Vergaberecht, bei abhängigen Lieferanten oder im Gesellschaftsrecht. Diese Bereiche werden in dieser Arbeit jedoch nicht behandelt. • Eine Schutzvorschrift muss sich ferner durch einen weiten sachlichen Geltungsbereich auszeichnen, der sich auf vergangene und gegenwärtige Verletzungen gesetzlicher Pflichten sowie zukunftsbezogen auf drohende Gefahren von Gesetzesverstößen erstreckt25. • Hinsichtlich der Adressaten ist zwischen dem internen und dem externen Whistleblowing zu differenzieren. Ein ausgewogenes Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen internen und externen Hinweisen sollte das Kernstück einer gesetzlichen Regelung bilden. Aufgrund der vertraglichen Interessenwahrungs- und Schadensabwendungspflicht ist der Arbeitnehmer grundsätzlich gehalten, sich zunächst an den Arbeitgeber zu wenden. Abhängig von der Schwere der Rechtsgutsverletzung, der Kenntnis des Arbeitgebers und dem Arbeitgeberverhalten sind von dem Erfordernis eines internen Klärungsversuchs Ausnahmen zuzulassen, die es den Beschäftigten ermöglichen, unmittelbar die zuständigen Behörden zu kontaktieren. Als letzte Möglichkeit sind Hinweise an die Öffentlichkeit zu gestatten, sofern dies zur Aufdeckung gravierender Missstände angemessen und erforderlich ist. Der Gesetzesentwurf der Bundesministerien sieht ebenfalls den Vorrang interner Hinweise vor. Er sollte jedoch bei den Ausnahmetatbeständen, nach denen eine unmittelbare Meldung gegenüber den zuständigen Behörden zulässig ist, modifiziert werden. Zudem wird angeregt, zur Verdeutlichung des Ausnahmecharakters von Hinweisen gegenüber der Öffentlichkeit den Gesetzesentwurf dahingehend zu ergänzen, Hinweise gegenüber der Öffentlichkeit für zulässig zu erklären, wenn sie zum Schutz von wichtigen Rechtsgütern der Allgemeinheit erforderlich sind26. • Mit diesem Regel-Ausnahme Verhältnis setzt eine gesetzliche Regelung Anreize für Unternehmen, im Rahmen der Selbstregulierung Maßnahmen zur Entgegennahme von Hinweisen zu ergreifen. Denn sofern funktionierende neutrale Anlaufstellen zur internen Klärung vorhanden sind, ist ein externer Hinweis an erhöhte Anforderungen geknüpft. Interne Meldesysteme sind zudem international als Teil guter Unternehmensführung anerkannt und können bewusst zur Aufdeckung von Missständen und folglich als Unterstützung bereits vorhandener Kontrollsysteme herangezogen werden27. 25 26 27

Vgl. § 11 B.III. Vgl. § 11 B.IV. Vgl. § 11 B.IV.1.c).

284

4. Teil: Zusammenfassung

• Eine gesetzliche Regelung muss ihren Schutzbereich auf gutgläubig irrende Whistleblower erstrecken, wobei auf die ex-ante Sicht eines verständigen Arbeitnehmers abzustellen ist28. • Die Motive eines Whistleblowers dürfen keine Rolle spielen, wenn objektiv die richtigen Ziele erreicht werden. Verhindert beispielsweise jemand durch seinen Hinweis, dass Menschen vergiftet werden, ist diese Person auch dann schutzbedürftig, wenn sie „aus Bosheit“ gehandelt hat. Die allgemeinen Grundsätze, insbesondere das vertragliche Rücksichtnahmegebot und der Grundsatz von Treu und Glauben, sowie die Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB reichen aus, um dem (von den Kritikern vielfach hervorgehobenen) Missbrauch entgegenzuwirken29. • Der Whistleblower ist umfassend vor Kündigungen und anderen arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu schützen. Als zentraler Bestandteil des Benachteiligungsschutzes ist es erforderlich, im Hinblick auf die Kausalität zwischen zulässiger Rechtsausübung und Benachteiligung die Darlegungs- und Beweislastverteilung abzustufen. Die Vorschriften für ordentliche und außerordentliche Kündigungen enthalten hinsichtlich des Kausalitätsnachweises bereits eine Beweislastumkehr. Im Rahmen des Maßregelungsverbots gilt hingegen die allgemeine Darlegungs- und Beweislast. Die Vorschrift sollte um eine Beweiserleichterung zugunsten des Whistleblowers nach dem Vorbild des Antidiskriminierungsrechts ergänzt werden30. Von einer gesetzlichen Regelung geht neben der erforderlichen Rechtssicherheit eine nicht zu unterschätzende Signalwirkung aus. Sie würde den öffentlichen Diskurs über den individuellen und gesellschaftlichen Nutzen des Whistleblowings fördern und auf lange Sicht einen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Akzeptanz des Whistleblowings leisten. Durch die zusätzlichen Anreize, organisationsinterne Meldesysteme einzurichten, wird ferner eine offene Organisationskultur gefördert. Neben einer gesetzlichen Regelung sind weitere Schritte erforderlich, um die gesellschaftliche Funktion des Whistleblowings öffentlich bekannt zu machen. Zu denken ist an Beratungseinrichtungen sowie journalistische Berichterstattung, die fallbezogen die Bedeutung von Whistleblowern für die Aufdeckung von Missständen herausstellt. Betriebsräte sollten zudem die Beschäftigten informieren, Strukturen zur Behandlung von Hinweisen und zur Unterstützung von Whistleblowern verbessern und an der Einführung interner Meldesysteme mitarbeiten. Eine gesetzliche Regelung dient der Umsetzung des (allerdings von der BRD noch nicht ratifizierten) Zivilrechtsübereinkommens des Europarats über Korrup28 29 30

Vgl. § 11 B.V.1. Vgl. § 11 B.V.2. Vgl. § 11 B.VI.2.

4. Teil: Zusammenfassung

285

tion, das in Art. 9 (Schutz von Beschäftigten) vorsieht, „dass Beschäftigte, die den zuständigen Personen oder Behörden in redlicher Absicht einen begründeten Korruptionsverdacht mitteilen, angemessen vor ungerechtfertigten Nachteilen geschützt werden“. Eine Schutzvorschrift sollte jedoch weder auf Korruptionsstraftaten noch auf Verstöße gegen den Arbeitsschutz beschränkt werden. Sie sollte vielmehr an zentraler Stelle im Gesetz verankert werden und auf alle Beschäftigten in der Privatwirtschaft einheitlich Anwendung finden. Zudem ist für einen effektiven Whistleblowerschutz eine Übertragung der erarbeiteten Grundsätze auf den öffentlichen Sektor erforderlich.

Anhang: Gesetzestexte 1. Employment Rights Act 1996 (ERA) Part IVA Protected Disclosures 43A Meaning of „protected disclosure“ In this Act a „protected disclosure“ means a qualifying disclosure (as defined by section 43B) which is made by a worker in accordance with any of sections 43C to 43H.

43B Disclosures qualifying for protection (1) In this Part a „qualifying disclosure“ means any disclosure of information which, in the reasonable belief of the worker making the disclosure, tends to show one or more of the following – (a) that a criminal offence has been committed, is being committed or is likely to be committed, (b) that a person has failed, is failing or is likely to fail to comply with any legal obligation to which he is subject, (c) that a miscarriage of justice has occurred, is occurring or is likely to occur, (d) that the health or safety of any individual has been, is being or is likely to be endangered, (e) that the environment has been, is being or is likely to be damaged, or (f) that information tending to show any matter falling within any one of the preceding paragraphs has been, is being or is likely to be deliberately concealed. (2) For the purposes of subsection (1), it is immaterial whether the relevant failure occurred, occurs or would occur in the United Kingdom or elsewhere, and whether the law applying to it is that of the United Kingdom or of any other country or territory. (3) A disclosure of information is not a qualifying disclosure if the person making the disclosure commits an offence by making it. (4) A disclosure of information in respect of which a claim to legal professional privilege (or, in Scotland, to confidentiality as between client and professional legal adviser) could be maintained in legal proceedings is not a qualifying disclosure if it is made by a person to whom the information had been disclosed in the course of obtaining legal advice. (5) In this Part „the relevant failure“, in relation to a qualifying disclosure, means the matter falling within paragraphs (a) to (f) of subsection (1).

1. Employment Rights Act 1996 (ERA)

287

43C Disclosure to employer or other responsible person (1) A qualifying disclosure is made in accordance with this section if the worker makes the disclosure in good faith – (a) to his employer, or (b) where the worker reasonably believes that the relevant failure relates solely or mainly to – (i) the conduct of a person other than his employer, or (ii) any other matter for which a person other than his employer has legal responsibility, to that other person. (2) A worker who, in accordance with a procedure whose use by him is authorised by his employer, makes a qualifying disclosure to a person other than his employer, is to be treated for the purposes of this Part as making the qualifying disclosure to his employer.

43D Disclosure to legal adviser A qualifying disclosure is made in accordance with this section if it is made in the course of obtaining legal advice.

43E Disclosure to Minister of the Crown A qualifying disclosure is made in accordance with this section if – (a) the worker’s employer is – (i) an individual appointed under any enactment (including any enactment comprised in, or in an instrument made under, an Act of the Scottish Parliament) by a Minister of the Crown or a member of the Scottish Executive, or (ii) a body any of whose members are so appointed, and (b) the disclosure is made in good faith to a Minister of the Crown.

43F Disclosure to prescribed person (1) A qualifying disclosure is made in accordance with this section if the worker – (a) makes the disclosure in good faith to a person prescribed by an order made by the Secretary of State for the purposes of this section, and (b) reasonably believes – (i) that the relevant failure falls within any description of matters in respect of which that person is so prescribed, and (ii) that the information disclosed, and any allegation contained in it, are substantially true.

288

Anhang: Gesetzestexte

(2) An order prescribing persons for the purposes of this section may specify persons or descriptions of persons, and shall specify the descriptions of matters in respect of which each person, or persons of each description, is or are prescribed.

43G Disclosure in other cases (1) A qualifying disclosure is made in accordance with this section if – (a) the worker makes the disclosure in good faith, (b) he reasonably believes that the information disclosed, and any allegation contained in it, are substantially true, (c) he does not make the disclosure for purposes of personal gain, (d) any of the conditions in subsection (2) is met, and (e) in all the circumstances of the case, it is reasonable for him to make the disclosure. (2) The conditions referred to in subsection (1)(d) are – (a) that, at the time he makes the disclosure, the worker reasonably believes that he will be subjected to a detriment by his employer if he makes a disclosure to his employer or in accordance with section 43F, (b) that, in a case where no person is prescribed for the purposes of section 43F in relation to the relevant failure, the worker reasonably believes that it is likely that evidence relating to the relevant failure will be concealed or destroyed if he makes a disclosure to his employer, or (c) that the worker has previously made a disclosure of substantially the same information – (i) to his employer, or (ii) in accordance with section 43F. (3) In determining for the purposes of subsection (1)(e) whether it is reasonable for the worker to make the disclosure, regard shall be had, in particular, to – (a) the identity of the person to whom the disclosure is made, (b) the seriousness of the relevant failure, (c) whether the relevant failure is continuing or is likely to occur in the future, (d) whether the disclosure is made in breach of a duty of confidentiality owed by the employer to any other person, (e) in a case falling within subsection (2)(c)(i) or (ii), any action which the employer or the person to whom the previous disclosure in accordance with section 43F was made has taken or might reasonably be expected to have taken as a result of the previous disclosure, and (f) in a case falling within subsection (2)(c)(i), whether in making the disclosure to the employer the worker complied with any procedure whose use by him was authorised by the employer.

1. Employment Rights Act 1996 (ERA)

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(4) For the purposes of this section a subsequent disclosure may be regarded as a disclosure of substantially the same information as that disclosed by a previous disclosure as mentioned in subsection (2)(c) even though the subsequent disclosure extends to information about action taken or not taken by any person as a result of the previous disclosure.

43H Disclosure of exceptionally serious failure (1) A qualifying disclosure is made in accordance with this section if – (a) the worker makes the disclosure in good faith, (b) he reasonably believes that the information disclosed, and any allegation contained in it, are substantially true, (c) he does not make the disclosure for purposes of personal gain, (d) the relevant failure is of an exceptionally serious nature, and (e) in all the circumstances of the case, it is reasonable for him to make the disclosure. (2) In determining for the purposes of subsection (1)(e) whether it is reasonable for the worker to make the disclosure, regard shall be had, in particular, to the identity of the person to whom the disclosure is made.

