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German Pages 328 Year 2006
Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 249
Kollektivrechtliche Auswirkungen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung im Betriebsverfassungsrecht
Von
Andreas Jüttner
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
ANDREAS JÜTTNER
Kollektivrechtliche Auswirkungen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung im Betriebsverfassungsrecht
Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 249
Kollektivrechtliche Auswirkungen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung im Betriebsverfassungsrecht
Von
Andreas Jüttner
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat diese Arbeit im Sommersemester 2005 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0227 ISBN 3-428-12015-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Die betriebsverfassungsrechtliche Stellung von Leiharbeitnehmern warf mir insbesondere in Anbetracht der Neuregelung in § 7 S.2 BetrVG schon während der Vorbereitung auf den mündlichen Teil der Ersten Staatsprüfung viele Fragen auf. Diese kamen mir einige Wochen später und nach erfolgreichem Verlauf des Examens bei meiner Suche nach einem Dissertationsthema wieder in Erinnerung und sollten mich die nächsten zweieinhalb Jahre begleiten. Sie werden nun mit dieser Arbeit, die im Sommersemester 2005 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena als Dissertation angenommen wurde, beantwortet. Danken möchte ich an dieser Stelle allen, die auf ihre Weise zum Gelingen dieser Dissertation beigetragen haben. Dies gilt in besonderem Maße für Frau Prof. Dr. Monika Schlachter, deren stete Gesprächsbereitschaft den Fortgang des Projekts sehr gefördert hat. An ihrem Jenaer Lehrstuhl durfte ich eine Zeit sehr angenehmer und fruchtbarer Tätigkeit verbringen, wofür ich dem gesamten Team danke. Bedanken möchte ich mich auch bei Prof. Dr. Hartmut Oetker für die Erstellung des Zweitgutachtens. Keine minderen Anteile am Erfolg der Arbeit hat meine Familie, die mir den nötigen Freiraum ließ und deren Unterstützung ich mir immer gewiss sein konnte. Mein Dank gilt hier in erster Linie meiner Frau Heide und meinem Bruder Marco, aber natürlich auch meinen Eltern – nicht zuletzt für ihre finanzielle Unterstützung während meiner Ausbildung. Artern, im März 2006
Andreas Jüttner
Inhaltsverzeichnis Einleitung: Hintergrund und Anlage der Untersuchung ...................................... 19 A. Hintergrund der Untersuchung ...................................................................... 19 B. Anlage der Untersuchung.............................................................................. 24 1. Teil Grundlagen
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§ 1 Rechtsbeziehungen und Abgrenzung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung ................................................................................................................... 26 A. Rechtsbeziehungen bei der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung .......... 26 I.
Rechtsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher ............................. 26 1. Bedeutung ........................................................................................ 26 2. Inhalt ................................................................................................ 27 3. Beendigung....................................................................................... 30
II. Rechtsbeziehungen zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer ................. 31 III. Rechtsbeziehungen zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer ................. 33 1. Arbeitsvertragliche Beziehungen....................................................... 33 2. Verbleibende Lösungsmöglichkeiten................................................. 37 IV. Ergebnis.................................................................................................. 40 B. Die Einordnung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung in das System der Leiharbeit und ihre Abgrenzung von sonstigen Formen des drittbezogenen Personaleinsatzes ........................................................................................... 40 I.
Die Einordnung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung in das System der Leiharbeit ............................................................................. 40
II. Abgrenzung von sonstigen Formen des drittbezogenen Personaleinsatzes 43 1. Abgrenzungsmerkmale...................................................................... 43
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Inhaltsverzeichnis 2. Rechtsfolgen verdeckter Arbeitnehmerüberlassung............................ 45 III. Ergebnis .................................................................................................. 45
§ 2 Das Bedürfnis nach einer Einbeziehung von Leiharbeitnehmern in betriebsverfassungsrechtliche Schutzmechanismen.............................................. 46 A. Der Zweck der Arbeitnehmerrepräsentation durch Organe der Betriebsverfassung............................................................................................................... 46 B. Das Bedürfnis nach einer Einbeziehung von Leiharbeitnehmern ..................... 47 C. Die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Leiharbeitnehmer – Meinungsspektrum und Entwicklung ............................................................. 48 I.
Die Zuordnung des Leiharbeitnehmers zum Betrieb des Verleihers ......... 50
II.
Die ausschließliche Zuordnung des Leiharbeitnehmers zum Betrieb des Entleihers ............................................................................................... 53
III. Doppelte Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer ............................ 54 IV. Zusammenfassung und Gang der weiteren Darstellung ........................... 56 2. Teil Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf die Organisation der Betriebsverfassung
57
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer bei gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung .................................................................................................. 57 A. Die Zugehörigkeit zum Betrieb des Verleihers ............................................... 58 I.
Vorhandensein eines Betriebs des Verleihers .......................................... 60 1. Betriebsbegriff.................................................................................. 60 2. Schwierigkeiten bei der Anerkennung eines Verleiherbetriebs .......... 64
II. Konstituierung eines Verleiherbetriebs und Zuordnung der Leiharbeitnehmer.................................................................................... 68 1. Die Kriterien der Betriebszugehörigkeit ............................................ 68 2. Die Bestimmung der Betriebszugehörigkeit zum Verleiher................ 69 a) Der arbeitstechnische Zweck......................................................... 70 b) Die Organisationszugehörigkeit .................................................... 71
Inhaltsverzeichnis
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aa) Tätigkeit außerhalb der Betriebsstätte...................................... 72 bb) Organisationszugehörigkeit und einheitliche Leitungsmacht .... 74 cc) Einheitlichkeit der Belegschaft und zeitbezogene Momente...... 78 III. Zusammenfassung ................................................................................... 83 B. Die Zugehörigkeit zum Betrieb des Entleihers................................................ 83 I.
Gesetzliche Regelungen der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung im Entleiherbetrieb ...................................................................................... 88 1. § 14 AÜG ......................................................................................... 88 a) Wortlaut und Systematik............................................................... 89 b) Teleologische und historische Gesichtspunkte............................... 91 c) Folgerung...................................................................................... 97 2. § 7 S.2 BetrVG ................................................................................. 97 a) Auf die Zuerkennung des Wahlrechts beschränkte Bedeutung des § 7 S.2 BetrVG ............................................................................. 99 b) Über das Wahlrecht hinausgehende Bedeutung des § 7 S.2 BetrVG....................................................................................... 101 c) Stellungnahme ............................................................................ 102 aa) Wortlaut ................................................................................ 102 bb) Systematik ............................................................................ 104 (1) § 5 BetrVG und der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff ........................................................ 104 (a) Der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff – Meinungsspektrum ......................................... 104 (b) Existenz eines besonderen betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs...................................... 106 (c) Arbeitsvertrag mit dem Betriebsinhaber..................... 107 (d) Folgerung.................................................................. 112 (2) Differenzierte Terminologie bezüglich des erfassten Personenkreises ....................................................................... 113 (3) Verbleibender Regelungsgehalt des § 7 S.2 BetrVG......... 114 (4) Äußere Systematik........................................................... 115 (5) Folgerungen aus der systematischen Auslegung................ 116
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Inhaltsverzeichnis cc) Entstehungsgeschichte ........................................................... 116 dd) Objektiv-teleologische Auslegung.......................................... 121 II. Folgerungen........................................................................................... 125 1. Vereinbarkeit mit dem Betriebsbegriff ............................................ 125 2. Einstellung ohne Begründung der Betriebszugehörigkeit ................. 126 3. Vereinbarkeit mit Art.3 I GG .......................................................... 127 4. Ergebnis ......................................................................................... 128 III. Vollständige oder partielle Betriebszugehörigkeit .................................. 128 IV. Beurteilung der Dreimonatsfrist ............................................................ 131 1. Verhältnis zum Wahltag.................................................................. 131 2. Bestimmung der Dreimonatsfrist..................................................... 132 3. Vorübergehende Unterbrechungen und unsteter Einsatz .................. 134 C. Ergebnis....................................................................................................... 135
§ 4 Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf die Grundlagen der Betriebsratsarbeit ....................................................................................... 136 A. Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und die Betriebsratsfähigkeit ...... 136 I.
Betriebsratsfähigkeit des Verleiherbetriebs ........................................... 138
II.
Betriebsratsfähigkeit des Entleiherbetriebs ........................................... 139 1. Berücksichtigung als ständige wahlberechtigte Arbeitnehmer.......... 140 2. Nichtberücksichtigung bei den wählbaren Arbeitnehmern ............... 141 a) Der Ausschluss der Wählbarkeit in § 14 II 1 AÜG....................... 141 b) Rechtfertigung der Nichtwählbarkeit........................................... 142
III. Ergebnis zur Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der Betriebsratsfähigkeit.......................................................................................... 146 B. Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und die Betriebsratsgröße ........... 146 I.
Größe des Betriebsrats im Verleiherbetrieb........................................... 147
II.
Größe des Betriebsrats im Entleiherbetrieb........................................... 147
C. Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und die Anzahl der Freistellungen .............................................................................................................. 152
Inhaltsverzeichnis
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D. Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und die Bildung von Wirtschaftsausschüssen ................................................................................................. 153 E. Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und Betriebsversammlungen....... 154 F. Ergebnis ...................................................................................................... 154 3. Teil Die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im Ver- und Entleiherbetrieb
156
§ 5 Grundlagen der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte ................................ 156 A. Erfasster Personenkreis ................................................................................ 156 I.
Betriebszugehörige Arbeitnehmer ......................................................... 156
II.
Nicht betriebszugehörige Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb ................. 157 1. Berücksichtigung von § 14 II 2-3 und III AÜG................................. 157 2. Berücksichtigung der Wertungen aus § 7 S.2 BetrVG...................... 158
III. Folgen .................................................................................................. 160 B. Zuständigkeit der Betriebsräte...................................................................... 161 I.
Regel-Ausnahme-Prinzip ...................................................................... 161
II.
Eingliederung und vertragliche Bindung ............................................... 161
III. Orientierung am Entscheidungsträger.................................................... 163 1. Grundlage......................................................................................... 163 2. Fortentwicklung................................................................................ 163 C. Geltung von Betriebsvereinbarungen ............................................................ 166 I.
Geltung im Verleiherbetrieb .................................................................. 166
II. Geltung im Entleiherbetrieb................................................................... 167 III. Geltungsbereich und Konkurrenzen....................................................... 168 D. Gang der weiteren Darstellung..................................................................... 170 § 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes beim Entleiher.................................................................................................................... 171
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Inhaltsverzeichnis A. Anwendbarkeit allgemeiner betriebsverfassungsrechtlicher Grundsätze ........ 171 I.
Berücksichtigung der Grundsätze im Verleiherbetrieb........................... 172
II.
Berücksichtigung der Grundsätze im Entleiherbetrieb ........................... 172
B. Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern beim Entleiher ............................................................... 173 I.
Zwingende Mitbestimmung gemäß § 87 BetrVG................................... 173 1. Tarif- und Gesetzesvorrang ............................................................. 173 a) Tarifverträge im Verleiherbetrieb................................................ 173 b) Tarifverträge im Entleiherbetrieb................................................ 174 c) Auswirkungen des arbeitnehmerüberlassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots ............................................................ 175 2. Die Mitbestimmungstatbestände im Einzelnen ................................ 176 a) Ordnung des Betriebs und Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb (§ 87 I Nr. 1 BetrVG)...................................................... 176 aa) Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats.............................. 177 bb) Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats.............................. 177 b) Lage der Arbeitszeit (§ 87 I Nr. 2 BetrVG) ................................. 178 c) Arbeitszeitdauer (§ 87 I Nr. 3 BetrVG) ....................................... 180 aa) Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats.............................. 181 bb) Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats.............................. 182 d) Auszahlung der Arbeitsentgelte (§ 87 I Nr. 4 BetrVG) ................ 184 e) Urlaub (§ 87 I Nr. 5 BetrVG) ...................................................... 185 f) Technische Überwachungseinrichtungen (§ 87 I Nr. 6 BetrVG) ... 186 g) Arbeits- und Gesundheitsschutz (§ 87 I Nr. 7 BetrVG)................ 187 h) Sozialeinrichtungen (§ 87 I Nr. 8 BetrVG) .................................. 189 aa) Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats.............................. 189 bb) Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats.............................. 190 i) Werkmietwohnungen................................................................... 192 aa) Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats.............................. 192 bb) Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats.............................. 193
Inhaltsverzeichnis
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j) Lohngestaltung (§ 87 I Nr. 10, 11 BetrVG) ................................. 194 aa) Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats ............................. 194 bb) Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats ............................. 195 k) Betriebliches Vorschlagswesen (§ 87 I Nr. 12 BetrVG)............... 196 l) Gruppenarbeit (§ 87 I Nr. 13 BetrVG) ........................................ 197 3. Individualrechtliche Auswirkungen einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts .................................................................... 198 4. Zusammenfassung........................................................................... 199 II.
Freiwillige Betriebsvereinbarungen (§ 88 BetrVG) ............................... 200
III. Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz (§ 89 BetrVG) ....................... 201 C. Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern beim Entleiher ............................................................... 202 I.
Allgemeine personelle Angelegenheiten................................................ 202 1. Personalplanung und Beschäftigungssicherung (§§ 92-92a BetrVG) 202 2. Personalfragebögen und Beurteilungsgrundsätze (§ 94 BetrVG) ...... 204 3. Bedeutung sonstiger allgemeiner personeller Angelegenheiten während des Einsatzes beim Entleiher................................................... 205
II. Berufsbildung (§§ 96-98 BetrVG).......................................................... 205 1. Beteiligung des Verleiherbetriebsrats.............................................. 205 2. Beteiligung des Entleiherbetriebsrats .............................................. 206 III. Die Beteiligung der Betriebsräte bei personellen Einzelmaßnahmen während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern beim Entleiher .............. 209 1. Betrieblicher Anwendungsbereich des § 99 BetrVG ........................ 209 2. Beteiligung der Betriebsräte unter den Gesichtspunkten der Versetzung und Einstellung....................................................................... 210 a) Bestehen und Anknüpfungspunkte der Beteiligungsrechte ........... 210 aa) Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs durch den Entleiher ........................................................................................ 210 (1) Grundsätze........................................................................ 210 (2) Besonderheiten bei betriebsübergreifenden Versetzungen.. 212 bb) Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs durch den Verleiher ........................................................................................ 212
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Inhaltsverzeichnis cc) Verlängerung des Einsatzes ................................................... 213 b) Unterrichtungspflicht, Zustimmungsverweigerung und Rechtsfolgen.......................................................................................... 214 3. Die Beteiligung des Verleiherbetriebsrats unter dem Gesichtspunkt der Um- oder Eingruppierung.......................................................... 216 4. Zusammenfassung........................................................................... 216 D. Beteiligung bei der Gestaltung von Arbeitsplatz, -ablauf und -umgebung während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern beim Entleiher ..................... 217 E. Beteiligung in wirtschaftlichen Angelegenheiten während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern beim Entleiher ............................................................... 218 I.
Beteiligung des Verleiherbetriebsrats bei Betriebsänderungen gemäß der §§ 111 ff. BetrVG........................................................................... 218
II.
Beteiligung des Entleiherbetriebsrats bei Betriebsänderungen gemäß der §§ 111 ff. BetrVG........................................................................... 219 1. Betrieblicher Anwendungsbereich................................................... 219 2. Persönlicher Anwendungsbereich und Beteiligung im Einzelnen ..... 220
F. Sonstige Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf die Betriebsratstätigkeit..................................................................................... 222 I.
Allgemeine Betriebsratsaufgaben (§ 80 BetrVG)................................... 222 1. Aufgaben des Verleiherbetriebsrats................................................. 223 2. Aufgaben des Entleiherbetriebsrats ................................................. 224 a) Überwachungsaufgaben (§ 80 I Nr. 1 BetrVG) ............................ 225 b) Antragsrechte und Schutzaufträge (§ 80 I Nr. 2, 4, 6 und Nr. 7 BetrVG) ...................................................................................... 226 c) Förderpflichten (§ 80 I Nr. 2a, 2b, 8 und 9 BetrVG) .................... 227 d) Entgegennahme von Anregungen (§ 80 I Nr. 3 BetrVG) .............. 228
II.
Beteiligung des Betriebsrats im Rahmen der Individualrechte des Arbeitnehmers .......................................................................................... 229
G. Zusammenfassung zu den Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern beim Entleiher ........................... 230
Inhaltsverzeichnis
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§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern ..................................................................................... 231 A. Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten bei der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern, insbesondere bei personellen Einzelmaßnahmen ................................................................................................. 231 I.
Die Beteiligung des Verleiherbetriebsrats unter dem Gesichtspunkt der Versetzung............................................................................................ 232 1. Bestehen eines Beteiligungsrechts................................................... 232 a) Der grundsätzliche Ausschluss des Beteiligungsrechts................. 232 b) Ausnahmen................................................................................. 232 2. Unterrichtungspflicht, Zustimmungsverweigerung und Rechtsfolgen 233
II. Die Beteiligung des Entleiherbetriebsrats unter dem Gesichtspunkt der Einstellung ........................................................................................... 234 1. Modifikation des betrieblichen Anwendungsbereichs von § 99 BetrVG........................................................................................... 235 2. Auslöser des Beteiligungsrechts ...................................................... 236 3. Einschränkungen beim Fehlen eines personellen Auswahlrechts...... 237 4. Unterrichtungspflichten des Entleihers vor der Übernahme ............. 239 a) Überblick.................................................................................... 239 b) Die Mitteilung personenbezogener Daten.................................... 240 c) Weitere Informationspflichten ..................................................... 242 5. Zustimmungsverweigerung ............................................................. 244 a) Verstoß gegen Rechtsvorschriften (§ 99 II Nr. 1 BetrVG) ............ 245 aa) Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ............ 245 bb) Verletzung der Unterrichtungspflichten ................................. 247 cc) Verstöße gegen Kollektivvereinbarungen............................... 248 b) Verstoß gegen Auswahlrichtlinien (§ 99 II Nr. 2 BetrVG) ........... 248 c) Benachteiligung anderer Arbeitnehmer (§ 99 II Nr. 3 BetrVG) .... 249 aa) Überblick .............................................................................. 249 bb) Geschützter Personenkreis..................................................... 251
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Inhaltsverzeichnis d) Benachteiligung des betroffenen Arbeitnehmers (§ 99 II Nr. 4 BetrVG) und Unterlassung einer Ausschreibung (§ 99 II Nr. 5 BetrVG) ...................................................................................... 252 e) Störung des Betriebsfriedens (§ 99 II Nr. 6 BetrVG) ................... 253 6. Folgen der Zustimmungsverweigerung oder betriebsverfassungswidriger Übernahmen ..................................................................... 254 III. Die Beteiligung der Betriebsräte unter dem Gesichtspunkt der Ein- und Umgruppierung..................................................................................... 255 1. Zuständiger Betriebsrat................................................................... 255 2. Die Beteiligung des Verleiherbetriebsrats unter dem Gesichtspunkt der Ein- und Umgruppierung........................................................... 257 a) Bestehen eines Beteiligungsrechts............................................... 257 b) Durchführung der Beteiligung..................................................... 258 IV. Zusammenfassung zur Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten bei der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern................ 258 B. Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten bei der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern.............................................................. 259 I.
Generelle Einwände gegen die soziale Mitbestimmung der Entsendeentscheidung ............................................................................................. 259 1. § 95 III 2 BetrVG............................................................................ 260 2. Unternehmerische Entscheidungsfreiheit als Grenze der Mitbestimmung .............................................................................................. 260
II. Ordnung des Betriebs und Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb (§ 87 I Nr. 1 BetrVG) ........................................................................... 262 1. Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Verleiherbetriebsrats....... 262 2. Auslöser des Mitbestimmungsrechts ................................................. 264 III. Lage der Arbeitszeit (§ 87 I Nr. 2 BetrVG) ........................................... 265 1. Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats ....................................... 265 a) Anordnung durch den Verleiher .................................................. 265 b) Gegenstand des Mitbestimmungsrechts....................................... 267 2. Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats........................................ 268 IV. Arbeitszeitdauer.................................................................................... 269 1. Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats ....................................... 269
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2. Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats........................................ 271 V. Technische Überwachungseinrichtungen (§ 87 I Nr. 6 BetrVG) ............. 272 VI. Lohngestaltung (§ 87 I Nr. 10, 11 BetrVG)............................................ 273 C. Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten bei der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern ..................................................... 274 I.
Unterrichtung und Beratung des Wirtschaftsausschusses im Entleihunternehmen............................................................................................. 274 1. Einsatz von Leiharbeitnehmern als wirtschaftliche Angelegenheit ... 274 2. Umfang der Unterrichtungspflicht ................................................... 276
II.
Die Übernahme von Leiharbeitnehmern als Betriebsänderung............... 276 1. Vorliegen einer Betriebsänderung ................................................... 277 a) § 111 S.3 Nr. 1 und 4 BetrVG..................................................... 277 b) Generalklausel............................................................................ 278 2. Zusammenfassung zum Vorliegen einer Betriebsänderung durch die Übernahme von Leiharbeitnehmern................................................. 279
D. Zusammenfassung zu den Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten bei der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern............................. 279 § 8 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte im Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern bei einem Entleiher ........................ 280 A. Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern bei einem Entleiher......... 280 I.
Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen (§ 99 BetrVG)........ 280
II.
Mitbestimmung bei Kündigungen (§§ 102 f. BetrVG)........................... 281 1. Beteiligung des Verleiherbetriebsrats.............................................. 282 2. Beteiligung des Entleiherbetriebsrats .............................................. 283 a) § 102 BetrVG ............................................................................. 283 b) § 103 BetrVG ............................................................................. 284
III. Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer (§ 104 BetrVG) ................. 285 1. Initiativrecht des Verleiherbetriebsrats............................................ 285 2. Initiativrecht des Entleiherbetriebsrats ............................................ 286
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Inhaltsverzeichnis B. Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern bei einem Entleiher............. 287 C. Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern bei einem Entleiher... 287 D. Zusammenfassung zu den Mitwirkungs- und Beteiligungsrechten im Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern bei einem Entleiher .............................................................................................. 288
Zusammenfassung ................................................................................................ 289 Literaturverzeichnis ............................................................................................. 294 Sachregister .......................................................................................................... 324
Einleitung: Hintergrund und Anlage der Untersuchung A. Hintergrund der Untersuchung „Arbeitnehmerüberlassung ist eine arbeits- und sozialrechtlich sowie arbeitsmarkt-, wirtschafts- und sozialpolitisch umstrittene Tätigkeit“, führte das Bundesverfassungsgericht1 noch im Jahre 1987 aus und ließ erkennen, welches Konfliktpotential diese Beschäftigungsform – auch Leiharbeit2, Zeitarbeit3 oder Personalleasing4 genannt – in sich birgt. Unter einem arbeitsrechtlichen Blickwinkel sind die Vorbehalte5 auf eine offensichtliche Abweichung des Leiharbeitsverhältnisses von den bekannten Strukturen der abhängigen Dienstleistung zurückzuführen. Letztere ist im Normalfall durch die Verpflichtung des Arbeitnehmers gekennzeichnet, die Arbeitsleistung nach Weisung eines Arbeitgebers zu erbringen, der auch Part___________ 1
10.6.1987, E 77, 84 (85). Diese Begrifflichkeit, die auch in der Sprache des AÜG Eingang fand, ist steter Kritik ausgesetzt: „Leihe“ ist nicht im Sinne der §§ 598 ff. BGB zu verstehen, da die Arbeitnehmerüberlassung weder zwingend unentgeltlich, noch die Arbeitskraft als Sache anzusehen ist. Zudem erfasst die Problematik der Leiharbeit auch Angestellte. Vgl. Becker, NJW 1971, 691 (691); Beine, ArbBlBrZ 1947, 410 (410); Dewender, Betriebsfremde, S. 5; KassHdb/Düwell, 4.5 Rn.6; Endemann, BB 1951, 786 (786); Erdlenbruch, Stellung, S. 7; Friedrich, BlStSozArbR 1964, 220 (220); Immenga, BB 1972, 805 (805); Kindereit, AuR 1971, 327 (327); Mayer-Maly, ZfA 1972, 1 (1 f.); Monjau, AuR 1968, 257 (257 f.); Ramm, ZfA 1973, 263 (266 f.); Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 33; A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 1; Sturn, BB 1969, 1436 (1437); Trieschmann, DB 1956, Beil.Nr. 16 unter I; ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn.15; Ch. Weber, Arbeitsverhältnis, S. 39 f. 3 Die Terminologie ist hier im Hinblick auf die erfasste gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung (Raab, ZfA 2003, 389 (392); Zöllner/Loritz, § 27 IV) nicht einheitlich und der Begriff etwa gebräuchlich, wenn ein Verleiher die Arbeitnehmerüberlassung als Hauptzweck (so Marschall, Anm. zu BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer) oder i.S.d. AÜG (so G. Hueck, SAE 1975, 147 (147); Ch. Weber, Arbeitsverhältnis, S. 39 f.) kurzfristig (so ergänzend Becker/Wulfgramm, Art.1 § 1 Rn.46a) betreibt. Kritisch zu dieser Begrifflichkeit KassHdb/Düwell, 4.5 Rn.7. 4 A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 1; Walwei, EuroAS 2002, 149 (154). 5 Vgl. Hamann, Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA Nr. 63 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Klebeck, Gleichstellung, S. 13 ff.; Leisten, NZA 1991, 293 (293). 2
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Einleitung: Hintergrund und Anlage der Untersuchung
ner des Arbeitsvertrags ist.6 Dagegen erfüllt der Leiharbeitnehmer die gegenüber seinem Arbeitgeber – dem Verleiher – begründete arbeitsvertragliche Pflicht nicht in dieser typischen Art und Weise, sondern im Betrieb eines Dritten. Dieser Dritte – Entleiher genannt – ist dabei nicht bloßer Leistungsempfänger, sondern aufgrund seiner Abmachungen mit dem Verleiher in der Lage, den Leiharbeitnehmer nach eigenen Direktiven und Vorstellungen zu steuern. Der Leiharbeitnehmer hat damit – wie bisweilen metaphorisch bezeichnet – „zwei Herren zu dienen“.7 Die beschriebene Konstellation birgt ein besonderes Gefährdungspotential für den Arbeitnehmer in sich. Dabei sind insbesondere die im Vergleich zum üblichen Niveau im Interesse eines profitablen Betriebs der Überlassung niedrigere Entlohnung oder ungünstigere Arbeitsbedingungen hervorzuheben. Daneben können aber auch aufgrund der Tätigkeiten in unterschiedlichen Betrieben auftretende Defizite bei den Partizipationschancen sowie Unbeständigkeiten der Beschäftigungsverhältnisse gehäuft angetroffen werden.8 Auf individualarbeitsrechtlicher Ebene ist diesen Missständen jedoch weitestgehend durch das seitdem mehrfach geänderte Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung vom 7. August 1972 Rechnung getragen worden. Die dort bestimmte Erlaubnispflichtigkeit der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung stellt den sozialen Schutz der Leiharbeitnehmer – etwa hinsichtlich des Sozialversicherungsschutzes oder des Entgelts – sicher, indem nur Verleiher zugelassen werden, die eine Gewähr für die Beachtung der einschlägigen Rechtsvorschriften bieten.9 Zudem werden durch das AÜG insbesondere die Lücken des individualrechtlichen Arbeitnehmerschutzes geschlossen, die aus dem Zuschnitt dieser Bestimmungen auf das klassische Zweipersonenarbeitsverhältnis herrühren, an dem es im Leiharbeitsverhältnis aber gerade fehlt. Auch die tarifliche Situation im Überlassungsgewerbe hat sich spätestens im Jahre 2003 mit der Reform des Überlassungsrechts durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt10 im Ergebnis zugunsten der Leiharbeitnehmer gewandelt. Mit der Einführung eines Gleichstellungsgebots ___________ 6 Zu den Voraussetzungen des Arbeitsverhältnisses, die hier nicht vertieft werden sollen Hueck/Nipperdey I, S. 34 f. 7 Hamann, AuR 2002, 322 (322); Holthaus, AiB 2001, 541 (543). 8 BT-Drucks.VI/2303, S. 9; Bellmann/Promberger, WSI Mitt 2002, 484 (484); Leisten, NZA 1991, 293 (293). 9 Vgl. Boemke/Föhr, Arbeitsformen, Rn.146. 10 Gesetz vom 23.12.2002 (BGBl.I, S. 4607). Die Vorschriften dienen der Umsetzung von Vorschlägen der Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (sog. Hartz-Kommission). Zum Inkrafttreten § 19 AÜG sowie Ankersen (NZA 2003, 421 ff.) und Böhm (NZA 2003, 828 ff.).
Einleitung: Hintergrund und Anlage der Untersuchung
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in den §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG werden die Verleiher nun grundsätzlich verpflichtet, ihren Leiharbeitnehmern zumindest die wesentlichen Arbeitsbedingungen zu gewähren, die für vergleichbare Arbeitnehmer des jeweiligen Entleihers gelten. Nachdem diese für die Verleiherbranche ungünstige Verpflichtung tarifdispositiv ist, gab Letzteres den Anreiz zum Abschluss von Tarifverträgen und führte damit zur Beendigung eines mehrjährigen tariflosen Zustands in der Beziehung zwischen Verleiher und dem Arbeitnehmer.11 Neben den Schutz durch gesetzliche Regelungen und die Tarifautonomie tritt im deutschen Arbeitsrecht insbesondere die Mitwirkung des Betriebsrats. Die Bindung von Entscheidungen der Betriebsleitung an die Beteiligung der betrieblichen Interessenvertretung scheint gleichsam ein effektives Mittel darzustellen, um dem Schutzbedürfnis der Leiharbeitskräfte Rechnung zu tragen. Ihre betriebsverfassungsrechtliche Stellung wird durch den Gesetzgeber jedoch nur am Rande in § 14 AÜG und nunmehr auch in § 7 S.2 BetrVG aufgegriffen, obgleich auch dieser kollektivrechtliche Normenkomplex in seiner Konzeption vom eingangs beschriebenen klassischen Zweipersonenarbeitsverhältnis ausgeht, bei dem die Arbeitskräfte nur zu einem Betrieb – ihrem Beschäftigungsbetrieb – in Beziehung stehen.12 Damit begegnet die Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsrechts auf die geschilderte Dreiecksbeziehung zwischen Leiharbeitnehmer, Verleiher und Entleiher und den hieraus resultierenden Berührungspunkten zu zwei Betrieben – dem des Verleihers und dem des Entleihers – erheblichen Schwierigkeiten. Deren Bewältigung ist aber in doppelter Hinsicht geboten: So besteht ein Risiko, dass die Aufteilung der Arbeitgeberfunktionen zum Verlust des Schutzes der überlassenen Arbeitskräfte führt, der an sich durch die betriebliche Interessenvertretung gewährleistet werden soll. In diesem Zusammenhang steht die Frage im Vordergrund, inwieweit der Betriebsrat des entsendenden oder der des Einsatzbetriebs Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte in Bezug auf die Leiharbeitnehmer besitzt. Daneben ergeben sich durch die Beschäftigung von Zeitarbeitskräften auch Reibungspunkte mit der übrigen Arbeitnehmerschaft des Entleihers, und zwar sowohl bei der Durchführung des Arbeitsverhältnisses als auch hinsichtlich des Bestands. Es steht damit insbesondere das Problem im Raum, ob die Abwendung einer drohenden Erosion der Stammbelegschaft13 durch ihre Erset___________ 11
Dieser Zustand währte seit 1989, als die Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG) die mit dem Bundesverband Zeitarbeit (BZA) geschlossenen Tarifverträge kündigte. Vgl. Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.226 ff. Zur Übersicht abgeschlossener Tarifverträge Martin, AuR 2004, 247 ff. 12 Dewender, Betriebsfremde, S. 8. 13 Vgl. BT-Drucks.14/5471, S. 36.
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zung mit Leiharbeitnehmern ein Betätigungsfeld des Betriebsrats des Einsatzbetriebs bilden kann. Selbst wenn hierzu im Einzelnen schon zahlreiche Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur zu verzeichnen sind, ist die Diskussion längst nicht abgeschlossen. Neue Impulse aus der Praxis14 und der Literatur15 geben Anlass, sich erneut mit der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung von Leiharbeitnehmern zu befassen. Dabei soll insbesondere geklärt werden, ob sich aus der Anerkennung des aktiven Wahlrechts für Leiharbeitnehmer in § 7 S.2 BetrVG durch das Betriebsverfassungsreformgesetz (BetrVerf-ReformG)16 vom 23. Juli 2001 sowie die Neuregelungen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung aufgrund des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt Veränderungen der bisherigen Lösungsansätze ergeben,17 zumal Gesetzesänderungen der Diskussion in der Vergangenheit stets neuen Antrieb vermittelten.18 Die damit gerechtfertigte erneute Beschäftigung mit den betriebsverfassungsrechtlichen Auswirkungen der Arbeitnehmerüberlassung bedient dabei auch das weiter steigende praktische Interesse an dieser Beschäftigungsform: Gerade in wirtschaftlich schlechten Phasen wird in ihr eine Möglichkeit gesehen, die Chancen der Arbeitnehmer auf ein Normalarbeitsverhältnis zu verbessern.19 Dieser „Klebeeffekt“ stellt dementsprechend auch das „Herzstück des Abbaus der Arbeitslosigkeit“ im Sinne des richtungsweisenden HartzKonzepts dar. Es basiert insoweit auf einer konsequenten Nutzung einer integrationsorientierten Arbeitnehmerüberlassung20 und beschert ihr durch den Abbau von Restriktionen durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt einen weiteren Bedeutungszuwachs. In der Tat gelingt mit der Leiharbeit die Verringerung von Beschäftigungsbarrieren, da entleihenden Betrieben neben der Erprobung von Arbeitnehmern auch ermöglicht wird, ___________ 14
Siehe BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer. Etwa Stückmann, DB 1999, 1902 ff. 16 BGBl.I, S. 1852. 17 Vgl. Niedenhoff, PERSONAL 2002, 10 (14), nachdem durch Anerkennung des Wahlrechts Streitigkeiten zunehmen werden und zudem auch Unsicherheiten gegeben sind. 18 Die Auswirkungen durch Inkrafttreten und Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes auf die Rechtsprechung und Lehre in der Vergangenheit zeigt Boemke (Schuldvertrag, S. 565 f.) auf. 19 Zu diesem Aspekt BAG 24.3.2004, AP Nr. 59 zu § 138 BGB; LG Mannheim 29.8.2002, NZA-RR 2003, 561 (561); Brors/Schüren, BB 2004, 2745 (2747); Raab, ZfA 2003, 389 (391); Wank, EuroAS 2002, 167 (167). 20 Vgl. den Bericht der Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, S. 148. Hierzu auch Bauer/Krets, NJW 2003, 537 (538). 15
Einleitung: Hintergrund und Anlage der Untersuchung
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Personalengpässe21 ohne größere Risiken in kündigungsschutzrechtlicher Art oder der beschäftigungspolitisch ungeliebten Alternative in Form von Überstunden zu überwinden.22 Daneben kann der mit der Einstellung verbundene Verwaltungs- und Personalaufwand in Grenzen gehalten werden,23 zumal die Überlassung im Grunde zeitlich unbegrenzt andauern darf. Sollte es anschließend – arbeitsmarktpolitisch erwünscht – zum Abschluss von Arbeitsverträgen zwischen Entliehenem und Entleiher kommen, so erspart Letzterer auch die Kosten der Personalauswahl, da diese meist durch den Verleiher vor der Entsendung besorgt wird.24 Auf der anderen Seite relativiert sich dieser Nutzen, sofern sich der Verleiher nach § 9 Nr. 3 a.E. AÜG für die Vermittlung eine angemessene Bezahlung durch den Entleiher versprechen lässt.25 Ein weiteres Einsparpotential für den Entleiher resultiert aus der Verringerung der Lohn- und Lohnnebenkosten. Diese ist regelmäßig selbst dann auszumachen, wenn die Überlassungsvergütung über dem Entgeltniveau vergleichbarer Arbeitnehmer des Stammpersonals angesiedelt ist, da die Entgeltund Entgeltfortzahlungsrisiken sowie die Sozialabgaben durch den Verleiher zu tragen sind.26 Sofern dieser jedoch dem vor dem Hintergrund der geschilderten arbeitsmarktpolitischen Bestrebungen umstrittenen, aber verfassungsgerichtlich bestätigten27 arbeitnehmerüberlassungsrechtlichen Gleichstellungsgebot unterliegt und dem Leiharbeitnehmer mindestens die wesentlichen Arbeitsbedingungen zu gewähren hat, die für vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers gelten, verringert sich aufgrund der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit einer Umlage dieser Kosten auf die Überlassungsvergütung die Attraktivität der Leiharbeit. Allerdings hat die Zeitarbeitsbranche mittlerweile zahlreich von der Tarifdispositivität dieser Regelung Gebrauch machen kön-
___________ 21 Nach der REGAM-Studie (siehe Pfarr u.a., BB 2004, 602 (606)) bildet die Überwindung von Personalengpässen den Hauptbeweggrund zur Nutzung des Überlassungsgewerbes. 22 Hierzu der 9. Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes -AÜG- sowie über die Auswirkungen des Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung -BillBG-, BT-Drucks.14/4220, S. 15; Brötz, AiB 1983, 169 (169); Erdlenbruch, Stellung, S. 5; Klebeck, Gleichstellung, S. 15 f.; Walwei, EuroAS 2002, 149 (154 f.); ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn.1. 23 Wank, EuroAS 2002, 167 (167). 24 Klebeck, Gleichstellung, S. 16 f. 25 Zur früheren Unwirksamkeit derartiger Vereinbarungen gemäß § 9 Nr. 4 AÜG a.F. LAG Stuttgart 3.12.1998, LAGE § 9 AÜG Nr. 5; Ulber, AÜG/AEntG, § 9 AÜG Rn.72. 26 Vgl. Rieble/Klebeck, NZA 2003, 23 (23); Ulber, AÜG/AEntG, Einleitung C Rn.2; ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn.1. 27 BVerfG 29.12.2004, NZA 2005, 153 ff.
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nen, womit das Überlassungsgewerbe keineswegs der Existenzgrundlage beraubt wurde.28 Selbst die immer noch oft geringe Qualifikation von Leiharbeitnehmern29, die eine entsprechende intensivere Einarbeitung erfordert, wird in Anbetracht der geschilderten Vorteile verstärkt in Kauf genommen, sodass die Zahl der in Leiharbeit Beschäftigten – von einem niedrigen Niveau ausgehend – in den letzten Jahren angestiegen ist.30 Damit ist auch eine Zunahme betriebsverfassungsrechtlicher Konflikte zu erwarten, deren Lösung Gegenstand der folgenden Untersuchung ist.
B. Anlage der Untersuchung Der Schwerpunkt der hier im Vordergrund stehenden betriebsverfassungsrechtlichen Fragestellungen ist seit jeher in der Beteiligung des Betriebsrats zu suchen. Dementsprechend wird auch diese Arbeit darauf ihr Hauptaugenmerk legen. Allerdings bedarf es hierzu der Vorarbeit – eines allgemeinen Teils: Dieser wird durch die Klärung der Betriebszugehörigkeit gebildet, mit der erst die Einbeziehung einer Arbeitsperson des Betriebs in den persönlichen Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes bestimmt werden kann31. Hierfür ist jedoch die Begutachtung der individualarbeitsrechtlichen Grundlagen notwendig, mit denen die Beziehungen der Leiharbeitnehmer zum Betrieb(-sinhaber) charakterisiert werden und die im Übrigen für das Verständnis der Leiharbeit wichtig sind. Deshalb ist es zweckmäßig, die rechtlichen Beziehungen im Individualleiharbeitsverhältnis vorab zu klären. Einen ersten Hinweis, dass aufgrund dieser Individualbeziehungen eine Integration von Leiharbeitnehmern in die betriebliche Mitbestimmung angezeigt ist, bietet der sodann folgende Überblick über die Zwecksetzungen des Betriebsverfassungsrechts. Konnte im Anschluss an diese Vorüberlegungen die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer bestimmt werden, sollen die Beteiligungsrechte betrach___________ 28
Vgl. zu den weiterhin positiven Entwicklungen der Zeitarbeitsbranche die Pressemitteilung des Bundesverbands Zeitarbeit Personaldienstleistungen e.V. vom 17.12.2004. 29 Pfarr u.a., BB 2004, 602 (603). 30 Adamy/Schulze Buschoff, SozSich 2002, 224 (224); Kaufmann, Zuordnung, S. 21; Wank, EuroAS 2002, 167 (167). Zur Statistik Pfarr u.a., BB 2004, 602 (603) sowie die Pressemitteilung des Bundesverbands Zeitarbeit Personaldienstleistungen e.V. vom 17.12.2004. 31 Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.54; Erdlenbruch, Stellung, S. 49; Raab, ZfA 2003, 389 (430); DKK/Trümner, § 5 Rn.2.
Einleitung: Hintergrund und Anlage der Untersuchung
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tet werden, wobei zunächst der persönliche Anwendungsbereich der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte abstrakt festzulegen ist und die Zuständigkeitsbereiche des Verleiher- und des Entleiherbetriebsrats voneinander abzugrenzen sind. Die erzielten Ergebnisse sollen nachfolgend auf ihre praktische Umsetzungsfähigkeit hin überprüft werden. In diesem Zusammenhang wird auch zu klären sein, ob die Betriebsparteien zur effektiven Mitbestimmung auf das Regelungsinstitut der Betriebsvereinbarung zurückgreifen können. Zudem dürfen die Auswirkungen der Beschäftigung von Zeitarbeitskräften insbesondere für die Betriebsratsfähigkeit von Betrieben nicht unberücksichtigt bleiben, nachdem ohne einen Betriebsrat auch keine betriebliche Mitbestimmung denkbar ist. Die Arbeit wird sich auf die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung beschränken und die nicht gewerbsmäßige nur insoweit behandeln, wie sie von ihrem Pendant abzugrenzen ist. Dieses Vorgehen ist notwendig, um vor dem Hintergrund der in ihren Erscheinungsformen mannigfaltigen nicht gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung den Rahmen einer Dissertation einzuhalten.
1. Teil
Grundlagen Die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Verleiher einem Dritten Arbeitnehmer zur Verfügung stellt, die dieser dann nach eigenen Vorstellungen zur abhängigen Arbeit einsetzt. Für eine weitere Veranschaulichung dieses arbeitsrechtlichen Dreiecksverhältnisses1 zwischen Leiharbeitnehmer, Verleiher und Entleiher, das zwingend aus der Leiharbeit resultiert, ist es notwendig, die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung genauer zu charakterisieren. Mit dem durch die Abgrenzung von anderen Erscheinungsformen des drittbezogenen Personaleinsatzes sowie der Betrachtung der Rechtsverhältnisse gewonnenen Vorverständnis soll anschließend eine Gegenüberstellung des Schutzbedürfnisses von Leiharbeitnehmern und dem Schutzanliegen des Betriebsverfassungsrechts erfolgen. Hieraus ergibt sich, ob auf eine Einbeziehung von Leiharbeitnehmern in die betriebliche Arbeitnehmervertretung verzichtet werden kann oder aber eine intensive Auseinandersetzung mit der Thematik geboten ist.
§ 1 Rechtsbeziehungen und Abgrenzung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung A. Rechtsbeziehungen bei der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung I. Rechtsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher 1. Bedeutung Die Verbindung zwischen Verleiher und Entleiher ist durch den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag als Vertrag sui generis2 geprägt. Dieser bedarf ___________ 1
So Boemke, Schuldvertrag, S. 555. So Becker, NJW 1971, 691 (692 Fn.12); Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (274); Witten, Vertragsgestaltung, S. 49. Ferner Dewender (Betriebsfremde, S. 10), Schüren 2
§ 1 Rechtsbeziehungen und Abgrenzung
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schon deshalb der Erörterung, da er über die Gestaltung des relativen Schuldverhältnisses hinaus die Rechtsbeziehungen beider Vertragspartner zum Leiharbeitnehmer beeinflusst3: Neben der zum Teil vertretenen Ableitung einer Schutzwirkung zugunsten des Leiharbeitnehmers4 ist die Abrede nämlich in erster Linie Grundlage für Umfang und Ausübung des aus dem Arbeitsvertrag folgenden Forderungsrechts, zumindest aber des Weisungsrechts (§ 106 GewO) des Entleihers gegenüber dem Beschäftigten. Auf diese Punkte soll jedoch noch an anderer Stelle zurückzukommen sein5 und im Folgenden nur die Beziehung zwischen Verleiher und Entleiher beschrieben werden, soweit dies für das Verständnis der Thematik oder für die kommende Klärung betriebsverfassungsrechtlicher Fragen erforderlich ist.
2. Inhalt Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag stellt einen gegenseitigen Vertrag dar, der den Verleiher gegenüber dem Entleiher nur ausnahmsweise zur Bereitstellung eines bestimmten Arbeitnehmers verpflichtet.6 Regelmäßig schuldet der Verleiher – vergleichbar einer Gattungsschuld – lediglich die entgeltliche Zurverfügungstellung geeigneter und meist nur anhand ihrer beruflichfachlichen Qualifikation beschriebener Arbeitskräfte für einen gewissen Zeitraum zu Betriebszwecken des Entleihers.7 In Abgrenzung zu anderen Erscheinungsformen des drittfirmenbezogenen Personaleinsatzes in Form von Dienstoder Werkverträgen ist für diese Verpflichtung charakteristisch, dass nicht der ___________ (AÜG, § 1 AÜG Rn.254), Thüsing (AÜG, Einleitung Rn.40) und Wank (ErfK, Einl. AÜG Rn.16): Unter-/ Spezialfall des Dienstverschaffungsvertrags. Hamann (JURA 2003, 361 (362)) und Raab (ZfA 2003, 389 (393)): Dienstverschaffungsvertrag. Mayer, AuR 1974, 353 (356): Vertrag vergleichbar dem Geschäftsbesorgungsvertrag. Sturn, BB 1969, 1436 (1437): Vertrag mit Elementen von Leihe, Miete, Kaufvertrag und Geschäftsbesorgungsvertrag. 3 Allgemein zur Beachtlichkeit der Beziehungen zwischen Vertragsarbeitgeber und Inhaber des Beschäftigungsbetriebs GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.38. 4 Konzen (ZfA 1982, 259 (271)) kritisiert an dieser Konstruktion, dass sich bei ihrer Zugrundelegung die Fürsorgepflicht nicht aus dem Arbeitsrecht, sondern aus dem Zivilrecht ergebe, nachdem der Überlassungsvertrag dem allgemeinen Zivilrecht zuzuordnen ist. 5 Siehe unten § 1 A.III. 6 Schüren, AÜG, Einleitung Rn.271. 7 BAG 9.3.1971, AP Nr. 1 zu § 611 BGB Leiharbeitsverhältnis; 22.6.1994, NZA 1995, 462 (464); 26.4.1995, AP Nr. 19 zu § 1 AÜG; Boemke, AÜG, § 1 Rn.28; Dewender, Betriebsfremde, S. 11; Hamann, JURA 2003, 361 (362); Höcker, RdA 1954, 127 (127), der von einem Arbeitergestellungsvertrag spricht; Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (274); Ulber, AÜG/AEntG, § 1 AÜG Rn.130; Ch. Weber, Arbeitsverhältnis, S. 41.
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1. Teil: Grundlagen
Verleiher die vom Arbeitnehmer erwartete Tätigkeit schuldet.8 Ziel ist vielmehr der Einsatz von Leiharbeitnehmern nach Vorstellungen und Weisungen des Entleihers in seinem Betrieb, wie es bei eigenen Arbeitskräften erfolgen würde.9 Dabei muss sich die zugewiesene Tätigkeit des Leiharbeitnehmers allerdings im Rahmen des mit dem Vertragsarbeitgeber Vereinbarten halten, da sich der Inhalt der Leistungspflichten des Arbeitnehmers nur aus dem Vertragsverhältnis ergeben kann, das mit ihm selbst begründet wurde. Nach allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen können diese Verpflichtungen nicht allein dadurch erweitert werden, dass ihre Geltendmachung einem Dritten eingeräumt wird.10 Inhaltlich bedarf die Leistungspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher jedoch noch einer genaueren Betrachtung. Ob der Verleiher unbeschadet abweichender Absprachen typischerweise11 nicht nur die Auswahl und Zurverfügungstellung eines Leiharbeitnehmers,12 sondern darüber hinaus auch die Arbeitsaufnahme schuldet13 oder gar während der gesamten Überlassungsdauer dafür zu sorgen hat, dass ein geeigneter Arbeitnehmer arbeitsbereit ist14, ist umstritten15, aber für die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des Leiharbeitnehmers von Interesse. Die eigentliche Bedeutung dieser Kontroverse zeigt sich zwar erst, wenn es um die für die Betriebszugehörigkeit relevante Frage der Förderung des Betriebszwecks des Verleihers geht16; sie soll gleichwohl schon im hiesigen Zusammenhang geklärt werden: Gegen eine Beschränkung der Verleiherpflichten auf die Entsendung eines Arbeitnehmers spricht nämlich, dass damit der wirtschaftlichen Funktion der Arbeitnehmerüberlassung auch unter Berücksichtigung der Abgrenzung zur bloßen Arbeitsvermittlung nicht Genüge getan wird. Die Abstriche bei den Vertragspflichten würden dem ___________ 8 Becker, ZfA 1978, 131 (135); Hamann, JURA 2003, 361 (362); Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 56; Schüren, AÜG, Einleitung Rn.277. 9 Ulber, AÜG/AEntG, § 1 AÜG Rn.131. 10 Nemo plus iuris in alium transferre potest quam ipse habet. Friedrich, BlStSozArbR 1964, 220 (222) (für das echte Leiharbeitsverhältnis); Nikisch, Arbeitsrecht I, S. 242; Ulber, AÜG/AEntG, § 1 AÜG Rn.145; Windbichler, Konzern, S. 83. 11 Falls entsprechende Individualvereinbarungen zu dieser Frage vorzufinden sind, sind diese selbstverständlich maßgeblich (Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 12 Anm.3). 12 So BAG 5.5.1992, AP Nr. 97 zu § 99 BetrVG 1972; 6.8.2003, AP Nr. 6 zu § 9 AÜG. 13 Becker/Wulfgramm, Art.1 § 12 Rn.22. 14 Dieser Auffassung sind Dewender, Betriebsfremde, S. 11 f.; Schüren/Feuerborn, AÜG, § 12 Rn.26 ff.; Schüren, AÜG, Einleitung Rn.277 ff.; Thüsing, AÜG, Einleitung Rn.41. 15 Sandmann/Marschall, AÜG, Art.1 § 12 Anm.3. 16 Hierzu unten § 3 A.II.2.a).
§ 1 Rechtsbeziehungen und Abgrenzung
29
Entleiher regelmäßig das gesamte Risiko der Nichtleistung aufbürden, obgleich der Verleiher nicht zuletzt wegen dessen Möglichkeiten, den Leiharbeitnehmer zu ersetzen,17 über umfassende Steuerungsmöglichkeiten verfügt.18 Das seinerseits Erforderliche entsprechend § 243 II BGB19 hat der Verleiher damit erst dann getan, wenn dem Entleiher während der gesamten Überlassungsdauer ein arbeitsbereiter Arbeitnehmer zur Verfügung stand20, sodass beispielsweise bei Krankheit oder Urlaub des Leiharbeitnehmers eine Ersatzkraft zu stellen ist. Ist der Verleiher dem nachgekommen, hat der Entleiher allerdings nur in Ausnahmefällen die Option, den Leiharbeitnehmer zurückzuweisen.21 Konstruktiv erfolgt dies im Wege einer Aufforderung an den Verleiher, in Ausübung seines Abberufungs- und Ersetzungsrechts eine andere Zeitarbeitskraft zu entsenden.22 Andererseits soll keine Pflicht, sondern nur die Obliegenheit des Entleihers bestehen, den Leiharbeitnehmer tatsächlich einzusetzen.23 Dem ist aber entgegenzuhalten, dass den Verleiher nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen24 die Beschäftigungspflicht gegenüber dem Leiharbeitnehmer trifft. Dieser kann der Verleiher in reinen Verleihbetrieben, wo eine anderweitige Tätigkeit des Leiharbeitnehmers ausscheidet, nur dann nachkommen, wenn auch der Entleiher den Leiharbeitnehmer einsetzen muss.25 Deshalb ist ___________ 17
Zu diesem sog. Abberufungs- und Ersetzungsrecht sogleich § 1 A.II. Vgl. Schüren, AÜG, Einleitung, Rn.278 ff. 19 Zur analogen Anwendung, da Menschen keine Sachen sind Schüren, AÜG, Einleitung Rn.272. 20 Dewender, Betriebsfremde, S. 11 f.; Schüren/Feuerborn, AÜG, § 12 Rn.27; Ulber, AÜG/AEntG, § 12 AÜG Rn.13. 21 Wie hier auch T. Schneider, Zeitarbeit, Rn.447; Ulber, AÜG/AEntG, § 12 AÜG Rn.12. 22 T. Schneider, Zeitarbeit, Rn.447. 23 So Schüren, AÜG, Einleitung Rn.306. 24 Rechtsprechung und h.L. leiten die Pflicht aus § 242 BGB i.V.m. Art.2 I, 1 I GG zum Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers ab. Die tatsächliche Beschäftigung gibt dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erhalten und zu erweitern, sodass die in der Arbeit liegende Chance zur Persönlichkeitsentfaltung genutzt werden kann. Sie ist damit Ausdruck des in Art.2 I i.V.m. 1 I GG geschützten Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers (BAG 10.11.1955, AP Nr. 2 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, ErfK/Preis, § 611 BGB Rn.702 ff.). Dieser Schutz entfaltet sich im Verhältnis zwischen Privaten indes nur mittelbar, indem sie als objektive Wertordnung durch Auslegung von Generalklauseln des Zivilrechts, hier § 242 BGB, wirken. Nach a.A. folgt die Beschäftigungspflicht als Abnahmepflicht des Arbeitgebers bereits aus dem Wesen des Arbeitsvertrags als Austauschverhältnis (Wiedemann, Arbeitsverhältnis, S. 42). 25 Ausführlich A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 341 ff. 18
30
1. Teil: Grundlagen
eine gegenüber dem Verleiher begründete Pflicht des Entleihers zur Beschäftigung des Leiharbeitnehmers als Inhalt des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags anzunehmen.26
3. Beendigung Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag wird regelmäßig befristet abgeschlossen und endet folglich mit Zeitablauf. Dabei gelten die Restriktionen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes nicht, da es sich in dieser Beziehung nicht um einen Arbeitsvertrag handelt. Nach der zutreffenden herrschenden Meinung erfüllt die zeitliche Begrenzung des Einsatzes bei einem bestimmten Entleiher aber auch grundsätzlich nicht den Sachgrund des § 14 I 2 Nr. 1 TzBfG zur Befristung des Leiharbeitsvertrags zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher. Die Überlassung erfolgt der Natur der Zeitarbeit nach an verschiedene Entleiher, sodass zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses nicht generell und mit hinreichender Sicherheit gesagt werden kann, dass künftig kein weiterer Bedarf für die Arbeitskraft beim Verleiher hinsichtlich nachfolgender Entsendungen besteht.27 Bei einer entsprechenden Vereinbarung oder wenn das Überlassungsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen ist, besteht – im Falle der Befristung daneben – das Recht zur ordentlichen Kündigung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags.28 Nach § 314 BGB kann darüber hinaus eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund erfolgen,29 wobei auch die Möglichkeit besteht, einen Aufhebungsvertrag zu schließen30. Von betriebsverfassungsrechtlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass mit der Beendigung des Überlassungsvertrags auch das Weisungsrecht des Entleihers gegenüber dem Leiharbeitnehmer entfällt und damit die Beendigung des Einsatzes einhergeht.31 Einfluss auf die rechtliche Qualität der Beziehung zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher hat auch der Wegfall der gewerberechtlichen Überlassungserlaubnis des Verleihers. Der Fortfall führt gemäß § 9 Nr. 1 AÜG zur ___________ 26
I.E. ebenso Ulber, AÜG/AEntG, § 12 AÜG Rn.16. Schüren, AÜG, § 3 Rn.231; Wank, NZA 2003, 14 (20 f.). Anders nun Frik, NZA 2005, 386 (388 f.). 28 Schüren, AÜG, Einleitung Rn.285. 29 Schüren, AÜG, Einleitung Rn.286. 30 Schüren, AÜG, Einleitung Rn.290. 31 Inwieweit es hierzu mit Rücksicht auf das Abstraktionsprinzip einer weiteren Handlung des Verleihers bedarf, ist abhängig von der gewählten Konstruktion zur Übertragung des Weisungsrechts. Hierzu unten § 1 A.III. 27
§ 1 Rechtsbeziehungen und Abgrenzung
31
Unwirksamkeit des Überlassungsvertrags zwischen Ver- und Entleiher, wobei in Fällen der Nichtverlängerung, der Rücknahme (§ 4 I 2 AÜG) und des Widerrufs (§ 5 II 2 AÜG) der Erlaubnis gemäß § 2 IV 4 AÜG eine einjährige Nachwirkung besteht. Ist die Erlaubnis weggefallen und auch keine Nachwirkung mehr gegeben, so gilt kraft Gesetzes nach § 10 I 1 AÜG zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis als zustande gekommen.
II. Rechtsbeziehungen zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer Liegt eine gewerbsmäßige Überlassung von Arbeitnehmern i.S.d. Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vor32, so besteht zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer entsprechend allgemeiner arbeitsrechtlicher Grundsätze ein Arbeitsverhältnis, bei dem sich Arbeitsleistung und Vergütung als Hauptpflichten gegenüberstehen.33 Dies ergibt sich schon aus § 1 I 1 AÜG34, wo der Verleiher als Arbeitgeber eines zu überlassenden Arbeitnehmers bezeichnet wird. Damit stellt der Gesetzgeber klar, dass andere Lösungsansätze, die dieses Rechtsverhältnis nicht als Arbeitsvertrag charakterisieren,35 zumindest im Rahmen der hier ausschließlich behandelten gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung nicht mehr haltbar sind.36 Da ein Normalarbeitsverhältnis aber dadurch gekennzeichnet ist, dass jemand aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags oder eines diesem gleichgestellten Rechtsverhältnisses persönlich zur Leistung von Diensten für einen ___________ 32
Zur Abgrenzung unten § 1 B.I. BAG 14.5.1974, AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972; Brors, NZA 2003, 1380 (1381); Boemke, Schuldvertrag, S. 555 f.; Dewender, Betriebsfremde, S. 12; Schüren/Hamann, AÜG, § 1 Rn.67; G. Hueck, Anm. zu BAG 14.5.1974, SAE 1975, 147 (148); Kittner, FS Kissel, S. 497 (511); Kokemoor, NZA 2003, 238 (238); Rieble/Klebeck, NZA 2003, 23 (26); Ulber, AÜG/AEntG, § 1 AÜG Rn.20; Wank, RdA 2003, 1 (3). Zur Frage, ob bei einer zeitlichen Synchronisierung der Verträge des Verleihers mit dem Entleiher sowie dem Leiharbeitnehmer aufgrund der Gefahr einer Abwälzung des Wirtschaftsrisikos auf den Leiharbeitnehmer noch von einem Arbeitsvertrag ausgegangen werden kann Picker, ZfA 2002, 469 (508 ff.) und Ulber, AuR 2003, 7 (9). Zum Befristungsrecht schon oben § 1 A.I.3. Die ältere Literatur ging noch von einem Arbeitsplatzverschaffungsvertrag aus, vgl. nur Kühne, Vermittlungsmonopol, S. 37 f. 34 Vgl. ferner die §§ 9 und 11 AÜG. 35 So Hessel, BB 1970, 307 (308 f.); Kindereit, AuR 1971, 327 (329). Bogs (BB 1971, 277 (282)) und Sturn (BB 1969, 1436 (1437)): Vertrag eigener Art. Trieschmann (DB 1956, Beil.Nr. 16 unter III.2.b)): Arbeitsplatzbeschaffungsvertrag. 36 Vgl. Edenfeld, Arbeitnehmerbeteiligung, S. 321; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 89. 33
32
1. Teil: Grundlagen
anderen nach dessen Weisungen verpflichtet ist,37 sind bei der Leiharbeit Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild des § 613 S.2 BGB zu verzeichnen. Für das Leiharbeitsverhältnis ist nämlich gerade charakteristisch, dass die Dienstberechtigung – in Abhängigkeit von den noch darzustellenden Konstruktionen38 – übertragbar ist bzw. in Person eines Dritten entsteht.39 Dieses („Über-“)Weisungsrecht sowie die Möglichkeit des jederzeitigen Rückrufs stellen dabei die wichtigsten Bestandteile des Direktionsrechts des Verleihers in dessen Eigenschaft als Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers dar.40 Es wird mitunter in Abgrenzung zu den Befugnissen des Entleihers als „primäre Weisungszuständigkeit“ bezeichnet.41 Daneben ist es aber auch zulässig, dass sich der Verleiher einzelne Aspekte des Weisungsrechts, insbesondere zur Arbeitszeitgestaltung, vorbehält und die hierzu erforderlichen Anordnungen erteilt.42 Diese Vorbehalte des Verleihers dürfen freilich nicht soweit reichen, dass von einer „Überlassung zur Arbeitsleistung“ an den Entleiher nicht mehr ausgegangen werden kann.43 Im Übrigen treffen den Verleiher im Rahmen des Arbeitsverhältnisses die üblichen Arbeitgeberpflichten, wozu beispielsweise die Entgeltzahlung44 sowie ___________ 37
BAG 15.3.1978, AP Nr. 26 zu § 611 BGB Abhängigkeit; Boemke, JuS 2002, 521 (523); A. Hueck/Nipperdey I, S. 34 ff.; ErfK/Preis, § 611 BGB Rn.45. 38 Ob eine Übertragung des Weisungsrechts oder eine Begründung in Person des Dritten stattfindet, ist von der zugrunde liegenden Rechtsbeziehung abhängig. Hierzu sogleich bei der Erläuterung der Beziehungen zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher (§ 1 A.III.). 39 Boemke, Schuldvertrag, S. 555, 558. Umfassend zu § 613 S.2 BGB und zur Auslegung im Rahmen der Übertragung des Weisungsrechts Ulber, AÜG/AEntG, § 1 AÜG Rn.34 ff. 40 Barth, Mitbestimmungs- und Beteiligungsrecht, S. 28; Becker/Wulfgramm, Art.1 § 11 Rn.35; Bremeier, Reichweite, S. 209; Däubler, AuR 2003, 191 (191); Mumot, Beteiligungsrechte, S. 66; Ulber, AÜG/AEntG, § 1 Rn.44; Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (276); Schnorr, RdA 1972, 193 (194). Nach Säcker/Joost (Betriebszugehörigkeit, S. 58) ist es aber keineswegs immer so, dass der Arbeitnehmer gegenüber dem Verleiher vertraglich verpflichtet ist, angebotene Arbeit anzunehmen. Vielmehr sei denkbar, dass Ersterer selbst bestimmt, wann und in welchem Zeitraum er seine Arbeitsleistung erbringt. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass bei solchen Gestaltungen die persönliche Abhängigkeit und damit die Arbeitnehmerstellung des Überlassenen sehr zweifelhaft ist. 41 Boemke, Schuldvertrag, S. 557; Sturn, BB 1969, 1436 (1438). Ferner I. Natzel, Betriebszugehörigkeit, S. 160 f.: „originäre Weisungsbefugnis“. 42 Vgl. Boemke, AÜG, § 11 Rn.24; Kaufmann, Zuordnung, S. 150. Anders R. Müller (FS Schnorr, S. 177 (183)), der im Regelfall vom Ruhen des Weisungsrechts ausgeht, allerdings abweichende Vereinbarungen für zulässig hält. 43 Hierzu Thüsing, AÜG, Einführung Rn.33; Zur Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung von Dienst- und Werkverträgen sogleich (§ 1 B.II.). 44 Vgl. § 3 I Nr. 3 AÜG.
