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German Pages 275 [292] Year 2018
Rechtsvergleichung und Rechtsvereinheitlichung herausgegeben von der Gesellschaft für Rechtsvergleichung e.V.
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Merve Ürem Çetinel
Eigentumsvorbehalt und andere Mobiliarsicherheiten Eine vergleichende Untersuchung des türkischen, schweizerischen und deutschen Rechts unter besonderer Berücksichtigung des Rechtsverkehrs zwischen Deutschland und der Türkei
Mohr Siebeck
Merve Ürem Çetinel, Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Istanbul, Türkei; Erasmus Studium an der Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Bonn; einjähriges Praktikum bei der Anwaltskammer in İstanbul; Master Studium an der Universität Istanbul; Magister- und Promotionsstudium an der Universität Tübingen; 2017 Promotion.
ISBN 978-3-16-155621-0 / eISBN 978-3-16-156163-4 DOI 10.1628/978-3-16-156163-4 ISSN 1861-5449 (Rechtsvergleichung und Rechtsvereinheitlichung) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http:// dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von epline in Böblingen gesetzt und von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und gebunden. Printed in Germany.
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2016 bei der juristischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen als Dissertation eingereicht. Die Disputation fand am 14. Februar 2017 statt. Literatur und Rechtsprechung sind im Wesentlichen auf dem Stand vom Juli 2016. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Professor Dr. Martin Gebauer, der mir von Anfang an vertraute, mir fortwährend zur Seite stand und mich auch bei der Veröffentlichung der Arbeit im Verlag Mohr Siebeck unterstützte. Ganz besonders möchte ich auch meinem Zweitgutachter Professor Dr. Dres. h. c. Harm Peter Westermann für die Übernahme und rasche Erstellung des Zweitgutachtens danken. Ohne das von der türkischen Republik gewährte großzügige Promotionsstipendium wären mein Promotionsstudium in Deutschland und diese Arbeit nicht möglich gewesen. Ein freundschaftlicher Dank gebührt allen meinen deutschen und türkischen Freunden und Kollegen, die auf vielfältige Weise zur Vollbringung der vorliegenden Arbeit beigetragen haben. Mein aufrichtiger Dank gilt Herrn Dr. iur. Stefan Reuter für seine vielseitige akademische Hilfe und wertvollen Denkanstöße während meiner Untersuchung an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Meinem Mann danke ich für seine geduldige Unterstützung und auch für seine Anregung bei jedem Schritt meiner Arbeit mit Liebe. Aus tiefsten Herzen danke ich jedoch meiner Familie für ihren uneingeschränkten Beistand. Respekt und herzlicher Dank gebührt meiner Schwester Ass. Prof. Dr. Müge Ürem für ihre akademische Führung und steten Ansporn. Meiner gesamten Familie ist diese Arbeit gewidmet.
Merve Ürem Çetinel
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen und türkischen Rechtsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 A. Erste Erscheinungen des Eigentumsvorbehalts im Rechtsverkehr . . . . . 7 I. Hat der Eigentumsvorbehalt seinen Vorläufer im römischen Recht? . . II. Entstehungsgeschichte des Eigentumsvorbehalts in Deutschland . . . . III. Entstehungsgeschichte des Eigentumsvorbehalts in der Schweiz . . . . . IV. Entstehungsgeschichte des Eigentumsvorbehalts in der Türkei . . . . . .
7 9 13 16
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 I. Juristische Natur des Eigentumsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedingte Eigentumsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eigenschaft der Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eine besondere vertragliche Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragstypen, welche die Grundlage des Eigentumsvorbehalts bilden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gegenstände des Eigentumsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Form des unter Eigentumsvorbehalt geschlossenen schuldrechtlichen Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Formerfordernis in der Türkei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kritik über fehlende Formfreiheit im türkischen Recht . . . . 2. Rechtsfolgen der Unwirksamkeit des zugrunde liegenden Kaufvertrags oder des Eigentumsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zur Möglichkeit des stillschweigenden Eigentumsvorbehalts . . . . .
18 18 21 24 24 25 27 31 32 33 34 35
VIII
Inhaltsverzeichnis
a) Im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bei der Stundung des Kaufpreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts durch allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der nachträgliche und nachträglich vereinbarte Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der einseitige Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einseitige Eigentumsvorbehaltserklärung des Verkäufers vor oder bei der Übergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einseitige Eigentumsvorbehaltserklärung des Verkäufers nach der Eigentumsübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der nachträglich vereinbarte Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . III. Erfordernis zur Eintragung des Eigentumsvorbehalts in ein öffentliches Register in der Schweiz und der Türkei . . . . . . . . . 1. Wirkungen der Eintragung des Eigentumsvorbehalts und die Rechtsfolgen der nicht erfolgten Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besonderer Fall: Verlegung des Wohnortes des Käufers . . . . . . . . . 3. Das für die Registereintragung zuständige Amt . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zeitpunkt der Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35 37 40 45 45 45 49 50 55 57 59 62 64 66
C. Wirkungen des Eigentumsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 I. Rechtspositionen der Parteien vor dem Bedingungseintritt . . . . . . . . . 1. Pflichten der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besitzverhältnisse zwischen den Parteien und die daraus entstehenden Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers . . . . . . . . . . . . . . aa) Besitzschutz zugunsten des Vorbehaltskäufers . . . . . . . . . . . bb) Geschützte Erwerbsaussicht des Vorbehaltskäufers . . . . . . . c) Verfügungen über das Anwartschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Übertragung des Anwartschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gutgläubiger Erwerb des Anwartschaftsrechts . . . . . . . . . . . (1) Gutgläubiger Ersterwerb des Anwartschaftsrechts . . . . (2) Gutgläubiger Zweiterwerb des Anwartschaftsrechts . . . (3) Erwerb eines Anwartschaftsrechts vom (Nicht-)Treuhänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Inhalt des Gutglaubenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsstellungen der Parteien bei dem Eintritt der Bedingung . . . . . . . III. Rechtsstellungen der Parteien bei dem Nichteintritt der Bedingung . . 1. Wahlrecht des Vorbehaltsverkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rücktritt vom Kaufvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rücknahme ohne Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rücknahme aufgrund des Rücktritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69 69 70 70 72 76 79 81 81 86 87 87 89 90 91 91 92 93 93 94
Inhaltsverzeichnis
aa) Im Rahmen des deutschen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Rechtszustand im türkischen und schweizerischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wirkungen des Rücktritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verjährung der Kaufpreisforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX 94 98 101 105
D. Beendigung des Eigentumsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 A. Verfügungen des Vorbehaltsverkäufers über die Vorbehaltssache . . . . . 113 I. Weiterverkauf der Vorbehaltssache und doppelter Eigentumsvorbehalt 113 II. Begründung eines beschränkten dinglichen Rechts an der Vorbehaltssache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 III. Wirkungen der Abtretung der Kaufpreisforderung auf den Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
B. Verfügungen des Vorbehaltskäufers über die Vorbehaltssache . . . . . . . . 121 I. Im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 II. Bestellung eines beschränkt dinglichen Rechts an der Vorbehaltssache 125 III. Wirkungen der Übernahme der Kaufpreisschuld auf den Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
C. Verlängerter Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 I. Im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 II. Vorausabtretungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 III. Verarbeitungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1. Verarbeitung und Umbildung der Vorbehaltssache im Allgemeinen 134 2. Verarbeitungsklauseln im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
D. Weitergeleiteter und nachgeschalteter Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . 138 E. Verbindung oder Vermischung der Vorbehaltssache mit einer anderen Sache vor dem Bedingungseintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 F. Schicksal eines unter Eigentumsvorbehalt gekauften Zubehörs beim Grundstückskauf und bei der Bestellung eines Grundstückspfandrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 G. Sicherung der über die Kaufpreisforderung hinausgehenden Forderungen durch den Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I. Kontokorrentvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 II. Konzernvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
X
Inhaltsverzeichnis
H. Die Rechtspositionen der Eigentumsvorbehaltsparteien im Vollstreckungs- und Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 I. Zwangsvollstreckung durch Gläubiger des Vorbehaltsverkäufers . . . . a) In Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) In der Schweiz und der Türkei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zwangsvollstreckung durch Gläubiger des Vorbehaltskäufers . . . . . . . a) In Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) In der Schweiz und der Türkei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Pfändung der Vorbehaltssache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verwertung der Vorbehaltssache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Problematik der Pfändung des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Insolvenz des Vorbehaltsverkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Insolvenz des Vorbehaltskäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
148 148 152 156 156 157 157 161 163 166 168
3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten, die einer ähnlichen Sicherungsfunktion wie der Eigentumsvorbehalt im Rechtsverkehr dienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 A. Fahrnispfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 I. Faustpfandprinzip bei der Bestellung des Pfandrechts . . . . . . . . . . . . . II. Vergleich mit dem Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Rechtsposition des Pfandgläubigers in der Zwangsvollstreckung und der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) In Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) In der Schweiz und der Türkei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
174 177 178 178 180
B. Sicherungsübereignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 I. Im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entstehung der Sicherungsübereignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wirksame Entstehung der Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut im deutschen Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entstehung der Sicherungsübereignung im schweizerischen und türkischen Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entstehung der Sicherungsübereignung durch Übertragung des unmittelbaren Besitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fehlende Publizität bei der durch Besitzkonstitut begründeten Sicherungsübereignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sicherungsübereignung im Innen- und Außenverhältnis . . . . . . . . . . . IV. Rechtspositionen der Parteien der Sicherungsübereignung in der Zwangsvollstreckung und der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. In Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
181 184 184 185 185 187 188 191 191
Inhaltsverzeichnis
a) Zwangsvollstreckung durch Gläubiger des Sicherungsgebers . . b) Zwangsvollstreckung durch Gläubiger des Sicherungsnehmers . c) Insolvenz des Sicherungsgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Insolvenz des Sicherungsnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. In der Schweiz und der Türkei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI 191 193 195 197 197
C. Die Mobiliarhypothek nach dem schweizerischen und türkischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des grenzüberschreitenden Eigentumsvorbehalts nach dem deutschen, schweizerischen und türkischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 A. Anerkennungs- und Geltungsfragen beim grenzüberschreitenden Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 I. Anwendbarkeit des Grundprinzips der lex rei sitae auf den Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Problem aus der erforderlichen Vereinbarkeit mit der inländischen Rechtsordnung im schweizerischen und türkischen Recht . . . . . . . . . . 1. Das Eintragungserfordernis nach dem schweizerischen und türkischen Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Problem des fehlenden Wohnsitzes des Käufers in der Schweiz oder der Türkei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit der nachträglichen Eintragung des Eigentumsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen der fehlenden Eintragung nach dem schweizerischen und türkischen internationalen Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geltung eines fremden Eigentumsvorbehalts in der Schweiz . . . b) Fehlender Schutz zugunsten des Vorbehaltsverkäufers in der Türkei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anerkennung des exportierten und importierten Eigentumsvorbehalts nach dem deutschen internationalen Privatrecht . . . . . . . a) Anerkennung des aus Deutschland exportierten Eigentumsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Herrschaft des deutschen Rechts über den importierten Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
207 209 211 212 213 214 214 214 219 220 221
B. Konflikte bei den Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 I. Der erweiterte bzw. verlängerte Eigentumsvorbehalt an den Sachen, die in die Schweiz oder die Türkei eingeführt werden . . . . . . . . . . . . . 225 II. Der erweiterte bzw. verlängerte Eigentumsvorbehalt an den Sachen, die aus der Schweiz oder der Türkei ausgeführt werden . . . . . . . . . . . . 227
XII
Inhaltsverzeichnis
C. Ein kurzer Überblick über alternative Sicherungsinstrumente im internationalen Rechtsverkehr zwischen Deutschland und der Türkei . 228 D. Ist eine Auflockerung der lex rei sitae auf den grenzüberschreitenden Eigentumsvorbehalt möglich oder überhaupt nötig? . . . . . . . . . . . . . . . 235 I. Umstrittene Anerkennung einer Rechtswahl im internationalen Sachenrecht im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausschluss der Rechtswahl im internationalen Sachenrecht . . . . . . a) Herrschende Meinung im türkischen Schrifttum zum Ausschluss der Rechtswahl im internationalen Sachenrecht . . . . b) Herrschende Meinung im deutschen Schrifttum zum Ausschluss der Rechtswahl im internationalen Sachenrecht . . . . 2. Zulassung der Rechtswahl im internationalen Sachenrecht . . . . . . . 3. Aufgeführte Einschränkungen zur Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bedeutung der Rechtswahl bei den internationalen Verkehrsgeschäften, inbesondere beim internationalen Warenkauf unter Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
235 236 236 238 239 240 241
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271
Abkürzungsverzeichnis a. A. andere Ansicht a. F. alte Fassung Abtl. Abteilung Abs. Absatz AcP Archiv für die civilistische Praxis ADHGB Allgemeinens Deutschens Handelsgesetzbuches Anh. Anhang Alt. Alternative AnfG Anfechtungsgesetz des Deutschlands Art. Artikel Aufl. Auflage ausf. ausführlich aOR Das alte Schweizerische Obligationenrecht aZGB Das alte Schweizerische Zivilgesetzbuch AWD Recht der Internationalen Wirtschaft Außenwirtschafsdienst des Betriebs- Beraters BB Betriebs- Berater Bd. Band Bearb. Bearbeitung BernerKomm Berner Kommentar BGB Bürgerliches Gesetzbuch Deutschlands BGE Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts BGH Der deutsche Bundesgerichtshof BTJP Berner Tage für die juristische Praxis bzw. beziehungsweise CISG United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods (Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Waren ) DB Der Betrieb d. h. das heißt ders. derselbe E. esas EGBGB Das deutsche Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Einl. Einleitung Entw.BGB Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches f. folgende ff. fortfolgende Fn. Fußnote
XIV
Abkürzungsverzeichnis
FS. Festschrift gem. gemäß Halbbd. Halbband HD. hukuk dairesi HGB Handelsgesetzbuch HGK Hukuk Genel Kurulu HK, InsO Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung HKK zum BGB Historisch-kritischer Kommentar zum BGB HS. Halbsatz IBGK İçtihadı Birleştirme Genel Kurulu i. d. R. in der Regel insb. insbesondere InsO Deutsche Insolvenzordnung IPRG Das schweizerische Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts i. S. d. im Sinne des JA Juristische Arbeitsblätter Jura Juristische Ausbildung JuS Juristische Schulung JZ Juristen Zeitung K. karar krit. kritisch lit. lat. Littera = Buchstabe LMK Kommentierte BGH- Rechtsprechung Lindenmaier-Möhring MBR Münsterische Beiträge zur Rechts- und Staatswissenschaft m. H. a. mit Hinweis auf m. N. a. mit Nachweis aus/ auf m. w. Nn. mit weiteren Nachweisen m. V. a. mit Verweis auf MüKomm, BGB Münchener Kommentar zum BGB MüKomm, ZPO Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung N. Nummer n. F. neue Fassung NJW Neue juristische Wochenschrift NZZ Neue Zürcher Zeitung Neuebearb. neue Bearbeitung Nr. Nummer OR Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, Fünfter Teil: Obligationenrecht RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rn. Randnummer s. siehe S. Seite SchKG Das Schweizerische Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs SJZ Schweizerische Juristen- Zeitung sog. sogenannte SPR Schweizerisches Privatrecht
Abkürzungsverzeichnis
Syst. T. systemischer Teil T. tarih, Teil Teilbd. Teilband türk. HGB Das türkische Handelsgesetzbuch türk. IPRG Das türkische internationale Privatrechtgesetz türk. OR Das türkische Obligationengesetz türk. ZGB Das türkische Zivilgesetzbuch Unterteilbd. Unterteilband UWG Das deutsche Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb VerEV Schweizerische Verordnung betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte vom 19. 12. 1910 vgl. vergleiche Vbem. Vorbemerkung w. N. weitere Nachweise w. N. b. weitere Nachweise bei ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZGB Schweizerisches Zivilgesetzbuch ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Ziff. Ziffern zit. zitiert ZJS Zeitschrift für das Juristische Studium ZGB Schweizerisches Zivilgesetzbuch ZPO Schweizerische Zivilprozessordnung ZRG Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte ZSR Zeitschrift für Schweizerisches Recht ZüKomm Zürcher Kommentar zum IPRG
XV
Einleitung Der Eigentumsvorbehalt, der seinen Anwendungsbereich im Fahrniskauf im 19. Jahrhundert ausdehnte, verdankt seine heutige Anwendung und Bedeutung ökonomischen Zwängen und Bedürfnissen.1 Diese ökonomischen Zwänge und Bedürfnisse liegen der im 18. Jahrhundert begonnenen und bis zum 19. Jahrhundert andauernden industriellen Revolution zugrunde.2 Die industrielle Revolution veränderte vor allem die wirtschaftliche Struktur Europas tiefgreifend und dauerhaft. Die Industrialisierung begann mit den technischen Entwicklungen der Herstellungsphase. Im Einklang mit der Erhöhung der Wirtschaftsgüterzahl sollte der Endabnehmerkreis vergrößert werden.3 Die Investition an den Maschinen und Rohstoffen war allerdings problematisch. Das Problem der Besorgung des benötigten Kapitals machte sich insbesondere nach den Weltkriegen bemerkbar. Da die Weltkriege negative Einflüsse auf die Wirtschaft hatten, trat der Kreditkauf (bzw. Abzahlungskauf) zwischen den in verschiedenen Wirtschaftsgebieten beschäftigten4 Kleinhändlern und Lieferanten öfter als früher in Erscheinung.5 1 Kemal Gürsoy/Fikret Eren/Erol Cansel, Türk Eşya Hukuku, 2. Auflage, Ankara 1984, S. 675; Fikret Eren, Mülkiyet Hukuku, Ankara 2011, S. 490; Ahu Ayanoğlu Moralı, „Mülkiyeti Saklı Tutma Kaydının Anlamı ve Teminat Fonksiyonu“, Prof. Dr. Erden Kuntalp’e Armağan, Galatasaray Üniversitesi Hukuk Fakültesi Dergisi, Jahr: 3, Band I 2004/1, Istanbul 2004, 407 (407). Der Eigentumsvorbehalt entstand durch wirtschaftliche Umwälzung. Darüber s. Fahrettin Aral, „Satılan Bir Malın Haczi“, Ankara Üniversitesi Hukuk Fakültesi Dergisi, Band XXX, Heft 1–4, Ankara 1973, 201 (201). 2 Bernd Thiemann, Die Entwicklung der Eigentumsanwartschaft beim Vorbehaltskauf in der neueren deutschen Privatrechtsgeschichte, Münster 1974, S. 52. 3 Thiemann, S. 52. 4 Beispielsweise in der Fahrzeugindustrie, in der elektrotechnischen Industrie, in der Nährmittel- und Konservenindustrie usw. Für ausführliche Informationen s. Gustav Schwartz, „Der Eigentumsvorbehalt vom Standpunkt der Industrie“, Der Eigentumsvorbehalt in Wirtschaft und Recht, Berlin 1931, 18 (20). 5 Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (407); Liver, SPR, § 52, S. 329. Das häufige Vorkommen des Abzahlungskaufs führte bereits in Deutschland im Jahr 1894 zur Abzahlungsgesetzgebung. Dazu s. Thiemann, S. 53; Moritz Brinkmann, Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen, Tübingen 2011, S. 104. Ferner gibt Rühl dem Eigentumsvorbehalt ein weitgehendes Anwendungsgebiet. Dadurch könnte der Eigentumsvorbehalt in den Kaufverträgen zwischen Fabrikant und Großhändler, Großhändler und Kleinhändler, Kleinhändler und Abnehmer vereinbart werden. S. Helmut Rühl, Eigentumsvorbehalt und Abzahlungsgeschäft, Berlin 1930, S. 16.
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Einleitung
Seitdem sich der Abzahlungskauf als Alternative zum Kauf gegen Barzahlung im Rechtsverkehr verbreitete, erlangten die Käufer die Möglichkeit, ihre aus dem schuldrechtlichen Geschäft entstandenen Gegenleistungen in bestimmter Frist (auch in Raten) zu erfüllen.6 Andererseits übergibt der Verkäufer die Kaufsache dem Käufer und bekommt den vereinbarten Kaufpreis erst später. Dabei bleibt unsicher, ob der Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis komplett oder überhaupt bekommen würde. Eine Gefahr aus Sicht des Verkäufers könnte auch dann entstehen, wenn der Käufer in Insolvenz geht oder in das Vermögen des Käufers durch seine Gläubiger vollstreckt wird. Eben um diese Gefahr des Ausbleibens der Kaufpreiszahlung und des Zugriffs Dritter in das Vermögen des Käufers zu verhindern, wurde in der Praxis der Eigentumsvorbehalt als ein Kreditsicherungsmittel entwickelt. Der Vorteil des Eigentumsvorbehalts liegt darin, dass der den Kaufpreis kreditierende Verkäufer eine dingliche Sicherung erlangt, indem er das Eigentum an der Kaufsache bis zur restlosen Kaufpreiszahlung bei sich vorbehält7. Einen Eigentumsvorbehalt an der gekauften Sache zu vereinbaren, ist allerdings auch für den Käufer von Vorteil. Durch die Eigentumsvorbehaltsvereinbarung stellt der Käufer seinen Verkäufer an der gekauften und noch dem Verkäufer gehörenden Sache dinglich sicher, indem er die gekaufte Sache weiter nutzen darf und den geschuldeten Kaufpreis durch deren Nutzung finanziert.
A. Gegenstand der Untersuchung Der erste Gegenstand dieser Untersuchung soll es sein, den Eigentumsvorbehalt nach den geltenden Vorschriften des deutschen, schweizerischen und türkischen Rechts zu behandeln und darzustellen, unter welchen Voraussetzungen der Eigentumsvorbehalt im Inland wirksam begründet werden kann. Weiterhin soll auch die Frage beantwortet werden, ob der Eigentumsvorbehalt dem wirtschaftlichen Interesse des Verkäufers hinreichend dient und inwieweit er den Verkäufer gegen die Gefahr der Nichttilgung des Kaufpreises schützt. 6 Dadurch wird erleichtert, wertvolle und teure Sachen zu erwerben. Dank der Möglichkeit zur ratenweisen Kaufpreiszahlung wäre es auch aus der Sicht des Verkäufers einfacher, die Abnehmerzahl zu steigern, die Nachfrage in bestimmter Menge zu behalten und neue Unternehmungen zu schaffen. Dazu s. Halid Kemal Elbir, Pozitif Türk Hukukunda Mülkiyeti Muhafaza Mukavelesi, Istanbul 1952, S. 4 f. m. w. N.; Ferit Hakkı Saymen/Halid Kemal Elbir, Türk Eşya Hukuku Dersleri, Istanbul 1963, S. 396. 7 Heinz Rey, Die Grundlagen des Sachenrechts und das Eigentum, Grundriss des schweizerischen Sachenrechts, Band I, 3. Auflage, Bern 2007 Rn. 1739; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 1; Schwander, BaslerKomm, ZGB, Art. 715 Rn. 3; Friedrich Harrer, Sicherungsrechte, Wien 2002, S. 93; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 2; Elbir, IÜHFM 1952, 258 (259); Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 395; Aral, AÜHFD 1973, 201 (202); Gürsoy/Eren/ Cansel, S. 674; M. Kemal Oğuzman/Özer Seliçi/Saibe Oktay-Özdemir, Eşya Hukuku, 18. Auflage, Istanbul 2015, Rn. 2613; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 489.
A. Gegenstand der Untersuchung
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Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich jedoch nur auf die Behandlung des Eigentumsvorbehalts im deutschen, schweizerischen und türkischen Recht. Bei der Behandlung des Eigentumsvorbehalts nach den inländischen Rechtsordnungen hat das schweizerische Recht besondere Bedeutung, da das türkische Recht von der Schweiz ohne große Änderungen im Jahre 1926 übernommen wurde. In den Erläuterungen über den türkischen Eigentumsvorbehalt wird daher die Regelung des Eigentumsvorbehalts im schweizerischen ZGB jedenfalls berücksichtigt, was zum Ziel hatte, die Unklarheiten im türkischen Recht zu beheben und insbesondere den Sinn der Formvorschriften und der Registereintragung des Eigentumsvorbehalts im türkischen Recht durch nähere Beobachtung des Muttergesetzes besser zu verstehen. Dabei ist zu beachten, dass das türkische Recht sich im Sachenrecht sowie in der Regelung des Eigentumsvorbehalts abweichend vom schweizerischen Recht entwickelte. Inwiefern sich die Regelungen des Eigentumsvorbehalts im schweizerischen und türkischen Recht unterscheiden, wird in der Untersuchung detailliert festgestellt werden. Anschließend wird analysiert, ob der Eigentumsvorbehalt ein praxistaugliches Sicherungsmittel ist. Damit die Rolle des Eigentumsvorbehalts in der Praxis besser verdeutlicht werden kann, wird der Eigentumsvorbehalt mit den anderen Mobiliarsicherheiten – wie Pfandrecht und Sicherungsübereignung – verglichen. In diesem Vergleich wird besonderen Wert darauf gelegt, welche Rechte der Sicherungsgläubiger im Rahmen der funktionsgleichen Sicherungsmittel seinem Schuldner gegenüber hat, wenn der Schuldner sich in Zahlungsschwierigkeiten befindet oder die Gläubiger des Schuldners versuchen, auf dessen Vermögen zuzugreifen. Im Folgenden fokussiert sich diese Untersuchung auf die Anwendung des Eigentumsvorbehalts im Rechtsverkehr zwischen Deutschland und der Türkei. Auch hier ist das schweizerische internationale Privatrecht erwähnenswert, weil die Vorschriften über die Anerkennung dinglicher Rechte im schweizerischen und türkischen IPRG parallel geregelt sind. Die Bedeutung der Darstellung des Eigentumsvorbehalts in den Außenhandelsbeziehungen zwischen Deutschland und der Türkei liegt darin, dass die Türkei seit Jahren einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands ist. In den letzten Jahren ist die Bedeutung der Türkei – insbesondere beim Export – gewachsen. Nach den Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag der Wert der exportierten Waren aus Deutschland im Jahre 2015 bei etwa 22,4 Milliarden Euro, während der Wert der importierten Waren bei etwa 14,4 Milliarden Euro lag.8 Auch nach den aktuellen Ergebnissen der Vereinigung türkischer Exporteure (Türkiye İhracatçılar Meclisi) wurden schon im August 2016 Waren im Wert von 1,18 Milliarden Dollar aus der Türkei nach Deutschland 8 https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Aussenhandel/ Handelspartner/Tabellen/RangfolgeHandelspartner.pdf?__blob=publicationFile.
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Einleitung
exportiert.9 Aufgrund des stetig zunehmenden Güteraustauschs, insbesondere des Austauschs der Wirtschaftsgüter zwischen Deutschland und der Türkei, ist ein Vergleich des IPRG Deutschlands und der Türkei sinnvoll. Im Falle der Lieferung einer beweglichen Sache ins Ausland muss man jedoch darauf achten, dass das Verbringen einer beweglichen Sache in ein anderes Land zu einem Statutenwechsel führt. Aus dem Statutenwechsel könnte sich ein Anerkennungsproblem des Sicherungsrechts am neuen Lageort der beweglichen Sache ergeben. Die kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts unter dem Aspekt des internationalen Privatrechts ist auch deshalb von Bedeutung, weil der deutsche Eigentumsvorbehalt an einer exportierten Sache in die Türkei in Gefahr steht, seine Wirksamkeit in der Türkei zu verlieren. Dabei soll die Frage beantwortet werden, ob die Eigentumsvorbehaltsvereinbarungen, insbesondere in dem grenzüberschreitenden Wirtschaftsgüteraustausch zwischen Deutschland und der Türkei, eine große Rolle spielen und ob andere alternative Sicherungsmittel im Handelsverkehr zwischen Deutschland und der Türkei gesucht werden sollten, die die Ansprüche der Vertragsparteien möglicherweise besser schützen.
B. Gang der Untersuchung Im ersten Kapitel der vorliegenden Untersuchung sollen erste Erscheinungen des Eigentumsvorbehalts in der Rechtspraxis und Entstehungsgeschichte im deutschen, schweizerischen und türkischen Recht zusammengefasst werden. Außerdem werden die Voraussetzungen für eine wirksame Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts unter Berücksichtigung der Unterschiede zwischen den deutschen, schweizerischen und türkischen Rechtssystemen behandelt. Dazu werden die Rechtspositionen des Vorbehaltsverkäufers und des Vorbehaltskäufers vor dem Bedingungseintritt sowie ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten untersucht. An dieser Stelle liegt ein besonderes Gewicht auf dem Anwartschaftsrecht des Käufers. Zudem wird im ersten Kapitel der Untersuchung schließlich die Frage beantwortet, welche Rechte die Parteien im Falle des Eintritts und des Nichteintritts der aufschiebenden Bedingung haben. Im zweiten Kapitel der Untersuchung werden einzelne wichtige Probleme und besondere Formen im Rahmen des Eigentumsvorbehalts analysiert. Außerdem werden hier die Verfügungen der Parteien an der Vorbehaltssache und die daraus entstehenden Rechtsfolgen ausführlich diskutiert. Im dritten Kapitel wird ein Verglich des Eigentumsvorbehalts mit den ihm ähnelnden Mobiliarsicherheiten versucht. Dieser Vergleich beschränkt sich auf das Pfandrecht an beweglichen Sachen und die Sicherungsübereignung. 9
http://www.tim.org.tr/tr/ihracat-rakamlari.html.
B. Gang der Untersuchung
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In diesem Zusammenhang werden auch die Voraussetzungen einer wirksamen Begründung eines Pfandrechts und der Sicherungsübereignung und die Rechtspositionen der Parteien im Rahmen dieser drei Sicherungsmittel auch aus insolvenz- und vollstreckungsrechtlicher Seite beobachtet. Zum Schluss wird kurz ein Blick auf die bestehende Mobiliarhypothek des schweizerischen und türkischen Rechts geworfen. In dem vierten und letzten Kapitel wird der grenzüberschreitende Eigentumsvorbehalt unter international-privatrechtlichem Aspekt behandelt. Hierbei wird auch das Problem der Anerkennung des fremden Eigentumsvorbehalts im deutschen, schweizerischen und türkischen Recht erörtert werden. Anschließend werden die ausgewählten alternativen Sicherungsinstrumente im internationalen Rechtsverkehr zwischen Deutschland und der Türkei dargestellt, und die Untersuchung geht auf die Möglichkeit der Rechtswahl im Bereich des internationalen Sachenrechts ein.
1. Kapitel
Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen und türkischen Rechtsystem A. Erste Erscheinungen des Eigentumsvorbehalts im Rechtsverkehr I. Hat der Eigentumsvorbehalt seinen Vorläufer im römischen Recht? Erste Erwähnungen des Eigentumsvorbehalts findet man im deutschen Recht im 17. Jahrhundert unter dem Namen „pactum reservati dominii“.1 Eigentlich war das pactum reservati dominii keine neu entdeckte Vertragsklausel. Vielmehr war es eine spätere Erscheinung einer Vertragsklausel in der deutschen Rechtsgeschichte, die in der Praxis im Rahmen des Grundstücksverkaufs vorkam und welche die Beziehung zwischen der Eigentumsübertragung und der Kaufpreiszahlung regelte.2 Also trat das pactum reservati dominii zuerst im Rahmen des Grundstückkaufs auf. Jedoch verlor es seine praktische Bedeutung nach den Reformen der Hypothek und wurde fast nicht mehr erwähnt.3 Ende des 19. Jahrhunderts lebte das pactum reservati dominii im Fahrniskauf wieder auf.4 Seine spätere Anwendung bei den beweglichen Sachen verdankt es den industriellen und wirtschaftlichen Entwicklungen.5 Die Frage bleibt aber offen, ob das in der römischen Rechtsterminologie nicht existierende pactum reservati dominii eine rechtliche Gestaltung des 1 Karl Allihn, Der Eigentumsvorbehalt nach § 455 BGB, Quakenbrück 1929, S. 1; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (407). Dementsprechend könnte man sagen, dass das pactum reservati dominii der Vorläufer des auf die beweglichen Sachen anzuwendenden modernen Eigentumsvorbehalts ist. S. Motive II, S. 177; Thiemann, S. 30; Gottfried Schiemann, „Über die Funktion des pactum reservati dominii während der Rezeption des römischen Rechts in Italien und Mitteleuropa“, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Band 93, Römische Abteilung, Weimar 1976, 161 (161). 2 Allihn, S. 3 m. w. N.; Ernst, HKK zum BGB, § 449 Rn. 5, 6 m. w. N. Thiemann begründet die ersten Anwendungen des Eigentumsvorbehalts im Rahmen des Grundstückverkaufs mit dem zunehmenden Kapitalbedarf im Immobilienrecht. S. Thiemann, S. 35. 3 Oser, „Eigentumsvorbehalt und Abzahlungsgeschäft“, Zeitschrift für Schweizerisches Recht, Basel 1905, 437 (462 f.); Egbert Sandmann, Zur Geschichte des Eigentumsvorbehalts in Deutschland, Margburg 1972, S. 73 ff.; Thiemann, S. 48–51; Schiemann, ZRG 1976, 161 (164). Da die Lücken des Pfandrechtsystems mit der Hilfe der neuen Gesetzgebungen erfüllt wurden und die Begründung einer Restkaufgeldhypothek zugelassen wurde, braucht der Verkäufer den Eigentumsvorbehalt an dem Grundstückverkauf immer weniger. S. Thiemann, S. 48 ff. 4 Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (407); Thiemann, S. 30, 51 ff. 5 Thiemann, S. 52; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (407).
8 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Gemeinrechts oder des deutschen Rechts ist.6 Einerseits wird behauptet, das pactum reservati dominii sei ein gemeinrechtliches Institut und es sei mit der Rezeption des römisch-italienischen Rechts in das deutsche Recht eingetreten und weiterentwickelt worden.7 Andererseits weist Schilter darauf hin, dass man den Eigentumsvorbehalt in den römischen Quellen nicht treffe, und dementsprechend vertritt er die Ansicht, das pactum reservati dominii sei eine rein deutsche Rechtsgestaltung.8 Diese Ansicht befürwortende Autoren weisen darauf hin, dass keine Bezugnahme auf das römische Recht in den ersten Jahren erkennbar sei, in denen der Eigentumsvorbehalt im deutschen Recht neu auftrat.9 Weil die Existenz des Eigentumsvorbehalts im römischen Recht zweifelhaft ist, sei die Behauptung zu verneinen, dass das im deutschen Recht entwickelte pactum reservati dominii seinen Vorläufer im römischen Recht habe.10 Nach justinianischem Recht war die Eigentumsübertragung im Rahmen des Kaufvertrages abhängig von der vollen Bezahlung11 oder von der Sicherstellung des Kaufpreises durch Stellung eines Bürgen oder Begründung eines Pfandes12. An dieser Stelle vertreten die Autoren, welche diese feste Verbindung zwischen der Kaufpreiszahlung und der Eigentumsübertragung betonen, dass der Eigentumsvorbehalt im römischen Recht nicht anerkannt war13 und auch das römische Recht dank des römischen Rechtsmittels, das den Kaufpreis sichert, einen besonderen Eigentumsvorbehalt nicht benötigte14. Trotzdem bringen die die Kaufpreisforderung sichernden römischen Rechtsinstitutionen die Streitfra6
Schiemann, ZRG 1976, 161 (163). Sandmann, S. 37 ff., insb. S. 44. 8 Schiemann, ZRG 1976, 161 (163, 164) m. w. N.; Sandmann, S. 39, 40 m. w. N. 9 Thiemann, S. 40, 41. Ferner behauptet Schiemann, dass nur von der Beobachtung des italienischen Rechts keine sichere Information über die Entstehung des Eigentumsvorbehalts im deutschen Recht hergeleitet wird. Die Erwähnungen italienischen Rechts helfen nur bei den Untersuchungen über die Rechtsgeschichte des deutschen Eigentumsvorbehalts. S. Schiemann, ZRG 1976, 161 (173). 10 Thiemann, S. 40. 11 Heinrich Honsell, Römisches Recht, 8. Auflage, Berlin 2015, S. 138, über justinianisches Recht s. auch S. 60, 61. Vgl. Karlheinz Misera, „Zum Eigentumsvorbehalt im klassischen römischen Recht“, Festschrift für Rolf Serick zum 70. Geburtstag, Heidelberg 1992, 275 (277). 12 Ernst, HKK zum BGB, § 449 Rn. 2 m. w. N. 13 Heinrich Honsell/Theo Mayer-Maly/Walter Selb, Römisches Recht, 4. Auflage, Berlin 1987, S. 163; Honsell, Römisches Recht, S. 138; Oser, ZSR 1905, 437 (458); Thiemann, S. 40, 41. Der Verkäufer hatte schon genügende Rechtssicherheit bei der Kreditierung des Kaufpreises, weil der Käufer bis zur gesamten Kaufpreisbezahlung als Mieter, Prekarist oder Pfandschuldner angenommen war. S. Honsell/Mayer-Maly/Selb, S. 163. Aber Allihn sagt, dass die Übergabe der Kaufsache nicht die Rechtsfolge des Kaufvertrags, sondern die Rechtsfolge der Nebenabrede ist, bei der der Käufer Mieter, Prekarist oder Detentor ist. S. Allihn, S. 1. 14 Honsell, Römisches Recht, S. 138; Detlef Liebs, Römisches Recht, 6. Auflage, Göttingen 2004, S. 169 f. Dazu beschreibt Ernst das Erfordernis zur Kaufpreiszahlung als gesetzlichen Eigentumsvorbehalt. S. Wolfgang, HKK zum BGB, § 449 Rn. 2. Thiemann sieht dennoch einen Sicherungsbedarf des Verkäufers im Rahmen der Kreditierung des Kaufpreises. S. Thiemann, S. 42 f. 7
A. Erste Erscheinungen des Eigentumsvorbehalts im Rechtsverkehr
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ge mit, ob die erste Erscheinung des Eigentumsvorbehalts im römischen Recht vorliegt. In diesem Zusammenhang könnte man die lex commissoria und den Pachtvertrag erwähnen. Der moderne Eigentumsvorbehalt und die im römischen Recht vereinbarte lex commissoria unterscheiden sich voneinander. Die lex commissoria war eine Nebenabrede im römischen Recht, nach der der Verkäufer im Falle der Nichtzahlung des Kaufpreises zum Rücktritt berechtigt war.15 Nach dem Rücktritt schuldete der Käufer die Rückgabe der Kaufsache. Von dieser rechtlichen Wirkung her könnten die lex commissoria und der moderne Eigentumsvorbehalt als ähnlich angesehen werden.16 Aber die rechtlichte Position des Käufers ist in diesen zwei Institutionen anders strukturiert. Im Rahmen des Eigentumsvorbehalts erwirbt der Käufer ein Anwartschaftsrecht, während er im Rahmen der lex commissoria als Besitzdiener des Verkäufers nur eine eingeschränkt geschützte Besitzposition hat.17 Der Pachtvertrag war ein neben dem Grundstückskaufvertrag geschlossener Mietvertrag, in dem der Käufer das Grundstück bis zur gesamten Kaufpreiszahlung mietete. Im Pachtvertrag behielt sich der Verkäufer das Eigentum am Grundstück vor, während der Käufer den hohen Kaufpreis in bestimmter Frist und stückweise bezahlen konnte und auch gleichzeitig das Grundstück benutzen durfte. Wollte der Käufer das Eigentum sofort oder vor der vereinbarten Frist erwerben, musste er zuerst den Kaufpreis bezahlen18. Nach Thiemann findet man nicht so viele Informationen darüber, dass diese rechtliche Konstruktion im Rechtsverkehr verbreitet war. Ferner kann es unter dem Pachtvertrag nur so verstanden werden, dass der Käufer ohne Kaufpreiszahlung das Eigentum nicht erwerben konnte.19 II. Entstehungsgeschichte des Eigentumsvorbehalts in Deutschland Der Eigentumsvorbehalt erlangte seine praktische Bedeutung nach der Rezeption des römisch-italienischen Rechts, und die Auswirkungen der Rezeption führten zur Kodifikation des bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).20 Die Kodifikation des BGB begann mit der Einsetzung der Vorkommission von 187421. Nach Auffassung der Vorkommission sollte das BGB aus den von 15 Dazu s. Max Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Auflage, München 1971, S. 561; Honsell, Römisches Recht, S. 138; Ernst, HKK zum BGB, § 449 Rn. 2. 16 Honsell, Römisches Recht, S. 138; Honsell/Mayer-Maly/Selb, S. 320. 17 Ernst, HKK zum BGB, § 449 Rn. 2, 5. 18 Misera, FS. für Rolf Serick, 275 (278 ff.). 19 Thiemann, S. 38 ff. 20 Erste Regelung über den Eigentumsvorbehalt findet man in der sächsischen Prozessordnung von 1622 in Lit. 42. Dazu s. Allihn, S. 3; Ludwig Duncker, „Über das pactum reservati dominii, Rheinisches Museum für Jurisprudenz“, Bd. 5, Göttingen 1883, 160 (183). 21 Nach den Freiheitskriegen von 1813 bis 1815 entstand der Bedarf nach umfassender
10 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem einer Kommission abgefassten Teilentwürfen zusammengefasst werden.22 Daraufhin wurde der Teilentwurf des Sachenrechts von Johow im Jahr 1880 vorgelegt, der auf dem Faustpfandprinzip basierte.23 Johow behandelte den Eigentumsvorbehalt im Rahmen der bedingten Übereignung24, die sich in §§ 119 und 137 des Teilentwurfs findet. § 137 des Teilentwurfs lautete: „Wird der Eigentumsübertragung eine aufschiebende Bedingung beigefügt, so geht gleichwohl das Eigenthum der Sache mit der Übergabe auf den Empfänger über. Wird der Eigenthumsübertragung eine auflösende Bedingung beigefügt, so fällt nicht mit dem Eintritte der Bedingung das Eigenthum der Sache an den Veräußerer zurück.“25
In diesem Zusammenhang erklärte Johow die Unmöglichkeit einer Eigentumsvorbehaltsvereinbarung folgendermaßen: Das Eigentum lasse als tatsächliche Herrschaft keine Schwebezeit zu und die Übergabe einer Sache stünde im Widerspruch zum Vorbehalt des Eigentums.26 Durch die Unwirksamkeit der bedingten Übereignung wollte er den Rechtsverkehr sichern, da durch die bedingte Übereignung eine irreführende Erscheinung entstanden sei und andererseits gutgläubiger Erwerb der beweglichen Sachen im Prinzip nicht geschützt war.27 Daneben verwies er auf die Gefahr der Umgehung der Vorschriften über die Verpfändung.28 Ebenso enthielt der im Jahr 1888 veröffentlichte erste Entwurf des BGB keine ausdrückliche Bestimmung über den Eigentumsvorbehalt.29 Die erste KommisZivilrechtskodifikation, damit weitere Rechtszersplitterungen verhindert und der Rechtsverkehr erleichtert werden können. Jedoch stieß dieser Versuch der zivilrechtlichen Rechtsvereinheitlichung auf Schwierigkeiten, hierzu wurden die Ansichten vertreten, die statt eines gesamten Bürgerlichen Gesetzes den Erlass von Einzelgesetzen befürworten. Trotz dieser Schwierigkeiten setzte der Bundesrat eine Vorkommission zur Ausarbeitung eines Bürgerlichen Gesetzbuches am 28. 02. 1874. Ausf. zur allgemeinen Entstehungsgeschichte des BGB s. Werner Schubert, „Die Entstehung der Vorschriften des BGB über Besitz und Eigentumsübertragung. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des BGB“, Münsterische Beiträge zur Rechts- und Staatswissenschaft, Heft 10, Berlin 1966, S. 1–13, und über die Vorkommission von 1874 s. auch S. 13 ff. 22 Schubert, MBR 1966, S. 16. 23 Man trifft das Faustpfand in § 434 und § 435 des Teilentwurfes, abgedruckt in Tobias Borufka, Mobiliarsicherheiten ohne Besitzübertragung im deutschen und schweizerischen Recht – Rechtsvergleich und historische Hintergründe, Leipzig 2004, S. 15, Fn. 86. 24 Martin Jürgen Maaß, Die Geschichte des Eigentumsvorbehalts, insbesondere im 18. und 19. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2000, S. 313 ff. 25 Also versah der Teilentwurf den Veräußerer lediglich mit einem obligatorischen Rückforderungsrecht. Dazu s. Schubert, MBR 1966, S. 146 ff.; Maaß, S. 313; Borufka, S. 16. 26 Schubert, MBR 1966, S. 148, Fn. 765 mit Hinweis auf Motive des Teilentwurfes, S. 778, 785; dazu Borufka, S. 16, Fn. 88. 27 Schubert, MBR 1966, S. 148 f.; Maaß, S. 315 f. 28 R. Johow, Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Buch Sachenrecht, Begründung, S. 757, 784 f.; Maaß, S. 315 m. w. N. 29 Bei den unbeweglichen Sachen sprach der erste Entwurf für die Unzulässigkeit der bedingten Übereignung (§ 870 des ersten Entwurfs). Die auflösenden und aufschiebenden Auflassungen wurden gleich behandelt. Von dem Teilentwurf wich der erste Entwurf in diesem
A. Erste Erscheinungen des Eigentumsvorbehalts im Rechtsverkehr
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sion nahm keine den § 137 des Teilentwurfs entsprechende Vorschrift auf, und mithin blieb die bedingte Eigentumsübertragung bei den beweglichen Sachen möglich.30 Die fehlende gesetzliche Bestimmung einer bedingten Eigentumsübertragung brachte auch die Zulässigkeit des Eigentumsvorbehalts (und der Sicherungsübereignung) mit sich.31 Hierbei berücksichtigte die Kommission die Verkehrsbedürfnisse32, und sie „war der Ansicht, dass schon wegen dringender Verkehrsbedürfnisse dinglich wirkende, bedingte Übereignungen zu Sicherungszwecken erlaubt sein müssten, da eine obligatorische Gebundenheit der Parteien nicht ausreiche“.33
Der zweite Entwurf war ähnlich dem ersten Entwurf des BGB strukturiert34. Die Besonderheit des zweiten Entwurfs liegt darin, dass der Eigentumsvorbehalt das erste Mal in § 394 des zweiten Entwurfs ausdrücklich geregelt war35: „Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigenthum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Übertragung des Eigenthums unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises Punkt ab; die auflösend bedingte Auflassung genügte, das Rückfallsrecht des Veräußerers in das Grundbuch einzutragen (§ 871 des ersten Entwurfs). S. Maaß, S. 321 f. 30 Motive II, I S. 336 ff.: „Werde nichts bestimmt, so bleibe der Eigenthumsübertragungsvertrag empfänglich für die Hinzufügung von Bedingungen und würden die weiteren Folgen einer solchen Hinzufügung, ohne dass eine Lücke entstände, aus den Vorschriften über die rechtsgeschäftlichen Bedingungen sich ergeben…“. Ausf. s. Prot. I, S. 4031 ff.; Horst Jakobs/ Werner Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Sachenrecht I: §§ 854–1017, Berlin 1985, S. 587, 588. 31 Wegen des Fehlens der Regelung über den Eigentumsvorbehalt sieht Schiemann den heutigen Eigentumsvorbehalt nicht als Folge der kontinuierlichen Entwicklung des pactum reservati dominii an. S. Schiemann, ZRG 1976, 161 (162). 32 Motive III, S. 336. Nach der Kommission stehen die Verkehrsbedürfnisse im Vordergrund, das Drittinteresse an dem Auseinanderfallen von Besitz und Eigentum bleibt an zweiter Stelle. Dazu s. Motive III, S. 338. 33 Zit. in Schubert, MBR 1966, S. 149. 34 Die Sicherungsübereignung hielt auch die zweite Kommission für zulässig. Für die Begründung s. Schubert, MBR 1966, S. 163 f. 35 Auf den Bedarf der gesetzlichen Bestimmung des Eigentumsvorbehalts und die dingliche Wirkung des Vorbehalts wurde hingewiesen: „Es müsse anerkannt werden, dass ein Bedürfnis vorhanden sei, im Gesetze die Rechtsfolgen näher zu bestimmen, welche beim Kaufe einer beweglichen, übergebenen Sache eintreten sollen, wenn der Verkäufer sich bis zur Zahlung des Kaufpreises das Eigenthum an der Sache vorbehalten hat. Derartige Fälle kämen im Leben sehr häufig vor … Hinsichtlich der dinglichen Bedeutung des Vorbehalts dürfe aber nicht verkannt werden, dass es in der Absicht des Verkäufers liege, bis zur Tilgung der Kaufschuld das Eigenthum der verkauften Sache zu behalten, um einem zahlungsfähigen Käufer gegenüber möglichst vor Verlust bewahrt zu sein. Insbesondere müsse bei den wirtschaftlich unentbehrlichen Abzahlungsgeschäften, auf welche die beantragte Bestimmung ebenfalls Anwendung finden soll, angenommen werden, dass sich der Verkäufer gar nicht auf das Geschäft einlassen würde, wenn ihm nicht das Eigenthum am Kaufobjekt bis zur vollständigen Abzahlung verbleibe. Solle das Gesetz diesem berechtigten Verlangen des Verkäufers nicht entgegenkommen, so werde der Verkehr andere Auswege zu finden wissen, z. B. durch Abschluss von Mietverträgen …“, s. Prot. II, S. 781, 782.
12 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem erfolgt und dass der Verkäufer zum Rücktritte von dem Vertrage berechtigt ist, wenn der Käufer mit der Zahlung in Verzug kommt.“
Hinsichtlich des Pfandrechts ging die am 24. 08. 1896 veröffentlichte endgültige Fassung des BGB auch vom Faustpfandprinzip aus. Die bedingten Eigentumsübertragungen beschränkten sich auf die beweglichen Sachen. In diesem Zusammenhang waren die Grundstücke außer Frage. Die Sicherungsübereignung fand schließlich keine offene gesetzliche Bestimmung. Dagegen wurde der in § 394 des zweiten Entwurfs stehende Eigentumsvorbehalt mit gleichem Inhalt in § 455 BGB geregelt: „Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigenthum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Übertragung des Eigenthums unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises erfolgt und dass der Verkäufer zum Rücktritte von dem Vertrag berechtigt ist, wenn der Käufer mit der Zahlung in Verzug kommt.“
Im Jahre 1999 wurde § 455 BGB so modifiziert: „Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigentum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Übertragung des Eigentums unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises erfolgt und dass der Verkäufer zum Rücktritte von dem Vertrage berechtigt ist, wenn der Käufer mit der Zahlung in Verzug kommt. Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts ist nichtig, soweit der Eigentumsübergang davon abhängig gemacht wird, dass der Käufer Forderungen eines Dritten, insbesondere eines mit dem Verkäufer verbundenen Unternehmens, erfüllt.“
Im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung36 wurde der Eigentumsvorbehalt in § 449 BGB n. F. erneut normiert und in § 449 BGB n. F. ein neuer Absatz angefügt37: „Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigentum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass das Eigentum unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen wird (Eigentumsvorbehalt). Auf Grund des Eigentumsvorbehalts kann der Verkäufer die Sache nur herausverlangen, wenn er vom Vertrag zurückgetreten ist. Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts ist nichtig, soweit der Eigentumsübergang davon abhängig gemacht wird, dass der Käufer Forderungen eines Dritten, insbesondere eines mit dem Verkäufer verbundenen Unternehmens, erfüllt.“ 36 Als „Schuldrechtsmodernisierung“ werden die Änderungen des Schuldrechts im BGB genannt, die durch das am 01. 01. 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts geregelt sind. 37 Im Übrigen sind die bedingten Eigentumsübertragungen an den Grundstücken für unzulässig erklärt (§ 925 Abs. 2 BGB). Diese Unzulässigkeit ist mit der Einigung der Vertragsparteien und der Eintragung in das Grundbuch begründet (§ 873 Abs. 1 BGB). Zur allgemeinen Bewertung von § 449 BGB s. auch Ernst, HKK zum BGB, § 449 Rn. 17 f.
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Die in § 455 Abs. 1 BGB a. F. vorhandene Vermutungsregel ist in § 449 BGB festgehalten. Das in § 455 Abs. 1 Alt. 2 BGB a. F. vorgesehene vertragliche Rücktrittrecht wurde aber durch die Einfügung des neuen Abs. 2 gestrichen.38 Nunmehr muss sich der Verkäufer auf § 323 Abs. 1 BGB berufen, wenn er bei Zahlungsverzug des Käufers vom Kaufvertrag zurücktreten will. Gemäß § 323 Abs. 1 BGB ist eine angemessene Fristsetzung zur Leistung (zur Zahlung des Kaufpreises) vorausgesetzt39, es sei denn, die Fristsetzung nach § 323 Abs. 2 BGB ist entbehrlich. Dies bedeutet, dass der Verkäufer vom Vertrag erst zurücktreten kann, wenn die Frist erfolglos abgelaufen ist. III. Entstehungsgeschichte des Eigentumsvorbehalts in der Schweiz Der Wunsch zur Schaffung eines Einheitstextes zwischen den schweizerischen Kantonen40 führte die schweizerische Obligationengesetzgebung herbei. Abweichend von seinem Titel enthält das alte Schweizerische Obligationenrecht (aOR)41 wichtige sachenrechtliche Regelungen, die die Basis des vierten Teils des heutigen ZGB bilden.42 38 „Der bisherige § 455 Abs. 1 enthält in seinem zweiten Teil noch eine weitere Auslegungsregel, nach der der Vorbehaltsverkäufer im Zweifel zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt ist, wenn der Käufer mit der Zahlung in Verzug kommt. Diese Regel soll entfallen. Sie gestattet dem Verkäufer, vom Vertrag auch dann zurückzutreten, wenn er eine Frist nicht gesetzt und den Ablauf der Frist nicht abgewartet hat. Für eine solche Abweichung von der allgemeinen Regelung in § 323 RE besteht kein Anlass, zumal die Fristsetzung den Verkäufer nicht wesentlich belastet und sie außerdem unter den allgemeinen, in § 323 Abs. 2 RE geregelten Voraussetzungen unnötig ist.“ Vgl. BT‑Drucks. 14/6040, S. 241. Nachdem die zugunsten des Verkäufers vorgesehene Vermutungsregel entfallen ist, stellen sich die Fragen, ob der Verkäufer ein persönliches Rückforderungsrecht hat oder ob der Verkäufer die Vorbehaltssache ohne Rücktritt vom Vertrag herausverlangen kann. Nach Serick steht dem Verkäufer ein persönliches Recht zur Rückübergabe der Sache zu, ohne dass er vom Vertrag zurücktritt. S. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 7 II 3, S. 132 f.; ausführ. s. unten S. 93 ff. 39 Die Frist nach § 323 Abs. 1 BGB soll je nach dem Umfang des Schutzinteresses des Verkäufers bestimmt werden. S. Kienle/Schulze, „Der Kauf unter Eigentumsvorbehalt – eine Kehrtwende des Gesetzgebers?“, Neue juristische Wochenschrift, Heft 39, München 2002, 2842 (2843). 40 Eugen Bucher, „Das Schweizerische Obligationenrecht – ein Markstein und ein Vorbild“, Neuer Zürcher Zeitung, Nr. 132, 10./11. Juni 2006, 31 (31). 41 Das aOR, das erste nationale Gesetz der Schweiz, wurde am 14. 06. 1881 verabschiedet und trat am 01. 01. 1883 in Kraft. S. Bucher, NZZ 2006, 31 (31). Obwohl der entworfene Text „Obligationenrecht“ heißt, wurden auch die das Handelsrecht tangierenden Vorschriften in das OR integriert. Dieses Ergebnis ist die Spiegelung der deutschen Gesetzgebungsphase an der schweizerischen Gesetzgebung, denn der deutsche Gesetzgeber wollte ein Gesetz über die Schuldverhältnisse neben dem vorhandenen ADHGB entstehen lassen. Aber anders als deutsches Recht wollte das schweizerische Rechtssystem von Anfang an das Handelsrecht und das Obligationenrecht zusammen regeln, weil die Gesetzgebungen in allen Bereichen des Zivilrechts unmöglich waren. S. Eugen Bucher, „Die Entwicklung des deutschen Schuldrechts im 19. Jahrhundert und die Schweiz/Zugleich Besprechung der Materialien – Edition
14 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem In Art. 210 ff. aOR (Art. 884 ff. des heutigen ZGB) war das Pfandrecht geregelt, in dem das Faustpfandprinzip seit dem Entwurf des Handelsgesetzes von 1864 als Grundsatz galt.43 Das Faustpfandprinzip setzte die Übergabe der Sache an den Gläubiger oder seinen Vertreter zur Entstehung des Pfandrechts voraus, sodass die Fortsetzung der ausschließlichen Gewalt des Verpfänders über die Sache die Begründung des Pfandrechts verhinderte (Art. 210 Abs. 2 aOR, Art. 884 Abs. 3 des heutigen ZGB). Mithilfe dieser Publizitätsvoraussetzung wollte der Gesetzgeber die saubere Beobachtung der Vermögensveränderung erleichtern.44 Zwar begrenzte die feste Einhaltung des Faustpfandprinzips die Kreditmöglichkeiten.45 Dieser Umstand veranlasste die Verkehrsbedürfnisse zur Entstehung neuer Sicherungsmittel, welche ohne Besitzverschaffung genügend Gewähr leisten können.46 Eines von solchen Sicherungsmitteln war der Eigentumsvorbehalt. Allerdings ist die Regelung zum Eigentumsvorbehalt nicht der Erfolg der einfachen Gesetzgebungsphase, obwohl der Eigentumsvorbehalt vor seiner gesetzlichen Bestimmung in einigen Urteilen zum Ausdruck kam.47 Die erste gesetzliche Regelung des Eigentumsvorbehalts lässt sich in Art. 219 im Entwurf des Schweizerischen Obligationengesetzes von 1879 erkennen. Die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts war zulässig, sofern er nicht zum Nachteil der Gläubiger vereinbart war.48 Jedoch wurde der Eigentumsvorbehalt immer wieder und aus verschiedenen Gründen kritisiert. Namentlich hoben die Kritiker hervor, dass der Eigentumsvorbehalt eine irreführende Erscheinung hinsichtlich des Vermögenszustands und der Kreditwürdigkeit des Vorbehaltskäufers verursache und demzufolge zum Schweiz. Handels- und Obligationenrecht von Urs Fasel“, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht, Nr. 84, München 2003, 353 (355, 356, 362). Auch auf den Ansatz zur Regelung des ganzen Rechtsverkehrs in einem Gesetz zeigte Münzinger im Entwurf des Handelsgesetzes von 1863, indem er die Überschrift „Konkordat über Handels- und Verkehrsrecht“ benutzte. S. Wolfgang Wiegand, „Sachenrecht im Obligationenrecht“, Das Obligationenrecht 1883–1983: Berner Ringvorlesung zum Jubiläum des Schweizerischen Obligationenrechts, Bern 1984, 107 (109, 110). Nach Wiegand spielt das Sicherungsrecht eine große Rolle im Obligationengesetz. S. Wiegand, Obligationenrecht 1984, 107 (127). 42 Wiegand, Obligationenrecht 1984, 107 (108, 132). 43 Wiegand, Obligationenrecht 1984, 107 (127). 44 Wiegand, Obligationenrecht 1984, 107 (127). 45 Wiegand, Obligationenrecht 1984, 107 (132, 133). 46 Zobl, BernerKomm – Syst. Teil, Rn. 108; Borufka, S. 22 m. w. N.; Halid Kemal Elbir, „Mülkiyeti Muhafaza Mukavelesinde Müteallik Umumi Mülahazalar ve Bu Müessesenin Hukuku Mahiyeti“, İstanbul Üniversitesi Hukuk Fakültesi Mecmuası, Band XVIII, Istanbul 1952, 258 (277, 278). 47 Seine Anwendung wurde für zulässig erklärt, um den aus der unzulässigen Mobiliarhypothek entstandenen praktischen Bedarf zu decken. W. N. bei Zobl, BernerKomm – Syst. Teil, Rn. 108; Rühl, S. 21 f. 48 Oser, ZSR 1905, 437 (465); Rühl, S. 24 f.
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den Gläubiger benachteilige.49 Diesen Kritiken lag das Prinzip zugrunde, wonach ausgehend vom Besitz einer beweglichen Sache vermutet wird, dass der Besitzer ihr Eigentümer sei (Art. 930 Abs. 1 des heutigen ZGB). Ein anderer Widerspruchsgrund gegen den Eigentumsvorbehalt war die Umgehungsgefahr.50 Hiermit ist der Fall gemeint, dass die Vertragsparteien den Kaufvertrag unter Eigentumsvorbehalt geschlossen haben, um die strikten Voraussetzungen der Pfandrechtsbegründung zu vermeiden. Trotz aller Kritik regelte die letzte Fassung des Obligationengesetzes in Art. 219 den Eigentumsvorbehalt ohne Beschränkungen, die besitzlose Pfandrechtsbestellung wurde dagegen gestrichen.51 Das aOR konnte jedoch sachenrechtliche Fragen nicht hinreichend beantworten, was zur Entstehung des sachenrechtlichen Teils des schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) führte.52 Bei dieser Entstehungsphase fällt auf, dass der zunächst verbotene Eigentumsvorbehalt am Ende im Gesetz anerkannt wurde. Während der Eigentumsvorbehalt im Vorentwurf keine gesetzliche Bestimmung fand, wurde die Fahrnisverschreibung (also Mobiliarhypothek) in Art. 884–889 ausdrücklich geregelt.53 Danach wurde der Eigentumsvorbehalt im Entwurf des ZGB, in Art. 702, für unzulässig erklärt.54 Aus politischen Gründen und unter Berücksichtigung der Wirtschaftspraxis beschränkte zunächst der Nationalrat die Möglichkeit der Fahrnisverschreibung, letztendlich verbot sie der Ständerat.55 Hiergegen wurde der Eigentumsvorbehalt in Art. 715 ZGB vom Jahre 1912 geregelt und von der Eintragung in einem vom Betreibungsbeamten zu führendes öffentliches Register abhängig gemacht. Mittels dieser Eintragung wollte der Gesetzgeber sowohl den Bedarf nach neuen Sicherungsmitteln decken als auch den Rechtsverkehr durch Veröffentlichung der Namen der Gläubiger des Vorbehaltskäufers im Register rechtlich schützen.56
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Rühl, S. 22; Galip Gültekin, „Mülkiyetin Muhafazası Mukavelesi“, Istanbul Üniversitesi Hukuk Fakültesi Mecmuası, Istanbul 1935, 445 (447); Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (408). 50 Über die Umgehungsgefahr s. Oser, ZSR 1905, 437 (468, 469). A. A. Rühl, S. 25. Zur Ähnlichkeit zwischen dem Eigentumsvorbehalt und dem Pfandrecht s. Wiegand, Obligationenrecht 1984, 107 (132). 51 Oser, ZSR 1905, 437 (467). 52 Wiegand, Obligationenrecht 1984, 107 (134, 135). 53 Dazu s. Borufka, S. 23; Elbir, IÜHFM 1952, 258 (278). 54 Elbir, IÜHFM 1952, 258 (278) m. w. N. 55 Rühl, S. 22; Borufka, S. 26 m. w. N.; Elbir, IÜHFM 1952, 258 (278, 288) m. w. N. 56 Rühl, S. 22.
16 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem IV. Entstehungsgeschichte des Eigentumsvorbehalts in der Türkei Der Eigentumsvorbehalt wurde zum ersten Mal im alten türkischen ZGB (Türk Kanunu Medenisi), das am 04. 10. 1926 in Kraft getreten war, geregelt. Gemäß Art. 688 des alten türkischen ZGB war der Eigentumsvorbehalt unter dem Titel „Vertrag zur Bewahrung des Eigentums“ so geregelt: „Die Verträge zur Bewahrung des übertragenen Eigentums sind nur dann wirksam, wenn sie von einem Notar, der an dem Wohnort des Erwerbers tätig ist, beglaubigt und in einem jeweiligen Register eingetragen werden. An Tieren ist der Eigentumsvorbehalt ausgeschlossen.“57
Das im Jahr 1926 in Kraft getretene türkische ZGB wurde durch Übersetzung vom schweizerischen ZGB übernommen.58 Aufgrund von Anpassungsschwierigkeiten der türkischen Landstruktur und der türkischen Rechtspraxis entstanden jedoch viele Probleme, weshalb das alte türkische ZGB in einigen Punkten geändert werden sollte. Ferner veranlassten zahlreiche Übersetzungsfehler und nicht übernommene Artikel die Juristen dazu, diese Fehler zu korrigieren und die Lücken im Gesetz zu füllen.59 Aus diesen Gründen begründete das Justizministerium im Jahr 1951 eine Kommission, um manche Vorschriften zu verändern. Die Kommission fertigte den „Vorentwurf zum türkischen ZGB und die Begründung“ aus und legte diesen Entwurf dem Justizministerium vor. Zuerst wurde im Vorentwurf von 1971 der Titel des Eigentumsvorbehalts geändert. Anstatt der „Bewahrung“ wurde das Wort „Vorbehalt“ befürwortet. Zweitens wurde im Vorentwurf die schriftliche Form für die wirksame Vereinbarung vorausgesetzt und vorgeschrieben, dass die Eintragung von dem Handelsregisterführer geführt wurde. Der Grund für die Eintragung in das Handelsregister war, dass die Betreibungsämter überlastet waren und daher die Eintragungsgeschäfte nicht ordentlich führen konnten. Der andere Grund war, dass der Eigentumsvorbehalt meistens beim kaufmännischen Verkauf und beim Abzahlungsverkauf in Erscheinung trat. Der Handelsregisterführer sollte den Eigentumsvorbehalt aber selbst nicht ausfertigen, sondern war nur verpflichtet, den Eigentumsvorbehalt (und die von den Vertragsparteien mit57 Kamil Tepeci, Notlu ve İzahlı Türk Kanunu Medenisi ve İlgili Kanunlar, Nizamnameler, Yargıtay Kararları, Federal Mahkeme Kararları, Talimatname ve Tamimler, Band II, Ayni Haklar, Ankara 1946, S. 151 f. 58 Obwohl das türkische Zivilgesetzbuch von dem schweizerischen Zivilgesetzbuch übersetzt wurde, wurde der Gesetzestext nicht gänzlich mit Änderungen übernommen. In Art. 688 türk. aZGB macht sich eine von diesen Änderungen besonders sichtbar. Art. 715 ZGB spricht nur von der Eintragung des Eigentumsvorbehalts, nicht von der Beglaubigung. Dazu setzt Art. 715 ZGB die Eintragung vom Betreibungsbeamten voraus, während Art. 688 türk. aZGB den Notar, der an dem Wohnort des Erwerbers tätig ist, zur Eintragung berechtigte. 59 1971 tarihli Türk Medeni Kanunu Öntasarısı ve Gerekçesi, Adalet Bakanı Yusuf Ziya Önder’in Önsözü (Der Vorentwurf zur türkischen ZGB von 1971 und seine Begründung, das Vorwort vom Justizminister Yusuf Ziya Önder), Ankara 1971.
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gebrachten Unterlagen) in das Handelsregister einzutragen. Daneben hatte dieser Vorentwurf zwei neue Regelungen. Im Entwurf wurde ein neuer Absatz mit dem Inhalt hinzugefügt, dass der gutgläubige Rechtserwerb Dritter gesetzlich geschützt war. Im Übrigen war die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts an den Kraftfahrzeugen in Art. 688 Abs. 1 des Gesetzentwurfes ausdrücklich erwähnt. In diesem Artikel wurde bei einem Kraftfahrzeugverkauf vorausgesetzt, dass der Eigentumsvorbehalt in das Fahrzeugregister eingetragen werden musste. Es wurde wiederholt, dass der Eigentumsvorbehalt an Tieren ausgeschlossen ist.60 Nachher begründete das Justizministerium eine andere Kommission, und der Vorentwurf der neuen Kommission wurde im Jahr 1984 veröffentlicht. Abweichend von Art. 688 a. F. regelte der Vorentwurf von 1984 in Art. 682, dass der Eigentumsvorbehalt von irgendeinem Notar beurkundet und von dem Notar, der an dem Wohnort des Erwerbers tätig war, in ein Register eingetragen wurde. Mit der Beurkundung des Eigentumsvorbehalts von „irgendeinem“ Notar war bezweckt, den Rechtsverkehr zu beschleunigen. Genauso wie früher wurde der Eigentumsvorbehalt in ein jeweiliges Register von einem am Wohnort des Erwerbers tätigen Notar eingetragen. Der Vorentwurf von 1984 erklärte den Wohnort des Erwerbers als den geeignetsten Ort, um die Informationen über den Erwerber zu erreichen.61 Weil die Vorentwürfe aus den Jahren 1971 und 1984 keine Gesetzeskraft erlangen konnten, wurde eine neue Kommission im Jahr 1994 begründet und damit beauftragt, das ganze türkische ZGB zu bearbeiten. Von dieser neuen Kommission wurde ein Vorentwurf im Jahr 1998 fertiggestellt, in dem der Inhalt des Vorentwurfs von 1984 beibehalten und der Eigentumsvorbehalt in Art. 764 geregelt wurde.62 Nachdem dieser Vorentwurf 1998 veröffentlicht worden war, legte das Justizministerium diesen dem türkischen Parlament als „Regierungsentwurf“ vor. Sobald der Entwurf von dem türkischen Parlament angenommen worden war, trat das neue türkische Zivilgesetzbuch am 01. 01. 2002 in Kraft. Art. 764 des heutigen türkischen ZGB lautet: „Der Eigentumsvorbehalt an einer dem Erwerber übertragenen Sache ist nur dann wirksam, wenn er von einem Notar, der an dem Wohnort des Erwerbers tätig ist, beurkundet und in einem besonderen Register eingetragen wird. An Tieren ist der Eigentumsvorbehalt ausgeschlossen.“ 60 1971 tarihli Türk Medeni Kanunu Öntasarısı ve Gerekçesi (Der Vorentwurf von 1971 zum türkischen Zivilgesetzbuch und seine Begründung), Ankara 1971; Talih Uyar, Türk Medeni Kanunu (Gerekçeli-İçtihatlı), Band III, Eşya Hukuku (Art. 683–1030), Ankara 2003, Art. 764, S. 3482 ff. 61 2467 sayılı Kanun hükümlerine göre Adalet Bakanlığınca Kurulan komisyon tarafından hazırlanan 1984 tarihli Türk Medeni Kanunu Öntasarı ve Gerekçesi (Der Vorentwurf von 1984 zum türkischen Zivilgesetzbuch und seine Begründung), Ankara 1984; Uyar, Art. 764, S. 3481 f. 62 Adalet Bakanlığı Tarafından Hazırlanan Türk Medeni Kanunu Tasarısı ve Gerekçesi (Der Vorentwurf von 1998 zum türkischen Zivilgesetzbuch und seine Begründung), Ankara 1998; Uyar, Art. 764, S. 3481.
18 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Bei der Betrachtung des Eigentumsvorbehalts stellt man fest, dass er im schweizerischen und türkischen Recht unter dem Fahrniseigentum geregelt ist, während das deutsche Recht den Eigentumsvorbehalt unter dem Recht der Schuldverhältnisse regelt und als ein schuldrechtliches Institut anerkennt.63 Dieser unterschiedliche gesetzliche Ausgangspunkt könnte dadurch erklärt werden, dass der Eigentumsvorbehalt entweder vonseiten des Verkäufers oder des Käufers behandelt wird. Daher fragt es sich: Was behält der Verkäufer vor und welche Rechte erwirbt er aus diesem Vorbehalt? Oder was erlangt der Käufer gegen den Vorbehalt des Eigentums?64 Während das schweizerische und türkische Recht den Vorbehalt des Eigentums in den Vordergrund stellen, geht das deutsche Recht von der bedingten Eigentumsübertragung aus.65 Die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts entsteht aus zwei Rechtsgeschäften: 1) ein Verpflichtungsgeschäft (i. d. R. Kaufvertrag), 2) ein Verfügungsgeschäft (die Besitz- und Eigentumsübertragung). Dementsprechend wird der Eigentumsvorbehalt im türkischen Recht sowohl schuldrechtlich als auch sachenrechtlich (Art. 764 türk. ZGB) behandelt. Zudem regelt das türkische Recht die schuldrechtliche Seite des Eigentumsvorbehalts spezifisch in Bezug auf den Abzahlungskauf (Art. 253, 259 ff. türk. OR), bei dem der Eigentumsvorbehalt am häufigsten vereinbart wird.66
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts I. Juristische Natur des Eigentumsvorbehalts 1. Bedingte Eigentumsübertragung Im Prinzip geht das Eigentum an einer beweglichen Sache erst mit der Übergabe über (sog. Traditionsprinzip). Es spielt keine Rolle für den Eigentumserwerbsvorgang, ob der Kaufpreis getilgt wurde. Der Eigentumsvorbehalt bildet jedoch „eine Durchbrechung“ vom Traditionsprinzip.67 63 Nach Serozan musste der Eigentumsvorbehalt nach dem Fahrnispfand im ZGB geregelt werden, weil der Eigentumsvorbehalt eine Ausnahme von der Eigentumsübertragung durch Übergabe macht. Kritisch Rona Serozan, „Mülkiyeti Saklı Tutma Anlaşması“, İstanbul Üniversitesi Mukayeseli Hukuk Araştırmaları Dergisi, Band I, Heft 2, Istanbul 1968, 3 (4). 64 Neumayer, „Dogmatische Unebenheiten um den Eigentumsvorbehalt nach schweizerischem Recht“, Schweizerische Juristen-Zeitung, 66. Jahrgang, Heft 23, Zürich 1970, 349 (349). 65 Neumayer, SJZ 1970, 349 (349); Hasan Pulaşlı, „Mülkiyeti Saklı Tutma Anlaşması ve Bundan Doğan Sorunlar“, Türkiye Noterler Birliği Hukuk Dergisi, Heft 56, 1987, 25 (26). 66 In Art. 689 türk. ZGB von 1926 wurden die Voraussetzungen zum Zurückverlangen der Vorbehaltssache im Rahmen des bei einem Abzahlungskauf vereinbarten Eigentumsvorbehalts spezifisch geregelt. Gemäß Art. 765 türk. ZGB vom Jahr 2002 erfolgt die Rücknahme der Vorbehaltssache nunmehr nach den jeweiligen Artikeln über den Abzahlungskauf im türk. OR. 67 Andreas von Tuhr/Arnold Escher, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. II, 3. Auflage, Zürich 1974, § 84, S. 262; Gültekin, IÜHFM 1935, 445 (445); Aral,
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts
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Beim Eigentumsvorbehalt einigen sich die Vertragsparteien nicht wie im üblichen Fall über sofortige Eigentumsübertragung durch Übergabe, sondern darüber, dass der Veräußerer das Eigentum an der Kaufsache trotz der Übergabe bei sich vorbehält. Beim Eigentumsvorbehalt erfolgt der Eigentumsübergang erst mit der Erfüllung der Bedingung (Zahlung des Kaufpreises).68 Demnach könnte der Eigentumsvorbehalt auch als „eine Modifikation der dinglichen Einigung“ angesehen werden.69 Beachtlich ist, dass der Eigentumsvorbehalt nur die Verfügung, nicht das zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft unter eine Bedingung stellt und endgültige dingliche Rechtswirkung der Eigentumsübertragung bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung hinausschiebt. Demgegenüber bleibt der Kaufvertrag unberührt, also unbedingt.70 Die Bedingtheit allein der dinglichen Seite des Eigentumsvorbehalts ergibt sich aus dem Trennungsprinzip71, nach dem das AÜHFD 1973, 201 (202 ff.); Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 395 ff.; vgl. auch Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (177) mit der Begründung der systematischen Stellung der türkischen und schweizerischen Gesetzesvorschriften über den Eigentumsvorbehalt. 68 Beispielsweise s. Hary Westermann/Harm Peter Westermann/Karl-Heinz Gursky/Dieter Eickmann, Sachenrecht, 8. Auflage, Heidelberg 2011, § 3 Rn. 14 und § 36 Rn. 6. 69 S. Mathias Habersack, Examens-Repetitorium Sachenrecht, 7. Auflage, München 2013, § 12 I Rn. 114; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 37 Rn. 4, 6. Bei dem unter Eigentumsvorbehalt geschlossenen Kaufvertrag wird auch die sofortige Zahlungspflicht des Käufers modifiziert, insofern als der Kaufpreis in bestimmter Frist und zumeist ratenweise gezahlt wird. S. Hans Josef Wieling, Sachenrecht, 5. Auflage, Berlin 2007, § 17 I, S. 241; Adrian SchmidtRecla, „Grundstrukturen und Anfänge des Eigentumsvorbehalts – insbesondere des Anwartschaftsrechts“, Juristische Schulung, Heft 8, München 2002, 759 (759). 70 Habersack, Sachenrecht, § 3 II Rn. 28 und § 12 I Rn. 230 ff.; Dieter Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10. Auflage, Heidelberg 2010, § 20 I Rn. 223; Heinrich Honsell, „Tradition und Zession – kausal oder abstrakt?“, Festschrift für Wolfgang Wiegand zum 65. Geburtstag, Bern 2005, 349 (352); Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 3 Rn. 1; Schwander, BaslerKomm, ZGB, Art. 715 Rn. 5, 8; Haab/Simonius/Scherrer/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 48; Ulrich Huber, „Savigny und das sachenrechtliche Abstraktionsprinzip“, Festschrift für ClausWilhelm Canaris zum 70. Geburtstag, Band I, München 2007, 471 (475, 502); Johann Kindl, Eigentumsvorbehalt und Anwartschaftsrecht, Zeitschrift für das Juristische Studium, 2008, 477 (477); Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 32; Selahattin Sulhi Tekinay, Menkul Mülkiyeti ve Sınırlı Ayni Haklar, Band III/3, Istanbul 1994, S. 9 m. V. a. BGE 58 II 347; Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 397; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 492; Fikret Eren, Borçlar Hukuku Özel Hükümler, Ankara 2014, S. 289; Feyzi Necmeddin Feyzioğlu, Borçlar Hukuku, İkinci Kısım Akdin Muhtelif Nevileri (Özel Borç İlişkileri), Band I, 4. Auflage, Istanbul 1980, S. 168. Zur bedingten Verfügung s. auch Oser, ZSR 1905, 437 (472); Gürsoy/Eren/Cansel, S. 675, 676; Jale G. Akipek/Turgut Akıntürk, Eşya Hukuku, Istanbul 2009, S. 588; Oğuzman/Seliçi/OktayÖzdemir, Rn. 2619 m. V. a. BGE 58 II 347; Elbir, IÜHFM 1952, 258 (286, 287). Obwohl Aral die Trennung zwischen dem unbedingten Kaufvertrag und der bedingten Verfügung annimmt, findet er diese Trennung künstlich. Er qualifiziert den Kauf unter Eigentumsvorbehalt als einen besonderen Kaufvertrag, der aus verschiedenen und aufeinander einwirkenden Bestandteilen entsteht. S. Aral, AÜHFD, 201 (203). 71 Habersack, Sachenrecht, § 3 II Rn. 28; Medicus, § 20 I Rn. 223; Huber, FS. für ClausWilhelm Canaris, 471 (475); Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 4; Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (759); Hüseyin Hatemi/Rona Serozan/Abdülkadir Arpacı, Eşya Hukuku, Istanbul 1991,
20 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Verpflichtungsgeschäft nur schuldrechtliche, das Verfügungsgeschäft nur dingliche Rechtsfolgen hat. Im weiteren Sinne bedeutet der Eigentumsvorbehalt die Abhängigkeit der Eigentumsübertragung von der Erfüllung einer aus dem schuldrechtlichen Rechtsgeschäft entstandenen Leistung. Für das Kausalitätsprinzip ist die bedingte Verfügung nicht fremd, da es von der Abhängigkeit zwischen dem Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft ausgeht.72 Dagegen hat die Verfügung abstrakte Natur nach dem in Deutschland geltenden Abstraktionsprinzip, d. h., sie ist losgelöst vom Rechtsgrund.73 Diese Abstraktheit der Verfügung ist jedoch nicht zwangsläufig (außer der Auflassung nach § 925 Abs. 2 BGB).74 Durch Parteiwille kann die Eigentumsübertragung unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung mit der Folge (§§ 158 ff. BGB) gestellt werden, dass das Verpflichtungsgeschäft und die Verfügung in einen „Gültigkeitszusammenhang“ gebracht werden.75 Daraus folgt die Möglichkeit zur Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts.76 Für die bedingte Verfügung ist erforderlich, dass der Eintritt der Rechtswirkungen eines Rechtsgeschäfts von einem „zukünftigen, objektiv ungewissen“ Ereignis abhängig gemacht wird.77 So verhält es sich bei einem unter Eigentumsvorbehalt geschlossenen S. 310; Rona Serozan, „Mülkiyeti Saklı Tutma Anlaşması ve Teminaten Temlik“, Prof. Dr. Erdoğan Moroğlu’na 65. Yaş Günü Armağanı, Istanbul 2001, 987 (988), vgl. Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 3 Rn. 1. 72 Ausf. Rey, Rn. 347 ff. und Rn. 1735, 1736. 73 Vgl. Andreas von Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Band II, Zweie Hälfte, Berlin 1957, § 73, S. 103 ff.; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 3 Rn. 15; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, Vbem. zu §§ 929–931 Rn. 15, und § 929 Rn. 2; Seiler, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, Einl. zum Sachenrecht §§ 854–882 Rn. 48; Huber, FS. für Claus-Wilhelm Canaris, 471 (476); Habersack, Sachenrecht, § 12 II Rn. 238. Über die Unterscheidung von inhaltlicher und äußerlicher Abstraktheit s. auch Medicus, § 20 II Rn. 225; Othmar Jauernig, „Trennungsprinzip und Abstraktionsprinzip“, Juristische Schulung, 34. Jahrgang, Heft 9, München 1994, 721 (722). 74 Habersack, Sachenrecht, § 3 II Rn. 32; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 3 Rn. 3, 12. 75 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 714 Rn. 25; Wolfgang Wiegand, „Die Entwicklung des Sachenrechts im Verhältnis zum Sachenrecht“, Archiv für die civilistische Praxis, Band 190, Tübingen 1990, 112 (135); Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, Vbem. zu §§ 929–931, Rn. 17, 18 unter Berücksichtigung der vorrangigen Parteiwillen und vergleichend mit dem Schutz der Dritten bei dem Eigentumsvorbehalt. Verneinend von Huber, FS. Claus-Wilhelm Canaris, 471 (477), und Medicus, § 20 II Rn. 240. 76 Habersack, Sachenrecht, § 8 III Rn. 144. 77 V. Tuhr/Escher, § 84, S. 259; Honsell, FS. für Wolfgang Wiegand, 349 (352); Heinrich Honsell, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, 9. Auflage, Bern 2010, § 14, S. 133. An dieser Stelle nimmt Habersack die Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Geschäfts als eine gegenwärtig, objektiv gewisse Tatsache an, infolgedessen sieht er keine Bedingung gemäß § 158 BGB im Falle der Abhängigkeit der Verfügung vom schuldrechtlichen Rechtsgeschäft. S. Habersack, Sachenrecht, § 3 II Rn. 33; ebenso Jauernig, JuS 1994, 721 (723). Zur Unterscheidung der objektiven und subjektiven Ungewissheit s. a. Westermann/Westermann/ Gursky/Eickmann, § 3 Rn. 12, 15.
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts
21
Kaufvertrag: Die Eigentumsübertragung wird unter einer objektiv ungewissen Bedingung, die Tilgung des ganzen Kaufpreises durch den Käufer, vorgenommen. Hiermit besteht ein Gültigkeitszusammenhang zwischen der Verfügung und dem zugrunde liegenden schuldrechtlichen Geschäft, dadurch bildet der Eigentumsvorbehalt eine Ausnahme des Abstraktionsprinzips.78 2. Eigenschaft der Bedingung In Bezug auf den Eigentumsvorbehalt wird eine weitere Diskussion über die Eigenschaft der Bedingung zur Eigentumsübertragung geführt. Hier lautet die Frage, ob die Verfügung mit einer auflösenden (resolutiven) oder aufschiebenden (suspensiven) Bedingung ausgestattet ist. § 449 Abs. 1 BGB enthält eine Auslegungsregel. Danach erfolgt die Übereignung im Zweifel, d. h., sofern die Parteien sich für die Eigenschaft der Bedingung nicht einigten, unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung (§ 158 Abs. 1 BGB). Möglich bleibt jedoch, dass die Vertragsparteien auch die auflösend bedingte Übereignung vereinbaren (§ 158 Abs. 2 BGB).79 § 449 Abs. 1 BGB regelt nur „eine Auslegungsregel“ für die aufschiebend bedingte Übereignung.80 Demgegenüber sehen weder das ZGB noch das türkische ZGB eine besondere Auslegungsregel für die Übereignung im Rahmen des Eigentumsvorbehalts vor. Zumeist übergibt der Verkäufer zwar die Kaufsache an den Käufer ohne Erwähnung der Eigenschaft der Bedingung. In diesem Fall tritt ein wichtiges Auslegungsproblem auf,81 ob nämlich die Bedingung einen aufschiebenden oder auflösenden Charakter hat. Die überwiegende Meinung befürwortet einen aufschiebend bedingten Eigentumsübergang.82 Danach bleibt der Verkäufer der Eigentümer und der Ei78 Jauernig, JuS 1994, 721 (723); Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (182, 183); verneinend Flume, AcP 1962, 385 (388 f.); Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 4 I 1, S. 53 m. w. N.; Habersack, Sachenrecht, § 3 II Rn. 33, und § 8 Rn. 144; Huber, FS. für Claus-Wilhelm Canaris, 471 (477); Astrid Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion: eine rechtsvergleichende Studie zur abstrakten und kausalen Gestaltung rechtsgeschäftlicher Zuwendungen anhand des deutschen, schweizerischen, österreichischen, französischen und US-amerikanischen Rechts, Tübingen 1996, S. 84 f.; Wieling, § 17, S. 241 ff.; Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (760), Fn. 7. 79 Westermann, MüKomm, § 449 Rn. 11; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, § 929 Rn. 29. 80 Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 16. 81 Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (992). Zur Beweislast für die Existenz der aufschiebenden oder der auflösenden Bedingung s. v. Tuhr/Escher, § 84, S. 263 m. w. N. 82 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 5, 6; Haab/Scherrer/Simonius/ Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 48; B. Haberthür, „İcra ve İflas Yollarıyla Takipte ve Konkordatoda Mülkiyeti Muhafaza (Mukavelesi)“, Ankara Üniversitesi Hukuk Fakültesi Dergisi, Heft 1–4, 1965–1966, Übersetzung von: Ergun Önen, 535 (537); Erich Bürgi, „Theorie und Praxis des Eigentumsvorbehalts“, Berner Tage für die juristische Praxis, Probleme der Kre-
22 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem genbesitzer der Sache trotz deren Übergabe bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung. In dieser Konstruktion geht das Eigentum erst auf den Käufer über, sobald der Kaufpreis vollständig gezahlt wird. Nach der Gegenmeinung handelt es sich um eine auflösende Bedingung,83 sodass der Käufer das Eigentum mit der Übergabe und vor Zahlung des ganzen Kaufpreises erwirbt. Bezahlt der Käufer den Kaufpreis nicht rechtzeitig, tritt die auflösende Bedingung ein, und das Eigentum fällt ipso iure auf den Verkäufer zurück.84 Von einigen wird die auflösende Bedingung beim Eigentumsvorbehalt mit dem Schutzbedürfnis des Käufers begründet.85 Danach schützt die auflösende Bedingung den Käufer effektiver als die aufschiebende Bedingung, da der Käufer im Rahmen des Eigentumsvorbehalts eine schwächere Rechtsposition hat und deshalb mehr schutzbedürftig gegen den Verkäufer ist. Zum anderen wird vertreten, dass die auflösende Bedingung auch der Eigentumsvermutung für den Besitzer entspricht (§ 1006 Abs. 1 BGB, Art. 930 ZGB, Art. 985 Abs. 1 türk. ZGB)86. Die aufschiebende und auflösende Bedingung unterscheiden sich voneinander insbesondere in ihren Rechtsfolgen. Vereinbaren die Vertragsparteien einen aufschiebend bedingten Eigentumsvorbehalt, bleibt das Eigentum bei dem Verkäufer bis zum Zeitpunkt der vollditsicherung, Bern 1981, 111 (166); v. Tuhr/Escher, § 84, S. 263 ff.; Liver, SPR, § 52, S. 333 m. w. N.; Zobl, BernerKomm, Bd. IV/2, Art. 884 Rn. 103 m. V. a. BGE 58 II 354, 46 II 48 und m. w. N.; Schwander, BaslerKomm, ZGB, Art 715 Rn. 5; Galip Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza Mukavelesi, Istanbul 1947, S. 13 f.; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 47; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 675; Tekinay, S. 9; Akipek/Akıntürk, S. 588; Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 397; M. Kemal Oğuzman/Özer Seliçi, Eşya Hukuku, Istanbul 1975, S. 543; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 2619; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (181); Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 491; Eren, Borçlar Hukuku, S. 289; Feyzioğlu, S. 168 m. V. a. Yargıtay, 13. HD, E. 1974/840, K. 1974/794, T. 08. 04. 1974; Necmeddin M. Berkin, İflas Hukuku, 4. Auflage, Istanbul 1972, S. 236. S. im deutschen Schrifttum Habersack, Sachenrecht, § 12 I Rn. 230. 83 Emil Beck, Der Eigentumsvorbehalt nach dem Schweiz. ZGB, Bern 1916, S. 41 ff.; Liver, SPR, § 52, S. 341 m. w. N.; Apostolos Georgiades, Die Eigentumsanwartschaft beim Vorbehaltskauf, Tübingen 1963, S. 156; Eugen Huber, Zum schweizerischen Sachenrecht, Drei Vorträge mit Anmerkungen von Eugen Huber, Bern 1914, S. 108; Neumayer, SJZ 1970, 349 (352); im türkischen Schrifttum Kevork Acemoğlu, Eşya Hukuku Meseleleri, Istanbul 1970, S. 42, Fn. 1 m. w. N.; Rona Serozan, Sözleşmeden Dönme, 2. Auflage, Istanbul 2007, S. 98 ff.; Halil Arslanlı, Ticari Bey’, 2. Auflage, Istanbul 1950, S. 360 ff. 84 Oser, ZSR 1905, 437 (472, 473); Dieter Zobl, „Zur Rechtsfigur der Anwartschaft und der Verwendbarkeit im schweizerischen Recht“, in: Freiheit und Verantwortung im Recht, FS zum 60. Geburtstag von Arthur Meier-Hayoz, Bern 1982, 495 (507). Hier spricht Serozan von „dem dinglichen Bumerang Wirkung (ayni bumerang etkisi)“. S. Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (992). In der Begründung des Teilentwurfs des BGB (§ 140) wurde der automatische Rückfall des Eigentums mit diesem Grund verneint, dass der Rückerwerb gleichfalls nur durch Übergabe, nicht durch bloßen Willen vermittelt werden kann. Dazu s. Gerhardt Albert, Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches (hrsg. von Werner Schubert), Allgemeiner Teil, Teil 2, Berlin 1981, S. 246 f. 85 Serozan, Sözleşmeden Dönme, S. 98 ff.; Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (28, 29) m. w. N. 86 Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (29).
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts
23
ständigen Kaufpreiszahlung. Hierbei erwirbt der Käufer ein Anwartschaftsrecht.87 Unter dem Anwartschaftsrecht versteht man die Möglichkeit (bzw. das Recht) des Käufers zum Eigentumserwerb durch die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises. Das Anwartschaftsrecht des Käufers kann von niemandem beeinträchtigt werden. Die Verfügungen über die Sache werden unwirksam, soweit sie das Anwartschaftsrecht des Käufers während der Schwebezeit beeinträchtigen (§ 161 Abs. 1 BGB, Art. 152 Abs. 3 des schweizerischen OR, Art. 171 Abs. 3 türk. OR). Nur der Käufer kann seinen zukünftigen Eigentumserwerb verhindern, indem er seine Leistungspflicht nicht erfüllt.88 Den Vertragsparteien wird es in der Regel nicht versagt, die Gültigkeit der Übereignung an eine auflösende oder eine aufschiebende Bedingung zu knüpfen.89 Meines Erachtens zeigt sich die Bedingung bei dem Eigentumsvorbehalt von seiner Natur her aufschiebend, wenn es keine Bestimmung über die Eigenschaft der Bedingung gibt. Mit der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts wollen die Vertragsparteien den Kaufpreisanspruch des Verkäufers dinglich sichern, sodass der Verkäufer sein dingliches Recht bis zur Tilgung des ganzen Kaufpreises nicht verliert. Die aufschiebende Bedingung entspricht dem Sinn des Eigentumsvorbehalts am besten,90 während sie dem Veräußerer eine weitgehende dingliche Sicherung bietet und ermöglicht, dass er das Eigentum an der Sache vorbehalten und die Kaufsache im Falle der nicht erfolgten Zahlung als Eigentümer zurückverlangen kann. Unter Berücksichtigung des Zwecks des Eigentumsvorbehalts, den Vorbehaltsverkäufer vorrangig zu schützen,91 kommt der Annahme einer aufschiebenden Bedingung besondere Bedeutung bei dem Zugriffsversuch der Gläubiger des Käufers zu.92 Gegen die Pfändung der Vorbehaltssache von den Gläubigern des Käufers kann der Vorbehaltsverkäufer eine Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO, Art. 106 f. SchKG, Art. 96 f. türk. Zwangsvollstreckungsund Konkursgesetz erheben. Darüber hinaus kann der Vorbehaltsverkäufer die Vorbehaltssache unter bestimmten Voraussetzungen aus der Insolvenzmasse aussondern, wenn der Käufer insolvent wird (s. § 47 InsO, Art. 242 SchKG, Art. 228 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetzes).93 87
Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 317; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (990). Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 317; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (990). 89 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 42; Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (27); Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (988). 90 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 48; Schwander, BaslerKomm, ZGB, Art. 715 Rn. 5 m. w. N.; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 ff.; Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 295 m. w. N.; Elbir, IÜHFM 1952, 258 (288 ff. ); Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (415). 91 Elbir, IÜHFM 1952, 258 (291, 292). 92 Elbir, IÜHFM 1952, 258 (291). 93 Über die zwangsvollstreckungs- und insolvenzrechtlichen Rechtsfolgen des aufschiebend bedingten Eigentumsvorbehalts s. unten S. 148 ff. 88
24 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Bei der auflösend bedingten Übereignung kann der Verkäufer dagegen erst dann die gekaufte Sache vom Gläubiger zurückverlangen oder z. B. die Vorbehaltssache aus der Insolvenzmasse aussondern, wenn der Käufer im Zeitpunkt der Insolvenz im Zahlungsverzug ist und der Verkäufer gerade deshalb vom Vertrag zurücktritt und folglich das Eigentum wieder erwirbt.94 An dieser Stelle könnte die auflösende Bedingung beim Eigentumsvorbehalt auch im Hinblick auf den Dritterwerb kritisiert werden. Bei der Vereinbarung der auflösenden Bedingung wird der Käufer mit der Besitzübergabe Eigentümer, demzufolge kann der Käufer über die Kaufsache als Eigentümer verfügen. Für den Rechtserwerb Dritter ist es gleichgültig, ob der Dritte gutgläubig oder bösgläubig ist. Der Dritte kann Rechte an der Kaufsache wirksam vom Berechtigten erwerben. Hier erscheint die aufschiebende Bedingung folgerichtiger, denn der Vorbehaltskäufer ist nur Treuhänder bei der aufschiebenden Bedingung, der Rechtserwerb des Dritten wird deshalb nur ausnahmsweise geschützt.95 II. Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts 1. Eine besondere vertragliche Vereinbarung Der unter Eigentumsvorbehalt geschlossene Kaufvertrag unterscheidet sich von den gewöhnlichen Kaufverträgen dadurch, dass das Eigentum nicht sofort oder mit der Übergabe auf den Käufer übergeht, sondern erst, wenn der Käufer seiner Gegenleistungspflicht genügt, also den Kaufpreis restlos bezahlt. In diesem Zusammenhang fügen die Vertragsparteien dem Grundgeschäft (i. d. R. dem Kaufvertrag oder der dinglichen Einigung) eine Bedingung hinzu, und damit machen sie die Übereignung von der vollständigen Zahlung des Kaufpreises abhängig.96 Demzufolge bildet der Eigentumsvorbehalt als eine besondere Vereinbarung zur bedingten Verfügung einen Teil des Grundgeschäfts, also eine Nebenvereinbarung des Kaufvertrags.97 Es wird in der Lehre auch von einer anderen Möglichkeit zur Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts gesprochen: von einem unabhängigen Vertrag neben dem Kaufvertrag.98 94 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 225; Serozan, Sözleşmeden Dönme, S. 98 ff. Über das Aussonderungsrecht des Verkäufers bei der aufschiebend bedingten Übereignung s. a. Feyzioğlu, S. 168 m. V. a. Yargıtay, 13. HD, E. 1974/840, K. 1974/794, T. 08. 04. 1974. 95 Über den Rechtswerb Dritter an der Vorbehaltssache s. unten S. 121 ff. 96 Liver, SPR, § 52, S. 332; sogar einschließlich Mehrwertsteuer, Zinsen und Nebenkosten s. Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 41; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 19. 97 Haab/Simonius/Scherrer/Zobl, ZüKomm, Art. 714 Rn. 38, Art. 716 Rn. 48; Westermann/ Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 II 1 Rn. 5, 6; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 17; Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 6; Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 10. Ebenso Rey, Rn. 1737; Harrer, S. 95; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (176). 98 Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 2614; Eren, Borçlar Hukuku, S. 289; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (415).
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts
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Einige Autoren vertreten, dass der Eigentumsvorbehalt (also die bedingte Übereignung) sowohl im Kaufvertrag als auch in der dinglichen Einigung erklärt wird, damit der Eigentumsvorbehalt seine schuldrechtlichen und dinglichen Rechtsfolgen entfalten kann .99 Im Regelfall wird der Eigentumsvorbehalt im Kaufvertrag schriftlich fixiert (vorausgesetzt im schweizerischen und türkischen Recht!).100 Wird ein Eigentumsvorbehalt im Kaufvertrag vereinbart, ist die dingliche Einigung so zu verstehen, dass die Vertragsparteien mit der bedingten Eigentumsübertragung an der Kaufsache einverstanden sind. Daher muss eine zusätzliche Eigentumsvorbehaltserklärung bei der Übereignung nicht abgegeben werden.101 Allerdings liegt die Bedeutung des Eigentumsvorbehalts darin, dass die Vertragsparteien durch eine Vereinbarung im Kaufvertrag die Eigentumsübertragung mit der aufschiebenden Bedingung abhängig machen können.102 a) Vertragstypen, welche die Grundlage des Eigentumsvorbehalts bilden In der Regel wird der Eigentumsvorbehalt im Rahmen eines Kaufvertrags vereinbart.103 Demnach überträgt der Verkäufer den Besitz vor der Kaufpreiszahlung auf den Käufer und behält sich allerdings das Eigentum vor. Dadurch kann der Verkäufer seine aus dem Kaufvertrag entstandene Forderung dinglich sichern. Eines solchen Sicherungsmittels bedarf es vor allem bei den Kreditkäufen, insbesondere in Abzahlungsgeschäften, in denen die Sache sofort übergegeben wird, dagegen der Kaufpreis in bestimmter Frist (und in Raten) bezahlt werden kann.104 In solchen Kaufverhältnissen hat der Verkäufer besonderes Interesse an der Sicherung seiner Forderung. Unter Berücksichtigung seiner Sicherungsrolle wird der Eigentumsvorbehalt meistens nur im Hinblick auf den Kaufvertrag, insbesondere Kreditkauf und Abzahlungskauf, behandelt. Dementsprechend wird die Ansicht in der Lehre vertreten, dass der Eigentumsvorbehalt nur bei dem Kaufvertrag vereinbart 99
Fritz Baur/Jürgen F. Baur/Rolf Stürner, Sachenrecht, 18. Auflage, München 2009, § 59 Rn. 9; Habersack, Sachenrecht, § 12 II Rn. 238. 100 Ausführ. s. unten S. 31 ff. 101 Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 1. 102 Ebenso Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 6. 103 Liver, SPR, § 52, S. 332; Zobl, BernerKomm – Syst. Teil, Rn. 1700; Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (759); Reiling, Beck’sche Online Formulare, 3.6.2. Rn. 1; Oğuzman/Seliçi/OktayÖzdemir, Rn. 2614; Eren, Borçlar Hukuku, S. 288. 104 Peter Tuor/Bernhard Schnyder/Jörg Schmid/Alexandra Rumo-Jungo, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 14. Auflage, Zürich 2015, § 103 Rn. 12; Rey, Rn. 1738; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 9 m. H. a. die Anwendung des Eigentumsvorbehalts bei allen Verträgen, die sich auf das Kaufrecht berufen; s. a. Richard Homburger, Beiträge zur Frage der erweiterten Eigentumsvorbehalte, Ein Vergleich zwischen schweizerischem und deutschem Eigentumsvorbehaltsrecht, Zürich 1937, S. 25 ff.; Aral, AÜHFD 1973, 201 (206, 207); Arslanlı, S. 355; Elbir, IÜHFM 1952, 258 (280 ff.).
26 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem werden könne.105 Eigentlich steht diese Behandlungsweise im Einklang mit der deutschen Gesetzessystematik (§ 449 BGB), wo der Eigentumsvorbehalt als eine besondere Art des Kaufvertrags vorgesehen ist. Anders als der deutsche Gesetzgeber regeln der türkische und schweizerische Gesetzgeber den Eigentumsvorbehalt unter dem Titel „Fahrniseigentum“ (Art. 715 ZGB, Art. 764 türk. ZGB) und sprechen nicht speziell vom „Käufer“, sondern vom „Erwerber“. Gerade deshalb stellt man den Anwendungsbereich des Eigentumsvorbehalts infrage. Hier ist es fragwürdig, ob der Eigentumsvorbehalt auch in verschiedenen Vertragstypen abgeschlossen werden könnte. Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts hat zum Inhalt, dass jemand (Veräußerer), der aufgrund eines Rechtsgeschäfts das Eigentum an einer beweglichen Sache gegen eine Leistung übertragen muss, dem anderen (Erwerber) nur den Besitz an einer beweglichen Sache einräumt und sich zugleich das Eigentum der Sache „bis zu einem bestimmten Ereignis“ (meistens bis zur Erfüllung der Gegenleistung) vorbehält. Dies hat zur Folge, dass der Eigentumsvorbehalt bei jedem Rechtsgeschäft vereinbart werden kann, aus dem „eine Eigentumsübertragungspflicht“106 und „eine Gegenleistungspflicht“107 entstehen. Allerdings ist vorausgesetzt, die Eigentumsübertragung von einer Bedingung abhängig zu machen und die Erbringung der Gegenleistung bis zu einem künftigen Termin hinauszuschieben.108 Somit kann der Eigentumsvorbehalt theoretisch auch bei diesen Verträgen in Betracht kommen: beim Tausch109, bei der Schenkung110 105
Schwander, BaslerKomm, ZGB, Art. 715 Rn. 4 m. w. N. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 33; Elbir, IÜHFM 1952, 258 (280 ff.); Aral, AÜHFD 1973, 201 (206, 207); vgl. Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 9; Tuor/Schnyder/Schmid/RumoJungo, § 103 Rn. 12; Zobl, BernerKomm – Syst. Teil, Rn. 1700. 107 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 8; Zobl, BernerKomm – Syst. Teil, Rn. 1700. 108 Elbir, IÜHFM 1952, 258 (280 ff.). Über die Kreditierung des Kaufpreises s. Liver, SPR, § 52, S. 332, und Aral, AÜHFD 1973, 201 (206, 207). 109 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 38; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 8; Rey, Rn. 1737; Bürgi, BTJP 1981, 111 (112); Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 7; Elbir, IÜHFM 1952, 258 (283); Tekinay, S. 10; Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 396; Aral, AÜHFD 1973, 201 (206, 207); Akipek/Akıntürk, S. 587; Oğuzman/Seliçi/OktayÖzdemir, Rn. 2614; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 490, 491; Eren, Borçlar Hukuku, S. 288; Erbay Taylan, „Taksitle Satışlar“, Yasa Hukuk Dergisi, Band 3, Heft 6, Haziran 1980, 797 (806); a. A. Schwander, BaslerKomm, ZGB, Art. 715 Rn. 4. 110 Die Schenkung ist eine Zuwendung, mit der der Schenker aus seinem Vermögen den Beschenkten unentgeltlich bereichert. Dementsprechend verpflichtet sich der Schenker, den Besitz und das Eigentum an einer Sache dem Beschenkten zu übertragen. Jedoch scheint es unmöglich, einen Eigentumsvorbehalt unter einer aufschiebenden Bedingung zu vereinbaren, weil die Schenkung die sofortige Eigentumsübertragung voraussetzt (Ausnahme: Schenkungsversprechen). Deswegen soll die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts bei einer Schenkung so verstanden werden, dass bei dem Eintritt der Bedingung das Eigentum an den Schenker zurückfällt. Daher könnte bei einer Schenkung nur ein Eigentumsvorbehalt unter einer auflösenden Bedingung vereinbart werden. Dazu s. Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 296. Über die wirksame Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts bei einer Schenkung unter Auflage s. 106
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts
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und beim Werkvertrag111. Dagegen findet der Eigentumsvorbehalt keine Anwendung beim Kauf auf Probe112, beim Mietvertrag (sowie beim Mietvertrag mit besonderer Abrede, dass der Mieter das Eigentum sofort dann erwirbt, wenn die bezahlten Mieten eine bestimmte Summe erreichen)113, bem Zwangsverkauf114 und dem Darlehensvertrag115. Außer beim Kaufvertrag, insbesondere beim Kreditkauf, trifft man eigentlich die Anwendung des Eigentumsvorbehalts in anderen Vertragstypen nur selten. Deswegen wird der Eigentumsvorbehalt auch in dieser Untersuchung allein im Rahmen eines Kaufvertrags behandelt. b) Gegenstände des Eigentumsvorbehalts Grundsätzlich kann der Eigentumsvorbehalt bei allen beweglichen Sachen in Betracht kommen. Auch besteht kein Hindernis für den Eigentumsvorbehalt an verbrauchbaren Sachen (z. B. Lebensmittel).116 Zu beachten ist aber, dass der Eigentumsvorbehalt an einer verbrauchbaren Sache durch den Verbrauch untergeht.117 Als Gegenstand des Eigentumsvorbehalts sind jedoch Grundstücke ausgenommen. Die Eigentumsübertragung an einem Grundstück kommt mit EinRey, Rn. 1737; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 32 ff.; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 8; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 490, 491. Zur Ansicht gegen die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts bei der Schenkung s. Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 396; Elbir, IÜHFM 1952, 258 (281, 282); Eren, Borçlar Hukuku, S. 288. 111 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 8; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 32 ff.; Rey, Rn. 1737; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 490, 491. Hier soll man zwei Fälle voneinander unterscheiden. Im ersten Fall sind die Werkstoffe von dem Besteller gegeben, deswegen spricht man hier von keinem Eigentumsvorbehalt des Unternehmers. Im zweiten Fall sind die Werkstoffe von dem Unternehmer selbst besorgt, demzufolge entsteht der Bedarf zur Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts zugunsten des Unternehmers. Dazu s. auch Elbir, IÜHFM 1952, 258 (281, 282); Taylan, Yasa Hukuk 1980, 797 (806). 112 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 10. 113 Aufgrund der fehlenden Eigentumsübertragung kann der Eigentumsvorbehalt bei dem Mietvertrag nicht vereinbart werden. S. Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 10. 114 Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 396; Elbir, IÜHFM 1952, 258 (283); Gürsoy/Eren/ Cansel, S. 675; Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 296; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 490 f. 115 Im Rahmen eines Darlehensvertrags ist die sofortige Eigentumsübertragung vorausgesetzt. Solange sich der Darlehensgeber das Eigentum vorbehält, kann der Darlehensvertrag seine wirtschaftliche Funktion nicht erfüllen. S. Elbir, IÜHFM 1952, 258 (283); Aral, AÜHFD 1973, 201 (206 f.). 116 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 20; Haab/Scherrer/Simonius/ Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 26; Halid Kemal Elbir, „Mülkiyeti Muhafaza Mukavelesinin Mevzuu“, İstanbul Barosu Dergisi, Band XXVII, Istanbul Juni 1953, 281 (284); Tekinay, S. 10 f. 117 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 112, 138, 139; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 14; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 2615, Fn. 58 m. V. a. BGE 88 II 81; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (411).
28 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem tragung in das Grundbuch zustande. Gemäß Art. 217 Abs. 1 OR und Art. 243 Abs. 1 türk. OR erfolgt die Eintragung in das Grundbuch so lange nicht, bis die Bedingung nicht eintritt. Ohne gültige Eintragung bleibt der Verkäufer der Eigentümer des Grundstücks. Daher ist der Eigentumsvorbehalt bei einem Grundstücksverkauf unmöglich. Die Eintragung eines Eigentumsvorbehalts wird sogar in Bezug auf einen Grundstückkauf ausdrücklich im Gesetz verboten (§ 925 Abs. 2 BGB, Art. 217 Abs. 2 OR, Art. 243 Abs. 2 türk. OR). In der Tat ist der Verkäufer schon durch die Regelungen über Grundpfand (in Deutschland und in der Türkei sog. Hypothek) ausreichend geschützt. Bei einer Vereinbarung zur Zahlung des aus einem Grundstücksverkauf entstandenen Kaufpreises nach der Besitzübertragung hat der Verkäufer schon die Möglichkeit zur Bestellung eines Grundpfandrechts, damit er seinen Kaufpreisanspruch sichern kann (§ 1113 BGB, Art. 837 Abs. 1 Nr. 1 ZGB, Art. 893 Abs. 1 Nr. 1 türk. ZGB).118 Weitere Gegenstände des deutschen Eigentumsvorbehalts sind Tiere. Im deutschen Recht ist es möglich, einen Eigentumsvorbehalt an den Tieren zu vereinbaren (s. § 90a BGB).119 Dagegen sehen Art. 715 Abs. 2 ZGB und Art. 6 Abs. 2 der schweizerischen Verordnung betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte vom 19. 12. 1910 (VerEV) ein Verbot einer Eigentumsvorbehaltsvereinbarung für den Viehhandel vor. Der Grund dafür ist, dass die Verpfändung von Vieh120 statt durch Besitzübertragung an den Pfandgläubiger durch die Eintragung der Verpfändung in das Verschreibungsprotokoll und Anzeige an das Betreibungsamt (sog. Viehverpfändung) gemäß Art. 885 ZGB schon zugelassen wird. Auch Art. 940 Abs. 1 türk. ZGB sieht die Möglichkeit der Begründung eines besitzlosen Registerpfandrechts an Tieren vor. Nach Art. 940 Abs. 1 türk. ZGB kann ein Pfandrecht an Tieren ohne Übertragung des Besitzes durch die Eintragung in ein besonderes Register des Vollstreckungsamts bestellt werden. Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts an Tieren wurde dagegen in Art. 764 Abs. 2 türk. ZGB ausdrücklich verboten, weil sie wegen der Besitzübertragung an den Pfandgläubiger zu einer ökonomischen Benachteiligung des Pfandschuldners führen könnte121 und weil schon Art. 940 Abs. 1 türk. ZGB anordnet, dass ein Pfandrecht an Tieren bloß durch die Registereintragung, ohne Besitzübertra-
118 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 20; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 24; Elbir, IBD 1953, 281 (287); Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (411). 119 Dazu s. etwa Saenger, Schulze, § 449 Rn. 2; Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 2. 120 Mit „Vieh“ werden solche Tiere gemeint, deren Werte durch Zutun des Käufers steigt (z. B. Pferd, Esel, Rind usw.). Dazu s. Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 26. 121 Zum Schutzinteresse des Käufers s. Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 397, 398 und Feyzioğlu, S. 164 m. w. N.; im schweizerischen Schrifttum s. Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 26; Elbir, IBD 1953, 281 (284, 285) m. w. N.
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts
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gung zu begründen ist122. Daher braucht es kein weiteres Sicherungsmittel in der Praxis wie den Eigentumsvorbehalt an Tieren.123 § 90 BGB gibt eine Legaldefinition der Sache: „Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.“ Eine besondere Definition der Sache fehlt dagegen im schweizerischen und türkischen Gesetz. Der Gegenstand des Fahrniseigentums wird nur in Art. 713 ZGB und Art. 762 türk. ZGB bestimmt. In diesem Zusammenhang werden bewegliche körperliche Sachen und die Naturkräfte genannt, die der rechtlichen Herrschaft unterworfen werden können und nicht zu den Grundstücken gehören. Jedenfalls aber darf sich der Eigentumsvorbehalt nur auf bewegliche Sachen beziehen, wenn deren Erwerb und die Besitzübertragung möglich sind. Daher können nicht körperliche Sachen wie Rechte (dingliche, schuldrechtliche Rechte, Persönlichkeitsrechte, geistige Eigentumsrechte)124, Forderungen125 oder Naturkräfte126 nicht Gegenstand des Eigentumsvorbehalts sein. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass der Eigentumsvorbehalt nur an „sonderrechtsfähigen“ beweglichen Sachen in Betracht kommen kann. Aus diesem Grund ist der Eigentumsvorbehalt an wesentlichen Bestandteilen einer beweglichen oder unbeweglichen Sache unmöglich.127 Die wesentlichen Be122
Umstritten ist im türkischen Schrifttum, was unter dem Wort „Tiere“ in Art. 940 Abs. 1 türk. ZGB zu verstehen ist. Anders als im schweizerischen Recht spricht der türkische Gesetzgeber von Tieren, nicht von Vieh. Dabei bleibt die Frage offen, ob man das Verbot der Eigentumsvorbehaltsvereinbarung auf den Viehhandel begrenzen muss. Beispielsweise vertritt Erbil, dass der Eigentumsvorbehalt an Tieren ausnahmslos verboten ist. Demgegenüber beschränkt Aral die verbotene Eigentumsvorbehaltsvereinbarung mit dem Viehhandel. Dazu s. Erbil, Mülkiyeti Muhafaza, S. 56; Aral, Aral, AÜHFD 1973, 201 (210). 123 Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 397 f.; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 2615; ebenso Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 21. 124 Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., § 455 Rn. 5; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 14; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 19; Gürsoy/ Eren/Cansel, S. 675; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 491; Eren, Borçlar Hukuku, S. 288; über geistige Eigentumsrechte s. Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 21; Elbir, IBD 1953, 281 (283). Anders in Faust, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 6; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 8. 125 Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., § 455 Rn. 5; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 491; Eren, Borçlar Hukuku, S. 288. Anders allerdings Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 8. 126 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 14; Haab/Scherrer/Simonius/ Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 19; Elbir, IBD 1953, 281 (283); Felix Alfred Staehelin, „Probleme aus dem Gebiete des Eigentumsvorbehalts“, Basler Studien zur Rechtswissenschaft, Heft 11, Basel 1937, 3 (45); Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 24; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 54; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 675; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 491; Eren, Borçlar Hukuku, S. 288; Aral, AÜHFD 1973, 201 (211 f.). 127 Westermann, MüKomm, § 449 Rn. 8; Faust, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 4; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 10; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 8; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 27; Gültekin, IÜHFM 1935, 445 (452); Elbir, IBD 1953, 281 (294) m. w. N.; Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 397, 398; Eren, Borçlar Hukuku, S. 288.