43J Contractual duties of confidentiality (1) Any provision in an agreement to which this section applies is void in so far as it purports to preclude the worker from making a protected disclosure. (2) This section applies to any agreement between a worker and his employer (whether a worker’s contract or not), including an agreement to refrain from instituting or continuing any proceedings under this Act or any proceedings for breach of contract.

43K Extension of meaning of „worker“ etc. for Part IVA (1) For the purposes of this Part „worker“ includes an individual who is not a worker as defined by section 230(3) but who – (a) works or worked for a person in circumstances in which – (i) he is or was introduced or supplied to do that work by a third person, and (ii) the terms on which he is or was engaged to do the work are or were in practice substantially determined not by him but by the person for whom he works or worked, by the third person or by both of them, (b) contracts or contracted with a person, for the purposes of that person’s business, for the execution of work to be done in a place not under the control or management of that person and would fall within section 230(3)(b) if for „personally“ in that provision there were substituted „(whether personally or otherwise)“,

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(ba) works or worked as a person performing services under a contract entered into by him with a Primary Care Trust or Local Health Board under section 28K or 28Q of the National Health Service Act 1977, (bb) works or worked as a person performing services under a contract entered into by him with a Health Board under section 17J of the National Health Service (Scotland) Act 1978, (c) works or worked as a person providing general medical services, general dental services, general ophthalmic services or pharmaceutical services in accordance with arrangements made – (i) by a Primary Care Trust under section 126 of the National Health Service Act 2006, or Local Health Board under section 71 or 80 of the National Health Service (Wales) Act 2006, or (ii) by a Health Board under section 19, 25, 26 or 27 of the National Health Service (Scotland) Act 1978, or (d) is or was provided with work experience provided pursuant to a training course or programme or with training for employment (or with both) otherwise than – (i) under a contract of employment, or (ii) by an educational establishment on a course run by that establishment; and any reference to a worker’s contract, to employment or to a worker being „employed“ shall be construed accordingly. (2) For the purposes of this Part „employer“ includes – (a) in relation to a worker falling within paragraph (a) of subsection (1), the person who substantially determines or determined the terms on which he is or was engaged, (aa) in relation to a worker falling within paragraph (ba) of that subsection, the Primary Care Trust or Local Health Board referred to in that paragraph, (ab) in relation to a worker falling within paragraph (bb) of that subsection, the Health Board referred to in that paragraph, (b) in relation to a worker falling within paragraph (c) of that subsection, the authority or board referred to in that paragraph, and (c) in relation to a worker falling within paragraph (d) of that subsection, the person providing the work experience or training. (3) In this section „educational establishment“ includes any university, college, school or other educational establishment. 43L Other interpretative provisions (1) In this Part – „qualifying disclosure“ has the meaning given by section 43B; „the relevant failure“, in relation to a qualifying disclosure, has the meaning given by section 43B(5).

1. Employment Rights Act 1996 (ERA)

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(2) In determining for the purposes of this Part whether a person makes a disclosure for purposes of personal gain, there shall be disregarded any reward payable by or under any enactment. (3) Any reference in this Part to the disclosure of information shall have effect, in relation to any case where the person receiving the information is already aware of it, as a reference to bringing the information to his attention.“

Part V Protection from Suffering Detriment in Employment 47B Protected disclosures (1) A worker has the right not to be subjected to any detriment by any act, or any deliberate failure to act, by his employer done on the ground that the worker has made a protected disclosure. (2) This section does not apply where – (a) the worker is an employee, and (b) the detriment in question amounts to dismissal (within the meaning of Part X). (3) For the purposes of this section, and of sections 48 and 49 so far as relating to this section, „worker“, „worker’s contract“, „employment“ and „employer“ have the extended meaning given by section 43K. 48 Complaints to employment tribunals [. . .] (1A) A worker may present a complaint to an employment tribunal that he has been subjected to a detriment in contravention of section 47B. [. . .] (2) On such a complaint it is for the employer to show the ground on which any act, or deliberate failure to act, was done. (3) An employment tribunal shall not consider a complaint under this section unless it is presented – (a) before the end of the period of three months beginning with the date of the act or failure to act to which the complaint relates or, where that act or failure is part of a series of similar acts or failures, the last of them, or (b) within such further period as the tribunal considers reasonable in a case where it is satisfied that it was not reasonably practicable for the complaint to be presented before the end of that period of three months. [. . .] 49 Remedies (1) Where an industrial tribunal finds a complaint under section 48 well-founded, the tribunal – (a) shall make a declaration to that effect, and (b) may make an award of compensation to be paid by the employer to the complainant in respect of the act or failure to act to which the complaint relates.

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(2) Subject to subsections (5A) and (6) the amount of the compensation awarded shall be such as the tribunal considers just and equitable in all the circumstances having regard to – (a) the infringement to which the complaint relates, and (b) any loss which is attributable to the act, or failure to act, which infringed the complainant’s right. (3) The loss shall be taken to include – (a) any expenses reasonably incurred by the complainant in consequence of the act, or failure to act, to which the complaint relates, and (b) loss of any benefit which he might reasonably be expected to have had but for that act or failure to act. (4) In ascertaining the loss the tribunal shall apply the same rule concerning the duty of a person to mitigate his loss as applies to damages recoverable under the common law of England and Wales or (as the case may be) Scotland. [. . .] (6) Where – (a) the complaint is made under section 48(1A) (b) the detriment to which the worker is subjected is the termination of his worker’s contract, and (c) that contract is not a contract of employment, any compensation must not exceed the compensation that would be payable under Chapter II of Part X if the worker had been an employee and had been dismissed for the reason specified in section 103A.

Part X Unfair Dismissal 94 The right (1) An employee has the right not to be unfairly dismissed by his employer. (2) Subsection (1) has effect subject to the following provisions of this Part (in particular sections 108 to 110) and to the provisions of the Trade Union and Labour Relations (Consolidation) Act 1992 (in particular sections 237 to 239). 95 Circumstances in which an employee is dismissed (1) For the purposes of this Part an employee is dismissed by his employer if (and, subject to subsection (2), only if) – (a) the contract under which he is employed is terminated by the employer (whether with or without notice), (b) he is employed under a limited-term contract and that contract terminates by virtue of the limiting event without being renewed under the same contract, or

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(c) the employee terminates the contract under which he is employed (with or without notice) in circumstances in which he is entitled to terminate it without notice by reason of the employer’s conduct. [. . .] 98 General (1) In determining for the purposes of this Part whether the dismissal of an employee is fair or unfair, it is for the employer to show – (a) the reason (or, if more than one, the principal reason) for the dismissal, and (b) that it is either a reason falling within subsection (2) or some other substantial reason of a kind such as to justify the dismissal of an employee holding the position which the employee held. (2) A reason falls within this subsection if it – (a) relates to the capability or qualifications of the employee for performing work of the kind which he was employed by the employer to do, (b) relates to the conduct of the employee, (ba) is retirement of the employee, (c) is that the employee was redundant, or (d) is that the employee could not continue to work in the position which he held without contravention (either on his part or on that of his employer) of a duty or restriction imposed by or under an enactment. [. . .] (3) In subsection (2)(a) – (a) „capability“, in relation to an employee, means his capability assessed by reference to skill, aptitude, health or any other physical or mental quality, and (b) „qualifications“, in relation to an employee, means any degree, diploma or other academic, technical or professional qualification relevant to the position which he held. [. . .] 103A Protected disclosures An employee who is dismissed shall be regarded for the purposes of this Part as unfairly dismissed if the reason (or, if more than one, the principal reason) for the dismissal is that the employee made a protected disclosure. 104 Assertion of statutory right (1) An employee who is dismissed shall be regarded for the purposes of this Part as unfairly dismissed if the reason (or, if more than one, the principal reason) for the dismissal is that the employee – (a) brought proceedings against the employer to enforce a right of his which is a relevant statutory right, or (b) alleged that the employer had infringed a right of his which is a relevant statutory right.

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(2) It is immaterial for the purposes of subsection (1) – (a) whether or not the employee has the right, or (b) whether or not the right has been infringed; but, for that subsection to apply, the claim to the right and that it has been infringed must be made in good faith. [. . .] 105 Redundancy (1) An employee who is dismissed shall be regarded for the purposes of this Part as unfairly dismissed if – (a) the reason (or, if more than one, the principal reason) for the dismissal is that the employee was redundant, (b) it is shown that the circumstances constituting the redundancy applied equally to one or more other employees in the same undertaking who held positions similar to that held by the employee and who have not been dismissed by the employer, and (c) it is shown that any of subsections (2A) to (7J) applies. [. . .] (6A) This subsection applies if the reason (or, if more than one, the principal reason) for which the employee was selected for dismissal was that specified in section 103A. [. . .] 108 Qualifying period of employment (1) Section 94 does not apply to the dismissal of an employee unless he has been continuously employed for a period of not less than one year ending with the effective date of termination. [. . .] (3) Subsection (1) does not apply if – [. . .] (ff) section 103A applies, (h) section 105 applies, [. . .] 111 Complaints to employment tribunal (1) A complaint may be presented to an employment tribunal against an employer by any person that he was unfairly dismissed by the employer. (2) Subject to subsection (3), an employment tribunal shall not consider a complaint under this section unless it is presented to the tribunal – (a) before the end of the period of three months beginning with the effective date of termination, or (b) within such further period as the tribunal considers reasonable in a case where it is satisfied that it was not reasonably practicable for the complaint to be presented before the end of that period of three months. [. . .]

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112 The remedies: orders and compensation (1) This section applies where, on a complaint under section 111, an employment tribunal finds that the grounds of the complaint are well-founded. (2) The tribunal shall – (a) explain to the complainant what orders may be made under section 113 and in what circumstances they may be made, and (b) ask him whether he wishes the tribunal to make such an order. (3) If the complainant expresses such a wish, the tribunal may make an order under section 113. (4) If no order is made under section 113, the tribunal shall make an award of compensation for unfair dismissal (calculated in accordance with sections 118 to 126) to be paid by the employer to the employee. [. . .] 113 The orders An order under this section may be – (a) an order for reinstatement (in accordance with section 114), or (b) an order for re-engagement (in accordance with section 115), as the tribunal may decide. 118 General (1) Where a tribunal makes an award of compensation for unfair dismissal under section 112(4) or 117(3)(a) the award shall consist of – (a) a basic award (calculated in accordance with sections 119 to 122 and 126), and (b) a compensatory award (calculated in accordance with sections 123, 124, 124A and 126). [. . .] 124 Limit of compensatory award etc. (1) The amount of – (a) any compensation awarded to a person under section 117(1) and (2), or (b)

a compensatory award to a person calculated in accordance with section 123, shall not exceed £ 65,300.

(1A) Subsection (1) shall not apply to compensation awarded, or a compensatory award made, to a person in a case where he is regarded as unfairly dismissed by virtue of section 100, 103A, 105(3) or 105(6A). [. . .] 128 Interim relief pending determination of complaint (1) An employee who presents a complaint to an employment tribunal – (a) that he has been unfairly dismissed by his employer, and

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(b) that the reason (or, if more than one, the principal reason) for the dismissal is one of those specified in section 100(1)(a) and (b), 101A(d), 102(1), 103 or 103A or in paragraph 161(2) of Schedule A1 to the Trade Union and Labour Relations (Consolidation) Act 1992, may apply to the tribunal for interim relief. [. . .] 129 Procedure on hearing of application and making of order (1) This section applies where, on hearing an employee’s application for interim relief, it appears to the tribunal that it is likely that on determining the complaint to which the application relates the tribunal will find that the reason (or, if more than one, the principal reason) for his dismissal is one of those specified in section 100(1)(a) and (b), 101A(d), 102(1), 103 or 103A or in paragraph 161(2) of Schedule A1 to the Trade Union and Labour Relations (Consolidation) Act 1992. [. . .]