§ 1 Rechtsbeziehungen und Abgrenzung
33
die Abführung der Sozialabgaben45 gehören und insbesondere das Arbeitgeberrisiko46 zählt.
III. Rechtsbeziehungen zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer Während dem Verleiher als Arbeitgeber im Sinne des allgemeinen Verständnisses neben den üblichen Arbeitgeberpflichten die primäre Weisungszuständigkeit verbleibt, zeigt eine tatsächliche Betrachtung der Beziehungen zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher, dass die Zeitarbeitskraft nach eigenen Vorstellungen des Entleihers eingesetzt wird. Auf welcher Grundlage Letzterer die dafür notwendigen Befugnisse ableitet, ist jedoch umstritten. Für die betriebsverfassungsrechtliche Fragestellung ist eine Klärung aber von nicht minderer Bedeutung als die bereits dargestellten Rechtsverhältnisse, nachdem auch hieraus Anhaltspunkte für das vom Betriebsrat des Einsatzbetriebs für die überlassenen Arbeitskräfte zu wahrende Schutzniveau gewonnen werden können.
1. Arbeitsvertragliche Beziehungen Geht man von den Vorgaben des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und dabei insbesondere von der Bezeichnung des Entleihers als Dritten im Gegensatz zum Verleiher als Arbeitgeber aus, so lassen sich bereits die Lösungsansätze ausschließen, die von der Begründung eines vollständigen Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher47 ausgehen.48 Zu einem ___________ 45
Vgl. etwa für Gesamtsozialversicherungsbeiträge § 28e I 1 SGB IV und für Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung § 150 I 1 SGB VII. 46 Vgl. § 1 II i.V.m. § 3 I Nr. 1-2 AÜG. 47 So A. Hueck/Nipperdey I, S. 523. Hierzu Birk, Leitungsmacht, S. 183 ff. Zur Begründung dieses Arbeitsverhältnisses wurde zum Teil auf die sog. Eingliederungstheorie (Nikisch, Arbeitsrecht I, S. 173 ff.; speziell für die Leiharbeit S. 242) abgestellt, die nicht zuletzt zu § 10 I AÜG im Widerspruch steht: Nach dieser Theorie kann die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Entleihers zur Begründung des Arbeitsverhältnisses herangezogen werden. Vgl. hierzu nur die ablehnende Haltung von Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 89 Fn.44 m.w.N. sowie Mayer-Maly, ZfA 1972, 1 (10 ff.). Zur Annahme, der Verleiher fungiere als Stellvertreter des Leiharbeitnehmers zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher, Trieschmann, DB 1956, Beil.Nr. 16 unter III.2.a). 48 BAG 6.8.2003, AP Nr. 6 zu § 9 AÜG; Brors, NZA 2003, 1380 (1381); Dewender, Betriebsfremde, S. 13; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 87 f.; Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1064); Ch. Weber, Arbeitsverhältnis, S. 325; Palandt/Weidenkaff, Einf v § 611 Rn.40. Nur für den Sonderfall der Arbeitnehmerfindungen gilt der Entleiher
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1. Teil: Grundlagen
Arbeitsvertrag kommt es in dieser Beziehung nach § 10 I 1 AÜG nämlich nur dann, wenn der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag gemäß § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist. Diese eng begrenzte Ausnahme gestattet auch den Schluss, dass vertragliche Beziehungen zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer selbst dann unzulässig sind, wenn das Arbeitsverhältnis zum Entleiher neben das mit dem Verleiher bestehende treten soll.49 Hieran ändern auch die neuerlichen Regelungen in den §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG nichts, wonach Zeitarbeitskräften grundsätzlich mindestens die beim Entleiher für vergleichbare Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen zu gewähren sind. Diese Gleichstellungspflicht ist nämlich gerade an den Verleiher als Arbeitgeber der Leiharbeitnehmer adressiert und berechtigt Letztere damit nur mittelbar aus den vom Entleiher an seine eigenen Arbeitnehmer gewährten Konditionen.50 Durch die Ablehnung arbeitsvertraglicher Bindungen zwischen Entleiher und Zeitarbeitskraft wird im Übrigen der Gegensatz zur Arbeitsvermittlung deutlich,51 die nach der Legaldefinition in § 35 I 2 SGB III52 auf die Begrün___________ als Arbeitgeber i.S.d. Arbeitnehmerfindungsgesetzes, § 11 VII AÜG. Schon im älteren Schrifttum wurde die Konzeption mangels eines entsprechenden Parteiwillens in Frage gestellt: Höcker, RdA 1954, 127 (127). 49 Thüsing, AÜG, Einleitung Rn.37; ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn.49. Zum Teil wird dabei von einem Doppelarbeitsverhältnis gesprochen (so Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 56). Diesem Begriff wird jedoch unterschiedliche Bedeutung beigemessen, so dass er hier vermieden wird: So versteht etwa Boemke (Schuldvertrag, S. 569) unter einem Doppelarbeitsverhältnis die Aufspaltung des Arbeitsverhältnisses in das zum Verleiher bestehende Grundverhältnis und das zum Entleiher gegebene Erfüllungsverhältnis. Zum Inhalt des Grund- bzw. Erfüllungsverhältnisses unten § 5 B.II. Mayer-Maly (ZfA 1972, 1 (23)) bezeichnet die Aufspaltung arbeitsrechtlicher Beziehungen als „Doppelarbeitsverhältnis“, ohne ein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher anzuerkennen. 50 Zur früheren Regelung in § 10 V AÜG, der durch das Job-AQTIV-Gesetz zum 1.1.2002 eingeführt wurde Rieble/Klebeck, NZA 2003, 23 (24). Zur verfassungsrechtlichen Problematik Grobys/Schmidt/Brocker (NZA 2003, 777 ff.) und Thüsing (DB 2003, 446 (449 f.)), die aber nunmehr durch das Bundesverfassungsgericht zugunsten der Verfassungsmäßigkeit des Gleichbehandlungsgebots geklärt wurde (Beschluss vom 29.12.2004, NZA 2005, 153 ff.). Weitergehend Wank (ErfK, Einl. AÜG Rn.32), wonach die partielle Arbeitgeberstellung des Entleihers durch die Neufassung verstärkt wurde, im Ergebnis die Stellung des Verleihers als alleiniger Vertragspartner des Arbeitnehmers jedoch unverändert gilt (Rn.49). 51 Auch nach Lockerung des Vermittlungsmonopols der Bundesanstalt für Arbeit im Jahre 1994 war die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitsvermittlung von Bedeutung, nachdem Arbeitsvermittlung unter anderen Voraussetzungen als die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung zulässig war (Schüren, AÜG, Einleitung Rn.81; ErfK/Wank, § 1 AÜG Rn.66). Mittlerweile ist seit dem Gesetz zur
§ 1 Rechtsbeziehungen und Abgrenzung
35
dung eines Arbeitsverhältnisses zwischen einem Arbeitssuchenden und einem Arbeitgeber gerichtet ist. Sie wird zwar gemäß § 1 II AÜG vermutet, wenn die Arbeitnehmerüberlassung nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt. Die bloße Vermutung der Arbeitsvermittlung führt aber seit Aufhebung des § 13 AÜG a.F.53 zum 1. April 1997 durch das Arbeitsförderungs-ReformGesetz54 nicht mehr zu einer Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer.55 Weniger weitgehend, aber in Richtung einer vertraglichen Bindung zum Entleiher zielen die Auffassungen, die eine Einbeziehung des Entleihers in den Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer vorsehen. So nimmt H. Weber56 ein dreiseitiges Arbeitsverhältnis zwischen den Beteiligten an. Auf Heinze57 geht die Konstruktion eines Vertragsbeitritts durch den Entleiher zurück. Müllner58 steht auf dem Standpunkt, dass der Entleiher partiell den Arbeitsvertrag übernimmt.59 Gegen diese Vorschläge spricht, dass trotz des neuerlichen Verzichts auf eine maximale Überlassungsdauer eines Arbeitnehmers an denselben Entleiher ___________ Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat vom 23.03.2002 (BGBl.I, S. 1130) die besondere Erlaubnispflicht für Arbeitsvermittlung aufgehoben, sodass hier allgemeines Gewerberecht zur Anwendung kommt (Boemke, AÜG, § 1 Rn.7; Kokemoor, NZA 2003, 238 (242)). 52 § 35 I 2 SGB III hat folgenden Wortlaut: „Die Vermittlung umfaßt alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, Ausbildungsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Ausbildungsverhältnisses und Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen.“ 53 § 13 AÜG a.F. hatte folgenden Wortlaut: „Beruht ein Arbeitsverhältnis auf einer entgegen § 4 des Arbeitsförderungsgesetzes ausgeübten Arbeitsvermittlung, so können die arbeitsrechtlichen Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber dieses Arbeitsverhältnisses nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen werden.“ 54 Gesetz vom 24.3.1997, BGBl.I, S. 594. 55 BAG 28.6.2000, AP Nr. 3 zu § 13 AÜG mit zustimmender Anm. Urban; Dewender, Betriebsfremde, S. 28 f. Dörner, FS Wißmann, S. 286 (297). A.A. GKBetrVG/Kreutz, § 7 Rn.41; Ulber, AÜG/AEntG, Einleitung D Rn.47. Vgl. auch Schüren, AÜG, § 1 Rn.436 zur Auslegung als widerlegliche Vermutung. 56 Anm. zu BAG 8.11.1978, AP Nr. 2 zu § 1 AÜG und BAG 30.8.1994, SAE 1995, 293 (296). 57 ZfA 1976, 183 (201 ff.), allerdings beschränkt auf die echte Leiharbeit. Ähnlich Henssler, Arbeitsvertrag, S. 54 ff. Zum Vertragsbeitritt allgemein MüKo/Roth, § 398 Rn.197. 58 Arbeitgeberstellung, S. 62 ff. 59 Diese partielle Vertragsübernahme begründet Müllner (Arbeitgeberstellung, S. 63) mit einem Erst-Recht-Schluss aus der Zulässigkeit der vollen Vertragsübernahme (vgl. zur Vertragsübernahme MüKo/Roth, § 398 Rn.4 ff.). Hiergegen wendet sich Gick (Arbeitnehmerüberlassung, S. 93), nach dem die partielle Übernahme kein minus, sondern ein aliud darstellt.
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1. Teil: Grundlagen
durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt60 von einer zeitlich begrenzten Entsendung zu einem Entleiher auszugehen ist. Bei einer Einbeziehung in den Arbeitsvertrag wären damit zum Neueinsatz stets Eingriffe in diesen notwendig, was nicht zuletzt bei fehlendem Konsens kündigungs- oder befristungsrechtliche Probleme aufwerfen würde, denen der Entleiher durch die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern gerade ausweichen will. Damit ist – zugegebenermaßen einzelfallabhängig – fraglich, ob eine Einbeziehung vom Parteiwillen getragen wird, wie auch die folgenden Gesichtspunkte zeigen: Gegen das dreiseitige Arbeitsverhältnis ist vorzubringen, dass der Leiharbeitnehmer bereit ist, bei Dritten die Arbeitsleistung zu erbringen. Ein rechtsgeschäftlich erheblicher Wille, auch mit jedem Entleiher zu kontrahieren, ist darin aber in der Regel nicht zu erblicken. So ist es in der Tat lebensfremd, von einer Erklärung des Arbeitnehmers zu einem Vertragsschluss mit dem Entleiher auszugehen, wo dieser doch die Entgeltzahlungspflicht nicht übernimmt.61 Eine Gesamtschuldnerschaft von Ver- und Entleiher sieht das Recht der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung nämlich nur ausnahmsweise in Bezug auf Ansprüche Dritter vor, vgl. § 10 III 2 Halbs.2 AÜG. Letzteres wäre aber auch die Konsequenz aus der Annahme eines Vertragsbeitritts, der daneben auch eine Gesamtgläubigerschaft von Ver- und Entleiher begründet.62 Entgegen den Interessen des Entleihers würde der Leiharbeitnehmer dann durch Arbeitsleistung gegenüber dem Verleiher frei.63 Speziell gegen die partielle Vertragsübernahme wird noch die Problematik des Umfangs der Aufteilung der Rechte und Pflichten auf Arbeitgeberseite, die vor allem im Hinblick auf die dem Arbeitsverhältnis immanenten Nebenpflichten Unsicherheiten beschert, ins Feld geführt.64 Ferner wird zu Bedenken gegeben, ___________ 60 Vgl. zum Überblick Lembke, Die „Hartz-Reform“ des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, BB 2003, 98 ff.; Schiek, KJ 2003, 35 (44 f.). Nach dem Job-AQTIV-Gesetz vom 10.12.2001 betrug die maximal zulässige Dauer der Überlassung zuletzt 24 Monate, § 3 I Nr. 6 AÜG i.d.F. vom 23.7.2002. 61 Ebenso Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 37. 62 MüKo/Roth, § 398 Rn.197; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 91; H. Weber, Anm. zu BAG 8.11.1978 AP Nr. 2 zu § 1 AÜG. Für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge ist eine Haftung wie ein selbstschuldnerischer Bürge vorgesehen, § 28e II 1 SGB IV. 63 H. Weber (Anm. zu BAG 8.11.1978 AP Nr. 2 zu § 1 AÜG) benennt darüber hinaus als Interessengegensatz, dass für den Verleiher dann ein Forderungsrecht in Bezug auf die Erfüllung der Arbeitsleistung besteht. Ablehnend auch Martens, DB 1985, 2144 (2145 f.). 64 Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 92. Dieses Unbehagen in Bezug auf den Bestimmtheitsgrundsatz kann allerdings im Einzelfall durch entsprechende Vereinbarungen beseitigt werden.
§ 1 Rechtsbeziehungen und Abgrenzung
37
dass auch originäre Pflichten zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer bestehen, die durch eine Teilübernahme nicht begründet werden können.65 Entscheidend ist schließlich, dass auch die bloße Einbeziehung des Entleihers in den Leiharbeitsvertrag dem gesetzgeberischen Modell nicht gerecht wird, wonach der Verleiher Arbeitgeber ist und der Entleiher die bloße Stellung eines Dritten einnimmt.66
2. Verbleibende Lösungsmöglichkeiten Mit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sind daher nur Konstruktionen vereinbar, die dem Entleiher ein Weisungs- oder – weitergehend – ein Forderungsrecht vermitteln, ohne ihn zum Vertragspartner zu bestellen. Diesbezüglich werden verschiedene Lösungsansätze vorgeschlagen. Zum Teil wird das Forderungsrecht oder das damit einhergehende Weisungsrecht des Entleihers mit einer auflösend bedingten Abtretung67 oder einer bloßen Ausübungsermächtigung68 jeweils unter Berücksichtigung des ___________ 65 Gick (Arbeitnehmerüberlassung, S. 93) führt beispielhaft die Wahrung von Betriebsgeheimnissen an. Selbst wenn man dem kritisch entgegenhält, dass die Begründung originärer Pflichten auf anderem Wege möglich ist, etwa durch Vereinbarung oder kraft Gesetzes, z.B. gemäß § 11 VI AÜG oder § 311 II Nr. 3 BGB, ändert dies nichts an der Unvereinbarkeit mit dem AÜG. 66 So auch Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 90 ff.; Schüren, AÜG, Einleitung Rn.84; Witten, Vertragsgestaltung, S. 53. A.A. bezüglich des Vertragsbeitritts Martens, DB 1985, 2144 (2146), der diesen im Ergebnis aber zumindest als generelle Annahme mit dem Parteiwillen im Widerspruch sieht. 67 Für die Zulässigkeit Becker (NJW 1971, 691 (692)), Becker/Wulfgramm (Art.1 § 11 Rn.59) und auch Gick (Arbeitnehmerüberlassung, S. 94 f.), die aber im Ergebnis die Ausübungsermächtigung als dem Parteiwillen entsprechendes Mittel favorisieren. Ferner Söllner, Anm. zu BAG 8.7.1971, AP Nr. 2 zu § 611 BGB Leiharbeitsverhältnis. Kritisch unter dem Gesichtspunkt der jederzeitigen Abberufbarkeit des Arbeitnehmers Konzen, ZfA 1982, 259 (281 f.). Allerdings muss beachtet werden, dass auch eine bedingte Abtretung zulässig wäre, vgl. Staudinger/Busche (1999), Einl zu §§ 398 ff. Rn.21, 90. Selbst die isolierte Abtretung des Weisungsrechts, das nach h.M. ein Gestaltungsrecht darstellt (Gamillscheg, Arbeitsrecht I, S. 24; Staudinger/Richardi (1999), § 611 Rn.252), ist zulässig (§ 413 BGB, str., vgl. Seiter, JurA 1971, 204 (214 Fn.26)). Allgemein zur Abtretbarkeit von Gestaltungsrechten Palandt/Heinrichs, § 413 Rn.5 ff. 68 Becker/Wulfgramm, Art.1 § 11 Rn.59; Birk, Leitungsmacht, S. 187; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 94 f.; Ch. Weber, Arbeitsverhältnis, S. 321. Zur Zulässigkeit dieser auch Einziehungsermächtigung genannten Geltendmachung fremder Rechte im eigenen Namen und den unterschiedlichen Herleitungen (§ 185 i.V.m. § 362 II BGB, Forderungsabtretung in abgeschwächter Form) MüKo/Roth, § 398 Rn.46. Gegen eine Vertretung bei Ausübung der Leitungsmacht spricht hingegen das Auftreten des Entleihers im eigenen Namen, vgl. Birk, Leitungsmacht, S. 186.
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1. Teil: Grundlagen
§ 613 S.2 BGB69 erklärt. Im Rahmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung passen diese Konstruktionen jedoch nicht, wenn der Leiharbeitsvertrag wie üblich von vornherein nicht darauf gerichtet ist, dass der Arbeitnehmer beim Verleiher tätig wird, sondern bei einem Dritten. Der Entleiher tritt in diesen Fällen nicht an die Stelle des Verleihers, denn das Arbeitsverhältnis wird genauso vollzogen, wie es von vornherein vereinbart war.70 Regelmäßig ist deshalb im Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer ein echter Vertrag zugunsten Dritter zu sehen, dessen Vollzugsverhältnis in der Beziehung zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher besteht.71 Auch bei dieser Gestaltung geht die vertragliche Pflichtenstellung des Arbeitgebers gerade nicht über,72 sodass den dargestellten Anforderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes Genüge getan wird.73 Gegen einen berechtigenden Vertrag zugunsten Dritter spricht auch das meist im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vereinbarte Rückruf- oder Ersetzungsrecht des Verleihers nicht.74 Die Begünstigung des Entleihers kann befristet, auflösend bedingt oder unter dem Vorbehalt des Widerrufs bestellt ___________ 69
Dazu schon oben § 1 A.II. sowie Windbichler, Konzern, S. 82. Schüren, AÜG, Einleitung Rn.133 ff. 71 Diese Auffassung ist im Vordringen: Hamann, WiVerw 1996, 212 (214); Staudinger/Jagmann (2004), § 328 Rn.125; Staudinger/Richardi (1999), Vorbem. zu §§ 611 ff. Rn.366, Schüren, AÜG, Einleitung Rn.141 ff.; Walker, ACP 194 (1994), 295 (309 ff.); ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn.52. Sie führt als einzige der mit dem AÜG vereinbaren Konstruktionen zum originären Forderungserwerb des Entleihers (str., MüKo/Gottwald, § 328 Rn.3; Palandt/Heinrichs, Einf v § 328 Rn.6). Für die Zulässigkeit der Annahme eines Vertrags zugunsten Dritter auch Kreutz (FS Wißmann, S. 364 (371)) sowie Raab und Ch. Weber. Letztere gehen jedoch im Regelfall von einer Ausübungsermächtigung (Ch. Weber, Arbeitsverhältnis, S. 320 f.) oder einem unechten Vertrag zugunsten Dritter (Raab, ZfA 2003, 389 (393)) aus. Anders auch G. Schaub, ArbR-Hdb., § 120 Rn.66: Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, wobei sich das Weisungsrecht aus der einverständlichen Eingliederung des Leiharbeitnehmers in den Betrieb des Entleihers ableitet. Ferner Barth (Beteiligungsrechte, S. 28), Becker (ZfA 1978, 131 (134)), Erdlenbruch (Stellung, S. 53 f.), Kaufmann (Zuordnung, S. 39) sowie Rüthers/Bakker (ZfA 1990, 245 (274)), die wie Raab einen unechten Vertrag zugunsten Dritter annehmen. Offengelassen durch Dewender, Betriebsfremde, S. 14. A.A. ausdrücklich MüKo/Gottwald, § 328 Rn.28. 72 Anderenfalls würde ein unzulässiger Vertrag zulasten Dritter vorliegen (Windbichler, Konzern, S. 80). 73 Schüren, AÜG; Einleitung Rn.143. Unzutreffend daher Trümner (DKK, § 5 Rn.78), der bei der Annahme eines echten Vertrags zugunsten Dritter zumindest von vertraglichen Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Betriebsinhaber ausgeht. Eines Rückgriffs auf ergänzendes Richterrecht (so Mehrhoff, Arbeitgeberbegriff, S. 82) bedarf es zur Erklärung der gespaltenen Arbeitgeberstellung jedenfalls nicht. Zur Nachrangigkeit des Richterrechts Fikentscher, Methoden IV, S. 329. 74 So aber Erdlenbruch, Stellung, S. 53 f.; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 94. 70
§ 1 Rechtsbeziehungen und Abgrenzung
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werden, sodass – wie § 328 II BGB bestätigt – ein vertraglich vereinbartes Recht zur Aufhebung der Drittbegünstigung möglich ist.75 Auch die bei Abschluss des Arbeitsvertrags noch fehlende Bestimmung des Dritten ist unschädlich, da nach allgemeinen Vertragsgrundsätzen die dem Versprechensempfänger (Verleiher) obliegende Bestimmbarkeit genügt, vgl. § 332 BGB.76 In jedem Fall bestehen neben dem arbeitsrechtlichen Weisungsrecht des Entleihers und der hiermit korrespondierenden Verpflichtung des Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung auf beiden Seiten auch (arbeitsrechtliche) Schutzund Nebenpflichten, soweit sie an der Arbeitsleistung anknüpfen, wie für den Entleiher im Bereich des Arbeitsschutzrechts durch § 11 VI 1 AÜG klargestellt wird.77 Versteht man nun das Arbeitsverhältnis als die Gesamtheit der durch einen Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer,78 so kann das Verhältnis zwischen dem Entleiher und der Zeitarbeitskraft angesichts des zwischen ihnen begründeten Teilausschnitts dieses Kanons aus Rechten und Pflichten als partielles Arbeitsverhältnis79 bezeichnet werden. Der etwaige Einwand, mangels vertraglicher Grundlage in dieser Beziehung lasse sich das Ergebnis nur auf die überwundene Eingliederungstheorie stützen, trägt nicht. Ihm ist entgegenzuhalten, dass eine solche Grundlage existiert, wenn auch nicht zwischen Entleiher und Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberstellung des Entleihers ist nämlich zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher vertraglich begründet und im Rahmen der Abrede des Verleihers mit dem Entleiher zumindest durch die Abbedingung des § 613 S.2 BGB80 auch vom Leiharbeitnehmer konsentiert aufgespalten81. Die Begründung des sog. partiel___________ 75
Walker, AcP 194 (1994), 295 (312); Witten, Vertragsgestaltung, S. 59. Allgemein Staudinger/Jagmann (2004), § 328 Rn.17, 69 ff. 76 Boemke, Schuldvertrag, S. 559; Staudinger/Jagmann (2004), § 328 Rn.14, 17, 69 ff.; Bamberger/Roth/Janoschek, BGB, § 328 Rn.13; Kaufmann, Zuordnung, S. 38. 77 Zu diesem Problemkreis und auch im Zusammenhang mit den übrigen zulässigen Konstruktionen ausführlich Erdlenbruch, Stellung, S. 58; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 97 ff.; Raab, ZfA 2003, 389 (393); Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (275); Konzen, ZfA 1982, 259 (283); ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn.56 f.; Ch. Weber, Arbeitsverhältnis, S. 322 ff. Allgemein zu den Nebenpflichten im Vollzugsverhältnis des Vertrags zugunsten Dritter Palandt/Heinrichs, Einl v § 328 Rn.5. 78 Zöllner/Loritz, § 4 III.1. 79 Zum Begriff auch Kreutz, FS Wißmann, S. 364 (370). 80 Hierzu Bamberger/Roth/Fuchs, BGB, § 613 Rn.10. 81 Vgl. zum unterschiedlichen Verständnis einer (auf-)gespaltenen Arbeitgeberstellung noch Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (276) einerseits und Windbichler, Konzern, S. 79 f. anderseits. Die in diesem Zusammenhang auch gebrauchte Figur des funktionellen Arbeitgebers (Nikisch, Arbeitsrecht I, S. 144 ff.) hat dagegen nur eine problembeschreibende statt problemlösende Bedeutung (ebenso Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 58).
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1. Teil: Grundlagen
len Arbeitsverhältnisses basiert damit in jeder Hinsicht auf einer rechtsgeschäftlichen Grundlage.82
IV. Ergebnis Bei der erlaubten gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung bestehen zwischen allen Beteiligten Rechtsbeziehungen. Vertragliche Bindungen sind stets zwischen Verleiher und Arbeitnehmer in Form eines Arbeitsvertrags sowie eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags zwischen Verleiher und Entleiher gegeben. Ein auf vertraglicher Basis beruhendes Arbeitsverhältnis zwischen dem Überlassenen und dem Entleiher ist aufgrund der Anwendbarkeit des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zwingend zu verneinen. Bei dieser Form der Leiharbeit übt der Entleiher das arbeitsrechtliche Weisungsrecht als Inhaber des Anspruchs auf die Arbeitsleistung regelmäßig aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter aus, obgleich die Einräumung dieser Befugnis auch im Wege der Abtretung oder Ausübungsermächtigung erfolgen kann. Über die Leistungspflicht des Leiharbeitnehmers und das Weisungsrecht des Entleihers hinaus bestehen in dieser Beziehung auch arbeitsrechtliche Neben- und Schutzpflichten, sodass hierin ein partielles Arbeitsverhältnis gesehen werden kann.
B. Die Einordnung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung in das System der Leiharbeit und ihre Abgrenzung von sonstigen Formen des drittbezogenen Personaleinsatzes I. Die Einordnung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung in das System der Leiharbeit Die eingeschränkten Variationsmöglichkeiten zur Gestaltung der Rechtsbeziehungen bei der Leiharbeit werden durch die Unterscheidung zwischen nicht gewerbsmäßiger und gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung determiniert, da die limitierenden Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zumindest in direkter Anwendung83 grundsätzlich nur die zuletzt genannte Form ___________ 82 Ähnlich auch Fabricius (Rechtsprobleme, S. 47), wenn er den Entleiher als „Neben-“Arbeitgeber bezeichnet. Dieser ist nicht nur faktischer Arbeitgeber, sondern ein Arbeitgeber auf rechtsgeschäftlicher Grundlage durch die notwendige Zustimmung des Arbeitnehmers. 83 Die analoge Anwendung von § 14 AÜG auf die nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ist umstritten, vgl. nur ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.1.
§ 1 Rechtsbeziehungen und Abgrenzung
41
erfassen. Daher und aufgrund der inhaltlichen Beschränkung dieser Arbeit auf die gewerbsmäßige Variante ist eine gegenseitige Abgrenzung der Überlassungsformen nötig. Zudem ist eine Systematisierung schon wegen der kollektivrechtlichen Anhaltspunkte in § 14 AÜG unumgänglich, da gerade diese Norm Aussagen zur betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung zum Verleiherbetrieb sowie zu Individual- und Beteiligungsrechten im Entleiherbetrieb trifft. Den Ausgangspunkt zur Differenzierung zwischen der gewerbsmäßigen und nicht gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung bildet neben dem „Geschäftsbetrieb“ des Verleihers auch der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen Letzterem und dem Entleiher.84 Beiden Elementen ist zu entnehmen, ob eine gewerbsmäßige, d.h. nicht nur gelegentliche, sondern auf gewisse Dauer angelegte selbständige Tätigkeit vorliegt, die auf unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Vorteile abzielt.85 Dieses gewerberechtliche Verständnis ist die Folge der Charakterisierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes als Regelwerk, das die Modalitäten einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit beschreiben will.86 Dabei werden auch Unternehmungen erfasst, die als sog. Mischbetriebe87 nicht ausschließlich Arbeitnehmerüberlassung betreiben, sondern daneben andere Zwecke verfolgen88. Gleichbedeutend zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung wird überwiegend der Begriff der unechten Leiharbeit verwandt.89 Letztere ist dann ___________ 84
Vgl. Boemke, AR-Blattei SD 540 (2005), Rn.20. BAG 8.11.1978, AP Nr. 2 zu § 1 AÜG; 15.6.1983, AP Nr. 5 zu § 10 AÜG; 21.3.1990, AP Nr. 15 zu § 1 AÜG; Becker/Wulfgramm, AÜG, Art.1 § 1 Rn.27; Dewender, Betriebsfremde, S. 6; Erdlenbruch, Stellung, S. 8 f.; Menting, Arbeitnehmerüberlassung, S. 32; Säcker, FS Quack, S. 421 (432); ErfK/Wank, § 1 AÜG Rn.42; Ch. Weber, Arbeitsverhältnis, S. 40; Wolf, JbArbR, Bd.40, S. 99 (106). Ulber (AÜG/AEntG, § 1 AÜG Rn.219) zufolge ist die nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung stets nur kurzzeitig und vorübergehend zulässig, wobei die zeitliche Orientierung an § 1 II AÜG a.F. (zwölf Monate) erfolgt. Anderenfalls liege gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung vor. 86 Becker/Wulfgramm (AÜG, Art.1 § 1 Rn.27), Dewender (Betriebsfremde, S. 6), Menting (Arbeitnehmerüberlassung, S. 32) und Witten (Vertragsgestaltung, S. 31 ff.) unter Ablehnung der ebenfalls diskutierten strafrechtlichen oder steuerrechtlichen Begriffe. Ferner Benkendorff, Arbeitnehmerüberlassung, S. 25; Boemke, Schuldvertrag, S. 552; Eckardt, JA 1989, 393 (394); ErfK/Wank, § 1 AÜG Rn.41. 87 Zum Begriff Marschall, Anm. zu BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer; Ulber, AÜG/AEntG, § 1 AÜG Rn.39. 88 Ch. Weber, Arbeitsverhältnis, S. 40. 89 LAG Köln 14.2.1989, LAGE § 611 BGB Leiharbeitsverhältnis Nr. 1; Bremeier, Reichweite, S. 261; Dewender, Betriebsfremde, S. 6; Eckardt; JA 1989, 393 (393); HSWG/Hess, § 5 Rn.9; MünchArbR/Joost, § 304 Rn.57; Kraft, FS Pleyer, S. 383 (384); Mehrhoff, Arbeitgeberbegriff, S. 78; Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 33 mit Fn.65; HSWG/Schlochauer, § 7 Rn.21; DKK/Trümner, § 5 Rn.77. 85
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1. Teil: Grundlagen
gegeben, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nur zu dem Zweck eingestellt wird, zeitweise Dritten zur Verfügung gestellt zu werden.90 Ist die Arbeitskraft dagegen gewöhnlich im Betrieb des eigenen Arbeitgebers tätig und dort eingegliedert und nur ausnahmsweise Dritten überlassen,91 so ist von einem echten Leiharbeitsverhältnis zu sprechen.92 Die Gegenüberstellung zeigt, dass hier das Arbeitverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und dem Verleiher in den Vordergrund gerückt wird,93 sodass darin keine bloßen Synonyme zur (nicht-)gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung zu sehen sind. Da die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung aber überwiegend mit unechten Leiharbeitnehmern betrieben wird, sind diese Begriffspaare freilich weitestgehend deckungsgleich.94 Daneben sind jedoch Gestaltungen denkbar, in denen etwa lediglich zur Überlassung eingestellte und damit unechte Leiharbeitnehmer ohne eine Gewinnerzielungsabsicht und deswegen nicht gewerbsmäßig überlassen werden. Zudem können Mitglieder der Stammbelegschaft des gewerbsmäßig Verleihenden vorübergehend Dritten zur Verfügung gestellt werden, so dass die Mitarbeiter als echte Leiharbeitnehmer anzusehen wären, die gewerbsmäßig überlassen werden.95 Vor dem Hintergrund der maßgeblichen Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes tritt demnach die Einordnung des Arbeitsverhältnisses als echte oder unechte Leiharbeit in den Hintergrund, sodass nur die Gewerbsmäßigkeit entscheidend ist. ___________ 90
BAG 9.3.1971, AP Nr. 1 zu § 611 BGB Leiharbeitsverhältnis; BSG 29.7.1970, E 31, 235 (243). Becker (BlStSozArbR 1972, 129 (131)), Boemke (Schuldvertrag, S. 551) und Erdlenbruch (Stellung, S. 5 ff.) fordern zudem die Entgeltlichkeit der Zurverfügungstellung. Vgl. ferner Hessel, BB 1970, 307 (308); Monjau, AuR 1968, 257 (258 f.); Mumot, Beteiligungsrechte, S. 46. 91 Hierzu kann es beispielsweise kommen, wenn der Arbeitgeber vorübergehend nicht in der Lage ist, den betreffenden Arbeitnehmer sinnvoll zu beschäftigen. Im Vordergrund steht dann die sog. Kollegenhilfe unter Unternehmen und nicht die rechtliche Gestaltung eines atypischen Arbeitsverhältnisses. 92 BSG 29.7.1970, E 31, 235 (242); Becker, BlStSozArbR 1972, 129 (131); Boemke, Schuldvertrag, S. 551; Bulla, DB 1975, 1795 (1795); Erdlenbruch, Stellung, S. 5 ff.; Hessel, BB 1970, 307 (308); Monjau, AuR 1968, 257 (258); Mumot, Beteiligungsrechte, S. 46. Problematisch A. Schaub (Arbeitnehmerüberlassung, S. 1), der auch bei der echten Leiharbeit die Entgeltlichkeit zur Voraussetzung erhebt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die nur gelegentliche entgeltliche Überlassung nicht zur Gewerbsmäßigkeit führt. 93 Boemke, AR-Blattei SD 540 (2005), Rn.30. 94 Ebenso Boemke, Schuldvertrag, S. 553; KassHdb/Düwell, 4.5 Rn.162; Blanke/Schüren/Wank, Beschäftigungsformen, S. 337; Ch. Weber, Arbeitsverhältnis, S. 39; Zöllner/Loritz, § 27 IV. 95 Vgl. ferner die Regelung des § 1a AÜG.
§ 1 Rechtsbeziehungen und Abgrenzung
43
Eine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung liegt insbesondere auch bei den Tätigkeiten der im Zuge der Hartz-Reformen eingeführten96 PersonalService-Agenturen (PSA) vor,97 deren Aufgabe nach § 37c I SGB III in der Arbeitnehmerüberlassung zur Vermittlung von Arbeitslosen besteht und deren Einrichtung durch jede Agentur für Arbeit sicherzustellen ist.
II. Abgrenzung von sonstigen Formen des drittbezogenen Personaleinsatzes 1. Abgrenzungsmerkmale (Gewerbsmäßige) Arbeitnehmerüberlassung liegt jedoch nicht in allen Fällen vor, in denen eine Arbeitsperson im Betrieb eines vom Arbeitsvertragspartner verschiedenen Dritten tätig wird, sondern nur dann, wenn Letzterer auch das arbeitsrechtliche Direktionsrecht ausübt.98 Der Einsatz als Leiharbeitnehmer ist damit insbesondere vom Tätigwerden aufgrund eines Werkoder Dienstvertrags zu unterscheiden, bei dem es gerade nicht zu der für die Arbeitnehmerüberlassung typischen Verlagerung des arbeitrechtlichen Weisungsrechts kommt.99 Die Folgen sind gravierend, da bei diesen Gestaltungen die Restriktionen des Arbeitnehmerüberlassungsrechts nicht gelten 100 und nach allgemeiner Ansicht101 grundsätzlich keine betriebsverfassungsrechtliche Zuständigkeit der Arbeitnehmervertretung im bestellenden Betrieb begründet wird. Bei einem Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB verpflichtet sich der Unternehmer, ein Werk herzustellen, d.h. einen konkreten Erfolg zu schaffen. Hierbei kann er sich gegebenenfalls der Unterstützung seiner Arbeitnehmer als Erfüllungsgehilfen bedienen, denen gegenüber der Unternehmer selbst das arbeitsrechtliche Weisungsrecht ausübt. Das bedeutet, dass die Arbeitnehmer im ___________ 96
Siehe oben Einleitung B. Zu Einzelheiten Dewender, Betriebsfremde, S. 15 f.; B. Gaul/Otto, DB 2002, 2486 (2487).Zur bislang ernüchternden Bilanz der PSA FAZ vom 15.8.2005, S. 11. 98 Vgl. BAG 6.8.2003, AP Nr. 6 zu § 9 AÜG; Boemke, AÜG, § 1 Rn.9; Dewender, Betriebsfremde, S. 7; Schüren/Hamann, AÜG, § 1 Rn.94; Ulber, AÜG/AEntG, § 1 AÜG Rn.131. 99 Zur Abgrenzung BAG 6.8.2003, AP Nr. 6 zu § 9 AÜG; Schüren/Hamann, AÜG, § 1 Rn.84 ff. 100 Dewender, Zuordnung, S. 30; Kaufmann, Zuordnung, S. 45; Leitner, NZA 1991, 293 (293). 101 Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.238; Kaufmann, Zuordnung, S. 45 f.; Wank, EuroAS 2002, 167 (173). 97
44
1. Teil: Grundlagen
fremden Betrieb zur Erfüllung der Aufgaben ihres Arbeitgebers und nach dessen Weisungen tätig werden. Dagegen stellt der Verleiher im Falle der Arbeitnehmerüberlassung die Zeitarbeitskräfte lediglich zur Verfügung, wobei die Arbeitsleistung im Übrigen durch Direktionen des Entleihers koordiniert wird. Demzufolge scheint die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und einem Werkvertrag einfach zu gelingen, doch können durch vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten die im Ansatz klaren Grenzen verwischen. So sind Fälle in der Praxis verbreitet, in denen Werkunternehmer nicht ein konkretes Werk, sondern mehrere Einzelwerke aufgrund einer Rahmenvereinbarung anbieten, die Vergütung nicht erfolgsbezogen, sondern nach Zeitabschnitten festgesetzt wird oder die Arbeitnehmer auf Werkvertragsbasis weitgehend in die Organisation des Dritten einbezogen sind.102 Die dann schwierige, aber notwendige Einordnung von Grenzfällen erfolgt nach Ansicht der seit einer Entscheidung des Bundsarbeitsgerichts vom 10. Februar 1977103 weiter ausgebauten Rechtsprechung104 anhand verschiedener Differenzierungskriterien, die auch die Zustimmung von Teilen der Literatur105 finden. Ausgehend vom Geschäftsinhalt, der im Zweifel anhand der praktischen Durchführung zu ermitteln ist,106 wird insbesondere der Frage der tatsächlichen Eingliederung in den Entleiherbetrieb und der damit zusammenhängenden Ausübung des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts Bedeutung beigemessen. Dabei hat eine umfassende Würdigung von Begleitumständen zu erfolgen, zu denen unter anderem die Organisationsgewalt, die Aufsicht über die Arbeitnehmer, die Gestellung des Arbeitsmaterials, die übrige Geschäftstätigkeit des Auftragnehmers sowie die Regelung von Gewährleistungsfragen oder der Vergütung zu zählen sind.107 Wird demnach ein genau beschriebenes Werk geschuldet, das unabhängig von der Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmern des Einsatzbetriebs zu ___________ 102
Hierzu Erdlenbruch, Stellung, S. 15 f.; Kaufmann, Zuordnung, S. 46; K. Moritz, Anm. zu BAG 10.2.1977, AP Nr. 9 zu § 103 BetrVG 1972. 103 AP Nr. 9 zu § 103 BetrVG 1972. 104 Vgl. nur BAG 28.11.1989, AP Nr. 5 zu § 14 AÜG; 13.5.1992, EzA Nr. 12 zu § 10 AÜG; 1.12.1992, EzAÜG Nr. 110 zu § 99 BetrVG 1972; 31.3.1993, AP Nr. 2 zu § 9 AÜG; BGH 21.2.2003, EzAÜG Nr. 12 zu § 9 AÜG. 105 Boemke, AÜG, § 1 Rn.74 ff.; Dewender, Betriebsfremde, S. 37 f.; Kaufmann, Zuordnung, S. 46 ff. A.A. Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 91 f.; ErfK/Wank, § 1 AÜG Rn.23 ff. 106 BAG 13.5.1992, EzA Nr. 12 zu § 10 AÜG; 31.3.1993, AP Nr. 2 zu § 9 AÜG; 6.8.2003, AP Nr. 6 zu § 9 AÜG; Erdlenbruch, Stellung, S. 14; Kaufmann, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.17. Einschränkend Boemke, AÜG, § 1 Rn.79. 107 Hierzu die Rechtsprechungsanalysen von Dewender, Betriebsfremde, S. 31 ff.; Hamann, Erkennungsmerkmale, S. 71 ff.; ErfK/Wank, § 1 AÜG Rn.15 ff.
§ 1 Rechtsbeziehungen und Abgrenzung
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erbringen ist und trägt der Arbeitgeber das Gewährleistungsrisiko, so spricht dies für einen Werkvertrag. Erteilt dagegen der Dritte über § 645 I 1 BGB hinaus Weisungen, die nicht nur objektbezogen sind, sondern auch Arbeitszeit, -ort und -inhalt umfassen, so indiziert dies neben einem arbeitsteiligen Vorgehen mit Arbeitnehmern des Dritten das Vorliegen eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags. Eine Gesamtwürdigung der angesprochenen Umstände ist auch zur Unterscheidung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und der Erfüllung eines Dienstvertrags durch Gehilfen im Sinne des § 278 BGB notwendig. Unter Berücksichtigung, dass die geschuldete Dienstleistung nicht erfolgs-, sondern tätigkeitsbezogen ist, kann ansonsten auf die genannten Kriterien zur Abgrenzung zum Werkvertrag zurückgegriffen werden. Wird etwa ein Arbeitnehmer einem Dritten lediglich zur Verfügung gestellt, ohne weitere Planungen hinsichtlich der Verwendung der Arbeitskraft anzustellen, so spricht dies dementsprechend für Arbeitnehmerüberlassung.108
2. Rechtsfolgen verdeckter Arbeitnehmerüberlassung Ergibt die Würdigung der Umstände, dass statt einer von den Parteien angestrebten werk- oder dienstvertraglichen Konstruktion in Wirklichkeit Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, so kommt beim Fehlen der nach § 1 AÜG erforderlichen Erlaubnis zum Schutz des Arbeitnehmers gemäß § 10 I 1 AÜG ein vollständiges Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zustande.
III. Ergebnis Eine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung liegt vor, wenn die Überlassung eine nicht nur gelegentliche, sondern auf Dauer angelegte selbständige Tätigkeit darstellt, die auf mittelbare oder unmittelbare wirtschaftliche Vorteile abzielt. In Abgrenzung zum Einsatz auf Werk- oder Dienstvertragsbasis liegt sie jedoch nur dann vor, wenn der Dritte das arbeitsrechtliche Weisungsrecht gegenüber dem in seine betriebliche Organisation eingebundenen Leiharbeitnehmer ausübt. Die hierfür notwendige Beurteilung ist anhand verschiedener Einzelkriterien vorzunehmen.
___________ 108
Zu allem BAG 28.11.1989, AP Nr. 5 zu § 14 AÜG; Boemke, AÜG, § 1 Rn.69.
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1. Teil: Grundlagen
§ 2 Das Bedürfnis nach einer Einbeziehung von Leiharbeitnehmern in betriebsverfassungsrechtliche Schutzmechanismen Die Darstellung der Rechtsbeziehungen zwischen den an der Arbeitnehmerüberlassung Beteiligten hat gezeigt, dass Leiharbeitnehmer sowohl in Bezug auf den Verleiher als auch den Entleiher weisungsunterworfen und in einer fremdbestimmten Organisation tätig sind. Ob aus diesem Befund heraus Überlegungen zu einer betriebsverfassungsrechtlichen Repräsentation im Entsende- und Einsatzbetrieb gerechtfertigt sind, soll zunächst anhand einer Skizzierung der Normzwecke dieser Form der Arbeitnehmervertretung untersucht werden.
A. Der Zweck der Arbeitnehmerrepräsentation durch Organe der Betriebsverfassung Die allgemeine Meinung sieht in den Einrichtungen der Betriebsverfassung eine Gegenmacht zum arbeitgeberseitigen Organisations- und Direktionsrecht, das die tatsächliche sowie rechtliche Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb bestimmt.1 Für diese Stellung ist insbesondere kennzeichnend, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht autonom, sondern in einem fremdorganisierten Arbeits- und Lebensbereich erbringt und sich dort regelmäßig durch ein Zusammenwirken mit anderen Mitarbeitern einzuordnen hat. Der hieraus resultierenden Abhängigkeit von einer im Wesentlichen kollektiv gestalteten Ordnung begegnet die Repräsentation der Arbeitnehmer durch den Betriebsrat, indem deren Interessen untereinander in einen Ausgleich gebracht und zum Wohle des Betriebs und der Belegschaft (§ 2 I BetrVG) gegenüber dem Betriebsinhaber durchgesetzt werden.2 Der arbeitnehmerschützende Normenkomplex3 verfolgt dabei die Begrenzung und den Ausgleich der Fremdbestimmung durch die Gewährung von Mitwirkungsmöglichkeiten des Betriebsrats, der in diesem Rahmen die Belange Einzelner4 oder gegebenenfalls ein durch ihn als vorrangig erkanntes Belegschaftsinteresse vor dem Arbeitgeber ___________ 1 Vgl. Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 32 f.; Hamann, AuR 2002, 322 (325); Konzen, RdA 2001, 76 (82); GK-BetrVG/Wiese, Einleitung Rn.70. 2 Vgl. ErfK/Eisemann, § 1 BetrVG Rn.3; Hempel, Spannungsverhältnis, S. 191; Ch. Weber, Arbeitsverhältnis, S. 252; GK-BetrVG/Wiese, Einleitung Rn.71. 3 Erdlenbruch, Stellung, S. 48; FESTL, § 1 Rn.1; MünchArbR/v. Hoyningen-Huene, § 297 Rn.12; GK-BetrVG/Wiese, Einleitung Rn.75 f. Allgemein zur Zwecksetzung auch Söllner, Leistungsbestimmung, S. 66 f. 4 Die Individualrechte in den §§ 81 ff. BetrVG erschöpfen sich dagegen im Wesentlichen in der Kodifizierung von Vertragsrecht (GK-BetrVG/Wiese, Einleitung Rn.75).
§ 2 Das Bedürfnis nach einer Einbeziehung von Leiharbeitnehmern
47
artikuliert.5 Der Arbeitnehmerschutz wird damit im Wege der Wahrnehmung der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte durch den Gedanken der Teilhabe der Arbeitnehmer an den sie betreffenden Entscheidungen hergestellt.6 Den Schwerpunkt der Tätigkeit des Betriebsrats im Interesse der Belegschaft bildet dabei unter beiden Blickwinkeln die Beschränkung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts, nachdem gerade hierdurch in besonderer Weise die Abhängigkeit des Arbeitnehmers dokumentiert wird.7
B. Das Bedürfnis nach einer Einbeziehung von Leiharbeitnehmern Setzt man mit den geschilderten allgemeinen Schutzanliegen der betriebsverfassungsrechtlichen Instrumentarien die Situation der Leiharbeitnehmer in Beziehung, so erscheint auch eine Einbeziehung dieser Beschäftigten in die betriebliche Mitbestimmung als erforderlich. Die Berücksichtigung von Zeitarbeitskräften in der Betriebsverfassung steht allerdings vor dem Problem, dass der Einflussbereich eines Betriebsrats auf den Betrieb beschränkt ist, für den er gebildet wurde.8 Hieraus folgt eine besondere Gefährdungslage der Leiharbeitnehmer, die sowohl zum Verleiher- als auch zum Entleiherbetrieb in Beziehung treten und sich dort jeweils Weisungsberechtigten gegenübersehen. Damit ist die Frage aufgeworfen, ob dies zu Abstrichen bei ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Repräsentation führen muss. ___________ 5 Vgl. Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 32 f.; Richardi, BetrVG, Einleitung Rn.82; GK-BetrVG/Wiese, Einleitung Rn.75, 81. Anders aber v. Hoyningen-Huene (MünchArbR, § 297 Rn.14), dem zufolge das Direktionsrecht des Arbeitgebers durch den privatautonomen Abschluss des Arbeitsvertrages bereits hinreichend legitimiert und konkret begrenzt ist. Die Mitbestimmung wird als rechtspolitische und durch das Sozialstaatsprinzip legitimierte Entscheidung des Gesetzgebers angesehen. Auf dem Grundgedanken der Demokratie aufbauend, sollen Arbeitnehmer durch Information und Mitwirkung an den jeweiligen Entscheidungen beteiligt werden (Rn.11). Der Legitimation durch den Arbeitsvertrag ist jedoch entgegenzuhalten, dass eine faktische Notwendigkeit zu dessen Abschluss besteht und jenem die Einräumung des Weisungsrechts immanent ist (Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 34 unter Bezugnahme auf den Bericht der Mitbestimmungs-Kommission, BT-Drucks.VI/334, S. 61 f.). 6 FESTL, § 1 Rn.2; Wiese, FS Kraft, S. 683 (684 f.). 7 Vgl. Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 33 unter Hinweis auf die historischen Wurzeln der Mitbestimmung; Halbach, DB 1980, 2389 (2390); Martens, FS Hilger/Stumpf, S. 437 (455 ff.); I. Natzel, Betriebszugehörigkeit, S. 167; Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (310); Witten, Vertragsgestaltung, S. 204 f. 8 BAG 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG Leiharbeitnehmer; Dewender, Betriebsfremde, S. 62; Erdlenbruch, Stellung, S. 68 und 125; Gamillscheg, AuR 1989, 33 (33); Hamann, Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA Nr. 63 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; v. Hoyningen-Huene, BetriebsverfassungsR, S. 26; Stückmann, DB 1999, 1902 (1904 f.).
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1. Teil: Grundlagen
Einen Ausweg aus dem Spannungsbogen zwischen dem Schutzbedürfnis der Leiharbeitnehmer einerseits und dem begrenzten Wirkungsbereich von Betriebsräten andererseits könnte freilich die geschickte Verteilung der Aufgaben und Befugnisse zwischen den jeweiligen Arbeitnehmervertretungen im Verleih- und Einsatzbetrieb weisen. In einem ersten Ansatz lässt sich diese Vorgehensweise auf die Regelungen zur betriebsverfassungsrechtlichen Stellung von überlassenen Arbeitskräften in § 7 S.2 BetrVG sowie § 14 AÜG stützen, die – wenn auch sehr zurückhaltend – Aussagen über eine Einbeziehung in die Betriebsverfassung beider Betriebe treffen. Damit kann den Vorschriften zumindest entnommen werden, dass bei der Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen im Leiharbeitsverhältnis wie bei anderen Arbeitsverhältnissen auch die Arbeitnehmerschutzbestimmungen sowie gegebenenfalls die tariflichen Regelungen durch das Betriebsverfassungsrecht und die Mitwirkung des Betriebsrats zu ergänzen sind. § 7 S.2 BetrVG und § 14 AÜG lassen jedoch weitgehend offen, in welcher Intensität der aufgespalteten Arbeitgeberstellung seitens der Betriebsräte begegnet werden kann und muss. Folglich ist zunächst erörterungsbedürftig, inwieweit Leiharbeitnehmer betriebsverfassungsrechtlich im Verleiher- und Entleiherbetrieb integriert sind, sodass die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer in Bezug auf beide Betriebe genau aufzuklären ist, nachdem sie als Grundlage zur Einbeziehung eines für den Betrieb tätigen Arbeitnehmers in den persönlichen Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsrechts anzusehen ist9. Ob hier eine vollständige Repräsentation in beiden Betrieben oder aber graduelle Einschränkungen angezeigt sind, ist schon seit längerem Gegenstand juristischer Untersuchungen, deren Entwicklung vorab nachgezeichnet werden soll.
C. Die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Leiharbeitnehmer – Meinungsspektrum und Entwicklung Wie angedeutet, besteht bei Leiharbeitnehmern die Besonderheit, dass für die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung mit dem Verleiher- sowie dem Entleiherbetrieb alternativ oder kumulativ zwei Objekte in Betracht kommen und damit verschiedene Modelle einer Einordnung denkbar sind: Möglich erscheint zunächst die ausschließliche Zuordnung zum Verleiherbetrieb, zu dessen Inhaber, wie bereits dargestellt wurde,10 in jedem Fall arbeitsvertragliche Beziehungen bestehen. Andererseits könnte der Schwerpunkt auch auf die durch Weisungen des Entleihers koordinierte tatsächliche Erbrin___________ 9
Siehe oben Einleitung B. Siehe oben § 1 A.II.
10
§ 2 Das Bedürfnis nach einer Einbeziehung von Leiharbeitnehmern
49
gung der Arbeitsleistung gelegt werden und damit während des Einsatzes eine ausschließliche Repräsentation im Entleiherbetrieb anzunehmen sein. Schließlich ist in diesem Zeitraum auch eine doppelte Betriebszugehörigkeit nicht notwendigerweise ausgeschlossen, wobei dabei auch eine bloße partielle Integration in Betracht kommt.11 In der Tat finden sich in Schrifttum und Rechtsprechung Belege, die einem der soeben skizzierten Grundmodelle zugeordnet werden können. Die voneinander abweichenden Standpunkte fußen zum einen auf den verschiedenen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die der Arbeitnehmerüberlassung zugrunde gelegt und bereits oben behandelt wurden. Es sei hier an die umstrittene, aber nunmehr zumindest für die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung durch die Konzeption des AÜG entschiedene Frage erinnert, zwischen welchen Personen im beschriebenen arbeitsrechtlichen Dreiecksverhältnis ein Arbeitsvertrag besteht.12 Diese auf die Behandlung von Leiharbeitnehmern beschränkte Fragestellung ist mit den differierenden Auffassungen über die allgemeinen Anforderungen an die Betriebszugehörigkeit einer Arbeitsperson verzahnt, die ebenfalls von Einfluss auf die Zuordnungsentscheidung sind. In diesem Zusammenhang werden drei im Grunde verschiedene Ansätze verfolgt, die sich freilich durch im Detail abweichende Merkmale weiter differenzieren lassen würden.13 Die Kontroverse lässt sich dabei auf unterschiedliche Einschätzungen hinsichtlich der Anforderungen an die Beziehung zwischen Betriebsinhaber und Arbeitsperson reduzieren, aufgrund derer hinsichtlich der geschilderten Schutzanliegen des Betriebsverfassungsrechts eine Repräsentation der Arbeitnehmerinteressen durch den Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber gerechtfertigt bzw. geboten ist. Dementsprechend ist umstritten, ob der zuzuordnende Arbeitnehmer mit dem Betriebsinhaber lediglich einen Arbeitsvertrag geschlossen haben muss,14 daneben eine tatsächliche Beziehung in Form einer ___________ 11 Barth, Beteiligungsrechte, S. 8; Becker, BlStSozArbR 1972, 129 (129); Dewender, Betriebsfremde, S. 9; Erdlenbruch, Stellung, S. 59; Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (307). Beschränkt auf Gedanken zur Zuordnung zum Entleiherbetrieb Kraft, FS Pleyer, S. 383 (386 f.). Ohne auf die Möglichkeit partieller Zuordnung einzugehen Mayer, AuR 1974, 353 (360). Je nach Differenzierungsgrad werden zwei (Mayer), drei (Barth, Rüthers/Bakker), sechs (Erdlenbruch) oder acht (Becker, Dewender) Varianten in Betracht gezogen. 12 Siehe oben § 1 A.II. und III. 13 Zu den Differenzierungen unten § 3 B.I.2. vor a). 14 So LAG Berlin 1.2.1988, LAGE § 9 BetrVG 1972 Nr. 2; Erman10/Hanau, § 611 Rn.79; H.-W. Moritz, BB 1972, 1569 (1570); Hess/Schlochauer/Glaubitz3, § 7 Rn.3; GK-BetrVG2/Thiele, § 7 Rn.7. Abgelehnt für die Begründung des passiven, aber offen gelassen für das aktive Wahlrecht durch BAG 28.11.1977, AP Nr. 2 zu § 8 BetrVG 1972.
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1. Teil: Grundlagen
Eingliederung in die betriebliche Organisation zu bestehen hat15 oder aber Letztere allein genügt16, die Betriebszugehörigkeit zu begründen.