30 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem standteile sind keine beweglichen selbstständigen Sachen128, sondern abhängig vom Schicksal der Hauptsache (§§ 93, 94 BGB, Art. 642 ZGB, Art. 684 türk. ZGB).129 Weiterhin geht der Eigentumsvorbehalt dann unter, wenn die Vorbehaltssache vor dem Bedingungseintritt ein Bestandteil einer anderen Sache wird (etwa durch Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung).130 Daraus folgt die Unwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts, auch wenn er entsprechend des schweizerischen und türkischen Rechts schon in das Register eingetragen ist.131 Dagegen kann ein Eigentumsvorbehalt am Zubehör einer beweglichen Sache oder eines Grundstücks bestellt werden, da das Zubehör eine selbstständige Existenz hat (§ 97 BGB, Art. 644 ZGB, Art. 686 türk. ZGB).132 Die erforderliche Selbstständigkeit der Gegenstände für die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts führt auch zur Unmöglichkeit des Eigentumsvorbehalts an Sachgesamtheiten. Überwiegend wird vertreten, dass der sogenannte „Spezialitätsgrundsatz“ dem Eigentumsvorbehalt an (gesamten) Sachgesamtheiten entgegensteht.133 Möglich wäre es, den Eigentumsvorbehalt an jedem einzelnen Stück der Sachgesamtheit zu bestellen.134 Dafür besteht eine praktische Lösung 128
Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 491; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (411). Aral, AÜHFD 1973, 201 (211 f.). 130 Westermann, MüKomm, § 449 Rn. 8; Faust, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 4; Elbir, IBD 1953, 281 (295); Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 397, 398 m. V. a. JdT 1950, 482, 484. 131 Rey, Rn. 1744. 132 Faust, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 4, 6; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 10, 11; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 8; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 8; Rey, Rn. 1744; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 28; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 17; Aral, AÜHFD 1973, 201 (211 f.); Elbir, IBD 1953, 281 (297) m. w. N.; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (411). 133 Westermann, MüKomm, § 449 Rn. 9; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 8. Ebenfalls ist der Eigentumsvorbehalt an einem Unternehmen oder Handelsgeschäft im Ganzen nicht möglich. Ein Unternehmen oder Handelsgeschäft besteht aus verschiedenen Elementen, etwa aus beweglichen Sachen, Grundstücken, Rechten, Forderungen, Kundenkreisen, Geschäftsgeheimnissen usw. Aber vom Gesetz wird der Eigentumsvorbehalt nur für bewegliche Sachen als möglich erklärt, demzufolge ist der Eigentumsvorbehalt nicht an einem ganzen Unternehmen oder Handelsgeschäft, sondern nur an den zum Unternehmen oder Handelsgeschäft gehörenden beweglichen Sachen bestellbar. S. Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 12; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 8; Arslanlı, S. 367; Elbir, IBD 1953, 281 (299). 134 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 21; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 6 IV, S. 113; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 12; Westermann, MüKomm, § 449 Rn. 9; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 8; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 8. Dazu vertritt Arslanlı, dass der Eigentumsvorbehalt an den der wirtschaftlichen oder rechtlichen Einheit bildenden Sachen möglich ist, ohne dass der Eigentumsvorbehalt an jedem Teil dieser Sachgesamtheit bestellt werden muss (z. B. die ganzen Bücher einer Bibliothek). In diesem Fall reicht es aus, die Anzahl und die Zustände der zur Sachgesamtheit gehörenden Sachen festzustellen. S. Arslanlı, S. 367; dazu Elbir, IBD 1953, 281 (298, 299). Ebenso erklärt Haab den Eigentumsvorbehalt an „einer Reihe von mehr 129
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts
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im schweizerischen Recht. Nach Art. 7 f. VerEV wird ein Inventar für die Sachgesamtheit eingereicht und im Eigentumsvorbehaltsregister auf dieses Inventar hingewiesen. Dabei kann ein Eigentumsvorbehalt auch an den Sachen, die weiterverkauft werden, bestellt werden.135 In Deutschland gibt es eine besondere Form des Eigentumsvorbehalts, wonach der Käufer die Vorbehaltssachen weiterverkaufen darf, ohne dass der Verkäufer seine dingliche Sicherung verliert.136 Eine solche Form ist dagegen in der Schweiz und der Türkei nicht bekannt. Deshalb führt der Weiterverkauf der Kaufsache in der Schweiz und der Türkei zum Erlöschen des Eigentumsvorbehalts.137 c) Form des unter Eigentumsvorbehalt geschlossenen schuldrechtlichen Vertrags Abweichend vom türkischen und schweizerischen Recht erklärt das deutsche Recht grundsätzlich keine besondere Form für die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts für erforderlich.138 Daher kann der Eigentumsvorbehalt ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart werden.139 Ferner muss derjenige den Bestand einer Eigentumsvorbehaltsvereinbarung beweisen, der sich hierauf berufen will. Dies führt in der Praxis in der Regel zu einer schriftlichen Vereinbarung.140 Nach dem schweizerischen Recht muss der Eigentumsvorbehalt jedenfalls schriftlich vereinbart werden. Aber es ist keine besondere Schriftform für die Vereinbarung vorgeschrieben, sie ist formlos gültig.141 oder weniger gleichartigen Gegenständen“ für möglich. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 31; vgl. Beck, S. 112. 135 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 31; Elbir, IBD 1953, 281 (289, 290); Taylan, Yasa Hukuk 1980, 797 (807). 136 Dazu s. unten S. 138 ff., insb. Fn. 134. 137 Über den Weiterverkauf der Vorbehaltssache s. Elbir, IBD 1953, 281 (289, 290) und s. unten S. 121 ff., insb. Fn. 51. 138 Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 17; Stefan Leible/Olaf Sosnitza, „Grundfälle zum Recht des Eigentumsvorbehalts“, Juristische Schulung, München 2001, Heft 3, 244 (246); Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 10. 139 Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 17; Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 6; Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (760); Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 9. 140 Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., § 455 Rn. 9; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 17; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 3, 244 (246); Kindl, ZJS 2008, 477 (477); Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 10. 141 Schwander, BaslerKomm, ZGB, Art. 715 Rn. 5; Zobl, BernerKomm-Syst. Teil, Rn. 1703; Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, § 103 Rn. 13; Liver, SPR, § 52, S. 332; Jörg Schmid/Bettina Hürlimann-Kaup, Sachenrecht, 4. Auflage, Zürich 2012, § 21 Rn. 1101; m. H. a. die formularmäßige Eigentumsvorbehaltsvereinbarung Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 53.
32 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Die Eigentumsvorbehaltsvereinbarung unterliegt jedoch den strengsten Formvoraussetzungen nach türkischem Recht. Danach hängt die Gültigkeit einer Eigentumsvorbehaltsvereinbarung davon ab, dass der Eigentumsvorbehalt gemäß Art. 764 türk. ZGB in bestimmter Schriftform vereinbart wird. aa) Formerfordernis in der Türkei Vor Normierung des Art. 764 türk. ZGB war die Form des Eigentumsvorbehalts umstritten. Art. 688 Abs. 1 türk. ZGB a. F. lautete: „Der Eigentumsvorbehalt an einer dem Erwerber übertragenen Sache ist nur dann wirksam, wenn er von einem Notar, der an dem Wohnort des Erwerbers tätig ist, beglaubigt und in einem jeweiligen Register eingetragen wird.“ Weiterhin beauftragte Art. 44/B des alten türkischen Notariatsgesetzes die Notare mit der Ausfertigung der unter Eigentumsvorbehalt geschlossenen Verträge. An dieser Stelle war die Bedeutung der Ausfertigung problematisch. Weil der Eigentumsvorbehalt mit einigen Verträgen zusammen geregelt war, die vom Notar beglaubigt werden mussten (etwa Vorvertrag beim Grundstückskauf, letztwillige Verfügungen), wurde die Ausfertigung in der Lehre als notarielle Beurkundung ausgelegt.142 Schließlich gab es auch eine Diskrepanz zwischen den gesetzlichen Regelungen, da die Form der Eigentumsvorbehaltsvereinbarung nach beiden gesetzlichen Regelungen anders vorgesehen wurde.143 Im Jahr 1972 wurde das neue Notariatsgesetz verfasst, und die vorhandene Diskrepanz machte sich bemerkbarer. In Art. 89 des neuen Notariatsgesetzes ist der Eigentumsvorbehalt mit den Rechtsgeschäften zusammen geregelt, welche vom Notar beurkundet werden müssen. Diese neu verfasste Vorschrift vermehrte die Diskussion über das Formerfordernis, denn einerseits erklärte Art. 688 Abs. 1 türk. ZGB die notarielle Beglaubigung für ausreichend, andererseits setzte Art. 89 türk. Notariatsgesetz die notarielle Beurkundung voraus.144 Diese Unstimmigkeit zwischen dem türk. ZGB und dem türk. Notariatsgesetz wurde durch den neuen Art. 764 türk. ZGB beseitigt, indem er eine notarielle Beurkundung als Gültigkeitsvoraussetzung vorschreibt,145 vgl. Art. 764 Abs. 1 142 S. Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (183, 184); Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 2617.
143 Zur alten Praxis s. Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 396, 397; Taylan, Yasa Hukuk 1980, 797 (807 f.). 144 Nach Aral musste der Eigentumsvorbehalt von dem Notar beurkundet werden, weil Art. 89 des Notariatsgesetzes gegenüber Art. 688 türk. ZGB Lex specialis war. Aral, AÜHFD 1973, 201 (207); ebenso Feyzioğlu, S. 165, 166. Verneinend von Taylan, Yasa Hukuk 1980, 797 (807, 808). Ferner wird die notarielle Beurkundung des Eigentumsvorbehalts damit begründet, dass der Eigentumsvorbehalt neben dem Vorvertrag beim Grundstückskauf, dem Ehevertrag und der letztwilligen Verfügungen geregelt ist. S. Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (183, 184). 145 Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 297; Eren, Borçlar Hukuku, S. 289 f.
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts
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türk. ZGB: „Der Eigentumsvorbehalt an einer dem Erwerber übertragenen Sache ist nur dann wirksam, wenn der notariell beurkundete Eigentumsvorbehalt von dem Notar, der an dem Wohnort des Erwerbers tätig ist, in einem besonderen Register eingetragen wird.“ Nunmehr steht die Form der Eigentumsvorbehaltsvereinbarung außer Streit; der Eigentumsvorbehalt muss notariell beurkundet werden.146 Andernfalls ist er ungültig.147 Die Rechtsfolge der Nichteinhaltung des Formerfordernisses erklärte das türkische Kassationsgericht in seinem Urteil. Demnach ist diese Formvoraussetzung eine Wirksamkeitsvoraussetzung. Deshalb wird der Eigentumsvorbehalt unwirksam, wenn jener vom dem Notar nicht beglaubigt (und auch nicht ins Register eingetragen) wird.148 Nach der Regelung des Art. 764 türk. ZGB (und Art. 89 des Notariatsgesetzes) könnte man die Feststellung des obersten türkischen Gerichtshofs so modifizieren: Der Eigentumsvorbehalt wird „unwirksam“, wenn die Formvoraussetzung nicht beachtet wird, also der Eigentumsvorbehalt vom Notar nicht beurkundet wird. bb) Kritik über fehlende Formfreiheit im türkischen Recht Der formalen Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts liegt der Gedanke zum Rechtsverkehrsschutz und folglich zum Drittschutz zugrunde149. Durch die vorgesehene Form soll die Unklarheit über die Identität der Eigentümer beseitigt werden. Aber in der Lehre gibt es geteilte Meinungen über dieses Formerfordernis. Nach schweizerischem Recht ist keine besondere Schriftform der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts erforderlich. Vielmehr kann er schriftlich vereinbart werden, er bedarf keiner bestimmten Form. Dies befeuert den Streit. Feyzioğlu befürwortet die Mitwirkung des Notars. Nach ihm soll der Vertragsschluss unter einem Eigentumsvorbehalt unter den strengen Formvoraussetzun146 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 91 ff.; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 2617; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 492; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (416). Arslanlı interpretiert die Voraussetzung zur notariellen Beurkundung des Eigentumsvorbehalts neben der Eintragung in das Register als Hindernis für die Verbreitung des Eigentumsvorbehalts in der türkischen Rechtspraxis. Dazu s. Arslanlı, S. 356. 147 Eren, Borçlar Hukuku, S. 290. Das Gleiche gilt, wenn der Eigentumsvorbehalt vom Notar nur beglaubigt wird. Dazu s. Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (30); Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (416). 148 Taylan, Yasa Hukuk 1980, 797 (802, 803), Fn. 17 m. H. a. Yargıtay IBGK, E. 1943/36, K. 1944/14, T. 19. 04. 1944 und Yargıtay 11. HD., E. 1974/1752, K. 1974/2395, T. 10. 09. 1974; dazu s. Yargıtay 12. HD., E. 1985/12512, K. 1986/6352, T. 27. 05. 1986 erwähnt in Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (29); im schrifttum s. Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (184); Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (29); Feyzioğlu, S. 164 f.; Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 297. 149 Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (184), Fn. 20 m. w. N.; dazu Feyzioğlu, S. 163; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 492.
34 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem gen möglich sein.150 Demgegenüber erklärt Serozan die notarielle Beurkundung für aufwendig und zeitraubend und meint, dass der Dritte sich aus der Registereintragung nicht ausreichend informieren könne und die notarielle Beurkundung des Eigentumsvorbehalts im Rahmen des Drittschutzes keine wichtige Rolle spiele.151 Eigentlich erlangt diese kritische Würdigung des Formerfordernisses im türkischen Recht keine wichtige Bedeutung. In der türkischen Praxis werden die Beurkundung und die Eintragung des Eigentumsvorbehalts gleichzeitig und von demselben Notar erledigt. Das besondere Formerfordernis der Beurkundung durch den Notar führt nicht zu mehr Aufwand, sondern kostet nur mehr Geld. 2. Rechtsfolgen der Unwirksamkeit des zugrunde liegenden Kaufvertrags oder des Eigentumsvorbehalts Bei der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts entsteht ein besonderes Verhältnis zwischen dem Kausalgeschäft und dem Verfügungsgeschäft. Dank der bei dem Eigentumsvorbehalt vorliegenden Bedingung wird die „causa“ des Kausalgeschäfts ein Bestandteil des Verfügungsgeschäfts.152 Demnach hängt die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts von der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Kausalgeschäfts (i. d. R. von der Wirksamkeit des Kaufvertrags) ab. Ist das Kausalgeschäft unwirksam, erfüllt sich weder die Bedingung noch entsteht das Anwartschaftsrecht des Käufers. Dies hat zur Folge, dass der Käufer das Eigentum nicht erwirbt und der Verkäufer immer noch der Eigentümer der Sache bleibt.153 Ein anderer Fall ist die Unwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts. Diese Unwirksamkeit zeigt sich in Form der Nichtigkeit.154 Die Nichtigkeit des Eigentumsvorbehalts beruht auf einer von Anfang an bestehenden Unwirksamkeit. Daher kann sich die aufschiebende Bedingung nicht erfüllen, und deswegen entsteht kein Anwartschaftsrecht des Käufers.155 Schließlich wird die bedingte Eigentumsübertragung von Anfang an unmöglich,156 der Verkäufer kann aus seinem Eigentumsrecht die Kaufsache zurückverlangen.157 150
Feyzioğlu, S. 163. Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (184). 152 Trotz der das Abstraktionsprinzips befürwortenden Ansicht nimmt Serozan den Eigentumsvorbehalt als eine Ausnahme vom Abstraktionsprinzip an. S. Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (182 f.). 153 Diese Lösung ist die Folge des Kausalitätsprinzips. Über den Gültigkeitszusammenhang zwischen der Verfügung und dem Grundgeschäft s. den Untertitel „bedingte Eigentumsübertragung“, S. 15 ff. 154 Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (184) m. w. N. über schweizerisches Recht; Mustafa Reşit Karahasan, Türk Borçlar Hukuku Özel Borç İlişkileri, Band III, Istanbul 2004, S. 1006; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (416). 155 Jauernig, JuS 1994, 721 (723); Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (184). 156 Jauernig, JuS 1994, 721 (723). 157 Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (184). 151
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts
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Gegen die Nichtigkeit des Eigentumsvorbehalts könnte „die Konversion (Umdeutung)“ eine denkbare Lösung sein. Darunter werden in der Lehre zwei konkrete Fälle behandelt. Erstens wird die Frage diskutiert, ob der Kaufvertrag als ein einfacher Kaufvertrag ohne Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts weiter existieren kann.158 Zweitens wird von anderer Anwendung der Konversion besprochen,159 wonach der Kaufvertrag, welcher mit der Abrede des Eigentumsvorbehalts zu schließen gewollt war, als Mietvertrag mit besonderer Abrede aufrechterhalten wird. Nach diesem Mietvertrag wird der Käufer die Sache in seinem Besitz halten, und der Verkäufer wird das Eigentum dann übertragen, sobald die bezahlte Miete eine bestimmte Summe, den vereinbarten Kaufpreis erreicht. 3. Zur Möglichkeit des stillschweigenden Eigentumsvorbehalts a) Im Allgemeinen Als eine Gültigkeitsvoraussetzung sehen das türkische und schweizerische Recht eine besondere vertragliche Vereinbarung vor. Und im Prinzip muss diese Vereinbarung vor der Besitzübertragung im zugrunde liegenden Vertrag getroffen werden,160 damit man den Eigentumsübergang an den Käufer verhindern kann. Im Gegensatz dazu unterliegt der Eigentumsvorbehalt im deutschen Recht keinem Formzwang. Vielmehr kann er entweder im Kaufvertrag schriftlich fixiert oder von den Parteien beim Abschluss des Kaufvertrags mündlich erörtert werden. Fraglich ist, ob im deutschen Recht eine stillschweigende Eigentumsvorbehaltserklärung durch schlüssiges Verhalten oder unter besonderen Umständen angenommen werden könnte. In Bezug auf bestimmte Fälle erkannte der BGH die Möglichkeit zur stillschweigenden Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts an, beispielsweise bei der Einbehaltung eines Fahrzeugbriefs: „Jedenfalls beim Autokauf kann der Käufer, der den Kaufpreis noch nicht gezahlt hat, die Einbehaltung des Fahrzeugbriefs bei der Übergabe des Fahrzeugs regelmäßig nur 158 Bejaht von Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (29); Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 49. Eigentlich soll hier die Konversion keine Anwendung finden. Denn die Vertragsparteien wollen durch die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts die Eigentumsübertragung unter einer Bedingung stellen und sie bis zum späteren Zeitpunkt verschieben. Den Kaufvertrag ohne Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts aufrechtzuhalten, stimmt mit dem Willen der Vertragsparteien nicht überein. Die Anwendung der Konversion verneint auch Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (182, 183). Er besagt, dass die Voraussetzungen der Konversion in diesem Fall nicht erfüllt werden. Hier liegt weder ein Ersatzgeschäft noch die Zustimmung der Vertragsparteien zum Abschluss eines Ersatzgeschäftes vor. 159 Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (184). 160 Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, § 103 Rn. 13; Liver, SPR, § 52, S. 332; Schwander, BaslerKomm, ZGB, Art. 715 Rn. 5 m. V. a. BGE 93 III 96, 104.
36 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem dahin verstehen, dass der Verkäufer ihm das Eigentum am Fahrzeug zur Sicherung seiner Kaufpreisforderung nur unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen will.“161
Außerdem erklärt er einen stillschweigenden Eigentumsvorbehalt für möglich, wenn die Waren bei einer laufenden Geschäftsverbindung nur unter Eigentumsvorbehalt geliefert werden162 oder die Eigentumsvorbehaltsvereinbarung branchenüblich ist.163 Jedoch wurden ein allgemeiner Handelsbrauch oder eine Branchenüblichkeit in der Lehre zurückhaltend angenommen, wonach jede Kreditierung des Kaufpreises einen stillschweigenden Eigentumsvorbehalt beinhalte.164 Überdies wird in der deutschen Lehre vertreten, dass man von einem stillschweigenden Eigentumsvorbehalt in jedem Fall ausgehen könne, wenn der Verkäufer die Kaufsache übergibt, obwohl der Kaufpreis noch nicht gezahlt ist.165 Dies wäre auch dann vertretbar, wenn der Verkäufer trotz Stundung des Kaufpreises zur sofortigen und unbedingten Eigentumsübertragung mit Übergabe der Kaufsache verpflichtet wäre. An dieser Stelle soll der Zusammenhang zwischen der Stundung des Kaufpreises und der Vorleistungspflicht des Verkäufers behandelt werden. 161 S. BGH, NJW 2006, 3488. Aber die Einbehaltung eines Fahrzeugbriefs verhindert die unbedingte Eigentumsübertragung nur dann, wenn zwei Umstände kumulativ vorliegen: a) die Einbehaltung eines Fahrzeugbriefs durch den Verkäufer und b) die noch nicht erfolgte Zahlung des Kaufpreises bei der Übergabe. Dazu s. Karin Fritsche/Markus Würdinger, „Eigentumsvorbehalt beim Autokauf“, Neue juristische Wochenschrift, München 2007, 1037 ff.; s. auch zum stillschweigend vereinbarten Eigentumsvorbehalt Kindl, ZJS 2008, 477 (478, 479); Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 9; Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 11. 162 BGH, NJW 1985, 1838 (1840) m. w. N. In Bezug auf Handelsgeschäfte s. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 5 II, S. 86 f. 163 BGH, NJW 1985, 1838 (1840) m. w. N. 164 Für möglich erklärt von Hermann-J. Bunte, „Die Vereinbarung des Eigentumsvorbehaltes“, Juristische Arbeitsblätter, 14. Jahrgang, Heft 7, Juli 1982, 321 (325); Reiling, Beck’sche Online Formulare, 3.6.2., Rn. 3. Abgelehnt von Saenger, Schulze, § 449 Rn. 3; Kindl, ZJS 2008, 477 (478 f.); Leible, jurisPK, BGB, § 449, Rn. 9; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 3, 244 (246); Heinrich Honsell, „Aktuelle Probleme des Eigentumsvorbehalts“, Juristische Schulung, Heft 9, München 1981, 705 (706); Hennsler, Soergel, BGB, Bd. 14, 13. Aufl., § 929 Anh., Rn. 32. Auch Branchenüblichkeit als Indiz für stillschweigende Vereinbarung bei einem verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt wird in BGH, NJW 1985, 1838 (1840) m. w. N.; s. auch Hennsler, Soergel, BGB, Bd. 14, 13. Aufl., § 929 Ahn., Rn. 33 verneint. 165 Ausf. s. Manfred Lieb, „Eigentumsvorbehalt und Abwehrklausel – Versuch einer Neubesinnung“, Festschrift für Gottfried Baumgärtel zum 70. Geburtstag, Köln 1990, 311 (314 ff.); Hans Schulte, „Zur Möglichkeit stillschweigenden Eigentumsvorbehalts“, Betriebs-Berater, Heft 6, 28. Februar 1977, 269 (272); Ulrich Huber, „Der Eigentumsvorbehalt im Synallagma“, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, 1987, 750 ff.; Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., § 455 Rn. 9; Reiling, Beck’sche Online Formulare, 3.6.2., Rn. 3; Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 11; Faust, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 12; Westermann, MüKomm, § 449 Rn. 15. Anders allerdings Honsell, JuS 1981, 705 (706); Dietrich Reinicke/Klaus Tiedtke, Kaufrecht, 8. Auflage, Köln 2009, Rn. 1278 f.; Bunte, JA 1982, 321 (321); Henssler, Soergel, BGB, § 929 Anh. Rn. 32 f.
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts
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b) Bei der Stundung des Kaufpreises In einem einfachen Kaufvertrag ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und ihm das Eigentum an der Sache zu verschaffen,166 Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises.167 Die im Gesetz vorgesehene (gleichzeitige) Erfüllung Zug um Zug bedeutet nichts anderes, als dass der Verkäufer seine Leistungserfüllung unterlassen kann, solange der Käufer seine Gegenleistung nicht erbringt. Wenn nicht etwas anderes im Kaufvertrag vereinbart oder aus den Umständen zu entnehmen ist, werden die gegenseitigen Leistungen der Vertragsparteien sofort fällig.168 Es gibt aber auch Fälle, in denen der Verkäufer den Kaufpreis zugunsten des Käufers stundet. Danach übergibt der Verkäufer die Kaufsache, und die Gegenleistung des Käufers wird in bestimmter Frist bewirkt (z. B. im Abzahlungskauf). Nach der Meinung des BGH ist die Besitzübergabe der Kaufsache dann als ein stillschweigendes, unbedingtes Übereignungsangebot anzusehen,169 wenn ein Eigentumsvorbehalt weder bei dem Abschluss des Kaufvertrags noch nachträglich vereinbart ist oder wenn der in den AGB des Verkäufers enthaltene Eigentumsvorbehalt dem Käufer unbekannt ist und ihm eine Kenntnisnahme davon nicht zugemutet werden kann. Daher kommt man zu dem Ergebnis, unter Berücksichtigung der oben erwähnten Voraussetzungen, dass der Käufer dann mit der Besitzübergabe das unbedingte Eigentum an der Kaufsache erwirbt, wenn im Einzelfall kein gültiger Eigentumsvorbehalt vorliegt. Üblicherweise wird der Eigentumsvorbehalt bei den Abzahlungskäufen vereinbart. Jedoch ist es im deutschen Recht umstritten, ob grundsätzlich ein stillschweigendes, bedingtes Übereignungsangebot auch bei all den Kaufverträgen anzunehmen ist, bei welchen der Kaufpreis gestundet ist. Zur Klärung dieses Problems soll zuerst die Frage beantwortet werden, ob der Verkäufer trotz der Stundung des Kaufpreises zur sofortigen und unbedingten Eigentumsübertragung zum Zeitpunkt der Übergabe der Kaufsache verpflichtet ist (Normalfall im Barkauf). Wird diese Frage bejaht, dann soll weiter geprüft werden, ob ein stillschweigend vereinbarter Eigentumsvorbehalt stets dann anzunehmen ist, wenn die Kaufsache vor der Zahlung des Kaufpreises ohne ausdrückliche Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts übergeben wird. Wie oben ausgeführt, erkennt der BGH die Möglichkeit einer stillschweigenden Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts nur in bestimmten Fällen an, und 166
Gemäß § 433 Abs. 1 BGB, Art. 184 Abs. 1 OR und Art. 207 Abs. 1 türk. OR. Gemäß § 320 Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 184 Abs. 2 OR und Art. 207 Abs. 2 türk. OR. 168 Gemäß § 271 Abs. 1 BGB, Art. 75 OR und Art. 90 türk. OR. 169 BGH, NJW 1975, 1699 (1699, 1700); NJW 1979, 213 (214); NJW 1979, 2199 (2200); NJW 1982, 1749; NJW 1982, 1751; dazu Westermann, MüKomm, § 455 Rn. 15, Fn. 27 m. w. N.; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 15. 167
38 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem grundsätzlich geht er von einer Vorleistungspflicht des Verkäufers zur sofortigen (Besitz- und) Eigentumsübertragung aus.170 Dazu betont er seine Meinung mit diesen Worten: „Die Übergabe der Ware ist vom Verkäufer, falls nicht zwar ein Eigentumsvorbehalt vereinbart wurde, als Angebot zur bedingungslosen Übereignung zu verstehen.“171
Dagegen sieht die Lehre die Vorleistungspflicht des Verkäufers „inhaltlich beschränkt“ an,172 sodass er zur sofortigen Besitzverschaffung, aber nicht zur sofortigen Eigentumsverschaffung verpflichtet ist.173 Danach kann der den Kaufpreis kreditierende Verkäufer von einer Zug-um-Zug-Leistung ausgehen, wenn der Kaufvertrag keine Vereinbarung über einen Eigentumsvorbehalt enthält und sich auch dafür keine Anhaltspunkte finden, dass der Verkäufer beim Ausbleiben der Kaufpreiszahlung auf sämtliche Sicherungen verzichtet.174 Hier wiesen Westermann und Schulte besonders auf „die Auslegung des Kaufvertrags“ hin.175 Westermann ist der Ansicht, dass die Annahme einer bedingten Übereignung beim Ausbleiben des Kaufpreises mit der gewöhnlichen Auslegung von Verträgen übereinstimmt.176 Dazu stellte Faust fest, dass die stillschweigende Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts dem Interesse des Käufers am besten entspricht.177 Grundsätzlich kann der Käufer das Eigentum erst verlangen, wenn er den ganzen Kaufpreis bezahlt (Gegenseitigkeitsprinzip!).178 Aber bei der Anerkennung der stillschweigenden Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts erwirbt der Käufer ein bedingtes Eigentum und ein Anwartschaftsrecht sofort bei Besitzübergabe. Von der Seite des Verkäufers wurde 170 BGH, NJW 1975, 1699; NJW 1982, 1751. In dieser Richtung s. Karl Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. II, Besonderer Teil, 1. Halbband, 13. Auflage, München 1986, § 43 II, S. 106 und in Lieb, FS. für GottFried Baumgärtel, 311 (314), Fn. 13 genannte Autoren; dazu Honsell, JuS 1981, 705 (706): § 449 BGB enthält „eine Regelungsmöglichkeit“ und eine entsprechende Vereinbarung ist damit vorausgesetzt; vgl. im türkischen Schrifttum Taylan, Yasa Hukuk 1980, 797 (805). 171 BGH, NJW 1979, 213 (214); in dieser Richtung auch Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 18. 172 Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 107 m. V. a. Rühl, S. 194. 173 Huber, ZIP 1987, 750 (757); ebenso Lieb, FS. für GottFried Baumgärtel, 311 (318); Schulte, BB 1977, 269 (272); Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 6; Faust, Beck’scher OnlineKommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 12. 174 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 15. 175 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 15; Schulte, BB 1977, 269 (271). 176 In dieser Richtung Schulte, BB 1977, 269 (271, 272); Lieb, FS. für Gottfried Baumgärtel, 311 (320, 321); a. A. Bunte, JA 1982, 321 (325). 177 Faust, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 8; ebenso Peter Ulmer/Harry Schmidt, „Nachträglicher ‚einseitiger‘ Eigentumsvorbehalt – BGH, NJW 1982, 1749 und 1751“, Juristische Schulung, Heft 1, München 1984, 18 (25). 178 Daher bleibt er gegen Verfügungen des Verkäufers an der Kaufsache, Insolvenz des Verkäufers oder Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Verkäufers schutzlos, solange er seine Gegenleistung nicht erfüllt.
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts
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von Larenz und Beckmann dargelegt, dass die stillschweigende Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts auch im Interesse des Verkäufers liegt, weil der Verkäufer bei einer Eigentumsvorbehaltsvereinbarung bis zur Kaufpreiszahlung Eigentümer bleibt und seinen Kaufpreisanspruch durch sein Eigentum sichern kann.179 Einige Stimmen in der Literatur meinen, dass ein normaler Verkäufer dem Käufer nur ein bedingtes Eigentum an der nicht bezahlten Sache verschaffen will.180 Für den Käufer ist es vorhersehbar, dass er ein bedingtes Eigentum der Kaufsache erwirbt, solange er den Kaufpreis nicht ganz entrichtet.181 Eine stillschweigende Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts bei jeder Stundung des Kaufpreises kann man aber im türkischen Recht nicht annehmen. Vor allem stellt die formmäßige Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts gemäß Art. 764 Abs. 1 türk. ZGB ein großes Hindernis für diese Annahme dar. Sicherlich hat jeder Verkäufer, der vor der Erfüllung der Gegenleistung geleistet hat, einen derartigen Wunsch, an den Käufer nicht sofort durch Besitzübertragung das unbedingte Eigentum zu übertragen. Aber dieser Wunsch findet keine gesetzliche oder höchstrichterliche Erscheinung im türkischen Recht, sondern es wird im türkischen Recht angenommen, dass der Verkäufer trotz der Stundung des Kaufpreises (z. B. bei einem Abzahlungskauf) die Kaufsache schon durch die Besitzübertragung dem Käufer übereignet.182 Aus diesem Grund braucht der Verkäufer eine dingliche Sicherung der Kaufpreisforderung. Ferner ist der Eigentumsvorbehalt insbesondere im Rahmen der Kreditkaufverträge von Bedeutung, wo die Kaufpreiszahlung auf einen Zeitpunkt nach der Übergabe verschoben ist. Wird die stillschweigende Eigentumsvorbehaltserklärung beim Kreditkauf als Normalfall angesehen, dann verliert Art. 764 Abs. 1 türk. ZGB fast seinen ganzen Anwendungsbereich, da man keine besondere bzw. keine ausdrückliche Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts brauchte. 179
Wird die Pflicht des Verkäufers zur sofortigen und unbedingten Eigentumsübertragung trotz der Stundung des Kaufpreises angenommen, dann hat der Verkäufer nur eine Geldforderung gegen den Käufer, wenn er den Kaufpreis nach Fälligkeit nicht bezahlt. Aber es ist auch noch ungewiss, ob der Verkäufer den Kaufpreis überhaupt bekommen kann. Eine große Gefahr liegt in der Zahlungsunfähigkeit des Käufers. In diesem Fall wäre es auch unmöglich, den Kaufpreis durch die Zwangsvollstreckung gegen das Vermögen des Käufers zu erlangen. Im Übrigen hat der Verkäufer keinen Vorzug im Insolvenzverfahren, da die Kaufpreisforderung des Verkäufers als eine einfache Insolvenzforderung gezählt wird. Ausf. s. Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 106 ff., dazu Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 1; Faust, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 12. 180 In dieser Richtung Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 15; bezüglich der Kaufverträge über wertvolle Sachen und die nicht sofort verbrauchten Sachen s. Schulte, BB 1977, 269 (270). Huber erkennt das Interesse des Verkäufers auf den Eigentumsvorbehalt in den Kaufverträgen an, in denen die Barbezahlung bei dem Vertragsschluss unerwartet ist. Huber, ZIP 1987, 750 (756). 181 Ebenso Schulte, BB 1977, 269 (270). 182 Taylan, Yasa Hukuk 1980, 797 (805); in dieser Richtung auch Tuor/Schnyder/Schmid/ Rumo-Jungo, § 103 Rn. 12.
40 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Zusammenfassend erscheint die Annahme der stillschweigenden Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts im türkischen Recht unmöglich, weswegen sich der Verkäufer vorsorglich absichern muss, indem er eine Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts bis zur Übergabe erledigt. Zum gleichen Ergebnis kann man auch hinsichtlich des schweizerischen Rechts kommen, in dem der Eigentumsvorbehalt schriftlich fixiert werden muss. 4. Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts durch allgemeine Geschäftsbedingungen Für eine Vereinbarung (zwei korrespondierende Willenserklärungen) über die Anwendung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist eine wirksame Einbeziehung erforderlich.183 Die stillschweigende oder ausdrückliche Willenserklärung einer Partei wird aus Sicht des Verwenders ausgelegt. Eine Einverständniserklärung für die Einbeziehung von AGB ist dahin zu erblicken, wenn man durch Auslegung zum Ergebnis kommt, dass die andere Partei den Willen des Verwenders, den Vertrag nach seinen AGB abzuschließen, kennt oder kennen muss. Aus dieser Erwägung kommt man zum Ergebnis, dass die einen Eigentumsvorbehalt enthaltenen AGB des Verkäufers dann ein Bestandteil des Kaufvertrags werden, wenn der Käufer die AGB des Verkäufers kennt184 und mit ihnen einverstanden ist.185 Jedenfalls ist ein ausdrücklicher Hinweis auf die AGB für die Einbeziehung erforderlich, wenn der Käufer ein Verbraucher ist (§ 305 Abs. 2 BGB, vgl. Art. 1, 6 und 18 OR, Art. 21 türk. OR).186 Der Hinweis muss jedoch spätestens beim Vertragsschluss erfolgen. Andernfalls kann man davon ausgehen, dass der Vertrag ohne Eigentumsvorbehalt geschlossen wurde und der Käufer das unbedingte Eigentum an der Kaufsache durch die Übergabe erwirbt. 183 Jeder Vertrag kommt durch zwei übereinstimmende (korrespondierende) Willenserklärungen zustande. Im Prinzip müssen sich die Vertragsparteien über alle wesentlichen Punkte des Vertrags einigen. Allerdings sind die allgemeinen Geschäftsbedingungen wichtige Vertragsbedingungen, die Rechte und Pflichten der Parteien maßgeblich beeinflussen. Aus diesem Grund bedarf es im Allgemeinen zweier korrespondierender Willenserklärungen für die wirksame Einbeziehung von AGB. S. Anm. von Schmidt-Salzer in BGH, NJW 1971, 2126; BGH, BeckRS 1973, 31125595; NJW 1978, 2243 m. w. N.; NJW 1985, 1838 (1839) m. w. N. In dieser Richtung Yeşim M. Atamer, „Yeni Türk Borçlar Kanunu Hükümleri Uyarınca Genel İşlem Koşullarının Denetlenmesi-TKHK m. 6 ve TTK m. 55, f. 1, (f) ile Karşılaştırmalı Olarak“, Türk Hukukunda Genel İşlem Şartları Sempozyumu, Ankara 2012, 9 (26 ff.). 184 Der BGH geht von der Kenntnisnahme des Käufers auch dann aus, wenn der Eigentumsvorbehalt in den nicht Vertragsinhalt gewordenen Lieferungsbedingungen des Verkäufers erklärt ist. S. BGH, NJW 1988 1774 (1776) m. w. N. 185 Dies entspricht der Natur des Eigentumsvorbehalts, der eine vertragliche Vereinbarung über ein Veräußerungsgeschäft bedeutet. Dementsprechend Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 53. 186 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 13.
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Anders als bei der Einbeziehung von AGB gegenüber einem Verbraucher steht einer in den AGB enthaltenen stillschweigenden Einbeziehung des Eigentumsvorbehalts im kaufmännischen Geschäftsverkehr nichts entgegen.187 Gemäß § 310 Abs. 1 BGB ist der Verwender der AGB nicht verpflichtet, auf seine AGB ausdrücklich hinzuweisen, wenn die andere Vertragspartei Unternehmer ist.188 Zwar braucht es eine Vereinbarung der Vertragsparteien über die Anwendung der AGB auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr. Aber anders als im Geschäftsverkehr mit den Nichtkaufleuten kann die Vereinbarung hier auch stillschweigend, insbesondere durch schlüssiges Verhalten erfolgen.189 Beispielsweise kann eine solche stillschweigende Einbeziehung des Eigentumsvorbehalts dann vorkommen, wenn die Warenlieferung unter Eigentumsvorbehalt branchenüblich ist.190 Aber der BGH verneint die auf der Branchenüblichkeit beruhende stillschweigende Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts, sofern die Warenlieferungen unter einem verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt geschehen.191 Außerdem ist die Geltung des Eigentumsvorbehalts bei kollidierenden (oder sich widersprechenden) allgemeinen Geschäftsbedingungen fraglich. Von kollidierenden allgemeinen Geschäftsbedingungen spricht man, wenn die AGB des Verkäufers einen Eigentumsvorbehalt vorsehen und die AGB des Käufers aber dagegen einen Kauf unter Eigentumsvorbehalt ausschließen.192 187 Die Einbeziehung von AGB im kaufmännischen Geschäftsverkehr wird im deutschen Recht (sowohl vom Gesetzgeber als auch von der deutschen Lehre) tiefgehend behandelt. Dagegen wird dieses Thema im schweizerischen und türkischen Gesetz nur hinsichtlich unlauteren Wettbewerbs normiert (Art. 8 des UWG; Art. 4 Abs. 2 türk. Schutzgesetz gegen den unerlaubten Wettbewerb und Art. 55 Abs. 1a türk. HGB) und in der Lehre nur wenig erforscht. 188 Auch nach Atamer steht es der Schnelligkeit des kaufmännischen Geschäftsverkehrs entgegen, dass der Verwender auf seine AGB ausdrücklich hinweisen und die Möglichkeit, von dem Inhalt der AGB Kenntnis zu haben, verschaffen muss. Dazu s. Atamer, Genel İşlem Şartları Semp. 2012, 9 (35). 189 BGH, BeckRS 1973, 31125595; BGH, NJW 1978, 2243 m. w. N.; BGH, NJW 1985, 1838 (1839) m. w. N.; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 21. 190 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 12 und 14 m. w. N. Über die Branchenüblichkeit der AGB s. BGH, NJW 1985, 1838 (1840) m. w. N.; vgl. Anm. von Schmidt-Salzer zu BGB, NJW 1971, 2126. 191 BGH, NJW 1985, 1838 (1840) m. w. N.; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 12 m. w. N. 192 Eine andere Frage ist, ob der Ausschluss des Eigentumsvorbehalts in Einkaufsbedingungen eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 BGB darstellt. Nach einer Ansicht unterliegt die Bestimmung zum Ausschluss des Eigentumsvorbehalts der Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB, weil der Ausschluss des Eigentumsvorbehalts eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften darstellt. Dazu s. Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 27. Diese Ansicht wird jedoch von Honsell kritisiert: „Nicht der Inhaltskontrolle unterliegen also alle AGB, die im Einklang stehen mit dem positiven Recht… Ein Ausschluss des Eigentumsvorbehalts in Einkaufsbedingungen stimmt also mit dem dispositiven Recht überein und unterliegt nicht der Inhaltskontrolle … § 455 setzt eine Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts voraus. Die Vorschrift sagt nur, was gilt, wenn ein Eigentumsvorbehalt vereinbart ist.
42 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Ein anderer Kollisionsfall kommt bei der Bestimmung einer Abwehrklausel in Betracht. In diesem Fall bestellt der Käufer eine Ware mit Hinweis auf seine AGB und darauf, dass die von seinen Geschäftsbedingungen abweichenden AGB des Verkäufers nicht Vertragsinhalt werden (oder anders formuliert: andere Geschäftsbedingungen werden nicht Vertragsinhalt, auch wenn sie den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Käufers nicht widersprechen). Solche Kollisionsfälle löste die frühere deutsche Rechtsprechung durch „die Theorie des letzten Wortes“.193 Nach dieser Theorie wurde nur darauf geachtet, welche Vertragspartei zuletzt auf ihre Geschäftsbedingungen hingewiesen hatte. Dementsprechend wird die Annahme des Verkäufers als neues Angebot (oder modifizierte Annahme) behandelt, wenn der Verkäufer bei der Annahmeerklärung auf seine Lieferbedingungen, die einen Eigentumsvorbehalt enthalten, hinweist. Jedoch braucht es einer Annahme des Käufers, damit die AGB des Verkäufers gelten können und der Eigentumsvorbehalt Vertragsinhalt sein kann. Anders ist es jedoch, wenn das Angebot vom Verkäufer ausgeht und der Käufer sich bei seiner Annahmeerklärung auf seine AGB beruft. In diesem Fall waren nur die AGB des Käufers maßgeblich. Nach der Rechtsprechung lag eine stillschweigende Annahme des Angebots des Käufers (gem. § 150 Abs. 2 BGB) darin, dass der Verkäufer die Ware geliefert hat.194 Folglich erwarb der Käufer ein unbedingtes Eigentum durch die Übergabe. Heute folgt die neuere Rechtsprechung der Theorie des letzten Wortes nicht mehr,195 sondern sie sieht „einen Dissens“ bei kollidierenden allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 154 BGB).196 Zwar bringt dieser Dissens keine Unwirksamkeit des ganzen Kaufvertrags mit sich.197 Anstelle der in den AGB vorgesehenen Regelungen tritt das dispositive Recht (gemäß § 306 BGB).198 Nach dem dispositiven Recht geschieht die Übereignung bedingungslos.199 Der vertragsmäßige Ausschluss des Eigentumsvorbehalts ist keine Abweichung von § 455.“ S. Honsell, JuS 1981, 705 (706). Die Frage, ob der Ausschluss des Eigentumsvorbehalts gegen § 307 BGB verstößt, wurde vom BGH in Bezug auf die Käufer, die einen Supermarkt betrieben, mit der Begründung verneint, dass die Überwachung der jeweiligen Eigentumsvorbehalte hier „nicht nur einen erheblichen Arbeitsaufwand erfordern, sondern auch eine aus Gründen der Rationalisierung gebotene einheitliche und getrennte Lagerung weithin unmöglich machen“ würde. Dazu s. BGH, NJW 1981, 280. 193 Ausf. in Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 3, 244 (246) und m. w. N. a. Rechtsprechung in Fn. 14 und Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 13 m. V. a. Rechtssprechung in Fn. 18. 194 Dazu s. Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 13; Birger Bonin, „Probleme des vertragwidrigen Eigentumsvorbehalts“, Juristische Schulung, Heft 5, München 2002, 438 (439) mit Verweis auf BGHZ 18, 212 (216); BGH NJW 1963, 1248. 195 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 15 m. w. N. 196 Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 13. 197 Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 13 m. w. N. 198 OLG Köln, Betr 1980, 924 und dazu Honsell, JuS 1981, 705 (706); krit. Oleg de Lousanoff, „Die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehaltes bei kollidierenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen“, Neue juristische Wochenschrift, München 1982, 1727 (1730 f.). 199 Folglich hat der Käufer einen Anspruch auf unbedingte Übereignung. Sachenrecht-
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Die bedingte Übereignung nach § 449 BGB hängt von einer wirksamen vertraglichen Vereinbarung ab, jedoch fehlt eine solche Vereinbarung dann, wenn es um kollidierende AGB geht.200 Dazu ist es fraglich, ob ein in den Lieferbedingungen vorgesehener Eigentumsvorbehalt in den Vertrag wirksam einbezogen wird, obwohl die Einkaufsbedingungen des Käufers eine Abwehrklausel enthalten. Diese Frage erörterte der BGH in der Entscheidung vom 03. 02. 1982 und erkannte eine wirksame Einbeziehung eines einfachen Eigentumsvorbehalts trotz der Abwehrklausel des Käufers an, wenn der Käufer den in den Lieferungsbedingungen des Verkäufers bestehenden Eigentumsvorbehalt kennt201 oder ihm eine solche Kenntnisnahme zumutbar ist.202 Danach reicht es für die Kenntnisnahme vom Inhalt der AGB des Verkäufers aus, dass die AGB des Verkäufers einer zur inhaltlichen Ausgestaltung von Verträgen befugten Person zugegangen waren (sog. Zugangstheorie).203 Abweichend von der Zugangstheorie kam der BGH in der späteren Entscheidung vom 20. 03. 1985 zum anderen Ergebnis, dass die wirksame Einbeziehung eines einfachen Eigentumsvorbehalts gegenüber einer Abwehrklausel in den Einkaufsbedingungen des Käufers nicht auf den Zugang der Verkaufsbedingungen abstellt, sondern es darauf ankommt, ob eine entsprechende Vereinbarung vorliegt. Daher ist nunmehr entscheidend, übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zur Verwendung eines Eigentumsvorbehalts festzustellen (sog. Konsensprinzip).204 Wie ist die Rechtslage, wenn der Käufer auf die Lieferbedingungen des Verkäufers schweigt, welche einen Eigentumsvorbehalt vorsehen? Nach Ulmer/ Schmidt ist das Schweigen des Käufers nicht als Ablehnung des Eigentumsvorbehalts zu verstehen. In diesem Fall ist entscheidend, ob die einseitig geregelte Klausel branchenüblich ist. Weil die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts im Rechtsverkehr schon üblich geworden ist, wurde der einseitig von dem Verkäufer geregelte Eigentumsvorbehalt in den Kaufvertrag wirksam mit einlich ist eine einseitige Eigentumsvorbehaltserklärung des Verkäufers jedenfalls beachtlich. S. Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 3, 244 (246) m. V. a. BGHZ, 104, 129 (136). 200 Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 13; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1285; Bonin, JuS 2002, 438 (439) m. V. a. BGH, NJW 1991, 1671 (1672). 201 In der Entscheidung vom 05. 05. 1982 ging der BGH von einer Kenntnisnahme des Eigentumsvorbehalts deshalb aus, weil der Käufer aufgrund der langjährigen Geschäftsbeziehung den in den Lieferedingungen enthaltenen Eigentumsvorbehalt kannte. S. BGH, NJW 1982, 1751. 202 BGH, NJW 1982, 1749; BGH, NJW 1982,1751; BGH, NJW‑RR 1986, 1378; dazu Ulmer/Schmidt, JuS 1982, 18; de Lousanoff, NJW 1982, 1727. 203 BGH, NJW 1979, 2199; NJW 1982, 1749; NJW 1982, 1751; BGH, NJW‑RR 1986, 1378. 204 BGH, NJW 1985, 1838; ebenso BGH, NJW‑RR 1986, 984; Dazu s. a. Graf von Westphalen, „Wirksamkeit des einfachen Eigentumsvorbehalts bei Kollision von Abwehrklauseln in Einkaufs-AGB mit Verkaufs-AGB?“, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, 1987, 1361 ff.
44 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem bezogen.205 Diese Ansicht wurde aber vom BGH abgelehnt. Nach Ansicht des BGH reicht weder Branchen- noch Handelsüblichkeit aus, um den Willen des Käufers zum Ausschluss eines Eigentumsvorbehalts durch eine Abwehrklausel außer Betracht zu lassen.206 Auch beim Fehlen der übereinstimmenden Willenserklärungen führt die Branchen- oder Handelsüblichkeit zu keiner Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts, wenn der Käufer in seinen AGB eine Abwehrklausel vorsieht, während der Verkäufer erst in der Auftragsbestätigung auf den Eigentumsvorbehalt hinweist.207 Im Widerspruch zu der Ansicht von Ulmer/ Schmidt vertritt Bonin, dass das Schweigen bei der Entgegennahme der Ware ein Einverständnis mit der bedingten Übergabe bedeutet, es sei denn, aus den Umständen ergibt sich etwas anderes.208 Mit der in seinen Einkaufsbedingungen enthaltenen Abwehrklausel macht der Käufer deutlich, dass nur eine unbedingte Übertragung gewollt ist. In diesem Zusammenhang wurde auch die Frage gestellt, ob eine widerspruchslose Entgegennahme der Ware oder das Schweigen des Empfängers bei einer (eine bedingte Übereignung vorgesehenen) modifizierten Auftragsbestätigung209 als ein Einverständnis mit der bedingten Übereignung angesehen werden kann. Dazu stellt sich hier die Frage, ob der Empfänger dem Inhalt der Auftragsbestätigung widersprechen muss, damit er die bedingte Übereignung verhindert. Bei einer modifizierten Auftragsbestätigung nimmt der Verkäufer den Auftrag des Käufers unter seinen Lieferbedingungen an, in denen eine bedingte Übereignung vorgesehen ist. Weil der Verkäufer den Auftrag nur mit Abweichungen bestätigt, geht es hier um einen neuen Antrag (gemäß § 150 Abs. 2 BGB).210 Grundsätzlich gilt das Schweigen nicht als Zustimmung, also auch nicht als Annahme eines neuen Antrags. Daher braucht der Käufer grundsätzlich dem Inhalt der modifizierten Auftragsbestätigung nicht zu widersprechen. Zwar erkennt der BGH ausnahmsweise eine stillschweigende Annahme des geänderten Antrages und dazu eine stillschweigende Zustimmung mit der bedingten Übereignung an, wenn der Verkäufer schon vorher seine Bereitschaft für die Lieferung unter seinen Lieferbedingungen und unter Eigentumsvorbehalt deutlich aussprach und trotzdem der Käufer die Ware widerspruchslos annimmt.211 205
Ulmer/Schmidt, JuS 1984, 18 (20). V. Westphalen, ZIP 1987, 1361 (1367) m. V. a. BGH, NJW‑RR 1986, 984. 207 V. Westphalen, ZIP 1987, 1361 (1367). 208 Bonin, JuS 2002, 438 (440). 209 Über den Unterschied zwischen einem echten Bestätigungsschreiben und einem „in die Form einer Bestätigung gekleideten“ Auftragsbestätigung s. BGH, NJW 1955, 1794. 210 Bork, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 1, § 150 Rn. 12. 211 BGH, NJW 1973, 2106 m. w. N.; NJW 1982, 1749 (1751); NJW 1995, 1671 m. w. N.; dazu Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 13 m. w. N.; Lieb, FS. für Gottfried Baumgärtel, 311 (322). Hier spricht Mühl nicht nur von der widerspruchslosen Entgegennahme, sondern auch vom Gebrauch der Ware. S. Mühl, Soergel, BGB, Bd. 3, 12. Aufl., § 455 Rn. 15 m. w. N. 206
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Die Bedeutung des Schweigens ist auch im kaufmännischen Rechtsverkehr fraglich, wenn der Verkäufer erst im kaufmännischen Bestätigungsschreiben auf seine AGB verweist und dadurch erklärt, dass er die Eigentumsübertragung von der Zahlung des ganzen Kaufpreises abhängig machen will. Das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben gilt grundsätzlich als Zustimmung zu dem Inhalt des Schreibens.212 Das gilt aber dann nicht, wenn der Wortlaut des Schreibens vom Verhandlungsergebnis so erheblich abweicht, dass der Absender des Schreibens redlicherweise mit einem Einverständnis des Empfängers nicht rechnen konnte.213 An dieser Stelle wurde vertreten, dass der Käufer in einer langjährigen Geschäftsbeziehung die AGB des Verkäufers, also den in den Verkaufsbedingungen enthaltenen Eigentumsvorbehalt, kennt.214 5. Der nachträgliche und nachträglich vereinbarte Eigentumsvorbehalt a) Der einseitige Eigentumsvorbehalt aa) Einseitige Eigentumsvorbehaltserklärung des Verkäufers vor oder bei der Übergabe Nicht selten kommt es vor, dass der Eigentumsvorbehalt nicht schon im Kaufvertrag vereinbart wird, sondern vom Verkäufer aus irgendeinem Grund (z. B. Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Erwerbers) vor oder bei der Übergabe der Sache einseitig erklärt wird. Dadurch bringt der Verkäufer seinen Willen zum Ausdruck, das Eigentum auf den Käufer nur unter einer aufschiebenden Bedingung zu übertragen. Im deutschen Recht wird die einseitige Eigentumsvorbehaltserklärung des Verkäufers vor oder bei der Übergabe als Folge des Abstraktionsprinzips grundsätzlich für möglich gehalten.215 Weil die vorherige Einigung über die unbedingte Eigentumsübertragung nicht verbindlich ist,216 kann der Verkäufer trotz 212 BGH, NJW 1952, 1369; Schmidt, MüKomm, § 346 HGB Rn. 692. Beachte § 362 HGB und Art. 18 Abs. 1 S. 2 des CISG. 213 BGH, JuS 2011, 715 m. w. N. Nach Ulmer/Schmidt kann Schweigen des Empfängers auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben dann eine wirksame Vereinbarung von AGB verhindern, „wenn den Vertragshandlungen allein die AGB des Empfängers des Schreibens zugrundelagen und der Absender erstmal im Bestätigungsschreiben auf seine AGB verweist, sowie ferner dann, wenn der Empfänger der Einbeziehung der AGB des Absenders schon zuvor eindeutig widersprochen hatte“. S. Ulmer/Schmidt, JuS 1984, 18 (21) m. w. N. 214 BGH, NJW 1982, 1751; dazu Ulmer/Schmidt, JuS 1984, 18 (21) m. w. N. 215 Bunte, JA 1982, 321 (325); Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 15; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 3, 244 (247); Bonin, JuS 2002, 438 (438); Huber, ZIP 1987, 750 (756, 757); Honsell, JuS 1981, 705 (707). 216 BGH, NJW 1979 213 (214); Hennsler, Soergel, BGB, Bd. 14, 13. Aufl., § 929 Ahn. Rn. 38; Honsell, JuS 1981, 705 (707) und auch Fn. 26 über die Mindermeinung, die den bei Übergabe erklärten, vertragswidrigen Eigentumsvorbehalt für unwirksam erklärt.
46 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem der vorherigen, ohne Eigentumsvorbehalt erfolgten Einigung die bedingte Übereignung anbieten.217 Auch lässt es der BGH zu, dass der Verkäufer durch seine einseitige Erklärung den Kaufvertrag sachenrechtlich ändern und im Rahmen der Einigung nach § 929 BGB einen uneingeschränkten Eigentumsübergang auf den Käufer (sogar auf den Verbraucher) verhindern kann. Weil der Verkäufer sich mit der erst später erklärten Eigentumsvorbehaltserklärung vertragswidrig verhält,218 legte der BGH aber an die Begründung und den Zugang der nachträglichen einseitigen Eigentumsvorbehaltserklärung einen strengen Maßstab an.219 Folglich muss der Eigentumsvorbehalt spätestens bei der Übergabe der Sache dem Käufer gegenüber ausdrücklich erklärt und von ihm in zumutbarer Weise zur Kenntnis genommen werden.220 In jedem Einzelfall muss der wirksame Zugang der Vorbehaltserklärung geprüft werden. Nach der deutschen Rechtsprechung ist die Vorbehaltserklärung dann zugegangen, wenn der Käufer oder eine für die Ausgestaltung von Verträgen zuständige Person vom Eigentumsvorbehalt Kenntnis erlangt oder wenn die Kenntnisnahme von dem gerade in dieser Form und unter diesen Umständen erklärten Eigentumsvorbehalt zumutbar ist.221 217 Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 11; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 29 m. V. a. BGH, NJW 1979, 213; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 15; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 3, 244 (247). 218 Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 11; Wieling, § 17, S. 243; Faust, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 14; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 41; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 14; Honsell, JuS 1981, 705 (707). 219 BGH, NJW 1975, 1699 (1699 f.). 220 BGH, NJW 1953, 217 (218); BGH, NJW 1975, 1699 (1699 f.); BGH, NJW 1979, 213 (214; BGH, NJW, 1982, 1751; dazu Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 3, 244 (247); Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 32; Faust, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 14; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 18. Auch wird die erforderliche deutliche Eigentumsvorbehaltserklärung damit begründet, dass die Vertragsparteien im Regelfall vertragsgemäß leisten. Da dem Verkäufer im Kaufvertrag die unbedingte Übereignung geschuldet war und mit dem nachträglichen Eigentumsvorbehalt nicht rechnen muss, darf der Käufer das Angebot des Verkäufers als ein unbedingtes Übereignungsangebot auslegen. Will der Verkäufer das Eigentum an der Sache nur bedingt übertragen, dann muss er den Eigentumsvorbehalt in dieser Art und Weise erklären, sodass der Käufer ihn kennt oder kennen könnte. Dazu s. Bonin, JuS 2002, 439 (440) m. V. a. BGHZ 64, 395 (397); NJW 1979, 2199; NJW 1982, 1749 (1751); Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 3, 244 (247). Demzufolge fehlt eine entsprechende Eigentumsvorbehaltserklärung, wenn der Eigentumsvorbehalt an versteckter Stelle oder in kleiner Schrift erklärt wird. S. BGH NJW 1979 213 (214) m. w. N.; dazu Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 3, 244 (247); Bonin, JuS 2002, 439 (440); Hennsler, Soergel, BGB, Bd. 14, 13. Aufl., § 929 Anh., Rn. 45. 221 Die Kenntnisnahme irgendeines Bediensteten des Käufers ist jedoch nicht genügend. Hierüber s. BGH, NJW 1979, 213 f.; BGH, NJW 1979, 2199 f.; BGH, NJW 1982, 1750 f.; dazu Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 32; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 18; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1280; Bonin, JuS 2002, 438 (441).
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Fehlt ein wirksamer Zugang der Eigentumsvorbehaltserklärung im Einzelfall, dann erwirbt der Käufer ein unbedingtes Eigentum.222 Beispielsweise zeigt sich ein wirksamer Zugang in dem Fall, dass ein Eigentumsvorbehalt in den AGB erklärt ist, die in den Kaufvertrag nicht wirksam einbezogen, aber dem Käufer rechtzeitig bekannt geworden sind.223 Ebenso reicht das Zurückbehalten des Fahrzeugbriefs beim Autokauf für einen gültigen einseitigen Eigentumsvorbehalt des Verkäufers aus.224 Außerdem verhindert auch dann ein nachträglicher, vertragswidriger Eigentumsvorbehalt auf einem Lieferschein eine unbedingte Übereignung, wenn der Vermerk von dem Käufer tatsächlich zur Kenntnis genommen wird oder in den Verfügungsbereich des Käufers gelangt.225 Der Zugang eines auf einem Lieferschein erklärten Eigentumsvorbehalts erfolgt nur in dem Fall, dass dem Käufer diese Eigentumsvorbehaltserklärung zu lesen zuzumuten war.226 Dagegen genügen bloße Vermerke auf Begleitpapieren bei der Warenlieferung nicht.227 Genauso stehen die AGB des Käufers dem Eigentumsvorbehalt des Verkäufers dann entgegen, wenn der Käufer in seinen AGB darüber aufklärt, dass er die Sache nach seinen Bedingungen kauft und abweichende Bestimmungen schriftlich vereinbart werden müssen.228 Aber die spätere Vereinbarung zur ausschließlichen Geltung der AGB des Käufers, die den Eigentumsvorbehalt ausdrücklich vorsehen, führt 222 BGH, NJW 1973, 2106; BGH, NJW 1979, 213 (214) m. w. N.; in dieser Richtung s. a. Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 18; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1280. 223 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. 3, 6. Aufl., § 449 Rn. 13 m. w. N.; Reiling, Beck’sche Online Formulare, 3.6.2., Rn. 3 m. w. N.; Saenger, Schulze, § 449 Rn. 3. 224 Der BGH misst dem Fahrzeugbrief eine solche Bedeutung bei, dass der Verkäufer durch das Einbehalten des Fahrzeugbriefs bei der Besitzübergabe seinen Wunsch zur bedingten Übereignung zeigt. Demnach ist das Einbehalten des Fahrzeugbriefs beim Autokauf durch den Käufer, der den Kaufpreis noch nicht gezahlt hat, nur so auszulegen, dass der Verkäufer seine Kaufpreisforderung sichern und deswegen dem Käufer das Eigentum an dem Fahrzeug unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen will. Dazu s. BGH, NJW 2006, 3488, 3489 und hierzu die Anm. von Florian Faust, „Anmerkung zum Urteil vom 13. 09. 2006 – VII ZR 184/05 (OLG Hamm): Einbeziehung des Kfz-Briefs als Indiz für Eigentumsvorbehalt“, Kommentierte BGH‑Rechtsprechung Lindemaier-Möhring, 2006, 200494 (200494); Saenger, Schulze, § 449 Rn. 3; a. A. Klaus Tiedtke, „Zur Rechtsprechung des BGH auf dem Gebiet des Kaufrechts-Teil 2“, Juristen Zeitung, Heft 9, 2008, 452 (459 f.). 225 BGH, NJW 1953, 217; BGH, NJW 1979, 213. 226 Im Urteil vom 02. 10. 1952 behandelt der BGH einen nicht zugegangenen Vermerk eines Eigentumsvorbehalts: „… wenn die Aufnahme eines derartigen Vermerks in einem Lieferschein mit dessen Zweckbestimmung und praktischer Verwendung im Handelsverkehr unvereinbar und deshalb nach der Verkehrssitte derart ungewöhnlich ist, daß der Empfänger der Ware einen solchen Vermerk darin gar nicht zu erwarten hat und deshalb den Lieferschein nicht daraufhin durchzulesen braucht, ob er einen solchen Vermerk enthält“. S. BGH, NJW 1953, 217, auch NJW 1979 213, 214; in dieser Richtung Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 15 m. w. N.; Faust, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 14 m. w. N.; Larenz, Schuldrecht § 43 II, S. 109, 110. 227 Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 7; Saenger, Schulze, § 449 Rn. 3; Reiling, Beck’sche Online Formulare, 3.6.2., Rn. 3. 228 OLG Hamburg, NJW 1977, 1402.
48 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem nicht dazu, dass der Verkäufer ohne Eigentumsvorbehalt liefern muss, sondern der Verkäufer kann trotz der ausschließlichen Geltung der AGB des Käufers die unbedingte Eigentumsübertragung verhindern, indem er bei der Lieferung den Eigentumsvorbehalt einseitig erklärt.229 Freilich muss der Käufer das ihm zugegangene Angebot des Verkäufers zur bedingten Übereignung nicht annehmen. Lehnt der Käufer das bedingte Einigungsangebot des Verkäufers ab, dann führt dies sachenrechtlich dazu, dass eine Eigentumsübertragung mangels entsprechender dinglicher Einigung der Parteien nicht zustande kommt.230 Also wird der Käufer weder bedingter noch unbedingter Eigentümer.231 Darüber hinaus bringt die einseitige nachträgliche Eigentumsvorbehaltserklärung eine Vertragspflichtverletzung mit sich (sog. vertragswidriger Eigentumsvorbehalt),232 denn der Verkäufer war nach dem geschlossenen Kaufvertrag zur unbedingten Übereignung verpflichtet.233 Der Kaufvertrag bleibt jedoch unverändert,234 weil hier ein Vertrag zur Änderung des Schuldverhältnisses (des Kaufvertrags) fehlt (§ 311 Abs. 1 BGB). Demzufolge bleibt der Verkäufer immer noch zur unbedingten Übereignung verpflichtet,235 und der Käufer kann auf unbedingte Übereignung klagen.236 Anders ist es allerdings, wenn der Käufer das bedingte Einigungsangebot des Verkäufers annimmt.237 In diesem Fall erwirbt der Käufer mit der Erlangung 229
OLG Hamburg, NJW 1978, 222. BGH, NJW 1953, 217 (218) m. w. N.; BGH, NJW 1975, 1670 m. w. N.; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 15, Fn. 25; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 3, 244 (247), Fn. 21; Reinicke/ Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1281. 231 Baur/Baur/Stürner, § 51 Rn. 34, § 59 Rn. 10; Wieling, § 17, S. 243; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1281 m. w. N. 232 Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 11; Wieling, § 17, S. 243; Faust, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 14; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 31; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 14; Honsell, JuS 1981, 705 (707); Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 17. 233 S. kritische Anmerkung von Gursky zum Urteil des BGH vom 09. 07. 1975, BGH, NJW 1975, 1699; Schulte, BB 1977, 269 ff. 234 Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 7; Reiling, Beck’sche Online Formulare, 3.6.2., Rn. 3; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 32. 235 Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 14; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1281. 236 Baur/Baur/Stürner, § 51 Rn. 34; § 59 Rn. 10; Wieling, § 17, S. 243; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 15; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 32; Reinicke/ Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1281; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 3, 244 (247). 237 In der Lehre wird vertreten, dass der Eigentumsvorbehalt aus den Umständen und aus dem Verhalten der Vertragsparteien entstehen kann. S. Schulte, BB 1977, 269 (271). Dementsprechend wird behauptet, dass die widerspruchslose Entgegennahme der Kaufsache als eine Annahme des bedingten Übereignungsangebots, die zur Abänderung des Kaufvertrags führt, zu verstehen ist. Der Käufer erklärt mit der widerspruchslosen Entgegennahme der Sache sein Einverständnis mit dem Abänderungsvertrag, und dadurch erwirbt er ein bedingtes Eigentum, wenn er vom Eigentumsvorbehaltsangebot vorher Kenntnis erlangte. S. Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1283; Honsell, JuS 1981, 705 (707); Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., § 455 Rn. 14 m. w. N.; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 17; Beckmann, Staudinger, 230
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des Besitzes beschränktes Eigentum und ein Anwartschaftsrecht.238 Daneben erlangt der Verkäufer ein Vorbehaltseigentum.239 In dieser Vereinbarung liegt eine nachträgliche Änderung des ohne Eigentumsvorbehalt geschlossenen Kaufvertrags vor.240 Meines Erachtens ist die einseitige Eigentumsvorbehaltserklärung des Verkäufers vor oder bei der Übergabe im schweizerischen und türkischen Recht bedenklich. Mit der einseitigen Eigentumsvorbehaltserklärung verhält sich der Verkäufer gegen den bereits abgeschlossenen Kaufvertrag. Das bedingte Übereignungsangebot des Verkäufers muss der Käufer grundsätzlich nicht annehmen. Nimmt er dieses Angebot an, dann geht es um eine Veränderung des Kaufvertrags, und dieser Änderungsvertrag muss gemäß Art. 764 Abs. 1 türk. ZGB notariell beurkundet werden, andernfalls ist er unwirksam.241 bb) Einseitige Eigentumsvorbehaltserklärung des Verkäufers nach der Eigentumsübertragung Ist der Eigentumsvorbehalt weder im Kaufvertrag noch bei der Übergabe vereinbart worden, ist die Wirksamkeit des vom Verkäufer einseitig erklärten Eigentumsvorbehalts umstritten. Hier lautet die Frage, ob der Verkäufer das Eigentum an der Sache nach der Besitzübertragung und also nach der Eigentumsübertragung durch seine einseitige Willenserklärung vorbehalten kann. Im deutschen und schweizerischen Schrifttum wird überwiegend vertreten, dass der Eigentumsvorbehalt vor oder (spätestens) bei der Übergabe der Sache vereinbart sein muss.242 Zum gleichen Ergebnis sollte man auch hinsichtlich des türkischen Rechts kommen. Dementsprechend hat die einseitige Eigentumsvorbehaltserklärung des Verkäufers kei-
BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 33. Über den Fall der widerspruchslosen Entgegennahme bei einer modifizierten Auftragsbestätigung s. BGH, NJW 1995, 1671 (1672) m. w. N. 238 BGH, NJW 1953, 218; NJW 1975, 1700; Wieling, § 17, S. 243; Baur/Baur/Stürner, § 59 B I Rn. 10; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 50; Reiling, Beck’sche Online Formulare, 3.6.2., Rn. 3; Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 7; Faust, Beck’scher OnlineKommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 15. 239 BGH, NJW 1975, 1670. 240 Zur Beschreibung als „Modifizierung des Veräußerungsgeschäftes“ s. Haab/Scherrer/ Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 50; dazu v. Tuhr/Escher, § 84, S. 257; Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 7; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 10. An dieser Stelle behauptet Rühl, dass in der Annahme des bedingten Übereignungsangebots des Verkäufers eine Zustimmung zu einer Abänderung des Kaufvertrags liegt. Rühl, S. 191. 241 Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (181, 182) m. w. N.; vgl. v. Tuhr/Escher, § 84, S. 257. 242 Liver, SPR, § 52, S. 332; Schwander, BaslerKomm, ZGB, Art. 715 Rn. 5 m. V. a. BGE 93 III 96, 104; Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, § 103 Rn. 13; Baur/Baur/Stürner, § 59 B I Rn. 11; Zobl, BernerKomm, Syst. Teil, Rn. 1703, m. V. a. die Gefahr zur Umgehung des Faustpfandprinzips; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1280.
50 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem ne sachen- und schuldrechtlichen Wirkungen243 und die Eigentumslage bleibt unberührt,244 es sei denn, der Käufer ist mit dieser nachträglichen Abänderung des Kaufvertrags und mit der Eigentumslage einverstanden. Ebenso ändert die Eigentumsvorbehaltserklärung auf der Rechnung oder in einem Lieferschein nach der vorbehaltlosen Lieferung nichts mehr an dem bereits übertragenen unbedingten Eigentum.245 b) Der nachträglich vereinbarte Eigentumsvorbehalt Meistens kommt eine nachträgliche Vereinbarung vor, um dem Verkäufer nachträglich im laufenden Vertragsverhältnis und für noch nicht erfüllte Zahlungsverpflichtung eine dingliche Sicherung einzuräumen. Hier stellt sich die Frage, ob die Vertragsparteien nach der unbedingten Eigentumsübertragung einen nachträglichen Eigentumsvorbehalt vereinbaren können, damit der Verkäufer so zu stellen ist, wie wenn er sich das Eigentum schon im Kaufvertrag vorbehalten hätte. Von der Mehrheit der Stimmen in Deutschland wird die nachträgliche Eigentumsvorbehaltsvereinbarung anerkannt.246 Nach der deutschen Rechtsprechung wird der nachträgliche Eigentumsvorbehalt durch doppelte Übereignungen begründet: Die Sache wird durch Einigung und Besitzkonstitut vom Käufer auf den Verkäufer rückübereignet (§ 930 BGB),247 und dann wird das Eigentum an der Sache unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung 243 Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 7; Reiling, Beck’sche Online Formulare, 3.6.2., Rn. 3; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1280; Honsell, JuS 1981, 705 (707); Henssler, Soergel, BGB, § 929 Ahn. Rn. 45. 244 Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 11; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 5 II 5, S. 92. 245 BGH NJW 1979, 213; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 18; Saenger, Schulze, § 449 Rn. 3; Baur/Baur/Stürner, § 59 B I Rn. 11; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 32; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1280; Reiling, Beck’sche Online Formulare, 3.6.2., Rn. 3. 246 Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1279 m. w. N.; Honsell, JuS 1981, 705 (707); Baur/ Baur/Stürner, § 51 Rn. 34; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 5 II 5, S. 92 ff.; Rühl, S. 72 ff. 247 Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung muss bei einem nachträglich vereinbarten Eigentumsvorbehalt das volle Eigentum an der Sache wieder an den Verkäufer übertragen werden, damit der Verkäufer nacher an den Käufer das „bedingte“ Eigentum an der Sache übertragen kann. Dazu wird ausgeführt, dass die Rückübertragung des Eigentums an den Verkäufer durch Besitzkonstitut bewirkt werden muss. Dadurch wird es dem Käufer ermöglicht, dass er im unmittelbaren Besitz der Sache bleibt und die Sache weiter benutzt. Aus einer bloßen Vereinbarung, nach der der nach erfolgter Lieferung bereits zum Volleigentümer der Kaufsache gewordene Käufer in Zukunft als Vorbehaltskäufer besitzen solle, entsteht jedoch kein für eine gültige Rückübereignung erforderliches Besitzmittlerverhältnis zwischen Vertragsparteien im Sinne des § 868 BGB. S. BGH, NJW 1953, 217 (218); weitergehend s. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 5 II 5, S. 92, 93. Die Schlussfolgerung des BGH kritisiert Raiser und vertritt eine andere Ansicht, nach der die Parteien durch bloße Verein-
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wieder an den Käufer übertragen (§§ 929 S. 2, 158 Abs. 1 S. 1 BGB).248 Daneben wird in der Lehre vertreten, dass die Rechte des Dritten, die in der Zwischenzeit begründet wurden, nicht zu benachteiligen sind.249 Die Eigentumsübertragung durch Besitzkonstitut wird im schweizerischen und türkischen Recht zurückhaltend angenommen. Der Eigentumsübergang durch Besitzkonstitut wird in zwei Fällen für unwirksam erklärt,250 wenn nämlich die Vertragsparteien beabsichtigen, die Rechte des Dritten zu benachteiligen251 oder die Vorschriften über das Faustpfandprinzip zu umgehen. Selbstverständlich macht sich eine Benachteiligung des Dritten in dem Fall besonders bemerkbar, wenn der Schuldner vor der Zwangsvollstreckung oder vor der Insolvenzeröffnung über seine Vermögenswerte mit der Folge verfügt, dass diese Vermögenswerte nicht mehr unter Zwangsvollstreckungs- oder Insolvenzverfahren fallen. Solche Benachteiligungen könnten bei einer nachträglichen Eigentumsvorbehaltsvereinbarung so dargestellt vorkommen, dass der zum Eigentümer gewordene Käufer das Eigentum an der Kaufsache vor der Zwangsvollstreckung gegen sein Vermögen oder vor der Insolvenzeröffnung durch Besitzkonstitut an den Verkäufer zurückübertragen lässt. Dies hat natürlich für die Gläubiger des Käufers wichtige Konsequenzen. An dieser Stelle kommt den Vorschriften eine große Bedeutung zu, die eine Befriedigung der Gläubiger durch den Zugriff an der Vorbehaltssache ermöglichen.252 barung das unbedingte Eigentum des Käufers in die Anwartschaft des Käufers umwandeln können. S. Anmerkung von Raiser zum BGH, NJW 1953, 217. 248 BGH, NJW 1953, 217 mit Anmerkung von Raiser; in dieser Richtung im türkischen Schrifttum Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (182). Jedoch wird die Konstruktion des BGH, die Hin- und Herschieben des Eigentums vorsieht, in der Lehre aus verschiedenen Gründen kritisiert. Krit. Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 19; Honsell, JuS 1981, 705 (707); Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 3, 244 (248). 249 Baur/Baur/Stürner, § 51 Rn. 34; in dieser Richtung auch Schwander, BaslerKomm, ZGB, Art. 715 Rn. 5 m. w. N. 250 S. Art. 717 ZGB und Art. 766 türk. ZGB. Hier geht die herrschende Meinung von der den Dritten gegenüber wirkenden Unwirksamkeit aus, während sie diese durch Besitzkonstitut erfolgte Eigentumsübertragung zwischen den Parteien jedenfalls als gültig erklärt. S. Haab/ Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 717 Rn. 51 m. w. N.; Aydın Aybay/Hüseyin Hatemi, Eşya Hukuku, 4. Auflage, Istanbul 2014, § 17 Rn. 58. Jedoch wird Art. 766 türk. ZGB von einigen Autoren anders interpretiert, da der türkische Gesetzgeber nicht genau von der Unwirksamkeit, sondern von der „nicht erfolgten Eigentumsübertragung“ spricht. Danach wird behauptet, dass die durch Besitzkonstitut erfolgte Eigentumsübertragung sowohl zwischen den Parteien als auch Dritten gegenüber für unwirksam erklärt werden muss, wenn die Voraussetzungen des Art. 766 türk. ZGB erfüllt sind. Dementsprechend wird die Eigentumsübertragung mit der Absicht der Benachteiligung Dritter als sittenwidrig und die Eigentumsübertragung mit der Absicht der Umgehung des Faustpfandprinzips als Gesetzesumgehung angesehen. Oğuzman/ Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 2612 m. w. N. 251 Jedenfalls braucht die Unwirksamkeit aufgrund der Benachteiligung Dritter die Mitwirkung von beiden Parteien. S. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 717 Rn. 56; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 2067. 252 In diesem Zusammenhang bietet das deutsche Recht den benachteiligten Gläubigern
52 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem In der schweizerischen Lehre wird der nach der Übergabe vereinbarte Eigentumsvorbehalt auch aus dem Grund abgelehnt, dass die nachträgliche Vereinbarung eine Umgehung des Faustpfandprinzips sei. Danach muss ein Eigentumsvorbehalt jedenfalls vor der Besitzübertragung vereinbart werden.253 Mit dem nachträglich vereinbarten Eigentumsvorbehalt ist gewollt, dem Verkäufer das Eigentum an der Kaufsache vorzubehalten, als ob ein Eigentumsvorbehalt von vornherein vereinbart worden wäre. Im ersten Schritt fällt das Eigentum durch Besitzkonstitut an den Verkäufer zurück. Aber sowohl im deutschen Recht als auch im schweizerischen und türkischen Recht kann eine bewegliche Sache nur durch die Besitzübertragung dem Pfandgläubiger verpfändet werden (sog. Faustpfandprinzip, s. § 1205 BGB, Art. 884 ZGB, Art. 939 türk. ZGB).254 Außerdem findet das Faustpfandprinzip noch eine besondere Erwähnung in Art. 717 des ZGB und Art. 766 türk. ZGB. Nach diesen Vorschriften wird der Eigentumsübergang durch Besitzkonstitut jedoch unwirksam, wenn damit eine Umgehung der Bestimmungen über das Faustpfand beabsichtigt worden ist.255 Zwar verschafft der zum Eigentümer gewordene Käufer dem Verkäufer eine dingliche Sicherheit, indem er das Eigentum durch Besitzkonstitut zurück an den Verkäufer übertragen lässt. Wie bereits erwähnt, wollte die Rechtspraxis die bereits verbotene Mobiliarhypothek im schweizerischen und türkischen Recht durch die Entwicklung des Eigentumsvorbehalts ersetzen.256
des Käufers die Möglichkeit zur Anfechtung der durch Besitzkonstitut vollzogenen Eigentumsübertragung unter den Voraussetzungen des Anfechtungsgesetzes (durch eine Klage gemäß § 13 AnfG) und der Insolvenzordnung. Angesichts des schweizerischen Rechts könnte man die Möglichkeiten so zusammenfassen, dass der durch Besitzkonstitut bestellte Eigentumsvorbehalt gemäß Art. 285 ff. SchKG oder gemäß Art. 717 ZGB anzufechten ist. Ausführlich Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Art. 716 Rn. 51 und Art. 717 Rn. 63. Letztlich ergibt sich die Möglichkeiten im türkischen Recht: die Anfechtung gemäß Art. 280 ff. türk. Vollstreckung und Insolvenzgesetz oder Art. 766 türk. ZGB. Gemäß Art. 280 ff. türk. Vollstreckung und Insolvenzgesetz wird der nachträgliche Eigentumsübergang durch eine Klage angefochten. Diese Anfechtungsklage ist jedoch eine persönliche Klage, sodass sie das Eigentum an der übertragenen Sache durch diese Klage nicht an den Käufer zurückfallen lässt, sondern diese Klage nur zur Folge hat, dass die Gläubiger auf die Sache zugreifen können und der Käufer seine Geldansprüche aus dem Sachwert erzielen kann. Weitergehend Baki Kuru/Ramazan Arslan/Ejder Yılmaz, İcra ve İflas Hukuku, 26. Auflage, Ankara 2012, S. 611 ff. 253 BGE 93 III 96 (104); Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 68 und Art. 717 Rn. 14; Beck, S. 99 f.; Zobl, BernerKomm-Syst. Teil, Rn. 1703 m. w. N.; Liver, SPR, § 52, S. 332; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (22) m. w. N. Nach Haab vereinbaren sie nicht miteinander, einerseits den nachträglichen Eigentumsvorbehalt aus dem Grund der Umgehung des Faustpfandprinzips abzulehnen und andererseits die nachträgliche Registereintragung des Eigentumsvorbehalts anzuerkennen. S. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 51. 254 Über Faustpfandprinzip s. Yargıtay 19. HD, E. 2000/401, K. 2000/1470, T. 29. 02. 2000; E. 2000/802, K. 2000/1571, T. 02. 03. 2000; E. 2001/4182, K. 2001/5754, T. 20. 09. 2001. 255 S. allgemeine Vorschriften über Faustpfandprinzip Art. 884 ZGB, Art. 939 türk. ZGB. 256 Elbir, IÜHFM 1952, 258 (267, 273 ff.), s. auch unten S. 177, Fn. 21 f.
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Darüber hinaus wird von einigen Autoren die auflösend bedingte Sicherungsübereignung neben der Möglichkeit des nachträglich vereinbarten Eigentumsvorbehalts als alternatives Sicherungsmittel angeboten.257 Danach vereinbaren die Vertragsparteien, dass der Käufer zur Sicherung des Kaufpreises das Eigentum an der Kaufsache durch Besitzkonstitut an den Verkäufer überträgt und daneben ein Anwartschaftsrecht erwirbt. Sobald der Kaufpreis bezahlt wird, erlangt der Käufer das Eigentum wieder (entweder durch automatischen Rückfall des Eigentums oder durch neue Rückübertragung). Jedenfalls soll man die unterschiedlichen Rechtswirkungen vom Vorbehalts- und Sicherungseigentum, insbesondere im Insolvenzverfahren, beachten.258 Anders als im deutschen Sachenrecht wird die nachträgliche Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts im schweizerischen und türkischen Recht angesichts der Problematik der nachträglichen Eintragung in das Eigentumsvorbehaltsregister behandelt. In diesem Zusammenhang vertritt Schwander die Ansicht, dass ein nach der Übergabe vereinbarter Eigentumsvorbehalt mit entsprechendem Registereintrag in das Eigentumsvorbehaltsregister dazu führt, dass das Eigentum an der Kaufsache ohne neue Übertragung des unmittelbaren Besitzes an den Verkäufer zurückfällt.259 Die Anerkennung eines nachträglichen Registereintrags mit der dinglichen Wirkung des Rückfalls des Eigentums an den Verkäufer wird jedoch von Haab heftig kritisiert. In seiner Kritik behandelt er die Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts (BGE 35 II 46), die den nach dem Eigentumserwerb vereinbarten Eigentumsvorbehalt ablehnt, dabei aber die nachträgliche Registereintragung erlaubt.260 Nach Haab besteht ein Widerspruch darin, dass eine nach der Besitzübertragung erfolgende nachträgliche Eigentumsvorbehaltsver257 Baur/Baur/Stürner, § 51 Rn. 34 m. w. N. und § 59 Rn. 11; w. N. b. Raiser, Anmerkung zu BGH, NJW 1953, 217, und Honsell, JuS 1981, 705 (707), Fn. 32; krit. Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 20; Larenz, Schuldrecht § 43 II, S. 110. 258 Aus der auflösend bedingten Sicherungsübereignung enstehen negative Rechtsfolgen insbesondere im Falle der Weiterveräußerung der Kaufsache von dem Verkäufer und im Falle der Insolvenz des Verkäufers. Wird die Kaufsache weiterveräußert, hat der Käufer (jetziger Kreditnehmer) kein Widerspruchsrecht, da er Dritten gegenüber nicht geltend machen kann, dass das Eigentum an der Kaufsache nur zum Sicherungszweck (und durch Besitzkonstitut gemäß Art. 766 türk. ZGB) auf seinen Verkäufer übertragen wurde. Weiterhin hat der Käufer eine schlechte Rechtstellung auch in der Insolvenz des Verkäufers, sodass die Kaufsache zu der Insolvenzmasse gehört, aber dem Käufer, der an der Sache ein Sicherungseigentum für den Verkäufer bestellt hat, kein Aussonderungsrecht zusteht. Vgl. Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 20; Honsell, JuS 1981, 705 (707); Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 5 II 5, S. 94, 95; Rühl, S. 72. 259 Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 5. Abweichend davon verschenkt Leemann eine bloße dingliche Wirkung dem nachträglichen Registerantrag nur dann, wenn der Eigentumsvorbehalt vor der Übergabe vereinbart ist. S. Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 40, 68. 260 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 50 m. V. auf BGE 35 II 46.
54 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem einbarung einerseits abgelehnt und andererseits mit dinglicher Wirkung eingeräumt wird. Zutreffend vertritt er, dass die Möglichkeit zur nachträglichen Registereintragung nicht zugelassen werden müsste, wenn der zweimalige Eigentumswechsel nicht gewollt wäre. Wird die nachträgliche Registereintragung wirksam angenommen, fällt das Eigentum mit der Registereintragung an den Verkäufer zurück. Aber zum gleichen Ergebnis kann man bei der Annahme der nachträglichen Eigentumsvorbehaltsvereinbarung nicht kommen.261 Wie im schweizerischen Recht wird auch im türkischen Recht angenommen, dass die Registereintragung eine Begründungsfunktion bei der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts hat.262 Daher muss ein Eigentumsvorbehalt rechtzeitig bis zur Besitzübergabe in das Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen werden.263 Andernfalls erwirbt der Käufer ein unbedingtes Eigentum an der Kaufsache sofort mit der Besitzübertragung.264 Demzufolge ist ohne Zweifel anzunehmen, dass eine nach dem Eigentumserwerb erfolgte Registereintragung einen wirksamen nachträglichen Eigentumsvorbehalt des Verkäufers nicht begründen kann (kein Eigentumsrückfall an den Verkäufer!).265 Ebenfalls wäre es nicht falsch, die Möglichkeit der nachträglichen Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts im schweizerischen und türkischen Recht auszuschließen. Vor allem bedingt der Eigentumsvorbehalt nicht den zugrunde liegenden Vertrag, sondern die dingliche Übereignung.266 Dies hat zur Folge, dass der Eigentumsvorbehalt spätestens bei der Übergabe vereinbart sein muss.267 Fehlt eine entsprechende gültige Vereinbarung bei der Besitzübertragung, dann führt dies einen unbedingten Eigentumserwerb des Käufers herbei. 261 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 50 und Art. 717 Rn. 63. 262 Halid Kemal Elbir, „Mülkiyeti Muhafaza Mukavelesinin Taraflar Arasındaki Hükümleri“, İstanbul Üniversitesi Hukuk Fakültesi Mecmuası, Bd. XIX, N: 1–2, Istanbul 1953, 184 (185); Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 400; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (185 ff.); Aral, AÜHFD 1973, 201 (209); Gürsoy/Eren/Cansel, S. 676, 677; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (417) m. w. N.; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 493 m. w. N. Höchstrichterlich s. a. Karahasan, S. 1006; Yargıtay 13. HD., E. 1986/491, K. 1986/927, T. 18. 02. 1986; 21. HD., E. 2003/14, K. 2003/1028, T. 18. 02. 2003; 21. HD., E. 2004/4198, K. 2004/5109, T. 25. 05. 2004. Über schweizerisches Recht s. Liver, SPR, § 52, S. 332. 263 S. unten S. 65, Fn. 318. 264 Elbir, IÜHFM 1953, 184 (185); Aral, AÜHFD 1973, 201 (209); Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 493 m. w. N.; dazu Yargıtay 13. HD., E. 1986/491, K. 1986/927, T. 18. 02. 1986; 15. HD., E. 1990/1951, K. 1990/3346, T. 13. 09. 1990; 21. HD., E. 2003/14, K. 2003/1028, 18. 02. 2003; 21. HD., E. 2004/4198, K. 2004/5109, T. 25. 05. 2004; 21. HD., E. 2004/2980, K. 2004/4593, T. 06. 05. 2004; krit. Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (994) m. w. N. 265 Rühl, S. 72; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 68. 266 Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 397; Aral, AÜHFD 1973, 201 (203); Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (179 ff.); Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 492 m. w. N.; s. auch oben S. 19 in Fn. 70 genannte Autoren. 267 BGE 51 139; BGE 93 III 96 (104); Liver, SPR, § 52, S. 332; Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 5 m. w. N.; Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, § 103 Rn. 13; Baur/Baur/ Stürner, § 59 B I Rn. 11; Zobl, BernerKomm, Syst. Teil, Rn. 1703; Rühl, S. 72 m. w. N.
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts
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Deshalb scheint die herrschende Meinung folgerichtig zu sein, welche die nach der Eigentumsübertragung getroffene Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts für wirkungslos hält.268 In diesem Zusammenhang kann man auch die von einigen Autoren vorgeschlagene alternative Konstruktion der einfachen vertraglichen Einigung behandeln. In dieser Konstruktion einigen sich der bereits Eigentümer gewordene Käufer und der Verkäufer über die Rückübertragung des Eigentums an der Kaufsache, wonach der Verkäufer vom Käufer ein „um die Anwartschaft des Käufers gekürztes Eigentum“ erwirbt.269 Das unbedingt übertragene Eigentum wandelt sich hier in ein bedingtes Eigentum um. Hier wird das Hin- und Herschieben des Eigentums zu vermeiden versucht.270 Jedoch kann man diese Lösung wegen der doppelten (aufeinander folgenden) Übereignung, wie bei der nachträglichen Begründung eines Eigentumsvorbehalts, ablehnen. III. Erfordernis zur Eintragung des Eigentumsvorbehalts in ein öffentliches Register in der Schweiz und der Türkei Meistens wird der Eigentumsvorbehalt in dem Punkt kritisiert und seine Anwendung abgelehnt, dass er von der Eigentumsvermutung für den Besitzer abweicht. Unter der Eigentumsvermutung, die in § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 930 Abs. 1 des ZGB, Art. 985 Abs. 1 türk. ZGB geregelt ist, versteht man die Rechtsvermutung zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache über ihre Eigentümerschaft. Aber bei einem Kauf unter Eigentumsvorbehalt fallen der Besitz und das Eigentum auseinander, sodass der Verkäufer der Eigentümer der Sache bleibt, während der unmittelbare Besitz an den Käufer übertragen wird. Die Besitzübertragung an den Vorbehaltskäufer führt eine solche Rechtserscheinung herbei, als ob der Vorbehaltskäufer der Eigentümer der Kaufsache wäre. Besonders im Falle der Vollstreckung gegen das Vermögen des Vorbehaltskäufers und im Falle von dessen Insolvenz stellt diese irreführende Erscheinung eine Gefahr für Dritte dar, besonders für die Personen, die den Vorbehaltskäufer kreditieren wollen.271 Daraus ergibt sich das Bedürfnis, die Personen, die mit dem Vorbehaltskäufer Geschäfte eingehen, vor einer falschen Beurteilung der 268 BGE 51 139; Meier/Hayoz, Sachenrecht, § 52, S. 332 m. w. N.; v. Tuhr/Escher, § 84, S. 216; Liver, SPR, § 52, S. 332; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 68; Faust, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 15. Über den nachträglichen Eigentumsvorbehalt s. Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (182). 269 Honsell, JuS 1981, 705 (708) m. V. a. Anmerkung von Raiser zum BGH, NJW 1953, 217 (219); Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 11, ausf. § 51 Rn. 34; Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 210; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 20; Peter Bülow, Kauf unter Eigentumsvorbehalt (I), Juristische Ausbildung, Heft 4, 168 (170 f.). 270 Honsell, JuS 1981, 705 (708). 271 Gültekin, IÜHFM 1935, 445 (452); Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 9, 76; Oğuzman/ Seliçi, S. 543 m. V. a. BGE 93 III 96.
56 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Vermögenslage des Vorbehaltskäufers zu schützen und darüber zu informieren, ob ein Eigentumsvorbehalt an den im Besitz des Vorbehaltskäufers liegenden Gegenständen besteht.272 Zwecks der Publizität der Vermögenslage des Käufers und der Eigentumsvorbehaltsvereinbarung verlangen das türkische und schweizerische Recht die Eintragung des Eigentumsvorbehalts in ein öffentliches Register (sog. Eigentumsvorbehaltsregister). Danach wird ein Eigentumsvorbehalt am Wohnort des Vorbehaltskäufers in ein vom Betreibungsbeamten zu führendes öffentliches Register (Art. 715 Abs. 1 ZGB) oder in ein vom Notar zu führendes besonderes Register (Art. 764 Abs. 1 türk. ZGB) eingetragen. Nach Art. 4 Abs. 1 VerEV kann die Eintragung von beiden Parteien gemeinsam oder von einer derselben, mündlich oder schriftlich, vorgenommen werden. Eine einseitige Anmeldung ist nach Art. 4 Abs. 4 VerEV nur zu berücksichtigen, wenn gleichzeitig das schriftliche Einverständnis der anderen Partei mit allen für die Eintragung wesentlichen Punkten beigebracht wird. Im türkischen Recht ist jedoch offengelassen, von wem auf die Eintragung hingewirkt werden muss. Zwar wird die Ansicht vertreten, dass der Verkäufer die Eintragung allein beantragen kann.273 Es wird aber auch im türkischen Recht angenommen, dass die Vertragsparteien die Eintragung zusammen beantragen können oder der Verkäufer allein, aber gleichzeitig mit dem schriftlichen Einverständnis des Käufers. Diese Annahme steht auch im Einklang mit der Ansicht, nach der der Käufer zur Eintragung des Eigentumsvorbehalts von dem Verkäufer gezwungen werden kann. Darüber hinaus vertritt diese Ansicht, dass der Käufer mit dem Abschluss des Kaufvertrags unter Eigentumsvorbehalt sein Einverständnis über die Eigentumsvorbehaltseintragung erklärt und den Veräußerer ermächtigt, den Eigentumsvorbehalt eintragen zu lassen.274 In diesem Vertragsverhältnis muss der Käufer bei der sofortigen Eintragung helfen.275 Wenn der Käufer sich bei der Eintragung des Eigentumsvorbehalts weigert, hat der Verkäufer die Möglichkeit gemäß Art. 113 türk. OR, gegenüber dem Käufer die Eintragung des Eigentumsvorbehalts einzuklagen. Gemäß Art. 113 türk. OR kann der Verkäufer das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen – auf Kosten 272 BGE 96 II 161 (171); BGE 93 III 96 (111); Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 30; Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, § 103 Rn. 14; Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 3, 6; Oftinger/Bär, ZGB, Syst. Teil, Rn. 174; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 76 m. w. N. 273 Aral, AÜHFD 1973, 201 (209). 274 In dieser Richtung s. a. BGE 93 III 96 (110, 111). 275 Beck, S. 153 f. Ebenso wird es in der Lehre vertreten, dass die Pflicht des Käufers zur Mitwirkung bei dem Registereintrag aus der Eigentumsvorbehaltsvereinbarung besteht. Demnach kann der Verkäufer die noch in seinem Besitz gelangende Kaufsache für sich vorbehalten und nicht übergeben, wenn der Käufer an dem Eintragungsprozess teilzunehmen ablehnt. Dazu s. Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (28); dazu Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 73.
B. Entstehung des Eigentumsvorbehalts
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des Käufers – vom Richter feststellen lassen. Demzufolge wird das Einverständnis des Käufers durch die Entscheidung des Richters ersetzt.276 1. Wirkungen der Eintragung des Eigentumsvorbehalts und die Rechtsfolgen der nicht erfolgten Eintragung In erster Linie hat die Eintragung des Eigentumsvorbehalts eine Begründungsfunktion bei dessen Bestellung.277 Das heißt, ein wirksamer Eigentumsvorbehalt kommt erst mit der Eintragung zustande, und die Eigentumsvorbehaltsvereinbarung bleibt bis dahin sowohl Dritten gegenüber als auch zwischen den Vertragsparteien unwirksam.278 Demnach kommt der Eintragung die negative Rechtskraft zu.279 Dementsprechend wird vertreten, dass der Kauf beim Fehlen der Eintragung ein unbedingter Kauf ist,280 also erwirbt der Käufer in diesem Fall trotz des Willens der Vertragsparteien zur bedingten Eigentumsübertragung ein unbedingtes Eigentum an der Sache durch die Besitzübertragung.281 276
Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 136; Elbir, IÜHFM 1953, 184 (186) m. w. N. Gültekin, IÜHFM 1935, 445 (448, 452); Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 122; Aral, AÜHFD 1973, 201 (209) m. V. a. Rechtsprechung; Feyzioğlu, S. 166 m. w. N.; Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (29) m. V. a. Yargıtay 12. HD., E. 1985/12512, K. 1986/6352, T. 27. 05. 1986 in Fn. 20; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (185 ff.); Tekinay, S. 7; Akipek/Akıntürk, S. 588; Oğuzman/ Seliçi, S. 543; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 493; Eren, Borçlar Hukuku, S. 290; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (417). Über schweizerisches Recht s. Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (538); Liver, SPR, § 52, S. 332 f.; Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, § 103 Rn. 17; Zobl, BernerKomm, Syst Teil, Rn. 1705; Gerhard Walter, „Sicherungsrechte heute – Probleme und Lösungsansätze“, Aktuelle Aspekte des Schuld- und Sachenrechts, FS. für Heinz Rey zum 60. Geburtstag, Zürich 2003, 141 (145, 146). 278 BGE 42 III 173 (175); Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (538); Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 39; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 69, 72; Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 6 m. w. N.; Rey, Rn. 1746a m. V. a. BGE 110 II 153 Erw. 4; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 69, 72 m. w. N.; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 81 m. w. N., 93 ff. 122 f.; Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 398; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 677; Şeref Ertaş, Eşya Hukuku, 11. Auflage, Izmir 2014, S. 487; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 676 f.; Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 297; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (185); Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (995); Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (30, 31); Akipek/Akıntürk, S. 588; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 493; a. A. Wolfgang Wiegand, „Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Fahrnispfand“, in: Berner Bankrechtstag, BBT Bd. 5, Mobiliarsicherheiten, Bern 1998, 75 (86). Über schwebende Unwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts bis zur Eintragung s. Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (187); über schwebende Unwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts bei der Wohnortänderung des Käufers s. Aral, AÜHFD 1973, 201 (208) m. w. N. 279 Beck, S. 132 f.; Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 6; Tuor/Schnyder/ Schmid/Rumo-Jungo, § 103 Rn. 17; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 39; Liver, SPR, § 52, S. 336; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 72; Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 400; Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 319; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (185); Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (30, 31); Akipek/Akıntürk, S. 588 f.; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 493; Eren, Borçlar Hukuku, S. 290. 280 Aral, AÜHFD 1973, 201 (209) m. N. aus der Rechtsprechung. 281 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 39; Haab/Scherrer/Simonius/ 277
58 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Die Eintragung des Eigentumsvorbehalts dient dem Interesse der Publizität der Eigentumslage des Käufers. Dieser Eintragung kommt dennoch keine vergleichbare Publizitätsfunktion bzw. kein öffentlicher Glaube des Grundbuchs zu. Aus der Registereintragung lässt sich nicht schlussfolgern, dass jeder von dieser Eintragung Kenntnis hat oder haben muss.282 Daher verhindert die Eintragung einen gutgläubigen Rechtserwerb Dritter an der Vorbehaltssache nicht.283 Ferner wird nicht von einer Bösgläubigkeit des Erwerbers gesprochen, wenn der Dritterwerber es vor dem Rechtserwerb unterließ, das Eigentumsvorbehaltsregister zu überprüfen.284 Der Erwerber kann für die fehlende Überprüfung des Eigentumsvorbehaltsregisters nicht verantwortlich gemacht werden.285 Darunter versteht man, dass der Eintragung in das Eigentumsvorbehaltsregister keine positive Rechtskraft zukommt.286 Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 69, 72; v. Tuhr/Escher, § 84, S. 261; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 135, 136; Elbir, IÜHFM 1953, 184 (185); Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 493. Diese Ansicht wird von Serozan verneint. Er vertritt, dass der Eigentumsvorbehalt bis zur Eintragung schwebend unwirksam ist und diese Unwirksamkeit auch zur Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäfts führt. Deswegen geht hier weder bedingtes noch unbedingtes Eigentum an den Käufer über. S. Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (187); Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (994, 996). 282 BGE 93 III 96 (111) m. V. a. BGE 42 III 580 ff. Erw. 2; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 44 ff.; Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, § 103 Rn. 17; Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 6; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 79; Wiegand, BBT 1998, 75 (89, 109) m. w. N.; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 677; Aral, AÜHFD 1973, 201 (209); Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 400; Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 320; Tekinay, S. 7; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 494; Eren, Borçlar Hukuku, S. 291; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (417); Feyzioğlu, S. 167, 168; Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 297 m. w. N.; Nurettin Gürsel, Mülkiyeti Muhafaza Kaydıyla Satış, Ankara Barosu Dergisi, Heft 1, 1955, 300 (301); Akipek/Akıntürk, S. 589; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 2618. 283 BGE 93 III 96 (111); Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, § 103 Rn. 17; Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 6; Rey, Rn. 1746a m. w. N.; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 124 f. m. V. a. JdT 1916, S. 236 ff.; Aral, AÜHFD 1973, 201 (209) m. w. N.; Arslanlı, S. 363; Akipek/Akıntürk, S. 589. Über eine Registereintragung des Eigentumsvorbehalts mit der Wirkung, dass die Registereintragung den lastenfreien Rechtserwerb Dritter an der Vorbehaltssache verhindert, s. auch die Regelung und (nur ratsame) Eintragung des Eigentumsvorbehalts nach dem ukrainischen Recht in Lena Heim, Mobiliarsicherheiten nach ukrainischem Recht, Tübingen 2016, S. 127 ff., 142 f., über das ukrainische IPR S. 268. 284 C. Wieland, Kanunu Medenide Ayni Haklar, Übersetzung von İ. Hakkı Karafakı, Ankara 1946, S. 350; Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (30, 31) m. w. N.; Oğuzman/Seliçi, S. 543; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (417). Nach Elbir muss die Bösgläubigkeit des Dritten vom Vorbehaltsverkäufer bewiesen werden. S. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 127 m. w. N. 285 Gürsel, ABD 1955, 300 (301) m. w. N.; Wieland, S. 350; Tekinay, S. 8; Eren, Borçlar Hukuku, S. 292. Gültekin erklärt dies unter Berücksichtigung des gutgläubigen Rechtserwerbs für zutreffend, den Eintrag im Eigentumsvorbehaltsregister nicht mit einer positiven Rechtskraft zu versehen. Anderenfalls wäre der Dritte verpflichtet, in jedem Geschäftsverhältnis den Eintrag im Eigentumsvorbehaltsregister zu prüfen, weil seine Unkenntnis vom Eigentumsvorbehalt zu dessen Bösgläubigkeit und zum unwirksamen Rechtserwerb führt. Dazu s. Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 38. 286 Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, § 103 Rn. 17; Liver, SPR, § 52, S. 336; Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 6; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV,
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Selbstverständlich ist die wichtigste Funktion des Eigentumsvorbehalts, das Eigentumsrecht des Verkäufers vor einem Rechtserwerb des Dritten zu schützen. Aus der Eintragung im Eigentumsvorbehaltsregister entsteht jedoch kein dingliches Recht, das gegenüber jedermann wirkt,287 sondern die Registereintragung wirkt nur dem Eigentümer, dem Besitzer und dessen Gläubigern gegenüber.288 Die Funktion der Eintragung des Eigentumsvorbehalts liegt darin, dass der Verkäufer gegen die Pfändung der Vorbehaltssache von den Gläubigern des Käufers eine Drittwiderspruchsklage erheben kann und im Falle der Insolvenz des Vorbehaltskäufers unter bestimmten Voraussetzungen die Vorbehaltssache aus der Insolvenzmasse aussondern kann.289 Anders ist es allerdings bei der nicht erfolgten Eigentumsvorbehaltseintragung. Bei der Nichteintragung des Eigentumsvorbehalts verliert der Verkäufer sein Eigentum schon bei der Besitzübertragung an den Käufer, und daher steht ihm kein Aussonderungrecht zu.290 Jedoch kann der Verkäufer sein aus dem Kaufvertrag entstandenes Recht immer noch geltend machen und die Kaufpreiszahlung von dem Käufer verlangen.291 Die fehlende Eintragung beeinflusst nur die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts und nicht die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts.292 2. Besonderer Fall: Verlegung des Wohnortes des Käufers Gemäß Art. 715 Abs. 1 ZGB ist die Wirksamkeit eines Eigentumsvorbehalts davon abhängig, dass der Eigentumsvorbehalt am jeweiligen Wohnort des Vorbehaltskäufers in das vom Betreibungsbeamten zu führende öffentliche Register eingetragen wird. Ebenso wird der Eigentumsvorbehalt nach dem türkischen Recht dann wirksam, wenn er an dem Wohnort des Vorbehaltskäufers vom No1. Abtl., Art. 716 Rn. 80; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 677; Akipek/Akıntürk, S. 588 f. m. w. N.; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (185); Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (998, 999); Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 494. 287 Feyzioğlu, S. 167, 168. 288 Wieland, ZüKomm, Bd. IV, Art. 715, S. 184; Wieland, S. 350; Aral, AÜHFD 1973, 201 (209); Akipek/Akıntürk, S. 589. 289 Über vollstreckungs- und konkursrechtliche Wirkungen des Eigentumsvorbehalts s. ausf. unten S. 148 ff. 290 Aral, AÜHFD 1973, 201 (209); Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (994). 291 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 136; Elbir, IÜHFM 1953, 184 (185). Wiegand beschränkt die Funktion des Registereintrags mit der Publizität des Eigentumsvorbehalts und dem Schutz des Dritten (sog. Drittschutz). Nach ihm bedürfen die Vertragsparteien keines solchen aus der Eintragung entstandenen Schutzes, daher hat die Eintragung zwischen den Parteien keine konstitutive, sondern nur deklaratorische Wirkung. Im Innenverhältnis bleibt der Verkäufer bis zur Kaufpreiszahlung der Eigentümer und kann im Falle des Ausbleibens der Zahlung die Sache vom Käufer herausverlangen, auch wenn der Eigentumsvorbehalt nicht eingetragen ist. Demgegenüber lässt sich aus der fehlenden Registereintragung folgern, dass der Verkäufer sein Eigentum gegenüber Dritten nicht geltend machen kann. S. Wiegand, BBT 1998, 75 (86). 292 Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 297 m. N. aus der Rechtsprechung.
60 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem tar in das Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen wird (Art. 764 Abs. 1 türk. ZGB). Aus der gesetzlichen Regelung, die die Wirksamkeit eines Eigentumsvorbehalts von der Eintragung am „jeweiligen“ Wohnort des Käufers abhängig macht, ergibt sich das Erfordernis einer neuen Eintragung am neuen Wohnort des Käufers, wenn der Käufer seinen Wohnort in einen anderen Ort verlegt.293 Die Verlegung des Wohnortes führt zur Unwirksamkeit der am bisherigen Wohnort des Käufers erfolgten Eintragung.294 Umstritten bleibt jedoch, was die Unwirksamkeit des früheren Registers aufgrund der Verlegung des Wohnortes des Käufers herbeiführt. Eine Ansicht legt diese Unwirksamkeit zugunsten des Käufers aus und vertritt, dass sie den ipso iure Eigentumserwerb des Käufers herbeiführt.295 Nimmt man diese Ansicht an, dann erlangt der Käufer die Möglichkeit zum Erwerb des unbedingten Eigentums und zur Beseitigung der dinglichen Sicherung des Verkäufers, ohne dass er den vollen Kaufpreis bezahlt. Diese Möglichkeit regt sicherlich den bösgläubigen Käufer an, den Wohnort zu wechseln. Außerdem stimmt die Ansicht für den ipso iure Eigentumserwerb des Käufers ohne volle Kaufpreiszahlung mit der Struktur der aufschiebend bedingten Eigentumsübertragung nicht überein. Dagegen kommt eine andere Ansicht durch Auslegung zugunsten des Verkäufers zu dem Ergebnis, dass der Wohnortwechsel das Erlöschen des Anwartschaftsrechts des Käufers und die Befreiung des Verkäufers von der Verpflichtung zur Eigentumsübertragung hervorbringt.296 Das schweizerische Recht behandelt das Problem des Wohnortwechsels des Käufers in Art. 3 VerEV ausführlich. Danach stellt Art. 3 Abs. 1 VerEV klar, dass der Verkäufer oder sein Rechtsnachfolger sowie der Käufer eine neue Eintragung „jederzeit“ verlangen können. Tatsächlich ist der Verkäufer nicht immer in der Lage, den Eigentumsvorbehalt am neuen Wohnort sofort nach dem Wohnortwechsel übertragen zu 293 BGE 96 II 161 (163); Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, § 103 Rn. 15; Wieland, ZüKomm, Bd. IV, Art. 715, S. 184; Wieland, S. 350; Eren, Borçlar Hukuku, S. 292. Nach Elbir braucht es hier nicht nur eine neue Eintragung, sondern auch eine neue notarielle Beurkundung des Eigentumsvorbehalts, weil es hier um „absolute Nichtigkeit“ geht und deshalb allein das Erlöschen des Nichtigkeitsgrunds für die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts nicht ausreicht. S. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 110. 294 Beck, S. 50, 125, 157 (wurde vom nicht eingetragenen EV gesprochen); Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 110; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 676; Aral, AÜHFD 1973, 201 (208) m. w. N.; Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 400 m. V. a. BGE 96 II 161; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 494; Oğuzman/Seliçi, S. 543 m. V. a. BGE 96 II 161; Wieland, S. 350 (Zu gleichem Ergebnis kommt er auch bei der Verlagerung der Vorbehaltssache.). 295 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 110; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (187 f.); zustimmend im schweizerischen Recht Beck, S. 50; Rey, Rn. 1748. 296 Zur Abhängigkeit zwischen dem Anwartschaftsrecht des Käufers und dem zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft s. Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (188).