Part XIII Miscellaneous 191 Crown employment (1) Subject to sections 192 and 193, the provisions of this Act to which this section applies have effect in relation to Crown employment and persons in Crown employment as they have effect in relation to other employment and other employees or workers. (2) This section applies to – [. . .] (aa) Part IVA, [. . .] (e) Part X, apart from section 101, and [. . .] 192 Armed forces (1) Section 191 – (a) applies to service as a member of the naval, military or air forces of the Crown but subject to the following provisions of this section, and (b) applies to employment by an association established for the purposes of Part XI of the Reserve Forces Act 1996. (2) The provisions of this Act which have effect by virtue of section 191 in relation to service as a member of the naval, military or air forces of the Crown are – (a) Part I, (aa) in Part V, section 43M, 45A, 47C and 47D, sections 48 and 49 so far as relating to those sections, (ab) section 47C, (b) in Part VI, sections 55 to 57B, (c) Parts VII and VIII,

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(d) in Part IX, sections 92 and 93, (e) Part X, apart from sections 98B(2) and (3), 100 to 103, 104C and 134, and (f) this Part and Parts XIV and XV. [. . .] 193 National security Part IVA and section 47B of this Act do not apply in relation to employment for the purposes of – (a) the Security Service, (b) the Secret Intelligence Service, or (c) the Government Communications Headquaters. 194 House of Lords staff (1) The provisions of this Act to which this section applies have effect in relation to employment as a relevant member of the House of Lords staff as they have effect in relation to other employment. (2) This section applies to – (a) Part I, (b) Part III, (c) in Part V, sections 43M, 44, 45A, 47, 47C, 47D and 47E, sections 48 and 49 so far as relating to those sections, (d) Part VI, apart from sections 58 to 60, (e) Parts 7, 8 and 8A, (f) in Part IX, sections 92 and 93, (g) Part X, apart from sections 101 and 102, and (h) this Part and Parts XIV and XV. [. . .] 195 House of Commons staff (1) The provisions of this Act to which this section applies have effect in relation to employment as a relevant member of the House of Commons staff as they have effect in relation to other employment. (2) This section applies to – (a) Part I, (b) Part III, (c) in Part V, sections 43M, 44, 45A, 47, 47C, 47D and 47E, and sections 48 and 49 so far as relating to those sections, (d) Part VI, apart from sections 58 to 60,

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(e) Parts 7, 8 and 8A, (f) in Part IX, sections 92 and 93, (g) Part X, apart from sections 101 and 102, and (h) this Part and Parts XIV and XV. [. . .] 200 Police officers (1) Section 8 to 10, Part III, section 43M, 45, 45A, 47, 47C, 50 to 57B and 61 to 63, Parts VII and VIII, sections 92 and 93 and Part X (except sections 100, 103A and 134A and the other provisions of that Part so far as relating to the right not to be unfairly dismissed in a case where the dismissal is unfair by virtue of section 100 or 103A) do not apply to employment under a contract of employment in police service or to persons engaged in such employment. [. . .]

2. False Claims Act (FCA) 31 USC § 3729. False claims (a) Liability for certain acts. Any person who – (1) knowingly presents, or causes to be presented, to an officer or employee of the United States Government or a member of the Armed Forces of the United States a false or fraudulent claim for payment or approval; (2) knowingly makes, uses, or causes to be made or used, a false record or statement to get a false or fraudulent claim paid or approved by the Government; (3) conspires to defraud the Government by getting a false or fraudulent claim allowed or paid; (4) has possession, custody, or control of property or money used, or to be used, by the Government and, intending to defraud the Government or willfully to conceal the property, delivers, or causes to be delivered, less property than the amount for which the person receives a certificate or receipt; (5) authorized to make or deliver a document certifying receipt of property used, or to be used, by the Government and, intending to defraud the Government, makes or delivers the receipt without completely knowing that the information on the receipt is true; (6) knowingly buys, or receives as a pledge of an obligation or debt, public property from an officer or employee of the Government, or a member of the Armed Forces, who lawfully may not sell or pledge the property; or (7) knowingly makes, uses, or causes to be made or used, a false record or statement to conceal, avoid, or decrease an obligation to pay or transmit money or property to the Government, is liable to the United States Government for a civil penalty of not less than $ 5,000 and not more than $ 10,000, plus 3 times the amount of damages which the Government sustains because of the act of that person [. . .].

2. False Claims Act (FCA)

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31 USC § 3730. Civil actions for false claims [. . .] (b) Actions by private persons. (1) A person may bring a civil action for a violation of section 3729 for the person and for the United States Government. The action shall be brought in the name of the Government. The action may be dismissed only if the court and the Attorney General give written consent to the dismissal and their reasons for consenting. (2) A copy of the complaint and written disclosure of substantially all material evidence and information the person possesses shall be served on the Government pursuant to Rule 4(d)(4) of the Federal Rules of Civil Procedure. The complaint shall be filed in camera, shall remain under seal for at least 60 days, and shall not be served on the defendant until the court so orders. The Government may elect to intervene and proceed with the action within 60 days after it receives both the complaint and the material evidence and information. (3) The Government may, for good cause shown, move the court for extensions of the time during which the complaint remains under seal under paragraph (2). Any such motions may be supported by affidavits or other submissions in camera. The defendant shall not be required to respond to any complaint filed under this section until 20 days after the complaint is unsealed and served upon the defendant pursuant to Rule 4 of the Federal Rules of Civil Procedure. (4) Before the expiration of the 60-day period or any extensions obtained under paragraph (3), the Government shall – (A) proceed with the action, in which case the action shall be conducted by the Government; or (B) notify the court that it declines to take over the action, in which case the person bringing the action shall have the right to conduct the action. (5) When a person brings an action under this subsection, no person other than the Government may intervene or bring a related action based on the facts underlying the pending action. [. . .] (d) Award to qui tam plaintiff. (1) If the Government proceeds with an action brought by a person under subsection (b), such person shall, subject to the second sentence of this paragraph, receive at least 15 percent but not more than 25 percent of the proceeds of the action or settlement of the claim, depending upon the extent to which the person substantially contributed to the prosecution of the action. Where the action is one which the court finds to be based primarily on disclosures of specific information (other than information provided by the person bringing the action) relating to allegations or transactions in a criminal, civil, or administrative hearing, in a congressional, administrative, or Government Accounting Office report, hearing, audit, or investigation, or from the news media, the court may award such sums as it considers appropriate, but in no case more than 10 percent of the proceeds, taking into account the significance of the information and the role of the person bringing the action in advancing the case to litigation. Any payment to a person under the first or second sentence of this paragraph shall be made from the proceeds. Any such person shall

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Anhang: Gesetzestexte also receive an amount for reasonable expenses which the court finds to have been necessarily incurred, plus reasonable attorneys’ fees and costs. All such expenses, fees, and costs shall be awarded against the defendant.

(2) If the Government does not proceed with an action under this section, the person bringing the action or settling the claim shall receive an amount which the court decides is reasonable for collecting the civil penalty and damages. The amount shall be not less than 25 percent and not more than 30 percent of the proceeds of the action or settlement and shall be paid out of such proceeds. Such person shall also receive an amount for reasonable expenses which the court finds to have been necessarily incurred, plus reasonable attorneys’ fees and costs. All such expenses, fees, and costs shall be awarded against the defendant. (3) Whether or not the Government proceeds with the action, if the court finds that the action was brought by a person who planned and initiated the violation of section 3729 upon which the action was brought, then the court may, to the extent the court considers appropriate, reduce the share of the proceeds of the action which the person would otherwise receive under paragraph (1) or (2) of this subsection, taking into account the role of that person in advancing the case to litigation and any relevant circumstances pertaining to the violation. If the person bringing the action is convicted of criminal conduct arising from his or her role in the violation of section 3729, that person shall be dismissed from the civil action and shall not receive any share of the proceeds of the action. Such dismissal shall not prejudice the right of the United States to continue the action, represented by the Department of Justice. (4) If the Government does not proceed with the action and the person bringing the action conducts the action, the court may award to the defendant its reasonable attorneys’ fees and expenses if the defendant prevails in the action and the court finds that the claim of the person bringing the action was clearly frivolous, clearly vexatious, or brought primarily for purposes of harassment. (e) Certain actions barred. (1) No court shall have jurisdiction over an action brought by a former or present member of the armed forces under subsection (b) of this section against a member of the armed forces arising out of such person’s service in the armed forces. (2) (A) No court shall have jurisdiction over an action brought under subsection (b) against a Member of Congress, a member of the judiciary, or a senior executive branch official if the action is based on evidence or information known to the Government when the action was brought. (B) For purposes of this paragraph, „senior executive branch official“ means any officer or employee listed in paragraphs (1) through (8) of section 101(f) of the Ethics in Government Act of 1978 (5 U.S.C. App.). (3) In no event may a person bring an action under subsection (b) which is based upon allegations or transactions which are the subject of a civil suit or an administrative civil money penalty proceeding in which the Government is already a party. (4) (A) No court shall have jurisdiction over an action under this section based upon the public disclosure of allegations or transactions in a criminal, civil, or adminis-

3. Whistleblower Protection Act (WPA)

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trative hearing, in a congressional, administrative, or Government Accounting Office report, hearing, audit, or investigation, or from the news media, unless the action is brought by the Attorney General or the person bringing the action is an original source of the information. (B) For purposes of this paragraph, „original source“ means an individual who has direct and independent knowledge of the information on which the allegations are based and has voluntarily provided the information to the Government before filing an action under this section which is based on the information. [. . .] (h) Any employee who is discharged, demoted, suspended, threatened, harassed, or in any other manner discriminated against in the terms and conditions of employment by his or her employer because of lawful acts done by the employee on behalf of the employee or others in furtherance of an action under this section, including investigation for, initiation of, testimony for, or assistance in an action filed or to be filed under this section, shall be entitled to all relief necessary to make the employee whole. Such relief shall include reinstatement with the same seniority status such employee would have had but for the discrimination, 2 times the amount of back pay, interest on the back pay, and compensation for any special damages sustained as a result of the discrimination, including litigation costs and reasonable attorneys’ fees. An employee may bring an action in the appropriate district court of the United States for the relief provided in this subsection.

3. Whistleblower Protection Act (WPA) 5 USC § 1212. Powers and functions of the Office of Special Counsel (a) The Office of Special Counsel shall – (1) in accordance with section 1214(a) and other applicable provisions of this subchapter, protect employees, former employees, and applicants for employment from prohibited personnel practices; (2) receive and investigate allegations of prohibited personnel practices, and, where appropriate – (A) bring petitions for stays, and petitions for corrective action, under section 1214; and (B) file a complaint or make recommendations for disciplinary action under section 1215; (3) receive, review, and, where appropriate, forward to the Attorney General or an agency head under section 1213, disclosures of violations of any law, rule, or regulation, or gross mismanagement, a gross waste of funds, an abuse of authority, or a substantial and specific danger to public health or safety; (4) review rules and regulations issued by the Director of the Office of Personnel Management in carrying out functions under section 1103 and, where the Special Counsel finds that any such rule or regulation would, on its face or as implemented, require the commission of a prohibited personnel practice, file a written complaint with the Board; and

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Anhang: Gesetzestexte

(5) investigate and, where appropriate, bring actions concerning allegations of violations of other laws within the jurisdiction of the Office of Special Counsel (as referred to in section 1216). [. . .] (c) (1) Except as provided in paragraph (2), the Special Counsel may as a matter of right intervene or otherwise participate in any proceeding before the Merit Systems Protection Board, except that the Special Counsel shall comply with the rules of the Board. (2) The Special Counsel may not intervene in an action brought by an individual under section 1221, or in an appeal brought by an individual under section 7701, without the consent of such individual. [. . .] (g) (1) The Special Counsel may not respond to any inquiry or disclose any information from or about any person making an allegation under section 1214(a), except in accordance with the provisions of section 552a of title 5, United States Code, or as required by any other applicable Federal law. (2) Notwithstanding the exception under paragraph (1), the Special Counsel may not respond to any inquiry concerning an evaluation of the work performance, ability, aptitude, general qualifications, character, loyalty, or suitability for any personnel action of any person described in paragraph (1) – (A) unless the consent of the individual as to whom the information pertains is obtained in advance; or (B) except upon request of an agency which requires such information in order to make a determination concerning an individual’s having access to the information unauthorized disclosure of which could be expected to cause exceptionally grave damage to the national security.