I. Die Zuordnung des Leiharbeitnehmers zum Betrieb des Verleihers Vereinzelte Stellungnahmen17 gingen von einer ausschließlichen Zuordnung der Leiharbeitnehmer zum Verleiherbetrieb aus. Die Erklärung erfolgte vorwiegend unter Hinweis auf die arbeitsvertragliche Beziehung zwischen der Arbeitskraft und dem Inhaber des Verleiherbetriebs, auf die diese Auffassung den Schwerpunkt für eine Anerkennung der Betriebszugehörigkeit legt18. Davon abweichend, stützten sich Säcker/Joost19 zur Begründung des nämlichen Ergebnisses auf die im Jahre 1980 mit drei Monaten20 sehr kurze maxi___________ 15 So BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972; 29.1.1992, AP Nr. 1 zu § 7 BetrVG 1972; 22.3.2000, AP Nr. 8 zu § 14 AÜG; 5.4.2000, AP Nr. 62 zu § 5 BetrVG 1972; 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer; 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; 10.3.2004, AP Nr. 8 zu § 7 BetrVG 1972; OLG Düsseldorf 12.5.2004, GmbHR 2004, 1081 (1082); Dietz, Anm. zu BAG 28.4.1964, AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG; Erdlenbruch, Stellung, S. 52; v. HoyningenHuene, BetriebsverfassungsR, S. 40; Hueck/Nipperdey II/2, S. 1131; Kraft, FS Pleyer, S. 383 (386); GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.19, dem zufolge aber ein partielles Arbeitsverhältnis genügt; Lunk, Betriebsversammlung, S. 186; Mayer, AuR 1974, 353 (360); G. Müller, ZfA 1990, 607 (616 und deutlicher 626); Nikisch, Arbeitsrecht III, S. 78; Jaeger/Röder/Heckelmann/Reichel, Kap.2 Rn.37; Raab, ZfA 2003, 389 (433); Rieble/Gutzeit, BB 1998, 638 (639); Rost, NZA 1999, 113 (116); Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 305. Ferner Brors (NZA 2003, 1380 (1381)), Richardi und Thüsing (Richardi, BetrVG, § 5 Rn.89 und § 7 Rn.5 ff.) mit Modifikationen in Bezug auf § 7 S.2 BetrVG und Letztere zur Frage, ob der Arbeitsvertrag gerade mit dem Betriebsinhaber bestehen muss. Anders Galperin/Löwisch, § 7 Rn.7, wo Arbeitsverhältnis und tatsächliche Beziehung nicht als Voraussetzungen für die Betriebszugehörigkeit angesehen werden, sondern die anhand tatsächlicher Kriterien bestimmte Betriebszugehörigkeit neben dem Arbeitsverhältnis Voraussetzung für das Wahlrecht nach § 7 BetrVG a.F. ist. 16 BAG 11.4.1958, AP Nr. 1 zu § 6 BetrVG; 28.4.1964, AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG; LAG Frankfurt 25.1.1985, BB 1985, 2173 (2173); LAG Köln 23.7.1999, AiB 2000, 429 (429); GKSKR, § 5 Rn.1; Hempel, Spannungsverhältnis, S. 191; KRHS, § 5 Rn.1; v. Hoyningen-Huene, FS Stahlhacke, S. 173 (181); DKK/W. Schneider, § 7 Rn.5; DKK/Trümner, § 5 Rn.25; früher Kraft, Anm. zu BAG 14.5.1974, AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972; Säcker, FS Quack, S. 421 (425); Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 71; J. Wagner, AuR 1990, 245 (249); St. Wagner, Rechtsverhältnisse, S. 118 mit zeitlicher Differenzierung (S. 123); Weyer, Zugehörigkeit, S. 19; Windbichler, DB 1975, 739 (740); Zeuner, FS Hilger/Stumpf, S. 771 (774). 17 ArbG Herford 13.3.1973, DB 1973, 727 (727); Bulla, DB 1975, 1795 (1796 ff.); Höcker, RdA 1954, 127 (129); Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 54 f.; Sandmann/Vielhaber, Art.1 § 11 Anm.12; Kammann/Hess/Schlochauer, § 7 Rn.21, 23. 18 Vgl. auch Kraft, FS Pleyer, S. 383 (385); Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (307). 19 Betriebszugehörigkeit, S. 54 ff.
§ 2 Das Bedürfnis nach einer Einbeziehung von Leiharbeitnehmern
51
mal zulässige Überlassungsdauer desselben Arbeitnehmers an denselben Entleiher.21 Eine Ablehnung der Betriebszugehörigkeit zum Entleiher sei vor dem Hintergrund nur untergeordneter Arbeitgeberbefugnisse des Entleihers und der sonst notwendigen Zuerkennung des Wahlrechts trotz kurzer Verweildauer und der bloßen Zufälligkeit, ob gerade Wahlen stattfinden, sachlich angemessen. Zur Kompensation der hieraus folgenden mangelnden kollektivrechtlichen Repräsentation der Leiharbeitnehmer sei in einer betriebsverfassungsrechtlichen Fortentwicklung des AÜG eine Zuordnung zum Verleiher vorzunehmen. Die Vertretbarkeit einer alleinigen Repräsentation durch den Verleiherbetriebsrat war aber wenig später mit der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes durch das Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung vom 15. Dezember 1981 (BillBG)22 in Frage zu stellen. Während seitens des Gesetzgebers bei Erlass des AÜG eine betriebsverfassungsrechtliche Regelung der Arbeitnehmerüberlassung als entbehrlich erachtet wurde,23 ist sie durch Art.1 BillBG in § 14 AÜG24 zumindest teilweise nachgeholt worden. Zwar wird dort durch Abs.1 und insoweit im Einklang mit der an dieser Stelle referierten Ansicht bestimmt, dass Leiharbeitnehmer auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher Angehörige des entsendenden Betriebs des Verleihers bleiben.25 Dennoch gibt § 14 II 2 und 3 AÜG den Überlassenen zu deren Schutz betriebsverfassungsrechtliche Individualrechte. ___________ 20
Die Zeitspanne galt bis zum Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 vom 26.4.1985 (BGBl.I, S. 710), das in Art.8 die Höchstdauer auf sechs Monate verlängerte. 21 §§ 1 II, 3 I Nr. 6 AÜG a.F. 22 BGBl.I, S. 1390. 23 Vgl. den schriftlichen Bericht des Berichterstatters Jaschke zu BTDrucks.VI/3505, S. 4 (Bericht des Ausschusses für Arbeit- und Sozialordnung): Da der Verleiher echter Arbeitgeber ist, sei der Leiharbeitnehmer auch betriebsverfassungsrechtlich dem Verleiher zugeordnet. Ebenso Becker, AuR 1982, 369 (371); Marschall, DB 1975, 303 (306). 24 Bereits in einem Referenten-Entwurf aus dem Jahr 1975 war eine Regelung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung mit einer im Wesentlichen § 14 AÜG i.d.F. des BillBG entsprechenden Vorschrift vorgesehen. Hierzu Becker/Wulfgramm2, Einleitung Rn.135 ff. Gem. § 14 AÜG i.d.F. bis 1974 war die Verletzung der Geheimhaltungspflicht durch Angehörige oder Beauftragte einer Behörde, die mit Aufgaben nach dem AÜG betraut war, strafbewehrt. Näher Erdlenbruch, Stellung, S. 61. 25 Ob der Gesetzgeber sich damit der Auffassung von Säcker/Joost (Betriebszugehörigkeit, S. 58) angeschlossen hat und diese betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung damit als durch die Ordnungsstruktur des AÜG begründete Ausnahme anzusehen ist, wird bestritten (Ablehnend Richardi (FS Floretta, S. 595 (599)), der auch vor diesem Hintergrund § 14 I AÜG bloß klarstellende Funktion beimisst. A.A. Windbichler, Konzern, S. 278.).
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1. Teil: Grundlagen
Zudem ist die Beteiligung des Entleiherbetriebsrats nach § 99 BetrVG vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers durch § 14 III 1 AÜG festgeschrieben. Aber auch schon vor der Einführung dieser Regelung wurde zunehmend propagiert, dass Leiharbeitnehmer zwar dem Betrieb des Verleihers und nicht dem des Entleihers betriebsverfassungsrechtlich zuzuordnen sind. Gleichwohl sei die Wahrnehmung bestimmter Arbeitgeberfunktionen durch den Letztgenannten und dabei insbesondere die Ausübung des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts zu berücksichtigen. Dies zwinge zur Prüfung, ob die Annahme von Aufgaben und Beteiligungsrechten des Entleiherbetriebsrats in Bezug auf die überlassenen Arbeitnehmer durch direkte oder analoge Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes selbst dann gerechtfertigt ist, wenn diese Vorschriften nicht allein auf die Beschäftigung im Betrieb, sondern auf die – nach dieser Auffassung fehlende – Belegschaftsangehörigkeit abstellen.26 Dem wird auch gegenwärtig und unter Geltung des § 14 AÜG überwiegend gefolgt27, wobei neben den erwähnten teleologischen Gesichtspunkten insbesondere der nicht abschließende Charakter der Absätze 2 und 3 des ___________ 26
Becker/Wulfgramm2, Art.1 § 11 Rn.39a ff.; FAK11, § 5 Rn.7a und G. Hueck, SAE 1975, 147 (148 f.) unter Hinweis auf die faktische Arbeitgeberstellung des Entleihers, jedoch ohne Stellungnahme, ob in direkter oder analoger Anwendung der Vorschriften des BetrVG; Heußner, DB 1973, 1800 (1802) unter Anzweiflung, dass der Arbeitnehmer allein dem Verleiher zuzuordnen sei; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 70 ff. (Analogie; Zuordnung zum Verleiherbetrieb bei der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung aufgrund der Prägung des Betriebs durch die Leiharbeitnehmer); Mumot, Beteiligungsrechte, S. 105 f. (Analogie); Dietz/Richardi, § 5 Rn.78 ff. (Analogie). Im Ansatz anders und im Ergebnis weitergehender Hempel (Spannungsverhältnis, S. 191), der eine tatsächliche Beziehung zum Betrieb zur Begründung der Betriebszugehörigkeit genügen lässt, aber wegen der eingeschränkten Aufgabenstellung des Entleiherbetriebsrats gegenüber den Leiharbeitnehmern keine völlige Gleichstellung zwischen Leih- und Stammarbeitnehmern im Entleiherbetrieb annimmt, gleichwohl aber nach der Rechtslage vor dem BillBG ein Wahlrecht gewährt. 27 BAG 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; LAG Köln 6.6.2000, EzAÜG Nr. 43 zu § 14 Betriebsverfassung; Kittner/Zwanziger/Bachner, Arbeitsrecht, § 131 Rn.167 f.; Bremeier, Reichweite, S. 262; Dewender, Betriebsfremde, S. 105; Erdlenbruch, Stellung, S. 73 ff.; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 128 ff., der allerdings die Methodik der Erstreckung weitestgehend offen lässt („Rechtsfortbildung“); Hamann, Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA Nr. 63 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Kaufmann, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.275, 295 ff.; HaKo-BetrVG/Kohte, § 87 Rn.5; Kort, ZfA 2000, 329 (364); Kraft, FS Pleyer, S. 383 (398 f.) (für die nichtgewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung) und SAE 2002, 45 (45); GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.40; GK-BetrVG/Raab, § 5 Rn.65; Jaeger/Röder/Heckelmann/Reichel, Kap.2 Rn.38; Richardi, FS Floretta, S. 595 (599) und BetrVG, § 5 Rn.96; Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.3 f.; A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 363 f.; Stege/Weinspach/Schiefer, § 7 Rn.5a; Sturm, Arbeitnehmerüberlassung, S. 66 f.; Vor, Zeitarbeit, S. 74 Fn.277; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.2a ff.; Zeuner, FS Kissel, S. 1205 (1311 ff.).
§ 2 Das Bedürfnis nach einer Einbeziehung von Leiharbeitnehmern
53
§ 14 AÜG28 als Begründung dient, der die Feststellung weiterer Beteiligungsrechte des Betriebsrats im Entleiherbetrieb zulässt. Darin wird zumindest eine partielle Zugehörigkeit überlassener Arbeitnehmer auch zum Entleiherbetrieb erblickt, die jedoch dort angesichts der fehlenden vertraglichen Bindung zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer keine allgemeine Zugehörigkeit begründen soll und damit einer doppelten Betriebszugehörigkeit entgegensteht.29 Von einer ausschließlichen Zuordnung zum Verleiherbetrieb, die durch die Unanwendbarkeit sämtlicher betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften für Leiharbeitnehmer im Entleihbetrieb definiert ist30, kann daher nicht zuletzt vor dem Hintergrund des § 14 II 2, 3 und III AÜG31 nicht mehr ausgegangen werden.
II. Die ausschließliche Zuordnung des Leiharbeitnehmers zum Betrieb des Entleihers Vor Inkrafttreten des § 14 AÜG als betriebsverfassungsrechtlicher Vorschrift außerhalb des Betriebsverfassungsgesetzes32 stellte sich ein Teil des Schrifttums umgekehrt auf den Standpunkt einer ausschließlichen Betriebszugehörigkeit der überlassenen Arbeitnehmer zum Entleiherbetrieb.33 Dabei ließen sich zwei unterschiedliche Begründungsansätze ausmachen: Teilweise wurde unter Berücksichtigung teleologischer Gesichtspunkte bei Hervorhebung des Schutzzwecks des BetrVG als Korrektiv zur arbeitgebersei___________ 28
Zu Nachweisen unten § 5 A.II.1. GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.40. Für eine Zuordnung zum Verleiher- und eine bloße partielle Zugehörigkeit zum Entleiherbetrieb unter direkter Anwendung der Mitbestimmungsrechte Barth (Beteiligungsrechte, S. 46), der zwar das auf einer arbeitsvertraglichen Rechtsbeziehung beruhende Weisungsrecht bei Eingliederung in den Betrieb zur Begründung einer Betriebszugehörigkeit heranzieht (S. 43 f.), dann aber doch auf die Unmöglichkeit für den Entleiher, in das „arbeitsvertragliche Gefüge“ einzugreifen und den seinerzeit vollständigen Ausschluss des Wahlrechts verweist (S. 45 f.). Eine vollständige Zuordnung zum Entleiherbetrieb sei daher nicht notwendig (S. 46). 30 Soweit etwa bei Barth (Beteiligungsrechte, S. 9 Fn.4) auch aus der neueren Literatur Belege einer ausschließlichen Zuordnung zum Verleiherbetrieb angeführt werden, so sind diese Stimmen nicht i.S. einer Unanwendbarkeit sämtlicher betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften im Entleiherbetrieb in Bezug auf die Leiharbeitnehmer zu verstehen. Kritisch zur Bezeichnung „partielle Betriebszugehörigkeit“ Raab, ZfA 2003, 389 (434). 31 Becker, AuR 1982, 369 (371); Erdlenbruch, Stellung, S. 66; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 129. 32 So BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972. 33 Beine, ArbBlBrZ 1947, 410 (411 f.); Hessel, BB 1970, 307 (308 f.); Kindereit, AuR 1971, 327 (330); Trieschmann, DB 1956, Beil.Nr. 16 unter III.2. 29
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1. Teil: Grundlagen
tigen Weisungsmacht allein die sog. tatsächliche Beziehung zum Einsatzbetrieb zur Feststellung der Betriebszugehörigkeit herangezogen.34 Diese tatsächliche Beziehung wird dabei – zusammengefasst – durch das dem Entleiher gegenüber weisungsgebundene Tätigwerden des Leiharbeitnehmers zur Verfolgung des Betriebszwecks des Entleihers beschrieben.35 Andere wiederum nahmen mit unterschiedlichen Begründungen36 das Bestehen eines Arbeitsvertrags zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher an und konnten damit eine Zugehörigkeit zu dessen Betrieb auch aus Sicht der noch heute herrschenden Meinung37 begründen,38 die hierfür sowohl eine tatsächliche als auch rechtliche Komponente fordert. Ungeachtet ihrer Grundlagen, konnte die exklusive Zuordnung zum Entleiher in den Fällen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung angesichts der individualarbeitsrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen Aussagen des AÜG nicht mehr bestehen. Die geübte Kritik wurde zunächst mit der beschriebenen Konzeption des Gesetzes begründet, die vom Bestehen eines Arbeitsvertrags allein zwischen Verleiher und Arbeitnehmer ausgeht39. Zudem bestimmt § 14 I AÜG nunmehr eine betriebsverfassungsrechtliche Zugehörigkeit – jedenfalls auch – zum Verleiherbetrieb, sodass eine ausschließliche Entleiherbetriebszugehörigkeit im Bereich der gewerbsmäßigen Überlassung unter keinem Gesichtspunkt mehr aufrechterhalten werden konnte.
III. Doppelte Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer Die Auffassung, dass Leiharbeitnehmer sowohl dem Entleiher- als auch dem Verleiherbetrieb zuzuordnen sind, konnte vor Inkrafttreten des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes als herrschend gelten 40 und wurde zunächst auch vom Bundesarbeitsgericht41 sowie einigen Instanzgerichten42 geteilt. ___________ 34 Siehe schon oben § 2 B. und C. zu Nachweisen sowie zur Zwecksetzung des Betriebsverfassungsrechts. 35 Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 43 ff. für die nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung. Zu bestehenden Zusammenhängen zwischen dem Verständnis von einer Betriebszugehörigkeit zum Entleiher und der Eingliederung Kraft, FS Pleyer, S. 383 (385). 36 Siehe dazu oben § 1 A.III.1. 37 Siehe zu Nachweisen oben § 2 C. 38 Beine, ArbBlBrZ 1947, 410 (411 f.) (Eingliederungstheorie); Hessel, BB 1970, 307 (308 f.); Kindereit, AuR 1971, 327 (330 f.); Trieschmann, DB 1956, Beil.Nr. 16. 39 Siehe oben § 1 A.II. und III. 40 Erdmann/Jürging/Kammann, § 5 Rn.2; FKA9, § 6 Rn.7; Friedrich, BlStSozArbR 1964, 220 (223); Seiter, JurA 1971, 204 (214); Wiedemann, SAE 1965, 47 (47).
§ 2 Das Bedürfnis nach einer Einbeziehung von Leiharbeitnehmern
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Zumindest für die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung wurde diese Beurteilung mit Inkrafttreten des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vielerorts aufgegeben.43 Der Meinungswechsel konnte wiederum durch die Schwerpunktsetzung auf den nunmehr allein mit dem Verleiher zulässigen Arbeitsvertragsschluss begründet werden. Auf dem Boden der heute überwiegenden Meinung44, wonach für die Betriebszugehörigkeit neben der tatsächlichen Beziehung auch ein Arbeitsverhältnis zwischen Betriebsinhaber und dem Arbeitnehmer bestehen muss, ist die Folgerung, dass zum Entleiherbetrieb keine Zugehörigkeit gegeben sein kann, konsequent. Die Ablehnung einer vollständigen doppelten Betriebszugehörigkeit schien letztlich nach der Einfügung des § 14 I AÜG durch das BillBG bestätigt. Gleichwohl findet diese Theorie noch heute Anhänger.45 Vor dem Hintergrund des allein zwischen Verleiher und Arbeitnehmer bestehenden Arbeits___________ Eine doppelte Zuordnung erachtete auch Mittmann (Leiharbeit, S. 151) für zulässig, soweit sich der Leiharbeitnehmer eine etwa gleichlange Zeit – ca. sechs Monate – im Ver- und Entleiherbetrieb aufhält. A. Hueck (Hueck/Nipperdey I, S. 525) und Nikisch (Arbeitsrecht I, S. 242 sowie S. 244 für die unechte Leiharbeit) sehen in erster Linie die Zuordnung zum Entleiher als gegeben an, halten jedoch auch die Zugehörigkeit zum Verleiherbetrieb für möglich. Die Zuordnungskriterien bleiben dort offen. Vor dem Hintergrund des Verbots der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung in § 37 III AVAVG bis zur Entscheidung des BVerfG vom 4.4.1967 (E 21, 261 ff., hierzu noch ausführlich unten § 3 B.I.1.b)) sind die Nachweise aus der früheren Literatur überwiegend auf die nicht gewerbsmäßige Überlassung bzw. echte Leiharbeit bezogen. 41 BAG 11.4.1958, AP Nr. 1 zu § 6 BetrVG; 28.4.1964, AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG. 42 LAG Hamm 24.5.1973, BB 1973, 983 (983); ArbG Kassel 28.11.1973, BB 1974, 229 (229); ArbG Lörrach 4.7.1972, BB 1972, 657 (657). 43 Exemplarisch FAK11, § 5 Rn.7a. Auch unter Geltung des AÜG für eine volle doppelte Betriebszugehörigkeit BAG 6.6.1978, AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972; Franßen/Haesen, AÜG, Einl.IV Rn.37; Halbach, DB 1980, 2389 (2390 f.); Mayer, AuR 1974, 353 (363); Maurer, BB 1974, 512 (513); Ramm, ZfA 1973, 263 (284); Windbichler, DB 1975, 739 (740); wohl auch Frerichs/Möller/Ulber, Leiharbeit, S. 88 ff. Offen lassend Engelbrecht, Abgrenzung, S. 54. 44 Vergleiche wiederum die Nachweise oben § 2 C. 45 Aus der neueren Literatur: KassHdb/Düwell, 4.5 Rn.464 (nach Rn.466 aber nur partielle Zuordnung). Wohl auch Bobrowski/D. Gaul I, C V Rn.46 f.: im Wesentlichen Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer mit den sonstigen Arbeitnehmern des Entleihers. Ferner Boemke (Schuldvertrag, S. 565 ff.), Hamann (Schüren, AÜG, § 14 Rn.23 ff.), Kaufmann (Zuordnung, S. 79), KRHS (§ 5 Rn.2), W. Schneider/Trümner (FS Gnade, S. 175 (193)) und Witten (Vertragsgestaltung, S. 209), denen zufolge die tatsächliche Beziehung zum Betrieb für die Betriebszugehörigkeit ausreichend ist oder der Betriebsinhaber zumindest nicht Arbeitsvertragspartner sein muss und daher ein partielles Arbeitsverhältnis genügt. Ebenso im Ergebnis, aber unter Bezeichnung als partielle Betriebszugehörigkeit in beiden Betrieben DKK/Trümner, § 5 Rn.22 a.E. sowie Rn.77 ff. Christiansen (Betriebszugehörigkeit, S. 79, 114 ff.) begründet die doppelte Betriebszugehörigkeit mit dem arbeitsrechtlichen Weisungsrecht, das in einer bestimmten
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1. Teil: Grundlagen
vertrags46 kann sie allerdings bei Berücksichtigung der legislativen Entscheidung in § 14 I AÜG nur unter der Annahme bestehen, ein Arbeitsvertrag zwischen der zuzuordnenden Arbeitsperson und dem Betriebsinhaber sei jedenfalls ausnahmsweise entbehrlich.
IV. Zusammenfassung und Gang der weiteren Darstellung Die Darstellung des Meinungsspektrums zur betriebsverfassungsrechtlichen Stellung der Leiharbeitnehmer hat ergeben, dass nicht alle der eingangs für möglich gehaltenen Zuordnungsvarianten mit dem Arbeitnehmerüberlassungsoder Betriebsverfassungsrecht in deren gegenwärtiger Gestalt vereinbar sind. Einer eingehenden Erörterung bedarf daher im Rahmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung allein die Frage, wie sich neben der in jedem Falle durch § 14 I AÜG angeordneten Zugehörigkeit zum Betrieb des Verleihers die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Leiharbeitnehmer im Betrieb des Entleihers gestaltet. Dabei wird insbesondere zu prüfen sein, inwieweit hierfür die Anerkennung des aktiven Wahlrechts für überlassene Arbeitnehmer im Aufnahmebetrieb durch § 7 S.2 BetrVG von Bedeutung ist. Die in dieser Betrachtung gesammelten Erkenntnisse sollen sodann in ihren Auswirkungen auf die betriebsverfassungsrechtliche Organisation in beiden Betrieben dargestellt werden, um abschließend eine Untersuchung der Beteiligungsrechte des Verleiher- und Entleiherbetriebsrats zu gestatten.
___________ Leistungseinheit (Betrieb des Ver- oder Entleihers) durch den Ver- bzw. den Entleiher ausgeübt wird und dem die Leiharbeitnehmer unterworfen sind. Zu den Besonderheiten aufgrund des § 7 S.2 BetrVG erst unten § 3 B.I.2. 46 Anders H. Weber (Anm. zu BAG 8.11.1978, AP Nr. 2 zu § 1 AÜG; SAE 1995, 293 (296)), der eine doppelte Betriebszugehörigkeit mit der Annahme eines dreiseitigen Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer, Entleiher und Verleiher begründet. Das dreiseitige Arbeitsverhältnis wurde jedoch schon oben (§ 1 A.III.1.) wegen der Unvereinbarkeit mit dem AÜG, aber auch wegen der gegenläufigen Interessenlage abgelehnt.
2. Teil
Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf die Organisation der Betriebsverfassung § 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer bei gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung Wie angedeutet, nimmt die Schlüsselstellung einer betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung von Arbeitnehmern die Beurteilung ihrer Betriebszugehörigkeit ein. Sie wurde bereits als das entscheidende Kriterium der Einbeziehung eines Arbeitnehmers in den persönlichen Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes im jeweiligen Betrieb beschrieben 1 und gibt zumindest im Grundsatz Aufschluss darüber, ob die Zuständigkeit der betrieblichen Arbeitnehmervertretung für einen Arbeitnehmer besteht. Sie ist zudem entscheidend für die Ausübung des Wahlrechts für einen bestimmten Betriebsrat sowie über andere arbeitnehmerseitige Mitwirkungsrechte.2 Wenngleich die Kontroverse um die doppelte Zugehörigkeit von Leiharbeitnehmern zum Verleiher- und Entleiherbetrieb noch immer geführt wird, scheint die Problematik in einem entscheidenden Punkt durch das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes zunächst entschärft: Im Einsatzbetrieb ist seither das aktive Wahlrecht von Arbeitnehmern eines anderen Arbeitgebers, die zur Arbeitsleistung überlassen werden, bei einem länger als drei Monate währenden Einsatz durch § 7 S.2 BetrVG anerkannt. Damit sind die angesprochenen Probleme, die an die Betriebszugehörigkeit anknüpfen, aber nicht völlig beseitigt worden. In Bezug auf die Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer bei den sog. Schwellenwerten im Entleiherbe___________ 1
Siehe oben § 2 B. Boemke, Schuldvertrag, S. 301 f.; Hanau, FS Müller, S. 169 (173); v. HoyningenHuene, FS Stahlhacke, S. 173 (181); Joost, Betrieb und Unternehmen, S. 126, 305; Kraft, FS Pleyer, S. 383 (383 f.); Kreutz, Gedächtnisschrift Schultz, S. 209 (209); Raab, ZfA 2003, 389 (430); W. Schneider/Trümner, FS Gnade, S. 175 (188); DKK/Trümner, § 5 Rn.12; Weyer, Zugehörigkeit, S. 15 f.; Windbichler, Konzern, S. 267 f. 2
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
trieb3, die auf die Anzahl der Wahlberechtigten, der wahlberechtigten Arbeitnehmer oder auf die Zahl der Arbeitnehmer des Betriebs oder des Unternehmens abstellen, ist sogar eine Zunahme der Unsicherheiten zu verzeichnen.4 Denn auch hier wird nach herrschender Ansicht die Zugehörigkeit der Arbeitsperson zur entsprechenden Einheit vorausgesetzt, wobei in diesem Zusammenhang insbesondere die Betriebsratsfähigkeit (§ 1 I 1 BetrVG), die Zahl der Betriebsratsmitglieder einschließlich ihrer Freistellungen (§§ 9, 38 I BetrVG) oder auch einzelne Beteiligungsrechte (z.B. § 99 BetrVG) zu nennen sind.5 Deshalb ist nach wie vor eine genaue Betrachtung der Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer notwendig, wobei die Erörterung getrennt nach der Einordnung in den Verleiher- bzw. Entleiherbetrieb vorgenommen wird.
A. Die Zugehörigkeit zum Betrieb des Verleihers Durch § 14 I AÜG steht nunmehr – wie beschrieben – fest, dass Leiharbeitnehmer auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher An___________ 3 Vgl. die Zusammenstellung von Schwellenwerten bei Junker/Dietrich, NZA 2003, 1057 (1062ff.); Krimphove, NZA 2002, 724 ff.; Pulte, BB 2005, 549 ff. Ferner mit verfassungsrechtlichem und rechtspolitischem Hintergrund Endres, Schwellenwertregelungen, S. 106 ff. 4 So sind seit der Betriebsverfassungsreform zahlreiche Entscheidungen zur Berücksichtigung bei den Schwellenwerten ergangen, vgl. etwa BAG 21.7.2004, AP Nr. 8 zu § 9 BetrVG 1972; 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; 22.10.2003, AP Nr. 28 zu § 38 BetrVG 1972; 10.3.2004, AP Nr. 8 zu § 7 BetrVG 1972; LAG Düsseldorf 31.10.2002, AP Nr. 6 zu § 7 BetrVG 1972; 21.11.2002 15 TaBV 50/02, JURIS Nr. KARE600007499 (9.7.2003); 23.1.2003 BB 2003, 1437 (1437); LAG Hamm 15.11.2002, DB 2003, 342; LAG Köln 3.9.2003 3 TaBV 88/02, Juris Nr. KARE600009136 (13.1.2004); LAG Nürnberg 18.8.2003, DB 2003, 2604 ff.; OLG Düsseldorf, GmbHR 2004, 1081 ff.; ArbG Aachen 17.5.2002 9 BV 30/02, JURIS Nr. KARE600006408 (12.6.2003); ArbG Berlin 11.9.2002 7 BV 14772/02, JURIS Nr. KARE600007070 (12.6.2003); ArbG Detmold 4.6.2002 2 BV 19/02, JURIS Nr. KARE600006409 (12.6.2003); ArbG Düsseldorf 10.7.2002, DB 2002, 1781 ff.; ArbG Eberswalde 26.6.2002, NZA-RR 2003, 200 ff.; ArbG Frankfurt/Main 22.5.2002, NZA-RR 2003, 26 ff.; ArbG Herne 5.6.2002, DB 2002, 1782 ff.; ArbG Mönchengladbach 3.7.2002, NZA-RR 2003, 22 ff. 5 Zudem sei auf die §§ 3 III 2 (Antragsrecht bei abweichenden Regelungen), 14 IV (Wahlvorschlagsrecht), 17 III, IV (Bestellung des Wahlvorstandes), 28 (Ausschüsse), 28a (Arbeitsgruppen), 47 VII 1 (Stimmrecht im Gesamtbetriebsrat), 95 II (Anspruch bezüglich Aufstellung von Auswahlrichtlinien) sowie 111 BetrVG (Betriebsänderungen) hingewiesen. Vgl. die Überblicke von Hamann, NZA 2003, 526 (530); Löwisch, BB 2001, 1734 (1737); Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 298. Auch Tarifnormen nehmen bisweilen auf die Anzahl der nach dem Betriebsverfassungsgesetz wahlberechtigten Arbeitnehmer Bezug, vgl. etwa § 12 3.1 „Manteltarifvertrag für das Kfz-Handwerk, -Handel, und -Gewerbe Niedersachsen 1993-1999“ vom 20.7.1993.
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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gehörige des entsendenden Betriebs des Verleihers bleiben.6 Von Interesse kann daher nur sein, ob diese Anordnung konstitutiven7 oder deklaratorischen8 Charakters ist. Dabei erschließt sich die Bedeutung dieser Frage erst auf den zweiten Blick: Wie bereits geschildert,9 ist in Rechtsprechung und Lehre umstritten, ob die Betriebszugehörigkeit einer Arbeitsperson allein durch eine rechtliche oder tatsächliche Beziehung hergestellt wird oder ob beide Komponenten erforderlich sind. Zur Absicherung der letztgenannten Kumulations-10 oder Zweikomponententheorie11 wird § 14 I AÜG hervorgehoben, der nach dieser Auffassung eindeutig zum Ausdruck bringt, dass eine vollständige Betriebszugehörigkeit nur bei Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses zwischen Betriebsinhaber und der zuzuordnenden Person sowie deren Eingliederung in die Betriebsorganisation anzunehmen ist.12 Allein aus dem Regelungsgehalt des § 14 I AÜG heraus wäre diese Folgerung allerdings nur schlüssig, wenn die Bestimmung konstitutiver Natur ist. Sie würde dann in der Tat einen Rückschluss darauf zulassen, dass der Gesetzgeber den Schwerpunkt der betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung eines Arbeitnehmers auf die vertragliche Verbindung gelegt wissen will.13 ___________ 6
Der Leiharbeitnehmer ist daher vollständig im Verleiherbetrieb integriert (vgl. Hamann, NZA 2003, 526 (528); Vor, Zeitarbeit, S. 74). Worpenberg (Arbeitnehmerüberlassung, S. 305) will dagegen dem Wortlaut von § 14 I AÜG eine betriebsverfassungsrechtliche Mittelstellung entnehmen, da der Leiharbeitnehmer nicht als „Mitglied“, sondern als „Angehöriger“ des entsendenden Betriebs beschrieben wird. Dem ist entgegenzuhalten, dass das gesamte Betriebsverfassungsrecht nicht den Begriff des Betriebsmitglieds kennt und vielmehr selbst im formellen Betriebsverfassungsrecht von angehörigen Wahlberechtigten spricht (§ 8 I 1 BetrVG). 7 Diese Konsequenz wäre aus den Ausführungen von Säcker/Joost (Betriebszugehörigkeit, S. 58) zu ziehen. Ferner Dewender, Betriebsfremde, S. 50 (a.A. S. 53); Säcker, FS Quack, 421 (427 f.); DKK/Trümner, § 5 Rn.27b; Witten, Vertragsgestaltung, S. 197 f. 8 Boemke, AR-Blattei SD 540 (2005), Rn.35; Hamann, JURA 2003, 361 (368); Richardi, FS Floretta, S. 595 (599), anders aber BetrVG, § 1 Rn.123; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.3; Vor, Zeitarbeit, S. 74. 9 Siehe oben § 2 C. mit Nachweisen. 10 So die Bezeichnung bei GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.18 oder Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (306). Daneben wird auch die wenig plakative Bezeichnung „Vertragstheorie“ verwendet (so bei Barth, Beteiligungsrechte, S. 10). 11 Diese Begrifflichkeit findet sich etwa bei W. Schneider/Trümner, FS Gnade, S. 175 (183), die selbst allerdings die tatsächliche Beziehung allein genügen lassen. Diese Bezeichnung soll im Folgenden verwendet werden. 12 BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972; 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; 10.3.2004, AP Nr. 8 zu § 7 BetrVG 1972; GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.19. 13 So im Ansatz Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 305.
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
Auch wenn sich dieses Problem der Einordnung des § 14 I AÜG erst bei der Untersuchung der Betriebszugehörigkeit zum Entleiherbetrieb auswirken kann, nachdem der Entleiher nicht – wie gesehen14 – Arbeitsvertragspartei wird, soll aus Gründen der Übersicht schon im Folgenden der Frage nachgegangen werden, inwieweit nach allgemeinen Kriterien eine Betriebszugehörigkeit zum Verleiherbetrieb gegeben sein würde und welche Konsequenzen dies für die Einordnung des § 14 I AÜG hat. Dabei wird insbesondere zu prüfen sein, ob der Verleiher überhaupt einen Betrieb i.S.d. Betriebsverfassungsrechts unterhält und in welchem Maße die rechtliche bzw. tatsächliche Beziehung verwirklicht ist, an die – je nach Auffassung alternativ oder kumulativ15 – die Betriebszugehörigkeit geknüpft wird. In diesem Zusammenhang ist vor allem von Belang, inwieweit die Zeitarbeitskraft den arbeitstechnischen Zweck einer betrieblichen Organisation des Verleihers forciert und wie sich der Umstand auswirkt, dass der Leiharbeitnehmer die Arbeitsleistung außerhalb einer Betriebsstätte im räumlichen Sinne16 erbringt.
I. Vorhandensein eines Betriebs des Verleihers Notwendige Voraussetzung für die Annahme, der Leiharbeitnehmer sei schon nach den allgemeinen Regeln und nicht erst kraft Anordnung in § 14 I AÜG betriebsverfassungsrechtlich dem Verleiher zuzuordnen, ist das Vorhandensein eines Verleiherbetriebs i.S.d. Betriebsverfassungsgesetzes. Fehlt es – wie von Teilen der Literatur behauptet17 – an diesem Zuordnungsobjekt, muss § 14 I AÜG konstitutiver Natur sein.
1. Betriebsbegriff Somit ist zunächst festzulegen, was unter einem Betrieb im allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Sinne zu verstehen ist. Die Definition hat dabei prinzipiell die Aufgabe, die Einheit festzulegen, in der ein Betriebsrat zu wählen ist18 und beeinflusst zugleich dessen Wirkungsbereich sowie die Anknüp___________ 14
Siehe oben § 1 A.III. Siehe schon oben § 2 C. zu den Nachweisen. 16 Der Begriff Betriebsstätte ist vom nachfolgend erörterten Begriff Betrieb zu unterscheiden. Unter der Betriebsstätte ist in jedem Fall nur ein räumlicher Bereich gemeint, wohingegen im Rahmen des Betriebsbegriffs umstritten ist, inwieweit ein räumlicher Zusammenhang von Bedeutung ist (vgl. Molitor, Arbeitnehmer, S. 7 Fn.22; Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 22 f.). 17 Hessel, BB 1970, 307 (308 f.); Trieschmann, DB 1956, Beil.Nr. 16 unter III.2.b). 18 FESTL, § 1 Rn.61; Gamillscheg, AuR 2001, 411 (412). 15
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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fungsmöglichkeiten zur Festlegung der Betriebszugehörigkeit einzelner Arbeitnehmer.19 Entgegen der ursprünglichen Zielsetzung der rot-grünen Regierungskoalition20 hat jedoch auch der Reformgesetzgeber des Jahres 2001 auf die Festlegung des Betriebsbegriffs verzichtet.21 Damit bleibt es Judikatur und Lehre überlassen, die Begriffsmerkmale festzulegen,22 ohne dabei an den Erkenntnisstand bei Erlass des Gesetzes gebunden zu sein.23 Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Definition des Betriebsbegriffs umstritten ist. So existiert schon keine Übereinstimmung, ob ein einheitlicher arbeitsrechtlicher Betriebsbegriff Gegenstand der Erörterung sein muss24 oder ob dem BetrVG ein eigenständiger Terminus zugrunde liegt25. ___________ 19
Gamillscheg, AuR 1989, 33 (33); v. Hoyningen-Huene, BetriebsverfassungsR, S. 26. 20 In der rot-grünen Koalitionsvereinbarung vom Oktober 1998 (auszugsweise mitgeteilt in AuR 1998, 476 ff.) wurde der Betriebsbegriff noch als Beispiel für die Notwendigkeit einer Novellierung benannt (S. 477). 21 Die diesbezügliche Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks.14/5741, S. 26 f.) favorisiert die Möglichkeit, durch Tarifvertrag und betriebliche Regelungen in Kombination mit dem Gesetz flexible Strukturen zu schaffen, statt durch eine gesetzliche, möglicherweise bald überholte Definition festgelegt zu sein. Damit kann die Auffassung von FKHES (§ 1 Rn.64), nach denen der Verzicht auf eine Definition nur als Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung verstanden werden kann, nur für den Moment gelten. Nach Richardi und Annuß (DB 2001, 41 (41)) sind somit weiterhin die überkommenen Abgrenzungskriterien heranzuziehen. Gamillscheg (AuR 2001, 411 (413)) sieht hingegen mit der Betriebsverfassungsreform eine „Stunde Null“. Eine Kodifizierung des Betriebsbegriffes findet sich im österreichischen Recht, wo durch § 34 I ArbVG in Anknüpfung an Jacobi (dazu noch unten § 3 B.I.2.c)bb)(1)(c)) die folgende Definition gilt: „Als Betrieb gilt jede Arbeitsstätte, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb der eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht.“ 22 Abeln, AuA 2001, 170 (171); Boemke, JuS 2002, 521 (522); Endres, Schwellenwertregelungen, S. 55; Richardi, BetrVG, § 1 Rn.15; Stege/Weinspach/Schiefer, § 1 Rn.5; DKK/Trümner, § 1 Rn.31; Ulrich, FA 2001, 137 (138). 23 Richardi, BetrVG, § 1 Rn.15. 24 So Boemke (Schuldvertrag, S. 308), der neben dem BetrVG beispielhaft § 613a BGB sowie §§ 15 IV, 23 I KSchG anführt und einen einheitlichen Betriebsbegriff sieht, der Modifizierungen durch Gesetzgeber oder Tarifpartner (Art.9 III GG) zugänglich ist. Ferner v. Hoyningen-Huene, FS Stahlhacke, S. 173 (180). 25 So BAG 1.2.1963, AP Nr. 5 zu § 3 BetrVG mit zust. Anm. Neumann-Duesberg; FESTL, § 1 Rn.62; ErfK/Eisemann, § 1 BetrVG Rn.7; Gamillscheg, AuR 1989, 33 (33); Heither, JbArbR, Bd.36, S. 37 (39); HSWG/Hess, § 1 Rn.2; Konzen, Unternehmensaufspaltungen, S. 20; Richardi, FS Wiedemann, S. 493 (500 f.); DKK/Trümner, § 1 Rn.31. Hierfür spricht in der Tat die Möglichkeit, bei der Begriffsbildung den unterschiedlichen Gesetzeszwecken Rechnung zu tragen.
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
Im Folgenden verbietet sich jedoch eine vertiefende Diskussion zu diesem Problemkreis. Es soll daher der Boden der herrschenden Meinung26 nicht verlassen werden, die im Betrieb die organisatorische Einheit sieht, innerhalb derer der Unternehmer allein oder mit seinen Mitarbeitern unter Einsatz sächlicher oder immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt und dies über die Befriedigung eines Eigenbedarfs hinausgeht.27 Zur ___________ 26 BAG 3.12.1954, AP Nr. 1 zu § 88 BetrVG; 22.5.1979, AP Nr. 3, 4 zu § 111 BetrVG 1972; 23.9.1984, AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG 1972; 29.1.1987, AP Nr. 6 zu § 1 BetrVG 1972; 14.9.1988, AP Nr. 9 zu § 1 BetrVG 1972; Buchner, NZA 2001, 631 (634); Boemke, AR-Blattei SD 540 (2005), Rn.20; Chen, S. 30; Dietz, § 1 Rn.36; Erman/Edenfeld, § 611 Rn.75; ErfK/Eisemann, § 1 BetrVG Rn.8; Etzel, BetriebsverfassungsR, Rn.1; FESTL, § 1 Rn.63; Bobrowski/D. Gaul, A V Rn.28; GKSKR, § 1 Rn.1; HSWG/Hess, § 1 Rn.2; Herrmann, Gemeinsamer Betrieb, S. 8 f.; v. Hoyningen-Huene, BetriebsverfassungsR, § 3 II.; KRHS, § 1 Rn.1; HaKo-BetrVG/Kloppenburg, § 1 Rn.11; GK-BetrVG/Kraft, § 4 Rn.5; GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.19; Stege/Weinspach/Schiefer, § 1 Rn.5; Stückmann, DB 1999, 1902 (1902); U. Weber/Ehrich/Hörchens/Oberthür, BetriebsverfassungsR, Teil A Rz.1; Weiss/Weyand, § 1 Rn.3; Wiese, FS D. Gaul, S. 553 (559); Wißmann, NZA 2001, 409 (409); Worzalla/Will, BetriebsverfassungsR, Rn.3; Zeuner, FS Hilger/Stumpf, S. 771 (774). Kritisch Richardi, RdA 2001, 42 (43). Dieser Betriebsbegriff ist dabei wesentlich auf Jacobi (FS Ehrenberg, S. 1 (9)) zurückzuführen. Zur Weiterentwicklung durch A. Hueck unten § 3 B.I.2.c)bb)(1)(c). Zur Maßgeblichkeit auch im Recht der Arbeitnehmerüberlassung ausdrücklich LAG Köln 20.11.1998, AiB 1999, 641 (641 f.) mit zust. Anm. Roos. Vgl. zu im Detail abweichenden Formulierungen des Betriebsbegriffs Joost, Betrieb und Unternehmen, S. 82 f. und unten § 3 B.I.2.c)bb)(1)(c). I.Ü. sieht Joost keine Weiterentwicklung, sondern durch das Abstellen auf einen Merkmalskatalog einen Gegensatz zur Lehre Jacobis (S. 89). Trümner (DKK, § 1 Rn.63) erkennt sogar eine Abkehr von dieser Formel seitens der h.M. durch das entscheidende Abstellen auf die einheitliche Leitung statt auf den arbeitstechnischen Zweck. Hierzu ferner Gamillscheg, AuR 2001, 411 (413). Zur Geschichte DKK/Trümner, § 1 Rn.35 ff. (abweichend hinsichtlich des Ursprungs bei Jacobi); Joost, Betrieb und Unternehmen, S. 46 ff.; I. Natzel, Betriebszugehörigkeit, S. 11 ff.; Richardi, Brennpunkte, S. 33 (39 ff.). 27 A.A. insbesondere Joost, Betrieb und Unternehmen, S. 265. Danach ist der Betrieb der auf gewisse Dauer angelegte Tätigkeitsbereich eines Arbeitgebers, in dem er Arbeitnehmer in räumlicher Verbundenheit beschäftigt. Zur Begründung wird die Betriebsverfassung als Phänomen räumlicher Zusammenballung vieler Arbeitnehmer und deren Zusammenarbeit zur abgestimmten Erreichung des Arbeitsergebnisses angeführt (S. 241), sodass auf die Merkmale organisatorische Einheit, Zusammenfassung von Arbeitsmitteln und Verfolgung des arbeitstechnischen Zwecks verzichtet wird (S. 265). Die Formel Joosts ist nicht zu entkräftenden Einwänden ausgesetzt: Gamillscheg, der früh in der räumlichen Nähe das entscheidende, aber nicht einzige Merkmal sah (ZfA 1975, 357 (399)), bemerkt, dass sie nicht zum Zwang werden darf, Personen mit gegenläufigen Interessen zusammenzufassen (AuR 1989, 33 (34)). Heither (JbArbR, Bd.36, S. 37 (42)) und Kraft (GK-BetrVG, § 4 Rn.6) halten eine wirksamere Interessenvertretung dort für möglich, wo die Entscheidungen des Arbeitgebers fallen, zumal es im Zuge moderner Beschäftigungsformen und Kommunikationsmittel zur Entflechtung der Betriebsstätten kommt und das BetrVG weniger den Zweck verfolgt, Konflikte zwischen Arbeitnehmern zu regulieren (Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 53). Neben diesen teleologischen Gesichtspunkten wird insbesondere die Vereinbarkeit mit
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Bestimmung dieser Organisationseinheit ist die Einheitlichkeit des Inhabers, die Verfolgung eines einheitlichen arbeitstechnischen Zwecks, eine einheitliche Leitung, eine räumliche Einheit, die Einheit der Belegschaft sowie eine auf Dauer angelegte Organisation heranzuziehen.28 Dabei wird dem Merkmal der einheitlichen Leitung besondere Bedeutung beigemessen und wegen der Funktion des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmerschutzrecht29 zweckkonform auf die Entscheidungsbefugnis in mitbestimmungspflichtigen und dabei insbesondere in sozialen und personellen Angelegenheiten abgestellt.30 Den anderen Merkmalen wird hingegen zum Teil nur indizierende Wirkung beigemessen.31 ___________ § 4 BetrVG in Frage gestellt (Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 54; Hanau, ZfA 1990, 115 (118 f.); Heither, JbArbR, Bd.36, S. 37 (42); GK-BetrVG/Kraft, § 4 Rn.6; Oetker, AuR 1991, 359 (366); Richardi, BetrVG, § 1 Rn.33). Andererseits wird seit dem ReformG durch § 5 I 1 BetrVG in Bezug auf die Arbeitnehmereigenschaft die Unerheblichkeit der jeweiligen Einsatzform im Betrieb, im Außendienst oder in Telearbeit bestimmt. Daraus könnte auf eine räumliche Bestimmung des Betriebs geschlossen werden. Der gesetzgeberischen Intention folgend, auf eine Definition des Betriebsbegriffs zu verzichten, soll der Norm jedoch nur ein klarstellender Charakter beigemessen werden (BT-Drucks.14/5741, S. 35; FESTL, § 5 Rn.6; Lindemann/Simon, NZA 2002, 365 (366); Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 5 Rn.3; Reichold, NZA 2001, Sonderbeil. Heft 24, 32 (37); GK-BetrVG/Raab, § 5 Rn.43); G. Schaub, ZTR 2001, 437 (438). A.A. zunächst Däubler, AuR 2001, 1 (4): neuer, räumlich beschränkter Betriebsbegriff. Diesbezüglich zurückhaltender Trümner (FA 2001, 133 (136)). Nach Richardi (BetrVG, § 5 Rn.59) behandelt § 5 BetrVG nicht die arbeitstechnische Organisationseinheit, für die der Betriebsrat zu bilden ist, sondern die Betriebsstätte, zumal § 4 I Nr. 1 BetrVG unverändert blieb. Außerdem soll bei § 5 I BetrVG nicht der Betriebsbegriff, sondern die Arbeitnehmereigenschaft in Rede stehen (Engels/Trebinger/Löhr-Steinhaus, DB 2001, 532 (536)), wobei man freilich darin kein entscheidendes Argument sehen kann, da anderenfalls dem Zusammenspiel der verschiedenen Begrifflichkeiten (Arbeitnehmer, Betrieb, Betriebszugehörigkeit) nicht genügt wird. Im Ergebnis kann aber auch § 5 I 1 BetrVG nicht die o.g. Bedenken gegen eine räumliche Bestimmung des Betriebs entkräften. Auch der Vorwurf der Unschärfe des Kriteriums der arbeitstechnischen Organisationseinheit (Joost, Betrieb und Unternehmen, S. 94 ff.) kann aufgrund der Orientierung an der Leitungshierarchie, die ein in äußerlicher Wahrnehmung zugängliches Faktum darstellt, nicht durchgreifen (I. Natzel, Betriebszugehörigkeit, S. 15). 28 Hauck, Betriebsverfassungsgesetz, S. 27 (27 f.); GK-BetrVG/Kraft, § 4 Rn.13. 29 Siehe schon oben § 2 A. zu weiteren Nachweisen. 30 BAG 23.9.1982, AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG 1972; 17.2.1983, AP Nr. 4 zu § 3 BetrVG 1972; Boemke, AR-Blattei SD 540 (2005), Rn.20; Dietz, FS Nikisch, S. 23 (30); ErfK/Eisemann, § 1 BetrVG Rn.10; Endres, Schwellenwertregelungen, S. 58; FESTL, § 1 Rn.71; v. Hoyningen-Huene, FS Stahlhacke, S. 173 (181); Junker, Grundkurs, Rn.657; Konzen, AuR 1985, 341 (348); GK-BetrVG/Kraft, § 4 Rn.20; Löwisch, FS Kissel, S. 678 (678); Peter, DB 1990, 424 (425 f.); Wiese, FS D. Gaul, S. 553 (562 ff.). Zum Teil wird eine einheitliche technische Leitung von der Einheitlichkeit der Entscheidungen in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten unterschieden (GK-
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
2. Schwierigkeiten bei der Anerkennung eines Verleiherbetriebs Ob auf dieser Grundlage in den beim Verleiher vorzufindenden Strukturen ein Betrieb i.S.d. Betriebsverfassungsrechts zu sehen ist, wurde insbesondere in der älteren Literatur in Zweifel gezogen. Die Argumentation stützte sich dabei wesentlich auf das Fehlen eines Produktionsbetriebs32, warf damit aber ___________ BetrVG/Kraft, § 4 Rn.16 und 20), aber im Ergebnis das Merkmal der technischen Leitung nicht als notwendiges Kriterium angesehen (GK-BetrVG/Kraft, § 4 Rn.16). Gegen die Erforderlichkeit der technischen Leitungseinheit auch ErfK/Eisemann, § 1 BetrVG Rn.10; FESTL, § 1 Rn.73; HSWG/Hess, § 1 Rn.12; Kreßel, JbArbR, Bd.36, S. 49 (50). Nach Christiansen (Betriebszugehörigkeit, S. 65) ist ein Betrieb der Bereich, der einer einheitlichen Leitungsmacht in wesentlichen, der Mitbestimmung in sozialen und personellen Angelegenheiten zugänglichen Fällen unterliegt. Die Leitungsmacht ist damit ausschließliches Merkmal zur Bestimmung des Betriebs. Christiansen begründet dies durch eine Auseinandersetzung mit den Prinzipien der Entscheidungs- bzw. Entscheidungsträgernähe (S. 55 f.), der Arbeitnehmernähe sowie der Einheitlichkeit des Betriebsrats (S. 56 f.) und sieht nach Abwägung (S. 60 ff.) im erstgenannten Prinzip das den Betrieb prägende Element. Vgl. ferner zu diesen verschiedenen Ansätzen Franzen, ZfA 2000, 285 ff., der die Entscheidungsträgernähe in den Vordergrund rückt (288), ohne eine daran ausschließlich erfolgende Orientierung zu befürworten (289). 31 So für die räumliche Nähe BAG 23.9.1982, AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG 1972; ErfK/Eisemann, § 1 BetrVG Rn.11; Endres, Schwellenwertregelungen, S. 58; FESTL, § 1 Rn.74; v. Hoyningen-Huene, FS Stahlhacke, S. 173 (181); Heither, JbArbR, Bd.36, S. 37 (40); GK-BetrVG/Kraft, § 4 Rn.17; Richardi, BetrVG, § 1 Rn.32 ff.; Wiese, FS D. Gaul, S. 553 (564). Vgl. jedoch auch BAG 3.12.1985, AP Nr. 28 zu § 99 BetrVG 1972: Grundsatz der möglichst ortsnahen und damit effektiveren Vertretung. Zur einheitlichen technischen Leitung GK-BetrVG/Kraft, § 4 Rn.16. Zur einheitlichen Belegschaft ausführlich unten § 3 A.II.2.b)cc) und Kraft (GK-BetrVG, § 4 Rn.18) sowie Hamann, dem zufolge es auch um die Beziehungen der Belegschaftsangehörigen untereinander geht, die aus der gemeinsamen Arbeitsleistung erwachsen und bei längerer Betriebszugehörigkeit immer bedeutsamer werden (Schüren, AÜG, § 14 Rn.40). Mit dem Vorgehen anhand des Merkmalskatalogs sind zumindest Parallelen zum Ansatz Fromens (FS D. Gaul, S. 151 (174)) nicht zu leugnen, der den Betrieb nicht als Begriff, sondern als Typus begreift. Sympathie für diesen Ansatz zeigt Trümner (DKK, § 1 Rn.40), der aber im Ergebnis nicht der Leitungsorganisation des Arbeitgebers die ausschlaggebende Wirkung beimessen will, sondern arbeitnehmerbezogenen Elementen (insbesondere Rn.46). In der Rechtsprechung des BAG wird bisweilen auch der einheitlichen Leitung nur Indizwirkung beigemessen (vgl. etwa BAG 25.5.1988 7 ABR 51/87, JURIS Nr. KARE333470703 (17.6.2003)), ohne die herausragende Bedeutung dieses Merkmals in Frage zu stellen. 32 Hessel, BB 1970, 307 (308 f.); Trieschmann, DB 1956, Beil.Nr. 16 unter III.2.b). Widersprüchlich Monjau (AuR 1968, 257 ff.), der einerseits den Betriebszweck des Verleihers charakterisiert (258), andernorts aber davon ausgeht, der Verleiher hätte „nicht mal einen eigenen Betrieb“. Differenzierter Kühne, Vermittlungsmonopol, S. 35: kein „Betrieb im materiell-organisatorischen Sinne“.
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die Frage auf, ob eine Produktion tatsächlich Voraussetzung des arbeitstechnischen Zwecks ist. Dass Letzterer ausschließlich durch eine Gütererzeugung und beim Vorhandensein sachlicher Betriebsmittel konstituiert werden kann, lässt sich nämlich weder begrifflich erfassen, noch ist diese Restriktion mit dem Schutzzweck des BetrVG zu rechtfertigen. Daher hat schon Nikisch33 hervorgehoben, dass dieses enge Verständnis von einer unzutreffenden Interpretation des herkömmlichen Betriebsbegriffs ausgeht. Es soll vielmehr die Verfolgung eines beliebigen arbeitstechnischen Zwecks genügen,34 worunter auch die vom Verleiher organisierte Verschaffung von Dienstleistungen zu zählen ist.35 So konnte sich die Ansicht, ein Verleiherbetrieb existiere nicht, schon in der älteren Literatur und vor Einfügung des § 14 I AÜG nicht durchsetzen. Es ging vielmehr der überwiegende Teil – oft stillschweigend – davon aus, dass ein solcher besteht.36 Trotzdem ist bis in die Gegenwart bisweilen Skepsis bei der Anerkennung eines Verleiherbetriebs, dem die Leiharbeitnehmer auch zugeordnet sind, zu erkennen.37 Dabei wird zunächst festgestellt, dass der Verleiher regelmäßig38 ___________ Nach Birk (AuR 1978, 226 (226)) sind Arbeitseinheiten denkbar, denen kein Betriebscharakter zugesprochen werden kann. Aufgrund der fehlenden Erörterung muss dies jedoch kein Bekenntnis zur Notwendigkeit eines Produktionsbetriebes bedeuten, denn der Betriebscharakter kann auch mangels Dauerhaftigkeit entfallen (zum letzteren Gamillscheg, ZfA 1975, 357 (364)). 33 Arbeitsrecht I, S. 244 f. Die von ihm geforderten Betriebsmittel können auch unkörperliche Werte wie Methoden oder Erfahrungen darstellen, die durch entsprechende Konzepte auch bei der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung anzutreffen sind. Gemäß § 3 I Nr. 2 AÜG sind zudem Mittel zur Organisation zwingend. 34 So auch ErfK/Eisemann, § 1 BetrVG Rn.9; MünchArbR/Joost, § 304 Rn.58; GKBetrVG/Kraft, § 4 Rn.15; Richardi, BetrVG, § 1 Rn.22 f.; Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 56. 35 ErfK/Eisemann, § 1 BetrVG Rn.9; Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 56. 36 Becker, BlStSozArbR 1972, 129 (135), dessen Anmerkung, bei reinen Verleihunternehmen fehle es an einer Betriebsstätte (131), nicht als Ablehnung eines Betriebs i.S.d. BetrVG zu verstehen ist (deutlicher noch in NJW 1971, 691 (692)). Ferner Bollinger, Arbeitnehmerüberlassung, S. 154; FAK, § 5 Rn.7b; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 70; Dietz/Richardi, § 5 Rn.78 („... unterliegt keinem Zweifel.“); Wenzel, DB 1975, Beil.Nr. 2, 1 (11). Aus der Literatur nach Inkrafttreten des § 14 AÜG: Ankersen, BB 2001, 2285 (2285); Birk, ZGR 1984, 23 (63); Grimm, EWiR 2002, 229 (229); Kokemoor, NZA 2003, 238 (238 f.); Ulber, Arbeitnehmer, 12.1.2; Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 304 Fn.55; Zeuner, FS Hilger/Stumpf, S. 771 (776). 37 Sie klingt etwa noch bei Dörner (FS Wißmann, S. 286 (288)) an. Vgl. ferner Joost, Betrieb und Unternehmen, S. 310: In Fn.23 wird die wissenschaftliche Fragestellung aufgeworfen, wodurch der in § 14 AÜG vorausgesetzte Betrieb konstituiert wird. Die Beantwortung ist von Joosts Standpunkt aus freilich schwierig: Für den Fall, dass der Verleiher in seinem Verleihbüro mehrere Arbeitnehmer (Verwaltung) beschäftigt, ist auch bei Zugrundelegung der räumlichen Einheit, in der Arbeitnehmer
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
keinen Produktionsbetrieb unterhält, sondern – den Vorgaben des § 3 I Nr. 2 AÜG folgend39 – einen Dienstleistungsbetrieb40 bzw. ein mit Verwaltungsaufgaben betrautes Büro.41 Selbst der Verwaltung wird dann zwar überwiegend die Eigenschaft als Betrieb zuerkannt.42 Allerdings wird zu bedenken gegeben, dass in diese Organisationseinheit die Leiharbeitnehmer nicht eingegliedert sind,43 da sie nicht deren verwaltungstechnischen Zweck verfolgen und mit ihrer Arbeitsleistung im Empfängerbetrieb keine Aufgabe des Verleihers erfüllen.44 Zudem wird behauptet, Leiharbeitnehmer unterliegen keinem mitbestimmungsrechtlich relevanten Weisungsrecht des Verleihers.45 Daraus und aus dem gerade nicht arbeitsteiligen Vorgehen außerhalb der Betriebsstätte im ___________ beschäftigt werden, ein Betrieb zu erkennen, dem die Leiharbeitnehmer – dann konstitutiv – durch § 14 I AÜG zugeordnet werden. Fehlt es an diesem in räumlicher Nähe beschäftigten Verwaltungspersonal – der Verleiher als Arbeitgeber erledigt z.B. den Verwaltungsaufwand allein –, so liegt nach der Formel Joosts kein Betrieb vor. § 14 I AÜG müsste dann unanwendbar sein oder auch den Betrieb fingieren, will man den betriebsverfassungsrechtlichen Schutz der Leiharbeitnehmer gegenüber dem Verleiher sicherstellen. 38 Anders kann sich die Situation bei den sog. Mischbetrieben oder -unternehmen darstellen (vgl. zum Begriff schon oben § 1 B.I.). 39 Mit dem Erfordernis einer betrieblichen Organisation soll die Arbeitnehmerüberlassung „vom Sofa aus“ (Mumot, Beteiligungsrechte, S. 66) unterbunden werden. Vgl. etwa den Sachverhalt BSG 29.7.1970, E 31, 235 (236). 40 MünchArbR/Joost, § 304 Rn.58. A.A. Windbichler (Konzern, S. 278), der zufolge der Verleiherbetrieb lediglich den arbeitstechnischen Zweck der verwaltungsmäßigen Abwicklung der Arbeitnehmerüberlassung verfolgt. Damit wird aber ausgeblendet, dass der Verleiher nicht der Verwaltung willen tätig wird, sondern Arbeitnehmer Dritten gewerbsmäßig zur Verfügung stellen will. 41 Barth, Beteiligungsrechte, S. 29; Ratayczak, AiB 2004, 212 (213); Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 55 f.; DKK/Trümner, § 5 Rn.22. 42 Barth, Beteiligungsrechte, S. 29 und 32; Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 55 f.; DKK/Trümner, § 5 Rn.22. Anders freilich die oben Genannten mit restriktiver Interpretation des arbeitstechnischen Zwecks. 43 Barth, Beteiligungsrechte, S. 29 und 32; Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 57; W. Schneider/Trümner, S. 175 (188); DKK/Trümner, § 5 Rn.22; Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (306); St. Wagner, Rechtsverhältnisse, S. 116 im Gegensatz zu ihrer Auffassung in Fn.592. Nach Stückmann (DB 1999, 1902 (1904)) bestehen zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher lediglich arbeitsvertragliche Beziehungen, wobei es an einer Eingliederung in den Betrieb des Verleihers fehlt. Ganz ähnlich auch Dewender, Betriebsfremde, S. 42 f. 44 Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 56. Ähnlich Monjau (AuR 1968, 257 (259)), dem zufolge es an einer echten Arbeitsleistung des Leiharbeitnehmers für den Verleiher fehle. 45 Hierzu ausführlich unten § 3 II.2.b)bb).