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lassen.297 Meistens hat der Vorbehaltsverkäufer erst später Kenntnis davon, dass der Käufer seinen Wohnort geändert hat. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache bestimmt Art. 3 Abs. 3 S. 1 VerEV, dass die frühere Eintragung ihre Wirkung nicht sofort mit dem Wohnortwechsel, sondern mit dem Ablauf von drei Monaten seit der Verlegung des Wohnortes verliert. Bei der Berechnung der Frist von drei Monaten wird jedoch nicht darauf Rücksicht genommen, wann der Verkäufer oder sein Rechtsnachfolger von der Verlegung des Wohnortes Kenntnis haben.298 Letztlich behandelt Art. 3 Abs. 3 S. 2 VerEV die später erfolgte Eintragung wie folgt: „Wird die neue Eintragung erst nach dem Ablauf von dreimonatiger Frist erwirkt, so tritt der Eigentumsvorbehalt erst mit ihrer Vornahme wieder in Kraft.“
Damit wird ausgedrückt, dass der Käufer nach dem Ablauf einer dreimonatigen Frist ein unbedingtes Eigentum erwirbt,299 aber mit der neuen Eintragung am neuen Wohnort es wieder verliert, weil das Eigentum mit der neuen Eintragung zurück auf den Verkäufer übergeht.300 Wie hier dargelegt wird, tritt der Eigentumsvorbehalt nach dem schweizerischen Recht wieder in Kraft, wenn er zu einem späteren Zeitpunkt nach dem Ablauf von drei Monaten seit dem Wohnortwechsel eingetragen wird.301 Dies bedeutet, dass der Eigentumsvorbehalt im Zeitraum zwischen dem Ablauf der dreimonatigen Eintragungsfrist und der neuen Eintragung außer Kraft ist. Offensichtlich liegt hier eine schwebende Unwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts vor, ansonsten wird die Unwirksamkeit der Eintragung (und natürlich die Unwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts) durch eine neue Eintragung am neuen Wohnort des Käufers nicht geheilt. Dagegen wird eine bestimmte Frist zur neuen Eintragung im türkischen Recht nicht vorgesehen. Daraus entstehen zwei Rechtsfolgen: Erstens wird die am ersten Wohnort des Käufers erfolgte Eintragung sofort mit dem Wohnortwechsel unwirksam, und zweitens kann der Eigentumsvorbehalt bis zur neuen Eintragung den Gläubigern des Käufers gegenüber nicht geltend gemacht werden.302 Weil die neu erfolgte Eintragung nur ex nunc wirkt,303 kann der Rechts297
BGE 96 II 161 (163, 164). BGE 96 II 161 (166, 170). 299 Beck, S. 50. 300 Rey, Rn. 1748. 301 Beck, S. 50. 302 Arslanlı, S. 363 f. m. w. N.; über schwebende Auswirkungen des Eigentumsvorbehalts bis zur neuen Eintragung s. a. Aral, AÜHFD 1973, 201 (208) m. w. N. Um das Recht des Verkäufers bei der verzögerten Eintragung am neuen Wohnort des Käufers zu schützen, muss eine Frist (wenigstens eine kurze) auch vom türkischen Gesetzgeber aufgestellt werden. 303 BGE 96 II 161 (166). 298
62 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem erwerb des Dritten lediglich dadurch verhindert werden, dass der Eigentumsvorbehalt unverzüglich in das Register am neuen Wohnort eingetragen wird.304 3. Das für die Registereintragung zuständige Amt Das Eigentumsvorbehaltsregister wird im schweizerischen Recht vom Betreibungsamt geführt. Gemäß Art. 1 VerEV ist nur das Betreibungsamt des Wohnorts des Erwerbers zur Entgegennahme der Anmeldung und zur Vornahme der Eintragung der Eigentumsvorbehalte zuständig. Dies wiederholt sich in Art. 715 Abs. 1 ZGB, nach dem die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts davon abhängig gemacht wird, dass er an dem jeweiligen Wohnort des Erwerbers in ein vom Betreibungsbeamten zu führendes Eigentumsvorbehaltsregister einzutragen ist. Bei natürlichen Personen ist der Wohnort im Sinne des Art. 23 ZGB zu verstehen. Anders ist es allerdings, wenn der Käufer eine Handelsgesellschaft oder eine juristische Person ist. In diesem Fall hat die Eintragung an dem Geschäftssitz (Art. 56 ZGB) zu erfolgen. Wohnt der Käufer im Ausland, hat er aber eine Geschäftsniederlassung in der Schweiz, dann hat er den Eigentumsvorbehalt am Ort der Geschäftsniederlassung einzutragen (Art. 1 VerEV). Darüber hinaus muss das Betreibungsamt in jedem Antrag nur prüfen, ob seine Zuständigkeit gegeben ist und ob ein für die Eintragung geeignetes Objekt vorliegt.305 Ihm steht keine Pflicht zur Prüfung zu, ob der zugrunde liegende Kaufvertrag wirksam zustande gekommen ist. Nach dem schweizerischen Bundesgericht muss das Betreibungsamt einen Eigentumsvorbehalt eintragen, wenn die formellen Voraussetzungen der Eintragung erfüllt sind. Von einer weitergehenden materiellen Überprüfung des Betreibungsamts wird jedoch nicht gesprochen.306 Anders als der schweizerische Gesetzgeber regelt der türkische Gesetzgeber den Registereintrag in Art. 764 Abs. 1 türk. ZGB wie folgt: „Der Eigentumsvorbehalt an einer dem Erwerber übertragenen Sache ist nur dann wirksam, wenn er von einem Notar, der an dem Wohnort (oder an dem Geschäftssitz307) des Erwerbers tätig ist, … in ein besonderes Register eingetragen wird.“308 Also ist nicht das Betreibungsamt, sondern der Notar am Wohnort des Erwerbers für 304
Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 110 m. w. N.; Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 400. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 56, 62. 306 BGE 96 III 96 (103, 104). Ebenso erklärt Art. 6 Abs. 1 VerEV, dass das Betreibungsamt die Richtigkeit der Angaben der Parteien nicht prüfen muss. Dazu s. Haab/Scherrer/Simonius/ Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 64. 307 Ist der Erwerber eine Handelsgesellschaft oder eine juristische Person, dann muss der Eigentumsvorbehalt an dem Geschäftssitz eingetragen werden. S. Aral, AÜHFD 1973, 201 (208, 209); Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (417), Fn. 31 m. V. a. Yargıtay İBGK, E. 1943/36, K. 1944/14, T. 19. 04. 1994. 308 Von dem Eigentumsvorbehaltsregister wird in Art. 198 Nr. 4 türk. Notariatsgesetz und in Art. 49 der Notariatsgesetzverordnung gesprochen. 305
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die Eintragung des Eigentumsvorbehalts zuständig309 und zu deren Eintragung verpflichtet.310 Die von dem schweizerischen Recht abweichende Regelung im türk. ZGB gibt aber Anlass zu Kritik. Vor allem dient die Eintragung in das Eigentumsvorbehaltsregister der Veröffentlichung des Eigentumsvorbehalts und zur Verschaffung von Klarheit über die Vermögenslage des Vorbehaltskäufers. Insbesondere hat die Eintragung des Eigentumsvorbehalts besondere insolvenz- und vollstreckungssrechtliche Bedeutung. Die Eintragung gibt dem Verkäufer im Falle der Pfändung der Sache von den Gläubigern des Käufers das Recht zur Erhebung der Drittwiderspruchsklage und dient (unter bestimmten Voraussetzungen) zur schnellen und einfachen Geltendmachung des Aussonderungsrechts im Falle der Insolvenz des Käufers.311 Die am Betreibungsamt erfolgte Eintragung bietet sicherlich einen weitergehenden Schutz, weil sie den vollstreckungs- oder insolvenzrechtlichen Zugriff an der Vorbehaltssache am Anfang des Vollstreckungs- oder Insolvenzprozesses verhindert. Ferner ermöglicht das schweizerische Recht den Gläubigern des Käufers, sich über die Vermögenslage des Käufers und über den Eigentumsvorbehalt an einer Sache durch einfache Untersuchung zu informieren. Nach Art. 17 VerEV ist „jedermann“ die Einsicht in das Register gestattet, und das Betreibungsamt hat auf Verlangen beglaubigte Auszüge aus dem Register sowie Bescheinigungen darüber auszustellen, dass ein Eintrag auf einen bestimmten Namen bzw. für bestimmte Objekte nicht vorhanden sei. Für die Auszüge hat das Betreibungsamt das amtliche Formular zu verwenden.
Wie sieht die Publizität des Eigentumsvorbehalts im türkischen Recht aus? Art. 94 türk. Notariatsgesetzes lautet: „Die Auszüge der notariellen Urkunden werden nur auf Verlangen der ‚interessierten‘ Personen, seiner Stellvertreter oder Bevollmächtigten oder Erben ausgestellt.“
Dadurch entsteht ein Beweisproblem, weil eine Person sein Interesse zur Verlangung der Auszüge der notariellen Urkunden beweisen muss. Weiterhin 309 Gibt es mehrere Notare an dem Wohnort des Käufers, können die Vertragsparteien den Eigentumsvorbehalt bei einem Notar eintragen lassen. 310 Über die Verpflichtung des Notars zur Eintragung des Eigentumsvorbehalts s. auch Art. 108 türk. Notariatsgesetz und Art. 7 türk. Notariatsgesetzverordnung. In der Praxis wird der Eigentumsvorbehalt von demselben Notar beurkundet und in das Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen. Vgl. Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 2617; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (416). In der türkischen Praxis kommt es auch häufig vor, dass der Eigentumsvorbehalt von irgendeinem Notar beurkundet und in das Register eingetragen wird. Danach wird einer von den am Wohnort des Käufers tätigen Notaren über den bereits beurkundeten und eingetragenen Eigentumsvorbehalt informiert. 311 Über vollstreckungs- und insolvenzrechtliche Folgen des Eigentumsvorbehalts s. unten S. 148 ff.
64 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem spricht das türkische Notariatsgesetz von einem engen Personenkreis. Könnte man in diesem Fall von der Publizität des Eigentumsvorbehalts ausgehen? Meines Erachtens muss man diese Frage negativ beantworten. Der Zweck des Eigentumsvorbehaltsregisters ist die Verwirklichung der Publizität des Eigentumsvorbehalts. Dafür braucht es ein öffentliches Register. Ein solches Eigentumsvorbehaltsregister fehlt aber im türkischen Recht. Kein Indiz findet man im Gesetz, dass das Eigentumsvorbehaltsregister ein öffentliches Register ist. Deswegen kommt man zum Ergebnis, dass die Eintragung des Eigentumsvorbehalts vom Notar eine misslungene Entscheidung des türkischen Gesetzgebers ist. Eine Eintragung beim Betreibungsamt stimmt mit dem Zweck des Eigentumsvorbehalts besser überein.312 Außerdem entspricht es nicht der Realität der Praxis, dass die Gläubiger des Käufers zum Notar gehen und dort das Vermögen des Käufers untersuchen.313 In großen Städten, in denen es mehrere Notare gibt, wäre eine solche Untersuchung fast unmöglich. Auch kann eine Untersuchung bei mehreren Notaren von den Kaufleuten nicht erwartet werden, da in den kaufmännischen Geschäften auf Schnelligkeit und Praktikabilität nicht zu verzichten ist.314 Dagegen scheint es durchaus möglich, dass die Gläubiger des Käufers sich an das Betreibungsamt am Wohnort des Käufers wenden, wie in der Schweiz. 4. Zeitpunkt der Eintragung Weder das schweizerische Recht noch das türkische Recht bestimmen den Zeitpunkt der Registereintragung des Eigentumsvorbehalts. Der Vorschlag des schweizerischen Bundesrates für eine Fristsetzung zur Eintragung wurde auch abgelehnt.315 Wenn der Eigentumsvorbehalt vor der Übergabe vereinbart wurde und die Eintragung in das Eigentumsvorbehaltsregister erfolgt war, dann liegt kein Problem vor. Problematisch ist der Fall, dass der Eigentumsvorbehalt nach der Übergabe eingetragen wird, obwohl er vor der Übergabe vereinbart war. Die nachträgliche Eintragung des Eigentumsvorbehalts wird im schweizerischen Recht anerkannt.316 Nach dem schweizerischen Recht kann die Eintragung auch nach der Übergabe der Kaufsache wirksam erfolgen, sofern der 312
Gültekin, IÜHFM 1935, 445 (450, 451); Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 98 ff., 126; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (186). 313 Nach Serozan wenden die Gläubiger des Käufers sich zuerst an das Betreibungsamt an dem Wohnort des Käufers. S. Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (998). 314 Die Anmerkung von Şemsettin Temizer Yargıtay, IBGK, E. 1943/36, K. 1944/14, T. 19. 04. 1944. 315 BGE 93 III 96 (104). 316 BGE 93 III 96 (104) m. V. a. BGE 42 III 175; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 69; ebenso Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 35, 40, 68; Liver, SPR, § 52, S. 332, 333.
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Eigentumsvorbehalt vor der Übergabe vereinbart ist. Bei der Hinnahme einer aufschiebenden Eigentumsübertragung bei dem Eigentumsvorbehalt führt ein nach der Übergabe bewirkter Registereintrag im Eigentumsvorbehaltsregister dazu, dass das Eigentum an der Kaufsache ohne neue Besitzübertragung (durch Besitzkonstitut) an den Verkäufer zurückfällt.317 Diese nachträgliche Eintragung kann jedoch den Rechtserwerb des Dritten nicht berühren, welcher zwischen dem Ablauf der dreimonatigen Frist und der neuen Eintragung geschehen ist.318 Dagegen fehlt eine Bestimmung über die nachträgliche Eintragung des Eigentumsvorbehalts im türkischen Recht, und die Frage bleibt offen, bis wann der Eigentumsvorbehalt in das Register eingetragen werden muss. Zutreffend wird in der Lehre vertreten, dass der Eigentumsvorbehalt vor oder spätestens bei der Besitzübertragung in das Register eingetragen werden muss.319 Eine Eigentumsvorbehaltsvereinbarung muss freilich rechtzeitig in das Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen werden, weil die Registereintragung gemäß Art. 715 ZGB und Art. 764 türk. ZGB eine Gültigkeitsvoraussetzung ist.320 Ohne diese Eintragung hat der Eigentumsvorbehalt keinen Bestand.321 317 Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 5; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 40; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 69, 83 m. w. N.; vgl. im türkischen Schrifttum Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 130 f. In der Schweiz, wo die Eintragung eines ausländischen Eigentumsvorbehalts in das schweizerische Register jederzeit beantragt werden kann, ist es weiterhin fraglich, ob die Eintragung des Eigentumsvorbehalts auch nach der Insolvenzeröffnung des Vorbehaltskäufers oder nach der Pfändung der Vorbehaltssache erfolgen kann. Das schweizerische Bundesgericht hat sich mit dieser Frage bereits beschäftigt und die Eintragung des Eigentumsvorbehalts nach der Insolvenzeröffnung mit der Folge zugelassen, dass die Eintragung gegenüber den Insolvenzgläubigern des Vorbehaltskäufers wirkungslos ist. Dies bedeutet, dass die Vorbehaltssache aus der Insolvenzmasse nicht auszusondern ist, da sie im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung mangels einer Eintragung des vereinbarten Eigentumsvorbehalts in ein vom Betreibungsbeamten führendes Register zu dem Gemeinschuldner gehört und die nachträgliche Eintragung in diesem Insolvenzverfahren nicht zu beachten ist. Weitergehend s. BGE 93 III 96 (107 ff.); 96 II 161 (171); dazu Wiegand, BBT 1998, 75 (89 f.); auch betreffend Eintragung des Eigentumsvorbehalts nach Pfändung s. BGE 101 III 23 ff. 318 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 72. Auch Elbir vertritt, dass der Dritte ein Recht an der Vorbehaltssache zwischen der Übergabe und der Eintragung wirksam erwerben kann, weil der Eigentumsvorbehalt in der Zwischenzeit noch nicht begründet ist. S. Erbil, Mülkiyeti Muhafaza, S. 131. 319 Elbir, IÜHFM 1953, 184 (185); Aral, AÜHFD 1973, 201 (209); Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 493 m. w. N.; dementsprechend Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (26); Haab/Scherrer/ Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 70; 320 Elbir, IÜHFM 1953, 184 (185); Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 400; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (185 ff.); Aral, AÜHFD 1973, 201 (209); Gürsoy/Eren/Cansel, S. 676, 677; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (417) m. w. N.; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 493 m. w. N.; w. N. a. der Rechtsprechung bei Karahasan, S. 1006; Yargıtay 13. HD., E. 1986/491, K. 1986/927, T. 18. 02. 1986; 21. HD., E. 2003/14, K. 2003/1028, 18. 02. 2003; 21. HD., E. 2004/4198, K. 2004/5109, T. 25. 05. 2004. Über schweizerischen Recht s. BGE 93 III 96 (100, 101, 104); BGE 106 II 197. 321 Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 398; Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 319; Ertaş, S. 487; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 676 f.; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 493; Esener/Güven, Eşya Hukuku,
66 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Obwohl der Wortlaut der Art. 715 ZGB und Art. 764 türk. ZGB vom Eigentumsvorbehalt an einer dem Erwerber „übertragenen“ beweglichen Sache spricht, will der Gesetzgeber mit diesem Ausdruck nicht auf die Möglichkeit der nachträglichen Eintragung des Eigentumsvorbehalts, sondern darauf hinweisen, dass die Besitzübertragung bei der Entstehung des Eigentumsvorbehalts nötig ist.322 Dementsprechend hat die bei der Besitzübertragung fehlende Eintragung zur Folge, dass der Käufer ein unbedingtes Eigentum an der Kaufsache sofort mit der Besitzübertragung erwirbt.323 Sicherlich hat der Verkäufer ein ausschließliches Interesse an der Eintragung sofort nach dem Abschluss des Kaufvertrags, jedenfalls bis zur Besitzübergabe.324 Nur die Eintragung in das Eigentumsvorbehaltsregister vor bzw. bei der Besitzübertragung kann den unbedingten Eigentumserwerb des Käufers verhindern. 5. Zusammenfassung Der Eigentumsvorbehalt wirkt auf die Eigentumsübertragung ein und ermöglicht dem Verkäufer den Vorbehalt des Eigentums an der gekauften Sache. Mit der Eigentumsvorbehaltsvereinbarung erwirbt der Käufer nur den unmittelbaren Besitz an der Sache, dagegen tritt eine irreführende Erscheinung in der Außenwelt auf, als ob der Käufer der Eigentümer der in seinem Besitz befindlichen Sache sei. Damit der wirkliche Eigentümer festgestellt und Dritte über die tatsächliche Kreditfähigkeit des Käufers informiert werden können, ist die Eintragung in das Eigentumsvorbehaltsregister im türkischen und schweizerischen Recht vorgesehen. Also wollten sowohl der schweizerische als auch der türkische Gesetzgeber die erforderliche Publizität mithilfe der Eintragung verwirklichen (gleiche Publizitätsfunktion der Besitzübertragung im Fahrnispfand). Aber wegen ihrer fehlenden positiven Rechtskraft hat die Eintragung keine weitere Funktion als die eines Informationsmittels.325 Darüber hinaus weist die Eintragung weder S. 297; Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (30, 31); Akipek/Akıntürk, S. 588; über schweizerisches Recht s. BGE 106 II 197. 322 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 35 m. V. a. JS 8, 274, Nr. 74. 323 Elbir, IÜHFM 1953, 184 (185); Aral, AÜHFD 1973, 201 (209); Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 493 m. w. N.; dazu Yargıtay 13. HD., E. 1986/491, K. 1986/927, T. 18. 02. 1986; 15. HD., E. 1990/1951, K. 1990/3346, T. 13. 09. 1990; 21. HD., E. 2003/14, K. 2003/1028, 18. 02. 2003; 21. HD., E. 2004/2980, K. 2004/4593, T. 06. 05. 2004; 21. HD., E. 2004/4198, K. 2004/5109, T. 25. 05. 2004. Krit. Serozan, Moroğlu Armağanı, 987 (994) m. w. N. Nach Elbir geht es bei der nachträglichen Vereinbarung und der Eintragung eines Eigentumsvorbehalts um eine neue Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts. Die einzige Lösung wäre hier, einen Eigentumsvorbehalt unter einer auflösenden Bedingung anzuerkennen, sodass das Eigentum bei dem Eintritt der Bedingung an den Vorbehaltsverkäufer zurückfällt. S. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 131 f. 324 Elbir, IÜHFM 1953, 184 (185); Aral, AÜHFD 1973, 201 (209); Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 493 m. w. N; in dieser Richtung Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 83; s. auch oben S. 65, Fn. 319. 325 Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 6.
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auf das Vorliegen eines wirksamen Eigentumsvorbehalts hin noch behebt sie Unwirksamkeitsgründe bei der Eigentumsvorbehaltsvereinbarung.326 Ferner entsteht aus der Eintragung keine Vermutung darüber, dass der im Register als Eigentümer eingetragene Verkäufer tatsächlich nunmehr der Eigentümer der Sache ist.327 Es kommt auch vor, dass die Eintragung trotz restloser Zahlung des Kaufpreises weiter existiert und nicht gelöscht wurde. Darüber hinaus braucht es für den Untergang des Eigentumsvorbehalts das Erlöschen der Registereintragung nicht.328 Hierzu wird in der Lehre vertreten, dass das Eigentumsvorbehaltsregister von Zeit zu Zeit bereinigt werden muss.329 Ein anderer schwacher Punkt der Eintragung des Eigentumsvorbehalts ist das Bedürfnis der neuen Eintragung am neuen Wohnort des Käufers im Falle der Verlegung des Wohnorts. Die Gründe für eine neue Eintragung sind die Gebundenheit der Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts an die Eintragung an dem „jetzigen“ Wohnort des Käufers und die Unsichtbarkeit des Eigentumsvorbehalts am neuen Wohnort. Daher muss der Verkäufer den aktuellen Wohnort des Käufers regelmäßig kontrollieren und die Eintragung des Eigentumsvorbehalts im Falle der weiteren Verlegungen des Wohnorts am neuen Wohnort besorgen. Ansonsten führt das Fehlen der Eintragung bzw. die zu spät erfolgte Eintragung dazu, dass der Verkäufer vor dem Zugriff des Dritten gegen die Kaufsache völlig schutzlos bleibt.330 Diese Rechtsfolgen machen die Tatsache bemerkbar, dass die derzeitige Ausgestaltung des Eigentumsvorbehaltsregisters seinen Zweck nicht zu erfüllen vermag.331 326 Dazu s. Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 42; Liver, SPR, § 52, S. 336; Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 6 m. w. N.; Haab/Scherrer/Simonius/ Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 75; Akipek/Akıntürk, S. 588; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (185) m. w. N.; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 493 m. w. N. 327 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 42, 43; Tuor/Schnyder/Schmid/ Rumo-Jungo, § 103 Rn. 17; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 77 m. V. a. BGE 64 III 190; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 127 m. w. N.; Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 400; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (185) m. V. a. Wieland, ZüKomm, Bd. IV, Art. 715, S. 184. 328 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 80. 329 Im schweizerischen Recht wird die Bereinigung des Eigentumsvorbehaltsregisters nach Art. 13 VerEV und Art. 5 der Verordnung des Bundesgerichtes betreffend die Bereinigung
der Eigentumsvorbehaltsregister vom 29. 03. 1939 durchgeführt. Dazu s. Liver, SPR, § 52, S. 337 m. V. a. BGE 85 III 109 f. In dem türkischen Recht triftt man keine besondere Regelung über eine Bereinigung des Eigentumsvorbehaltsregisters. In der Praxis können die Vertragsparteien zusammen die Streichung der Registereintragung verlangen. Würde der Verkäufer unterlassen, die Eintragung zu streichen, könnte eine Schadenersatzpflicht gem. Art. 112 türk. OR entstehen. Die Beteiligung des Verkäufers an der Streichung der Registereintragung ist als eine vertragliche Nebenpflicht des Verkäufers anzusehen. Außerdem steht nichts entgegen, eine besondere Strafklausel für den Fall der Nichtstreichung der Registereintragung vom Vorbehaltsverkäufer im Kaufvertrag zu vereinbaren. 330 Walter, FS. für Heinz Rey, 141 (146); Liver, SPR, § 52, S. 337. 331 Ebenso Wiegand, BBT 1998, 75 (85, 130 f.); Walter, FS. für Heinz Rey, 141 (146).
68 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Umstritten ist auch der Zeitpunkt der Eintragung in das Register. Die fehlende ausdrückliche gesetzliche Bestimmung über den Zeitpunkt der Eintragung bringt einen heftigen Streit mit. Die Registereintragung wird für die wirksame Entstehung eines Eigentumsvorbehalts vorausgesetzt. Daraus soll sich ergeben, dass ein Eigentumsvorbehalt spätestens bei der Übergabe in das Register einzutragen ist. In diesem Zusammenhang könnte man die Möglichkeit der nachträglichen Eintragung des Eigentumsvorbehalts ablehnen. Die Ablehnung der nachträglichen Eintragung entspricht auch dem Zweck des Eintragungserfordernisses. Vor allem dient die Eintragung des Eigentumsvorbehalts zur Feststellung der Eigentumsverhältnisse an den im Besitz des Käufers befindlichen Sachen. Die durch die Eintragung erhaltene Publizität hat große Bedeutung, insbesondere für die Personen, die dem Vorbehaltskäufer einen Kredit gewähren wollen. Sie vertrauen darauf, dass der Käufer der Eigentümer der in seinem Besitz liegenden wertvollen Sache ist. Wird die nachträgliche Eintragung anerkannt und dazu keine Frist zur Eintragung festgestellt, dann bleibt es unklar, ob eine Eintragung in den nächsten Tagen erfolgt.332 Sicherlich gefährdet die nachträglich erfolgte Eintragung die Kreditwürdigkeit des Käufers, da das Eigentum an dieser wertvollen Sache mit der nachträglichen Eintragung an den Verkäufer zurückfällt.333 An dieser Stelle ist die Ansicht von Wiegand und Walter über die Registrierung von Sicherungsrechten bemerkenswert. Sie empfehlen, ein gemeinsames elektronisches Register für Sicherungsrechte aufzubauen.334 Hierzu erklärte Wiegand bereits im Jahre 1998 Folgendes:335 „Ein solches Register hätte – wirksame Schutzvorrichtungen und Zutrittsschranken vorausgesetzt – gegenüber konventionellen Registern auch den Vorteil eines hohen Datenschutzes: Unter der Voraussetzung, dass die Einsichtnahme von der Zustimmung des kreditsuchenden Schuldners abhängig sein muss, bestünde darüber hinaus Gewähr, dass nur genau die erbetene Information freigegeben wird. Zudem bin ich überzeugt, dass der früher oft gehörte Einwand der hohen Kosten heute infolge des technischen Fortschritts weitgehend entkräfttet ist und sich ein solches elektronisches Register kostengünstig führen ließe, zumindest teilweise finanzierbar über die Erhebung von Eintragungs- und Einsichtsgebühren.“
332 Walter beschränkt die Frist zur Eintragung auf zehn Tage nach der schuldrechtlichen Vereinbarung. Dazu s. Walter, FS. für Heinz Rey, 141 (151). 333 BGE, 42 II 175; 93 III 96 (104); dazu Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 69, 78 m. w. N. 334 In der Türkei gilt „Verordnung betreffend die elektronische Erbringung der notariellen Tätigkeiten“ ab März 2016. Nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung wird es ermöglicht, dass die Eigentumsvorbehalteintragungen überall überprüft werden. Dieses elektronische Registersystem wird heute leider noch nicht aktiv benutzt. 335 Wiegand, BBT 1998, 75 (131); s. auch Walter, FS. für Heinz Rey, 141 (149 ff., inbs. 151 f.).
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C. Wirkungen des Eigentumsvorbehalts I. Rechtspositionen der Parteien vor dem Bedingungseintritt 1. Pflichten der Parteien Während der Vorbehaltsverkäufer das unbedingte Eigentum an der Sache bis zur Zahlung des Kaufpreises bei sich vorbehält, ist er gleichzeitig verpflichtet, dem Vorbehaltskäufer den unmittelbaren Besitz zu verschaffen. Die Übertragung des unmittelbaren Besitzes erfolgt durch die Übergabe der Sache. Aber der Vorbehaltsverkäufer erfüllt mit der Übergabe seine vertragliche Pflicht nicht gänzlich; er muss auch noch das unbedingte Eigentum an der Sache im Zeitpunkt des Bedingungseintritts auf den Vorbehaltskäufer übertragen.336 Der Vorbehaltsverkäufer muss jedenfalls jedes Verhalten vermeiden, das den Besitz und das Nutzungsrecht des Käufers gefähren könnte.337 Hierzu wird von der „Unterlassungspflicht“ des Verkäufers in der Rechtsprechung und in der Lehre ausgegangen, nach welcher der Vorbehaltsverkäufer an der Vorbehaltssache nicht frei verfügen darf.338 Demgegenüber ist der Vorbehaltskäufer vor allem zur Tilgung des Kaufpreises verpflichtet. Da sein unbedingter Eigentumserwerb von der Zahlung des ganzen Kaufpreises abhängig ist, muss der Vorbehaltskäufer die Handlungen unterlassen, welche die Zahlung des Kaufpreises gefährden oder verhindern.339 Darüber hinaus hat der Vorbehaltskäufer Nebenpflichten, wie die Kaufsache sorgfältig zu behandeln (sog. Obhutspflicht des Vorbehaltskäufers340)341 und sie vertragsgemäß zu benutzen, ohne dass das Eigentumsrecht des Vorbehaltsverkäufers verletzt wird. Danach muss er z. B. erforderliche Maßnahmen im Falle der Verschlechterung der Sache treffen.342 Auch ist dem Vorbehaltskäufer im Prinzip die Veräußerung und Verarbeitung der Vorbehaltssache nicht erlaubt, sofern die Vertragsparteien nicht eine anderweitige Vereinbarung getroffen haben (z. B. Verarbeitungsklausel).343 Weiterhin ist der Vorbehaltsverkäufer im Falle der Nebenpflichtverletzungen, insbesondere bei der unsachgemäßen Behandlung der Vorbehaltssache oder bei 336
Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 8, 25. Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 64 m. w. N. 338 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 27 m. N. aus der Rechtsprechung und Lehre; dazu Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 77 m. V. a. BGH, NJW 1954, 1325, 1326. 339 V. Tuhr/Escher, § 85, S. 265. 340 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 27; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 72. 341 Liver, SPR, § 52, S. 335. 342 Über eine Benachrichtigungspflicht des Vorbehaltskäufers s. Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 15. 343 Über Folge der Verarbeitung und Verarbeitungsklausel s. unten S. 134 ff. 337
70 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem der pflichtwidrigen Weiterveräußerung der Sache nach § 324 BGB zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.344 Dafür muss ein schwerwiegender Verstoß gemäß § 324 BGB vorliegen,345 sodass dem Vorbehaltsverkäufer nach dieser Pflichtverletzung ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist. Ein Rücktrittsrecht des Gläubigers wegen der Vertragspflichtverletzung ist dagegen in den schweizerischen und türkischen Gesetzen nicht anerkannt. Im Falle der Vertragspflichtverletzung hat der Gläubiger nur den Anspruch auf Schadenersatz nach Art. 97 Abs. 1 OR, Art. 112 türk. OR. Infolgedessen kann der Vorbehaltsverkäufer nach dem schweizerischen und türkischen Recht nicht vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn der Vorbehaltsverkäufer seinen Pflichten nicht vertragsgemäß nachkommt. In der Lehre wird dagegen die Anerkennung eines zusätzlichen Rücktrittsrechts des Gläubigers bei der Vertragspflichtverletzung vorgeschlagen,346 sofern das Festhalten am Vertrag dem Vorbehaltsverkäufer nicht zuzumuten ist. 2. Besitzverhältnisse zwischen den Parteien und die daraus entstehenden Rechtsfolgen a) Im Allgemeinen Bei dem Eigentumsvorbehalt überträgt der Vorbehaltsverkäufer die Kaufsache an den Vorbehaltskäufer, aber durch die Übergabe geschieht keine unbedingte Eigentumsübertragung. Mit der Übergabe entsteht nur ein Recht des Vorbehaltskäufers zum Besitz und zur Nutzung der Sache. Der Vorbehaltsverkäufer darf die Nutzung der Sache vom Vorbehaltskäufer grundsätzlich nicht verhindern347 und die Vorbehaltssache nicht jederzeit zurückverlangen,348 solange der Käufer dem Verkäufer gegenüber und aus dem Kaufvertrag zum Besitz berechtigt ist. Weil der Vorbehaltskäufer mit der Übergabe nur das Recht zum Besitz und zur Nutzung der Sache erwirbt, darf er die Sache als ihm gehörend nicht ansehen, 344 Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 26; Mathias Habersack/Jan Schürnbrand, „Der Eigentumsvorbehalt nach der Schuldrechtsreform“, Juristische Schulung, Heft 9, München 2002, 833 (834); Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 12; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 75; Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 13; Dieter Medicus/Stephan Lorenz, Schuldrecht II, Besonderer Teil, 17. Auflage, München 2014, § 83 Rn. 290. 345 Grüneberg, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 324 Rn. 4; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 75. 346 Eugen Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Zürich 1988, § 20 VI, S. 384; bei den Dauerschuldverhältnissen s. Özer Seliçi, Borçlar Kanununa Göre Sözleşmeden Doğan Sürekli Borç İlişkilerinin Sona Ermesi, Istanbul 1977, S. 200 ff.; vgl. auch M. Kemal Oğuzman/M. Turgut Öz, Borçlar Hukuku, Bd. I, Genel Hükümler, 13. Auflage, Istanbul 2015 Rn. 1445 ff. 347 Akipek/Akıntürk, S. 589; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (418) m. w. N. 348 Harm Peter Westermann, BGB‑Sachenrecht, 12. Auflage, Heidelberg 2012, § 6 II 1 Rn. 164; Kidl, Eigentumsvorbehalt, S. 479; Gültekin, IÜHFM 1935, 445 (448); Aral, AÜHFD 1973, 201 (213); Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 400; Akipek/Akıntürk, S. 589; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (418) m. w. N.
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über sie als Eigentümer nicht verfügen oder sie mit einem Recht nicht belasten. Dadurch kommt man zum Ergebnis, dass der Vorbehaltskäufer der Fremd- und unmittelbare Besitzer wird, während der Vorbehaltsverkäufer der Eigen- und mittelbare Besitzer bleibt (gem. §§ 854 Abs. 1, 868, 872 BGB; Art. 920 ZGB; Art. 974, 975 türk. ZGB).349 Aus diesen Besitzverhältnissen der Parteien entstehen wichtige Rechtsfolgen, insbesondere hinsichtlich der Verfügungen der Vertragsparteien über die Kaufsache.350 Obgleich der Vorbehaltsverkäufer das unbedingte Eigentum an der Sache bis zum Eintritt der Bedingung bei sich vorbehält, ist sein Eigentumsrecht mit der geschützten Erwerbsaussicht des Käufers beschränkt.351 Danach muss der Verkäufer jede Handlung unterlassen, die die Benachteiligung oder den Ausschluss des zukünftigen Eigentumserwerbs des Käufers durch vollständige Zahlung des Kaufpreises verursachen könnte (§ 160 BGB, Art. 152 Abs. 1 OR, Art. 171 Abs. 1 türk. OR).352 Diese Beschränkung entspricht allerdings der Pflicht des Vorbehaltsverkäufers zur Verschaffung des lastenfreien, unbedingten Eigentums beim Bedingungseintritt.353 Andererseits steht dem Vorbehaltsverkäufer das Recht zu, die erforderlichen Maßnahmen gegen die Gefärdung seines Eigentumsrechts zu treffen, indem er sich auf sein vorbehaltenes Eigentumsrecht oder auf seinen Besitz beruft (§§ 985, 987 ff., 1004 BGB, Art. 926, Art. 641 Abs. 2 ZGB, Art. 981, 683 Abs. 2 türk. ZGB).354 Ferner hat der Verkäufer eine Drittwiderspruchsklage aufgrund seines Eigentums im Falle der Pfändung der Vorbehaltssache von den Gläubigern des Käufers zu erheben, während er unter bestimmten Voraussetzungen ein
349 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 10 V 1, S. 232; Grunewald, Erman, § 449 Rn. 17; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 26 m. w. N.; Wieling, § 17 II, S. 244; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 91; Gültekin, IÜHFM 1935, 445 (448); Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 137, 138 m. w. N.; Aral, AÜHFD 1973, 201 (212, 213) m. w. N.; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (418). 350 Über Verfügungen der Parteien über die Vorbehaltssache s. unten S. 113 ff. 351 Westermann, § 6 II 1, 2 Rn. 164, 168; v. Tuhr/Escher, § 85, S. 267; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 29, 33. 352 Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 8, 25; Wieling, § 17 II, S. 245; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (195) m. w. N. 353 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 63 m. w. N. Bei der auflösenden Übereignung wird der Käufer dagegen schon mit der Besitzübergabe der Eigentümer. Aus der auflösenden Bedingung entsteht kein Anwartschaftsrecht des Verkäufers, denn der Käufer könnte den Rückfall des Eigentums auf den Verkäufer mit der Zahlung des ganzen Kaufpreises verhindern. Aber dies bedeutet nicht, dass der Käufer zum Nachteil des Verkäufers an der Sache verfügen darf (s. § 161, Abs. 2 BGB, Art. 152 Abs. 3 OR, Art. 171 Abs. 3 türk. OR), sondern der Käufer muss seine Rechte an der Sache unter Berücksichtigung des möglichen Bedingungseintritts und des Rückfalls des Eigentums auf den Verkäufer benutzen. Dazu s. Hatemi/Serozan/ Arpacı, S. 317; Arslanlı, S. 371; Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (28, 29). 354 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 33.
72 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Aussonderungsrecht im Falle der Insolvenz des Käufers hat.355 Außerdem kann er die Vorbehaltssache bei einer übermäßigen Abnutzung oder Verschlechterung vom Vorbehaltskäufer zurückverlangen.356 Daneben ist fraglich, wann der Gefahr- und Nutzungsübergang bei dem Eigentumsvorbehalt stattfindet. Entsprechend § 446 S. 1 BGB und Art. 208 Abs. 1 türk. OR geht die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung der Kaufsache und die Nutzungen „durch die Übergabe“ auf den Vorbehaltskäufer über.357 Davon abweichend sieht Art. 185 Abs. 1 OR vor, dass Gefahr und Nutzen mit dem Abschluss des Kaufvertrags übergehen. Deshalb geschieht der Nutzungs- und Gefahrübergang nach dem schweizerischen Recht mit dem Abschluss des Veräußerungsvertrags.358 Ensprechend dieser Erwägungen wäre es nicht falsch zu sagen, dass die in der Schwebezeit entzogenen Früchte dem Käufer zustehen, es sei denn, die Bedingung tritt nicht ein. Tritt die Bedingung mit der Zahlung des Kaufpreises ein, kann der Vorbehaltskäufer die Früchte als unbedingter Eigentümer behalten.359 Nach dem Eintritt der Bedingung hat der Vorbehaltsverkäufer keinen Anspruch auf Zurückverlangung der Früchte. b) Das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers Im Rahmen des Kaufvertrags unter Eigentumsvorbehalt vereinbaren die Parteien meistens den aufschiebend bedingten Eigentumserwerb, sodass der Vorbehaltskäufer erst mit der restlosen Zahlung des Kaufpreises das unbedingte Eigentum an der Sache erwirbt.360 Mit der Zahlung des ganzen Kaufpreises geht das unbedingte Eigentum automatisch (ipso iure) auf den Vorbehaltskäufer über, ohne dass es einer weiteren Handlung oder Willenserklärung des Vorbehaltsverkäufers bedarf.361 355 Über die Rechte des Vorbehaltsverkäufers im Rahmen der Zwangsvollstreckung und der Insolvenz s. unten S. 156 ff. und 168 ff. 356 Von einem rücktrittsunabhängigen Rückforderungsrecht gesprochen in Honsell, Obligationenrecht, § 14, S. 135 f. 357 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 29; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 15; Saenger, Schulze, § 449 Rn. 6; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 65; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 867; Tekinay, S. 12; Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 401; Aral, AÜHFD 1973, 201 (213); Gürsoy/Eren/Cansel, S. 677; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 495; Alper Gümüş, Borçlar Hukuku, Özel Hükümler, 3. Auflage, Istanbul 2013, § 2, S. 38. 358 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 73a; s. auch im türkischen Schrifttum Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 150. 359 Nach v. Tuhr/Escher erwirbt der Vorbehaltskäufer das Eigentum der Früchte mit dem unbedingten Eigentumserwerb (gemäß Art. 643 ZGB). S. v. Tuhr/Escher, § 85, S. 274, Fn. 25. 360 § 449 Abs. 1 BGB sieht im Zweifel eine Übertragung des Eigentums unter der aufschiebenden Bedingung vor vollständiger Zahlung des Kaufpreises vor. 361 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 15 II 1, S. 411 ff.;
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Auch den Bedingungseintritt können der Vorbehaltsverkäufer oder ein Dritter nicht verhindern. Der Vorbehaltskäufer entscheidet selbst, ob er den Kaufpreis zahlt und dadurch das unbedingte Eigentum erwirbt.362 Darüber hinaus zeigt sich das Eigentumsrecht des Verkäufers während der Schwebezeit als ein quasi mit der Erwerbaussicht des Käufers eingeschränktes Eigentumsrecht an der Vorbehaltssache.363 Die Erwerbsaussicht des Käufers, die auch Anwartschaftsrecht des Käufers genannt wird, entsteht mit der bedingten Verfügung.364 Die Besonderheit des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers liegt darin, dass der Vorbehaltsverkäufer bei der Ausübung seines EigentumsRühl, S. 87 (Verwandlung des Anwartschaftsrechts in das Vollrecht); v. Tuhr, BGB‑AT, Bd. II/ II, § 82, S. 318; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 72 m. w. N.; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 27, 40, 44; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 26; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (113); Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 97 m. w. N.; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 63; Beck, S. 182; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 32 m. w. N.; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 238; Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 317; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (195) m. w. N.; Haluk Nami Nomer, Beklenen Haklar Üzerindeki Tasarrufların Sonuçları, Istanbul 2002, S. 149. Hierzu wird in der Lehre davon gesprochen, dass das Anwartschaftsrecht des Käufers mit der vollständigen Zahlung des Kaufpreises zum Eigentum erstarkt. Dazu s. Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 8; Larenz, Schuldrecht § 43 II, S. 115; Grunewald, Erman, BGB, § 499 Rn. 26; Wieling, § 17 II, S. 244; v. Tuhr/Escher, § 85, S. 264, 266 f.; a. A. zur Begründung des Erwerbs des unbedingten Eigentums nur mit der vollständigen Zahlung des Kaufpreises und zur Ablehnung der Erstarkung des Anwartschaftsrechts in das Volleigentum beim Bedingungseintritt s. Werner Flume, „Die Rechtsstellung des Vorbehaltskäufers“, Archiv für die civilistische Praxis, Bd. 161, Tübingen 1962, 385 (390); Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (762); dazu Nomer, Beklenen Haklar, S. 144, 151. 362 Ernst Letzgus, Die Anwartschaft des Käufers unter Eigentumsvorbehalt, Tübingen 1938, S. 1 ff.; Andreas von Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd. I, Allgemeine Lehren und Personenrecht, Berlin 1957, § 9, S. 182; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 13 ff.; Dieter Medicus/Jens Petersen, Bürgerliches Recht, 25. Aufl., München 2015, § 20 Rn. 456; Karl Larenz, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 10. Aufl., München 2012, § 20 Rn. 456; Lux, „Das Anwartschaftsrecht bei bedingter Übereignung – bloßes Sprachkürzel oder eigenständiges absolutes Recht”, Juristische Ausbildung, Heft 3, 2004, 145 (146) m. w. N.; Mathias Habersack, „Das Anwartschaftsrecht des Auflassungsempfängers – gesicherter Bestand des Zivilrechts oder überflüssiges Konstrukt der Wissenschaft?“, Juristische Schulung, Heft 12, München 2000, 1145 (1146); Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 21; Medicus/Lorenz, § 83 Rn. 287; Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (760); Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (195); Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (990); Nomer, Beklenen Haklar, S. 81 (ausgegangen von einem Gestaltungsrecht des Vorbehaltskäufers). Man spricht dann von einem Anwartschaftsrecht, wenn an dem Tatbestand des Rechtserwerbs nur noch eine Enstehungstatsache fehlt. Ebenso Walter Holtz, Das Anwartschaftsrecht aus bedingter Übereignung als Kreditsicherungsmittel, Berlin 1933, S. 23; v. Tuhr, BGB‑AT, Bd. I, § 9, S. 180; Heinz Hübner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, 2. Aufl., Berlin 1996, § 43 Rn. 1150; Vedat Buz, Yenilik Doğuran Haklar, Ankara 2005, S. 115, 118. 363 Westermann, § 6 II 2 Rn. 166; v. Tuhr/Escher, § 85, S. 267; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 33. 364 Fraglich wäre, ob der Vorbehaltsverkäufer bei der auflösenden Bedingung ein Anwartschaftsrecht erwirbt. Zutreffend lehnt Buz ein Anwartschaftsrecht des Vorbehaltsverkäufers in einem solchen Fall mit der Begründung ab, dass der Käufer durch die Zahlung des ganzen Kaufpreises das unbedingte Eigentum an der Vorbehaltssache endgültig erwerben und dadurch
74 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem rechts das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers nicht außer Acht lassen darf. Während der Schwebezeit muss der Vorbehaltsverkäufer jede Handlung unterlassen, die die Benachteiligung oder den Ausschluss des zukünftigen Eigentumserwerbs des Käufers durch vollständige Zahlung des Kaufpreises verursachen könnte. Ansonsten entsteht eine Pflicht des Vorbehaltsverkäufers zum Schadenersatz (§ 160 BGB, zum Schadenersatz wegen des Ausbleibens der Erfüllung s. Art. 97 Abs. 1 OR, Art. 112 türk. OR).365 Bis zum Eintritt der Bedingung bleibt der Vorbehaltsverkäufer der Eigentümer, daher kann er im Prinzip über die Vorbehaltssache als unbedingter Eigentümer wirksam verfügen. Doch ist bei dem Eigentumsvorbehalt die Erwerbsaussicht des Vorbehaltskäufers gesichert.366 Gemäß § 161 Abs. 1 S. 1 BGB werden die während der Schwebezeit erfolgenden Zwischenverfügungen des Vorbehaltsverkäufers aber mit dem Eintritt der Bedingung insoweit unwirksam, als sie das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers beeinträchtigen.367 Auch gemäß Art. 152 Abs. 3 OR, Art. 171 Abs. 3 türk. OR sind die Verfügungen des Vorbehaltsverkäufers während der Schwebezeit bei dem Bedingungseintritt insoweit hinfällig, als sie die Wirkung des Bedingungseintritts beeinträchtigen.368 Im Falle des gutgläubigen Rechtserwerbs eines Dritten wird die Erwerbaussicht des Käufers dennoch ausnahmsweise benachteiligt (§§ 932, 929 BGB, Art. 714 Abs. 2 ZGB, Art. 763 Abs. 2 türk. ZGB). Darüber hinaus ist fraglich, ob der Vorbehaltskäufer die Sache herausgeben muss oder ob er dem Herausverlangen des Dritterwerbers entgegenhalten kann, wenn der Vorbehaltsverkäufer während der Schwebezeit die Sache ohne Besitzdie Hoffnung des Verkäufers auf den Rückfall des Eigentums beenden kann. S. Buz, Yenilik Doğuran Haklar, S. 121. 365 Mit dem Abschluss des Kaufvertrags entsteht die Pflicht des Verkäufers zur Übertragung des unbedingten Eigentums, wenn der Käufer den ganzen Kaufpreis gezahlt hat. Nach Art. 152 Abs. 1 OR und Art. 171 Abs. 1 türk. OR darf der bedingt Verpflichtete, solange die Bedingung schwebt, nichts vornehmen, was die gehörige Erfüllung seiner Verbindlichkeit hindern könnte. Anders als deutsche Vorschriften regelt weder der schweizerische noch türkische Gesetzgeber die Rechtsfolge der Handlungen des Verkäufers, die Art. 152 Abs. 1 OR und Art. 171 Abs. 1 türk. OR verstößt. Verhält sich der Verkäufer gegen den späteren Eigentumserwerb des Käufers durch die Zahlung des Kaufpreises, entsteht eine Schadenersatzpflicht des Verkäufers nach den allgemeinen Vorschriften der Art. 97 Abs. 1 OR und Art. 112 türk. OR über das Ausbleiben der Erfüllung. 366 Auch zur gesicherten Erwerbsaussicht des Käufers s. etwa Ludwig Raiser, Dingliche Anwartschaften, Tübingen 1961, S. 7; Medicus/Petersen, § 20 Rn. 456, 462 ff.; Habersack, JuS 2000, 1145 (1146); Lux, Jura 2004, 145 (146) m. w. N. 367 Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 77; Medicus/Lorenz, § 83 Rn. 287; Wieling, § 17 II, S. 245. 368 V. Tuhr/Escher, § 85, S. 267; Baki Kuru, „Übertragung und Pfändung der Anwartschaftsrechte auf Eigentumserwerb an beweglichen Sachen und an Grunstücken“, Münster 1958, Anwartschaftsrechte, S. 7; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (195); Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (991); Buz, Yenilik Doğran Haklar, S. 117; Nomer, Beklenen Haklar, S. 144, 153.
C. Wirkungen des Eigentumsvorbehalts
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übertragung (gem. § 931 BGB, Art. 924 Abs. 1 Alt. 1 ZGB, Art. 979 Abs. 1 Alt. 1 türk. ZGB) an einen Dritten veräußert und der Dritterwerber die Sache vom Vorbehaltskäufer herausverlangt. Es fragt sich, ob ein solches dingliches Besitzrecht des Vorbehaltskäufers von seinem Anwartschaftsrecht abgeleitet wird. Nach überwiegender Meinung im deutschen Schrifttum verschafft das Anwartschaftsrecht dem Vorbehaltskäufer ein dingliches Besitzrecht369, durch dessen Geltendmachung der Vorbehaltskäufer dem Herausgabeverlangen des Dritten gem. § 986 Abs. 2 BGB (vgl. Art. 924 Abs. 3 ZGB, Art. 979 Abs. 3 türk. ZGB) entgegenhalten kann.370 Umstritten ist dagegen im schweizerischen und türkischen Schrifttum, ob der Käufer ein dingliches Besitzrecht hat. Überwiegend wird es nicht anerkannt. Danach steht dem Käufer kein Verweigerungsrecht gem. Art. 924 Abs. 3 ZGB, Art. 979 Abs. 3 türk. ZGB zu.371 Mit guter Begründung vertritt Staehelin, dass der bedingte Erwerber, der sich gerade im unmittelbaren Besitz der Sache befindet, die Herausgabe der Sache dem Zweiterwerber gegenüber verweigern kann. Nach ihm lässt sich ein Besitzrecht des bedingten Erwerbers i. S. d. Art. 924 Abs. 3 ZGB aus der suspensiv bedingten Verfügung folgern. Dieses gegenüber jedermann (auch gegenüber dem gutgläubigen Zweiterwerber) wirkende Besitzrecht rechtfertigt er mit der Sperrwirkung der suspensiv bedingten Verfügung. Bei einer suspensiv bedingten Verfügung bleibt der bedingt Verfügende der Inhaber des Rechts. Er kann jedoch über sein Recht nicht beliebig verfügen, sondern seine Verfügungsmacht ist beschränkt. Seine Zwischenverfügungen sind nur noch in beschränktem Umfang zulässig, sodass die Rechtsstellung des bedingten Erwerbers durch die Zwischenverfügungen nicht benachteiligt werden darf (Art. 152 Abs. 3 ZGB). Aus dieser Verfügungsbeschränkung ergibt sich eine dinglich wirkende Rechtsposition des bedingten Erwerbers.372
369 Raiser, S. 75 ff.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 IV 3, S. 272, m. w. N. in Fn. 122; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 60; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 41 m. w. N.; Wieling, § 17 II, S. 245; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 47; Georgiades, Die Eigentumsanwartschaft beim Vorbehaltskauf, S. 111 m. w. N. Vgl. Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 48; Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 117 f.; Henssler, Soergel, BGB, 929 Ahn., Rn. 78 f.; dazu Beck, S. 159; dazu Arslanlı, S. 371; Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (28, 29); Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (990). A. A. zur Ablehnung eines dinglichen Besitzrechts des Käufers s. Nomer, Beklenen Haklar, S. 154. 370 Über das dingliche Besitzrecht des Käufers und das daraus entstandene Verweigerungsrecht gem. § 986 Abs. 2 BGB s. BGH, NJW 2008, 1803; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 15 VII 1, S. 446; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 77; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 23 m. w. N.; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 880; Wieling, § 17 II, S. 245. 371 Dazu s. Georgiades, S. 116 f.; Zobl, FS. für Arthur Meier-Hayoz, 495 (507); A. Lale Sirmen, Türk Özel Hukukunda Şart, Ankara 1992, S. 149; Nomer, Beklenen Haklar, S. 154 f.; a. A. Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (990). 372 Daniel Staehelin, Bedingte Verfügungen, Zürich 1993, S. 37.
76 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem aa) Besitzschutz zugunsten des Vorbehaltskäufers Es fragt sich weiterhin, wem ein Schadenersatzanspruch im Falle der Zerstörung oder Beschädigung der Vorbehaltssache dem Schädiger gegenüber zusteht, dem Vorbehaltsverkäufer oder dem Vorbehaltskäufer? Diese Frage wird insbesondere im deutschen Schrifttum gestellt, jedoch nicht einheitlich beantwortet. Hierbei ist die Frage entscheidend, ob das Anwartschaftsrecht einen dinglichen Charakter hat. Nach einer Ansicht sind der Vorbehaltsverkäufer und der Vorbehaltskäufer als Gesamtgläubiger (§§ 432 Abs. 1, 1281 BGB, vgl. Art. 70 Abs. 1 OR, Art. 85 Abs. 1 türk. OR) zusammen berechtigt, einen Schadenersatz vom Schädiger zu fordern. Danach muss der Schädiger an den Verkäufer und den Käufer gemeinsam leisten.373 Im Innenverhältnis verteilen die Parteien den gezahlten Schadenersatz.374 Weiterhin wird die Ansicht im deutschen Schrifttum zum Ausdruck gebracht, nach der allein der Vorbehaltsverkäufer oder der Vorbehaltskäufer den vollen Schadenersatz beanspruchen kann. Nach einer Ansicht hat allein der Vorbehaltsverkäufer einen Wertersatzanspruch wegen der Verletzung der Vorbehaltssache gemäß § 823 BGB375 (vgl. Art. 41 ff. OR, Art. 49 ff. türk. OR), sofern die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache vor dem Bedingungseintritt beschädigt oder zerstört wird. Der Schadenersatzanspruch des Verkäufers wird mit seinem vorbehaltenen Eigentum an der Vorbehaltssache begründet. Nach einer anderen Ansicht genießt der Vorbehaltskäufer als unmittelbarer Besitzer und Inhaber eines absoluten Anwartschaftsrechts376 den Deliktschutz377, weil er wegen der Zerstörung bzw. Beschädigung die Vorbehaltssache nicht mehr besitzen oder vertragsgemäß benutzen kann.378 Nach dieser Ansicht 373 Ludwig Raiser, Dingliche Anwartschaften, Tübingen 1961, S. 82 f.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 V 3, S. 278 f.; Georgiades, S. 166 f.; Dietrich Reinicke/Klaus Tiedtke, Kreditsicherung, 5. Auflage, Neuwied: Luchterhand 2006, Rn. 897; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 36; Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 32; Hans Brox, „Das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltsverkäufers“, Juristische Schulung, Heft 9, München 1984, 657 (660) (auch gemäß § 1281 BGB); Stefan Leible/Olaf Sosnitza, „Grundfälle zum Recht des Eigentumsvorbehalts“, Juristische Schulung, München 2001, Heft 4, 341 (345); Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (762) (auch gemäß § 1281 BGB); Kindl, ZJS 2008, 477 (483); vgl. v. Tuhr/Escher, § 85, S. 267; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (197 f.), Fn. 53. 374 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 897; Brox JuS 1984, 657 (660). 375 Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 43. 376 BGHZ 55, 20, 27; Koblenz WM 1989 535; Brox JuS 1984, 657 (660) m. w. N.; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 51 m. w. N.; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (344) m. w. N.; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 45; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 80 m. w. N. 377 Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 36; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 897 m. w. N. 378 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 51; Peter Bülow, Kauf unter Eigentumsvorbehalt (Schluss), Juristische Ausbildung, Heft 5, 1986, 234 (237).
C. Wirkungen des Eigentumsvorbehalts
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kann der Anwartschaftsinhaber sich bei Besitzentziehung und Nutzungsbeeinträchtigung auf § 823 Abs. 1 BGB berufen, weil das Anwartschaftsrecht ein sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB ist. Dies bedeutet, dass der Anwartschaftsinhaber sowohl gegen Nutzungsbeeinträchtigungen und Besitzentziehung, als auch gegen Substanzverletzungen geschützt ist. Nach einer weiteren Ansicht hat der Vorbehaltskäufer als der Inhaber des dinglichen Anwartschaftsrechts die Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach §§ 985, 1004 BGB (vgl. Art. 926 ZGB, Art. 981 türk. ZGB), wenn ein Dritter den Besitz des Vorbehaltskäufers vorenthält oder entzieht.379 Die Frage, ob ein Schadenersatzanspruch aus der Zerstörung oder Beschädigung der Vorbehaltssache zugunsten des Vorbehaltsverkäufers oder Vorbehaltskäufers entsteht, wird im schweizerischen und türkischen Schrifttum nur selten gestellt. Hier muss man aber unterscheiden, ob man vom Schadenersatz wegen der Zerstörung des Besitz-, Nutzungsrechts oder wegen der Zerstörung der Sache spricht. Meines Erachtens steht dem Käufer als Anwartschaftsinhaber kein dingliches Recht zum Besitz zu.380 Der Schadenersatzanspruch des Käufers ist mit der Begründung, als Anwartschaftsinhaber hätte der Käufer ein dingliches Recht zum Besitz, abzulehnen. Gewiss ist aber, dass dem Vorbehaltskäufer als unmittelbarer Besitzer das Recht zum Besitz an der Vorbehaltssache zusteht.381 Daher kann der Vorbehaltskäufer seinen Schaden aufgrund der Besitzesstörung von Dritten verlangen. Seinem Schadenersatzverlangen liegt die Vorschrift des Besitzschutzes nach Art. 928 ZGB, Art. 983 türk. ZGB zugrunde. Fraglich wäre, von wem die Schäden wegen Zerstörung der Vorbehaltssache vom zerstörenden Dritten verlangt werden könnten. Gemäß Art. 208 Abs. 1 türk. OR geht die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung der Kaufsache und der Nutzungen mit der Übergabe auf den Vorbehaltskäufer über.382 Dies bedeutet, dass der Vorbehaltskäufer den geschuldeten Kaufpreis zahlen muss, obwohl die Vorbehaltssache so zerstört wurde, dass sie nicht mehr existiert. Bezahlt der Dritte den Vorbehaltsverkäufer einen Schadenersatz wegen Zerstörung der Sache, erwirbt der Vorbehaltskäufer eine geschädigte 379 Raiser, S. 76; Georgiades, S. 53 f.; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 47; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 V 2, S. 274 m. w. N.; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 51; Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 (236) m. w. N.; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 43 m. w. N.; Henssler, Soergel, BGB, 929 Ahn., Rn. 82; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 33 (obwohl er das Anwartschaftsrecht des Käufers als ein subjektives Recht qualifiziert hat). 380 Georgiades, S. 116 f.; Zobl, FS. für Arthur Meier-Hayoz, 495 (507); A. Lale Sirmen, Türk Özel Hukukunda Şart, Ankara 1992, S. 149; Nomer, Beklenen Haklar, S. 154 f.; vgl. Staehelin, Bedingte Verfügungen, S. 34 ff. (dingliches Besitzrecht als bedingter Erwerber); Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (990). 381 Nomer, Beklenen Haklar, S. 159. 382 S. oben S. 72.
78 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Sache beim Bedingungseintritt und erlangt aber keinen Schadenersatz. Zahlt der Dritte dem Vorbehaltskäufer einen Schadenersatz, liegt aber die Gefahr für den Vorbehaltsverkäufer vor, sodass er die geschädigte Sache zurückverlangt, aber dann keinen Schadenersatz hat, wenn der Vorbehaltskäufer den vereinbarten Kaufpreis nicht gezahlt hat. Daher braucht es eine Lösung, die das Interesse der beiden Vertragsparteien berücksichtigt. Unumstritten ist ferner, ob der Verkäufer nach Art. 49 türk. OR als Eigentümer wegen Gefährdung seines Eigentumsrechts dem Schädiger gegenüber zum Schadenersatz berechtigt ist. Im Zeitpunkt der Handlung zur Zerstörung der Sache befindet sich die Vorbehaltssache im Vermögen des Vorbehaltsverkäufers. Die Zerstörung der Sache interessiert den Vorbehaltskäufer insbesondere dann, wenn die Bedingung eintritt. In der Schwebezeit sollte der Vorbehaltskäufer ausschließen, einen Schadenersatz wegen Zerstörung der Vorbehaltssache zu verlangen, weil der Bedingungseintritt in der Schwebezeit unklar ist. Jedenfalls wäre es zutreffend, eine Lösung unter Berücksichtigung der möglichen Benachteiligung des Vorbehaltskäufers zu finden. Nach einer Ansicht im türkischen Schrifttum kann der Schadenersatz wegen unerlaubter Handlungen an dem Zahlungsort hinterlegt werden, analog Art. 961 Abs. 2, 3 türk. ZGB (vgl. Art. 906 ZGB, §§ 1280 ff. BGB). Mit der Zahlung des kompletten Kaufpreises ist der Vorbehaltskäufer berechtigt, den Schadenersatz zu verlangen. Bei Nichteintritt der Bedingung kann dagegen der Schadenersatz nur vom Vorbehaltsverkäufer verlangt werden. Dies wäre eine sinngemäße Lösung. Nach Serozan soll dem Vorbehaltsverkäufer und dem Vorbehaltskäufer verboten werden, die Zahlung des Schadenersatzes allein an sich zu fordern. Durch die analoge Anwendung von Art. 85 S. 1 türk. ZGB kommt er zum Ergebnis, dass die Zahlung nur an den Vorbehaltsverkäufer und den Vorbehaltskäufer zusammen erfolgen kann.383 Meiner Meinung nach wird der Deliktschutz durch die gemeinsame Berechtigung des Verkäufers und des Käufers nicht ganz verwirklicht, weil bei dieser gemeinsamen Berechtigung zur Forderung des Schadenersatzes das Innenverhältnis und der Ausgleich der Schadenersatzansprüche zu kompliziert sind. Ferner wird die Ansicht vertreten, dem Vorbehaltsverkäufer die Befugnis zur Geltendmachung des Wertersatzes zu erteilen, und zwar mit der Verpflichtung, diesen Ersatz als Surrogat der Sache beim Eintritt der Bedingung dem Vorbehaltskäufer zu geben.384 Hinsichtlich des Besitzschutzes des Anwartschaftsinhabers ist ein weiterer wichtiger Fall der Besitzverlust des Vorbehaltskäufers ohne dessen Einverständ383
Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (197), Fn. 53. V. Tuhr/Escher, § 85, S. 267; vgl. auch Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 51; Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 (237). 384
C. Wirkungen des Eigentumsvorbehalts
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nis, etwa durch Diebstahl. Gegenüber dem gutgläubigen Dritten, der ein Recht an der gestohlenen Vorbehaltssache erworben hat, ist der Vorbehaltskäufer durch das Gesetz weitergehend geschützt. Gemäß § 1007 BGB, Art. 934 Abs. 1, 2 ZGB und Art. 989 Abs. 1 und Abs. 2 türk. ZGB ist der Vorbehaltskäufer ermächtigt, als früherer Besitzer die Vorbehaltssache vom gutgläubigen Erwerber zurückzuverlangen.385 Ebenso kann der Vorbehaltsverkäufer aus seinem Eigentumsrecht die Sache vom gutgläubigen Dritten herausverlangen (§ 985 BGB, vgl. Art. 641 Abs. 2 ZGB, Art. 683 Abs. 2 türk. ZGB). Im deutschen Schrifttum wird dazu ausgeführt, dass der Vorbehaltsverkäufer die Sache nicht an sich, sondern an den Vorbehaltskäufer herausverlangen muss (gem. § 986 Abs. 1 S. 2 BGB), da der Vorbehaltskäufer gemäß dem vorhandenen Eigentumsvorbehalt ein Recht zum Besitz hat.386 bb) Geschützte Erwerbsaussicht des Vorbehaltskäufers Unter Berücksichtigung der oben genannten Erwägungen kommt man zum Ergebnis, dass der Vorbehaltskäufer bis zur restlosen Zahlung nicht nur eine Chance zum Eigentumserwerb, sondern eine durch das Gesetz geschützte Aussicht auf den künftigen Eigentumserwerb an der Vorbehaltssache hat, die als „Anwartschaft oder Anwartschaftsrecht des Käufers“ bezeichnet wird.387 Das sogenannte Anwartschaftsrecht des bedingt Berechtigten wurde in der Literatur besonders in Bezug auf die rechtliche Position des Vorbehaltskäufers erwähnt, welcher die Sache unter Eigentumsvorbehalt gekauft hat und das unbedingte Eigentum an der Sache erst mit der Zahlung des ganzen Kaufpreises erwirbt. Die Anwartschaft wird aber bis jetzt weder im deutschen, noch im schweizerischen und türkischen Recht gesetztlich geregelt. 385
Bejahend Brox, JuS 1984, 657 (660); Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (762). Über das Recht des Verkäufers zur Herausgabe nicht an sich selbst, sondern an den Vorbehaltskäufer, s. Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 (236); Raiser, S. 75 f.; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 46; Georgiades, S. 54; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 V 3, S. 276 f.; Brox, JuS 1984, 657 (659). 387 Der Begriff Anwartschaft, der vom deutschen Recht entworfen wurde, hat in der schweizerischen und türkischen Lehre kein großes Interesse erweckt. In der schweizerischen Lehre wurde von Zobl vertreten, dass es den Begriff der Anwartschaft nicht braucht. Die Probleme, die mit der Hilfe des Anwartschaftsrechts zu lösen gewollt sind, können schon ohne diesen Begriff gelöst werden. S. Zobl, FS. für Arthur Meier-Hayoz, 495 (524 f.). Dementsprechend wurde der Begriff der Anwartschaft in der türkischen Lehre von Nomer abgelehnt. Nach seiner Ansicht braucht es ein anderes, einfaches und deutliches Prinzip, mit welchem die Rechtsposition des Käufers und daraus kommende Rechtsfolgen verdeutlicht werden können. S. Nomer, Beklenen Haklar, S. 82 ff.; vgl. auch im deutschen Schrifttum Lux, Jura 2004, 145 ff. Wegen der geringen Behandlung der Anwartschaft von der schweizerischen und türkischen Lehre sowie von der Rechtsprechung wird die Anwartschaft bzw. das Anwartschaftsrecht und seine Rechtsfolgen in dieser Untersuchung meistens nur mit Rücksicht auf die deutsche Lehre und Rechtsprechung behandelt. 386
80 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Umstritten bleibt noch, wie diese Anwartschaft bzw. dieses Anwartschaftsrecht zu qualifizieren ist. Dieses Recht wurde bisher als „ein subjektives Recht“388, „ein dem Vollrecht wesensgleiches Minus“389, „eine Vorstufe des Volleigentums“390 oder als „ein schuldrechtlich-dingliches Recht“391 qualifiziert. Die herrschende Meinung bezeichnet das Anwartschaftsrecht als „dingliches Recht“392, obwohl die Dinglichkeit des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers von einigen aus verschiedenen Gründen kritisiert wird: etwa aus dem Grund der Abhängigkeit des Anwartschaftsrecht von der Wirksamkeit des Kaufvertrags393 oder aus dem Grund des Entgegenstehens des dinglichen Anwartschaftsrechts dem Prinzips des Numerus clausus der dinglichen Rechte394. Natürlich hat der Vorbehaltskäufer eine besonders gesicherte Rechtsposition, und deren Inhalt ist umfassender als die einer unmitelbaren Besitzinhaberschaft. Das Besitzrecht des Käufers entsteht aus dem zugrunde liegenden schuldrechtlichen Geschäft, jedoch kann man den Vorbehaltskäufer dem Eigentümer nicht gleichsetzen. Vor allem darf der Vorbehaltskäufer über die Vorbehaltssache als Eigentümer im Prinzip nicht verfügen (beachte: gutgläubiger Rechtserwerb des Dritten). Die Anwartschaft des Vorbehaltskäufers, welche durch die Übergabe und die Vereinbarung einer aufschiebend bedingten Eigentumsübertragung en388 BGHZ 10, 69; 20, 88,94; Hübner, § 43 Rn. 1150; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 61; Zobl, FS. für Arthur Meier-Hayoz, 495 (506 ff.); Kuru, Anwartschaftsrechte, S. 5; Sirmen, S. 149; Nomer, Beklenen Haklar, S. 146, 150. 389 BGH, NJW 1958, 1133; zur w. N. a. der Rechtsprechung Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 II 1, S. 244, Fn. 20; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 42, Fn. 132; Medicus/Lorenz, § 83 Rn. 288, Fn. 5. 390 BGHZ, 30, 374 (377); 75, 221 (225); BGH, NJW 1984, 1184 (1185); Zu w. N. a. der Rechtsprechung Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 42, Fn. 131; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 21, Fn. 35. Zur Qualifizierung des Anwartschaftsrechts als „ein eigentumsähnliches Recht“ s. BGH, NJW 1956, 665 (667). 391 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 I 2, S. 247; auch Georgiades, S. 111 ff. 392 Raiser, S. 62 f.; Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 ff.; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, § 929 Rn. 34 m. w. N.; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 37; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 42; Wieling, § 17 II, S. 245; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (342); Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 22 m. w. N. a. der Rechtsprechung in Fn. 42; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 16; v. Tuhr/Escher, § 85, S. 266 f.; Liver, SPR, § 52, S. 339 f.; Kuru, Anwartschaftsrechte, S. 21, 24 (Die Anwartschaftsrechte teilen den Charakter des Vollrechts.); Aral, AÜHFD 1973, 201 (213); Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 33; Hatemi/ Serozan/Arpacı, S. 317; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (990); verneinend Flume, AcP 1962, 385 (392); Nomer, Beklenen Haklar, S. 146, 150 (als ein persönliches Recht). 393 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 I 2, S. 246 f.; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 36; Georgiades, S. 107, 112; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (195 f.). 394 Etwa Raiser, S. 55 f.; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 22 m. w. N. aus der Rechtsprechung; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (196), Fn. 49 (obwohl er schließlich die Dinglichkeit des Anwartschaftsrechts verneint); Kuru, Anwartschaftsrechte, S. 23 m. w. N.; Nomer, Beklenen Haklar, S. 83, 146, 151.
C. Wirkungen des Eigentumsvorbehalts
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steht395, ist nicht mehr als eine Bezeichnung der geschützten Rechtsposition des Käufers vor der vollständigen Kaufpreiszahlung. Anders gesagt bedeutet das Anwartschaftsrecht nicht mehr als ein Sprachkürzel396. Ferner kann der Vobehaltsverkäufer in der Schwebezeit über die Sache nicht beliebig verfügen (Unwirksamkeit der Zwischenverfügungen bei dem Bedingungseintritt) und den Eigentumserwerb durch den Bedingungseintritt vom Käufer grundsätzlich nicht verhindern. Daraus lässt sich folgern, dass der Vorbehaltskäufer kein Eigentumsrecht, aber eine geschützte Erwerbsaussicht hat,397 welche als ein Vermögensgegenstand des Käufers übertragbar, verpfändbar398 oder vollstreckbar399 sein kann. Die Verfügung am Anwartschaftsrecht erfolgt nach den Vorschriften über das Eigentum.400 c) Verfügungen über das Anwartschaftsrecht aa) Übertragung des Anwartschaftsrechts Das Recht des Vorbehaltskäufers auf den zukünftigen und höchstwahrscheinlichen Eigentumserwerb, sogenanntes Anwartschaftsrecht, erscheint als ein Vermögenswert des Vorbehaltskäufers, welcher umso wertvoller ist, je mehr der Vorbehaltskäufer den Restkaufpreis getilgt hat.401 Freilich hat der Vorbehaltskäufer ein wirtschaftliches Interesse daran, sein Anwartschaftsrecht durch Übertragung oder Verpfändung im Rechtsverkehr zu verwenden.402 Auch erkennt die herrschende Meinung die Übertragbarkeit des Anwartschaftsrechts mit der 395 S. Brox,
JuS 1984, 657 (658); Kuru, Anwartschaftsrechte, S. 7 f. Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1315; vgl. Letzgus, S. 1 ff.; Brox, JuS 1984, 657 (658); Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (761). 397 Hier spricht vieles dafür, dass das Anwartschaftsrecht des Käufers kein echtes Recht ist, sondern die rechtliche Position des Käufers beim Vorliegen einer aufschiebenden Bedingung beschreibt. Vgl. Paul Oertmann, Die Rechtsbedingung, Leipzig 1924, S. 125 (Rechtsanwartschaft als Entwicklungsstufe des künftigen Vollrechts); Zobl, FS. für Arthur Meier-Hayoz, 495 (506) (Anwartschaft als obligatorische, durch gesetzliche Verfügungsbeschränkung verstärkte Rechtsposition). 398 Letzgus, S. 26 ff.; Volker Emmerich, BGB‑Schuldrecht, Besonderer Teil, 14. Auflage, Heidelberg 2015, § 6 Rn. 18; Kuru, Anwartschaftsrechte, S. 7. 399 Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 3; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 65 ff.; Wieling, § 17 III, S. 250; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 15; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 898 ff.; Kuru, Anwartschaftsrechte, S. 7, 80 ff.; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (991). 400 Dementsprechend Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 I 2, S. 245; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (991). 401 Holtz, S. 61; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 3; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 II 1, S. 252 m. w. N.; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 27; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 882; Ralph Weber, Sachenrecht I, Bewegliche Sachen, 4. Auflage, Baden-Baden 2016, § 12 Rn. 84; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 3; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (990). 402 Allerdings hat das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers einen wirtschaftlichen 396
82 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Rechtsfolge an, dass nicht der Vorbehaltskäufer, sondern allein der Erwerber des Anwartschaftsrechts das Volleigentum mit dem Eintritt der Bedingung erwirbt.403 Obwohl der dingliche Charakter des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers von einigen nicht anerkannt ist, besteht Einigkeit darüber, dass dieses Anwartschaftsrecht nach den Vorschriften über die Übertragung des Eigentums (§§ 929 ff. BGB, vgl. Art. 714, 717 ZGB; Art. 763, 766 türk. ZGB)404 und ohne Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers405 auf einen Dritten übertragen werden kann. Dafür braucht es Einigung und Übergabe bzw. Übergabesurrogate. Wert auch für die Gläubiger des Vorbehaltskäufers, daher können sie dieses Anwartschaftsrecht pfänden. Eingehend s. unten S. 163 ff. 403 BGH, NJW 1956, 665; NJW 1958, 1133; Raiser, S. 22 ff.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 III 1, S. 255 f., inbs. § 11 III 5 S. 266 f.; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 45 ff.; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 41 (als Verfügung über das künftige Eigentumsrecht gesehen; vgl. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 III 1, S. 256), Rn. 52 f. m. N. a. der Rechtsprechung in Fn. 167; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 22 m. w. N.; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 83; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1322 m. w. N.; Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 116; Kuru, Anwartschaftsrechte, S. 41 ff.; Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 35, 317; Aral, AÜHFD 1973, 201 (213); a. A. Liver, SPR, § 52, S. 338 mit der Begründung der verschlechterten Stellung des Vorbehaltsverkäufers. 404 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 III 1, S. 256; Brox, JuS 1984, 657 (661); Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 (234); Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 46; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 41; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 24; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 83, Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, § 929 Rn. 7, 35; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 28; Wieling, § 17 III, S. 247; Medicus/Lorenz, § 83 Rn. 288; Larenz, Schuldrecht § 43 II, S. 115; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (342 f.); v. Tuhr/Escher, § 85, S. 713; Kuru, Anwartschaftsrechte, S. 41 m. w. N.; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (991); krit. Nomer, Beklenen Haklar, S. 83. In Deutschland wird zugelassen, das Anwartschaftsrecht durch Besitzkonstitut an einen Dritten zu übertragen (gem. § 930 BGB). S. NJW 1958, 1133; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 84; Larenz, Schuldrecht § 43 II, S. 115; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 28; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 887. Die Übertragung des Anwartschaftsrechts durch Besitzkonstitut kommt in der Praxis häufig vor, wenn der Vorbehaltskäufer sein Anwartschaftsrecht als Kreditsicherungsmittel nutzen will, indem er einem Kreditgeber nur den mittelbaren Besitz überträgt. Dazu s. BGH, NJW 1956, 665; NJW 1961, 1349. Als ein typischer Fall der Sicherungsübertragung des Anwartschaftsrechts wird die Kreditsicherung durch Warenlager erwähnt. Hierzu wird das Problem des Bestimmheitserfordernisses erörtert. Eingehend s. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 III, S. 256 ff.; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 56; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 21. 405 Ein sichtbares Interesse des Vorbehaltsverkäufers liegt allerdings darin, dass die Vorbehaltssache während der Schwebezeit in der Hand des Käufers bleibt. Dieses Interesse des Vorbehaltsverkäufers macht sich besonders im Falle des Zahlungsverzugs bemerkbar. Solange die Vorbehaltssache sich im Besitz des Käufers befindet, kann der Verkäufer problemlos (jedoch unter bestimmten Voraussetzungen) die Vorbehaltssache beim Vorbehaltskäufer ergreifen. Trotz des Interesses des Vorbehaltsverkäufers an dem unmittelbaren Besitz des Vorbehaltskäufers kann man nicht übersehen, dass das Anwartschaftsrecht einen wichtigen wirtschaftlichen
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Umstritten ist aber, ob der Vorbehaltsverkäufer die Sache vom neuen Anwartschaftsinhaber herausverlangen kann. Stünde dem Anwartschaftsinhaber ein dingliches Besitzrecht zu, dann brauchte er die Sache auf Verlangen des Vorbehaltsverkäufers nicht zurückzugeben.406 Darüber werden verschiedene Ansichten vertreten. Beispielsweise geht Brox in diesem Fall vom dem schutzwürdigeren Interesse des Vorbehaltsverkäufers aus. Nach ihm liegt das Interesse des Vorbehaltsverkäufers nicht nur in der vollständigen Zahlung des Kaufpreises, sondern auch in der Person, in dessen Besitz die Vorbehaltssache gelangt ist. Daher vertritt er, dass dem Vorbehaltsverkäufer ein Recht auf Herausgabe der Vorbehaltssache gewährt werden sollte.407 Dagegen behauptet Larenz, dass das fehlende dingliche Besitzrecht des neuen Anwartschaftsinhabers den Wert der Übertragung der Anwartschaft herabsetzen würde. Nach ihm sollte der Vorbehaltskäufer dazu berechtigt sein, sein relatives Besitzrecht aus dem Kaufvertrag dem neuen Anwartschaftsinhaber mit der Wirkung zu überlassen, dass der Anwartschaftsinhaber unter Berufung auf sein Besitzrecht das Herausgabeverlangen des Vorbehaltsverkäufers vereiteln könnte .408 Außerdem tritt der Anwartschaftserwerber bei der Übertragung des Anwartschaftsrechts nicht in das ursprüngliche Schuldverhältnis, auch nicht in die PoWert im Vermögen des Vorbehaltskäufers bildet und der Vorbehaltskäufer ein unverzichtbares Bedürfnis hat, diesen Wert vor dem unbedingten Eigentumserwerb zu bewerten. 406 In dieser Richtung Raiser, S. 77. 407 Brox, JuS 1984, 657 (659). 408 Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 117 f. Auch wird behauptet, dass die Rechtsposition des Verkäufers durch die Übertragung das Anwartschaftsrechts an einen Dritten nicht gefährdet ist. Dem Vorbehaltsverkäufer steht die Möglichkeit immer noch zu, vom Kaufvertrag zurückzutreten und die Vorbehaltssache zurückzuverlangen, wenn der Kaufpreis nicht rechtzeitig bezahlt wird. Infolgedessen soll die Verfügung über das Anwartschaftsrecht von der Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers nicht abhängig sein. In diese Richtung s. BGH, NJW 1956, 665; NJW 1958, 1133; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 III 4, S. 265 m. w. N. (mit Hinweise für die Schadenersatzpflicht des Vorbehaltskäufers aus der Vertragspflichtverletzung); Brox, JuS 1984, 657 (661); Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 (234); Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 83 m. w. N. (mit Hinweise für die Schadenersatzpflicht des Vorbehaltskäufers aus der Vertragspflichtverletzung); Westermann/Westermann/ Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 22; Medicus/Petersen, § 20 Rn. 473; Medicus/Lorenz, § 83 Rn. 288; Larenz, Schuldrecht § 43 II, S. 116; Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (762); Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 886; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (991); Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 317 (über die unabhängige Verfügungsbefugnis des Vorbehaltskäufers). A. A. in Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 33 mit der Begründung, dass der Vorbehaltsverkäufer ein Interesse daran hat, von wem der Kaufpreis gezahlt wird, nämlich für die rechtzeitige und problemlose Zahlung. S. auch Nomer, Beklenen Hak, S. 83 f. Zur Übertragung des Anwartschaftsrechts ohne Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers trotz des zwischen dem Vorbehaltsverkäufer und dem Vorbehaltskäufer vereinbarten Übertragungsverbots (§ 137 BGB) s. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 III 1, S. 256, Fn. 67; BGH NJW 1970, 699; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 28; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 83; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 57; vgl. Flume, AcP 1962, 385 (394); v. Tuhr/Escher, § 85, S. 269, Fn. 42.
84 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem sition des Vorbehaltskäufers ein.409 Der Kaufvertrag, von welchem der Bestand des Anwartschaftsrechts abhängig ist,410 bleibt vielmehr zwischen dem Vorbehaltsverkäufer und dem Vorbehaltskäufer bestehen.411 Aus dieser Tatsache folgt aber nicht, dass der Vorbehaltsverkäufer und der Vorbehaltskäufer ohne Zustimmung des Anwartschaftserwerbers beliebig über das Anwartschaftsrecht zu verfügen, etwa den Eigentumserwerb von der Tilgung weiterer Forderungen abhängig zu machen412 berechtigt sind.413 Jedenfalls dürfen der Vorbehaltsverkäufer und der Vorbehaltskäufer die sich aus der Abwicklung des ursprünglichen Kaufvertrags ergebenden und bei der Übertragung des Anwartschaftsrechts schon angelegten Rechte ausüben, etwa Rücktritt oder Anfechtung414. 409 Hierzu bedürfte es seiner Vertragsübernahme und damit der Zustimmung des Verkäufers, s. Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 116. 410 Nach der herrschenden Meinung ist das Schicksal des Anwartschaftsrechts von dem Bestand des Kaufvertrags abhängig, sodass das Anwartschaftsrecht erlischt, wenn der Vorbehaltsverkäufer etwa wegen des Zahlungsverzugs des Vorbehaltskäufers vom Kaufvertrag zurücktritt oder die Vertragsparteien (Vorbehaltsverkäufer und Vorbehaltskäufer) die Aufhebung des Kaufvertrags vereinbaren. Der Grund dafür ist, dass die Bedingung ohne einen Kaufvertrag nicht mehr eintreten kann. Dazu s. Raiser, S. 31 f., 62 f.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 II 1, S. 252 f.; Flume, AcP 1962, 385 (388 f.); Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 (234); Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 4; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 53 (§ 455 Rn. 59); Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 45 III 1 d, S. 409 f.; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 85; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 20, 77 m. w. N.; Medicus/Petersen, § 20 Rn. 479; Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (762); Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 904. Diese herrschende Meinung liegt im Einklang mit dem Kausalitätsprinzip, nach welchem die Verfügung und das schuldrechtliche Rechtsgeschäft miteinander verbunden sind. Wird der Kaufvertrag aus einem Grund unwirksam (aus Rücktritt, Anfechtung usw.), dann wird die Bedingung zur Eigentumsübertragung mit der vollständigen Zahlung des Kaufpreises unmöglich. Da das Anwartschaftsrecht nicht mehr als die Aussicht des Erwerbers zum zukünftigen Volleigentumserwerb bedeutet, wäre es vertretbar, dass das Anwartschaftsrecht wegen des Wegfalls des schuldrechtlichen Kaufvertrags erlischt. A. A. in Ablehnung kausaler Verbindung zwischen dem Anwartschaftsrecht und dem Kaufvertrag in Wieling, § 17 I 2 a, S. 243 m. w. N.: „Die Anwartschaft wird – wie alle anderen dinglichen Rechte auch – durch einen abstrakten Vertrag begründet und übertragen; sie ist nicht kausal (m. w. N.). Fehlt der Kaufvertrag, dann kann der Veräußerer seine Leistung kondizieren, also Rückgabe verlangen und Verzicht auf die Anwartschaft bzw. Rückübereignung der Sache …“, s. a. § 17 III 1 b bb, S. 248. 411 Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 22; Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 (234 f.). Nach wie vor wird der Kaufpreis vom Vorbehaltskäufer gezahlt, sodass der Vorbehaltsverkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten kann, wenn der Vorbehaltskäufer den Kaufpreis nicht gezahlt hat. Krit. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 II 1, S. 253. 412 In diesem Fall ging der BGH von der inhaltlichen Änderung des Anwartschaftsrechts und schließlich von einer Erweiterung des Eigentumsvorbehalts aus. Eine solche Änderung oder Erweiterung ist jedoch ohne Zustimmung des Erwerbers nicht vorzunehmen. Dazu s. BGH, NJW 1980, 175; ebenso Brox, JuS 1984, 657 (661); Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 (235); Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 28; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 893. 413 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 I 1, S. 242 f., § 11 I 2 S. 245, § 11 II 1 S. 251 f. 414 BGH, NJW 1961, 1349 (1352); NJW 1980, 175; auch Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234
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Die Übertragung des Anwartschaftsrechts verhindert auch den Zugriff der Gläubiger des Vorbehaltskäufers auf das Anwartschaftsrecht, da das Anwartschaftsrecht nach der Übertragung nicht mehr im Vermögen des Vorbehaltskäufers steht.415 Der Anwartschaftserwerber kann eine Drittwiderspruchsklage gegen den Gläubiger des Vorbehaltskäufers (nach § 771 ZPO, Art. 106 ff. SchKG, Art. 96 ff. türk. Vollstreckungs- und Konkursgesetz) erheben, wenn das Anwartschaftsrecht durch Besitzkonstitut auf den Anwartschaftserwerber übertragen wurde und der Gläubiger die Sache bei dem Vorbehaltskäufer vollstreckt hat.416 Mit dem Eintritt der Bedingung, also mit der vollständigen Zahlung des Kaufpreises, erwirbt der Anwartschaftserwerber das Volleigentum. Zweifelhaft ist jedoch, ob es sich um einen unmittelbaren (Direkterwerb) oder mittelbaren (Durchgangserwerb) Eigentumserwerb des Erwerbers handelt. Überwiegend und zutreffend wird der unmittelbare Eigentumserwerb des Anwartschaftserwerbers befürwortet, wonach das Volleigentum an der Sache nicht vom Vorbehaltskäufer auf den Erwerber übergeht (kein Durchgangserwerb), sondern der Erwerber des Anwartschaftsrechts das Eigentum direkt vom Vorbehaltsverkäufer erlangt.417 Als Folge des Direkterwerbs (der Vorbehaltskäufer wird niemals der unbedingte Eigentümer des Vollrechts!) erwirbt der Erwerber das Anwartschaftsrecht unbelastet oder nur belastet mit den bei der Übertragung bestehenden Rechten an der Sache, sodass die zwischenzeitliche Zwangsvollstreckung an der Sache von einem Gläubiger des Vorbehaltskäufers mit dem Eintritt der Bedingung unwirksam wird.418 Dazu steht dem Erwerber des Anwartschaftsrechts eine (234 f.); Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 28; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 893; Kritik über die nicht ganz gesicherte Rechtsposition des Erwerbers Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 II 1, S. 253; dazu Westermann, MüKomm, BGB, Bd. 3, 6. Aufl., § 449 Rn. 53 m. w. N.; zur Aufhebung des Kaufvertrags s. Raiser, S. 31; a. A. Flume AcP 161 (1962), 385 (393 f.); vgl. auch NJW 1980, 175 (176). 415 V. Tuhr/Escher, § 85, S. 268 f. Fn. 41 m. V. a. BGE 41 II 135. 416 Dieser Fall kommt nur in Deutschland vor. Dazu s. Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 34. 417 BGH, NJW 1956, 665 ff.; NJW 1958, 1133; NJW 1961, 1349; Raiser, S. 22 ff.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 III 1, S. 255 f., inbs. § 11 III 5 S. 266 f.; Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 (235); Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 45 ff.; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 41; vgl. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 III 1, S. 256, Rn. 52 f. m. N. a. der Rechtsprechung in Fn. 167; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 22 m. w. N.; Beckmann, Staudinger BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 83; Medicus/Lorenz, § 83 Rn. 288; Wieling, § 17 III, S. 249; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 15; Förster, SchuldrechtBT, Rn. 238; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (342); Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1322; Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 116; Kuru, Anwartschaftsrechte, S. 41 ff.; Hatemi/Serozan/ Arpacı, S. 35, 317; Aral, AÜHFD 1973, 201 (213); abgelehnt von Liver, SPR, § 52, S. 338 mit der Begründung der verschlechterten Stellung des Vorbehaltsverkäufers. 418 BGH, NJW 1956, 665; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 53, 70; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 33; s. a. Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 889; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 23; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (342).
86 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Drittwiderspruchsklage gegen den Gläubiger des Vorbehaltskäufers zu (nach § 771 ZPO, Art. 106 ff. SchKG, Art. 96 ff. türk. Vollstreckungs- und Konkursgesetz).419 Ferner fällt das Anwartschaftsrecht nach dessen Übertragung nicht in die Insolvenzmasse im Falle der Insolvenz des Vorbehaltskäufers.420 Es kommen auch Fälle vor, in denen der Vorbehaltskäufer nicht nur sein Anwartschaftsrecht, sondern die Vorbehaltssache selbst an einen Dritten veräußert. In einem solchen Fall kann der Dritte das unbedingte Eigentum vom nicht berechtigten Vorbehaltskäufer erwerben, sofern die Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs erfüllt sind.421 Beim Fehlen eines gutgläubigen Erwerbs wird in der Lehre eine Lösung dergestalt vorgeschlagen, dass die vorhandene Übereignung als Übertragung des Anwartschaftsrechts aufrecht zu halten ist.422 bb) Gutgläubiger Erwerb des Anwartschaftsrechts Wie oben erklärt, hält die herrschende Meinung es für möglich, dass der Dritte das Anwartschaftsrecht durch die analoge Anwendung der Vorschriften über die Übertragung des Vollrechts, also des Eigentums, wirksam erwerben kann. In diesem Zusammenhang kommt eine andere Frage ins Spiel, nämlich ob das Anwartschaftsrecht auch gutgläubig zu erwerben ist. In §§ 932 ff. BGB, Art. 933 ZGB und Art. 988 türk. ZGB wird der gutgläubige Eigentumserwerb von einem Nichtberechtigten geregelt. Es stellt sich die Frage, ob die Vorschriften über den gutgläubigen dinglichen Rechtssrwerb auch auf das Anwartschaftsrecht analog anwendbar sind.423 Hinsichtlich des gutgläubigen Erwerbs des Anwartschaftsrechts erscheinen verschiedene Behandlungsmethoden. Im deutschen Recht wird der gutgläubige Erwerb des Anwartschaftsrechts in zwei Grundfällen behandelt: sogenannter „Ersterwerb des Anwartschaftsrechts“ und „Zweiterwerb des Anwartschaftsrechts“. Im schweizerischen und türkischen Recht wird demgegenüber in Bezug auf die Frage des gutgläubigen Erwerbs des Anwartschaftsrechts nur berücksichtigt, ob es um den Erwerb eines Anwartschaftsrechts vom Treuhänder oder vom Nichttreuhänder geht.
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BGH, NJW 1956, 665. Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 (235); Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 57. 421 Über den gutgläubigen Rechtserwerb der Dritten s. ausf. unten S. 121 ff. 422 Medicus/Lorenz, § 83 Rn. 288. 423 Bejahend Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, § 929 Rn. 35; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 77; Serozan, IÜMHAD 1968, 3 (24). 420
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(1) Gutgläubiger Ersterwerb des Anwartschaftsrechts Bei dem Ersterwerb des Anwartschaftsrechts geht es um den Fall, dass jemand sich als Eigentümer ausgibt und eine ihm nicht gehörende Sache dem gutgläubigen Dritten unter Eigentumsvorbehalt übereignet. Beim Ersterwerb des Anwartschaftsrechts besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass der Dritte durch bedingte Übereignung ein Anwartschaftsrecht nach § 932 Abs. 1 S. 1 BGB gutgläubig erwerben kann.424 Danach wird der Dritte mit der vollständigen Zahlung Eigentümer. Für den gutgläubigen Anwartschaftserwerb ist jedoch die Gutgläubigkeit des Dritten im Zeitpunkt der Einigung und Übergabe vorausgesetzt. Also muss der Dritte daran glauben, dass der Verkäufer der Eigentümer der Sache ist.425 Auch die spätere Bösgläubigkeit des Dritten schadet dem gutgläubigen Erwerb nicht.426 Dieses Ergebnis folgt schon aus der Anerkennung des dinglichen Charakters des Anwartschaftsrechts. In der Lehre wird der gutgläubige Erwerb des Anwartschaftsrechts von einem angeblichen Eigentümer dadurch gerechtfertigt, dass der gute Glaube des Dritten sogar zunächst das Eigentumsrecht des Veräußerers betrifft, aber auch das Anwartschaftsrecht als Vorstufe des Eigentums unter die Vorschriften des gutgläubigen Eigentumserwerbs fallen soll.427 (2) Gutgläubiger Zweiterwerb des Anwartschaftsrechts Heftig umstritten ist dagegen der gutgläubige Zweiterwerb des Anwartschaftsrechts. 424 Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 (235); Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 38 f.; Westermann/ Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 25; Wolfgang Wiegand, „Der gutgläubige Erwerb beweglicher Sachen nach §§ 932 ff. BGB“, Juristische Schulung, Heft 4, München 1974, 201 (211); Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 39; Wieling, § 17 III 1 b, S. 247; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 24; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (343); Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (762 f.). 425 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 63; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 24; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 88; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, § 932 Rn. 129; dazu zum Erlöschen des Anwartschaftsrechts des Dritten beim Untergang des schuldrechtlichen Kaufvertrags bzw. durch Rücktritt oder Aufhebung s. Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 39; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 63. 426 Flume, AcP 1962, 385 (392) m. w. N.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 IV 1, S. 268 m. w. N.; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 38; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 63; Stark/Ernst, BaslerKomm, ZGB II, Art. 933 Rn. 40 m. V. a. BGE 105 IV 303, 305. 427 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 IV 1, S. 268; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 63; Medicus/Petersen, § 20 Rn. 474 f.; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 16. Zur Bewertung der gleichen Interessenlage bei Eigentums- und Anwartschaftserwerb von einem Dritten s. Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 24; Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (762 f.).
88 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Unter dem gutgläubigen Zweiterwerb des Anwartschaftsrechts behandelt man den Fall, in dem der Veräußerer sich nicht als Eigentümer, aber nur als Anwartschaftsberechtigter ausgibt und das vorher begründete, ihm tatsächlich nicht gehörende Anwartschaftsrecht auf einen Dritten überträgt. Fraglich ist, ob der gute Glaube des Dritten an die Anwartschaftsrechtsinhaberschaft des Veräußerers durch das Gesetz geschützt werden kann oder, anders gefragt, ob der gutgläubige Dritte von einem Nichtberechtigten, welchem das Anwartschaftsrecht nicht zusteht, ein Anwartschaftsrecht gutgläubig erwerben kann. Manche erkennen auch hier einen gutgläubigen Erwerb des Anwartschaftsrechts an.428 Nach Reinicke/Tiedtke kann ein Anwartschaftsrecht durch die analoge Anwendung der Vorschriften des gutgläubigen Eigentumserwerbs gutgläubig erworben werden, da das Anwartschaftsrecht in der Sache nichts anderes als das in der Entwicklung befindliche Eigentum ist.429 Bassenge begründet den gutgläubigen Anwartschaftserwerb mit dem guten Glauben an die (angebliche) Rechtszuständigkeit des Veräußerers. Ein guter Glaube wird durch Besitz vermittelt und durch §§ 932 ff. BGB geschützt.430 Auch nach Larenz bezieht sich der gute Glaube auf die Anwartschaftsberechtigung des Veräußerers, und dieser Glaube ist, ebenso wie beim Eigentum, schutzwürdig.431 Nach anderer Ansicht432 deutet das Vertrauen des Dritten auf die Anwartschaftsrechtsinhaberschaft des Veräußerers auf keinen gesetzlich geschützten Rechtsschein hin. Vom Besitz ergibt sich nur eine Eigentumsvermutung, aber keine Anwartschaftsvermutung für den nicht berechtigten Veräußerer gemäß § 1006 BGB.433 Demzufolge wird die analoge Anwendung der §§ 932 ff. auf den Erwerb des Anwartschaftsrechts unmöglich.434 Dementsprechend verneint Wiegand hier den gutgläubigen Anwartschaftserwerb des Dritten, weil der gute Glaube des Dritten keinen den gutgläubigen Erwerb rechtfertigenden Rechtsscheinstatbestand im Sinne von §§ 932 ff. BGB bildet und auch „nicht mehr als eine Behauptung der Rechtsinhaberschaft des Veräußerers“ ist. Diese Be428 Brox, JuS 1984, 657 (661 f.); Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 39; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 46; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 11 IV 2, S. 270; Raiser, S. 38; Larenz, Schuldrecht, § 43 II c, S. 120; Georgiades, S. 131; Wieling, § 17 III, S. 248 f. 429 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 894; ebenso Brox, JuS 1984, 657 (661). 430 Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 46. Dagegen vertritt Leible, dass kein solcher Rechtsschein einer allgemeinen Restzuständigkeit des Besitzers sich vom Besitz herleitet. S. Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 24. 431 Larenz, Schuldrecht, § 43 II c, S. 120. 432 Flume, AcP 1962, 385 (394 ff.); Wiegand, JuS 1974, 201 (211 f.); Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, § 932 Rn. 130; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 45 Rn. 9; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 64; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 24; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (343); Kindl, ZJS 2008, 477 (485); Medicus/Petersen, § 20 Rn. 475. 433 Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 (235); Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (762 f.). 434 Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (762 f.)
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hauptung ermöglicht aber keine analoge Anwendung des § 932 BGB.435 Hierzu bringt Westermann weitere Begründungen vor: Von dem §§ 932 ff. BGB leitet sich der Rechtsschein auf das Eigentumsrecht ab, aber nicht darauf, dass der Besitzer der tatsächliche Inhaber des Anwartschaftsrechts ist. Dazu beruft sich der nicht berechtigte Veräußerer nicht auf sein Eigentumsrecht, sondern nur auf den Bestand einer schuldrechtlichen Forderung. Daher wird der gute Glaube des Dritten durch die Eigentumsvermutung vorgesehene Vorschrift nicht geschützt.436 Schließlich gibt diese Ansicht, welche das Vertrauen des Dritten auf das Anwartschaftsrecht des Veräußerers durch die Vorschriften über den Schutz der Eigentumsvermutung nicht rechtfertigt, nur dem Interesse des Vorbehaltsverkäufers den Vorrang, nicht dem Interesse des Dritten. (3) Erwerb eines Anwartschaftsrechts vom (Nicht-)Treuhänder Nach dem schweizerischen und türkischen Recht bietet der Besitz des Veräußerers nur einen Rechtsschein über die Existenz „eines dinglichen Rechts“. Für den gutgläubigen Erwerb eines dinglichen Rechts ist jedoch dies vorausgesetzt, dass zwischen dem tatsächlichen Inhaber des Rechts und dem Veräußerer, welcher auf einen Dritten das Eigentum überträgt oder zugunsten eines Dritten ein beschränktes dingliches Recht bestellt hat, ein Treuhandverhältnis besteht (Art. 933 ZGB, Art. 988 türk. ZGB ).437 Überträgt der Treuhänder ein dingliches Recht an einen Dritten, erwirbt der Dritte das Recht, soweit er auf die Verfügungsbefugnis des Veräußerers vertraut und vertrauen darf. Im Rahmen des Kaufverhältnisses unter Eigentumsvorbehalt zeigt sich der Vorbehaltskäufer als Treuhänder, denn der Verkäufer und der Käufer sind damit einverstanden, dass die Sache ab dem Abschluss des Kaufvertrags in der Hand des Käufers liegt.438 In diesem Kaufverhältnis ist jedoch umstritten, ob auch der Erwerb eines Anwartschaftsrechts als gutgläubiger Erwerb vom Treuhänder gesetzlich zu schützen ist. Das Schicksal des Anwartschaftserwerbs eines gutgläubigen Dritten bestimmt sich danach, auf was der Dritterwerber vertraut. Die Bejahung eines gutgläubigen Erwerbs des Anwartschaftsrechts hat sicherlich mit der Frage zu tun, ob der Dritte auf das bedingte Eigentum des Käufers oder auf die Rechtsposition des Käufers vor dem Bedingungseintritt vertraut. Aufgrund oben genannter 435 Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, § 932 Rn. 130 m. w. N.; zur Bezeichnung des guten Glaubens des Dritten über die Anwartschaftsrechtsinhaberschaft des Veräußerers „als bloßes Gerede“ s. Flume, AcP 1962, 385 (396); Kindl, ZJS 2008, 477 (485); Medicus/ Petersen, § 20 Rn. 475; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 45 Rn. 9. 436 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 64. 437 Zum gutgläubigen Erwerb im türkischen Recht s. Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 272 ff. 438 Über das Treuverhältnis zwischen dem Vorbehaltsverkäufer und dem Vorbehaltskäufer s. oben S. 23, unten S. 123, Fn. 49.
90 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Erwägungen kommt man zum Ergebnis, dass der gutgläubige Anwartschaftserwerb nach dem schweizerischen und türkischen Recht nur dann geschützt werden kann, wenn der Käufer als der bedingte Eigentümer angesehen wird und der Dritte auf dessen bedingtes Eigentum vertraut. In einem Beispielfall behandelt Nomer die Frage des gutgläubigen Rechtserwerbs vom angeblichen Vorbehaltskäufer und sieht den Vorbehaltskäufer als Inhaber des bedingten Eigentums an. In dem Beispielfall vereinbaren A (Vorbehaltsverkäufer) und B (Vorbehaltskäufer) einen Eigentumsvorbehalt. Danach verleiht B die Vorbehaltssache dem C. Dann überträgt C sein angebliches bedingtes Eigentum dem gutgläubigen D, indem er sich als Vorbehaltskäufer ausgibt. Nomer bejaht den gutgläubigen Erwerb des Dritten in diesem Fall, mit der Begründung, dass der gute Glaube an das bedingte Eigentum wie der gute Glaube an das unbeschränkte Eigentum durch das Gesetz geschützt wird.439 In dem konkreten Fall erwirbt der Gutgläubige das Volleigentum, wenn der gesamte Kaufpreis bezahlt wird. Dem gutgläubigen Erwerber steht dagegen kein dingliches Besitzrecht zu, daher muss der Erwerber die Sache auf Verlangen des Eigentümers (Vorbehaltsverkäufer) zurückgeben. Durch die Herausgabe der Sache erlischt das Anwartschaftsrecht jedoch nicht; mit dem Bedingungseintritt erlangt der Gutgläubige das Volleigentum.440 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der gutgläubige Dritte das Anwartschaftsrecht gutgläubig erwerben kann, wenn dem Anwartschaftsrecht eine andere Bedeutung als die geschützte Rechtsposition des Käufers vor dem Bedingungseintritt (zwar unzutreffenderweise) beigemessen wird, also wenn der Käufer als Inhaber eines bedingten Eigentums angesehen wird.441 (4) Inhalt des Gutglaubenschutzes Wie oben dargelegt, wird der gutgläubige Erwerb des Anwartschaftsrechts insbesondere in der deutschen Lehre zugelassen. Unklar ist jedoch, mit welchem Inhalt der Gutgläubige das Anwartschaftsrecht erwerben kann. Dazu fragt es sich, wie der Fall ist, wenn der Veräußerer des Anwartschaftsrechts über den Inhalt dieses Rechts dem Erwerber des Anwartschaftsrechts falsche Angaben macht. Ein solcher Fall kommt beispielsweise dann vor, wenn der Veräußerer des Anwartschaftsrechts behauptet, er habe schon vier von fünf Raten bezahlt, obwohl er tatsächlich nur zwei Raten bezahlt hat. Darüber wird in der Lehre die Meinung überwiegend vertreten, dass die Gutgläubigkeit des Erwerbers den Inhalt des Anwartschaftsrechts nicht betrifft. 439
Nomer, Beklenen Haklar, S. 170; vgl. Sirmen, S. 149 f. Nomer, Beklenen Haklar, S. 170 f. 441 Bei der Auslegung des Anwartschaftsrechts als das bedingte Eigentum des Käufers muss jedoch die Gutgläubigkeit des Erwerbers in dem Zeitpunkt der Übertragung des dinglichen Rechts vorhanden sein. Dazu s. Stark/Ernst, BaslerKomm, ZGB II, Art. 933 Rn. 40. 440
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Daher wird das Vertrauen des Erwerbers über die Höhe der gezahlten Raten nicht geschützt. Der Gutgläubige erwirbt das Anwartschaftsrecht erst dann, wenn der gesamte Kaufpreis gezahlt wird.442 II. Rechtsstellungen der Parteien bei dem Eintritt der Bedingung Mit der Zahlung des gesamten Kaufpreises (bzw. mit der Zahlung der letzten Rate) erwirbt der Käufer das unbedingte Eigentum an der Vorbehaltssache „ipso iure“, ohne eine weitere Willenserklärung oder eine Handlung der Vertragsparteien zu benötigen.443 An dieser Stelle ist es gleichgültig, ob der Kaufpreis vom Vorbehaltskäufer oder von einem Dritten bezahlt wurde.444 Erheblich ist allein der Erfolg der restlosen (und rechtzeitigen) Zahlung des Kaufpreises (gem. § 267 Abs. 1 BGB, Art. 68 Abs. 1 OR, Art. 83 türk. OR). Aus Sicht des Vorbehaltsverkäufers bedeutet der Eintritt der Bedingung die Beendigung seines Eigentumsrechts. Eine andere wichtige Rechtsfolge des Bedingungseintritts ist allerdings, dass die in der Schwebezeit erfolgten Verfügungen des Vorbehaltsverkäufers mit dem Bedingungseintritt unwirksam werden, während die zunächst unwirksamen Verfügungen des Vorbehaltskäufers als Rechtserwerb vom Eigentümer wirksam werden.445 III. Rechtsstellungen der Parteien bei dem Nichteintritt der Bedingung Beim Eigentumsvorbehalt scheitert der Bedingungseintritt meist daran, dass der Kaufpreis nicht vollständig gezahlt wird. Tritt die Bedingung nicht ein, bleibt der Vorbehaltsverkäufer der Eigentümer der Sache. Folglich werden seine Zwischenverfügungen an der Sache endgültig wirksam.446 442 Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 45 Rn. 9; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 896 m. w. N.; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 46; a. A. Wieling, § 17 III, S. 248 f. 443 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 62 m. w. N.; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 27, § 158 Rn. 38; Westermann, § 6 II 1 Rn. 164 m. w. N.; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 9; v. Tuhr/Escher, § 86, S. 274; v. Tuhr, BGB‑AT, Bd. II/II, s. 318; Beck, S. 182; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (13 f.); Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 97; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 136, 183; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (195); Aral, AÜHFD 1973, 201 (214); dazu oben S. 72, Fn. 361 genannten Autoren. Hierzu wird vertreten, dass das Eigentum an der Vorbehaltssache nicht stückweise nach jeder Ratenzahlung, sondern in einem Mal bei der Zahlung der letzten Rate auf den Käufer geht. Dazu s. Rühl, S. 88; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 33; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 63. 444 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 136; Aral, AÜHFD 1973, 201 (214); über Zahlung vom Rechtnachfolger des Vorbehaltskäufers s. v. Tuhr/Escher, § 86, S. 272. 445 Ebenso Nomer, Beklenen Haklar, S. 162 f. 446 V. Tuhr/Escher, § 86, S. 277. Über die Unwirksamkeit der Zwischenverfügungen des Vorbehaltsverkäufers s. auch unten S. 113 ff.
92 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Bei dem Ausbleiben der Kaufpreiszahlung erlischt auch das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltsverkäufers.447 In den folgenden Ausführungen wird behandelt, welche Rechte dem Vorbehaltsverkäufer gegenüber dem Vorbehaltskäufer aufgrund des Ausbleibens der Kaufpreiszahlung entstehen. 1. Wahlrecht des Vorbehaltsverkäufers Von den einfachen Kaufverträgen unterscheidet sich der Kaufvertrag unter Eigentumsvorbehalt dadurch, dass die Eigentumsübertragung von der Zahlung des ganzen Kaufpreises abhängig ist. In diesem Kaufverhältnis scheitert der Eintritt der aufschiebenden Bedingung, wenn der Vorbehaltskäufer mit der Zahlung des vereinbarten Kaufpreises in Verzug geraten ist. Nach Art. 226h OR a. F.,448 Art. 259 Abs. 2 türk. OR hat der Vorbehaltsverkäufer drei Wahlrechte bei dem Verzug des Vorbehaltskäufers: Er kann die fälligen Teilzahlungen oder den ganzen Restkaufpreis fordern oder vom Vertrag zurücktreten. Der Vorbehaltsverkäufer kann von dem Kaufvertrag zurücktreten, ohne dass er sich sein Recht auf Rücktritt bereits vorbehalten muss.449 Vorausgesetzt ist jedoch, dass der Käufer sich mit mindestens zwei Teilzahlungen, die zusammen mindestens ein Zehntel des Gesamtkaufpreises ausmachen, oder mit einer einzigen Teilzahlung, die mindestens einen Viertel des Gesamtpreises ausmacht oder mit der letzten Teilzahlung im Verzug befinden muss. Nach Art. 226h OR a. F. hat der Verkäufer dem Käufer eine Frist von mindestens 14 Tagen zu setzen. Auch nach Art. 259 Abs. 3 türk. OR muss der Verkäufer eine Frist von mindestens 15 Tagen setzen, damit er den Restkaufpreis vom Käufer verlangen oder vom Kaufvertrag zurücktreten kann. Bei Nichtzahlung des Kaufpreises kann der Vorbehaltsverkäufer auch nach deutschem Recht vom Kaufvertrag zurücktreten oder unter den Voraussetzungen des §§ 280 Abs. 2, 286 BGB einen Schadenersatz wegen Verzögerung oder nach §§ 280 Abs. 3, 281 Abs. 1 einen Schadenersatz statt der Leistung verlangen.450 Unentbehrlich ist jedoch die Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 1 BGB bei dem Rücktritt und beim Verlangen des Schadenersatzes statt der Leistung.451 Ferner ist beachtlich, dass bei der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts im Rahmen eines Teilzahlungsgeschäfts zwischen einem Unternehmen und einem 447
V. Tuhr/Escher, § 86, S. 277. Beachte Art. 18 des schweizerischen Konsumkreditgesetzes. 449 Ebenso Eren, Borçlar Hukuku, S. 292 f. 450 Emmerich, § 6 Rn. 15; Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 12; über Recht des Vorbehaltsverkäufers auf die Rücknahme der Sache beim Verlangen des Schadenersatzes statt der Leistung gemäß §§ 281 Abs. 4, 985 BGB s. Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 13; Reinicke/ Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 866. 451 Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 13; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 18; Reinicke/ Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 866; Medicus/Lorenz, § 83 Rn. 290. 448
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Verbraucher der Unternehmer wegen Zahlungsverzug nur unter den Voraussetzungen des § 498 BGB vom Kaufvertrag zurücktreten kann.452 2. Rücktritt vom Kaufvertrag Beim Zahlungsverzug des Vorbehaltskäufers besteht eine Möglichkeit des Vorbehaltsverkäufers darin, die Kaufsache durch Rücktritt vom Kaufvertrag zurückzuverlangen. Die Rücknahme der Kaufsache aufgrund des Zahlungsverzugs des Vorbehaltskäufers bildet allerdings einen wichtigen Streitpunkt, sowohl in der Lehre als auch in der Rechtsprechung. Im Folgenden wird deshalb die Beziehung zwischen dem Rücktritt und dem Eigentumsvorbehalt untersucht und die Frage gestellt, ob der Vorbehaltsverkäufer die Vorbehaltssache erst nach dem Rücktritt vom Kaufvertrag zurücknehmen kann. Anders gefragt: Kann der Vorbehaltsverkäufer die Kaufsache unter Berufung seines vorbehaltenen Eigentums, ohne Rücktritt vom Kaufvertrag, herausverlangen? a) Rücknahme ohne Rücktritt Das Recht des Vorbehaltsverkäufers auf Rücknahme der Vorbehaltssache ohne Rücktritt wurde insbesondere im deutschen Recht, während der Geltung des § 455 Abs. 1 BGB a. F., diskutiert. § 455 Abs. 1 BGB a. F. stellte ausdrücklich fest, dass der Verkäufer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt ist, wenn der Käufer mit der Zahlung in Verzug gekommen ist. In der deutschen Rechtsprechung wurde das rücktrittsunabhängige Rücknahmerecht des Verkäufers zum ersten Mal in einem Urteil des BGH von 1961 zum Ausdruck gebracht. Nach dem deutschen Senat konnte der Vorbehaltskäufer beim Zahlungsverzug des Vorbehaltskäufers die Kaufsache ohne Rücktritt vom Vertrag herausverlangen.453 Dieses Recht auf Herausverlangen der Vorbehaltssache ergebe sich aus dem Eigentumsvorbehalt. Entsprechend dieser Rechtsprechung ging Serick von einem persönlichen Recht des Vorbehaltsverkäufers aus, mit welchem er die Sache ohne Rücktritt zurückverlangen kann. Seiner Ansicht nach liegt nicht unbedingt eine Rücktrittserklärung im Herausverlangen der Sache, sondern hat der Vorbehaltsverkäufer zwei Möglichkeiten im Falle des Verzugs des Käufers: „die Sache durch den Rücktritt vom Kaufvertrag zurückzuverlangen oder die Sache unter Berufung auf das vorbehaltene Eigentumsrecht zu Sicherungszwecken herauszuverlangen 452
Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 72. BGH, NJW 1961, 1011 ff. Dazu Putzo, Palandt, BGB, 61. Aufl., § 455 Rn. 27; Blomeyer, JZ 1968, 691. Zum Schrifttumhinweis Honsell, JuS 1981, 705 (709), Fn. 60; Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., § 455 Rn. 31. 453
94 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem und gleichzeitig am Kaufvertrag festzuhalten, damit er entweder den Kaufpreisanspruch weiterverfolgen oder auf Grund von § 326 BGB versuchen kann, Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu fordern“.454 Eine ähnliche Ansicht wurde im türkischen Schrifttum von Serozan vertreten. Nach Serozan unterscheidet sich der Kauf unter Eigentumsvorbehalt von einem einfachen Abzahlungskauf dadurch, dass der Vorbehaltsverkäufer im Falle des Zahlungsverzugs des Vorbehaltskäufers die Sache herausverlangen kann, indem er lediglich seinen Herausgabeanspruch geltend macht.455 Außerdem vertritt er, dass das Besitzrecht des Vorbehaltskäufers weiterbesteht, solange der Vorbehaltskäufer seine Pflicht zur Zahlung erfüllt. Kommt er mit der Zahlung in Verzug, verliert das Besitzrecht des Käufers seine rechtliche Grundlage, daher wird der Vorbehaltsverkäufer zur Rücknahme der Sache berechtigt.456 Die Anerkennung des Rechts des Vorbehaltsverkäufers auf eine rücktrittsunabhängige Rücknahme der Sache ist insbesondere in dem Punkt wichtig, dass der Vorbehaltsverkäufer dann die Vorbehaltssache bis zur Zahlung des vollen Kaufpreises und zu Sicherungszwecken vorläufig an sich nehmen kann. b) Rücknahme aufgrund des Rücktritts aa) Im Rahmen des deutschen Rechts Gegen die Ansicht für eine Rücknahme ohne Rücktritt wurde eine andere Meinung im Schrifttum und in der Rechtsprechung hervorgebracht, wonach der Vorbehaltsverkäufer die Kaufsache allein aufgrund des Verzugs des Vorbehaltskäufers nicht verlangen kann, sondern erst durch den Rücktritt vom Kaufvertrag unter den Voraussetzungen der §§ 323 ff. BGB.457 Um vom Vertrag zurückzutreten, muss der Vorbehaltsverkäufer zuerst gem. § 323 Abs. 1 BGB eine Nachfrist zur Zahlung setzen, nach ihrem Ablauf ist der Rücktritt erst möglich.458 Diese Gegenansicht trifft man im deutschen Schriftum und in der deutschen Rechtsprechung schon während der Geltung des § 455 BGB a. F. In einem Urteil aus dem Jahr 1970 rückte der BGH von seiner alten Rechtsprechung (BGH, NJW 1961, 1011 ff.) ab und hat seine Ansicht ausführlich zum Ausdruck gebracht,
454
Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 7 II 3, S. 132 f.; w. N. b. Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 31. Über eine Rücknahme der Sache nur durch Geltendmachung des Herausgabeanspruchs s. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 104; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 160 ff.; Feyzioğlu, S. 169; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (190). 455 Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (190) m. w. N. 456 Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (190, 193). 457 Raiser, S. 73; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 22; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 67. 458 Schulze/Kienle, NJW 2002, 2842 ff.; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 18.