5 USC § 1213. Provisions relating to disclosures of violations of law, gross mismanagement, and certain other matters (a) This section applies with respect to – (1) any disclosure of information by an employee, former employee, or applicant for employment which the employee, former employee, or applicant reasonably believes evidences – (A) a violation of any law, rule, or regulation; or (B) gross mismanagement, a gross waste of funds, an abuse of authority, or a substantial and specific danger to public health or safety; if such disclosure is not specifically prohibited by law and if such information is not specifically required by Executive order to be kept secret in the interest of national defense or the conduct of foreign affairs; and (2) any disclosure by an employee, former employee, or applicant for employment to the Special Counsel or to the Inspector General of an agency or another employee

3. Whistleblower Protection Act (WPA)

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designated by the head of the agency to receive such disclosures of information which the employee, former employee, or applicant reasonably believes evidences – (A) a violation of any law, rule, or regulation; or (B) gross mismanagement, a gross waste of funds, an abuse of authority, or a substantial and specific danger to public health or safety. [. . .] (h) The identity of any individual who makes a disclosure described in subsection (a) may not be disclosed by the Special Counsel without such individual’s consent unless the Special Counsel determines that the disclosure of the individual’s identity is necessary because of an imminent danger to public health or safety or imminent violation of any criminal law. [. . .] 5 USC § 1214. Investigation of prohibited personnel practices; corrective action (a) (1) (A) The Special Counsel shall receive any allegation of a prohibited personnel practice and shall investigate the allegation to the extent necessary to determine whether there are reasonable grounds to believe that a prohibited personnel practice has occurred, exists, or is to be taken. (B) Within 15 days after the date of receiving an allegation of a prohibited personnel practice under paragraph (1), the Special Counsel shall provide written notice to the person who made the allegation that – (i) the allegation has been received by the Special Counsel; and (ii) shall include the name of a person at the Office of Special Counsel who shall serve as a contact with the person making the allegation. (C) Unless an investigation is terminated under paragraph (2), the Special Counsel shall – (i) within 90 days after notice is provided under subparagraph (B), notify the person who made the allegation of the status of the investigation and any action taken by the Office of the Special Counsel since the filing of the allegation; (ii) notify such person of the status of the investigation and any action taken by the Office of the Special Counsel since the last notice, at least every 60 days after notice is given under clause (i); and (iii) notify such person of the status of the investigation and any action taken by the Special Counsel at such time as determined appropriate by the Special Counsel. (D) No later than 10 days before the Special Counsel terminates any investigation of a prohibited personnel practice, the Special Counsel shall provide a written status report to the person who made the allegation of the proposed findings of fact and legal conclusions. The person may submit written comments about the report to the Special Counsel. The Special Counsel shall not be required to provide a subsequent written status report under this subparagraph after the submission of such written comments. [. . .]

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Anhang: Gesetzestexte

(3) Except in a case in which an employee, former employee, or applicant for employment has the right to appeal directly to the Merit Systems Protection Board under any law, rule, or regulation, any such employee, former employee, or applicant shall seek corrective action from the Special Counsel before seeking corrective action from the Board. An employee, former employee, or applicant for employment may seek corrective action from the Board under section 1221, if such employee, former employee, or applicant seeks corrective action for a prohibited personnel practice described in section 2302(b)(8) from the Special Counsel and – (A) (i) the Special Counsel notifies such employee, former employee, or applicant that an investigation concerning such employee, former employee, or applicant has been terminated; and (ii) no more than 60 days have elapsed since notification was provided to such employee, former employee, or applicant for employment that such investigation was terminated; or (B) 120 days after seeking corrective action from the Special Counsel, such employee, former employee, or applicant has not been notified by the Special Counsel that the Special Counsel shall seek corrective action on behalf of such employee, former employee, or applicant. [. . .] (5) In addition to any authority granted under paragraph (1), the Special Counsel may, in the absence of an allegation, conduct an investigation for the purpose of determining whether there are reasonable grounds to believe that a prohibited personnel practice (or a pattern of prohibited personnel practices) has occurred, exists, or is to be taken. (b) (1) (A) (i) The Special Counsel may request any member of the Merit Systems Protection Board to order a stay of any personnel action for 45 days if the Special Counsel determines that there are reasonable grounds to believe that the personnel action was taken, or is to be taken, as a result of a prohibited personnel practice. (ii) Any member of the Board requested by the Special Counsel to order a stay under clause (i) shall order such stay unless the member determines that, under the facts and circumstances involved, such stay would not be appropriate. (iii) Unless denied under clause (ii), any stay under this subparagraph shall be granted within 3 calendar days (excluding Saturdays, Sundays, and legal holidays) after the date of the request for the stay by the Special Cousel. (B) The Board may extend the period of any stay granted under subparagraph (A) for any period which the Board considers appropriate. (C) The Board shall allow any agency which is the subject of a stay to comment to the Board on any extension of stay proposed under subparagraph (B). (D) A stay may be terminated by the Board at any time, except that a stay may not be terminated by the Board –

3. Whistleblower Protection Act (WPA)

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(i) on its own motion or on the motion of an agency, unless notice and opportunity for oral or written comments are first provided to the Special Counsel and the individual on whose behalf the stay was ordered; or (ii) on motion of the Special Counsel, unless notice and opportunity for oral or written comments are first provided to the individual on whose behalf the stay was ordered. (2) (A) (i) Except as provided under clause (ii), no later than 240 days after the date of receiving an allegation of a prohibited personnel practice under paragraph (1), the Special Counsel shall make a determination whether there are reasonable grounds to believe that a prohibited personnel practice has occurred, exists, or is to be taken. (ii) If the Special Counsel is unable to make the required determination within the 240-day period specified under clause (i) and the person submitting the allegation of a prohibited personnel practice agrees to an extension of time, the determination shall be made within such additional period of time as shall be agreed upon between the Special Counsel and the person submitting the allegation. [. . .] (4) (A) The Board shall order such corrective action as the Board considers appropriate, if the Board determines that the Special Counsel has demonstrated that a prohibited personnel practice, other than one described in section 2302(b)(8), has occurred, exists, or is to be taken. (B) (i) Subject to the provisions of clause (ii), in any case involving an alleged prohibited personnel practice as described under section 2302(b)(8), the Board shall order such corrective action as the Board considers appropriate if the Special Counsel has demonstrated that a disclosure described under section 2302(b)(8) was a contributing factor in the personnel action which was taken or is to be taken against the individual. (ii) Corrective action under clause (i) may not be ordered if the agency demonstrates by clear and convincing evidence that it would have taken the same personnel action in the absence of such disclosure. (c) (1) Judicial review of any final order or decision of the Board under this section may be obtained by any employee, former employee, or applicant for employment adversely affected by such order or decision. (2) A petition for review under this subsection shall be filed with such court, and within such time, as provided for under section 7703(b). [. . .] (f) During any investigation initiated under this subchapter, no disciplinary action shall be taken against any employee for any alleged prohibited activity under investigation or for any related activity without the approval of the Special Counsel. (g) If the Board orders corrective action under this section, such corrective action may include –

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Anhang: Gesetzestexte

(1) that the individual be placed, as nearly as possible, in the position the individual would have been in had the prohibited personnel practice not occurred; and (2) reimbursement for attorney’s fees, back pay and related benefits, medical costs incurred, travel expenses, and any other reasonable and foreseeable consequential damages.

5 USC § 1215. Disciplinary action (a) (1) Except as provided in subsection (b), if the Special Counsel determines that disciplinary action should be taken against any employee for having – (A) committed a prohibited personnel practice, (B) violated the provisions of any law, rule, or regulation, or engaged in any other conduct within the jurisdiction of the Special Counsel as described in section 1216, or (C) knowingly and willfully refused or failed to comply with an order of the Merit Systems Protection Board, the Special Counsel shall prepare a written complaint against the employee containing the Special Counsel’s determination, together with a statement of supporting facts, and present the complaint and statement to the employee and the Board, in accordance with this subsection. (2) Any employee against whom a complaint has been presented to the Merit Systems Protection Board under paragraph (1) is entitled to – (A) a reasonable time to answer orally and in writing, and to furnish affidavits and other documentary evidence in support of the answer; (B) be represented by an attorney or other representative; (C) a hearing before the Board or an administrative law judge appointed under section 3105 and designated by the Board; (D) have a transcript kept of any hearing under subparagraph (C); and (E) a written decision and reasons therefor at the earliest practicable date, including a copy of any final order imposing disciplinary action. (3) A final order of the Board may impose disciplinary action consisting of removal, reduction in grade, debarment from Federal employment for a period not to exceed 5 years, suspension, reprimand, or an assessment of a civil penalty not to exceed $1,000. (4) There may be no administrative appeal from an order of the Board. An employee subject to a final order imposing disciplinary action under this subsection may obtain judicial review of the order by filing a petition therefor with such court, and within such time, as provided for under section 7703(b). (5) In the case of any State or local officer or employee under chapter 15, the Board shall consider the case in accordance with the provisions of such chapter.

3. Whistleblower Protection Act (WPA)

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(b) In the case of an employee in a confidential, policy-making, policy-determining, or policy-advocating position appointed by the President, by and with the advice and consent of the Senate (other than an individual in the Foreign Service of the United States), the complaint and statement referred to in subsection (a)(1), together with any response of the employee, shall be presented to the President for appropriate action in lieu of being presented under subsection (a). (c) (1) In the case of members of the uniformed services and individuals employed by any person under contract with an agency to provide goods or services, the Special Counsel may transmit recommendations for disciplinary or other appropriate action (including the evidence on which such recommendations are based) to the head of the agency concerned. (2) In any case in which the Special Counsel transmits recommendations to an agency head under paragraph (1), the agency head shall, within 60 days after receiving such recommendations, transmit a report to the Special Counsel on each recommendation and the action taken, or proposed to be taken, with respect to each such recommendation.

5 USC § 1221. Individual right of action in certain reprisal cases (a) Subject to the provisions of subsection (b) of this section and subsection 1214(a)(3), an employee, former employee, or applicant for employment may, with respect to any personnel action taken, or proposed to be taken, against such employee, former employee, or applicant for employment, as a result of a prohibited personnel practice described in section 2302(b)(8), seek corrective action from the Merit Systems Protection Board. (b) This section may not be construed to prohibit any employee, former employee, or applicant for employment from seeking corrective action from the Merit Systems Protection Board before seeking corrective action from the Special Counsel, if such employee, former employee, or applicant for employment has the right to appeal directly to the Board under any law, rule, or regulation. (c) (1) Any employee, former employee, or applicant for employment seeking corrective action under subsection (a) may request that the Board order a stay of the personnel action involved. (2) Any stay requested under paragraph (1) shall be granted within 10 calendar days (excluding Saturdays, Sundays, and legal holidays) after the date the request is made, if the Board determines that such a stay would be appropriate. (3) (A) The Board shall allow any agency which would be subject to a stay under this subsection to comment to the Board on such stay request. (B) Except as provided in subparagraph (C), a stay granted under this subsection shall remain in effect for such period as the Board determines to be appropriate.

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Anhang: Gesetzestexte (C) The Board may modify or dissolve a stay under this subsection at any time, if the Board determines that such a modification or dissolution is appropriate.

(d) (1) At the request of an employee, former employee, or applicant for employment seeking corrective action under subsection (a), the Board may issue a subpoena for the attendance and testimony of any person or the production of documentary or other evidence from any person if the Board finds that the testimony or production requested is not unduly burdensome and appears reasonably calculated to lead to the discovery of admissible evidence (2) A subpoena under this subsection may be issued, and shall be enforced, in the same manner as applies in the case of subpoenas under section 1204. (e) (1) Subject to the provisions of paragraph (2), in any case involving an alleged prohibited personnel practice as described under section 2302(b)(8), the Board shall order such corrective action as the Board considers appropriate if the employee, former employee, or applicant for employment has demonstrated that a disclosure described under section 2302(b)(8) was a contributing factor in the personnel action which was taken or is to be taken against such employee, former employee, or applicant. The employee may demonstrate that the disclosure was a contributing factor in the personnel action through circumstantial evidence, such as evidence that – (A) the official taking the personnel action knew of the disclosure; and (B) the personnel action occurred within a period of time such that a reasonable person could conclude that the disclosure was a contributing factor in the personnel action. (2) Corrective action under paragraph (1) may not be ordered if the agency demonstrates by clear and convincing evidence that it would have taken the same personnel action in the absence of such disclosure. (f) (1) A final order or decision shall be rendered by the Board as soon as practicable after the commencement of any proceeding under this section. (2) A decision to terminate an investigation under subchapter II may not be considered in any action or other proceeding under this section. (3) If, based on evidence presented to it under this section, the Merit Systems Protection Board determines that there is reason to believe that a current employee may have committed a prohibited personnel practice, the Board shall refer the matter to the Special Counsel to investigate and take appropriate action under section 1215. (g) (1) (A) If the Board orders corrective action under this section, such corrective action may include –

3. Whistleblower Protection Act (WPA)

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(i) that the individual be placed, as nearly as possible, in the position the individual would have been in had the prohibited personnel practice not occurred; and (ii) back pay and related benefits, medical costs incurred, travel expenses, and any other reasonable and foreseeable consequential changes. (B) Corrective action shall include attorney’s fees and costs as provided for under paragraphs (2) and (3). (2) If an employee, former employee, or applicant for employment is the prevailing party before the Merit Systems Protection Board, and the decision is based on a finding of a prohibited personnel practice, the agency involved shall be liable to the employee, former employee, or applicant for reasonable attorney’s fees and any other reasonable costs incurred. (3) If an employee, former employee, or applicant for employment is the prevailing party in an appeal from the Merit Systems Protection Board, the agency involved shall be liable to the employee, former employee, or applicant for reasonable attorney’s fees and any other reasonable costs incurred, regardless of the basis of the decision. (h) (1) An employee, former employee, or applicant for employment adversely affected or aggrieved by a final order or decision of the Board under this section may obtain judicial review of the order or decision. (2) A petition for review under this subsection shall be filed with such court, and within such time, as provided for under section 7703(b). (i) Subsections (a) through (h) shall apply in any proceeding brought under section 7513(d) if, or to the extent that, a prohibited personnel practice as defined in section 2302(b)(8) is alleged. (j) In determining the appealability of any case involving an allegation made by an individual under the provisions of this chapter, neither the status of an individual under any retirement system established under a Federal statute nor any election made by such individual under any such system may be taken into account.