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räumlichen Verständnis wird schließlich gefolgert, es mangele auch an einer eigenen betrieblichen Organisation für die Leiharbeitnehmer.46 Versucht man, in diese Sichtweise § 14 I AÜG einzufügen, so sind alternativ zwei Schlussfolgerungen zulässig: Die Norm kann als Vorschrift angesehen werden, die beim Verleiher die Bildung eines Betriebsrats gestattet, und zwar unabhängig davon, ob dieser über einen Betrieb im allgemeinen Sinne verfügt.47 Daneben ist aber auch denkbar, dass allein die Zugehörigkeit der Leiharbeitnehmer zum sog. Büro-48 oder Dienstleistungsbetrieb des Verleihers fingiert wird.49 Dabei würde es sich nicht lediglich um theoretische Fragestellungen handeln, nachdem auch davon die Entscheidung beeinflusst wird, ob die Leiharbeitnehmer und Verwaltungsangestellten einen gemeinsamen oder beide Gruppen je einen eigenen Betriebsrat wählen. Diese Ansätze sollen hier gleichwohl nicht weiter verfolgt werden, weil sie den Betriebsbegriff und die Kriterien der Zuordnung zu dieser Organisation unzutreffend interpretieren. So erscheint schon der Hinweis auf das Fehlen eines Produktionsbetriebs als Ausgangspunkt der Argumentation verfehlt.50 Eine Klärung kann dagegen erfolgen, wenn die Erörterung der Betriebszugehörigkeit im Rahmen einer Analyse des herrschenden Betriebsbegriffs erfolgt.51 Daran soll sich das weitere Vorgehen orientieren. ___________ 46
Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 57. Säcker, FS Quack, S. 421 (427 f.). 48 So die Formulierung bei DKK/Trümner, § 5 Rn.22. 49 Dagegen erscheint die von Rüthers/Bakker (ZfA 1990, 245 (306)), W. Schneider/Trümner (FS Gnade, S. 175 (189 Fn.70)) sowie Ratayczak (AiB 1997, 600 (601)) als argumentum ad absurdum gefolgerte Konsequenz der Zweikomponententheorie für § 14 I AÜG (Scheitern der angeordneten Zuordnung am Fehlen der Beschäftigungskomponente) fern liegend. 50 Diese Kritik trifft lediglich auf Säcker/Joost nicht zu, die noch herausstellen, dass eine Produktion nicht erforderlich ist (Betriebszugehörigkeit, S. 56). 51 Der Zusammenhang zwischen dem Arbeitnehmer- und Betriebsbegriff sowie den Anforderungen an die Betriebszugehörigkeit wird bisweilen nicht deutlich herausgestellt oder ignoriert, indem eine isolierte Betrachtung erfolgt. Für eine Anknüpfung an den Betriebsbegriff bei der Bestimmung der Zugehörigkeit etwa Boemke, AR-Blattei SD 540 (2005); Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 29; Joost, Betrieb und Unternehmen, S. 306, 311; GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.19; Lunk, Betriebsversammlung, S. 185; Oetker, AuR 1991, 359 (366); Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 22; W. Schneider/Trümner, FS Gnade, S. 175 (192); Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 303; Zeuner, FS Hilger/Stumpf, S. 771 (774). Nach Richardi (FS Floretta, S. 595 (596)) ist dagegen der Organisationsbegriff des Betriebs nicht allein ausschlaggebend, wie der österreichische § 35 ArbVG oder § 4 BetrVG zeige. Allerdings wird dort insofern das Zuordnungsobjekt durch den Gesetzgeber modifiziert, die Methodik der Einbindung in die so erkannte Einheit bleibt aber unberührt. 47
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II. Konstituierung eines Verleiherbetriebs und Zuordnung der Leiharbeitnehmer 1. Die Kriterien der Betriebszugehörigkeit Bislang wurden die Auffassungen, welche Anforderungen im Allgemeinen an das Verhältnis einer Arbeitsperson zum Betrieb oder dessen Inhaber zu stellen sind, um sie als betriebszugehörig ansehen zu können, nur im Überblick dargestellt.52 Ob diese Beziehung kumulativ oder alternativ eine rechtliche bzw. tatsächliche Komponente beinhalten muss, erfordert jedoch nunmehr eine erste, wenn auch noch nicht abschließende Stellungnahme: Dem Erfordernis einer rechtlichen Beziehung ist nämlich jedenfalls Genüge getan, wenn zwischen Betriebsinhaber – mangels Rechtssubjektsqualität scheidet insoweit der Betrieb als Zuordnungsobjekt aus53 – und Arbeitnehmer ein durch Arbeitsvertrag begründetes Arbeitsverhältnis besteht.54 Da Leiharbeitnehmer und Verleiher stets in arbeitsvertraglicher Beziehung zueinander stehen,55 bedeutet dies, dass beim alleinigen Abstellen auf Letztere schon dadurch eine Betriebszugehörigkeit gegeben wäre. Allerdings kann mit der bloßen Orientierung an der rechtlichen Bindung kein brauchbares Kriterium zur Bestimmung der Betriebsangehörigkeit an die Hand gegeben werden. So erweist es sich insbesondere dann als nicht aussagekräftig, wenn ein Unternehmen mehrere Betriebe unterhält, da die rechtliche Beziehung des Arbeitnehmers nur zum Unternehmen und nicht zum Betrieb aufgebaut wird.56 Die An___________ 52
Siehe oben § 2 C. mit Nachweisen. Kaufmann, Zuordnung, S. 63; Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 21; DKK/Trümner, § 5 Rn.25; St. Wagner, Rechtsverhältnisse, S. 117; Weyer, Zugehörigkeit, S. 21; Ziemann, AuR 1990, 58 (62). 54 BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972; 25.11.1992, AP Nr. 8 zu § 1 GesamthafenbetriebsG; LAG Berlin 1.2.1988, LAGE § 9 BetrVG 1972 Nr. 2; Er10 man /Hanau, § 611 Rn.79; HSWG/Schlochauer, § 7 Rn.3; GK-BetrVG2/Thiele, § 7 Rn.7. Zum Teil werden geringere Anforderungen gestellt, indem nicht ein Arbeitsvertrag zwischen Betriebsinhaber und der Arbeitsperson gefordert wird. Dies wird aber erst bei der Zuordnung zum Entleiherbetrieb von Interesse sein und daher erst unten (§ 3 B.) vertieft. 55 Siehe oben § 1 A.II. 56 Erdlenbruch, Stellung, S. 51; Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 23; Dewender, Betriebsfremde, S. 41; Kaufmann, Zuordnung, S. 63; GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.18 und Gedächtnisschrift Schultz, S. 209 (210); Jaeger/Röder/Heckelmann/Reichel, Kap.2 Rn.38; Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 21; W. Schneider/Trümner, FS Gnade, S. 175 (188); DKK/Trümner, § 5 Rn.14; St. Wagner, Rechtsverhältnisse, S. 115; Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 301. Zudem streitet auch die in § 38 BetrVG vorgesehene Freistellung nicht für dieses Verständnis der Betriebszuge53
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sicht soll daher auch im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter verfolgt werden, zumal sie mittlerweile als bedeutungslos zu bezeichnen ist57. Dagegen kann die Kontroverse zwischen der Zweikomponententheorie und der Auffassung, das bloße Bestehen der tatsächlichen Beziehung sei ausreichend58, im Hinblick auf den jedenfalls vorhandenen Arbeitsvertrag zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Inhaber des Verleihbetriebs im Gegensatz zu den Anforderungen an das tatsächliche Element hier noch unentschieden bleiben.
2. Die Bestimmung der Betriebszugehörigkeit zum Verleiher Nachdem der Betriebsbegriff durch die organisatorische Einheit zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke charakterisiert wird, müssen bei der Bestimmung der Betriebszugehörigkeit unter Beachtung gesetzgeberischer Grundentscheidungen59 insbesondere diese beiden Komponenten hinreichend berücksichtigt werden.60 Damit ist der Untersuchung vorgegeben, dass der Leiharbeitnehmer die Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke des Verleihers unter___________ hörigkeit. Die Freistellung dient allein der sachgemäßen Ausübung der Betriebsratstätigkeit und lässt damit keinen Schluss auf einen frei schwebenden Betriebsangehörigen zu (so im Zusammenhang mit dem Verhältnis zwischen tatsächlicher Beschäftigungsmöglichkeit und dem Betriebsratsamt G. Müller, ZfA 1990, 607 (616)). A.A. für die Begründung des aktiven Wahlrechts I. Natzel (Betriebszugehörigkeit, S. 163 f.), der hierzu die rechtliche Beziehung als Arbeitnehmer heranzieht. Das Problem der Zuordnung in Unternehmen mit mehreren Betrieben soll unter Rückgriff auf den Arbeitsvertrag und dessen Konkretisierung im Laufe des Vertragsverhältnisses erfolgen, aus dem sich ergibt, in welchen Betrieben die Arbeitsleistung zu erbringen ist. Einer nicht zu rechtfertigenden Ausuferung des Wahlrechts bei weit gefassten Vertragswerken kann aber letztendlich nur durch die Betrachtung, innerhalb welcher Betriebsorganisation die Arbeitsleistung in concreto erfolgt, begegnet werden, so dass schließlich ein Rückgriff auf eine tatsächliche Betrachtung unausweichlich ist. Vgl. ferner Martens (FS Hilger/Stumpf, S. 437 (459)), dem zufolge das Erfordernis der Betriebszugehörigkeit nicht überschätzt werden darf und die unmittelbare Präsenz innerhalb des räumlichen Betriebsbereichs für den sachlichen Geltungsbereich formeller Arbeitsbedingungen und die Betriebszugehörigkeit i.Ü. für die Wählbarkeit zum Betriebsrat bedeutsam ist. 57 In der neueren betriebsverfassungsrechtlichen Literatur wurde diese Ansicht schließlich aufgegeben. Exemplarisch: Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 7 Rn.3 gegenüber der 3. Auflage. 58 Zu den Auswirkungen dieser Ansicht auf den betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff unten § 3 B.I.2.c)bb)(1)(a). 59 Diese werden angesichts der §§ 14 AÜG und 7 S.2 BetrVG bei der Erörterung der Betriebszugehörigkeit zum Entleiherbetrieb besondere Bedeutung erlangen. 60 Oetker, AuR 1991, 359 (366).
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stützen muss61 und diese Unterstützung innerhalb einer organisatorischen Einheit zu erfolgen hat.
a) Der arbeitstechnische Zweck Wie bereits angesprochen wurde,62 kann der arbeitstechnische Zweck eines Betriebs beliebige Gestalt annehmen, wobei sogar mehrere arbeitstechnische Zwecke verfolgt werden können63. Bei einem reinen Verleihunternehmen64 kommt die Erledigung der mit der Arbeitnehmerüberlassung verbundenen Verwaltungsaufgaben, daneben aber auch die Erbringung von Dienstleistungen in Form der Arbeitnehmerüberlassung selbst in Betracht.65 Es stellt sich damit die Frage, inwieweit die Arbeitsleistung des Leiharbeitnehmers einem Betriebszweck des Verleihers zugeordnet werden kann. Dabei ist zunächst festzustellen, dass der Leiharbeitnehmer während der Überlassung durch den vom Entleiher koordinierten Einsatz seiner Arbeitskraft dessen Betriebszweck fördert.66 Darin kann aber weder eine Teil- noch eine Hilfsfunktion in Bezug auf die Erledigung verleihereigener Verwaltungsaufgaben gesehen werden. Zudem ist die Arbeitsleistung im Empfängerbetrieb für sich gesehen keine Aufgabe des Verleihers, wodurch er insbesondere vom Werkunternehmer unterschieden werden kann.67 Das Tätigwerden beim Entleiher würde andererseits nicht zutreffend charakterisiert, wenn man den Leiharbeitnehmer selbst nur als Gegenstand und nicht als Förderer des Be___________ 61 Die Rechtsprechung des BAG, die die betriebliche Organisation seit Mitte der 1970er Jahre (vgl. hierzu Kohte, Anm. zu BAG 29.1.1992, AP Nr. 1 zu § 7 BetrVG 1972) entscheidend als durch die Einheitlichkeit der Leitung konstituiert ansieht, bejaht die von ihr neben der rechtlichen Komponente geforderte tatsächliche Beziehung zum Betrieb zur Begründung der Betriebszugehörigkeit schon bei Übernahme einer (Hilfs-)Funktion zur Erfüllung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebs (BAG 5.4.2000, AP Nr. 62 zu § 5 BetrVG 1972). Speziell für den Fall der Leiharbeitnehmer im Rahmen der gewerbsmäßigen Überlassung wird jedoch ergänzend auf § 14 I AÜG abgestellt (BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer). A.A. Mayer (AuR 1986, 353 (358 f.)), dem zufolge die Verfolgung eines Betriebszwecks ein nicht gerechtfertigtes zusätzliches Kriterium für den betriebsverfassungsrechtlichen Status ist. Ferner I. Natzel, Betriebszugehörigkeit, S. 163 für das aktive Wahlrecht. 62 Siehe oben § 3 A.I.2. 63 Wiese, FS D. Gaul, S. 553 (562). 64 Vgl. zum Antonym Mischbetrieb schon oben § 1 B.I. 65 Zu diesen Betriebszwecken schon oben § 3 A.I.2 und Kaufmann, Zuordnung, S. 152. 66 Wlotzke, 50 Jahre BAG, S. 1149 (1151). 67 Siehe oben § 1 B.II.
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triebszwecks des Verleihers ansieht.68 Denn dieser Zweck besteht nicht in der Anstellung von Leiharbeitnehmern, sondern in deren Überlassung, die eine Dienstleistung im weiteren Sinne darstellt. Gerade diese Dienstleistung kann aber nur durch die Arbeitsleistung der Zeitarbeitskräfte beim Entleiher erfüllt werden. Erst damit wird nämlich der Verleiher in die Lage versetzt, seinen typischen Verpflichtungen aus dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nachzukommen, die gerade nicht nur im Zurverfügungstellen von Leiharbeitnehmern zu sehen sind, sondern zumindest auch die Arbeitsaufnahme umfassen.69 Deshalb erschöpft sich die Arbeitsleistung des Leiharbeitnehmers nicht in der Erfüllung arbeitstechnischer Funktionen des Entleihers, sie kommt vielmehr auch der arbeitstechnischen Zielsetzung des Verleihers zugute.70 Gewerbsmäßig überlassene Arbeitnehmer dienen damit nicht nur zwei Herren, sondern fördern gleichermaßen den arbeitstechnischen Zweck des Ver- und Entleihers.
b) Die Organisationszugehörigkeit Um eine Betriebszugehörigkeit anhand allgemeiner Merkmale und orientiert am Betriebsbegriff annehmen zu können, müssen die Leiharbeitnehmer ___________ 68
So aber Richardi (BetrVG, § 1 Rn.123), wenn er die Leiharbeitnehmer nicht zu den Arbeitnehmern zählt, die für die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung tätig werden, sondern als Arbeitnehmer bezeichnet, die verliehen werden. Im Ergebnis sieht aber auch Richardi die Leiharbeitnehmer als Angehörige der Arbeitsorganisation an (s.a. Richardi/Thüsing, BetrVG, § 7 Rn.13). Zu eindeutigen Fallgestaltungen, in denen Arbeitspersonen selbst Betriebszweck sind BAG 5.4.2000, AP Nr. 62 zu § 5 BetrVG 1972. Gegen eine Ausklammerung von Personen, die den Betriebszweck nicht fördern aber Mayer, AuR 1986, 353 (358 f.). Ihm zufolge ist die Verfolgung eines Betriebszwecks ein nicht gerechtfertigtes zusätzliches Kriterium für den betriebsverfassungsrechtlichen Status, wobei dieser Auffassung die fehlende Orientierung der Betriebszugehörigkeit am Betriebsbegriff entgegengehalten werden muss. 69 Vgl. zur Kontorverse um die Pflichten des Verleihers gegenüber dem Entleiher schon oben § 1 A.I.2. 70 BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer; Dewender, Betriebsfremde, S. 53; Dörner, FS Wißmann, S. 286 (288); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.3; Thüsing/Lambrich, NZA Sonderheft 2001, 79 (85); St. Wagner, Rechtsverhältnisse, Fn.592 im Gegensatz zu ihrer Auffassung im Text (S. 116). A.A. Erdlenbruch (Stellung, S. 55), wonach der Leiharbeitnehmer seine Arbeitsleistung nur für den Entleiherbetrieb erbringt und diese daher nicht dem Betriebszweck des Verleiherbetriebs zugeordnet werden kann. Zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer fehle es mithin an einer für die Betriebszugehörigkeit erforderlichen tatsächlichen Beziehung. Im Rahmen der Diskussion (S. 63 ff.) wird dieser Gedanke allerdings nicht wieder aufgegriffen. Ferner Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 77; Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 55 f.; Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (306); Windbichler, Konzern, S. 278; Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 304. Nach Kraft (SAE 2002, 45 (45)) erfüllt der Leiharbeitnehmer den Betriebszweck des Entleihers und den Unternehmenszweck des Verleihers.
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den arbeitstechnischen Zweck des Verleihers auch im Rahmen seiner betrieblichen Organisation fördern. Nachdem diese auf Dauer angelegte Einheit durch die Einheitlichkeit des Inhabers, des verfolgten arbeitstechnischen Zwecks, der Leitung sowie der räumlichen Einheit und der Einheit der Belegschaft beschrieben wird,71 muss auch die Stellung des Überlassenen anhand dieser Kriterien beurteilt werden. Die folgende Untersuchung soll dabei vor allem auf die mit der Aufspaltung der Arbeitgeberstellung und der außerhalb einer Betriebsstätte erfolgenden Leistungserbringung verbundenen Besonderheiten eingehen. Deshalb wird das Augenmerk auf die Fragen einer räumlichen Einheit sowie einer einheitlichen Leitung und Belegschaft gelenkt.
aa) Tätigkeit außerhalb der Betriebsstätte Die Einbeziehung in die verleihereigene Organisation muss sich der Prüfung stellen, ob außerhalb einer räumlich abgegrenzten Betriebsstätte Tätige wie Leiharbeitnehmer betriebszugehörig sein können. Diese Fragestellung stellt dabei kein Spezifikum der Arbeitnehmerüberlassung dar72 und ist vielmehr ein allgemeines betriebsverfassungsrechtliches Problem. Nach ganz herrschender73 und durch die Klarstellung74 in § 5 I 1 BetrVG sowie die Regelung in § 24 II WO bestätigter Ansicht ist die Betriebszugehörigkeit von Außendienstarbeitnehmern nicht schon wegen ihrer Tätigkeit außerhalb einer Betriebsstätte ausgeschlossen. Diese These wird jedoch weithin nicht aus dem Betriebsbegriff abgeleitet, dem zufolge die räumliche Verbindung zur Bestimmung der organisatorischen Einheit nach ebenso herrschender Ansicht nur eine Indizwirkung besitzt,75 sondern mit der in ihren Voraussetzungen vagen Lehre von der Betriebsausstrahlung76 begründet. ___________ 71 Siehe oben § 3 A.I.1., wo auch auf die zum Teil nur indizierende Wirkung der einzelnen Merkmale eingegangen wird. 72 Nach Wank (RdA 2003, 1 (2)) kann der unechte Leiharbeitnehmer als Außendienstmitarbeiter mit wechselnder Arbeitsstätte angesehen werden. So auch GKBetrVG/Kreutz, § 7 Rn.32. Ferner zum Problem Hanau, ZGR 1984, 468 (487). 73 Vgl. Schaffeld, AfP 1981, 265 (265); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.53. 74 BAG 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; Buchner, NZA 2001, 631 (636); Dachrodt/Engelbrecht, Praktiker-Kommentar, § 5 Rn.4; FESTL, § 5 Rn.6, 164 f., § 7 Rn.70; Hanau, NJW 2001, 2513 (2515); Konzen, RdA 2001, 76 (83); Lindemann/Simon, NZA 2002, 365 (366); Löwisch, BB 2001, 1734 (1737); Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 5 Rn.3; Reichold, NZA 2001, 857 (860); GK-BetrVG/Raab, § 5 Rn.43; Richardi/Annuß, DB 2001, 41 (42 f.); G. Schaub, NZA 2001, 364 (365); Schiefer/Korte, NZA 2002, 57 (59); Shahatit, BArbBl. 12/2001, 15 (15); Trümner, FA 2001, 133 (136); Windeln, Reform, S. 142; Worzalla/Will, BetriebsverfassungsR, Rn.48. 75 Siehe oben § 3 I.1., dort auch zur anderen, insbesondere von Joost vertretenen Ansicht.
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Nach anderer Ansicht ist dagegen das auch nach Neufassung des § 5 I 1 BetrVG bestehende Zuordnungsproblem anhand der Wertungen des Betriebsverfassungsrechts im Umkehrschluss aus § 4 I 1 BetrVG zu lösen. Ein Außendienstmitarbeiter wird dazu allein77 oder mit Kollegen als Gruppe in Form eines unselbständigen Betriebsteils dem Betrieb zugeordnet, um dessen Zugehörigkeit es geht, wenn er den Betriebszweck mitverfolgt, aber nicht gemäß § 4 I 1 Nr. 1 oder 2 BetrVG als selbständiger Betrieb gilt.78 Bei Anwendung dieser Formel ist zunächst ersichtlich, dass der Überlassene den in der Verschaffung von Dienstleistungen bestehenden arbeitstechnischen Zweck des Verleihers fördert79. Allerdings kann diese Funktion allein nicht seine Be___________ Trotz nicht räumlicher Bestimmung des Betriebsbegriffs werden bisweilen Außenarbeiten mit Tätigkeiten außerhalb der betrieblichen Organisation gleichgesetzt (Vgl. etwa BAG 5.4.2000, AP Nr. 62 zu § 5 BetrVG 1972; 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG Leiharbeitnehmer. Diesbezüglich kritisch DKK/Trümner, § 5 Rn.44). Der Sache nach soll mit diesen Formulierungen die Betriebszugehörigkeit aber nicht in Frage gestellt werden. 76 HSWG/Hess, § 1 Rn.11; Martens, FS Hilger/Stumpf, S. 437 (453); Richardi, BetrVG, § 1 Rn.37; Windbichler, Konzern, S. 268 (eingeschränkt auf S. 278: Problem des Unternehmens mit mehreren Betrieben). Mit der Ausstrahlungstheorie, mit der ursprünglich die Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsgesetzes bei vorübergehendem Auslandseinsatz von Arbeitnehmern entschieden wurde (vgl. Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 25), ist die Betriebszugehörigkeit von Außendienstmitarbeitern bejaht wurden. Die Auffassung erntete jedoch insbesondere aufgrund der angesprochenen Konturenlosigkeit Kritik (Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 149; Joost, Betrieb und Unternehmen, S. 307 ff. mit Darstellung der Wurzeln der Ausstrahlungstheorie; Klinke, Außendienst, S. 118 f.; GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.32; Oetker, AuR 1991, 359 (365 f.); Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 25 f.). Zudem handelt es sich im Gegensatz zu den im Rahmen des Auslandseinsatzes diskutierten Fallgestaltungen bei der Außendienstarbeit in der Regel nicht um lediglich vorübergehende Erscheinungen (Oetker, AuR 1991, 359 (365 f.); Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 25 f.). 77 Ob ein Arbeitnehmer allein als Betrieb angesehen werden kann (sog. Einmannbetrieb), ist freilich umstritten. Dafür GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.32, dagegen Birk, FS Molitor, S. 19 (33); Bösche/Grimberg, FS Gnade, S. 377 (382 Fn.15): „abwegige Vorstellung“. 78 Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 150 ff.; GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.32. Zum Teil wird auch die Regelung über die Heimarbeiter (jetzt § 5 I 2 BetrVG) herangezogen, vgl. MünchArbR/Joost, § 304 Rn.56; Oetker, AuR 1991, 359 (366); Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 31. Bei einer Orientierung an § 4 BetrVG kann es im Einzelfall auf die umstrittene Frage ankommen, ob der Hauptbetrieb i.S.d. § 4 II BetrVG die Voraussetzungen des § 1 I BetrVG schon ohne die Zuordnung nach § 4 II BetrVG erfüllen muss. Hierzu allgemein Reichold, NZA 2001, 857 (858) einerseits und GK-BetrVG/Kraft, § 4 Rn.49 anderseits. Zum zumindest teilweise innerhalb der Betriebsstätte tätigen Arbeitnehmer, der nur zeitweise im Außendienst tätig ist MünchArbR/Joost, § 304 Rn.55. 79 Siehe oben § 3 A.II.2.a).
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
triebszugehörigkeit begründen,80 da sie die Frage der Organisationszugehörigkeit, die sich insbesondere in Bezug auf § 4 I 1 Nr. 2 BetrVG stellt, nicht vollständig beantwortet.81 Deshalb führt – will man wegen der oben dargelegten Gründe der Ausstrahlungstheorie nicht folgen – auch die Orientierung an § 4 BetrVG nicht an der Maßgeblichkeit der organisatorischen Einheit im Rahmen des Betriebsbegriffs vorbei. Allein mit ihrer Hilfe gelingt es, auch für außerhalb der Betriebsstätte eingesetzte Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit mit dem Betriebsbegriff inhaltlich zu verzahnen.82 Als Ergebnis ist somit festzustellen, dass die Betriebszugehörigkeit eines Arbeitnehmers nicht daran scheitert, dass er seine Arbeitsleistung außerhalb einer räumlichen Betriebsstätte erbringt. Es ist vielmehr anhand der organisatorischen Einbindung unter Berücksichtigung des arbeitstechnischen Zwecks zu ermitteln, ob der Leiharbeitnehmer – wenn auch gelockert83 – mit dem Verleihbetrieb in Beziehung tritt.
bb) Organisationszugehörigkeit und einheitliche Leitungsmacht Die einheitliche Leitung ist unter teleologischen Gesichtspunkten der entscheidende Anhaltspunkt bei der Beantwortung der Frage, ob eine betriebliche Organisation besteht und wie deren Grenzen zu bestimmen sind,84 sodass hierauf auch das entscheidende Augenmerk bei der Frage nach der Organisationszugehörigkeit gelegt werden muss. Dabei kommt es nach Rechtsprechung und herrschender Lehre besonders auf die Entscheidungsbefugnis in mitbe___________ 80
Anders das BAG, siehe oben § 3 A.II.2. Siehe hierzu auch Oetker, AuR 1991, 359 (366). 82 Dementsprechend wird die Einbeziehung in die organisatorische Einheit zum Teil allein zur Begründung der Betriebszugehörigkeit von Außendienstlern herangezogen: Vgl. Trümner (DKK § 5 Rn.44 i.V.m. Rn.25) der als allgemeines Kriterium fordert, dass die Arbeitsperson zusammen mit den bereits tätigen Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit verfolgt (Rn.26). Dabei sei die Eingliederung nicht auf den räumlich-gegenständlichen Bereich zu verkürzen, sodass der zugewiesene Arbeitsbereich auch außerhalb der Betriebsstätte belegen sein kann (Rn.44). In Bezug auf die Arbeitnehmerüberlassung als Betriebszweck kann auch in dieser Hinsicht die Tätigkeit der Überlassenen bei Dritten noch dem betrieblichen Gesamttätigkeitsbereich zugeordnet werden, so dass es für die Bejahung der Betriebszugehörigkeit anhand allgemeiner Kriterien letztlich auf die Einbeziehung in die Leitungsmacht ankommt. Zu kurz greift dagegen die Beschränkung auf Erfüllungsgehilfen im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen (so aber der Ansatz bei Richardi/Thüsing, BetrVG, § 7 Rn.6), da damit das Verhältnis zum Dritten zu sehr in den Vordergrund gerückt wird. 83 Vgl. zur gelockerten Beziehung zum Betrieb im räumlichen Sinne Oetker, AuR 1991, 359 (359). 84 Siehe oben § 3 A.I.1. 81
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stimmungspflichtigen und hierbei insbesondere in personellen und sozialen Angelegenheiten an, um eine effektive Mitbestimmung zu gewährleisten.85 Diese Auffassung ist durch die zutreffende Einschätzung geprägt, dass eine wirksame Interessenvertretung dort zu errichten ist, wo die Entscheidungen des Arbeitgebers fallen.86 Von einer Zugehörigkeit zu einer durch die einheitliche Leitungsmacht konstituierten Organisation kann damit gesprochen werden, wenn Leiharbeitnehmer durch einen solchen Leitungsapparat des Verleihers gesteuert werden. Demzufolge ist das Weisungsrecht des Überlassenden gegenüber seinem zu verleihenden Arbeitnehmer erneut heranzuziehen. Dieses besteht auch während der Entsendung zu einem Entleiher, soweit es nicht die in die Befugnis des Letzteren fallende Konkretisierung der Arbeitsleistung betrifft. Im Wesentlichen wurde es bereits als das Recht des Verleihers beschrieben, den Überlassenen einem Entleiherbetrieb zuzuweisen und ihn jederzeit von dort wieder abzuberufen.87 Ob diese primäre Weisungszuständigkeit, die unabhängig von den im arbeitsrechtlichen Dreiecksverhältnis bestehenden Rechtsbeziehungen gegeben ist, aber auch Gegenstand der Mitbestimmung sein kann, wird unterschiedlich beurteilt und erscheint wegen der Orientierung an der Entscheidungsbefugnis in mitbestimmungspflichtigen personellen und sozialen Angelegenheiten zur Festlegung der Leitungsmacht als bedeutsam. ___________ 85 Siehe oben § 3 A.I.1. sowie ausführlich Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 60 ff. unter Abwägung der Prinzipien der Arbeitnehmernähe, Entscheidungsnähe und der Einheitlichkeit des Betriebsrats. Die gegen die Dominanz der einheitlichen Leitung erhobene Kritik ist im Wesentlichen auf zwei Aspekte zurückzuführen. So wird die Möglichkeit effektiver Mitbestimmung durch die Entscheidungsnähe in Frage gestellt. Daneben wird die Gefahr gesehen, dass durch Entscheidungen des Unternehmers in Form einer Änderung der Leitungsstruktur der nicht dispositive Betriebsbegriff in dessen Belieben gestellt wird (Gamillscheg, AuR 2001, 411 (413); Kittner, AuR 1995, 385 (394)). Damit bleibt aber unberücksichtigt, dass das BetrVG von seiner Anlage her nur in der vom Unternehmer gestalteten und so vorgefundenen Organisation Anwendung findet (Heither, JbArbR, Bd.36, S. 37 (42); GK-BetrVG/Kraft, § 4 Rn.20; Wißmann, NZA 2001, 409 (409)). So sind zwar Rückwirkungen auf die Bestimmung der betriebsratsfähigen Einheit möglich. Solche Gefahren bestehen aber bei der Orientierung an der räumlichen Nähe oder an belegschaftsbezogenen Momenten nicht minder, sind aber wie die Veränderungen der Leitungsstruktur wegen des primär wirtschaftlichen und nicht am Unterwandern der Betriebsverfassung orientierten Unternehmerhandelns nicht überzubewerten. Zudem gewähren die §§ 21a f. BetrVG ein Mindestmaß an Kontinuität der Betriebsratstätigkeit. Kittner (AuR 1995, 385 (394)) befürchtete nach der Rechtslage vor dem BetrVerf-ReformG noch einen Wegfall des Betriebsrats „von heute auf morgen“. 86 Die sog. arbeitnehmerbezogenen Maßnahmen (z.B. Durchführung von Betriebsversammlungen und Sprechstunden) tragen dagegen nur ergänzende Funktionen zum in der Interessenvertretung gegenüber dem Arbeitgeber bestehenden Hauptzweck (Heither, JbArbR, Bd.36, S. 37 (41). A.A. DKK/Trümner, § 1 Rn.46). 87 Siehe oben § 1 A.II.
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So wurde das vom Verleiher ausgeübte Weisungsrecht in Form der Entsendung des Leiharbeitnehmers zu einem Entleiher durch Säcker/Joost88 lediglich unter dem Gesichtspunkt der Versetzung gemäß § 99 I BetrVG betrachtet und die Mitbestimmungspflicht im Hinblick auf § 95 III 2 BetrVG verneint. Letzterer bestimmt, dass die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs dann nicht als Versetzung gilt, wenn Arbeitnehmer aufgrund der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt sind. Dieser Ausschlusstatbestand wird bei Leiharbeitnehmern zwar regelmäßig einschlägig sein.89 Damit ist aber der Katalog in Betracht kommender Beteiligungsrechte nicht erschöpft, wie eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats in sozialen Angelegenheiten aus dem Jahre 2001 verdeutlicht. Dort wurde bei einer Entsendung von Leiharbeitnehmern § 87 I Nr. 3 BetrVG für einschlägig gehalten, wenn die im Entleiherbetrieb übliche Arbeitszeit die vom Überlassenen bislang geschuldete übersteigt.90 Darüber hinaus ist durch den Grundsatz des gleichen Entgelts für Leih- und Stammarbeitnehmer, der sich seit dem Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt aus den §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG ergibt, durch eine regelmäßig zu erwartende Änderung der Höhe des Entgelts und seiner Grundlagen eine Mitbestimmung ___________ 88
Betriebszugehörigkeit, S. 57 f. Hierzu unten § 7 A.I.1.a). 90 BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer mit zust. Anm. Marschall. Allerdings fand diese Entscheidung im Schrifttum zwar überwiegend, aber keineswegs ausschließlich Zustimmung. Dem BAG folgend Ankersen (BB 2001, 2585 ff.), der allerdings wie Kaufmann (Zuordnung, S. 153) schon den Abschluss des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages für mitbestimmungspflichtig hält (hierzu unten § 7 B.II.2. Ferner Jaeger/Röder/Heckelmann/Baeck, Kap.12 Rn.26; FESTL, § 87 Rn.137; Hamann, Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA Nr. 63 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.236; DKK/Klebe, § 87 Rn.6; KRHS, § 87 Rn.1; Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 87 Rn.83; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.341; Sandmann/Marschall, Art.1 § 14 AÜG Anm.6; G. Schaub, ArbR-Hdb., § 120 Rn.93; Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1069 f.); T. Schneider, Zeitarbeit, Rn.529; W. Schneider, AiB 2002, 287 ff.; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.28; U. Weber/Ehrich/Hörchens/Oberthür, BetriebsverfassungsR, Teil H Rn.4; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.376; HSWG/Worzalla, § 87 Rn.193b. A.A. und damit gegen ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr. 3 BetrVG aber die Vorinstanz (LAG Köln 6.6.2000, EzAÜG Nr. 43 zu § 14 AÜG Betriebsverfassung) sowie Dewender, Betriebsfremde, S. 67; Kraft, SAE 2002, 45 (46); Raab, ZfA 2003, 389 (443). Nach Zeuner (FS Hilger/Stumpf, S. 771 (776)) rechtfertigt es die Entscheidung des Verleihers über den weiteren Arbeitseinsatz neben der nach früherer Rechtslage zwingenden zeitlichen Begrenzung der Überlassung, den gewerbsmäßig Überlassenen betriebsverfassungsrechtlich seinem festen Ort zuzuweisen. Thüsing (ZIP 2003, 693 (702)) spricht im Zusammenhang mit der Mitbestimmung bei der Entsendeentscheidung von einer Ausnahme vom Grundsatz, dass es keine „überlappenden“ Betriebe gibt. Hierauf wird noch zurückzukommen sein (§ 5 B.). 89
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bei der im Einzelfall erfolgenden Überlassung aufgrund einer Ein- oder Umgruppierung gemäß § 99 I 1 BetrVG denkbar.91 Ohne bereits an dieser Stelle die Einschlägigkeit der verschiedenen Mitbestimmungsrechte zu vertiefen, ist ersichtlich, dass selbige bei der Entsendeentscheidung des Verleihers keineswegs von vornherein ausgeschlossen sind. Das von der Betriebsverfassung gebildete Korrektiv zur arbeitgeberseitigen Direktions- und Organisationsmacht, das die herausragende Stellung des Merkmals der einheitlichen Leitung begründet, ist vielmehr schon durch diese potentielle Mitbestimmungspflichtigkeit der angesprochenen arbeitgeberseitigen Maßnahmen als typischer Ausschnitt des Spektrums von Entscheidungen des Verleihers angesprochen. Schon die Entsendeentscheidung ist daher geeignet, die Unterwerfung unter die Leitungsmacht des Verleihers zur Begründung einer Betriebszugehörigkeit zu dokumentieren, selbst wenn nach einer Prüfung die Beteiligungsrechte im Einzelfall nicht bestehen sollten. An diesem Befund ändert auch der Verweis auf den regelmäßig unabhängig voneinander erfolgenden Einsatz der Leiharbeitnehmer nichts.92 Er ist zwar insoweit zutreffend, als es an einem arbeitsteiligen Vorgehen aus Sicht des entsendenden Betriebs fehlt. Dies lässt aber nicht den Schluss zu, dass keine Zusammenhänge zwischen den einzelnen Beschäftigungsverhältnissen bestehen. So bedingt schon die regelmäßige Austauschbarkeit der Zeitarbeitskräfte Wechselwirkungen, die eines kollektiven Ausgleichs bedürfen, zumal die Entscheidungen in Bezug auf das beim Verleiher verbliebene Weisungsrecht von ein und derselben Stelle getroffen werden. Diesem Weisungsrecht sind Leiharbeitnehmer nicht minder ausgesetzt als in Fällen des kollegialen Zusammenwirkens, sodass schließlich eine Beschränkung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Repräsentation auch unter teleologischen Gesichtspunkten nicht angezeigt ist. Es ist damit festzuhalten, dass Leiharbeitnehmer einer Leitungsmacht unterliegen, die durch den Verleiher ausgeübt wird. Ob aber sämtliche (Leih-)Arbeitnehmer des Verleihunternehmens von derselben Leitungseinheit erfasst sind oder ob wegen getrennter Organisationsstrukturen auch innerhalb der durch § 3 I Nr. 2 AÜG vorgeschriebenen Betriebsstätte93 verschiedene Betriebe anzunehmen sein können, ist einzelfallabhängig.94 Dies gilt auch bei ei___________ 91
Hierzu ausführlich unten § 7 A.III. Säcker/Joost (Betriebszugehörigkeit, S. 27 f.) haben die Frage aufgeworfen, ob ein Betrieb bestehen kann, wenn sich ein Unternehmen darauf beschränkt, Arbeitnehmer unabhängig voneinander einzusetzen. Ein solcher Fall soll insbesondere bei der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung gegeben sein (S. 57). 93 Ulber, AÜG/AEntG, § 3 Rn.63. 94 Dieses Problem stellt sich freilich auch bei Anwendung von § 14 I AÜG, nachdem zu prüfen ist, welchem bei mehreren in Frage kommenden Betrieben des Verlei92
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ner Orientierung an Kompetenz-Kompetenzen einer zentralen Leitung in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten95 und ist letztlich von der organisatorischen Verknüpfung der arbeitstechnischen Zwecke Verwaltung und Dienstleistung abhängig96.
cc) Einheitlichkeit der Belegschaft und zeitbezogene Momente Sowohl die Konstituierung eines Betriebs als auch die Zuordnung des Leiharbeitnehmers nach allgemeinen Kriterien könnte schließlich an einer fehlenden Einheitlichkeit der Belegschaft scheitern. So ist in der Tat fraglich, ob sich aufgrund des ständig wechselnden Einsatzes der Leiharbeitnehmer außerhalb der Betriebsstätte eine einheitliche Belegschaft entwickelt,97 die sich durch ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Beschäftigten beschreiben lässt98. Andererseits ist aber zu prüfen, inwieweit dieses Merkmal notwendige Bedingung für die Anerkennung eines Betriebs und die Zuordnung zum selben ist. Soweit der Einheitlichkeit der Belegschaft die maßgebliche Rolle im Rahmen des Betriebsbegriffs zugeschrieben wird,99 kann dieser Ansatz auf eine ___________ hers der Leiharbeitnehmer anzusiedeln ist. Das Zuordnungsproblem präjudiziert damit nicht die Frage, ob § 14 I AÜG konstitutiver oder deklaratorischer Natur ist. 95 Hierzu Hanau, ZfA 1990, 115 (120). Dem folgend Oetker, AuR 1991, 359 (367). 96 Zur Anerkennung eines einheitlichen Betriebs trotz unterschiedlicher arbeitstechnischer Zwecke Oetker, AuR 1991, 359 (369); Stege/Weinspach/Schiefer, § 1 Rn.6. Zur bloßen Indizwirkung eines einheitlichen arbeitstechnischen Zwecks bei der Bestimmung der organisatorischen Einheit schon § 3 A.I.1. 97 Vgl. etwa den Hinweis von Baeck/Göpfert (WiB 1997, 1289 (1290)) auf fehlende persönliche und soziale Kontakte bei kurzen Einsätzen. 98 Vgl. FESTL, § 1 Rn.76 und GK-BetrVG/Kraft, § 4 Rn.18, die selbst diesem Merkmal die Aussagekraft absprechen. Ferner M. Müller (NZA 2002, 424 (428)) mit der Bezeichnung des BetrVG als unpersönlichen Normenkomplex. Dagegen bestimmt Hess (HSWG, § 1 Rn.15) die Einheitlichkeit der Belegschaft anhand folgender Kriterien: gestellter Arbeitsauftrag, räumliche Zusammenarbeit, einheitliche Organisation bezüglich Leitung und Entscheidungen in sozialen Angelegenheiten. Auf die Bedeutung dieser Merkmale wurde bereits oben § 3 A.I.1. eingegangen. 99 BAG 23.9.1960, AP Nr. 4 zu § 3 BetrVG. Ferner Oehmann, DB 1964, 587 (588): Gemeinschaft mit Gemeinschaftsgefühl; Kohte (RdA 1992, 302 (310) und BB 1992, 137 (141 f.)): Soziales Beziehungsgefüge als Netz von Interaktionen und Kommunikationsabläufen, in dessen Rahmen die einheitliche Leitung nur Anzeichen für eine Einheitlichkeit ist. Zustimmend Ziemann (AuR 1990, 58 (60)), gestützt auf die vorangegangene Habilitationsschrift „Betrieb und Unternehmen“ Kohtes. A.A. Heither, JbArbR, Bd.36, S. 37 (42), wonach ein derartiges Zusammengehörigkeitsgefühl in tatsächlicher Hinsicht zufällig ist und wenig Aussagekraft besitzt. Ferner schon Hueck/Nipperdey I, S. 93 Fn.4, dem zufolge der Betrieb der äußere Rahmen ist, innerhalb dessen sich die Betriebsgemeinschaft entwickeln soll und Wiese, FS D. Gaul, S. 553 (564).
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von der herrschenden Meinung abweichende Auffassung darüber zurückgeführt werden, wann eine effektive Mitbestimmung gewährleistet ist100. Die Betonung der Arbeitnehmernähe als Effektivitätsgesichtspunkt darf deshalb aber nicht dazu führen, die Existenz einer betrieblichen Organisation in Frage zu stellen, sodass dieses Merkmal allenfalls die Frage der Abgrenzung von Betrieben statt ihrer Konstituierung betreffen sollte.101 Damit ist die mit der Betriebsdefinition verfolgte Bildung homogener Wählerschaften102 angesprochen, woraufhin zumindest die Beurteilung der Betriebszugehörigkeit mit dem zusätzlichen Element einer soziologischen Gruppenverbundenheit anzureichern sein könnte103. Dem Ansatz ist zuzugeben, dass bezüglich beteiligungsrelevanter Fragen innerhalb der Wahleinheit überhaupt eine repräsentationsfähige Interessengemeinschaft bestehen muss,104 da eine kollektive Interessenvertretung sonst auch undenkbar ist. Freilich kann dies unbeschadet abweichender gesetzlicher Sonderregelungen105 nicht soweit gehen, für die Bestimmung der Betriebszugehörigkeit eines Arbeitnehmers generell eine tiefere Betriebsverbundenheit zu fordern.106 Die verlangte Homogenität wird nämlich objektiv schon durch die den Arbeitnehmern gegenüberstehende Leitungsmacht hergestellt.107 Darüber hinaus sind auch die Leih___________ 100 Deutlich bei Kohte (BB 1992, 137, (141)) und Trümner (DKK, § 1 Rn.48). Die die einheitliche Leitungsmacht in den Vordergrund rückende h.M. sieht dagegen nicht in der Arbeitnehmernähe, sondern in der Entscheidungsnähe das tragende Prinzip, sodass der Betriebsrat „in gleicher Augenhöhe“ mit der Betriebsleitung gebildet wird, siehe oben § 3 A.I.1. 101 Ein mangelndes Zusammengehörigkeitsgefühl kann freilich ein tatsächliches Hindernis für die Wahl eines Betriebsrats darstellen. Hierzu Göbel, BlStSozArbR 1973, 303 (313 f.); Möller-Lücking, JbArbR, Bd.11, S. 55 (63). 102 Vgl. Franzen, ZfA 2000, 285 (288); Gamillscheg, AuR 2001, 411 (413 ff.); DKK/Trümner, § 1 Rn.48. 103 Hierzu im Ansatz, aber schließlich ablehnend Oetker, AuR 1991, 359 (364). 104 Brors, NZA 2003, 1380 (1381). 105 Hierauf wird bei der Untersuchung des § 7 S.2 BetrVG zurückzukommen sein, der jedoch allein die betriebsverfassungsrechtliche Stellung im Entleiherbetrieb betrifft. 106 Kohte, BB 1992, 137, (141). Die in der älteren Rechtsprechung vertretene a.A. (LAG München 26.6.1953, RdA 1953, 438 f.) leitet diese sog. materielle Betriebsverbundenheit aus den §§ 7 und 49 I BetrVG 1952 ab, verkennt aber, dass weder die räumliche Nähe ausschlaggebend, noch außerhalb der §§ 7 S.2 bzw. 8 BetrVG die Dauer des Einsatzes von Bedeutung ist. Zur Kritik am Erfordernis der materiellen Betriebsverbundenheit schon Molitor (BB 1955, 33 (35)), dem zufolge das BetrVG von der nicht nachweisbedürftigen Betriebsverbundenheit aller Arbeitnehmer ausgeht, selbst wenn diese im Einzelfall geringer oder andersgeartet ist. Ferner Becker, Teilzeitbeschäftigung, S. 161 ff. 107 Vgl. auch Kraft (GK-BetrVG, § 4 Rn.8), dem zufolge die einheitliche Belegschaft nur Kehrseite der einheitlichen Organisation in Bezug auf die Leitung und Entscheidungen in personellen und sozialen Angelegenheiten ist.
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arbeitnehmer an den Verleiher arbeitsvertraglich gebunden und es ist davon auszugehen, dass sie die Fortsetzung und Sicherung dieser Bindung anstreben108. Damit sind gleichgelagerte Interessen Einzelner vorhanden, die eine kollektive Repräsentation durch den Betriebsrat legitimieren. Ein diese Einzelinteressen überlagerndes Gruppeninteresse im engeren Sinne ist dagegen nicht erforderlich, um ein homogenes Wahlvolk annehmen zu können.109 Folglich ist § 14 I AÜG auch unter Berücksichtigung der Einheitlichkeit der Belegschaft keine konstitutive Bestimmung. Daneben ist seit dem Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt zu berücksichtigen, dass eine Höchstüberlassungsdauer desselben Leiharbeitnehmers an denselben Entleiher nicht mehr festgelegt ist. Im Rahmen der Vorgaben des § 1 II AÜG ist es daher zumindest möglich, dass der überlassene Arbeitnehmer dauerhaft entsandt wird und damit eine weitere Lockerung des Kontakts zum verleihenden Betrieb einhergehen kann.110 Auswirkungen auf die Bestimmung der Betriebszugehörigkeit anhand allgemeiner Kriterien könnten insofern anzunehmen sein, als die Rechtfertigung von § 14 AÜG teilweise im zeitlich begrenzten Einsatz bei Dritten gesucht wurde111 und diese Auffassung auch Autoren teilen, die vom deklaratorischen Charakter der Bestimmung ausgehen112. ___________ 108
Hierzu Bors, NZA 2003, 1380 (1381). Zurückhaltender Baeck/Göpfert, WiB 1997, 1289 (1290). 110 Die Bundesagentur für Arbeit erfasst die Dauer der Überlassungen einzelner Arbeitnehmer nicht. Im 9. Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes -AÜG- sowie über die Auswirkungen des Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung -BillBG- (BTDrucks.14/4220, S. 10 f.) wird aber aus der Dauer des Leiharbeitsverhältnisses geschlossen, dass auch die Zeit der Überlassung nur kurz ist. Schon das Leiharbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher währte im ersten Halbjahr 2001 in 11,6% der Fälle weniger als eine Woche, in 57,7% weniger als drei Monate (vgl. Walwei, EuroAS 2002, 149 (161)). Anders stellt sich die Situation laut Erfahrungsbericht nur bei Vertretungen von Schwangeren oder Kranken bei hochqualifizierten Arbeitnehmern dar. Im Übrigen wurde also schon in der Vergangenheit die mittlerweile aufgehobene Höchstüberlassungsdauer nicht ausgenutzt, sodass zunächst auch nach Wegfall der zeitlichen Begrenzungen durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (vgl. zu diesem Gesetz schon oben Einleitung A.) vom Überwiegen kurzfristiger Überlassungen auszugehen ist, wenngleich eine Zunahme längerer Beschäftigungen zu konstatieren ist (Pressemitteilung des Bundesverbands Zeitarbeit Personaldienstleistungen e.V. vom 17.12.2004). Zur möglichen Lockerung der Beziehung zum Verleihbetrieb wegen zunehmender Entleihdauer auch Bremeier, Reichweite, S. 277. 111 Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (309). Anders Zeuner (FS Hilger/Stumpf, S. 771 (776)), dem zufolge es die Entscheidung des Verleihers über den weiteren Arbeitseinsatz neben der nach früherer Rechtslage zwingenden zeitlichen Begrenzung der Über109
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Allerdings kann es bei Berücksichtigung der zeitlichen Komponente für die Interpretation des § 14 I AÜG unter Betrachtung der bisherigen Ergebnisse113 auf die Dauer der Überlassung nicht ankommen. Dies ergibt sich aus der am Betriebsbegriff orientierten Bestimmung der Betriebszugehörigkeit als Verfolgung eines arbeitstechnischen Zwecks innerhalb der Organisation des Betriebsinhabers. Für diese Merkmale ist es unerheblich, wie lange die Entsendung währt, nachdem das für die Organisationszugehörigkeit als entscheidend herausgearbeitete Merkmal der Weisungsunterworfenheit in Gestalt des primären Weisungsrechts fortdauernd besteht und die verleiherbetriebliche Zielsetzung in Form der Arbeitnehmerüberlassung als Dienstleistung weiterhin gefördert wird. Die Leiharbeitnehmer bedürfen vielmehr des betriebsverfassungsrechtlichen Schutzes, solange der Verleiher noch Arbeitgeberbefugnisse ausübt bzw. ausüben kann,114 zumal die arbeitsvertragliche Bindung unverändert fortdauert115. Deshalb kann auch bei der langandauernden Überlassung die Zuordnung zum Verleiher anhand allgemeiner Kriterien nicht in Frage stehen.116 ___________ lassung rechtfertigt, den gewerbsmäßig Überlassenen betriebsverfassungsrechtlich seinem festen Ort zuzuweisen. Vgl. aus der Literatur von Inkrafttreten des AÜG Mittmann (Leiharbeit, S. 149 ff.), der zur Bestimmung der Betriebszugehörigkeit zum Ver- und/oder Entleiherbetrieb danach differenziert, wo sich der Leiharbeitnehmer einen an sechs Monaten orientierten Zeitraum lang in Einsatz befindet. Ferner aus der Literatur vor dem BillBG Mumot (Beteiligungsrechte, S. 67), der aufgrund der nur vorübergehenden Ausleihe und der fortdauernden Bindung die Einordnung in die Organisation des heimatlichen Betriebs annimmt. 112 So noch Richardi, BetrVG8, § 5 Rn.100 mit FS Floretta, S. 595 (599) sowie NZA 1987, 145 (146); GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.40 f.; 45 f. 113 Es sei in Erinnerung gerufen: Verfolgung des arbeitstechnischen Zwecks des Verleihers durch den Leiharbeitnehmer; Einbeziehung des Leiharbeitnehmers in die Weisungsmacht des Verleihers als entscheidendes Kriterium für die Organisationszugehörigkeit, Unerheblichkeit eines Zugehörigkeitsgefühls oder des Tätigwerdens außerhalb einer Betriebsstätte. 114 Hamann, NZA 2003, 526 (529). 115 Brors, NZA 2003, 1380 (1381). Sie sieht in der arbeitsvertraglichen Bindung das Mittel zur eindeutigen Zuordnung zum Betrieb, da hierdurch der kurzzeitige Einsatz von längerfristigen Bindungen unterschieden werden kann. Hierauf wird bei der Frage der Zuordnung zum Entleiherbetrieb zurückzukommen sein, siehe unten § 3 B.I.2.c)dd). 116 Entsprechend sind die oben angegebenen Belege auch nur dahingehend zu verstehen, dass sie die von der h.M. aus § 14 AÜG abgeleitete exklusive Zuordnung zum Verleiher bei bloß partieller Zugehörigkeit zum Entleiher im Rahmen der nicht gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung, bei der § 14 AÜG nicht direkt anwendbar ist, in Frage stellen. Wegen der permanenten Verfolgung des arbeitstechnischen Zwecks ist auch die Parallele zum beurlaubten Arbeitnehmer allenfalls bei nicht gewerbsmäßiger Arbeitneh-
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
Betriebsverfassungsrechtliche Konsequenzen sind dagegen aus den Individualrechtsbeziehungen im Dreiecksverhältnis heraus zu ziehen, wenn der „Verleiher“ Arbeitsvermittlung betreibt.117 Dann ist nämlich in Frage zu stellen, inwieweit der arbeitstechnische Zweck dieses Betriebs noch im Verleih von Arbeitnehmern besteht, was bei allein arbeitsvermittelnden Betrieben nicht der Fall ist. Daneben ist selbst in Mischbetrieben für die konkret zuzuordnende Arbeitsperson die Betriebszugehörigkeit im Falle ihrer Arbeitsvermittlung stets zu verneinen118, sei es aufgrund der mangelnden Unterstützung des Betriebswecks119 oder weil der Arbeitnehmer selbst dessen Gegenstand ist120. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der deklaratorische Charakter des § 14 I AÜG zeitlich begrenzt ist und die Norm im Falle einer andauernden Überlassung konstitutive Bedeutung erlangen kann. Es geht ausschließlich um die betriebsverfassungsrechtlichen Konsequenzen der Abgrenzung der Arbeitsvermittlung von der Arbeitnehmerüberlassung, zumal auf diese allein § 14 AÜG anwendbar ist. Damit spricht auch die Berücksichtigung der zeitlichen Aspekte nicht gegen eine Zuordnung des Leiharbeitnehmers zum Verleiherbetrieb anhand allgemeiner Kriterien.121 ___________ merüberlassung diskutabel (hierzu Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (313); Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 49). 117 Die Frage, ob schon das Eingreifen der reinen Vermutung der Arbeitsvermittlung (§ 1 II AÜG) betriebsverfassungsrechtliche Folgen hat, soll hier nicht vertieft werden. Die praktische Bedeutung ist nach dem Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl.I 2002, S. 4607) nach dem Wegfall der Höchstüberlassungsdauer geringer geworden, obgleich die Überlassungsdauer nach wie vor eine Rolle spielt (vgl. Ulber, AuR 2003, 7 (10)). Gegen die Bedeutsamkeit der Vermutung würde die vom Schutzzweck des BetrVG verschiedene Zwecksetzung des § 1 II AÜG sprechen, die in der Abgrenzung zur Arbeitsvermittlung zu sehen ist. Etwas anderes gilt nicht nur auf Basis der Zweikomponententheorie (hierzu oben § 2 C.), wenn beim Eingreifen der Vermutungswirkung von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Verleiher ausgegangen wird bzw. ein solches gar nicht begründet wurde (zum Streitstand GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.41; Kerstin Schmidt, Arbeitsvermittlung, S. 127 ff.; Ulber, AÜG/AEntG, Einleitung D Rn.47). Zur Bezugnahme auf Vermutungen in anderen Rechtsvorschriften Liebs, Gedächtnisschrift Rödig, S. 286 (294 ff.). Allgemein zu Vermutungen H. Schneider, Gesetzgebung, Rn.364 ff. 118 Zu stark an der arbeitsvertraglichen Beziehung orientiert dagegen KassHdb/Düwell, 4.5 Rn.308. Im Ergebnis wie hier Hamann, NZA 2003, 526 (529). 119 Der Vermittelte kann nicht mehr als Förderer des unter Umständen noch zu bejahenden Zwecks der Arbeitnehmerüberlassung bei Mischunternehmen angesehen werden. 120 Dies wäre der Fall, wenn die Arbeitsvermittlung Betriebszweck ist. 121 Vgl. auch Hamann, NZA 2003, 526 (527): Wegen der unbefristeten Einsatzmöglichkeiten des Arbeitnehmers bei ein und demselben Entleiher ist bei entsprechend
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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III. Zusammenfassung Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass die bei Verleihern regelmäßig vorhandene Organisationsstruktur als Betrieb i.S.d. Betriebsverfassungsrechts anzusehen ist. Dieser entscheidend durch die einheitliche Leistungsmacht geprägten organisatorischen Einheit sind die Leiharbeitnehmer, die jedenfalls auf arbeitsvertraglicher Basis mit dem Verleiher verbunden sind, aufgrund ihrer weisungsunterworfenen Verfolgung des arbeitstechnischen Zwecks des Verleihers nach allgemeinen Kriterien zugeordnet. Anhand der im Einzelfall zu ermittelnden Organisationsformen und hier insbesondere der Leitungsstrukturen ist jedoch zu entscheiden, ob die Leiharbeitnehmer eine eigenständige Organisation bilden und daher einen eigenen Betriebsrat wählen oder aber eine zusammen mit anderen Bereichen wie etwa der Verwaltung verbundene Einheit darstellen. In beiden Fällen besitzt die Regelung in § 14 I AÜG einen deklaratorischen Charakter, soweit sie die Zuordnung des Leiharbeitnehmers zu einem Verleiherbetrieb betrifft.
B. Die Zugehörigkeit zum Betrieb des Entleihers Nachdem die Zugehörigkeit zum Betrieb des Verleihers nicht allein durch die deklaratorische Bestimmung in § 14 I AÜG feststeht, kann nunmehr genauer untersucht werden, wie sich die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb gestaltet. Als Ausgangspunkt der Überlegungen ist anzuführen, dass der Arbeitnehmer im Leiharbeitsverhältnis zwar einerseits für den Betrieb des Verleihers tätig wird, aber gleichwohl die Arbeitsleistung in der organisatorischen Einheit des Entleihers nach dessen Vorstellungen und Weisungen erbringt.122 Die Betrachtung dieses Einsatzes zeigt, dass der Leiharbeitnehmer sich insoweit nicht vom Stammpersonal unterscheidet123: Wie der an den Betriebsinhaber vertraglich Gebundene wird auch der Überlassene zur Verfolgung des Betriebszwecks eingesetzt und unterliegt dem Weisungsrecht des sog. Beschäftigungsarbeitgebers, das regelmäßig Zeit, Ort und Dauer der abhängigen Dienstleistung betrifft. Damit hat sich die Zeitarbeitskraft beim Entleiher wie typischerweise jeder andere Arbeitnehmer auch in einen fremdbestimmten Ar___________ langer Überlassung der Verleiher „praktisch nur noch als externalisiertes Personalbüro“ zu bezeichnen. Betriebsverfassungsrechtliche Konsequenzen aus dieser Metapher zieht auch Hamann für die Zuordnung zum Verleiher nicht. 122 Siehe oben § 1 A.III. 123 Bremeier, Reichweite, S. 263; Erdlenbruch, Stellung, S. 58; Stückmann, DB 1999, 1902 (1903).