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dass für die Herausgabe der Sache der Rücktritt vom Kaufvertrag vorausgesetzt ist.459 Nach dem BGH entsteht ein Recht des Vorbehaltskäufers zum Besitz der Kaufsache mit der Übergabe. Der zum Besitz berechtigte Vorbehaltskäufer kann das Herausgabeverlangen des Verkäufers nach § 985 BGB verweigern (s. § 986 BGB). Bei dem Zahlungsverzug des Vorbehaltskäufers muss der Vorbehaltsverkäufer erst den Kaufvertrag auflösen, da das Besitzrecht des Vorbehaltskäufers durch bloßen Verzug nicht erlischt.460 Um den Vertrag aufzulösen, kann der Vorbehaltsverkäufer gemäß § 326 BGB eine Frist setzen und nach dem fruchtlosen Fristablauf von dem Kaufvertrag zurücktreten oder wegen Nicherfüllung einen Schadenersatz verlangen. In der Fristsetzung sah der BGH auch keine Erschwerung der Durchsetzung des Herausgabeanspruchs vom Vorbehaltsverkäufer. Dazu stellte der BGH fest, dass allein die Vorleistung vom Vorbehaltsverkäufer (Besitzschaffung an der Vorbehaltssache) sein Recht auf Herausgabe der Sache ohne Rücktritt nicht rechtfertigt. Nach BGH ergibt sich ein solches Recht des Verkäufers nicht aus § 320 BGB. Im Übrigen verneinte der BGH, einen unverhältnismäßigen Druck auf den Vorbehaltskäufer dadurch auszuüben, dass der Vorbehaltsverkäufer den Kaufvertrag aufrechterhält und gleichzeitig die Vorbehaltssache vorübergehend zurückverlangt. Diesen Gedanken begründete der BGH mit der hinreichend geschützten Rechtsposition des Vorbehaltsverkäufers. Danach ist der Verkäufer sowohl vor den Verfügungen des Käufers als auch vor dem Zugriff von den Gläubigern des Käufers auf die Sache schon gesichert. Weiterhin erklärte der BGH, dass der Eigentumsvorbehalt nicht die Kaufpreisforderung des Vorbehaltsverkäufers sichert, sondern seine Rechte bei der Auflösung des Vertrags.461 Ein Recht des Verkäufers auf die vorübergehende Rücknahme der Sache widerspricht auch dem wirtschaftlichen Sinn solcher Kaufverträge, in denen es sich um den Kauf von Investitionsgütern handelt, die der Käufer in der Produktion einsetzt, damit er den Kauf finanzieren kann.462 459
BGH, NJW 1970, 1733 ff. Bejahend Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 17; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 59. Demgegenüber vertritt Honsell, dass die Beseitigung des Besitzrechts des Vorbehaltskäufers nicht den ganzen Kaufvertrag aufzulösen braucht, da das Besitzrecht nicht auf dem Kaufvertrag, sondern auf der Vorbehaltsabrede beruht. Im Übrigen besteht das Besitzrecht des Vorbehaltskäufers gemäß dem Zug-um-Zug-Prinzip des § 320 BGB weiter, solange der Vorbehaltskäufer seine vertragliche Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises erfüllt. Beim Zahlungsverzug des Vorbehaltskäufers kann der Vorbehaltsverkäufer deshalb durch die Einhaltung des Vertrags einen Druck ausüben und den Vorbehaltskäufer zur Zahlung zwingen. S. Honsell, JuS 1981, 705 (709 f.); Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 21, 31. 461 Dagegen Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 31. 462 BGH, NJW 1970, 1733 (1735); dazu Hermann Lange, „Eigentumsvorbehalt und Herausgabeanspruch des Vorbehaltsverkäufers – BGHZ 54, 214“, Juristische Schulung, Heft 10, München 1971, 511 (513 ff.); Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 3. Aufl., § 455 Rn. 38; 460
96 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BGH (BGH, NJW 1970, 1733 ff.) lehnte der Gesetzgeber die Herausgabe der Sache ohne Rücktritt während der Modernisierung des Schuldrechts mit der Begründung ab, dass kein Bedürfnis besteht, dem Verkäufer die Rücknahme seiner Ware zu gestatten und gleichzeitig den Vertrag – unter Wegfall der Vorleistungspflicht – aufrechtzuerhalten. Eine solche Privilegierung der vorleistenden Vertragspartei ist dem Schuldrecht auch sonst fremd.463 Dementsprechend stellte der deutsche Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 449 Abs. 2 BGB klar, dass der Verkäufer die Sache beim Zahlungsverzug des Vorbehaltskäufers nur herausverlangen kann, wenn er vom Vertrag zurücktrittt.464 Für die Geltendmachung des Rücktritts vom Kaufvertrag – anders als bei § 455 BGB a. F.465– muss der Vorbehaltsverkäufer aber zunächst dem Vorbehaltskäufer eine Frist zur nachträglichen Zahlung setzen (§§ 449 Abs. 2, 323 Abs. 1 BGB), sodass der Vorbehaltsverkäufer erst nach dem erfolglosen Fristablauf vom Kaufvertrag zurücktreten kann.466 Auch in der Lehre wird eine kurze Fristsetzung mit Rücksicht auf das Sicherungsinteresse des Verkäufers vorgeschlagen.467 Die Fristsetzung ist jedoch dann entbehrlich, wenn ein Ausnahmefall des § 323 Abs. 2 BGB vorliegt. Außerdem müssen die weiteren Rücktrittsvoraussetzungen gemäß §§ 508 Abs. 2 S. 1, 498 BGB bei einem Teilzahlungskauf zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher erfüllt werden. In diesem Zusammenhang könnte man eine andere Frage stellen, nämlich ob die Vertragsparteien trotz des Verbots der Rücknahme der Sache ohne Rücktritt eine Vereinbarung über die Rücknahme der Sache beim Bestehenbleiben des Kaufvertrags treffen können.
Blomeyer, JZ 1971, 184 (186); Leible/Sosnitza JuS 2001, Heft 3, 244 (245) m. w. N.; Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 112 m. w. N.; Habersack/Schürnbrand, JuS 2002, 833 (836) m. w. N.; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 868; a. A. Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 31. 463 Begründung des Regierungsentwurfs zu § 448 Abs. 2 BGB, BT‑Drucks. 14/6040, S. 241. 464 Dazu s. Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 26 m. V. a. BGH, NJW‑RR 2008, 818; Wieling, § 17 I, S. 245; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 14; Saenger, Schulze, § 449 Rn. 8. 465 Über einen fristlosen, also sofortigen Rücktritt gem. § 455 BGB a. F. s. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 7 II 2, S. 131 f. 466 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 3. Aufl., § 455 Rn. 31; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 11; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 59; Saenger, Schulze, § 449 Rn. 7; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 61; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 18. Auch über die Abdingbarkeit der Fristsetzung gem. § 449 Abs. 2 BGB s. Habersack/Schürnbrand, JuS 2002, 833 (835); Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 77 f.; über die Vereinbarung eines fristlosen Rücktrittrechts in AGB s. Schulze/Kienle, NJW 2002, 2842 ff.; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 865 m. w. N. 467 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 3. Aufl., § 455 Rn. 31.
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Eine individualvertragliche Vereinbarung über ein vom § 449 Abs. 2 BGB abweichendes Rücknahmerecht erkennt die herrschende Meinung an,468 demgegenüber ist die formularmäßige Vereinbarung in AGB umstritten.469 Die formularmäßige Vereinbarung der Rücknahme ohne Rücktritt hält Koch für unwirksam, da § 449 Abs. 2 BGB eine Schutznorm ist und eine von dieser Regelung abweichende Vereinbarung sowohl im Verbraucherverkehr als auch im Unternehmerverkehr dem Inhalt des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB entgegensteht.470 Auch beschloss der BGH in einem Urteil aus dem Jahr 2007 die Unwirksamkeit der von § 449 Abs. 2 abweichenden Klausel in AGB, weil eine solche Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Käufers im nicht unternehmerischen Geschäftsverkehr darstellt (§ 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1 BGB).471 Nach dem BGH ist der in § 449 Abs. 2 BGB normierte Grundsatz „keine Rücknahme ohne Rücktritt“ nicht lediglich eine Zweckmäßigkeitserwägung, sondern Ausdruck von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung im Sinne der §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 449 Abs. 2 BGB, die dem Sicherungsbedürfnis des Vorbehaltskäufers dient.472 Könnte der Vorbehaltsverkäufer die Vorbehaltssache ohne Rücktritt, allein aufgrund des Eigentumsvorbehalts zurückverlangen, wäre der Vorbehaltskäufer ohne den Erhalt der Kaufsache zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Davor soll aber der Eigentumsvorbehalt den Vorbehaltskäufer bewahren.473 Doch steht eine Klausel, die dem Vorbehaltsverkäufer das Recht zur Rücknahme der Sache unter Aufrechterhaltung des Kaufvertrags anerkennt, der vereinbarten Risikoverteilung beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt entgegen.474 468 BGH, NJW 1961, 1011; 1978, 417; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 3. Aufl., § 455 Rn. 38; Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 8, 30; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 62 m. w. N.; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 868; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 79 m. H. a. unwirksame Vereinbarung gem. § 508 Abs. 2 S. 5 BGB im Rahmen des Teilzahlungsgeschäfts. 469 Für wirksame Vereinbarung durch AGB gegenüber Kaufleuten s. Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 3. Aufl., § 455 Rn. 38, auch § 449 Rn. 38; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 14; Habersack/Schürnbrand, JuS 2002, 833 (836 f.). 470 Robert Koch, „Auswirkungen der Schuldrechtsreform auf die Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen“, Wertpapier Mitteilungen, Heft 45, 2002, 2217 (2227 f.); ebenso Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 65. 471 BGH, BeckRS 2008, 02884. 472 Dementsprechend Habersack/Schürnbrand, JuS 2002, 833 (836 f.) mit Anerkennung des Schutzbedürfnisses auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr und daher eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB bei der Vereinbarung in AGB; über zugelassene AGB‑Bestimmung im kaufmännischen Geschäftsverkehr s. Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 38. 473 BGH, BeckRS 2008, 02884 m. V. a. Habersack/Schürnbrand, JuS 2002, 833 (836); Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 14; früher im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens s. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 448 Abs. 2 BGB‑E, BT‑Drucks. 14/6040; s. auch BT‑Drucks. 14/6857, S. 62. 474 BGH, BeckRS 2008, 02884 m. V. a. Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 14; dazu Habersack/Schürnbrand, JuS 2002, 833 (836).
98 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem bb) Der Rechtszustand im türkischen und schweizerischen Recht Das Recht des Vorbehaltsverkäufers auf Herausverlangen der Vorbehaltssache beim Zahlungsverzug des Vorbehaltskäufers wird im ZGB und im türk. ZGB anders als im BGB geregelt. In Art. 716 ZGB ist normiert: „Gegenstände, die mit Eigentumsvorbehalt übertragen worden sind, kann der Eigentümer nur unter der Bedingung zurückverlangen, dass er die vom Erwerber geleisteten Abzahlungen unter Abzug eines angemessenen Mietzinses und einer Entschädigung für Abnützung zurückerstattet.“ Demgegenüber werden in Art. 765 türk. ZGB die Einzelheiten des Herausverlangens der Sache vom Verkäufer nicht geregelt, die Herausgabe der Vorbehaltssache ist den Vorschriften über Abzahlungsgeschäften im OR untergeworfen. Im türkischen Recht vertritt Serozan, dass der Vorbehaltsverkäufer die Vorbehaltssache allein durch Geltendmachung des Herausgabeanspruchs zurücknehmen kann, wenn der Vorbehaltskäufer sich mit der Kaufpreiszahlung im Verzug befindet. Die Vorbehaltssache zurückzunehmen und gleichzeitig am Kaufvertrag festzuhalten, sieht er für den Vorbehaltsverkäufer als vorteilhaft an. Dadurch wird es dem Vorbehaltsverkäufer ermöglicht, die Sache bis zur Tilgung des vollen Kaufpreises zur Sicherung seines Kaufpreisanspruchs vorübergehend zurückzunehmen.475 Dagegen vertritt die herrschende Meinung, dass der Vorbehaltsverkäufer die Sache vom in Verzug geratenen Vorbehaltskäufer erst dann zurücknehmen darf, wenn er vom Kaufvertrag zurücktritt. Mit der Übergabe der Sache erwirbt der Vorbehaltskäufer ein Recht zum unmittelbaren Besitz, dessen Existenz vom Weiterbestehen des Geschäftsverhältnisses zwischen den Parteien abhängig ist. Auch ist der Vorbehaltsverkäufer nicht berechtigt, den unmittelbaren Besitz an der Sache wiederzuerlangen, solange der Kaufvertrag weiter besteht.476 Schließlich muss der Vorbehaltsverkäufer zunächst den Vertrag durch Rücktritt gemäß Art. 765 türk. ZGB, Art. 259 f. türk. OR aufheben477 und dadurch das Besitzrecht des Vorbehaltskäufers beseitigen,478 damit er die Vorbehaltssache zurückverlangen kann. Aus dem Wortlaut des Art. 259 Abs. 2 türk. OR leitet sich 475
Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (190); dagegen Rona Serozan, Borçlar Hukuku Özel Bölüm, 2. Auflage, Istanbul 2006, S. 181. 476 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 7, 65; Oğuzman/Seliçi/OktayÖzdemir, Rn. 2620. 477 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 104 a; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 65; in der türkischen Rechtsprechung s. Yargıtay 13. HD, E. 1995/8654, K. 1995/10997, T. 08. 12. 1995. Anders allerdings Honsell, Obligationenrecht, § 14, S. 134; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 495. Zur Verpflichtung des Vorbehaltsverkäufers zur Bekanntmachung des Rücktritts s. Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 7, 65; Yargıtay 13. HD., E. 1995/8654, K. 1995/10997, T. 08. 12. 1995. 478 Dementsprechend Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 7, 65 und Art. 716 Rn. 5; Oser/Schönenberger, ZüKomm, Bd. V, 2. Halbbd., Art. 226 Rn. 11; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 35.
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auch kein weiteres Wahlrecht des Vorbehaltsverkäufers auf Herausverlangen der Sache ohne Rücktritt ab.479 Nach dem Rücktritt von einem einfachen Abzahlungsvertrag hat der Verkäufer im Prinzip ein persönliches Recht auf Rücknahme der Sache. Meiner Meinung nach unterscheidet sich der Kaufvertrag unter Eigentumsvorbehalt von einem einfachen Abzahlungsgeschäft in dem Punkt, dass der Verkäufer im Rahmen des Eigentumsvorbehalts kein persönliches, sondern ein dingliches Recht auf die Rücknahme der Sache beim Rücktritt hat. Anders gesagt bewirkt der Eigentumsvorbehalt auf diese Weise, dass er das Recht des Verkäufers auf die Rücknahme der Sache aufgrund des Rücktritts verdinglicht.480 Auch die Frage, ob die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs gleichzeitig eine Rücktrittserklärung bedeutet,481 ist zu verneinen, da die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs allein nicht zur Beseitigung des Kaufvertrags führt. Setzt man die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs mit der Rücktrittserklärung gleich, dann führt dies zu der Ansicht „Rücknahme ohne Rücktritt“, die bisher verneint worden ist. Umstritten ist auch die Beziehung zwischen dem Herausgabeanspruch und dem Rücktrittsrecht des Verkäufers. Nach Art. 765 türk. ZGB ist die Rücknahme der Sache unter den Voraussetzungen des Rücktritts von den Abzahlungsgeschäften (Art. 259 ff. türk. OR) geregelt.482 Gemäß Art. 259 Abs. 2 S. 2 türk. OR (dementsprechend Art. 226h OR a. F.) ist das Rücktrittsrecht des Verkäufers im Rahmen eines Abzahlungsgeschäfts davon abhängig, dass der Verkäufer sich sein Rücktrittsrecht ausdrücklich vorbehalten hat. Daraus ergibt sich die Frage, ob auch der Vorbehaltsverkäufer sich sein Rücktrittsrecht vorher und ausdrücklich vorbehalten haben muss, um bei dem Zahlungsverzug des Vorbehaltskäufers vom Kaufvertrag zurückzutreten zu können. Oder ist das Rücktrittsrecht 479
Gümüş, § 2, S. 172, 173; vgl. Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (190). Über das verdinglichte Rücktrittsrecht s. Beck, S. 193; Nomer, Beklenen Haklar, S. 150, 153; Gümüş, § 2, S. 172 f. 481 Bejahend von Beck, S. 191 f.; Serozan, Borçlar Özel, S. 181. Dazu s. a. Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 30 m. w. N. Beachtlich ist, dass die Rücknahme der aufgrund des zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer abgeschlossenen Teilzahlungsgeschäfts gelieferten Kaufsache nach § 508 Abs. 2 S. 5 BGB als Ausübung des Rücktrittsrechts gilt. 482 Der türkische Gesetzgeber regelt die Rechtsposition der Vertragsparteien bei dem Ausbleiben der Zahlung und die daraus folgende Unmöglichkeit des Bedingungseintritts nur mit Rücksicht auf die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts im Rahmen des Abzahlungsvertrags, in welchem der Eigentumsvorbehalt öfter vereinbart ist. Der Eigentumsvorbehalt kann zwar nicht nur im Rahmen des Abzahlungsvertrags, sondern auch in verschiedenen Vertragstypen vereinbart werden. Offengelassen ist aber, welche Vorschriften Anwendung finden, wenn der Eigentumsvorbehalt in keinem Abzahlungsvertrag, sondern in einem anderem Vertragstyp vereinbart ist. Nach Elbir sind Art. 259, 260 türk. OR auch bei den anderen Verträgen anzuwenden, bei denen die Eigentumsübertragung mit der Zahlung des Kaufpreises verbunden ist. S. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 154, 155. 480
100 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem des Vorbehaltsverkäufers von der Struktur des Eigentumsvorbehalts her in sich vorbehalten? Nach herrschender Meinung liegt eine konkludente Rücktrittsvereinbarung selbst im Eigentumsvorbehalt vor. Demgemäß ist das einseitige Rücktrittsrecht des Vorbehaltsverkäufers bereits bei der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts miteingeschlossen,483 also stellt der Eigentumsvorbehalt eine Ausnahme von Art. 214 Abs. 3 OR, Art. 259 Abs. 2 türk. OR dar.484 Auch wird vertreten, dass die konkludente Rücktrittsvereinbarung auch dann vorliege, wenn der Eigentumsvorbehalt vereinbart, aber nicht in das Register eingetragen ist.485 In diesem Fall hat der Vorbehaltsverkäufer keinen dinglichen Herausgabeanspruch, sondern nur ein rein obligatorisch wirkendes Recht auf die Rückgabe der Vorbehaltssache.486 Mit Recht vertritt Beck, dass der Eigentumsvorbehalt seinen Zweck (nur) dann erreichen kann, wenn der Rücktrittsvorbehalt im Eigentumsvorbehalt mitenthalten wäre.487 Nach Beck dient der Eigentumsvorbehalt dem Zweck, den Vorbehaltsverkäufer im Falle des Zahlungsverzugs des Vorbehaltskäufers durch seine eigene Sache zu sichern. Um die Sache vom Vorbehaltskäufer zurücknehmen zu können, muss der Vorbehaltsverkäufer aber zuerst den Kaufvertrag auflösen. Solange der Kaufvertrag weiter existiert, bleibt der Vorbehaltsverkäufer dem Vorbehaltskäufer zur Verschaffung des unmittelbaren Besitzes verpflichtet. Den Kaufvertrag löst der Vorbehaltsverkäufer zwar durch den Rücktritt vom Kaufvertrag auf.488 Eine konkludente Rücktrittsvereinbarung im Eigentumsvorbehalt anzusehen, hat folglich eine praktische Bedeutung.
483 BGE 60 II 413,73 III 168, 88 II 81 (85, 85), 78 III 168, 90 II 285 (292); Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 7; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 46, 73; Honsell, Obligationenrecht, § 8, S. 67; Peter Gauch/Viktor Aepli/Hugo Casanova, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil mit Einschluss des Handels- und Wertpapierrechts (Art. 184–1186), 4. Auflage, Zürich 1998, Art. 24 Abs. 3; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 35, 36; Yargıtay 13. HD., E. 1995/8654, K. 1995/10997, T. 08. 12. 1995; Aral, AÜHFD 1973, 201 (214) m. w. N.; Serozan, Borçlar Özel, S. 181; Eren, Borçlar Hukuku, S. 293; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (419). 484 Beck, S. 70 ff., 199; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 7. 485 BGE 90 II 285 (292); Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 9; Honsell, Obligationenrecht, § 8, S. 67; Gauch/Aepli/Casanova, Art. 24 Abs. 3; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, s. 160 ff. insb. S. 163 m. w. N.; Gümüş, § 2, S. 172, 173. Dagegen Beck, S. 72 f.; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 7. 486 BGE 90 II 285 (292) m. V. a. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 73, 103. 487 Beck, S. 70 f., 199. 488 Ebenso Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 7; Oser/Schönenberger, ZüKomm, Bd. V, 2. Halbbd., Art. 226 Rn. 11; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 35.
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c) Wirkungen des Rücktritts Durch den Rücktritt wird bezweckt, die vor dem Vertragsschluss bestehende Rechtslage wiederherzustellen. Das Rücktrittsrecht zeigt sich als Gestaltungsrecht, dessen Ausübung nicht zum Erlöschen ex tunc des Kaufvertragsverhältnisses, sondern zur Umwandlung des ursprünglichen Vertrags in ein Rückabwicklungsverhältnis führt.489 489 Nach der Lehrmeinung in Deutschland führt der Rücktritt vom Vertrag nicht zum Erlöschen des Vertrags ex tunc, sondern zur inhaltlichen Umwandlung des ursprünglichen Vertragsverhältnisses in ein Rückabwicklungsverhältnis. Nach dieser sog. Rückabwicklungstheorie sind die betreffenden Rückleistungspflichten der Parteien vertraglicher Natur, und erst durch die Erfüllung der Rückleistungspflichen wird der vorvertragliche Zustand wiederhergestellt. Dazu s. Heinrich Stoll, Die Wirkungen des vertragsmäßigen Rücktritts, Bonn 1921, S. 19, 21 ff., 34; Hans Georg Leser, Der Rücktritt vom Vertrag, Abwicklungsverhältnisse bei Leistungsstörungen, Tübingen 1975, S. 159 ff.; Josef Esser/Eike Schmidt, Schuldrecht, Bd. I, Teilband I: Entstehung, Inhalt und Beendigung von Schuldverhältnissen, 8. Auflage, Heidelberg 1995, § 19 III; Dagmar Kaiser, Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge wegen Nichtund Schlechterfüllung nach BGB, Tübingen 2000, S. 7; Kaiser, Staudinger, BGB, Buch 2, § 346 Rn. 1; Bamberger/Roth, BGB, § 346 Rn. 1; Hans Brox/Dietrich Walker, Allgemeines Schuldrecht, 40. Auflage, München 2016, § 18 Rn. 2; Peter Schlechtriem, Schuldrecht Besonderer Teil, 6. Auflage, Tübingen 2003, § 6 Rn. 156; vgl. auch Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (191); Serozan, Sözleşmeden Dönme, S. 90; BGE 114 II 152 ff.; Peter Gauch, „Wirkung des Rücktritts und Verjährung des Rückforderungsanspruchs bei Schuldnerverzug (Anerkennung der Umwandlungstheorie), Bemerkungen zu BGE 114 II 152 ff.“, recht 4/1989, 122 ff. Die Wirkungen des Rücktritts sind dagegen in der Schweiz und der Türkei immer noch umstritten. Die Rückabwicklungstheorie, die auch in der Gesetzesbegründung zu § 346 BGB ausdrücklich anerkannt ist (s. BT‑Drucks. 14/6040), hat jedoch kein großes Interesse in der Schweiz und der Türkei erweckt. Im schweizerischen und türkischen Recht werden vielmehr die sogenannte Bereicherungstheorie und sogenannte Vertragstheorie vertreten. Nach der sogenannten Bereicherungstheorie erlischt das schuldrechtliche Rechtsgeschäft mit der Rücktrittserklärung ex tunc. In dieser Theorie wird verneint, dass sich der Vertrag infolge des Rücktritts in ein Rückabwicklungsverhältnis umwandelt. Darüber hinaus wird in der Bereicherungstheorie vertreten, dass die bereits erbrachten Leistungen nach den bereicherungsrechtlichen Vorschriften (Art. 62–67 OR, Art. 79–81, 82 türk. OR) zurückgewährt werden müssen. Weil der ursprüngliche Vertrag durch den Rücktritt zum Erlöschen gebracht wird, stellen die bereits erhaltenen Leistungen rechtsgrundlos erworbene Vorteile (bzw. ungerechtfertigte Bereicherungen) dar. Dementsprechend s. Paul Oertmann, „Die Bedeutung der Rücktrittserklärung“, Dr. Seuffert’s Blätter, 69. Jahrgang, Nr. 4, Erlangen 1904, 65 (71 ff.); v. Tuhr/Escher, § 73 VII, S. 155 f.; Oser/ Schönenberger, ZüKomm, Bd. V, 1. Halbbd., Art. 109 Rn. 2; Max Keller/Christian Schöbi, Das Schweizerische Schuldrecht, Bd. I: Allgemeine Lehren des Vertragsrechts, Basel 1988, S. 277; Oğuzman/Öz, Bd. I, Rn. 1688 ff.; M. Turgut Öz, „Borçlu Temerrüdünde Sözleşmeden Dönmenin Bu Sözleşme Gereğince Kazanılmış Ayni Haklara Etkisi ve Klasik Dönme Kuramı ile Yeni Dönme Kuramının Kısa Bir Karşılaştırmalı Eleştirisi“, Mukayeseli Hukuk Araştırmaları Dergisi, Jahr 13, Heft 16, 1979–80–81, Istanbul 1985, S. 131 (138 f.); Ferit Hakkı Saymen/Halid Kemal Elbir, Türk Borçlar Hukuku, Istanbul 1958, S. 756, 757; Safa Reisoğlu, Sebepsiz İktisap Davasının Genel Şartları, Ankara 1961, S. 36; BGE 25 II, s. 399; BGE 57 II 323; BGE 60 II 28; BGE 61 II 256; BGE 63 II 258; BGE 64 II 268; BGE 88 II 85; BGE 90 II 285; BGE 109 II 29; Yargıtay 15. HD. E. 1976/535, K. 1977/653, T. 17. 03. 1977; Yargıtay HGK., E. 1982/15–356, K. 1982/817, T. 06. 10. 1982; Yargıtay 15. HD., E. 2007/1276, K. 2008/2431, T. 14. 04. 2008. Nach einer anderen sogenannten Vertragstheorie führt der Rücktritt, wie in der Bereicherungstheorie, zum ex tunc Erlöschen des Vertrags. Die Vertragstheorie unterscheidet sich von
102 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Als Folge des Rücktritts von einem Eigentumsvorbehalt enthaltenen Kaufvertrag tritt die Bedingung nicht mehr ein,490 dazu entfällt das Recht des Vorbehaltskäufers zum Besitz491 und auch dessen Anwartschaftsrecht492. Nach der Ausübung des Rücktrittsrechts ist der Vorbehaltsverkäufer nicht mehr zur Besitzschaffung und zur Übertragung des unbedingten Eigentums verpflichtet. Daher kann der Verkäufer die Kaufsache zurückfordern, zwar gegen Rückzahlung des bisher geleisteten Kaufpreises.493 Nunmehr stehen den Parteien Rückgewährsanprüche zu. Die bereits erbrachten Leistungen müssen zurückgewährt werden (gemäß §§ 346 ff. BGB, Art. 716 ZGB, Art. 226h OR a. F., Art. 765 türk. ZGB, Art. 260 Abs. 1 türk. OR). Auch ist der Vorbehaltsverkäufer verpflichtet, die bereits bezahlten Raten (mit Zinsen494) dem Vorbehaltskäufer zurückzuerstatten.495 Andernfalls kann der Vorbehaltskäufer die Rückgabe der Vorbehaltssache bis zur Rückerstattung der Kaufpreiszahlung verweigern.496 Auch eine Verfallklausel wird im schweizerischen und türkischen Recht für nichtig gehalten, wonach die Vorbehaltssache ohne Rückder Bereicherungstheorie in dem Punkt, dass diese Theorie die bereits erbrachten Leistungen nicht wie rechtsgrundlose Bereicherungen zum Vorteil des Käufers ansieht. Der Rückgewähransprüche der Parteien sind nicht bereicherungsrechtliche Ansprüche, hier liegen besondere vertragliche Rückgewähransprüche vor. Infolge des Rücktritts entsteht ein besonderes schuldrechtliches Verhältnis zwischen den Parteien im Sinne der Art. 109 OR (Wirkungen des Rücktritts), Art. 125 türk. OR (Wahlrechte des Gläubigers). In dieser Theorie ist es besonders gewollt, dass die Rückgewähransprüche der Parteien einer längeren Verjährungsfrist unterstehen. Dazu s. Paul Piotet, „Akdin Feshinden Sonra Edimlerin İadesi“, Prof. Dr. Kemal Oğuzman’ın Anısına Armağan, Übersetzung von: İlhan Helvacı, Istanbul 2000, S. 917 (923). Im Allgemeinen zum Meinungsstreit über die Wirkungen des Rücktritts s. auch Oğuzman/Öz, Bd. I, Rn. 1688 ff.; Vedat Buz, Borçlunun Temerrüdünde Sözleşmeden Dönme, 2. Auflage, Ankara 2014, S. 117 ff. 490 Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 19; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 36; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 864; Nomer, Beklenen Haklar, S. 150. 491 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 66; Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 111; Saenger, Schulze, § 449 Rn. 9; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 41; Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 12; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 19; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 864. 492 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 66; Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 26 m. V. a. BGH, NJW‑RR 2008, 818; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 19; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 36, 62; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 21; Baur/Baur/ Stürner, § 59 Rn. 19. 493 Ausdrücklich wird in § 346 Abs. 1 Hs. 2 BGB geregelt, dass mit der Vorbehaltssache auch die gezogenen Nutzungen bzw. Früchte und Gebrauchsvorteile herauszugeben sind. Nach Beck kann der Vorbehaltsverkäufer nur die Früchte herausverlangen, die bei der Auflösung des Vertrags von der Sache noch nicht getrennt waren. S. Liver, SPR, § 52, S. 335 m. w. N; Beck, S. 194. 494 Eine Vorschrift über die Rückerstattung mit Zinsen fehlt zwar im türkischen Gesetz. Zur Rückerstattung mit Zinsen s. Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 495; Gümüş, § 2, S. 177, und dort genannte Autoren. 495 BT‑Drucks. 14/6857, S. 62; Liver, SPR, § 52, S. 335. Über den Kreditkauf, bei welchem der Kaufpreis in gewisser Zeit und in einem Mal gezahlt werden muss, s. Haab/Scherrer/ Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 116. 496 Akipek/Akıntürk, S. 589. Nach einer Ansicht steht dem Vorbehaltskäufer ein Retentionsrecht zu. Dazu s. Beck, S. 199.
C. Wirkungen des Eigentumsvorbehalts
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erstattung der bisher gezahlten Raten, also unentgeltlich an den Vorbehaltsverkäufer zurückfällt, wenn der Vorbehaltskäufer den Kaufpreis nicht rechtzeitig zahlt.497 Für die vor der Auflösung des Kaufvertrags gemachten Verwendungen kann der Vorbehaltskäufer vom Vorbehaltsverkäufer auch einen Ersatz verlangen, soweit sie notwendig und nützlich waren (§ 347 Abs. 2 BGB, Art. 939 Abs. 1 ZGB, Art. 994 Abs. 1 türk. ZGB).498 Die Verwendungen nach der Auflösung des Kaufvertrags gelten jedoch als Verwendungen eines bösgläubigen Besitzers, und für diese Verwendungen steht dem Vorbehaltsverkäufer ein Schadenersatz nur dann zu, wenn diese Verwendungen auch für den Berechtigten notwendig gewesen wären (§ 994 Abs. 2 BGB mit Verweis auf §§ 683, 679, 684 S. 2 BGB (nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag),499 Art. 940 Abs. 2 ZGB, Art. 995 Abs. 2 türk. ZGB). Für die anderen Verwendungen steht dem Vorbehaltskäufer ein Wegnahmerecht zu. Danach darf der Vorbehaltskäufer vor der Rückgabe der Sache wegnehmen, was er verwendet hat, soweit die Trennung ohne Zerstörung der Hauptsache möglich wäre (§ 997 BGB, Art. 939 Abs. 2 ZGB, Art. 994 Abs. 2 türk. ZGB). Demgegenüber kann der Vorbehaltsverkäufer eine angemessene Vergütung für die Benutzung der Sache500 gemäß § 346 Abs. 1 Hs. 2 BGB, Art. 716 ZGB und Art. 260 türk. OR verlangen.501 Nach Leemann bedeutet diese Vergütung nur den Betrag, der im Verkehr hätte bezahlt werden müssen, wenn die Sache nicht gekauft, sondern gemietet worden wäre.502 Im Übrigen kann der Vorbehaltsverkäufer einen Schadenersatz für die wegen der außergewöhnlichen Nutzung der Sache entstandene Wertminderung (oder Abnutzung) der Sache verlangen (§ 347 Abs. 1 BGB, Art. 716 ZGB, Art. 260, 497 Liver, SPR, § 52, S. 335, Fn. 28; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 114; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 1, 14; Beck, S. 198; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 36; Feyzioğlu, S. 170. 498 Beck, S. 194, 195; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 15; zur Rückerstattung der Verwendungen Akipek/Akıntürk, S. 589. 499 Beck, S. 194, 195; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 15; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 994 Rn. 8. 500 Das angemessene Entgelt für die Benutzung der Sache war gemäß Art. 226i Abs. 1 S. 2 OR a. F. und Art. 716 ZGB als Mietzins genannt. Die Betrachtung der Vergütung für die Benutzung der Sache als Mietzins wurde von einigen Autoren kritisiert und mit der Begründung abgelehnt, dass hier kein Mietverhältnis vorliegt und von dem Vorbehaltskäufer keine Miete, sondern nur die Nutzungsvergütung verlangt wird. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 106; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 167 m. N. a. der türkischen Rechtsprechung; Gümüş, § 2, S. 173 m. w. N. 501 Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 12; Schlechtriem, § 6 Rn. 156; Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 294; Gümüş, § 2, S. 173; vgl. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 106. 502 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 9; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 168 m. V. a. JdT. 1949, S. 528 ff.
104 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Abs. 1, S. 2 türk. OR).503 Fraglich ist jedoch, ob die durch den ordnungsgemäßen Gebrauch entstandene Abnutzung zu verlangen ist. Nach § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB, anders als nach dem Regierungsentwurf504, muss der Vorbehaltskäufer die durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch entstandene Abnutzung nicht leisten.505 Die oben erwähnten, sich als Folge des Rücktritts ergebenden Rückgewähransprüche der Vertragsparteien werden im Rückgewährprozess miteinander verrechnet (nach §§ 387 ff. BGB, Art. 120 OR, Art. 139 türk. OR).506 Die Höhe des Wertersatzes des Vorbehaltsverkäufers ist zwar umstritten. Nach Stadler kosten der Wertersatz ebenso viel wie die Vergütung.507 Über die Höhe des Wertersatzes des Vorbehaltsverkäufers sieht der türkische Gesetzgeber zwei Abgrenzungspunkte vor. Gemäß Art. 259 Abs. 2 S. 3 türk. OR kann der Vorbehaltsverkäufer vom Kaufvertrag nicht zurücktreten, wenn die Gesamtsumme der Geldansprüche des Vorbehaltsverkäufers ebenso viel wie der gezahlte Teil des Kaufpreises kostet oder ihn übersteigt. Die Begrenzung auf den gezahlten Kaufpreis wurde in einem Urteil des türkischen Kassationsgerichtshofs von 1946 anerkannt.508 Nach diesem Berechnungssystem verrechnet der Vorbehaltsverkäufer die Gesamtsumme seiner Ansprüche mit den gezahlten Raten und erstattet den Rest dem Vorbehaltskäufer zurück. Dieses Berechnungssystem kann aus dem Grund der Benachteiligung der Rechtsposition des Vorbehaltsverkäufers kritisiert werden. Die Interessen der Parteien werden in dem Fall nicht gerecht ausgeglichen, wenn dem Vorbehaltsverkäufer nur ein Schadenersatz in Höhe der ersten Rate zusteht, obwohl der nach der Zahlung der ersten Rate in Verzug gekommene Vorbehaltskäufer die Vorbehaltssache gleichzeitig wegen der nicht vertragsgemäßen Nutzung maßgeblich geschädigt hat.509 Eine andere Begrenzung sieht Art. 260 Abs. 1 S. 3 türk. OR vor, wonach die Geldansprüche des Vorbehaltsverkäufers den Betrag nicht übersteigen dürfen, 503 Dazu s. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 108; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 170 f. m. w. N.; Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 401; Aral, AÜHFD 1973, 201 (215). Dazu, dass ein Schadenersatz nur beim Verschulden des Vorbehaltskäufers an der Wertminderung verlangt werden kann, s. Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (191); Aral, AÜHFD 1973, 201 (215); Gümüş, § 2, S. 173. 504 BT‑Drucks. 14/6040. 505 Ebenso Stadler, Jauernig, BGB, § 346 Rn. 6a; a. A. Beck, S. 196; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 10; Aral, AÜHFD 1973, 201 (215) m. w. N.; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 167 m. w. N. 506 Nach Leemann steht dem Vorbehaltskäufer ein Retentionsrecht zu, wenn nach der Verrechnung seine Forderung nicht ganz gedeckt ist. Dazu s. Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 18. 507 Stadler, Jauernig, BGB, § 346 Rn. 6. 508 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza S. 175 f. m. H. a. Yargıtay Ticaret Dairesi E. 944–2916, K. 602, T. 07. 09. 1946; krit. Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (191, 192). 509 Krit. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 177.
C. Wirkungen des Eigentumsvorbehalts
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welchen der Vorbehaltsverkäufer erhalten hätte, wenn der Vorbehaltskäufer seine Pflicht rechtzeitig erfüllt hätte.510 Die Begrenzung der Summe der Ansprüche des Vorbehaltsverkäufers mit dem vereinbarten Kaufpreis brachte auch das schweizerische Bundesgericht in einem Urteil von 1936 zum Ausdruck.511 In diesem Urteil geht das Bundesgericht davon aus, dass dem Vorbehaltsverkäufer nicht mehr als der vereinbarte Kaufpreis zusteht.512 Diese Rechtsfolge begründete das Bundesgericht mit dem Gedanken der Vermeidung der unbilligen Vorteilsverschaffung des Vorbehaltsverkäufers. Mitilfe dieses Berechnungssystems wird die unangemessene Bereicherung des vom Kaufvertrag zurückgetretenen Vorbehaltsverkäufers verhindert. Nach einer anderen Berechnungsmethode, die im Schrifttum und in der Rechtsprechung vertreten wird, wird der im Kaufvertrag vereinbarte Kaufpreis bei der Berechnung nicht berücksichtigt, sodass die Summe der Ansprüche des Vorbehaltsverkäufers ohne Begrenzung mit dem vereinbarten Kaufpreis zu berechnen ist.513 Nach den Befürwortern dieser Methode besteht zwischen Parteien ein dem Mietverhältnis ähnelndes Verhältnis, und daher werden der Eigentumsvorbehalt und das Erfüllungsinteresse des Vorbehaltsverkäufers514 bei der Berechnung nicht berücksichtigt. Meines Erachtens ist die Berechnungsmethode gemäß Art. 260 türk. OR folgerichtiger als die anderen Methoden, da sie die unbillige Vorteilsverschaffung des Vorbehaltsverkäufers ausschließt. Dementsprechend darf die Gesamtsumme des angemessenen Entgelts für die Benutzung der Sache, der Schadenersatz für außergewöhnliche Wertminderung der Sache und der Wert der Vorbehaltssache den im Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreis nicht übersteigen.515 3. Verjährung der Kaufpreisforderung Die Verjährung der Kaufpreisforderung bewirkt, dass sie den vorher eingetretenen Zahlungsverzug des Vorbehaltskäufers heilt oder den späteren Verzug des Vorbehaltskäufers aufgrund der fehlenden Durchsetzbarkeit der Kaufpreisforderung grundsätzlich unmöglich macht.516 510 In dieser Richtung Gürsoy/Eren/Cansel, S. 677 f. m. V. a. Liver, SPR, § 52, S. 336; BGE 95 II 312; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 495; a. A. BGE 68 II 312. 511 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza S. 171 ff. m. H. a. JdT 1936, S. 411 ff.; ATF 62 II 30; krit. Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (191, 192). 512 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 109 m. V. a. BGE 62 II 30. 513 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza S. 173 ff. m. H. a. JdT 1943, S. 150 ff. 514 Der Vorbehaltsverkäufer kann sich nicht in besserer Rechtsposition als bei der Erfüllung des Kaufvertrags befinden. Dazu s. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 109 m. H. a. BGE 68 II S. 292 ff. 515 Ebenso Gümüş, § 2, S. 169. 516 Ebenso BGH, NJW 1961, 1011.
106 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Gemäß dem neu geregelten § 449 Abs. 2 BGB kann der Vorbehaltsverkäufer die Sache nunmehr nur dann herausverlangen, wenn er vom Vertrag zurückgetreten ist (sogenannter Grundsatz „keine Rücknahme ohne Rücktritt“). Der Rücktritt vom Kaufvertrag wird jedoch grundsätzlich unwirksam, wenn die Kaufpreisforderung verjährt ist und der Käufer sich hierauf beruft (§ 218 Abs. 1 S. 1 BGB). Ausnahmsweise erkennt der Gesetzgeber aber das Sicherungsinteresse des Verkäufers bei der Verjährung in dem neu geregelten § 216 Abs. 2 S. 2 BGB an. Demgemäß schließt die Verjährung des Kaufpreises die Rücknahme der Vorbehaltssache durch den Rücktritt vom Kaufvertrag nicht aus.517 Damit teilt der Gesetzgeber die vor der Normierung des § 216 Abs. 2 BGB vorgebrachte Ansicht des BGH, nach der der Vorbehaltsverkäufer die Sache herausverlangen konnte, obwohl der Rücktritt vom Kaufvertrag gem. § 455 BGB a. F. unmöglich war.518 Das Rücktrittsrecht des Vorbehaltsverkäufers, welches mit 517 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 35 m. w. N.; Habersack/ Schürnbrand, JuS 2002, 833 (837); Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 27; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 43, 45; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 12; Saenger, Schulze, § 449 Rn. 8; Baur/Baur/Stürner, § 59, B 2 e. 518 Gemäß § 455 Abs. 1 BGB a. F. war der Rücktritt vom Kaufvertrag nach der Verjährung ausgeschlossen. Der Grund dafür war der fehlende Verzug mit der Kaufpreiszahlung. In der Zeit der Geltung des § 455 BGB a. F. bestand die herrschende Meinung, dass der Vorbehaltsverkäufer die Vorbehaltssache trotz der Verjährung der Kaufpreisforderung und durch Geltendmachung seines Herausgabeanspruchs zurücknehmen dürfte. S. BGH, NJW 1961, 1011; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 15 IV 1a, S. 439 ff.; Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 21. Nach dieser herrschenden Meinung war von der Verjährung der Kaufpreisforderung allerdings nicht die Rechtsfolge abzuleiten, dass das aus dem Eigentumsvorbehalt entstandene Recht des Verkäufers zur Rücknahme der Sache neben dem Kaufpreisanspruch auch verjährt. Erkannte man ein Besitzrecht des Vorbehaltskäufers an, welches trotz der Verjährung der Kaufpreisforderung nicht mehr erlischt, führte dies zum Auseinanderfallen des Eigentums und des Besitzrechts an der Sache für diese Dauer. Dieses nicht gewollte Ergebnis konnte durch analoge Anwendung des § 223 BGB a. F. auf den Eigentumsvorbehalt vermieden werden, wonach der Gläubiger sich aus den Pfandrechten und Sicherungsübereignungen auch im Falle der Verjährung des Kaufpreises durch die Verwertung des verhafteten Gegenstands befrieden konnte. Diese analoge Anwendung wurde dadurch gerechtfertigt, dass der Eigentumsvorbehalt ebenso wie die Pfandrechte oder die Sicherungsübereignung dazu dienen, den Käufer zur Zahlung unter Druck zu setzen und den Verkäufer gegen die Gefahr des Ausbleibens der Zahlung zu sichern. Dazu s. BGH, NJW 1961, 1011; BGH, NJW 1978, 417 (418); im Schrifttum Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 15 IV 1a, S. 439 ff.; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 3. Aufl., § 455 Rn. 40 mit Schrifttumnachweis in Fn. 93, 95; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 68; Honsell, JuS 1981, 705 (711); Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 21 m. w. N.; Putzo, Palandt, BGB, 61. Aufl., § 455 Rn. 28; Larenz, Schuldrecht § 43 II, S. 112 m. w. N.; Peter Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Heidelberg 1984 Rn. 208 f. w. N. bei Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 81, Fn. 198. Zur Gegenansicht, die ein selbstständiges Rücknahmerecht des Vorbehaltsverkäufers im Verjährungsfall nicht anerkannt und eine analoge Anwendung von 223 BGB a. F. auf den Eigentumsvorbehalt verweigerte, s. BGH, NJW 1970, 1733 (1735); dazu Blomeyer, JZ 1968, 691 ff.; auch Anm. zu BGH, NJW 1970, 1733 ff. in JZ 1971, 184 (187); Hermann Lange, „Eigentumsvorbehalt und Verjährung der Kaufpreisforderung – BGHZ 34, 191“, Juristische Schulung, Heft 2, München 1963, 59 ff.
C. Wirkungen des Eigentumsvorbehalts
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der Kaufpreisforderung nicht verjährt, wiederholt sich in § 218 Abs. 1 S. 3 BGB. Aus diesen neuen Regelungen lässt sich folgern, dass der Vorbehaltsverkäufer im Falle der Verjährung der Kaufpreisforderung die Vorbehaltssache durch den Rücktritt zurückverlangen kann (§§ 216 Abs. 2 S. 2, 218 Abs. 1 S. 3; 449 Abs. 2 BGB).519 Nunmehr sind die vorher erfolgten Kaufpreiszahlungen dem Vorbehaltskäufer gemäß § 346 Abs. 1 BGB zurückzuerstatten, während der Vorbehaltskäufer sich aber die Nutzungsvergütung anrechnen lassen muss (gem. §§ 346 Abs. 1, 347 Abs. 1 BGB).520 Eine entsprechende Vorschrift über die Rücknahme der Sache durch den Rücktritt nach der Verjährung der Kaufpreisforderung liegt in den schweizerischen und türkischen Gesetzen nicht vor. Ebenso wie im deutschen Recht ist die Rücknahme der Sache auch im schweizerischen und türkischen Recht abhängig vom Rücktritt des Kaufvertrags. Der Rücktritt wegen des Zahlungsverzugs des Vorbehaltskäufers ist jedoch nach der Verjährung der Kaufpreisforderung ausgeschlossen, weil der Vorbehaltskäufer nach der Verjährung der Kaufpreisforderung nicht mehr in Zahlungsverzug geraten könnte.521 Nach Art. 140 OR und Art. 159 türk. OR bleibt die durch Fahrnispfand gesicherte Forderung von der Verjährung der Kaufpreisforderung unberührt, deshalb kann der Gläubiger sich durch die Verwertung des Pfandes befriedigen. Hieraus ergibt sich die Frage, ob Art. 140 OR und Art. 159 türk. OR auch für den Eigentumsvorbehalt gelten. Im türkischen Schrifttum wird die analoge Anwendung des Art. 159 türk. OR auf den Eigentumsvorbehalt mit der Begründung abgelehnt, dass das Fahrnispfand und der Eigentumsvorbehalt zwei völlig unterschiedliche Sicherungsmittel sind.522 Daneben begründet Elbir die Unanwendbarkeit des Art. 159 türk. OR auf den Eigentumsvorbehalt damit, dass Art. 159 türk. OR den Gläubiger sichert, welcher sich im unmittelbaren Besitz der Sache befindet. Demgegenüber behält sich der Vorbehaltsverkäufer das Eigentum an der Sache vor, während er nur den mittelbaren Besitz hat. Schließlich kommt er zum Ergebnis, dass der Eigentumsvorbehalt mit der Kaufpreisforderung verjährt und der Vorbehaltskäufer die Rückgabe der Sache durch die Geltendmachung der Einrede der Verjährung verweigern kann.523 519
Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 59. Habersack und Schürnbrand sehen eine Gleichstellung des Eigentumsvorbehalts mit den anderen dinglichen Sicherungsrechten und die Anerkennung des Sicherungsinteresses des Vorbehaltsverkäufers in §§ 216 Abs. 2 S. 2, 218 Abs. 1 S. 3 BGB. S. Habersack/Schürnbrand, JuS 2002, 833 (837). 520 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 3. Aufl., § 455 Rn. 40 m. w. N., § 449 Rn. 35; Habersack/Schürnbrand, JuS 2002, 833 (837); Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 81 m. w. N.; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 14. 521 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 27. 522 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 27. 523 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 234.
108 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Eine andere Ansicht vertritt demgegenüber, dass Art. 140 OR und Art. 159 türk. OR auf den Eigentumsvorbehalt anwendbar sind.524 Diese Ansicht stellt dem Vorbehaltsverkäufer den Gläubiger eines Fahrnispfandrechts gleich525 und vertritt, dass der Eigentumsvorbehalt trotz der Verjährung der Kaufpreisforderung unberührt bleibt, sodass der Vorbehaltskäufer unter Berufung der Verjährung die Rückgabe nicht verweigern kann.526 Meines Erachtens ergibt sich kein Grund, die analoge Anwendung der Art. 140 OR und Art. 159 türk. OR auf den Eigentumsvorbehalt auszuschließen und die Stellung des Vorbehaltsverkäufers in eine schwächere Stellung als Pfandgläubiger zu bringen. Vielmehr ist die analoge Anwendung bei der Verjährung des Kaufpreises unentbehrlich, weil es nur durch diese analoge Anwendung möglich bleibt, die Sache trotz der Verjährung, ohne Rücktritt vom Kaufvertrag, zurückzunehmen. Außerdem ist die Ansicht zutreffend, nach welcher der Eigentumsvorbehalt mit der Kaufpreisforderung nicht verjährt. Dies entspricht der überwiegend anerkannten Unverjährbarkeit des Herausgabeanspruchs.527 Also verjährt nur der Kaufpreisanspruch, nicht der auf dem Eigentum beruhende Herausgabeanspruch des Vorbehaltsverkäufers.528 Würde dem Vorbehaltskäufer ein Verweigerungsrecht trotz der Verjährung des Kaufpreisanspruchs zustehen, würde dies „ein unentziehbares Besitzrecht des Vorbehaltskäufers“ bedeuten.529 Von einem solchen Recht des Vorbehaltskäufers soll man aber nicht ausgehen, andernfalls würde der Vorbehaltskäufer die Sache benutzen, ohne den vollen Kaufpreis zu zahlen, was aber angesichts des Interesses des Verkäufers nicht annehmbar wäre. Darüber hinaus ist gegen die Ausdehnung der Vorschrift über die Verjährung beim Fahrnispfandrecht (Art. 140 OR, Art. 159 türk. OR) auf den Eigentumsvorbehalt mit der Begründung nicht einzuwenden, dass der Vorbehaltsverkäufer 524
Bucher, § 25 III, S. 453; vgl. Oğuzman/Öz, Bd. I, Rn. 1966. Karl Spiro, Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, Bd. I, Die Verjährung der Forderungen, Bern 1975, § 223, S. 534 f. (Vorausgesetzt ist die Eintragung des Eigentumsvorbehalts.) Die Gleichstellung der beiden Institute wird im Schrifttum damit begründet, dass Art. 37 Abs. 2, Art. 287 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG nicht nur die Pfandbestellungen, sondern allgemein Sicherungsgeschäfte erfassen. Ebenso Bucher, § 25 IV, S. 454, Fn. 43 m. w. N.; Honsell, Obligationenrecht, § 14, S. 135; Christian Schöbi, Die Akzessorietät der Nebenrechte von Forderungen unter besonderer Berücksichtigung des Rechtsinstituts der Verjährung, Zürich 1990, S. 109. Zur Ablehnung der Gleichstellung und der dementsprechenden analogen Anwendung des Art. 140 OR auf den Eigentumsvorbehalt s. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 86, 105 und Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (59 ff.). 526 Bucher, § 25 III, S. 453; Honsell, Obligationenrecht, § 14, S. 135. 527 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 105 m. V. a. BGE 48 II S. 46; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 1135; Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 70, 71. 528 Anders allerdings Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 234. 529 Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 111. 525
D. Beendigung des Eigentumsvorbehalts
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nicht wie der Pfandgläubiger den unmittelbaren Besitz hat. In der Lehre wird die Ansicht vertreten, dass die pfandrechtlichen Vorschriften auf die Sicherungszession und die Sicherungsübereignung zum Teil anzuwenden sind.530 Einige der analog anwendbaren Vorschriften sind Art. 140 OR, Art. 159 türk. OR. Wäre die analoge Anwendung der Art. 140 OR und Art. 159 türk. OR auf die Sicherungsübereignung und die gleich der Sicherungsübereignung strukturierte Sicherungszession zugelassen, sollte die Anwendung auf den Eigentumsvorbehalt wegen des fehlenden unmittelbaren Besitzes des Vorbehaltsverkäufers nicht ausgeschlossen sein.531
D. Beendigung des Eigentumsvorbehalts Auch wenn der Eigentumsvorbehalt eigenen Geltungsvoraussetzungen unterliegt und eigene Existenz hat, stehen der Eigentumsvorbehalt und der ursprüngliche Kaufvertrag in einer engen Beziehung zueinander. Der Eigentumsvorbehalt zeigt sich als eine Nebenvereinbarung532 und steht in einer direkten Verbindung mit der aufschiebend bedingten Eigentumsübertragung und mit dem Weiterbestehen der Kaufpreisforderung. Als der wichtigste Erlöschensgrund des Eigentumsvorbehalts zeigt sich die vollständige Zahlung des Kaufpreises.533 Der Eigentumsvorbehalt dient vor allem zur dinglichen Sicherung der Kaufpreisforderung. Deshalb erlöschen der Eigentumsvorbehalt534 und das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäu530 Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., ZGB, Syst. T., Rn. 254, 299; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, § 884 Rn. 35; Brigitte Umbach-Spahn, „Sicherung von Forderungen nach Schweizer Recht“, 32. Tagung der DACH in Zürich, 19.–21. Mai 2005, Zürich 2005, 1 (15 f.). Dazu s. auch Şirin Aydıncık, „Bir İnançlı İşlem Türü Olarak Alacağın Teminat Amacıyla Temliki“, İstanbul Üniversitesi Hukuk Fakültesi Mecmuası, Band I, Istanbul 2006, 131 (170 ff.) m. w. N.; Oktay Özdemir, Prof. Dr. Aysel Çelikel’e Armağan, 657 (676 ff.) 531 Gleiche Denkweise in Lange, JuS 1963, 58 (61), obwohl er zum Schluss die analoge Anwendung verneint. 532 Oben S. 24, Fn. 97. 533 Im Prinzip erlischt der Eigentumsvorbehalt mit der vollständigen Kaufpreiszahlung. Die Nichtzahlung der Zinsen, Versandkosten usw. verhindert dieses Erlöschen nicht. Jedoch sind abweichende Vereinbarungen der Parteien möglich. Bei solchen Vereinbarungen geht der Eigentumsvorbehalt erst dann unter, wenn der Kaufpreis und andere Nebenforderungen getilgt werden. Dazu s. Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 38; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 33. Vgl. Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 41; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 23; Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 23. 534 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 23; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 37; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 872; Emmerich, § 6 Rn. 14; Haab/ Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 136; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 73; Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 11. Trotz der nicht erfolgenden Löschung des Eintrags im Eigentumsvorbehaltsregister erlischt der Eigen-
110 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem fers535 mit der vollständigen Kaufpreiszahlung. Es spielt jedoch keine Rolle, von wem der Kaufpreis gezahlt wurde. Das Interesse des Vorbehaltsverkäufers liegt nur in seiner Befriedigung durch die vollständige Kaufpreiszahlung, daher geht der Eigentumsvorbehalt unter, auch wenn der Kaufpreis nicht vom Vorbehaltskäufer, sondern von einem Dritten bezahlt wurde.536 Der Eigentumsvorbehalt bleibt bis zur Zahlung des gesamten Kaufpreises bestehen. Deshalb führt eine teilweise Zahlung nicht zum teilweisen Erlöschen des Eigentumsvorbehalts,537 wenn zwei oder mehrere Sachen unter einem Gesamtpreis und unter Eigentumsvorbehalt verkauft wurden. Im Rahmen des Kaufvertrags unter dem Eigentumsvorbehalt ist der Vorbehaltsverkäufer verpflichtet, das Volleigentum erst nach der völligen Kaufpreiszahlung dem Vorbehaltskäufer zu übertragen. Daraus ergibt sich eine enge Beziehung zwischen dem Eigentumsvorbehalt und dem Eigentumsrecht des Vorbehaltsverkäufers. Daraus folgend erlischt der Eigentumsvorbehalt, wenn der Vorbehaltsverkäufer sein Eigentumsrecht verliert. Der Eigentumsvorbehalt erlischt auch dann, wenn der Vorbehaltsverkäufer den Käufer zum Weiterverkauf der Kaufsache ermächtigt hat und der Käufer jetzt als Berechtigter die Sache an einen Dritten überträgt. Der Eigentumsvorbehalt geht auch in dem Fall unter, in dem der Vorbehaltskäufer ohne entsprechende Ermächtigung die Sache weiterverkauft und der Dritte kraft seines guten Glaubens das Eigentum an der Sache erwirbt.538 Außerdem kommt ein anderer Erlöschensgrund vor, wenn die Vorbehaltssache durch Verbindung oder Vermischung ein wesentlicher Teil einer anderen Sache geworden539 sowie durch Verbrauch untergegangen ist oder durch Verarbeitung, Umbildung seine Eigenschaft verloren hat.540 Wie oben festgestellt wurde, ist der Eigentumsvorbehalt eine Nebenvereinbarung, dessen Existenz von dem Weiterbestand des Kaufvertrags abhängig
tumsvorbehalt mit der vollständigen Zahlung auch im schweizerischen und türkischen Recht. S. Liver, SPR, § 52, S. 335. 535 Dementsprechend Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 45 Rn. 9. 536 Bejahend Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 23. 537 Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 41. Für möglich gehalten die anderweitigen Vereinbarungen von Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 38. 538 Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 39; Emmerich, § 6 Rn. 14; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 139; s. auch über den gutgläubigen Rechtserwerb Dritter an der Vorbehaltssache unten S. 121 ff. 539 Über Verbindung, Vermischung der Vorbehaltssache mit einer anderen Sachen s. unten S. 140 ff. 540 Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 50 ff.; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 24; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 40; Reinicke/ Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 874; Liver, SPR, § 52, S. 335; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 139; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 79; Aral, AÜHFD 1973, 201 (217); weitgehend unten S. 134 ff.
D. Beendigung des Eigentumsvorbehalts
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ist.541 Dementsprechend erlischt der Eigentumsvorbehalt auch durch Aufhebung des Kaufvertrags542 oder wegen des Erlöschens der aus dem Kaufvertrag entstandenen Forderung etwa durch Rücktritt vom Kaufvertrag543 oder durch Anfechtung544, da die Bedingung bei einem solchen Fall nicht mehr eintreten kann. Auch geht der Eigentumsvorbehalt durch einen gültigen Verzicht unter. Streitig ist jedoch, ob der Vorbehaltsverkäufer durch eine einseitige Erklärung auf den Eigentumsvorbehalt verzichten kann. Nach der herrschenden Meinung kann der Vorbehaltsverkäufer ohne Zustimmung des Vorbehaltskäufers,545 aber durch eine Erklärung ihm gegenüber auf den Eigentumsvorbehalt verzichten.546 Danach erwirbt der Vorbehaltskäufer das unbedingte Eigentum als Folge der unbedingten Einigung.547 Darüber hinaus könnte eine stillschweigende Erklärung des Vorbehaltsverkäufers über den Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt nach einigen Autoren auch dann vorliegen, wenn der Vorbehaltsverkäufer gegen die Zwangsvollstreckung eines Dritten in die Vorbehaltssache keine Einwendung erhebt oder die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache zu vollstrecken versucht und ihre Verwertung verlangt548 oder wenn der Vorbehaltsverkäufer den Kraftfahrzeugbrief an den Käufer herausgibt.549 Andere Erlöschensgründe sind im schweizerischen und türkischen Recht auch darin zu erblicken, dass die Eintragung im Eigentumsvorbehaltsregister gelöscht wird550 oder eine neue Eintragung am neuen Wohnsitz des Käufers trotz der Verlegung des Wohnsitzes nicht vorgenommen wird.551 541
Bejahend Wiegand, AcP 1990, 112 (129); dazu oben S. 23 f. Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 22; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 41; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 75. 543 Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 41; dazu ausführlich Haab/Scherrer/Simonius/ Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 135; Medicus/Petersen, § 20 Rn. 479. 544 Erbil, Mülkiyeti Muhafaza, S. 232 f.; Medicus/Petersen, § 20 Rn. 479. 545 BGH, NJW 1958, 1231; BGH NJW 1978, 696 f.; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 63; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 54; Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 14; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 872; Schmidt, Prütting/Wegen/ Weinreich, BGB, § 449 Rn. 33; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 75; Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 11; Erbil, Mülkiyeti Muhafaza, S. 236 ff. (mit Gleichstellung des Verzichts auf den Eigentumsvorbehalt und auf das Eigentumsrecht); a. A. Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 41 (kein aufgedrängter Eigentumserwerb). 546 BGH NJW 1978, 696 f.; zur Kundgabe an den Vorbehaltskäufer s. Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 75. 547 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 22. 548 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 22; Liver, SPR, § 52, S. 335. 549 BGH, NJW 1958, 1231; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 22. 550 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 144; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 72; Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 11; Aral, AÜHFD 1973, 201 (217). 551 Aral, AÜHFD 1973, 201 (217); Elbir, Mülkiyetİ Muhafaza, S. 238. Mit Rücksicht auf die Eintragungsfrist im schweizerischen Recht für drei Monate nach der Verlegung s. Haab/ Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 142; Leemann, BernerKomm, 542
112 1. Kapitel: Eigentumsvorbehalt im deutschen, schweizerischen, türkischen Rechtsystem Ferner erlischt der Eigentumsvorbehalt im Rahmen des internationalen Privatrechts durch Statutenwechsel, wenn die Sache nach der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts in einen anderen Staat verbracht wird, in dem der Eigentumsvorbehalt unter anderen Voraussetzungen liegt bzw. eine Registereintragung für dessen Bestellung und Geltung erforderlich ist.552
Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 76; Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 715 Rn. 11; s. zu Ein zelheiten oben S. 59 ff. 552 Über die Frage der Anerkennung des fremden Eigentumsvorbehalts und weitere juristische Probleme s. unten S. 207 ff., insb. S. 211 ff.
2. Kapitel
Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts A. Verfügungen des Vorbehaltsverkäufers über die Vorbehaltssache Solange die Bedingung nicht eingetreten ist, bleibt der Vorbehaltsverkäufer der Eigentümer und auch der mittelbare Eigenbesitzer1, während der Käufer der unmittelbare Fremdbesitzer wird (gemäß §§ 854 Abs. 1, 868, 872 BGB; Art. 920 ZGB; Art. 974, 975 türk. ZGB). Ausgehend davon könnte man zum Schluss kommen, dass der Vorbehaltsverkäufer in der Schwebezeit das Eigentum an der Vorbehaltssache grundsätzlich auf einen Dritten übertragen oder an der Kaufsache ein beschränktes dingliches Recht (z. B. ein Pfandrecht) bestellen könnte. Bei dem Eigentumsvorbehalt ist jedoch zu beachten, dass der Vorbehaltsverkäufer aber seine rechtliche Position als Eigentümer zum Nachteil des Käufers nicht nutzen darf (s. §§ 160, 161 BGB, Art. 152 OR, Art. 171 türk. OR).2 Wie oben dargestellt, hat der Vorbehaltsverkäufer nur ein durch das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers eingeschränktes Eigentum an der Sache,3 sodass er mit seinen späteren Verfügungen an der Vorbehaltssache die Rechtsstellung des Vorbehaltskäufers nicht benachteiligen darf (geschützte Rechtsposition des Käufers). Als Anwartschaftsberechtigter genießt der Vorbehaltskäufer den weitgehenden gesetzlichen Schutz während der Schwebezeit. Wie bereits erwähnt, hat der Vorbehaltsverkäufer eine Unterlassungspflicht4, nach der er jede Handlung zu unterlassen hat, welche den Eigentumserwerb des Käufers durch den Eintritt der Bedingung gefährden oder den Verlust des Anwartschaftsrechts des Käufers verursachen könnte. I. Weiterverkauf der Vorbehaltssache und doppelter Eigentumsvorbehalt Die Besonderheit des Eigentumsvorbehalts liegt darin, dass der Vorbehaltsverkäufer das Eigentum an der Sache bis zum Bedingungseintritt bei sich vor1
Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 137. Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 10. 3 Westermann, § 6 II 1, 2 Rn. 164, 168; v. Tuhr/Escher, § 85, S. 267. 4 S. oben S. 69; dazu Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 27; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 10; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 77 m. V. a. BGH NJW 1954, 1325, 1326. 2 Ebenso
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
behält. Grundsätzlich ist dem Vorbehaltsverkäufer die weitere Verfügung an der Sache nicht verboten, d. h., sogenannte Zwischenverfügungen des Vorbehaltsverkäufers werden unabhängig von der Gutgläubigkeit des Erwerbers zunächst wirksam.5 Auch wenn die Vorbehaltssache in den Besitz des Vorbehaltskäufers gelangt ist, kann der Vorbehaltsverkäufer im Prinzip sein Eigentum an der Vorbehaltssache an einen Dritten übertragen (Eigentumsübertragung durch Abtretung des Herausgabeanspruchs gem. §§ 929, 931 BGB, Eigentumsübertragung durch Besitzanweisung gem. Art. 924 Abs. 1 ZGB und Art. 979 Abs. 1 türk. ZGB).6 Der Vorbehaltsverkäufer kann jedoch das Anwartschaftsrecht des Käufers durch erneute Veräußerung nicht zum Erlöschen bringen, sondern der Dritte erwirbt ein mit dem Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers belastetes Eigentum.7 Zum einen kann der Dritte, welcher das Eigentum an der Kaufsache vom Vorbehaltsverkäufer erworben hat, die Sache vom Vorbehaltskäufer nicht herausverlangen, weil der Käufer aus dem zugrunde liegenden Kaufvertrag ein Recht zum Besitz hat und durch dessen Geltendmachung die Herausgabe der Sache jedenfalls verweigern kann.8 Zum anderen verliert der Dritte sein neu erworbenes mit dem Anwartschaftsrecht belastetes Eigentum an der Vorbehaltssache zum Zeitpunkt, in dem die im Rahmen des Eigentumsvorbehalts vereinbarte Bedingung mit der restlosen Kaufpreiszahlung eintritt. Gemäß § 161 Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 152 Abs. 3 OR und Art. 171 Abs. 3 türk. OR sind nämlich alle weiteren Verfügungen des Vorbehaltsverkäufers während der Schwebezeit, auch der in der Schwebezeit geschehene Verkauf zugunsten eines Dritten, insoweit unwirksam, als sie die von der Bedingung abhängige Rechtsfolge (hier: Eigentumserwerb des Käufers) verhindern.9
5 V. Tuhr/Escher, § 85, S. 267; Nomer, Beklenen Haklar, S. 154 zwar in Ablehnung eines dinglichen Besitzrechts des Käufers; vgl. auch Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 138 ff.,182 f. 6 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 43; Grunewald, Erman, BGB, § 499 Rn. 18; Medicus/Lorenz, § 83 Rn. 287; Wieling, § 17 II, S. 245 (Eigentumserwerb mit Belastung des Eigentumsvorbehalts); Peter Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Heidelberg 1984, 8. Aufl., Rn. 770; Homberger, ZüKomm, Bd. IV, 3. Abtl., Art. 924 Rn. 2; v. Tuhr/Escher, § 85, S. 267, Fn. 26; Tekinay, S. 12 f.; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (195); Nomer, Beklenen Haklar, S. 152 m. w. N. 7 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 15 VII 1, S. 446; Raiser, S. 34; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 881; Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (763); dazu s. Liver, SPR, § 52, S. 339 f.; v. Tuhr/Escher, § 85, S. 267; a. A. im türkischen Schrifttum s. Nomer, Beklenen Haklar, S. 154. 8 Über das Besitzrecht des Käufers s. oben S. 70 f. 9 Westermann, § 6 II 1 Rn. 164; Wieling, § 17 II, S. 245; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 881; v. Tuhr/Escher, § 85, S. 267; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 29, 33; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (195); Nomer, Beklenen Haklar, S. 144, 153; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 495; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (419) m. w. N.
A. Verfügungen des Vorbehaltsverkäufers über die Vorbehaltssache
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Hier ist fraglich, ob der Eigentumserwerb des Dritten trotz des Bedingungseintritts durch die Anwendung der Vorschriften über den gutgläubigen Eigentumserwerb aufrechtzuerhalten ist. Weil es hier an einer wichtigen Voraussetzung des gutgläubigen Erwerbs, Rechtserwerb vom Nichtberechtigten, fehlt, führt dies zur Unmöglichkeit des gutgläubigen Eigentumserwerbs des Dritten hinsichtlich des schweizerischen und türkischen Rechts (gem. Art. 714 Abs. 2, 933 ZGB; Art. 763 Abs. 2, 988 türk. ZGB).10 Auch im deutschen Recht könnte der Vorbehaltsverkäufer sein Eigentum an der Vorbehaltssache durch Abtretung des Herausgabeanspruchs (gem. § 931 BGB) an einen Dritten übertragen. Danach könnte ein gutgläubiger Erwerb des Dritten dann vorkommen, wenn die Voraussetzungen der §§ 932, 934 Alt. 1 BGB erfüllt wären. Dafür ist vor allem ein gutgläubiger Rechtserwerb vom Nichtberechtigten vorausgesetzt. In unserem Fall erlangt der Dritte das Eigentum nicht vom Nichtberechtigten, sondern vom Eigentümer (also vom Vorbehaltsverkäufer). Nach der herrschenden Ansicht scheitert der gutgläubige Erwerb eines Dritten daran, dass der Käufer sich als Inhaber des Anwartschaftsrechts im unmittelbaren Besitz befindet (analog § 986 Abs. 2 BGB).11 Wie ist die Rechtslage, wenn der Vorbehaltsverkäufer die Sache vorübergehend (z. B. zur Reparatur) vom Vorbehaltskäufer zurücknimmt und während seines unmittelbaren Besitzes die Sache einem anderen veräußert? Hier wird ein anderer Fall als derjenige behandelt, in dem der Vorbehaltsverkäufer während des unmittelbaren Besitzes des Vorbehaltskäufers über die Kaufsache verfügt. In dem zweiten Fall, der jetzt betrachtet wird, befindet sich die Vorbehaltssache wieder in der Hand des Vorbehaltsverkäufers. Also wurde die Vorbehaltssache dem Veräußerer mit Wissen und Wollen vom früheren Besitzer überlassen.12 Hier geht es um den Fall, dass der Vorbehaltsverkäufer die wieder in seinem unmittelbaren Besitz liegende Sache einem Dritten verkauft und übergibt. Schließlich kollidieren hier der Eigentumserwerb des Dritten und das Nutzungs- und Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers miteinander. Hier stellt sich die Frage, ob der Dritte oder der Vorbehaltskäufer den Vorzug hat. Im deutschen, schweizerischen und türkischen Rechtssystem besteht die Vermutung, dass der Besitzer einer Sache ihr Eigentümer sei (§ 1006 BGB, Art. 930 Abs. 1 ZGB, Art. 985 Abs. 1 türk. ZGB). Danach wird die Vermutung des Dritten über die Eigentümerschaft des Besitzers gesetzlich geschützt. Ebenso vertraut der Dritte in unserem Fall darauf, dass der Veräußerer (hier: der Vorbehalts10 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 140 f., 183; Kemal Oğuzman/M. Turgut Öz, Borçlar Hukuku, Band II, Genel Hükümler, 12. Auflage, Istanbul 2016 Rn. 1528, Fn. 344. 11 Dazu s. Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 14 m. w. N.; Leible/Sosnitza JuS 2001, Heft 3, 244 (341); Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 936 Rn. 1; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 21; Grunewald, Erman, BGB, § 449 Rn. 23 m. w. N. 12 Dazu Wolfgang Ernst, Sachenrecht, Zürich 2010, § 8, S. 56, 76 f.; Schmid/HürlimannKaup, § 6 Rn. 288 f., 294, 297 f.
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verkäufer) der Eigentümer der Kaufsache ist. In einem solchen Fall erwirbt der Dritte das Eigentum an der Sache ohne Frage wirksam, sofern er auf die Verfügungsbefugnis des Vorbehaltsverkäufers vertraut. Ein entsprechender Rechtsschein ergibt sich aus dem unmittelbaren Besitz des Vorbehaltsverkäufers. Ferner muss der Dritte die Sache auf Verlangen des Vorbehaltskäufers nicht herausgeben.13 Dem Vorbehaltskäufer stehen allerdings Schadenersatzansprüche gegenüber dem Vorbehaltsverkäufer zu, denn der Vorbehaltsverkäufer ist seinen vertraglichen Pflichten (Unterlassung- und Eigentumsübertragungspflichten) nicht nachgekommen. Dies jedoch darf nicht übersehen werden, dass der Vorbehaltskäufer zum Zeitpunkt der Rückgabe der Sache an den Vorbehaltsverkäufer sich der Gefahr bewusst sein muss, dass der Dritte Rechte an der Sache wirksam erwerben könnte. Ein anderer Fall liegt so, wenn der Vorbehaltsverkäufer, der die Sache nur vorübergehend wiedererlangt, sie unter Eigentumsvorbehalt einem Dritten weiterverkauft (sog. doppelter Eigentumsvorbehalt). Dem steht nicht entgegen, dass der Dritte, dem ein unbedingter Eigentumserwerb grundsätzlich zugestanden wird, das aufschiebend bedingte Eigentum vom Vorbehaltsverkäufer wirksam erwirbt. Hier wäre es fraglich, wer mit der Zahlung des Kaufpreises das unbedingte Eigentum an der Vorbehaltssache erwirbt. Genießt der zweite Vorbehaltskäufer, der die Sache gerade in der Hand hat, oder der erste Vorbehaltskäufer den Schutz? Meines Erachtens hängt der Erwerb des unbedingten Eigentums an der Vorbehaltssache davon ab, von wem zuerst der vereinbarte Kaufpreis gezahlt wird. Danach wird der erste Vorbehaltskäufer der unbedingte Eigentümer, wenn er zuerst den Kaufpreis gezahlt hat. Möglich wäre jedenfalls, dass der zweite Vorbehaltskäufer den vereinbarten Kaufpreis zuerst (vor dem ersten Vorbehaltskäufer) bezahlt und dadurch das Volleigentum an der Sache erwirbt.14 II. Begründung eines beschränkten dinglichen Rechts an der Vorbehaltssache Da der Vorbehaltsverkäufer das Eigentum an der Vorbehaltssache bis zum Bedingungseintritt bei sich vorbehält, kann er über sein Eigentum vor dem Bedingungseintritt verfügen, etwa durch Eigentumsübertragung oder durch Bestellung eines beschränkten dinglichen Rechts. In diesem Zusammenhang ist es fraglich, ob der Vorbehaltsverkäufer an der Vorbehaltssache zugunsten eines Dritten auch ein Pfandrecht bestellen kann, obwohl die Sache im unmittelbaren Besitz des Vorbehaltskäufers ist. 13 A. A. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 139 f. m. w. N., 182; Halit Akkanat, Türk Medeni Hukukunda İyiniyetin Korunması, Istanbul 2010, S. 154 f.; Nomer, Beklenen Haklar, S. 154 m. w. N. 14 Ebenso in Peter Derleder, „Der doppelte Eigentumsvorbehalt, Juristische Ausbildung, Heft 11, 2002, 772 (773).
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Grundsätzlich unterliegt die Pfandrechtsbestellung an den beweglichen Sachen dem Faustpfandprinzip. Danach wird eine bewegliche Sache in der Regel nur dadurch verpfändet, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird (Übergabe der Pfandsache in § 1205 Abs. 1 BGB, Art. 884 Abs. 1 ZGB, Art. 939 Abs. 1 türk. ZGB).15 In der Regel entsteht das Pfandrecht an einer beweglichen Sache durch die Übergabe der Sache (oder Übergabesurrogate16) und Einigung zwischen dem Pfandgläubiger und dem Pfandschuldner17. An dieser Stelle ist umstritten, ob ein Pfandrecht auch durch die Übertragung des mittelbaren Besitzes bestellt werden kann. Dieser Frage kommt eine besondere Bedeutung im Rahmen des Eigentumsvorbehalts zu. Weil der Vorbehaltskäufer einen unmittelbaren Besitz an der Vorbehaltssache hat und sein Besitzrecht weiterbesteht, solange er seine Verpflichtungen aus dem Eigentumsvorbehalt vollständig erfüllt, kann der Vorbehaltsverkäufer die Sache vom Vorbehaltskäufer nicht zurückverlangen und sie nicht als Pfandsache einem Dritten übergeben. Das Recht des Käufers zur Nutzung der Vorbehaltssache und dessen Recht zum Erwerb des unbedingten Eigentums durch die vollständige Kaufpreiszahlung (sog. Anwartschaftsrecht) dürfen vom Vorbehaltsverkäufer nicht umgangen werden (§ 160 BGB, Art. 152 Abs. 1 OR, Art. 171 Abs. 1 türk. OR).18 Für den Fall, dass der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer der Sache ist, erklärt § 1205 Abs. 2 BGB die Pfandrechtsbestellung durch die Übertragung des mittelbaren Besitzes (gem. §§ 870, 931 BGB) für möglich, jedoch muss der Eigentümer zugleich den unmittelbaren Besitzer mit der Verpfändung bekannt machen (sog. Anzeigepflicht des Eigentümers). Eine solche ausdrückliche Regelung fehlt jedoch im schweizerischen und türkischen ZGB. Die herrschende Meinung lässt die Pfandrechtsbestellung durch Übertragung des mittelbaren Besitzes z. B. durch Besitzanweisung gem. Art. 924 Abs. 1 ZGB, Art. 979 Abs. 1 türk. ZGB zu.19 Diese herrschende Meinung steht auch dem Sinn des Gesetzestextes nicht entgegen. Art. 884 Abs. 1 15 Eine Mobiliarhypothek ist im schweizerischen und türkischen Recht ausnahmsweise anerkannt. Dazu s. unten S. 200 ff. 16 Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Art. 884 Rn. 674. 17 Gemäß § 1205 Abs. 1 S. 1 BGB; Art. 884 Abs. 1 ZGB; Art. 939 Abs. 1 türk. ZGB. 18 Dazu s. oben S. 23, 69 ff., 113 f. An dem Recht des Vorbehaltskäufers zur Nutzung der Sache sollte auch die Nießbrauchsbestellung an der Vorbehaltssache scheitern. Ebenso Nomer, Beklenen Haklar, S. 154. Durch die Bestellung des Nießbrauchs erlangt man ein Recht zur Nutzung einer Sache. Im Rahmen des Eigentumsvorbehalts ist jedoch der Käufer zur Nutzung der Sache berechtigt, und grundsätzlich darf sein Nutzungsrecht zugunsten eines Dritten nicht beschränkt oder zum Erlöschen gebracht werden. 19 Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 61; Aybay/Hatemi, § 41 Rn. 8; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 3672; Nomer, Beklenen Haklar, S. 154; Serkan Ergüne, Hukukumuzda Taşınır Rehninin, Özellikle Teslime Bağlı Taşınır Rehninin Kuruluşu, Istanbul 2002, S. 145 f. m. w. N. in Fn. 152 und zur Anzeigepflicht des Eigentümers s. S. 145 f. m. w. N. in Fn. 154; a. A. Wiegand, BBT 1998, 75 (113).
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ZGB, Art. 939 Abs. 1 türk. ZGB erklären die Besitzübertragung als eine Voraussetzung zur Pfandrechtsbestellung an einer beweglichen Sache. Weiterhin ist ein Pfandrecht gemäß Art. 884 Abs. 3 ZGB, Art. 939 Abs. 3 türk. ZGB so lange nicht begründet, bis der Verpfänder die ausschließliche Gewalt über die Sache erhält.20 An dieser Stelle ist es klar, dass der Eigentümer über die Pfandsache keine ausschließliche Gewalt ausüben kann, wenn der Eigentümer dem Pfandgläubiger den unmittelbaren Besitz überträgt.21 Zum gleichen Ergebnis kann man auch dann kommen, wenn der Eigentümer ein Pfandrecht an der Vorbehaltssache begründet (Art. 924 Abs. 1 ZGB, Art. 979 Abs. 1 türk. ZGB).22 Da in diesem Fall ein anderer Dritter (der Vorbehaltskäufer) aus einem anderen Rechtsverhältnis (aus dem Kaufverhältnis unter Eigentumsvorbehalt) den unmittelbaren Besitz an der Sache innehat und dem Eigentümer nur der mittelbare Besitz zusteht, kann der Eigentümer (Pfandschuldner, in unserem Fall: der Vorbehaltsverkäufer) nicht wie früher über die Sache eine ausschließliche Gewalt ausüben, wenn er seinen mittelbaren Besitz durch Besitzüberweisung an dem Pfandgläubiger überträgt. Hier muss man darauf achten, dass die Bestellung des Pfandrechts an der Vorbehaltssache als eine Zwischenverfügung des Vorbehaltsverkäufers behandelt und deshalb für unwirksam erklärt wird, wenn der Vorbehaltskäufer den vereinbarten Kaufpreis restlos bezahlt (Art. 152 Abs. 3 ZGB, Art. 171 Abs. 3 türk. ZGB, s. auch § 161 Abs. 1 S. 1 BGB).23 Anders ist es aber für die Pfandrechtsbestellung durch ein Besitzkonstitut. Hier bleibt der Eigentümer dank eines besonderen Geschäftsverhältnisses unmittelbarer Besitzer, während er durch Besitzkonstitut einem Dritten ein Pfandrecht verschafft. Weil die Pfandsache weiter in der Hand des Bestellers des Pfandrechts liegt, scheitert hier die durch die Besitzübertragung bezweckte Publizität.24 Dementsprechend wird in der Lehre überwiegend vertreten, dass die Pfandrechtsbestellung durch Besitzkonstitut im schweizerischen und türkischen Recht ausgeschlossen ist.25 Darüber hinaus erklärt Art. 717 Abs. 1 ZGB, Art. 766 Abs. 1 S. 2 türk. ZGB die Eigentumsübertragung durch Besitzkonstitut für unwirksam, wenn durch ein Besitzkonstitut eine Umgehung der Bestimmungen über die pfandrechtlichen 20 Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 198 f.; Yargıtay 19. HD., E. 2000/401, K. 2000/1470, T. 29. 02. 2000; Yargıtay 19. HD., E. 2001/4182, K. 2001/5754, T. 20. 09. 2001. 21 Ergüne, S. 134. 22 Ebenso Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 61; Haab/Scherrer/ Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 88; Liver, SPR, § 52, S. 339; Nomer, Beklenen Haklar, S. 152 m. w. N.; vgl. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 137 ff., 183. 23 Liver, SPR, § 52, S. 339; Akkanat, S. 153. 24 Zur Publizität der Pfandrechtsbestellung durch die Übergabe der Pfandsache s. Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, S. 809 m. w. N. 25 Wiegand, BBT 1998, 75 (113, 119); Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 3669; Ergüne, S. 155.
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Regelungen über die beweglichen Sachen beabsichtigt worden ist. Diese Regelung über die Eigentumsübertragung soll auch für die Bestellung eines Pfandrechts geltend: Die Pfandrechtsbestellung durch Besitzkonstitut kann gemäß Art. 716 Abs. 1 ZGB, Art. 766 Abs. 1 S. 2 türk. ZGB nicht wirksam bestellt werden.26 III. Wirkungen der Abtretung der Kaufpreisforderung auf den Eigentumsvorbehalt Eine andere Frage ist, wie sich die Rechtslage des existierenden Eigentumsvorbehalts darstellt, wenn der Vorbehaltsverkäufer seine aus dem zugrunde liegenden Kaufvertrag entstandene Kaufpreisforderung an einen Dritten abtritt. Führt die Abtretung der Kaufpreisforderung zugleich zur Abtretung der aus dem Eigentumsvorbehalt entstandenen Rechte des Vorbehaltsverkäufers? Die Wirkungen der Abtretung der Kaufpreisforderung auf den Eigentumsvorbehalt und auf die aus dem Eigentumsvorbehalt entstandenen Rechte der Vertragsparteien sind in der Lehre umstritten. Nach der Ansicht des schweizerischen Bundesgerichts bildet der Eigentumsvorbehalt eine Garantie für den Teil des Kaufpreises, der noch nicht bezahlt wurde. Demgemäß ist der Eigentumsvorbehalt „ein akzessorisches Recht (oder ein Nebenrecht)“, welches an die Kaufpreisforderung gebunden ist. Aus diesem Grund führt die Abtretung der Kaufpreisforderung auch zur Abtretung des Eigentumsvorbehalts (Art. 170 Abs. 1 OR).27 Dazu braucht es die Eintragung des Dritten als der Berechtigte in das Eigentumsvorbehaltsregister (Art. 4–8 VerEV).28 § 401 BGB bestimmt, dass die in Abs. 1 genannten Sicherungsrechte, die Hypothek, die Hypotheken, Schiffshypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft im Falle der Übertragung der Forderung nicht wie bisher verbleiben, sondern auf den neuen Gläubiger mit übergehen. Nach dem BGH ist der Eigentumsvorbehalt kein Nebenrecht i. S. v. § 401 BGB, der nur akzessorische Kreditsicherheiten erfasst. 26
Aybay/Hatemi, § 41 Rn. 9. BGE 46 II 45 (47 f.) in Honsell, Obligationenrecht, § 14, S. 135; dazu Haab/Scherrer/ Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 84, 85; Umbach-Spahn, Tagung in Zürich, 1 (5); Schmid/Hürlimann-Kaup, § 21 Rn. 1113 m. w. N. Zur Abtretung des Eigentumsvorbehalts nach Art. 189 Abs. 1 türk. OR s. Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 26, 27 (mit der Begründung, dass bei der Abtretung des Kaufpreises ohne Abtretung des Eigentumsvorbehalts der Vorbehaltsverkäufer die aus dem Eigentumsvorbehalt entstandenen Rechte nicht geltend machen kann, da er die Kaufpreisforderung nicht mehr hat). 28 Haab verneint den konstitutiven Charakter der Eintragung. Nach ihm reicht die Vereinbarung zwischen dem Vorbehaltsverkäufer und dem Dritten über die Abtretung des Eigentumsvorbehalts (und des Eigentumsübergangs) aus. S. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 85. 27
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Er erkennt die Garantiefunktion des Eigentumsvorbehalts in seinen Urteilen an, lehnt jedoch ab, dass die Abtretung des Kaufpreises zur ipso jure Abtretung der aus dem Eigentumsvorbehalt entstandenen Rechte führt. Nach dieser Ansicht hängt der Herausgabeanspruch des Verkäufers im Falle der Nichtzahlung des Kaufpreises von dessen Eigentumsrecht ab. Dementsprechend kann der neue Gläubiger (Zessionar) die Sache aufgrund der nicht rechtzeitig (oder gar nicht) erfolgenden Kaufpreiszahlung vom Vorbehaltskäufer nicht herausverlangen, da der alte Gläubiger (der Vorbehaltsverkäufer) trotz der Abtretung des Kaufpreises immer noch Eigentümer bleibt.29 Anders ist es jedoch, wenn neben der Abtretung der Kaufpreisforderung auch das Eigentum auf den Dritten übertragen wurde.30 Meines Erachtens sollte der zweiten Ansicht der Vorzug gewährt werden. Im konkreten Fall geht die Kaufpreisforderung auf den neuen Gläubiger über, aber das Eigentum an der Vorbehaltssache bleibt bei dem alten Gläubiger (Vorbehaltsverkäufer). Daher kann nur der Vorbehaltsverkäufer die Vorbehaltssache im Falle der Nichtzahlung (und durch den Rücktritt vom Kaufvertrag) zurückverlangen.31 Durch die Abtretung der Kaufpreisforderung erwirbt der neue Gläubiger nur ein persönliches Recht auf die Forderung vom Schuldner (vom Vorbehaltskäufer).32 Wegen des Ausbleibens des Kaufpreises könnte der neue Gläubiger die Sache nur dann herausverlangen, es sei denn, das Eigentum wäre an ihm nicht übertragen worden oder ein entsprechender Parteiwechsel wäre durch eine Vertragsübernahme nicht vereinbart worden.33
29 BGH, NJW 1964, 1788: „Auf den Bürgen geht allerdings das Vorbehaltseigentum nicht ohne weiteres nach §§ 412, 401 BGB über, weil es nicht als Nebenrecht im Sinne des § 401 BGB anzusehen ist“, ebenso s. BGH, NJW 2008, 1803. Dazu s. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 143 ff. m. w. N., erkennt nur ein persönliches Recht des neuen Gläubigers gegen den Vorbehaltskäufer an, der den Kaufpreis nicht rechtzeitig gezahlt hat. 30 BGH, NJW 2008, 1803: Nachdem der Dritte das Eigentum von dem Vorbehaltsverkäufer erworben hat, kann der Vorbehaltskäufer die Einwendung gem. § 986 Abs. 2 BGB gegenüber dem neuen Eigentümer geltend machen; dazu Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 143 (Eigentumsübertragung durch Besitzanweisung); Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 400; ebenso Gürsoy/Eren/Cansel, S. 678; dementsprechend Akipek/Akıntürk, S. 590; s. auch Weiterverkauf der Vorbehaltssache und doppelter Eigentumsvorbehalt oben S. 113 ff. 31 Ebenso Grunewald, Erman, Bd. I, BGB, § 449 Rn. 18. 32 Dazu s. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 143. 33 Dazu s. BGH, NJW 2008, 1803. Allein die Abtretung des Kaufpreises reicht nicht für den Partnerwechsel aus, sondern der Eigentumsvorbehalt besteht weiter zwischen dem Vorbehaltsverkäufer und dem Vorbehaltskäufer. Dementsprechend Oğuzman/Öz, Bd. II, Rn. 1663 und die in Fn. 11 genannten Autoren.
B. Verfügungen des Vorbehaltskäufers über die Vorbehaltssache
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B. Verfügungen des Vorbehaltskäufers über die Vorbehaltssache I. Im Allgemeinen Im Rahmen des Eigentumsvorbehalts erwirbt der Vorbehaltskäufer das Volleigentum an der Kaufsache erst mit dem Eintritt der Bedingung, also mit der vollständigen Zahlung des Kaufpreises. Während der Schwebezeit besitzt der Vorbehaltskäufer die Vorbehaltssache nur als unmittelbarer Fremdbesitzer und nutzt sie in der Weise, ohne dass er die Erfüllung der Bedingung und davon abhängige Wirkung verhindert (s. § 160 BGB, Art. 152 Abs. 1 OR, Art. 171 Abs. 1 türk. OR). Weiterhin darf er die Vorbehaltssache vertragsgemäß benutzen und sie bis zum Bedingungseintritt nicht beschädigen oder zugunsten eines Dritten mit einem Recht nicht belasten.34 In der Regel kann der Vorbehaltskäufer über die Vorbehaltssache nur mit Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers35 verfügen.36 Liegt keine (vorherige oder nachträgliche) Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers vor, kann der Dritte vom nicht berechtigten Vorbehaltskäufer trotzdem das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht an der Vorbehaltssache erwerben, sofern er im Zeitpunkt des dinglichen Vorgangs37 den bereits vereinbarten Eigentumsvorbehalt nicht gekannt und auf die unbeschränkte Verfügungsbefugnis des Vorbehaltskäufers vertraut hat (gem. §§ 932 ff., 1207 BGB; Art. 884, 933 ZGB; Art. 939, 988 türk. ZGB).38 34 Yargıtay
15. HD., E. 1984/71, K. 1984/753, T. 08. 03. 1984: Über die Kaufsache darf der Käufer erst nach der Zahlung des Kaufpreises beliebig verfügen. 35 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 27; Honsell, JuS 1981, 705 (708); Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 22; Schmidt, Prütting/Wegen/ Weinreich, BGB, § 449 Rn. 18; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 22; Gürsoy/Eren/ Cansel, S. 677; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 494; Eren, Borçlar Hukuku, S. 292. Liver sieht den Vorbehaltskäufer zum Weiterverkauf der Sache ermächtigt, wenn die Sache eine zum Verbrauch, zur Verarbeitung oder zum Umsatz bestimmte Sache ist. Eine Sache, die keine solche Zweckbestimmung hat, darf nur mit einer ausdrücklichen Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers einem Dritten übertragen werden. S. Liver, SPR, § 52, S. 338. 36 Gegen die Gefährdung des Eigentumsrechts kann der Verkäufer erforderliche Maßnahmen treffen (gem. Art. 152 Abs. 2 OR, Art. 171 Abs. 2 türk. OR). Ebenso Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 55; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 96; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 146 f.; zur Schadenersatzpflicht des Vorbehaltskäufers s. unten S. 123, 124. 37 S. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 129; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 38; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 187, 188. 38 Dazu s. Gürsoy/Eren/Cansel, S. 677; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (991); Akipek/ Akıntürk, S. 590; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 494 m. w. N.; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (418, 419). Auch die Eintragung im Eigentumsvorbehaltsregister schließt den guten Glauben eines Dritten nicht aus, da der Eintragung weder eine positive Rechtskraft noch ein öffentlicher Glaube zukommt. S. BGE 42 II 580 ff. Erw. 2; BGE 93 III 96 (111); Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 44 ff. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm,
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Dem deutschen Rechtsverkehr ist die Ermächtigung des Käufers zum Weiterverkauf der Vorbehaltssache nicht fremd. In der deutschen Praxis wird der sogenannte verlängerte Eigentumsvorbehalt häufig vereinbart, wonach der Vorbehaltsverkäufer den Vorbehaltskäufer ermächtigt, über die Kaufsache im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs zu verfügen. Fehlt es an einer bereits beim Vertragsabschluss oder nachträglich (als Zustimmung) gegebenen Ermächtigung zum Weiterverkauf der Vorbehaltssache, könnte ein wirksamer Eigentumserwerb des Dritten vom nicht berechtigten Vorbehaltskäufer jedoch nach den Grundsätzen des gutgläubigen Erwerbs geschehen.39 Da der Vorbehaltskäufer während der Schwebezeit über die Vorbehaltssache grundsätzlich nicht verfügen darf, verhält er sich bei seinen Zwischenverfügungen als Nichtberechtigter und erfüllt deshalb eine wichtige Voraussetzung zum gutgläubigen Rechtserwerb. Veräußert der Vorbehaltskäufer die Vorbehaltssache einem Dritten, erwirbt der Dritte gutgläubig das Eigentum an der Sache unter der Voraussetzung, dass er im Zeitpunkt der Übertragung40 an das Eigentum des Vorbehaltskäufers ohne grobe Fahrlässigkeit41 glaubt oder nach den Umständen daran glauben darf.42 Der unmittelbare Besitz des Käufers könnte ein Indiz für die Eigentümerstellung des Käufers gem. § 1006 BGB, Art. 930 Abs. 1 ZGB, Art. 985 Abs. 1 türk. ZGB sein. Hat der Dritte aber gewusst, dass der Veräußerer (der Vorbehaltskäufer) nur der Besitzer der Sache ist, dann muss er die Vorbehaltssache auf Verlangen des Vorbehaltsverkäufers ihm zurückgeben43 und ihm einen aus dem bösgläubigen Erwerb entstandenen Schadenersatz leisten (gem. §§ 989, 990 BGB; Art. 940 Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 79; über negative Rechtskraft der Eigentumsvorbehaltseintragung s. oben S. 57 ff., unten S. 247. 39 S. etwa Medicus/Lorenz, § 83 Rn. 288; Wieling, § 17 III, S. 247; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (991). 40 Wiegand, JuS 1974, 201 (207); Ernst, § 6, S. 55; Schmid/Hürlimann-Kaup, § 6 Rn. 291, 301; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 38; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, s. 187. 41 Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 121; Wiegand, JuS 1974, 201 (206 ff.); Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 39. 42 BGE 85 II 580; Liver, SPR, § 52, S. 336, 337; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 93, 129, 130; Honsell, Obligationenrecht, § 14, S. 136; Schmid/ Hürlimann-Kaup, § 6 Rn. 292 m. w. N.; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 677; Tekinay, S. 11; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (991); Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 494 m. w. N.; Eren, Borçlar Hukuku, S. 292; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (418, 419); dazu s. über den Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs beim Übersehen des Eigentumsvorbehalts wegen der Grobfahrlässigkeit Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 39; auch s. über den Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs bei der grobfahrlässigen Verletzung der Nachforschungpflicht Honsell, JuS 1981, 705 (708) m. w. N. 43 Anderenfalls kann der Vorbehaltsverkäufer seinen Herausgabeanspruch gegenüber dem bösgläubigen Erwerber geltend machen (§ 985 BGB; durch eine Herausgabeklage gem. Art. 641 Abs. 2 ZGB; Art. 683 Abs. 2 türk. ZGB). Dazu Ernst, § 6, S. 47; Tekinay, S. 11 f.
B. Verfügungen des Vorbehaltskäufers über die Vorbehaltssache
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ZGB; Art. 995 türk. ZGB).44 Die Beweislast für die Bösgläubigkeit des Erwerbers trägt der Vorbehaltsverkäufer.45 Außerdem muss nach der deutschen Rechtsprechung geprüft werden, ob der Erwerber sich grob fahrlässig verhält. Die deutsche Rechtsprechung tendiert dazu, dass der Erwerber eine Erkundigungspflicht hat, deren Verletzung den gutgläubigen Rechtserwerb ausschließt. Eine solche Erkundigungspflicht des Erwerbers wird im Allgemein angenommen, wenn eine Sache im Verkehr häufig unter Eigentumsvorbehalt verkauft wird46 oder wenn der Dritte weiß, dass sich sein Vertragspartner in einer schlechten Vermögenslage befindet.47 Darüber hinaus schützt das schweizerische und türkische Recht den Erwerb eines gutgläubigen Dritten an einer beweglichen Sache nur dann, wenn die Sache anvertraut, also mit Wissen und Wollen des früheren Besitzers dem Veräußerer überlassen wurde.48 Im Falle des Rechtserwerbs des Dritten vom nicht berechtigten Vorbehaltskäufer ist auch diese Voraussetzung bereits erfüllt. Nach herrschender Meinung entsteht ein „Treuhandverhältnis“ zwischen dem Verkäufer und dem Käufer im Rahmen des Eigentumsvorbehalts. Der Käufer zeigt sich als Treuhänder, während die Vorbehaltssache als eine dem Käufer anvertraute Sache angesehen wird.49 Als Folge des gutgläubigen Eigentumserwerbs des Dritten (gem. § 932 BGB; Art. 714 Abs. 2, 933 ZGB; Art. 763 Abs. 2, 988 türk. ZGB) erlischt der Eigentumsvorbehalt50, und zugleich verliert der Vorbehaltsverkäufer sein Eigentum daran. Demzufolge kann der Vorbehaltsverkäufer die Vorbehaltssache vom gutgläubigen Dritten nicht zurückverlangen, indem er sich auf sein Eigentumsrecht nach § 985 BGB, Art. 641 ZGB, Art. 683 türk. ZGB beruft.51. Daraus entsteht eine Schadenersatzpflicht zugunsten des Vorbehaltsverkäufers gegenüber dem Vorbehaltskäufer. Die Grundlage der Schadenersatzpflicht des Vorbehaltskäufers ist jedoch umstritten. Nach einigen Stimmen entsteht hier ein Schadenersatz
44 Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 22; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 49. 45 Wiegand, JuS 1974, 201 (208 f.); Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 129. 46 W. N. aus der Rechtsprechung bei Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 13a; Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 121; Honsell, JuS 1981, 705 (708); Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 22; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 48; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, S. 300, Rn. 873; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 39. 47 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 873. 48 Ernst, § 8, S. 77; Schmid/Hürlimann-Kaup, § 6 Rn. 294, 297 ff. 49 BGE 85 II 580; Liver, SPR, § 52, S. 335, 337; Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 400; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 677; Akkanat, S. 150; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 494 m. w. N.; Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (418). 50 Liver, SPR, § 52, S. 337; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 37. 51 Akkanat, S. 150 f.; Schmid/Hürlimann-Kaup, § 6 Rn. 302.
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
aufgrund der Verfügung an einer anvertrauten Sache52. Nach den anderen hat der Vorbehaltsverkäufer einen Schadenersatzanspruch wegen der Verletzung der aus dem Eigentumsvorbehalt entstehenden Pflichten gem. Art. 152 Abs. 1 OR, Art. 171 Abs. 1 türk. OR und nach Art. 96 OR und Art. 112 türk. OR analog.53 Beim Weiterverkauf der Vorbehaltssache vom nicht berechtigten Vorbehaltskäufer könnte er auch nach dem deutschen Recht gem. §§ 241 Abs. 2 und eventuell 280 Abs. 1 BGB schadenersatzpflichtig sein. Auch die nach den schweizerischen und türkischen Rechten vorausgesetzte Eintragung in das Eigentumsvorbehaltsregister schließt den gutgläubigen Eigentumserwerb des Dritten nicht aus.54 Aus dem Registereintrag entsteht keine Vermutung dafür, dass jedermann den Eigentumsvorbehalt kennt (keine positive Rechtskraft).55 Ferner ist der Dritte auch nicht verpflichtet zu prüfen, ob ein Eigentumsvorbehalt an der Sache im Eigentumsvorbehaltsregister besteht.56 Nach Elbir liegt die Schwäche des Eigentumsvorbehalts im türkischen Recht darin, dass die Registereintragung gutgläubigen Dritten gegenüber nicht geltend gemacht werden kann. Seiner Meinung nach ist diese schwache Seite der Eigentumsvorbehaltseintragung durch ein Kennzeichen auf der Vorbehaltssache (z. B. durch eine Marke oder kurze Erklärung) zu überwinden. Einer solchen Kennzeichnung auf der Vorbehaltssache wird eine solche Bedeutung beigemessen, dass der Erwerber den Eigentumsvorbehalt kennt und daher nicht mehr auf die Verfügungsbefugnis des Vorbehaltskäufers vertrauen kann.57 Meines Erachtens ist der Ausschluss des guten Glaubens des Dritten mithilfe einer Kennzeichnung nicht für jede Kaufsache denkbar. Beispielsweise wäre die Kennzeichnung an einer kleinen Sache unlesbar.58
52 In dieser Richtung Akkanat, S. 150; zur Schadenersatzforderung s. a. Schmid/Hürlimann-Kaup, § 6 Rn. 302. 53 Dementsprechend v. Tuhr/Escher, § 85, S. 266; zum deliktischen Schutz des Verkäufers gegenüber dem Vorbehaltskäufer s. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 93 m. w. N., 134; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 67; Liver, SPR, § 52, S. 335; dazu Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 148, 149 m. w. N.; Saymen/Elbir, Eşya Hukuku, S. 400; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 677; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 494 f. 54 Honsell, Obligationenrecht, § 14, S. 136; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 184 f. m. w. N., auch aus der türkischen Rechtsprechung; Feyzioğlu, S. 171; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (991); Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (198), Fn. 55; Nomer, Beklenen Haklar, S. 162 m. w. N. 55 Dazu s. oben S. 57 ff., unten S. 247; dazu Homberger, ZüKomm, Bd. IV, 3. Abtl., Art. 933 Rn. 31; Liver, SPR, § 52, S. 336; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 42 ff.; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 38. 56 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 79, 129; Honsell, Obligationenrecht, § 14, S. 136; Sirmen, S. 106 m. V. a. BGE 60, II, 1934, S. 195. 57 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 185 f. 58 Mit ähnlichen Begründungen Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (198 f.).
B. Verfügungen des Vorbehaltskäufers über die Vorbehaltssache
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II. Bestellung eines beschränkt dinglichen Rechts an der Vorbehaltssache Eine andere Frage ist, ob der Vorbehaltskäufer zugunsten eines Dritten ein beschränkt dingliches Recht an der Vorbehaltssache bestellen kann. In diesem Zusammenhang ist z. B. die Begründung eines Nießbrauchs (Nutznießung genannt in der Schweiz) und eines Pfandrechts an der Vorbehaltssache zu behandeln. Bei der Begründung eines Nießbrauchs übergibt der Eigentümer (sog. Nießbrauchsbesteller) eine Sache einem Dritten (sog. Nießbraucher) und behält gleichzeitig das Eigentum an der Sache, während der Nießbraucher nur ein Recht zur Nutzung und zur Fruchtziehung erwirbt.59 Beim Eigentumsvorbehalt wird der Vorbehaltskäufer erst mit der Erfüllung der Bedingung der unbedingte Eigentümer. Da der Vorbehaltskäufer nicht der Eigentümer der Vorbehaltssache ist, kann er grundsätzlich einen Nießbrauch an der Sache nicht begründen. Möglich bleibt allerdings ein gutgläubiger Erwerb eines Nießbrauchs.60 Trotz des gutgläubigen Erwerbs eines Nießbrauchs erlischt das Eigentum des Vorbehaltsverkäufers aber nicht.61 Das Eigentum des Vorbehaltsverkäufers ist nunmehr mit diesem dinglichen Recht belastet, sodass der Vorbehaltsverkäufer die Sache durch den Rücktritt vom Kaufvertrag nicht zurückverlangen kann, solange der Nießbrauch weiter besteht.62 Fraglich ist auch, ob der Vorbehaltskäufer ein Pfandrecht an der Vorbehaltssache bestellen könnte. Obwohl der Vorbehaltskäufer das Eigentum an der Sache noch nicht erworben hat, kann der gutgläubige Pfandgläubiger das Pfandrecht an der Sache erwerben,63 es sei denn, der Empfänger (sog. Pfandgläubiger) wäre bei der Bestellung des Pfandrechts bösgläubig, also hätte er gewusst, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört (§§ 932 ff., 1207 BGB; Art. 884 Abs. 2 ZGB; Art. 939 Abs. 2 türk. ZGB). Darin könnte man eine Gefahr des Untergangs des Eigentums des Vorbehaltsverkäufers erblicken, wenn der Pfandgläubiger für seine Forderung die verpfändete Vorbehaltssache durch das Zwangsverwertungsverfahren verwerten will.64
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Z. B. Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 2892. Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 39. 61 Wieland, ZüKomm, Bd. IV, Art. 746, S. 227; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 39; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, s. 188. 62 Das Gleiche gilt auch bei der Bestellung eines Pfandrechts an der Vorbehaltssache. S. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 130. 63 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 40; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 188. 64 Hingewiesen auf diese Gefahr in Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 130. 60
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
III. Wirkungen der Übernahme der Kaufpreisschuld auf den Eigentumsvorbehalt Hinsichtlich der Verfügungen des Vorbehaltskäufers ist auch die Frage relevant, ob der Vorbehaltsverkäufer sich auf den Eigentumsvorbehalt immer noch berufen kann, wenn der Vorbehaltskäufer mit einem Dritten einen Übernahmevertrag abschließt und vereinbart, dass die aus dem Eigentumsvorbehalt entstandene Kaufpreisschuld von ihm auf den Übernehmer übergeht. Anders als bei der Abtretung der Kaufpreisforderung vom Vorbehaltsverkäufer ist die Schuldübernahme nicht zwischen dem alten Schuldner und dem Übernehmenden zu vereinbaren. Für die Schuldübernahme bedarf es vielmehr der Zustimmung des Gläubigers (§§ 414, 415 BGB; Art. 176 Abs. 1 OR; Art. 196 Abs. 1 türk. OR).65 Dementsprechend ist für eine wirksame Übernahme der Kaufpreisschuld im Rahmen des Eigentumsvorbehalts erforderlich, dass der Vorbehaltsverkäufer damit einverstanden ist, dass die Schuld unberührt bleibt,66 nur der Übernehmende an die Stelle des Vorbehaltskäufers eintritt.67 Darüber hinaus ist umstritten, ob der Eigentumsvorbehalt trotz der Schuldübernahme weiterbesteht. Gesetzlich ist ausdrücklich geregelt, dass die Pfandrechte und Bürgschaften infolge der Schuldübernahme erlöschen (§ 418 Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 178 Abs. 2 OR, Art. 198 Abs. 2 türk. OR), es sei denn, der Sicherungsgeber hat mit der Weiterbestehung eines solchen Rechts gegenüber dem neuen Schuldner zugestimmt (§ 418 Abs. 1 S. 3 BGB, Art. 178 Abs. 2 OR, Art. 198 Abs. 2 türk. OR). In Art. 178 Abs. 1 OR und Art. 198 Abs. 1 türk. OR wird geregelt, dass diejenigen Sicherungen trotz der Sicherungsübernahme nicht erlöschen, die nicht mit der Person des bisherigen Schuldners untrennbar verknüpft sind. Fraglich ist, ob der Eigentumsvorbehalt unter diesen Sicherungen behandelt werden kann,68 also ob der Eigentumsvorbehalt im Falle des Schuldnerwechsels gegenüber dem neuen Schuldner wirken kann. Die herrschende Meinung geht hier vom Sicherungsinteresse des Vorbehaltsverkäufers aus und vertritt zutreffend, dass die Sicherungsübernahme den Eigentumsvorbehalt nicht zu Fall bringt.69 Erklärt der Vorbehaltsverkäufer seine Zustimmung mit der Schuldübernahme, will er seine Sicherung durch den Eigentumsvorbehalt nicht gefährden und seinen rechtlichen Zustand nicht 65 Turgut Akıntürk/Derya Ateş Karaman, Borçlar Hukuku, Genel Hükümler, Özel Borç İlişkileri, Istanbul 2011, S. 213 f.; Haluk Nami Nomer, Borçlar Hukuku, Genel Hükümler, 10. Auflage, Istanbul 2011, Rn. 237. 66 Akıntürk/Ateş Karaman, S. 213. 67 Akıntürk/Ateş Karaman, S. 213; Nomer, Borçlar Hukuku, Rn. 239. 68 Bejahend Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 147 f. 69 Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 41 m. W. auf OLG Köln JW 1934, 438; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 147 f.
C. Verlängerter Eigentumsvorbehalt
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verschlechtern.70 Sein Interesse liegt vielmehr darin, dass er sich gegen die Gefahr des Ausbleibens der Kaufpreiszahlung im Wege des Vorbehaltens des Eigentums absichern kann.