5 USC § 2105. Employee (a) For the purpose of this title, „employee“, except as otherwise provided by this section or when specifically modified, means an officer and an individual who is – (1) appointed in the civil service by one of the following acting in an official capacity – (A) the President; (B) a Member or Members of Congress, or the Congress; (C) a member of a uniformed service; (D) an individual who is an employee under this section;

310

Anhang: Gesetzestexte (E) the head of a Government controlled corporation; or (F) an adjutant general designated by the Secretary concerned under section 709(c) of title 32;

(2) engaged in the performance of a Federal function under authority of law or an Executive act; and (3) subject to the supervision of an individual named by paragraph (1) of this subsection while engaged in the performance of the duties of his position. [. . .] (e) Except as otherwise provided by law, an employee of the United States Postal Service or of the Postal Regulatory Commission is deemed not an employee for purposes of this title. [. . .]

5 USC § 2302. Prohibited personnel practices (a) (1) For the purpose of this title, „prohibited personnel practice“ means any action described in subsection (b). (2) For the purpose of this section – (A) „personnel action“ means – (i)

an appointment;

(ii)

a promotion;

(iii) an action under chapter 75 of this title or other disciplinary or corrective action; (iv) a detail, transfer, or reassignment; (v)

a reinstatement;

(vi) a restoration; (vii) a reemployment; (viii) a performance evaluation under chapter 43 of this title; (ix) a decision concerning pay, benefits, or awards, concerning education or training if the education or training may reasonably be expected to lead to an appointment, promotion, performance evaluation, or other action described in this subparagraph; (x)

a decision to order psychiatric testing or examination; and

(xi) any other significant change in duties, responsibilities, or working conditions; with respect to an employee in, or applicant for, a covered position in an agency, and in the case of an alleged prohibited personnel practice described in subsection (b)(8), an employee or applicant for employment in a Government corporation as defined in section 9101 of title 31;

3. Whistleblower Protection Act (WPA)

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(B) „covered position“ means, with respect to any personnel action, any position in the competitive service, a career appointee position in the Senior Executive Service, or a position in the excepted service, but does not include any position which is, prior to the personnel action – (i) excepted from the competitive service because of its confidential, policy-determining, policy-making, or policy-advocating character; or (ii) excluded from the coverage of this section by the President based on a determination by the President that it is necessary and warranted by conditions of good administration; and (C) „agency“ means an Executive agency and the Government Printing Office, but does not include – (i) a Government corporation, except in the case of an alleged prohibited personnel practice described under subsection (b)(8); (ii) the Federal Bureau of Investigation, the Central Intelligence Agency, the Defense Intelligence Agency, the National Geospatial-Intelligence Agency, the National Security Agency, and, as determined by the President, any Executive agency or unit thereof the principal function of which is the conduct of foreign intelligence or counterintelligence activities; or (iii) the Government Accountability Office. (b) Any employee who has authority to take, direct others to take, recommend, or approve any personnel action, shall not, with respect to such authority – [. . .] (8) take or fail to take, or threaten to take or fail to take, a personnel action with respect to any employee or applicant for employment because of – (A) any disclosure of information by an employee or applicant which the employee or applicant reasonably believes evidences – (i) a violation of any law, rule, or regulation, or (ii) gross mismanagement, a gross waste of funds, an abuse of authority, or a substantial and specific danger to public health or safety, if such disclosure is not specifically prohibited by law and if such information is not specifically required by Executive order to be kept secret in the interest of national defense or the conduct of foreign affairs; or (B) any disclosure to the Special Counsel, or to the Inspector General of an agency or another employee designated by the head of the agency to receive such disclosures, of information which the employee or applicant reasonably believes evidences – (i) a violation of any law, rule, or regulation, or (ii) gross mismanagement, a gross waste of funds, an abuse of authority, or a substantial and specific danger to public health or safety; [. . .] (c) The head of each agency shall be responsible for the prevention of prohibited personnel practices, for the compliance with and enforcement of applicable civil service laws, rules, and regulations, and other aspects of personnel management, and for ensuring (in consultation with the Office of Special Counsel) that agency employees are

312

Anhang: Gesetzestexte

informed of the rights and remedies available to them under this chapter and chapter 12 of this title. Any individual to whom the head of an agency delegates authority for personnel management, or for any aspect thereof, shall be similarly responsible within the limits of the delegation.

4. Sarbanes-Oxley Act (SOX) 18 USC § 1514A (Section 806 SOX) Corporate and Criminal Fraud Accountability Act – Protection for Employees of Publicly Traded Companies Who Provide Evidence of Fraud Civil action to protect against retaliation in fraud cases (a) Whistleblower protection for employees of publicly traded companies. No company with a class of securities registered under section 12 of the Securities Exchange Act of 1934 (15 USC 78l), or that is required to file reports under section 15(d) of the Securities Exchange Act of 1934 (15 USC 78o(d)), or any officer, employee, contractor, subcontractor, or agent of such company, may discharge, demote, suspend, threaten, harass, or in any other manner discriminate against an employee in the terms and conditions of employment because of any lawful act done by the employee – (1) to provide information, cause information to be provided, or otherwise assist in an investigation regarding any conduct which the employee reasonably believes constitutes a violation of section 1341, 1343, 1344, or 1348, any rule or regulation of the Securities and Exchange Commission, or any provision of Federal law relating to fraud against shareholders, when the information or assistance is provided to or the investigation is conducted by – (A) a Federal regulatory or law enforcement agency; (B) any Member of Congress or any committee of Congress; or (C) a person with supervisory authority over the employee (or such other person working for the employer who has the authority to investigate, discover, or terminate misconduct); or (2) to file, cause to be filed, testify, participate in, or otherwise assist in a proceeding filed or about to be filed (with any knowledge of the employer) relating to an alleged violation of section 1341, 1343, 1344, or 1348, any rule or regulation of the Securities and Exchange Commission, or any provision of Federal law relating to fraud against shareholders. (b) Enforcement action. (1) In general. A person who alleges discharge or other discrimination by any person in violation of subsection (a) may seek relief under subsection (c), by – (A) filing a complaint with the Secretary of Labor; or

4. Sarbanes-Oxley Act (SOX)

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(B) if the Secretary has not issued a final decision within 180 days of the filing of the complaint and there is no showing that such delay is due to the bad faith of the claimant, bringing an action at law or equity for de novo review in the appropriate district court of the United States, which shall have jurisdiction over such an action without regard to the amount in controversy. (2) Procedure. (A) In general. An action under paragraph (1)(A) shall be governed under the rules and procedures set forth in section 42121(b) of title 49, United States Code. (B) Exception. Notification made under section 42121(b)(1) of title 49, United States Code, shall be made to the person named in the complaint and to the employer. (C) Burdens of proof. An action brought under paragraph (1)(B) shall be governed by the legal burdens of proof set forth in section 42121(b) of title 49, United States Code. (D) Statute of limitations. An action under paragraph (1) shall be commenced not later than 90 days after the date on which the violation occurs. (c) Remedies. (1) In general. An employee prevailing in any action under subsection (b)(1) shall be entitled to all relief necessary to make the employee whole. (2) Compensatory damages. Relief for any action under paragraph (1) shall include – (A) reinstatement with the same seniority status that the employee would have had, but for the discrimination; (B) the amount of back pay, with interest; and (C) compensation for any special damages sustained as a result of the discrimination, including litigation costs, expert witness fees, and reasonable attorney fees. (d) Rights retained by employee.

Nothing in this section shall be deemed to diminish the rights, privileges, or remedies of any employee under any Federal or State law, or under any collective bargaining agreement. 15 USC § 78j–1(m) (Section 301 SOX) Corporate Responsibility Audit Committee (m) Standards relating to audit committees. (1) Commission rules. (A) In general. Effective not later than 270 days after the date of enactment of this subsection, the Commission shall, by rule, direct the national securities exchanges and national securities associations to prohibit the listing of any security of an issuer that is not in compliance with the requirements of any portion of paragraphs (2) through (6).

314

Anhang: Gesetzestexte (B) Opportunity to cure defects. The rules of the Commission under subparagraph (A) shall provide for appropriate procedures for an issuer to have an opportunity to cure any defects that would be the basis for a prohibition under subparagraph (A), before the imposition of such prohibition.

(2) Responsibilities relating to registered public accounting firms. The audit committee of each issuer, in its capacity as a committee of the board of directors, shall be directly responsible for the appointment, compensation, and oversight of the work of any registered public accounting firm employed by that issuer (including resolution of disagreements between management and the auditor regarding financial reporting) for the purpose of preparing or issuing an audit report or related work, and each such registered public accounting firm shall report directly to the audit committee. (3) Independence. (A) In general. Each member of the audit committee of the issuer shall be a member of the board of directors of the issuer, and shall otherwise be independent. (B) Criteria. In order to be considered to be independent for purposes of this paragraph, a member of an audit committee of an issuer may not, other than in his or her capacity as a member of the audit committee, the board of directors, or any other board committee – (i) accept any consulting, advisory, or other compensatory fee from the issuer; or (ii) be an affiliated person of the issuer or any subsidiary thereof. (C) Exemption authority. The Commission may exempt from the requirements of subparagraph (B) a particular relationship with respect to audit committee members, as the Commission determines appropriate in light of the circumstances. (4) Complaints. Each audit committee shall establish procedures for – (A) the receipt, retention, and treatment of complaints received by the issuer regarding accounting, internal accounting controls, or auditing matters; and (B) the confidential, anonymous submission by employees of the issuer of concerns regarding questionable accounting or auditing matters. (5) Authority to engage advisers. Each audit committee shall have the authority to engage independent counsel and other advisers, as it determines necessary to carry out its duties. (6) Funding. Each issuer shall provide for appropriate funding, as determined by the audit committee, in its capacity as a committee of the board of directors, for payment of compensation – (A) to the registered public accounting firm employed by the issuer for the purpose of rendering or issuing an audit report; and (B) to any advisers employed by the audit committee under paragraph (5).

4. Sarbanes-Oxley Act (SOX)

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15 USC § 7245 (Section 307 SOX) Corporate Responsibility Rules of Professional Responsibility for Attorneys Not later than 180 days after the date of enactment of this Act, the Commission shall issue rules, in the public interest and for the protection of investors, setting forth minimum standards of professional conduct for attorneys appearing and practicing before the Commission in any way in the representation of issuers, including a rule (1) requiring an attorney to report evidence of a material violation of securities law or breach of fiduciary duty or similar violation by the company or any agent thereof, to the chief legal counsel or the chief executive officer of the company (or the equivalent thereof); and (2) if the counsel or officer does not appropriately respond to the evidence (adopting, as necessary, appropriate remedial measures or sanctions with respect to the violation), requiring the attorney to report the evidence to the audit committee of the board of directors of the issuer or to another committee of the board of directors comprised solely of directors not employed directly or indirectly by the issuer, or to the board of directors. 18 USC § 1513(e) (Section 1107 SOX) Obstruction of Justice Retaliation Against Informants Whoever knowingly, with the intent to retaliate, takes any action harmful to any person, including interference with the lawful employment or livelihood of any person, for providing to a law enforcement officer any truthful information relating to the commission or possible commission of any Federal offense, shall be fined under this title or imprisoned not more than 10 years, or both.