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
beits- und Lebensbereich einzufügen. Mit einer wachsenden Einsatzdauer besteht dann auch ein gesteigertes Interesse an einer Gestaltung der dortigen Ordnung. Diese mit dem Schutzauftrag des Betriebsverfassungsrechts124 parallel verlaufenden Belange der Zeitarbeitskräfte können allerdings durch eine beim Verleiher gebildete Vertretung nicht befriedigt werden.125 Wie bereits angesprochen, bildet den Grund hierfür der eingeschränkte Einflussbereich eines Betriebsrats, der grundsätzlich auf den Betrieb begrenzt ist, für den er gebildet wurde.126 Letzteres ist selbst dann zu beachten, wenn das Weisungsrecht beim Verleiher verbleibt und durch den Entleiher lediglich ausgeübt wird127. Das Betriebsverfassungsrecht als kollektiver Arbeitnehmerschutz knüpft nämlich an die Wahrnehmung der betrieblichen Leitungsmacht an, die aber auch in einer derartigen Gestaltung nicht durch den Verleiher erfolgt, sondern durch den Entleiher in dessen organisatorischer Einheit zur Verfolgung der eigenen arbeitstechnischen Zwecke. Von diesen Gegebenheiten unabhängig ist zwar denkbar, dass der Verleiher schon vor der Entsendung mit „seinem“ Betriebsrat Maßgaben für die Übertragung der Arbeitgeberbefugnisse vereinbart und Letztere damit beeinflusst werden.128 Davon abgesehen, dass hierdurch im Hinblick auf das Weisungsrecht zwar der wichtigste Schutzaspekt des Betriebsverfassungsrechts abgedeckt werden könnte, aber eben nicht sämtliche mit der Eingliederung in den fremden Organisationsbereich einhergehende Bedürfnisse Berücksichtigung finden, wird allen Beteiligten auch ein unflexibles Instrument an die Hand gegeben. Dessen Wirksamkeit ist zudem wiederum aufgrund des beschränkten ___________ 124
Siehe oben § 2 A. Insbesondere zur Limitierung des Weisungsrechts BAG 14.5.1974, AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972; Dewender, Betriebsfremde, S. 105; Halbach, DB 1980, 2389 (2390); Hamann, NZA 2003, 526 (530); Kort, ZfA 2000, 329 (367); Raab, ZfA 2003, 389 (439); DKK/Trümner, § 5 Rn.78a; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.29. Stückmann (DB 1999, 1902 (1905)) erwägt eine Analogie zu § 14 I AÜG dergestalt, dass der Verleiherbetriebsrat alle Mitbestimmungsrechte im Entleiherbetrieb wahrnimmt, sofern beim Entleiher keine betriebliche Interessenvertretung gebildet ist. Im Ergebnis lehnt jedoch Stückmann selbst diesen fern liegenden Ansatz zutreffend ab. 126 Siehe oben § 2 B. und vgl. auch Wißmann, NZA 2001, 409 (412). Wank (ErfK, § 14 AÜG Rn.29) verweist zudem auf die Unkenntnis der Umstände im Entleiherbetrieb seitens des Verleiherbetriebsrats sowie auf die differenzierte Regelung in § 14 AÜG. 127 Zu den individualrechtlichen Gestaltungen, in denen der Entleiher kein eigenes Forderungsrecht erlangt, oben § 1 A.III.2. 128 I. Natzel, Betriebszugehörigkeit, S. 168; Stückmann, DB 1999, 1902 (1905). Ferner unten § 7 B.III.1.b) zur Mitbestimmungspflicht der Übertragung der Weisungsbefugnisse. 125
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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Zuständigkeitsbereichs des Betriebsrats zweifelhaft129 und muss sich vor allen Dingen in den Grenzen des AÜG und des BetrVG, dort insbesondere des § 3, halten130. Zur Mitgestaltung der Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer und dabei insbesondere zur Bildung einer effektiven Gegenmacht zum arbeitgeberseitigen Alleinbestimmungsrecht ist folglich eine betriebsverfassungsrechtliche Integration in den Entleiherbetrieb angezeigt. Nachdem die Angehörigkeit zum Verleiherbetrieb gemäß § 14 I AÜG feststeht, wäre dies aber schon von vornherein ausgeschlossen, wenn eine doppelte Betriebszugehörigkeit prinzipiell unzulässig ist. Eine gesetzliche Regelung dieser Frage findet sich allerdings nur für die in Heimarbeit Beschäftigten in § 5 I 2 BetrVG.131 Heimarbeiter sind nur in dem Betrieb, für den sie zeitlich überwiegend132 tätig sind, Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes und können daher in dieser Eigenschaft nur einem einzigen Betrieb angehören. Dass hieraus aber keine Verallgemeinerungen zu ziehen sind,133 belegt schon der Ursprung der Norm, die auf § 11 II BRG134 zurückgeht. Gerade im Betriebsrätegesetz wird jedoch die an sich mögliche doppelte Betriebszugehörigkeit belegt, nachdem § 20 III135 lediglich die Wählbarkeit, nicht aber das die Betriebszugehörigkeit gleichfalls voraussetzende136 aktive Wahlrecht eines Arbeitnehmers in mehreren Betrieben ausschloss137. Für eine Revidierung dieser Auffassung durch die Betriebsverfassungsgesetze aus den Jahren 1952 und 1972, in denen zwar eine dem § 20 III BRG entsprechende Regelung fehlt, finden sich keine Anhaltspunkte. ___________ 129
Das mögliche Umsetzungsdefizit räumt I. Natzel selbst ein (Betriebszugehörigkeit, S. 168 Fn.645). 130 Kort, ZfA 2000, 329 (368). Enger Hamann, Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA Nr. 63 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit. 131 Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 105. 132 BAG 27.9.1974, AP Nr. 1 zu § 6 BetrVG 1972; Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 106. 133 BAG 27.9.1974, AP Nr. 1 zu § 6 BetrVG 1972; Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 106. Entsprechend haben sich Versuche, aus der Regelung für Heimarbeiter allgemeine Erwägungen abzuleiten, in der Vergangenheit nicht durchsetzen können. Vgl. etwa den Ansatz Säckers (Wahlordnung, Anm.49), der die Regelung für Heimarbeiter für Teilzeitbeschäftigte adaptieren wollte. 134 „Arbeiter im Sinne dieses Gesetzes sind ferner die in der Gemeinde des Betriebes oder in wirtschaftlich mit ihr zusammenhängenden, nahe bei ihr liegenden Gemeinden wohnenden Hausgewerbetreibenden (§ 3), welche in der Hauptsache für denselben Betrieb arbeiten und selbst keine Arbeitnehmer beschäftigen.“ 135 „Kein Arbeitnehmer ist in mehr als einem Betrieb wählbar.“ 136 Mansfeld, BRG, § 20 Anm.2d. 137 Flatow/Kahn-Freund, § 20 Anm.15 m.w.N.
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
Es kann folglich davon ausgegangen werden, dass das Betriebsverfassungsrecht auch in der gegenwärtigen Fassung eine doppelte Betriebszugehörigkeit akzeptiert.138 Sie würde schließlich bei der hier interessierenden Arbeitnehmerüberlassung auch keinen ungerechtfertigten zweifachen Schutz der so Beschäftigten darstellen,139 da keine Kumulierung von Beteiligungsrechten in Rede steht140, sondern der mit der Aufspaltung von Arbeitgeberrechten zu besorgenden Verkürzung begegnet werden soll.141 Eine betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung zu zwei Betrieben ist damit möglich142 und geboten. Wie allerdings erwähnt, wird trotz der genannten teleologischen Erwägungen zumindest die vollständige Zugehörigkeit der Leiharbeitnehmer zum Entleiherbetrieb von der herrschenden Zweikomponententheorie abgelehnt. Sie verlangt neben der tatsächlichen Beziehung zum Betrieb ein durch Arbeitsvertrag oder ausnahmsweise kraft Gesetzes begründetes vollständiges Arbeitsverhältnis zwischen Betriebsinhaber und Arbeitsperson und damit mehr als ein Weisungsrecht bei bestehenden Nebenpflichten, wodurch das partielle Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer gekennzeichnet ist.143 Aufgrund der eingangs dargestellten Konformität zwischen dem Schutzzweck des Betriebsverfassungsrechts und dem Schutzbedürfnis der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb bedarf eine derartige Einschränkung jedoch der Rechtfertigung. Um diese zu leisten, verweist die herrschende Meinung auf die grundsätzliche betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung der gewerbsmäßig Überlassenen zum Verleiherbetrieb gemäß § 14 AÜG als legislativer Grund___________ 138
Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 106. So aber Bremeier, Reichweite, S. 275; Erdlenbruch, Stellung, S. 72. 140 Hierzu auch Kort, ZfA 2000, 329 (365). 141 Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 42 f. Damit wäre auch den entsprechenden Bedenken von Kraft (FS Pleyer, S. 383 (392)) Rechnung getragen. 142 So expressis verbis Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 105; GK-BetrVG/Fabricius/Weber, § 42 Rn.16; Klinke, Außendienst, S. 126; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 7 Rn.28. Ferner BAG 11.4.1958, AP Nr. 1 zu § 6 BetrVG; 28.4.1964, AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG; 6.6.1978, AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972, Boemke, Schuldvertrag, S. 565 ff.; Franßen/Haesen, AÜG, Einl.IV Rn.37; Friedrich, BlStSozArbR 1964, 220 (223); Halbach, DB 1980, 2389 (2390 f.); Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.23 ff.; v. Hoyningen-Huene, FS Stahlhacke, S. 173 (183)); Kaufmann, Zuordnung, S. 79); KRHS, § 5 Rn.2; Mayer, AuR 1974, 353 (363); Maurer, BB 1974, 512 (513); Ramm, ZfA 1973, 263 (284) und DB 1973, 1170 (1174); W. Schneider/Trümner, FS Gnade, S. 175 (193); Windbichler, DB 1975, 739 (740); Mittmann, Leiharbeit, S. 151; Seiter, JurA 1971, 204 (214); Wiedemann, SAE 1965, 47 (47); Witten, Vertragsgestaltung, S. 209. 143 Siehe oben § 2 C. 139
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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entscheidung144 oder erkennt in der Bestimmung zumindest den Ausschluss einer vollständigen doppelten Betriebszugehörigkeit von Leiharbeitnehmern145. Seit der Betriebsverfassungsreform wird auch der vermeintliche Gegensatz zwischen Betriebszugehörigen und Wahlberechtigten in § 7 BetrVG herangezogen146 und zudem hervorgehoben, dass es dort der Zuerkennung des Wahlrechts für Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb gemäß S.2 nicht bedurft hätte, wenn diese schon nach allgemeinen Kriterien betriebszugehörig wären147. Darüber hinaus misst die herrschende Meinung der vertraglichen Komponente sogar ein größeres Gewicht bei, da betriebsverfassungsrechtliche Beteiligungstatbestände im Bereich der personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zumeist den rechtlichen Bestand eines Arbeitsverhältnisses voraussetzen.148 Ergänzend soll sich die Notwendigkeit eines Arbeitsvertrages aus dem Betriebsbegriff ergeben, der jedoch auch von den Opponenten herangezogen wird.149 Die vertragliche Bindung sei schließlich im Grundsatz das typische Moment, mit dem der kurzzeitige vom längerfristigen Einsatz unterschieden wird, der den Gleichlauf der Interessen der Belegschaftsangehörigen herstellt und damit die Einbeziehung in die Wahleinheit rechtfertigt.150 Ob diese Erwägungen geeignet sind, die (vollständige) Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer auszuschließen, soll im Folgenden geklärt werden. ___________ 144 BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972; Bremeier, Reichweite, S. 210; GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.19. 145 Raab, ZfA 2003, 389 (433); Stege/Weinspach/Schiefer, § 7 Rn.5; Udke, BuW 2004, 88 (88). 146 BAG 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; 10.3.2004, AP Nr. 8 zu § 7 BetrVG 1972; ArbG Berlin 11.9.2002 7 BV 14772/02, JURIS Nr. KARE600007070 (12.6.2003); Dewender, Betriebsfremde, S. 44, 47; Franke, NJW 2002, 656 (656); Hanau, ZIP 2001, 1981 (1982); GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.11, 74; Raab, ZfA 2003, 389 (433 f.); Udke, BuW 2004, 88 (88). 147 BAG 22.10.2003, AP Nr. 28 zu § 38 BetrVG 1972; LAG Düsseldorf 23.1.2003, BB 2003, 1437 (1437); LAG Hamm 15.11.2002, DB 2003, 342 (342); ArbG Herne 5.6.2002, DB 2002, 1782 (1782 f.); ArbG Mönchengladbach 3.7.2002, NZA-RR 2003, 22 (24); Brose, NZA 2005, 797 (798); Moderegger, ArbRB 2003, 82 (83); Schiefer, DB 2002, 1774 (1776); Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1078). Ferner Konzen, RdA 2001, 76 (83) und Wolf, JbArbR, Bd.40, S. 99 (108): § 7 S.2 BetrVG als Fiktion. 148 BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972; 10.3.2004, AP Nr. 8 zu § 7 BetrVG 1972. 149 So Barth, Beteiligungsrechte, S. 39; GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.19 einerseits und LAG Köln 23.7.1999, AiB 2000, 429 (429 ff.) mit Anm. W. Schneider; Boemke, AR-Blattei SD 540 (2005), Rn.18; Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 21; W. Schneider/Trümner, FS Gnade, S. 175 (184); DKK/Trümner, § 5 Rn.15; Ziemann, AuR 1990, 58 (62) andererseits. 150 Brors, NZA 2003, 1381.
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I. Gesetzliche Regelungen der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung im Entleiherbetrieb Der Gesetzgeber hat bei der Kodifizierung der Betriebsverfassung, zu der er aus dem Sozialstaatsgedanken heraus legitimiert und verpflichtet ist,151 einen weiten Gestaltungsspielraum152. Im Rahmen der vom Grundgesetz gezogenen Schranken allgemeiner Art153 ist es ihm damit unbenommen, den persönlichen Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes zu bestimmen.154 Aus diesem Grunde sind die gesetzgeberischen Äußerungen zur betriebsverfassungsrechtlichen Behandlung der Leiharbeitnehmer, die explizit in den §§ 14 AÜG und 7 S.2 BetrVG zum Ausdruck kommen, von übergeordneten verfassungsrechtlichen Wertungen inhaltlich kaum vorbestimmt. Diese Vorschriften prägen daher die Entscheidung autonom und sind folglich von besonderer Bedeutung.
1. § 14 AÜG § 14 I AÜG, der die Aufrechterhaltung der Betriebszugehörigkeit zum Verleiherbetrieb auch während der Entsendung bestimmt, soll der Zweikomponententheorie zufolge ergeben, dass eine tatsächliche Eingliederung ohne arbeitsvertragliche Bindung zum Betriebsinhaber zur Begründung der Betriebszugehörigkeit ungeeignet ist.155 Der Gesetzgeber habe der tatsächlichen Eingliederung der Leiharbeitnehmer insoweit Rechnung getragen, als er in § 14 II 2-3 BetrVG Individualrechte im Entleiherbetrieb zuerkennt und in Abs.3 die Beteiligung des dortigen Betriebsrats nach § 99 BetrVG bei der Übernahme vorsieht.156 Schließlich soll auch die in § 14 II 1 AÜG a.F. verankerte Versagung des aktiven und passiven Wahlrechts, die mittlerweile auf das Letztere beschränkt ist, gegen die Annahme einer doppelten Betriebszugehörigkeit sprechen.157 ___________ 151 Endres, Schwellenwertregelungen, S. 107. Auf die Legitimation beschränkt MünchArbR/v. Hoyningen-Huene, § 297 Rn.11. Vgl. ferner Rieble, RdA 2004, 78 (78). 152 GK-BetrVG/Wiese, Einleitung Rn.75. 153 In diesem Zusammenhang ist insbesondere Art.3 GG zu berücksichtigen. Hierzu unten § 3 B.II.3. 154 Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 117; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.44; Stückmann, DB 1999, 1902 (1905 f.); GK-BetrVG/Wiese, Einleitung Rn.49. 155 BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972; Dewender, Betriebsfremde, S. 50. 156 BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972; 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; Bremeier, Reichweite, S. 262; Raab, ZfA 2003, 389 (433). 157 BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972; Bremeier, Reichweite, S. 262; Raab, ZfA 2003, 389 (433).
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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Eine gesetzgeberische Entscheidung für die Erforderlichkeit eines Arbeitsvertrags mit dem Betriebsinhaber wäre § 14 I AÜG einerseits dann zu entnehmen, wenn die dort auch während der Entsendung angeordnete Zugehörigkeit zum Verleiherbetrieb konstitutiver Natur wäre; dass dies nicht zutrifft, ist bereits festgestellt worden.158 § 14 AÜG kann deshalb nur für die Zweikomponententheorie sowie den Ausschluss einer vollständigen doppelten Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer herangezogen werden, wenn die Angehörigkeit zum Entsendebetrieb nach Abs.1 sowie die in den Absätzen 2 und 3 beschriebene Situation im aufnehmenden Betrieb abschließend geregelt ist. Diese Frage ist umstritten159 und soll im Wege der Auslegung geklärt werden. Ziel ist es dabei, den heute rechtlich maßgeblichen Sinn der Vorschrift zu erschließen.160
a) Wortlaut und Systematik § 14 I AÜG ist zu entnehmen, dass Leiharbeitnehmer auch während der Überlassung verleiherbetriebsangehörig sind. Der Ausschluss einer daneben bestehende Zugehörigkeit zum Entleiherbetrieb ist damit gerade nicht ausdrücklich angeordnet.161 Allerdings muss berücksichtigt werden, dass nach der individualarbeitsrechtlichen Konzeption des § 1 I 1 AÜG nur der Verleiher Arbeitsvertragspartei ist, sodass eine Entsprechung auf betriebsverfassungsrechtlicher Ebene zu erwägen ist.162 Zudem ist § 14 I AÜG im Zusammenhang mit den Absätzen 2 ___________ 158
Siehe oben § 3 A.II. Für einen Ausschluss einer doppelten Betriebszugehörigkeit durch § 14 AÜG BAG 22.3.2000, AP Nr. 8 zu § 14 AÜG; Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.18; Bremeier, Reichweite, S. 262; Erdlenbruch, Stellung, S. 64 f.; Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.4; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.3 f.; Ch. Weber, Arbeitsverhältnis, S. 31. A.A. Barth, Beteiligungsrechte, S. 25 f.; Hamann, NZA 2003, 526 (527); W. Schneider/Trümner, FS Gnade, S. 175 (190). 160 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 139. Die Kontroverse, ob das Ziel der Auslegung der Wille des historischen Gesetzgebers (subjektive Theorie) oder die Erschließung des dem Gesetz selbst innewohnenden Sinns ist (objektive Theorie), kann an dieser Stelle nicht vertieft werden. Hierzu ausführlich Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 133 ff. 161 LAG Köln 23.7.1999, AiB 2000, 429 (429 ff.) mit Anm. W. Schneider; Küttner/Bachner, Personalbuch 2001 Leiharbeitnehmer, Rn.24; Barth, Beteiligungsrechte, S. 17; Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 117; Dewender, Betriebsfremde, S. 50; Hamann, NZA 2003, 526 (527); Kaufmann, Zuordnung, S. 79; Ratayczak, AiB 1997, 600 (601); DKK/Trümner, § 5 Rn.19 und 21; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1017; Witten, Vertragsgestaltung, S. 207. 162 Dewender, Betriebsfremde, S. 50 f.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.38. 159
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
und 3 zu betrachten. Die dortige Einräumung von Rechten und die Aussage zur Beteiligung des Entleiherbetriebsrats unter dem Gesichtspunkt der Einstellung könnten zur Folgerung verleiten, diese Anordnungen seien vor dem Hintergrund einer ausschließlichen Zuordnung zum Verleiherbetrieb in § 14 I AÜG zu sehen und in vollem Umfang konstitutiver Natur163. Andererseits ist die Gestaltung des Leiharbeitsverhältnisses wegen der grundsätzlichen Maßgeblichkeit der Arbeitsbedingungen beim Entleiher nunmehr seit der Hartz-Reform164 gemäß der §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG entleiherbetriebsbezogen,165 wenngleich der Verleiher als Arbeitgeber diese Bedingungen zu gewähren hat und er die Betriebszugehörigkeit zum Entleiher gerade nicht gewähren kann166. Entscheidender ist daher, dass § 14 II und III AÜG nicht die ausschließliche Anwendbarkeit der genannten Vorschriften auf Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb anordnet.167 Zudem hätte es bei einer alleinigen Zuordnung zum Verleiher durch § 14 I AÜG auch eines Ausschlusses des Wahlrechts der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb gemäß Abs.2 S.1 nicht bedurft,168 nachdem – unter Ausblendung des noch näher zu untersuchenden Charakters des § 7 S.2 BetrVG – ohnehin nur betriebszugehörige Arbeitnehmer wahlberechtigt sind169. Aus der Berücksichtigung von Wortlaut und Systematik kann damit kein eindeutiges Auslegungsergebnis gewonnen werden. Dieser Befund würde im Übrigen auch unter Berücksichtigung der geplanten EG-Richtlinie170 über Leiharbeit Geltung behalten. Art.5 I 1 RL-E171 bestimmt zwar, dass die we___________ 163 So Dewender, Betriebsfremde, S. 51; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.4; Witten, Vertragsgestaltung, S. 208. A.A. LAG Düsseldorf 30.11.2000, EzAÜG Nr. 9 zu § 14 AÜG; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.3. 164 Hierzu bereits oben Einleitung A. 165 ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn.4, ohne hieraus betriebsverfassungsrechtliche Konsequenzen zu ziehen. Zu den verschiedenen Modellen und der Entwicklung Wank, NZA 2003, 14 (19 ff.). Zu den individualarbeitsrechtlichen Folgen bereits oben § 1 A.III.1. 166 Dessen ungeachtet führt Klebe (DKK, § 87 Rn.6) dies als Beleg für die Anwendbarkeit von Mitbestimmungsrechten an. 167 Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 117. 168 Kaufmann, Zuordnung, S. 79; Witten, Vertragsgestaltung, S. 208. 169 Hamann, NZA 2003, 526 (528); Richardi/Thüsing, BetrVG, § 7 Rn.5; DKK/Trümner, § 5 Rn.27b sowie die Nachweise oben § 3 vor A. Weitergehender Schuster, Arbeitnehmer, S. 62. 170 Zur europarechtlichen Kompetenzfrage Rieble/Klebeck, NZA 2003, 23 (26 f.). 171 „Die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der Leiharbeitnehmer entsprechen während der Dauer ihrer Überlassung an ein entleihendes Unternehmen mindestens denjenigen, die für sie gelten würden, wenn sie von dem genannten Unternehmen unmittelbar für den gleichen Arbeitsplatz eingestellt worden wären.“
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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sentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen während der Überlassung mindestens denjenigen entsprechen müssen, die bei unmittelbarer Einstellung auf den gleichen Arbeitsplatz durch den Entleiher gelten würden.172 Die Frage der Betriebszugehörigkeit im Sinne des Betriebsverfassungsrechts stellt jedoch keine wesentliche Arbeits- oder Beschäftigungsbedingung dar, deren Gegenstände der Legaldefinition in Art.3 Nr. 1 f RL-E173 zu entnehmen sind.
b) Teleologische und historische Gesichtspunkte Ins Interesse rücken somit teleologische und historische Hintergründe, deren Ermittlung insbesondere anhand der BillBG-Entwurfsbegründungen174 der Bundesregierung sowie der Fraktionen der SPD und FDP unternommen werden soll. Dabei sind die Normvorstellungen der an der Vorbereitung des Gesetzes Beteiligten als sog. materielle Gesetzgeber lediglich Hilfen für das Verständnis einer Regelung, ohne für die Auslegung verbindlich zu sein.175 In den Ausführungen wird der als klarstellend bezeichnete § 14 I AÜG mit der auch während der Entsendung gegebenen Arbeitnehmerstellung gerechtfertigt, die der Überlassene gegenüber dem Verleiher einnimmt. An gleicher Stelle ist jedoch unter Hinweis auf die allgemeine Schutzfunktion176 des Betriebsverfassungsrechts von einer doppelten betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung – also auch zum Entleiher – die Rede.177 ___________ 172 Zum Streit, ob schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist Richtlinien zur Auslegung heranzuziehen sind Calliess/Ruffert, EUV/EGV, Art.249 Rn.110, der selbst keine Pflicht, aber die Möglichkeit zur richtlinienkonformen Auslegung vor Ablauf der Umsetzungsfrist anerkennt. Im Sinne einer Verpflichtung aber BAG 18.2.2003, AP Nr. 22 zu § 611a BGB mit Anm. Schlachter. Differenzierend nach der inhaltlichen Bestimmtheit der Richtlinie Linsenmaier, RdA 2003, Sonderbeilage Heft 5, 22 (24). 173 „Im Sinne dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen: ... f) wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sind diejenigen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, die ... sich auf folgende Punkte beziehen: i) Dauer der Arbeit, Überstunden, Pausen, Ruhezeiten, Nachtarbeit, bezahlter Urlaub, arbeitsfreie Tage, ii) Arbeitsentgelt.“ 174 BT-Drucks.9/800, S. 7 f. bzw. BT-Drucks.9/847, S. 8 f. 175 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 150 f. Weitergehender Bleckmann, JuS 2002, 942 (945): Akzeptieren die Gesetzgebungsorgane eine Norm in der Fassung eines Entwurfs, so spricht dies für die Akzeptanz der hierzu ergangenen Begründung. 176 Hierzu schon oben § 2 A. 177 BT-Drucks.9/800, S. 7 f. bzw. BT-Drucks.9/847, S. 8 f: „Die allgemeine Schutzfunktion des Betriebsverfassungsrechts gebietet diese betriebsverfassungsrechtliche doppelte Zuordnung der Leiharbeitnehmer.“ Boemke (Schuldvertrag, S. 567) schließt daraus, dass bei der Gesetzgebung von einer doppelten Betriebszugehörigkeit ausge-
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Dass in diesem Zusammenhang von einer vollständigen doppelten Betriebszugehörigkeit ausgegangen wurde, könnte aus den weiteren Erwägungen bezüglich der Versagung des Wahlrechts der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb geschlossen werden. Diese wurde nicht mit einer fehlenden Betriebszugehörigkeit begründet. Vielmehr wurde neben der begrenzten Zuständigkeit des Entleiherbetriebsrats für die Leiharbeitnehmer, die deren Einfluss auf dessen Zusammensetzung nicht rechtfertige178, entscheidend auf die heute überholte kurze dreimonatige Verweildauer im Entleiherbetrieb179 verwiesen und dies mit einer Parallele zu den ebenso zeitlich limitierten Überlassungen im Öffentlichen Dienst nach § 13 II BPersVG180 untermauert.181 Außerdem wird in den Materialien ausdrücklich von einem Ausschluss des Wahlrechts gesprochen.182 Da lediglich vorhandene Rechtspositionen ausgeschlossen werden können und nur betriebsangehörige Arbeitnehmer wahlberechtigt sind, scheint demzufolge die Annahme einer vollständigen doppelten Betriebszugehörigkeit durch die Legislative nahe liegend.183 Allerdings setzt dies voraus, dass in der Entwurfsbegründung ausschließende von nur klarstellenden Regelungen bewusst unterschieden wurden. Hamanns184 Behauptung einer dahingehend sorgfältigen Differenzierung ist entgegenzuhalten, dass die Kodifikation der Rechte in § 14 II 2 und 3 AÜG als Gewährung dieser Positionen bezeichnet und die Bestimmungen in den Absätzen 2 und 3 als in gewissem Umfang erfolgende Zuordnung zum Betrieb des Entleihers beschrieben wird.185 Gehörten die Überlassenen betriebsverfas___________ gangen wurde. Ebenso Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 117 f.; Hamann, NZA 2003, 526 (527). Witten (Vertragsgestaltung, S. 208) hält die Gesetzesbegründung für widersprüchlich. 178 Dieser Gedanke findet sich auch bei Waltermann (Rechtsetzung, S. 207) in Bezug auf die Pensionäre. 179 Zur kontinuierlichen Verlängerung dieser maximalen Überlassungsdauer, die vor Einfügung des § 7 S.2 BetrVG die Frage eines Legitimationsdefizits zutage förderte (hierzu Ratayczak, AiB 1997, 600 (602)) schon oben § 1 A.III.1. und § 2 C.I. 180 Zur im Wesentlichen mit der Leiharbeit vergleichbaren Frage der Dienststellenzugehörigkeit bei der Abordnung BVerwG 9.2.1983, PersV 1985, 164 ff. Dort wird die Zugehörigkeit zur aufnehmenden Dienststelle bejaht. 181 BT-Drucks.9/800, S. 8 und 847, S. 9. Vgl. auch die dahingehende Einschätzung Bremeiers, Reichweite, S. 284. 182 BT-Drucks.9/800, S. 7 f. bzw. BT-Drucks.9/847, S. 8 f.: „Deshalb schließt Absatz 2 Satz 1 ... das ... Wahlrecht aus.“ 183 So auch Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.36; Kaufmann, Zuordnung, S. 79 f. 184 Schüren, AÜG, § 14 Rn.36. 185 BT-Drucks.9/800, S. 7 f. bzw. BT-Drucks.9/847, S. 8 f.: „Zum Schutze sowohl der Stammbelegschaft des Entleihers als auch des Leiharbeitnehmers ordnen die Absätze 2 und 3 den Leiharbeitnehmer betriebsverfassungsrechtlich in gewissem Umfang auch dem Betrieb des Entleihers zu. ... Absatz 2 Sätze 2 und 3 gewährt dem Leihar-
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sungsrechtlich zum Entleiherbetrieb, so müssten eben diese Rechte, die hier nur insoweit von Bedeutung sind, als sie kollektivrechtlichen Charakter haben186, nicht erst gewährt werden; sie würden kraft Betriebszugehörigkeit bestehen.187 Gegen eine bedachte Verwendung der Antonyme spricht in diesem Zusammenhang, dass die „gewährten“ Positionen gerade diejenigen sind, die den Leiharbeitnehmern schon nach der bis dato geltenden Rechtslage durch Rechtsprechung und herrschende Lehre zugebilligt wurden.188 Die Zuerkennung erfolgte daher gerade nicht durch den BillBG-Gesetzgeber, dessen Kenntnis dieser Auffassungen zum Teil durch Rechtsprechungshinweise in den Entwurfsbegründungen189 belegt werden kann. Es stellt sich damit die Frage, inwieweit der bereits geschilderte, in den Entwürfen verankerte Hinweis auf die individualrechtliche Arbeitgeberstellung Rückschlüsse auf den Charakter der betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen in § 14 AÜG zulässt. Die Betrachtung der in den Gesetzgebungsmaterialien des BillBG in Bezug genommenen und durch § 1 I 1 AÜG vorgegebenen Stellung des Verleihers als Vertragsarbeitgeber hat dabei in erster Linie unter der Berücksichtigung der Vorgaben einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. April 1967190 zu erfolgen191. Dort stand das Verbot der Arbeitnehmerüberlassung wegen des seinerzeitigen192 Arbeitsvermittlungsmonopols der früheren Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung193 und der Gleichstellung der gewerblichen Arbeit___________ beitnehmer auch im Entleiherbetrieb solche Individualrechte und betriebsverfassungsrechtliche Befugnisse, die für ihn … im Entleiherbetrieb von Bedeutung sind.“ 186 Zur Unterscheidung Raab, ZfA 2003, 389 (431 f.); Richardi/Thüsing, BetrVG, Vorbemerkung vor § 81 Rn.3. 187 So Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.37. Zu den allgemeinen Wirkungen der Betriebszugehörigkeit schon oben § 3 vor A. 188 So Becker, AuR 1982, 369 (370); ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.1. Insoweit unzutreffend daher Stückmann, DB 1999, 1902 (1903): Verbesserung der individualrechtlichen Seite durch Einräumung der Individualrechte seitens des BillBG-Gesetzgebers. Vgl. zur früheren Rechtslage FAK, § 5 Rn.7b und § 42 Rn.8 m.w.N.; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 131 (Rechtsfortbildung); Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 77 (analoge Anwendung); Ramm, DB 1973, 1170 (1174). 189 Bezugnahme auf BAG 14.5.1974, AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972 sowie BAG 6.6.1978, AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972 in der Begründung zu den BillBG-Entwürfen der Regierung und der Regierungsfraktionen. Den Befund, § 14 AÜG in Fassung des BillBG überträgt nur diese Rechtsprechung in Gesetzesform, teilen auch Sandmann/Marschall, Art.1 § 14 AÜG Anm.2. Vgl. auch Grimm/Brock, DB 2003, 1113 (1113). 190 E 21, 261 ff. („Adia-Interim“). 191 Kittner, FS Kissel, S. 497 (510); Ch. Weber, Arbeitsverhältnis, S. 50 f. 192 Zur heutigen Situation schon oben § 1 A.III.1. 193 Später Bundesanstalt für Arbeit.
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nehmerüberlassung mit der Arbeitsvermittlung durch den damaligen § 37 III AVAVG194 zur verfassungsrechtlichen Überprüfung. In diesem Urteil wurde vor dem Hintergrund der Berufsfreiheit (Art.12 GG) das Verbot der gewerbsmäßigen Leiharbeit in Gestaltungen für verfassungswidrig gehalten, in denen der Leiharbeitnehmer nicht in den Betrieb des Dritten eingeordnet wird und lediglich in das Beschäftigungsverhältnis überdauernden arbeitsrechtlichen Beziehungen zum Verleiher verbleibt.195 Allerdings präzisierten die Verfassungsrichter die Kriterien dieser Einordnung in den Einsatzbetrieb nicht weiter und bereits 1970 ließ das Bundessozialgericht196 in einer Konkretisierung197 arbeitsrechtliche Beziehungen zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu, sofern der Schwerpunkt im Arbeitsverhältnis zum Verleiher belassen wird. Insbesondere dieser arbeitsvermittlungsrechtliche Hintergrund der verfassungsgerichtlichen Vorgaben hat die individualarbeitsrechtliche Konzeption des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes beeinflusst198 und schließlich 1981 zur bis dahin für entbehrlich gehaltenen199 Klarstellung in § 14 I AÜG geführt.200 Ob aber auch die zurückhaltende Regelung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung im Entleiherbetrieb durch das BillBG, bei der sich der Gesetzgeber in der Tat auf die Übernahme des gesicherten Erkenntnisstands in Rechtsprechung und Lehre beschränkte, mit der Notwendigkeit erklärt werden kann, den Schwerpunkt arbeitsrechtlicher Beziehungen beim Verleiher zu belassen,201 ist nicht ohne weiteres feststellbar. Eine hierauf gestützte Folgerung des Ausschlusses einer vollständigen Betriebszugehörigkeit zum Entleiher durch den historischen Gesetzgeber setzt nämlich einmal voraus, dass das seinerzeitige Vermittlungsmonopol selbst Verfassungsrang genoss und deshalb eine über die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinausgehende Zuord___________ 194 Die Norm hatte folgenden Wortlaut: „Als Arbeitsvermittlung gilt ferner die Zuweisung von Arbeitnehmern, deren Arbeitskraft der Zuweisende regelmäßig dritten Personen für eine Beschäftigung zur Verfügung stellt, ohne selbst die Arbeit auf eigene Rechnung ausführen zu lassen und ohne selbst die Ausrüstung mit den erforderlichen Werkzeugen für die zugewiesenen Arbeitskräfte zu übernehmen.“ 195 BVerfG 4.4.1967, E 21, 261 (266 f.). 196 29.7., E 31, 235 (242). 197 So auch Pieroth, Arbeitnehmerüberlassung, S. 103. Anders Mumot, Beteiligungsrechte, S. 57: „neue Abgrenzungskriterien“. Das BVerfG war noch davon ausgegangen, dass die Weisungsbefugnis des Unternehmers als Indiz dafür gesehen werden kann, dass in Wahrheit Arbeitsvermittlung vorliegt. Allerdings ist die Arbeitnehmerüberlassung ohne eine derartige Weisungsbefugnis nicht vorstellbar. Kritisch hierzu schon Mumot, Beteiligungsrechte, S. 85. 198 Barth, Beteiligungsrechte, S. 21 f. 199 Bericht des Ausschusses für Arbeit- und Sozialordnung, zu BT-Drucks.VI/3505. 200 Barth, Beteiligungsrechte, S. 22. 201 So auch im Ausgangspunkt Barth, Beteiligungsrechte, S. 22.
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nung zum Entleiher grundgesetzwidrig wäre. Daneben muss das aufgeworfene Problem der Differenzierung zwischen Arbeitsvermittlung und Arbeitnehmerüberlassung gerade durch die betriebsverfassungsrechtliche Situation tangiert sein. Während die erste Frage durchaus umstritten war,202 wurde eine Relevanz der betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung für das Arbeitsvermittlungsmonopol zu Recht verneint,203 so dass schon aus damaliger Sicht kein Bedürfnis bestand, zumindest im Wege der verfassungskonformen Auslegung in § 14 AÜG eine abschließende Regelung zu sehen. Vielmehr wollte der Gesetzgeber die Feststellung weiterer Beteiligungsrechte ausdrücklich der Judikative überlassen,204 woraus die legislative Absicht, mit § 14 AÜG eine vollständige doppelte Betriebszugehörigkeit auszuschließen, nicht abgeleitet werden kann. Es kann damit konstatiert werden, dass die normengeschichtlich durch die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitsvermittlung geprägte Konzeption der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung zum Verleiher bedingte und so zur klarstellenden Regelung des § 14 I AÜG führte. Diese Zuordnung belegte den Gesetzgeber aber nicht mit der Pflicht, eine daneben möglicherweise bestehende betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung zum Entleiher auszuschließen. Die in den Entwurfsbegründungen expressis verbis nicht abschließende Regelung der Individual- und Beteiligungsrechte widerspricht damit der Auffassung, dass § 14 AÜG der Betriebszugehörigkeit von Leiharbeitnehmern zum Entleiherbetrieb entgegensteht.205 Da die Rechtsprechung seinerzeit von einer doppelten Zugehörigkeit ausging,206 wäre im Übrigen – wollte die Legislative hiervon abweichen – eine ___________ 202 Einen Verfassungsrang des Vermittlungsmonopols verfechten beispielsweise Clausnitzer (SozSich 1994, 91 (91 f.) sowie Möller-Lücking (SozSich 1992, 65 (70)) und wohl auch Barth (Beteiligungsrechte, S. 21 f.). A.A. Dauner-Lieb/Krebs, ZfA 1994, 19 (207). Offengelassen von Hamann, NZS 1995, 244 (248). 203 Barth, Beteiligungsrechte, S. 23; allgemeinere Betrachtungen bei Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 71. 204 BT-Drucks.9/800, S. 8 und 847, S. 9. Damit blieb der Gesetzgeber – zumindest dem Wortlaut nach – auch hinter der umfassenderen Regelung des Referentenentwurfs aus dem Jahre 1975 zurück. In diesem Entwurf lautete § 14 III 1 AÜG noch (mitgeteilt bei Becker, ZRP 1976, 288 (290)): „Die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmervertretungen des Entleiherbetriebes erstrecken sich auch auf die Leiharbeitnehmer, soweit im Entleiherbetrieb die Leiharbeitnehmer betreffende Angelegenheiten geregelt werden oder zu regeln sind.“ 205 Vgl. Barth, Beteiligungsrechte, S. 21; Halbach, DB 1980, 2389 (2390); Kaufmann, Zuordnung, S. 79. 206 BAG 6.6.1978, AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972. Bezüglich der Entscheidung vom 14.5.1974 (AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972) blieb zunächst noch offen, ob das BAG von
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
klarere Aussage zu erwarten gewesen.207 Außerdem ist die herrschende Sichtweise inkonsequent, wenn sie einerseits behauptet, dass der Gesetzgeber der Eingliederung der Leiharbeitnehmer in den Entleiherbetrieb bereits durch § 14 II und III AÜG Rechnung getragen hat, andererseits darüber weit hinausgehende Beteiligungsrechte des Entleiherbetriebsrats anerkennt208. Entgegen der herrschenden Meinung ist daher aus einer Gesamtbetrachtung zu schließen, dass in der Zuerkennung der jeweiligen Rechte in § 14 II 2 und 3 sowie III AÜG und der ausdrücklichen Zuordnung zum Verleiher im § 14 I AÜG kein Ausschluss einer Betriebszugehörigkeit zum Entleiherbetrieb zum Ausdruck kommt.209 Vielmehr legt die vom Gesetzgeber mit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz bezweckte Stärkung der Stellung der Leiharbeitnehmer nahe, dass diesen eine nach herkömmlichen Grundsätzen bestehende Rechtsposition erhalten bleiben sollte.210 ___________ einer doppelten Betriebszugehörigkeit statt von einer lediglich partiellen Zuordnung zum Verleiher ausging. Vgl. hierzu die Anm. von G. Hueck (SAE 1975, 147 (148)) einerseits und von Kraft (AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972) andererseits. 207 Dagegen zieht Hamann (Schüren, AÜG, § 14 Rn.38) unter Berücksichtigung einer Entscheidung des BAG vom 28.11.1977 (AP Nr. 2 zu § 8 BetrVG 1972) die entgegengesetzte Folgerung. In diesem Urteil wurde die Wählbarkeit zum Betriebsrat trotz bestehenden Arbeitsverhältnisses verneint, wenn der Arbeitnehmer nicht im Betrieb tätig wurde. Wenn der Gesetzgeber die auf Leiharbeitsvertrag und Überlassungsvertrag beruhende tatsächliche Eingliederung in den Entleiherbetrieb als gleichwertig ansehen würde, hätte dies – so Hamann – vor dem Hintergrund der angesprochenen Entscheidung einer Klarstellung bedurft. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Entscheidung vom 6.6.1978 nachfolgte und zudem in der Begründung – wenn auch in anderem Zusammenhang – in Bezug genommen wurde. Außerdem war in der Entscheidung vom 28.11.1977 gerade die rechtliche Komponente unstreitig, sodass der entgegengesetzte Fall zur Klärung anstand. Schließlich hat es der Gesetzgeber trotz der Entscheidung vom 28.11.1977 für nötig gehalten, das Wahlrecht auszuschließen. 208 So beispielsweise BAG 28.7.1992, AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen; 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer; Becker, AuR 1982, 369 (375); Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.95; Dewender, Betriebsfremde, S. 104, Erdlenbruch, Stellung, S. 67 ff.; Kraft, SAE 2002, 45 (45); Raab, ZfA 2003, 389 (438); A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 361; Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1066); Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 314. 209 Im Ergebnis ebenso Hamann, NZA 2003, 526 (527); Boemke, Schuldvertrag, S. 567. 210 Bremeier, Reichweite, S. 213 f.; Boemke, Schuldvertrag, S. 567; Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 118; Kaufmann, Zuordnung, S. 80; Witten, Vertragsgestaltung, S. 209. Entsprechend hat schon G. Hueck (SAE 1975, 147 (149)) – allerdings vor der Regelung betriebsverfassungsrechtlicher Fragen in § 14 AÜG – die Frage aufgeworfen, ob das AÜG allein Anlass sein kann, bei gleicher tatsächlicher Lage eine früher eindeutig bejahende Wertung durch eine völlig ablehnende zu ersetzen.
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c) Folgerung Für das weitere Vorgehen bedeuten die erarbeiteten Vorgaben, dass anhand allgemeiner Merkmale und insbesondere unter Berücksichtigung anderer betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften überprüft werden muss, ob die überlassenen Arbeitskräfte als Angehörige des aufnehmenden Betriebs angesehen werden können. Bei der Untersuchung dieser generellen Erwägungen wird weiterhin das Augenmerk auf die denkbare Notwendigkeit eines Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsinhaber zu richten sein, die jedoch nicht schon in § 14 AÜG normativ festgeschrieben worden ist.
2. § 7 S.2 BetrVG Den vorläufigen Schlusspunkt legislativer Aussagen zur betriebsverfassungsrechtlichen Stellung der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb nimmt § 7 S.2 BetrVG ein. Der Norm zufolge sind Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Eine Überlassung im Sinne dieser Regelung setzt voraus, dass die Arbeitsperson dem arbeitsrechtlichen Weisungsrecht des Betriebsinhabers unterliegt und zu dessen Betriebszwecken eingesetzt wird.211 Damit sind auch Leiharbeitnehmer erfasst, sodass die hinsichtlich der Anforderungen an die Betriebszugehörigkeit kontrovers diskutierte Bedeutung dieser Bestimmung insbesondere für die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung von Interesse ist. Das Meinungsspektrum ist hier im Wesentlichen dreigeteilt, wobei sich § 7 S.2 BetrVG nach der wohl herrschenden Meinung in der Gewährung eines Wahlrechts erschöpft.212 ___________ 211 BT-Drucks.14/5741, S. 36; Raab, ZfA 2003, 389 (432); Wlotzke, 50 Jahre BAG, S. 1149 (1151). Anders Nielebock/Hayen (JbArbR, Bd.40, S. 65 (84 f.)), die allein auf das Weisungsrecht abstellen. 212 BAG 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972 mit Anm. Braun, ArbRB 2003, 297 und Nicolai, DB 2003, 2599 ff.; 22.10.2003, AP Nr. 28 zu § 38 BetrVG 1972; LAG Düsseldorf 31.10.2002, AP Nr. 6 zu § 7 BetrVG 1972; 21.11.2002 15 TaBV 50/02, JURIS Nr. KARE600007499 (9.7.2003); 23.1.2003 BB 2003, 1437 (1437); LAG Hamm 15.11.2002, DB 2003, 342 (342); LAG Köln 3.9.2003 3 TaBV 88/02, Juris Nr. KARE600009136 (13.1.2004); LAG Nürnberg 18.8.2003, DB 2003, 2604 (2605); OLG Düsseldorf 12.5.2004, GmbHR 2004, 1081 (1082); ArbG Aachen 17.5.2002 9 BV 30/02, JURIS Nr. KARE600006408 (12.6.2003); ArbG Berlin 11.9.2002 7 BV 14772/02, JURIS Nr. KARE600007070 (12.6.2003); ArbG Detmold 4.6.2002 2 BV 19/02, JURIS Nr. KARE600006409 (12.6.2003); ArbG Düsseldorf 10.7.2002, DB 2002, 1781 (1782); ArbG Herne 5.6.2002, DB 2002, 1782 (1782 f.); ArbG Mönchengladbach 3.7.2002, NZA-RR 2003, 22 (24); Jaeger/Röder/Heckelmann/Baeck, Kap.12 Rn.26; Bauer, NZA 2002, 1001 (1004); HWK/Clemenz, § 87 BetrVG Rn.2; Dewender, RdA 2003, 274 (275); ErfK/Eisemann, § 7 BetrVG Rn.10;
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Nach dem entgegengesetzten Standpunkt stellt die Anerkennung des aktiven Wahlrechts in § 7 S.2 BetrVG eine Absage an die Zweikomponententheorie der Rechtsprechung und herrschenden Lehre dar, sodass eine sog. tatsächliche Beziehung zwischen Betriebsinhaber und Arbeitsperson zur Begründung der Betriebszugehörigkeit genügt.213 Als vermittelnd kann schließlich die Ansicht bezeichnet werden, die – vom Grundsatz der Zweikomponententheorie ausgehend – durch § 7 S.2 BetrVG ausnahmsweise die Zuerkennung einer Betriebszugehörigkeit der dort erfassten überlassenen Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers sieht.214 Unter Be___________ Etzel, BetriebsverfassungsR, Rn.29; Franke, NJW 2002, 656 (656); Hanau, RdA 2001, 65 (68); NZA 2001, 2513 (2515); ZIP 2001, 1981 (1982); ZIP 2003, 1573 (1578) mit Fn.45; Hennige, RWS-Forum Bd.21, S. 59 (67 ff.); Holthaus, AiB 2001, 541 (543); Junker, EWiR 2003, 1069 (1070); Konzen, RdA 2001, 76 (82); Kowanz, GmbHR 2004, 1083 (1084); GK-BetrVG/Kraft, § 1 Rn.64; GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.11, 74; Leßmann/Liersch, DStR 2001, 1302 (1304); Lindemann/Simon, NZA 2002, 365 (367); Löwisch, BB 2001, 1734 (1737); Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 7 Rn.6 f.; Maschmann, DB 2001, 2446 (2448); Moderegger, ArbRB 2003, 82 (84); Neumann, BB 2002, 510 (514); GK-BetrVG/Oetker, § 61 Rn.15; Jaeger/Röder/Heckelmann/Reichel, Kap.2 Rn.62; Raab, ZfA 2003, 389 (433); Richardi, NZA 2001, 346 (350); Rudolph, ZBVR 2002, 21 (22); Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.9; G. Schaub, NZA 2001, 364 (365); Schiefer, DB 2002, 1774 (1776); Schiefer/Korte, NZA 2002, 57 (59); Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1077 f.); Udke, BuW 2004, 88 (88); Wolf, JbArbR, Bd.40, S. 99 (108); HSWG/Schlochauer, § 9 Rn.8a; Windeln, Reform, S. 147; Worzalla/Will, BetriebsverfassungsR, Rn.50. Eine Beschränkung auf die Zuerkennung des Wahlrechts sieht auch Kaufmann (Zuordnung, S. 70) als Vertreterin einer doppelten Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer. Vgl. zur Frage der Berücksichtigung bei der Unternehmensmitbestimmung Sieg/Siebels, NZA 2002, 697 (698 f.). 213 Hamann, NZA 2003, 526 (527 f.); DKK/Trümner, § 5 Rn.27b; Witten, Vertragsgestaltung, S. 214. Vgl. auch Boemke, JuS 2002, 521 (523). 214 ArbG Eberswalde 26.6.2002, NZA-RR 2003, 200 (201); ArbG Frankfurt/Main 22.5.2002, NZA-RR 2003, 26 (28); Brors, NZA 2002, 123 (124 f.), NZA 2003, 1380 (1381) und HaKo-BetrVG, § 7 Rn.3, zurückhaltender aber in NZA 2003, 1380 (1382 f.) und jurisPR-ArbR 17/2003: mit Fortfall der zeitlichen Begrenzung des Fremdpersonaleinsatzes; Däubler, AuR 2001, 285 (286); Engels/Trebinger/LöhrSteinhaus, DB 2001, 532 (536); FESTL, § 5 Rn.237, § 7 Rn.37 und § 9 Rn.30; DKK/Klebe, § 87 Rn.6; HaKo-BetrVG/Kloppenburg, § 1 Rn.36; G. Schaub/Koch, ArbR-Hdb.10, § 217 Rn.24a; Ratayczak, AiB 2003, 276 (277); Reichold, NZA 2001, 857 (861); Richardi/Thüsing, BetrVG8, § 7 Rn.5 (anders nun aber Richardi, BetrVG, § 5 Rn.96); Richardi/Thüsing, BetrVG, § 7 Rn.5; Thüsing/Lambrich, NZA Sonderheft 2001, 79 (84 ff.); DKK/Wedde, Einleitung Rn.89; Wlotzke, 50 Jahre BAG, S. 1149 (1160). Unklar Dimitriadis u.a., ZBVR 2001, 170 (176); Shahatit, BArbBl. 12/2001, 15 (15 f.). Widersprüchlich Schlochauer: „Andererseits begründet nur die tatsächliche Eingliederung ohne arbeitsvertragliche Bindung keine Betriebszugehörigkeit. Eine Ausnahme enthält der neue Satz 2 ...“ (HSWG, § 7 Rn.3 gegenüber § 9 Rn.8a). Inkonsequent auch W. Schneider (DKK, § 7 Rn.5 ff.), der als Arbeitnehmer i.S.d. BetrVG u.U. kraft Eingliederung auch Personen ohne Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber
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rücksichtigung der eingangs erwähnten Definition der Überlassung i.S.d. S.2215 zeigen sich damit interessante Gemeinsamkeiten mit den Ansätzen von Richardi216 und Kreutz217 zu den allgemeinen Anforderungen an die Betriebszugehörigkeit. Diese setze zwar als rechtliche Komponente ein Arbeitsverhältnis zwischen Betriebsinhaber und Arbeitsperson voraus, die hierfür regelmäßig notwendige vertragliche Grundlage müsse aber nicht unbedingt zwischen diesen Beteiligten bestehen. Partner des Arbeitsvertrags kann deshalb unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Dritter sein, der vom Inhaber des Einsatzbetriebs, zu dem die Zugehörigkeit in Frage steht, verschieden ist. Richardi verlangt hierfür, dass der Arbeitnehmer auf Dauer als Person in die Arbeitsorganisation des Betriebsinhabers eingegliedert ist und damit zu diesem in ein arbeitsrechtliches Weisungsverhältnis tritt. Kreutz folgend, ist grundsätzlich – wegen dessen Verständnis des § 14 AÜG aber nicht bei der Arbeitnehmerüberlassung218 – ein partielles Arbeitsverhältnis ausreichend, das sich durch die Aufspaltung der Arbeitgeberstellung ergibt219.
a) Auf die Zuerkennung des Wahlrechts beschränkte Bedeutung des § 7 S.2 BetrVG Die herrschende Meinung führt an, dass die Anerkennung der Betriebszugehörigkeit durch eine entsprechende Regelung in § 5 BetrVG hätte erfolgen müssen, der durch das BetrVerf-ReformG ohnehin modifiziert wurde.220 Da___________ ansieht (Rn.5 f.), dann jedoch in § 7 S.2 BetrVG nur eine Gleichstellung mit den Arbeitnehmern nach § 5 I BetrVG erkennt (Rn.7). 215 Eine Überlassung im Sinne dieser Regelung setzt voraus, dass die Arbeitsperson dem arbeitsrechtlichen Weisungsrecht des Betriebsinhabers unterliegt und zu dessen Betriebszwecken eingesetzt wird. 216 Richardi, BetrVG, § 5 Rn.89 und NZA 1987, 145 (146 f.). Ebenso Dauner-Lieb, NZA 1992, 817 (821 f.) zur Frage der Einstellung. Dem folgend Barth, Beteiligungsrechte, S. 44. 217 GK-BetrVG, § 7 Rn.19. 218 GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.40, der im Entleiherbetrieb lediglich eine partielle Betriebszugehörigkeit anerkennt. Dazu unten § 3 B.III. 219 Zum partiellen Arbeitsverhältnis schon oben § 1 A.III.2. 220 LAG Düsseldorf 31.10.2002, AP Nr. 6 zu § 7 BetrVG 1972; 21.11.2002 15 TaBV 50/02, JURIS Nr. KARE600007499 (9.7.2003); 23.1.2003 BB 2003, 1437 (1437); LAG Hamm 15.11.2002, DB 2003, 342 (342); ArbG Aachen 17.5.2002 9 BV 30/02, JURIS Nr. KARE600006408 (12.6.2003); ArbG Berlin 11.9.2002 7 BV 14772/02, JURIS Nr. KARE600007070 (12.6.2003); ArbG Detmold 4.6.2002 2 BV 19/02, JURIS Nr. KARE600006409 (12.6.2003); ArbG Düsseldorf 10.7.2002, DB 2002, 1781 (1782); ArbG Herne 5.6.2002, DB 2002, 1782 (1782 f.); ArbG Mönchengladbach 3.7.2002, NZA-RR 2003, 22 (24); Dewender, RdA 2003, 274 (277); Hanau, NJW 2001, 2513 (2515); Leßmann/Liersch, DStR 2001, 1302 (1304); Maschmann, DB 2001, 2446 (2448); Raab, ZfA 2003, 389 (433); Jaeger/Röder/Heckelmann/Reichel,
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
mit soll sich aus dem im Abs.1 unveränderten § 14 AÜG221 sowie unter Rückgriff auf die Zweikomponententheorie ergeben, dass eine vollständige doppelte Zugehörigkeit zum Verleiher- und Entleiherbetrieb ausgeschlossen ist.222 Zudem wird auf die amtliche Begründung zum Regierungsentwurf des Reformgesetzes verwiesen223, der zufolge der Arbeitnehmerbegriff unverändert bleiben sollte und die Einräumung des Wahlrechts auf eine Heranführung an die Stammbelegschaft zielt, ohne die Leiharbeitnehmer rechtlich unzutreffend als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs einzustufen224. Dies komme dann in § 7 BetrVG zum Ausdruck, der zwischen Arbeitnehmern des Betriebs (S.1) und Arbeitnehmern eines anderen Arbeitgebers (S.2) unterscheidet.225 Daneben wird darauf verwiesen, dass auch weiterhin das passive Wahlrecht gemäß § 14 II 1 AÜG ausgeschlossen ist226 und es einer Zuerkennung des aktiven im Einsatzbetrieb nach § 7 S.2 BetrVG nicht bedurft hätte, wenn dieses nach allgemeinen Kriterien bestünde227. Vielmehr habe der Gesetzgeber deutlich ge___________ Kap.2 Rn.38; Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.9; G. Schaub, NZA 2001, 364 (365); Schiefer, DB 2002, 1774 (1776); Schiefer/Korte, NZA 2002, 57 (59); HSWG/Schlochauer, § 9 Rn.8a; Wolf, JbArbR, Bd.40, S. 99 (108); Worzalla/Will, BetriebsverfassungsR, Rn.50. 221 BAG 22.10.2003, AP Nr. 28 zu § 38 BetrVG 1972; Dewender, Betriebsfremde, S. 47; Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1078). 222 BAG 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; 22.10.2003, AP Nr. 28 zu § 38 BetrVG 1972; LAG Düsseldorf 31.10.2002, AP Nr. 6 zu § 7 BetrVG 1972; LAG Hamm 15.11.2002, DB 2003, 342 (342); ArbG Düsseldorf 10.7.2002, DB 2002, 1781 (1782); ArbG Herne 5.6.2002, DB 2002, 1782 (1782 f.); Dewender, RdA 2003, 274 (278); Lindemann/Simon, NZA 2002, 365 (367 f.); Löwisch, BB 2001, 1734 (1737); Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 7 Rn.7; Neumann, BB 2002, 510 (514); Schiefer, DB 2002, 1774 (1776); HSWG/Schlochauer, § 9 Rn.8a. 223 BAG 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; 22.10.2003, AP Nr. 28 zu § 38 BetrVG 1972; 10.3.2004, AP Nr. 8 zu § 7 BetrVG 1972; LAG Düsseldorf 23.1.2003, BB 2003, 1437 (1437); ArbG Herne 5.6.2002, DB 2002, 1782 (1782 f.); ArbG Mönchengladbach 3.7.2002, NZA-RR 2003, 22 (24); Dewender, Betriebsfremde, S. 43; Lindemann/Simon, NZA 2002, 365 (367); Maschmann, DB 2001, 2446 (2448); Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1078); HSWG/Schlochauer, § 9 Rn.8a; Udke, BuW 2004, 88 (88). 224 BT-Drucks. 14/5471, S. 28. 225 BAG 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; 22.10.2003, AP Nr. 28 zu § 38 BetrVG 1972; 10.3.2004, AP Nr. 8 zu § 7 BetrVG 1972; ArbG Berlin 11.9.2002 7 BV 14772/02, JURIS Nr. KARE600007070 (12.6.2003); Dewender, Betriebsfremde, S. 44, 47; Franke, NJW 2002, 656 (656); Hanau, ZIP 2001, 1981 (1982); GKBetrVG/Kreutz, § 7 Rn.11, 74; Raab, ZfA 2003, 389 (433 f.); Udke, BuW 2004, 88 (88). 226 BAG 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; Brose, NZA 2005, 797 (798); Löwisch, BB 2001, 1734 (1737). 227 BAG 22.10.2003, AP Nr. 28 zu § 38 BetrVG 1972; LAG Düsseldorf 23.1.2003, BB 2003, 1437 (1437); LAG Hamm 15.11.2002, DB 2003, 342 (342); ArbG Herne 5.6.2002, DB 2002, 1782 (1782 f.); ArbG Mönchengladbach 3.7.2002, NZA-RR 2003,
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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macht, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats sich nicht auf Personen erstrecken soll, die nicht Arbeitnehmer des Betriebsinhabers sind.228 Die diesbezügliche Konsequenz, dass Leiharbeitnehmer zumindest nicht bei den Schwellenwerten zu berücksichtigen sind, die auf Arbeitnehmer statt wahlberechtigte Arbeitnehmer abstellen,229 wird im Hinblick auf eine nur partiell bestehende Betriebszugehörigkeit230 und eine durch die Reform unveränderte Belastung der Betriebsratsarbeit durch Leiharbeitnehmer231 gebilligt, zumal anderenfalls das gesetzgeberische Ziel der Etablierung eines vereinfachten Wahlverfahrens in Kleinbetrieben (§ 14a BetrVG) konterkariert232 und die Attraktivität der Leiharbeit vermindert233 würde.
b) Über das Wahlrecht hinausgehende Bedeutung des § 7 S.2 BetrVG Die andere Ansicht, die § 7 S.2 BetrVG als Absage des Gesetzgebers an die Zweikomponententheorie deutet, führt zunächst an, dass nur betriebszugehörige Arbeitnehmer wahlberechtigt sind.234 Die aus den hier bereits behandelten Erwägungen zum BillBG235 zu schließende gesetzgeberische Annahme einer doppelten Betriebszugehörigkeit soll zudem durch das BetrVerf-ReformG nicht revidiert worden sein, da dessen Entwurfsbegründung zur betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnungsfrage schweige.236 Vielmehr sei davon auszugehen, dass mit der nunmehr seit der Hartz-Reform237 im Grunde zeitlich unbegrenzt zulässigen Überlassung eines Arbeitnehmers an denselben Entleiher die Schutzbedürftigkeit im Einsatzbetrieb signifikant wird.238 Dass § 5 BetrVG ___________ 22 (24); Moderegger, ArbRB 2003, 82 (83); Schiefer, DB 2002, 1774 (1776); Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1078). Ferner Konzen, RdA 2001, 76 (83) und Wolf, JbArbR, Bd.40, S. 99 (108): § 7 S.2 BetrVG als Fiktion. 228 LAG Düsseldorf 31.10.2002, AP Nr. 6 zu § 7 BetrVG 1972; Moderegger, ArbRB 2003, 82 (83); ähnlich Schiefer/Korte, NZA 2002, 57 (59). 229 Ob zumindest bei den Schwellenwerten, die auf wahlberechtigte Arbeitnehmer abstellen, wegen § 7 S.2 BetrVG eine Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer erfolgen soll, ist unter denjenigen, die doppelte Betriebszugehörigkeit ablehnen, umstritten. 230 ArbG Mönchengladbach 3.7.2002, NZA-RR 2003, 22 (24 f.). 231 LAG Hamm 15.11.2002, DB 2003, 342 (342); ArbG Berlin 11.9.2002 7 BV 14772/02, JURIS Nr. KARE600007070 (12.6.2003). 232 LAG Hamm 15.11.2002, DB 2003, 342 (342); Löwisch, BB 2001, 1734 (1737). 233 Brose, NZA 2005, 797 (799 f.). 234 DKK/Trümner, § 5 Rn.27b; Hamann, NZA 2003, 526 (528). 235 Hierzu oben § 3 B.I.1.b). 236 Hamann, NZA 2003, 526 (527). 237 Hierzu schon § 1 A.III.1. 238 Hamann, NZA 2003, 526 (527).