C. Verlängerter Eigentumsvorbehalt I. Im Allgemeinen Bei der einfachen Form des Eigentumsvorbehalts ist der Vorbehaltsverkäufer gegen eine Verarbeitung oder Weiterveräußerung der Vorbehaltssache nicht gesichert, weil die Verarbeitung der Vorbehaltssache oder die Übereignung der Vorbehaltssache vom Käufer an einen gutgläubigen Dritten zum Erlöschen des einfachen Eigentumsvorbehalts und des vorbehaltenen Eigentums des Vorbehaltsverkäufers führen können. Um diesen möglichen Eigentumsverlust des Verkäufers zu verhindern, wurde eine besondere Form des Eigentumsvorbehalts, der sogenannte verlängerte Eigentumsvorbehalt, von der deutschen Praxis entwickelt. Die Bedeutung des verlängerten Eigentumsvorbehalts liegt darin, dass der Verkäufer sich an den Surrogaten der Sache sichern kann, die im Falle der Weiterveräußerung oder im Falle der Verarbeitung an Stelle der unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache treten. Der aus wirtschaftlichen Bedürfnissen entstandene verlängerte Eigentumsvorbehalt ist nunmehr sowohl von der deutschen Rechtsprechung als auch vom deutschen Schrifttum anerkannt.71 Den Vorausabtretungs- und Verarbeitungsklauseln im Handel und in der Industrie kommen besondere Bedeutung zu, wo die Weiterveräußerung und Verarbeitung der Vorbehaltssache häufig vorkommen und der Vorbehaltskäufer seine Kaufpreisschuld vom Erlös aus dem Weiterverkauf der Vorbehaltssache tilgen will. Die Frage, ob ein Eigentumsvorbehalt dergestalt vereinbart werden kann, dass die künftige aus dem Weiterverkauf der Vorbehaltssache entstandene Kaufpreisforderung bereits auf den Vorbehaltsverkäufer vorausabgetreten wird, wird im schweizerischen Schrifttum nicht einheitlich beantwortet.72 Die Vereinbarung des verlängerten Eigentumsvorbehalts mit einer Vorausabtretungsklausel wird von der Rechtsprechung und im Schrifttum von Liver, Wiegand und Staehelin anerkannt.73 Dagegen hat Bürgi Bedenken gegen die Vorausabtretung der Forderungen aus dem Weiterverkauf und gegen die Vereinbarung 70
V. Tuhr/Escher, § 99, S. 393; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 147 f. m. w. N. Z. B. Werner Flume, „Der verlängerte und erweiterte Eigentumsvorbehalt“, Neue Juristische Wochenschrift, Heft 22, München 1950, 841. 72 Beachtlich ist auch, dass die Forderungsabtretung nach Art. 165 Abs. 1 OR zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form bedarf. 73 Liver, SPR, § 52, S. 338 m. V.; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (52 ff.) m. w. N. 71
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
des Eigentumsvorbehalts mit einer Verarbeitungsklausel. Nach ihm mag eine Verallgemeinerung der Vorausabtretungsklauseln zur einer Verquickung des Eigentumsvorbehalts mit einem andersartigen Sicherungsmittel führen.74 Im schweizerischen Schrifttum bestehen auch keine Übereinstimmung und keine ständige Rechtsprechung über die Verlängerung des Eigentumsvorbehalts auf eine durch die Verarbeitung neu hergestellte Sache. Im Schrifttum gibt es eine Tendenz zur Unwirksamkeit einer Verlängerungsform des Eigentumsvorbehalts. Ein häufig vorgebrachter Unwirksamkeitsgrund ist, dass der Eigentumsvorbehalt mit einer Verarbeitungsklausel zur Umgehung des Faustpfandprinzips führt, auf dem das schweizerische Sicherungsrecht gebaut wurde (s. Art. 884 Abs. 1, 3 und 717 ZGB). Mit einer solchen Verlängerungsform des Eigentumsvorbehalts wird bezweckt, dem Vorbehaltsverkäufer an der neuen Sache mittels Besitzkonstitut eine Sicherheit zu gewähren. Dies bedeutet aber nichts anderes als eine unzulässige Abweichung vom Faustpfandprinzip.75 Gegen den verlängerten Eigentumsvorbehalt wird in der Schweiz auch eingewendet, dass die Eintragung im Eigentumsvorbehaltsregister nach Art. 7 lit. f. VerEV eine genaue Bezeichnung der Sache enthalten muss. Als Folge der Verarbeitung der Vorbehaltssache wird jedoch eine neue Sache hergestellt, die mit der im Register eingetragenen Sache nicht mehr identisch ist. Damit der Vorbehaltsverkäufer sich an der neu entstandenen Sache sichern kann, braucht es die Vereinbarung über einen neuen Eigentumsvorbehalt und eine neue Eintragung in das Eigentumsvorbehaltsregister. Eine derartige neue Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts scheitert aber am strengen Faustpfandprinzip (Art. 884 ZGB).76 In Ablehnung der oben erwähnten Gründe geht eine Mindermeinung im schweizerischen Schrifttum von der Wirksamkeit des verlängerten Eigentumsvorbehalts aus77 und vertritt, dass Art. 726 Abs. 1 ZGB einen dispositiven Charakter hat.78 Ohne Rücksicht auf den unterschiedlichen Wert der verarbeiteten Sache und der Verarbeitung können die Vertragsparteien den Vorbehaltsverkäufer als Eigentümer der neuen Sache bestimmen. Über die Frage nach der Wirksamkeit des verlängerten Eigentumsvorbehalts findet man keine (feste) 74 Bürgi, BTJP 1981, 111 (121). S. auch BGE 57 II, 1931, S. 537 (Es bedarf der Bestimmbarkeit der Forderung hinsichtlich der Person des Schuldners, des Rechtsgrunds und der Höhe im Zeitpunkt der Abtretung.). 75 Homburger, S. 67 f.; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 726 Rn. 55 ff.; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1711 m. w. N. 76 Dazu s. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 726 Rn. 58; vgl. Volker Behr, „Eigentumsvorbehalt und verlängerter Eigentumsvorbehalt bei Warenlieferungen in die Schweiz“, Recht der Internationalen Wirtschaft Außenwirtschafsdienst des BetriebsBeraters, Heft 8, Heidelberg 1978, 489 (492 f.). 77 Liver, SPR, § 52, S. 338 (ohne weitere Begründung). 78 Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (104 f.) m. w. N.
C. Verlängerter Eigentumsvorbehalt
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Stellungnahme der schweizerischen Rechtsprechung. Nur in einem Urteil vom Jahr 1969 hatte das Obergericht Zürich das Problem der Verlängerung des Eigentumsvorbehalts erörtert,79 und der verlängerte Eigentumsvorbehalt wurde von der Minderheit für wirksam erklärt. II. Vorausabtretungsklausel Der einfache Eigentumsvorbehalt schützt den Vorbehaltsverkäufer nur bis zur Weiterveräußerung der Vorbehaltssache vom Vorbehaltskäufer. Verkauft der Käufer die Vorbehaltssache einem Dritten, geht das Eigentum des Vorbehaltsverkäufers in der Regel ins Leere. Um die Rechtsposition des Vorbehaltsverkäufers sicherzustellen, braucht es eine Verlängerung des Eigentumsvorbehalts, die typischerweise durch Vorausabtretung der künftigen Forderungen geschieht. In dieser Form des verlängerten Eigentumsvorbehalts, der dem deutschen Rechtsverkehr nicht fremd ist, wird der Käufer (oder Wiederverkäufer80) vom Vorbehaltsverkäufer zur Weiterveräußerung der Vorbehaltssache ermächtigt.81 Dazu tritt der Käufer aber seine künftige Forderung gegen den Abnehmer schon bei der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts an den Vorbehaltsverkäufer ab (§ 398 BGB).82 Im deutschen Recht bedeutet die Vereinbarung einer Verlängerung durch eine Vorausabtretungsklausel keinen Verstoß im Sinne des § 138 BGB.83 Eine Unwirksamkeit der formularmäßigen Vereinbarung der Vorausabtretungsklausel in AGB gem. § 307 BGB könnte zwar dann vorkommen, wenn sie zu einer unangemessenen Benachteiligung des Sicherungsgebers aufgrund einer Übersicherung des Sicherungsnehmers führe.84 79
Obergericht Zürich ZR 68 (1969), S. 375. Ermächtigung des Wiederverkäufers zur Weiterveräußerung s. BGH, NJW 1991, 2285; Honsell, JuS 1981, 705 (708); Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 22; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 47; dazu Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 22. 81 Zum Widerruf der Ermächtigung zur Weiterveräußerung s. Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 57; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 140. 82 Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 49; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 23 m. V. a. BGHZ 27, 306, 308 f.; Grunewald, Erman, BGB, § 449, Bd. I, Rn. 46; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 121. Über Bestimmbarkeit der künftigen Forderung (ihr Gegenstand und Umfang) im Zeitpunkt der Weiterveräußerung s. Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 51; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 23 m. w. N.; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 931; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 46; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449, 123 ff. 83 Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 52; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 142 ff. 84 Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 52 m. w. N.; vgl. auch Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 929 m. w. N.; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 142 ff. Über die Gefahr der Übersicherung durch den Einsatz hoher Werte des Sicherungsgebers, also Güter und Forderungen, für geringere Kreditforderungen und auch die Frage der Sittenwidrigkeit der Kreditbesicherung s. auch Harm Peter Westermann, „Der Schutz dinglicher Rechtspositionen 80 Zur
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
Die Ermächtigung des Käufers wird im deutschen Recht auf eine Weiterveräußerung im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs beschränkt.85 Bei der Prüfung, ob der Käufer im Einzelfall etwas im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs weiterveräußert, sind die objektiven, auch einem Drittabnehmer erkennbaren Kriterien zu berücksichtigen.86 Nach der herrschenden Meinung fehlt es an einer Veräußerung im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs, wenn die Sache gegen Einstandspreis oder unter Einkaufspreis87 oder beim Sale-and-Lease-Back-Verfahren88 verkauft wird. Bei dem Saisonschlussverkauf wird in jedem Einzelfall geprüft, ob ein Kauf im ordnungsgemäßen Geschäftsverkehr vorliegt.89 Ferner wird vertreten, dass ein Räumungsverkauf eine weitere Zustimmung des Verkäufers braucht.90 Hat der Käufer im ordnungsgemäßen Geschäftsverkehr die Vorbehaltssache einem Dritten verkauft, erwirbt der Abnehmer das Eigentum mit der Einwilligung des Vorbehaltsverkäufers (gem. § 185 Abs. 1 BGB). Daher bedarf es nicht, die Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs zu prüfen.91 Anders ist es allerdings, wenn der Käufer die Vorbehaltssache nicht im ordnungsgemäßen Geschäftsverkehr weiterverkauft hat. In diesem Fall kann der Abnehmer das Eigentum nur gutgläubig nach § 932 ff BGB, § 366 HGB erwerben.92 Nach Grunewald entsteht aus dem Eigentumsverlust beim gutgläubigen Dritterwerb ein Anspruch des Vorbehaltsverkäufers gem. §§ 823 Abs. 1, 241 Abs. 2 und 280 BGB.93
und die Gewährleistung effektiven Rechtsverkehrs“, Dingliche Rechtspositionen und Verkehrsschutz, Tübingen 2015, 155 (183 f.). 85 Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 45; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 88; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 928; Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 10 m. w. N. aus der Rechtsprechung und § 929 Rn. 28; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 131 m. W. a. BGH, NJW 1972, 995, 997; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 33. 86 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 33 m. w. N.; Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 52; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 928 m. V. a. BGHZ 68, 199, 202; BGH, WM 1969, 1452; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 131 m. V. a. BGH, NJW 1977, 901. 87 Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 57 m. V. a. BGH v. 05. 11. 1969 – VIII ZR 247/67 – LM Nr. 23 zu § 455 BGB; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 22 m. W. auf BGHZ 104, 129, 133 und LM § 455 Nr. 23; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 134 m. w. N. 88 Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 22; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 928 m. w. N.; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 45 m. W. auf BGH, NJW 1988, 1740; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 134 m. w. N. 89 Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 57. 90 Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 57. 91 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 929. 92 Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 28 m. V. a. BGH, NJW 89, 896 f. 93 Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 45.
C. Verlängerter Eigentumsvorbehalt
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Weiterhin geht die herrschende Meinung in Deutschland davon aus, dass der Vorbehaltsverkäufer den Vorbehaltskäufer regelmäßig nicht nur zur Weiterveräußerung, sondern auch zur Einziehung der Forderung ermächtigt.94 Danach kann der Vorbehaltskäufer die abgetretene Kaufpreisforderung gegen seinen Abnehmer im eigenen Namen einziehen.95 Bei einem verlängerten Eigentumsvorbehalt mit einer Vorausabtretungsklausel muss der Vorbehaltskäufer den Vorbehaltsverkäufer aus dem Erlös befriedigen. Ist er seiner Zahlungspflicht nicht nachgekommen, kann der Verkäufer den Kaufpreis vom Abnehmer des Käufers nicht verlangen. Ferner gewährt die Verlängerung des Eigentumsvorbehalts durch Vorausabtretung dem Vorbehaltsverkäufer nur eine Sicherheit bis zum Zeitpunkt der Zahlung des Abnehmers.96 Mit der Zahlung des Kaufpreises an seinen Verkäufer (Vorbehaltskäufer) hat der Abnehmer seine Kaufpreisschuld erfüllt. Aus der Einziehungsermächtigung ergibt sich aber kein Recht des Vorbehaltskäufers, die bereits an den Vorbehaltsverkäufer abgetretene Kaufpreisforderung an einen Dritten weiter abzutreten97 och durch eine Vereinbarung mit dem Abnehmer die bereits abgetretene Kaufpreisforderung mit einer bestehenden Gegenforderung aufzurechnen.98 Im Rahmen des verlängerten Eigentumsvorbehalts wird geregelt, dass die Kaufpreisforderung gemäß der im Kaufvertrag vereinbarten Vorausabtretung auf den Vorbehaltsverkäufer übergeht.99 Folglich überschreitet der Käufer seine Ermächtigung100 und verhält sich als Nichtberechtigter101, wenn er mit seinem Abnehmer ein Abtretungsverbot (gem. § 399 BGB) vereinbart,102 nach welchem die Abtretung der Kaufpreisforderung ausgeschlossen oder von der Zustimmung des Abnehmers des Käufers abhängig gemacht wird.103 94 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 34 m. w. N.; Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 51, 58; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 932; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 141 m. w. N. 95 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 932. 96 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 932. 97 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 34 m. w. N.; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 933. 98 Dazu s. Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 57 mit w. N. aus der Rechtsprechung. Da die Forderung schon vorher an den Vorbehaltsverkäufer abgetreten wurde, fehlt es hier an der erforderlichen Gegenseitigkeit der Forderungen. Zwar ist die gutgläubige Aufrechnung gem. §§ 406, 407 BGB möglich. Dazu s. Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 936. 99 Über die Frage, ob es hier um einen Direkt- oder Durchgangserweb geht, s. Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 122; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 930. 100 Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 54; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 47 m. V. a. BGH NJW 1988, 1210; NJW‑RR 1991, 343. 101 Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 54. 102 Zu beachten ist § 354a HGB. 103 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 946.
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
Häufig kommen in der Praxis Fälle vor, in denen der Käufer unter verlängertem Eigentumsvorbehalt mit einer Vorausabtretungsklausel Waren kauft und gleichzeitig alle seine bestehenden oder künftig entstehenden Forderungen an eine Bank oder an einen anderen Geldkreditgeber abtritt (sog. Globalzession). Also würde der Käufer seine Forderungen zum zweiten Mal abtreten, woraus eine Kollision zwischen der Globalzession zugunsten des Geldkreditgebers und dem verlängerten Eigentumsvorbehalt zugunsten des Warenkreditgebers entsteht. Die Frage, wer die Forderung erwirbt, wird nach der Priorität beantwortet.104 Nach dem sogenannten Prioritätsprinzip geht die zuerst vereinbarte Abtretung der später vorgenommenen Abtretung vor. Hat der Käufer vor der Globalzession zugunsten einer Bank eine Ware unter verlängertem Eigentumsvorbehalt gekauft, wird der Warenkreditgeber (Vorbehaltsverkäufer) der Inhaber der Forderung. Genauso umgekehrt ist es in dem Fall, dass der Käufer alle seine Forderungen zuerst an einen Geldkreditgeber abgetreten und danach eine Ware unter einem verlängerten Eigentumsvorbehalt veräußert hat. In diesem Fall wird der Vorbehaltsverkäufer dadurch benachteiligt, dass die Globalzession alle künftigen Forderungen sowie die Kaufpreisforderung des Vorbehaltsverkäufers umfasst und dadurch eine erneute Abtretung an den durch den verlängerten Eigentumsvorbehalt gesicherten Vorbehaltsverkäufer von vornherein ausschließt. Die Privilegierung des Geldkreditgebers ist jedoch durch die Rechtsprechung beschränkt. Der BGH hält eine Globalzession künftiger Forderungen an einen Geldkreditgeber gemäß § 138 Abs. 1 BGB für sittenwidrig und nichtig,105 sofern sie auch die durch einen – branchenüblichen – verlängerten Eigentumsvorbehalt entstandenen künftigen Forderungen umfasst.106 Anders gesagt haben die Forderungen aus einem verlängerten Eigentumsvorbehalt den Vorrang, auch wenn die Globalzession zuerst vereinbart worden ist. Darüber hinaus ist der BGH der Meinung, dass es einer „dinglichen“ Teilverzichtsklausel (Freigabeklausel) bedarf, nach welcher die Forderungen aus dem verlängerten Eigentumsvorbehalt der Globalzession nicht unterliegen, also von Anfang an von der Globalzession ausgenommen sind.107 104 Vgl.
BGH NJW 1959, 1533; dazu w. N. b. Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 166; Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 55, Fn. 130. 105 Zur Unwirksamkeit wegen der unangemessenen Benachteiligung i. S. v. § 307 BGB s. Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 55 m. w. N., auch aus der Rechtsprechung. 106 BGHZ 98, 303, 314 ff.; BGH NJW 99, 940; w. N. aus der Rechtsprechung Reinicke/ Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 953, Fn. 170. Zu der Frage des auf die Vorausabtretung anzuwendenden Rechts und der Zulässigkeit der Vorausabtretung beim Erwerb künftiger ausländischer Forderungen s. Art. 14 Rom I VO. 107 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, § 49 II 3, S. 396 ff.; BGHZ 98, 303, 314 ff.; BGH NJW 99, 940; w. N. aus der Rechtsprechung s. Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 55, Fn. 135; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 174. Über das Problem Kollision von Globalzession und verlängertem Eigentumsvorbehalt s. auch Westermann, Dingliche Rechtspositionen und Verkehrsschutz, 155 (181 f.).
C. Verlängerter Eigentumsvorbehalt
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Die Vorausabtretung der Kaufpreisforderung an den Vorbehaltsverkäufer beim verlängerten Eigentumsvorbehalt kann auch mit dem Factoring kollidieren, bei dem der Unternehmer seine sämtlichen künftigen Forderungen gegen seinen Abnehmer dem Factoringinstitut (sog. Factor) abtritt. Durch den Abschluss eines Factoringvertrags erlangt ein Unternehmen die Möglichkeit, seine erst später fällig gewordenen Forderungen aus den Warenlieferungen direkt (vor deren Fälligkeit) zu liquidieren, indem er seine Forderungen an den Factor verkauft. Hier ist jedoch die Wirksamkeit der Vorausabtretung im Rahmen des Factorings umstritten. Es stellt sich die Frage, ob die Vorausabtretung im Rahmen des Factorings sittenwidrig wird, wenn der Factor in der Lage ist, mit einem branchenüblichen verlängerten Eigentumsvorbehalt zu rechnen. Hier macht der BGH einen Unterschied zwischen echtem und unechtem Factoring. Bei einem echten Factoring werden die Forderungen mit dem Ausfallrisiko (Delkredererisiko) an den Factor übertragen. Nach herrschender Meinung erstreckt sich die Ermächtigung des Vorbehaltskäufers zur Einziehung der abgetretenen Forderungen beim verlängerten Eigentumsvorbehalt auch auf den Verkauf der abgetretenen Forderungen im Rahmen eines echten Factorings.108 Durch die Vereinbarung eines echten Factorings wird aber der Vorbehaltsverkäufer (Warenkreditgeber) nicht geschädigt. Im Rahmen eines echten Factorings darf der Anschlusskunde (Vorbehaltskäufer) den Gegenwert, den der Factor für die angekauften Forderungen gezahlt hat, endgültig behalten und aus diesem Erlös seine Vorbehaltslieferanten befriedigen.109 Dem Vorbehaltsverkäufer ist es daher gleichgültig, ob der Kaufpreis von dem Abnehmer gezahlt oder durch den Factor dem Konto des Abschlusskunden gutgeschrieben wird.110 Folglich wird die Vorausabtretung an einen Factor nicht sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB),111 und zugleich unterliegt sie dem Grundsatz der Priorität, danach ist die Vorausabtretung im Rahmen des vor dem verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbarten Factorings vorrangig.112 Angesichts des unechten Factorings hat der BGH anders entschieden. Beim unechten Factoring geht es um ein Kreditgeschäft,113 und die Abtretung dient zur Gewährung dieses Kredits. Das unechte Factoring unterscheidet sich vom 108 Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 56; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 53; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 23; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 961 m. w. N. aus der Rechtsprechung; vgl. BGHZ 82, 50 m. W. auf BGHZ 58, 364; 69, 254; BGH, WM 1979, 575. 109 BGHZ 100, 353 ff. 110 Dementsprechend Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 53; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 960 f. 111 BGHZ 69, 254; 72, 15; 100, 353; dazu Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 56. 112 BGHZ 69, 254; 82, 50; 100, 353; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 56 m. w. N. 113 BGHZ 82, 50 m. W. auf BGHZ 58, 364; 69, 254; BGH, WM 1979, 575; w. N. in Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 177.
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
echten Factoring dadurch, dass das Risiko des Forderungsausfalls beim Anschlusskunden (beim Vorbehaltskäufer) verbleibt. Der Factor kann also das Konto des Anschlusskunden zurückbelasten, wenn der zahlungsunfähig gewordene Abnehmer den Kaufpreis nicht gezahlt hat. Anders gesagt übernimmt der Anschlusskunde das Risiko der möglichen Zahlungsunfähigkeit des Abnehmers. Beim Kollisionsfall zwischen dem verlängerten Eigentumsvorbehalt und dem unechten Factoring geht der BGH daher vom Grundsatz der Priorität aus und hält das unechte Factoring für nichtig, wenn es vor der Veräußerung unter dem verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbart ist.114 III. Verarbeitungsklausel 1. Verarbeitung und Umbildung der Vorbehaltssache im Allgemeinen Die Rechtsfolgen der Verarbeitung oder Umbildung einer fremden Sache werden im deutschen, schweizerischen und türkischen Recht ähnlich geregelt. Nach den jeweiligen Vorschriften ist der Wert der Verarbeitung bzw. der Umbildung für die Feststellung des Eigentümers entscheidend. Der Verarbeiter erwirbt das Eigentum an der neuen Sache, wenn die Verarbeitung oder die Umbildung kostbarer als der Stoff ist (§ 950 Abs. 1 BGB, Art. 726 Abs. 1 ZGB, Art. 775 Abs. 1 türk. ZGB).115 Hier geht es um den ursprünglichen Erwerb des Eigentums.116 Der Eigentumserwerb des Verarbeiters hat zur Folge, dass das vorbehaltene Eigentum des Vorbehaltsverkäufers verloren geht sowie die am Stoff bestehenden Rechte (ausdrücklich in § 950 Abs. 2 BGB) und auch das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers enden.117 Dazu ermächtigen der schweizerische und türkische Gesetzgeber das Gericht, folgendermaßen zu beschließen, dass die neue Sache zum Eigentümer des Stoffes gehört, wenn der Verarbeiter bösgläubig gehandelt hat (Art. 726 Abs. 2 ZGB, Art. 775 Abs. 2 türk. ZGB), obwohl der Wert der Verarbeitung oder der Umbildung wertvoller als der Stoff ist. Der Eigentumserwerb durch die Verarbeitung und Umbildung hat besondere Bedeutung beim Kauf der Rohstoffe unter Eigentumsvorbehalt. Hier lautet die Frage, wie der Vorbehaltslieferant vor dem Untergang des Eigentums wegen der Verarbeitung oder der Umbildung des Rohstoffes geschützt werden kann. 114 BGHZ 58, 364; 82, 50; 100, 353; w. N. in Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, § 52 IV, S. 578 ff.; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 966, Fn. 194; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 56, Fn. 139; Grüneberg, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 398 Rn. 40. Zur Kritik des Schlussfolgerung des BGH s. Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 78; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 967; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 56. 115 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 15 VII 2 b, S. 450; Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 25. 116 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 44. 117 Dazu s. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 15 VII 2 b, S. 450; Beck, S. 180 f.
C. Verlängerter Eigentumsvorbehalt
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In der deutschen Praxis wird der Untergang des vorbehaltenen Eigentums als Folge der Verarbeitung durch die „Verarbeitungsklausel“ überwunden, wonach der Warenkreditnehmer (der Vorbehaltskäufer) vor der Zahlung des ganzen Kaufpreises die Sache verarbeiten darf, das Eigentum an der neuen hergestellten Sache bleibt jedoch beim Warenkreditgeber (Vorbehaltsverkäufer).118 Ebenso vertritt Gültekin angesichts des türkischen Rechts, dass der Vorbehaltsverkäufer und der Vorbehaltskäufer eine solche Verarbeitungsklausel vereinbaren können. Nach ihm ist die Vorschrift über die Verarbeitung und die Umbildung keine Gebotsvorschrift, weil diese Vorschrift nur auf den Verarbeiter und den Eigentümer des Stoffes Bezug nimmt.119 2. Verarbeitungsklauseln im deutschen Recht Der Käufer, der die Sache unter Eigentumsvorbehalt gekauft hat, könnte sich dafür interessieren, dass er die unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Sache zu einer neuen Sache verarbeiten kann. Die Verarbeitung der Vorbehaltssache unterliegt im deutschen Recht § 950 BGB. Beim Eigentumsvorbehalt führt die Verarbeitung der Vorbehaltssache dazu, dass der Vorbehaltsverkäufer seine durch den Eigentumsvorbehalt gesicherte Rechtsposition verliert, weil das Eigentum an der Sache ihm als Folge der Verarbeitung nicht mehr zusteht (§ 950 Abs. 1 BGB). Der Eigentumsverlust des Vorbehaltsverkäufers hängt allerdings davon ab, ob der Wert der Verarbeitung erheblich geringer als der Wert des Stoffes (oder der Stoffe) ist. Hat sich der Wert des Stoffes durch die Verarbeitung nur geringfügig erhöht, besteht der Eigentumsvorbehalt, also das Eigentum des Vorbehaltsverkäufers, weiter. Bei dem umgekehrten Fall, in dem es um hohe Werterhöhung geht, erwirbt der Vorbehaltskäufer das Eigentum an der verarbeiteten Sache (gem. § 950 Abs. 1 BGB), und der vorher vereinbarte Eigentumsvorbehalt kommt zu Ende. Das Weiterbestehen des Eigentumsvorbehalts trotz der Verarbeitung der Vorbehaltssache hat in den Fällen besondere Bedeutung, wenn der Vorbehaltsverkäufer ein Lieferant von Rohstoffen und ein Halbfabrikat ist. Bei der Verhinderung des Eigentumsverlusts des Vorbehaltsverkäufers wegen der Verarbeitung der Vorbehaltssache hilft in der deutschen Praxis die Vereinbarung einer Verarbeitungsklausel. Diese Verarbeitungsklausel wird mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt verbunden. Im Rahmen des verlängerten Eigentumsvorbehalts mit einer Verarbeitungsklausel vereinbaren die Parteien, 118 Ausf. insbesondere zur Zulässigkeit einer Verarbeitungsklausel s. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 4 II 1b, S. 108 ff.; Rolf Serick, Deutsche Mobiliarsicherheiten Aufriss und Grundgedanken, Heidelberg 1988, S. 48 ff.; Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., Buch 2, § 455 Rn. 63. 119 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 45 m. w. N.; in dieser Richtung Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (104).
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
dass die Vorbehaltssache vom Käufer zu einer neuen Sache verarbeitet werden darf, das Eigentum an der neu hergestellten Sache jedoch nicht wie im Regelfall gem. § 950 BGB auf den Hersteller (Vorbehaltskäufer), sondern auf den Vorbehaltsverkäufer übergeht. Mit dem Eigentumsübergang auf den Vorbehaltsverkäufer erlischt aber das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers gem. § 950 Abs. 2 BGB.120 Ob die Parteien die Folgen des § 950 BGB durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung einer Verarbeitungsklausel in dieser Art und Weise abändern können, ist jedoch umstritten. Die Mindermeinung geht von der absoluten Unabdingbarkeit des § 950 BGB aus121 und erklärt eine von den Parteien vereinbarte Verarbeitungsklausel für unwirksam. Dabei sieht eine Meinung im Schrifttum § 950 BGB als unabdingbar an, überlässt es aber den Parteien zu bestimmen, wer als der Hersteller im Sinne des § 950 anzusehen ist bzw. für wen die Sache hergestellt wird.122 Diese Bestimmungsbefugnis wird auch von der Rechtsprechung anerkannt. Danach ist die Unabdingbarkeit des § 950 BGB dadurch zu überwinden, dass der Herstellerbegriff objektiv, also nach der Verkehrsanschauung und zwar vom Standpunkt eines mit den Verhältnissen vertrauten objektiven Beobachters, beurteilt wird.123 Die herrschende Meinung geht dagegen von der Dispositivität des § 950 BGB aus. Danach können die Parteien eine Vereinbarung darüber treffen, dass der Vorbehaltsverkäufer als Hersteller gilt und damit das Eigentum an der neu hergestellten Verarbeitungssache gem. § 950 BGB erhält.124 120
Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 44. Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 122; Medicus/Petersen, § 21 Rn. 519; Wieling, § 11, S. 143; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 950 Rn. 2; Ebbing, Erman, BGB, § 950 Rn. 10, 11 (mit der Begründung der fehlenden Herstellereigenschaft des Vorbehaltslieferanten); Berger, Jauernig, BGB, § 950 Rn. 8; krit. Füller, MüKomm, § 950 Rn. 19, 20. 122 BGH NJW 1952, 661; BGHZ 14, 114; 20, 159; Rühl, S. 137; Rolf Serick, „Kollisionsfälle im Bereiche der Verarbeitungsklauseln“, Betriebs-Berater, Heft 9, 1975, 381 (384); Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. IV, § 44 I S. 138, III 5, S. 148 ff.; vgl. Füller, MüKomm, § 950 Rn. 15 ff.; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, § 950 Rn. 27 ff. 123 BGHZ 20, 159; w. N. aus der Rechtsprechung bei Füller, MüKomm, § 950 Rn. 18 Fn. 88. Bei der Feststellung, wer als der Hersteller anzusehen ist, werden die objektiven Tatbestände (etwa Risikoverteilung und Veranlassung des Verarbeitungsvorgangs vom Lieferanten) von Berger für erforderlich erklärt. S. Berger, Jauernig, BGB, § 950 Rn. 8; dazu Ebbing, Erman, BGB, § 950 Rn. 10, 11; krit. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. IV, § 44 III 4 b, S. 148 f.; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 60 m. V. a. Flume, NJW 1950, 841. 124 RGZ 138, 88; 161, 113; Flume, NJW 1950, 841 (843); Bülow, Jura 1986, Heft 5, 234 (239); Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 53 III Rn. 10 ff. Baur/Baur/Stürner, § 53 Rn. 15, 22; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 1357 ff.; Stefan Leible/Olaf Sosnitza, „Grundfälle zum Recht des Eigentumsvorbehalts“, Juristische Schulung, München 2001, Heft 5, 449 (455); w. N. bei Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 146; im türkischen Schrifttum s. Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 45; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 64. 121
C. Verlängerter Eigentumsvorbehalt
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In diesem Zusammenhang wird auch eine mögliche Übersicherung des Lieferanten diskutiert, da er durch die wirksame Vereinbarung einer Verarbeitungsklausel neben dem Sachwert auch den aus der Verarbeitung entstandenen Verarbeitungswert erwerben kann.125 Weiterhin wird die Verarbeitungsklausel gemäß §§ 138 bzw. 307 BGB von einer Ansicht für nichtig gehalten, wenn die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Vorbehaltskäufers durch Vereinbarung einer Verarbeitungsklausel zu viel eingeschränkt wird und dadurch die Gläubiger des Vorbehaltskäufers benachteiligt werden.126 Um eine eventuelle Übersicherung von Anfang an zu verhindern, wird ein Miteigentumserwerb des Vorbehaltslieferanten an der neuen Sache vorgeschlagen.127 Umstritten ist auch die Rechtslage, wenn die Verarbeitungsklauseln verschiedener Lieferanten kollidieren. Hier geht es darum, dass der Vorbehaltskäufer eine neue Sache aus mehreren Stoffen, die von verschiedenen Lieferanten geliefert wurden, hergestellt und auch bereits mit jedem Lieferanten eine Verarbeitungsklausel vereinbart hat. Es fragt sich, wer der Eigentümer der neu hergestellten Sache wird. Nach herrschender Meinung werden die Lieferanten Miteigentümer dieser Sache. Wie die Miteigentumsanteile bestimmt werden sollen, ist aber umstritten.128 Mehrere Lieferanten, die sich gegenüber demselben Schuldner mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt abgesichert haben, können eine Pool-Vereinbarung abschließen.129 Gemäß dieser Vereinbarung bringen die Lieferanten ihre Rechte aus den verlängerten Eigentumsvorbehalten in einen Pool ein, der häufig in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründet wird.130
125 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 92. Dementsprechend Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 44. 126 Zur Unwirksamkeit der Verarbeitungsklausel s. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. IV, § 45 I, S. 190; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 61, Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 147 m. w. N. 127 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 92; Füller, MüKomm, § 950 Rn. 29 m. w. N.; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 61. Zur Bestimmung der Miteigentumsanteile s. Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 147 m. w. N. und Füller, MüKomm, § 950 Rn. 29 m. w. N. 128 Im Schrifftum wird eine Bemessung der Miteigentumsanteile nach § 947 Abs. 1 BGB überwiegend befürwortet. In dieser Richtung Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 60; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 44; Ebbing, Erman, § 950 Rn. 6; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 148 m. w. N.; Henssler, Soergel, BGB, § 950 Rn. 9; w. N. bei Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 92, Fn. 282; a. A. Serick, BB 1975, 381 (384 f.) (Bemessung der bei der Herstellung neuer Sachen benutzten Stoffe nach ihres objektiven Werts im Zeitpunkt der Verarbeitung). 129 Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 62. 130 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 55 m. w. N.; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 62 m. w. N.; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 93; Reinicke/ Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 976 ff.
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
Eine Pool-Vereinbarung unter mehreren Lieferanten hat vor allem dann Bedeutung, wenn der Vorbehaltskäufer insolvent wird.131 Im Insolvenzverfahren ist es kompliziert, die Miteigentumsanteile der Lieferanten zu bestimmen. Ferner muss jeder Lieferant als Gläubiger im Insolvenzverfahren nachweisen, in welchem Umfang er ein Miteigentum hat. Mit einer Pool-Vereinbarung können diese Schwierigkeiten bei Bestimmungs- und Beweisschwierigkeiten umgegangen werden.132 Durch eine Pool-Vereinbarung wird es ermöglicht, die Sicherungsrechte der Gläubiger (Lieferanten) dem Insolvenzverwalter gegenüber zusammen geltend zu machen.133 Danach können sich die Lieferanten auch mit den aus der Verwertung der neu hergestellten Sache herausgekommenen Erlösen (gemäß der Pool-Vereinbarung) befriedigen.
D. Weitergeleiteter und nachgeschalteter Eigentumsvorbehalt Beim verlängerten Eigentumsvorbehalt geht es um den Fall, dass der Vorbehaltsverkäufer den Käufer zum Weiterverkauf der Vorbehaltssache ermächtigt. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt, der in der deutschen Praxis häufig Anwendung findet, dient zur Sicherung des Vorbehaltsverkäufers gegen Weiterveräußerung der Vorbehaltssache, indem die Kaufpreisforderung an die Stelle der Vorbehaltssache tritt. Statt einer einfachen Ermächtigung könnte der Vorbehaltsverkäufer außerdem befürworten, seinem Käufer eine Weiterveräußerung der Vorbehaltssache nur unter Offenlegung des bestehenden Eigentumsvorbehalts zuzulassen. Beim weitergeleiteten Eigentumsvorbehalt des deutschen Rechts vereinbaren der Vorbehaltsverkäufer und der Vorbehaltskäufer, dass der Eigentumsvorbehalt an den Zweitkäufer weitergeleitet wird. In dieser Form des Eigentumsvorbehalts bleibt der Vorbehaltsverkäufer weiterhin der Eigentümer der Sache, also bleibt das Eigentum des Vorbehaltsverkäufers trotz der Weiterveräußerung unberührt.134 Die Weiterleitung des Eigentumsvorbehalts geschieht dadurch, 131 Bei der Insolvenz des Vorbehaltskäufers steht dem unter verlängertem Eigentumsvorbehalt gelieferten Vorbehaltsverkäufer lediglich ein Absonderungsrecht nach § 51 N. 1 InsO zu. Dazu s. Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 94; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 63 m. w. N. 132 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 55 ff. m. w. N.; dazu Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 93. 133 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 55. 134 Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 44; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 32; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 63; Larenz, Schuldrecht, § 43 II S. 125 f.; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 156; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 921; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 23. In der schweizerischen Lehre erklärt Liver den weitergeleiteten Eigentumsvorbehalt für zulässig, erforderlich ist jedoch eine Registereintragung des Zweitkäufers anstelle des ursprünglichen Vorbehaltskäufers. Dazu s. Liver, SPR, § 52, S. 337 f.
D. Weitergeleiteter und nachgeschalteter Eigentumsvorbehalt
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dass der Vorbehaltskäufer den bestehenden Eigentumsvorbehalt bei der Weiterveräußerung an seinem Abnehmer aufdeckt135 und darauf hinweist, dass der Abnehmer das Eigentum an der Sache nicht mit der Bezahlung des aus dem Weiterverkauf der Sache entstandenen Kaufpreises, sondern dann erwirbt, wenn die Kaufpreisforderung des ersten Vorbehaltsverkäufers vom ersten Vorbehaltskäufer bezahlt wird.136 Diese Form des Eigentumsvorbehalts wird in der deutschen Lehre aus verschiedenen Gründen kritisiert.137 Von der Mehrheit wird der weitergeleitete Eigentumsvorbehalt für ungebräuchlich gehalten, weil der Vorbehaltskäufer (und der zweite Verkäufer) in dieser Form des Eigentumsvorbehalts ihre Beziehung zum Vorbehaltsverkäufer, somit unter Umständen seinen Kredit, offenlegen muss.138 Nach Mühl stimmt die Offenlegung des Eigentumsvorbehalts mit den Gepflogenheiten im Geschäftsverkehr nicht überein.139 Weiterhin wird die formularmäßige Vereinbarung zwischen dem Vorbehaltskäufer und dem Zweitkäufer mit dem Inhalt, dass der Eigentumserwerb des Zweitkäufers von der Tilgung der Kaufpreisforderung des ersten Vorbehaltsverkäufers abhängig ist, nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB für unwirksam erklärt.140 Nach einigen Autoren wird sich ein Zweitkäufer auf eine Bedingung nicht einlassen, nach der er trotz der Zahlung seiner Kaufpreisschuld das Eigentum nicht erwerben kann.141 Abweichend vom weitergeleiteten Eigentumsvorbehalt, ist dem Vorbehaltskäufer bei einem nachgeschalteten Eigentumsvorbehalt gestattet, die Sache seinerseits unter Eigentumsvorbehalt weiterzuverkaufen, ohne dass er gegenüber dem Zweitkäufer den existierenden Eigentumsvorbehalt offenlegen muss.142 135 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 5 I 3, S. 79 f., § 15 IV 2, S. 428 f.; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 44; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 32; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 30; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 156; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 23. 136 Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 44; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 30; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 63; Faust, Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Bamberger/ Roth, § 449 Rn. 24; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 95; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 156; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 8. Aufl., Rn. 1538 ff. 137 Aufgrund der unsicheren Rechtslage des Zweitkäufers krit. Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 45; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 95. 138 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 5 I 3, S. 79 f.; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 32; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 63; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 156; Faust, Beck’scher OnlineKommentar zum BGB, Bamberger/Roth, § 449 Rn. 24. 139 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 23; dazu Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 921. 140 Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 95; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 63; Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 16. Für eine Kombination eines weitergeleiteten mit einem erweiterten Eigentumsvorbehalt s. BGH NJW 1991, 2285, 2286; w. N. bei Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 45, Fn. 109. 141 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 921; früher Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 125 f. 142 Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 46; zur rein obligatorischen Verpflichtung des Vor-
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
In dieser nur selten vereinbarten Eigentumsvorbehaltsform des deutschen Rechts sind zwei aufschiebend bedingte Übereignungen hintereinandergeschaltet.143 Wenn der Vorbehaltskäufer an den ersten Vorbehaltsverkäufer zuerst zahlt, erwirbt der Vorbehaltskäufer das Eigentum. Begleicht der Zweitkäufer seine Kaufpreisschuld gegenüber seinem Verkäufer (dem Vorbehaltskäufer) zuerst, dann geht das Eigentum direkt auf den Zweitkäufer über (§§ 185 Abs. 1, 158 Abs. 1, 929 BGB).144 Gegen einen Direkteigentumserwerb des Abnehmers bestehen auch keine Bedenken, da der Vorbehaltsverkäufer schon bei der Vereinbarung des nachgeschalteten Eigentumsvorbehalts seine Zustimmung mit dieser bedingten Übereignung durch den Vorbehaltskäufer erklärt hat.145 In dieser Konstruktion verliert der erste Vorbehaltsverkäufer sein Eigentum an der Sache nicht durch die Weiterveräußerung, sondern erst durch die Zahlung des Kaufpreises entweder an ihn oder an seinen Vorbehaltskäufer.146 Die Kaufpreisforderung des ersten Vorbehaltsverkäufers ist regelmäßig durch die Vorausabtretung gesichert.147
E. Verbindung oder Vermischung der Vorbehaltssache mit einer anderen Sache vor dem Bedingungseintritt Sowohl im deutschen als auch im schweizerischen und türkischen Sachenrecht sind die Rechtsfolgen der Verbindung und Vermischung der beweglichen Sachen ähnlich geregelt (s. § 947 BGB, Art. 727 ZGB, Art. 776 türk. ZGB). In Art. 727 ZGB wird geregelt: behaltskäufers und ihren Rechtsfolgen (insb. die Gefahr des gutgläubigen Eigentumserwerbs des Zweitkäufers) s. Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 8. Aufl., Rn. 1536 f.; Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 16. Ein freiwillig nachgeschalteter Eigentumsvorbehalt ist auch möglich, wenn der Vorbehaltskäufer die Vorbehaltssache unter eigenem Eigentumsvorbehalt verkauft, ohne dass er mit dem Vorbehaltsverkäufer eine entsprechende Vereinbarung vorher getroffen hat. 143 Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 46; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 30; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 157. Bei dem mit einer Vorausabtretungsklausel verbundenen nachgeschaltenen Eigentumsvorbehalt sieht Serick keine Doppelsicherung. S. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 5 I 3, S. 81; ebenso Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 157. 144 Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 157; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 922; Larenz, Schuldrecht, § 43 II S. 125. 145 Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 46; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 96; dementsprechend Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 8. Aufl., Rn. 1535; Baur/ Baur/Stürner, § 59 Rn. 6 146 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 922; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 96 m. w. N.; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 157 Weidenkaff, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 449 Rn. 16. 147 Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 55; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 157.
E. Verbindung oder Vermischung der Vorbehaltssache mit einer anderen Sache
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„Werden bewegliche Sachen verschiedener Eigentümer so miteinander vermischt oder verbunden, dass sie ohne wesentliche Beschädigung oder unverhältnismäßige Arbeit und Auslagen nicht mehr getrennt werden können, so entsteht für die Beteiligten Miteigentum an der neuen Sache, und zwar nach dem Werte, den die einzelnen Teile zur Zeit der Verbindung haben. Wird eine bewegliche Sache mit einer andern derart vermischt oder verbunden, dass sie als deren nebensächlicher Bestandteil erscheint, so gehört die ganze Sache dem Eigentümer des Hauptbestandteiles. Vorbehalten bleiben die Ansprüche auf Schadenersatz und aus Bereicherung.“
Problematisch wäre vor dem Bedingungseintritt beim Eigentumsvorbehalt die Vermischung bzw. Verbindung der Vorbehaltssache mit einer anderen beweglichen Sache in der Art, dass die Vorbehaltssache von diesen beweglichen Sachen ohne wesentliche Beschädigung bzw. unverhältnismäßige Arbeit und Auslagen nicht mehr getrennt werden kann. Bei einer solcher Vermischung oder Verbindung der Vorbehaltssache mit einer fremden beweglichen Sache entsteht ein Miteigentum der Beteiligten, also werden der Vorbehaltsverkäufer und der Eigentümer der fremden Sache Miteigentümer der neuen Sache (nach §§ 947 Abs. 1 Hs. 1, 948 Abs. 1 BGB; Art. 727 Abs. 1 ZGB; Art. 776 Abs. 1 türk. ZGB).148 Abweichend von der allgemeinen Vorschrift über das Miteigentum sind der Vorbehaltsverkäufer und der Eigentümer der anderen Sache nicht zu gleichen Teilen (Mit-)Eigentümer, sondern bestimmten sich ihre Anteile je nachdem, wie wertvoll die Sachen zur Zeit der Verbindung oder Vermischung sind. Daraus folgert es sich, dass der Eigentumsvorbehalt durch solche Vermischung oder Verbindung nicht erlischt,149 sondern an der neuen Sache weiter bestehen bleibt.150 Anders ist es allerdings, wenn die Vorbehaltssache aufgrund der Vermischung oder der Verbindung ein nebensächlicher Bestandteil einer beweglichen (Haupt-) Sache geworden ist. In diesem Fall erwirbt der Eigentümer des Hauptbestandteils das ganze Eigentum an der neuen Sache (§§ 947 Abs. 2, 948 Abs. 1 BGB, Art. 727 Abs. 2 ZGB, Art. 776 Abs. 2 türk. ZGB). In diesem Fall beendet der Eigentumsvorbehalt, und der Vorbehaltsverkäufer verliert das Eigentum an der Vorbehaltssache,151 denn die Sache, an der der Eigentumsvorbehalt begründet worden war, existiert nicht mehr als eine eigenständige Sache (Wegfall der Grundlage des Eigentumsvorbehalts).152 148 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 46; dazu Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 294, Fn. 71; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 52. 149 Honsell, JuS 1981, 705 (708) m. w. N.; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 46. 150 Beachtlich ist, dass der Eigentumsvorbehalt nicht das Eigentum im Ganzen, sondern nach dem Maß des Anteils des Vorbehaltskäufers betrifft. 151 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 46; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 52. 152 Zwar sind die Ansprüche des Vorbehaltsverkäufers auf Schadenersatz und aus Bereicherung vorbehalten (Art. 727 Abs. 3 ZGB, Art. 776 Abs. 3 türk. ZGB). Der Vorbehaltsver-
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
Ferner ist es auch möglich, dass die Vorbehaltssache nach der Vermischung bzw. Verbindung mit einer anderen beweglichen Sache nicht deren nebensächlicher Bestandteil ist, sondern selbst den Hauptbestandteil bildet. Demnach erscheint die Vorbehaltssache als neue Sache, und danach existieren an ihr bestehende Rechte und der Eigentumsvorbehalt weiter. Nach Beck braucht es in dem Fall auch keine neue Eintragung in das schweizerische Eigentumsvorbehaltsregister.153 Hier könnte man den Fall erwähnen, dass die Vorbehaltssache mit einem Grundstück in der Weise verbunden wird, dass sie zu einem wesentlichen Bestandteil des Grundstücks wird. Wie oben erklärt wurde, kann der Eigentumsvorbehalt nicht an den wesentlichen Bestandteilen einer unbeweglichen Sache (z. B. an den Baumaterialen154) vereinbart werden.155 Der Grund dafür ist, dass das vorbehaltene Eigentum an der Sache infolge der Verbindung auf den Eigentümer des Grundstücks übergeht, jedoch der Eigentumsvorbehalt an Grundstücken ausgeschlossen ist.156 Folglich geht der Eigentumsvorbehalt an der Vorbehaltssache sofort unter, nachdem die Vorbehaltssache zum Bestandteil des Grundstücks geworden ist.157
F. Schicksal eines unter Eigentumsvorbehalt gekauften Zubehörs beim Grundstückskauf und bei der Bestellung eines Grundstückspfandrechts Ein weiteres sachenrechtliches Problem tritt im Rahmen des Grundstücksverkaufs auf, an dessen Zubehör ein Eigentumsvorbehalt vereinbart war. Nach § 311c BGB, Art. 644 ZGB, Art. 686 türk. ZGB bezieht sich die Verfügung über eine Sache auch auf ihr Zubehör, wenn keine Ausnahme gemacht wurde. Also muss der Veräußerer das Zubehör von der Übereignung ausnehmen, damit das Zubehör nicht mit einbezogen wird. Grundsätzlich erwirbt der gutgläubige Dritte mit dem Eigentum des Grundstücks gleichzeitig auch das Eigentum des Zubehörs, an dem bereits ein Eikäufer kann einen Bereicherungsanspruch von dem neuen Eigentümer und einen Schadenersatz vom Vorbehaltskäufer verlangen. S. Beck, S. 175 f. 153 Beck, S. 175. 154 S. § 946 BGB, 671 Abs. 1 ZGB, 722 Abs. 1 türk. ZGB. 155 Dazu s. oben S. 29. 156 S. §§ 93, 94, 946 BGB, Art. 642, 671 Abs. 1 ZGB, Art. 684, 722 Abs. 1 türk. ZGB. 157 Beck, S. 173; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 51; dazu Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 64. Anders ist es jedoch, wenn die Vorbehaltssache nicht ein Bestandteil, sondern ein Zubehör eines Grundstücks wird. In diesem Fall geht weder das Eigentum noch der Eigentumsvorbehalt an der Vorbehaltssache unter. Dagegen besteht der Eigentumsvorbehalt weiter. Dazu s. Beck, S. 176 ff.
G. Sicherung der über die Kaufpreisforderung hinausgehenden Forderungen
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gentumsvorbehalt vereinbart wurde.158 Mit dem Eigentumserwerb an dem Grundstück erlischt der Eigentumsvorbehalt an einem Zubehör, es sei denn, der Veräußerer hat das Zubehör als Vorbehaltssache dem Erwerber rechtzeitig bekannt gemacht oder lässt es im Grundbuch anmerken (§ 311c BGB, Art. 946 Abs. 2 ZGB, Art. 1000 Abs. 4 türk. ZGB).159 Fraglich ist es ferner, ob das Zubehör, an dem ein Eigentumsvorbehalt vereinbart worden ist, neben den anderen Zubehören des Grundstücks mit dem Grundpfandrecht belastet werden kann. Im deutschen Recht wird der Umfang des Grundpfandrechts so begrenzt, dass das Grundpfandrecht (sog. Hypothek) das Zubehör nicht umfasst, welches nicht zum Grundstückseigentum gehört (§ 1120 BGB). Einer solchen ausdrücklichen Begrenzung begegnet man jedoch weder im schweizerischen noch im türkischen Gesetz. Nach herrschender Meinung erstreckt sich das Grundpfandrecht auch auf das Zubehör des Grundstücks. Demnach erstreckt sich das Grundpfandrecht auf das Zubehör, an dem ein Eigentumsvorbehalt vereinbart wurde, es sei denn, der Dritte (Pfandgläubiger) hat Kenntnis von dem Eigentumsvorbehalt oder er muss davon Kenntnis haben.160
G. Sicherung der über die Kaufpreisforderung hinausgehenden Forderungen durch den Eigentumsvorbehalt In der Praxis kommt nicht selten der Fall vor, dass der Vorbehaltskäufer die Vorbehaltssache auf einen Dritten, sogar öfter ohne entsprechende Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers, weiterveräußert. Gegen diese mögliche Weiterveräußerungen, welche zum Erlöschen des Eigentumsvorbehalts führt, wird den Parteien im deutschen Recht erlaubt, einen verlängerten Eigentumsvorbehalt zu vereinbaren, wonach an die Stelle des Vorbehaltseigentums die aus der Weiterveräußerung entstandene Kaufpreisforderung tritt. Wie bereits dargestellt, ist ein verlängerter Eigentumsvorbehalt auch mit einer Verarbeitungsklausel vereinbar.161 In einem solchen Eigentumsvorbehalt bleibt der Eigentumsvorbehalt 158 Dazu s. Wieland, ZüKomm, Bd. IV, Art. 644, 645, S. 27; Haab/Scherrer/Simonius/ Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 664, 665 Rn. 24; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 645 Rn. 45 und Art. 715 Rn. 32; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 39. 159 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 133; über die Wirkungen der Anmerkung im Allgemeinen s. Homberger, ZüKomm, Bd. IV, 3. Abtl., Art. 946 Rn. 30. 160 Wieland, ZüKomm, Bd. IV, Art. 805, S. 314; Beck, S. 176 f.; Haab/Scherrer/Simonius/ Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 664, 665 Rn. 25; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 41 ff.; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 190 ff. Gültekin empfiehlt die Eintragung des Eigentumsvorbehalts im Grundbuch, damit die Vorbehaltssache mit dem Grundpfandrecht nicht belastet ist. S. Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 43. 161 S. oben S. 134 ff.
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
trotz der Verarbeitung an der Vorbehaltssache bestehen. Die hier erwähnte Verlängerung des Eigentumsvorbehalts auf die Surrogate (Kaufpreis, neu hergestellte Sache) wird auch vertikale Verlängerung des Eigentumsvorbehalts genannt. Neben der Möglichkeit der Weitersicherung des Vorbehaltsverkäufers an den Surrogaten der Sache könnte der Vorbehaltsverkäufer ein Interesse an einer horizontalen Erweiterung haben, sodass er durch den Eigentumsvorbehalt nicht nur die zugrunde liegende Kaufpreisforderung, sondern andere Forderungen gegenüber dem Vorbehaltskäufer sichern kann. Für eine Sicherung mehrerer Forderungen wird in der deutschen Praxis der erweiterte Eigentumsvorbehalt vereinbart. Die Erweiterungsform des Eigentumsvorbehalts trifft man demgegenüber in der schweizerischen und türkischen Praxis nicht. Im Regelfall erlischt der Eigentumsvorbehalt mit der Tilgung des Kaufpreises. Der Eigentumsvorbehalt bildet eine dingliche Sicherung für die Begleichung der Kaufpreisforderung. Eine solche Ausgestaltung des Eigentumsvorbehalts, wonach sich der Eigentumsvorbehalt nicht nur auf die Forderung aus dem Vorbehaltskauf, sondern auch auf andere Forderungen des Vorbehaltsverkäufers gegenüber dem Vorbehaltskäufer erstreckt, wird im schweizerischen und türkischen Recht nicht anerkannt. Das Eintragungserfordernis stellt ein großes Hindernis gegen eine solche Erweiterungsform des Eigentumsvorbehalts dar. Nach Art. 7 lit. h VerEV erfolgt die Eintragung in das Eigentumsvorbehaltsregister erst dann, wenn der garantierte Forderungsbetrag in Klarheit vermerkt ist.162 Ebenso bestimmt das schweizerische Bundesgericht den Zweck der Registereintragung so, dass die Eintragung in das Eigentumsvorbehaltsregister Dritte, die mit dem Vorbehaltskäufer in Verkehr treten und ihn kreditieren wollen, vor Irrtümern über die wirkliche Vermögenslage des Vorbehaltskäufers bewahrt. Nach dem schweizerischen Bundesgericht kann dieser Zweck nur dann erreicht werden, wenn die Höhe der gesicherten Kaufpreisforderung in der Registereintragung genau ersichtlich gemacht wird.163 Weiterhin beschränkt das schweizerische Bundesgericht den Anwendungsbereich des Eigentumsvorbehalts auf die Sicherung der Forderung aus dem Vorbehaltskauf. Nach dem schweizerischen Bundesgericht stimmen die Erweiterung des Eigentumsvorbehalts auf andere Forderungen des Vorbehaltsverkäufers, die mit dem zugrunde liegenden Kaufverhältnis nicht in Verbindung stehen, und die Natur des Eigentumsvorbehalts nicht miteinander überein. Darüber hinaus betrachtet er den erweiterten Eigentumsvorbehalt gemäß Art. 717 ZGB als unwirksam, da der Eigentumsvorbehalt zu einer verbotenen Umgehung des Faustpfandprinzips führt, wenn er neben
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BGE 102 III 150; dazu Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 16. BGE 102 III 150 (152) m. N. auf BGE 81 III 79; 39 I 156.
G. Sicherung der über die Kaufpreisforderung hinausgehenden Forderungen
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der eigentlichen Kaufpreisforderung auch andere Forderungen des Vorbehaltsverkäufers sichert.164 Eine Vereinbarung, nach welcher der Vorbehaltskäufer das Volleigentum an der Vorbehaltssache erst mit der Tilgung sämtlicher Forderungen aus verschiedenen Geschäften erwirbt, soll auch im türkischen Recht ausgeschlossen sein. Im türkischen Recht dient der Eigentumsvorbehalt speziell zur Sicherung der Kaufpreisforderung, an der das Eigentum vorbehalten wird.165 Bei einer Erweiterung des Eigentumsvorbehalts würde der Vorbehaltsverkäufer eine zu starke Rechtsposition und eine zu weitgehende Sicherung gegenüber seinem Käufer erlangen. Im Prinzip muss die Zahlung des Vorbehaltskaufpreises für den Eigentumserwerb des Käufers an der Vorbehaltssache ausreichen. Nach Gültekin soll der Eigentumsvorbehalt sich in der Praxis niemals als ein Sicherungsinstrument zeigen, durch das der Vorbehaltsverkäufer seine Geschäftsverbindung mit dem Vorbehaltskäufer gänzlich sichern kann.166 Während der erweiterte Eigentumsvorbehalt nach dem schweizerischen und türkischen Recht nicht anerkannt ist, wird er sowohl von der deutschen Rechtsprechung als auch vom großen Teil des deutschen Schrifttums als wirksam angenommen. In der deutschen Praxis kommt der erweiterte Eigentumsvorbehalt in zwei Formen vor: Kontokorrentvorbehalt und Konzernvorbehalt. I. Kontokorrentvorbehalt Mit der Vereinbarung eines Kontokorrentvorbehalts wird eine Erweiterung des Eigentumsvorbehalts bezweckt, wonach der Eigentumsvorbehalt sich nicht nur auf die aus dem Vorbehaltskauf enstandene Kaufpreisforderung, sondern auf sonstige gegenwärtige oder zukünftige Forderungen aus der laufenden Geschäftsverbindung zwischen dem Vorbehaltsverkäufer und dem Vorbehaltskäufer bezieht. Schließlich erlischt der Eigentumsvorbehalt nicht erst mit der Tilgung einer bestimmten Forderung, sondern erst mit dem Ausgleich sämtli164 BGE 102 III 150 (152) m. V. a. BGE 56 III 81 f.; dazu Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 178 f. m. w. N.; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (57); Homburger, S. 25 ff.; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1709 m. w. N. Auch wird die Wirksamkeit des Kontokorrentvorbehalts dadurch gerechtfertigt, dass der Kontokorrentvorbehalt und die Sicherungsübereignung sich ähnelnde Rechtsinstitutionen sind, sodass der Vorbehaltsverkäufer beim Kontokorrentvorbehalt ein Sicherungseigentum erlangt. S. Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 66, 68. Die Sicherungsübereignung ist zwar im schweizerischen und türkischen Recht anerkannt, aber anders als deutsches Recht ist die Besitzübertragung bei der Begründung erforderlich. Also gilt das Faustpfandprinzip auch für die Sicherungsübereignung (s. Art. 717 Abs. 1 ZGB, Art. 766 Abs. 1 türk. ZGB). 165 Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (423) m. w. N. In dieser Richtung im schweizerischen Schrifttum Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 178 f.; dazu Zobl, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1709; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 87; Homburger, S. 25 ff. 166 Dazu s. Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 26.
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
cher Forderungen des Vorbehaltsverkäufers.167 Also wird die Eigentumsübertragung auf den Vorbehaltskäufer auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, in dem der Schuldsaldo aus der Geschäftsverbindung auf null geht. In dieser Form des Eigentumsvorbehalts ändert die Entstehung neuer Forderungen im späteren Zeitraum auch nichts am Eigentumserwerb des Vorbehaltskäufers.168 In verschiedenen Urteilen hat der BGH den Kontokorrentvorbehalt im kaufmännischen Verkehr, auch seine Einbeziehung in AGB, grundsätzlich für wirksam gehalten,169 während er einen Kontokorrentvorbehalt gegenüber Nichtkaufleuten nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB als unwirksam erklärt.170 Aus der Vertragsfreiheit ergibt sich die Freiheit zur Vereinbarung über den Eigentumsübergang und zur Abhängigmachung des Eigentumsübergangs von der Begleichung sämtlicher Forderungen des Vorbehaltsverkäufers. Der Eigentumsvorbehalt darf aber nicht in der Art und Weise ausgedehnt werden, dass er als Sicherungsmittel einen Missbrauch der Vertragsfreiheit i. S. v. § 138 BGB darstellt.171 Darüber hinaus kann der Eigentumsvorbehalt nur auf künftige Forderungen erweitert werden, die mit den zugrunde liegenden Lieferungen in engem Zusammenhang stehen (z. B. Forderungen aus Ersatzteillieferungen oder Reparaturen172).173 Die Meinung des BGH wird auch in der deutschen Lehre weitgehend geteilt.174 Demgegenüber vertreten aber einige Autoren, dass der Kontokorrentvorbehalt eine „Entartung des Instituts des Eigentumsvorbehalts“ ist.175 Gegen die Tatsache, dass bei dem Kontokorrentvorbehalt der Vorbehaltsverkäufer trotz der bereits geschehenen Zahlung des Kaufpreises aus dem Vorbehaltskauf bis zur Tilgung der gesamten Forderungen der Eigentümer der Vorbehaltssache bleibt, 167 Zum Vergleich des Kontokorrentvorbehalts mit der Sicherungsübereignung s. Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 66, 68. 168 BGH, NJW 1978, 632 f.; dazu Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 58 m. w. N.; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 65 m. w. N.; Schmidt, vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGB‑ Recht, Teil 2 (43), Rn. 13 m. w. N. 169 BGHZ 42, 53, 58 f.; BGH NJW 1978, 632; NJW 1987, 487; w. N. aus dem Schrifttum bei Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 42 ff.; Habersack, Sachenrecht, § 12 I Rn. 235, Fn. 107; Schmidt, Ulmer/Brandner/Hensen AGB‑Recht, Teil 2 (43), Rn. 13; krit. Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 82. 170 OLG Frankfurt NJW 81, 130; LG Braunschweig ZIP 1981 876 ff.; OLG Koblenz NJW‑ RR 89, 1459; s. auch Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 58 m. w. N. (Unwirksamkeit gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2); Schmidt, Ulmer/Brandner/Hensen AGB‑Recht, Teil 2 (43), Rn. 13. 171 BGH NJW 1978 632 f.; s. auch Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. V, § 58 V, S. 155; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 55; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 911; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 42 m. w. N. 172 Vgl. Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 915. 173 BGH, NJW 1971, 799; NJW 1978 632 f.; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 56 ff. (erforderliche Bestimmbarkeit der Forderungen); Schmidt, Ulmer/Brandner/Hensen AGB‑Recht, Teil 2 (43), Rn. 13; w. N. bei Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 42. 174 Medicus/Lorenz, § 83 Rn. 292 m. w. N. 175 Rühl, S. 79.
G. Sicherung der über die Kaufpreisforderung hinausgehenden Forderungen
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wird der Grund eingewandt, dass hier „der innere Zusammenhang zwischen dem Sicherungsmittel und der zu sichernden Forderung“ gelöst wird.176 Dazu wird gesagt, dass die Voraussetzung zur Tilgung der gesamten Forderungen im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung fast niemals erfüllt werden könnte. Dies würde jedoch zum Ergebnis führen, dass die Vorbehaltssache für lange Zeit (oder für immer) im Eigentum des Vorbehaltsverkäufers verbleibt.177 Auch Reinicke/Tiedtke gehen von der allgemeinen Nichtigkeit des Kontokorrentvorbehalts aus178 und lehnen die Ansicht des BGH in Anerkennung des Kontokorrentvorbehalts im kaufmännischen Verkehr mit dieser Begründung ab, dass es nicht sachgerecht ist, dass „[…] der Verkäufer die Lieferung einer bestimmten Kaufsache zum Anlass nimmt, sich hierdurch auch die Forderungen zu sichern, die mit dem Kaufvertrag über die bestimmte Kaufsache nichts zu tun haben. Der Kontokorrentvorbehalt mag auch im kaufmännischen Bereich weitgehend üblich sein; das schließt jedoch nicht aus, dass er den Käufer, auch wenn er Kaufmann ist, unangemessen benachteiligt, weil er den Eigentumserwerb des Käufers auch dann nicht herbeiführt, wenn der Käufer den Kaufpreis längst bezahlt hat. Die Kaufmannseigenschaft (darf) nicht als Freibrief verstanden werden für vertragliche Ungleichgewichte, die nicht durch typische Interessenlagen und wirtschaftliche Zweckmäßigkeiten im Geschäftsverkehr gerechtfertigt sind.“179 II. Konzernvorbehalt In § 449 Abs. 3 BGB erklärt der deutsche Gesetzgeber die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts dann für nichtig, wenn der Eigentumsvorbehalt die Sicherung der Forderungen Dritter bezweckt. Unter § 449 Abs. 3 BGB sind die Forderungen Dritter gegenüber dem Vorbehaltskäufer gemeint, nicht die Forderungen, die im Verhältnis zwischen dem Vorbehaltsverkäufer und dem Vorbehaltskäufer begründet und später an den Dritten abgetreten wurden.180 Nach dem sogenannten Konzernvorbehalt wird der Übergang des Eigentums von der Erfüllung der Forderungen Dritter, insbesondere eines mit dem Verkäufer verbundenen Unternehmens, abhängig gemacht. § 449 Abs. 3 BGB gilt insbesondere für den sogenannten Konzernvorbehalt und führt zu dessen Nichtigkeit. Der Grund dafür, warum der Konzernvorbehalt nicht als wirksam ange176
Rühl, S. 79; dazu Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 126. Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 126. 178 Nach Reinicke/Tiedtke bleibt der (nichtige) Kontokorrentvorbehalt als ein einfacher Eigentumsvorbehalt weiter bestehen. Zu dieser Ansicht kommen sie durch den Vergleich von Kontokorrent- und Konzernvorbehalt und sehen die Interessenlagen bei beiden Formen des Eigentumsvorbehalt mit der Folge, dass § 449 Abs. 3 BGB auch für den Kontokorrentvorbehalt gilt. S. Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 916 m. w. N. 179 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 912 ff. m. w. N. 180 BT‑Drucks. 12/3803, S. 78. 177
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
sehen wird, wird vom Gesetzgeber so zusammengefasst, dass die Reservierung des Eigentums auf unabsehbare Zeit zugunsten einer Vielzahl von Gläubigern die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Käufers übermäßig einschränkt.181 Der Eigentumserwerb des Käufers ist beim Konzernvorbehalt davon abhängig, dass keine Forderung zwischen dem Käufer und dem mit dem Verkäufer verbundenen Unternehmen offenbleibt. Dies bedeutet jedoch meistens eine Verschiebung des Eigentumserwerbs auf unabsehbare Zeit. Durch das Verbot der zusätzlichen Belastungen für den Käufer in § 449 Abs. 3 BGB wollte der Gesetzgeber weiterhin zu einem insolvenzrechtlichen Zweck erreichen, im Falle der Insolvenz des Käufers die Schmälerung der Insolvenzmasse und die Beeinträchtigung der ungesicherten Gläubiger zu verhindern.182 „Hintergrund dessen ist, dass nach Tilgung der zu Grunde liegenden Kaufpreisforderung, d. h. mit Eintritt des eigentlichen Erweiterungsfalls, der Eigentumsvorbehalt funktionell an die Stelle einer Sicherungsübereignung tritt, so dass dem Begünstigten zwar kein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO, wohl aber ein Recht zur abgesonderten Befriedigung nach §§ 51 Nr. 1, 50 I InsO zusteht.“183 Auch das Schicksal des Konzernvorbehalts wird in § 449 Abs. 3 BGB geklärt. In § 449 Abs. 3 Hs. 2 BGB wird das Wort „soweit“ überwiegend so ausgelegt, dass der Eigentumsvorbehalt in der Form des Konzernvorbehalts als einfacher Eigentumsvorbehalt oder als erweiterter Eigentumsvorbehalt zur Sicherung der weiteren Forderungen des Vorbehaltsverkäufers184 weiter besteht.
H. Die Rechtspositionen der Eigentumsvorbehaltsparteien im Vollstreckungs- und Insolvenzverfahren I. Zwangsvollstreckung durch Gläubiger des Vorbehaltsverkäufers a) In Deutschland Die Zwangsvollstreckung in die Vorbehaltssache durch Gläubiger des Vorbehaltsverkäufers scheitert in Deutschland bereits an § 808 ZPO,185 wonach 181 BT‑Drucks. 12/3803, S. 78; Stefan Leible/Olaf Sosnitza, „Grundfälle zum Recht des Eigentumsvorbehalts“, München 2001, Heft 6, 536 (558). 182 BT‑Drucks. 12/3803, S. 78. 183 Habersack/Schürnbrand, JuS 2002, 833 (838 f.). 184 BT‑Drucks. 12/3803, S. 78; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 6, 536 (558); Habersack/ Schürnbrand, JuS 2002, 833 (838); Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 85; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 60; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 918; Habersack, Sachenrecht, § 12 I Rn. 235 m. w. N.; Schmidt, Ulmer/Brandner/Hensen AGB‑Recht, Teil 2 (43), Rn. 15; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 30. 185 Brox, JuS 1984, 657 (666); Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 81; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 16; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (346), Fn. 48; Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 34.
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die Pfändung einer körperlichen Sache nur dann wirksam ist, wenn die Sache sich entweder im Gewahrsam des Schuldners oder eines Dritten befindet. Die Vorbehaltssache befindet sich hingegen regelmäßig im unmittelbaren Besitz des Vorbehaltskäufers, aber nicht im Gewahrsam des Zwangsvollstreckungsschuldners (des Vorbehaltsverkäufers). Nach § 809 ZPO darf der Gerichtsvollzieher eine Sache bei einem Dritten nur dann pfänden, wenn der Dritte seine Bereitschaft zur Herausgabe der Sache erklärt. Dementsprechend können die Gläubiger des Vorbehaltsverkäufers die Vorbehaltssache beim Vorbehaltskäufer nur dann pfänden lassen, wenn der Vorbehaltskäufer mit der Wegnahme der Sache zum Zweck der Verwertung einverstanden ist.186 Dies ist aber zumeist nicht der Fall. Dem Vorbehaltskäufer ist es jedenfalls möglich, sich dem Herausgabeverlangen der Gläubiger des Vorbehaltsverkäufers unter Berufung seines Besitzrechts zu verweigern.187 Daher könnte man sagen, dass die Pfändung des Herausgabeanspruchs des Vorbehaltsverkäufers gemäß § 847 ZPO für die Gläubiger nicht zweckmäßig ist,188 da der Vorbehaltskäufer diese Pfändung durch Geltendmachung seines Verweigerungsrechts ausschalten kann. In der Praxis können die Gläubiger nur die Ansprüche des Vorbehaltsverkäufers auf restliche, noch nicht getilgte Kaufpreisforderung pfänden.189 Nur ausnahmsweise befindet sich die Vorbehaltssache in der Hand des Vorbehaltsverkäufers oder eines Dritten (z. B. zur Reperatur). In dem Zeitpunkt, in dem der Vorbehaltskäufer selbst nicht im unmittelbaren Besitz der Vorbehaltssache ist, könnten die Gläubiger versuchen, die Vorbehaltssache zu pfänden. Im Falle einer solchen Pfändung190 würde dem Vorbehaltskäufer die Befugnis zur Erhebung der Drittwiderspruchsklage zustehen,191 wobei das Anwartschafts186 Brox, JuS 1984, 657 (666); Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (346); Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 34; Hansjörg Weber/Jörg-Andreas Weber, Kreditsicherungsrecht, 9. Auflage, München 2012, § 9, S. 166. 187 Dazu s. Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 81; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 24; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 53; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (346); Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 34; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 14. 188 Ebenso Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 12 1 2, S 292; Adolf Baumbach/Wolfgang Lauterbach/Jan Albers/Peter Hartmann, Zivilprozessordnung, 74. Auflage, München 2016, § 809 Rn. 8. Zur Pfändung des Herausgabeanspruchs im Allgemeinen s. Brox, JuS 1984, 657 (666), Fn. 71; Weber/Weber, § 9, S. 166; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 104. 189 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 12 I 2, S. 292; Mühl, Soergel, BGB, Bd. 3, 12. Aufl., § 455 Rn. 81. 190 Diese Pfändung ist jedenfalls nach § 808 ZPO möglich, wonach es auf die Eigentumsverhältnisse nicht ankommt. Die Pfändung bleibt bis dahin wirksam, bis sich der Eigentümer der Pfändung verweigert (§ 771 ZPO). 191 BGHZ 55, 20, 26 ff.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 12 I 2, S. 292; Brox, JuS 1984, 657 (666) m. w. N.; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. 3, 6. Aufl., § 449 Rn. 46; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 48; Fritz Baur/Rolf Stürner/Alexander
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
recht des Vorbehaltskäufers als ein die Veräußerung hinderndes Recht im Sinne des § 771 ZPO angesehen wird. Ein weiteres vollstreckungsrechtliches Problem ergibt sich, wenn der Vorbehaltskäufer mit der Zahlung des Kaufpreises in Verzug gekommen ist und der Verkäufer jetzt wegen des Ausbleibens seiner Kaufpreisforderung die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache pfänden und verwerten lässt. Die Pfändung einer eigenen Sache vom Vorbehaltsverkäufer bei Zahlungsverzug des Vorbehaltskäufers haben das Reichsgericht und die frühere deutsche Lehre zugelassen. Für eine wirksame Pfändung wurde aber vorausgesetzt, dass der Vorbehaltsverkäufer vor der Pfändung auf sein Eigentum verzichtet (sog. Verzichtstheorie192). Ein stillschweigender Verzicht auf das Eigentum ist in der Pfändung einer eigenen Sache zu erblicken.193 Heute wird der oben erwähnten Verzichtstheorie nicht mehr gefolgt.194 Dagegen wird im Allgemeinen anerkannt, dass der Vorbehaltsverkäufer seine Bruns, Zwangsvollstreckung, 13. Auflage, Heidelberg 2006, § 46 Rn. 6; Mühl, Soergel, BGB, Bd. III, 12. Aufl., § 455 Rn. 81 m. w. N.; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 53; Habersack, Sachenrecht, § 12 V Rn. 261; Larenz, Schuldrecht § 43 II, S. 119 m. w. N.; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 104 m. w. N.; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (346); Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 34, Fn. 88; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 14 m. w. N.; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 19; Weber/Weber, § 9, S. 166; w. N. bei Weber, Sachenrecht, § 12 Rn. 87; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 16. 192 Bei der Zwangsvollstreckung in eine eigene Sache ist darauf zu beachten, dass der Vorbehaltsverkäufer am Kaufvertrag festhält und sich mit dem Verwertungserlös der Vorbehaltssache zu befriedigen versucht. Dazu ist fraglich, ob der Vorbehaltsverkäufer sich gegen seine vertraglichen Pflichten verhält, wenn er vor dem Bedingungseintritt die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte und ihm gehörende Sache pfändet und verwertet und schließlich den Bedingungseintritt unmöglich macht. Früher wurde bei der Verzichtstheorie besonderer Wert darauf gelegt, einen Verstoß gegen vertragliche Pflichten des Verkäufers i. S. der § 160 Abs. 1 oder §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB auszuschließen (s. RGZ 66, 344, 348; 79, 245). Nach der Verzichtstheorie geht das Eigentum an der Kaufsache auf den Käufer über, sobald der Verkäufer auf sein Eigentum aufgrund der Pfändung einer eigenen Sache verzichtet. Nach dem Eigentumserwerb des Käufers pfändet der Verkäufer nunmehr nicht seine eigene Sache, sondern eine Sache, deren Eigentümer der Schuldner (der Vorbehaltskäufer) ist. Daher kommt eine Vertragsverletzung als Folge der Pfändung nicht in Betracht. Eine Pflichtverletzung des Vorbehaltsverkäufers wird von Baur mit der Begründung verneint, dass der Vorbehaltsverkäufer mit einem zwangsweisen Vorgehen nur die ihm verbliebene Verwertungsbefugnis ausübt. S. Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 42 m. w. N.; vgl. Habersack, Sachenrecht, § 12 III Rn. 252; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 12 IV 1, S. 320 f.; Weber, Sachenrecht, § 12 Rn. 61; für das schweizerische Recht s. Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (141). 193 RGZ 79, 241, 244; BGHZ 15, 171, 173; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 12 IV 1, S. 319 ff. m. w. N.; Letzgus, S. 56 ff.; dazu Yargıtay, 19. HD., E. 1999/7818, K. 2000/404, T. 27. 01. 2000; krit. Rühl, S. 175. Der Vorbehaltsverkäufer kann auf sein vorbehaltenes Eigentum durch einseitige Erklärung verzichten, ohne dass es eine Annahme des Vorbehaltskäufers bedarf. Vgl. etwa BGH NJW 58, 1231, 1232; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 12 IV 1, S. 319; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 32, 51. 194 Aus der Verzichtstheorie könnten aber Nachteile hinsichtlich des Vorbehaltsverkäufers
H. Die Rechtspositionen der Eigentumsvorbehaltsparteien
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eigene Sache pfänden kann,195 ohne auf sein Eigentum verzichtet zu haben.196 Mit der Pfändung einer eigenen Sache erlangt der Vorbehaltsverkäufer jedoch kein Pfändungspfandrecht197, weil die gepfändete Sache nicht zu dem Schuldner (dem Vorbehaltskäufer) gehört.198 Das Fehlen des Pfändungspfandrechts hindert die Pfändung des Verkäufers nicht. Nach der heute herrschenden Ansicht bildet die Verstrickung (Pfändung) die Grundlage der Verwertung einer Sache.199 Die Verstrickung ist auch davon unabhängig, ob der Schuldner der Eigentümer der Sache ist.200 Für die Pfändung genügt es, dass sich der Gegenstand der Pfändung im Gewahrsam des Schuldners (des Vorbehaltskäufers) befindet (§ 808 ZPO),201 was beim Eigentumsvorbehalt in Deutschland der Regelfall ist. Im Prinzip ist der Eigentümer berechtigt, der Pfändung nach § 771 ZPO zu widersprechen. In unserem Fall ist der Vorbehaltsverkäufer der Eigentümer des Pfändungsgegenstands, er will aber die Pfändung der Vorbehaltssache durch Widerspruchsklage (§ 771 ZPO) nicht verhindern, sondern interessiert sich für die Verwertung eigener Sache. Eine wirksame Pfändung der Vorbehaltssache vom Vorbehaltsverkäufer sieht nunmehr der neu eingefügte § 811 Abs. 2 ZPO im Rahmen des Pfändungsschutzes ausdrücklich vor. Danach können die in § 811 entstehen. Infolge der Pfändung einer eigenen Sache, die dem Verzicht auf das vorbehaltene Eigentum gleichgesetzt wird, erwirbt der Vorbehaltskäufer das Volleigentum. Dies aber führt dazu, dass die Gläubiger des Vorbehaltskäufers, die die Vorbehaltssache schon vor dem Vorbehaltsverkäufer gepfändet haben, einen besseren Rang am Gegenstand der Pfändung haben. Daraus entsteht die Gefahr, dass der Vorbehaltsverkäufer sich durch die Pfändung und Verwertung der Vorbehaltssache nicht befriedigt und darüber hinaus seine dingliche Sicherheit umsonst verliert. S. Letzgus, S. 59 ff.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 12 IV 1, S. 320 f. 195 So z. B. Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 19; Westermann/Westermann/ Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 30; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 37 m. w. N.; Habersack, Sachenrecht, § 12 III Rn. 252; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 108 m. w. N.; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 54; Weber/Weber, § 9, S. 164 f. 196 Georgiades, S. 77; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 12 IV 1, S. 320 f. m. w. N.; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 42; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 32. Über die bereits geschehenen Zahlungen bei der Pfändung des Vorbehaltsverkäufers s. Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 43. 197 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 12 IV 1, S. 319 m. w. N.; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 42; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 929 Rn. 51; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, S. 877; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 30; Habersack, Sachenrecht, § 12 III Rn. 252. 198 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 12 IV 1, S. 319; Baur/ Baur/Stürner, § 59 Rn. 42; Brox, JuS 1984, 657 (666); Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 30; Weber/Weber, § 9, S. 165. 199 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 12 IV 1, S. 319; Baur/ Baur/Stürner, § 59 Rn. 42; Brox, JuS 1984, 657 (666); Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., Rn. 51 m. W. auf RG 156, 395; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 877; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 30; Habersack, Sachenrecht, § 12 III Rn. 252. 200 Vgl. Georgiades, S. 77. 201 Dementsprechend Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 42.
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Abs. 1 Nr. 1, 4, 5 bis 7 bezeichneten Sachen wegen der durch Eigentumsvorbehalt gesicherten Kaufpreisforderung gepfändet werden. b) In der Schweiz und der Türkei Wie oben erklärt, können die Sachen, die sich im Gewahrsam eines Dritten befinden, nach dem deutschen Recht nur unter der Voraussetzung gepfändet werden, dass der Dritte mit der Pfändung und der Herausgabe der Sache einverstanden ist (§ 809 ZPO). Anders als das deutsche Recht sind die Gläubiger nach dem schweizerischen und türkischen Recht im Allgemeinen befugt, die vollstreckbaren Vermögenswerte des Schuldners bei einem Dritten zu suchen und dort pfänden zu lassen (Art. 106 SchKG, Art. 89 türk. Zwangsvollstreckungsund Konkursgesetz). Gegen die Pfändung kann der Dritte jedenfalls sein Recht geltend machen, wenn ihm ein Eigentumsrecht, ein Pfandrecht oder ein anderes Recht am gepfändeten Gegenstand zusteht (s. Art. 106 ff. SchKG, Art. 96 ff. türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz). Das die Verpfändung hindernde Recht des Dritten muss auf jeden Fall geltend gemacht werden, da das Betreibungsamt dieses Recht des Dritten von selbst nicht berücksichtigt. Bei dem Eigentumsvorbehalt behält sich der Vorbehaltsverkäufer bis zum Eintritt der aufschiebenden Bedingung das Eigentum an der Kaufsache vor, also gehört die Vorbehaltssache bis zum Bedingungseintritt weiter zu dem Vermögen des Vorbehaltsverkäufers. Deshalb bleibt die Kaufsache offen für die Pfändung der Gläubiger des Vorbehaltsverkäufers.202 Vor dem Bedingungseintritt kann jedoch die Sache vom Vorbehaltskäufer nicht herausverlangt und nach den Zwangsvollstreckungsvorschriften nicht verwertet werden, solange der Käufer die Kaufpreisraten vertragsgemäß zahlt.203 Im Regelfall muss der Vorbehaltskäufer die Sache erst dann dem Verkäufer zurückgeben, wenn der Vorbehaltsverkäufer beim Vorliegen der Voraussetzungen des Rücktritts vom Kaufvertrag zurückgetreten und das Besitzrecht des Vorbehaltskäufers zum Erlöschen gebracht hat.204 Der Vorbehaltsverkäufer ist nur dann zum Rücktritt berechtigt, wenn der Vorbehaltskäufer seiner vertraglichen Pflicht zur Kaufpreiszahlung vertragsgemäß nicht nachgekommen ist. Ebenso dürfen die Gläubiger des Vorbehaltsverkäufers die Rückgabe der Vorbehaltssache in dem Fall auch nicht verlangen, wenn sich der Käufer nicht in Zahlungsverzug befindet und der Kaufvertrag weiter existiert.205 Den Gläubigern des 202 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 50; Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 302; v. Tuhr/Escher, § 85, S. 268; Nomer, Beklenen Haklar, S. 180 ff. 203 Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 302; Nomer, Beklenen Haklar, S. 181 f. 204 Zur Rücknahme durch Rücktritt s. oben S. 94 ff.; dazu Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 50; Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 302; Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (540). 205 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 50; Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (541);
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Vorbehaltsverkäufers stehen selbstverständlich nicht mehr Rechte zu, als der Vorbehaltsverkäufer als Vertragspartei hat.206 In dem Zeitpunkt, in dem der Vorbehaltskäufer den Kaufpreis vertragsgemäß bezahlt, haben die Gläubiger des Vorbehaltsverkäufers allerdings die Möglichkeit, die Forderung des Verkäufers auf Zahlung des Restkaufpreises zu pfänden (Art. 99 SchKG, Art. 85 Abs. 1, 89, 90 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz).207 Befindet sich der Vorbehaltskäufer hingegen im Zeitpunkt der Pfändung in Zahlungsverzug, ist der Vorbehaltsverkäufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag und zum Herausverlangen der Kaufsache berechtigt (Art. 716 ZGB, ART. 227 OR a. F.; Art. 765 türk. ZGB, Art. 259, 260 türk. OR).208 Um die Kaufsache herauszuverlangen, muss aber der Vorbehaltskäufer den bereits gezahltenen Kaufpreis dem Vorbehaltskäufer anbieten.209 Der Verkäufer kann aber eine Miete und das Geld für Abnützung mit den bereits geschehenen Zahlungen verrechnen.210 Erst nach dem Rücktritt vom Kaufvertrag kann die Sache zugunsten des Gläubigers des Vorbehaltsverkäufers gepfändet und verwertet werden.211 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Vorbehaltssache wegen des Zahlungsverzugs vom Vorbehaltskäufer herauszuverlangen ist, ohne dass der Vorbehaltsverkäufer vom Kaufvertrag zurücktritt. Außerdem ist es fraglich, was passiert, wenn der Vorbehaltsverkäufer trotz des Zahlungsverzugs von seinem Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag nicht Gebrauch macht. Kann der Kaufvertrag von einem Anderen zum Erlöschen gebracht werden? Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 302; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (128). Im Schrifttum wird weiterhin vertreten, dass der Vorbehaltskäufer gegen die Pfändung der Gläubiger des Vorbehaltsverkäufers sein Anwartschaftsrecht geltend machen kann (gem. Art. 99, 106 SchKG, Art. 89 Abs. 2, 99 türk. SchKG). Dazu s. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 213 f.; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (128 m. w. N.); Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715–716 Rn. 127. 206 Ebenso Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (129). 207 Yargıtay 13. HD., E. 1976/2474, K. 1976/4386, T. 14. 05. 1976; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 50; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 214; Sirmen, S. 149; Saim Üstündağ, İcra Hukukunun Esasları, 8. Auflage, Istanbul 2004, S. 209; Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 302; Nomer, Beklenen Haklar, S. 182 m. w. N.; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (129). 208 Ab 01. 07. 2012 kann der Richter gemäß Art. 261 türk. OR dem Käufer eine Zahlungserleichterung bieten und unter der Voraussetzung dem Verkäufer die Verkaufsache herauszuverlangen verbieten, dass der Käufer eine Garantie über die Zahlung der fälligen Schulden gibt und dem Verkäufer daraus kein Schaden entsteht. 209 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 50; Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 302; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (129). 210 Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (129); Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (540). Von einigen Autoren wird dem Vorbehaltskäufer ein Retentionsrecht auf die Rückzahlungen vom Vorbehaltsverkäufer gewährt. Dazu s. Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 302; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (129); Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (540). 211 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 50; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 214; Kuru/Arslan/ Yılmaz, S. 302.
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Hierüber trifft man mehrere Ansichten in der Lehre und der Rechtsprechung. Staehelin geht davon aus, dass die Vorbehaltssache von den Gläubigern des Käufers bei dessen Verzug gepfändet werden kann, da der Verkäufer in einem solchen Fall die Vorbehaltssache, zwar gegen Rückerstattung der geschehenen Zahlungen, zurückverlangen darf. Der Pfändung der Vorbehaltssache kann der Vorbehaltskäufer auch unter Berufung seines Anwartschaftsrechts nicht wiedersprechen, weil sein Anwartschaftsrecht durch den Verzug verloren gegangen ist.212 Nach Scherrer ist der Betreibungsbeamte berechtigt, die Rücktrittserklärung abzugeben, wenn der Vorbehaltsverkäufer von seinem Rücktrittsrecht nicht Gebrauch gemacht hat, obwohl die Voraussetzungen für einen wirksamen Rücktritt erfüllt sind.213 In dem türkischen Schrifttum vertritt Gültekin, dass die Forderung des Vorbehaltsverkäufers auf offengebliebene Kaufpreiszahlungen gepfändet werden kann, wenn der Vorbehaltskäufer im Moment der Pfändung in Verzug gerät, aber der Vorbehaltsverkäufer vom Kaufvertrag nicht zurücktritt.214 Weiterhin sieht es Elbir als möglich an, dass die Gläubiger des Vorbehaltsverkäufers von dem Kaufvertrag (zwischen dem Vorbehaltsverkäufer und dem Vorbehaltskäufer) statt des Vorbehaltsverkäufers gem. Art. 120 Abs. 2 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz zurücktreten, wenn der Vorbehaltskäufer in Verzug geraten ist und der Vorbehaltsverkäufer trotzdem vom Kaufvertrag nicht zurückgetreten ist.215 Nach Üstündağ können die Gläubiger des Vorbehaltsverkäufers ein Rücktrittsrecht vom dem Betreibungsamt verlangen, wenn der Vorbehaltsverkäufer von seinem Recht nicht Gebrauch gemacht hat.216 Nach Nomer reicht der Verzug des Vorbehaltsverkäufers für die wirksame Pfändung der Vorbehaltssache von den Gläubigern des Vorbehaltsverkäufers aus. Zutreffend vertritt er, dass es einen Verstoß gegen Treu und Glauben im Sinne des Art. 3 türk. ZGB darstellt, wenn der Vorbehaltsverkäufer der Pfändung der Vorbehaltssache durch seine Gläubiger mit der Begründung der fehlenden Rücktrittserklärung widerspricht.217 Eine andere Frage in Bezug auf die Zwangsvollstreckung der Vorbehaltssache ist, ob der Vorbehaltsverkäufer seine eigene Sache (Vorbehaltssache) pfänden kann. Die Pfändung einer eigenen Sache aufgrund des nicht gezahlten Kaufpreises wird vom größten Teil des schweizerischen und türkischen Schrifttums und zumeist in der Rechtsprechung zugelassen. Befindet sich der Vorbehaltskäufer mit der Zahlung des Kaufpreises in Verzug, kann der Vorbehaltsverkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten und die Sache zurückverlangen oder die Bezahlung des fälligen Restkaufpreises fordern und seinen Anspruch auf Erfüllung im 212
Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (129). Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715–716 Rn. 128. 214 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 50 215 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 214. 216 Üstündağ, S. 209. 217 Nomer, Beklenen Haklar, S. 181. 213
H. Die Rechtspositionen der Eigentumsvorbehaltsparteien
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Wege der Zwangsvollstreckung geltend machen. Nach der herrschenden Meinung kann der Vorbehaltsverkäufer die Sache für seine Kaufpreisforderung nicht pfänden, während er gleichzeitig das Eigentum an der Kaufsache bei sich vorbehält.218 Damit er die Vorbehaltssache pfänden kann, muss er zuerst auf sein Eigentum an der Vorbehaltssache verzichten.219 Nach der herrschenden Ansicht liegt in der Pfändung einer eigenen Sache des Vorbehaltsverkäufers ein stillschweigender Verzicht auf das Eigentum.220 Aus der Pfändung einer eigenen Sache könnten sich aber negative Rechtsfolgen für den Vorbehaltsverkäufer ergeben: Der Vorbehaltsverkäufer verliert seine dingliche Sicherheit, und folglich muss er den Verwertungserlös mit den anderen Gläubigern des Vorbehaltskäufers teilen (Pfändunganschluss nach Art. 110 ff. SchKG, Art. 100 ff. türk. ZPO). Im Rahmen des Zwangsvollstreckungprozesses hat der Vorbehaltsverkäufer kein Vorzugsrecht, nach welchem er sich aus dem Verwertungserlös vorweg befriedigen darf.221 218 Ebenso
Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 217. Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 58; Beck, S. 171 (anders entschieden für die Pfändung allein der Kaufpreisfoderung); Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 217; Nomer, Beklenen Haklar, S. 191. A. A. über die Pfändung des Vorbehaltsverkäufers ohne Verzicht auf das Eigentum s. Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (135 f.). Dazu fragt es sich, ob der Vorbehaltsverkäufer auf das vorbehaltene Eigentum an der Kaufsache verzichten darf, ohne dass der Vorbehaltskäufer damit einverstanden ist. Überwiegend wird vertreten, dass der Vorbehaltsverkäufer über sein Eigentum selbst entscheiden kann und es keiner Zustimmung des Vorbehaltskäufers braucht. Es bedarf nur der Kundgabe an den Käufer. In diese Richtung s. Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 74; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 137; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 236 f.; Nomer, Beklenen Haklar, S. 192 m. w. N. 220 Beck, S. 170; Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (547); Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 237; Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 302; Yargıtay 19. HD., E. 1993/9134, K. 1993/9024, T. 27. 12. 1993. Nach einer Ansicht ist ein Verzicht auf das Eigentum nicht in der Pfändung der Sache, sondern in deren Durchführung zu erblicken. S. Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 66; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 237; zur Kritik über den stillschweigenden Verzicht auf das Eigentum s. Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 51 f.; Haab/Scherrer/ Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715, 716 Rn. 101 mit der Begründung, dass die Annahme des Verzichts auf das Eigentum infolge der Geltendmachung des Erfüllungsanpruchs auf dem Wege der Betreibung dem wirklichen Willen des Gläubigers nicht entspricht; dazu Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (136 ff.) m. w. N.: „… anführen zu wollen, eine Pfändung eigener Sache sei unmöglich, ist auf jeden Fall verfehlt. Denn der Verkäufer begehrt nicht eine Verwertung seines jetzigen Eigentums, sondern des in der Anwartschaft bereits investierten Vermögens des Käufers.“ 221 Vgl. Beck, S. 171; Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (548, 550, 554); Nomer, Beklenen Haklar, S. 192. In seinem Kreisschreiben vom 31. 03. 1911 (abgedruckt bei Haab/Scherrer/ Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715, 716 Rn. 10) hat die Schuldbetreibungsund Konkurskammer des schweizerischen Bundesgerichts ausgeführt, dass der Eigentumsvorbehalt wirtschaftlich nichts anderes als ein Pfandrecht des Verkäufers darstellt und die unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sachen in analoger Anwendung der für die Pfändung und Verwertung verpfändeter Sachen geltenden Bestimmungen zu pfänden und zu verwerten sind. Nach einigen Autoren, die dem Eigentumsvorbehalt entsprechend dem Kreisschreiben von 1911 eine pfandrechtliche Bedeutung beimessen, sollte der Vorbehaltsverkäufer die Be219
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
Ferner kommt der Fall vor, dass der Vorbehaltsverkäufer aufgrund einer anderen Forderung, welche aus einem anderen Geschäftsverhältnis entstanden ist, die Vorbehaltssache zu pfänden versucht. Auch in diesem Fall muss man annehmen, dass der Vorbehaltsverkäufer durch die Pfändung der Vorbehaltssache auf sein Eigentum verzichtet.222 II. Zwangsvollstreckung durch Gläubiger des Vorbehaltskäufers a) In Deutschland Vollstrecken die Gläubiger des Vorbehaltskäufers die unter Eigentumsvorbehalt veräußerte Kaufsache beim Vorbehaltskäufer, was wegen des Gewahrsams des Vorbehaltskäufers und gem. § 808 ZPO möglich ist, so gewährt die herrschende Meinung dem Vorbehaltsverkäufer aufgrund seines vorbehaltenen Eigentums eine Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO,223 durch deren Geltendmachung bezweckt wird, die Zwangsvollstreckung an der Vorbehaltssache für unzulässig zu erklären.224 Widerspricht der Vorbehaltsverkäufer der Pfändung der Vorbehaltssache, haben die Vollstreckungsgläubiger jedoch die Möglichkeit, den Restkaufpreis an den Vorbehaltsverkäufer zu zahlen225 und dadurch die Drittwiderspruchsklage des Vorbehaltsverkäufers nach § 771 ZPO zu beseitigen (s. § 267 Abs. 1 BGB). treibung auf Pfandverwertung einleiten und sich auf diese Weise wegen seines Anspruchs an dem Restkaufpreis befriedigen. Danach hat der Vorbehaltsverkäufer Vorrang gegenüber den anderen Gläubigern des Schuldners, sodass der Vorbehaltsverkäufer mit den anderen Gläubiger nicht konkurriert, sondern sich aus dem Verwertungserlös vor anderen Gläubigern befriedigen darf. Dazu s. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715, 716 Rn. 101 und Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (137 f.). Über die Vorwegbefriedigung des Vorbehaltsverkäufers s. in der Türkei Yargıtay, 19. HD., E. 1999/7818, K. 2000/404, T. 27. 01. 2000. 222 Ebenso Baki Kuru, İcra ve İflas Hukuku, El Kitabı, 2. Auflage, Ankara 2013, S. 596. 223 BGHZ 54, 214; BGHZ 55, 20; Georgiades, S. 74; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, S. 291, 296 (auch trotz der Ermächtigung des Vorbehaltskäufers zur Weiterveräußerung); Honsell, Staudinger, BGB, 13. Bearb., § 455 Rn. 47; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 30; Brox, JuS 1984, 657 (666) m. w. N.; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 106; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 19; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 42, 55; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 14; Habersack, Sachenrecht, § 12 V Rn. 259 m. w. N.; Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 114; Weber, Sachenrecht, § 12 Rn. 60; Weber/Weber, § 9, S. 163 m. w. N.; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (345). Zur Mindermeinung, die dem Vorbehaltsverkäufer nur das Recht auf abgesonderte Befriedigung nach § 805 ZPO gibt, s. Raiser, S. 91 f.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, S. 297 f.; dazu krit. Flume, AcP 1962, 385 (402 f.); Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (345). 224 Nach einer Ansicht kann der Vorbehaltsverkäufer der Zwangsvollstreckung in die Vorbehaltssache widersprechen, er muss aber nicht. Tut der Vorbehaltsverkäufer nichts gegen die Zwangsvollstreckung, hat er gegen den Vollstreckungsgläubigern einen Bereicherungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1, Alt 2 BGB. Dazu s. Brox, JuS 1984, 657 (666); Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 106 m. w. N.; Weber, Sachenrecht, § 12 Rn. 60 m. w. N. 225 Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 107; Grunewald, Erman,
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Mit der Zahlung des ganzen Kaufpreises tritt die aufschiebende Bedingung ein, und dann kann die Sache unbeschränkt gepfändet werden, weil die Vorbehaltssache nicht mehr zu dem Vermögen des Vorbehaltskäufers gehört. Zwar reicht es den Vollstreckungsgläubigern nicht, allein die Vorbehaltssache zu pfänden (sog. Sachpfändung), da der Vorbehaltsverkäufer aufgrund § 267 Abs. 2 BGB und auf Wille des Vorbehaltskäufers die angebotene Zahlung des noch offenen Kaufpreises zurückweisen und dadurch die Vollstreckung der Kaufsache verhindern kann.226 Damit die Vollstreckung der Kaufsache durch Zurückweisung des angebotenen Restkaufpreises nicht verhindert werden kann, wird heute neben der Pfändung der Vorbehaltssache die Pfändung des Anwartschaftrechts gem. § 857 Abs. 1 ZPO vorgeschlagen (sog. Doppelpfändung).227 Im deutschen Recht ergibt sich grundsätzlich ein Widerspruchsrecht zugunsten des Käufers aus seinem Anwartschaftsrecht; nach dessen Pfändung steht aber dieses Widerspruchsrecht dem Vorbehaltskäufer nicht mehr zu. b) In der Schweiz und der Türkei aa) Pfändung der Vorbehaltssache Wie bereits erklärt, kann der Vorbehaltsverkäufer die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache bei Nichtzahlung des Kaufpreises erst dann verlangen, wenn er von dem zugrunde liegenden Kaufvertrag zurücktritt.228 Damit das Recht des Vorbehaltsverkäufers, unter bestimmten Voraussetzungen die Sache wiederzuerlangen, nicht benachteiligt wird, könnte man vertreten, die Pfändung der Vorbehaltssache von den Gläubigern des Käufers auszuschließen. Hinsichtlich des Vorbehaltskäufers stellt die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache zwar einen wichtigen Vermögenswert dar, dessen Höhe sich mit jeder Zahlung des Käufers steigert. Deshalb wäre es unbillig, den Zugriff anderer Gläubiger auf den in der Vorbehaltssache enthaltenen Wert auszuschließen,229 BGB, Bd. I, § 449 Rn. 19; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 55; Weber, Sachenrecht, § 12 Rn. 60. 226 Nach Staehelin verstoßt eine Annahmeverweigerung nicht gegen Treu und Glauben (§ 162 BGB), wenn der Vorbehaltsverkäufer die Bezahlung von den Gläubigern des Vorbehaltskäufers ablehnt, während auch der Vorbehaltskäufer der Zahlung widerspricht. Nach ihm hat der Vorbehaltsverkäufer ein schutzwürdiges Interesse daran hat, auf Wunsch seines Schuldners die Leistung abzulehnen, vor allem schon im Hinblick auf weitere Geschäftsbeziehungen mit ihm. S. Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (112 f.); a. A. Weber/Weber, § 9, S. 163. 227 Rühl, S. 172; Berger, Jauernig, BGB, § 929 Rn. 55: „… bei Zurückweisung des Geldes gelte die Bedingung als eingetreten. “; zur Einzelheiten der Theorie der sogenannten Doppelpfändung s. unten S. 164 f. 228 Zur Rücknahme der Vorbehaltssache durch Rücktritt s. oben S. 94 ff. 229 Die Pfändung der Vorbehaltssache bei einem Dritten ist ausgeschlossen, wenn der Vorbehaltskäufer die Vorbehaltssache vor dem Bedingungseintritt und ohne entsprechendes
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
insbesondere dann, wenn nur wenige Raten übrig bleiben. Es bedarf vielmehr einer Lösung, die die Interessen von beiden Vertragsparteien und anderer Gläubiger berücksichtigt. Die Rechtsfolgen der Pfändung der Vorbehaltssache unterscheiden sich je nachdem, ob der Vorbehaltskäufer sich im Zeitpunkt der Pfändung in Verzug befindet oder nicht. Gerät der Vorbehaltskäufer mit seiner Zahlungsverpflichtung in Verzug, kann der Vorbehaltsverkäufer durch eine Rücktrittserklärung die Vorbehaltssache zurückverlangen (Art. 716 ZGB, Art. 226 OR a. F., Art. 765 türk. ZGB, Art. 259 türk. OR).230 In diesem Zusammenhang wird vertreten, dass in der Geltendmachung des Eigentums vom Vorbehaltsverkäufer (i. S. d. Art. 683 türk. ZGB) eine Rücktrittserklärung zu erblicken ist.231 Im Falle des Rücktritts vom Kaufvertrag muss der Vorbehaltsverkäufer die bereits geschehenen Zahlungen dem Vorbehaltskäufer zurückgeben (Art. 716 ZGB, Art. 765 türk. ZGB). Von den bereits geschehenen Zahlungen ist ein Entgelt für den Gebrauch der Vorbehaltssache und für die Abnützung abzubuchen.232 Die Vollstreckungsgläubiger können sich allerdings durch die Pfändung des Anspruchs des Vorbehaltskäufers auf die bereits gezahlten Kaufpreisraten befriedigen (Art. 106 SchKG, Art. 85 Abs. 1, 89 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz). Befindet sich der Vorbehaltskäufer während der Pfändung der Vorbehaltssache nicht in Verzug, dann verhindert das vorbehaltene Eigentum des Verkäufers die Pfändung der Kaufsache von den Gläubigern des Vorbehaltskäufers grundsätzlich nicht, da der Betreibungsbeamte nicht verpflichtet ist, den tatsächlichen Eigentümer zu suchen und auch zu prüfen, ob die gepfändete Sache unter Eigentumsvorbehalt gekauft wurde und eine wirksame Eintragung Befugnis einem Dritten übereignet, der von dem Eigentumsvorbehalt keine Kenntnis hat. In einem solchen Fall hat der Dritte das Eigentum an der Kaufsache gutgläubig erworben, daher können die Gläubiger des Vorbehaltskäufers die Sache bei diesem Dritten nicht pfänden. Bei der Bestellung eines beschränkten dinglichen Rechts kann die Sache nur mit Rücksicht auf dieses Recht gepfändet werden. Die Bestellung eines persönlichen Rechts hindert eine Pfändung nicht. 230 Yargıtay 13. HD., E. 1974/840, K. 1974/794, T. 08. 04. 1974; Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 301; Aral, AÜHFD 1973, 201 (221 f.); Taylan, Yasa Hukuk 1980, 797 (811). In seinem weiteren Kreisschreiben vom 1. Mai 1922 (abgedruckt bei Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 11) hat das schweizerische Bundesgericht darauf hingewiesen, dass es dem Vorbehaltsverkäufer nicht verboten ist, sich auf sein Eigentumsrecht zu berufen und die gekaufte Sache zurückzuverlangen, wenn alle Voraussetzungen eines wirksamen Rücktritts erfüllt sind. Dazu s. Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 122. 231 Aral, AÜHFD 1973, 201 (221 f.); Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 301 f.; vgl. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 160 ff. 232 Taylan, Yasa Hukuk 1980, 797 (811); Aral, AÜHFD 1973, 201 (221 f.); Kuru/Arslan/ Yılmaz, S. 301 f. Darüber hinaus wird vertreten, dass die Ansprüche des Vorbehaltsverkäufers auf Rückzahlung der geleisteten Kaufpreiszahlungen jedoch nach Art. 85 Abs. 1 türk. SchKG von den Gläubigern des Vorbehaltskäufers gepfändet werden können. Dazu s. Taylan, Yasa Hukuk 1980, 797 (811); Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 301 f.; Aral, AÜHFD 1973, 201 (221 f.); in der türkischen Rechtsprechung s. etwa Yargıtay 21. HD., E. 2004/2980, K. 2004/4593, T. 06. 05. 2004; Liver, SPR, § 52, S. 338 f.
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im Eigentumsvorbehaltsregister vorliegt (ausdrücklich in Art. 18 VerEV).233 Es bedarf vielmehr des Widerspruchs des Vorbehaltsverkäufers (oder des Vorbehaltskäufers) nach Art. 106 f. SchKG, Art. 96 f. türk. Zwangsvollstreckungsund Konkursgesetz.234 Das vorbehaltene Eigentum an der Sache stellt einen Widerspruchsgrund dar.235 Nach dem türkischen Recht muss der Verkäufer ab Kenntnisnahme von der Pfändung der Vorbehaltssache und innerhalb von 7 Tagen sein vorbehaltenes Eigentum geltend machen. Andernfalls kann er sein Eigentumsrecht im Rahmen dieses Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht mehr geltend machen (Art. 96 Abs. 3, 97 Abs. 9 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz). In Art. 106 Abs. 2 SchKG bestimmt der schweizerische Gesetzgeber, dass Dritte ihre Ansprüche anmelden müssen, solange der Erlös aus der Verwertung des gepfändeten Gegenstandes noch nicht verteilt ist.236 Anders als im türkischen Recht ist die Anmeldung des Drittanspruchs im schweizerischen Recht nicht an eine Frist gebunden. Nach der Verteilung des Verwertungserlöses an die betriebenden Gläubiger bleibt es dem Vorbehaltsverkäufer möglich, eine Klage wegen ungerechtfertiger Bereicherung zu erheben,237 wenn er bis zur Verteilung des Verwertungserlöses sein Recht nicht angemeldet hat. Wird beim Betreibungsamt vom Käufer oder Verkäufer angemeldet, dass die beim Käufer liegende bewegliche Sache zu dem Vermögen des Vorbehaltsverkäufers gehört, endet die Vollstreckung auf die Kaufsache. Nach Art. 96 Abs. 2 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz können die Vollstreckungsgläubiger und der Schuldner dem Aussonderungsrecht, dem Eigentumsrecht des Vorbehaltsverkäufers, widersprechen. Die Vollstreckungsgläubiger, welche die Vorbehaltssache nicht pfänden können, haben die Möglichkeit, den Kaufpreis dem Vorbehaltsverkäufer anzubieten. Bei der Pfändung der Vorbehaltssache muss man jedoch darauf achten, dass die Gläubiger des Vorbehaltskäufers die Vorbehaltssache pfänden, jedoch die gepfändete Sache vom Vorbehaltskäufer nicht herausverlangen und nicht verwerten können, solange der Vorbehaltskäufer die Kaufpreisraten vertragsgemäß zahlt.238 Erst nach dem Bedingungseintritt können die Gläubiger auf 233 BGE 64 III 117, 119; Liver, SPR, § 52, S. 338 f.; Beck, S. 169 f.; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 119; Hadding/Schneider, Rn. 637. 234 Hadding/Schneider, Rn. 637. 235 Yargıtay 13. HD, E. 1974/840, K. 1974/794, T. 08. 04. 1974; 15. HD., E. 1987/4285, K. 1988/517, T. 11. 02. 1988; zum Widerspruchsrecht des Vorbehaltsverkäufers s. auch Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 202; Nomer, Beklenen Haklar, S. 183 m. w. N. aus dem türkischen Schrifttum und aus der türkischen Rechtsprechung. 236 Hadding/Schneider, Rn. 640. 237 Ebenso Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 123 m. w. N. 238 Dementsprechend Nomer, Beklenen Haklar, S. 183 ff., über eine bedingte Zwangsvollstreckung s. S. 189.
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
das Eigentumsrecht des Vorbehaltskäufers zugreifen und sich aus dem Erlös der Verwertung der Vorbehaltssache befriedigen. Damit die Bedingung eintritt und dadurch die Verwertung der Vorbehaltssache ermöglicht wird, können die Gläubiger des Vorbehaltskäufers den Restkaufpreis dem Vorbehaltsverkäufer anbieten.239 Mit der Zahlung des Restkaufpreises wird der Vorbehaltskäufer der Eigentümer der Vorbehaltssache, die nunmehr für die Pfändung der Gläubiger des Vorbehaltskäufers tauglich ist. In diesem Zusammenhang fragt sich, ob der Vorbehaltsverkäufer die Zahlung von den Gläubigern des Vorbehaltskäufers verweigern und dadurch den Eintritt der Bedingung verhindern kann. Nach dem schweizerischen und türkischen Recht ist dem Vorbehaltsverkäufer kein Recht auf Verweigerung der Zahlung zugestanden. Also tritt die Bedingung durch Zahlung des Gläubigers des Vorbehaltskäufers ein, auch wenn der Vorbehaltsverkäufer die Zahlung des Restkaufpreises nicht annehmen will.240 Nach Art. 68 OR, Art. 83 türk. OR muss der Schuldner nur dann persönlich erfüllen, wenn es bei der Leistung auf seine Persönlichkeit ankommt. Bei dem Eigentumsvorbehalt ist der Vorbehaltskäufer verpflichtet, den ganzen Kaufpreis vertragsgemäß zu zahlen. Also hat der Vorbehaltsverkäufer eine Geldforderung gegenüber den Vorbehaltskäufern. In diesem Kaufverhältnis ist der Vorbehaltsverkäufer in der Regel nur an der vollständigen Kaufpreiszahlung, nicht an der zahlenden Person interessiert.241 Ein anderer Fall kann auch vorkommen, in dem der Vorbehaltsverkäufer zugunsten des Vorbehaltskäufers (wegen einer heimlichen Abmachung) die Zahlung von den Gläubigern des Vorbehaltskäufers ablehnt. Nach dem schweizerischen und türkischen Recht ist der Wille des Vorbehaltskäufers nicht von 239
Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 204; Sirmen, S. 148; Tekinay, S. 12; Nomer, Beklenen Haklar, S. 186 ff. m. w. N.; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 2620, Fn. 70. In mehreren Urteilen von der türkischen höchstrichterlichen Rechtsprechung wurde die Pfändung der Vorbehaltssache von der Zahlung des Restkaufpreises von den Gläubigern des Vorbehaltskäufers abhängig gemacht. S. etwa Yargıtay 13. HD., E. 1974/840, K. 1974/794, T. 08. 04. 1974; 13. HD., E. 1976/2474, K. 1976/4386, T. 14. 05. 1976; 15. HD., E. 1987/4285, K. 1988/517, T. 11. 02. 1988; 21. HD. E. 2004/1284, K. 2004/1867, T. 23. 02. 2004; 21. HD., E. 2004/2980, K. 2004/4593, T. 06. 05. 2004; 21. HD., E. 2005/11333, K. 2005/11602, T. 15. 11. 2005. Über das Recht des Vorbehaltsverkäufers, die Gläubiger des Vorbehaltskäufers aufzufordern, den restlichen Kaufpreis zu zahlen, s. Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 301 f. Kommt der Vorbehaltskäufer seiner Zahlungspflicht gemäß dem Kaufvertrag nach und wollen die Gläubiger des Käufers jedoch den offenen Kaufpreis nicht zahlen, müssen seine Gläubiger bis dahin warten, dass der Vorbehaltskäufer den ganzen Kaufpreis zahlt und infolge des Bedingungseintritts das unbedingte Eigentum an der Vorbehaltssache erlangt. S. Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 301; Taylan, Yasa Hukuk 1980, 797 (811); Aral, AÜHFD 1973, 201 (221). 240 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, s. 204; Nomer, Beklenen Haklar, S. 187 m. w. N.; v. Tuhr/ Escher, § 59, S. 26 f.; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (112), Fn. 10. Im deutschen Recht muss darauf geachtet werden, dass der Gläubiger (der Vorbehaltsverkäufer) die Leistung eines Dritten ablehnen kann, wenn der Schuldner (der Vorbehaltskäufer), der persönlich nicht haften muss, widerspricht (§ 267 Abs. 2 BGB). 241 In diese Richtung Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 204.
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Bedeutung. Die Annahmeverweigerung des Vorbehaltsverkäufers mit dem Zweck, das Geschäftsverhältnis mit dem Vorbehaltskäufer nicht zu stören, stellt einen Verstoß gegen Treu und Glauben mit der Folge dar, dass die Bedingung als erfüllt gilt (Art. 156 OR, Art. 175 türk. OR).242 Mit dem Bedingungseintritt geht das unbedingte Eigentum auf den Vorbehaltskäufer über, daraus folgt, dass seine Gläubiger die dem Schuldner gehörende, bereits gepfändete Sache wirksam verwerten dürfen. bb) Verwertung der Vorbehaltssache Fraglich ist bei dem Pfändungsprozess auch die Rangbestimmung der Pfändungen von verschiedenen Gläubigern. Infolge der Pfändung steht den Pfandgläubigern nach dem deutschen Recht ein sogenanntes Pfändungspfandrecht nach § 804 Abs. 1, 2 ZPO zu, dessen praktische Bedeutung darin liegt, dass die Vollstreckungsgläubiger bei der Verteilung des Erlöses gegenüber den späteren Gläubigern des Vorbehaltskäufers den Vorzug haben (Prioritätsprinzip, § 804 Abs. 3 ZPO). Eine solche Art des Pfandrechts an dem gepfändeten Gegenstand ist dagegen im schweizerischen und türkischen Vollstreckungsrecht nicht anerkannt. Im Allgemeinen kommt es bei der Rangbestimmung vielmehr auf das Vollstreckungsdatum an. Beim Fehlen der Voraussetzungen eines solchen Pfändungsanschlusses können andere Gläubiger grundsätzlich nur das pfänden, was von der Verwertung aufgrund erster Pfändung übrig bleibt. Hinsichtlich des Gläubigers, welcher den restlichen Kaufpreis gezahlt und dadurch den Schuldner (Vorbehaltskäufer) zum Eigentümer der Pfandgegenstand macht, liegt jedoch eine Gefahr nach dem schweizerischen und türkischen Recht darin, dass sich die anderen Gläubiger des Vorbehaltskäufers unter den Voraussetzungen von Art. 110 f. SchKG, Art. 100 f. türk. ZPO der zeitlich vorgehenden Pfändung anschließen können,243 ohne die Aufwendungen für die Zahlung des restlichen Kaufpreises mittragen zu müssen.244 In Bezug auf die Fälle, in denen der Restkaufpreis durch einen Pfandgläubiger beglichen worden ist, behauptet Staehelin zutreffend, dass ein Gläubiger des Vorbehaltskäufers sich für andere 242 Ebenso Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 204; vgl. Nomer, Beklenen Haklar, 188 f.; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (112), Fn. 10. 243 Schließlich könnte man sagen, dass die Pfändung der Vorbehaltssache vor dem Bedingungseintritt nur für diejenigen eine wichtige Rolle spielt, die an der vorhergehenden Pfändung nicht teilnehmen können. Allgemein über den Pfändungsanschluss s. Kuru/Arslan/ Yılmaz, S. 280 ff. 244 Der Entschädigung von Aufwendungen des statt des Vorbehaltskäufers geleisteten Gläubigers kommt hier große Bedeutung zu. Nach einer Ansicht steht dem Gläubiger wegen der Aufwendungen für die Zahlung des Vorbehaltsverkäufers ein Bereicherungsanspruch gegenüber dem Vorbehaltskäufer zu. In diese Richtung s. Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (110 f.). Nach einer anderen Ansicht kann der Gläubiger die Aufwendungen zu den Kosten der Zwangsvollstreckung rechnen. S. Kuru, Anwartschaftsrechte, S. 105 f.; Nomer, Beklenen Haklar, S. 187 m. w. N.; w. N. bei Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (110), Fn. 4.