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Verzeichnis der Entscheidungen ausländischer Gerichte Entscheidungen U.S.-amerikanischer Gerichte Alaska Housing Finance Corporation v. Salvucci, 950 P.2d 1116 (Alas. 1997) Supreme Court of Alaska American Nuclear Resources, Inc. v. U.S. Department of Labor, 134 F.3d 1292 (6th Cir. 1998) United States Court of Appeals for the Sixth Circuit Appeal of Osram Sylvania, Inc., 706 A.2d 172 (N.H. 1998) Supreme Court of New Hampshire Austin v. Healthtrust, Inc., 967 S.W.2d 400 (Tex. 1998) Supreme Court of Texas Balla v. Gambro, Inc., 145 Ill. 2d 492 (1991) Supreme Court of Illinois Bechtel v. Competitive Technologies, Inc. 2005-SOX-33 (ALJ v. 05.10.2005) – Administrative Law Judge 448 F.3d 469 (2nd Cir. 2006) – United States Court of Appeals for the Second Circuit Birchem v. Knights of Columbus, 116 F.3d 310 (8th Cir. 1997) United States Court of Appeals for the Eighth Circuit Bishop v. PCS Administration (USA), Inc., 24 I.E.R. Cas. (BNA) 1096 (2006) U.S. District Court for the Northern District of Illinois, Eastern Division Boe v. AlliedSignal Inc., 131 F. Supp. 2d 1197 (D. Kan. 2001) U.S. District Court for the District of Kansas Bohac v. Department of Agriculture, 239 F.3d 1334 (Fed. Cir. 2001) United States Court of Appeals for the Federal Circuit Bordell v. General Electric Company, 622 N.Y.S.2d 1001 (N.Y. App. Div. 1995) Supreme Court of New York, Appellate Division, Third Department Bothwell v. American Income Life, 2005-SOX-57 (ALJ v. 19.09.2005) Administrative Law Judge Brock v. Richardson, 812 F.2d 121 (3rd Cir. 1987) United States Court of Appeals for the Third Circuit Bush v. Lucas, 462 U.S. 367 (1983) Supreme Court of the United States Callantine v. Staff Builders, Inc., 271 F.3d 1124 (8th Cir. 2001) United States Court of Appeals for the Eighth Circuit

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Carnero v. Boston Scientific Corporation 433 F.3d 1 (1st Cir. 2006) – United States Court of Appeals for the First Circuit cert. denied, 126 S. Ct. 2973 (2006) – Supreme Court of the United States Carter v. Champion Bus, Inc., 2005-SOX-23 (ALJ v. 17.03.2005) Administrative Law Judge City of Monterey v. Del Monte Dunes at Monterey, 526 U.S. 687 (1999) Supreme Court of the United States Clarke v. TRW, Inc., 921 F. Supp. 927 (N.D. N.Y. 1996) United States District Court for the Northern District of New York Clean Harbors Environmental Services, Inc. v. Herman, 146 F.3d 12 (1st Cir. 1998) United States Court of Appeals for the First Circuit Coker v. Wal-Mart Stores, Inc., 2004-SOX-33 (ALJ v. 04.06.2004) Administrative Law Judge Collins v. Beazer Homes USA, Inc., 334 F. Supp. 2d 1365 (N.D. Ga. 2004) U.S. District Court for the Northern District of Georgia, Atlanta Division Colon v. Total Renal Care, Inc., 26 I.E.R. Cas. (BNA) 1704 (M.D. Fla. 2007) U.S. District Court for the Middle District of Florida, Tampa Division Concone v. Capital One Financial Corporation, 2005-SOX-6 (ALJ v. 03.12.2004) Administrative Law Judge Connick v. Myers, 461 U.S. 138 (1983) Supreme Court of the United States Coppage v. State of Kansas, 236 U.S. 1 (1915) Supreme Court of the United States D’Annunzio v. Prudential Insurance Co. of America, 192 N.J. 110 (2007) Supreme Court of New Jersey Dahl v. Combined Insurance Company, 621 N.W.2d 163 (S.D. 2001) Supreme Court of South Dakota DeFord v. Secretary of Labor, 700 F.2d 281 (6th Cir. 1983) United States Court of Appeals for the Sixth Circuit Delaware State College v. Ricks, 449 U.S. 250 (1980) Supreme Court of the United States DelCostello v. International Brotherhood of Teamsters, 462 U.S. 151 (1983) Supreme Court of the United States Department of the Navy v. Egan, 484 U.S. 518 (1988) Supreme Court of the United States Deremer v. Gulfmark Offshore, Inc., 2006-SOX-2 (ALJ v. 29.06.2007) Administrative Law Judge Dolan v. EMC Corp., 2004-SOX-1 (ALJ v. 24.03.2004) Administrative Law Judge

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Donahue v. Schwegman, Lundberg, Woessner & Kluth, P.A., 586 N.W.2d 811 (1998) Court of Appeals of Minnesota Donovan v. Diplomat Envelope Corp., 587 F. Supp. 1417 (E.D. N.Y. 1984) United States District Court for the Eastern District of New York Dray v. New Market Poultry Products, Inc., 518 S.E.2d 312 (Va. 1999) Supreme Court of Virginia Dudewicz v. Norris-Schmid, Inc., 503 N.W.2d 645 (Mich. 1993) Supreme Court of Michigan Ede v. Swatch Group, 2004-SOX-68 (ALJ v. 14.01.2005) Administrative Law Judge EEOC v. Arabian American Oil Company, 499 U.S. 244 (1991) Supreme Court of the United States Faro v. Highway Division, 951 P.2d 716 (Or. 1998) Supreme Court of Oregon Faust v. Ryder Commercial Leasing & Services, 954 S.W.2d 383 (Mo. Ct. App. 1997) Court of Appeals of Missouri, Western District Fiorillo v. U.S. Department of Justice, Bureau of Prisons, 795 F.2d 1544 (Fed. Cir. 1986) United States Court of Appeals for the Federal Circuit Foley v. Interactive Data Corp., 765 P.2d 373 (Cal. 1988) Supreme Court of California Fox v. MCI Communications Corp., 931 P.2d 857 (Utah 1997) Supreme Court of Utah Garcetti v. Ceballos, 126 S. Ct. 1951 (2006) Supreme Court of the United States General Dynamics Corp. v. Superior Court of San Bernardino County, 876 P.2d 487 (Cal. 1994) Supreme Court of California Getman v. Southwest Securities, Inc., 2003-SOX-8 (ALJ v. 02.02.2004) Administrative Law Judge Gilmore v. Parametric Technology Corp., 2003-SOX-1 (ALJ v. 06.02.2003) Administrative Law Judge Givhan v. Western Line Consolidated School District, 439 U.S. 410 (1979) Supreme Court of the United States Glanzman v. Metropolitan Management Corporation, 290 F. Supp. 2d 571 (E.D. Pa. 2003) U.S. District Court for the Eastern District of Pennsylvania Gonzalez v. Colonial Bank 2004-SOX-39 (ALJ v. 20.08.2004) – Administrative Law Judge 2005-ARB-60 (ARB v. 31.05.2005) – Administrative Review Board Gower v. IKON Office Solutions, Inc., 155 F. Supp. 2d 1268 (D. Kan. 2001) U.S. District Court for the District of Kansas

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Grant v. Dominion East Ohio Gas, 2004-SOX-63 (ALJ v. 10.03.2005) Administrative Law Judge Guercio v. Production Automation Corp., 664 N.W.2d 379 (Minn. Ct. App. 2003) Court of Appeals of Minnesota Guy v. Mutual of Omaha Insurance Company, 2001 Tenn. App. LEXIS 132 (2001) Court of Appeals of Tennessee, Western Section, at Jackson Hall v. Ford, 856 F.2d 255 (D.C. Cir. 1988) United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit Hammer v. Dagenhart, 247 U.S. 251 (1918) Supreme Court of the United States Hanna v. WCI Communities, Inc., 348 F. Supp. 2d 1332 (S.D. Fla. 2004) United States District Court for the Southern District of Florida Harlow v. Fitzgerald, 457 U.S. 800 (1982) Supreme Court of the United States Harrison v. Westinghouse Savannah River Company, 176 F.3d 776 (4th Cir. 1999) United States Court of Appeals for the Fourth Circuit Harvey v. Safeway, Inc., 2004-SOX-21 (ALJ v. 11.02.2005) Administrative Law Judge Harvey v. The Home Depot, Inc., 2004-SOX-20 (ALJ v. 28.05.2004) Administrative Law Judge Henrich v. Ecolab, Inc., 2004-SOX-51 (ALJ v. 23.11.2004) Administrative Law Judge Henry v. City of Detroit, 594 N.W.2d 107 (Mich. Ct. App. 1999) Court of Appeals of Michigan Higgins v. Pascack Valley Hospital, 730 A.2d 327 (1999) Supreme Court of New Jersey Hill v. Tennessee Valley Authority, 87-ERA-23 und 24 (SOL v. 24.05.1989) Secretary of Labor Hopkins v. ATK Tactical Systems, 2004-SOX-19 (ALJ v. 27.05.2004) Administrative Law Judge Huffman v. Office of Personnel Management, 263 F.3d 1341 (Fed. Cir. 2001) United States Court of Appeals for the Federal Circuit Hughes Aircraft Company v. United States ex rel. Schumer, 520 U.S. 939 (1997) Supreme Court of the United States In re Compact Disc Minimum Advertised Price Antitrust Litigation, 456 F. Supp. 2d 131 (D. Me. 2006) U.S. District Court for the District of Maine Jayaraj v. Pro-Pharmaceuticals, Inc., 2003-SOX-32 (ALJ v. 11.02.2005) Administrative Law Judge

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Johnson v. Bechtel Construction Company, 95-ERA-11 (SOL v. 26.02.1996) Secretary of Labor Kalkunte v. DVI Financial Services, Inc. 2004-SOX-56 (ALJ v. 18.07.2005) – Administrative Law Judge 2005-ARB-139, 140 (ARB v. 27.02.2009) – Administrative Review Board Kansas Gas & Electric Co. v. Brock, 780 F.2d 1505 (10th Cir. 1985) United States Court of Appeals for the Tenth Circuit Keefer v. Department of Agriculture, 92 MSPR 476 (2002) Merit Systems Protection Board Kunkler v. Global Futures & Forex, Ltd., 2003-SOX-6 (ALJ v. 24.04.2003) Administrative Law Judge Laughlin v. Metropolitan Washington Airports Authority, 149 F.3d 253 (4th Cir. 1998) United States Court of Appeals for the Fourth Circuit Lerbs v. Buca di Beppo, Inc., 2004-SOX-8 (ALJ v. 15.06.2004) Administrative Law Judge Lochner v. New York, 198 U.S. 45 (1905) Supreme Court of the United States Lockert v. United States Department of Labor, 867 F.2d 513 (9th Cir. 1989) United States Court of Appeals for the Ninth Circuit Macktal v. United States Department of Labor, 171 F.3d 323 (5th Cir. 1999) United States Court of Appeals for the Fifth Circuit Madison v. USF & G Financial Services Corp., 693 N.E.2d 293 (Ohio Ct. App. 1997) Court of Appeals of Ohio, First Appellate District, Hamilton County Mahony v. KeySpan Corp., 2007 U.S. Dist. LEXIS 22042 (E.D. N.Y. 2007) U.S. District Court for the Eastern District of New York Mann v. United Space Alliance, LLC, The Boeing Co., Lockheed Martin Corp., 2004-SOX-15 (ALJ v. 18.02.2005) Administrative Law Judge Marshall v. Northrop Gruman Synoptics, 2005-SOX-8 (ALJ v. 22.06.2005) Administrative Law Judge McClendon v. Hewlett-Packard Company, 2005 U.S. Dist. LEXIS 43579 (2005) United States District Court for the District of Idaho McGimpsey v. J. Robert Folchetti & Associates, 798 N.Y.S.2d 498 (N.Y. App. Div. 2005) Supreme Court of New York, Appellate Division, Second Department Melchi v. Burns International Security Services, Inc., 597 F. Supp. 575 (E.D. Mich. 1984) U.S. District Court for the Eastern District of Michigan, Northern Division Meuwissen v. Department of Interior, 234 F.3d 9 (2000) United States Court of Appeals for the Federal Circuit Michaelson v. Officemax, Inc., 2004-SOX-17 (ALJ v. 21.06.2004) Administrative Law Judge