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
keine Regelung für die Zuordnung der Leiharbeitnehmer enthält, sei darauf zurückzuführen, dass diese Norm lediglich festlegt, wer abstrakt als Arbeitnehmer i.S.d. Betriebsverfassungsgesetzes anzusehen ist und deshalb durch einen Betriebsrat repräsentiert werden kann.239 Auf dieselben Argumente können sich aber ebenso gut die Vertreter der hier als vermittelnd bezeichneten Ansicht berufen. Diese Auffassung stützt sich daneben auf die Erläuterungen zum Regierungsentwurf, wonach § 7 S.2 BetrVG die Betriebszugehörigkeit dieser Arbeitnehmer zum Einsatzbetrieb anerkenne240. Die Zuordnung sei damit nur unter den Voraussetzungen des § 7 S.2 BetrVG möglich, wenn Personen keinen Arbeitsvertrag mit dem Betriebsinhaber geschlossen haben, aber dem arbeitsrechtlichen Weisungsrecht unterliegen241 oder – mit anderen Worten – in der Betriebsorganisation arbeiten und wahlberechtigt sind242. Anders ließe sich das Ziel des Gesetzgebers, der Erosion der Stammbelegschaft durch den Einsatz von Arbeitnehmern anderer Arbeitgeber entgegenzuwirken,243 nicht erreichen.244 Schließlich sei zu bedenken, dass bereits nach bisherigem Recht die Zuständigkeit des Betriebsrats für im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer eines fremden Arbeitgebers anerkannt ist, soweit diese in den Betrieb eingegliedert sind.245 § 7 S.2 BetrVG regelt danach eine Ausnahme vom nach wie vor geltenden Grundsatz, dass für die Betriebszugehörigkeit neben der tatsächlichen Eingliederung ein Arbeitsvertrag mit dem Betriebsinhaber bestehen muss.246
c) Stellungnahme aa) Wortlaut Dem Wortlaut nach beschränkt sich § 7 S.2 BetrVG tatsächlich auf die Anerkennung des aktiven Wahlrechts und trifft keine ausdrückliche Regelung der ___________ 239
Hamann, NZA 2003, 526 (527). BT-Drucks.14/5471, S. 36: „Um der Erosion der Stammbelegschaft durch den Einsatz von Arbeitnehmern anderer Arbeitgeber entgegenzuwirken ..., erkennt Satz 2 für bestimmte Fälle die Betriebszugehörigkeit dieser Arbeitnehmer zum Einsatzbetrieb an.“ 241 Brors, NZA 2002, 123 (124). 242 HaKo-BetrVG/Kloppenburg, § 1 Rn.36. 243 BT-Drucks.14/5471, S. 36. 244 ArbG Eberswalde 26.6.2002, NZA-RR 2003, 200 (201); HaKo-BetrVG/Kloppenburg, § 1 Rn.36. 245 FESTL, § 7 Rn.40. 246 Brors, NZA 2002, 123 (126) und HaKo-BetrVG, § 7 Rn.3. 240
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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Betriebszugehörigkeit. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass durch die Bestimmung gesetzliche Wertungen hinsichtlich der Betriebszugehörigkeit im Allgemeinen und der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung der Leiharbeitnehmer im Speziellen zum Ausdruck kommen. Inwieweit diesbezüglich weitergehende Aussagen getroffen werden können, bedarf nämlich einer genaueren Untersuchung. Dabei muss der herrschenden Auffassung schon entgegengehalten werden, dass ein Gegensatz zwischen betriebszugehörigen (§ 7 S.1 BetrVG) und -fremden Arbeitnehmern, die ein Wahlrecht erlangen (§ 7 S.2 BetrVG), an dieser Stelle keinen Ausdruck findet:247 Während § 7 S.1 BetrVG Arbeitnehmer des Betriebs behandelt, geht S.2 von Arbeitnehmern eines anderen Arbeitgebers aus, die zur Arbeitsleistung überlassen werden. Die Bestimmung spricht damit gerade nicht die Arbeitnehmer eines anderen Betriebs an. Mit dem Wortlaut des § 7 S.2 BetrVG ist vielmehr die Deutung zu vereinbaren, dass die Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Menge der betriebszugehörigen Arbeitnehmer nach S.1 zählen, deren Betriebszugehörigkeit und damit das Wahlrecht aber erst dann gegeben ist, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Für diesen Zusammenhang zwischen den Sätzen 1 und 2 spricht zudem, dass die Beschränkung des Wahlrechts auf volljährige Arbeitnehmer allein in S.1 Erwähnung findet. Würde also ein durch die Betriebszugehörigkeit begründeter Gegensatz zwischen den Wahlberechtigten nach S.1 und S.2 bestehen, so hätte dies dem Wortlaut nach zur Folge, dass minderjährige Leiharbeitnehmer wahlberechtigt sind. Dieser Wertungswiderspruch im Vergleich zum Stammpersonal besteht dagegen nicht, wenn die überlassenen Arbeitskräfte zu den wahlberechtigten Betriebszugehörigen nach S.1 gezählt werden, an deren Betriebszugehörigkeit aber mit der Dreimonatsregel modifizierte Anforderungen gestellt werden.248
___________ 247
Anders Brors (NZA 2003, 1380 (1381)), die darauf verweist, dass der Gesetzgeber das Wahlrecht der Leiharbeitnehmer ausdrücklich neben der Wahlberechtigung der übrigen Arbeitnehmer des Betriebs geregelt hat. 248 Kreutz (GK-BetrVG, § 7 Rn.73) muss dagegen aufgrund seiner Auffassung zur Stellung der Leiharbeitnehmer § 7 S.1 BetrVG entsprechend anwenden, um die aufgezeigten Wertungswidersprüche zu vermeiden. Zur nur bei volljährigen Arbeitnehmern bestehenden Wahlberechtigung auch DKK/W. Schneider, § 7 Rn.8a; Wlotzke, 50 Jahre BAG, S. 1149 (1151). Ferner Schüren, RdA 2004, 184 (185).
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
bb) Systematik (1) § 5 BetrVG und der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff Systematische Bedenken gegen die Anerkennung einer Betriebszugehörigkeit durch § 7 S.2 BetrVG werden aber insbesondere unter Hinweis auf § 5 BetrVG erhoben.249 Diese Norm bestimmt, wer Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ist. Wollte der Gesetzgeber die Betriebszugehörigkeit überlassener Arbeitnehmer zum Entleiherbetrieb anerkennen – so die Argumentation der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der herrschenden Lehre – hätte eine entsprechende Regelung in § 5 BetrVG erfolgen müssen,250 zumal dem Gesetzgeber die Judikatur des Bundesarbeitsgerichts zur Stellung der Leiharbeitnehmer bekannt war.251
(a) Der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff – Meinungsspektrum Die Aussagekraft dieses Arguments soll unter Berücksichtigung des betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs beurteilt werden. Zu dessen Bestimmung lassen sich im hier interessierenden Zusammenhang zwei Auffassungen ausmachen, die sich in der Einordnung des Merkmals Betriebszugehörigkeit unterscheiden. So wird vertreten, dass dem Betriebsverfassungsgesetz eine eigene Definition des Arbeitnehmerbegriffs zugrunde liegt. Vom allgemeinen Verständnis der Arbeitnehmereigenschaft252 unterscheidet sich jener durch die Annahme, dass die Betriebszugehörigkeit integraler Bestandteil des betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs ist. Allerdings ist weitere Differenzierung geboten, da unter den Vertretern der eigenständigen betriebsverfassungsrechtlichen Definition umstritten ist, ob sich Letztere neben den schon aus § 5 BetrVG folgenden Modifikationen nur durch das zusätzliche Erfordernis der ___________ 249 BAG 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; 22.10.2003, AP Nr. 28 zu § 38 BetrVG 1972; 10.3.2004, AP Nr. 8 zu § 7 BetrVG 1972; LAG Düsseldorf 23.1.2003, BB 2003, 1437 (1437); ArbG Herne 5.6.2002, DB 2002, 1782 (1782 f.); ArbG Mönchengladbach 3.7.2002, NZA-RR 2003, 22 (24); Dewender, Betriebsfremde, S. 43; Lindemann/Simon, NZA 2002, 365 (367); Maschmann, DB 2001, 2446 (2448); Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1078); HSWG/Schlochauer, § 9 Rn.8a; Udke, BuW 2004, 88 (88). 250 Dass eine Regelung in § 5 BetrVG die eindeutigere Alternative gewesen wäre, erkennt auch die Gegenansicht an (vgl. W. Schneider, ver.di b+b aktuell 1/2003, S. 2). 251 LAG Düsseldorf 31.10.2002, AP Nr. 6 zu § 7 BetrVG 1972. 252 Zum allgemeinen Arbeitnehmerbegriff schon § 1 A.II.
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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Betriebszugehörigkeit auszeichnet253 oder – weitergehender – weder ein durch Arbeitsvertrag mit dem Betriebsinhaber noch mit einem Dritten begründetes Arbeitsverhältnis vorausgesetzt wird. Der letztgenannten Variante folgend, genügt ein sog. betriebsverfassungsrechtliches Arbeitsverhältnis, das kraft Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Beschäftigungsbetriebs zustande kommt.254 Dem steht ein Teil der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts255 und die herrschende Ansicht in der Literatur256 gegenüber, wonach auch im Betriebsverfassungsgesetz der allgemeine Arbeitnehmerbegriff einschlägig ist und die Betriebszugehörigkeit nur ein weiteres Tatbestandsmerkmal für die Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsrechts darstellt. Die Betrachtung dieses Streits erhellt, dass die Anerkennung der Betriebszugehörigkeit von Leiharbeitnehmern im Entleiherbetrieb nur dann in § 5 BetrVG geregelt werden musste, wenn sie eine Komponente des betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs bildet oder der Arbeitsvertrag gerade mit dem Betriebsinhaber geschlossen sein muss. Werden diese Fragen dagegen verneint, so wäre eine Regelung in § 5 BetrVG – da Leiharbeitnehmer per definitionem Arbeitnehmer im Sinne des allgemeinen und damit auch des so verstandenen betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs sind257 – gar als überflüssig zu bezeichnen. Daher muss im Folgenden der Arbeitnehmerbegriff des Betriebsverfassungsgesetzes unter diesen Vorzeichen betrachtet werden. ___________ 253 Bremeier, Reichweite, S. 180; Dewender, Betriebsfremde, S. 8, 41 ff. und RdA 2003, 274 (276); Schaffeld, AfP 1981, 265 (265). Wohl auch Kittner (DKK, § 99 Rn.56), der Leiharbeitnehmer im Entleihbetrieb als Nicht-Arbeitnehmer bezeichnet. Edenfeld (Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.55) geht zwar vom allgemeinen Arbeitnehmerbegriff aus, der aber aufgrund der kollektiven Ausrichtung des Mitbestimmungsrechts stärker an die Eingliederung in die betriebliche Organisation anknüpft. 254 DKK/Trümner, § 5 Rn.29; GKSKR, § 7 Rn.4; KRHS, § 7 Rn.4. 255 Vgl. etwa BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972, wo von betriebsangehörigen Arbeitnehmern die Rede ist. Dagegen sieht BAG 3.10.1978, AP Nr. 18 zu § 5 BetrVG 1972 als Arbeitnehmer i.S.d. BetrVG gemäß § 5 I BetrVG „alle Betriebsangehörigen, die aufgrund eines (privatrechtl.) begründeten Arbeitsverhältnisses für den Betriebsinhaber Arbeit leisten“, was als Rekurs auf den integralen Bestandteil der Betriebszugehörigkeit im Arbeitnehmerbegriff gedeutet werden kann. 256 Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 45; Erdlenbruch, Stellung, S. 50; FESTL, § 5 Rn.3; HSWG/Hess, § 5 Rn.3; Kraft, FS Pleyer, S. 383 (390); GKBetrVG/Kreutz, § 7 Rn.64; Oetker, AuR 1991, 359 (361); GK-BetrVG/Raab, § 5 Rn.11; Richardi, BetrVG, § 5 Rn.9; Zöllner/Loritz, § 44 V.3. Zur Bedeutung der Betriebszugehörigkeit schon oben § 3 vor A. 257 GK-BetrVG/Raab, § 5 Rn.64 sowie oben § 1 A.II.
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
(b) Existenz eines besonderen betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs Für die Existenz eines eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs, dessen integraler Bestandteil die Betriebszugehörigkeit ist, wird der Wortlaut von § 5 I 1 BetrVG herangezogen, der Arbeitnehmer „im Sinne dieses Gesetzes“ nennt.258 Zudem ist seit dem BetrVerf-ReformG klargestellt, dass es für die Arbeitnehmereigenschaft unerheblich ist, ob die Beschäftigung im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit erfolgt.259 Damit sind dem Namen nach typische Probleme der Betriebszugehörigkeit angesprochen,260 die für die Integration dieses Merkmals in den betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff sprechen.261 Allerdings werden die Folgen der angesprochenen Beschäftigungsformen ebenfalls für den allgemeinen Arbeitnehmerstatus diskutiert, soweit das wesentliche Merkmal der persönlichen Abhängigkeit, das auch durch die Eingliederung in den fremden Organisationsbereich charakterisiert wird,262 in Rede steht. Somit kann ebenso eine Klarstellung bezüglich des allgemeinen Arbeitnehmerbegriffs gesehen werden. Selbst aus der Formulierung „im Sinne dieses Gesetzes“ ist keine tragfähige Stütze für eine besondere betriebsverfassungsrechtliche Auslegung herzuleiten, da hierin auch ein bloßer Hinweis auf die in § 5 BetrVG ausdrücklich niedergelegten Abweichungen vom allgemeinen Verständnis zu sehen sein könnte263. Diese Deutung findet durch das BetrVerf-ReformG insofern eine Bestätigung, als die Betriebszugehörigkeit nunmehr neben den §§ 8 und 16 II 2 BetrVG auch in § 7 S.1 BetrVG als Tatbestandsmerkmal niedergelegt ist, was gegen eine Integration dieses Merkmals in den Arbeitnehmerbegriff spricht.264 ___________ 258
W. Schneider/Trümner, FS Gnade, S. 175 (190); Schuster, Arbeitnehmer, S. 44. Auf den klarstellenden Charakter dieser Vorschrift und insbesondere auf die Bedeutung hinsichtlich des Betriebsbegriffs wurde schon oben eingegangen, § 3 A.I.1. und II.2.b)aa). 260 GK-BetrVG/Raab, § 5 Rn.48 für die Außendienstproblematik. 261 So in der Tat DKK/Trümner, § 5 Rn.13. 262 Kritisch zu diesem Merkmal Zöllner/Loritz, § 4 III.5.b). 263 BAG 12.2.1992, AP Nr. 52 zu § 5 BetrVG 1972; Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 23. 264 GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.16. So zur Rechtslage vor dem BetrVerf-RefG und unter Hinweis auf § 8 BetrVG schon Oetker, AuR 1991, 359 (361). Mit der Reform ist auch das Argument von Bremeier (Reichweite, S. 179), W. Schneider/Trümner (FS Gnade, S. 175 (187 f.)) und Schuster (Arbeitnehmer, S. 64 f.) nicht mehr stimmig, wonach die Betriebszugehörigkeit nur erwähnt wird, wenn an sie wie in den §§ 8 und 16 II 2 BetrVG besondere Anforderungen gestellt werden. Bei § 7 S.1 BetrVG ist dies nämlich gerade nicht der Fall. 259
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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Die genauere Betrachtung zeigt damit, dass § 5 BetrVG – von Modifikationen abgesehen – keine autonome Begriffsbestimmung leistet.265 Verwendet aber die Legislative ohne eigenständige Definition einen in Rechtsprechung und Lehre gebräuchlichen Begriff, so spricht dies für die Zugrundelegung der überkommenen Bedeutung,266 wie auch hier letztlich die Gesetzesmaterialien nahe legen267. Daraus geht ergänzend hervor, dass der Anlass für die ausdrückliche Nennung des Außendiensts und der Telearbeit tatsächlich die mit diesen Beschäftigungsformen einhergehende Lockerung des für den allgemeinen Arbeitnehmerstatus wesentlichen Merkmals der persönlichen Abhängigkeit war.268 Unerheblich ist auch, dass bei den in Heimarbeit Beschäftigten durch § 5 I 2 BetrVG über die betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmereigenschaft hinaus Kriterien für die Zuordnung zum Betrieb genannt werden, wenn dort auf die hauptsächliche Arbeit für diesen abgestellt wird. Es handelt sich nämlich lediglich um eine Ausnahmevorschrift für Personen, die gerade keine Arbeitnehmer im Sinne des allgemeinen Verständnisses sind. Damit ist der herrschenden Meinung zu folgen und in der Betriebszugehörigkeit kein integraler Bestandteil des betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs zu sehen. Stattdessen ist die allgemeine Definition maßgeblich, die lediglich durch § 5 BetrVG modifiziert wird.
(c) Arbeitsvertrag mit dem Betriebsinhaber Eine Regelung in § 5 BetrVG musste demnach nur erfolgen, wenn der Betriebsinhaber notwendigerweise Partei des dort wegen des Rückgriffs auf den allgemeinen Arbeitnehmerbegriff grundsätzlich269 geforderten Arbeitsvertrags ___________ 265
So auch Dewender, Betriebsfremde, S. 40; GK-BetrVG/Raab, § 5 Rn.10. BAG 12.2.1992, AP Nr. 52 zu § 5 BetrVG 1972; Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 23 f. Nach Schuster (Arbeitnehmer, S. 56) kann dies aber auch die Öffnung eines besonderen betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs für Entwicklungen bedeuten. 267 GK-BetrVG/Raab, § 5 Rn.10; Schuster, Arbeitnehmer, S. 50 m.w.N. Vgl. zuletzt die Begründung zum Regierungsentwurf des BetrVerf-ReformG (BT-Drucks.14/5741), die ebenfalls vom allgemeinen Arbeitnehmerbegriff ausgeht: „Mit einer Neudefinition des allgemeinen Arbeitnehmerbegriffs wäre für die betriebsverfassungsrechtliche Situation nicht viel gewonnen.“ (S. 28); „Die Ergänzung in [§ 7] Satz 1 soll klarstellen, dass grundsätzlich nur Arbeitnehmer, die zur Belegschaft des Betriebs gehören, wahlberechtigt sind.“ (S. 36). 268 BT-Drucks.14/5741, S. 35. 269 Ausnahmen stellen die Fälle des fehlerhaften und des kraft Gesetzes begründeten Arbeitsverhältnisses dar. 266
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
ist. Überwiegend wird dies bejaht, indem als betriebsverfassungsrechtlicher Arbeitgeber der Betriebsinhaber bezeichnet wird, der auch Partner der Einzelarbeitsverträge ist.270 Ob diese Annahme zutreffend ist, muss unter Berücksichtigung des Betriebsbegriffs sowie teleologischer Gesichtspunkte geklärt werden, nachdem Leiharbeitnehmer mit dem Inhaber des Beschäftigungsbetriebs gerade keinen Arbeitsvertrag schließen. Für die den persönlichen Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsrechts einschränkende Auffassung könnte der Ansatz von Kreutz271 zu den Anforderungen an die Betriebszugehörigkeit herangezogen werden. Kreutz hebt hervor, dass ein Betrieb die Verfolgung des arbeitstechnischen Zwecks durch den Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern voraussetzt. Daraus folgert er, dass von seinen Arbeitnehmern im Sinne der Vertragstheorie272 nur gesprochen werden kann, wenn zwischen Betriebsinhaber und Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis besteht. Dieses begriffliche Argument erscheint zunächst plausibel. Allerdings werden neben der von Kreutz273 gebrauchten Definition im Rahmen des herrschenden Begriffsverständnisses noch andere Formulierungen verwandt: So wird zum Teil auf die organisatorische Einheit abgestellt, in der ein Unternehmer274 oder – in weiterer Modifizierung – jemand275 mit seinen Mitarbei___________ 270 Im Einzelnen mit zum Teil abweichenden Formulierungen Dewender, Betriebsfremde, S. 8; ErfK/Eisemann, § 5 Rn.3; Hromadka, Betriebsverfassung, IV.1.a); Kraft, FS Pleyer, S. 383 (390); Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 7 Rn.4; Maschmann, DB 2001, 2446 (2448); I. Natzel, Betriebszugehörigkeit, S. 166; Neumann, BB 2002, 510 (514). A.A. Hamann, NZA 2003, 526 (527); GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.64; Richardi, BetrVG, § 5 Rn.89. Vgl. auch Kraft (GK-BetrVG, § 1 Rn.44), der den betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitgeber grundsätzlich als Inhaber des Betriebs beschreibt, der Partner der Einzelarbeitsverträge ist. Primär sei er aber nicht als Vertragspartner der einzelnen Arbeitnehmer anzusehen, sondern als Partner oder Gegenspieler der übrigen betriebsverfassungsrechtlichen Institutionen. FESTL bezeichnen dies als Verwendung des Begriffs des Arbeitgebers in einer doppelten Beziehung (§ 1 Rn.235; ähnlich HSWG/Hess, § 2 Rn.4). 271 GK-BetrVG, § 7 Rn.19; dem folgend Barth, Beteiligungsrechte, S. 39; Dewender, Betriebsfremde, S. 42; I. Natzel, Betriebszugehörigkeit, S. 166. 272 Zur früheren Kontroverse zwischen Vertrags- und Eingliederungstheorie schon oben § 1 A.III.2. 273 Ebenso FESTL, § 1 Rn.63. 274 Auf den Unternehmer statt den Arbeitgeber stellt gerade auch Kraft (GKBetrVG, § 4 Rn.5) ab, der von Kreutz als Beleg der h.M. angeführt wird. Ferner Dietz, § 1 Rn.36; GKSKR, § 1 Rn.1; Hueck/Nipperdey I, S. 92 f.; KRHS, § 1 Rn.1; HaKoBetrVG/Kloppenburg, § 1 Rn.11. Zur nur bedingten Deckungsgleichheit der Begriffe Unternehmer, Arbeitgeber und Betriebsinhaber Diefenhardt, Kontextbezug, S. 56 und Mehrhoff, Arbeitgeberbegriff, S. 18 f.
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tern bzw. Arbeitnehmern agiert. In anderen Quellen wird vom Arbeitgeber mit von ihm beschäftigten Arbeitnehmern gesprochen.276 Diese nicht näher begründeten Abweichungen legen das Erfordernis eines Arbeitsvertrags, der gerade zwischen Betriebsinhaber und dem Arbeitnehmer bestehen muss, weniger nahe. Darüber hinaus fand das Possessivpronomen auch erst nach einer Modifizierung des auf Jacobi277 zurückgehenden Betriebsbegriffs durch Alfred Hueck278 Eingang in die Definition. Jacobi beschrieb den Betrieb im objektiven Sinne279 noch als „Vereinigung von persönlichen, sächlichen und immateriellen Mitteln zur fortgesetzten Verfolgung eines von einem oder mehreren Rechtssubjekten gemeinsam gesetzten technischen Zwecks“. Der Vorschlag Alfred Huecks, vom Unternehmer mit seinen Arbeitnehmern zu sprechen, sollte lediglich der Gleichstellung der sog. persönlichen Mittel mit den sonstigen Bestandteilen des Betriebsbegriffs entgegenwirken.280 Konsequenzen bezüglich der Anforderungen an die rechtliche Beziehung zwischen Arbeitsperson und Betriebsinhaber aus dem Betriebsbegriff heraus liegen damit fern. Aber selbst wenn man der Formulierung „mit seinen Arbeitnehmern“ trotz der geschilderten Umstände eine tiefere Bedeutung entnehmen wollte, würde dem begrifflich schon dann entsprochen, wenn ein Betriebsinhaber – wie der Entleiher gegenüber dem Überlassenen – in der Lage ist, vom arbeitsrechtlichen Weisungsrecht Gebrauch zu machen.281 Die damit gegebene Vereinbarkeit mit dem Betriebsbegriff wird noch deutlicher, wenn man den Gegenstand der organisatorischen Einheit im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne näher betrachtet. Diese wurde bereits unter Rückgriff auf teleologische Gesichtspunkte und unter Effektivitätsaspekten insbesondere durch die einheitliche Leitungsmacht beschrieben, wobei die ___________ 275
Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 1 Rn.3. ErfK/Eisemann, § 1 BetrVG Rn.8. 277 FS Ehrenberg, S. 1 (9). 278 Hueck/Nipperdey I, S. 92 f., der seinerseits auf die Beratungen des „Arbeitsrechtsausschusses der Akademie für Deutsches Recht“ von 1938 unter seinem Vorsitz verweist. Der Entwurf eines Gesetzes über das Arbeitsverhältnis (wiedergegeben bei Frank, Arbeitsberichte) enthält jedoch keine Definition. 279 Betrieb im subjektiven Sinn soll dagegen das Betreiben selbst i.S.d. Tätigkeit des betreibenden Rechtssubjekts als solcher sein (Mainzer, Betrieb, S. 15). 280 Hueck/Nipperdey I, S. 93. Ein derartiges Bedürfnis sieht Hess (HSWG, § 1 Rn.2) heute nicht mehr. 281 Diese Konsequenz zieht im Grundsatz nun auch Kreutz für die Frage der Betriebszugehörigkeit, indem er u.U. ein partielles Arbeitsverhältnis genügen lässt. Im Ergebnis verneint er jedoch die Zugehörigkeit der prinzipiell erfassten gewerbsmäßig Überlassenen zum Beschäftigungsbetrieb aufgrund seines unzutreffenden Verständnisses des § 14 AÜG (GK-BetrVG, § 7 Rn.19, 40). 276
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
Orientierung an der Entscheidungsbefugnis in mitbestimmungspflichtigen sozialen und personellen Angelegenheiten erfolgte.282 Zwar setzt ein gewisser Teil dieser Beteiligungsrechte das Bestehen eines Arbeitsvertrags voraus. Die Folgen der abhängigen Stellung in einem fremdbestimmten Organisationsbereich und hier insbesondere des Weisungsrechts, dessen erwünschte Limitierung als Schwerpunkt der Mitbestimmung charakterisiert wurde, verlangt aber gerade keine Vertragspartnerstellung des Betriebsinhabers. Die arbeitsrechtliche Direktionsbefugnis, die die einheitliche Leitung statuiert, kann vielmehr auch durch Dritte – wie im hier interessierenden Falle der Leiharbeit im Rahmen der oben beschriebenen Konstruktionen in Person des Entleihers – ausgeübt werden, sodass der Betriebsinhaber rechtlich in der Lage ist, mitbestimmungsrelevante Leitungsentscheidungen zu treffen, ohne selbst Vertragsarbeitgeber zu sein. Führt man sich zusammenfassend vor Augen, dass das Wesen der betrieblichen Mitbestimmung in der Begrenzung des arbeitgeberseitigen Bestimmungsrechts besteht und Letzteres nicht die Stellung des Betriebsinhabers als Vertragspartner voraussetzt, so ist daraus zu schließen, dass die individualrechtliche Arbeitgeberstellung betriebsverfassungsrechtlich in den Hintergrund rückt. Weitaus entscheidender ist dagegen die Ausübung der betrieblichen Organisationsgewalt durch den Betriebsinhaber,283 die die Arbeitspersonen als sog. personelle Mittel einbezieht und nur insoweit die Vertragspartnerstellung voraussetzt, als Auswirkungen auf den Inhalt des Einzelarbeitsverhältnisses einhergehen sollen. Das Verständnis der herrschenden Meinung, wonach der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitgeber auch Partner der Einzelarbeitsverträge sein muss, kann damit nicht überzeugen. Dies verdeutlicht auch der Umstand, dass nunmehr seit dem BetrVerf-ReformG unstreitig gemäß § 1 I 2 BetrVG selbst in gemeinsamen Betrieben mehrerer Unternehmen Betriebsräte gebildet werden können.284 In diesen Gemeinschaftsbetrieben ist der Partner der Einzelarbeitsverträge regelmäßig ein beteiligtes Unternehmen und nicht die oftmals entstehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts.285 Bei konsequenter Anwendung der ___________ 282
Siehe oben § 3 A.I.1. So auch im Ergebnis Mehrhoff, Arbeitgeberbegriff, S. 67; Richardi, BetrVG, Einleitung Rn.119 und § 5 Rn.89; W. Schneider/Trümner, FS Gnade, S. 175 (179); DKK/Wedde, Einleitung, Rn.136. Vgl. auch Wißmann, NZA 2001, 409 (409, 412). 284 Zur Entwicklung GK-BetrVG/Kraft, § 4 Rn.23. 285 Vgl. DKK/Trümner, § 5 Rn.23, der sich allerdings dem vollzogenen Wandel im Verständnis der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihrer Haftungsverfassung verschließt (hierzu BGH 29.1.2001, Z 146, 341 ff.; 27.9.1999, Z 142, 315 ff.). 283
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herrschenden Meinung könnten in diesen Fällen mangels Arbeitsvertrags mit dem Betriebsinhaber keine betriebszugehörigen Arbeitnehmer existieren.286 Daraus ist freilich nicht zu schließen, dass der oben herausgearbeitete Rückgriff auf den allgemeinen Arbeitnehmerbegriff in Frage zu stellen und ein Rückfall in die Eingliederungstheorie zu besorgen ist287. § 5 BetrVG beschreibt aber nur den Status der beschäftigten Person und erstreckt sich damit auf diejenigen, die nach allgemeiner Anschauung im Arbeitsrecht als schutzbedürftig anzusehen sind, nämlich Arbeitnehmer im herkömmlichen Sinne. Für die Betriebsverfassung erschließt sich entsprechend aus dieser Regelung, wer potentiell als repräsentationsbedürftig angesehen wird;288 dies sind beispielsweise weder Strafgefangene, die aufgrund öffentlich-rechtlichen Zwangs tätig werden, noch Beamte289. Allerdings wird auch der Einwand erhoben, dass § 7 S.2 BetrVG das Problem der aufgespalteten Arbeitgeberstellung mit den Worten „Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers“ aufgreift und damit § 5 BetrVG sich nur auf Vertragsarbeitnehmer des Betriebsinhabers beschränken kann.290 Dem ist aber entgegenzuhalten, dass in § 7 BetrVG insoweit nur das individualarbeitsrechtliche Phänomen der Arbeitnehmerüberlassung beschrieben wird und erst dar___________ 286 So in der Tat noch GK-BetrVG4/Kraft, § 4 Rn.8. A.A. Wiese, FS D. Gaul, S. 553 (571). Die Auffassung wird mittlerweile selbst durch Kraft nicht mehr vertreten (GKBetrVG, § 4 Rn.25). Für die Frage der rechtlichen Komponente zur Beurteilung der Betriebszugehörigkeit wird diesem Missstand durch die Zweikomponententheorie mit der Maßgabe begegnet, dass nur zu einem der Betriebsinhaber eine arbeitsrechtliche Beziehung bestehen muss (GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.19). 287 Ebenso G. Hueck, SAE 1975, 147 (148 f.). Zur Eingliederungstheorie schon oben § 1 A.III.2. Ferner zum Verhältnis zwischen Betriebsverfassungsrecht und Eingliederungstheorie Windbichler (DB 1975, 739 (740 f.)), die jedoch die Notwendigkeit eines Arbeitsvertrags mit einem Dritten nicht würdigt. 288 Ebenso Hamann, NZA 2003, 526 (527). A.A. offenbar Oetker als Vertreter der Ansicht, wonach die Betriebszugehörigkeit keine Voraussetzung des Arbeitnehmerbegriffs i.S.d. § 5 BetrVG ist (siehe oben § 3 B.I.2.c)bb)(a)), wenn er Leiharbeitnehmern im Betrieb des Entleihers nicht den Status eines Arbeitnehmers i.S.d. § 5 I BetrVG zuerkennt (NZA 2003, 937 (940); ähnlich Schiefer/Korte, NZA 2002, 57 (59)). Ferner ArbG Aachen 17.5.2002 9 BV 30/02, JURIS Nr. KARE600006408 (12.6.2003); Sieg/Siebels, NZA 2002, 697 (700). 289 A.A. DKK/Trümner, § 5 Rn.110. 290 Dewender, Betriebsfremde, S. 44. Die dortige Begründung basiert jedoch auf dem unzutreffenden Verständnis des Arbeitnehmerbegriffs i.S.d. BetrVG und ist zudem unschlüssig. Greift man nämlich den Gedanken Dewenders auf, wonach Leiharbeitnehmer keine Arbeitnehmer in diesem Sinne sind (S. 43), so würden sie auch nicht zu lediglich Wahlberechtigten nach § 7 S.2 BetrVG, nachdem Leiharbeitnehmer dann auch nicht „Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers“ (=Verleiher) wären. Auch dort fehlt ihnen nach Dewenders Einschätzung die Arbeitnehmereigenschaft im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne.
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
an betriebsverfassungsrechtliche Konsequenzen geknüpft werden.291 Entsprechend ist § 80 II 1 Halbs.2 BetrVG einzuschätzen.292 Für die Auslegung des § 5 BetrVG ist damit festzuhalten, dass die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des allgemeinen Begriffs, der der Norm zugrunde liegt, nicht voraussetzt, dass der Vertragspartner des Arbeitnehmers der Betriebsinhaber ist; Vertragsarbeitgeber kann damit auch ein Dritter sein. Ob jedoch die vertragliche Arbeitgeberstellung eines vom Betriebsinhaber verschiedenen Dritten der Betriebszugehörigkeit als weitere grundsätzliche Voraussetzung zur Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften in einem Betrieb genügen kann, ist eine andere, außerhalb des von § 5 BetrVG geregelten Gegenstands angesiedelte Frage.293
(d) Folgerung Mit den genannten Erwägungen konnte nachgewiesen werden, dass § 5 BetrVG lediglich Aussagen über den von der Betriebszugehörigkeit zu trennenden Arbeitnehmerstatus trifft. Für diesen ist unerheblich, ob der Arbeitsvertrag mit dem Betriebsinhaber oder einem Dritten geschlossen wurde. Damit bestand jedoch auch kein Bedürfnis, die Frage der Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer, die per definitionem Arbeitnehmer sind, aber mit dem Entleiherbetriebsinhaber keinen Arbeitsvertrag schließen, in § 5 BetrVG zu regeln. Auch die dem Gesetzgeber zu Recht unterstellte Kenntnis der Judikatur des Bundesarbeitsgerichts zur Stellung der Leiharbeitnehmer führt dabei zu keinem anderen Ergebnis, da es spätestens im Jahre 1992 die Zuständigkeit des Entleiherbetriebsrats zur Wahrnehmung der Beteiligungsrechte bezüglich der Leiharbeitnehmer im Grundsatz anerkannt hat.294 Unter Beachtung des Ausschlusses der Wahlrechte in § 14 II 1 AÜG a.F. durch das BillBG war im Übrigen nur die Frage der Berücksichtigung bei den Schwellenwerten Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung295 und wurde in ___________ 291
Vgl. Wlotzke, 50 Jahre BAG, S. 1149 (1150). Die Vorschrift soll auch Leiharbeitnehmer erfassen: BT-Drucks. 14/5471, S. 46; FESTL, § 80 Rn.49. Hierzu auch unten § 6 F.I.2.a). 293 Vgl. auch Raab (GK-BetrVG, § 5 Rn.63), dem zufolge die Arbeitnehmereigenschaft der Leiharbeitnehmer unzweifelhaft ist, die Frage ihrer Betriebszugehörigkeit jedoch im Kontext von § 7 BetrVG zu behandeln ist. 294 BAG 28.7.1992, AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen; 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer. Siehe aber schon BAG 14.5.1974, AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972. 295 So zur nicht gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972. 292
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den Augen der Entwurfsverfasser durch die Reform als geregelt angesehen296. Die Erwägung des überwiegenden Teils der Rechtsprechung sowie der herrschenden Lehre, dass eine Anerkennung der Betriebszugehörigkeit von Leiharbeitnehmern in § 5 BetrVG hätte erfolgen müssen, ist damit unzutreffend.
(2) Differenzierte Terminologie bezüglich des erfassten Personenkreises Für die Auslegung des § 7 S.2 BetrVG ist ferner zu berücksichtigen, dass das Betriebsverfassungsgesetz sowohl in den organisatorischen als auch in den materiellen Regelungen zwischen „Arbeitnehmern“297, „Wahlberechtigten“298 sowie „wahlberechtigten Arbeitnehmern“299 unterscheidet.300 Handelt es sich dabei um bewusste Differenzierungen, so würde dem nur die Auslegung gerecht, wonach zur Gesamtmenge der Wahlberechtigten neben den wahlberechtigten Arbeitnehmern die von diesen zu trennende Gruppe der Wahlberechtigten, die keine Arbeitnehmer sind, zählen. Vom Grundsatz ausgehend, dass nur betriebszugehörige Arbeitnehmer wahlberechtigt sind (§ 7 S.1 BetrVG), kann die Menge der Wahlberechtigten, die keine Betriebsangehörigen sind, dann nur durch die nach § 7 S.2 BetrVG wahlberechtigten überlassenen Arbeitnehmer gestellt werden. Daraus wäre abzuleiten, dass Zeitarbeitskräfte keine betriebszugehörigen Arbeitnehmer sind.301 Ob jedoch diese Systematisierung seitens des Gesetzgebers bewusst erfolgte, muss bezweifelt werden. Sie bestand nämlich schon vor dem BetrVerfReformG und war bis dahin bedeutungslos,302 da die Beschränkung der Wahlberechtigung auf betriebszugehörige Arbeitnehmer nahezu303 unstreitig war. Sie ist darüber hinaus nicht logisch, wie exemplarisch die Bestimmungen über ___________ 296
Siehe die Bezugnahme in Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung auf die Stellungnahme des Vertreters der Bundesregierung in BT-Drucks.14/6352, S. 54. Hierauf wird noch genauer einzugehen sein (§ 3 B.I.2.c)cc)). 297 Z.B. §§ 5, 9 BetrVG. 298 Z.B. §§ 16 I 1, 19 II 1 BetrVG. 299 Z.B. §§ 9, 99 I 1, 111 I 1 BetrVG. 300 Dewender, RdA 2003, 274 (277); Hennige, RWS-Forum Bd.21, S. 59 (72 ff.); Maschmann, DB 2001, 2446 (2448); ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.6. 301 So im Ergebnis Dewender, RdA 2003, 274 (277); Hennige, RWS-Forum Bd.21, S. 59 (72 ff.); Oetker, EWiR 2004, 529 (530). 302 Dewender, RdA 2003, 274 (277); Hennige, RWS-Forum Bd.21, S. 59 (73). 303 A.A. Martens (FS Hilger/Stumpf, S. 437 (458 f.)), dem zufolge u.U. auch Arbeitnehmer, die nicht betriebszugehörig sind, aktiv wahlberechtigt sein können. Dabei ist jedoch das dortige Verständnis der Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen, hierzu schon oben § 3 A.II.1.
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die Bestellung des Wahlvorstands zeigen.304 So können in Betrieben mit Betriebsrat unter den Voraussetzungen des § 16 II 1 BetrVG drei Wahlberechtigte die Bestellung des Wahlvorstands durch das Arbeitsgericht beantragen, wogegen in betriebsratslosen Betrieben gemäß § 17 IV 1 BetrVG auf wahlberechtigte Arbeitnehmer Bezug genommen wird. Dass hier unterschiedliche Gruppen angesprochen werden sollten, ist jedoch in keiner Weise plausibel. In diesem Sinne ist auch der Verweis Oetkers305 nicht überzeugend, der im Drittelbeteiligungsgesetz eine neuere Gesetzestechnik erkennen will, wonach der Gesetzgeber ausdrücklich das Substantiv „Wahlberechtigte“ verwendet, wenn neben Arbeitnehmern i.S.d. § 5 I BetrVG auch die nach § 5 II 2 DrittelbG i.V.m. § 7 S.2 BetrVG wahlberechtigten Leiharbeitnehmer erfasst werden. Damit würde dem Normtext und der Systematik einer Vorschrift außerhalb des Betriebsverfassungsrechts ein Rang zuerkannt, der wegen der häufigen Fehlgriffe der Legislative – die den Begriff des „Wahlberechtigten“ auch schon früher verwendet hat – nicht begründet ist, zumal die Deutung Oetkers in den Materialien des Drittelbeteiligungsgesetzes306 keinen Rückhalt findet. Das „sprachliche Chaos“307 spricht auf der anderen Seite aber auch gegen die zunächst von Richardi/Thüsing308 aufgestellte These, wonach durch § 14 IV BetrVG Wahlberechtigte mit wahlberechtigten Arbeitnehmern gleichgestellt werden. Die unterschiedlichen Termini stehen daher jedenfalls der Deutung, wonach § 7 S.2 BetrVG die Betriebszugehörigkeit der überlassenen Arbeitskräfte anerkennt, nicht entgegen.
(3) Verbleibender Regelungsgehalt des § 7 S.2 BetrVG Im Rahmen der systematischen Auslegung ist ferner zu berücksichtigen, ob bei den für möglich gehaltenen Auslegungsvarianten eine Funktion der Norm erhalten bleibt.309 Wie schon geschildert, wird dies in Bezug auf § 7 S.2 BetrVG von der herrschenden Meinung bestritten310, wenn man eine vollstän___________ 304 Dies muss auch Dewender (RdA 2003, 274 (277)) einräumen. Ferner Hennige, RWS-Forum Bd.21, S. 59 (75). 305 EWiR 2004, 529 (530). 306 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks.15/2542, S. 13 ff. 307 So die Bezeichnung bei Hennige, RWS-Forum Bd.21, S. 59 (75). 308 Richardi, BetrVG8, § 9 Rn.7. In der Neukommentierung durch Thüsing in der neunten Auflage wird dieser Gedanke in Reaktion auf die grundlegende Entscheidung des BAG vom 16.4.2003 (AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972) jedoch nicht wieder aufgegriffen. 309 Bydlinski, Methodenlehre, S. 444. 310 BAG 22.10.2003, AP Nr. 28 zu § 38 BetrVG 1972; LAG Düsseldorf 23.1.2003, BB 2003, 1437 (1437); LAG Hamm 15.11.2002, DB 2003, 342 (342); ArbG Herne
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dige Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer annehmen würde. Die Begründung verweist einmal mehr darauf, dass betriebszugehörige Arbeitnehmer unter den Voraussetzungen des § 7 S.1 BetrVG ohnehin wahlberechtigt sind, sodass es einer Zuerkennung in § 7 S.2 BetrVG nicht bedurft hätte. Mit dieser Argumentation wird aber verkannt, dass § 7 S.2 BetrVG von dem Standpunkt aus, wonach ein Arbeitsvertrag zwischen Betriebsinhaber und Arbeitnehmer zur Begründung der Betriebszugehörigkeit entbehrlich ist, das demnach an sich bestehende Wahlrecht durch die Dreimonatsregelung bei kürzer Eingesetzten ausschließen würde. Der Anordnung bedurfte es auf dieser Grundlage, da die von der begrenzten Dauer ihres Einsatzes her vergleichbaren befristet Beschäftigten ohne eine Mindesteinsatzzeit votieren können311. § 7 S.2 BetrVG verbleibt ebenso ein Bedeutungsgehalt, wenn man in der Bestimmung die ausnahmsweise Anerkennung der Betriebszugehörigkeit in den dort genannten Fällen der Arbeitnehmerüberlassung erblickt.312
(4) Äußere Systematik Bemerkenswert ist aber, dass die diskutierte Regelung außerhalb des Ersten Teils des Betriebsverfassungsgesetzes, der die allgemeinen Vorschriften betrifft, im Zusammenhang mit dem Wahlrecht erfolgte. Wie jedoch schon dem Wortlaut des § 7 S.2 BetrVG entnommen wurde, ist die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer dort nicht expressis verbis angeordnet worden.313 § 7 S.2 BetrVG kann damit auch an diesem Standort im Rahmen der betriebsverfassungsrechtlichen Organisationsvorschriften als Bestimmung angesehen werden, mit der die Zuordnung zum Entleiherbetrieb anerkannt wird und entsprechende Hinweise auf die Kriterien der Betriebszugehörigkeit gegeben werden.314
___________ 5.6.2002, DB 2002, 1782 (1782 f.); ArbG Mönchengladbach 3.7.2002, NZA-RR 2003, 22 (24); Moderegger, ArbRB 2003, 82 (83); Schiefer, DB 2002, 1774 (1776); Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1078). Ferner Konzen, RdA 2001, 76 (83) und Wolf, JbArbR, Bd.40, S. 99 (108): § 7 S.2 BetrVG als Fiktion. 311 Hierzu BAG 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972. Weitergehend und kritisch zur Vergleichbarkeit Brors, NZA 2003, 1380 (1381). Allgemein BAG 25.2.1997, AP Nr. 72 zu § 87 BetrVG Arbeitszeit. 312 Hierzu Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1079). 313 Brors, NZA 2003, 1380 (1381). 314 A.A. Dewender, Betriebsfremde, S. 43 und RdA 2003, 274 (277).
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(5) Folgerungen aus der systematischen Auslegung Die Gesetzessystematik stützt damit nicht die Annahme, dass eine vollständige Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer schon wegen § 7 S.2 BetrVG ausgeschlossen ist. Da die Kriterien der Betriebszugehörigkeit im Betriebsverfassungsgesetz auch sonst nicht bestimmt worden sind315, gewinnt vielmehr die These an Bedeutung, dass im Zusammenhang mit der Regelung in § 7 S.1 BetrVG, die ausdrücklich die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers anspricht, diese in S.2 auch den dort erfassten Leiharbeitnehmern zuerkannt wurde.
cc) Entstehungsgeschichte Welche Bedeutung der historische Gesetzgeber § 7 S.2 BetrVG beimessen wollte, soll anhand der Begründung des Regierungsentwurfs des BetrVerfReformG316 erschlossen werden. Diese Stellungnahmen sind insofern intensiver zu berücksichtigen, als hier eine zeitlich neuere Regelung betroffen ist, bei der dem Willen der Legislative größeres Gewicht zukommt.317 Von Interesse sind dabei die enthaltenen Hinweise auf die betriebsverfassungsrechtliche Stellung überlassener Arbeitskräfte, wenngleich zu den allgemeinen Anforderungen an die Betriebszugehörigkeit unmittelbare318 Aussagen fehlen. Die herrschende Meinung nimmt dabei für sich in Anspruch, dass auf eine Neudefinition des allgemeinen Arbeitnehmerbegriffs bewusst verzichtet wurde und die Neuregelungen vielmehr dort behutsam319 eingreifen sollen, wo externe Arbeitnehmer der Weisungsbefugnis des Einsatzbetriebsinhabers unterliegen. Dementsprechend wurde Leiharbeitnehmern das aktive Wahlrecht eingeräumt, um sie betriebsverfassungsrechtlich aus der Randbelegschaft an die Stammbelegschaft heranzuführen, ohne sie in rechtlich unzutreffender Weise als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs einzustufen.320 ___________ 315
Brors, NZA 2003, 1380 (1381). BT-Drucks.14/5741, S. 1 ff. 317 Bleckmann, JuS 2002, 942 (943) m.w.N. 318 Insoweit zutreffend Hamann, NZA 2003, 526 (527). 319 Nach Sieg/Siebels (NZA 2002, 697 (698) zur Unternehmensmitbestimmung) ist die behutsame Heranführung gerade keine Gleichstellung. 320 „Leiharbeitnehmern wird das aktive Wahlrecht eingeräumt, ... Sie sollen auf diese Weise betriebsverfassungsrechtlich an die Stammbelegschaft herangeführt werden, ohne sie in rechtlich unzutreffender Weise als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs einzustufen.“ (BT-Drucks. 14/5471, S. 28). Diese Passage wird durch Hamann (NZA 2003, 526 (527)) als Vertreter der Gegenmeinung verzerrt wiedergegeben: “Obwohl 316
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Diese zunächst überzeugend erscheinende Absage an eine vollständige Betriebszugehörigkeit ist aber zu relativieren, wenn man die konkreten Erörterungen der Entwurfsbegründung zu § 7 S.2 BetrVG betrachtet.321 Diesen zufolge erkennt die Bestimmung unter den dortigen Voraussetzungen die Betriebszugehörigkeit der Überlassenen an,322 ohne von einer bloßen partiellen Betriebszugehörigkeit zu sprechen323. Es findet sich vielmehr eine Stütze für die Auslegungsvariante, wonach die Leiharbeitnehmer zur Grundmenge der betriebszugehörigen Arbeitnehmer nach § 7 S.1 BetrVG zählen, sofern sie die zusätzlichen Voraussetzungen des S.2 erfüllen. Das Abstellen auf die Arbeitnehmer des Betriebs in S.1 soll nämlich „klarstellen, dass grundsätzlich nur Arbeitnehmer, die zur Belegschaft des Betriebs gehören, zum Betriebsrat wahlberechtigt sind.“324 Eine Untersuchung des Sprachgebrauchs der Entwurfsverfasser zeigt dabei, dass sie zur Belegschaft nicht nur die „Stammbelegschaft mit Arbeitsvertrag zum Betriebsinhaber“325 zählen, sondern auch eine „Randbelegschaft“ anerkennen, die damit aber begriffsnotwendig auch Teil der Belegschaft ist. Diese „Randbelegschaft mit Arbeitsverträgen zu Dritten“ wird dabei vornehmlich durch die Leiharbeitnehmer gebildet.326 ___________ die Problematik bekannt war, stellt die Gesetzesbegründung lediglich klar, dass Leiharbeitnehmer dadurch nicht zu Arbeitnehmern des Entleihers werden und ihre betriebsverfassungsrechtliche Stellung zum Verleiher unberührt bleibe.“ Die nachgehende Schlussfolgerung, dass die Gesetzesbegründung zur betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnungsfrage schweige, hätte einen höheren Begründungsaufwand erfordert, wenn korrekterweise von der unrichtigen Einstufung als „Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs“ gesprochen würde. Nachweise zu den Vertretern der Auffassung, dass dies gegen eine vollständige Zuordnung zum Entleiherbetrieb spricht, oben § 3 B.I.2.a). 321 Vgl. hierzu auch Wolf, JbArbR, Bd.40, S. 99 (108). Demnach ist die Gesetzesbegründung zumindest im Hinblick auf eine Einbeziehung bei den Quorums nicht hilfreich. 322 BT-Drucks.14/5741, S. 36: „Um der Erosion der Stammbelegschaft durch den Einsatz von Arbeitnehmern anderer Arbeitgeber entgegenzuwirken ..., erkennt Satz 2 für bestimmte Fälle die Betriebszugehörigkeit dieser Arbeitnehmer zum Einsatzbetrieb an.“ 323 A.A. ohne Nachweis Dewender, RdA 2003, 274 (278); Raab, ZfA 2003, 389 (434). Dem ist aber entgegenzuhalten, dass es eine partielle Betriebszugehörigkeit ohnehin nicht gibt, siehe unten § 3 B.III. 324 BT-Drucks.14/5741, S. 36. 325 BT-Drucks.14/5741, S. 28: „Neben der Stammbelegschaft mit Arbeitsvertrag zum Betriebsinhaber hat sich eine Randbelegschaft mit Arbeitsverträgen zu Dritten herausgebildet.“ Nach Dewender (Betriebsfremde, S. 191) soll es sich dabei nur um eine irreführende Bezeichnung handeln. 326 Wiederum BT-Drucks.14/5741, S. 28. Vgl. auch den Hinweis von Franke (NJW 2002, 656 (656)) auf den personalwirtschaftlichen Sprachgebrauch, bei dem Leiharbeitnehmer zwar nicht zur Stammbelegschaft, wohl aber zur Belegschaft gezählt werden. Im Ergebnis sieht Franke in § 7 S.2 BetrVG jedoch keine über die Zuerkennung
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
Indem der (materielle) Gesetzgeber die Differenzierung zwischen den erwähnten Belegschaftsgruppen anhand des Vorliegens eines Arbeitsvertrags mit dem Betriebsinhaber327 und nicht etwa aufgrund der regelmäßig nur vorübergehenden Beschäftigung328 vornimmt, wird allerdings belegt, dass er im Grundsatz der Zweikomponententheorie folgt und die Betriebszugehörigkeit überlassener Arbeitskräfte nur eine Ausnahme darstellen kann.329 Dementsprechend vermag auch die bloße tatsächliche Beziehung zwischen Betrieb und Arbeitsperson keine Betriebszugehörigkeit zu begründen:330 Aus der Menge von Personen, die trotz Eingliederung in den Betrieb keinen Arbeitsvertrag mit dessen Inhaber geschlossen haben, wurden lediglich die überlassenen Arbeitnehmer herausgegriffen. Dabei handelt es sich um eine Personengruppe, die auch nach dem Begriffsverständnis des Gesetzgebers rechtlich und ___________ des Wahlrechts hinausgehenden Konsequenzen. Ferner Windbichler, Konzern, S. 280: durch Leiharbeitnehmer „bereicherte“ Belegschaft. 327 Vgl. zum status quo ante der Reform BT-Drucks.14/5741, S. 27 f. 328 Nach h.M. ist die Beschäftigungsdauer für die Frage der Betriebszugehörigkeit im Allgemeinen unerheblich (FESTL, § 7 Rn.22; ErfK/Eisemann, § 7 BetrVG Rn.2; GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.27; Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 5 Rn.7; Sbresny-Uebach, AR-Blattei SD 530.6 (1992), Rn.11). Einschränkend Galperin/Löwisch, § 7 Rn.8: Die Wahlberechtigung sei zu verneinen, wenn es sich um ein ganz kurzfristiges „Einspringen“ handelt, denn in einem solchen Fall könne von einer echten Zugehörigkeit zum Betrieb nicht gesprochen werden. Ähnlich Bremeier (Reichweite, S. 265 ff.), wonach die Dauer des Eingliederungsvorganges eine gewisse Mindestlänge erreichen muss, da im anfänglichen Zeitraum die Zuerkennung der Betriebszugehörigkeit keine Erhöhung des betriebsverfassungsrechtlichen Schutzniveaus nach sich zieht und deshalb der sachliche Zwang zur Schutzgewährung fehle. Ferner Baeck/Göpfert, WiB 1997, 1289 (1290)). Der h.M. ist aufgrund der unabhängig von zeitlichen Gesichtspunkten gegebenen weisungsunterworfenen Verfolgung des Betriebszwecks, vor der die belegschaftsbezogenen Elemente in den Hintergrund rücken, zu folgen. Auch die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers muss selbst bei noch so kurzen Einsätzen so koordiniert werden, dass sie sich in das Kooperationssystem Betrieb einfügt (Hempel, Spannungsverhältnis, S. 165). Zur Rechtfertigung der Einschränkung in Bezug auf kurze Überlassungen von Personen mit Arbeitsverträgen zu Dritten aber unten § 3 B.I.2.c)dd). 329 Dörner, FS Wißmann, S. 286 (296). Anders Brors (NZA 2003, 1380 (1381)), die eine Parallele zwischen vertraglicher Bindung und Beschäftigungsdauer herstellt. Hierzu sogleich ausführlicher (§ 3 B.I.2.c)dd)). 330 So MünchArbR/Joost, § 304 Rn.49 mit Fn.41. Ähnlich Boemke (AR-Blattei SD 540 (2005), Rn.16 f.), wonach keine einklagbare Leistungsverpflichtung zu fordern ist. Wie hier Christiansen (Betriebszugehörigkeit, S. 38 f.), die jedoch zur Begründung anführt, dass die rein tatsächliche Weisung, mit der keine Rechtspflicht korrespondiert, ohnehin nicht befolgt werden muss. Weiter kann aber auch der Schutz der Betriebsverfassung nicht reichen, da die Verletzung von Mitbestimmungsrechten maximal ebenfalls zur Unwirksamkeit führt. Diese Begründung setzt sich allerdings nicht mit der Möglichkeit von Doppelwirkungen im Recht auseinander (zu dieser Lehre kritisch Oellers, AcP 169 (1996), 67 ff.).
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nicht nur tatsächlich verpflichtet ist, Weisungen des Betriebsinhabers nachzukommen, und zwar unabhängig davon, ob Letzterem der Anspruch auf die Arbeitsleistung zusteht oder nicht331. Würde man dagegen der Legislative eine Abkehr von der Zweikomponententheorie unterstellen, so müsste erklärt werden, warum das danach an sich bestehende Wahlrecht gerade bei den als schutzbedürftig332 erkannten überlassenen Arbeitskräften durch die Anforderungen an die Dauer des Einsatzes eingeschränkt ist. Dieser Ausnahmecharakter zeigt zugleich, dass Leiharbeitnehmer nicht per se, sondern erst dann333, wenn sie länger als drei Monate eingesetzt werden sollen, als betriebszugehörig und damit ausnahmslos repräsentationswürdig angesehen werden können. Dass dem auch die gesetzgeberische Zielsetzung entspricht, findet eine auffällige Parallele in der Äußerung der Vertretung der Bundesregierung vor dem federführenden Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, die in dessen Bericht und Beschlussempfehlung334 ausgeführt wird. Demzufolge sind die gemäß § 7 S.2 BetrVG wahlberechtigten Leiharbeitnehmer bei den Arbeitnehmergrenzzahlen des Betriebsverfassungsgesetzes mitzuzählen, was nach der auch schon bei Erlass des Reformgesetzes herrschenden Lehre und dem Bundesarbeitsgericht eine vollständige Betriebszugehörigkeit voraussetzt.335 Inwieweit den Aussagen in der Sachverständigenanhörung Gewicht beizumessen ist, wird freilich unterschiedlich beurteilt. So wird bestritten, dass der Bundestag diese Meinung in seinen Willen übernommen hat und ein ausdrücklicher Hinweis schon aufgrund des gesetzgeberischen Plans, in kleineren und mittleren Betrieben zu einem vereinfachten Wahlverfahren zu kommen, für erforderlich gehalten.336 Andererseits ist die Aufnahme einer ___________ 331
So beim unechten Vertrag zugunsten Dritter und der Ausübungsermächtigung. Zu diesen Konstruktionen schon § 1 A.III.2. 332 Auch die Schutzbedürftigkeit der Leiharbeitnehmer und nicht allein die Bewahrung vor einer Erosion der Stammbelegschaft im Entleiherbetrieb (hierzu BTDrucks.14/5741, S. 36) hat zur Regelung des § 7 S.2 BetrVG geführt. Dies ist aus den allgemeinen Erwägungen (BT-Drucks.14/5741, S. 27 f.) zu entnehmen, was Buchner (NZA 2001, 633 (636)) und Kreutz (GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.63) offenbar übersehen. 333 Vgl. auch Hanau (NZA 2003, 34 (35) zur Berücksichtigung bei den Schwellenwerten: „wenn überhaupt“. 334 BT-Drucks.14/6352, S. 54. 335 BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972 mit Anm. Rosendahl, BetrR 1989, 162 f.; Hess/Schlochauer/Glaubitz, § 9 Rn.6; W. Schneider/Trümner, FS Gnade, S. 175 (187). A.A. Erdlenbruch, Stellung, S. 87 ff. 336 LAG Hamm 15.11.2002, DB 2003, 342 (342); ArbG Mönchengladbach, NZARR 2003, 22 (25); Dörner, FS Wißmann, S. 286 (292 f.); Kreutz, SAE 2004, 168 (171); Löwisch, BB 2001, 1734 (1737); Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 7 Rn.7; Moderegger, ArbRB 2003, 82 (83).