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
Gläubiger des Vorbehaltskäufers nur selten opfert, da der Gläubiger nicht weiß, ob er das Geld, das im Bedingungseintritt investiert wurde, zurückerhalten kann. Ein Pfandgläubiger würde sich für die Zahlung des restlichen Kaufpreises dann entscheiden, wenn der restliche Kaufpreis nur gering wäre.245 Eine Lösung, bei der das Interesse des Pfändungsgläubigers berücksichtigt wird, sieht Staehelin in der analogen Anwendung der Vorschriften über die Pfändung eines Pfandrechts auch für die Pfändung der Vorbehaltssache. Danach ist die Verwertung nach Art. 126 f. SchKG nur zulässig, wenn das Angebot den Betrag der durch Pfandrecht gesicherten Forderung übersteigt.246 Die vorzugsweise Befriedigung des Vorbehaltsverkäufers aus dem Verwertungserlös wird im schweizerischen Recht mit der Behandlung des Eigentumsvorbehalts wie ein Pfandrecht begründet. In seinem Kreisschreiben vom 31. März 1911 über die Pfändung und Verwertung einer unter Eigentumsvorbehalt gekauften Sache247 hat das schweizerische Bundesgericht dem Eigentumsvorbehalt wirtschaftlich die Bedeutung eines Pfandrechts beigemessen, dazu den Vorbehaltsverkäufer als Inhaber eines Pfandrechts behandelt und folglich erklärt, dass die Vorbehaltssache durch analoge Anwendung der Vorschriften über die Pfändung eines Pfandrechts (Art 106, 107, 126, 127 SchKG) zu pfänden und verwerten ist.248
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Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (111, 118). Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (119); krit. Nomer, Beklenen Haklar, S. 184 f. 247 Abgedruckt bei Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 10. 248 Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 57; Haab/Scherrer/Simonius/ Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 122; krit. Nomer, Beklenen Haklar, S. 184 f. Meines Erachtens führt diese Rechtfertigung der vorzugsweisen Befriedigung des Vorbehaltsverkäufers zu einem Durcheinander. Unglücklicherweise stellt die herrschende Meinung im schweizerischen Schrifttum und die Rechtsprechung den Eigentumsvorbehalt mit dem zur Sicherung der Kaufpreisforderung dienenden Pfandrecht gleich. Dieser Gleichstellung liegt der Gedanke zugrunde, dass der Eigentumsvorbehalt wie das Pfandrecht zur Sicherung des zugrunde liegenden Kaufpreises dient. Meines Erachtens wird der Eigentumsvorbehalt zur Sicherung des Kaufpreises vereinbart, jedoch zeigt er seine Hauptfunktion in dem Zeitpunkt des Rücktritts vom Kaufvertrag. Bei dem Ausbleiben der Kaufpreiszahlung kann der Vorbehaltsverkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten und die Vorbehaltssache vom Käufer zurückverlangen. Nach dem Rücktritt besteht keine Pflicht des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises, daher besteht auch keine Kaufpreisforderung, die durch den Eigentumsvorbehalt zu sichern ist. Der Eigentumsvorbehalt ist für das Herausverlangen der Vorbehaltssache bedeutsam, weil der Vorbehaltsverkäufer nicht ein schuldrechtliches Recht auf Herausverlangen der Sache hat, sondern die Sache unter Berufung seines Eigentumsrechts verlangt. Unter Berücksichtigung des dinglichen Rechts des Vorbehaltsverkäufers auf Herausverlangen der Sache scheint die Begründung der vorzugweisen Befriedigung des Vorbehaltsverkäufers mit der Gleichbehandlung des Eigentumsvorbehalts mit dem Pfandrecht nichtzutreffend. Ebenso Nomer, Beklenen Haklar, S. 184 f. 246
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Auch im türkischen Recht herrscht diese Ansicht in der Rechtsprechung249 und im Schrifttum250, nach der der Vorbehaltsverkäufer im Falle der Pfändung der Vorbehaltssache von den Gläubigern des Käufers aus dem Verwertungserlös vorweg bezahlt wird. III. Problematik der Pfändung des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers Heute besteht insbesondere in Deutschland Übereinstimmung darüber, dass das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers einen selbstständigen und gegenwärtigen Vermögenswert darstellt, welcher umso wertvoller ist, je mehr der Vorbehaltskäufer vom vereinbarten Kaufpreis gezahlt hat. Dementsprechend ist das Anwartschaftsrecht offen für den Zugriff von den Gläubigern des Vorbehaltskäufers im Wege der Zwangsvollstreckung.251 Weil das Anwartschaftsrecht grundsätzlich übertragbar ist, ist das Anwartschaftsrecht deshalb theoretisch pfändbar.252 Umstritten ist jedoch, ob und in welcher Weise die Gläubiger des Vorbehaltskäufers die Anwartschaft des Vorbehaltskäufers pfänden können. Nach einer Ansicht kann das Anwartschaftsrecht nach §§ 828 ff. ZPO gepfändet werden, weil es im Sinne des § 857 Abs. 1 ZPO ein „anderes Vermögensrecht“ darstellt. Es bedarf keiner weiteren Pfändung der Vorbehaltssache.253 Nach dieser Ansicht setzt sich das Pfandrecht am Anwartschaftsrecht durch eine analoge Anwendung von § 1287 BGB und § 847 ZPO an der Sache fort, wenn die aufschiebende Bedingung eintritt.254 Nach einer anderen Ansicht genügt die Pfändung der Vorbehaltssache nach den Regeln über die Sachpfändung (§§ 808 f. ZPO),255 eine zusätzliche Pfändung des Anwartschaftsrechts ist nicht erforderlich. Diese Theorie der reinen Sachpfändung wird zumeist in seiner geringen Sicherungsfunktion kritisiert, da der Vorbehaltsverkäufer bis zum Bedingungseintritt der Eigentümer der Sache bleibt und er die Pfändung der Sache durch die Erhebung der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO scheitern zu lassen imstande ist.256 In Bezug auf diese Kritik kann man die Lösung von Raiser erwähnen: Er befürwortet den 249 Yargıtay 12. HD., E. 1976/7434, K. 1976/9052, T. 14. 09. 1976; w. N. bei Nomer, Beklenen Haklar, S. 183, Fn. 405. 250 Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 301 f. (ohne gute Begründung, nur aus praktischen Bedürfnissen). 251 Habersack, Sachenrecht, § 12 V Rn. 259; Weber, Sachenrecht, § 12 Rn. 60. 252 Zur Abhängigkeit zwischen Übertragbarkeit und Pfändbarkeit des Anwartschaftsrechts s. z. B. Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (115); dazu Kuru, Anwartschaftsrechte, S. 78. 253 Letzgus, S. 40 ff.; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 41; Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S 118 f.; zustimmend Medicus/Petersen, § 20 Rn. 486; Kritik über die Pfändung allein des Anwartschaftsrechts s. Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (115 f.). 254 So Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 41; Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 118 f.; SchmidtRecla, JuS 2002, 759 (763); kritisch Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (344). 255 Raiser, S. 90 ff.; Wieling, § 17 I, S. 250. 256 Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S 118 f.; Schmidt-Recla, JuS 2002, 759 (763); dazu Leible/
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Ausschluss der Möglichkeit des Vorbehaltsverkäufers zur Erhebung einer Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO und gewährt dem Vorbehaltsverkäufer nur die bevorzugte Befriedigung aus dem Verwertungserlös.257 Heute wird sowohl von der deutschen Rechtsprechung258 als auch vom großen Teil der deutschen Lehre259 die Theorie der Doppelpfändung empfohlen, wonach neben der Sache selbst auch das Anwartschaftsrecht gepfändet werden muss (§§ 808 ff., 857 ZPO). Nach den Vertretern dieser Theorie dient die Pfändung des Anwartschaftsrechts zur Aufhebung des Widerspruchs des Gläubigers gegen die Zahlung des Restkaufpreises entsprechend § 267 Abs. 2 BGB. Eine reine Pfändung des Anwartschaftsrechts ist nicht ausreichend, um die Sache selbst zu pfänden. Sie verneinen die Umwandlung des Anwartschaftsrechts in eine Pfändung der Sache, wenn die aufschiebende Bedingung eintritt.260 Sie vertreten vielmehr, dass die Pfändung des Anwartschaftsrechts mit dem Bedingungseintritt erlischt. Es braucht daher eine zusätzliche Sachpfändung, damit sich das Pfandrecht am Anwartschaftsrecht nach dem Bedingungseintritt an der Sache fortsetzt. Die Doppelpfändungstheorie des deutschen Rechts wird wegen seiner Komplexität in der Schweiz unter Kritik gestellt. Die Problematik der Pfändung und Verwertung des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers hat das schweizerische Recht durch das Kreisschreiben des Bundesgerichts vom 31. 03. 1991261 in der Weise gelöst, dass es die Rechtsfigur der Anwartschaft nicht braucht. In seinem Kreisschreiben behandelt das schweizerische Bundesgericht das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers im Pfändungsverfahren als Vollrecht (Volleigentum), während das vorbehaltene Eigentum des Vorbehaltsverkäufers entsprechend seiner wirtschaftlichen Funktion in ein besitzloses Pfandrecht für den Kaufpreis umgedeutet wird. Also wird der Vorbehaltsverkäufer im Rahmen des Pfändungsverfahrens als Inhaber eines Pfandrechts angesehen, gleichzeitig wird es zugelassen, dass das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers nach den Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (344) mit anderer Begründung, dass diese Theorie der Sachpfändung in eine schuldnerfremde Sache zu vollstrecken zwingt. 257 Krit. Medicus/Petersen, § 20 Rn. 486. 258 BGH, NJW 1954, 1325 ff. 259 Rühl, S. 198; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 13 II 2, S. 303 ff.; Gerhardt Reinicke, „Zur Lehre vom Anwartschaft aus bedingter Übereignung. Zugleich ein Beitrag zur Methode der Rechtsfindung“, Monatsschrift für deutsches Recht, Heft 8, 13. Jahrgang, Hamburg 1959, 613 (616); Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 35; Mühl, Soergel, BGB, Bd. 3, 12. Aufl., § 455 Rn. 82; krit. Leible/Sosnitza; dazu zur Rechtspfändung in Form der Sachpfändung s. Brox, JuS 1984, 657 (666); Habersack, Sachenrecht, § 12 III Rn. 250; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (344). 260 BGH, NJW 1954, 1327 f.; w. N. bei Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 100. 261 Abgedruckt bei Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 10.
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Vorschriften, die für die Übertragung des erwarteten Vollrechts gelten, gepfändet und verwerten werden kann.262 Allein die Pfändung dieses Anwartschaftsrechts des Käufers wird jedoch in der Schweiz für unbrauchbar erklärt. Dazu bringt das schweizerische Bundesgericht den Grund vor, dass „der Ersteigerer möglicherweise nicht dieselben Garantien bieten würde wie der Schuldner, wobei sogar je nach der Person des Ersteigerers die Gefahr einer Beiseiteschaffung der Sache vor Tilgung der Kaufpreisrestanz bestehen könnte“.263 Wie bereits erklärt, hat der Vorbehaltskäufer als Inhaber des Anwartschaftsrechts eine geschützte Rechtsposition.264 Im türkischen Recht ist nur die Pfändbarkeit des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers umstritten. Hier geht es aber nicht um die Pfändung des künftigen Eigentumsrechts des Vorbehaltskäufers, das erst mit dem Bedingungseintritt dem Vorbehaltskäufer zusteht.265 Nach einer Ansicht in der türkischen Lehre kann das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers nach Art. 85 Abs. 1 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz gepfändet werden.266 Dazu behauptet Kuru, dass das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers als ein „Anspruch“ gem. Art. 89 Abs. 1 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz angesehen werden kann. Danach wird dem Vorbehaltsverkäufer, der hier als Dritter behandelt wird, eine der Pfändungsurkunde ähnliche Mitteilung geschickt. Daneben besagt Kuru, dass das Betreibungsamt verlangt, die Pfändung des Anwartschaftsrechts in das Register eintragen zu lassen.267 Von einigen wird dagegen das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers für unpfändbar erklärt.268 Meines Erachtens soll nicht nur auf die Pfändung des Anwartschaftsrechts ein großer Wert gelegt werden. Im Falle der Pfändung der Vorbehaltssache können die Pfandgläubiger trotz des Widerspruchs des Vorbehaltsverkäufers269 durch die Zahlung des restlichen Kaufpreises den Bedingungseintritt eintreten lassen. Angesichts des Vorbehaltsverkäufers ist es allerdings nur von Bedeutung, ob der ganze Kaufpreis gezahlt wurde. Auf die Person, die den Kaufpreis 262
Dazu s. Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (118 f.). Über die Schlechterstellung des Verkäufers bei der Verwertung s. BGE 37 I 170 zitiert bei Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (116). 264 Zu allgemeinen Erklärungen über geschützte Rechtsposition des Käufers s. oben S. 69 ff., insb. S. 72 ff. 265 Zur Unpfändbarkeit des künftigen Eigentums s. Taylan, Yasa Hukuk 1980, 797 (811), Fn. 42; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 212 m. w. N. 266 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 48; Kuru, İcra ve İflas Hukuku, Bd. I, S. 259, Fn. 6 (Das Anwartschaftsrecht kann nach Art. 112 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz verwertet werden.); Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (991); a. A. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 212 267 Kuru, El Kitabı, S. 594. 268 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 210 ff.; Nomer, Beklenen Haklar, S. 186. 269 Über den Bedingungseintritt durch die Zahlung des Kaufpreises von den Gläubigern s. oben S. 158. 263
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begleicht, sollte der Vorbehaltsverkäufer kein Interesse haben. Daraus folgert es sich, dass die Pfändung des Anwartschaftsrechts bei einer wirksamen Pfändung und Verwertung der Vorbehaltssache keine große Rolle in der türkischen Praxis spielt.270 Zum gleichen Ergebnis könnte man auch angesichts der schweizerischen Rechtspraxis kommen: Allein die Pfändung des Anwartschaftsrechts ist aus der Sicht des Ersteigerers nicht befriedigend. Beachtlich ist dabei, dass mit der Zahlung des Kaufpreises nicht der Ersteigerer, der allein das Anwartschaftsrecht gepfändet hat, sondern der im Besitz der Sache stehende Käufer das Eigentum erwirbt. Dem Ersteigerer steht nur das Recht zu, die Eigentumsübertragung an der Sache vom Käufer auf ihn zu verlangen. Schließlich äußert Staehelin, dass gegen die Pfändung des Anwartschaftsrechts allein das rechtspolitische Bedenken besteht, „dass der Ersteher der Sache, die gemäß § 814 ZPO öffentlich versteigert würde, glauben müsste, die Sache gehöre nunmehr ihm, während ihm doch nur das Anwartschaftsrecht zutände; der Ersteigerer würde ja keine schriftlichen Unterlagen erhalten, aus denen die Rechtslage ersichtlich wäre“.271 IV. Insolvenz des Vorbehaltsverkäufers Das gesamte Vermögen, das dem Insolvenzschuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und er während des Verfahrens erlangt, bildet eine Insolvenzmasse (§ 35 InsO, Art. 197 SchKG, Art. 197 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz). Die Besonderheit des Eigentumsvorbehalts liegt darin, dass die Kaufsache gemäß der Eigentumsvorbehaltsvereinbarung an den Käufer übergeben, aber vor dem Bedingungseintritt ihm nicht übereignet wird. Bis zum Eintritt der aufschiebenden Bedingung bleibt der Verkäufer der Eigentümer der Sache, und deshalb gehört die Sache zu der Insolvenzmasse, wenn der Verkäufer in Insolvenz fällt.272 Das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers ist jedoch insolvenzfest273. Auch wenn der Vorbehaltsverkäufer bis zum Bedingungseintritt der Eigentümer der Sache bleibt, sind seine Verfügungen an der Kaufsache mit dem Anwartschaftsrecht des Käufers beschränkt. Im Rahmen des Eigentumsvorbehalts ist 270 Vgl.
Brox, JuS 1984, 657 (666). Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (115 f.). 272 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 227; Berkin, S. 237; Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 297 f.; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 678; Nomer, Beklenen Haklar, S. 193; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 495. 273 Raiser, S. 95 m. w. N.; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 25; Weber, Sachenrecht, § 12 Rn. 89; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 118; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 20. 271
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der Verkäufer verpflichtet, das unbeschränkte Eigentum im Falle der restlosen Kaufpreiszahlung auf den Käufer zu übertragen. Der Eigentumsvorbehalt und das Anwartschaftsrecht des Käufers werden von der Insolvenz des Vorbehaltsverkäufers nicht benachteiligt. Die Kaufpreisforderung wird folglich nicht fällig, wenn der Vorbehaltsverkäufer insolvent wird. Die Insolvenzmasse ist sogar mit dem Kaufvertrag verbunden und erlangt nur die vertraglichen Rechte des insolventen Verkäufers.274 Daher kann die Insolvenzmasse dem Käufer die Nutzung der Sache nicht verbieten und die Sache vom Käufer nicht herausverlangen. Um die Sache vom Käufer zurückzuverlangen, braucht es den Verzug des Käufers mit der Zahlung der Kaufpreisraten bzw. des Kaufpreises.275 Solange der Vorbehaltskäufer die Kaufpreisraten vertragsgemäß zahlt, muss der Insolvenzverwalter den Eintritt der Bedingung durch die Zahlung des gesamten Kaufpreises und schließlich den Eigentumserwerb des Käufers hinnehmen.276 Befindet sich der Vorbehaltskäufer nicht in Verzug, hat die Insolvenzmasse nur die Möglichkeit, darauf zu warten, dass der restliche Kaufpreis von dem Käufer komplett bezahlt wird.277 Im Falle der Insolvenz des Vorbehaltsverkäufers vor dem Bedingungseintritt findet § 103 InsO im deutschen Recht keine Anwendung. Unter der Voraussetzung, dass der Vertrag gegenseitig ist und der Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt wird, gibt § 103 InsO dem Insolvenzverwalter ein Wahlrecht: Er könnte den Kaufvertrag erfüllen oder die Erfüllung ablehnen. Das Wahlrecht nach § 103 InsO wird ihm aber durch die Regelung des § 107 InsO ausdrücklich weggenommen. Wurde eine Sache bereits vor der Insolvenzeröffnung unter Eigentumsvorbehalt gekauft und an den Vorbehaltskäufer übergeben, hat der Vorbehaltskäufer trotz der Insolvenz des Vorbehaltsverkäufers die Möglichkeit, den Restkaufpreis zu zahlen und dadurch das Volleigentum an der Kaufsache zu erwerben (§ 107 Abs. 1 InsO; §§ 929 S. 1, 158 Abs. 1 BGB).278 274 Aydın Zevkliler, „İflasta Mülkiyeti Muhafaza“, Ankara Üniversitesi Hukuk Fakültesi Dergisi, Heft 3–4, Ankara 1998, 195 (221 f.); Kuru, El Kitabı, S. 1253 f.; Akipek/Akıntürk, S. 590. 275 Zevkliler, AÜHFD 1998, 195 (221 f.); Akipek/Akıntürk, S. 590. 276 Dementsprechend Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 53 f.; Kuru, El Kitabı, S. 1253; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 678; Sirmen, S. 149; Zevkliler, AÜHFD 1998, 195 (222); Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 495. Befindet sich die Vorbehaltssache in der Insolvenzmasse, kann der Käufer den ganzen Kaufpreis zahlen und die Sache aus der Masse aussondern. Dazu s. Esener/ Güven, Eşya Hukuku, S. 297 f.; Nomer, Beklenen Haklar, S. 193; Staehelin, Bedingte Verfügungen, S. 42 f.; Hadding/Schneider, Rn. 644. 277 Kuru, El Kitabı, S. 1253 f.; Nomer, Beklenen Haklar, S. 194; Staehelin, Bedingte Verfügungen, S. 42 f. Über die Möglichkeit der Insolvenzverwaltung, in den Kaufvertrag einzutreten und die Schuld des insolventen Verkäufers an die Übertragung des unbedingten Eigentums zu übernehmen s. Zevkliler, AÜHFD 1998, 195 (222). 278 Dazu s. Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 14 und § 929 Rn. 56; Grunewald, Erman, BGB, Bd. I, § 449 Rn. 25; Brinkmann, Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 13; Marotzke, HK, InsO,
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Anders als das deutsche Recht gewährt die herrschende Meinung in der schweizerischen und türkischen Lehre dem Insolvenzverwalter ausnahmsweise ein Wahlrecht279, wenn der Vorbehaltskäufer während der Insolvenzeröffnung mit der Kaufpreiszahlung in Verzug gerät. Danach kann der Insolvenzverwalter am Kaufvertrag festhalten und den Restkaufpreis vom Vorbehaltskäufer verlangen oder statt der Erfüllung des Vertrags vom Kaufvertrag zurücktreten und dann die Kaufsache vom Käufer herausverlangen und sie verwerten kann (s. Art. 716 ZGB, Art. 226, 227 OR a. F.; Art. 765 türk. ZGB, Art. 259 türk. OR). Hat der Insolvenzverwalter sich für die Nichterfüllung des Kaufvertrags entschieden, müssen aber jedenfalls die bereits geschehenen Zahlungen dem Vorbehaltskäufer zurückerstattet werden. Von diesen Zahlungen kann die Insolvenzverwaltung ein angemessenes Entgelt für die Nutzung und Abnutzung der Sache abbuchen.280 Der Anspruch des Vorbehaltskäufers auf die bereits gezahlten Kaufpreisraten wird als Masseschuld angemeldet.281 Dem Vorbehaltskäufer steht jedoch ein Schadenersatz wegen der Nichterfüllung des Kaufvertrags zu.282 Darüber hinaus steht dem Vorbehaltskäufer nach einer Ansicht ein Retentionsrecht nach Art. 895 ZGB, Art. 950 türk. ZGB auf die bereits geschehenen Zahlungen zu.283 Deshalb wird seine Forderung gemäß Art. 219 Abs. 1 SchKG, Art. 206 Abs. 1 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz aus der Masse vorweg bezahlt.284 V. Insolvenz des Vorbehaltskäufers Das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört, unterfällt der Insolvenzmasse (§ 35 Abs. 1 InsO, Art. 197 Abs. 1 SchKG, Art. 184 Abs. 1 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz). Beim Eigentumsvorbehalt fragt sich, ob auch die Vorbehaltssache in die Insolvenzmasse fällt. § 107 Rn. 8; Schmidt, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 449 Rn. 14; Habersack, Sachenrecht, § 12 V Rn. 260; Medicus/Petersen, § 20 Rn. 480; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 20; Weber, Sachenrecht, § 12 Rn. 89; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 118; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (346); zur KO s. Larenz, Schuldrecht, § 43 II, S. 114. 279 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 227; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 678; Kuru, El Kitabı, S. 1253 f.; Sirmen, S. 149; Nomer, Beklenen Haklar, S. 195 m. w. N.; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (146). 280 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 53 f.; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 227; Berkin, S. 237; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (146). 281 Zevkliler, AÜHFD 1998, 195 (222). 282 Zevkliler, AÜHFD 1998, 195 (222). 283 Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (146); Nomer, Beklenen Haklar, S. 195. 284 Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (146); Nomer, Beklenen Haklar, S. 195 m. w. N. Zur Zahlung der gezahlten Kaufpresiraten des Vorbehaltskäufers als Masseschuld s. Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 227; Gültekin, IÜHFM 1935, 445 (456 f.).
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Die Vorbehaltssache sollte grundsätzlich nicht zur Insolvenzmasse gehören,285 da der Verkäufer vor dem Bedingungseintritt und im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung das unbedingte Eigentum an der Kaufsache noch nicht auf den insolventen Käufer übertragen hat. Also ist der Käufer zur Zeit der Insolvenzeröffnung nicht der Eigentümer der Sache, es sei denn, der Käufer hat den Kaufpreis vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen vollständig gezahlt. Wird die Vorbehaltssache trotz des vorbehaltenen Eigentums des Verkäufers im Rahmen des Insolvenzverfahrens des Käufers in die Insolvenzmasse mit einbezogen, so hat der Vorbehaltsverkäufer ein sichtbares Interesse daran, die Vorbehaltssache aus der Insolvenzmasse auszusondern. Hier kollidiert jedoch das Aussonderungsrecht des Vorbehaltsverkäufers mit dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens tritt auch die Fälligkeit der Kaufpreisforderung des Vorbehaltsverkäufers ein (§ 41 Abs. 1 InsO, Art. 208 SchKG, Art. 195 Abs. 1 S. 1 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz). Ist der Vorbehaltskäufer mit der Kaufpreiszahlung noch nicht in Verzug geraten, kommt er mit der Insolvenzeröffnung auch nicht in Verzug. Deshalb existiert der Kaufvertrag weiter, und der Vorbehaltsverkäufer kann die Sache nicht ohne Weiteres aussondern, da er wegen des Fehlens des Verzugs des Käufers vom Kaufvertrag nicht zurücktreten kann. Beim Weiterbestehen des Vertrags steht aber dem Insolvenzverwalter ein Wahlrecht286 zu, ob er in den Kaufvertrag eintritt und durch die Zahlung des Restkaufpreises den Vorbehaltskäufer zum Eigentümer der Sache macht oder ob er die Vertragserfüllung ablehnt (vgl. § 103 Abs. 1 InsO, Art. 211 Abs. 2 SchKG und Art. 198 Abs. 1 S. 2 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz). Entscheidet sich der Insolvenzverwalter für die Erfüllung des Kaufvertrags, wird die restliche Kaufpreisforderung als Masseschuld bezahlt, und das Eigentum an der Sache geht endgültig in die Masse über.287 285 Gültekin, IÜHFM 1935, 445 (455); Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 221 m. w. N.; Saymen/ Elbir, Eşya Hukuku, S. 402; Eren, Mülkiyet Hukuku, S. 496 m. w. N.; Eren, Borçlar Hukuku, S. 293; dementsprechend Arslanlı, S. 373; Nomer, Beklenen Haklar, S. 195; Feyzioğlu, S. 171 f. 286 Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (559); Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (143); Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 53; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 222; Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 516; Kuru, El Kitabı, S. 1253; Sirmen, S. 148 f.; Zevkliler, AÜHFD 1998, 195 (211 ff.); Nomer, Beklenen Haklar, S. 195 m. w. N.; vgl. Beck, S. 203; Berkin, S. 236 f.; s. auch im deutschen Schrifttum Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 19; Berger, Jauernig, BGB, § 449 Rn. 14; Habersack, Sachenrecht, § 12 III Rn. 258; Medicus/Petersen, § 20 Rn. 481; Baur/ Baur/Stürner, § 59 Rn. 27; Weber, Sachenrecht, § 12 Rn. 64; Weber/Weber, § 9, S. 167; Beckmann, Staudinger, BGB, § 449, Neubearb., Buch 2 Rn. 110; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (346 f.); Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 36; zur KO s. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 13 II 2, S. 333 ff.; Honsell, JuS 1981, 705 (712); Brox, JuS 1984, 657 (668). 287 Weber, Sachenrecht, § 12 Rn. 64; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 112; s. auch Berkin, S. 237.
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
Hat der Insolvenzverwalter von seinem Wahlrecht innerhalb einer bestimmten Frist288 nicht Gebrauch gemacht oder die Erfüllung des bestehenden Kaufvertrags abgelehnt, dann kann der Vorbehaltsverkäufer die Vorbehaltssache aus der Insolvenzmasse aussondern (§ 47 InsO, Art. 242 SchKG, Art. 228 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz) oder sich für die Erfüllung des Kaufvertrags entscheiden.289 Der Besitz des Vorbehaltskäufers an der Kaufsache steht der Aussonderung des Vorbehaltsverkäufers nicht entgegen, da durch die Ablehnung der Erfüllung des Kaufvertrags vom Insolvenzverwalter der Bedingungseintritt endgültig unmöglich gemacht wird und damit die Besitz- und Anwartschaftsrechte des Vorbehaltskäufers zum Erlöschen gebracht werden.290 Entscheidet sich der Vorbehaltsverkäufer für die Aussonderung der Vorbehaltssache aus der Insolvenzmasse, muss er den bereits erhaltenen Kaufpreis an die Masse zurückerstatten.291 Hat der Vorbehaltsverkäufer kein Interesse am Herausverlangen der Kaufsache, hat er auch eine andere Möglichkeit, seine noch ausstehende Kaufpreisschuld als Masseschuld anzumelden (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO, Art. 208 Abs. 1 SchKG, Art. 195 Abs. 1 S. 1 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz), 288 Zu einer angemessenen Frist s. Beck, S. 203; Hadding/Schneider, Rn. 643; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (143). Auch im deutschen Recht muss der Verwalter unverzüglich erklären, ob er den Kaufvertrag erfüllen will. Die Überlegungsfrist wird durch § 107 Abs. 2 InsO verlängert. Danach muss der Verwalter sein Wahlrecht bis nach dem Berichtstermin (§ 156 InsO), also bis zu drei Monaten nach der Verfahrenseröffnung (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO) ausüben. Dazu s. Weber, Sachenrecht, § 12 Rn. 64; Weber/Weber, § 9, S. 167; Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 110; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 43 Rn. 19; Leible/Sosnitza, JuS 2001, Heft 4, 341 (346 f.); Leible, JurisPK, BGB, § 449 Rn. 36. Die Nichteinhaltung der Überlegungs- (bzw. Erklärungs-)frist hat nach Weber zur Folge, dass der Verwalter den Kaufvertrag nicht mehr erfüllen und die Aussonderung der Kaufsache vom Vorbehaltsverkäufer nicht mehr ausschalten kann. S. Weber, Sachenrecht, § 12 Rn. 64. 289 Beckmann, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 2, § 449 Rn. 112; Leible, jurisPK, BGB, § 449 Rn. 36; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (143); Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 102, 125; Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (559 f.); Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 60; BGE 73 III 170; Hadding/Schneider, Rn. 643; Zevkliler, AÜHFD 1968, 195 (212 f.); Gürsoy/Eren/Cansel, S. 678. Über vollstreckungs- und konkursrechtliche Funktionen des Eigentumsvorbehalts s. im Allgemeinen Feyzioğlu, S. 167, 168 m. w. N.; Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 47 ff.; Gürsel, ABD 1955, 300 (301); Pulaşlı, TNBHD 1987, 25 (30, 31); Arslanlı, S. 364; Gürsoy/Eren/Cansel, S. 678; Serozan, Sözleşmeden Dönme, S. 99 m. w. N.; Akipek/Akıntürk, S. 589; Serozan, IÜMHAD 1968, 176 (186); Aral, AÜHFD 1973, 201 (213). 290 Ebenso Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 27. 291 Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 27; Ganter, MüKomm-InsO, § 47 Rn. 72; Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (560); Kuru, El Kitabı, S. 1253. Zum Schadensersatz zugunsten des Vorbehaltsverkäufers wegen der Nichterfüllung des Kaufvertrags s. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 13 II, S. 342 ff.; Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 27; Ganter, MüKomm-InsO, § 47 Rn. 72 m. N. auf BGH, Urt. V. 7. 2. 2013 – IX ZR 218/11 Rn. 12, zVb in BGHZ; Medicus/Petersen, § 20 Rn. 481; Westermann, MüKomm, BGB, Bd. III, 6. Aufl., § 449 Rn. 78; Weber, Sachenrecht, § 12 Rn. 65; Weber/Weber, § 9, S. 167.
H. Die Rechtspositionen der Eigentumsvorbehaltsparteien
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was bedeutet, dass er auf sein vorbehaltenes Eigentum verzichtet.292 Will der Vorbehaltsverkäufer die Zahlung des ausstehenden Kaufpreises, hat seine Forderung keine Priorität gegenüber den anderen Insolvenzgläubigern,293 er wäre aber wegen seiner Geldforderung lediglich auf die Quote verwiesen.294 Es fragt sich weiterhin, wie die Rechtslage des Vorbehaltsverkäufers ist, wenn sich die übergebene Kaufsache nicht mehr beim Vorbehaltskäufer befindet, beispielsweise wenn der Vorbehaltskäufer vor der Insolvenzeröffnung die Vorbehaltssache ohne Berechtigung zum Weiterverkauf einem Dritten weiterverkauft hat. Art. 202 SchKG, Art. 189 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz gewähren im Falle des Weiterverkaufs der fremden Sache dem bisherigen Eigentümer einen Anspruch auf Abtretung der Kaufpreisforderung gegen den Käufer, wenn der Kaufpreis bei Insolvenzeröffnung noch nicht bezahlt war. Dementsprechend kann der Vorbehaltsverkäufer im Falle des Weiterverkaufs der Vorbehaltssache nach den oben genannten Vorschriften die Abtretung der Forderung aus dem Weiterverkauf verlangen.295 Hat der Vorbehaltskäufer die Sache weiterverkauft und der Dritte den Kaufpreis vor der Insolvenzeröffnung schon an den Vorbehaltskäufer gezahlt, dann hat der Vorbehaltsverkäufer nur als Insolvenzgläubiger einen Zahlungsanpruch gegen die Masse und damit nur einen Quotenanspruch.296 Letztlich könnte der Fall vorkommen, in dem der Vorbehaltskäufer die Sache vor der Insolvenzeröffnung weiterverkauft hat und der Kaufpreis an die Masse gezahlt wurde. In diesem Fall hat der Vorbehaltsverkäufer das Recht, den von der Insolvenzverwaltung eingenommenen Kaufpreis aus der Insolvenzmasse auszusondern (Art. 202 SchKG, Art. 189 türk. Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz).297 Der Vorbehaltsverkäufer ist zur Aussonderung des an die Insol292 Nomer, Beklenen Haklar, S. 197; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 102; vgl. Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (143); Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 53; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 223. 293 Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (560); Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 716 Rn. 102; dementsprechend Zevkliler, AÜHFD 1968, 195 (214); Nomer, Beklenen Haklar, S. 197. 294 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 223 m. w. N. 295 Gültekin, IÜHFM 1935, 445 (456); Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 53; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 226; Zevkliler, AÜHFD 1968, 195 (217 f.) m. w. N.; Nomer, Beklenen Haklar, S. 197; Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (559 ff.); Beck, S. 204; Leemann, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 715 Rn. 60; Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (145). 296 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 226; Gültekin, IÜHFM 1935, 445 (456); Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 53; Zevkliler, AÜHFD 1968, 195 (218) m. w. N.; Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (559 ff.). Zum gleichen Ergebnis könnte man in dem Fall kommen, dass die Vorbehaltssache vor der Insolvenzeröffnung verarbeitet wurde und deshalb die Aussonderung der Sache nunmehr unmöglich ist. 297 Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 226; Gültekin, IÜHFM 1935, 445 (456); Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 53; Zevkliler, AÜHFD 1968, 195 (218) m. w. N.; Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (561); Baur/Baur/Stürner, § 59 Rn. 27. Über die Berechtigung der Bank
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2. Kapitel: Rechtsprobleme und besondere Formen des Eigentumsvorbehalts
venzmasse gezahlten Kaufpreises auch dann berechtigt, wenn die Insolvenzverwaltung ohne Kenntnis von dem Eigentumsvorbehalt die Vorbehaltssache in die Insolvenzmasse miteinbezieht und im Rahmen des Insolvenzverfahrens verwertet.298
nicht zur Aussonderung, sondern nur zur Absonderung, wenn der Vorbehaltsverkäufer das vorbehaltene Eigentum an eine den Restkaufpreis kreditierende Bank übertragen hat, s. die Entscheidung des deutschen BGH von 27. 03. 2008 – BGHZ 176, 86 – NJW 2008, 1803; dazu Brinkmann, Uhlenbruck, InsO, § 51 Rn. 24. In dieser Entscheidung war der BGH der Meinung, dass nur der ursprüngliche Lieferant zur Aussonderung berechtigt und der Eigentumsvorbehalt der den Restkaufpreis kreditierenden Bank nur ein Absonderungsrecht (gem. § 51 InsO) vermittelt. Der Grund dafür war, dass der Geldkreditgeber sich für die Absicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs interessiert und das Vorbehaltseigentum nur zur Sicherheit übertragen wurde. 298 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 53; Haberthür, AÜHFD 1965–1966, 535 (559 ff.); Staehelin, Basler Studien 1937, 3 (146); Nomer, Beklenen Haklar, S. 197.
3. Kapitel
Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten, die einer ähnlichen Sicherungsfunktion wie der Eigentumsvorbehalt im Rechtsverkehr dienen In der heutigen Praxis sind die Kredit- bzw. Abzahlungsgeschäfte insbesondere für die Personen von großer Bedeutung, die die Güter aus finanziellen Schwierigkeiten gegen Bargeld nicht kaufen können. Durch die Kredit- bzw. Abzahlungsgeschäfte erlangen diese Personen die Möglichkeit, die Waren zu kaufen und sie sofort zu nutzen, indem sie den Kaufpreis auf einmal oder in Raten im späteren Zeitpunkt bezahlen können. Diese besonderen Rechtsgeschäfte sind aus Sicht des Käufers, welcher finanziell nicht im guten Zustand ist, vorteilhaft, sie können aber hinsichtlich des Verkäufers nachteilig sein. Vor allem besteht aus der Kreditierung des Kaufpreises eine große Gefahr des (teilweisen oder gänzlichen) Ausbleibens der Kaufpreiszahlung. Um diese Gefahr auszuschalten, wird meistens eine Bürgschaft vereinbart oder eine Hypothek bzw. ein Fahrnispfand bestellt. Diese Sicherungsmittel bieten aber keine perfekte Sicherung an, sie haben vielmehr einige Schwächen. Meistens hat der Käufer kein Grundstück, an dem er eine Hypothek zugunsten des Gläubigers bestellen kann. Ebenso ist es nicht einfach, eine Person zu finden, welche für eine Schuld des Käufers persönlich eine Garantie geben will. Weiterhin ist das Fahrnispfand hinsichtlich des deutschen, schweizerischen und türkischen Rechts nicht das tauglichste Sicherungsmittel, da für die Bestellung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache die Übergabe der Sache an den Pfandgläubiger erforderlich ist. Nach dem sogenannten Faustpfandprinzip hat der Schuldner von Anfang an keine Möglichkeit, die Pfandsache weiter zu nutzen und den Kaufpreis mit dem durch diese Nutzung entstandenen Erlös zu zahlen. Weil die eben erwähnten Sicherungsmittel von ihrer Bestellung oder von ihrem Inhalt her verschiedene Nachteile enthalten, wurden von der Praxis neue Sicherungsmitteln wie Sicherungsübereignung und Eigentumsvorbehalt entwickelt. Der Eigentumsvorbehalt, der den Kern dieser Untersuchung bildet, wurde in den ersten zwei Kapiteln aus verschiedener Hinsicht behandelt. Wie oftmals erörtert, sichert der Eigentumsvorbehalt die Kaufpreisforderung des Verkäufers dinglich, sodass der Verkäufer (sog. Vorbehaltsverkäufer) das Eigentum an der Kaufsache bis zur Tilgung des ganzen Kaufpreises vorbehalten darf. Unter Berücksichtigung der Funktion des Eigentumsvorbehalts zur Sicherung des
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
Kaufpreises ähnelt der Eigentumsvorbehalt dem Fahrnispfandrecht und der Sicherungsübereignung. Der Vergleich zwischen dem Eigentumsvorbehalt und den ähnlichen Sicherungsfunktionen dienenden Sicherungsmitteln wird unten auf den Vergleich mit dem Fahrnispfandrecht und mit der Sicherungsübereignung beschränkt. Durch diesen Vergleich ist gewollt, die Nachteile und Vorteile dieser Institutionen vorzulegen und insbesondere die Rechte der Parteien im Falle der Zwangsvollstreckung und der Insolvenz zu betrachten.
A. Fahrnispfandrecht I. Faustpfandprinzip bei der Bestellung des Pfandrechts Bei dem Pfandrecht an einer beweglichen Sache (sog. Fahrnispfandrecht) geht es darum, dass der Schuldner (Verpfänder) an einer zu ihm gehörenden beweglichen Sache ein beschränktes dingliches Recht für seinen Gläubiger (Pfandgläubiger) begründet und folglich dem Gläubiger eine dingliche Garantie1 für seine Schuld, ein dingliches Verwertungsrecht2, gewährleistet. Sowohl im deutschen als auch im schweizerischen und türkischen Recht bedarf es zur Bestellung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache eines Pfandvertrags3, der Einigung über die Pfandrechtsbestellung und der Übertragung des Besitzes an der Pfandsache auf den Pfandgläubiger (§ 1205 Abs. 1 BGB, Art. 884 ZGB, Art. 939 Abs. 1 türk. ZGB). Die Besitzübertragung auf den Gläubiger erfolgt durch die Übergabe der Pfandsache selbst4 oder durch die Übergabe der Mittel (z. B. Schlüssel),5 welche die sachliche Herrschaft an der Pfandsache vermitteln können. Auch ist es möglich, den Besitz mittels der Besitzanweisung6, der Übergabe durch kurze 1
Bauer, BaslerKomm, ZGB II, vor Art. 884–894 Rn. 4. werden die vor dem Eintritt der Verwertungsberechtigung getroffenen Vereinbarungen unwirksam, nach denen der Pfandgläubiger der Eigentümer der Pfandsache wird, wenn die durch das Pfandrecht garantierte Forderung nicht ausgeglichen wird. Oğuzman/ Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 3684; Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 420, Fn. 1 und S. 422; s. ausf. İlhan Helvacı, Türk Medeni Kanununa Göre Lex Commissoria (Mürtehinin Merhunun Temellük) Yasağı, Istanbul 1997, S. 80 ff. In dieser Richtung Yargıtay 8. HD., E. 2006/7967, K. 2007/692, T. 13. 02. 2007 hingewiesen bei İlhan Helvacı, Gerekçeli, Karşılaştırmalı, İçtihatlı, Notlu Türk Medeni Kanunu, Bd. IV (TMK. M. 683–1030), Istanbul 2013, Art. 949, S. 625 f. 3 Zum Inhalt des Pfandvertrags s. Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 87 ff., insbs. 93 ff.; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Art. 884 Rn. 357 ff.; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 13 ff.; Ergüne, S. 100 ff.; Weber/Weber, § 6, S. 114. 4 Ausdrücklich in §§ 1205, 854 Abs. 1 BGB; dazu Weber/Weber, § 6, S. 115. 5 Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 478; Ergüne, S. 137 ff.; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 3671; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 226, inbs. 234 ff.; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 61; Baur/Baur/Stürner, § 55 Rn. 17. 6 Aybay/Hatemi, § 41 Rn. 8; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 3672; Ergüne, S. 145 ff. 2 Dazu
A. Fahrnispfandrecht
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Hand7 oder der Einräumung des Mitbesitzes8 zu übertragen. Demgegenüber ist eine Besitzübertragung mittels Besitzkonstitut aufgrund der strikten Festhaltung am Faustpfandprinzip ausgeschlossen.9 Also kann ein Fahrnispfandrecht grundsätzlich nicht in der Weise bestellt werden, dass dem Pfandgläubiger nur mit einem mittelbaren Besitz eingeräumt wird, während die Pfandsache aufgrund eines besonderen Rechtsverhältnisses im unmittelbaren Besitz des Verpfänders weiter liegt.10 Nach dem Faustpfandprinzip ist die Besitzübertragung auf den Pfandgläubiger zur Verpfändung einer beweglichen Sache unentbehrlich (sog. Besitzpfand).11 In Art. 884 Abs. 3 ZGB, Art. 939 Abs. 3 türk. ZGB wird die Besitzübertragung nach dem Faustpfandprinzip näher bestimmt, wonach vorausgesetzt ist, dass der Verpfänder die ausschließliche Gewalt über die Pfandsache aufgeben muss.12 m. w. N. Gemäß Art. 924 Abs. 2 ZGB, Art. 979 türk. ZGB ist dieser Besitzesübergang gegenüber dem Dritten erst dann wirksam, wenn ihm der Veräußerer davon eine Anzeige gemacht hat. Die Anzeige an den Dritten wirkt konstitutiv. Dazu s. Rona Serozan, Taşınır Eşya Hukuku, 2. Auflage, Istanbul 2007, S. 339; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Art. 884 Rn. 698 m. w. M.; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 254 ff.; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 71 ff.; Schmid/Hürlimann-Kaup, § 34 Rn. 1890 und Rn. 171; w. N. bei Umbach-Spahn, Tagung in Zürich, 1 (11), Fn. 32; Walther Hadding/Uwe H. Schneider, Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen, Abteilung B: Rechtswissenschaft, Bd. 38, Recht der Kreditsicherheiten in europäischen Ländern, Teil V: Schweiz, Berlin 1983 Rn. 319; Baur/Baur/Stürner, § 55 Rn. 17; Weber/Weber, § 6, S. 115 f. 7 Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 478; Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 351; Aybay/Hatemi, § 41 Rn. 8; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 3673 m. w. N.; Ergüne, S. 142 f.; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 251 ff.; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 73; Hadding/Schneider, Rn. 319; Baur/Baur/Stürner, § 55 Rn. 17; Weber/Weber, § 6, S. 115. 8 Ausführlich in Baur/Baur/Stürner, § 55 Rn. 17. 9 Gürsoy/Eren/Cansel, S. 1104 f.; Aybay/Hatemi, § 41 Rn. 9; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 3669 m. w. N.; Ergüne, S. 132; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 179, 225; Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, § 117 Rn. 16 (Zulässigkeit der Pfandrechtsbestellung mittels Besitzanweisung unter Voraussetzung der Benachrichtigung des Dritten gemäß Art. 924 ZGB); Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 74; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 284 und Art. 884 Rn. 716 m. w. N., auch über andere Arten der Besitzübertragung zur Pfandrechtsbestellung an den beweglichen Sachen Art. 884 Rn. 673 ff.; Baur/Baur/Stürner, § 55 Rn. 16; Westermann, § 6 III 1 Rn. 175; Weber/ Weber, § 6, S. 116. 10 Nur unter bestimmten Voraussetzungen wird die Bestellung einer Mobiliarhypothek im schweizerischen und türkischen Recht zugelassen. Dazu s. unten S. 200 ff. 11 Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Art. 884 Rn. 481 ff.; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 179, 197 ff.; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 57; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 284 ff.; Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, § 118 Rn. 17. 12 Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 284; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 59 f.; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 201 ff., inbs. Rn. 206: „Es genügt, wenn die Sachen offensichtlich in den vom Bereich des Verpfänders geschiedenen Bereich des Gläubigers gelangen.”; Hadding/Schneider, Rn. 318 m. V. a. BGE 89 II 192 (200): „… nicht aber durch Besitzeskonstitut, das dem Verpfänder die Möglichkeit, über die Sache körperlich zu verfügen, belassen würde”; im türkischen Schrifttum s. Ergüne, S. 132 f.
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
Darüber hinaus wird eine Pfandrechtsbestellung unwirksam gem. Art. 717 Abs. 1 ZGB, Art. 766 Abs. 1 türk. ZGB, wenn der Verpfänder die Pfandsache weiter nutzen kann, also eine Mobiliarhypothek13 zu begründen versucht.14 Die Konsequenz des Faustpfandprinzips15 ist das Erlöschen des Pfandrechts, sobald der Pfandgläubiger seinen Besitz an der Pfandsache verliert (s. § 1253 BGB).16 Der Untergang des Pfandrechts durch den Besitzverlust regeln auch Art. 888 Abs. 1 ZGB, Art. 943 Abs. 1 türk. ZGB, wobei das Pfandrecht untergeht, wenn der Pfandgläubiger den Besitz an der Pfandsache endgültig verliert und die Sache vom Drittbesitzer nicht zurückverlangen kann. Das Pfandrecht des Pfandgläubigers bleibt im Schwebezustand, solange sich die Pfandsache mit Willen des Gläubigers in der ausschließlichen Gewalt des Verpfänders befindet (Art. 888 Abs. 2 ZGB, Art. 943 Abs. 2 türk. ZGB). Die erforderliche Besitzübertragung dient vor allem der Publizität des Pfandrechts17 und bezweckt die Übereinstimmung zwischen dem Besitz und dem Pfandrecht. Die Besitzübertragung wirkt folgendermaßen: Die Gläubiger können daran glauben, dass die im Besitz des Schuldners liegende bewegliche Sache zu dem Schuldner gehört (gem. § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 930 ZGB, Art. 985 türk. ZGB) und mit einem Pfandrecht nicht belastet ist.18 Solange der Verpfänder im unmittelbaren Besitz der Pfandsache bleibt, wird es schwierig, von der Belastung der Sache mit einem Pfandrecht Kenntnis zu haben. Daher könnten die Dritten, die den Verpfänder kreditieren wollen, in Bezug auf das tatsächliche Vermögen und zugleich auf die Kreditwürdigkeit des Verpfänders getäuscht werden.19 Der Drittschutz kommt in Art. 717 ZGB 13 Über „das Verbot der Mobiliarhypothek“ in Art. 884 Abs. 3 ZGB s. Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 34 und Art. 884 Rn. 274; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Art 884 Rn. 481; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 74. 14 Zur absoluten Unwirksamkeit des Fahrnispfandrechts mit Besitzkonstitut s. Serozan, Taşınır Eşya, S. 340; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 189; a. A. zur relativen Unwirksamkeit und Wirksamkeit unter den Parteien s. Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Art. 884 Rn. 724 m. w. N. (ähnliche Interessenlage wie bei der Sicherungsübereignung). 15 Ausnahmsweise lässt der Gesetzgeber eine Abweichung vom Faustpfandprinzip zu (ausdrücklich in Art. 884 Abs. 1 ZGB; Art. 939 Abs. 2 türk. ZGB), z. B. Schiffshypothek und Viehverpfändung. 16 Dazu Baur/Baur/Stürner, § 55 Rn. 44. 17 Esener/Güven, Eşya Hukuku, S. 478 f.; Aybay/Hatemi, § 41 Rn. 10; Ergüne, S. 99 f., 127; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 284, auch Art. 884 Rn. 486 ff.; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 198; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, vor Art. 884–894 Rn. 20; Hadding/Schneider, Rn. 313; Baur/Baur/Stürner, § 4 Rn. 9 ff., § 55 Rn. 6; Weber/Weber, § 6, S. 116. 18 Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 7; Ergüne, S. 100, 127. Über negative Publizitätswirkung s. Serozan S. 1006 f., 1009; Serozan, Taşınır Eşya, S. 339; Hatemi/Serozan/ Arpacı, S. 351; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Art. 884 Rn. 486 m. w. N. 19 Zum sogenannten Drittgläubigerschutz durch Faustpfandprinzip s. Zobl, BernerKomm,
A. Fahrnispfandrecht
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und Art. 766 türk. ZGB mit der Folge zum Ausdruck, dass die Eigentumsübertragung ohne Besitzübertragung Dritten gegenüber unwirksam wird, wenn damit die Benachteiligung Dritter oder eine Umgehung des Fahrnispfandrechts beabsichtigt worden ist. II. Vergleich mit dem Eigentumsvorbehalt Bei den Kredit- und Abzahlungsgeschäften liegt eine große Gefahr im Ausbleiben der Kaufpreiszahlung. Um die Begleichung der Kaufpreisforderung sicherstellen zu können, können die Parteien einen Eigentumsvorbehalt vereinbaren oder den Gläubiger z. B. mit einem Pfandrecht ausstatten. Die Besonderheit des Eigentumsvorbehalts liegt darin, dass der Schuldner (der Vorbehaltskäufer) dem Gläubiger (dem Vorbehaltsverkäufer) an einer gekauften, aber immer noch zu dem Gläubiger gehörenden Sache „eine dingliche Sicherung“20 anbieten kann. Bezahlt der Käufer den Kaufpreis nicht, kann der Vorbehaltsverkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten und die Vorbehaltssache zurücknehmen.21 In der Lehre wird behauptet, dass der Schuldner durch den Eigentumsvorbehalt die Möglichkeit erhält, quasi eine Mobiliarhypothek an der Kaufsache zu begründen,22 indem er im Besitz der Vorbehaltssache bleibt und gleichzeitig eine Sicherung für die Kaufpreisforderung anbietet. In dieser Richtung wird auch vertreten, dass durch den neu entwickelten Eigentumsvorbehalt die verbotene Mobiliarhypothek zu ersetzen beabsichtigt ist.23 Der Eigentumsvorbehalt unterscheidet sich vom Fahrnispfand auch dadurch, dass der Sicherungsgeber im Rahmen eines Eigentumsvorbehalts das Sicherungsobjekt nutzen und dadurch Geld verdienen darf. Insbesondere im kaufmännischen Geschäftsverkehr kommt der Nutzung des Sicherungsobjekts eine besondere Bedeutung zu, denn dadurch erlangt der Schuldner die MögBd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Art. 884 Rn. 486 m. w. N.; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 198; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 8 ff. Die Annahme des Besitzes als Publizitätsträger wird von Wiegand kritisiert. Zutreffend weist er darauf hin, dass die Vermutung „der Identität von dem Besitz und Eigentum“ (gem. § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 930 ZGB, Art. 985 türk. ZGB) der Rechtswirklichkeit in der heutigen Geschäftspraxis nicht ganz entspricht. Über die Eigentumslage informiert der Besitz uns in jedem Fall nicht ganz richtig. Beispielsweise ist der Vorbehaltskäufer nicht der Eigentümer, obwohl er die Sache in seiner Hand hat. S. Wiegand, BBT 1998, 75 (128 ff.). 20 Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 174; vgl. auch Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (407, 421, 423). 21 Dazu s. oben S. 94 ff. Nach Serozan sichert der Eigentumsvorbehalt sowohl die Kaufpreisforderung, als auch das Recht des Verkäufers, die Vorbehaltssache durch Geltendmachung seines Eigentums zurückzunehmen. Daher bietet der Eigentumsvorbehalt eine doppelte Sicherung an. S. Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (989); Serozan, IÜMHAD 1968, 176 f. 22 Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (989). 23 Gültekin, Mülkiyeti Muhafaza, S. 7; Elbir, Mülkiyeti Muhafaza, S. 10; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 174.
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
lichkeit, den Kaufpreis mit dem aus der Nutzung der Kaufsache entstandenen Erlös zu bezahlen. Aus dem Punkt, dass die Nutzung der Pfandsache und die Mobilisierung deren Sachwerts für den Verpfänder ausgeschlossen ist, wird das Faustpfandrecht meistens kritisiert.24 Außerdem gewährt das Pfandrecht dem Pfandgläubiger lediglich ein dingliches Verwertungsrecht25, wonach der Pfandgläubiger im Falle der Nichterbringung der geschuldeten Leistung die Pfandsache verwerten und sich aus dem Erlös befriedigen kann (s. §§ 1228, 1233 Abs. 1, 1234 ff. BGB, Art. 891 Abs. 1 ZGB, Art. 946 Abs. 1 türk. ZGB).26 Die Verwertung der Pfandsache ist aber nicht der günstigste Weg, er kostet vielmehr Geld und Zeit. III. Die Rechtsposition des Pfandgläubigers in der Zwangsvollstreckung und der Insolvenz a) In Deutschland Die Rechtspositionen des Schuldners und des Gläubigers im Rahmen eines Eigentumsvorbehalts und eines Fahrnispfandrechts unterscheiden sich voneinander auch in den Fällen der Vollstreckung gegen das Vermögen und in der Insolvenz des Schuldners. Im Rahmen des Fahrnispfandrechts erlangt der Pfandgläubiger ein dingliches Verwertungsrecht an einer beweglichen Sache, sodass der Pfandgläubiger sich im Falle der Nichttilgung der gesicherten Forderung durch die Verwertung der Pfandsache befriedigen kann. Die Rechte des Pfandgläubigers bei der Zwangsvollstreckung in die Pfandsache durch die anderen Gläubiger des Pfandschuldners behandelt die deutsche Lehre in Abhängigkeit davon, ob ein durch Besitzübertragung begründetes Pfandrecht oder ein besitzloses Pfandrecht27 an einer beweglichen Sache vorhanden ist. Nach der herrschenden Meinung berechtigt ein besitzloses Pfand24 Zur Kritik des Faustpfandprinzips s. Ergüne, S. 100, 129; weitergehend Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 11 f.; Wiegand, BBT 1998, 75 (121, 127 ff.); Gültekin, IÜHFM 1935, 445 (445); Serozan, Taşınır Eşya, S. 347; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (989); Ayanoğlu Moralı, GÜHFD 2004, 407 (422); Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 12. 25 Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., N. 22 f. 26 In dem schweizerischen und türkischen Recht ist die Verwertungsart grundsätzlich jede Versteigerung (vgl. Art. 151–158 SchKG, Art. 114 ff., 119 türk. Vollstreckungs- und Konkursgesetz). Nach dem deutschen Recht geschieht die Verwertung im Wege der öffentlichen Versteigerung gem. § 1235 BGB oder durch einen freihändigen Verkauf nach § 1221 BGB. Zur Verwertung der Pfandsache vom Verpfänder selbst s. BGE 119 II 344 (345); dazu zur Ansicht, nach der die Verwertung der Pfandsache vom Verpfänder dem Verbot der lex commissoria nicht entgegensteht, s. Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 358. 27 Die Bestellung eines rechtsgeschäftlichen Pfandrechts erfolgt nach § 1205 Abs. 1 BGB durch Einigung und Übergabe der Pfandsache an den Pfandgläubiger. Darin kommt zum Ausdruck, dass das deutsche Recht ein dinglich wirkendes besitzloses Pfandrecht nicht kennt.
A. Fahrnispfandrecht
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recht den Pfandgläubiger nur zur Vorzugsklage nach § 805 ZPO.28 Danach kann der Pfandgläubiger sich aus dem Reinerlös der Pfandverwertung vorweg befriedigen. Ist der Pfandgläubiger aber der Inhaber eines Besitzpfandrechts und wird die Pfandsache von einem Gläubiger des Pfandschuldners gepfändet, steht ihm neben der Möglichkeit der vorzugsweisen Befriedigung auch ein Widerspruchsrecht gem. § 771 ZPO zu,29 dessen Geltendmachung in der Weise bewirkt wird, dass die Zwangsvollstreckung in die Pfandsache für unzulässig erklärt wird.30 Das Widerspruchsrecht des Pfandgläubigers erkennt die herrschende Meinung deswegen an, weil die Zwangsvollstreckung in die Pfandsache durch den Dritten das Recht des Pfandgläubigers aus § 1232 S. 1 BGB zur Selbsbestimmung der Zeit der günstigen Verwertung beeinträchtigt.31 Außerdem begründet das Pfandrecht an einer beweglichen Sache im deutschen Recht grundsätzlich nur ein Absonderungsrecht für den Pfandgläubiger gemäß § 50 InsO, wenn über das Vermögen des Verpfänders ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.32 Nur ausnahmsweise ist der Pfandgläubiger zur Aussonderung nach § 47 InsO berechtigt: z. B. wenn der Insolvenzverwalter das Pfandrecht für die Insolvenzmasse in Anspruch nimmt oder wenn der Insolvenzverwalter das Bestehen des Pfandrechts überhaupt anerkennt.33 Es muss aber beachtet werden, dass nur das Pfandrecht, aber nicht die Pfandsache selbst ausgesondert wird.34 Jedenfalls gehört die Pfandsache zur Insolvenzmasse. Anders gesagt kann der Pfandgläubiger nur geltend machen, dass sein Pfandrecht nicht zu der Insolvenzmasse gehört.35
28 Raebel, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, § 771 Rn. 28 m. w. N.; Bettina Heiderhoff/Frank Skamel, Zwangsvollstreckungsrecht, 2. Auflage, Heidelberg 2013, Rn. 575 m. w. N. 29 Weber/Weber, § 6, S. 127 f.; Raebel, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, § 771 Rn. 27 f.; Schmidt/Brinkmann, MüKomm, ZPO, § 771 Rn. 34 m. w. N. und m. H. a. die Mindermeinung, nach der der Besitzpfandgläubiger nur das Recht aus § 805 ZPO hat. 30 Blomeyer, AcP 1965, 481 (481) m. w. N.; Hans Brox/Wolf-D. Walker, „Die Drittwiderspruchsklage“, Juristische Arbeitsblätter, Heft 3, Frankfurt am Main 1986, 113 (113 f.); Scheuch, Prütting/Gehrlein, ZPO, § 771 Rn. 15; Heiderhoff/Skamel, Rn. 529; Weber/Weber, § 6, S. 127 f. 31 Brox/Walker, JA 1986, 113 (117) m. w. N.; auch Schmidt/Brinkmann, MüKomm, ZPO, § 771 Rn. 34 m. w. N. 32 Gottwald/Adolphsen, InsHdb, § 40 Rn. 19; Brinkmann, Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 55; Bäuerle, Braun, InsO, § 47 Rn. 41. 33 Gottwald/Adolphsen, InsHdb, § 40 Rn. 19 m. w. N.; Thole, Schmidt, InsO, § 47 Rn. 47 m. w. N.; Brinkmann, Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 55; Bäuerle, Braun, InsO, § 47 Rn. 41 m. w. N.; vgl. Ganter, MüKomm-InsO, § 47 Rn. 328 m. w. N. 34 Ganter, MüKomm, InsO, § 47 Rn. 328 m. w. N.; Gottwald/Adolphsen, InsHdb, § 40 Rn. 19 m. w. N; Thole, Schmidt, InsO, § 47 Rn. 47 m. w. N. 35 Bäuerle, Braun, InsO, § 47 Rn. 43 m. w. N.
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b) In der Schweiz und der Türkei Im schweizerischen und türkischen Recht verhindert das Verwertungsrecht des Pfandgläubigers nicht die Zwangsvollstreckung in die Pfandsache durch einen anderen Gläubiger des Schuldners. Bevor die Pfandsache wegen Nichtzahlung des gesicherten Kaufpreises verwertet wird, kann in die bereits zugunsten eines Gläubigers verpfändete Sache vollstreckt werden.36 Gegen die Zwangsvollstreckung in die Pfandsache wird der Pfandgläubiger durch das Widerspruchsverfahren (nach Art. 106 ff. SchKG, Art. 96 ff. türk. Vollstreckungs- und Konkursgesetz) geschützt.37 Das Widerspruchsrecht verhindert aber nicht die Zwangsvollstreckung in die Pfandsache im Rahmen des Zwangsvollstreckungsprozesses, sondern dient nur der Berücksichtigung des Pfandrechts bei der Verwertung.38 Eine andere Frage ist, wie sich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Verpfänders auf die Rechtsstellung des Pfandgläubigers, also auf das vorher begründete Pfandrecht, auswirkt. Der schweizerische und türkische Gesetzgeber sehen kein Hindernis für die Einbeziehung der Pfandsache zur Insolvenzmasse. Also gehört die mit einem Pfandrecht belastete Sache automatisch zur Insolvenzmasse, zugleich unter Vorbehalt des den Pfandgläubigern gesicherten Vorzugsrechtes (vgl. Art. 198, 232 Ziff. 4 SchKG, Art. 185, 219 Ziff. 4 türk. Vollstreckungs- und Konkursgesetz).39 Die Pfandsache kann als ein Gegenstand der Insolvenzmasse vom Pfandgläubiger nicht ausgesondert werden (Art. 242 SchKG; Art. 229 Abs. 3, 185 türk. Vollstreckungs- und Konkursgesetz).40 Der Pfandgläubiger ist nur der Inhaber des Vorzugsrechts: Aus dem Erlös des Pfandes wird der Pfandgläubiger vorweg bezahlt (Art. 219 Abs. 1, 262 SchKG, Art. 206 Abs. 1, 248 türk. Vollstreckungs- und Konkursgesetz).41
36 Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 124; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 699 m. w. N. 37 In Bezug auf das türkische Recht im Allgemeinen s. Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 287 ff. 38 Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 124 m. w. N.; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 704 m. w. N.; dazu Kuru/Arslan/ Yılmaz, S. 288, 295. 39 Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 712; Hadding/Schneider, Rn. 480 ff.; Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 510 ff. 40 Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 134; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 712. 41 Dazu s. Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 122, 135 und Art. 891 Rn. 3; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 712; Umbach-Spahn, Tagung in Zürich, 1 (12 f.); Hadding/Schneider, Rn. 483; Weber/Weber, § 6, S. 128; Kuru/Arslan/Yılmaz, S. 510 ff.
B. Sicherungsübereignung
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B. Sicherungsübereignung I. Im Allgemeinen Ähnlich wie der Eigentumsvorbehalt ist die Sicherungsübereignung ein Sicherungsinstrument, welches von der Rechtspraxis entwickelt wurde und deren Wirksamkeit nicht mehr umstritten ist.42 Es muss beachtet werden, dass der Eigentumsvorbehalt im Gesetz geregelt ist, demgegenüber sind die Begründung und das Erlöschen der Sicherungsübereignung vom deutschen, schweizerischen und türkischen Gesetz noch nicht erfasst ist. Bei der Sicherungsübereignung, die meistens in Bezug auf Darlehensverhältnisse angewendet wird, geht es um die Sicherung von Forderungen mittels Eigentumsübertragung auf den Gläubiger.43 Danach vereinbaren der Schuldner (als Sicherungsgeber) und der Gläubiger (als Sicherungsnehmer) über die Übertragung des Eigentums an einer zum Schuldner gehörenden beweglichen Sache auf den Gläubiger44 und sehen eine obligatorische Verpflichtung für den Gläubiger vor, das Sicherungsgut gemäß der Vereinbarung zu nutzen und das Eigentum am Sicherungsgut bei der Tilgung der Forderung auf den Schuldner zurückzuübertragen. Ein besonderes Merkmal der Sicherungsübereignung ist, dass sich das Verhältnis zwischen den Parteien in der Form eines Treuhandgeschäfts zeigt45: Der Schuldner (sog. Treugeber) vertraut darauf, dass der Gläubiger (sog. Treuhänder) das ihm übereignete Sicherungsgut gemäß der Vereinbarung benutzt und 42 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 623 m. w. N. a. der Rechtsprechung; vgl. Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1302 ff.; w. N. über deren Anerkennung bei Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (670), inbs. Fn. 47; w. N. aus der Rechtsprechung Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (667); Atiye B. Uygur, „Teminat Amaçlı İnançlı İşlemler“, Gazi Üniversitesi Hukuk Fakültesi Dergisi, Bd. X, Heft 1, 2, Ankara 2006, 171 (187). 43 Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 235; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1300; Ergun Özsunay, Türk Hukukunda ve Mukayeseli Hukukta İnançlı Muameleler, Istanbul 1968, S. 37; Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (657 f.) m. w. N. 44 Die Besonderheit der Sicherungsübereignung liegt darin, dass der Sicherungsnehmer nicht nur ein beschränkt dingliches Recht, sondern das Eigentum an einer Sache erwirbt. Im Vergleich zum Pfandgläubiger ist dem Sicherungsnehmer eine stärkere Rechtsposition eingeräumt. Auch unterscheiden sich die Sicherungübereignung und der Eigentumsvorbehalt voneinander in dem Punkt, dass die Sicherungsübereignung kein Zurückbleiben des Eigentums bei dem Gläubiger, sondern eine Eigentumsübertragung auf den Gläubiger vorsieht. Eine Forderung wird bei der Sicherungsübereignung dadurch gesichert, dass der Sicherungsgeber das Eigentum an eigener Sache nur für Sicherungszwecke und im Prinzip nur vorübergehend auf den Gläubiger (Sicherungsnehmer) überträgt. 45 Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1357, 1374; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, §§ 18 I 2, 19 I 2; Oechsler, MüKomm, BGB, Bd. 6, Anh. §§ 929–936 Rn. 1; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 44 Rn. 3, 22, 37 m. w. N.; Weber/Weber, § 8, S. 139.
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
das Eigentum an dem Sicherungsgut zurückübereignet, wenn die gesicherte Forderung durch Zahlung oder in anderer Weise erlischt. Für die Entstehung der Sicherungsübereignung bedarf es einer Sicherungsabrede (als fiduziarische Vereinbarung46) und der Eigentumsübertragung gem. §§ 929 ff. BGB, Art. 922–925 ZGB, Art. 977–980 türk. ZGB. In der Sicherungsabrede wird der Inhalt des Innenverhältnisses, also Rechte und Pflichten der Parteien, bestimmt. Im Rahmen der Sicherungsabrede ist der Sicherungsgeber zur Eigentumsübertragung verpflichtet.47 Darüber hinaus verpflichtet sich der Sicherungsgeber im deutschen Recht, wo das Eigentum zum Sicherungszweck grundsätzlich durch Besitzkonstitut (§ 930 BGB) übereignet wird, dazu, das Sicherungsgut gut zu behandeln und bei der Verwertung dem Sicherungsnehmer herauszugeben.48 Die Verpflichtungen des Sicherungsgebers zur Bewahrung des Sicherungsguts und Rückgabe bei dessen Verwertung fehlen dagegen im schweizerischen und türkischen Recht. In diesen Rechtssystemen kann das Sicherungseigentum nur durch die Übergabe des Sicherungsguts an den Sicherungsnehmer begründet werden. In dieser Konstruktion wird das Sicherungsgut von dem Sicherungsnehmer benutzt, und bei der Tilgung der gesicherten Forderung muss das Sicherungsgut zurückgegeben werden.49 Beachtlich ist bei der Sicherungsübereignung, dass die Verfügungsbefugnis des Sicherungsnehmers über das Sicherungsgut im Innenverhältnis und zugunsten des Sicherungsgebers nur obligatorisch beschränkt ist. Also wirkt die Beschränkung der Verfügungsbefugnis nur zwischen den Parteien.50 Im Außenverhältnis mit Dritten tritt der Sicherungsnehmer jedoch als Volleigentümer auf.51 46 Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 241; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1354 ff. m. V. a. BGE 86 II 226 Rn. 1374 ff. 47 Hier geht es um die Übertragung eines Volleigentums und der Sicherungsnehmer wird Alleineigentümer. Dazu s. Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1359 ff. m. w. N. und Rn. 1425; Weber/Weber, § 8, S. 140. 48 Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 4, 43; Weber/Weber, § 8, S. 134 f. m. w. N., auch S. 140. 49 Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1354 ff.; Wiegand, BBT 1998, 75 (102, 105). Nach Serozan kann das Sicherungseigentum durch Besitzkonstitut nach dem türkischen Recht vereinbart werden, jedoch in diesem Fall wirkt die Sicherungsübereignung nicht gegenüber Dritten. Also erwirbt der Sicherungsnehmer das Eigentum von dem Sicherungsgeber, kann aber sein Eigentumsrecht gegenüber Dritten nicht geltend machen. Zur relativen Wirkung der Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut nach Art. 766 türk. ZGB s. Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 323. Für den Begriff der Sicherungsübereignung s. a. Yargıtay 14. HD., E. 2007/726, K. 2007/2065, T. 01. 03. 2007. 50 Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., 241; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1374; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, vor Art. 884–894 Rn. 33. 51 Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1359 m. w. N. (äußerliche Stellung des Sicherungsnehmer als ein gewöhnlicher Eigentümer gem.
B. Sicherungsübereignung
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Wie ein Pfandgläubiger kann auch der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut verwerten, wenn der Sicherungsgeber mit der Tilgung der gesicherten Forderung in Verzug gerät. Die Art der Verwertung wird in der Sicherungsabrede52 oder durch AGB53 geregelt. Die Verwertung des Sicherungsguts erfolgt entweder durch öffentliche Versteigerung54 oder Privatverkauf55. Der Sicherungsnehmer ist jedenfalls verpflichtet, das Sicherungsgut bestmöglich zu verwerten. Hierbei ist die Frage zu behandeln, ob das Verwertungsrecht des Sicherungsnehmers mit dem Verbot der Verfallsabrede (sog. lex commissoria) in § 1229 BGB, Art. 894 ZGB, Art. 949 türk. ZGB kollidiert. Überwiegend wird vertreten, dass jede vor dem Erwerb der Verkaufsberechtigung getroffene Vereinbarung ungültig wird, nach der das Sicherungsgut bei der Nichttilgung der gesicherten Forderung an den Sicherungsnehmer zurückfällt.56 Jedenfalls steht nichts gegen eine Verrechung von dem Sachwert und dem Betrag der Forderung.57 Nach einer in der Lehre vertretenen Ansicht liegt insofern grundsätzlich keine Kollision zwischen der Sicherungsübereignung und dem Verbot der Verfallsabrede vor, als dass der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber den Übererlös zurückerstattet.58 Das ist der Fall, wenn der Erlös der Verwertung höher als die durch die Sicherungsübereignung gesicherte Forderung. Ferner wird in der Lehre zutreffend zum Ausdruck gebracht, dass in der Sicherungsübereignung kein Missbrauch der Zahlungsunfähigkeit des Sicherungsgebers liegt. Das Eigentum am Sicherungsgut geht an den Sicherungsnehmer schon Art. 641 ff. ZGB) auch Rn. 1374, 1427; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, vor Art. 884–894 Rn. 32; Özsunay, S. 179 ff.; Eraslan Özkaya, İnançlı İşlem ve Muvazaa Davaları, 3. Auflage, Ankara 2004, S. 48; Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (663) m. w. N.; Hüseyin Altaş/Leyla Müjde Kurt, „İnançlı İşlemler”, İnönü Üniversitesi Hukuk Fakültesi, Band II, Heft 2, Malatya 2011, 1 (17) m. w. N. 52 Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 41 ff. 53 Weber/Weber, § 8, S. 143 m. w. N. 54 Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 42. 55 Westermann, § 6 III 1 Rn. 171; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 44 Rn. 29; Weber/Weber, § 8, S. 143 f.; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, vor Art. 884–894 Rn. 36; Özsunay, S. 141; Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (673, 681) m. w. N. Ferner erklärt Wiegand eine solche Vereinbarung zwischen den Parteien für möglich, bei der der Sicherungsnehmer das Sicherungsobjekt gegen einen bestimmten Preis behalten kann, wenn die gesicherte Forderung nicht getilgt wird. Ist das Sicherungsobjekt wertvoller als die gesicherte Forderung, hat er aber der Mehrwert herauszugeben. S. Wiegand, BBT 1998, 75 (105). 56 Weber/Weber, § 8, S. 147; Özsunay, S. 139 f.; Helvacı, Lex Commissoria, S. 120; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (1010); Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (673) m. w. N.; Uygur, GÜHFD 2006, 171 (188); Yargıtay HGK, E. 1990/1–202, K. 1990/315, T. 23. 05. 1990. 57 Dazu s. Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 44 Rn. 30 m. w. N.; Reinicke/ Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 711; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, Ahn. zu §§ 929–931 Rn. 234. 58 Helvacı, Lex Commissoria, S. 123; Özsunay, S. 142 f.; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (1004, 1010); w. N. bei Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (670), Fn. 50; vgl. Hatemi/ Serozan/Arpacı, S. 358. Über die Pflicht des Sicherungsnehmers zur Herausgabe des Überschusses s. auch Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 21 ff. m. w. N.
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
mit der Begründung des Sicherungseigentums über. Die Eigentumsübertragung geschieht aber nicht wegen des Ausbleibens der gesicherten Forderung.59 II. Entstehung der Sicherungsübereignung 1. Wirksame Entstehung der Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut im deutschen Sachenrecht Das deutsche Mobiliarsicherheitsrecht unterscheidet sich vom schweizerischen und türkischen Recht davon, dass die Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut nach den Vorschriften §§ 929 ff. BGB und regelmäßig durch die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses nach § 930 BGB60 wirksam erfolgen kann. Wie schon oben dargestellt,61 ist die Verpfändung einer beweglichen Sache sowohl im deutschen als auch im schweizerischen und türkischen Recht nur in Form eines Besitzpfands möglich. Das Pfandrecht an beweglichen Sachen kann nur in der Art und Weise bestellt werden, dass der Verpfänder seinen unmittelbaren Besitz an der Pfandsache weggibt. Es gibt aber ein großes Bedürfnis, insbesondere für die kleinen Kaufleute, dass sie für die Gläubiger ein besitzloses Pfandrecht an einer beweglichen Sache bestellen können, indem sie der unmittelbare Besitzer der beweglichen Sache bleiben und die Sache weiter nutzen dürfen. Eine solche Art der Mobiliarsicherheit ergibt sich aus der Mobiliarhypothek, die ausnahmsweise im türkischen Recht zugelassen ist.62 Das Bedürfnis, eigene Sachen als Kreditunterlage zu verwenden63 und zugleich die Nutzungsmöglichkeit für sich zu behalten, wurde durch die Billigung der Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut von der deutschen Praxis und Rechtsprechung ersetzt.64 Danach steht das Nutzungsrecht dem Sicherungsgeber weiter zu, demgegenüber erwirbt der Sicherungsnehmer nur das Eigentum an dem Sicherungsgut65. Die Möglichkeit zur Begründung des Sicherungseigentums durch Besitzkonstitut ist insbesondere für die Kreditsuchenden bedeutsam, welche dem Kreditgeber nur durch ihre beweglichen Sachen Sicher-
59 Darüber, dass es hier vom Eigentumserwerb infolge des Missbrauchs von der Zahlungsunfähigkeit des Sicherungsgebers nicht die Rede ist, s. Özkaya, S. 41. 60 Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 8; Weber/Weber, § 8, S. 134 f.; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 996. 61 Über das Faustpfandprinzip s. oben S. 174 ff. 62 Zu den Ausnahmefällen im türkischen Recht s. unten S. 200 ff. 63 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 622. 64 Über die Entwicklung des Sicherungseigentums s. Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 623, Wieling, § 18, S. 256. 65 Die durch Besitzkonstitut begründete Sicherungsübereignung wird als heimliches Pfand gesehen, in Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 5.
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heit gewähren können, aber finanziell auf den unmittelbaren Besitz und auf die Nutzung dieser beweglichen Sachen angewiesen sind. In dieser Konstellation erwirbt der Sicherungsnehmer nur das Sicherungseigentum. Wenn die Gläubiger des Sicherungsgebers auf das Sicherungsgut zugreifen bzw. es verwerten wollen,66 hat der Sicherungsnehmer eine bevorzugte Rechtsstellung gegenüber allen, nicht dinglich gesicherten Gläubigern des Sicherungsgebers, sodass die ungesicherten Gläubiger auf das Sicherungsgut nicht zugreifen können oder sich nur mit dem Rest des Sachwerts begnügen müssen. 2. Entstehung der Sicherungsübereignung im schweizerischen und türkischen Sachenrecht a) Entstehung der Sicherungsübereignung durch Übertragung des unmittelbaren Besitzes Im schweizerischen und türkischen Sachenrecht erfolgt die Sicherungsübereignung durch Übertragung des Besitzes am Sicherungsgut auf den Sicherungsnehmer nach den Vorschriften der Art. 922–925 ZGB, Art. 977–980 türk. ZGB. Umstritten ist jedoch in der schweizerischen und türkischen Lehre, ob die Eigentumsübertragung mittels Besitzkonstitut überhaupt möglich ist. Die schweizerische und türkische Lehre tendieren dazu, die Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut nach Art. 717 ZGB, Art. 766 türk. ZGB als unwirksam anzusehen.67 Nach Art. 717 ZGB und Art. 766 türk. ZGB ist der Eigentumsübergang Dritten gegenüber unwirksam, wenn damit ihre Benachteiligung oder eine 66
Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 3, 5. Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1408 m. w. N.; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 236, 261; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 35 m. w. N.; Ernst, § 8, S. 78; im türkischen Schrifttum s. Özsunay, S. 102; Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (659), insb. Fn. 8 m. w. N., (672, 675). Aus dem Grund, dass die Sicherungsübereignung mit Besitzübertragung wie ein Faustpfand konstruiert ist und daher keine besondere Bedeutung in der Praxis erlangt, wird die Unwirksamkeit der Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut kritisiert, in Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1494; Hadding/Schneider, Rn. 497. Im türkischen Schrifttum vertritt Serozan, dass die Übereignung zum Sicherungszweck sowohl durch Übertragung des unmittelbaren Besitzes als auch des mittelbaren Besitzes erfolgt. Seine Ansicht rechtfertigt er damit, dass im türkischen Recht einige Sicherungsmittel bestehen, deren Begründung dem Publizitätsprinzip entgegenstehen. Z. B. ein Eigentumsvorbehalt wird in der Gestalt bestellt, dass der unmittelbare Besitzer in der Tat kein unbedingter Eigentümer ist. Auch wird ein Grundstückspfandrecht ohne Besitzübertragung, durch Eintragung in das Grundbuch begründet. S. Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (1003, 1005, 1010). Andererseits ist beachtlich, dass Serozan in demselben Aufsatz zum Schluss dargelegt, dass die Übertragung des unmittelbaren Besitzes für die Begründung der Sicherungübereignung unentbehrlich ist, ansonsten wirkt das Sichherungseigentum unvollständig (genannt als unvollständiges Sicherungseigentum). S. Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (1008 f.). 67
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
Umgehung der Bestimmungen über das Faustpfand beabsichtigt worden ist. Das Gericht entscheidet hierüber nach seinem Ermessen. Bewerkenswert sind hierüber die Erklärungen von Oftinger und Bär. Nach diesen Autoren wird eine Eigentumsübertragung nach Art. 717 ZGB dann unwirksam, wenn die Parteien zur Sicherung einer Forderung68 statt der Bestellung eines Pfandrechts ein Sicherungsgeschäft abschließen,69 bei dem es keine faktische Übergabe braucht und der Gläubiger der mittelbare Besitzer wird. Danach ist die Sicherungsübereignung mittels Besitzkonstitut relativ unwirksam70: Die Eigentumsübertragung wird nicht Dritten gegenüber, sondern nur unter den Parteien wirksam. Die Rechtsfolgen der relativen Unwirksamkeit der Sicherungsübereignung könnte man so zusammenfassen, dass die Gläubiger des Sicherungsgebers auf das Sicherungsgut zugreifen können und der Sicherungsnehmer bei einem solchen Zugriff das Sicherungsgut nicht aussondern kann, auch sein Eigentum durch eine Widerspruchsklage nach Art. 106 ff. SchKG (vgl. Art. 96. ff. türk. Vollstreckungs- und Konkursgesetz) nicht geltend machen kann. Von einer Eigentumsübertragung mit einer relativen Wirkung (ein relatives Eigentum) wird auch in der türkischen Lehre von Serozan gesprochen. Nach ihm wirkt die Eigentumsübertragung zum Sicherungszweck mittels Besitzkonstitut nur unter den Parteien. Gegenüber Dritten71, insbesondere dem Kreditgläubiger des Sicherungsgebers72 gegenüber, gilt das Eigentum als nicht übergegangen, wenn es um eine vorsätzliche Benachteiligung Dritter durch Umgehung der Bestimmungen des Faustpfandprinzips geht (Art. 766 türk. ZGB, Art. 717 ZGB).73 Dementsprechend kann im Falle der Vollstreckung gegen das Vermögen des Sicherungsgebers behauptet werden, dass das Eigentum am Sicherungsgut dem Sicherungsgeber nicht mehr zusteht, sondern es für Sicherungswecke auf einen anderen (auf den Sicherungsnehmer) übergegangen ist. Daher steht dem nichts im Wege, das Sicherungsgut zu vollstrecken.74 68
Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 283 ff. Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 288 ff. (Umgehung des Faustpfandprinzips); dazu Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1483 m. w. N. 70 Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 291 ff.; auch Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 76 m. w. N.; Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 717 Rn. 45 ff., 62 m. w. N.; Bd. IV, I. Abtl., Art. 717 Rn. 20 ff.; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Art. 884 Rn. 719 m. w. N. aus der Rechtsprechung und dem Schrifttum; Hadding/Schneider, Rn. 497, 503 ff.; krit. Wiegand, BBT 1998, 75 (107 ff.) (geringe praktische Bedeutung der Sicherungsübereignung mit Besitzübertragung). 71 Ebenso Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (672) m. w. N. 72 Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (1005 f.). 73 Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 717 Rn. 3; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (1008). 74 Zur Eigentumsübertragung mit einer relativen Wirkung s. Wieland, ZüKomm, Bd. IV, Art. 717, S. 186; Schwander, BaslerKomm, ZGB II, Art. 717 Rn. 2–5; Haab/Scherrer/Simoni69
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Oğuzman/Seliçi/Özdemir gehen dagegen von der absoluten Unwirksamkeit der gegen Art. 766 türk. ZGB verstoßenden Eigentumsübertragung aus, wobei die Eigentumsübertragung wegen der sittenwidrigen Benachteiligung Dritter oder wegen der Gesetzumgehung sowohl unter den Parteien als auch Dritten gegenüber unwirksam ist.75 b) Fehlende Publizität bei der durch Besitzkonstitut begründeten Sicherungsübereignung Gegen die Begründung des Sicherungseigentums durch Besitzkonstitut wird deshalb eingewandt, dass es an der Publizität der zur Sicherung dienenden Übereignung fehlt. Im Bereich der Mobiliarsicherheiten erfolgt die Publizität durch verschiedene Mittel. Im schweizerischen und türkischen Recht wird versucht, den Eigentumsvorbehalt durch die Registereintragung bekannt zu machen.76 Andererseits dient die Übertragung des Besitzes bzw. die Übergabe der Pfandsache der Bekanntmachung eines Fahrnispfandrechts (Art. 884 Abs. 1 ZGB, Art. 939 Abs. 1 türk. ZGB, s. § 1205 Abs. 1 S. 1 BGB). Bei der Begründung des Pfandrechts an einer beweglichen Sache wird an dem Faustpfandprinzip festgehalten (Art. 884 Abs. 1, 3 ZGB; Art. 939 Abs. 1, 3 türk. ZGB; s. § 1205 Abs. 1 S. 1 BGB).77 Mit der strikten Festhaltung am Faustpfandprinzip beabsichtigt der Gesetzgeber vor allem, den Dritten zu schützen und eine falsche Erscheinung über das Vermögen des Schuldners zu verhindern. Das Faustpfandprinzip dient auch dazu, den Kreditgebern des Schuldners eine gewisse Sicherheit für die Rückzahlung der Kredite zu leisten. Ebenso ergibt sich eine Gefahr, insbesondere für Dritte, die dem Sicherungsgeber einen Kredit gewähren wollen, daraus, dass sich der Sicherungsgeber als Eigentümer des Sicherungsguts ausgibt und Dritte über sein Vermögen bzw. über seine Kreditwürdigkeit täuscht.78 Nach einer Ansicht ist eine mögliche Benachteiligung Dritter nur dann zu verhindern, wenn die Sicherungsübereignung durch die Übertragung des unmittelbaren Besitzes begründet wird.79 us/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 717 Rn. 75 ff.; dazu Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (1007, 1009); 75 Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 2612 (insb. Fn. 51) m. w. N.; auch zur Unwirksamkeit gegenüber jedermann (sowohl zwischen den Parteien) gem. Art. 18 OR s. Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 281, 294. 76 Zur Publizitätswirkung der Registereintragung s. oben S. 57, 64, 66 ff. 77 Zur Einhaltung des Fauspfandprinzips bei der Bestellung des Pfandrechts s. oben S. 174 ff. 78 Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (1004 f.); Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (661). In deutschem Schrifttum auf diese Gefahr hingewiesen von Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 5. 79 Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1408; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (1009).
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Die Eigentumsübertragung mittels Besitzkonstitut wird aber in der schweizerischen und türkischen Lehre kritisiert, weil hier die Publizitätsfunktion des Besitzes zu sehr eingeschränkt ist.80 Vor allem wird der Sicherungsnehmer bei der Eigentumsübertragung mittels Besitzkonstitut nicht genügend geschützt, da hier die Gefahr besteht, dass der Sicherungsgeber über das Sicherungsobjekt weiter verfügen kann. Man könnte jedoch vertreten, dass die Sicherungsübereignung, die von der Praxis zur Deckung des Bedarfs nach einer besitzlosen Mobiliarsicherheit entwickelt wurde, die von ihr erwartete Sicherungsfunktion allerdings dann verwirklicht, wenn der Sicherungsgeber den Sicherungsnehmer durch seine eigene Sache eine Sicherung anbieten kann, ohne dass er den unmittelbaren Besitz am Sicherungsgut und dazu die Nutzungsmöglichkeit des Sicherungsguts aufgeben muss.81 In der Nutzungsmöglichkeit der Sache soll sich die Sicherungsübereignung von dem Pfandrecht an den beweglichen Sachen unterscheiden. Die Hauptfunktion der Sicherungsübereignung und deren Entwicklungsgrund werden jedoch von schweizerischen und türkischen Autoren übersehen, während sie die Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut ausschließen wollen. Unter Beobachtung der heutigen Praxis kommt man zum Ergebnis, dass sich die Sicherungsübereignung in der schweizerischen und türkischen Praxis unglücklicherweise nicht verbreitet hat und daher weitgehend nicht an die Stelle des Fahrnispfandrechts getreten ist.82 Die Zulassung der Sicherungsübereignung allein durch Übertragung des unmittelbaren Besitzes auf den Sicherungsnehmer stellt immer noch ein großes Hindernis vor der Verbreitung dieses Sicherungsmittels dar. III. Sicherungsübereignung im Innen- und Außenverhältnis Das Verhältnis zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer hat grundsätzlich einen treuhänderischen Charakter83. Das Sicherungsgut wird dem Sicherungnehmer jedoch nur für bestimmte Zeit und zur Sicherung einer bestimmten Forderung übereignet.84 In diesem Verhältnis vertraut der Sicherungsgeber darauf, dass der Sicherungsnehmer das zur Sicherung dienende Ei80
Bauer, BaslerKomm, ZGB II, Art. 884 Rn. 75 m. w. N. Unter der besitzlosen Mobiliarsicherheit versteht man eine Sicherheit, in der der Sicherungsgeber das Sicherungsgut in seinem Besitz behalten und weiterhin benutzen kann. Eine solche Art der Sicherung liegt bei dem Eigentumsvorbehalt vor. 82 Dementsprechend Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1494. 83 Oechsler, MüKomm, Bd. 6, BGB, Anh. §§ 929–936 Rn. 1; Westermann, § 6 III 1 Rn. 171 m. w. N.; Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 38; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1357, 1374. 84 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, § 18 I 2 und Bd. III, § 34 I 1 b. 81
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gentum an ihn zurückübereignet, sobald die Parteien den Sicherungszweck (der Begleichung der gesicherten Forderung) erreichen.85 Beachtlich ist jedenfalls, dass aus diesem Vertrauensgeschäft nur eine obligatorische Verpflichtigung des Sicherungsnehmers zur Rückübereignung entsteht. Mit der Tilgung der Forderung fällt das Eigentum nicht automatisch an den Sicherungsgeber zurück.86 Vom automatischen Rückfall des Eigentums ist dann die Rede, wenn die Sicherungsübereignung von einer auflösenden Bedingung abhängig gemacht wird.87 Dazu hat der Sicherungsgeber im Rahmen einer auflösend bedingten Sicherungsübereignung eine ähnliche Rechtsstellung wie der Vorbehaltskäufer: Der Sicherungsgeber hat ein Anwartschaftsrecht, dessen Wirkung sich mit jeder Teilzahlung verstärkt.88 Mit der Tilgung der gesicherten Forderung ist der Sicherungsnehmer im schweizerischen und türkischen Recht auch dazu verpflichtet, das Sicherungsgut zurückzugeben (nach den Vorschriften über Verpflichtungen des Beauftragten in Art. 400 Abs. 1 OR, Art. 508 Abs. 1 türk. OR).89 Von einer solchen Verpflichtung des Sicherungsnehmers spricht das deutsche Recht meistens nicht, weil im deutschen Recht die Sicherungsübereignung meistens mittels Besitzkonstitut vereinbart wird und das Sicherungsgut im Regelfall von Anfang an zur Nutzung des Sicherungsgebers verbleibt. Kommt der Sicherungsnehmer seiner Verpflichtung zur Rückgabe nicht nach, kann der Sicherungsgeber nach herrschender Meinung in der schweizerischen und türkischen Lehre das Sicherungsgut nicht herausverlangen. Als der Inhaber eines persönlichen Rechts90 kann er nur seinen obligatorischen Anspruch geltend machen und die Rückübergabe verlangen.91 Nach Oftinger/Bär kann 85
Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 45; Weber/Weber, § 8, S. 140. akzessorischen Verbindung zwischen der Existenz der Sicherungsübereignung und dem Bestehen der gesicherten Forderung s. Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 44 Rn. 19; Westermann, § 6 III 1 Rn. 172 f. m. w. N.; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 930 Rn. 13, 21; Weber/Weber, § 8, S. 139 f. 87 Zu den Einzelheiten der auflösend bedingten Sicherungsübereignung s. Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1413 ff.; Wiegand, BBT 1998, 75 (107); Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 243; Hadding/Schneider, Rn. 508; dazu Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, § 19 I 2; Baur/ Baur/Stürner, § 57 Rn. 45 m. w. N.; Oechsler, MüKomm, BGB, Bd. 6, Anh. §§ 929–936 Rn. 8; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 44 Rn. 20 m. w. N. und Rn. 38; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 930 Rn. 21; Medicus/Petersen, § 21 Rn. 498; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (1011); Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (682). 88 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, § 19 I 2; Medicus/Petersen, § 21 Rn. 504 (ein obligatorischer Rückübereignungsanspruch des Sicherungsgebers!); Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 45 m. w. N.; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (1012). 89 Özsunay, S. 153; Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (681) m. w. N. 90 Özkaya, S. 50; Altaş/Kurt, IÜHFD 2011, 1 (18) m. w. N.; dementsprechend Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (682). 91 Özkaya, S. 50; in der Schweiz s. Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. 86 Zur
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der Sicherungsgeber einen Schadenersatz statt der Rückgabe verlangen (gem. Art. 97 Abs. 1 OR), wenn die Rückgabe nicht mehr möglich ist.92 In diesem treuhänderischen Verhaltnis darf der Sicherungsnehmer seine Rechtsmacht nur zweckmäßig nutzen. Die Verfügungsbefugnis des Sicherungsnehmers am Sicherungsgut ist nur im Innenverhältnis und nur obligatorisch beschränkt.93 Diese Beschränkung der Verfügungsbefugnis wirkt dagegen auf das Außenverhältnis zwischen dem Sicherungsgeber und dem Dritten nicht ein (ausdrücklich in § 137 BGB). Der Sicherungsnehmer tritt mit Dritten in Geschäfte als ein Vollberechtigter94. Darüber hinaus hat der Sicherungsnehmer nach einer überwiegenden Ansicht eine unbegrenzte Verfügungsbefugnis im Außenverhältnis und verhält sich als Berechtigter, sodass er als Alleineigentümer das Sicherungsgut einem Dritten übereignen oder an dem Sicherungsgut ein beschränktes dingliches Recht bestellen kann.95 Im Falle der Verfügung über das Sicherungsgut kann der Sicherungsgeber aber den Sicherungsnehmer wegen der Verletzung des Sicherungsvertrags § 280, 281, 283 BGB; Art. 97 OR; Art. 112 türk. OR schadenersatzpflichtig machen.96 Nach einer Ansicht in der türkischen Lehre kann der Sicherungsgeber eine T., Rn. 264; auch über den Prozess im schweizerischen Recht s. Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1443. 92 Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 264. 93 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 19 I 2; Westermann, § 6 III 1 Rn. 171; Medicus/Petersen, § 21 Rn. 502. 94 Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (663, 679) m. w. N.; Özkaya, S. 48 ff.; Özsunay, S. 211; Altaş/Kurt, IÜHFD 2011, 1 (17) m. w. N.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 18 I 2; Medicus/Petersen, § 21 Rn. 502. 95 Medicus/Petersen, § 21 Rn. 502 (nicht gesprochen von einem Missbrauch der Vertretungsmacht); Weber/Weber, § 8, S. 139 m. w. N.; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1359 m. w. N. (äußerliche Stellung des Sicherungsnehmer als ein gewöhnlicher Eigentümer gem. Art. 641 ff. ZGB) und Rn. 1427 m. w. N.; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst T., Rn. 240 m. w. N.; Ernst, § 8, S. 78; Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (679 f.). Über den gültigen Eigentumserwerb des Dritten s. auch Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1427 m. w. N.; w. N. b. Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 251; a. A. über den Eigentumserwerb nach Art. 933 ZGB, Art. 988 türk. ZGB s. Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 251, 263; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (1012). Dazu, dass der Sicherungsgeber das Sicherungsgut nicht aussondern kann, s. Özkaya, S. 50; Altaş/Kurt, IÜHFD 2011, 1 (18 f.) m. w. N.; zum Schadensersatzpflicht des bösgläubigen Dritten aus unerlaubter Handlung gem. Art. 43 OR s. Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1430 m. w. N. 96 Özsunay, S. 151, 190 f.; Altaş/Kurt, IÜHFD 2011, 1 (18) m. w. N.; Medicus/Petersen, § 21 Rn. 504; Weber/Weber, § 8, S. 141; Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 44; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 250; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1439 m. w. N., auch zur Kritik der anwendbaren Vorschriften im Falle der Verfügung des Sicherungsnehmers über den Sicherungsgegenstand s. Rn. 1427 ff., insb. 1428.; zur analogen Anwendung der Art. 945 türk. ZGB, Art. 890 ZGB s. Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1439 m. w. N.; Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (680).
B. Sicherungsübereignung
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Klage über die Unwirksamkeit des Eigentumserwerbs des Dritten nach Art. 19 türk. OR erheben, wenn der Wille des Sicherungsnehmers und des Dritten sich nicht auf eine Eigentumsübertragung, sondern auf eine Simulation richten.97 IV. Rechtspositionen der Parteien der Sicherungsübereignung in der Zwangsvollstreckung und der Insolvenz 1. In Deutschland a) Zwangsvollstreckung durch Gläubiger des Sicherungsgebers In der deutschen Rechtspraxis wird das Sicherungseigentum regelmäßig durch Besitzkonstitut (§ 930 BGB) begründet, und das Sicherungsgut bleibt im Gewahrsam des Sicherungsgebers. Daher bleibt es möglich, dass dann die Gläubiger des Sicherungsgebers auf das Sicherungsgut zugreifen. Die Vollstreckung der Gläubiger des Sicherungsgebers in das Sicherungsgut ist nicht schon deshalb unwirksam, weil das Sicherungsgut bereits zum Sicherungszweck jemandem (dem Sicherungsnehmer) übereignet und nicht mehr zu dem Vermögen des Sicherungsgebers gehört. Bei der Vornahme der Vollstreckungshandlung muss der Gerichtsvollzieher aber dies nicht prüfen, ob der Sicherungsgeber der tatsächliche Eigentümer der beweglichen Sache ist.98 Er kann die Sachen, die in das Gewahrsam des Sicherungsgebers gelangt sind, auch das im Gewahrsam des Sicherungsgebers befindliche Sicherungsgut, pfänden (nach § 808 Abs. 1 ZPO). An dieser Stelle ist es problematisch, ob der Sicherungsnehmer der Pfändung des Sicherungsguts durch eine Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO widersprechen oder nur vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös im Wege der Klage gem. § 805 ZPO verlangen kann. Nach der Mindermeinung hat der Sicherungsnehmer im Falle der Pfändung des Sicherungsguts nur einen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung entsprechend § 805 ZPO, was bedeutet, dass sich der Sicherungsnehmer aus dem Erlös des verwerteten Sicherungsguts vorzugsweise befriedigen kann. Das Recht des Sicherungsnehmers zur vorzugsweisen Befriedigung wird oft damit begründet, dass das Sicherungseigentum nichts anderes als ein besitzloses Pfandrecht ist. Dementsprechend steht dem Sicherungsnehmer wie dem Inhaber eines besitzlosen Pfandrechts nur ein Vorzugsrecht gem. § 805 ZPO zu.99 Das Vorzugsrecht 97 Yargıtay 1. HD, E. 2000/12988, K. 2000/13223, T. 30. 10. 2000; Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (679 f.); Özkaya, S. 50. 98 Weber/Weber, § 8, S. 147. 99 Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 32; Schmidt/Brinkmann, MüKomm, ZPO, § 771 Rn. 29 m. w. N.; Raebel, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, § 771 Rn. 21 mit der Begründung, dass der unmittelbare Zugriff auf den Verwertungsüberschuss den Gläubigern des Sicherungsgebers dadurch nicht entzogen werden darf, dass dem Sicherungsnehmer ein
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
des Sicherungsnehmers steht auch im Einklang mit seinem Vorzugsrecht gem. § 51 Nr. 1 InsO im Falle der Insolvenz des Sicherungsgebers.100 Demgegenüber sieht die herrschende Meinung das Sicherungseigentum als ein die Veräußerung hinderndes Recht im Sinne von § 771 ZPO an und gewährt dem Sicherungsnehmer ein Widerspruchsrecht101, solange der gesicherte Anspruch des Sicherungsnehmers weiterbesteht. Für das Widerspruchsrecht des Sicherungsnehmers wird häufig der Grund vorgebracht, dass das Sicherungseigentum trotz seines Sicherungszwecks ein Volleigentum bildet.102 Danach kann der Sicherungsnehmer als Volleigentümer eine Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO erheben und dadurch die Zwangsvollstreckung in das Sicherungsgut für unzulässig erklären lassen.103 Außerdem wird das Widerspruchsrecht des Sicherungsnehmers mit seinem Verwertungsrecht begründet. Grundsätzlich ist der Sicherungsnehmer bei Verzug (der Zahlung) der gesicherten Forderung berechtigt, das Sicherungsgut freihändig, zugleich nach der zugrunde liegenden Sicherungsabrede, zu verkaufen und sich aus dem erzielten Kaufpreis zu befriedigen.104 Widerspruchsrecht eingeräumt ist. W. N. bei Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 725 und Heiderhoff/Skamel, Rn. 547, Fn. 11. Zur Kritik über die Behandlung des Sicherungsnehmers wie ein Inhaber eines besitzlosen Pfandrechts innerhalb der Zwangsvollstreckung s. Wolfram Henckel, „Konkursrecht und allgemeines Zivilrecht“, Grundfragen des Privatrechts: Vorträge anlässlich des Symposiums zum 65. Geburtstag von Professor Dr. Günther Jahr (hrgs. Gerhard Lücke), Köln 1989, 1 (11 f.); auch Scheuch, Prütting/Gehrlein, ZPO, § 771 Rn. 19. 100 Schmidt/Brinkmann, MüKomm, ZPO, § 771 Rn. 29 m. w. N.; Raebel, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, § 771 Rn. 21. 101 BGHZ 72, 141, 146; 80, 296, 299; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 627, 724 ff. m. w. N.; Dietrich Reinicke/Klaus Tiedtke, „Sonderfälle des Sicherungseigentums, Zwangsvollstreckung und Verwertung“, Der Betrieb, Heft 51/52 vom 23. 12, 1994, 2601 (2603); Brox/ Walker, JA 1986, 113 (117) m. w. N.; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 44 Rn. 23 m. w. N.; Medicus/Petersen, § 21 Rn. 513; Oechsler, MüKomm, BGB, Bd. 6, Anh. §§ 929–936 Rn. 53 m. w. N.; Scheuch, Prütting/Gehrlein, ZPO, § 771 Rn. 19; Michael Huber, „Grundwissen Zivilprozessrecht: Sicherungseigentum in Zwangsvollstreckung und Insolvenz“, Juristische Schulung, Heft 7, München 2011, 588 (589); Henckel, FS. Zeuner 1994, 193 (212 f.); w. N. bei Weber/Weber, § 8, S. 148, Fn. 102 ff.; Schmidt/Brinkmann, MüKomm, ZPO, § 771 Rn. 29, Fn. 115; Lackmann, Musielak/Voit, ZPO, § 771 Rn. 19; Heiderhoff/Skamel, Rn. 548 m. w. N. 102 Lackmann, Musielak/Voit, ZPO, § 771 Rn. 19; Scheuch, Prütting/Gehrlein, ZPO, § 771 Rn. 19; Heiderhoff/Skamel, Rn. 548; w. N. aus der Rechtsprechung bei Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 34 I, S. 203, Fn. 3; über die beschränkte Eigentümerstellung des Sicherungsnehmers s. Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, Anh. zu §§ 929–931 Rn. 253 m. w. N. 103 Die Widerspruchsklage des Sicherungsnehmers können die Gläubiger des Sicherungsgebers durch die Pfändung des Rückübertragungsanspruchs bzw. durch die Pfändung des Anwartschaftsrechts des Sicherungsnehmers und die Zahlung der gesicherten Forderung an den Sicherungsnehmer gem. § 267 BGB scheitern lassen. Mit der Zahlung der gesicherten Forderung kommt das Sicherungseigentum zu Ende und der Sicherungsnehmer kann nicht mehr der Pfändung des Sicherungsguts entgegenstehen (s. § 242 BGB). Dazu s. Scheuch, Prütting/Gehrlein, ZPO, § 771 Rn. 19 m. W. auf BGHZ 100, 95, 105, 106; Brox/Walker, JA 1986, 113 (117). 104 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 34 I 2 b; Oechsler,
B. Sicherungsübereignung
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Bei der Anwendung des § 805 ZPO wird das Sicherungsgut ohne Rücksicht darauf versteigert, ob die gesicherte Forderung des Sicherungsnehmers fällig ist oder nicht. In diesem Fall ist dem Sicherungsnehmer eine vorzeitige, von der Sicherungsabrede abweichende Verwertung gem. §§ 814 ff. ZPO aufgedrängt. Dies führt aber dazu, dass ihm die Möglichkeit der Verwertung mit hohem Erlös entzogen ist.105 Das Recht, das Sicherungsgut selbst und mit hohem Erlös zu verwerten, soll dem Sicherungsnehmer aber nicht weggenommen werden.106 Weiterhin wird behauptet, dass dem Sicherungsnehmer das Sicherungsgut nur für bestimmte Zeit und zur Sicherung einer Forderung übereignet wird107 und das Sicherungsgut die andere Gläubiger des Sicherungsgebers nicht sichert.108 Das Sicherungsgut tritt vielmehr nur als ein für den Sicherungsnehmer reservierter Sachwert in Erscheinung. Mit der Bestellung des Sicherungseigentums ist die Verfügungsbefugnis des Sicherungsgebers über das Sicherungsgut so eingeschränkt, dass der Sicherungsgeber die vorher geschehene Sicherungsübereignung durch eine weitere Verfügung nicht benachteiligen kann.109 Beispielsweise kann er das Sicherungsgut zur Befriedigung anderer Gläubiger nicht wirksam anbieten.110 Dies hat hinsichtlich des Vollstreckungsrechts zur Folge, dass die übrigen ungesicherten Gläubiger diesen Einwand hinnehmen müssen, wenn der Sicherungsnehmer der Zwangsvollstreckung des Sicherungsguts entgegensteht.111 b) Zwangsvollstreckung durch Gläubiger des Sicherungsnehmers In Deutschland kommt eine Zwangsvollstreckung von Gläubigern des Sicherungsnehmers in das Sicherungsgut nur selten vor, da das Sicherungsgut grundsätzlich im unmittelbaren Besitz des Sicherungsgebers bleibt. Solange darf der MüKomm, BGB, Bd. 6, Anh. §§ 929–936 Rn. 54; Scheuch, Prütting/Gehrlein, ZPO, § 771 Rn. 19; Heiderhoff/Skamel, Rn. 548. 105 In dieser Richtung Brox/Walker, JA 1986, 113 (117); Lackmann, Musielak/Voit, ZPO, § 771 Rn. 19. 106 Walter Gerhardt, „Sicherungsübereignung und Pfändungsschutz – OLG Stuttgart, NJW 1971, 50“, Juristische Schulung, Heft 12, München 1972, 696 (697); Brox/Walker, JA 1986, 113 (117); Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 725; Reinicke/Tiedtke, DB 1994, 2601 (2603) m. w. N.; Scheuch in: Prütting/Gehrlein, ZPOKomm, § 771 Rn. 19; Heiderhoff/Skamel, Rn. 548; w. N. b. Schmidt/Brinkmann, MüKomm, ZPO, § 771 Rn. 29, Fn. 123. 107 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 34 I 1 b. 108 Gottwald/Adolphsen, InsHdb, § 40 Rn. 58 m. w. N.; Ganter, MüKomm, InsO, § 51 Rn. 9 m. w. N. 109 Zur Verfügung des Sicherungsgebers als Nichtberechtigter s. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 34 I 2 a. 110 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 34 I 2 a. 111 Ebenso Serick, Eigentumsvrobehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 34 I 2 a; s. auch Gerhardt, JuS 1972, 696 (697).
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
Gerichtsvollzieher auf das im Gewahrsam des Sicherungsgebers befindliche Sicherungsgut nicht zugreifen (§ 808 ZPO).112 Befindet sich das Sicherungsgut ausnahmsweise im unmittelbaren Besitz des Sicherungsnehmers und wollen die Gläubiger des Sicherungsnehmers das Sicherungsgut beim Sicherungsnehmer pfänden, steht dem Sicherungsgeber nach herrschender Meinung die Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO zu.113 Die Berechtigung des Sicherungsgebers zur Erhebung einer Drittwiderspruchsklage begründet die herrschende Meinung mit dem treuhänderischen Verhältnis zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer. In einem solchen Treuhandverhältnis wird das Sicherungsgut dem Sicherungsnehmer nur treuhänderisch und nur für bestimmte Zeit übereignet. Der Sicherungsnehmer schuldet die Rückübertragung des Eigentums auf den Sicherungsgeber, sobald der Sicherungsgeber die gesicherte Forderung tilgt. Aus wirtschaftlicher Betrachtung gehört das Sicherungsgut aber weiterhin zum Vermögen des Sicherungsgebers.114 Danach kann der Sicherungsgeber der Pfändung des Sicherungsguts von den Gläubigern des Sicherungsnehmers als wirtschaftlicher Eigentümer entgegenstehen und dadurch verhindern, dass die bereits vereinbarte Rückübertragung des Eigentums aufgrund der Tilgung der gesicherten Forderung an der Verwertung der Sicherung im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens scheitert.115 Hierzu wird von der quasi dinglichen Auswirkung der treuhänderischen Bindung des Sicherungsnehmers gegenüber dem Sicherungsgeber gesprochen.116 Außerdem wird behauptet, dass das Sicherungsgut nur zur Sicherung der Forderung des Sicherungsnehmers dient, aber nicht zur Sicherung seiner Gläu-
112 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 761; Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 40; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 44 Rn. 25; Westermann, § 6 III 3 Rn. 187; Weber/ Weber, § 8, S. 149. 113 BGHZ 72, 141; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, § 34 I, S. 213; Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 40; Brox/Walker, JA 1986, 113 (117) m. w. N.; Medicus/ Petersen, § 21 Rn. 513 f.; w. N. bei Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 44 Rn. 25; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, Anh. zu §§ 929–931 Rn. 250; Oechsler, MüKomm, BGB, Bd. 6, Anh. §§ 929–936 Rn. 53; Scheuch, Prütting/Gehrlein, ZPOKomm, § 771 Rn. 16 f. m. w. N.; a. A. Weber/Weber, § 8, S. 149 m. w. N. und Huber, JuS 2011, 588 (589); zur Kritik über wechselseitige Berechtigung zur Drittwiderspruchsklage s. Raebel, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, § 771 Rn. 21: „Das wechselseitige Widerspruchsrecht (von Sicherungsgeber und Sicherungseigentümer) in der Zwangsvollstreckung gegen den anderen Vertragsteil erzeugt vorübergehend unpfändbares oder genauer, vollstreckungsrechtlich vinkuliertes Eigentum, welches der Rechtsordnung sonst fremd ist. Ein möglicher Verwertungsüberschuss des Sicherungseigentums wird so zeitwilig jedem sicheren Gläubigerzugriff entzogen.“ 114 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, § 19 I 2; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, Anh. zu §§ 929–931 Rn. 250; Lackmann, Musielak/Voit, ZPO, § 771 Rn. 18. 115 Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 6. 116 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 762; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 44 Rn. 25 m. w. N.