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Minkina v. Affiliated Physician’s Group, 2005-SOX-19 (ALJ v. 22.02.2005) Administrative Law Judge Montgomery County v. Park, 2007 Tex. LEXIS 1027 (2007) Supreme Court of Texas Morefield v. Exelon Services, Inc. and Exelon Corp., 2004-SOX-2 (ALJ v. 28.01.2004) Administrative Law Judge Morrow v. Air Methods, Inc., 884 F. Supp. 1353 (D. Minn. 1995) U.S. District Court for the District of Minnesota, Fourth Division Mt. Healthy City School District Board of Education v. Doyle, 429 U.S. 274 (1977) Supreme Court of the United States Muick v. Glenayre Electronics, 280 F.3d 741 (7th Cir. 2002) United States Court of Appeals for the Sevens Circuit Murcott v. Best Western International, Inc., 9 P.3d 1088 (Ariz. Ct. App. 2000) Court of Appeals of Arizona, Division One, Department E Murray v. TXU Corporation, 2005 U.S. Dist. LEXIS 10945 (N.D. Tex. 2005) U.S. District Court for the Northern District of Texas, Dallas Division National Labor Relations Board v. Jones & Laughlin Steel Corporation, 301 U.S. 1 (1937) Supreme Court of the United States National Labor Relations Board v. Scrivener, 405 U.S. 117 (1972) Supreme Court of the United States Nixon v. Fitzgerald, 457 U.S. 731 (1982) Supreme Court of the United States O’Day v. McDonnell Douglas Helicopter Company, 79 F.3d 756 (9th Cir. 1996) United States Court of Appeals for the Ninth Circuit O’Mahony v. Accenture Ltd., 537 F.Supp.2d 506 (S.D. N.Y. 2008) U.S. District Court for the Southern District of New York Palmateer v. International Harvester Company, 421 N.E.2d 876 (Ill. 1981) Supreme Court of Illinois Passaic Valley Sewerage Comm’rs v. U.S. Department of Labor, 992 F.2d 474 (3rd Cir. 1993) United States Court of Appeals for the Third Circuit Payne v. The Western & Atlantic Railroad Company, 81 Tenn. 507 (1884) Supreme Court of Tennessee, Knoxville Pecker v. Heckler, 801 F.2d 709 (4th Cir. 1986) United States Court of Appeals for the Fourth Circuit Petermann v. International Brotherhood of Teamsters, 344 P.2d 25 (1959) Court of Appeal of California, Second Appellate District, Division Two Phelps Dodge Corp. v. National Labor Relations Board, 313 U.S. 177 (1941) Supreme Court of the United States

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Verzeichnis der Entscheidungen ausländischer Gerichte

Babula v. Waltham Forest College [2007] IRLR 346, Court of Appeal Bachnak v. Emerging Markets Partnership (Europe) Ltd. [2006] All ER (D) 211 (Jan), Employment Appeal Tribunal Beloff v. Pressdram Ltd. [1973] 1 All ER 241, Chancery Devision Bhatia v. Sterlite Industries (India) Ltd. [2003] All ER (D) 410 (Mar), Employment Appeal Tribunal Birmingham City Council v. Equal Opportunities Commission [1989] IRLR 173, House of Lords Bolton School v. Evans [2006] IRLR 500, Employment Appeal Tribunal Boston Deep Sea Fishing and Ice Co. v. Ansell (1888) 39 Ch. D. 339, Court of Appeal Brendon v. BNFL Flurochemicals Ltd. Unveröffentlicht, Urteil v. 04.07.1995, Employment Appeal Tribunal British Leyland (UK) Ltd. v. Swift [1981] IRLR 91, Court of Appeal British Steel Corporation v. Granada Television Ltd. [1981] AC 1096, House of Lords Burton and Rhule v. De Vere Hotels Ltd [1996] IRLR 596, Employment Appeal Tribunal Cassell Co. Ltd. v. Broome [1972] AC 1027, House of Lords Croke v. Hydro Aluminium Worcester Ltd. [2007] All ER (D) 71 (Apr), Employment Appeal Tribunal Cumbria County Council v. Carlisle-Morgan [2007] IRLR 314, Employment Appeal Tribunal Da’Bell v. NSPCC [2010] IRLR 19, Employment Appeal Tribunal Darnton v. University of Surrey [2003] IRLR 133, Employment Appeal Tribunal Distillers Company (Biochemicals) Ltd. v. Times Newspapers Ltd. [1975] 1 All ER 41, Queen’s Bench Division Douglas v. Birmingham City Council [2003] All ER (D) 329 (Jul), Employment Appeal Tribunal Dunnachie v. Kingston-Upon-Hull City Counsel [2004] IRLR 727, House of Lords [2004] IRLR 287, Court of Appeal

Verzeichnis der Entscheidungen ausländischer Gerichte Eleady-Cole v. The Brothers of Charity Services Merseyside [2002] All ER (D) 198 (Mar), Employment Appeal Tribunal Esso Petroleum Co. Ltd. v. Harper’s Garage (Stourport) Ltd. [1967] 1 All ER 699, House of Lords Faccenda Chicken v. Fowler [1986] IRLR 69, Court of Appeal Fadipe v. Reed Nursing Personnel [2001] All ER (D) 23 (Dec), Court of Appeal Fernandes v. Netcom Consultants (UK) Ltd. Unveröffentlicht, Case 2200060/00 Gartside v. Outram (1856) 26 LJ Ch 113 Gill and Coote v. El Vino Co. Ltd. [1983] IRLR 206, Court of Appeal Haddon v. Van den Bergh Foods Ltd. [1999] IRLR 672, Employment Appeal Tribunal H. L. Bolton (Engineering) Co. Ltd. v. T. J. Graham & Sons Ltd. [1956] 3 All ER 624, Court of Appeal Hubbard v. Vosper [1972] 1 All ER 1023, Court of Appeal Initial Services Ltd. v. Putterill [1967] 3 All ER 145, Court of Appeal James v. Eastleigh Borough Council [1990] IRLR 288, House of Lords Johnson v. Unisys Ltd. [2001] IRLR 279, House of Lords Kahn v. Chief Constable of West Yorkshire [2001] IRLR 830, House of Lords Kirby v. Manpower Services Commission [1980] IRLR 229, Employment Appeal Tribunal Kraus v. Penna plc. [2004] IRLR 260, Employment Appeal Tribunal Kuzel v. Roche Products Ltd. [2007] IRLR 309, Employment Appeal Tribunal Laws v. London Chronicle [1959] 2 All ER 285, Court of Appeal Lion Laboratories Ltd. v. Evans [1984] 2 All ER 417, Court of Appeal London Borough of Hackney v. Adams [2003] IRLR 402, Employment Appeal Tribunal

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Verzeichnis der Entscheidungen ausländischer Gerichte

London Borough of Harrow v. Knight [2003] IRLR 140, Employment Appeal Tribunal London Street Tramways Co. Ltd. v. London County Council [1898] AC 375, House of Lords Lucas v. Chichester Diocesan Housing Association Ltd. [2005] All ER (D) 92 (Feb), Employment Appeal Tribunal Majrowski v. Guy’s and St. Thomas’s NHS Trust [2006] IRLR 695, House of Lords Masiak v. City Restaurants (UK) Ltd. [1999] IRLR 780, Employment Appeal Tribunal Maund v. Penwith District Council [1984] IRLR 24, Court of Appeal McConnell v. Police Authority for Northern Ireland [1997] IRLR 625, Northern Ireland Court of Appeal Melia v. Magna Kansei Ltd. [2006] IRLR 117, Court of Appeal Meteorological Office v. Edgar [2002] ICR 149, Employment Appeal Tribunal Miklaszewicz v. Stolt Offshore Ltd. [2002] IRLR 344, Court of Session Milne v. Link Asset and Security Co. Ltd. [2005] All ER (D) 143 (Sep), Employment Appeal Tribunal Nordenfelt v. Maxim Nordenfelt Guns and Ammunition Co. Ltd. [1894] AC 535, House of Lords Norton Tool Co. Ltd. v. Tewson [1972] IRLR 86, National Industrial Relations Court Parkins v. Sodexho Ltd. [2002] IRLR 109, Employment Appeal Tribunal Pinnington v. City and Council of Swansea [2005] ICR 685, Court of Appeal Post Office v. Foley [2000] IRLR 827, Court of Appeal R v. Birmingham City Council, ex parte Equal Opportunities Commission [1989] IRLR 173, House of Lords R v. Kite and OLL Ltd. Unveröffentlicht, Urteil v. 08.12.1994, Winchester Crown Court R v. P & O European Ferries (Dover) Ltd. [1991] 93 Cr. App. R. 72, Central Criminal Court R v. Ponting [1985] Crim. L. R. 318, Central Criminal Court

Verzeichnis der Entscheidungen ausländischer Gerichte R v. Shayler [2002] 2 All ER 477, House of Lords R v. Tisdall Unveröffentlicht, Urteil v. 23.03.1984 Rhys-Harper v. Relaxion Group plc. [2003] IRLR 484, House of Lords Robb v. Green [1895] 2 QB 315, Court of Appeal Rookes v. Barnard [1964] AC 1129, House of Lords Secretary of State for Trade and Industry v. Cook [1997] IRLR 150, Employment Appeal Tribunal Shamoon v. Chief Constable of the Royal Ulster Constabulary (Northern Ireland) [2003] IRLR 285, House of Lords Stevens v. Conwy County Borough Council Unveröffentlicht, 2001 Street v. Derbyshire Unemployed Workers’ Centre [2004] IRLR 687, Court of Appeal Vento v. Chief Constable of West Yorkshire Police (No. 2) [2003] IRLR 102, Court of Appeal Virgo Fidelis Senior School v. Boyle [2004] IRLR 268, Employment Appeal Tribunal Weld-Blundell v. Stephens [1920] All ER Rep 32, House of Lords Woodward v. Abbey National plc. [2006] IRLR 677, Court of Appeal [2005] ICR 1750, Employment Appeal Tribunal Woodward v. Hutchins [1977] 2 All ER 751, Court of Appeal Entscheidungen europäischer Gerichte Coote v. Granada Hospitality Ltd. EuGH v. 22.09.1998 (Rs. C-185/97), Slg. 1998, I-5199 Johnston v. The Chief Constable of the Royal Ulster Constabulary EuGH v. 15.05.1986 (Rs. C-222/84), Slg. 1986, 1651 Marshall v. Southampton and South-West Hampshire Area Health Authority EuGH v. 02.08.1993 (Rs. C-271/91), Slg. 1993, I-4367

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Sachverzeichnis ACAS 31, 60 Administrative Law Judge 105, 189 Adressaten der Offenlegung 131 ff., 246 ff., 283 Amtsverschwiegenheit 201, 224 Andreasen, Marta (EU) 39 Anonymität 140, 144 f., 214, 261 ff. Anzeigepflichten 217 f. Anzeigepflichten von Betriebsbeauftragten 217 f. Anzeigerechte 218 ff. Arbeitgeberbegriff 99, 107 ff., 239 ff. Arbeitnehmerbegriff 92 ff., 104 ff., 237 f., 240 f. Arbeitsgerichtliches Verfahren in England 60 f. Arbeitsgerichtsbarkeit in England 57 ff. Arbeitsrecht in den USA 61 ff. Arbeitsrecht in England 57 Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften in Deutschland 205 ff. Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz 275 f. Arbeitsschutzgesetz 218, 219, 225 ff. Arthur Andersen 32, 85 Ashworth Special Hospital 73 Asia Times Man of the Year 34 Bank of Credit and Commerce International 73 Barrister 58 Begriff des Whistleblowing 34 ff., 89 f. Berufsfreiheit 211, 213, 215, 231 Beweislastverteilung 167 ff., 184, 187 ff., 271 ff., 284 Bewerber und ehemalige Beschäftigte 95 ff., 239

Bloch, Scott (OSC) 43 f., 185 Boisjoly, Roger (NASA) 76 Camps, Frank (Ford) 76 Case Law 55 ff. Civil Service Reform Act 79, 83 Clapham Rail Zugunglück 72 CNIL (französische Datenschutzaufsichtsbehörde) 262 f. Common Law 55 ff. Compliance 70, 85, 204, 254 Cooper, Cynthia (WorldCom) 77 f. Corporate Governance 41, 51 f., 85 Corporate Manslaughter 72, 73 Court of Appeal (England) 59 Court of Appeal (USA) 64 Curia Regis 54 Datenschutz 204, 262 ff. Deutscher Corporate Governance Kodex 41, 255 District Court 64 Drucker, Peter (Mirror Group Newspapers) 42 Düsseldorfer Kreis, Arbeitsgruppe Beschäftigtendatenschutz 262 ff. Einzelstaatliches Gesetzesrecht in den USA – Adressaten der Offenlegung 141 f., 143 – Entwicklung 80 – Gutgläubigkeit und Motive 162 f., 164 – Persönlicher Geltungsbereich 111 ff. – Rechtsdurchsetzung 197 ff. – Sachlicher Geltungsbereich 127 f., 130 f. Ellsberg, Daniel (Pentagon Papiere) 76

Sachverzeichnis Employment Appeal Tribunal 58 f. Employment Rights Act 57 Employment Tribunal 57 f., 59 Employment-at-will Doktrin 62 f. Enron 32 f., 42, 77, 85, 192 Entwicklung des Whistleblowing 37, 65 ff., 279 f. Equity 55, 151 f., 180, 191 Erheblichkeit 124 f., 243 ff. ET1 60 ET3 60 Ethikrichtlinien (Codes of Conduct) 203 EU-Datenschutzgruppe 262 f. Europarat 49 f. Eurostat 38 False Claims Act (USA) – Adressaten der Offenlegung 138 f., 143 f. – Belohnungen für Whistleblower 157 f. – Beschäftigte der Bundesregierung 100 ff. – Beteiligung der Bundesregierung 157 – Dreifacher Schadensersatz (treble damages) 182 – Einnahmen der Bundesregierung 157 – Entwicklung 75, 79, 82 f. – Finanzielle Anreize 155 ff., 164 – Gutgläubigkeit und Motive 155 ff., 164 – Klagegegner 102 f. – Kläger 99 ff. – Persönlicher Geltungsbereich 99 ff., 113 – Rechtsdurchsetzung 182, 200 f. – Sachlicher Geltungsbereich 118 ff., 129 f. – Streitkräfte 100 Fighting Corruption (ICC) 52 Finanzielle Anreize 83, 91, 100, 155 ff., 163, 164, 268 f. First Amendment Rechtsprechung (USA) – Adressaten der Offenlegung 138, 143 f. – Beweislastverteilung 181 f.