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
Rechtsauffassung in den Bericht des Ausschusses der gesetzgebenden Körperschaft, der eine entsprechende Beschlussempfehlung auf Basis des Regierungsentwurfs gab,337 keine Selbstverständlichkeit und die Einschätzung im Übrigen unbestritten geblieben.338 Zudem kann die Anerkennung der Betriebszugehörigkeit von Leiharbeitnehmern im Entleiherbetrieb als behutsamer Eingriff gewertet werden, wenn man ihr noch verhältnismäßig geringes Gewicht am Gesamtbeschäftigungsaufkommen – 2002 lag der Anteil der Zeitarbeit bei einem Prozent339 – in Beziehung setzt. Der Hinweis der Gegenansicht auf die Verkleinerung des Anwendungsbereichs von § 14a BetrVG, der das vereinfachte Wahlverfahren nur im Kleinbetrieb einrichtet, geht schließlich fehl.340 Die Anerkennung der Betriebszugehörigkeit bestimmter Leiharbeitnehmer mag zwar ihre Berücksichtigung bei den Schwellenwerten verlangen341 und damit die Anzahl der Betriebe verringern, in denen nach dem zweistufigen Verfahren gewählt werden darf. Dies ist aber lediglich die Konsequenz aus der Ausgestaltung dieser Ausnahmevorschrift, die gerade nur in Kleinbetrieben Anwendung finden soll. Die Frage, wann ein solcher vorliegt, ist dagegen aus dem Zusammenhang mit anderen Bestimmungen heraus zu beantworten. So ist es im Übrigen auch nicht überzeugend, die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des Leiharbeitnehmers unter Betrachtung der finanziellen Folgen einer Hinzurechnung bei den Schwellenwerten zu entscheiden.342 Mag die vom Gesetzgeber nunmehr mit der Hartz-Reform angestrebte Erhöhung der Attraktivität der Leiharbeit im Falle eines Mitzählens eingeschränkt werden, so ist dies gleichsam eine hinzunehmende Rechtsfolge, der nicht durch eine Korrektur auf Tatbestandsebene begegnet werden kann. Im Ergebnis spricht damit die Auswertung der Materialien für die Zuerkennung der Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer unter den Voraussetzungen des § 7 S.2 BetrVG, wenngleich dies nicht eindeutig formuliert wurde. ___________ 337
BT-Drucks.14/6352, S. 5. Däubler, AuR 2004, 81 (81); Wlotzke, 50 Jahre BAG, S. 1149 (1159). 339 Pfarr u.a., BB 2004, 602 (603). 340 Kritisch zur Argumentation mit § 14a BetrVG auch ArbG Aachen 17.5.2002 9 BV 30/02, JURIS Nr. KARE600006408 (12.6.2003). 341 Hierzu ausführlich unten § 4 sowie § 6 C.III.1., E.II. und F.II. Im Rahmen des § 14a BetrVG ist die Einbeziehung von Leiharbeitnehmern im Entleihbetrieb selbst vom Standpunkt der h.M. aus umstritten, da es sich um eine Vorschrift über das Wahlverfahren handelt (hierzu Nicolai, DB 2003, 2599 (2600 f.); Bauer, NZA 2002, 1001 (1004)). Auch dem folgend, bietet § 14a BetrVG kein verlässliches Argument für die h.M. 342 So aber Brose, NZA 2005, 797 (799 f.). 338
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dd) Objektiv-teleologische Auslegung Damit ist letztlich anhand des Normzwecks zu entscheiden, inwieweit die Betriebszugehörigkeit von Leiharbeitnehmern durch § 7 S.2 BetrVG anerkannt wird. Den kleinsten gemeinsamen Nenner bei der Kontroverse um den Bedeutungsgehalt des § 7 S.2 BetrVG stellt dabei die Aussage dar, dass die Verleihung des Wahlrechts die demokratische Legitimation des Entleiherbetriebsrats auf eine breitere Basis stellen sollte343. Schon diese Grundlage ließe weitergehende Ableitungen zu, wenn ein allgemeines Rechtsprinzip344 des Inhalts existiert, dass nur die einer Gruppe Zugehörigen und damit vorliegend nur Betriebsangehörige wahlberechtigt345 sein können. Ausgehend vom generellen Konsens, dass betriebszugehörige Arbeitnehmer grundsätzlich auch wahlberechtigt sind,346 müsste für diesen Schluss auch die Umkehrung des Satzes gelten. Auf die vor der Betriebsverfassungsreform verbreitete Auffassung, die den Zusammenhang zwischen Wahlberechtigung und Betriebszugehörigkeit neben den aus § 1 BetrVG abgeleiteten systematischen Erwägungen mit der Natur der Sache begründete, könnte diese These nicht gestützt werden. Zwar wurde die Betriebszugehörigkeit in diesem Zusammenhang zur Legitimation der Wahlberechtigung für unverzichtbar gehalten.347 Es kommt aber gerade nicht zum Ausdruck, dass es dem Gesetzgeber von vornherein verwehrt ist, den Kreis der Wahlberechtigten auf betriebsfremde Arbeitnehmer zu erweitern. Darüber hinaus vertrat Schuster348 jedoch die Ansicht, dass jeder, der den Repräsentanten einer Organisationsgemeinschaft wählen will, dieser auch angehören muss. Deshalb seien aufgrund demokratischer Grundprinzipien, die auch dem Betriebsverfassungsgesetz zugrunde liegen349, nur betriebszugehöri___________ 343 BAG 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; Dewender, RdA 2003, 274 (279). Ferner Brors, NZA 2003, 1380 (1381), die das mögliche Legitimationsdefizit aber nicht für entscheidend hält. 344 Zur Berücksichtigung allgemeiner Rechtsprinzipien bei der objektivteleologischen Auslegung Bydlinski, Methodenlehre, S. 454 und 481; Schlachter, Auslegungsmethoden, S. 25 mit Fn.58. 345 So DKK/Trümner, § 5 Rn.27b; Hamann, NZA 2003, 526 (528). 346 Siehe zu Nachweisen § 3 vor A. 347 Kreutz, GS Schultz, S. 209 (209). A.A. Martens, FS Hilger/Stumpf, S. 437 (458 f.), wonach u.U. auch nicht betriebszugehörige Arbeitnehmer aktiv wahlberechtigt sein können. Dabei ist jedoch das dortige Verständnis der Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen. 348 Arbeitnehmer, S. 62. Vgl. aber auch jüngst Wlotzke, 50 Jahre BAG, S. 1149 (1159). 349 Vgl. insoweit auch v. Hoyningen-Huene, BetriebsverfassungsR, S. 153; Ratayczak, AiB 1997, 600 (602); Waltermann, Rechtsetzung, S. 92.
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
ge Arbeitnehmer wahlberechtigt.350 Würde ein solches demokratisches Grundprinzip ohne die Zulässigkeit von Ausnahmen existieren, müssten in der Tat Konsequenzen in der eingangs formulierten Weise für die Auslegung des § 7 S.2 BetrVG gezogen werden. Zur Beantwortung dieser Frage ist allerdings zunächst festzustellen, dass das Demokratieprinzip keine unbedingte Verpflichtung enthält, jeden einer Repräsentanz Unterworfenen zum Inhaber eines diese legitimierenden Wahlrechts zu machen.351 Zudem ist der Betriebsrat eine durch das Betriebsverfassungsgesetz geschaffene Zwangsrepräsentation der Arbeitnehmer, dem die Wahrnehmung ihrer Belange nicht privatautonommandatarisch übertragen ist.352 Deshalb war dem Gesetzgeber die Einräumung der Wahlberechtigung für Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb auch nicht zwingend vorgegeben353, obschon Rechtsprechung und herrschende Lehre die Zuständigkeit des dortigen Betriebsrats auf solche Personen erstreckte354. Wurde die Legislative gleichwohl dahingehend tätig, so ist dies durch die Kompetenzen des Entleiherbetriebsrats sowohl bezüglich der Stammbelegschaft als auch der Leiharbeitnehmer, die gleichsam dem arbeitsrechtlichen Weisungsrecht des dortigen Betriebsinhabers unterliegen, als willkürlose Kreation eines „Wahlvolks“ aber auch hinreichend gerechtfertigt355, ohne dass eine Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem und damit ein Verstoß gegen Art.3 I GG zu besorgen wäre356. Die tragende Gemeinsamkeit dieser vom ___________ 350 Wlotzke (50 Jahre BAG, S. 1149 (1159)) hält eine Norm, die sich über diesen Grundsatz hinwegsetzt, für sachwidrig. 351 Vgl. zu einer nur sehr bedingt vergleichbaren Fragestellung im Staatsorganisationsrecht BVerfG 31.10.1990, E 83, 37 (51). Für die betriebsverfassungsrechtliche Fragestellung Waltermann, Rechtsetzung, S. 205 f. 352 Döttger, Normsetzung, S. 150; GK-BetrVG/Kreutz, § 77 Rn.180; Reichold, Betriebsverfassung, S. 539; Richardi, BetrVG, Einleitung Rn.103; Waltermann, Rechtsetzung, S. 84 ff. Enger Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.41. Reichold erblickt die Rechtfertigung der Befugnisse des Betriebsrats nicht allein im BetrVG, sondern darüber hinaus auch in der arbeitsvertraglichen Selbstbindung (SAE 1998, 44 (49)). 353 Vgl. aber auch Oetker (AuR 1991, 359 (364)), dem zufolge „die zur Teilnahme an der Betriebsratswahl berechtigende Betriebszugehörigkeit bei allen Arbeitnehmern zu bejahen ist, auf die sich die Tätigkeit des Betriebsrats erstreckt“. 354 BAG 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer; LAG Köln 6.6.2000, EzAÜG Nr. 43 zu § 14 AÜG Betriebsverfassung; Becker, AuR 1982, 369 (375); Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.95; Erdlenbruch, Stellung, S. 67 ff.; v. Hoyningen-Huene, SAE 1994, 112 (112); Konzen, Unternehmensaufspaltungen, S. 111; Kraft, SAE 2002, 45 (45); Marschall, BuW 1993, 708 (711); Sahl/Bachner, NZA 1994, 1063 (1067 f.); A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 361; Stückmann, DB 1999, 1902 (1904); Vor, Zeitarbeit, S. 75; Waltermann, Rechtsetzung, S. 224 f.; Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 314. Dementsprechend mindert § 7 S.2 BetrVG das bislang bestehende Legitimationsdefizit. 355 Vgl. HWK/B. Gaul, § 5 BetrVG Rn.12. 356 So aber Dewender (Betriebsfremde, S. 172 ff.), der sich jedoch im Wesentlichen auf sein Fehlverständnis von den Anforderungen an die Betriebszugehörigkeit stützt.
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Gesetzgeber geformten Gruppe muss demnach nicht unbedingt in der Betriebszugehörigkeit mit sämtlichen eingangs dargelegten Konsequenzen bestehen.357 Eine Verletzung demokratischer Prinzipien ist deshalb auszuschließen, selbst wenn man eine vollständige Betriebszugehörigkeit der wahlberechtigten Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb ablehnt. Hieraus folgt, dass jedenfalls kein Junktim zwischen Betriebszugehörigkeit und Wahlberechtigung besteht. Gleichwohl spricht der bislang nahezu unbestrittene Zusammenhang dafür, dass mit § 7 S.2 BetrVG kein Systembruch358, sondern die Anerkennung der Betriebszugehörigkeit der überlassenen Arbeitskräfte erfolgte.359 Bedarf diese These noch einer weiteren Stütze, so wird diese jedenfalls durch die eingangs nachgewiesene Parallelität zwischen den Belangen der Leiharbeitnehmer und den wesentlichen Schutzanliegen des Betriebsverfassungsrechts hergestellt. Die Beschränkung auf solche Kräfte, die über einen längeren Zeitraum überlassen werden, ergibt sich jedoch nicht aus einer weiteren Lockerung ihrer Beziehung zum Verleiherbetrieb.360 Das Erfordernis eines länger als drei Monate andauernden Einsatzes ist vielmehr allein mit der Stellung der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb und damit schon aufgrund möglicher Auswirkungen der Wahlberechtigung auf die Zusammensetzung des Betriebsrats hinsichtlich einer womöglich leichtfertigen Stimmabgabe361 zu rechtfertigen. Brors362 führt darüber hinaus an, dass durch den Wegfall der zeitlichen Rigiditäten seit der Hartz-Reform363 ein weitergehender Interessengleichlauf zwischen Stammbelegschaft und Leiharbeitnehmern unterstellt werden kann, der über die Gestaltung aktueller Arbeitsbedingungen aufgrund der Weisungsunterworfenheit hinausgeht, sofern es sich um längere Überlassungen handelt. Dieser folge aus der Zielvorstellung überlassener Kräfte, anders als bei der ___________ 357 Entsprechend sehen FESTL (§ 7 Rn.40) es als verfassungsrechtlich unbedenklich an, das aktive Wahlrecht zum Betriebsrat des Entleiherbetriebs einzuräumen, der partiell für ihn zuständig ist. 358 So aber GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.63. 359 Im Ergebnis ebenso DKK/Trümner, § 5 Rn.27b. 360 So aber Dörner (FS Wißmann, S. 286 (295 ff.)), der jedoch daneben auch auf die Festigung der Beziehung zum Entleiherbetrieb verweist. Dörner fordert allerdings einen Einsatz von zwei Jahren, der die dortige Betriebszugehörigkeit rechtfertigen könnte. 361 Schiefer/Korte, NZA 2001, 71 (74). 362 NZA 2003, 1380 (1381). Hierzu auch OLG Düsseldorf, GmbHR 2004, 1081 (1083). 363 Siehe oben § 1 A.III.1. Dass die Überlassungsdauer trotzdem Anhaltspunkt für die Abgrenzung zur Arbeitsvermittlung bleibt, wurde schon dargestellt, siehe oben § 3 A.II.2.b)cc).
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
früher nur zeitlich begrenzt möglichen Entsendung nunmehr auch an der langfristigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu partizipieren.364 Führt man diese Überlegungen von Brors weiter, so kann eine Entsprechung in der Konkretisierung des Betriebsbegriffs ausgemacht werden. § 7 S.2 BetrVG ist in dieser Hinsicht eine Regelung, die den von einer gewissen Beschäftigungsdauer abhängigen teilweisen Interessengleichlauf der Randbelegschaft mit dem Stammpersonal aufgreift und damit eine Norm darstellt, mit der der Gesetzgeber ein quantifizierbares Kriterium zur Bestimmung einer einheitlichen Belegschaft im Sinne einer homogenen und repräsentationsfähigen Wählerschaft liefert. So wird ausnahmsweise für einen Teilbereich der Arbeitswelt, den die in § 7 S.2 BetrVG erfassten Formen der aufgespaltenen Arbeitgeberstellung bilden, davon ausgegangen, dass innerhalb der Belegschaft des Einsatzbetriebs im Verhältnis zu den Arbeitnehmern Dritter erst bei einem länger als drei Monate währenden Einsatz das Bestehen gleichgelagerter Interessen vermutet werden kann. Vor dem Hintergrund des Ausschlusses des passiven Wahlrechts in § 14 II 1 AÜG kann so das Modell einer Mitvertretung der Leiharbeitnehmer365 verwirklicht werden und dem Ziel, lediglich einer Erosion der Stammbelegschaft entgegenzutreten, im Verhältnis zur ebenso gegebenen Schutzbedürftigkeit aller Leiharbeitnehmer am effektivsten Rechnung getragen werden.366 Mit der Orientierung an der Dreimonatsfrist wird im Übrigen auch kein Neuland betreten. Beim Erlass des § 14 II 1 AÜG durch das BillBG im Jahre 1981, mit dem die Versagung des aktiven und passiven Wahlrechts von Leiharbeitnehmern zum Entleiherbetriebsrat festgeschrieben wurde, war nämlich die maximal zulässige Überlassungsdauer auf drei Monate begrenzt. Aufgrund dieser kurzen Verweildauer wurde die restriktive Anwendung betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften und dabei insbesondere der Ausschluss des Wahlrechts gemeinhin gebilligt,367 geriet aber mit der steten Verlängerung der Höchstüberlassungsdauer368 zunehmend in Kritik.369 § 7 S.2 BetrVG kann so ___________ 364 Dewender (Betriebsfremde Arbeitnehmer, S. 179) sieht hingegen immer noch hinsichtlich der Beschäftigungssicherung oftmals gegenläufige Interessen. Gegen Auswirkungen des Wegfalls der Höchstüberlassungsdauer auf die betriebsverfassungsrechtliche Stellung: Hanau, ZIP 2003, 1573 (1578); Kreutz, FS Wißmann, S. 364 (376 f.). 365 Hierauf verweist im Zusammenhang Brors, NZA 2003, 1380 (1381). 366 Vgl. hierzu auch HaKo-BetrVG/Kloppenburg, § 1 Rn.36. Die bloße Zuerkennung des Wahlrechts würde dem dagegen nicht gerecht. So auch Dewender (Betriebsfremde, S. 193), der damit jedoch die seiner Auffassung nach fehlende Zweckmäßigkeit des § 7 S.2 BetrVG belegen will. 367 Vgl. etwa Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 130; Konzen, Unternehmensaufspaltungen, S. 112. 368 Hierzu schon oben § 1 A.III.1. und § 2 C.I.
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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auch als Reaktion auf die Verlängerung der Überlassungszeiten angesehen werden.370
II. Folgerungen § 7 BetrVG ist damit entgegen der herrschenden Meinung kein Ausschluss der vollständigen doppelten Betriebszugehörigkeit überlassener Arbeitnehmer zu entnehmen. Sie wird im Gegenteil durch S.2 anerkannt, allerdings nur bei länger als drei Monate eingesetzten Leiharbeitnehmern. Soweit es sich aber um kürzere Überlassungen handelt, ist die Grundregel maßgebend und folglich aufgrund des Fehlens einer vertraglichen Verbindung zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiherbetriebsinhaber keine Betriebszugehörigkeit gegeben.
1. Vereinbarkeit mit dem Betriebsbegriff Diese differenzierte Lösung erhebt damit nicht lediglich eine tatsächliche Beziehung zwischen Arbeitsperson und Zuordnungsobjekt zur Voraussetzung der Betriebszugehörigkeit. Sie knüpft vielmehr sowohl mit dem im Grundsatz erforderlichen Arbeitsvertrag, als auch mit dem ausnahmsweise genügenden arbeitsrechtlichen Weisungsrecht entsprechend § 7 S.2 BetrVG an eine rechtliche Beziehung an. Damit ist sie ebenso wie die herrschende Meinung einer durch Teile der Literatur und der Instanzrechtsprechung371 erhobenen Kritik ausgesetzt, die – insoweit zutreffend – ausführt, dass der Betrieb kein Rechtssubjekt ist372 und daher auch nicht in rechtliche Beziehungen treten kann. Sie folgert daraus aber, dass die Zuordnung nur anhand tatsächlicher Kriterien erfolgen kann und daher eine rechtliche Vermittlung ausscheidet. Deshalb seien in die betriebliche Organisation Eingegliederte wie beispielsweise Leiharbeitnehmer per se betriebszugehörig und nicht erst dann, wenn sie länger als drei Monate eingesetzt werden. Diese Sichtweise ignoriert aber, dass die angesprochenen Formen rechtlicher Beziehungen nicht unmittelbar mit dem Betrieb bestehen müssen, son___________ 369
Ratayczak, AiB 1997, 600 (602). Hamann, NZA 2003, 526 (527). Der gänzliche Wegfall der Höchstüberlassungsdauer wurde erst nach dem BetrVerf-ReformG beschlossen, siehe oben § 1 A.III.1. 371 LAG Köln 23.7.1999, AiB 2000, 429 (429 ff.) mit Anm. W. Schneider; Boemke, AR-Blattei SD 540 (2005), Rn.18; Kaufmann, Zuordnung, S. 63; Säcker/Joost, Betriebszugehörigkeit, S. 21; W. Schneider/Trümner, FS Gnade, S. 175 (184); DKK/Trümner, § 5 Rn.25; Ziemann, AuR 1990, 58 (62). 372 Siehe oben § 3 A.II.1. 370
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
dern auf dessen Inhaber abgestellt wird.373 Dieser Konstruktion steht dann auch die in der Hauptsache am Betriebsbegriff zu orientierende Festlegung der Anforderungen an die Betriebszugehörigkeit nicht entgegen. Indem als Betrieb die organisatorische Einheit angesehen wird, in der ein Unternehmer – und damit ein Träger von Rechten und Pflichten374 – mit seinen Mitarbeitern agiert,375 findet vielmehr eine Verknüpfung zwischen dem Betrieb und dessen Inhaber statt. Die rechtliche Beziehung zum Betrieb kann damit im Einklang mit dem Betriebsbegriff als durch den Inhaber vermittelt angesehen werden.
2. Einstellung ohne Begründung der Betriebszugehörigkeit Weitere Kritik gegen eine an § 7 S.2 BetrVG angelehnte Behandlung der Betriebszugehörigkeit von Leiharbeitnehmern könnte unter dem Gesichtspunkt der Einstellung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes erhoben werden, wenn diese Maßnahme stets die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung zum einstellenden Betrieb begründen würde376. Das Mitbestimmungsrecht des Entleiherbetriebsrats bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern gemäß § 99 BetrVG besteht nämlich jedenfalls aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 14 III 1 AÜG auch dann, wenn nach der differenzierenden Lösung aufgrund einer nur kurzen Überlassung keine Betriebszugehörigkeit zum Entleiherbetrieb begründet wurde. Dem hieraus abgeleiteten Einwand der Unvereinbarkeit zwischen den Wirkungen einer Einstellung und der Orientierung an § 7 S.2 BetrVG377 ist allerdings entgegenzuhalten, dass das Mitbestimmungsrecht aus § 99 I 1 BetrVG insbesondere dem Schutz der bereits im Betrieb Beschäftigten dient.378 Unabhängig von der Kontroverse, ob eine Einstellung im Sinne dieser Vorschrift alternativ oder kumulativ durch den Abschluss eines Arbeitsvertrages und bzw. oder die tatsächliche Aufnahme der Beschäftigung begründet wird,379 kann ___________ 373
GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.19. Zur Definition des Rechtssubjekts Palandt/Heinrichs, Überbl v § 1 Rn.1. 375 Siehe oben § 3 A.I.1. 376 So Richardi, NZA 1987, 145 (146) und Betriebsverfassung, § 21 Rn.4. Ähnlich Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.56. Wohl auch Kaufmann (Zuordnung, S. 67), Maurer (BB 1974, 512 (513)) und Windbichler (DB 1975, 739 (740)). 377 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.24. 378 BAG 5.3.1991, AP Nr. 90 zu § 99 BetrVG 1972; Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 100; FESTL, § 99 Rn.35; Rost, NZA 1999, 113 (118). Deutlich abgeschwächt Zeuner, FS Kissel, S. 1305 (1310 f.). Ferner Maurer (BB 1974, 512 (513)), hieraus aber die Notwendigkeit der doppelten Betriebszugehörigkeit ableitend. Vgl. auch A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 362: „Interessen des Entleiherbetriebes“. 379 Hierzu FESTL, § 99 Rn.30 f. 374
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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dieses Schutzbedürfnis bereits dann bestehen, wenn Arbeitspersonen in die betriebliche Organisation eingebunden werden, ohne betriebszugehörige Arbeitnehmer zu werden.380 Aufgrund des vorrangigen Schutzes der vorhandenen Belegschaft durch § 99 BetrVG muss demzufolge mit der Einstellung nicht die Betriebszugehörigkeit einhergehen, sodass kein Widerspruch zwischen dem Einstellungsbegriff und der differenzierenden Lösung besteht.
3. Vereinbarkeit mit Art.3 I GG Die Anerkennung der Betriebszugehörigkeit bestimmter Leiharbeitnehmer stellt schließlich auch keinen Verstoß gegen Art.3 I GG dar.381 Aus dem dort niedergelegten Gleichheitssatz wird abgeleitet, dass der Gesetzgeber bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend ungleich zu behandeln hat.382 Über eine bloße Willkürkontrolle hinaus sind jedoch hierbei nach der sog. „neuen Formel“ des Bundesverfassungsgerichts383 Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte zu berücksichtigen, wenn verschiedene Personengruppen statt nur verschiedener Sachverhalte gleichheitswidrig behandelt werden.384 Dies folgt schon aus dem Normtext von Art.3 I GG, wonach alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind.385 Bei der Differenzierung zwischen Leih- und Vertragsarbeitnehmern handelt es sich ohne weiteres um die Ungleichbehandlung von Personengruppen.386 Der damit an sich gebotene strengere Prüfungsmaßstab kann hier aber wiederum gemildert werden, da die Unterscheidung anhand personenbezogener Gründe und nicht nach personenbedingten Gegenständen, die den Betroffenen zeitlebens anhaften, erfolgt.387 In jedem Fall sind die bereits eingangs dargelegten Erwägungen zu berücksichtigen, wonach wesentliche Unterschiede zwischen Stammpersonal und Leiharbeitnehmern sowohl in Bezug auf die vom Betriebsverfassungsgesetz angestrebten Arbeitnehmerschutzaspekte – hier vor___________ 380
DKK/Kittner, § 99 Rn.38; FESTL, § 99 Rn.33. Dewender (Betriebsfremde, S. 174 ff.) sieht einen Verstoß gegen Art.3 I GG dagegen schon in der Verleihung der Wahlberechtigung an die seiner – freilich unzutreffenden – Ansicht nach nicht belegschaftszugehörigen Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb. 382 BVerfG 15.7.1998, E 98, 365 (385); Jarass/Pieroth, GG, Art.3 Rn.5, 28. 383 7.10.1980, E 55, 72 (88). Hierzu Jarass/Pieroth, GG, Art.3 Rn.17. 384 Endres, Schwellenwertregelungen, S. 36 f.; Jarass/Pieroth, GG, Art.3 Rn.19. 385 BVerfG 8.2.1994, E 89, 365 (377 ff.); Endres, Schwellenwertregelungen, S. 37; Sachs/Osterloh, GG, Art.3 Rn.29. 386 Ebenso Dewender, Betriebsfremde, S. 177 f. 387 Endres, Schwellenwertregelungen, S. 37; Jarass, NJW 1997, 2545 (2549). 381
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
nehmlich in Form der Limitierung des Weisungsrechts – als auch bei Betrachtung der Individualinteressen nicht erkennbar sind. Damit sind die Vorzeichen einer Prüfung anhand der Vorgaben des Art.3 I GG vielmehr umgekehrt, sodass nicht die doppelte Betriebszugehörigkeit einen Verstoß gegen Art.3 I GG zu begründen vermag, sondern ein etwaiger Ausschluss der Zugehörigkeit zum Entleiherbetrieb einen Rechtfertigungsbedarf auslösen würde. Dieser konnte in Bezug auf drei Monate und kürzer eingesetzte Arbeitnehmer mit den obigen Ausführungen befriedigt werden.388
4. Ergebnis Die differenzierende Lösung kann damit gegenüber möglichen Einwänden bestehen. Dementsprechend sind die Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Entleiherbetriebs nur betriebszugehörig, wenn sie dort länger als drei Monate eingesetzt werden. Der persönliche Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes im Entleiherbetrieb erfasst diese Zeitarbeiter jedoch nur, wenn sie dort nicht unter den Ausschlusstatbestand des § 5 III BetrVG fallen.389 Dass der zur Charakterisierung als leitender Angestellter von § 5 III 2 BetrVG angesprochene Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers nicht mit dem Betriebsinhaber geschlossen wurde, ist dabei unerheblich, da sich die Stellung im Entleiherbetrieb letztendlich aus einer arbeitsvertraglichen Grundlage ableitet und dies über die Ausgestaltung des Überlassungsverhältnisses auch in einer verbindlichen Weise geschieht390.
III. Vollständige oder partielle Betriebszugehörigkeit Es stellt sich nun abschließend die Frage, ob diese Betriebszugehörigkeit der länger überlassenen Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb als vollständige oder bloß partielle zu beschreiben ist. Letzteres ist für sämtliche Zeitarbeitskräfte insbesondere der Standpunkt der Zweikomponententheorie,391 die hervorhebt, dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrats im Bereich der personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zumeist den rechtlichen Bestand eines Arbeitsverhältnisses voraussetzen. ___________ 388
Siehe § 3 B.I.2.c)dd). Leiharbeitnehmer können im Entleiherbetrieb leitende Angestellte sein: Boemke, AÜG, § 1 Rn.31; Ulber, AÜG/AEntG, § 1 AÜG Rn.142. 390 Vgl. hierzu auch FESTL, § 5 Rn.334. 391 Siehe oben § 2 C.I. 389
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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Dem treten besonders Schüren392 und Boemke393 entgegen, indem sie die Möglichkeit einer partiellen Betriebszugehörigkeit bestreiten. Die Betriebszugehörigkeit sei nicht teilbar, sodass ein Arbeitnehmer entweder betriebsangehörig ist oder nicht. Allerdings sieht Boemke im Vergleich zur Annahme einer partiellen Betriebszugehörigkeit durch die herrschende Meinung nur terminologische statt sachliche Unterschiede. Im Grunde stünde nur die Unanwendbarkeit betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften im Raum, soweit sie neben der Betriebszugehörigkeit auch das Bestehen eines Vertragsverhältnisses mit dem Betriebsinhaber voraussetzen394. Eine umfängliche Betriebszugehörigkeit von Personen ohne Arbeitsvertrag mit dem Betriebsinhaber widerspräche dem nicht.395 Dem ist zuzugeben, dass die eingeschränkte Anwendbarkeit betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften kein Argument gegen eine umfängliche Zugehörigkeit zum Entleiherbetrieb liefern kann. So ist schon fraglich, ob Letztere überhaupt notwendige Voraussetzung der Anwendbarkeit betriebsverfassungsrechtlicher Beteiligungsrechte ist.396 Zudem kann der Verleiherbetriebsrat für die überlassenen Arbeitskräfte regelmäßig genauso wenig sämtliche Beteiligungsrechte wahrnehmen.397 Gleichwohl wird eine vollständige Zugehörigkeit zum entsendenden Betrieb ebenso von denjenigen angenommen, die in zutreffender Weise vom lediglich klarstellenden Charakter des § 14 I AÜG ausgehen.398 Daneben darf nicht übersehen werden, dass auch außerhalb der Problematik der aufgespaltenen Arbeitgeberstellung Personen ohne weiteres als betriebszugehörig angesehen werden, obgleich Bestimmungen des BetrVG im ___________ 392 AÜG1, § 14 Rn.45. Dem folgend Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 119; Dewender, Betriebsfremde, S. 51; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.44; UrbanCrell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1018 f. 393 Schuldvertrag, S. 586. 394 Dies ist etwa bei den §§ 87 I Nr. 11 und 99 BetrVG (Um- und Eingruppierung) sowie den Beteiligungsrechten in wirtschaftlichen Angelegenheiten der Fall. Im Rahmen des § 102 BetrVG ist die Frage umstritten. Zum Ganzen Christiansen, Betriebszugehörigkeit, S. 35 f.). 395 Boemke, AR-Blattei SD 540 (2005), Rn.50. Ihm folgend Kaufmann, Zuordnung, S. 81. Ferner Fabricius (Rechtsprobleme, S. 47), wonach für das Ausmaß der Mitbestimmung die vertragliche Grundlage zwischen Ver- und Entleiher entscheidend ist, woraus dann der Umfang der Anwendbarkeit des BetrVG zu schließen ist. Zustimmend Zöllner, ZfA 1983, 93 (97). Im Ergebnis ebenso W. Schneider/Trümner, FS Gnade, S. 175 (193 f.). 396 Hierzu unten § 5 A.II. 397 Vgl. etwa § 87 I Nr. 13 BetrVG, hierzu unten § 6 B.I.2.l). 398 In der Feststellung einer partiellen Zugehörigkeit in beiden Betrieben durch Trümner (DKK, § 5 Rn.22) kann in diesem Zusammenhang in der Tat nur eine terminologische Abweichung gesehen werden, zumal er vom konstitutiven Charakter des § 14 I AÜG ausgeht.
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
Einzelfall auf sie keine Anwendung finden. Hierunter können beispielsweise die sog. Tendenzträger bei tendenzbezogenen Maßnahmen399 fallen. Und selbst wenn die Mehrzahl der Beteiligungsrechte den rechtlichen Bestand eines Arbeitsverhältnisses voraussetzen400, steht dem jedenfalls der auch bei Berücksichtigung des mitbestimmungsfreien Arbeitsverhaltens401 qualitative Schwerpunkt der betrieblichen Mitbestimmung in Form einer Limitierung des Weisungsrechts gegenüber.402 Aus diesem Normzweck und der Anreicherung durch die Interessenkonvergenz ergibt sich, ob die Einbeziehung Einzelner in eine Belegschaft geboten ist, deren Interessen der Betriebsrat kollektiv vertritt. Das Fehlen einer vertraglichen Bindung und die hieraus resultierende Unanwendbarkeit verschiedener Normen des Betriebsverfassungsrechts haben damit für sich betrachtet keine Auswirkungen auf die Betriebszugehörigkeit. Die nicht zu bestreitende eingeschränkte Anwendbarkeit betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften auf Leiharbeitnehmer steht folglich einer vollständigen Betriebszugehörigkeit von länger als drei Monate überlassenen Arbeitnehmern im Entleiherbetrieb nicht entgegen. In Anbetracht der weiten Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des persönlichen Geltungsbereichs403 ist aber in jedem Falle dessen nachvollzogene Stellungnahme in § 7 S.2 BetrVG maßgeblich. Für drei Monate und kürzer Eingesetzte sind deshalb aufgrund der dortigen legislativen Aussage nicht betriebszugehörig. Aus diesem Umstand allein ist jedoch noch nicht zu schließen, dass sämtliche betriebsverfassungsrechtlichen Normen auf diese (Kurz-)Zeitarbeitskräfte im Entleiherbetrieb unanwendbar sind. Dies zeigt – ohne bereits an dieser Stelle die dahinterstehende Problematik zu vertiefen – schon § 14 II AÜG. ___________ 399 Zur Einschränkung von Beteiligungsrechten in Tendenzbetrieben gem. § 118 I BetrVG FESTL, § 118 Rn.29. 400 So das BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972. Dem folgend Bremeier, Reichweite, S. 274. A.A. Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (310): „Die Mehrzahl der betriebsverfassungsrechtlichen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte stellt ein soziales Korrektiv zum Weisungsrecht des Betriebsinhabers dar.“ Ferner Barth, Beteiligungsrechte, S. 36 ff.; v. Hoyningen-Huene, SAE 1994, 112 (113); W. Schneider/Trümner, FS Gnade, S. 175 (193 Fn.93); Witten, Vertragsgestaltung, S. 205. 401 Zum nach h.M. mitbestimmungsfreien Arbeitsverhalten und dem davon zu unterscheidenden, nach § 87 I Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtigen Ordnungsverhalten unten § 6 B.I.2.a) und § 7 B.II.1.a). 402 Vgl. auch Fabricius (Rechtsprobleme, S. 47), wonach die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten erheblich von der Existenz des Weisungsrechts abhängig ist. Zum Schutzzweck des BetrVG schon oben § 2 A. 403 Siehe oben § 3 B.I. vor 1.
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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IV. Beurteilung der Dreimonatsfrist Durch die differenzierende Lösung ist für die Zugehörigkeit zum Entleiherbetrieb bedeutend, wie die Dreimonatsfrist des § 7 S.2 BetrVG zu bestimmen ist. Hierbei ist neben der Frage, in welchem Verhältnis diese zum Wahltag steht, zu untersuchen, wie die Dauer prognostiziert werden kann und Unterbrechungen sowie unstetige Einsatzformen zu behandeln sind.
1. Verhältnis zum Wahltag Für die Dreimonatsregel des § 7 S.2 BetrVG ist unerheblich, ob eine Betriebsratswahl ganz am Anfang oder erst am Ende des fraglichen Zeitraums oder gar nicht stattfindet.404 Jede andere Auffassung405 würde die herausgestellte weitergehende Bedeutung der Regelung für die Betriebszugehörigkeit vernachlässigen. Hiergegen spricht auch nicht der unter teleologischen Gesichtspunkten erhobene Einwand, dass dann in durchaus denkbaren Einzelfällen Leiharbeitnehmer auch wahlberechtigt sind, obgleich sie am Tag nach der Wahl den Betrieb wieder verlassen.406 Zwar kann die nahe liegende Parallele zu befristet beschäftigten oder gekündigten Arbeitnehmern, die ebenfalls bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses betriebszugehörig und damit wahlberechtigt sind, nicht unbesehen gezogen werden,407 da eine Mindesteinsatzzeit ___________ 404 Findet während der Einsatzzeit keine Wahl statt, kann der Wahlberechtigte freilich nicht wählen. Bei Wahlen nach einer Beendigung der Überlassung besteht wegen des Wegfalls der Betriebszugehörigkeit gleichsam keine Wahlberechtigung. Dies gilt ferner, wenn der Einsatz am Wahltag beginnt und keine Korrektur der Wählerliste mehr möglich ist (ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.5). Auf die Frage der Wahlberechtigung beschränkt und daher die Variante, es findet keine Wahl statt, nicht berücksichtigend Boemke, AÜG, § 14 Rn.63; HaKoBetrVG/Brors, § 7 Rn.12; Däubler, AiB 2001, 684 (686); ErfK/Eisemann, § 7 BetrVG Rn.6; GKSKR, § 7 Rn.5; Kaufmann, Zuordnung, S. 68; KRHS, § 7 Rn.5; GKBetrVG/Kreutz, § 7 Rn.72; Opolony, BB 2001, 2055 (2056); Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1075); HSWG/Schlochauer, § 7 Rn.22; Stege/Weinspach/Schiefer, § 7 Rn.5; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 7 Rn.10; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.47, der auch § 13 II 1 BPersVG anführt („... wird in ihr wahlberechtigt, sobald die Abordnung länger als drei Monate gedauert hat; ...“); ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.5; Wlotzke, 50 Jahre BAG, S. 1149 (1151). 405 Maschmann (DB 2001, 2446 (2446 f.) stellt auf den Wahltag als Stichtag ab und fordert, dass sich daran ein Einsatz von länger als drei Monaten anschließen muss. Dem folgend Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.51 ff.; Sieg/Siebels, NZA 2002, 697 (698 f.) zur parallel gelagerten Problematik der Wahlberechtigung bei der Unternehmensmitbestimmung. A.A. FESTL, § 7 Rn.60; HSWG/Schlochauer, § 7 Rn.22. 406 So aber Sieg/Siebels, NZA 2002, 697 (698) zur parallel gelagerten Problematik des Wahlrechts bei der Unternehmensmitbestimmung. 407 Diesen Vergleich ziehen Thüsing/Lambrich, NZA Sonderheft 2001, 79 (85).
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
in der Tat nur für überlassene Arbeitskräfte bestimmt ist.408 In § 7 S.2 BetrVG müsste dann aber in eindeutiger Weise eine entsprechende Restriktion erklärt werden, aus der hervorgeht, dass sich der Einsatz in der entsprechenden Dauer an den Wahltag anschließen muss. Dies ist jedoch nicht geschehen, wobei auch die Formulierung „eingesetzt werden“ lediglich das Passiv und damit weder einen vorherigen409 noch künftigen Einsatz ausdrückt. Entsprechend enthält auch die Gesetzesbegründung lediglich die Aussage, dass das aktive Wahlrecht ab dem ersten Arbeitstag im Einsatzbetrieb besteht.410 Wegen der Personengebundenheit der Betriebszugehörigkeit können Einsatzzeiten eines Vorgängers nicht berücksichtigt werden.
2. Bestimmung der Dreimonatsfrist Nachdem klar ist, dass die Betriebszugehörigkeit vom ersten Tag einer länger als drei Monate währenden Überlassung an besteht, ist hinsichtlich der Einsatzdauer eine Prognoseentscheidung notwendig. Von Interesse ist, woran sich diese zu orientieren hat. Meist wird auf die Maßgeblichkeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags abgestellt.411 Da sich die Dreimonatsfrist auf die Betriebszugehörigkeit auswirkt, ist dieser einschränkend aber nur dann entscheidend, wenn mit dem dort vorgesehenen Einsatzzeitpunkt auch die tatsächliche Arbeitsaufnahme einhergeht412. Eine solche Beschränkung ist wegen der allgemeinen Definition der Betriebszugehörigkeit geboten, die bei Arbeitnehmern anzunehmen ist, die in die organisatorische Einheit eingegliedert sind und mit dem Betriebsinhaber ___________ 408 Darin sehen Sieg/Siebels die mangelnde Aussagekraft des Arguments der Gegenauffassung begründet (NZA 2002, 697 (699)). 409 Brors, NZA 2002, 123 (125); ErfK/Eisemann, § 7 BetrVG Rn.6; FESTL, § 7 Rn.60; Kaufmann, Zuordnung, S. 86; G. Schaub/Koch, ArbR-Hdb., § 217 Rn.11c; Leßmann/Liersch, DStR 2001, 1302 (1304); HSWG/Schlochauer, § 7 Rn.22; Stege/Weinspach/Schiefer. A.A. Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.8 („... tätig gewesen sein ...“); Wolf, JbArbR, Bd.40, S. 99 (106). 410 BT-Drucks.14/5741, S. 36. 411 Zum Teil aufgrund der abweichenden Grundlagen zur Betriebszugehörigkeit auf das Wahlrechts begrenzt Boemke, AÜG, § 14 Rn.63; ErfK/Eisemann, § 7 BetrVG Rn.6 (i.d.R.); Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.53; Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.245; Kaufmann, Zuordnung, S. 68; Maschmann, DB 2001, 2446 (2447); HWK/Reichold, § 7 BetrVG Rn.19; HSWG/Schlochauer, § 7 Rn.22; DKK/W. Schneider, § 7 Rn.8a; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 7 Rn.10 (vordergründige Maßgeblichkeit); ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.5; Wlotzke, 50 Jahre BAG, S. 1149 (1151). Ferner Sieg/Siebels, NZA 2002, 697 (698) zur Unternehmensmitbestimmung. 412 So beschränkt auf die Wahlberechtigung GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.71. A.A. ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.5.
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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einen Arbeitsvertrag geschlossen haben oder ausnahmsweise für eine gewisse Dauer lediglich dessen arbeitsrechtlichem Weisungsrecht unterliegen.413 Für beide Komponenten bietet der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag im Falle des Beginns der Tätigkeit einen verlässlichen Anhaltspunkt für die geplante Dauer. Dabei muss aber berücksichtigt werden, inwieweit der Vereinbarung im Einzelfall wegen der zugrunde liegenden Konstruktion414 nur Rechtsgrund für die Befugnisse des Entleihers ist. Bei Divergenzen zwischen der vertraglich vorgesehenen Dauer und der rechtlichen – nicht tatsächlichen415 – Einräumung des Weisungsrechts muss Letztere maßgeblich sein. Ist die geplante Einsatzdauer innerhalb der ersten drei Monate nicht zu ermitteln, etwa weil sie unbestimmt oder lediglich eine Verlängerungsoption vorgesehen ist, so kann die Klärung der Betriebszugehörigkeit nur ex-post erfolgen.416 Damit wird anders als nach der denkbaren Alternative, im Zweifel zunächst von der Betriebszugehörigkeit auszugehen, dem Ausnahmecharakter der Zuordnung überlassener Arbeitskräfte zum Entleiherbetrieb Rechnung getragen. Eine Berücksichtigung der tatsächlichen Handhabung der Überlassungen in der Vergangenheit417 hat dagegen aus Gründen der Rechtssicherheit auszuscheiden. Dieses Vorgehen kann allerdings zur Folge haben, dass Leiharbeitnehmer während der ersten drei Einsatzmonate nicht in den Anwendungsbereich betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften, die die Betriebszugehörigkeit voraussetzen, einbezogen wurden, obgleich sich die Überlassung schlussendlich über einen längeren Zeitraum erstreckte und daher die Betriebszugehörigkeit vom ersten Einsatztag an gegeben war. Welche Konsequenzen aus dieser Gestaltung zu ziehen sind, kann allerdings nicht allgemein geklärt werden. Soweit die Betriebszugehörigkeit Tatbestandsvoraussetzung einzelner betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften ist, soll vielmehr bei der Betrachtung dieser Regelungen auf die Problematik eingegangen werden. Dies gilt auch für den umgekehrten Fall, in dem ein ursprünglich für mehr als drei Monate geplanter Einsatz vorzeitig abgebrochen wird, in der Zwischenzeit aber entsprechende betriebsverfassungsrechtliche Vorschriften auf Leiharbeitnehmer angewandt wurden. ___________ 413
Siehe oben § 3 B.II. vor 1. Zu den möglichen Begründungen der aufgespaltenen Arbeitgeberstellung oben § 1 A.III.2. 415 Siehe oben § 3 B.I.2.c)cc). 416 So beschränkt auf die Wahlberechtigung GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.72; ähnlich HSWG/Schlochauer, § 7 Rn.22 und wohl auch Bertelsmann, AR-Blattei SD 530.6 (2002) Rn.12; offen gelassen durch Richardi/Thüsing, BetrVG, § 7 Rn.10. 417 Diese wird durch Koch (G. Schaub, ArbR-Hdb., § 217 Rn.11b) vorgeschlagen. 414
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
3. Vorübergehende Unterbrechungen und unsteter Einsatz Schließlich sind Formen denkbar, in denen Leiharbeitnehmer nicht am Stück, sondern mit Unterbrechungen im Entleiherbetrieb eingesetzt werden. Hierzu kann es etwa kommen, weil der Einsatz von vornherein derart, z.B. nur für einzelne Wochentage, geplant ist oder ein beendeter Einsatz nach Unterbrechung fortgesetzt wird. Überwiegend wird ein im Wesentlichen ununterbrochener Einsatz verlangt, und zwar im Betrieb, nicht im Unternehmen.418 Davon sei dann nicht mehr auszugehen, wenn mehrere nur kurze Einsätze desselben Arbeitnehmers vorliegen und demnach keine hinreichende Verbundenheit mit dem Betrieb begründet wurde. Davon soll selbst dann nicht abzuweichen sein, wenn die Einsätze zwar insgesamt länger als drei Monate andauern, aber über einen erheblich längeren Zeitraum verteilt sind.419 Im Ergebnis ähnlich wird sowohl bei erneuten als auch alternierenden Überlassungen vertreten, entsprechend der Grundsätze zu den §§ 1 I KSchG, 622 II BGB und 4 BUrlG420 danach zu differenzieren, ob ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Einsätzen besteht. Dieser setze voraus, dass die Unterbrechung nicht allzu lange dauert, der Beendigungsanlass nicht vom Arbeitnehmer zu vertreten ist und der Einsatz im nämlichen Betrieb erfolgt.421 Gegen diese eher großzügige Handhabung der Frist spricht aber vor allem die fehlende Stütze im Wortlaut von § 7 S.2 BetrVG. Deshalb ist ein ununterbrochener Einsatz zu fordern.422 Der Parallele zu den Vorschriften des Kündigungs- und Urlaubsrechts ist zudem entgegenzuhalten, dass es sich bei § 7 S.2 ___________ 418
Richardi/Thüsing, BetrVG § 7 Rn.10; Thüsing/Lambrich, NZA Sonderheft 2001, 79 (85). Zum Wahlrecht ErfK/Eisemann, § 7 BetrVG Rn.6. 419 Thüsing/Lambrich, NZA Sonderheft 2001, 79 (84), jeweils mit einem wenig erhellenden Hinweis auf die vergleichbare Frage bei § 8 BetrVG, den Dimitriadis, ZBVR 2002, 67 (67) ausdrücklich ablehnt. Ferner Schlochauer (HSWG, § 7 Rn.22), wonach im Grundsatz ein ununterbrochener Einsatz zu fordern ist, ausnahmsweise aber bei kurzen Unterbrechungen und sachlichem Zusammenhang zwischen den Einsätzen anders zu entscheiden ist. 420 Zu § 1 KSchG ErfK/Ascheid, § 1 KSchG Rn.79 ff.; HaKo-KSchG/Gallner, § 1 Rn.85; v. Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, § 1 Rn.83 ff.; Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn.909 f.; zu § 622 BGB ErfK/Müller-Glöge, § 622 BGB Rn.20; zu § 4 BUrlG Neumann/Fenski, BUrlG, § 4 Rn.43, jedoch insoweit a.A. ErfK/Dörner, § 4 BUrlG Rn.10. 421 FESTL, § 7 Rn.65 ff.; KRHS, § 7 Rn.5. Zum Wahlrecht auch ErfK/Eisemann, § 7 BetrVG Rn.6. A.A. Sieg/Siebels, NZA 2002, 697 (698). 422 GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.71; Sieg/Siebels, NZA 2002, 697 (698). Im Grundsatz auch Wlotzke, 50 Jahre BAG, S. 1149 (1152). Ferner Schiefer/Korte (NZA 2002, 57 (59)), die – entsprechend ihrer Auffassung von der Bedeutung des § 7 S.2 BetrVG auf die Frage der Wahlberechtigung beschränkt – anführen, dass der Gesetzgeber auf die Ersetzung der Stammbelegschaft durch Leiharbeitnehmer abstellt.
§ 3 Die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer
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BetrVG gerade nicht um eine Wartezeit handelt und die Rechtsfolgen bereits eintreten, wenn der Einsatz von entsprechender Dauer absehbar ist, selbst wenn die Zeitvorgabe noch nicht erfüllt wurde. Die mit dieser engen Sichtweise einhergehende Gefahr, dass durch entsprechende Vereinbarungen zwischen Ver- und Entleiher Manipulationen möglich sind, ist zwar nicht von der Hand zu weisen. Sie kann aber aufgrund des Mitbestimmungsrechts des Entleiherbetriebsrats nach § 14 III 1 AÜG i.V.m. § 99 BetrVG, das Letzterem gewisse Kontrollmöglichkeiten einräumt,423 als beherrschbar eingeschätzt werden.424 Von der gemäß § 7 S.2 BetrVG geforderten ununterbrochenen Überlassung ist dabei aber auch dann zu sprechen, wenn Leiharbeitnehmer zwar in gewisser Regelmäßigkeit, aber vergleichbar mit einem Teilzeitbeschäftigten425 nicht ständig im Entleiherbetrieb tätig sind. Das Gesetz sieht lediglich426 eine Regelung für die Gesamtzeit, nicht aber hinsichtlich des Umfangs der Arbeitsleistung im Entleiherbetrieb vor. Dabei folgt auch nichts anderes aus der Bestimmung in § 8 I 1 BetrVG, wo eine „in der Hauptsache“ für den Betrieb erfolgende Arbeit gefordert wird. Es handelt sich hierbei ausschließlich um eine Ausnahme für die in Heimarbeit Beschäftigten, die auch in diesem Zusammenhang keiner Verallgemeinerung zugänglich ist. Außer Acht bleiben müssen ferner lediglich tatsächliche Unterbrechungen, soweit diese Zeiten in die Phase der (geplanten) Überlassung fallen. Hierzu können beispielsweise Verhinderungen infolge von Krankheit oder Erholungsurlaub gerechnet werden.
C. Ergebnis Soweit Leiharbeitnehmer länger als drei Monate überlassen werden, tritt neben die bei allen Zeitarbeitskräften gegebene betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung zum Verleiherbetrieb die Betriebszugehörigkeit zum Entleiherbetrieb. Damit werden diese Leiharbeitnehmer auch dort vom persönlichen Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes erfasst. ___________ 423
Hierzu unten § 7 A.II. Zur Frage des Wahlrechts ähnlich Maschmann, DB 2001, 2446 (2447); UrbanCrell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1037. 425 Zu den möglichen Gestaltungen ErfK/Müller-Glöge, § 2 TzBfG Rn.6. Eine Heranziehung des Gedankens des Diskriminierungsverbots scheidet allerdings schon wegen der anderen Interessenlage aus. Zu diesem Verbot § 4 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit, aufgenommen in die Richtlinie 97/81/EG, Abl.EG 20.1.1998, L14, S. 9 ff. § 4 TzBfG richtet sich i.Ü. nur an den Arbeitgeber (ErfK/Müller-Glöge, § 4 TzBfG Rn.19). 426 Dies bemängeln Leßmann/Liersch, DStR 2001, 1302 (1304). 424
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
Die Zugehörigkeit zum Entleiherbetrieb besteht dabei vom ersten Einsatztag einer für länger als drei Monate geplanten Entsendung an, wobei eine ununterbrochene Überlassung zu fordern ist. Kann der Überlassungszeitraum innerhalb der ersten drei Monate nicht bestimmt werden, so erfolgt die Ermittlung ex-post. Bei kürzeren Einsätzen wird dagegen keine Betriebszugehörigkeit zum Entleiherbetrieb begründet, und zwar auch keine partielle. Ob dies zur Folge hat, dass außerhalb des § 14 II 2-3 und III AÜG sämtliche Normen des Betriebsverfassungsrechts im Entleiherbetrieb unanwendbar sind, ist noch gesondert zu prüfen.
§ 4 Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf die Grundlagen der Betriebsratsarbeit Im vorangegangenen Paragraphen wurde nachgewiesen, dass die Interessen der Zeitarbeitskräfte nicht nur durch den Verleiherbetriebsrat, sondern zumindest im Falle ihrer dortigen Betriebszugehörigkeit auch durch den Betriebsrat des Entleiherbetriebs vertreten werden. Damit stellt sich jedoch auch die Frage, wie sich die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf die Grundlagen der Betriebsratsarbeit auswirkt. So setzt eine betriebsverfassungsrechtliche Vertretung voraus, dass überhaupt Betriebsräte gebildet werden können. Hierfür formuliert das BetrVG jedoch weiter differenzierte Anforderungen an die Anzahl der Arbeitnehmer des Betriebs. Deshalb kann entscheidend sein, ob die Zeitarbeitskräfte bei diesem Schwellenwert im jeweiligen Betrieb berücksichtigt werden können, und zwar insbesondere in den Fällen, in denen sie das „Zünglein an der Waage“ bilden. Vergleichbare Probleme treten auf, wenn die Anzahl der Betriebsratsmitglieder, die Größenordnung der Freistellungen oder die Pflicht zur Bildung eines Wirtschaftsausschusses zu beurteilen sind. Die erforderliche Auflösung dieser praktisch bedeutsamen Schwierigkeiten1 soll im Folgenden unternommen werden.
A. Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und die Betriebsratsfähigkeit Die fakultative Bildung von Betriebsräten ist gemäß § 1 I 1 BetrVG nur in Einheiten mit in der Regel mindestens fünf ständigen und auch wahlberechtig___________ 1
Vgl. zur Frequentierung der Gerichte schon oben § 3 vor A.
§ 4 Auswirkungen auf die Grundlagen der Betriebsratsarbeit
137
ten Arbeitnehmern gestattet, von denen drei die Wählbarkeit aufweisen müssen. Die Anzahl der regelmäßig Beschäftigten ist dabei anhand der Größenordnung zu bestimmen, die den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnet,2 wobei das normale Maß und nicht die Durchschnittszahl der Jahresbelegschaft3 oder die zufällige Anzahl von Arbeitnehmern an einem Stichtag4 zu berücksichtigen ist. Weniger Einigkeit herrscht dagegen bei der Beurteilung, wann es sich um eine ständige Beschäftigung handelt. Hierfür wird überwiegend auf die dem Arbeitnehmer übertragene Arbeitsaufgabe abgestellt.5 Ständiger Arbeitnehmer ist dementsprechend, wer in dieser Hinsicht nicht nur vorübergehend dem Betrieb angehört.6 Damit können nach bestrittener Ansicht auch für eine bestimmte Zeit eingestellte Arbeitnehmer ständig beschäftigt sein, sofern sie dem Betrieb eine erhebliche Zeit angehören.7 Mitunter wird jedoch – von diesem Grundsatz ausgehend – vorwiegend der ständig zu besetzende Arbeitsplatz betrachtet.8 Inwieweit sich die hier nur skizzierten Ansichten auf die Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer auswirken und welche Auffassung vorzugswürdig ist, soll im Folgenden in Ansehung von Verleiher- und Entleiherbetrieb geklärt werden. ___________ 2 Boemke, Schuldvertrag, S. 437; Dewender, Betriebsfremde, S. 52; FESTL, § 1 Rn.271; HSWG/Hess, § 1 Rn.28; GK-BetrVG/Kraft, § 1 Rn.66; Richardi, BetrVG, § 1 Rn.116; DKK/Trümner, § 1 Rn.183; U. Weber/Ehrich/Hörchens, BetriebsverfassungsR, Teil A Rz.29. 3 HSWG/Hess, § 1 Rn.28; Richardi, BetrVG, § 1 Rn.116. 4 Hamann, NZA 2003, 526 (530). 5 Erdlenbruch, Stellung, S. 83; HaKo-BetrVG/Kloppenburg, § 1 Rn.38; Richardi, BetrVG, § 1 Rn.112. 6 Boemke, Schuldvertrag, S. 435; GK-BetrVG/Kraft, § 1 Rn.62; Richardi, BetrVG, § 1 Rn.112; DKK/Trümner, § 1 Rn.181. 7 Erdlenbruch, Stellung, S. 84; GK-BetrVG/Kraft, § 1 Rn.62; Richardi, BetrVG, § 1 Rn.113; DKK/Trümner, § 1 Rn.182. A.A. HSWG/Hess, § 1 Rn.27 und wohl auch Barth, Beteiligungsrechte, S. 65. 8 ErfK/Eisemann, § 1 BetrVG Rn.22, wonach es nicht auf den Arbeitnehmer ankommt. Etzel, BetriebsverfassungsR, Rn.9; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.109; HaKo-BetrVG/Kloppenburg, § 1 Rn.38; DKK/Trümner, § 1 Rn.181 f.; U. Weber/Ehrich/Hörchens, BetriebsverfassungsR, Teil A Rz.36. Ferner noch FKHES, § 1 Rn.276. Ohne Berufung auf den ständig zu besetzenden Arbeitsplatz aber nunmehr FESTL, § 1 Rn.276. A.A. Boemke, Schuldvertrag, S. 588; Erdlenbruch, Stellung, S. 84; Kaufmann, Zuordnung, S. 96. Anders auch Hess (HSWG, § 1 Rn.26), wonach die Anzahl der bestehenden Arbeitsverträge maßgeblich sei (zur Kritik an den Ursprüngen dieser Lehre schon oben § 3 A.II.1.).
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
I. Betriebsratsfähigkeit des Verleiherbetriebs Insbesondere in reinen Verleihbetrieben kann für die Betriebsratsfähigkeit die Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern ausschlaggebend sein, nachdem Letztere regelmäßig den überwiegenden Teil der dortigen Belegschaft stellen. Im Einklang mit der deklaratorischen Vorschrift des § 14 I AÜG bereitet es keine Schwierigkeiten, Leiharbeitnehmer zu den wahlberechtigten Arbeitnehmern des Verleiherbetriebs gemäß § 7 S.1 BetrVG zu zählen, die unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 8 BetrVG auch wählbar sind.9 Sie sind auch während ihres Einsatzes bei einem Entleiher betriebszugehörige Arbeitnehmer.10 Ob eine ständige Beschäftigung vorliegt, kann aufgrund rechtstatsächlicher Gegebenheiten mitunter schwierig zu beurteilen sein11, da kurze Arbeitsverhältnisse zwischen Leiharbeitnehmern und dem Verleiher auch vor dem Hintergrund der befristungsrechtlichen Restriktionen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, denen diese Beziehung unterliegt12, die Regel sind.13 Die wechselnde Besetzung wäre freilich dann nicht entscheidend, wenn die ständige Beschäftigung arbeitsplatzbezogen verstanden werden könnte und damit die dauerhaft gestellte Arbeitsaufgabe als entscheidend anzusehen ist. Dieses Vorgehen verbietet jedoch der Wortlaut des § 1 I 1 BetrVG, der auf die Beschäftigung des Arbeitnehmers und nicht auf den Arbeitsplatz abstellt.14 Letzterer ist aber insoweit in die Überlegungen einzubeziehen, als anhand des Schwellenwerts vordergründig nur solche Kleinbetriebe betriebsratsfrei bleiben sollen, in denen der Betriebsobmann in erster Linie nur eigene Belange verfolgen würde oder das Arbeitsverhältnis ohnehin durch einen engeren ___________ 9 Boemke, AÜG, § 14 Rn.15; Erdlenbruch, Stellung, S. 76 f.; FESTL, § 5 Rn.235; Kaufmann, Zuordnung, S. 84 f.; Mumot, Beteiligungsrechte, S. 167; Rolfs, Arbeitsrecht, § 7 BetrVG Rn.2; A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 360 f.; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.50. 10 Siehe oben § 3 A.III. Zum Erfordernis der Betriebszugehörigkeit Richardi, BetrVG, § 1 Rn.111. 11 Anders Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.13a. Dessen Aussage, eine Befristung sei i.d.R. nur aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers zulässig und dem Verleiher sei es deshalb verwehrt, sich auf eine nur vorübergehende Beschäftigung zu berufen, ist mit der Aufhebung der Befristungsregeln im AÜG obsolet. 12 Thüsing, AÜG, Einführung Rn.36 sowie schon oben § 1 A.I.3. 13 Zum 9. Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes -AÜG- sowie über die Auswirkungen des Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung -BillBG- schon oben § 3 A.II.2.cc). Ferner Schüren, AÜG, Einleitung Rn.2 und § 3 Rn.225; Schüren/Behrend, NZA 2003, 521 (522); ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn.6 ff. 14 Erdlenbruch, Stellung, S. 84; Kaufmann, Zuordnung, S. 96.