B. Sicherungsübereignung
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biger.117 Haftungsrechtlich unterliegt das Sicherungsgut nicht dem Zugriff der Gläubiger des Sicherungsnehmers. Überwiegend wird der Sicherungsgeber bis zum Eintritt der Verwertungsreife (also bis zur Nichterfüllung der gesicherten Forderung) zur Drittwiderspruchsklage gegen die Pfändung des Sicherungsguts für berechtigt erklärt.118 Um das Widerspruchsrecht geltend zu machen, ist es auch nicht erforderlich, dass der Sicherungsgeber zuerst die gesicherte Forderung beglichen hat.119 Wenn die Verwertungsreife aufgrund der Nichtbegleichung der gesicherten Forderung eintritt, steht das Eigentum mit Eintritt des Sicherungsfalles dem Sicherungsnehmer endgültig zu, und das Sicherungsgut wird für die Pfändung durch die Gläubiger des Sicherungsnehmers offen. In diesem Fall kann der Sicherungsnehmer der Pfändung nicht mehr entgegenstehen.120 c) Insolvenz des Sicherungsgebers Im deutschen Recht ist es nicht mehr fraglich, ob dem Sicherungsnehmer im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Sicherungsgebers ein Aussonderungsrecht oder ein Absonderungsrecht zusteht. Jetzt in § 51 Abs. 1 Nr. 1 InsO wird der Sicherunsnehmer ausdrücklich für absonderungsberechtigt erklärt.121 Demgegenüber wird von dem Aussonderungsrecht des Sicherungsnehmers gem. § 47 InsO nur vereinzelt gesprochen.122 Nach der herrschenden Meinung kann der Sicherungsnehmer in der Insolvenz des Siche117 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 762; dementsprechend Schmidt/Brinkmann, MüKomm, ZPO, § 771 Rn. 28 m. w. N.; Heiderhoff/Skamel, Rn. 550 m. w. N. 118 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 762; Scheuch, Prütting/Gehrlein, ZPOKomm, § 771 Rn. 17; Lackmann, Musielak/Voit, ZPO, § 771 Rn. 18. 119 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 34 I 3; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, Anh. zu §§ 929–931 Rn. 251 m. w. N.; Schmidt/Brinkmann, MüKomm, ZPO, § 771 Rn. 28; a. A. Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 40; Weber/Weber, § 8, S. 141 f. 120 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 763; Medicus/Petersen, § 21 Rn. 513 m. w. N.; Lackmann, Musielak/Voit, ZPO, § 771 Rn. 18; a. A. Schmidt/Brinkmann, MüKomm, ZPO, § 771 Rn. 28. 121 In der Rechtsprechung RGZ 118, 209; RGZ 145, 193; BGHZ 72, 141, 144 ff. hingewiesen bei Brinkmann, Uhlenbruck, InsO, § 51 Rn. 24. Dazu s. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 35, I 1, Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 627, dazu Rn. 765; Reinicke/Tiedtke, DB 1994, 2601 (2607); Fritz Baur/Rolf Stürner, Insolvenzrecht, 3. Auflage, Heidelberg 1991, § 14, S. 183; Westermann, § 6 III 3 Rn. 187; Weber/Weber, § 8, S. 150; Medicus/Petersen, § 21 Rn. 512; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, Anh. zu §§ 929–931 Rn. 254 m. w. N.; Oechsler, MüKomm, BGB, Bd. 6, Anh. §§ 929–936 Rn. 55 m. w. N.; Huber, JuS 2011, 588 (589 f.); Gottwald/Adolphsen, InsHdb, § 40 Rn. 58 m. w. N.; Ganter, MüKomm, InsO, § 47 Rn. 381; Brinkmann, Uhlenbruck, InsO, § 51 Rn. 24 m. w. N.; vgl. Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 31. 122 Scheuch, Prütting/Gehrlein, ZPOKomm, § 771 Rn. 19.
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
rungsgebers das Sicherungsgut aus der Insolvenzmasse nicht aussondern (§ 47 InsO) und selbst nicht verwerten. Zur Verwertung ist nur der Insolvenzverwalter berechtigt (häufig durch freihändigen Verkauf, § 166 InsO). Danach muss der Insolvenzverwalter aus dem Erlös und nach Abziehen der Verwertungskosten den Sicherungsnehmer vorweg befriedigen (§ 170 Abs. 1 InsO).123 Anders als im Fall der Zwangsvollstreckung über das Vermögen des Sicherungsgebers wird der Sicherungsnehmer in der Insolvenz des Sicherungsgebers als Pfandgläubiger behandelt.124 Dem Sicherungsnehmer wird lediglich ein Absonderungsrecht zugebilligt. Erstaunlich ist hier, dass der Sicherungsnehmer im Insolvenzverfahren als Pfandgläubiger und Absonderungsberechtigter behandelt wird, während ihm im Falle der Pfändung des Sicherungsguts als Volleigentümer der Anspruch auf Freigabe des Sicherungsguts zukommt. Die unterschiedliche Behandlung der Rechtsstellung des Sicherungsnehmers im Vollstreckungs- und Insolvenzverfahren wird damit begründet, dass die Verwertung von dem Insolvenzverwalter für das Insolvenzverfahren günstiger ist.125 Mit der Insolvenzeröffnung wird die Forderung des Sicherungsnehmers fällig (gem. § 41 Abs. 1 InsO)126, und das Sicherungsgut fällt in die Insolvenzmasse.127 Wenn der Sicherungsnehmer ein Recht auf abgesonderte Befriedigung hat, wird die gesicherte Forderung des Sicherungsnehmers aus dem Verwertungserlös des Sicherungsguts vorweg bezahlt. Bei der Erlösverteilung sollen aber die Interessen sämtlicher Insolvenzgläubiger berücksichtigt werden.128 Dementsprechend gehört der Verwertungserlös, der die gesicherte Forderung (und die Verwertungskosten) übersteigt, zur Insolvenzmasse.129 Deckt der Wert des Sicherungsguts aber nicht die gesicherte Forderung, dann muss die Insolvenzmasse für den Ausfall mit einer verhältnismäßigen Befriedigung aufkommen.130 Diese Interessenabwägung ist nur dann günstiger 123 Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 31; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 44 Rn. 24; Westermann, § 6 III 3 Rn. 187; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, Anh. zu §§ 929–931 Rn. 254 m. w. N. 124 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 35 I 1 b; Gottwald/ Adolphsen, InsHdb, § 40 Rn. 58 m. w. N.; Brinkmann, Uhlenbruck, InsO, § 51 Rn. 24 m. w. N. 125 Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 31 m. w. N.; Oechsler, MüKomm, BGB, Bd. 6, Anh. §§ 929–936 Rn. 55; Wolfram Henckel, „Zur Dogmatik der besitslosen Mobiliarsicherheiten“, Festschrift für Albrecht Zeuner zum siebsigsten Geburtstag, Tübingen 1994, 193, (210 f.); Ganter, MüKomm, InsO, § 47 Rn. 381 und § 51 Rn. 9 m. w. N. 126 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 35, I 1 b; Reinicke/ Tiedtke, DB 1994, 2601 (2607). 127 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 34 I 1 b; auch Bäuerle, Braun, InsO, § 35 Rn. 18. 128 Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 31; Weber/Weber, § 8, S. 150; dementsprechend auch Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 765. 129 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 35 I 1 b; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 44 Rn. 24; Baur/Baur/Stürner, § 57 Rn. 3; Ganter, MüKomm, InsO, § 47 Rn. 381. 130 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, § 35 I 1 b.
B. Sicherungsübereignung
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zu verwirklichen, wenn das Sicherungsgut nicht vom Sicherungsnehmer selbst, sondern von dem Insolvenzverwalter verwertet wird. d) Insolvenz des Sicherungsnehmers Wird der Sicherungsnehmer insolvent, geht die herrschende Meinung von der treuhändischen Bindung des Sicherungseigentums aus und gewährt dem Sicherungsgeber ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO131, dessen Bedeutung darin liegt, dass das Sicherungsgut nicht in die Insolvenzmasse fällt und daher bei der Befriedigung der ungesicherten anderen Gläubiger des Sicherungsnehmers nicht mitgezählt wird. Das Recht des Sicherungsgebers, das Sicherungsgut aus der Insolvenzmasse wegzunehmen, kann nicht durchgesetzt werden, solange der Sicherungsgeber die gesicherte Forderung nicht erfüllt oder die Erfüllung an die Insolvenzmasse nicht anbietet oder der Sicherungzweck nicht entfällt.132 2. In der Schweiz und der Türkei Die Rechtsstellungen des Sicherungsgebers und des Sicherungsnehmers im Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzverfahren zeigen sich in der Schweiz und der Türkei anders als in Deutschland. Besonders beachtlich ist, dass der Sicherungsgeber in der Zwangvollstreckung gegen das Vermögen des Sicherungsnehmers oder in dessen Insolvenz nur eine schwache Rechtsposition hat. Dieser Unterschied zwischen dem deutschen, schweizerischen und türkischen Recht liegt darin, dass der Sicherungsgeber im schweizerischen und türkischen Recht nicht im Gewahrsam des Sicherungsguts bleiben darf. Aufgrund dessen wird es im schweizerischen und türkischen Recht möglich, dass die Gläubiger des 131 Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 769 f.; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 44 Rn. 25; Medicus/Petersen, § 21 Rn. 511; Weber/Weber, § 8, S. 151 m. w. N.; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, Anh. zu §§ 929–931 Rn. 252 m. w. N.; Huber, JuS 2011, 588 (590); Scheuch, Prütting/Gehrlein, ZPOKomm, § 771 Rn. 19; Henckel, FS Zeuner 1994, 193, (213) m. w. N.; Ganter, MüKomm, InsO, § 47 Rn. 375; Brinkmann, Uhlenbruck, InsO, § 51 Rn. 25 m. w. N. aus der Rechtsprechung. 132 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, § 19 I 2; Reinicke/ Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 769 f.; Reinicke/Tiedtke, DB 1994, 2601 (2607); Baur/Stürner, § 14, S. 183; Westermann/Westermann/Gursky/Eickmann, § 44 Rn. 25; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, Anh. zu §§ 929–931 Rn. 252; Huber, JuS 2011, 588 (590); Medicus/ Petersen, § 21 Rn. 511; Gottwald/Adolphsen, InsHdb, § 40 Rn. 53 m. w. N.; Ganter, MüKomm, InsO, § 47 Rn. 375; Brinkmann, Uhlenbruck, InsO, § 51, 25 m. w. N.; Bassenge, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 930 Rn. 36: „Ist die gesicherte Forderung nicht befriedigt und ist noch keine Verwertungsreife eingetreten, so hat der Sicherungsgeber zwar ein Aussonderungsrecht (InsO 47), der Insolvenzverwalter ist aber nach Maßgabe des Sicherungsvertrags besitzberechtigt bzw. der besitzende Sicherungsgeber erhaltungsverpflichtet. Nach Verwertungsreife darf der Insolvenzverwalter wie der Sicherungsnehmer verwerten und muss Übererlös an den Sicherungsgeber abführen.“
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
Sicherungsnehmers das Sicherungsgut bei dem Sicherungsnehmer zu pfänden versuchen. Im Falle der Pfändung des Sicherungsguts beim Sicherungsnehmer lehnt die herrschende Meinung ein Widerspruchsrecht des Sicherungsgebers mit der Begründung ab,133 dass der Sicherungsgeber das Sicherungsgut dem Sicherungsnehmer bereits übereignet hat und jetzt nur der Inhaber eines obligtorischen Anspruchs auf Rückübertragung ist.134 In einem solchen Fall kann sich der Sicherungsgeber nur neben den anderen ungesicherten Gläubigern des Sicherungsnehmers an dem Vollstreckungsverfahren beteiligen.135 Die Frage, ob dem Sicherungsgeber ein Aussonderungsrecht in der Insolvenz des Sicherungsnehmers zusteht, wird im schweizerischen und türkischen Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Nach einer Ansicht geht es bei der Sicherungsübereignung um den Vollrechtserwerb des Sicherungsnehmers an dem Sicherungsobjekt. Aus diesem Grund fällt das Sicherungsgut in die Insolvenzmasse, wenn der Sicherungsnehmer insolvent wird.136 Dabei steht aber dem Sicherungsgeber kein Aussonderungsrecht gem. Art. 242 SchKG, Art. 228 türk. Vollstreckungs- und Konkursgesetz zu,137 es sei denn, es liegt eine auflösend bedingte Sicherungsübereignung vor.138 Möglich bleibt allerdings, dass der Sicherungsgeber seinen Anspruch auf Rückübertragung als Insolvenzgläubiger geltend macht. Dies geschieht dadurch, dass der Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückübertragung in Geldforderungen von entsprechendem Werte umgewandelt wird (Art. 211 Abs. 1 SchKG, Art. 198 Abs. 1 türk. Vollstreckungs- und Konkursgesetz).139
133 Özkaya, S. 49; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1472 m. w. N.; vgl. Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 252; Hadding/Schneider, Rn. 518. 134 Altaş/Kurt, IÜHFD 2011, 1 (19). 135 Altaş/Kurt, IÜHFD 2011, 1 (19) m. w. N. 136 Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1466; Bauer, BaslerKomm, ZGB II, vor Art. 884–894 Rn. 33 m. w. N. 137 Oktay Özdemir, MHB 1999–2000, 657 (660) m. w. N.; Altaş/Kurt, IÜHFD 2011, 1 (24 f.); Uygur, GÜHFD 2006, 171 (192); Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1466 m. w. N.; Hadding/Schneider, Rn. 512 ff.; Umbach-Spahn, Tagung in Zürich, 1 (15); w. N. aus der Rechtsprechung bei Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 252. 138 Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1468 m. w. N.; Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 253 m. w. N.; Hadding/ Schneider, Rn. 515. 139 Dazu s. Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1467 m. w. N.; dazu Özsunay, S. 211 f.; Altaş/Kurt, IÜHFD 2011, 1 (19) m. w. N. Auch hat die Insolvenzverwaltung das Recht, den Vertrag mit dem Sicherungsgeber anstelle des Schuldners zu erfüllen (Art. 211 Abs. 2 SchKG/Art. 198 Abs. 2 türk. Vollstreckungs- und Konkursgesetz). Danach wird das Sicherungsgut dem Sicherungsgeber zurückgegeben. S. Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1467 m. w. N.
B. Sicherungsübereignung
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Nach anderer Ansicht finden Art. 401 Abs. 3 OR, Art. 509 Abs. 3 türk. OR eine entsprechende Anwendung auf die Insolvenz des Sicherungsnehmers, wonach der Auftraggeber in der Insolvenz des Beauftragten die beweglichen Sachen herausverlangen kann, welche der Beauftragte im Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers zu Eigentum erworben hat.140 Durch diese analoge Anwendung erlangt der Sicherungsgeber (als Beauftragter) die Möglichkeit, das Sicherungsgut aus der Insolvenzmasse auszusondern, sobald er seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Verhältnis zwischen ihm und dem Sicherungsnehmer nachgekommen ist. Weil das Sicherungseigentum im schweizerischen und türkischen Recht nicht in der Weise begründet werden kann, dass der Sicherungsgeber im unmittelbaren Besitz des Sicherungsguts bleibt, erstreckt sich die Zwangsvollstreckung gegen das Vermögen des Sicherungsgebers im Regelfall nicht auf das Sicherungsgut.141 In einem Ausnahmefall, in dem das Sicherungsgut vorübergehend, z. B. zur Reparatur, im unmittelbaren Besitz des Sicherungsgebers liegt und in diesem Zeitpunkt von den Gläubigern des Sicherungsgebers vollstreckt wird, kann der Sicherungsnehmer eine Widerspruchsklage erheben.142 Übrigens fällt das Sicherungsgut im Regelfall nicht in die Insolvenzmasse, wenn gegen den Sicherungsgeber das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Dafür wird der Grund vorgebracht, dass das Sicherungsgut nach der Bestellung des Sicherungseigentums nicht mehr in das Vermögen des Sicherungsgebers gehört.143 Ferner wird die gesicherte Forderung des Sicherungsnehmers mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig (Art. 208 SchKG, Art. 195 türk. Vollstreckungs- und Konkursgesetz),144 und der Sicherungsnehmer kann seine Forderung als ein ungesicherter Gläubiger zur Insolvenztabelle anmelden.145
140
Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (1013); Altaş/Kurt, IÜHFD 2011, 1 (20) m. w. N.; Uygur, GÜHFD 2006, 171 (192 f.) m. w. N.; Wiegand, BBT 1998, 75 (103) m. w. N.; Hadding/ Schneider, Rn. 513 m. w. N., kritisch Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Syst. T., Rn. 252; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 467 m. Hinweis darauf, dass es hier eine bewegliche Sache gibt, die nicht von einem Dritten (Regelfall des Art. 401 Abs. 3 SchKG), sondern vom Auftraggeber (Sicherungsgeber) erworben wurde. Vgl. Wiegand, BBT 1998, 75 (103) m. w. N. 141 Hadding/Schneider, Rn. 519 m. w. N. 142 Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1482 m. w. N. 143 Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1478 m. w. N. 144 Hadding/Schneider, Rn. 516. 145 Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1480 m. w. N.
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
C. Die Mobiliarhypothek nach dem schweizerischen und türkischen Recht Aufgrund der strengen Begründungs- und Fortbestehensvoraussetzungen des Eigentumsvorbehalts im schweizerischen und türkischen Recht findet der Eigentumsvorbehalt dort als Sicherungsmittel nur im geringen Rahmen Anwendung.146 Das Pfandrecht an den beweglichen Sachen in Form des Faustpfands ist auch nicht tauglich, um den Bedürfnissen des wirtschaftlichen Lebens zu genügen.147 Wie bereits erwähnt, schreiben sowohl das deutsche als auch das schweizerische und türkische Recht für eine wirksame Begründung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache grundsätzlich vor, den Besitz an der Pfandsache auf den Pfandgläubiger zu übertragen.148 Anders gesagt, wird ein Fahrnispfandrecht nicht begründet, solange die bewegliche Sache in der sachlichen Herrschaft des Pfandschuldners liegt. Bei der Pfandrechtsbestellung dient die Besitzübertragung zur Veröffentlichung des Pfandrechts. Unter Berücksichtigung der aktuellen sachenrechtlichen Vorschriften könnte man behaupten, dass das Pfandrecht an beweglichen Sachen in Form des Faustpfands dem Bedürfnis der Praxis nach einer besitzlosen Mobiliarsicherheit widerspricht.149 Dies macht sich insbesondere bemerkbar bei der Finanzierung der Anlageund Umlaufkredite zugunsten der Kleingewerbeunternehmen. Die Problematik der Sicherung der Bankkredite mit dem Pfandrecht in Form des Faustpfands tritt dann z. B. auf, wenn die Kleinegewerbeunternehmen ihre beweglichen Einrichtungen zur Sicherung eines Bankenkredits anbieten wollen. Die Verpfändung der beweglichen Einrichungen durch deren Besitzübertragung auf den Pfandgläubiger würde jedoch zu unerträglichen Folgen für die Kleinegewerbeunternehmen führen, für welche die Nutzung der verpfändeten Einrichtungen für die Aufrechthaltung des Geschäftsbetriebes unverzichtbar ist.150 146 Insbesondere aufgrund der erforderlichen Registereintragung des Eigentumsvorbehalts findet der Eigentumsvorbehalt seine Anwendung im Alltag kaum auf preiswerte Güter wie z. B. Haushaltsgeräte. In der heutigen Praxis beschränkt sich seine Anwendung vielmehr besonders auf den Kauf wertvoller Gegenstände, wie Kraftfahrzeuge und Betriebs- und Geschäftsausstattungen. 147 YHGK, E. 1996/19–609, K. 1996/764, T. 13. 11. 1996. 148 Dazu s. oben S. 174 ff. 149 Es wäre auch vertretbar, dass das Faustpfand insbesondere für die Verpfändung der teureren Mobilien untauglich ist. Ebenso Tufan Öğüz, „Motorlu Araçların Rehnine İlişkin Uygulamanın Kamuya Açıklık (Aleniyet) İlkesi Açısından Değerlendirilmesi“, Prof. Dr. M. Kemal Oğuzman’ın Anısına Armağan, Istanbul 2000, S. 693 (694); dazu Ergüne, S. 129; w. N. bei Murat Doğan, „Teslime Bağlı Olmayan Sicilli Motorlu Taşıt Rehni“, Erzincan Üniversitesi Hukuk Fakültesi Dergisi, Band XII, Heft 3–4, Erzincan 2008, 181 (184), Fn. 11. 150 Özcan Karadeniz, „Kreditsicherung durch Mobilien in der türkischen Rechtspraxis“, Ankara Üniversitesi Hukuk Fakültesi Dergisi, Band 19, Heft 1–4, Ankara 1962, 405 (410). In Art. 805 Abs. 1 ZGB, Art. 862 Abs. 1 türk. ZGB wird geregelt, dass alle Bestandteile und alles
C. Die Mobiliarhypothek nach dem schweizerischen und türkischen Recht
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Andererseits hat man auch gegen die Sicherungsübereignung nach dem schweizerischen und türkischen Recht Bedenken. In diesen Rechtssystemen ist die Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut durch die relative Unwirksamkeit gefährdet. Sowohl im schweizerischen als auch im türkischen Recht wird die Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut als ein Umgehungsgeschäft i. S. v. Art. 717 Abs. 1 ZGB, Art. 766 Abs. 1 türk. ZGB Dritten gegenüber unwirksam, und sie entfaltet nur den Parteien gegenüber volle Rechtswirkung.151 Aufgrund dessen spielt die Eigentumsübertragung zur Sicherung einer Forderung in der Schweiz und der Türkei keine große Rolle wie in Deutschland.152 Daher besteht die Suche nach besitzlosen Sicherungsmitteln im schweizerischen und türkischen Geschäftsverkehr für die Kreditierung der Kaufgüter, insbesondere für die Kreditierung der Handelsgüter, weiter. Die Änderungen im wirtschaftlichen Leben und insbesondere der Wunsch des Käufers zur Gewährung einer Garantie ohne Übergabe der beweglichen Sachen zugunsten seines Verkäufers oder eines Kreditinstituts führten die Entwicklungen im Mobiliarsicherungsrecht herbei. Eine dieser Entwicklungen ist die Zulassung der Begründung besitzloser (Register-)Pfandrechte (Mobiliarhypothek) im schweizerischen und türkischen Recht. In der Regel wird eine bewegliche Sache nach dem schweizerischen und türkischen Recht durch Besitzübertragung verpfändet (s. Art. 884 Abs. 1 ZGB, Art. 939 Abs. 1 türk. ZGB). Nunmehr weichen der schweizerische und türkische Gesetzgeber nur in Ausnahmefällen vom Erfordernis der Besitzübertragung bei der Fahrnispfandbestellung ab und lassen die vom Registersystem beherrschte Mobiliarhypothek für bestimmte Pfandgegenstände zu.153 Gemäß Art. 884 Abs. 1 ZGB und Zubehör mit dem Grundstück mitverpfändet werden können. Über die Möglichkeit der Verpfändung wertvoller beweglicher Sachen mit dem Grundstück hat Karadeniz zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Sicherungsmöglichkeit den großen Unternehmen für die Sicherung der Kredite helfen könnte, jedoch für die kleinen Unternehmen untauglich wäre, da sie meistens kein Grundstück haben bzw. nicht in der Lage sind, ihre beweglichen Einrichtungen als Kreditunterlage anzubieten. Dazu s. Karadeniz, AÜHFD 1962, 405 (410). 151 S. oben S. 185 ff. 152 Dazu s. Saibe Oktay Özdemir, „Teminat Amaçlı Mülkiyet Devri Sözleşmeleri“, Istanbul Üniversitesi Milletlerarası Hukuk ve Milletlerarası Özel Hukuk Bülteni, Prof. Dr. Aysel Çelikel’e Armağan 1999–2000, Istanbul 2001, 657 (672); Wolfgang Wiegand, „Fiduziarische Sicherungsgeschäfte“, Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, Bern 1980, Bd. 116, 537 (552). 153 In diesem Zusammenhang kann man die Frage stellen, ob es im schweizerischen bzw. türkischen Rechtsverkehr überhaupt der Möglichkeit der Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut bedarf, während eine Mobiliarhypothek durch die Registereintragung und ohne Übergabe der Pfandsache bestellt werden kann. Man könnte hier funktionell argumentieren, die schweizerische und türkische Mobiliarhypothek erfüllen schon die Funktion der deutschen Sicherungsübereignung. Hier soll man jedoch darauf achten, dass es bei der deutschen Sicherungsübereignung um die Eigentumsübertragung mit einem Sicherungszweck geht, obgleich der Sicherungsnehmer über das Eigentum an dem Sicherungsgut nicht beliebig verfügen darf, sondern das Eigentum nach der Tilgung der gesicherten Forderung an den Sicherungsgeber
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
Art. 939 Abs. 1 türk. ZGB kann ein Fahrnispfand ohne die sonst erforderliche Besitzübertragung verpfändet werden, wenn das Gesetz eine Ausnahme macht. Durch diese Vorschriften wird es nun möglich, die Übertragung des Besitzes an der Pfandsache durch einen Eintrag in ein spezifisches Register zu ersetzen und dadurch eine Mobiliarhypothek für die Verpfändung von bestimmten Pfandgegenständen zu begründen.154 Nach Art. 885 ZGB wird zugelassen, zur Sicherung von Forderungen von Geldinstituten und Genossenschaften, die von der zuständigen Behörde ihres Wohnsitzkantons ermächtigt sind, ein Viehpfandrecht durch Eintragung in ein Verschreibungsprotokoll und Anzeige an das Betreibungsamt zu bestellen (sog. Viehverpfändung). Dementsprechend kann ein Pfandrecht an Tieren nach Art. 940 Abs. 1 türk. ZGB ohne eine Besitzübertragung bestellt werden.155 Außerdem ist das Registerpfandrecht auch für Schiffe156 und Luftfahrzeuge157 möglich. Ein weiterer Ausnahmefall zum Faustpfandprinzip im türkischen Recht stellt das kaufmännische Unternehmenspfandrecht dar, bei welchem es um die Verpfändung von beweglichen Sachen geht, die der Fortführung eines Unterzurückzuübertragen verpflichtet ist. Dagegen zeigt sich der Pfandgläubiger bei dem Registerpfandrecht an beweglichen Sachen nicht als Eigentümer, sondern nur als der Inhaber eines beschränkten dinglichen Recht an der Pfandsache. Aus der Sicht des Verwertungsrechts des Sicherungsnehmers und des Pfandgläubigers s. auch Max Johann Lipsky, Statutenwechsel im italienischen Sachenrecht – Auswirkungen auf den Im- und Export von Mobiliarsicherheiten, Frankfurt am Main 2011, S. 262, 265. 154 Schon vor der Regelung des Registerpfandrechts in Art. 940 Abs. 2 türk. ZGB hat Davran die Struktur des Eigentumsvorbehalts im türkischen Recht kritisert und den Eigentumsvorbehalt mit der türkischen Rechtspraxis für unvereinbar erklärt. Seiner Ansicht nach bedarf es einer anderen Art der Kreditsicherung – insbesondere zur Sicherung des Geldkredits – in der türkischen Industrie. Seiner Ansicht nach konnte das Registerpfandrecht ein praxistaugliches Sicherungsmittel sein, bei dem dem Pfandschuldner die Möglichkeit der Weiternutzung der Pfandsache nicht versagt ist. Bülent Davran, „Teslim Şartlı Menkul Rehni – Sicilli Menkul Rehni“, Ticaret ve Banka Hukuku Haftası (27 Nisan – 3 Mayıs 1959), Ankara 1959, S. 159 hingewiesen bei Karadeniz, AÜHFD 1962, 405 (426), Fn. 42. 155 Dabei muss man darauf achten, dass die Mobiliarhypothek in Art. Art. 885 ZGB nur in Form der Fahrnisverschreibung und nur bei der Verpfändung von Vieh zugelassen ist. Im schweizerischen Recht ist sie aber im Verkehr unter Privaten ausgeschlossen. Demgegenüber werden Tiere im Allgemeinen die Gegenstände der Mobiliarhypothek nach Art. 940 Abs. 1 türk. ZGB, ohne Beschränkung des Mobiliarpfandrechts an Vieh wie in der Schweiz. Dazu s. Tuor/ Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, § 119 Rn. 11 ff. Über die Viehverpfändung im türkischen Recht nach Art. 940 Abs. 1 türk. ZGB s. oben S. 28 f. 156 S. sogenannte Schiffverschreibung nach Art. 38 ff. Bundesgesetz über das Schiffregister vom 28. 09. 1923, Art. 2, 10 Bundesgesetz über die Seeschifffahrt unter der Schweizerflagge vom 23. 09. 1953 und Schiffshypothek nach Art. 1013–1016 türk. HGB. 157 S. sogenannte Luftfahrzeugverschreibung nach Art. 28 ff. Bundesgesetz über das Luftfahrzeugbuch vom 07. 10. 1959 und sogenanntes Pfandrecht an Lutffahrzeugen nach Art. 69 ff. des Gesetzes für türkisches Zivilluftrecht, s. auch Übereinkommen über internationale Sicherungsrechte an beweglicher Ausrüstung von 2001, welches auf internationale Anerkennung von den Sicherungsrechten an wertvollen beweglichen Ausrüstungen durch Schaffung eines internationalen Registers gezielt ist.
C. Die Mobiliarhypothek nach dem schweizerischen und türkischen Recht
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nehmens zugewiesen sind, durch die Eintragung in das Handels- oder Handwerksregister, ohne dass die Besitzübertragung an den Pfandgläubiger geschieht. Das kaufmännische Unternehmenspfandrecht wird in einem besonderen türk. Gesetz über das Mobiliarpfandrecht im Rahmen der Handelsgeschäfte vom 20. 10. 2016 geregelt.158 Mit diesem Gesetz wird bezweckt, die Bestellung eines Unternehmenspfandrechts auf eine Vielzahl von beweglichen Sachen zu erweitern und dadurch den Kreditnehmern die Beschaffung eines Kredits zu erleichtern.159 Also ist diese Verpfändungsart besonders wichtig, da der Pfandschuldner die Gegenstände der Verpfändung weiter benutzen darf, indem er diese Gegenstände gleichzeitig zur Sicherung eines Kredits anbieten kann. Nach Art. 3 des türk. Gesetzes über das Mobiliarpfandrecht im Rahmen der Handelsgeschäfte wird das kaufmännische Unternehmenspfand zwischen Kreditinstituten, Kaufleuten, Händlern, Bauern, Herstellerverbänden, Freiberuflern sowie zwischen natürlichen und juristischen Personen begründet. Für die kaufmännischen Geschäftsverhältnisse in der Türkei hilft das kaufmännische Unternehmenspfandrecht nur im beschränkten Umfang. Gemäß Art. 5 des türk. Gesetzes über das Mobiliarpfandrecht im Rahmen der Handelsgeschäfte können nur bestimmte Gegenstände des Unternehmens zugunsten eines Verkäufers, der bis zu einem späteren Zeitpunkt die Gegenleistung kreditiert hat, verpfändet werden.160 Allerdings würde der Käufer, der nicht bar gekauft bzw. sich mit dem Geldkredit einer Bank finanziert, sich finanziell in einer schlechten Lage befinden, wenn er zugunsten seines Verkäufers oder der Bank an der gekauften oder schon an einer in seinem Vermögen befindlichen beweglichen Sache ein Pfandrecht durch Besitzübertragung begründet hätte.
158 S. a. die Verordnung über die Schaffung eines Registers für die Mobiliarpfandrechte, veröffentlicht am 31. 11. 2016. 159 Im türkischen Handelsverkehr finanzieren sich die kleinen und mittelständischen Unternehmen meistens mittels eines Bankkredits. Trotz der Tatsache, dass das Vermögen dieser kleinen und mittelständischen Unternehmen meistens aus den beweglichen Sachen besteht, verlangen die türkische Banken von dem Kreditnehmer eine dingliche Garantie an einem Grundstück gegen den Bankkredit. In dem Fall sind das Kreditbedürfnis der Unternehmen und das Garantieinteresse der Banken nicht miteinander vereinbar. Durch das neue Gesetz ist vor allem gewollt, die Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittelständischen Unternehmen mit den Großunternehmen zu erhöhen. Nach dem neuen Gesetz kann ein Registerpfandrecht an dem Unternehmen gehörenden beweglichen Sachen zwischen den Kreditinstituten und den in Art. 3 genannten natürlichen bzw. juristischen Personen oder den Kaufmännern und/oder den Kleinhändlern bestellt werden. Für weitere Informationen über den Gesetzentwurf s. die Internetseite: http://www2.tbmm.gov.tr/d26/1/1–0753.pdf. 160 Zu Einzelheiten über das kaufmännische Unternehmenspfandrecht nach dem alten Unternehmenspfandrechtsgesetz vom Jahre 1971 s. z. B. Seza Reisoğlu, „Ticari İşletme Rehni ve Son Yasal Düzenleme“, Bankacılar Dergisi, Heft 47, Istanbul 2003, S. 107 ff.
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
Zumeist sind die Fortführung eines Betriebes und die Tilgung der Geldschuld des Käufers (Kreditnehmers) von der Nutzung der gekauften oder schon im Vermögen liegenden beweglichen Sachen abhängig. Unter Berücksichtigung des Bedarfs nach der Sicherung eines Kredits ohne Übergabe der Pfandsache wurde in der Schweiz und der Türkei vorgeschlagen, das Pfandrecht anstelle der Besitzübertragung durch einen Registereintrag in ein besonderes Register zu veröffentlichen.161 In der Türkei bedurfte es eines solchen Registerpfandrechts insbesondere im Rahmen des Verkaufs von Kraftfahrzeugen.162 Wäre die Begründung eines Registerpfandrechts für den Käufer verboten, würde es eine lange Wartezeit für den Käufer z. B. in dem Fall kosten, wenn der Käufer ein Kraftfahrzeug mittels Bankkredit gekauft hätte und bis zur kompletten Rückzahlung des Bankkredits nicht benutzen dürfte. In dem Fall bietet jedoch der Bankkredit keine ausreichende finanzielle Hilfe.163 In der Türkei, wo Kraftfahrzeuge oft mittels Bankkredit verkauft werden,164 hat der türkische Gesetzgeber das Bedürfnis der Praxis und auch der inländischen Banken nach einem Registerpfandrecht berücksichtigt und im Jahr 2002 in das türkische Zivilgesetzbuch eine neue Vorschrift eingefügt. Der neue Art. 940 Abs. 2 türk. ZGB lautet: „Zur Sicherung von Forderungen von natürlichen oder juristischen Personen kann für in einem Register eingetragene bewegliche Sachen ohne Übertragung des Besitzes durch Eintragung in das Register, wo sie bereits registriert sind, ein Pfandrecht bestellt werden. Die übrigen Angelegenheiten werden durch eine Satzung geregelt.“
Beachtlich ist, dass Art. 940 Abs. 2 türk. ZGB die besitzlose Verpfändung nur für eine bestimmte Art von beweglichen Sachen, nur für die in ein Register eingetragenen beweglichen Sachen, erlaubt. Zu den registerpflichtigen beweglichen Sachen werden große Handelsschiffe (Art. 884 türk. HGB), Luftfahrzeuge (Art. 49 f. des Gesetzes für Türkisches Zivilluftrecht), Motorfahrzeuge und Werkzeugmaschinen gezählt. Für einige der hier zu erwähnenden beweglichen Sachen wurde die Möglichkeit der Bestellung eines Registerpfandrechts schon in besonderen Gesetzen geregelt. Deshalb ist zu behaupten, dass der türkische Gesetzgeber bei der Regelung des Art. 940 Abs. 2 türk. ZGB vor 161 Über das Bedürfnis der Praxis nach einem Registerpfandrecht an beweglichen Sachen s. Hasan Seçkin Ozanoğlu, „Türk Medenî Kanunu’nun 940. Madde-sinin II. Fıkrası (Motorlu Araç Rehni) Üzerine“, Gazi Üniversitesi Hukuk Fakültesi Dergisi, Bd. V, Heft 1–2, Ankara 2001, 20 (24) m. w. N. 162 Ergüne, S. 129, Fn. 103 und S. 169, 197 f. 163 Dementsprechend Öğüz, Prof. Dr. M. Kemal Oğuzman’ın Anısına Armağan, 693 (694 f.). 164 http://www.tcmb.gov.tr/wps/wcm/connect/997cad3b-ae53–4eff-b46e–225d54344c39/ mayis_2013.pdf?MOD=AJPERES&CACHEID=ROOTWORKSPACE997cad3b-ae53–4effb46e–225d54344c39; http://www.tobb.org.tr/Documents/yayinlar/2014/20140127-OtomobilSektoruRaporu.pdf.
C. Die Mobiliarhypothek nach dem schweizerischen und türkischen Recht
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allem das Bedürfnis nach einem Registerpfand an den Kraftfahrzeugen im Auge hatte.165 Nach Art. 940 Abs. 2 türk. ZGB wird es nunmehr möglich, z. B. bei einem Autokauf zugunsten der kreditierenden Bank ein Registerpfandrecht an dem gekauften Fahrzeug zu bestellen.166 Danach schließen der Kreditnehmer und die Bank einen Kreditvertrag und dazu einen Pfandvertrag ab. Dieses Registerpfandrecht zugunsten der Bank wird jedoch erst mit der Eintragung des Pfandvertrags in das Straßenverkehrsregister begründet. Diesem Registereintrag kommt also eine konstitutive Bedeutung zu.167 Dies wiederholt sich in Art. 940 Abs. 2 türk. ZGB: Ein Pfandrecht kann für in einem Register eingetragene bewegliche Sachen ohne Übertragung des Besitzes durch Eintragung in das Register, wo sie bereits registriert sind, bestellt werden. Fraglich ist, ob das im schweizerischen und türkischen Recht im bestimmten Umfang zugelassene Registerpfandrecht als eine bessere Alternative zu dem inländischen Eigentumsvorbehalt und dem Faustpfand anzusehen ist. Insbesondere hinsichtlich des Registerpfandrechts, das nach türk. ZGB begründet wird, wird man diese Frage zurückhaltend beantworten. Nach Art. 940 Abs. 1, 2 türk. ZGB können nicht alle beweglichen Sachen Gegenstand des Registerpfandrechts sein, sondern nur Tiere und die in ein Register eingetragenen beweglichen Sachen. Nach Art. 940 Abs. 2 türk. ZGB kann ein Registerpfandrecht an einer wertvollen beweglichen Sache bestellt werden, soweit diese bewegliche Sache in ein spezifisches Register eingetragen wird. Diese Ausnahmefälle, in denen von der Voraussetzung der Besitzübertragung abgewichen wird, müssen vom Gesetz vorgesehen werden. Daher darf ein in dem Gesetz nicht geregeltes Registerpfandrecht nicht begründet werden. Daraus folgt, dass der Bedarf an der Garantiegewährung zugunsten des Verkäufers im Rahmen des Kaufs an manchen wertvollen Kaufgütern immer noch besteht. 165 Dementsprechend Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 3747; Ergüne, S. 129, 170; Doğan, EHFD 2008, 181 (186) m. w. N.; über die Tendenz des türkischen Kassationshofs bereits vor der Regelung des Art. 940 Abs. 2 türk. ZGB ein Registerpfandrecht an Motorfahrzeuge anzuerkennen s. Yargıtay HGK, E. 1996/19–609, K. 1996/764, T. 13. 11. 1996. Zur Eintragung von Motorfahrzeugen in das besondere Register s. Art. 19 türk. Gesetz zur Straßenverkehrsordnung. Über den Begriff des Motorfahrzeugs s. a. Art. 3 türk. Gesetz zur Straßenverkehrsordnung. 166 Yargıtay 19. HD., E. 2009/1006, K. 2009/1282, T. 19. 02. 2009; Yargıtay 19. HD., E. 2009/2790, K. 2009/3133, T. 15. 04. 2009; Yargıtay 11. HD., E. 2013/17403, K. 2014/386, T. 09. 01. 2014. Die Verpfändung der Kraftfahrzeuge, die auf Unternehmen angewiesen sind, ist bereits in dem türk. Gesetz über das Mobiliarpfandrecht im Rahmen der Handelsgeschäfte geregelt. Dazu s. oben S. 204, 205. Ergüne, S. 170; Seza Reisoğlu, „Yeni Medeni Kanun’un Bankaları İlgilendiren Başlıca Farklı Düzenlemeleri“, Bankacılar Dergisi, Heft 40, Istanbul 2002, 67 (74); Ozanoğlu, GÜHFD 2001, S. 20; Doğan, EHFD 2008, 181 (192) m. w. N. 167 Ergüne, S. 170; Seza Reisoğlu, „Yeni Medeni Kanun’un Bankaları İlgilendiren Başlıca Farklı Düzenlemeleri“, Bankacılar Dergisi, Heft 40, Istanbul 2002, 67 (74); Ozanoğlu, GÜHFD 2001, S. 20; Doğan, EHFD 2008, 181 (192) m. w. N.
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3. Kapitel: Ein Überblick über andere Mobiliarsicherheiten
Im Rahmen der Untersuchung eines Sicherungsmittels alternativ zu dem Eigentumsvorbehalt muss beim kaufmännischen Unternehmenspfandrecht darauf geachtet werden, dass nur bestimmte bewegliche Sachen des Unternehmens zur Sicherung der Geldschuld anzubieten sind.168
168 S. Art. 5 des türk. Gesetzes über das Mobiliarpfandrecht im Rahmen der Handelsgeschäfte und oben S. 205.
4. Kapitel
Kollisionsrechtliche Behandlung des grenzüberschreitenden Eigentumsvorbehalts nach dem deutschen, schweizerischen und türkischen Recht In den ersten drei Kapiteln dieser Untersuchung wurden die Fragen beantwortet, wie der Eigentumsvorbehalt nach dem deutschen, schweizerischen, türkischen Recht sachenrechtlich sowie vollstreckungs- und insolvenzrechtlich behandelt wird und welche bestimmten Probleme aus einem Kaufverhältnis unter Eigentumsvorbehalt entstehen könnten. Meistens wird der Eigentumsvorbehalt zwar im Rahmen eines kaufmännischen Geschäftsverhältnisses vereinbart, in dem die Verschiebung der Vorbehaltssache in ein anderes Land üblich ist. Für die Behandlung des Eigentumsvorbehalts ist deshalb die Frage interessant, welche Kollisionsnormen für den grenzüberschreitenden Eigentumsvorbehalt anwendbar sind und auch welche kollisionsrechtlichen Probleme bei einem grenzüberschreitenden Eigentumsvorbehalt häufig vorkommen.
A. Anerkennungs- und Geltungsfragen beim grenzüberschreitenden Eigentumsvorbehalt I. Anwendbarkeit des Grundprinzips der lex rei sitae auf den Eigentumsvorbehalt Sachenrechtliche Tatbestände werden nach Art. 43 Abs. 1 EGBGB, Art. 100 Abs. 1 IPRG, Art. 21 türk. IPRG grundsätzlich nach dem Recht des Lageorts (lex rei sitae, lex situs, Belegenheitsrecht) beurteilt. Danach unterstehen Rechte an einer Sache dem Recht des Staates, in dem sich die Sache im Zeitpunkt der Vollendung des sachenrechtlichen Tatbestands befindet.1 1 Brinkmann, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, Art. 43 EGBGB Rn. 3, 5 f.; Hohloch, Erman, BGB, Bd. II, Art. 43 EGBGB Rn. 9; Spickhoff, Bamberger/Roth, BGB, Art. 43 EGBGB Rn. 6; Thorn, Palandt, BGB, 75. Aufl., Art. 43 EGBGB Rn. 1; Wendehorst, MüKomm, BGB, Bd. 11, 6. Aufl., Art. 43 EGBGB Rn. 3; Mansel, Staudinger, IPR, Neubearb., Art. 43 EGBGB Rn. 12, 43; dazu Beck, S. 148; Hans Hanisch, „Eigentumsvorbehalt im Normenkonflikt“, Rechtskollisionen, Festschrift für Anton Heini zum 65. Geburtstag, Zürich 1995, 159 (172); Heini, ZüKomm, IPRG, Art. 100 Rn. 5 m. w. N.; Abdülhak Kemal Yörük, Devletler Hususi Hukuku, 2. Auflage, Istanbul 1950, S. 365; Muammer Raşit Seviğ/Vedat Raşit Seviğ, Devletler Hususi Hukuku, 3. Auflage, Istanbul 1962, S. 538 f.; Ergin Nomer, Devletler Hususi Hukuku,
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
Die Anknüpfung an die lex rei sitae wird in erster Linie mit dem Schutz des Rechtsverkehrs gerechtfertigt.2 Nach einer überwiegenden Ansicht haben Dritte ein schutzwürdiges Interesse an der leichten Feststellung des Anknüpfungspunkts.3 Es muss den betroffenen Dritten klar sein, welches Recht auf den sachenrechtlichen Vorgang angewandt wird. Unter Berücksichtigung vom Drittinteresse4werden dingliche Rechte an beweglichen und unbeweglichen Sachen dem Lageortsrecht unterworfen, welches als Anknüpfungsmoment grundsätzlich unkompliziert feststellbar ist5 und über die Sache tatsächliche Herrschaft hat.6 Nach der herrschenden Lehre lassen sich die sachenrechtlichen Rechtsverhältnisse im Allgemeinen zwischen den Personen in dem Land begründen, wo sich die Sache befindet.7 Daher entspricht die Geltung des Lageortsrechts (lex rei sitae) auch dem Prinzip der stärksten Beziehung8 und auch dem Ziel des internationalen Entscheidungseinklangs9. Die Grundregel der lex rei sitae findet auch auf den Eigentumsvorbehalt Anwendung,10 da der Eigentumsvorbehalt nicht als ein reines schuldrechtliches Geschäft behandelt werden kann.11 Bei einem Eigentumsvorbehalt geht es vielmehr um eine bedingte Übereignung, da sich der Verkäufer das Eigentum bis zur Zahlung des ganzen Kaufpreises vorbehält und der Käufer erst später (mit der Zahlung des ganzen Kaufpreises) unbedingter Eigentümer wird. Von seiner 19. Auflage, Istanbul 2011, S. 291 f.; Aysel Çelikel, Menkul Eşya Üzerinde Ayni Haklardan Doğan Kanunlar İhtilafı, Istanbul 1972, S. 22, 25 f., 36 f. und 61 f. m. w. N. aus dem Schrifttum. 2 BT‑Drucks. 14/343, S. 15; Botschaft zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (IPR‑Gesetz) vom 10. November 1982, 273. 6; Brinkmann, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, Art. 43 EGBGB Rn. 6; Wendehorst, MüKomm, BGB, Bd. 11, 6. Aufl., Art. 43 EGBGB Rn. 4; Jan Kropholler, Internationales Privatrecht, 5. Auflage, Tübingen 2014, § 54, S. 542; Çelikel, S. 22; Nomer, Devletler Hususi Hukuku, S. 291; Gülören Tekinalp/Ayfer Uyanık, Milletlerarası Özel Hukuk, Bağlama Kuralları, 12. Auflage, Istanbul 2016, § 22, S. 251; Aysel Çelikel/Bahadır Erdem, Milletlerarası Özel Hukuk, 14. Auflage, Istanbul 2016, S. 319. 3 Mansel, Staudinger, IPR, Neubearb., Art. 43 EGBGB Rn. 19, 24 f. 4 Gerhard Kegel/Klaus Schurig, Internationales Privatrecht, 9. Auflage, München 2004, § 2 II, S. 138; Çelikel, S. 22; Çelikel/Erdem, S. 319. 5 Kropholler, § 54, S. 542; Bernd von Hoffmann/Karsten Thorn, Internationales Privatrecht einschließlich der Grundzüge des Internationalen Zivilverfahrensrechts, 9. Auflage, München 2007, Rn. 9; Wendehorst, MüKomm, BGB, Bd. 11, 6. Aufl., Art. 43 EGBGB Rn. 4. 6 Tekinalp, Bağlama Kuralları, § 22, S. 251; Çelikel/Erdem, S. 319. 7 Nomer, Devletler Hususi Hukuku, S. 291. 8 BT‑Drucks. 14/343, S. 15. 9 Wendehorst, MüKomm, BGB, Bd. 11, 6. Aufl., Art. 43 EGBGB Rn. 9; Kreuzer, MüKomm, BGB, Bd. 10, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Anh. I Rn. 67; Mansel, Staudinger, IPR, Neubearb., Art. 43 EGBGB Rn. 32. 10 Osman Fazıl Berki, Devletler Hususi Hukuku, 3. Auflage, Ankara 1959, S. 481; Tekinalp, Bağlama Kuralları, § 22, S. 253; Cemal Şanlı/Emre Esen/İnci Ataman-Figanmeşe, Milletlerarası Özel Hukuk, 4. Auflage, Istanbul 2015, S. 230. 11 Ebenso Emre Esen, „Yabancılık Unsuru Taşıyan Mülkiyeti Saklı Tutma Sözleşmesi Hakkında Bir Yargıtay Kararının Değerlendirilmesi“, İstanbul Üniversitesi Hukuk Fakültesi Mecmuası, Band 65; Heft 2, Istanbul 2007, 385 (390 f.); Şanlı/Esen/Ataman-Figanmeşe, S. 230.
A. Anerkennungs- und Geltungsfragen
209
sachenrechtlichen Rolle her dient der Eigentumsvorbehalt als ein besitzloses Mobiliarpfandrecht (Mobiliarhypothek).12 Er wird deshalb wie die anderen dinglichen Rechte von der lex rei sitae erfasst. Nicht wenige Probleme bezüglich der dinglichen Rechte entstehen aus dem Ortwechsel der beweglichen Sachen, also aus der Verschiebung der beweglichen Sachen in ein anderes Land. Ein wichtiges Problem würde sich ebenfalls bei einem Verkauf unter Eigentumsvorbehalt ergeben, wenn die Vorbehaltssache von einem Land in ein anderes verbracht wird, wo für die Bestellung und für das Fortbestehen des Eigentumsvorbehalts zusätzliche oder andersartige Voraussetzungen vorgesehen sind. Wenn eine bewegliche Sache, an der ein Eigentumsvorbehalt nach dem deutschen Recht ohne besondere Formerfordernisse begründet worden ist, z. B. aus Deutschland in die Türkei eingeführt wird, ist dann zu fragen, ob und mit welchem Inhalt das türkische Recht den deutschen Eigentumsvorbehalt anerkennt. Eine ähnliche Frage stellt sich dann, wenn eine bewegliche Sache jetzt in die Schweiz gelangt ist, an der ein Eigentumsvorbehalt durch mündliche Vereinbarung in Deutschland bestellt worden ist. Wie hier gesehen, stellt es eine wichtige Frage des internationalen Sachenrechts dar, unter welchen Voraussetzungen ein ausländischer Eigentumsvorbehalt anerkannt wird. II. Problem aus der erforderlichen Vereinbarkeit mit der inländischen Rechtsordnung im schweizerischen und türkischen Recht Wie bereits erwähnt, entscheidet das Recht des Staates über die dinglichen Rechte an einer Sache, in dem die Sache sich befindet (sog. lex rei sitae). Gelangt eine bewegliche Sache in einen anderen Staat, unterstehen die dinglichen Rechte an der beweglichen Sache hinsichtlich ihrer Anerkennung nunmehr der Sachenrechtsordnung des neuen Staates.13 Dies ist die Rechtsfolge eines Statutenwechsels. Nach allgemeiner Ansicht bestehen die nach der früheren Sachenrechtsordnung wirksam begründeten dinglichen Rechte im neuen Statut grundsätzlich weiter, wenn die Sache das Rechtsgebiet wechselt.14 Aus dem oben genannten Prinzip der lex rei sitae lässt sich das Weiterbestehen der dinglichen Rechte folgern.15
12 Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 316; Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (989); Aysel Çelikel/ Ergin Nomer/Kerem Giray/Emre Esen, Devletler Hususi Hukuku, 12. Auflage, Istanbul 2014, S. 344 ff.; dazu Çelikel/Erdem, S. 319; Esen, IÜHFM 2007, 385 (391 f.). 13 Dazu s. Vedat Raşit Seviğ, Kanunlar İhtilafı, 2. Auflage, Istanbul 1974, S. 93. 14 Yörük, S. 368; Nomer, Devletler Hususi Hukuku, S. 295; Çelikel/Nomer/Giray/Esen, S. 345. 15 Ebenso Çelikel, S. 63, 72.
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
Der neuen Sachenrechtsordnung ist es aber nicht verboten, dass sie für den Weiterbestand eines dinglichen Rechts weitere Dauervoraussetzungen vorsieht und deren Weitergeltung von der Vereinbarkeit mit dem inländischen Recht abhängig macht.16 Die im Ausland wirksam begründeten dinglichen Rechte werden im Inland grundsätzlich respektiert. Nach einem Statutenwechsel sind sie jedoch nur entsprechend den Voraussetzungen des neuen Sachstatuts geltend zu machen. In Bezug auf den Eigentumsvorbehalt ist in Art. 102 Abs. 2 IPRG mit der Erwägung von „Anforderungen des schweizerischen Rechts“ gemeint, dass der fremde Eigentumsvorbehalt mit der inländischen schweizerischen Rechtsordnung vereinbart werden muss. In Bezug auf Warenlieferungen im internationalen Geschäftsverkehr fragt sich weiterhin, ob das Bestimmungsland über das Weiterbestehen und den Inhalt der vorher bestellten dinglichen Rechte, auch über den Inhalt des Eigentumsvorbehalts, selbst entscheiden kann.17 Die Frage ist besonders wichtig, wenn die Sachenrechtsordnungen des Abgangs- und Bestimmungslandes miteinander kollidieren oder das ausländische dingliche Recht nach dem Bestimmungsland unbekannt ist. In der Schweiz wird mehrmals erörtert, dass die im ersten Statut bestellten dinglichen Rechte in der Schweiz im Prinzip anerkannt werden. Die Anerkennung und Verwirklichung der ausländischen dinglichen Rechten wird jedoch durch die Vereinbarkeit mit der inländischen Sachenrechtsordnung eingeschränkt, sodass die Anwendung eines fremden dinglichen Rechts nicht im Widerspruch mit der öffentlichen Ordnung der Schweiz und der Sittlichkeit stehen darf.18 Danach soll der schweizerische Richter die dinglichen Rechte nicht anerkennen, welche von der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit abweichen. Die Frage, wann ein im Ausland vereinbarter Eigentumsvorbehalt der öffentlichen Ordnung der Schweiz und Sittlichkeit entgegensteht, wird vielmals in der Schweiz gestellt und hinsichtlich des Eigentumsvorbehalts unter Berücksichtigung der erforderlichen Registereintragung beantwortet: Der ausländische Eigentumsvorbehalt steht der inländischen Rechtsordnung der Schweiz und der Sittlichkeit entgegen, solange er nicht in das schweizerische Register eingetragen wird.19 Hierüber wird in der türkischen Lehre überwiegend vertreten, dass bei der Kollision zwischen der alten Sachenrechtsordnung und der türkischen Sachen16 Meier-Hayoz, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., 1. Teilbd., Rn. 820 ff.; Hanisch, FS. für Anton Heini, 159 (172); Çelikel/Nomer/Giray/Esen, S. 345. 17 In Deutschland wird die Inhaltsbestimmung eines ausländischen Eigentumsvorbehalts nach dem Recht des Bestimmungslandes in einem bekannten Fall des BGHZ (45, 95) verdeutlicht. Weitergehend zum sogenannten Strickmaschinenfall in BGHZ 45, 95 s. unten S. 222 f. Dazu vgl. im türkischen Schrifttum z. B. Nomer, Devletler Hususi Hukuku, S. 296 f. 18 Beck, S. 149. 19 Zur erforderlichen Eintragung eines ausländischen Eigentumsvorbehalts in das schweizerische Register s. Liver, SPR, § 52, S. 334 m. w. N.
A. Anerkennungs- und Geltungsfragen
211
rechtsordnung die Letztere eine stärkere Position hat und sich selbst entscheidet, ob und mit welchem Inhalt die bereits erworbenen dinglichen Rechten an der beweglichen Sache in der Türkei anerkannt werden, nachdem die bewegliche Sache in die Türkei verbracht wurde.20 Nach der herrschenden Meinung in der Türkei ist die Eintragung in das Eigentumsvorbehaltsregister für die wirksame Begründung und für die Fortdauer des Eigentums des Verkäufers vorausgesetzt.21 Folglich wird der Käufer in der Türkei als unbedingter Eigentümer behandelt, wenn eine entsprechende Eintragung im türkischen Register fehlt. 1. Das Eintragungserfordernis nach dem schweizerischen und türkischen Sachenrecht Bereits bei der Darstellung der wirksamen Begründung eines Eigentumsvorbehalts nach dem schweizerischen und türkischen Sachenrecht wurde darauf hingewiesen, dass die Registereintragung für eine wirksame Begründung des Eigentumsvorbehalts unentbehrlich ist und damit die Verwirklichung der Publizität erzielt wird.22 Also dient die Eintragung zur Bekanntmachung des Eigentumsvorbehalts gegenüber Dritten. Von dieser Funktion her bildet die Eintragung eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Begründung und für das Weiterbestehen des Eigentumsvorbehalts. Auch in den internationalen Rechtsverhältnissen wird der Eintragung bei der Anerkennung eines ausländischen Eigentumsvorbehalts eine große Rolle beigemessen. Hierüber kommt ein großer Teil der türkischen Lehre und Rechtsprechung zu einem übertriebenen Ergebnis, dass ein ausländischer Eigentumsvorbehalt wegen des Fehlens einer Eintragung sofort ab dem Grenzübertritt unwirksam wird.23 Das Eintragungserfordernis wird in der Schweiz dagegen durch die Regelung einer Schonfrist aufgelockert. Danach erklärt das schweizerische IPRG den schon im Ausland vereinbarten Eigentumsvorbehalt nicht sofort für unwirksam, sondern gewährt eine Frist von drei Monaten in Art. 102 Abs. 2 IPRG zur Nachholung der fehlenden Eintragung in das schweizerische Register. Nunmehr bleibt der fremde Eigentumsvorbehalt nach Verbringung der Sache in die Schweiz drei Monate lang wirksam. Erfolgt die Eintragung in das von dem Betreibungsamt 20 Nomer, Devletler Hususi Hukuku, S. 296 f.; auch in Yargıtay 21. HD., E. 2003/11058, K. 2004/3676, T. 12. 04. 2004. Bis jetzt schweigt der türkische Gesetzgeber dagegen über die bereits im Ausland erworbenen dinglichen Rechten. Er hat nur die nicht abgeschlossene Tatbestände geregelt. Gemäß Art. 21 Abs. 3 türk. IPRG unterwerfen sich die nicht bereits im Ausland begründeten dinglichen Rechte dem Recht des Landes, in das die Sachen verbracht werden sollen. 21 Zur Begründungsfunktion s. oben S. 57 f., unten S. 249. 22 Zur Begründungsfunktion und Publizitätswirkung der Registereintsragung s. oben S. 57 ff., unten S. 249. 23 Zum fehlenden Schutz des Vorbehaltsverkäufers in der Türkei ausf. s. unten S. 214 ff.
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
geführten Register innerhalb der dreimonatigen Frist nicht, wird der Eigentumsvorbehalt erst dann nach schweizerischem Recht unwirksam. Möglich bleibt jedenfalls, den Eigentumsvorbehalt nachträglich nach dem Ablauf der dreimonatigen Frist in das schweizerische Register eintragen zu lassen.24 a) Problem des fehlenden Wohnsitzes des Käufers in der Schweiz oder der Türkei Aufgrund des Beharrens auf die Registereintragung des Eigentumsvorbehalts im schweizerischen und türkischen Recht folgen leider mehrere kollisionsrechtliche Probleme. In Art. 715 Abs. 1 ZGB und Art. 764 Abs. 1 türk. ZGB wird die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts davon abhängig gemacht, dass er an dem jeweiligen Wohnort des Vorbehaltskäufers in das Register eingetragen wird. Den offenbaren Ausdruck von der Eintragung am Wohnort des Käufers könnte man so interpretieren, dass die Eintragung nur dann möglich sei, wenn der Vorbehaltskäufer seinen Wohnort in der Schweiz oder in der Türkei hätte. Nicht selten kommen Fälle vor, in denen der Vorbehaltskäufer nicht in der Schweiz oder in der Türkei wohnt oder der Eigentumsvorbehalt zwischen zwei im Ausland wohnenden Parteien vereinbart wurde. Wäre es dann folgerichtig, dem ausländischen Eigentumsvorbehalt die Anerkennung in der Schweiz oder in der Türkei zu versagen, weil der Käufer keinen Wohnsitz in der Schweiz oder in der Türkei hat? Nach einer in der Schweiz vertretenen Mindermeinung soll ein fremder Eigentumsvorbehalt trotz des fehlenden Wohnorts in der Schweiz anerkannt werden. Nach dieser Meinung bleibt es jedenfalls möglich, den fremden Eigentumsvorbehalt am Lageort der Vorbehaltssache einzutragen.25 Hierzu stellt sich eine wichtige Frage, ob auf die Registereintragung des Eigentumsvorbehalts am Wohnort des Käufers in besonderen Fällen verzichtet werden kann. Ist die Eintragung auch in dem Fall unentbehrlich, wenn sich die Vorbehaltssache nur vorübergehend in der Schweiz oder in der Türkei befindet oder wenn es nur um den bloßen Transit der Sache geht? Nach einer Ansicht in der schweizerischen Lehre braucht man in einem solchen Fall über die Anerkennung des Eigentumsvorbehalts nach dem schweizerischen Recht nicht mehr zu diskutieren,26 da die schweizerische Rechtsordnung gemäß Art. 102 Abs. 1 und Abs. 2 IPRG nur für die mindestens für eine bestimmte Zeit in die Schweiz gelangenden Sachen zur Anwendung kommen.27 Danach ist der im Ausland 24 Zur zulässigen nachträglichen Eintragung des Eigentumsvorbehalts in der Schweiz ausf. unten S. 214 f. 25 Ebenso Heini, ZüKomm, IPRG, Art. 102 Rn. 12. In der türkischen Rechtsprechung und der Lehre trifft man dagegen kein Indiz für die Eintragung am Lageort der Vorbehaltssache. 26 Stephan Ottrubay, Die Eintragung des Eigentumsvorbehalts, Freiburg 1980, S. 74. 27 Heini, ZüKomm, IPRG, Art. 102 Rn. 4, 13; Dazu s. auch Hanisch, FS. für Anton Heini, 159 (173) m. w. N.
A. Anerkennungs- und Geltungsfragen
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vereinbarte publizitätslose Eigentumsvorbehalt mangels Eintragung nicht für unwirksam zu erklären, wenn die Sache von Anfang an nur vorübergehend in die Schweiz gelangt.28 Bei dem vorübergehenden Aufenthalt der Sache in der Schweiz entscheidet nicht die schweizerische Rechtsordnung, sondern die Rechtsordnung des Bestimmungslandes darüber, ob sie den nach der früheren Rechtsordnung begründeten Eigentumsvorbehalt respektiert oder nicht.29 Weder in den höchsrichterlichen Urteilen der türkischen Rechtsprechung noch in der türkischen Lehre wurde bis jetzt die Frage um die Anerkennung des Eigentumsvorbehalts an den nur vorübergehend in die Türkei eingeführten oder durch die Türkei transitierenden Sachen erörtert. In ähnlich gelagerten Fällen in der Türkei könnte man zwar zum gleichen Ergebnis wie der in der Schweiz befürworteten Ansicht kommen, wonach die Registereintragung für den ausländischen Eigentumsvorbehalt an den nur vorübergehend im Inland bleibenden Sachen nicht nötig ist. b) Zulässigkeit der nachträglichen Eintragung des Eigentumsvorbehalts Art. 102 Abs. 2 IPRG bietet die Möglichkeit der Verwirklichung der Registereintragung innerhalb von drei Monaten an, nachdem die Sache in die Schweiz gelangt ist. Es ist auch zugelassen, den Eigentumsvorbehalt nachträglich, nach dem erfolglosen Ablauf der dreimonatigen Frist, einzutragen. Zu beachten ist jedoch, dass der Eigentumsvorbehalt gemäß Art. 102 Abs. 3 IPRG bis zur Eintragung in das Register gegenüber Dritten nicht entgegengehalten werden kann. Daher können die Dritten ein dingliches Recht, auch das Eigentum an der Vorbehaltssache, erwerben, solange die Registereintragung nicht erfolgt ist. Allein die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts hindert den gültigen Erwerb Dritter nicht.30 Eine besondere Vorschrift wie Art. 102 Abs. 2 IPRG fehlt dagegen im türk. IPRG. Zu Beginn der Untersuchung wurde schon davon gesprochen, dass die türkische Lehre die Frage über eine nachträgliche Eintragung des Eigentumsvorbehalts im Allgemeinen zurückhaltend beantwortet und auch darüber nur in geringem Umfang informiert.31 Auch in der türkischen Rechtsprechung und der Lehre bleibt die nachträgliche Eintragung eines ausländischen Eigentumsvorbehalts nach der Verbringung der Vorbehaltssache in die Türkei ungeklärt. Über28 Hanisch, FS. für Anton Heini, 159 (173) m. w. N.; anders entschieden aber in BGE 106 II 197 (198 ff.). 29 Heini, ZüKomm, IPRG, Art. 102 Rn. 4. 30 Eine ähnliche Rechtsfolge der fehlenden Registereintragung sieht man z. B. im ukrainischen Recht. Bei der Verbringung der Vorbehaltssache in die Ukraine soll der ausländische Eigentumsvorbehalt nach der Einfuhr in die Ukraine innerhalb von 30 Tagen in das Mobiliarregister eingetragen werden, um die Gefahr des gutgläeubigen lastenfreien Rechtserwerbs an der Vorbehaltssache auszuschließen. Dazu s. Heim, S. 268, 270. 31 Zur Eintragung des Eigentumsvorbehalt vor oder bei der Übergabe s. oben S. 64 ff.
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
wiegend wird angenommen, dass ein fremder Eigentumsvorbehalt, welcher die Voraussetzungen des türkischen Sachenrechts nicht oder nicht ganz erfüllt, nach dem Grenzübertritt sofort unwirksam wird.32 An dieser Stelle kann man das Eintragungserfordernis unter Kritik setzen, weil es die Anerkennung und den Fortbestand eines ausländischen Eigentumsvorbehalts unglücklicherweise und weitgehend verhindert. Ungerecht wäre, den in das türkische Register nicht eingetragenen deutschen Eigentumsvorbehalt nach dem Übertritt der türkischen Grenzen für unwirksam zu erklären, während das deutsche Recht einen nach dem türkischen Recht wirksam bestellten Eigentumsvorbehalt während der Dauer des Aufenthalts der Vorbehaltssache in Deutschland grundsätzlich anerkennt.33 2. Rechtsfolgen der fehlenden Eintragung nach dem schweizerischen und türkischen internationalen Privatrecht a) Geltung eines fremden Eigentumsvorbehalts in der Schweiz Gemäß Art. 102 Abs. 2 IPRG kann die fehlende Eintragung in das schweizerische Register innerhalb von drei Monaten nach dem Gelangen der Sache in die Schweiz nachgeholt werden. Dies bedeutet, dass der fremde Eigentumsvorbehalt drei Monate lang in der Schweiz wirksam bleibt. Erfolgt die Eintragung in das von dem Betreibungsamt geführte Register innerhalb der dreimonatigen Frist nicht, wird der Eigentumsvorbehalt erst dann nach schweizerischem Recht unwirksam. Nach Stoll und Heini geht es hier nicht um das Erlöschen des bereits im Ausland erworbenen Rechts, sondern lebt das dingliche Recht wieder auf, wenn die Sache in den Herrschaftsbereich des ursprünglichen Statuts zurückkehrt, an dem das dingliche Recht erworben worden ist.34 Nach Raape kommt der nach deutschem Recht ohne Eintragung begründete Eigentumsvorbehalt in der Schweiz zur Ruhe und lebt wieder auf, wenn die Sache zurück nach Deutschland gelangt.35 b) Fehlender Schutz zugunsten des Vorbehaltsverkäufers in der Türkei Die rechtlichen Probleme, die aus der Verlagerung der beweglichen Sachen entstanden sind, treten auch im Rahmen eines Kaufs unter Eigentumsvorbehalt auf. 32
Zur Unwirksamkeit eines fremden Eigentumsvorbehalts s. unten S. 216 ff. Über das deutsche Recht s. unten S. 223 ff. 34 Dazu s. Meier-Hayoz, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., 1. Teilbd., Rn. 823; Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 356 m. w. N.; Heini, ZüKomm, IPRG, Art. Art. 100 Rn. 15, 37 f. m. w. N. 35 Leo Raape, Internationales Privatrecht, 5. Auflage, Berlin 1961, S. 597. 33
A. Anerkennungs- und Geltungsfragen
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Nach dem Ortwechsel einer beweglichen Sache unterliegt der an dieser Sache vereinbarte Eigentumsvorbehalt nunmehr dem Anwendungsbereich des Rechts des zweiten Statuts, z. B. dem Anwendungsbereich des türkischen Rechts, wenn die Vorbehaltssache sich jetzt in der Türkei befindet. Nach dem türkischen Recht ist der Eigentumsvorbehalt an einer Sache nur dann wirksam, wenn der Vertrag, aus dem sich der Eigentumsvorbehalt ergibt, von einem Notar beurkundet und in das von dem am Wohnort des Käufers tätigen Notar zu führende Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen wurde (Art. 764 Abs. 1 türk. ZGB). Die Registereintragung, welche für die inländischen Eigentumsvorbehaltsvereinbarungen vorausgesetzt ist, wird von der herrschenden Meinung auch für die Anerkennung ausländischer Eigentumsvorbehalte verlangt.36 Die Rechtsfolge einer fehlenden Eintragung erklärt die herrschende Meinung weiterhin so, dass der bereits nach einem ausländischen Recht wirksam vereinbarte Eigentumsvorbehalt nach der Verbringung der Sache in die Türkei seine Wirkung verliert.37 Ebenso hat sich das türkische Kassationsgericht in einem Urteil aus dem Jahr 2003 für eine endgültige Unwirksamkeit eines ausländischen Eigentumsvorbehalts entschieden.38 In diesem Urteil ging es um die Frage, wem das jetzt im türkischen Gewässer liegende Schiff gehört. In dem konkreten Fall hat die klagende österreichische Bank dem Beklagten, der finanzielle Hilfe für den Schiffskauf benötigte, einen Kredit gegeben, und zur Sicherung dieses Geldkredits wurde ein Eigentumsvorbehalt an dem Schiff nach dem österreichischen Recht vereinbart. Bevor der Geldkredit zurückgezahlt war, wurde das Schiff in das türkische Gewässer verbracht und in der Türkei an einen Dritten weiterverkauft. Aufgrund der nicht geschehenen Rückzahlung des Geldkredits wurde das Schiff auf Verlangen der Bank in der Türkei zwangsvollstreckt. In dem Fall hat das türkische Revisionsgericht zuerst festgestellt, dass das Eigentum und sonstige dingliche Rechte an beweglichen und unbeweglichen Sachen gemäß Art. 21 Abs. 1 türk. IPRG dem Recht des Staates unterstehen, in dem die Sache im Zeitpunkt des sachenrechtlichen Vorgangs liegt. Danach sollte das österreichische Recht die Frage antworten, ob ein Eigentumsvorbehalt nach seinem Recht gültig bestellt war.39 Nach dem türkischen Revisionsgericht hat das türkische Recht für die dinglichen Rechte an dem Schiff erst in dem Punkt Anwendung gefunden, als das Schiff sich in der Türkei befunden hat. Nach dem türkischen Recht ist die Ein36
Dazu s. OLG München, 20. Zivilsenat, Urteil v. 22. 04. 2009, 20 U 3801/08, Nr. 42. Ebenso z. B. Nomer, Devletler Hususi Hukuku, S. 295 f. 38 Yargıtay 21. HD., E. 2003/11058, K. 2004/3676, T. 13. 04. 2004; zur Kritik s. Esen, IÜHFM 2007, 385 ff. 39 Yargıtay 21. HD., E. 2003/11058, K. 2004/3676, T. 12. 04. 2004; zur Kritik des Urteils des türkischen Revisionsgerichts s. Çelikel/Nomer/Giray/Esen, S. 345. 37
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
tragung in das Register für die Begründung und auch für das Weiterbestehen des Eigentumsvorbehalts unentbehrlich. Obwohl das türkische Revisionsgericht den in Österreich wirksam begründeten Eigentumsvorbehalt in der Türkei im Prinzip anerkannt hat, hat das Gericht am Ende den ausländischen Eigentumsvorbehalt für unwirksam erklärt. Die Unwirksamkeit des ausländischen Eigentumsvorbehalts wurde mit der fehlenden Eintragung nach Art. 764 türk. ZGB begründet.40 Am Schluss hat das Gericht die sachrenrechtliche Position der Bank nicht nach dem ursprunglichen Recht, sondern nach dem türkischen Recht beurteilt und die Bank nicht als Eigentümer des Schiffes angenommen. Darüber hinaus ist das türkische Revisionsgericht zu dem übertriebenen Ergebnis gekommen, dass der Eigentumsvorbehalt auch inter partes nicht gewirkt hat, also der Vorbehaltsverkäufer (Bank) sein Eigentum dem Vorbehaltskäufer gegenüber nicht geltend machen konnte.41 Wie es in dem oben erwähnten Urteil der Fall ist, besteht eine große Gefahr im internationalen Geschäftsverkehr, insbesondere für den Vorbehaltsverkäufer, darin, dass eine Vorbehaltssache in ein anderes Land verbracht und dort einem Dritten übereignet oder an ihr zugunsten eines Dritten ein beschränktes dingliches Recht bestellt wird. In einem solchen Fall konkurrieren die Rechte des Vorbehaltsverkäufers und der Dritten. Aus dieser Konkurrenz ergibt sich eine wichtige kollisionsrechtliche Frage, ob das vorbehaltene Eigentum des Vorbehaltsverkäufers oder das später erworbene Eigentum des Dritten den Vorzug hat. Bevor diese kollisionsrechtliche Frage behandelt wird, ist es theoretisch sinnvoll, das Problem der Anerkennung eines ausländischen Eigentumsvorbehalts nach dem türkischen Recht näher zu beobachten. Die türkische Lehre wird von der Meinung beherrscht, dass die Anerkennung und die Verwirklichung eines ausländischen Eigentumsvorbehalts von der Realisierung der Anforderungen des türkischen Rechts abhängig sind. Folglich betrachtet die herrschende Meinung den ausländischen Eigentumsvorbehalt als unwirksam, wenn er im türkischen Register nicht eingetragen wurde.42 Ebenso wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung behauptet, dass der ausländische Eigentumsvorbehalt mangels einer entsprechenden Eintragung in das türkische Register weder dem Dritten noch dem Vorbehaltsverkäufer gegenüber geltend gemacht werden kann.43 40 Yargıtay 21. HD., E. 2003/11058, K. 2004/3676, T. 13. 04. 2004, bestätigt in Çelikel/ Erdem, S. 321. 41 Krit. Esen, IÜHFM 2007, 385 (394 f.). 42 Nomer, Devletler Hususi Hukuku, S. 295 f. m. w. N.; Çelikel/Erdem, S. 321. 43 Yargıtay 21. HD., E. 2003/11058, K. 2004/3676, T. 13. 04. 2004. Eine solche Unwirksamkeit aufgrund des Fehlens der Registereintragung wird von Serozan als ein übertriebenes Ergebnis gesehen. Er vertritt dagegen eine relative Unwirksamkeit eines nicht eingetragenen Eigentumsvorbehalts mit der Folge, dass der Vorbehaltsverkäufer trotz der nicht erfolgten Eintragung sein vorbehaltenes Eigentum gegenüber seinem Käufer geltend machen kann. S. Serozan, Moroğlu Armağan, 987 (998 f.).
A. Anerkennungs- und Geltungsfragen
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Andererseits vertritt ein Teil der türkischen Lehre die Meinung, dass ein nach einer Rechtsordnung wirksam begründeter Eigentumsvorbehalt auch in anderen Ländern respektiert werden soll.44 Nach den Vertretern dieser Meinung interessiert die Frage der Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts nur das Sachenrecht desjenigen Landes, in dem die Vorbehaltssache im Zeitpunkt der Begründung des Eigentumsvorbehalts liegt. Diese Mindermeinung hält an dem Standpunkt fest, dass es eine besondere Regelung über das Eintragungserfordernis eines ausländischen Eigentumsvorbehalts im türkischen IPRG nicht gibt.45 Im schweizerischen Recht in Art. 102 Abs. 2 IPRG wird die Eintragung in das schweizerische Register für ausländische Eigentumsvorbehalte ausdrücklich vorgesehen, wenn die Vorbehaltssache sich für bestimmte Zeit in der Schweiz befindet. Dazu gewährt die schweizerische Vorschrift eine Frist von drei Monaten, um der Eintragung nachzukommen. Eine ähnliche Vorschrift trifft man aber im türkischen Gesetz nicht. Auch Art. 764 türk. ZGB genügt nicht allein, ein Eintragungserfordernis für ausländische Eigentumsvorbehalte zu rechtfertigen. Nach der Mindermeinung ist Art. 764 türk. ZGB lediglich auf die im Inland vereinbarten Eigentumsvorbehalte anwendbar, nicht auf die ausländischen Eigentumsvorbehalte.46 Bei dem Beharren auf die Registereintragung ohne Ausnahme werden die Verkaufsgeschäfte unter Eigentumsvorbehalt zwischen Deuschland und der Türkei allerdings negativ beeinflusst. Der deutsche Eigentumsvorbehalt, welcher ohne besondere Formerfordernisse vereinbart werden kann, verliert seine Wirkung in der Türkei, obwohl in einem umgekehrten Fall der türkische Eigentumsvorbehalt in Deutschland wirksam bleibt. Dies führt weiterhin dazu, dass die Vorbehaltssache während ihres Aufenthalts in der Türkei offen für den wirksamen Rechtserwerb Dritter ist. Gewiss ist der Vorbehaltsverkäufer schutzbedürftig, wenn die in die Türkei verbrachte Vorbehaltsware dort zwangsvollstreckt oder in die Insolvenz des Vorbehaltsverkäufers miteinbezogen wird. In einem solchen Fall wäre es zutreffender, es dem Vorbehaltsverkäufer zu ermöglichen, die Vorbehaltssache zurückzuverlangen, obwohl der ausländische Eigentumsvorbehalt in der Türkei nicht eingetragen ist.47 Es wurde bereits erwähnt, dass ein im Ausland begründetes dingliches Recht bei einem Statutenwechsel im neuen Statut im Prinzip weiterbesteht.48 Das Weiterbestehen eines ausländischen dinglichen Rechts im neuen Statut (in der 44 Çelikel, S. 72; Şanlı/Esen/Ataman-Figanmeşe, S. 231, inbs. Fn. 313; zur Begründung mit dem Schutz der wohlerworbenen Rechte s. Vedat Raşit Seviğ, „Türkiyenin Devletler Hususi Hukuku Sisteminde Müktesep Haklar Nazariyesinin Tatbik Şartları“, İstanbul Üniversitesi Hukuk Fakültesi Mecmuası, Band XXVIII, Heft 1, Istanbul 1962, 100 (132). 45 Esen, IÜHFM 2007, 385 (394 ff.); Şanlı/Esen/Ataman-Figanmeşe, S. 231, Fn. 313. 46 Esen, IÜHFM 2007, 385 (394 f.). 47 Anders entschieden in Yargıtay 21. HD., E. 2003/11058, K. 2004/3676, T. 13. 04. 2004. 48 Z. B. Tekinalp, Bağlama Kuralları, § 22, S. 258; Şanlı/Esen/Ataman-Figanmeşe, S. 231.
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
Türkei) entspricht auch Art. 21 Abs. 1 türk. IPRG, wonach die dinglichen Rechte an Grundstücken und an beweglichen Sachen dem Recht des Staates unterstehen, in dem die Sache im Zeitpunkt des dinglichen Vorgangs liegt. Der große Teil der türkischen Lehre und die Rechtsprechung machen jedoch den Fortbestand eines ausländischen dinglichen Rechts vom Einklang mit dem inländischen Recht abhängig. Daraus wird die Unwirksamkeit des vorher wirksam bestellten dinglichen Rechts gefolgert, wenn das dingliche Recht die Anforderungen der neuen Sachenrechtsordnung nicht erfüllt oder von der Rechtsordnung des neuen Statuts abweicht. Gegen die herrschende Meinung spricht viel dafür, dass das im Ausland wirksam erworbene dingliche Recht von dem Statutenwechsel nicht negativ beeinflusst wird.49 Anders als das schweizerische Gesetz enthält das türkische IPRG keine besondere Vorschrift über das Problem der Geltung bzw. Anerkennung eines ausländischen Eigentumsvorbehalts nach türkischem Recht im Falle der Verbringung der Vorbehaltssache in die Türkei. Nach Art. 21 Abs. 1 türk. IPRG unterstehen die dinglichen Rechte an den Grundstücken und an beweglichen Sachen dem Recht des Staates, in dem die Sache im Zeitpunkt des dinglichen Vorgangs liegt. Und nach Art. 21 Abs. 3 türk. IPRG unterliegen die im Ausland nicht bereits erworbenen dinglichen Rechte (sog. offene Tatbestände) bei einem Statutenwechsel dem Recht des Bestimmungsstaates. Die Anerkennungsfrage bleibt dagegen offen, wenn der Erwerb oder der Verlust eines dinglichen Rechts an einer beweglichen Sache bereits im Ausland erfolgt ist (sog. abgeschlossene Tatbestände). In der Lehre kommt eine Meinung aus Art. 21 Abs. 3 türk. IPRG zur mittelbaren Schlussfolgerung, dass bereits entstandene, wohlerworbene dingliche Rechte von einem Statutenwechsel nicht beeinträchtigt werden.50 Meines Erachtens ist die Mindermeinung zutreffend, die im Ausland erworbene dingliche Rechte respektiert.51 Es wäre allerdings nicht erstaunlich, dass jedes Land eigene und andersartige Sachenrechtsordnungen hätte. Teilt man die herrschende Meinung, trifft man dann jedes Mal auf das Geltungsproblem des dinglichen Rechts im Falle des mehrmaligen Ortwechsels der Sache. Es besteht jedoch kein ausreichender Grund für die Ablehnung des wirksamen Fortbestands eines fremden dinglichen Rechts, wenn die Rechtsordnungen des Abgangslandes und Bestimmungslandes nicht übereinstimmen.52 Entsprechend den allgemei49 Gülören Tekinalp, „Türk „Milletlerarası Özel Hukuk ve Milletlerarası Usul Hukuku Tasarısı“, Istanbul Üniversitesi Hukuk Fakültesi Mecmuası, Band 44, Heft 1–4, Istanbul 1978, 91 (112); Gülören Tekinalp, „Der türkische „Gesetzentwurf über internationales Privatrecht und Zivilverfahrensrecht“, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, 1982, 26 (47); Şanlı/Esen/Ataman-Figanmeşe, S. 231. 50 Tekinalp, RabelZ 1982, 26 (47); Tekinalp, Bağlama Kuralları, § 22, S. 258, aber zum Schluss mit Abweichungsmöglichkeiten von der prinzipiellen Anerkennung der abgeschlossenen Tatbestände. 51 Şanlı/Esen/Ataman-Figanmeşe, S. 231 inbs. Fn. 313. 52 Ebenso Şanlı/Esen/Ataman-Figanmeşe, S. 228, Fn. 289.
A. Anerkennungs- und Geltungsfragen
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nen Erklärungen sollte ein im Ausland wirksam vereinbarter Eigentumsvorbehalt in der Türkei anerkannt werden, wenn die Vorbehaltssache in die Türkei verbracht wird.53 Die Weitergeltung eines ausländischen Eigentumsvorbehalts nach dem türkischen Recht folgt schon aus dem Art. 21 Abs. 1 türk. IPRG.54 Die Wirksamkeit des ausländischen Eigentumsvorbehalts soll auch nach dem Statutenwechsel dem Recht des Landes unterliegen, wo der Eigentumsvorbehalt begründet wurde.55 Insbesonders von ihrer Wirkung her ist die Registereintragung allein nicht genügend, einen ausländischen Eigentumsvorbehalt für unwirksam zu erklären. Obwohl mit der Eintragung in das Eigentumsvorbehaltsregister die Erlangung der Öffentlichkeit des Eigentumsvorbehalts bezweckt ist, ist die Eintragung in der Tat nicht imstande, den Eigentumsvorbehalt Dritten gegenüber einwandfrei zu veröffentlichen und ihren guten Glauben zu beseitigen. Da das Eigentumsvorbehaltsregister keine dem Grundbuch ähnliche Funktion hat,56 sollte ein ausländischer Eigentumsvorbehalt während des Aufenthalts der Vorbehaltssache in der Türkei seine Wirkung aufgrund der fehlenden Registereintragung nicht verlieren.57 Ferner muss man darauf achten, dass die sofortige und endgültige Unwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts aufgrund der Nichterfüllung der Anforderungen des türkischen Rechts auch von Käufern mit unlauteren Absichten auszunutzen ist. Unter Berufung auf die fehlende Eintragung könnten diese es einfach vermeiden, den Restkaufpreis zu zahlen. Wie es im schweizerischen Recht möglich ist, soll auch im türkischen Recht zumindest die nachträgliche Eintragung zugelassen werden, wenn der Käufer seinen Wohnsitz in der Türkei hat. 3. Anerkennung des exportierten und importierten Eigentumsvorbehalts nach dem deutschen internationalen Privatrecht Bemerkenswert ist im schweizerischen Recht, dass der schweizerische Gesetzgeber eine besondere Regel über die zur Ausfuhr bestimmten beweglichen Sachen in Art. 103 IPRG hat. In Art. 103 IPRG wird die Ausnahme von der Anwendung des Grundprinzips der lex rei sitae gemacht, wonach der Eigentumsvorbehalt an beweglichen Sachen, die aus der Schweiz ausgeführt werden, dem Recht des Bestimmungsstaates untersteht.58 53
Esen, IÜHFM 2007, 385 (394 f.); Şanlı/Esen/Ataman-Figanmeşe, S. 227. Şanlı/Esen/Ataman-Figanmeşe, S. 228, Fn. 289; s. auch Esen, IÜHFM 2007, 385 (394). 55 Şanlı/Esen/Ataman-Figanmeşe, S. 224 und 227 f., Fn. 289. 56 Über die fehlende, dem Grundbuch ähnliche Funktion der Eigentumsvorbehaltseintragung s. oben S. 55 ff.; dazu Elbir, IÜHFM 1952, 258 (265). 57 Zur Kritik an der Registereintragung in der Türkei s. Esen, IÜHFM 2007, 385 (394 f.); Şanlı/Esen/Ataman-Figanmeşe, S. 231, Fn. 313. 58 Nach Hanisch liegt in der Regelung von Art. 103 IPRG ein ausländisches Veto, da der 54 Ebenso
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
Während der schweizerische Gesetzgeber für den Eigentumsvorbehalt besondere kollisionsrechtliche Vorschriften (Art. 102 Abs. 2, 3 und Art. 103 IPRG) vorsieht, beurteilt der deutsche Gesetzgeber den Eigentumsvorbehalt nach den allgemeinen Regeln des EGBGB. Nach der herrschenden Lehre unterliegt die schuldrechtliche Seite des Eigentumsvorbehalts (die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Vorbehaltskäufer und dem Vorbehaltsverkäufer) dem Statut des Kaufvertrags.59 Die sachenrechtlichen Wirkungen des Eigentumsvorbehalts bestimmen sich dagegen nach der Situs-Regel, daher untersteht der Eigentumsvorbehalt dem Recht des jeweiligen Staates, in dem sich die Vorbehaltssache befindet (Art. 43 Abs. 1 EGBGB).60 Dazu werden die dinglichen Wirkungen des Eigentumsvorbehalts im Rahmen eines internationalen Verkehrsgeschäfts nach den allgemeinen Regeln des Art. 43 Abs. 2 und 3 EGBGB einheitlich beurteilt.61 a) Anerkennung des aus Deutschland exportierten Eigentumsvorbehalts Nicht mehr fraglich ist, nach welchem Recht ein deutscher Eigentumsvorbehalt anerkannt wird, welcher an einer aus Deutschland exportierten Sache vereinbart ist. Es besteht Übereinstimmung darin, dass das Recht des Bestimmungslandes ab dem Grenzübertritt der Sache darüber entscheidet, unter welchen Voraussetzungen der deutsche Eigentumsvorbehalt anerkannt wird (s. Art. 43 Abs. 1 EGBGB).62 Daraus ergibt sich mehrmals die Unwirksamkeit des deutschen Eigentumsvorbehalts im Ausland, wenn die neue Sachenrechtsordnung die Entstehung oder Weitergeltung des Eigentumsvorbehalts von besonderen Voraussetzungen abhängig macht.63 Zum Beispiel wird der nach deutschem Recht Gesetzgeber durch Art. 103 die Anwendung des Rechts des Bestimmungsrechts in verbindlicher Weise vorsieht. S. Hanisch, FS. für Anton Heini, 159 (177) und m. w. N. 59 Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 334; Hohloch, Erman, BGB, Bd. II, Art. 43 EGBGB Rn. 27; Kreuzer, MüKomm, BGB, Bd. 10, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Anh. I Rn. 92. 60 Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 334. 61 Hohloch, Erman, BGB, Bd. II, Art. 43 EGBGB Rn. 27. 62 Hohloch, Erman, BGB, Bd. II, Art. 43 EGBGB Rn. 27; Kropholler, § 54, S. 550; Kreuzer, MüKomm, BGB, Bd. 10, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Anh. I Rn. 92; dazu Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 336. Für die alleinige Anwendung des Rechts des Bestimmungsstaates spricht z. B. Art. 103 IPRG. In dieser Vorschrift regelt der schweizerische Gesetzgeber nur für den Eigentumsvorbehalt ausdrücklich, dass der Eigentumsvorbehalt an einer zur Ausfuhr bestimmten beweglichen Sache dem Recht des Bestimmungsstaates untersteht. Die Herrschaft des Rechts des Bestimmungslandes auf die sachenrechtlichen Wirkungen des Eigentumsvorbehalts wird auch von Drobnig angenommen, wenn der Eigentumsvorbehalt vor Grenzübertritt vereinbart und nach dem damals maßgebenden Lagerecht unwirksam war oder geringere Wirkungen hatte. S. Ulrich Drobnig, „Eigentumsvorbehalte bei Importlieferungen nach Deutschland, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, 32. Jahrgang, Tübingen 1968, 450 (469). 63 Im Falle der Nichtanerkennung eines deutschen Sicherungsrechts im Ausland geht eine Ansicht im deutschen Schrifttum nicht von einem endgültigen Erlöschen des Sicherungsrechts,
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wirksam begründete Eigentumsvorbehalt nach dem türkischen internationalen Sachenrecht aus dem Grund für unwirksam gehalten, dass der formlose Eigentumsvorbehalt Deutschlands den Anforderungen des türkischen Sachenrechts der schriftlichen Vereinbarung und der Registereintragung nicht genügt (vgl. Art. 102 Abs. 2 IPRG für den Fall des Exports der Sache in die Schweiz). b) Herrschaft des deutschen Rechts über den importierten Eigentumsvorbehalt Wie das schweizerische und türkische internationale Sachenrecht wird das deutsche internationale Sachenrecht von der Situs-Regel beherrscht. Nach der in Art. 43 Abs. 1 EGBGB zum Ausdruck gebrachten Situs-Regel unterliegen die dinglichen Rechte an einer Sache dem Recht des jeweiligen Staates, in dem sich die Sache befindet. Art. 43 Abs. 2 und Abs. 3 EGBGB betreffen die dinglichen Rechte an einer nach Deutschland importierten Sache. Art. 43 Abs. 2 EGBGB regelt die im Ausland abgeschlossenen Tatbestände. Gemäß Art. 43 Abs. 2 EGBGB bestehen die nach der ersten Rechtsordnung wirksam begründeten dinglichen Rechte nach einem Statutenwechsel (sog. schlichter Statutenwechsel) in Deutschland grundsätzlich weiter, jedoch unter der Voraussetzung, dass sie mit der deutschen Sachenrechtsordnung nicht im Widerspruch stünden. Anders gesagt müssen sich dingliche Rechte an den nach Deutschland importierten Sachen inhaltlich an den verwendeten Sachenrechtstypen des deutschen Rechts anpassen.64 Folglich wird der bereits im Ausland wirksam (z. B. durch schriftliche Abmachung) begründete dingliche Eigentumsvorbehalt als abgeschlossener Tatbestand im Sinne des Art. 43 Abs. 2 EGBGB behandelt65 und in Deutschland grundsätzlich anerkannt, nach dessen Sachenrecht der Eigentumsvorbehalt formlos vereinbart werden kann. sondern von dessen Ruhen aus. Danach lebt das Recht wieder auf, wenn die Sache zurück in das deutsche Entstehungsstatut oder in ein anderes Land gebracht wird, in dem ein solches Recht anerkannt wird. Dazu s. Alexander Lüderitz, „Die Beurteilung beweglicher Sachen im internationalen Privatrecht”, Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Personen- und Sachenrechts, Tübingen 1972, 185 (211); Kreuzer, MüKomm, BGB, Bd. 10, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Anh. I Rn. 92; Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 355 f. m. w. N.; a. A. zum Erlöschen des Rechts s. Kegel/Schurig, § 19 III, S. 772 f. 64 BT‑Drucks. 14/343, S. 16. 65 Nachweisen bei Kreuzer, MüKomm, BGB, Bd. 10, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Anh. I Rn. 92. Bei einem Versendungskauf werden nach h. L. die beteiligten Rechtsordnungen sukzessiv angewandt. Danach untersteht der Eigentumsvorbehalt zunächst dem Recht des Absendestaates, nach der Verbringung der Sache in den Bestimmungsstaat dessen Recht. Dazu s. BGHZ 45, 95 (Anwendung des deutschen Rechts erst ab Ankunft der Sache bei dem Käufer); im Schrifttum z. B. Gerhard Kegel, „Der Griff in die Zukunft – BGHZ 45, 95“, Juristische Schulung, Heft 4, München 1968, 162 (165); Drobnig RabelsZ 1968, 450 ff.
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
Wie oben erklärt, wird der im Ausland stattgefundene Rechtserwerb in Deutschland nach Art. 43 Abs. 2 EGBGB für bestandsfest erklärt. Umgekehrt regelt Art. 43 Abs. 3 EGBGB den unvollständigen Rechtserwerb, betrifft also den sogenannten qualifizierten Statutenwechsel66. Nach Art. 43 Abs. 3 EGBGB sind die im ersten Statut teilweise verwirklichten Erwerbstatbestände im Inland wie inländische Tatbestände zu berücksichtigen. Geregelt ist also der Fall, in dem der Erwerb eines dinglichen Rechts an einer nach Deutschland importierten beweglichen Sache nach dem ersten Sachstatut nicht vollendet war.67 Art. 43 Abs. 3 EGBGB ist vor allem für die Sicherungsrechte im Rahmen eines internationalen Verkehrsgeschäfts bedeutsam,68 denn es mag sein, dass die ausländischen Rechtsordnungen für Entstehung und Anerkennung der Sicherungsrechte unterschiedliche Voraussetzungen vorsehen. In diesem Zusammenhang wird angenommen, dass sich Art. 43 Abs. 3 EGBGB auch auf die Tatbestände erstreckt, die sich in einem früheren Lagestaat ereignet haben, aber nach dessen Recht noch nicht voll wirksam waren.69 In dem bekannten Strickmaschinenfall70, auf welchen nachher Art. 43 Abs. 3 EGBGB aufgebaut wurde,71 hat der Bundesgerichtshof von einer „antizipierten Vereinbarung“72 nach dem deutschen Recht gesprochen. Danach sollte das deutsche Recht nach dem Eintreffen der Sache in Deutschland auf den gesamten Auslandssachverhalt angewandt werden.73 Folglich hat der BGH den Fortbestand des relativ wirkenden Eigentumsvorbehalts in Deutschland bejaht,
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Kropholler, § 54, S. 549. Ebenso z. B. Heinrich Stoll, „Zur gesetzlichen Regelung des internationalen Sachenrechts in Artt. 43–46 EGBGB“, Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts, Heft 4, 2000, 259 (263). 68 Vgl. Hohloch, Erman, BGB, Bd. II, Art. 43 EGBGB Rn. 26; Kropholler, § 54, S. 549. 69 Karl Kreuzer, „Die Vollendung der Kodifikation des deutschen Internationalen Privatrechts durch das Gesetz zum Internationalen Privatrecht der außervertraglichen Schuldverhältnisse und Sachen vom 21. 05. 1999“, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, Tübingen 65. Jahrgang 2001, 383 (448); vgl. auch Kegel, JuS 1968, 162 (164 f.) (Griff in die Zukunft). 70 BGHZ 45, 95. In der Gesetzesbegründung zu Art. 43 Abs. 3 EGBGB wird ausdrücklich erklärt, dass diese Vorschrift nicht für den Eigentumsvorbehalt, sondern auch für alle dingliche Rechte gilt, deren Übertragung oder deren Entstehung nach dem alten Statut nicht abgeschlossen ist. S. BT‑Drucks. 14/343, S. 16. 71 Kritik zur unzutreffenden Anlehnung an den Strickmaschinenfall s. Stoll, IPRax 2000, 259 (263). 72 Kreuzer, MüKomm, BGB, Bd. 10, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Anh. I Rn. 92. 73 Hierzu besagt Kegel, dass die Herrschaft des deutschen Rechts nicht unbeschränkt ist. Nach ihm findet das deutsche Recht Anwendung ab der Ankunft der Sache in Deutschland und bestimmt nur, was ein früher im Ausland vereinbarter Eigentumsvorbehalt nach dessen Recht bedeutet. Also beantwortet das deutsche Recht die Frage, ob die Parteien mit dem Wort „Eigentumsvorbehalt” einen Eigentumsvorbehalt des deutschen Rechts gemeint haben. S. Kegel, JuS 1968, 162 ff. 67
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indem er dem ausländischen Eigentumsvorbehalt eine dingliche Wirkung zuteilt.74 In dem sogenannten Strickmaschinenfall ging es um den Versendungskauf von Maschinen aus Italien nach Deutschland. Zugunsten des Verkäufers wurde ein Eigentumsvorbehalt durch mündliche Abmachung zwischen dem Verkäufer und dem Käufer begründet. Nach dem geschlossenen Kaufvertrag wurden die Maschinen aus Italien nach Deutschland geliefert. Die gelieferten Maschinen wurden vor der Zahlung des Kaufpreises in Deutschland von Finanzamt und Ortskrankenkasse gepfändet, hinterher fiel der Käufer in Insolvenz. Der Verkäufer behauptete, dass die Maschinen zu ihm gehören, weil er die Maschinen unter Eigentumsvorbehalt nach Deutschland geliefert habe. Bei einem mündlich vereinbarten Eigentumsvorbehalt erkennt jedoch das italienische Sachenrecht nur eine relative Wirkung zu. Das italienische Recht sieht für einen dinglichen Eigentumsvorbehalt besondere Formerfordernisse in Art. 1523, 1524, 2704 Codice Civile vor, aber eine mündliche Vereinbarung genügt den Formerfordernissen des italienischen Rechts nicht. Nach den allgemeinen Regeln des deutschen internationalen Sachenrechts beurteilt sich die Entstehung eines dinglichen Rechts nach dem Recht des Abgangsstaates, in dem sich die Sache während des Erwerbsvorgangs befindet (Art. 43 Abs. 1 EGBGB). Dementsprechend wurde in der oben genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht verneint, dass das italienische Recht als Belegenheitsstatut über die Rechtswirksamkeit und Wirkung des bereits vereinbarten Eigentumsvorbehalts entscheidet.75 Dabei misst das italienische Recht dem mündlichen Eigentumsvorbehalt eine relative Wirkung zwischen den Parteien bei. Der BGH hat sich dennoch im Ergebnis für die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts in Deutschland entschieden, nach dessen Sachenrecht ein bloß mündlich vereinbarter Eigentumsvorbehalt auch Dritten gegenüber wirkt. Ein kollisionsrechtliches Problem tritt also dann auf, wenn die Vertragsparteien die sachenrechtlichen Vorschriften des Abgangslandes nicht beachtet haben, die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts jedoch die Anforderungen des Sachenrechts des Bestimmungslandes (Deutschlands) schon erfüllt.
74 In den Entscheidungsgründen wurde auch darauf hingewiesen, dass der relativ wirksame Eigentumsvorbehalt sich in einen absolut wirksamen Eigentumsvorbehalt umwandelt. Für die Umwandlung ist der Zeitpunkt entscheidend, in dem die Kaufsache sich in den Besitz des deutschen Käufers befunden hat. Zur Erreichung des Ziels, im Bestimmungsstaat Deutschland den relativ wirkenden Eigentumsvorbehalt in den absolut wirkenden Eigentumsvorbehalt umzuwandeln, nimmt der BGH an, dass der deutsche Käufer das Eigentum dem italienischen Verkäufer durch Schaffung des mittelbaren Besitzes gemäß § 930 BGB zurückübereignet, sobald die Maschinen bei dem Käufer in Deutschland eingetroffen waren. Durch die Begründung eines Besitzmittlungsverhältnis gemäß § 930 BGB wollte der BGH die Umwandlung des relativ wirkenden Eigentumsvorbehalts in das Volleigentum des Verkäufers zulassen. S. BGHZ 45, 95. 75 BGHZ 45, 95.
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
Bei dem vorliegenden kollisionsrechtlichen Problem im Strickmaschinenfall hat die neu eingefügte einseitige76 Vorschrift des Art. 43 Abs. 3 EGBGB geholfen. In deren Gesetzesbegründung wurde der Strickmaschinenfall besonders erwähnt, und der Fortbestand eines relativen Eigentumsvorbehalts wurde in Deutschland damit begründet, dass die dinglichen Rechte, auch der Eigentumsvorbehalt, ihre Wirkungen hauptsächlich im Bestimmungsland entfalten sollen.77 Folglich bedarf der Verkäufer eines dinglichen Sicherungsrechts erst dann, wenn die Kaufsache in den Bereich des Käufers gelangt ist.78 Als ein wichtiger Grund für die Anwendung des deutschen Rechts auf die bereits nach dem Recht des Belegenheitsstaates ereigneten Tatbestände wird das Interesse der Beteiligten, insbesondere das Schutzinteresse des Vorbehaltsverkäufers angeführt. Nach dieser interessengemäßen Auslegung gemäß § 157 BGB wollen die Parteien einen voll wirksamen Eigentumsvorbehalt jedenfalls ab dem Grenzübertritt nach Deutschland vereinbaren, und der Eigentumsvorbehalt erfüllt seinen Sinn und Zweck erst dann, wenn die gekauften Maschinen beim deutschen Käufer in Deutschland eingetroffen und für den Zugriff der Gläubiger des Käufers offen waren.79 Ein relativ wirkender Eigentumsvorbehalt reicht jedoch nicht aus, damit der Vorbehaltsverkäufer sein Eigentum an den Strickmaschinen in einer Zwangsvollstreckung oder im Falle der Insolvenz des Käufers gegenüber den Vollstreckungs- oder Insolvenzgläubigern durchsetzen kann.80 Außerdem hat der BGH seine Lösung mit dem hypothetischen Willen der Parteien gerechtfertigt.81 Danach ist der BGH durch Auslegung des Eigentumsvorbehalts unter Berücksichtigung des Parteiwillens zum Ergebis gekommen, dass die Parteien nur auf einen nach deutschem Recht wirksamen Eigentumsvorbehalt Wert gelegt und deshalb die Formvorschriften des italienischen 76 Art. 43 Abs. 3 EGBGB ist als einseitige, also nur für das deutsche Sachrecht und mithin nur für importierte Sachen geltende Kollisionsnorm eingeordnet, da dem Recht des Absendestaates freistehen muss, ob es Tatbestandselemente, die nur nach seinem Recht verwirklicht sind, anerkennt oder nicht. S. BT‑Drucks. 14/343, S. 16; dazu Hohloch, Erman, BGB, Bd. II, Art. 43 EGBGB Rn. 29; Kegel/Schurig, § 19 III, S. 773; Kropholler, § 54, S. 549; Kreuzer, MüKomm, BGB, Bd. 10, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Anh. I Rn. 92. 77 BT‑Drucks. 14/343, S. 16; vgl. Kropholler, § 54, S. 549 f.; Drobnig, RabelsZ 1968, 450 (455 f.); Lüderitz, Vorschläge 1972, 185 (203). 78 BT‑Drucks. 14/343, S. 16. 79 Nach der Gesetzesbegründung zu Art. 43 Abs. 3 EGBGB findet das deutsche Recht schon mit Grenzübertritt der Sachen Anwendung. S. BT‑Drucks. 14/343, S. 16; in dieser Richtung s. Kegel, JuS 1968, 162 (165); Kropholler, § 54, S. 550 f.; Kegel/Schurig, § 19 III, S. 773; Hohloch, Erman, BGB, Bd. II, Art. 43 EGBGB Rn. 28; Drobnig, RabelsZ 1968, 450 (469). 80 Auch m. H. a. Verkehrsinteressen des Käufers und dessen Gläubiger s. BT‑Drucks. 14/343, S. 16. 81 BGHZ 45, 95; s. auch Stoll, IPRax 2000, 259 (263). Kritik zur Rechtfertigung der Erstreckung des deutschen Rechts auf die Zeit vor dem Grenzübertritt der Sache nach Deutschland mit dem Parteiwillen s. Drobnig, RabelsZ 1968, 450 (466 ff.) (eine glatte Verweisung auf das Recht des Importlandes).
B. Konflikte bei den Verlängerungs- und Erweiterungsformen
225
Rechts nicht beachtet haben.82 Überdies wurde behauptet, dass der italienische Verkäufer die Formvorschriften des italienischen Rechts nicht eingehalten hatte, weil er jedenfalls einen in Deutschland wirksamen Eigentumsvorbehalt wollte. Nach dem BGH war auch der deutsche Käufer damit einverstanden, dass der Eigentumsvorbehalt zwischen dem italienischen Verkäufer in Deutschland voll wirksam wird.83
B. Konflikte bei den Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts I. Der erweiterte bzw. verlängerte Eigentumsvorbehalt an den Sachen, die in die Schweiz oder die Türkei eingeführt werden Wie bereits erwähnt, bleibt die Frage der Zulässigkeit der Erweiterungs- und Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts sowohl in der Schweiz als auch in der Türkei offen. Die Sonderformen des Eigentumsvorbehalts werden überwiegend für unzulässig erklärt.84 Zweifelhaft erscheint indes, ob der in besonderer Form vereinbarte ausländische Eigentumsvorbehalt nach den schweizerischen und türkischen Rechtsordnungen anerkennungsfähig ist, wenn die Vorbehaltssache nicht nur vorübergehend in der Schweiz oder in der Türkei liegt. Es wurde schon darauf aufmerksam gemacht, dass nicht nur die Fortwirkung eines inländischen Eigentumsvorbehalts, sondern auch die Anerkennung und die Weitergeltung eines ausländischen Eigentumsvorbehalts im schweizerischen und türkischen Recht von der Registereintragung abhängig gemacht werden. Fraglich wäre deshalb, ob besondere Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts, die in Deutschland zulässig und weit verbreitet sind, 82 BGHZ 45, 95. Zudem spricht Kegel von einem Griff in die Zukunft. Nach ihm kommt ein Griff in die Zukunft dann vor, wenn der hypothetische Wille der Parteien auf Rechtsfolgen geht, die erst zur Zeit der Herrschaft des deutschen Rechts eintreten sollen. S. Kegel, JuS 1968, 162 (164 f.). 83 Im Ergebnis entschied der BGH für die Anwendung bloß des deutschen Rechts als Recht des Bestimmungsstaates nach dem Eintreffen der gekauften Sachen, in dem er auf den Parteiwille Wert gelegt hat. Zu einen beschränkten Rechtswahl der Vertragsparteien s. auch Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 337; Hans Stoll, „Rechtskollisionen beim Gebietswechsel beweglicher Sachen“, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, 38. Jahrgang, Tübingen1974, 450 (456 f.); Stoll, IPRax 2000, 259 (263). Eine vom Parteiwille unabhängige Lösung schlägt Lüderitz vor. Er sieht den Eigentumsvorbehalt als einen nicht abgeschlossenen Tatbestand an, der dadurch dem Recht des Bestimmungsstaates untersteht, „wenn der Eigentumsvorbehalt nur für den Fall des Eintritts der Ware in das Bestimmungsland vereinbart wurde“. S. Lüderitz, Vorschläge 1972, 185 (202). 84 BGE 56 III 79; 102 III 150 (152); Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 726 Rn. 58; Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1709 ff.; dazu Heini, ZüKomm, IPRG, Art. 102 Rn. 10; a. A. Liver, SPR, § 52, S. 337 f.
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
sich in der Schweiz oder der Türkei wirksam verwirklichen können, während die Sache sich in der Schweiz oder der Türkei befindet. Gemäß Art. 102 Abs. 2 IPRG bleibt der im Ausland wirksam begründete Eigentumsvorbehalt nach dem Grenzübertritt in der Schweiz drei Monaten lang wirksam. Es ist unumstritten, dass der einfache fremde Eigentumsvorbehalt von dieser Vorschrift erfasst wird. Fraglich ist jedoch, ob z. B. ein nach deutschem Recht vereinbarter Eigentumsvorbehalt mit einer Verarbeitungsklausel bis zur dreimonatigen Schonfrist in der Schweiz wirksam bleibt und innerhalb dieser Frist oder erst später in das schweizerische Register einzutragen ist. Diese Fragen werden überwiegend verneint. Nach der herrschenden Meinung ist die Eintragung der Verlängerungs- und Erweiterungsformen des deutschen Rechts wegen fehlender Bestimmtheit unmöglich.85 Nach Art. 7 lit. f VerEV muss die Registereintragung die genaue Bezeichnung der verkauften Sache enthalten. Zweifelhaft ist, ob allein die Verarbeitungsabrede dafür ausreichend ist, dass die Eintragung im Register auch die in Zukunft durch die Verarbeitung hergestellten Sachen erfasst.86 Nach der herrschenden Meinung erfolgt die Eintragung nur an der unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sache.87 Im Falle der Verarbeitung braucht es eine neue Eigentumsvorbehaltsvereinbarung und eine neue Eintragung an jeder neu hergestellten Sache.88 Daher verliert der ausländische Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungsklausel seine praktische Rolle, wenn sich die Vorbehaltssache dauernd in der Schweiz befindet. Ferner wird die Eintragung eines erweiterten deutschen Eigentumsvorbehalts für unmöglich gehalten, welcher nicht nur zur Sicherung der Kaufpreisforderung der Sache bestellt wird. Überwiegend wird in der Schweiz vertreten, dass mit einem Eigentumsvorbehalt an einer veräußerten Sache nur die Gegenleistung aus dem Vorbehaltskauf sichergestellt werden darf.89 Übrigens scheitert die Eintragung eines solchen Eigentumsvorbehalts schon an Art. 7 lit. c-i des VerEV, nach dem der gesicherte Forderungsbetrag vor der Registerbehörde bekannt gemacht werden muss. 85 Heini, ZüKomm, IPRG, Art. 102 Rn. 10; Hans Hanisch, „Besitzlose Mobiliarsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, insbesondere im Verhältnis zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland“, Beiträge zum neuen IPR des Sachen-, Schuld- und Gesellschaftsrechts, Festschrift für Prof. Rudolf Moser, Zürich 1987, 25 (44) m. w. N.; vgl. auch Hanisch, FS. für Anton Heini, 159 (174). 86 Dazu Hanisch, FS. für Anton Heini, 159 (169); vgl. auch Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 326 m. w. N. 87 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 726 Rn. 58; vgl. auch Zobl, BernerKomm, Syst. Teil, Rn. 1711; Hanisch, FS. für Prof. Rudolf Moser, 25 (44) m. w. N. 88 Haab/Scherrer/Simonius/Zobl, ZüKomm, Bd. IV, 1. Abtl., Art. 726 Rn. 58; Hanisch, FS. für Anton Heini, 159 (174); a. A. Liver, SPR, § 52, S. 337 f. 89 BGE 56 III 79; 102 III 150 (152); Zobl, BernerKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 5. Teilbd., 1. Unterteilbd., Syst. T., Rn. 1709; Heini, ZüKomm, IPRG, Art. 102 Rn. 10; Hanisch, FS. für Prof. Rudolf Moser, 25 (44) m. w. N.; a. A. Liver, SPR, § 52, S. 337 f.
B. Konflikte bei den Verlängerungs- und Erweiterungsformen
227
An dieser Stelle ist eine Ansicht in der schweizerischen Lehre erwähnenswert, nach der die Eintragung der Sonderformen des Eigentumsvorbehalts bereits an der Unzulässigkeit dieser Eigentumsvorbehaltsformen nach dem schweizerischen Recht scheitert, ohne dass man die Unwirksamkeit dieser Formen mit der Unmöglichkeit der Registereintragung des Eigentumsvorbehalts zu begründen braucht.90 Im türkischen Recht, in dem die Weitergeltung der ausländischen Eigentumsvorbehalte durch besondere Vorschriften nicht geregelt ist, wird die Anerkennung und Weitergeltung der Sonderformen des Eigentumsvorbehalts wie ein einfacher Eigentumsvorbehalt behandelt. Daher kommt man wieder zum gleichen Ergebnis: Ein erweiterter oder verlängerter deutscher Eigentumsvorbehalt wird nach dem Grenzübertritt der Sache in die Türkei aus dem Grund unwirksam, dass eine entsprechende Eintragung des ausländischen Eigentumsvorbehalts in das türkische Register fehlt. II. Der erweiterte bzw. verlängerte Eigentumsvorbehalt an den Sachen, die aus der Schweiz oder der Türkei ausgeführt werden Bisher wurde nur die Frage behandelt, ob ein verlängerter oder erweiterter Eigentumsvorbehalt an einer in die Schweiz oder die Türkei eingeführten beweglichen Sache im neuen Statut wirksam fortbestehen kann. Diese Frage beantwortet die herrschende Meinung in der Schweiz so, dass ein verlängerter oder erweiterter deutscher Eigentumsvorbehalt sich in der Schweiz dauerhaft nicht verwirklichen kann. Das Gleiche gilt jedoch nicht für den Fall, in dem es sich um die Vereinbarung eines verlängerten oder erweiterten Eigentumsvorbehalts an einer zur Ausfuhr bestimmten Sache handelt. Nach Art. 103 IPRG untersteht der Eigentumsvorbehalt an einer zur Ausfuhr bestimmten beweglichen Sache bereits vor dem Gebietswechsel dem Recht des Bestimmungsstaates. Danach kann ein verlängerter oder erweiterter Eigentumsvorbehalt trotz der bereits erwähnten Gründe, Unzulässigkeit und Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, in
90 Heini, ZüKomm, IPRG, Art. 102 Rn. 10; über Weitergeltung der Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts in der Schweiz als eintragungsfähiger einfacher Eigentumsvorbehalt s. Hanisch, FS. für Prof. Rudolf Moser, 25 (45) mit der Annahme in Fn. 73, dass das aus einem deutschen Eigentumsvorbehalt entstandene Anwartschaftsrechts des Verkäufers in der Schweiz nicht ausgeübt werden kann. Nach Art. 100 Abs. 2 des schweizerischen IPRG wird ein dingliches Recht an einer beweglichen Sache nach dem Sachenrecht des neuen Lageortes ausgeübt. Auch der Inhalt eines dinglichen Rechts untersteht dem Sachenrecht des Lageortes, wo sich die Sache gerade befindet. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltsverkäufers in der Schweiz nicht ausgeübt werden kann, da das schweizerische Recht dieses Recht nicht anerkennt.