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– Entwicklung 75, 79, 82 – Gutgläubigkeit und Motive 154 f. – Persönlicher Geltungsbereich 99, 113 – Rechtsdurchsetzung 180 ff. – Sachlicher Geltungsbereich 117 f., 128 Fitzgerald, Ernest (Airforce) 76 Gammelfleisch 204 f., 242 Gefahren für Whistleblower 39 f. Geheim- und Sicherheitsdienst (England) 69, 94 f. Gerichtsbarkeit in den USA 63 ff. Gesellschaftliche Akzeptanz des Whistleblowing 41 f., 75 ff., 89 f., 278 f. Gesetze zum Schutz von Whistleblowern 37, 70 ff., 81 ff., 89 f. Gesetzesinitiativen in Deutschland 204 Gesetzesvorschlag der Bundesministerien 233 ff. Gesetzlicher Regelungsbedarf 44, 232 ff., 282 ff. Government Accountability Project 77, 91 f., 185 Gutgläubigkeit des Whistleblowers 145 ff., 226, 265 ff. Herald of Free Enterprise 72 Hinweise des Datenschutzbeauftragten 225 Hinweise gegenüber Behörden 36, 133 f., 221 ff., 248 ff., 258 ff. – Keine ausreichende Abhilfe 251 f. – Schwerwiegende Straftaten, drohende erhebliche Schäden 250 f. – Strafbarkeit durch Nichtanzeige 248 f. – Straftat, Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis 249 f. Hinweise gegenüber dem Arbeitgeber 36 f., 132 Hinweise gegenüber der Öffentlichkeit 36, 134 ff., 229 ff., 232, 260 f. Hinweise gegenüber Strafverfolgungsbehörden 221 ff. House of Lords 58, 59, 94

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Sachverzeichnis

ICC Guidelines on Whistleblowing 52 f. ICC Rules 52 Initiative Nachrichtenaufklärung 43 Instanzenzug in den USA 63 f. Instanzenzug in England 57 ff. Integrity Awards 53 Interessen 44 ff., 150 ff., 279 – der Allgemeinheit 45 f., 151 f., 230 f., 235 – der Arbeitgeber 45, 151, 231 – der Arbeitnehmer 45, 150 f. – Interessenabwägung 37, 46, 152 f. Interessengruppen 91 f. Internationale Organisationen 46 ff. Interner Klärungsversuch 252 ff. – Adressat im Unternehmen 253 f. – Duldungsabsprachen 254 ff. – Selbsthilfe und Arbeitsverweigerung 257 f. – Wartezeiten 257 Internes und externes Whistleblowing 36 f., 131 ff., 142 ff., 216 ff., 246 ff. Korruptions- und Finanzskandale in Deutschland 204 f. Korruptionsbekämpfung als politisches Ziel 46 f. Kriterien für einen ausgewogenen Whistleblowerschutz 234 ff., 282 ff. Kronzeugenregelung 35, 46 Kündigungsgründe (England) 68 f. Kündigungsschutz (Deutschland) 206, 270 f. Kündigungsschutzklage 271 Lord Chancellor 58 Lyme Bay Kanutragödie 73 Maßregelungsverbot 206, 270 f., 275 Maxwell, Robert (Mirror Group Newspapers) 31 Maxwell Pensionsskandal 31 f., 70

Meinungsfreiheit (Deutschland) 211 ff., 229 ff. Meinungsfreiheit (USA) 82, 90 Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates 204 Mittelbare Drittwirkung der Grundrechte 211, 214 Modellverhaltenskodex des Europarats für öffentliche Amtsträger 50 Motive des Whistleblowers 145 ff., 227 f., 267 ff., 284 Nachforschungspflichten 266 National Health Service (NHS) 69 f. National Labor Relations Act 75, 79, 81 f., 137 f. Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis 207 ff., 222 ff., 233, 258 obiter dicta 56 OECD Grundsätze der Corporate Governance 51 f. OECD-Konvention 50 f. OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen 51 Öffentlichkeitsarbeit 74, 77, 91, 259, 284 Office of Special Counsel (OSC) 43 f., 83, 184 f. Official Secrets Act 69, 94, 116 Organisationskultur 41, 74 f., 91, 284 parliamentary sovereignty 56 Pentagon Papiere zum Vietnamkrieg 76 Persönlicher Geltungsbereich 92 ff., 236 ff., 282 f. Petitionsrecht 213 ff. Pflicht zur Wahrung des Betriebsfriedens 209 f. Piper Alpha Katastrophe 72 Ponting, Clive 69 Praktische Konkordanz 211, 213, 215 Public Concern at Work 70, 74, 91 f., 148

Sachverzeichnis Public interest defence 66 ff., 70 Public Interest Disclosure Act (England) – Adressaten der Offenlegung 131 ff., 143 ff., 259, 261 – Arbeitgeberbegriff 99, 240 – Arbeitnehmerbegriff (employee) 92 ff. – Beschäftigtenbegriff (worker) 92 ff. – Beweislastverteilung 167 ff., 172 – Bewerber 95 f. – Ehemalige Beschäftigte 96 ff. – Entwicklung 70 ff., 233, 279 – Gesetzesentwurf 73 f. – Gutgläubigkeit (reasonable belief) 145 ff. – Immaterieller Schadensersatz 175 ff. – Knebelklauseln 173, 200 – Kriterium der persönlichen Bereicherung (personal gain) 153 f., 164 – Kündigungsschutz 165 ff. – Materieller Schadensersatz 174 f. – Missbrauchsgefahr 151, 166 f. – Modell-Whistleblowing-Gesetz 280 – Motive (good faith) 147 ff., 164 – Persönlicher Geltungsbereich 92 ff., 113 f., 236, 280 – Pönalisierender Schadensersatz (exemplary damages) 178 – Rechtsdurchsetzung 165 ff., 200 ff. – Rechtsfolgen 169 f., 173 – Sachlicher Geltungsbereich 115 ff., 128 ff., 242, 280 – Schadensersatz 173 ff., 201 – Schadensersatz für verletzte Gefühle (injury to feelings) 176 f. – Schutz vor Benachteiligungen 170 ff. – Sinn und Zweck 74 f. – Stufenverhältnis 131 ff., 246, 279, 280 – Verschärfter Schadensersatz (aggravated damages) 177 f. Public-policy-Einwand (USA) – Adressaten der Offenlegung 140 f., 143 f.

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– – – –

Begriff 87 f. Entwicklung 75, 80, 87 ff. Gutgläubigkeit und Motive 161 Persönlicher Geltungsbereich 110 f., 113 f. – Rechtsdurchsetzung 196 f., 200 – Sachlicher Geltungsbereich 126 f., 128 ratio decidendi 56 Recht auf Teilnahme am Strafverfahren 213, 216, 221 f., 231 Rechtsdurchsetzung 165 ff., 270 ff. Rechtsfolgen 169 f., 192 ff., 275 f. Rechtsunsicherheit 38, 232, 241, 261, 282 Rowley, Coleen (FBI) 77 Rufschädigung des Arbeitgebers 36 f., 45, 151, 231, 247, 258, 260 Sachlicher Geltungsbereich 115 ff., 242 ff. Sarbanes-Oxley Act (USA) – Adressaten der Offenlegung 139 f., 143 ff. – Anonymität 140, 144 f. – Arbeitgeberbegriff 107 ff. – Arbeitnehmer nicht börsennotierter Tochtergesellschaften 109 f. – Arbeitnehmerbegriff 104 ff. – Außerbehördliche Einigung 190 – Beweislastverteilung 187 f. – Einfluss in Europa 38 – Entwicklung 75, 79, 85 ff. – Erheblichkeit 124 f. – Gerichtsverfahren 190 ff. – Gesetzgebungsverfahren 86 – Grundlagen 85 f. – Gutgläubigkeit und Motive 160 f. – Nachteil 187 – Persönlicher Geltungsbereich 104 ff., 113 – Rechtsdurchsetzung 187 ff., 200 ff.

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Sachverzeichnis

– Rechtsfolgen 192 ff. – Sachlicher Geltungsbereich 122 ff., 129 – Strafrechtliche Sanktionen 194 f. – Subunternehmer 108 f. – Verfahren 188 ff. – Vertragspartner 108 f. – Verwaltungsverfahren 188 ff. – Whistleblowerschutzvorschriften 87 SARS 33 f. Schadensabwendungspflicht 207 f., 223 Schadensersatzrecht in den USA 179 f. – Kompensatorischer Schadensersatz (compensatory damages) 179 – Strafschadensersatz (punitive damages) 179 f. Schmidt-Brown, Dorte (Eurostat) 38 Schutz des Whistleblowers nach geltendem Recht 216 ff. Securities and Exchange Commission (SEC) 87, 108, 122, 139, 262 Serpico, Frank (New Yorker Polizei) 42 Silkwood, Karen (Kerr McGee) 42 Solicitor 58 stare decisis 56 Strecker, Miroslaw (K3-Fleisch) 204 f. Supreme Court of the United Kingdom 59 Templeton, Harry (Mirror Group Newspaper) 31 f. TIME Magazine Persons of the Year 42, 77 f. Tisdall, Sarah 69 Transparency International 47, 48, 53 Treue- und Rücksichtnahmepflichten (Deutschland) 207 ff., 227, 231, 233 Treue- und Verschwiegenheitspflichten (England) 65 f., 90 Universalrichter 63, 192 UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) 47 f. Unternehmensethik 42

UN-Toolkit gegen Korruption 48 f. U.S. Supreme Court 64 van Buitenen, Paul (EU) 38 Vereinte Nationen 47 ff. Verfahrenskosten (England) 60 f. Verfassungsrechtliche Vorgaben 211 ff. Verhaltenspflichten im öffentlichen Sektor 210 f., 224 f. Verschwiegenheitspflicht 208 f. Vorrang einer internen Abhilfe 246 ff. Vorteile des Whistleblowing 39 f., Watergate 76 Watkins, Sherron (Enron) 32 f., 77 Wechselwirkungstheorie 212 f., 248 Weltraumfähre Challenger 76 Weltraumfähre Columbia 78 Whistleblower als statistisches Konstrukt 39 Whistleblower Protection Act (USA) – Adressaten der Offenlegung 139, 144 – Beweislastverteilung 184 – Entwicklung 75, 79, 83 ff. – Gutgläubigkeit und Motive 159 f. – Nachteil 183 f. – Persönlicher Geltungsbereich 103 f., 113 – Rechtsdurchsetzung 183 ff., 200 ff. – Sachlicher Geltungsbereich 120 f., 129 ff. – Security Clearances 183 f. – Verfahren und Rechtsfolgen 184 ff. – Whistleblower Protection Enhancement Act 84 f., 104, 113, 183 f., 186, 281 Whistleblower-Hotlines 43, 77, 91, 139, 254, 259, 263 f. Whistleblower-Preis 230 Whistleblowerschutz als effektive Rechtsdurchsetzung 82, 90, 110 f., 128, 140 f., 144 f.

Sachverzeichnis Whistleblowing als Kontrollmechanismus 39 f., 204 f. Wigand, Jeffrey (Brown & Williamson Tobacco) 42 Wilhelm der Eroberer 55 Wirtschaftsstrafrecht 46 f. WorldCom 32, 77, 85, 192

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Yanyong, Jiang (SARS) 33 f.

Zentrale Entgegennahme von Hinweisen 259 f. Zivilrechtsübereinkommen über Korruption des Europarats 49, 210, 284 f.