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
der Schweiz wirksam vereinbart werden, solange der Eigentumsvorbehalt den Formerfordernissen des deutschen Rechts entspricht.91 Art. 103 IPRG berücksichtigt die Besonderheiten des schweizerischen Sachenrechts zur Begründung des Eigentumsvorbehalts, insbesondere die vorausgesetzte Registereintragung am Wohnsitz des schweizerischen Käufers und die daraus entstandenen Probleme des internationalen Privatrechts. In der Schweiz wird nach Art. 715 ZGB vorausgesetzt, dass der Eigentumsvorbehalt in das Eigentumsvorbehaltsregister am Wohnsitz des schweizerischen Käufers eingetragen wird. Hinsichtlich des schweizerischen Rechts könnte die Schwierigkeit darin liegen, dass es am Wohnort des ausländischen Käufers kein dem Eigentumsvorbehaltsregister ähnliches Register gibt und eine wirksame Eintragung in das schweizerische Eigentumsvorbehaltsregister nicht möglich ist. Ein solcher Fall kommt dann vor, wenn die momentan in der Schweiz liegende Lieferungsware aus der Schweiz nach Deutschland geliefert wird, wo der Eigentumsvorbehalt formlos zu vereinbaren ist. Diese Rechtslage ist jedoch für den schweizerischen Exporteur, dessen Käufer in Deutschland wohnt, unbefriedigend.92 Durch die Regelung des Art. 103 IPRG hat der schweizerische Gesetzgeber ermöglicht, einen Eigentumsvorbehalt an den ins Ausland gelieferten Sachen formlos in der Schweiz wirksam zu begründen. Über den Eigentumsvorbehalt an der zur Ausfuhr bestimmten Sache findet man keine spezifische Regelung im türkischen IPRG. Deshalb bleibt die Frage offen, ob ein Eigentumsvorbehalt in einer dem türkischen Recht unbekannten Form wirksam vereinbart werden darf, wenn von Anfang an bekannt ist, dass die Vorbehaltssache nicht in der Türkei bleibt, sondern in ein anderes Land geschickt wird. Unter Berücksichtigung des Bedürfnisses der türkischen Exportwirtschaft wäre zutreffend, wie in der Schweiz die formlose Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts an den zur Ausfuhr bestimmten Sachen in der Türkei zuzulassen und dadurch den türkischen Exporteur zu schützen.
C. Ein kurzer Überblick über alternative Sicherungsinstrumente im internationalen Rechtsverkehr zwischen Deutschland und der Türkei Mit den bisherigen Erklärungen wurde dargelegt, dass die Anerkennung des fremden Eigentumsvorbehalts in Deutschland unproblematisch ist. Der Eigentumsvorbehalt, welcher an einer aus der Schweiz oder der Türkei nach Deutschland exportierten Kaufsache vereinbart worden ist, wird grundsätzlich 91 Ebenso
Hanisch, FS. für Prof. Rudolf Moser, 25 (49). der Expertenkommission zum Entwurf des IPR‑Gesetzes vom Jahre 1979, S. 202; dazu Meier-Hayoz, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., 1. Teilbd., S. 304 f., Rn. 824, 830. 92 Schlussbericht
C. Ein kurzer Überblick über alternative Sicherungsinstrumente
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in Deutschland anerkannt, weil das deutsche Sachenrecht für die Begründung und für das Fortbestehen des inländischen Eigentumsvorbehalts keine besondere Voraussetzung vorsieht (s. Art. 43 EGBGB).93 Ein großes kollisionsrechtliches Problem tritt dagegen in dem Fall auf, in dem eine bewegliche Sache, an der ein Eigentumsvorbehalt nach deutschem Recht bereits vereinbart wurde, aus Deutschland in die Schweiz oder die Türkei geliefert wird. Unglücklicherweise bleibt der deutsche Eigentumsvorbehalt schutzlos ab dem Zeitpunkt, wo sich die Kaufsache in der Türkei befindet. Ausgangspunkt ist, dass der deutsche Eigentumsvorbehalt in der Türkei sofort ab dem Grenzübertritt unwirksam wird, ohne dass eine spätere Eintragungsmöglichkeit, wie in der Schweiz, dem Verkäufer angeboten wird.94 Die sofortige Unwirksamkeit des deutschen Eigentumsvorbehalts in der Türkei könnte weitere kollisionsrechtliche Probleme hervorrufen, wie die Vollstreckung der Vorbehaltssache von dem Gläubiger des Vorbehaltskäufers in der Türkei. Dabei fragt sich, ob es eine bessere, verkehrsfreundlichere Sicherungsmöglichkeit im internationalen Rechtsverkehr zwischen Deutschland und der Türkei anstatt der Sicherung des Kaufpreises durch die Eigentumsvorbehaltsvereinbarung gibt. Die Suche nach einem alternativen Sicherungsmittel wäre jedenfalls unter Berücksichtigung der Tatsache sinnvoll, dass die Türkei zu den 20 wichtigsten Handelspartnern Deutschlands gehört und zugleich bestimmte Gütergruppen im hohen Wert nach Deutschland exportiert.95 Bei einem internationalen Kaufverhältnis zwischen Deutschland und der Türkei ist denkbar, zugunsten des fremden Verkäufers eine Hypothek an einem Grundstück (s. § 1113 BGB, Art. 881 ff. türk. ZGB)96, eine Mobiliarhypothek97 oder ein Vertragspfandrecht an künftigen Sachen zu bestellen. Wie bereits geklärt, ist die Mobiliarhypothek in der Türkei unter bestimmten Voraussetzungen und an bestimmten Pfandgegenständen zulässig.98 Es spricht auch nichts dagegen, zugunsten eines ausländischen Gläubigers ein Pfandrecht an den Grundstücken oder an beweglichen Sachen (sogar in Form des Registerpfandrechts) nach dem türkischen Recht zu bestellen.99 In dem Beispielfall, 93 Ausf.
s. oben S. 31, 221 ff. s. oben S. 217 ff. 95 Über den Wert und die Güter des Außenhandels zwischen Deutschland und der Türkei s. die Statistiken des statistischen Bundesamtes (Destatis): https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/ImFokus/Aussenhandel/AussenhandelTuerkei.html, https://www-genesis.destatis.de/ genesis/online;jsessionid=9AC25C81FCE100D8F4003A4928D34016.tomcat_GO_1_2?operation=previous&levelindex=2&levelid=1473347274336&step=2. 96 Über die Mitverpfändung der Bestandteile allen Zugehörs des Grundstücks s. Art. 805 Abs. 1 ZGB, Art. 862 Abs. 1 türk. ZGB, s. a. oben S. 143 und S. 200, Fn. 150. 97 Hier könnte ein Registerpfandrecht nach Art. 940 Abs. 2 türk. ZGB oder ein Pfandrecht an den Unternehmen, welches im Gesetz über das Mobiliarpfandrecht im Rahmen der Handelsgeschäfte spezifisch geregelt ist, bestellt werden. Weitergehend s. oben S. 205. 98 Weitergehend s. oben S. 200 ff. 99 Hinsichtlich der Bestellung einer Hypothek an einem Grundstück werden die Ausländer 94 Ausf.
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
in dem ein türkischer Käufer von einem deutschen Verkäufer eine bewegliche Sache gekauft hat und den Kaufpreis in Raten bezahlt, kann der türkische Käufer zugunsten seines deutschen Verkäufers und zur Sicherung von dessen Kaufpreisforderung ein Pfandrecht nach türkischem Recht bestellen und seinen Gläubiger dinglich sichern. Auch sollte es den die Vertragsparteien entsprechend dem Grundsatz der Vertragsfreiheit gestattet sein, dies schon im Kaufvertrag zu vereinbaren, dass der türkische Käufer, der den Kaufpreis zu einem späteren Zeitpunkt zahlt, ein Registerpfandrecht an dem gekauften Gegenstand und zugunsten des Verkäufers zu bestellen verpflichtet ist, nachdem er den Kaufgegenstand in den Händen hat. Der umgekehrte Beispielfall ist folgender, in dem der deutsche Käufer von einem türkischen Händler ein Motorfahrzeug gekauft und zur Sicherung der Kaufpreiszahlung seinem türkischen Verkäufer eine Mobiliarhypothek an dem gekauften Auto in der Türkei eingeräumt hat.100 In diesem Zusammenhang fragt sich, ob die nach türkischem Recht wirksam begründete Mobiliarhypothek in Deutschland anerkannt wird, wo eine Mobiliarhypothek nicht zugelassen ist. In einem Fall zwischen Frankreich und Deutschland hatte der BGH101 für die vorzugsweise Befriedigung des Pfandgläubigers gemäß § 805 ZPO entschieden. In dem konkreten Fall ging es darum, dass das Fahrzeug, dessen Kauf in Frankreich durch einen Bankkredit einer französischen Bank finanziert wurde, nach Deutschland gebracht und dort gepfändet wurde. In diesem Urteil hat der BGH die dem deutschem Recht fremde Mobiliarhypothek des französischen Rechts anerkannt und die französische Bank (Klägerin) als Inhaberin eines besitzlosen Pfandrechts für die vorzugsweise Befriedigung nach § 805 ZPO für berechtigt erklärt. Im Allgemeinen ist es im deutschen IPR anerkannt, dass und die türkischen Staatsbürger im türkischen Recht gleichgestellt. Ausländische natürliche und juristische Personen dürfen in der Türkei nach Art. 35 Abs. 3 türk. Grundbuchgesetz, ohne Einschränkung beschränkt dingliche Rechte erwerben (z. B. Hypothek). Dazu s. auch Rona Aybay, Yabancılar Hukuku, Istanbul 2007, S. 209; Nuray Ekşi, Yabancılar Hukukuna İlişkin Temel Konular, 4. Aufl., Istanbul 2012, S. 144. Auch hinsichtlich des Erwerbs eines dinglichen Rechts an den in Türkei vorliegenden beweglichen Sachen werden die Ausländer und die türkischen Staatsbürger gleichbehandelt. Also wird nicht verhindert, ein Pfandrecht an einer beweglichen Sache zugunsten eines Deutschen nach dem türkischen Recht zu bestellen. In diese Richtung s. Gülören Tekinalp, Türk Yabancılar Hukuku, 8. Aufl., Istanbul 2003, S. 216 f.; Rona Aybay, S. 204; Bülent Çiçekli, Yabancılar ve Mülteciler Hukuku, 5. Aufl., Ankara 2014. In einem Aufsatz erklärt Berki den Eigentumserwerb an beweglichen Sachen und den Erwerb der beweglichen Sachen durch Erbgang von einem Ausländer für möglich, mit der Begründung, dass es keine gesetzliche Bestimmung gibt, welche den Eigentumserwerb an beweglichen Sachen und den Erwerb der beweglichen Sachen durch Erbgang in der Türkei ausschließlich für die Türken erlaubt. Dazu s. Osman Fazıl Berki, „Türkiye’de Yabancılar Hukuku“, Ankara Üniversitesi Hukuk Fakültesi Dergisi, Band 12, Heft 1–2, Ankara 1955, 175 (194). 100 Auch in diesem Fall spricht auch nichts dagegen, ein Pfandrecht an beweglichen Sachen (sogar in Form des Registerpfandrechts) nach dem türkischen Recht zu bestellen. 101 BGHZ 39, 173.
C. Ein kurzer Überblick über alternative Sicherungsinstrumente
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sachenrechtliche Tatbestände nach der lex rei sitae beurteilt werden, in dem sie eingetreten sind (s. Art. 43 Abs. 1 EGBGB).102 In dem vorliegenden Fall entscheidet das französische Recht darüber, ob die Mobiliarhypothek an dem Fahrzeug wirksam begründet wurde. Von dem Zeitpunkt des Statutenwechsels ab gilt ausschließlich das deutsche Recht über die sachenrechtlichen Verhältnisse an dem Fahrzeug. Daher entscheidet das deutsche Recht darüber, ob die bereits in Frankreich wirksam begründete Mobiliarhypothek in Deutschland fortgesetzt wird, nachdem das mit der Mobiliarhypothek belastete Fahrzeug nach Deutschland verbracht wurde. Die Anerkennung einer dinglichen Belastung, wie einer Mobiliarhypothek, wird gemäß Art. 43 Abs. 2 EGBGB insoweit besagt, dass diese dingliche Belastung der Rechtsordnung des neuen Staates, in dem sich die bewegliche Sache gerade befindet, nicht widerspricht.103 In dem vorliegenden Fall erkennt der BGH die französische Mobiliarhypothek an, jedoch nicht in der Form der Mobiliarhypothek, sondern als die im deutschen Recht zugelassene Sicherungsübereignung mittels Besitzkonstitut. Dies hat der BGH dadurch gerechtfertigt, dass die Mobiliarhypothek wie ein besitzloses Pfandrecht wirkt und die Anerkennung eines besitzlosen Pfandrechts dem deutschen Recht nicht fremd ist. Im deutschen Recht stellt das Faustpfandprinzip kein zwingendes internationales Recht dar, sodass das deutsche Recht vom Faustpfandprinzip ausnahmsweise abweicht, z. B. durch die Zulassung einer Sicherungsübereignung mittels Besitzkonstitut, welche in der deutschen Rechtspraxis eine große Rolle hat. Daher führt die Anerkennung einer fremden Mobiliarhypothek in Deutschland nicht zum Verstoß gegen deutsches Recht, da die Mobiliarhypothek funktional wie Sicherungsübereignung des deutschen Rechts angenommen werden kann.104 Aus diesen Erwägungen und unter Berufung auf das hier erwähnte Urteil des BGH über die französische Mobiliarhypothek kann man schließen, dass der türkische Pfandgläubiger sich im Rahmen des Zwangsvollstreckungsprozesses vorzugsweise befriedigen dürfe, wenn das mit einem türkischen Registerpfandrecht belastete Fahrzeug vom deutschen Käufer (Pfandschuldner) nach Deutschland mitgebracht worden wäre. In diesem Zusammenhang wäre fraglich, ob außer den gegenwärtig im Besitz des Pfandschuldners befindlichen Pfandsachen auch die künftigen Sachen, die erst später in das Eigentum des Verpfänders gelangen, zugunsten eines Gläubigers gepfändet werden können. Diese Frage betrifft das praktische Interesse 102
Kegel/Schurig, § 19 III und w. N. oben S. 207. Dazu s. oben S. 221 f. 104 Auch in einem anderen Urteil (BGH NJW 1991, 1415 f.) hat der BGH eine nach italienischem Recht wirksam begründete Mobiliarhypothek hinsichtlich des Verwertungsrechts wie eine Sicherungsübereignung des deutschen Rechts behandelt. Zu weiteren Informationen über die Anerkennung der italienischen Mobiliarhypothek in Deutschland mit Wirkung der deutschen Sicherungsübereignung s. Max Johann Lipsky, Statutenwechsel im italienischen Sachenrecht – Auswirkungen auf den Im- und Export von Mobiliarsicherheiten, Frankfurt am Main 2011, S. 262, 265. 103
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
und zugleich die Möglichkeit zu einer umfassenden Kreditsicherung. Zudem muss sie jedenfalls unter Berücksichtigung des im deutschen und türkischen Pfandrecht herrschenden Publizitäts- und Spezialitätprinzips105 beantwortet werden. Nach diesen Pfandrechtsprinzipien wird ein Pfandrecht an einer bestimmten Sache bestellt und durch die Besitzübertragung an den Pfandgläubiger publiziert. In dem türkischen Recht findet man nur wenige Informationen über solche Erweiterung des Pfandrechts auf die künftigen Sachen des Verpfänders. Cansel erkennt die Pfändung der künftigen Sachen und behauptet, dass das Pfandrecht erst mit der Besitzübertragung an den Pfandgläubiger entsteht. In dem Fall geht er von der Bestellung eines Pfandrechts unter der aufschiebenden Bedingung aus, sodass das Pfandrecht erst entsteht, wenn die Pfandsache in den Besitz des Verpfänders kommt.106 Dabei ist im Bereich des türkischen Mobiliarsicherungsrechts der neue Entwurf eines Gesetzes über das Mobiliarpfandrecht im Rahmen der Handelsgeschäfte besonders interessant, da die Pfändung an künftigen beweglichen Gegenständen erstes Mal ausdrücklich im neuen Gesetzentwurf zum Ausdruck gebracht wird. Danach wird es ermöglicht, die erst in Zukunft existierenden bzw. in Zukunft hergestellten beweglichen Sachen als Kreditunterlage zu verwenden (s. Art. 5 Abs. 3, Art. 2 Ziff. f des Entwurfs).107 Die herrschende Meinung im deutschen Schrifttum lehnt die Belastung einer künftig entstehenden Sache mit einem gegenwärtigen Mobiliarpfandrecht ab.108 Danach widerspricht die Pfändung der künftigen Sachen insbesondere den Pfandrechtsprinzipien: Spezialitäts- und Publizitätsprinzip. Das im deutschen Recht geltende Spezialitätprinzip setzt voraus, dass die Pfandsache bei der Pfandrechtsbestellung bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist.109 Ferner darf auf die Publizität des Pfandrechts nicht verzichtet werden (sog. Publizitätsprinzip). Grundsätzlich erfolgt die Publizität des Pfandrechts durch die Besitzübertragung an den Pfandgläubiger, dies ist jedoch bei der Pfändung der künftigen Sachen unmöglich, da der Verpfänder die Pfandsache erst später 105 S. etwa Hatemi/Serozan/Arpacı, S. 351 ff.; Oğuzman/Seliçi/Oktay-Özdemir, Rn. 3641 ff., 3632 ff.; Ergüne, S. 126 ff., 181 ff.; Habersack, Soergel, BGB, Bd. 16, 13. Aufl., § 1204 Rn. 1; Baur/Baur/Stürner, § 4 III Rn. 17. 106 Erol Cansel, Türk Medeni Hukuku, Band 1, Teslim Şartlı Menkul Rehni, Ankara 1967, S. 34 f. m. V. a. Oftinger/Bär, ZüKomm, Bd. IV, 2. Abtl., 23. T., Art. 884 Rn. 34. Oftinger/Bär erklären im schweizerischen als zulässig, die künftig existierende bzw. in den Besitz des Verpfänders gelangene Sachen pfänden zu lassen. Nach diesen Autoren liegt hier ein bedingt abgeschloßener Pfandvertrag vor. Für das Problem um den Rang der Pfandrechte ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Besitzübertragung maßgebend. 107 Weitere Informationen unter der Seite: http://www2.tbmm.gov.tr/d26/1/1–0753.pdf; auch oben S. 203. 108 Damrau, MüKomm, BGB, Ban:d 6, 6. Aufl., § 1204 Rn. 11; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, § 1204 Rn. 43; Habersack, Soergel, BGB, Band 16, 13. Aufl., § 1204 Rn. 10; J. Schmidt, Erman, BGB, § 1204, Rn. 9. 109 Baur/Baur/Stürner, § 4 III Rn. 17.
C. Ein kurzer Überblick über alternative Sicherungsinstrumente
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in seinen Besitz nehmen kann. Hier scheitert die Pfändung der künftigen Sachen auch an der fehlenden Verfügungsbefugnis des Verpfänders, weil der Verpfänder jetzt nicht zur Verfügung der noch nicht erworbenen Sache berechtigt ist.110 Hierbei wird im deutschen Schrifttum die Verpfändung der künftig entstehenden Sachen durch eine vorgenommene Einigung bzw. durch eine antizipierte Einigung über die Pfandrechtsbestellung zugelassen, wonach durch eine vertragliche Vereinbarung künftige Sachen für den Zeitpunkt der Erfüllung der Besitzerfordernisse der §§ 1205, 1206 BGB111 jedenfalls unter der Voraussetzung zu pfänden sind, dass die antizipierte Einigung über die Pfandrechtsbestellung zur Zeit der Übergabe noch weiterbesteht.112 Dabei wird der pfandrechtliche Zugriff auf künftige Sachen durch Antizipation des Einigungselementes geschafft. Die Frage, ob der Pfandgläubiger dann eine gesicherte Rechtsposition bzw. ein Anwartschaftsrecht hat, wird jedoch verneint.113 Im Rahmen des internationalen Handels wird heute häufig auch eine spezielle Zahlungsform, sogenannter „Dokumentenakkreditiv“, vereinbart, in der die Kaufpreiszahlung unter Mitwirkung von mindestens zwei Kreditinstituten erfolgt; eine ist die Bank des Importeurs, und die andere ist die Bank des Exporteurs. Das Dokumentenakkreditiv spielt eine große Rolle, insbesondere dann, wenn zwei Parteien in Geschäftsbeziehung treten, welche ihre Handelstätigkeiten in verschiedenen Ländern führen und einander völlig unbekannt sind. Für die unbekannten Vertragsparteien besteht das Bedürfnis nach der Sicherung der eigenen Rechtspositionen und der gegenseitigen Ansprüche. Also versucht der Verkäufer (Exporteur) möglichst zu sichern, dass der vereinbarte Kaufpreis nach dem Versand der Waren von seinem Käufer (Importeur) so schnell wie möglich beglichen wird. Daneben will der Käufer das Risiko der nicht vertragsgemäß oder überhaupt nicht erfolgenden Lieferung der Kaufgegenstände und des Nichteinreichens der Dokumente zur Abholung der Waren im Land minimieren. Im Rahmen des Dokumentenakkreditivs wird ein Akkreditiv in der Bank des Exporteurs eröffnet. Und die Zahlung erfolgt erst, wenn die Dokumente, die die rechtzeitige Warenlieferung nachweisen, in der Bank des Exporteurs eingereicht werden. Dadurch wird erreicht, dass die Warenlieferung gesichert ist und der 110 Arnd Löffelmann, Pfandrecht und Sicherungsübereignung an künftigen Sachen, Köln 1996, S. 8. 111 Bassange, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 1204 Rn. 8; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, § 1204 Rn. 43; Habersack, Soergel, BGB, Bd. 16, 13. Aufl., § 1204 Rn. 10; J. Schmidt, Erman, BGB, § 1204. Rn. 9. 112 Bassange, Palandt, BGB, 75. Aufl., § 1204 Rn. 8; Wiegand, Staudinger, BGB, Neubearb., Buch 3, § 1204 Rn. 43; J. Schmidt, Erman, BGB, § 1204 Rn. 9. Der Grund dafür ist, dass die antizipierte Einigung von den Beteiligten bis zur Übergabe widerrufen werden kann, also für die Beteiligten nicht bindend ist. Dazu s. Damrau, MüKomm, BGB, Bd. 6, 6. Aufl., § 1204 Rn. 11. 113 Dazu s. ausf. Löffelmann, S. 18 ff.
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
Verkäufer seine Zahlung sofort ab der Vorlage der Lieferungsdokumente bekommt.114 Beachtlich ist bei dem Akkreditiv, dass der aus dem Ausland importierende Käufer – anders als der Vorbehaltskäufer – sich nicht in Zahlungsschwierigkeiten befindet, sondern den Kaufpreis mittels eines Akkreditivs zahlen will, damit er eine Zahlung gegen fristgerechte Lieferung sichern kann. Bei dem Akkreditiv bezahlt der Käufer den Kaufpreis mithilfe zweier Kreditinstitute aus seinem Konto und sofort. Aus diesem Grund ist es schwierig zu sagen, dass das Akkreditiv eine Alternative zum Eigentumsvorbehalt darstellt. Um die finanziellen Risiken des Eigentumsvorbehalts im Rechtsverkehr zwischen Deutschland und der Türkei, insbesondere das Risiko der Nichtanerkennung des deutschen Eigentumsvorbehalts in der Türkei, zu vermeiden, ist es auch denkbar, den Kauf mittels Bankkredit zu finanzieren. In dieser Lösung bewirbt sich der Käufer um einen Bankkredit und befriedigt seinen Verkäufer damit. In diesem Fall erlangt der Verkäufer seine aus dem Kaufverhältnis entstandene Kaufpreisforderung sofort, und es besteht nur noch ein Schuldverhältnis zwischen dem Käufer und der kreditierenden Bank. Man kann jedoch nicht übersehen, dass es in jedem Fall nicht einfach ist, einen Bankkredit aufzunehmen, insbesondere wenn der Käufer (Kreditnehmer) seine Kreditwürdigkeit gegen die Bank nicht beweisen bzw. für den Kredit eine dingliche Sicherheit nicht anbieten kann. Ebenso dient die Kreditkartenzahlung nicht als bessere Sicherungsmöglichkeit. Die Kreditkartenzahlung zeigt sich in der Türkei als eine beliebte Zahlungsmethode. Die Türkei ist ein Land, wo Güterverkäufe durch Kreditkartenzahlung weit verbreitet sind.115 Durch die Möglichkeit der Zahlung mit der Kreditkarte wird der Käufer von seiner Kaufpreisschuld gegenüber seinem Verkäufer befreit, und er schuldet jetzt nur gegenüber der Bank. Die Kreditkartenzahlung bietet jedoch keine umfangreiche Lösung für die Käufe jeder Art von beweglichen Sachen an. Die Kreditkarte ist meistens auf ein bestimmtes Limit beschränkt, daher sind Kreditkarten bei dem Verkauf von teureren beweglichen Sachen (z. B. Handelsgüter) nicht brauchbar. Im Außenhandel ist die Bankgarantie ein weiteres gebräuchliches und weltweit akzeptiertes Sicherungsinstrument, auch in der Türkei. Wie bereits erläutert wurde, sind die Vertragsparteien im Rahmen des Außenhandels mit größeren Risiken konfrontiert. Für die unbekannten Vertragsparteien sist es zumeist schwer, die ausländischen Handelsgepflogenheiten oder die im Ausland geltende Rechtsordnung zu erkennen und die Bonität der Vertragspartei richtig 114 Es besteht jedoch immer noch z. B. das Risiko der Lieferung der fehlerhaften Waren. Zu weiteren Risiken s. Seza Reisoğlu, Hukuki Açıdan Akreditif ve Uygulama Sorunları, S. 1, 2. 115 Nach der Statistik des Interbank Cart Centers (Bankalararası Kart Merkezi) im Jahr 2015 verwenden 58 Millionen Menschen in der Türkei Kreditkarten. Statistisch betrachtet ist die Türkei ein großer Kreditkartenmarkt Europas.
D. Ist eine Auflockerung der lex rei sitae möglich oder überhaupt nötig?
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einzuschätzen. Im Rahmen eines grenzüberschreitenden Kaufverhältnisses, in dem der Käufer in Raten zu zahlen verpflichtet ist, kommt der Absicherung von gegenseitigen Ansprüchen der Vertragsparteien große Bedeutung zu, insbesondere der Absicherung der Auszahlung des vereinbarten Kaufpreises. Dazu dient auch die Bankgarantie im Außenhandel. Die Bankgarantie stellt ein von dem zugrunge liegenden Grundgeschäft unabhängiges (abstraktes) Zahlungsversprechen der Bank für das Risiko der Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtung des Auftraggebers dar. Bei einer Bankgarantie geht es um eine Sicherung, deren Parteien der Auftraggeber, die Bank des Auftraggebers, der Begünstigte und eventuell die Bank des Begünstigten (in einer indirekten Bankgarantie) sind. Im Rahmen einer Bankgarantie schließt die Bank im Auftrag ihres Kunden einen Garantievertrag mit dem Vertragspartner des Kunden für den Fall ab, dass der Kunde der beauftragten Bank den geschuldeten Kaufpreis nicht bezahlt. So kann der Verkäufer sich sicher sein, dass der gesicherte Kaufpreis auf seine Anforderung durch die Bank des Käufers bezahlt wird, wenn der Käufer seinen Vertrag nicht erfüllt. Also wird der Verkäufer durch die Bankgarantie gegen das Ausbleiben einer bestimmten Kaufpreiszahlung abgesichert.
D. Ist eine Auflockerung der lex rei sitae auf den grenzüberschreitenden Eigentumsvorbehalt möglich oder überhaupt nötig? I. Umstrittene Anerkennung einer Rechtswahl im internationalen Sachenrecht im Allgemeinen Sowohl das deutsche als auch das schweizerische und türkische internationale Privatrecht erkennen eine Rechtswahl für den schuldrechtlichen Vertrag an. Nach Art. 116 Abs. 1 IPRG und Art. 24 Abs. 1 türk. IPRG können die Parteien den schuldrechtlichen Vertrag dem Recht ihrer Wahl unterstellen. Auch im deutschen Recht durch Art. 3 Abs. 1 Röm. I Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht wird den Vertragsparteien die Möglichkeit gegeben, eine Rechtswahl für den schuldrechtlichen Vertrag zu treffen. Danach unterliegt der Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Zur Rechtfertigung der Anerkennung der Rechtswahl im internationalen Schuldrecht wurde bereits ausgeführt, dass der schuldrechtliche Vertrag nur zwischen den Vertragsparteien wirkt, obwohl das Sachenrecht die Beziehungen zu Dritten regelt.116 Dabei wurde der Grund vorgebracht, dass die Lokalisierung
116
Kropholler, § 54, S. 545.
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
des Vertrags im internationalen Vertragsrecht schwierig ist und deshalb den Parteien die Rechtswahl für den Vertrag überlassen wird.117 Demgegenüber ist die Selbstbestimmung des Sachstatuts durch die Vertragsparteien nur im schweizerischen Recht durch gesetzliche Vorschrift zugelassen (s. Art. 104 IPRG). Anders als im schweizerischen Gesetz wurde die Rechtswahl durch Parteiabrede bisher weder in das türkische noch in das deutsche Gesetz aufgenommen.118 Die Frage, ob die Parteiautonomie auf eine Rechtswahl des Sachstatuts auch im deutschen und türkischen internationalen Sachenrecht anerkannt wird, wird in Deutschland und der Türkei noch diskutiert, wobei nach der herrschenden Lehre dies überwiegend nicht anerkannt wird. 1. Ausschluss der Rechtswahl im internationalen Sachenrecht Sowohl das EGBGB als auch das türk. IPRG schweigen zur Zulässigkeit der Wahl des maßgebenden Sachstatuts durch die Parteien. Es besteht jedoch eine Tendenz im Schrifttum, dass die Rechtswahl im Bereich des internationalen Sachenrechts ausgeschlossen sei. a) Herrschende Meinung im türkischen Schrifttum zum Ausschluss der Rechtswahl im internationalen Sachenrecht Das Wahlrecht der Parteien wird nach türkischem Kollisionsrecht nur im Bereich des internationalen Schuldrechts zugelassen. Gemäß Art. 24 Abs. 1 türk. IPRG können die Parteien das auf den Vertrag anwendbare Recht selbst bestimmen.119 Demgegenüber sieht der türkische Gesetzgeber eine Regelung über die Rechtswahl in Bezug auf sachenrechtliche Fälle (wie in Art. 104 IPRG) im türk. IPRG nicht vor. Auch die türkische Lehre tendiert dazu, für die Vertragsparteien die Möglichkeit zur Rechtswahl im Bereich des Sachenrechts endgültig auszuschließen.120 Auffallend ist dabei die Kritik von Çelikel: Sie kritisiert die herrschende Meinung zum Ausschluss der Möglichkeit der Rechtswahl und insbesondere die starre Anwendung vom Prinzip der lex rei sitae. Die Kritik handelt nicht von der Anwendung der lex rei sitae, sondern ihre Anwendung als einziges Recht in jedem Fall, obwohl zwischen dem Land, in dem sich die bewegliche Sache während des Erwerbs- oder Verlustsvorgangs befindet, und dem Konflikt hinsichtlich 117 Pierre Karrer, Der Fahrniserwerb kraft Guten Glaubens im Internationalen Privatrecht, Zürich 1968, S. 49. 118 Ausnahmsweise wird die Anwendung eines anderen Rechts durch Art. 46 EGBGB zugelassen, wenn zu dem Recht eines Staates eine wesentlich engere Verbindung besteht. 119 Tekinalp, RabelZ 1982, 26 (48) mit Hinweis auf die Notwendigkeit einer objektiven Anknüpfung. 120 Nomer, Devletler Hususi Hukuku, S. 291; Tekinalp, Bağlama Kuralları, § 22, S. 252.
D. Ist eine Auflockerung der lex rei sitae möglich oder überhaupt nötig?
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des dinglichen Rechts keine Verbindung besteht.121 Sie beschäftigt sich hier mit der Frage,122 ob der türkische Richter in besonderen Fällen nicht die in Art. 21 türk. IPRG zum Ausdruck gebrachte lex rei sitae, sondern ein anderes Recht anwenden dürfe. Im Gegensatz zur herrschenden Meinung geht Çelikel davon, dass die lex rei sitae nicht als ein rigides Prinzip angesehen werden und es dem Richter überlassen werden soll, in manchen Fällen ein anderes Recht anzuwenden. Nach Çelikel führt das Beharren auf die Anwendung der lex rei sitae zu ungerechten Rechsfolgen. Eine ungerechte Folge ist darin zu erblicken, dass sich die bewegliche Sache während des dinglichen Vorgangs zufällig in dem Land X befindet und aufgrund der starren Anknüpfung an die lex rei sitae das Recht des Landes X auf auftretende sachenrechtliche Konflikte angewandt wird. Dazu hat sie einen Beispielfall123 erwähnt, in dem ein Eigentumsvorbehalt zwischen zwei Türken in der Türkei vereinbart wurde. Zum Zeitpunkt der Vereinbarung war aber die Sache im Land Y gelangt. Der Vorbehaltsverkäufer verlangt die Sache unter Berufung auf sein Eigentum zurück, weil der Vorbehaltskäufer, welcher die aus Y in die Türkei verbrachte Sache benutzt, den Kaufpreis nicht bezahlt hat. Würde sich der Richter in Richtung der herrschenden Meinung entscheiden, dann würde die lex rei sitae auf dingliche Rechte Anwendung finden. In dem Fall muss man jedoch darauf achten, dass die Sache während der Vereinbarung zufällig im Land Y war und auch keine persönliche Verbindung zwischen den Vertragsparteien und dem Land Y (z. B. Staatsangehörigkeit des Y) sichtbar war. Nach Çelikel soll der Richter im oben erwähnten Fall124 ausnahmsweise ein anderes Recht anwenden dürfen, wenn zu diesem eine wesentlich engere Verbindung besteht.125 In der Bestimmung des Rechts mit einer wesentlich engeren Verbindung liegt allerdings eine große Schwierigkeit.126 Nach Çelikel kann der Richter das Recht wählen: das Recht des Landes, wo die Sache auf Dauer benutzt wird, oder das Recht des Vertragslandes oder das Recht des Landes, wo die Sache während des Erwerbs- oder Verlustvorgangs lag.127
121
Çelikel, S. 25, 37. Çelikel, S. 35. 123 Çelikel, S. 31. 124 In dem oben erwähnten Fall wird die Anwendung des türkisches Rechts befürwortet, weil die Vertragsparteien eine türkische Staatsangehörigkeit haben und die gekaufte Sache in der Türkei benutzt wird. S. Çelikel, S. 31 f. 125 Çelikel, S. 25, 35 f., 37 zur Anwendung des Rechtes mit der engeren Verbindung sowohl auf den Konflikt mit Bezug auf dingliche Rechte zwischen den Vertragsparteien, als auch zwischen einer Vertragspartei und einem Dritten. 126 Çelikel, S. 28, 36. 127 Çelikel, S. 37. 122
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
b) Herrschende Meinung im deutschen Schrifttum zum Ausschluss der Rechtswahl im internationalen Sachenrecht Der deutsche Gesetzgeber ist den Vorschlägen zur parteiautonomen Bestimmung des Sachstatuts im Schrifttum nicht gefolgt und hat sie aus dem Grund ausdrücklich abgelehnt, dass das von den Parteien gewählte Recht für Dritte nicht erkennbar ist.128 Nach ihm ist bei einer Rechtswahl durch Parteien das Statut einer Sache von relativ wirkenden und relativ bekannten Tatsachen abhängig. Dies würde aber den Verkehrsinteressen zuwiderlaufen.129 Das Gleiche gilt auch dann, wenn die Rechtswahl nur inter partes wirkt.130 Der Gedanke zum Ausschluss der Bestimmung des Sachstatuts durch Parteien wird auch von der deutschen Rechtsprechung und von der deutschen Lehre weitestgehend geteilt.131 Die Rechtswahl durch Parteien wird im Sachenrecht meistens aus dem Grund des Verkehrsschutzes abgelehnt.132 Nach dieser herrschenden Meinung regelt das Sachenrecht die Beziehungen zu Dritten, und die dinglichen Rechte wirken gegenüber jedermann (sog. absolute Wirkung der dinglichen Rechte), es braucht daher Anknüpfungssicherheit für Dritte, die aber bei einer Rechtswahl durch Parteien unmöglich wäre.133 Danach lässt das öffentliche Interesse an einer klaren und übersichtlichen Bestimmung des Sachstatuts für die Wahl des anwendbaren Rechts keinen Raum.134 128 BT‑Drucks. 14/343, S. 16; vgl. Thorn, Palandt, BGB, 75. Aufl., Vorbemerkung zu Art. 43 EGBGB Rn. 2; Karrer, S. 49 f. 129 BT‑Drucks. 14/343, S. 16; Lüderitz, Vorschläge 1972, 185 (188). 130 BT‑Drucks. 14/343, S. 16. 131 BGH, WM 2000, 1640; Kegel/Schurig, § 19 I, S. 766; Lüderitz, Vorschläge 1972, 185 (188 ff.); Thorn, Palandt, BGB, 75. Aufl., vor Art. 43 EGBGB Rn. 2; Kreuzer, MüKomm, BGB, Bd. 10, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Anh. I Rn. 66, 72–74; Brinkmann, Prütting/Wegen/ Weinreich, BGB, Art. 43 EGBGB Rn. 6; Karrer, S. 49 f.; Spickhoff, Bamberger/Roth, BGB, Art. 43 EGBGB Rn. 6 m. w. N.; w. N. bei Kegel/Schurig, § 19 I, S. 766; Rolf H. Weber, „Parteiautonomie im internationalen Sachenrecht?“, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, Tübingen 44. Jahrgang 1980, 510 (519 ff.); Thomas Pfeiffer, „Der Stand des Internationalen Sachenrechts nach seiner Kodifikation“, Praxis des Internationalen Privatund Verfahrensrecht, 20. Jahrgang, Nr. 4, Juli/August 2000, 270 (273 f.). 132 BT‑Drucks 14/343 S. 16; vgl. Thorn, Palandt, BGB, 75. Aufl., Art. 43 EGBGB Rn. 2 m. w. N.; aufgrund des Verkehrsinteresses z. B. in Kegel/Schurig, § 2 II, S. 138; Lüderitz, Vorschläge 1972, 185 (188); krit. Stoll, IPRax 2000, 259 (264). 133 Karrer, S. 49 f.; Lüderitz, Vorschläge 1972, 185 (188 ff.). Demgegenüber vertritt Stoll, dass die parteiautonome Rechtswahl nicht pauschal mit der typischen Drittwirkung sachenrechtlicher Vorgänge ausgeschlossen werden kann. Nach ihm ist das berechtigte Drittinteresse mithilfe der konfliktfesten Sachennormen zu schützen. Dies ist der Fall, wenn eine Rechtsordnung für die Wirkung eines Eigentumsvorbehalts gegenüber Dritten Formerfordernisse oder eine Registereintragung am Wohnort des Käufers vorsieht. Mit dieser Einschränkung der Rechtswahl kommt Stoll zum Ergebnis, dass solche Vorschriften des Belegenheitsrechts weiter angewandt werden, obwohl die Sache ins Ausland versandt und das ausländische Recht gewählt wird. S. Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 284. 134 Ein kollisionsrechtliches Problem tritt zwar auf, wenn ein ausländisches Recht die parteiautonome Bestimmung des Sachstatuts zulässt (so in Art. 104 IPRG) und die Parteien das
D. Ist eine Auflockerung der lex rei sitae möglich oder überhaupt nötig?
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2. Zulassung der Rechtswahl im internationalen Sachenrecht Im Einklang mit der neuen Tendenz in der Schweiz135 hat der schweizerische Gesetzgeber in Art. 104 Abs. 1 IPRG eine Auflockerung der traditionellen SitusRegel vorgesehen. Danach können die Parteien den Erwerb und den Verlust dinglicher Rechte an beweglichen Sachen dem Recht des Abgangs- oder des Bestimmungsstaates oder dem Recht unterstellen, dem das zugrunde liegende Rechtsgeschäft untersteht. Dagegen trifft man keine Ansicht im türkischen Schrifttum, die eine Rechtswahl im Mobiliarsachenrecht befürwortet. Im neuen deutschen Schrifttum verbreitet sich die Auffassung, wonach wenigstens bei internationalen Verkehrsgeschäften den Parteien die Bestimmung des Sachstatuts entsprechend ihrem Willen in beschränktem Umfang ermöglicht werden kann,136 sofern die Interessen Dritter nicht benachteiligt werden.137 Die parteiautonome Bestimmung des Sachstatuts wurde allerdings bis jetzt weder in das deutsche EGBGB noch in das türk. IPRG übergenommen. Bei der starren Anknüfpung an die lex rei sitae muss bei jedem Lageortswechsel der Sache ein Statutenwechsel angenommen werden. Von einem Statutenwechsel spricht man bei der sukzessiven Anwendung der beteiligten Rechtsordnungen.138 Dies bedeutet, dass die dinglichen Rechte zuerst dem Recht der ersten lex rei sitae und nach dem Statutenwechsel dem Recht des zweiten Statuts unterliegen. Es wäre jedoch nicht erstaunlich, dass die beteiligten Rechtsorddeutsche Recht als anwendbares Recht gewählt haben. Die Frage lautet hier, wie das deutsche internationale Privatrecht mit der nach seinem Recht unzulässigen Rechtswahl der Parteien umgeht. Diese Frage wird überwiegend so beantwortet, dass die Wahl des deutschen Rechts der Vorschrift des Art. 4 EGBGB über die Rück- und Weiterverweisung zu unterwerfen ist und und schließlich nur die deutschen Sachvorschriften anzuwenden sind. Vgl. Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 136; Mansel, Staudinger, IPR, Neubearb., Art. 43 EGBGB Rn. 810, 1154 m. w. N. 135 Mit Hinweis auf schwere Bestimmbarkeit des Lageorts bei beweglichen Sachen in Botschaft zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (IPR‑Gesetz) vom 10. November 1982, 273. 6, S. 399 f.; Meier-Hayoz, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., 1. Teilbd., S. 289 f., Rn. 772; Heini, ZüKomm, IPRG, Art. 102 Rn. 3. 136 Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 282 ff.; Stoll, RabelsZ 1974, 450 (452 ff.); Stoll, IPRax 2000, 259 (263); Kurt Sovilla, Eigentumsübergang an beweglichen körperlichen Gegenständen bei internationlaen Käufen, Freiburg 1954, S. 32 ff.; Drobnig, RabelsZ 1968, 450 (459 ff.); Ulrich Drobnig, „Entwicklungstendenzen des deutschen internationalen Sachenrechts“, Internationalen Privatrecht und Rechtsvergleichung im Ausgang des 20. Jahrhunderts, Bewehrung oder Wende?, Festschrift für Gerhard Kegel, Frankfurt am Main 1977, 141 (150 f.); Weber, RabelsZ 1980, 510 (517 ff.); w. N. bei Kreuzer, MüKomm, BGB, Bd. 10, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Anh. I Rn. 66; Lüderitz, Soergel, BGB, Bd. 10, 12. Aufl., Art. 38 EGBGB Anh. II Rn. 3; w. N. aus der Rechtsprechung bei Kegel/Schurig, § 19 I, S. 766, Fn. 4. 137 Hanisch, FS. für Prof. Rudolf Moser, 25 (30); Kropholler, § 54, S. 545; Weber, RabelsZ 1980, 510 (523). 138 W. N. bei Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 289. Bei einer sukzessiven Anwendung der beteiligten Rechtsordnungen wird von einer sachenrechtlichen Aufspaltung gesprochen in Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 283.
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
nungen die Bestellung und Geltung dinglicher Rechte von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig machen. Die Befürworter der beschränkten Rechtswahl wollen vor allem die Schwierigkeiten vermeiden, die aus einem erwarteten Statutenwechsel entstehen.139 Anders gesagt wollen die Befürworter den Statutenwechsel mithilfe der Rechtswahl sozusagen überbrücken. Ein anderer Grund für die Zulassung einer Rechtswahl ist die Übereinstimmung von Sachen- und Sachstatut140. Nach einer Meinung könnten es den Parteien durch die begrenzte Rechtswahl ermöglicht werden, Schuld und Sachstatut ein und derselben Rechtsordnung zu unterstellen. 3. Aufgeführte Einschränkungen zur Rechtswahl Die Befürworter im deutschen Schrifttum beschränken die Möglichkeit einer Rechtswahl meistens auf bestimmte Rechtsordnungen. Nach Stoll können die Parteien nicht jede beliebige Rechtsordnung, sondern nur das Recht des Abgangsortes, das Recht des Bestimmungsortes oder das auf den Schuldvertrag anwendbare Recht wählen.141 Außerdem spricht Drobnig von einer Beschränkung der Rechtswahl auf die Rechtsordnungen, welche die Sache berührt. Also können die dinglichen Rechte in der Regel nur dem Recht des Abgangs- oder des Bestimmungslandes unterstellt werden.142 Eine solche Einschränkung zur Wahl des anwendbaren Rechts ist schon in der Schweiz in Art. 104 Abs. 1 IPRG zu erblicken. Außerdem muss die Rechtswahl nach Drobnig ausdrücklich sein.143 Gegen diese Ansicht nimmt Stoll Rücksicht auf die privilegierten Parteiinteressen und vertritt, dass die Rechtswahl auch stillschweigend oder durch mutmaßlichen Parteiwillen erfolgen kann.144 Wird die Rechtswahl unter Berücksichtigung des Parteiwillens zugelassen, sollte nach Stoll untersucht werden, was die Parteien eigentlich wollen und was ihrem mutmaßlichen Willen am besten entspricht. Beim Fehlen einer ausdrücklichen Rechtswahl ist nach Stoll im Zweifel an139
Hanisch, FS. für Prof. Rudolf Moser, 25 (30 f.). Z. B. Botschaft zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (IPR‑Gesetz) vom 10. November 1982, 273. 6, S. 399 f.; Meier-Hayoz, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., 1. Teilbd., S. 289 f., Rn. 772 und S. 302 Rn. 816; Sovilla, S. 43. 141 Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 292, 337; Stoll, RabelsZ 1974, 450 (456 f.); Stoll, IPRax 2000, 259 (263). 142 Drobnig, RabelsZ 1968, 450 (461). 143 Drobnig, RabelsZ 1968, 450 (460, 462, 467, 471); ders. in FS. für Gerhand Kegel 1977, 141 (150) f. 144 Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 292. Als Beispiel wird die AGB des Verkäufers gegeben, die einen nach dem Recht des Exportlandes formulierten Eigentumsvorbehalt enthält. Nach Stoll liegt ein hinreichender Ausdruck des Willens zum Abschluss eines Eigentumsvorbehalts nach dem Recht des Exportlandes darin, besonders wenn dieses Recht den zugrunde ligenden Kaufvertrag beherrscht. Zur stillschweigenden Rechtswahl s. Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 337. 140
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zunehmen, dass die Parteien diejenige Rechtsordnung wählen wollen, nach der das Sicherungsrecht rechtlichen Bestand hat.145 Teilweise wird die Rechtswahl dahingehend eingeschränkt, dass sie nur zwischen den Parteien wirkt (so z. B. in Art. 104 Abs. 2 des schweizerischen IPRG). Eine Bestimmung des Sachstatuts, welche Dritten gegenüber nicht gemacht werden kann, wird vor allem aus dem Grund abgelehnt, dass die Rechtswahl die geziehlte Übereinstimmung von Schuld- und Sachstatut nicht schaffen kann, sondern zu deren Auseinanderfallen führt.146 II. Bedeutung der Rechtswahl bei den internationalen Verkehrsgeschäften, inbesondere beim internationalen Warenkauf unter Eigentumsvorbehalt In neuerer Zeit vermehrt sich die Ansicht gegen eine ausnahmslose Anknüpfung an die lex rei sitae im internationalen Mobiliarsachenrecht. Nach dieser Ansicht soll die Rechtswahl durch die Parteien für besondere Fallgruppen zugelassen werden, z. B. bei Sachen im Transit und internationalen Verkehrsgeschäften.147 In diesem Zusammenhang ist die Meinung von Stoll, der die parteiautonome Bestimmung des Sachstatuts feurig vertritt, erwähnswert. Nach Stoll erscheint bei den grenzüberschreitenden Verfügungen über bewegliche Sachen die starre Anknüpfung des Sachstatuts an den Lageort, an der sich die Sache zufälligerweise befindet, ohne Rücksicht auf den Parteiwillen wenig überzeugend. Mit Recht vertritt Stoll, die Zulassung der Rechtswahl durch die Parteien, insbesondere bei den internationalen Verkehrsgeschäften, in denen die bewegliche Sache von dem Absendeland in das Bestimmungsland verbracht wird, zu gestatten.148 Durch die Rechtswahl der Parteien könnten die aus der sukzessiven Anwendung der Rechtsordnungen des Absende- und Bestimmungslandes entstandenen Nachteile und Unklarheiten vermieden werden.149 Auch meines Erachtens wird die Vereinbarung eines grenzüberschreitenden Eigentumsvorbehalts durch die Zulassung einer Rechtswahl der Parteien in mehrfacher Hinsicht vereinfacht. Wie bereits erklärt wurde, werden das deutsche, schweizerische und türkische internationale Sachenrecht von dem Prinzip der lex rei sitae beherrscht. Danach unterstehen dingliche Rechte an beweglichen und unbeweglichen Sachen dem Recht des Landes, wo die Sache sich in dem Zeitpunkt des dinglichen Vorgangs befindet. Der Eigentumsvorbehalt untersteht 145 S. Stoll,
Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 337. Fisch, Honsell/Vogt/Schneyder, IPR, Art. 105 Rn. 15 ff.; Kreuzer, RabelsZ 2001, 383 (446 f.). 147 Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 282 ff.; Drobnig RabelsZ 1968, 450, 460 ff.; ders., FS. für Gerhard Kegel 1977, 141 (150). 148 Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 262, 282 ff., 292; vgl. auch Heini, ZüKomm, IPRG, Art. 104 Rn. 1, 3. 149 Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 283; dementsprechend Hanisch, FS. für Prof. Rudolf Moser, 25 (31). 146
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4. Kapitel: Kollisionsrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts
deshalb z. B. dem schweizerischen oder türkischen Recht, wenn die Vorbehaltssache während des Kaufvertragsabschlusses in die Schweiz oder in die Türkei gelangt war. Der Eigentumsvorbehalt wird aber nach dem schweizerischen und türkischen Recht unter der Voraussetzung nur wirksam vereinbart, dass er in das Eigentumsvorbehaltsregister am Wohnort des Käufers eingetragen wird. Aus der starren Anknüpfung der Situs-Regel folgt jedoch die Unmöglichkeit der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts in dem Fall, dass der Vorbehaltskäufer im Ausland lebt und keinen Wohnsitz in der Schweiz oder der Türkei hat. Diese Unmöglichkeit der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts könnte durch die Möglichkeit der Rechtswahl der Parteien umgangen werden. Die Zulassung der Rechtswahl im Bereich des Sachenrechts könnte von Vorteil sein, da der Vorbehaltskäufer, der keinen Wohnsitz in der Schweiz oder der Türkei hat, und der Vorbehaltsverkäufer das deutsche Recht als anwendbares Recht freilich vereinbaren und ohne Registereintragung einen gültigen Eigentumsvorbehalt bestellen können, obwohl die Sache während der Begründung des Eigentumsvorbehalts in der Schweiz oder der Türkei liegt. Außerdem tritt ein großes kollisionsrechtliches Problem wegen der sukzessiven Anwendung mehrerer Rechtsordnungen in Bezug auf den grenzüberschreitenden Eigentumsvorbehalt auf. Aus der sukzessiven Anwendung der beteiligten Rechtsordnungen folgt, dass die sachenrechtlichen Wirkungen eines Eigentumsvorbehalts bis zum Eintreffen der Sache im Bestimmungsstaat nach dem Recht des Absendelandes und nach dem Grenzübertritt nach dem Recht des Bestimmungslandes beurteilt werden.150 Über die Anerkennung des ausländischen Eigentumsvorbehalts entscheidet das Recht des Bestimmungslandes selbst. Daraus ergibt sich jedoch eine Anerkennungsfrage insbesondere bei einer Warenlieferung von Deutschland in die Türkei, da die Anerkennung und Weitergeltung eines ausländischen Eigentumsvorbehalts am Erfordernis der Registereintragung scheitert. An dieser Stelle hat die Rechtswahl der Parteien den Vorteil, den Statutenwechsel bei dem Gebietswechsel und die sukzessive Anwendung der beteiligten Rechtsordnungen zu überbrücken.151
150 So in § C der Vorschläge für eine Reform des deutschen internationalen Sachenrechts des Deutschen Rates für internationales Privatrecht, in Wolfgang Lauterbach, Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Personen- und Sachenrechts, Tübingen 1972, S. 5 und Kreuzer, MüKomm, BGB, Bd. 10, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Anh. I Rn. 90; Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 334. 151 Ebenso Drobnig, RabelsZ 1968, 450 (459); m. H. a. das Parteiinteresse Heini, ZüKomm, IPRG, Art. 102 Rn. 3.
Zusammenfassung Der Eigentumsvorbehalt wurde von der Rechtspraxis als eine besondere Alternative neben den anderen Sicherungsmitteln, die die Übergabe der Sicherungsmittel voraussetzen, entwickelt. Dieses Sicherungsmittel, das ausschließlich auf den Kauf beweglicher Sachen Anwendung findet, dient zur Sicherung von Warenkrediten. Beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt vereinbaren die Parteien, dass die Kaufsache dem Käufer übergeben wird, jedoch sich der Verkäufer das Eigentum an der Kaufsache bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehält. In dieser Art des Kaufverhältnisses geschieht also keine Eigentumsübertragung auf den Käufer mit der Übergabe. Aus diesem Punkt stellt der Eigentumsvorbehalt eine Ausnahme von der Eigentumsübertragung durch Übergabe dar.1 Grundsätzlich wird der Eigentumsvorbehalt im Rahmen der Kreditkäufe bzw. Ratenkäufe vereinbart, in denen der Käufer zur Zahlung des Kaufpreises in bestimmter Frist bzw. in Raten verpflichtet ist. Die Bedeutung des Eigentumsvorbehalts liegt darin, dass der Verkäufer bis zur Tilgung des Kaufpreises der Eigentümer der Sache bleibt. In diesem Kaufverhältnis erlangt der Käufer das Volleigentum an der Sache erst mit der Tilgung des ganzen Kaufpreises. Daraus folgend zeigt sich hier die Eigentumsübertragung in der Form einer aufschiebend bedingten Eigentumsübertragung.2 Beachtlich ist, dass der Eigentumsvorbehalt nur die Verfügung, nicht das zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft unter eine Bedingung stellt. Demgegenüber bleibt der Kaufvertrag unberührt, also unbedingt.3 Der Eigentumsvorbehalt kann in Deutschland formlos, sogar mündlich vereinbart werden, während der Eigentumsvorbehalt im schweizerischen und türkischen Recht schriftlich zu vereinbaren ist. Nach dem schweizerischen Recht ist keine besondere Schriftform für die Vereinbarung vorgeschrieben. Demgegenüber unterliegt die Eigentumsvorbehaltsvereinbarung den strengen Formvoraussetzungen nach türkischem Recht. Danach wird der Eigentumsvorbehalt unwirksam, wenn er nicht notariell beurkundet wird. In der türkischen Praxis wird der Eigentumsvorbehalt von dem Notar zuerst beurkundet, dann von 1
Oben S. 18. Nicht ausgeschlossen ist es, den Eigentumsvorbehalt mit der auflösend bedingten Eigentumsübertragung zu vereinbaren. Diese Form des Eigentumsvorbehalts entspricht jedoch nicht ganz dem Sicherungsinteresse des Verkäufers. Zur Kritik s. oben S. 21. 3 Ebenso s. oben s. 19. 2
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demselben Notar in das Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen. Diese Beurkundung des Eigentumsvorbehalts ist vielleicht nicht unbedingt zeitraubend, kostet allerdings viel Geld.4 Bei dem Rechtsvergleich zwischen dem deutschen, schweizerischen und türkischen Sachenrecht fällt auf, dass eine weitere Voraussetzung zur wirksamen Begründung des Eigentumsvorbehalts im schweizerischen und türkischen Recht vorgesehen ist: Eintragung des Eigentumsvorbehalts in ein besonderes Register. Danach wird der Eigentumsvorbehalt unwirksam, solange er nicht vom an dem Wohnort des Käufers tätigen Notar in das türkische Register oder vom Betreibungsamt am Wohnort des Käufers in das schweizerische Register eingetragen wird (s. Art. 715 Abs. 1 ZGB, Art. 764 Abs. 1 türk. ZGB). Dem Eintragungserfordernis liegt der Publizitätsgedanke zugrunde. Also wird durch die Eintragung des Eigentumsvorbehalts bezweckt, den Eigentumsvorbehalt Dritten gegenüber erkennbar zu machen.5 Man muss leider sagen, dass weder die Eintragung in das Register vom Notar noch die Eintragung in das Register am Betreibungsamt den vorhandenen Eigentumsvorbehalt gänzlich veröffentlicht. Insbesondere erweist sich die Eintragung des Eigentumsvorbehalts in das vom Notar geführte Register als kein effizientes Publizitätsmittel. Im Normalfall ist nicht zu erwarten, dass der Drittkäufer alle Notare am Wohnort seines Verkäufers aufsucht und die Existenz eines möglichen Eigentumsvorbehalts an der Kaufsache prüft, bevor er mit seinem Verkäufer in eine Geschäftsverbindung tritt. Darüber hinaus steht der Registereintragung keine dem Grundbuch ähnliche Wirkung zu. Die Registereintragung hat allein negative Wirkung, danach stellt die Eintragung lediglich eine Wirksamkeitsvoraussetzung dar.6 Folglich komme ich zu dem Schluss, dass die Eintragung des Eigentumsvorbehalts vom am Wohnort des Käufers tätigen Notar nur in bestimmten Fällen (Autoverkauf, Verkauf von Einrichtung) eine Publizität anbietet, was allerdings eine falsche Entscheidung des türkischen Gesetzgebers war. Zum anderen kommt dem vorbehaltenen Eigentum des Vorbehaltsverkäufers große Bedeutung bei der Bestimmung der Rechtspositionen der Vertragsparteien zu. Bei einem Eigentumsvorbehalt ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer den unmittelbaren Besitz an der Kaufsache zu verschaffen und die Sache zur Nutzung bereitzustellen, während der Käufer die Vorbehaltssache gemäß dem Eigentumsvorbehalt benutzen und sie nicht beschädigen darf. Ferner hat der Vorbehaltskäufer vor dem Bedingungseintritt eine Aussicht auf den Erwerb des unbedingten Eigentums durch die Tilgung des ganzen Kauf4 Zur wirksamen Begründung des Eigentumsvorbehalts nach dem deutschen, schweizerischen und türkischen Recht ausführlich s. oben S. 18 ff. 5 Zur Registereintragung zum Zweck der Veröffentlichung des Eigentumsvorbehalts s. oben S. 57 f. 6 Zur fehlenden grundbuchähnlichen Wirkung des Eigentumsvorbehaltsregisters s. oben S. 56 f.
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preises. Diese Erwerbaussicht ist im deutschen, schweizerischen und türkischen Recht schützenswert und wird Anwartschaftsrecht genannt. Für die Feststellung der Rechtsstellungen der Vertragsparteien und insbesondere der Rechte des Vorbehaltskäufers ist es entscheidend, wie das Anwartschaftsrecht qualifiziert wird und welche Bedeutung diesem Recht zukommt. Die Frage der Qualifizierung des Anwartschaftsrechts wurde im deutschen Recht mehrmals gestellt. Nach der herrschenden Meinung entsteht ein dingliches Besitzrecht des Käufers aus seinem Anwartschaftsrecht. Dementsprechend kann der Käufer über das Anwartschaftsrecht nach den Vorschriften über den Erwerb des Vollrechts, also nach den Vorschriften über das Eigentum (§§ 929 ff. BGB) verfügen. Darüber hinaus kann der Käufer sein dingliches Besitzrecht Dritten gegenüber geltend machen.7 Dagegen wird der Käufer im schweizerischen und türkischen Recht nicht als Inhaber des dinglichen Besitzrechts an der Vorbehaltssache angesehen.8 Meines Erachtens bezeichnet das Anwartschaftsrecht des Käufers nur die Rechtsstellung des Käufers vor dem Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Sowohl im deutschen Recht als auch im schweizerischen und türkischen Recht wird der Käufer während der Schwebezeit gegen Zwischenverfügungen des Verkäufers über die Vorbehaltssache geschützt. Diese Zwischenverfügungen des Verkäufers über die Vorbehaltssache werden in dem Zeitpunkt des Bedingungseintritts unwirksam (§ 161 Abs. 1 BGB, Art. 152 Abs. 3 OR, Art. 171 Abs. 3 türk. OR). Ferner kann der Vorbehaltsverkäufer oder ein Dritter die Vorbehaltssache vom Vorbehaltskäufer nicht herausverlangen, solange der Vorbehaltskäufer vertragsgemäß die Kaufpreisraten bezahlt. Darunter versteht man, dass der Vorbehaltskäufer in der Schwebezeit eine geschützte rechtliche Position hat. Also ergibt sich kein dingliches Besitzrecht des Käufers aus dem Anwartschaftsrecht. Das Anwartschaftsrecht ist vielmehr eine Bezeichnung der geschützten Rechtsposition des Käufers (insbesondere gegen Verfügungen des Verkäufers), aber nicht ein besonderes Recht, aus dem sich die Rechte zugunsten des Käufers ableiten lassen. Bei dem Eigentumsvorbehalt erwirbt der Käufer das unbedingte Eigentum an der Vorbehaltssache erst durch restlose Zahlung des Kaufpreises. Mit der Zahlung des ganzen Kaufpreises geht das Eigentum an der Sache ipso iure auf den Käufer über. Der Käufer gefährdet seinen künftigen Eigentumserwerb, wenn er den Kaufpreis nicht vertragsgemäß bezahlt. Im Falle des Zahlungsverzugs hat der Verkäufer einige Rechte dem Käufer gegenüber: Er kann am Vertrag festhalten und nur die verzögerten Raten vom Käufer verlangen oder vom Kaufvertrag zurücktreten und die daraus entstehenden Schäden vom Käufer fordern. An dieser Stelle war es umstritten, ob der Vorbehaltsverkäufer wegen 7 Weitergehend zur Qualifizierung des Anwartschaftsrechts und den Rechten des Käufers als Anwartschaftsberechtigte in Deutschland s. oben S. 72 ff. 8 Über die Bedeutung des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers in der Schweiz und der Türkei s. oben S. 72 ff.
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des Zahlungsverzugs ohne Rücktritt vom Kaufvertrag, allein unter Berufung auf sein vorbehaltenes Eigentum die Vorbehaltssache vom Käufer zurückverlangen darf. Heute besteht Übereinstimmung im deutschen, schweizerischen und türkischen Recht darin, dass für das Herausverlangen der Vorbehaltssache der Rücktritt vom Kaufvertrag erforderlich ist.9 Meistens treten die rechtlichen Probleme und Fragen in Bezug auf den Eigentumsvorbehalt in der Schwebezeit auf. Hier ist die Frage behandlungswürdig, ob der Vorbehaltsverkäufer in der Schwebezeit zugunsten eines Dritten ein Recht an der Vorbehaltssache bestellen darf. Da der Vorbehaltsverkäufer bis zum Bedingungseintritt Eigentümer der Sache bleibt, wäre es denkbar, dass er über die Vorbehaltssache zu verfügen berechtigt ist. Wie bereits erwähnt wurde, hat der Vorbehaltsverkäufer quasi ein beschränktes Eigentumsrecht10. Sein Eigentumsrecht wird von der geschützten Erwerbsaussicht des Käufers sozusagen beschränkt. Im Rahmen des Eigentumsvorbehalts soll der Vorbehaltsverkäufer die Rechte des Käufers auf die Nutzung der Vorbehaltssache und auf den späteren Eigentumserwerb durch die Kaufpreiszahlung berücksichtigen. Auch soll sich der Vorbehaltskäufer vertragstreu verhalten, also die Vorbehaltssache vertragsgemäß benutzen. Für den Weiterverkauf der Vorbehaltssache oder für die Bestellung eines Rechts an der Vorbehaltssache zugunsten eines Dritten bedarf es grundsätzlich einer entsprechenden Ermächtigung durch den Vorbehaltsverkäufer.11 Im schweizerischen und türkischen Recht trifft man oft nur den einfachen Eigentumsvorbehalt, bei dem der Vorbehaltskäufer die Vorbehaltssache an einem Dritten nicht veräußern darf. Andernfalls verhält er sich vertragswidrig. Es ist jedenfalls dem gutgläubigen Dritten möglich, Rechte an der Vorbehaltssache vom nicht berechtigten Käufer zu erwerben.12 Anders als das schweizerische und türkische Recht wird der Eigentumsvorbehalt in Deutschland häufig in besonderen Formen vereinbart. In diesen besonderen Formen wird der Eigentumsvorbehalt in der Form verlängert, dass der Käufer die Vorbehaltssache verarbeiten oder an einem Dritten veräußern darf (sog. verlängerter Eigentumsvorbehalt). Ferner kann ein Eigentumsvorbehalt mit dem Inhalt vereinbart werden, dass der Käufer die Vorbehaltssache an einen Dritten unter Eigentumsvorbehalt weiterveräußern darf. Im deutschen Recht kommt es auch vor, dass sich der Eigentumsvorbehalt nicht nur auf den aus dem Vorbehaltskauf entstandenen Kaufpreis, sondern auch auf andere Forderungen des Vorbehaltsverkäufers gegenüber dem Käufer erstreckt. Diese Form des Eigentumsvorbehalts, bei dem die Zahlung des zugrunde liegenden Kaufpreises für den Eigentumserwerb der Vorbehaltssache nicht genügt, trifft man 9
Über das Verbot der Rücknahme der Kaufsache ohne Rücktritt vom Kaufvertrag im deutschen, schweizerischen und türkischen Recht ausführlich s. oben S. 93 f. 10 Nachweise oben auf. S. 73, in Fn. 364. 11 Dementsprechend s. oben S. 121 f. 12 Zum gutgläubigen Rechtserwerb Dritter an der Vorbehaltssache s. oben S. 123.
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im schweizerischen und türkischen Recht nicht, weil in diesen Rechtssystemen der Eigentumsvorbehalt nur zur Sicherung des zugrunde liegenden Kaufpreises dient13 und die gesicherte Forderung in das Eigentumsvorbehaltsregister ausdrücklich eingetragen werden muss.14 Insbesondere bei den internationalen Warenkäufen unter Eigentumsvorbehalt entstehen Probleme daraus, dass die besonderen Formen des deutschen Eigentumsvorbehalts in der Schweiz und der Türkei fremd sind. In der vorliegenden Untersuchung wurden diese Probleme des internationalen Privatrechts bereits erörtert. Damit die Rolle des Eigentumsvorbehalts als Mobiliarsicherheit im Rechtsverkehr besser zu verstehen ist, wurde in der vorliegenden Untersuchung versucht, den Eigentumsvorbehalt auch mit dem Mobiliarpfandrecht und der Sicherungsübereignung zu vergleichen. Aus diesem Vergleich ergab sich, dass der Eigentumsvorbehalt, das Mobiliarpfandrecht und die Sicherungsübereignung sich in dem Punkt ähneln, als dass diese drei Sicherungsmittel zur Sicherung einer Forderung sind. Angesichts ihrer Anwendungen und der Rechtsstellungen der Parteien sind zwar einige Unterschiede zwischen diesen Rechtsinstitutionen zu erblicken. Als ein gebräuchliches Sicherungsmittel bedeutet das Pfandrecht nicht mehr als ein dingliches Verwertungsrecht. Im Rahmen des Pfandrechts ist der Pfandgläubiger in der Weise gesichert, dass er im Falle der Nichttilgung der gesicherten Forderung die Pfandsache verwerten und sich aus dem Verwertungserlös befriedigen darf. Das Pfandrecht deckt aber das Bedürfnis der Praxis nicht ganz, da das Pfandrecht sowohl im deutschen als auch im schweizerischen und türkischen Recht dem Faustpfandprinzip unterliegt und daher der Verpfänder die Möglichkeit der Nutzung der Pfandsache schon bei der Bestellung verliert.15 In der jetzigen Praxis, insbesondere im gewerblichen Geschäftsverkehr, wo die Existenz und wirtschaftliche Fortführung des Geschäftsbetriebs meistens von der Nutzung der Sicherungsobjekte abhängig sind, ist gewollt, die Sicherungsobjekte weiter zu nutzen und damit den Kaufpreis erwirtschaften zu können. Die Lücke, entstanden aus dem Verbot, die Pfandrechtsbestellung durch ein Verbleiben der körperlichen Verfügung über die Sache beim Verpfänder zuzulassen, wollte die Rechtspraxis durch die Entwicklung neuer Sicherungsmittel ausfüllen. In diesem Zusammenhang wurden in der Untersuchung der Eigentumsvorbehalt und die Sicherungsübereignung näher beobachtet. Die Sicherungsübereignung wird zur Sicherung von Forderungen Dritter, vor allem von Banken, angewandt. In Deutschland zeigt sich die Sicherungsübereignung vielmals als Sicherheit bei Darlehen und Krediten für die Bank. 13 Zum zugelassenen Eigentumsvorbehalt nur zur Sicherung des aus dem zugrunde liegenden Kaufvertrag entstandenen Kaufpreises in der Schweiz und der Türkei s. oben S. 227. 14 Dazu s. oben S. 145, 228, 229. 15 Zur Kritik des geltenden Faustpfandprinzips im deutschen, schweizerischen und türkischen Sachenrecht s. oben S. 178, Fn. 24.
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Soll die Sicherungsübereignung der Sicherung einer Kaufpreisforderung dienen, so sind zwei Geschäfte vorhanden: 1) ein Kaufverhältnis zwischen dem Verkäufer und dem Käufer, 2) eine Eigentumsübertragung an die Bank mit der Abrede, dass die Bank bei Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung das Sicherungsgut verwerten darf. Der Käufer, der die Güter gegen Bargeld nicht kaufen kann, erbringt seine geschuldete Leistung mithilfe eines Bankkredits. Zur Sicherung des Darlehens übereignet er zugleich die auf Kredit gekaufte Sache vorübergehend an die Bank.16 Weil der deutsche Gesetzgeber die tatsächliche Übergabe des Sicherungsguts auf den Sicherungsnehmer für die Bestellung der Sicherungsübereignung nicht vorsieht, die Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut, also die Sicherungsübereignung ohne Übergabe des Sicherungsguts zulässt, hat die Sicherungsübereignung sich in der deutschen Praxis in erheblichemn Umfang gegen das Mobiliarpfandrecht durchgesetzt. Dennoch ist die Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut offen für Kritik, und zwar in dem Punkt, dass die Übereignung zum Sicherungszweck für Dritte nicht sichtbar ist (Problem der fehlenden Publizität der Sicherungsübereignung). Daher kann das Problem der Täuschung Dritter über das Vermögen bzw. über die Kreditwürdigkeit des Sicherungsgebers auch hier auftreten. Demgegenüber tritt die Sicherungsübereignung nicht an die Stelle des Pfandrechts in der heutigen Praxis der Schweiz und der Türkei, da sie im schweizerischen und türkischen Recht Dritten gegenüber für relativ unwirksam erklärt wird. Also verhindert relative Unwirksamkeit der Sicherungsübereignung eine häufige Anwendung der Sicherungsübereignung in der Schweiz und der Türkei. Bei dem Eigentumsvorbehalt geht es um die dingliche Sicherung eines Warenkredites. Hier wird die aus einem Kredit- oder Ratenverkauf entstandene Forderung des Verkäufers dadurch gesichert, dass der Verkäufer bis zur Tilgung des Kaufpreises der Eigentümer der gekauften Sache bleibt und dazu im Falle der Nichttilgung der durch den Eigentumsvorbehalt gesicherten Forderung durch den Rücktritt vom Kaufvertrag, aber unter Berufung auf sein Eigentum die Sache zurückverlangen kann. In dieser Konstellation ist auch beachtlich, dass der Käufer dem Verkäufer durch die Kaufsache eine Garantie gewährt, welche jedoch bis zum Eintritt der Bedingung dem Verkäufer gehört. Anders 16 Sowohl die Sicherungsübereignung als auch das Pfandrecht richten sich nur auf die Sicherung einer Forderung, sodass im Falle der Tilgung der Forderung das Eigentum an der Sache auf den Sicherungsgeber zurückübertragen werden soll und das Pfandrecht an der Sache erlischt. Anders strukturiert ist jedoch der Eigentumsvorbehalt: Zum einen sichert der Eigentumsvorbehalt nicht irgendeine Forderung, sondern eine bestimmte Forderung, die aus einem Kauf einer beweglichen Sache entstanden ist. Zum anderen steht der Wille der Parteien zur endgültigen Eigentumsübertragung auf den Käufer nicht entgegen, wollen sie vielmehr von Anfang an den Eigentumserwerb vom Käufer, in der Weise, dass die Kaufpreisforderung des Verkäufers durch eine aufschiebende Bedingung gesichert wird.
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gesagt, ist der Verkäufer durch eigene Sache gesichert.17 In dieser Hinsicht ist der Eigentumsvorbehalt insbesondere für die Käufer bedeutsam, die die Güter gegen Bargeld nicht kaufen oder für die Sicherung der Kaufpreisforderung ein Pfandrecht an den Gütern nicht bestellen oder die ihm gehörenden Güter jemandem zur Sicherung nicht übereignen können. Außerdem erlangt der Käufer im Rahmen des Eigentumsvorbehalts die Möglichkeit, das Sicherungsobjekt (die Vorbehaltssache) zu nutzen und durch die Nutzung der Sache Geld zu erwirtschaften, bevor er den vereinbarten Kaufpreis noch nicht gezahlt hat. Daher könnte man daran denken, dass der Eigentumsvorbehalt ein entsprechendes Sicherungsmittel ist, mit welchem das Bedürfnis der Praxis nach der Begründung eines besitzlosen Sicherungsrechts gedeckt werden kann. Bei der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts muss man allerdings darauf achten, dass die wirksame Begründung des Eigentumsvorbehalts im schweizerischen und türkischen Recht von der Registereintragung abhängig ist, während es eine solche Voraussetzung zur Begründung und zur Existenz des Eigentumsvorbehalts im deutschen Recht nicht gibt. Aufgrund der Ausgestaltung des Eigentumsvorbehaltsregisters stellt sich der Eigentumsvorbehalt in der Schweiz und der Türkei nicht als effizientes Sicherungsmittel dar. Beachtlich ist, dass die Eintragung des Eigentumsvorbehalts nur eine konstitutive Funktion (Begründungsfunktion) hat.18 Dem Eigentumsvorbehaltsregister ist aber keine Wirkung wie der des Grundbuchs beizumessen. Daher kann man nicht davon ausgehen, dass jeder von der Eintragung des Eigentumsvorbehalts Kenntnis hat. Von einer Nachforschungspflicht der Dritten kann man auch nicht ausgehen. Insbesondere bei den Geschäftsverhältnissen, bei denen es um den Kauf und Verkauf zahlreicher Güter geht, ist diese Nachforschungspflicht undenkbar. Darüber hinaus entsteht keine Garantie aus dem Registereintrag dafür, dass der Eigentumsvorbehalt immer noch besteht oder die Person, die im Register als Eigentümer eingetragen ist, momentan der Eigentümer der Sache ist.19 Der Eigentumsvorbehalt muss am neuen Wohnort des Käufers eingetragen werden, wenn der Käufer seinen Wohnsitz an einen anderen Ort verlegt. Die nicht geschehene Eintragung am neuen Ort führt entweder zur schwebenden Wirksamkeit (in der Schweiz) oder zur sofortigen Unwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts (in der Türkei). Ferner muss die Eintragung des Eigentumsvorbehalts vom Notar selbst nicht entfernt werden, wenn der Eigentumsvorbehalt durch die Zahlung des Kaufpreises oder durch den gutgläubigen Eigentumserwerb Dritter an der Vorbehaltssache er17
Ebenso oben S. 101. Registereintragung als Voraussetzung der wirksamen Begründung des Eigentumsvorbehalts s. oben S. 55 f. 19 Der Registereintrag des Eigentumsvorbehalts dient als Informationsmittel, jedoch könnte die Gefahr dadurch entstehen, dass die Eintragung in dem Register nicht aktuell ist, weshalb sich die jetzige Eigentumslage nicht zeigt. Zur Kritik s. oben S. 66 f. 18 Zur
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lischt. Deswegen mag es sein, dass die Eintragung die tatsächliche Eigentumslage nicht zeigt. Ferner könnte ein Sicherheitsproblem für Dritte entstehen, dass die Vermögenslage und die Kreditwürdigkeit des Schuldners durch eine nachträgliche Eintragung des Eigentumsvorbehalts benachteiligt werden können. Aus den dargelegten Gründen könnte man der Meinung sein, dass die Transparenz des Eigentumsvorbehalts und der Drittschutz mit der Hilfe der Eintragung nicht ganz erreicht werden können. Unter Berücksichtigung der Tatsachen, dass die Besitzübertragung für die Bestellung des Pfandrechts an beweglichen Sachen und für die Übereignung zum Sicherungszweck vorausgesetzt ist und dass im schweizerischen und türkischen Recht das Eigentumsvorbehaltsregister von dessen Eigenschaft her den im Hintergrund stehenden Zweck zur Veröffentlichung des Eigentumsvorbehalts wegen der fehlenden positiven Wirkung des Registereintrags nicht zu erfüllen vermag, kommt man schließlich zu dem Ergebnis, dass ein großer Bedarf zur besitzlosen Sicherung und zum genügenden Schutz der Dritten in der schweizerischen und türkischen Praxis immer noch vorliegt.20 Dabei sind im Bereich des türkischen Mobiliarsicherungsrechts das zugelassene Registerpfandrecht nach Art. 940 Abs. 2 türk. ZGB und des türk. Unternehmenspfandrechtsgesetzes besonders interessant. Nach dem in Art. 940 Abs. 2 türk. ZGB geregelten Registerpfandrecht, welches auf die Pfändung an Kraftfahrzeugen Anwendung findet, können die Fahrzeuge ohne Übergabe, nur durch die Eintragung in das Straßenverkehrsregister gepfändet werden. Auch stellt das Unternehmenspfandrecht ein Registerpfandrecht dar, sodass die Gegenstände des Unternehmens, die für dessen Fortführung unverzichtbar sind, ohne Übergabe, nur durch die Registereintragung gepfändet werden können. Dadurch wird es erleichtert, die für das Unternehmen benötigten Geldkredite durch bewegliche Einrichtungen des Unternehmens zu sichern, ohne dass sie an den Sicherungsgeber bzw. die Bank übergeben werden. Es wäre auch denkbar, das Bedürfnis des türkischen Sicherungsrechts nach einem besitzlosen Sicherungsinstrument dadurch zu decken, dass ein dem ausnahmsweise zugelassenen elektronischen Registersystem ähnliches neues Registersystem dergestalt aufgebaut wird, dass andere Mobiliarsicherheiten, wie z. B. die Sicherungsübereignung, in dieses Register eingetragen werden können.21 In der Untersuchung wurde der Eigentumsvorbehalt auch aus Sicht des Zwangsvollstreckungs- bzw. Insolvenzrechts behandelt, um die Struktur und die Wirkungen des Eigentumsvorbehalts besser zu verstehen. In diesem Zusammenhang wurden die Sonderfälle betrachtet, in denen die Vorbehaltssache von den 20 S. auch die Erklärungen über das zugelassene Registerpfandrecht unter bestimmten Gegenständen im schweizerischen und türkischen Recht oben S. 200 ff. 21 Dazu s. oben S. 69, Fn. 337 und Elvan Er, Realsicherheiten des türkischen Mobiliarsachenrechts, Frankfurt am Main 2014, S. 247 ff.
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Gläubigern der Vertragsparteien vollstreckt wird oder eine von den Parteien in Insolvenz fällt. Bereits oben wurde davon gesprochen, dass aus dem Eigentumsvorbehalt eine dingliche Sicherung zugunsten des Vorbehaltsverkäufers hergeleitet wird.22 Diese dingliche Sicherheit des Vorbehaltsverkäufers macht sich insbesondere in den Fällen bemerkbar, in denen in die Vorbehaltssache beim Vorbehaltskäufer vollstreckt wird oder sie in die Insolvenzmasse einbezogen wird oder der Vorbehaltskäufer mit der Kaufpreiszahlung in Verzug gerät. Es ist nicht unerwartet, dass die Gläubiger des Vorbehaltskäufers die in Gewahrsam des Vorbehaltskäufers befindliche Vorbehaltssache vor dem Bedingungseintritt vollstrecken wollen. Hier lautet die Frage, ob der Vorbehaltsverkäufer die Zwangsvollstreckung und Verwertung der Vorbehaltssache unter Berufung auf sein vorbehaltenes Eigentum verhindern könnte. Zutreffend geht die herrschende Meinung von einem Widerspruchsrecht des Vorbehaltsverkäufers aus.23 Danach kann der Vorbehaltsverkäufer der Pfändung der Vorbehaltssache als Eigentümer widersprechen und die Verwertung der Sache vereiteln. Auch im Falle der Insolvenz des Vorbehaltskäufers genießt der Vorbehaltsverkäufer einen weitergehenden Schutz. Nach der herrschenden Meinung steht dem Vorbehaltsverkäufer ein Aussonderungsrecht24 zu, durch dessen Geltendmachung es unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, dass der Vorbehaltsverkäufer die immer noch ihm gehörende Vorbehaltssache aus der Insolvenzmasse aussondern kann. In der vorliegenden Untersuchung wurde zum Schluss der Eigentumsvorbehalt aus Sicht des internationalen Privatrechts behandelt. In diesem Zusammenhang wurden einige Probleme bei den internationalen Sendungsverkäufen unter Eigentumsvorbehalt zwischen Deutschland, der Schweiz und Türkei erwähnt. Im deutschen, schweizerischen und türkischen IPR tritt ein wichtiges kollisionsrechtliches Problem der Anerkennung des fremden Eigentumsvorbehalts auf. Aus dem im deutschen, schweizerischen und türkischen Recht herrschenden Prinzip der lex rei sitae25 entstehen einige kollisionsrechtliche Probleme. Da der Eigentumsvorbehalt nach diesen drei Rechtssystemen unterschiedlichen Begründungs- und Wirksamkeitsvoraussetzungen unterliegt, wird die Anerkennung eines fremden Eigentumsvorbehalts von dem Bestimmungsstaat kompliziert. In diesem Zusammenhang sollte auf die Rechtsfolgen eines Statutenwechsels eingegangen werden. Wird die Vorbehaltssache von einem Land in ein anderes Land gesendet, geschieht ein Statutenwechsel. Bei einem Statutenwechsel hat das Recht des Bestimmungsorts den Vorzug, sodass das Recht des Bestimmungsorts über den Inhalt der dinglichen Rechte an den gesendeten be22
Oben S. 2. W. N. in oben S. 157 ff. 24 W. N. in oben S. 170 ff. 25 Vgl. Art. 43 Abs. 1 EGBGB, Art. 100 Abs. 1 IPRG, Art. 21 türk. IPRG. 23
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weglichen Sachen und über deren Anerkennung entscheidet.26 Hinsichtlich des internationalen Sachenrechts wird der Eigentumsvorbehalt, durch den die Eigentumsübertragung unter eine Bedingung gesetzt wird, wie andere dingliche Rechte behandelt. Danach unterliegt z. B. der deutsche Eigentumsvorbehalt dem schweizerischen oder türkischen Recht, sobald die Vorbehaltssache die Grenze der Schweiz oder der Türkei überschreitet. Das Eintragungserfordernis und die vorausgesetzte Schriftform des Eigentumsvorbehalts nach dem schweizerischen und türkischen Recht einerseits und die formlose Vereinbarung sowie die fehlende Publizität des Eigentumsvorbehalts in Deutschland27 andererseits sind die großen Hindernisse gegen eine Anerkennung eines in Deutschland vereinbarten Eigentumsvorbehalts. Man kann allerdings sagen, dass das schweizerische Recht flexibler ist als das türkische Recht. Durch besondere Vorschriften im schweizerischen internationalen Privatrecht wird es ermöglicht, einen fremden Eigentumsvorbehalt innerhalb einer dreimonatigen Frist ab der Grenzüberschreitung in das schweizerische Register einzutragen und ihn in der Schweiz aufrechtzuerhalten (Art. 102 Abs. 2 IPRG). Eine ähnliche Vorschrift fehlt demgegenüber im türkischen IPRG. Deshalb wird der fremde Eigentumsvorbehalt gleich ab dem Grenzüberschreiten und wegen der fehlenden Registereintragung unwirksam.28 Eine nachträgliche Eintragung des fremden Eigentumsvorbehalts ist auch ausgeschlossen.29 Wird eine bewegliche Sache unter Eigentumsvorbehaltsvereinbarung in die Türkei geschickt, liegt eine große Gefahr sicherlich in der Nichtanerkennung des Eigentumsvorbehalts. Im Falle der Nichtanerkennung des fremden Eigentumsvorbehalts gehört die gerade in der Türkei befindliche Kaufsache zu dem Vermögen des türkischen Käufers. Anders gesagt, wird der im Ausland begründete Eigentumsvorbehalt beendet, und der Vorbehaltsverkäufer kann nicht mehr sein Eigentumsrecht geltend machen, sobald die Vorbehaltssache in der Türkei ist. Daraus folgt eine Benachteiligung des Vorbehaltsverkäufers insbesondere dann, wenn die Gläubiger des Vorbehaltskäufers jetzt in die Vorbehaltssache nach dem türkischen Recht zu vollstrecken oder sie in die Insolvenzmasse des Käufers einzubeziehen versuchen. Aufgrund der Nichtanerkennung des fremden Eigentumsvorbehalts in der Türkei kann der Vorbehaltsverkäufer sein Eigentum an der Kaufsache im Rahmen des Vollstreckungs- oder Insolvenzprozesses in der Türkei nicht mehr geltend machen. 26 Vgl. Art. 102 Abs. 2 IPRG, Art. 43 Abs. 2 EGBGB und über das türkische Recht s. oben S. 211. 27 Er befürwortet die Einführung eines Registers nach dem Notice-Filling-System in Anlehnung an das Modell in Article 9 Uniform Commercial Code (UCC), damit die bestehenden deutschen Sicherungsrechte an Mobilien ersichtlich gemacht werden und ihnen internationale Anerkennung verschafft werden kann. Dazu s. Er, S. 238 ff. 28 Oben S. 216 f. 29 Oben S. 64 ff., 215 f.
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Angesichts des internationalen Sachenrechts bietet das deutsche Recht dem Vorbehaltsverkäufer einen weitergehenden Schutz an. Das deutsche Recht, nach dem der Eigentumsvorbehalt formlos zu vereinbaren ist, erkennt den schweizerischen und türkischen Eigentumsvorbehalt an den nach Deutschland gelieferten Sachen grundsätzlich an. Also wird der im Ausland gültig vereinbarte Eigentumsvorbehalt in Deutschland grundsätzlich respektiert.30 Ein weiteres kollionsrechtliches Problem tritt dann auf, wenn der Eigentumsvorbehalt in besonderen Formen vereinbart wird. Wie bereits erwähnt, sind die Sonderformen des Eigentumsvorbehalts dem schweizerischen und türkischen Recht fremd.31 Im schweizerischen und türkischen Recht stellen Begründungsund Weiterbestehungsvoraussetzungen ein großes Hindernis gegen die Vereinbarung der Sonderformen des Eigentumsvorbehalts dar. Auch die dreimonatige Eintragungsfrist im schweizerischen Recht hilft der Weitergeltung des fremden Eigentumsvorbehalts meistens nicht, da nach dem schweizerischen Recht die Eigenschaft der Vorbehaltssache und die durch Eigentumsvorbehalt gesicherte Forderung in das Eigentumsvorbehaltsregister ausdrücklich geschrieben werden müssen (s. Art. 7 lit. c-i des VerEV).32 Aus diesem Grund wird es unmöglich, durch einen Eigentumsvorbehalt mehrere Forderungen des Vorbehaltsverkäufers gegen seinen Käufer zu sichern. Ebenso kann ein Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungsklausel nicht in das Register eingetragen werden, weil die neu hergestellte Sache während der Eintragung nicht beschreibbar ist (s. Art. 7 lit. f. VerEV über genaue Bezeichung der Vorbehaltssache).33 Ein weiterer Fall ist die Geltung des Eigentumsvorbehalts an den aus der Schweiz oder der Türkei nach Deutschland importierten Sachen. In Art. 103 IPRG hat der schweizerische Gesetzgeber vorgeschrieben, dass auf den Eigentumsvorbehalt an den aus der Schweiz importierten Sachen das Recht des Bestimmungslandes angewandt wird. Danach steht nichts im Wege, einen Eigentumsvorbehalt an einer importierten Sache in besonderer Form zu vereinbaren, während die Vorbehaltssache sich immer noch in der Schweiz befindet. Eine gesonderte Vorschrift über den Eigentumsvorbehalt an den aus der Türkei ins Ausland importierten Sache gibt es im türkischen Gesetz nicht. Daher bleibt die Frage offen, ob ein Eigentumsvorbehalt in besonderer Form in der Türkei wirksam vereinbart werden kann, während sich die Vorbehaltssache in der Türkei befindet. Darüber hinaus fragt sich, ob die oben kurz erwähnten kollisionsrechtlichen Probleme durch die parteiautonome Bestimmung des Sachstatuts von den Vertragsparteien gelöst werden. Neuerdings wird in Deutschland die Ansicht befür30
Über die Anerkennung des schweizerischen und türkischen Eigentumsvorbehalt in Deutschland s. oben S. 223 ff. 31 Oben S. 227 f., w. N. S. 226, Fn. 89. 32 Oben S. 226. 33 Oben S. 128, 226.
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wortet, nach der die Vertragsparteien das auf die dinglichen Rechte anwendbare Recht bestimmen können. Dazu wird vertreten, dass es die Rechtswahl im Bereich des Sachenrechts, insbesondere im internationalen Geschäftsverkehr, braucht.34 Im Einklang mit der neuen Tendenz in der Schweiz35 hat auch der schweizerische Gesetzgeber eine Auflockerung der traditionellen Situs-Regel vorgesehen. Nach Art. 104 Abs. 1 IPRG können die Parteien den Erwerb und den Verlust dinglicher Rechte an beweglichen Sachen dem Recht des Abgangsoder des Bestimmungsstaates oder dem Recht unterstellen, dem das zugrunde liegende Rechtsgeschäft untersteht. Demgegenüber wird die Rechtswahl in der Türkei nur im Bereich des Schuldrechts zugelassen. Die Bestimmung des Sachstatuts von den Vertragsparteien wird in der Türkei ausgeschlossen, ohne dass es jedoch zu eingehenderen Auseinandersetzungen gekommen wäre. Zum Schluss könnte man sagen, dass das deutsche Recht die Begründung eines Eigentumsvorbehalts vereinfacht, und daher kommt der Eigentumsvorbehalt in der deutschen Rechtspraxis ganz oft zur Anwendung.36 Darüber hinaus erkennt das deutsche Recht fremde Eigentumsvorbehalte im Vergleich zu dem schweizerischen und insbesondere dem türkischen Recht mit weitem Umfang an. Unter Beobachtung des IPRG ist festzustellen, dass das schweizerische internationale Privatrecht einen fremden Eigentumsvorbehalt in der Schweiz anzuerkennen tendiert. Das türkische Recht ist allerdings dasjenige, in dem die kollisionsrechtlichen Probleme in Bezug auf den Eigentumsvorbehalt am meisten auftreten. Im türkischen Recht wird der inländische Eigentumsvorbehalt unter strenge Voraussetzungen gesetzt, während fremde Eigentumsvorbehalte in der Türkei ausnahmslos für unwirksam erklärt werden. Unter Berücksichtigung dieser Schwäche des türkischen Rechts wäre es irreal zu erwarten, dass der Eigentumsvorbehalt als Sicherungsinstrument im internationalen Geschäftsverkehr öfter zur Erscheinung kommt. Da der Eigentumsvorbehalt kein taugliches Sicherungsmittel nach türkischem Recht ist, wurde in der vorliegenden Unterschung zum Schluss und unter 34 Stoll, Staudinger, IPR, 13. Bearb., Rn. 282 ff.; Stoll, RabelsZ 1974, 450 (452 ff.); Stoll, IPRax 2000, 259 (263); Sovilla, S. 32 ff.; Drobnig, RabelsZ 1968, 450 (459 ff.); Drobnig, FS. für Gerhard Kegel 1977, 141 (150 f.); Weber, RabelsZ 1980, 510 (517 ff.); w. N. bei Kreuzer, MüKomm, BGB, Bd. 10, 3. Aufl., Art. 38 EGBGB Anh. I Rn. 66; Lüderitz, Soergel, BGB, Bd. 10, 12. Aufl., Art. 38 EGBGB Anh. II Rn. 3; w. N. aus der Rechtsprechung bei Kegel/ Schurig, § 19 I, S. 766, Fn. 4. 35 Mit Hinweis auf die schwere Bestimmbarkeit des Lageorts bei beweglichen Sachen in Botschaft zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (IPR‑Gesetz) vom 10. November 1982, 273. 6, S. 399 f.; Meier-Hayoz, BernerKomm, Bd. IV, 1. Abtl., 1. Teilbd., S. 289 f., Rn. 772; Heini, ZüKomm, IPRG, Art. 102 Rn. 3. 36 Nach einem Bericht von der Creditreform AG vom Jahr 2011–12 nutzen 18,7 Prozent von deutschen Exportunternehmen den Eigentumsvorbehalt und das Pfandregister um sich gegen Zaglungsausfällen in den Exportgeschäften abzusichern: http://www.creditreform.com/ fileadmin/user_upload/CR‑International/local_documents/Analysen/Laender-_und_Exportrisiken_in_Europa_2011–12.pdf.
Zusammenfassung
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Berücksichtigung des Außenhandels zwischen Deutschland und der Türkei ein Blick auf alternative Sicherungsinstrumente geworfen. In diesem Zusammenhang wurden die Möglichkeiten der Zahlung durch Bankkredit bzw. Kreditkarten, der Gewährung einer Bankgarantie und der Eröffnung eines Akkreditivs beobachtet.37 Aus dieser Beobachtung der alternativen Sicherungsinstrumente kam die Untersuchung schließlich zu dem Ergebnis, dass der türkische Käufer im Rahmen eines internationalen Kreditkaufverhältnisses durch ein inländisches Registerpfandrecht (Mobiliarhypothek) den Kaufpreis seines Verkäufers nicht genügend sichern kann. Beispielsweise ist im Falle der Verpfändung eines Motorfahrzeugs durch den Registereintrag fraglich, wie z. B. der türkische Verkäufer von der in Deutschland geschehenen Zwangsvollstreckung an dem gekauften Motorfahrzeug Kenntnis haben und ob das Pfandrecht des türkischen Verkäufers in Deutschland während des Vollstreckungsprozesses berücksichtigt werden kann. Auf jeden Fall kostet die Verfolgung dieses Prozesses in Deutschland für den türkischen Verkäufer viel Geld und Zeit. Auch die Eröffnung eines Akkreditivs stellt kein alternatives Sicherungsmittel zu dem Eigentumsvorbehalt dar, da der Käufer sich bei der Eröffnung eines Akkreditivs nicht in Zahlungsschwierigkeiten befindet. Vielmehr versucht er seinen Verkäufer zu sichern, indem der Verkäufer nach der Lieferung der gekauften Sache von dem Konto des Käufers bezahlt wird. Zur Sicherung des Kaufpreises, welcher aus einem internationalen Kreditkaufverhältnis zwischen Deutschland und der Türkei entstanden war, wäre die Zahlung durch einen Bankkredit oder die Sicherung des den Kaufpreis kreditierenden Verkäufers durch eine Bankgarantie denkbar. Man muss jedenfalls darauf achten, dass der Käufer erst die Bank von seiner Kreditwürdigkeit überzeugt.
37 Erstaunlich ist in neuen Statistiken der türkischen Statistik-Behörde (Türkiye İstatistik Kurumu) über die Zahlungsarten bei dem Export und dem Import, dass etwa 9,5 Prozent von den Exportwaren und etwa 32 Prozent von den Importwaren gegen Vorkasse geliefert werden: http://www.tuik.gov.tr/PreTablo.do?alt_id=1046.
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Stichwortverzeichnis Abgangsland 218, 223 Abnutzung 89, 120 f., 185 Absolute Wirkung der dinglichen Rechte 238 Absonderungsrechts 138 Fn. 131, 172 Fn. 297, 179, 195 f. Abstraktionsprinzip 19 ff., 34 Fn. 152, 45, Abtretung/Abtretung der Kaufpreisforderung 119 f., 126, 171 Abtretung/Abtretung des Herausgabeanspruchs 114 f. Abtretung/Abtretungsverbot 131 Abwehrklausel 42 ff. Abzahlungskauf 1 f., 18, 25, 37, 39, 94 Akkreditiv 234, 255 Allgemeine Geschäftsbedingungen 40 ff. Anerkennung 3 ff., 38, 53, 70, 87, 97, 112 Fn. 552, 147, 181 Fn. 42, 202 Fn. 157, 207, 210, 212, 214, 216, 218, 220, 222, 228, 231, 235, 242, 251, 252 f. Anknüpfung 208, 236 Fn. 119, 237, 241 f. Anwartschaft 55, 80 Anwartschaft/Anwartschaftsrecht 9, 23, 34, 49, 51 Fn. 247, 53, 60 Fn. 296, 71 Fn. 353, 72 ff., 102, 109, 113 ff., 117, 134, 136, 149, 205 Fn. 205, 154, 155 Fn. 220, 157, 163 ff., 170 f., 227 Fn. 90, 233, 245 Aussonderungsrecht 24 Fn. 94, 53 Fn. 258, 63, 72, 148, 159, 169, 195, 197 f., 251 Bankgarantie 234 f., 255 bedingte Eigentumsübertragung/Übereignung 11 f., 18, 21, 24 f., 34, 43, 46, 58 Fn. 281, 80, 109, 140, 208, 243 Bedingung 10 ff., 19 ff., 28, 34, 35 Fn. 158, 36, 47 Fn. 224, 50, 66 Fn. 323,
71 ff., 82, 84 f., 91 f., 98, 102, 111 ff., 121, 125, 139, 152, 157, 160 ff., 167, 189, 232, 243, 248, 252 Bedingung/Bedingungseintritt 4, 30, 69, 71, 73 f., 76, 78, 81, 89 ff., 99 Fn. 482, 113, 116, 121, 140 f., 150 Fn. 192, 152, 157 Fn. 229, 159, 160 Fn. 239, 161 ff., 169 f., 244 ff. Besitz/Besitzer 15, 55, 59, 71, 76 f.,79, 88 Fn. 430, 89, 103, 115, 117 f., 122 f., 184 ff. Besitz/Besitzkonstitut 50 ff., 65, 82 Fn. 404, 85, 118 f., 128, 175, 176 Fn. 14, 182, 184 ff., 191, 201, 231, 248 Besitz/Besitzpfand 175, 184 Besitzpfand/Besitzpfandrecht 179 Besitz/Besitzübergabe 24, 37 f., 47 Fn. 224, 54, 66, 71 Fn. 353 Besitz/Besitzüberweisung 118 Bestimmtheitsgrundsatz 227 Bestimmungsland 210, 213, 218, 220, 223 f., 225 Fn. 83, 240 ff., 253 Bestimmungsstaat 218 f., 220 Fn. 62, 221 Fn. 65, 223 Fn. 74, 225 Fn. 83, 227, 239, 242, 251, 254 Betreibungsamt 62 ff., 152, 154, 159, 165, 202, 211, 214, 244 Betreibungsamt/Betreibungsämter 16 Deliktschutz 76, 78 Der grenzüberschreitende Eigentumsvorbehalt 5, 207 Der gute Glaube 88 ff., 110, 121 Fn. 38, 124, 219, 236 Fn. 117 Der verlängerte Eigentumsvorbehalt 36 Fn. 164, 41, 122, 128, 132, 134, 138, 143, 225, 227, 246 Dingliche Sicherung 31, 39, 50, 60, 251
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Stichwortverzeichnis
Dingliches Besitzrecht 75, 77 Fn. 380, 83, 90, 114 Fn. 5, 245 Dokumentenakkreditiv 233 Doppelpfändung 157, 164 Der doppelte Eigentumsvorbehalt 113, 116, 120 Fn. 30 Dritterwerb 24, 130 Dritterwerb/Dritterwerber 58, 74 f., 89 Drittschutz 33 f., 59 Fn. 291, 176, 250 Drittwiderspruchsklage 59, 71, 86, 149, 156, 191 f., 194 Eigentumsübergang 19, 35, 46, 51 f., 119 Fn. 28, 136, 146, 185 Eigentumsübertragung 7 f., 10 f., 12 Fn. 37, 18 ff., 25 ff., 34, 36, 38 f., 45, 48 ff., 55, 57, 60, 65 f., 70, 80, 84 Fn. 410, 92, 99 Fn. 482, 109, 114, 118 f., 120 Fn. 30, 166, 181 f., 184, 186 ff., 191, 201, 243, 248, 252 Eigentumsvermutung 22, 55, 88 f. Eigentumsvorbehaltsregister 31, 53 f., 58 ff., 62, ff., 109 Fn. 534, 111, 119, 121 Fn. 38, 124, 128, 144, 159, 211, 215, 219, 228, 242, 244, 247, 249 f., 253 Eigentumsvorbehaltsvereinbarung 2, 4, 28, 29 Fn. 122, 31 ff., 36, 39, 51, 54, 56 Fn. 275, 65, 67, 166, 226, 243, 252 Eintragung 12 Fn. 37, 15, 16, 28, 33 Fn. 146, 53, 55, 56 ff., 63 ff., 68, 108 Fn. 525, 111, 119, 121 Fn. 38, 124, 128, 142, 143 Fn. 160, 158, 185 Fn. 67, 202 ff., 211, 216, 219, 226, 227, 244, 250 Eintragung/Eintragungserfordernis 68, 144, 211, 214, 217, 252 Factoring 133 f. Fahrnis/Fahrniseigentum 18, 26, 29 Fahrnis/Fahrniskauf 1, 7 Fahrnis/Fahrnispfand 18 Fn. 63, 66, 107, 173, 202 Fahrnis/Fahrnispfandrecht 108, 174 ff., 178, 187 f., 200 Fahrnis/Fahrnisverschreibung 15, 202 Fn. 155 Fahrzeug/Fahrzeugbrief 35 f., 47, 111
Fahrzeug/Fahrzeugregister 17 Faustpfandprinzip 10, 12, 14, 51, 52, 117, 128, 144, 145 Fn. 164, 173 ff., 178 Fn. 24, 184 Fn. 61, 186 f., 202, 231, 247 Freigabeklausel 132 Fristsetzung 13, 64, 92, 95 f. Gebietswechsel 227, 242 Gegenseitigkeitsprinzip 38 Gestaltungsrecht 73 Fn. 362, 101 Gläubiger 2, 14 f., 23 f., 51, 59, 61, 63 f., 70, 82 Fn. 402, 85 f., 95, 102 Fn. 489, 106 Fn. 518, 107 f., 119 f., 126, 137 f., 148 f., 151 Fn. 194, 152 ff. , 173 f, 177, 181, 184 ff., 191 ff., 224, 229 f., 251 f. Globalzession 132 Grenzüberschreitender Eigentumsvorbehalt 5, 207 Grenzübertritt 211, 214, 220, 224, 226 f., 229, 242 Gutgläubiger Dritterwerb 130 Gutgläubiger Erwerb des Anwartschaftsrechts 87 ff. Gutgläubiger Rechtserwerb 10, 17, 58, 74, 80, 86, 110 Fn. 538, 114 f., 122 ff., 130, 140 Fn. 142, 249 Handelsregister 17 Hypothek 7, 28, 119, 143, 173, 229 Insolvenz 2, 24, 51, 59, 63, 65 Fn. 317, 86, 138, 148, 166–172, 178 ff., 195 ff., 217, 223 f., 250 ff. Insolvenz/Insolvenzmasse 23 f., 53 Fn. 258, 59, 65 Fn. 317, 86, 166 ff., 179 f., 196 f., 199, 251 f. Kaufmännisches Unternehmenspfandrecht 202 f., 206, 250 Kaufpreiszahlung 2, 8 f., 19, 21, 23, 25, 38 f., 50, 59 Fn. 291, 60, 81, 92, 98, 106 Fn. 518, 107, 109 Fn. 533, 110, 114, 117, 120, 127, 152, 154, 158 Fn. 232, 160, 162 Fn. 248, 167 ff., 173, 177, 230, 233, 235, 246, 251 Kausalitätsprinzip 20, 34 Fn. 153, 84 Fn. 410
Stichwortverzeichnis
Konsensprinzip 43 Kontokorrentvorbehalt 145 ff. Konzernvorbehalt 145, 147 f. Kreditkauf 1, 25, 27, 39, 102 Fn. 495, 243 Kreditsicherugsmittel 2, 73 Fn. 362, 82 Fn. 404 Kreditwürdigkeit 14, 68, 176, 187, 234, 248, 250, 255 Lageortsrecht 208 Lex commissoria 9, 178 Fn. 26, 183 Lex rei sitae 208 f., 231, 237 Mobiliar/Mobiliarhypothek 5, 15, 52, 171 Fn. 15, 175 Fn. 10, 176, 177, 200, 202, 209, 229 ff., 255 Mobiliar/Mobiliarsicherheit 3, 4, 173, 187, 247, 250 Nachgeschalteter Eigentumsvorbehalt 138 ff. Nachträgliche Eintragung 54, 64 f., 68, 212 ff., 219, 250, 252 Nichtberechtigte 86, 88, 115, 122, 131, 193 Fn. 109 Nießbrauch 117 Fn. 18, 125 Notar 16 f., 32, 56, 62, 215, 244, 249 Nutzungs- und Gefahrübergang 72 Obhutspflicht 69 Öffentliche Versteigerung 183 Öffentlicher Glaube 58 Öffentliches Register 15, 55 f. Ortwechsel 209, 215, 218 Pachtvertrag 9 Pactum reservati dominii 7, 8, 11 Fn. 31 Parteiautonomie 236, 238 f., 241, 253 Pfand/Pfandgläubiger 28, 52, 108 f., 117 f., 125, 143, 161 f., 165, 173 ff., 178 ff., 183, 196, 200, 202 Fn. 153, 203, 230 ff. Pfand/Pfandrecht 3, 4, 5, 7 Fn. 3, 12, 14, 15, 106 Fn. 518, 113, 116 ff., 125 f. 152, 155 Fn. 221, 162 ff., 173, 176, 180, 184, 186, 188, 191, 192 Fn. 99, 200 f., 204, 230 ff., 249 f.
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Pfand/Pfandschuldner 28, 117 f., 178 f., 200, 202 Fn. 154, 231 Pfand/Pfändung 23, 59, 63, 65 Fn. 317, 71, 148–166, 191 f., 194 ff., 198, 250 f. Pfändung/Pfändung der künftigen Sachen 231 ff. Pfändung/Pfändung des Anwartschaftsrechts 81, 163 ff. Pflichtverletzung 48, 69, 70, 83 Fn. 408, 122 Fn. 42, 123 f. Pool-Vereinbarung 137 f. Prioritätsprinzip 132, 161 Publizität 14, 56, 58, 59 Fn. 291, 63 f., 66, 68, 118, 176, 187 f., 211, 232, 244, 248, 252 Rechtskraft (der Eintragung) 57 f., 66, 121 Fn. 38, 124 Rechtswahl 5, 225 Fn. 83, 235 ff., 254 Register/Registereintragung 3, 34, 52 Fn. 253, 54, 62, 138 Fn. 134, 187, 200 Fn. 146, 201 Fn. 153, 210, 212 f., 215, 221, 225, 228, 238 Fn. 133, 242, 249 Register/Registerpfandrecht 28, 202 ff., 229 f., 250 Rückabwicklungsverhältnis 101 Rückgewähransprüche 102, 104 Rücknahmerecht 97, 106 Fn. 518 Rücktritt 9, 12, 84, 87 Fn. 425, 92 f., 95, 97, 99, 101 f., 104, 106 ff., 111, 120, 125, 152 f., 163 Fn. 162, 246, 248 Rücktritt/Rücktrittsrecht 13, 70 Rücktritt/Rücktrittvereinbarung 100, 122, Sachstatut 210, 222, 236, 238–241, 253 Schadenersatz 74, 78, 92, 94 f., 103–105, 141 f., 168, 190 Schadenersatz/Schadenersatzanspruch 76 f., 116, 124, Schadenersatz/Schadenersatzpflicht 67 Fn. 329, 83 Fn. 408, 121 Fn. 36, 123, Schuldübernahme 126 Sicherung/Sicherungseigentum 53, 145 Fn. 164, 182, 184, 187, 191 f., 197, 199 Sicherung/Sicherungsgeber 126, 129, 177, 181 ff., 248 Sicherung/Sicherungsinteresse 96, 107 Fn. 519, 126, 243 Fn. 2
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Stichwortverzeichnis
Sicherung/Sicherungsnehmer 181 ff., 202 Fn. 153, 248 Sicherung/Sicherungsübereignung 3, 4, 5, 11 f., 53 Fn. 258, 109, 145 Fn. 164, 148, 173 f., 176 Fn. 14, 181 ff., 191, 201, 231, 247 f., 250 Sicherung/Sicherungszession 109 Spezialität/Spezialitätsgrundsatz 30 Spezialität/Spezialitätsprinzip 232 Statutenwechsel 4, 112, 209, 210, 217 ff., 221 f., 231, 239 f., 242, 251 Stundung des Kaufpreises 36 ff. sukzessive Anwendung 221 Fn. 65, 239 ff. Tiere 1 f., 28 f., 202 Traditionsprinzip 18 Trennungsprinzip 19 Treu und Glauben 154, 157, 161 Treu/Treugeber 181 Treu/Treuhänder 24, 86, 89, 123 Treu/Treuhandverhältnis 89, 123, 194 Übereignung 10, 21, 23 ff., 38 f., 42 ff., 46 Fn. 220, 47 f., 50, 54 f., 86 f., 127, 140, 142, 158 Fn. 229, 166, 181 f., 190, 198, 208, 216, 223 Fn. 74, 249 f. Übergabe 8 Fn. 13, 10, 14, 18 f, 22, 35, 36 Fn. 161, 38 ff., 42, 44 ff., 49, 52 f., 64 f., 68 ff., 72, 77, 80, 82, 87, 95, 98, 117 f., 173 f., 178 Fn. 27, 182, 186 f., 189, 201, 204, 213 Fn. 31, 233, 243, 248, 250 Übersicherung 129, 137 Umgehung des Fahrnispfandrechts 10, 15, 49 Fn. 242, 51 Fn. 250, 52, 118 f., 128, 144, 177, 186 Umgehungsgefahr 15 Unterlassungspflicht 69, 113, 116 Verarbeitung 30, 121 Fn. 35, 127, 135, 137, 144 Verarbeitung/Verarbeitungsklausel 69, 128, 134, 136, 143, 226, 253 Veräußerer 10, 11 Fn. 29, 19, 23, 26, 84 Fn. 410, 87 ff., 115, 122 f., 125, 142 f., 175 Fn. 6 Verbindung 30, 110, 140 ff.
Verfallklausel 102 Verfallsabrede 183 Verfügung 4, 19, 21, 23 f., 32, 38 Fn. 178, 71, 73, 75, 83 Fn. 408, 84 Fn. 410, 91, 95, 113 f., 124, 126, 142, 166, 241, 243, 247 Verfügung/Verfügungsbefugnis 83 Fn. 408, 89, 124, 182, 190, 193, 233 Verfügung/Verfügungsgeschäft 20, 34, 58 Fn. 281 Verjährung 102 Fn. 489, 105 ff. Verlegung des Wohnortes 59 ff., 67, 111 Vermischung 30, 110, 140 ff. Veröffentlichung 15, 63, 200, 250 Verpfänder 14, 118, 174 ff., 184, 231 ff., 247 Verpfändung 10, 28, 81, 117, 152, 175, 176 Fn. 15, 184, 200 Fn. 149, 202 ff., 233, 255 Verpflichtungsgeschäft 18 ff., 59 f., 243 Verweigerungsrecht 75, 149 Verzichtstheorie 150 Viehverpfändung 28, 176 Fn. 15, 202 Vollstreckungsamt 28 Vorausabtretungsklausel 128 f., 131 f. Vorzugsrecht 155, 180, 191 f. vorzugsweise Befriedigung 162, 164, 179, 191, 230 Wahlrecht 92, 99, 102 Fn. 489, 167 ff., 236 Wegnahmerecht 103 weitergeleiteter Eigentumsvorbehalt 138 f. Weiterveräußerung der Sache 53 Fn. 258, 70, 127, 129 f., 138, 140, 143, 246 Weiterverkauf 110, 113–116, 121 Fn. 35, 122, 124, 127, 130, 138 f., 171, 246 Widerspruchsklage 151, 186, 199 Wohnort 16 f., 32 f., 56 ff., 212, 215, 228, 238 Fn. 133, 242, 244, 249 Wohnort/Wohnortwechsel 60 f. Zahlungsverzug 13, 24, 82 Fn. 405, 84 Fn. 410, 93 ff., 105, 107, 150, 153, 246 Zubehör 30, 142 f., 201 Fn. 150 Zugriff 2, 51, 63, 67, 85, 95, 157, 163, 186, 191 Rn. 99, 195, 224, 233
Stichwortverzeichnis
Zwangsvollstreckung 23, 39 Fn. 179, 55, 63, 81, 85 f., 111, 148–180, 186, 191–199, 215, 224, 229, 231, 250 f., 255
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Zwischenverfügung 74 f., 81, 91, 114, 118, 122, 245