§ 4 Auswirkungen auf die Grundlagen der Betriebsratsarbeit
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persönlichen Kontakt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geprägt ist.15 Das ist in solchen Betrieben, in denen Dauerarbeitsplätze mit des Öfteren wechselndem Personal besetzt werden, nicht mehr der Fall. Folglich ist die Notwendigkeit einer Tätigkeit von unbestimmter Dauer im Rahmen des § 1 I 1 BetrVG nicht zu verlangen, sodass für die ständige Beschäftigung eine mehr als unerhebliche Zeitspanne als ausreichend, aber auch erforderlich anzusehen ist.16 Eine Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer für die Betriebsratsfähigkeit des Verleiherbetriebs findet demnach dann statt, wenn sie als in der Regel Beschäftigte einen nicht nur unerheblichen Zeitraum für den Verleiherbetrieb tätig werden.17
II. Betriebsratsfähigkeit des Entleiherbetriebs Auch die Betriebsratsfähigkeit des Entleiherbetriebs kann davon abhängen, ob Leiharbeitnehmer dort zu den in der Regel beschäftigten ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern gezählt werden können. Bei der hierüber heftig geführten Kontroverse wird aber oft schon im Ansatz verkannt18, dass der Ersatz eines Stamm- durch einen Leiharbeitnehmer in dieser Hinsicht häufig unproblematisch ist. Die Schwellenwertregelungen stellen nämlich – auch außerhalb des § 1 BetrVG – auf „die Regel“ ab, die als den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnender Zustand beschrieben wurde. Wird in einem Betrieb in der Regel der Schwellenwert mit dem Stammpersonal überschritten, so hat es keinerlei Auswirkungen, wenn der Ausfall von Mitgliedern der Stammbelegschaft für kurze Zeit durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern überbrückt wird. Die Anzahl der in der Regel Beschäftigten bleibt hier ebenso wie bei einem kurzzeitigen Verzicht auf eine Besetzung der Stelle unberührt, wobei der eingesetzte Leiharbeitnehmer allerdings auch nicht zusätzlich zu zählen ist.19 Komplexer ist die im Folgenden zu untersuchende Fallgestaltung, in der ein Regelarbeitsplatz auf Dauer durch einen Leiharbeitnehmer besetzt wird bzw. im Entleiherbetrieb in der Regel Leiharbeitnehmer beschäftigt werden. ___________ 15
Vgl. Endres, Schwellenwertregelungen, S. 107. Küttner/Kania, Personalbuch 2004 Kleinbetrieb Rn.13. 17 Für eine Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer bei § 1 BetrVG im Verleiherbetrieb auch Dewender, Betriebsfremde, S. 53; FESTL, § 1 Rn.279; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.112; Kaufmann, Zuordnung, S. 95; GK-BetrVG/Kraft, § 1 Rn.64; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.16; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.13a. 18 Siehe aber ErfK/Eisemann, § 38 Rn.1; FESTL, § 38 Rn.9; Schüren, RdA 2004, 184 (187) und schon das LAG Hamm 24.5.1973, BB 1973, 983 (983). 19 Schüren, RdA 2004, 184 (187). 16
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
1. Berücksichtigung als ständige wahlberechtigte Arbeitnehmer Bei der Betriebsratsfähigkeit des Entleiherbetriebs ist eine Berücksichtigung von Zeitarbeitskräften als ständige Arbeitnehmer dann ausgeschlossen, wenn sie zwar regelmäßig beschäftigt sind, dies aber jeweils lediglich drei Monate oder kürzer andauert.20 Die Einschränkung in zeitlicher Hinsicht ergibt sich aus der Vorgabe, bei § 1 I 1 BetrVG nur betriebszugehörige und wahlberechtigte Arbeitnehmer zu zählen. Wahlberechtigt sind Leiharbeitnehmer im Einsatzbetrieb gemäß § 7 S.2 BetrVG nur dann, wenn sie dort länger als drei Monate tätig werden. Unter der gleichen Voraussetzung sind sie auch betriebszugehörig. Dieses zusätzliche Erfordernis wird dem Wortlaut von § 1 I BetrVG entnommen und lässt sich unter Normzweckerwägungen auch mit dem Ziel rechtfertigen, homogene Wählerschaften mit gleichlaufenden Interessen zu bilden, die einer Vertretung durch den Betriebsrat zugänglich sind.21 Entgegen der herrschenden Meinung22 mit ihrer unzutreffenden Interpretation der Betriebszugehörigkeit von Zeitarbeitskräften sind diese damit auch im Entleiherbetrieb als wahlberechtigte Arbeitnehmer im Sinne von § 1 I 1 BetrVG anzusehen, wenn sie dort länger als drei Monate im Einsatz sind.23 Dies gilt unabhängig davon, ob sie dauerhaft einen Regelarbeitsplatz besetzen oder selbst regelmäßig beschäftigt werden.24 Mit dem Wegfall der Restriktionen bezüglich einer Höchstüberlassungsdauer25 ist ferner nicht ausgeschlossen, dass Leiharbeitnehmer ständig beschäftigt ___________ 20 Im Ergebnis ebenso HaKo-BetrVG/Kloppenburg, § 1 Rn.38. Zur Statistik über die tatsächliche Dauer von Überlassungen oben § 3 A.II.2.b)cc). 21 Siehe oben § 3 A.II.2.b)cc). 22 Barth, Beteiligungsrechte, S. 65; Bauer, NZA 2002, 1001 (1004); Boemke, AÜG; § 14 Rn.58 und Schuldvertrag, S. 588; Erdlenbruch, Stellung, S. 84; FESTL, § 1 Rn.279; Frerichs/Möller/Ulber, Leiharbeit, S. 89; Hennige, RWS-Forum Bd.21, S. 59 (76); GK-BetrVG/Kraft, § 1 Rn.64; Löwisch, BB 2001, 1734 (1737); Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 7 Rn.7; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 76 f.; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.6. 23 Entsprechendes gilt für die Errichtung einer Jugend- und Auszubildendenvertretung gemäß § 60 I BetrVG, bei deren Wahl entleiherbetriebszugehörige jugendliche Leiharbeitnehmer zwar aktiv, wegen § 14 II 1 AÜG aber nicht passiv wahlberechtigt sind. Im Ergebnis ebenso Dewender, Betriebsfremde, S. 152. Ferner schon LAG Frankfurt/Main 30.11.1985, BB 1985, 2173 (2173). A.A. GK-BetrVG/Oetker, § 61 Rn.15. Die praktische Bedeutung dieser Problematik ist jedoch gering, da eine Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses unzulässig ist, vgl. Dewender, Betriebsfremde, S. 152; Schüren/Hamann, AÜG, § 1 Rn.36 ff. 24 Im Ergebnis wie hier ErfK/Eisemann, § 1 BetrVG Rn.22 und § 7 BetrVG Rn.19; Küttner/Kania, Personalbuch 2004 Kleinbetrieb Rn.13; Richardi, BetrVG, § 1 Rn.117; DKK/Trümner, § 1 Rn.181. Ferner noch FKHES, § 1 Rn.279. A.A. explizit zur regelmäßigen Beschäftigung Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 76 f.: keine Beschäftigung in der Regel, sondern ausnahmsweise. 25 Siehe § 1 A.III.1.
§ 4 Auswirkungen auf die Grundlagen der Betriebsratsarbeit
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werden,26 da sie nunmehr auch eine nicht unerhebliche Zeit dem Entleiherbetrieb angehören können. Die Grenzen der grammatikalischen Auslegung würden allerdings überschritten, wenn man sich bei der ständigen Beschäftigung an der Dreimonatsfrist des § 7 S.2 BetrVG orientieren würde, obgleich der Gesetzgeber mit ihr dokumentiert hat, wann er eine umfassende betriebsverfassungsrechtliche Repräsentation selbst dann für geboten hält, wenn kein Arbeitsvertrag zum Betriebsinhaber besteht. Durch die Maßgeblichkeit der regelmäßig Beschäftigten sind praktisch auch keine Konsequenzen einer Fehlprognose27 zu befürchten, die im Einzelfall auf einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Entleiherbetrieb beruhen kann und zur Folge hat, dass ex post betrachtet keine Betriebszugehörigkeit vorlag. Dies gilt ebenso für den umgekehrten Fall, dass ein Leiharbeitnehmer – anders als geplant – über drei Monate hinaus eingesetzt wird.
2. Nichtberücksichtigung bei den wählbaren Arbeitnehmern a) Der Ausschluss der Wählbarkeit in § 14 II 1 AÜG Da die gewerbsmäßig Überlassenen nach § 14 II 1 AÜG im Einsatzbetrieb nicht passiv wahlberechtigt sind, können sie kraft Gesetzes nicht zu den drei Arbeitnehmern gerechnet werden, deren Wählbarkeit von § 1 I 1 BetrVG gefordert wird. Für diese Rechtsfolge muss allerdings der konstitutive Ausschluss des passiven Wahlrechts der Betriebszugehörigen in § 14 II 1 AÜG verfassungsgemäß sein. Dies wird im Hinblick auf Art.3 I GG bestritten28, da Leiharbeitnehmer wie die wählbaren Vertragsarbeitnehmer in den Entleihbetrieb eingegliedert sind und dort nunmehr unter Umständen auch längere Zeit verweilen. Damit können selbst Leiharbeitnehmer die von § 8 BetrVG erhobe___________ 26
A.A. noch Barth, Beteiligungsrechte, S. 65; Boemke, AÜG; § 14 Rn.58 und Schuldvertrag, S. 588; Erdlenbruch, Stellung, S. 84 und selbst nach der aktuellen Rechtslage Kaufmann, Zuordnung, S. 96. 27 Im Allgemeinen wird angenommen, dass das Fehlen der Betriebsratsfähigkeit zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führt: RAG 22.2.1938, BenshSlg.2, 79 (80 f.) mit Anm. Flatow; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 19 Rn.73. Vgl. auch die nunmehr insgesamt restriktivere Haltung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 19.11.2003, AP Nr. 54 zu § 19 BetrVG 1972). 28 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.59; Kaufmann, Zuordnung, S. 90; Ratayczak, AiB 1997, 600 (602); DKK/Trümner, § 5 Rn.78a; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.47a. A.A. Dewender, Betriebsfremde, S. 170, der mangels Betriebszugehörigkeit schon die Vergleichbarkeit verneint; GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.63; Maschmann, DB 2001, 2446 (2447). Däubler (AuR 2004, 81 (82)) schätzt die Rechtslage als „unter Gleichheitsgesichtspunkten nicht unbedingt einsichtig“ ein.
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
ne Voraussetzung der sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit ohne weiteres erfüllen, sodass der Ausschluss der Wählbarkeit eine Ungleichbehandlung im Vergleich zur Stammbelegschaft und hier speziell zu befristet Beschäftigten darstellt.29 Diese Differenzierung führt aber nur dann zur Verfassungswidrigkeit des § 14 II 1 AÜG, wenn sie nicht durch einen vernünftigen Grund gerechtfertigt ist.30 Diesbezüglich ist wiederum die angesprochene „neue Formel“ des Bundesverfassungsgerichts maßgeblich, wobei auch hier aufgrund der Unterscheidung anhand personenbezogener Gründe ein milderer Maßstab angelegt werden kann.31 Andererseits ist maßstabsverschärfend32 zu berücksichtigen, dass die Regelung zum passiven Wahlrecht durch die Berührung des Art.12 GG Grundrechtsrelevanz besitzt33.
b) Rechtfertigung der Nichtwählbarkeit Teile der Literatur sehen insbesondere im Fehlen der vertraglichen Bindung zum Betriebsinhaber keine hinreichende Rechtfertigung der Ungleichbehandlung.34 Weitere Unterschiede wesentlicher Art werden nicht erkannt: Die zumindest tatsächliche Begrenzung der Einsatzzeit relativiere sich im Vergleich zu anderen Arbeitnehmergruppen, die trotz einer weniger intensiven Bindung an den Betrieb, wie sie bei in Teilzeit oder geringfügig Beschäftigten zu beobachten ist, wählbar seien.35 Dieser Ansicht kann im Ansatz noch zugestimmt werden, soweit sie annimmt, dass die Notwendigkeit einer vertraglichen Bindung zum Betriebsinhaber unter betriebsverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht entscheidend ist, wie insbesondere die Situation der längerfristig Überlassenen im Entleiherbetrieb zeigt.36 In jedem Fall gehen jedoch mit der Rechtsstellung als ___________ 29 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.59; DKK/Trümner, § 5 Rn.78a; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.47a. Zur Betriebszugehörigkeit befristet Beschäftigter und dem damit einhergehenden Wahlrecht schon oben § 3 B.I.2.c)bb)(3). 30 Allgemein zur Rechtfertigung Jarass/Pieroth, GG, Art.3 Rn.16. 31 Siehe oben § 3 B.II.3. 32 Zur Verschärfung des Prüfungsmaßstabs, wenn in den Schutzbereich eines Grundrechts eingegriffen wird, Jarass/Pieroth, GG, Art.3 Rn.21. 33 Dewender, Betriebsfremde, S. 170 f. 34 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.59. 35 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.59. 36 Siehe oben § 3 B.II. vor 1. und zu den Konsequenzen bei der Anwendung von Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten unten § 5 A.III.
§ 4 Auswirkungen auf die Grundlagen der Betriebsratsarbeit
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Vertragsarbeitnehmer des Betriebsinhabers Auswirkungen auf die Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Vorschriften einher.37 Für die Frage des passiven Wahlrechts für Leiharbeitnehmer gewinnen die §§ 15 KSchG und 103 BetrVG an Bedeutung. Mit diesen Vorschriften werden Mitglieder betriebsverfassungsrechtlicher Organe vor Repressalien des Arbeitgebers in Form von Kündigungen und Versetzungen geschützt, um die Unabhängigkeit bei der Ausübung des Amtes und die Kontinuität der Amtsführung während der Wahlperiode zu sichern.38 So wird durch die Unzulässigkeit ordentlicher Kündigungen (§ 15 KSchG) und das Erfordernis der Zustimmung des Betriebsrats zu außerordentlichen Kündigungen und Versetzungen, die zum Verlust des Amts oder der Wählbarkeit führen (§ 103 BetrVG), an den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses oder die Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten des Betriebsinhabers bei personellen Einzelmaßnahmen angeknüpft. Für Leiharbeitnehmer bleiben beide Ansätze infolge der aufgespaltenen Arbeitgeberstellung wirkungslos, sodass ihr Amt im Falle der Wählbarkeit mit den geltenden Instrumentarien nicht gesichert werden könnte39: So würde zwar das Verlassen des Entleiherbetriebs gemäß § 24 Nr. 4 BetrVG als Verlust der Wählbarkeit in jedem Fall zum Erlöschen der Mitgliedschaft im dortigen Betriebsrat führen, doch wird dieses Ausscheiden als Ausdruck des primären Weisungsrechts insbesondere auf den Verleiher zurückgehen.40 Aus dessen Sicht kann es sich aufgrund des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses nicht um eine Kündigung handeln, sodass weder § 15 KSchG noch § 103 I BetrVG greifen würde. Defizite im Amtsschutz wären damit freilich noch nicht bewiesen, nachdem § 103 III BetrVG mittlerweile auch Versetzungen erfasst. Sollte nun der Rückruf durch den Verleiher eine Versetzung darstellen, was aufgrund von § 95 III 2 BetrVG nur ausnahmsweise der Fall sein wird,41 ist die Vorschrift gleichwohl unanwendbar. Sie gewährt dem Wortlaut nach nur dem Betriebsrat, dessen Mitglied betroffen ist, ein Mitbestimmungsrecht. Der damit allein aktiv legitimierte Entleiherbetriebsrat kann jedoch dem Verleiher aufgrund des auf den Einsatzbetrieb begrenzten Wirkungsbereichs42 kein Zustimmungser___________ 37
Siehe oben § 3 B.III. Im Ansatz zur Rechtfertigung des § 14 II 1 AÜG ebenso BAG 10.3.2004, AP Nr. 8 zu § 7 BetrVG 1972, das hieraus jedoch keine Legitimationsdefizite ableitet. 38 Hierzu BAG 21.9.1989, AP Nr. 72 zu § 99 BetrVG 1972; ErfK/Ascheid, § 15 KSchG Rn.1; v. Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, § 15 Rn.1; GK-BetrVG/Raab, § 103 Rn.1. 39 Ebenso Schüren, RdA 2004, 184 (185); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.48. 40 Siehe oben § 1 A.II. 41 Hierzu schon oben § 3 A.II.2.b)bb) und ausführlich unten § 7 A.I.1.a). 42 Siehe oben § 2 B.
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
fordernis entgegenhalten. Selbst der auch individualrechtliche43 und gegenüber Dritten wirkende Schutz44 nach § 78 BetrVG wäre allenfalls ausnahmsweise einschlägig, nachdem die Vorschrift den Bestand des Amtes voraussetzt.45 Auch soweit die Rückkehr zum Verleiher auf eine Entscheidung des Entleihers zurückgeht, sind die §§ 15 KSchG und 103 I BetrVG mangels Vorliegens einer Kündigung von Arbeitsverträgen nicht einschlägig, wobei auch eine analoge Anwendung ausscheidet46. Es liegt zudem keine Versetzung vor, die der Zustimmung nach § 103 III BetrVG bedürfte. Gemäß § 95 III 1 BetrVG ist diese durch die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs gekennzeichnet, wohingegen die angesprochene Entscheidung des Entleihers lediglich als Ausweisung aus dessen Betrieb zu charakterisieren ist.47 Der Amtsschutz ist ferner bei einer Kündigung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags nicht garantiert, zu der beide Seiten berechtigt sind und die ebenfalls eine Beendigung der Entsendung zur Folge hat48; dieser Vertrag ist zudem nicht dem Arbeitsrecht zuzuordnen49. Eine wirkungsvolle Sicherung der Ausübung des Betriebsratsamts, dessen Kontinuität als wesentlicher Bestandteil der Betriebsverfassung anzusehen ist50, wäre demzufolge nicht gewährleistet. Die Folgenbetrachtung zeigt damit, dass sich der Ausschluss des passiven Wahlrechts in § 14 II 1 AÜG auf das System betriebsverfassungsrechtlicher Organstrukturen und deren Schutz zurückführen lässt, sodass einem legitimen Zweck gedient ist. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich. So kommt insbesondere nicht die Statuierung entsprechender Beteiligungsrechte der Betriebsräte bezüglich der angesprochenen Maßnahmen des Ver- oder Entleihers in Betracht. Dies würde einerseits einen erheblichen Eingriff in die Beweglichkeit der Arbeitnehmerüberlassung darstellen. Zudem käme es bei einer Beendigung der Entsendung durch den Verleiher zu betriebs- und sogar unternehmensüberschreitenden51 ___________ 43
Oetker, RdA 1990, 343 (347). FESTL, § 78 Rn.7. 45 BAG 21.9.1989, AP Nr. 72 zu § 99 BetrVG 1972; GK-BetrVG/Kreutz, § 78 Rn.33; Kutsch, Schutz des Betriebsrats, S. 149; Oetker, RdA 1990, 343 (348). 46 Siehe unten § 8 A.II.2. 47 Vgl. auch FESTL, § 99 Rn.113. 48 Siehe oben § 1 A.I.3. 49 Vgl. A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 336 f. 50 Ricken, SAE 2003, 55 (57). 51 Ein Beteiligungsrecht des Entleiherbetriebsrats gegenüber der Entscheidung des Verleihers wäre ohne weiteres betriebsübergreifend. Bei einer Beteiligung des Verleiherbetriebsrats wäre dagegen ein sachfremdes Gremium berufen. 44
§ 4 Auswirkungen auf die Grundlagen der Betriebsratsarbeit
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Zuständigkeiten von Betriebsräten, die einen Fremdkörper im Betriebsverfassungsrecht bilden würden und dementsprechend einer analogen Anwendung der bestehenden Vorschriften entgegenstehen. Der Einwand der Kompetenzen über die Betriebs- und Unternehmensgrenzen hinaus bestünde zwar bei einer Entscheidung des Entleihers und einem entsprechenden Beteiligungsrecht des dortigen Betriebsrats nicht. Allerdings wurde bereits ausgeführt, dass abgesehen von den Fällen einer Beendigung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags der Zurückweisung eines Leiharbeitnehmers durch den Entleiher mittels einer Ersetzungsentscheidung des Verleihers nachgekommen wird, sodass Letzterer wiederum die unmittelbare Entscheidung trifft. Schließlich scheidet auch ein Bestandsschutz in Bezug auf die Stellung im Entleiherbetrieb aus, nachdem die Grundlagen der Tätigkeit im Entleiherbetrieb durch die arbeitsvertragliche Bindung zum Verleiher gelegt werden. Eine Aufrechterhaltung der Entsendung entsprechend § 15 KSchG wäre damit mit der Aufspaltung der Arbeitgeberstellung nicht vereinbar.52 Im Übrigen geht mit dem Ausschluss des passiven Wahlrechts ein geringer Grad der Ungleichbehandlung einher. So erfüllt ohnehin nur eine geringe Zahl von Leiharbeitnehmern die Voraussetzung der sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit53 gemäß § 8 BetrVG, die darüber hinaus zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl erfüllt sein muss54. Der Ausschluss des passiven Wahlrechts stellt deshalb keinen Verstoß gegen Art.3 I GG dar. § 14 II 1 AÜG ist daher nicht verfassungswidrig. Dies bedeutet, dass Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb nicht bei den drei wählbaren Arbeitnehmern zu berücksichtigen sind. Folglich scheidet in einem stammbelegschaftslosen Entleiherbetrieb die Bildung von Betriebsräten aus.55 Eine Korrektur des § 14 II 1 AÜG, die methodisch allenfalls im Wege einer teleologischen Reduktion geschehen könnte, ist nämlich selbst in diesen Fällen nicht angezeigt. Aufgrund der geschilderten Gefahren für die Kontinuität des Betriebsratsamts kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch einen solchen „auf dünnem Eis“ errichteten Betriebsrat eine effektive Arbeit zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebs erwartet werden kann.
___________ 52
Siehe auch unten § 8 A.II.2. Siehe oben § 3 A.II.2.b)cc). 54 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 8 Rn.17. 55 Hierzu bei der Erörterung eines konzernrechtlichen Problems Birk, ZGR 1984, 22 (64). 53
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
III. Ergebnis zur Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der Betriebsratsfähigkeit Bei der Begutachtung der Betriebsratsfähigkeit des Verleiherbetriebs sind Zeitarbeitskräfte ebenso wie Arbeitnehmer in einem Normalarbeitsverhältnis zu berücksichtigen. Im Entleiherbetrieb gilt dies nur für die dort betriebszugehörigen Leiharbeitnehmer bezüglich der fünf Wahlberechtigten, sofern sie regelmäßig und ständig beschäftigt werden. Mangels passiven Wahlrechts zählen sie jedoch nicht bei den drei wählbaren Arbeitnehmern. Eine weitergehende Berücksichtigung wäre auch nicht durch die geplante EG-Richtlinie über Leiharbeit angezeigt.56 Art.7 I RL-E57 verlangt zwar im Verleihunternehmen eine Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer im Rahmen der Schwellenwerte, die für die Errichtung der nach Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht oder Tarifverträgen vorgesehenen Arbeitnehmervertretungen maßgeblich sind. Damit wird aber keine Privilegierung im Vergleich zu Arbeitnehmern mit einem Normalarbeitsverhältnis gefordert, sodass die oben genannten Einschränkungen allgemeiner Art hinsichtlich der ständigen Beschäftigung auch für Leiharbeitnehmer gelten.58 Die Anrechnung von entsandten Arbeitskräften im Entleihbetrieb ist gemäß Art.7 II RL-E59 ohnehin fakultativ und damit ohne Auswirkung.60
B. Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und die Betriebsratsgröße Gemäß § 9 BetrVG ist die Betriebsratsgröße von der Anzahl der Arbeitnehmer abhängig, wobei in Betrieben mit bis zu 51 Arbeitnehmern nur die wahlberechtigten Arbeitnehmer einzubeziehen sind. Über 51 wahlberechtigte Arbeitnehmer hinaus zählen für die weiteren Staffelungen alle Arbeitnehmer ___________ 56
Hierzu und zur Berücksichtigungsfähigkeit vor Ablauf der Umsetzungsfrist schon oben § 3 B.I.1.a). 57 „Leiharbeitnehmer werden unter Bedingungen, die die Mitgliedstaaten festlegen, im Leiharbeitunternehmen bei der Berechnung der Schwellenwerte für die Einrichtung von Arbeitnehmervertretungen berücksichtigt, die nach Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht oder in den Tarifverträgen vorgesehen sind.“ 58 So wird kein Handlungsbedarf gesehen: Raab, ZfA 2003, 389 (438). 59 „Die Mitgliedstaaten können unter den von ihnen festgelegten Bedingungen vorsehen, dass diese Arbeitnehmer im entleihenden Unternehmen bei der Berechnung der Schwellenwerte für die Einrichtung der nach Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht oder in den Tarifverträgen vorgesehenen Arbeitnehmervertretungen im gleichen Maße berücksichtigt werden, wie Arbeitnehmer, die das entleihende Unternehmen für die gleiche Dauer unmittelbar beschäftigt oder beschäftigen würde.“ 60 Ebenso Raab, ZfA 2003, 389 (438).
§ 4 Auswirkungen auf die Grundlagen der Betriebsratsarbeit
147
des Betriebs ohne Rücksicht auf ihr Wahlrecht.61 Wie bei der Betriebsratsfähigkeit werden allerdings nur in der Regel beschäftigte Arbeitnehmer berücksichtigt,62 wodurch diesbezüglich auf die obigen Ausführungen zurückgegriffen werden kann.63 Vorübergehende Schwankungen der Arbeitnehmerzahl bleiben demnach außer Betracht.64 Ob § 9 BetrVG auch die Betriebszugehörigkeit der Beschäftigten voraussetzt, ist allerdings – teils in Abhängigkeit von der Frage, ob auf Arbeitnehmer statt wahlberechtigte Arbeitnehmer abgestellt wird – umstritten.65 Diese Kontroverse beeinflusst insbesondere die Beurteilung der Betriebsratsgröße im Entleiherbetrieb und soll deshalb dort erörtert werden.
I. Größe des Betriebsrats im Verleiherbetrieb Bei der Feststellung der Betriebsratsgröße im Verleiherbetrieb können die Leiharbeitnehmer zu den (wahlberechtigten) Arbeitnehmern gezählt werden. Sie sind dort als in der Regel beschäftigte und unstreitig betriebszugehörige Arbeitnehmer66 bei den Schwellenwerten des § 9 BetrVG einzubeziehen.67
II. Größe des Betriebsrats im Entleiherbetrieb Dagegen wird die Berücksichtigungsfähigkeit der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb höchst unterschiedlich beurteilt, und zwar insbesondere seit sie dort gemäß § 7 S.2 BetrVG wahlberechtigt sind. Problematisch und bedeutsam sind dabei aber auch hier wiederum nur die Gestaltungen, in denen ___________ 61
Dewender, Betriebsfremde, S. 55; FESTL, § 9 Rn.9. Zur Definition oben § 4 A vor I. 63 Vgl. FESTL, § 9 Rn.11; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 9 Rn.10. 64 v. Hoyningen-Huene, BetriebsverfassungsR, § 7 IV.1. 65 Bejahend: BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972; 10.3.2004, AP Nr. 8 zu § 7 BetrVG 1972; Dewender, Betriebsfremde, S. 55; v. Hoyningen-Huene, BetriebsverfassungsR, § 7 IV.1; GK-BetrVG/Kreutz, § 9 Rn.6; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 9 Rn.7; W. Schneider/Trümner, FS Gnade, 175 (187). A.A.: Barth, Beteiligungsrechte, S. 66 ff.: arbeitsplatzbezogenes Verständnis. Erdlenbruch, Stellung, S. 87 ff.: durch die teilweise Anwendbarkeit betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften begründete partielle Betriebszugehörigkeit genügt. 66 Siehe oben § 3 A.III. 67 Dewender, Betriebsfremde, S. 55; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.112; Kaufmann, Zuordnung, S. 84; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.16; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.13a und Arbeitnehmer, 12.1.3; Wank, NZA 2003, 14 (21); Wolf, JbArbR, Bd.40, S. 99 (110). 62
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
Leiharbeitnehmer nicht nur kurzfristig zur Vertretung eines Mitglieds der Stammbelegschaft eingesetzt werden.68 Schon vor der Betriebsverfassungsreform wurde überwiegend gefordert, dass die in § 9 BetrVG aufgeführten Arbeitnehmer betriebszugehörig sein müssen.69 Nach der herrschenden Meinung trifft dies auch nach der Einräumung des Wahlrechts70 bei überlassenen Arbeitskräften nicht zu, sodass demnach entsprechend der prägnanten Formulierung Hanaus71 Leiharbeitnehmer neuerdings „wählen, aber nicht zählen“.72 In zurückhaltenderen Stellungnahmen einiger (Landes-)Arbeitsgerichte findet sich dagegen die Einschränkung, dass Leiharbeitnehmer zumindest nicht bei den Schwellenwerten, die von „Arbeitnehmern“ statt „wahlberechtigten Arbeitnehmern“ ausgehen73 oder aber jeden-74 oder allenfalls75 bei den ___________ 68
Insofern kann auf die Ausführungen oben § 4 A.II vor 1. verwiesen werden. Siehe oben § 3 vor A. 70 Zur Rechtslage vor dem BetrVerf-ReformG BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972. Ferner Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 76 f.: keine Beschäftigung in der Regel, sondern ausnahmsweise. 71 RdA 2001, 65 (68). 72 BAG 21.7.2004, AP Nr. 8 zu § 9 BetrVG 1972; 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972 mit zust. Anm. Maschmann; LAG Düsseldorf 21.11.2002 15 TaBV 50/02, JURIS Nr. KARE600007499 (9.7.2003), LAG Hamm 14.1.2003, LAG-Report 2003, 143 (143 ff.); LAG Köln 3.9.2003 3 TaBV 88/02, Juris Nr. KARE600009136 (13.1.2004); ArbG Berlin 11.9.2002 7 BV 14772/02, JURIS Nr. KARE600007070 (12.6.2003); ArbG Braunschweig 31.7.2001, AiB 2003, 278 (278); ArbG Mönchengladbach 3.7.2002, NZA-RR 2003, 22 (24); Bauer, NZA 2002, 1001 (1004); Dewender, JR 2004, 262 (262); Franke, NJW 2002, 656 (656); Hanau, NJW 2001, 2513 (2515); Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.249; Hennige, RWS-Forum Bd.21, S. 59 (76); Hromadka/Maschmann, ArbeitsR 2, § 16 Rn.138; Küttner/Huber, Personalbuch 2004 Leiharbeitnehmer Rn.21; Junker, EWiR 2003, 1069 (1070); G. Schaub/Koch, ArbR-Hdb. § 217 Rn.24; Konzen, RdA 2001, 76 (83); GKBetrVG/Kreutz, § 9 Rn.11; Kowanz, GmbHR 2004, 1083 (1084); Lindemann/Simon, NZA 2002, 365 (367); Löwisch, BB 2001, 1734 (1737); Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 7 Rn.7; Maschmann, DB 2001, 2446 (2448); Melms/Lipinski, BB 2004, 2409 (2413); Moderegger, ArbRB 2003, 82 (84); Neumann, BB 2002, 510 (514); Oetker, EWiR 2004, 529 (530); HWK/Pods, § 14 AÜG Rn.9; Raab, ZfA 2003, 389 (436); G. Schaub, ArbR-Hdb., § 120 Rn.91; Schiefer/Korte, NZA 2002, 57 (59); Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1077 ff.); HSWG/Schlochauer, § 9 Rn.8a; Udke, BuW 2004, 88 (88); Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1049; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.6; Windeln, Reform, S. 148; Wolf, JbArbR, Bd.40, S. 99 (108). 73 LAG Düsseldorf 31.10.2002, AP Nr. 6 zu § 7 BetrVG 1972 (a.A. als die 5. Kammer aber ausdrücklich die 15. Kammer 21.11.2002, 15 TaBV 50/02, JURIS Nr. KARE600007499 (9.7.2003)); ArbG Düsseldorf 10.7.2002, DB 2002, 1781 (1782); ArbG Solingen 18.6.2002, 5 BV 22/02 (n.v.). 74 ArbG Frankfurt/Main 22.5.2002, NZA-RR 26 (28). So noch Richardi, NZA 2001, 346 (350), anders aber in Betriebsverfassung, § 5 Rn.8. Nur im Ansatz auch Schaub/Koch, ArbR-Hdb.10, § 217 Rn.24a; Maschmann, DB 2001, 2446 (2448); Rei69
§ 4 Auswirkungen auf die Grundlagen der Betriebsratsarbeit
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„wahlberechtigten Arbeitnehmern“ zu berücksichtigen sind76. In Betrieben mit 51 wahlberechtigten Arbeitnehmern seien nämlich darüber hinaus nur Betriebszugehörige einzubeziehen. In der Literatur vor der Betriebsverfassungsreform wurde dagegen im Hinblick auf den damaligen Ausschluss des aktiven Wahlrechts in § 14 II 1 AÜG a.F. auch der entgegengesetzte Standpunkt eingenommen, wonach Leiharbeitnehmer dann angerechnet werden können, wenn lediglich auf die Zahl der Arbeitnehmer und nicht auf die Wahlberechtigung abgestellt wird;77 mit der Einfügung des § 7 S.2 BetrVG ist dieser Abstufung allerdings die Grundlage entzogen. Aber auch die in der Instanzrechtsprechung angelegte Differenzierung vermag nicht zu überzeugen. Wenn in den höheren Stufungen des § 9 BetrVG auf Arbeitnehmer abgestellt wird, in den unteren dagegen auf wahlberechtigte Arbeitnehmer, dann kann es sich bei der Wahlberechtigung nur um ein zusätzliches Merkmal handeln, da es sich jedenfalls um Arbeitnehmer handeln muss.78 § 9 BetrVG setzt dementsprechend entweder die Betriebszugehörigkeit bei sämtlichen Stufen voraus, oder verzichtet gänzlich auf dieses Merkmal. Für die Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb wirkt sich dies folgendermaßen aus: Wie herausgearbeitet wurde, sind die nach § 7 S.2 BetrVG wahlberechtigten Leiharbeitnehmer betriebszugehörig,79 sodass sie jedenfalls zu den Arbeitnehmern im Sinne des § 9 BetrVG zu rechnen sind, wenn sie länger als drei Monate im Entleiherbetrieb eingesetzt werden.80 Bedarf es nach § 9 BetrVG ___________ chold, NZA 2001, Sonderbeil. Heft 24, 32 (37) anders als noch in NZA 2001, 857 (861). 75 So nur im Ansatz Hanau, ZIP 2001, 1981 (1982). 76 Gegen diese Differenzierungen ausdrücklich Hanau, ZIP 2001, 1981 (1982); Lindemann/Simon, NZA 2002, 365 (368); Ratayczak, AiB 2003, 276 (277); Wolf, JbArbR, Bd.40, S. 99 (108 f.). 77 Barth, Beteiligungsrechte, S. 68; FKHE, § 9 Rn.7; Holthaus, AiB 2001, 541 (543). Ferner Erdlenbruch, Stellung, S. 90, der jedoch auf die oben § 3 B.III. definierte partielle Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer abstellt. 78 Ebenso Hanau, ZIP 2001, 1981 (1982). 79 Siehe oben § 3 B.II. vor 1. 80 Ebenso Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks.14/6352, S. 54; ArbG Eberswalde 26.6.2002, NZA-RR 2003, 200 (201); Bertelsmann, AR-Blattei SD 530.6 (2002), Rn.42; HaKo-BetrVG/Brors, § 9 Rn.3 und NZA 2003, 1380 (1382 f.); Brors/Schüren, BB 2004, 2745 (2751); Däubler, AuR 2001, 285 (286); Dimitriadis u.a., ZVBR 2002, 170 (176); Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.106/107; Lenz, AiB 2004, 113 (114); Nielebock/Hayen, JbArbR, Bd.40, S. 65 (84); Ratayczak, AiB 2003, 276 (277); Richardi, Betriebsverfassung, § 5 Rn.8 (wohl enger noch in NZA 2001, 346 (350)); Thüsing/Lambrich, NZA Sonderheft 2001, 79 (86); Wlotzke, 50 Jahre BAG, S. 1149 (1160). Ferner noch Richardi und Thüsing in Richardi, BetrVG8, § 9 Rn.7, a.A. nunmehr aber unter Hinweis auf die Entscheidung des BAG vom 16.4.2003
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
keiner Betriebszugehörigkeit, so könnten darüber hinaus auch nur kurzfristig Überlassene Berücksichtigung finden, soweit § 9 BetrVG lediglich auf Arbeitnehmer abstellt; in den unteren Stufen würde aber jedenfalls die ergänzend notwendige Wahlberechtigung wegen § 7 S.2 BetrVG fehlen.81 Bei einem Verzicht auf die Betriebszugehörigkeit genügt also in Betrieben der entsprechenden Größenordnung das Tätigwerden der Leiharbeitnehmer auf Regelarbeitsplätzen. Dieser Auffassung ist aber entgegenzuhalten, dass schon der Wortlaut des § 9 BetrVG auf Betriebe mit der entsprechenden Anzahl von Arbeitnehmern (§ 5 BetrVG)82 abstellt und damit ausdrücklich ausschließlich betriebszugehörige Arbeitnehmer anspricht.83 „Welche auch sonst?“ fragten schon Wolfgang Schneider und Trümner.84 Damit wird die Anzahl der Betriebsratsmitglieder von der Belegschaftsstärke abhängig gemacht, um die Betriebsratsgröße in ein angemessenes Verhältnis zur Zahl der betriebsangehörigen Arbeitnehmer zu stellen.85 Es erfolgt dabei aber keine Differenzierung anhand der für einen Arbeitnehmer tatsächlich anfallenden Betriebsratsarbeit, sondern eine Pauschalie___________ (AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972) und ohne wirkliche Stellungnahme in der Bearbeitung durch Thüsing in der 9. Auflage. Vgl. dann aber Thüsing, AÜG, § 14 Rn.63, wonach die Entscheidung aus teleologischen und systematischen Gründen nicht überzeugen kann. Widersprüchlich KRHS, § 9 Rn.3. Von deren Standpunkt aus zählen Leiharbeitnehmer nämlich im Entleiherbetrieb zum Personenkreis i.S.d. BetrVG (§ 5 Rn.2), sodass die Einschränkung in zeitlicher Hinsicht konsequenterweise bei den höheren Schwellenwerten keine Relevanz hätte. 81 So ArbG Aachen 17.5.2002, EzAÜG Nr. 79; ArbG Darmstadt 22.10.2002, AuR 2003, 121 (121). Ohne nähere Begründung allein auf die Zuerkennung der Wahlberechtigung gestützt: Horstkötter, AiB 2001, 561 (563). Im Ergebnis auch diejenigen, die die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer per se anerkennen, ohne einen länger als drei Monate währenden Einsatz zu fordern: Boemke, AÜG, § 14 Rn.57; Hamann, NZA 2003, 526 (530); Kaufmann, Zuordnung, S. 100 f.; DKK/W. Schneider, § 9 Rn.10f. Ferner ErfK/Eisemann, § 9 BetrVG Rn.2 bei Besetzung von Regelarbeitsplätzen sowie Ulber, AÜG/AEntG, Einleitung C Rn.17. Ferner FESTL, § 9 Rn.21. Da sie aber im Allgemeinen nur betriebszugehörige Arbeitnehmer berücksichtigen (Rn.14), ist die Zählung von kürzer Überlassenen (Rn.41) nicht stringent. 82 A.A. ArbG Aachen 17.5.2002, EzAÜG Nr. 79. 83 Zum Erfordernis der Betriebszugehörigkeit Brors/Schüren, BB 2004, 2745 (2751); GK-BetrVG/Kreutz, § 9 Rn.6. 84 FS Gnade, S. 175 (187). 85 BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972; 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; Barth, Beteiligungsrechte, S. 66; Brors/Schüren, BB 2004, 2745 (2751); Kreutz, SAE 2004, 168 (171 f.); Raab, ZfA 2003, 389 (437); Ratayczak, AiB 2003, 276 (277).
§ 4 Auswirkungen auf die Grundlagen der Betriebsratsarbeit
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rung, die der Einschätzung des Gesetzgebers obliegt. Mit dieser Einschätzung und dem alleinigen Abstellen auf betriebszugehörige Arbeitnehmer, die in kleineren Betrieben zudem wahlberechtigt sein müssen, verbieten sich zugleich Folgerungen aus dem Arbeitsaufwand für einzelne Arbeitnehmer auf die (Nicht-)Berücksichtigung bei der Betriebsratsgröße.86 Unerheblich und im Übrigen als Argument gegen die differenzierte Lösung im Rahmen der Betriebszugehörigkeit ungeeignet ist deshalb, dass wesentliche Unterschiede im Arbeitsanfall für den Betriebsrat zwischen langfristigen und kürzer als drei Monaten währenden Einsätzen von Leiharbeitnehmern zumindest nicht offenkundig sind.87 Gleiches gilt ja auch in kleineren Betrieben und der Untergliederung in wahlberechtigte und nicht wahlberechtigte Arbeitnehmer, wo trotz unterschiedlichem Einfluss auf den Schwellenwert ein abweichender Arbeitsaufwand noch nicht nachgewiesen werden konnte.88 Selbst der angeblich89 geringere Arbeitsanfall im Vergleich zum Stammpersonal aufgrund der eingeschränkten Anwendbarkeit betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften auf Leiharbeitnehmer90 verfängt demzufolge nicht. Damit zählen Leiharbeitnehmer bei den für die Entleiherbetriebsratsgröße einschlägigen Schwellenwerten, soweit sie in der Regel beschäftigt und betriebszugehörig sind.91 Letzteres ist der Fall, wenn sie länger als drei Monate im Entleiherbetrieb eingesetzt werden, wobei durch das Abstellen auf den Regelfall Fehlprognosen hinsichtlich der Beschäftigungsdauer wiederum unerheblich sind.92
___________ 86
Ebenso Kreutz, SAE 2004, 168 (171). Vgl. auch Holthaus, AiB 2001, 541 (543). A.A. Raab, ZfA 2003, 389 (437). 88 Vgl. Kreutz, SAE 2004, 168 (171). 89 Nach Schüren (RdA 2004, 184 (187)) stellen sich vor allem dann vermehrt Aufgaben für Leiharbeitnehmer, wenn sie in erheblichem Umfang eingesetzt werden, etwa aufgrund eines eigenen, gruppenspezifischen Mitbestimmungs- und Regelungsbedarfs. Weiter ArbG Berlin (31.1.2001, AiB 2001, 541 (541)) und Ratayczak (AiB 2003, 276 (277)): Leiharbeitnehmer verursachen fast ebenso viel Betriebsratsarbeit wie ein Stammarbeitnehmer. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Däubler, AuR 2004, 81 (81). 90 BAG 18.1.1989, AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972; 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; LAG Köln 3.9.2003 3 TaBV 88/02, Juris Nr. KARE600009136 (13.1.2004); ArbG Mönchengladbach 3.7.2002, NZA-RR 2003, 22 (24); Kowanz, GmbHR 2004, 1083 (1084); Raab, ZfA 2003, 389 (437). 91 Entsprechendes gilt für die Jugend- und Auszubildendenvertretung gemäß § 62 I BetrVG. Hierzu schon oben § 4 A.II.1. 92 Siehe oben § 4 II.1. bei der Betriebsratsfähigkeit. Die Wahl eines zu großen Betriebsrats berechtigt ansonsten nach § 19 BetrVG zur Anfechtung: Richardi/Thüsing, BetrVG, § 19 Rn.17. 87
152
2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
C. Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und die Anzahl der Freistellungen Auch für die Anzahl der Freistellungen gemäß § 38 I BetrVG ist die Summe der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer maßgeblich. Wie bei § 9 BetrVG wird damit gleichermaßen dem in Betrieben bestimmter Größenordnung typischen Arbeitsaufkommen der Räte Rechnung getragen, ohne dass es im Gegensatz zu § 37 II BetrVG eines konkreten Nachweises bedürfte.93 Damit können die zu § 9 BetrVG entwickelten Grundsätze auch hier Anwendung finden.94 Im Verleiherbetrieb sind deshalb in der Regel beschäftigte Leiharbeitnehmer uneingeschränkt zu berücksichtigen.95 Im Entleiherbetrieb kommt es in gleicher Weise zu einer Anrechnung der Leiharbeitnehmer, soweit diese dort in der Regel beschäftigt sind und in Orientierung an § 7 S.2 BetrVG länger als drei Monate eingesetzt werden und mithin betriebszugehörig sind.96 ___________ 93 BAG 22.10.2003, AP Nr. 28 zu § 38 BetrVG 1972; GK-BetrVG/Wiese/Weber, § 38 Rn.1. 94 Vgl. hierzu auch die Stellungnahmen von Dewender, Betriebsfremde, S. 58; Erdlenbruch, Stellung, S. 91; KRHS, § 38 Rn.1; Raab, ZfA 2003, 389 (437); Richardi/Thüsing, BetrVG, § 38 Rn.9. 95 Zu § 9 BetrVG oben § 4 B.I. Ebenso Dewender, Betriebsfremde, S. 59; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.112; Kaufmann, Zuordnung, S. 84; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.16. 96 Zu § 9 BetrVG und zu etwaigen Fehlprognosen oben § 4 B.II. Die schon dort abgelehnte Differenzierung anhand der für einige Schwellen geforderten Wahlberechtigung kann auf § 38 I BetrVG nicht angewendet werden, da die Norm in keiner Stufe auf wahlberechtigte Arbeitnehmer abstellt. Im Ergebnis ebenso DKK/Wedde, § 38 Rn.9; Wlotzke, 50 Jahre BAG, S. 1149 (1160). Wie hier noch Richardi/Thüsing in Richardi, BetrVG8, § 38 Rn.9. Die Neubearbeitung durch Thüsing bezeichnet die anders lautende Rechtsprechung des BAG lediglich als „zweifelhafte“. A.A. Blanke (HaKo-BetrVG, § 38 Rn.1), Boemke (AÜG; § 14 Rn.57; Schuldvertrag, S. 588), Eisemann (ErfK, § 38 BetrVG Rn.1), Erdlenbruch (Stellung, S. 91), FESTL (§ 38 Rn.9), W. Schneider (AiB 2002, 287 (290)) und wohl auch Hamann (Schüren, AÜG, § 14 Rn.109): Berücksichtigung aller Leiharbeitnehmer bei regelmäßiger Beschäftigung. A.A. auch BAG (22.10.2003, AP Nr. 28 zu § 38 BetrVG 1972 mit Anm. Kappelhoff, ArbRB 2004, 142 (142)), LAG Hamm (15.11.2002, DB 2003, 342 (342) und 14.1.2003, LAG-Report 2003, 143 (143 ff.)), Bauer (NZA 2002, 1001 (1004)), Dewender (Betriebsfremde, S. 59), Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.250; Huber (Küttner, Personalbuch 2004 Leiharbeitnehmer Rn.21), Koch (G. Schaub, ArbR-Hdb., § 217 Rn.24), Melms/Lipinski (BB 2004, 2409 (2413)), Nägele (ArbRB 2004, 19 (20)), Oetker (EWiR 2004, 529 (530)), Raab (ZfA 2003, 389 (437 f.)), G. Schaub (ArbRHdb., § 120 Rn.91) und Schirmer (50 Jahre BAG, S. 1063 (1077 ff.)): keine Berück-
§ 4 Auswirkungen auf die Grundlagen der Betriebsratsarbeit
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Einer Vielzahl kürzerer Einsätze von nicht betriebszugehörigen Leiharbeitnehmern, die gleichwohl zumindest gemäß § 14 III AÜG Beteiligungsrechte auslösen,97 kann gegebenenfalls durch eine Erhöhung der Anzahl der Freistellungen begegnet werden,98 da § 38 I BetrVG im Gegensatz zu § 9 BetrVG lediglich eine Mindestanzahl festlegt.
D. Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und die Bildung von Wirtschaftsausschüssen In Unternehmen mit in der Regel mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist ein Wirtschaftsausschuss zu bilden, § 106 I BetrVG. Im Gegensatz zu den vorab behandelten Schwellenwerten wird für die Errichtung dieses Hilfsorgans des Betriebsrats99 also nicht auf den Betrieb als Bezugsobjekt abgestellt, sondern die Unternehmenszugehörigkeit als genügend erachtet.100 Eine abweichende Beurteilung der Berücksichtigungsfähigkeit von Leiharbeitnehmern ergibt sich hieraus indes nicht.101 Neben die Zugehörigkeit zum Verleihunternehmen tritt demzufolge die zum Entleihunternehmen, da die Zuordnung zu diesem anhand des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts vorzunehmen ist.102 Hierbei sind jedoch wiederum die Wertungen zur Organisationszugehörigkeit in § 7 S.2 BetrVG zu berücksichtigen,103 wenn auch die Wahlberechtigung an sich nicht erforderlich ist104. Somit ist eine Übertragung der bisherigen Ergebnisse zulässig. ___________ sichtigung mangels Betriebzugehörigkeit oder Nichterwähnung in § 5 BetrVG. Ferner ArbG Berlin 31.1.2001, AiB 2001, 541 (541): keine Berücksichtigung, da nicht regelmäßig und auf Dauer beschäftigt. 97 Siehe unten § 7 A.II. 98 ArbG Berlin 31.1.2001, AiB 2001, 541 (541) mit Anm. Holthaus (542), wonach im Einzelfall sogar der konkrete Nachweis einer Mehrbelastung entbehrlich sein soll. Allgemein zu solchen zusätzlichen Freistellungen GK-BetrVG/Wiese/Weber, § 38 Rn.17 ff. 99 Richardi/Annuß, BetrVG, § 106 Rn.4; DKK/Däubler, § 106 Rn.2; FESTL, § 106 Rn.4; HaKo-BetrVG/Steffan, § 106 Rn.11. 100 GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 106 Rn.21. 101 Vgl. FESTL, § 99 Rn.10. 102 Richardi/Annuß, BetrVG, § 106 Rn.11. Eine Entleihunternehmenszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer erkennt auch Müllner an (Arbeitgeberstellung, S. 98). A.A. Boemke (Schuldvertrag, S. 309), der hierfür das sog. Grundverhältnis – also eine arbeitsvertragliche Bindung zum Unternehmer – fordert. Hierzu noch ausführlicher unten § 5 B.II. 103 Hierzu oben § 3 B.II. vor 1. 104 GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 106 Rn.21.
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2. Teil: Die Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern
Demnach sind Leiharbeitnehmer als ständig beschäftigte Arbeitnehmer im Verleiher-105 sowie im Entleiherunternehmen bei der Arbeitnehmerzahl des § 106 BetrVG zu berücksichtigen. In Letzterem gilt dies aber nur, wenn sie dort länger als drei Monate eingesetzt werden106.
E. Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und Betriebsversammlungen Die in den §§ 42 ff. BetrVG geregelte Betriebsversammlung ist ein Organ der Betriebsverfassung,107 das vorrangig der innerbetrieblichen Aussprache über alle betrieblichen Angelegenheiten dient. Sie besteht gemäß § 42 I 1 BetrVG aus den Arbeitnehmern des Betriebs, sodass die Einbeziehung der gewerbsmäßig überlassenen Arbeitskräfte im Verleiherbetrieb ohne weiteres erfolgen kann. Durch § 14 I 2 AÜG ist zudem klargestellt, dass Leiharbeitnehmer auch an Betriebsversammlungen des Entleiherbetriebs teilnehmen dürfen, sodass eine Differenzierung nach der Betriebszugehörigkeit unterbleiben kann. Bei der Ausübung des Initiativrechts zur Einberufung und zur Tagesordnung gemäß § 43 III 1 BetrVG, das auf den Betriebsrat verpflichtend wirkt, sind dort jedenfalls durch das Abstellen auf ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer aber nur die betriebszugehörigen Zeitarbeitskräfte zu berücksichtigen.
F. Ergebnis Während die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern für den Verleiherbetrieb keine Besonderheiten für die Betriebsratsfähigkeit, die Größe des Be___________ 105 Dewender, Zuordnung, S. 92; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.112; Kaufmann, Zuordnung, S. 201; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.46; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1013. 106 Für die Berücksichtigung im Entleihunternehmen im Wesentlichen ebenso Annuß (Richardi, BetrVG, § 106 Rn.11), Thüsing (AÜG, § 14 Rn.180), Wlotzke (50 Jahre BAG, S. 1149 (1160)) und wohl auch Däubler (DKK, § 106 Rn.12). A.A. Hamann (WiVerw 2001, 215 (220)) und Ulber (AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.87), die bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen Leiharbeitnehmer im Entleihunternehmen per se berücksichtigen. Ferner Barth (Beteiligungsrechte, S. 153), Bauer (NZA 2002, 1001 (1004)), Becker/Wulfgramm (AÜG, Art.1 § 14 Rn.122), Boemke (AÜG, § 14 Rn.138), Dewender (Zuordnung, S. 145), Erdlenbruch (Stellung, S. 210), Gick (Arbeitnehmerüberlassung, S. 140), Kaufmann (Zuordnung, S. 202), Löwisch/Kaiser (BetrVG, § 106 Rn.2), Müllner (Arbeitgeberstellung, S. 98), Stege/Weinspach/Schiefer (§§ 106-109 Rn.3a) sowie Wank (ErfK, § 14 AÜG Rn.30): keine Berücksichtigung. 107 Richardi/Annuß, BetrVG, Vor § 42 Rn.2.
§ 4 Auswirkungen auf die Grundlagen der Betriebsratsarbeit
155
triebsrats, die Zahl der Freistellungen sowie die Errichtung des Wirtschaftsausschusses hervorbringt, zeichnet sich im Entleiherbetrieb ein differenziertes Bild ab. Da die Schwellenwerte die Betriebs- bzw. im Falle des § 106 BetrVG die Unternehmenszugehörigkeit voraussetzen, sind nur solche Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, die länger als drei Monate im Entleiherbetrieb eingesetzt werden. Wie vom Stammpersonal muss jedoch auch bei den Leiharbeitnehmern das Merkmal der regelmäßigen und im Falle der §§ 1 und 106 I BetrVG auch der ständigen Beschäftigung erfüllt sein. Keine kollektivrechtlichen Streitfragen stellen sich aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 14 I und II 3 AÜG in Bezug auf Betriebsversammlungen.
3. Teil
Die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im Ver- und Entleiherbetrieb Nachdem die Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer geklärt und die Fragen zur Errichtung von Verleiher- und Entleiherbetriebsräten erörtert wurden, müssen diese Ergebnisse nunmehr ihre materiellrechtliche Eignung beweisen. Hierfür sind im Folgenden die Beteiligungsrechte der Betriebsräte bezüglich der Leiharbeitnehmer im Entsende- und Einsatzbetrieb zu untersuchen. In diesem Zusammenhang werden freilich nur die Fragestellungen vertieft, die sich im Gegensatz zum Normalarbeitsverhältnis durch Besonderheiten auszeichnen, die in der aufgespaltenen Arbeitgeberstellung begründet liegen. Hierzu sollen zunächst generelle Strukturen festgelegt werden, die neben der Bestimmung allgemeiner Kriterien des persönlichen Anwendungsbereichs von Beteiligungsrechten in Bezug auf Leiharbeitnehmer auch Fragen der Abgrenzung der Einflussbereiche der Betriebsräte sowie zur Geltung von Betriebsvereinbarungen umfassen.
§ 5 Grundlagen der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte A. Erfasster Personenkreis I. Betriebszugehörige Arbeitnehmer Bei der Bestimmung des von den Beteiligungsrechten des Betriebsrats erfassten Personenkreises ist zunächst vom Grundsatz auszugehen, dass dieser neben der Arbeitnehmereigenschaft die Betriebszugehörigkeit voraussetzt. Während diese bei Leiharbeitnehmern im Verleiherbetrieb nicht erst aufgrund von § 14 I AÜG vorliegt, ist sie dagegen im Entleiherbetrieb nur bei solchen Zeitarbeitskräften anzunehmen, die länger als drei Monate überlassen werden.1 ___________ 1
Zum Ganzen oben § 3 vor A. und C.
§ 5 Grundlagen der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte
157
II. Nicht betriebszugehörige Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb 1. Berücksichtigung von § 14 II 2-3 und III AÜG Damit ist die Frage aufgeworfen, ob Beteiligungsrechte des Entleiherbetriebsrats für alle anderen Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb ausgeschlossen sind. Betrachtet man in diesem Zusammenhang die gesetzlichen Regelungen in § 14 II 2-3 und III AÜG zur betriebsverfassungsrechtlichen Stellung der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb, so erfolgt dort augenscheinlich und im Gegensatz zu § 7 S.2 BetrVG keine Differenzierung anhand der Einsatzdauer der Zeitarbeitskräfte.2 Sollten diese spezialgesetzlichen Ausprägungen im AÜG generalisierbar sein, so wäre auch für die Anwendbarkeit der übrigen Beteiligungsrechte des Betriebsrats im Entleiherbetrieb auf dort tätige Leiharbeitnehmer keine Unterscheidung hinsichtlich der Überlassungsdauer und damit der Betriebszugehörigkeit notwendig. Stattdessen könnten auch kürzer überlassene Zeitarbeitskräfte erfasst werden. Für diese Verallgemeinerung spricht, dass die betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nach nahezu unbestrittener Meinung3 und dem Willen des (materiellen) Gesetzgebers4 einen ___________ 2
Gleiches gilt für die gesetzliche Gleichstellung überlassener Arbeitskräfte mit der Stammbelegschaft durch die §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG, worauf in diesem Zusammenhang Klebe verweist (DKK, § 87 Rn.6). Hieraus sind aber keine betriebsverfassungsrechtlichen Konsequenzen zu ziehen (ebenso Richardi, BetrVG, § 5 Rn.98). A.A. Brose, NZA 2005, 797 (799). Hierzu aber schon § 3 B.I.2.c)cc). 3 BAG 28.7.1992, AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen; 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer; LAG Köln 6.6.2000, EzAÜG Nr. 43 zu § 14 AÜG Betriebsverfassung; Becker, AuR 1982, 369 (375); Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.95; Brose, NZA 2005, 797 (799); Dewender, Betriebsfremde, S. 104, Dörner, FS Wißmann, S. 286 (291); Erdlenbruch, Stellung, S. 67 ff.; FESTL, § 5 Rn.238; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 134; Hamann, Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 63; Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.235; v. Hoyningen-Huene, SAE 1994, 112 (112); Kaufmann, Zuordnung, S. 191 f.; Konzen, Unternehmensaufspaltungen, S. 111; Kraft, SAE 2002, 45 (45); GK-BetrVG/Kreutz, § 7 Rn.40; Marschall, BuW 1993, 708 (711); Plander, Flucht, Rn.317; Raab, ZfA 2003, 389 (438); Ratayczak, AiB 2004, 212 (214); Sahl/Bachner, NZA 1994, 1063 (1067 f.); A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 361; Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1066); W. Schneider, AiB 2002, 287 (288) und DKK, § 9 Rn.10b; Stückmann, DB 1999, 1902 (1904); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.5, 99; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.62; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1116; Vor, Zeitarbeit, S. 75; Waltermann, Rechtsetzung, S. 224 f.; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.14; Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 314. A.A. GroßK-KR1/Böck, § 104 BetrVG Rn.4. 4 Siehe oben § 3 B.I.1.b).
158
3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
nicht abschließenden Katalog bilden, der insbesondere für die Feststellung zusätzlicher Gegenstände der Mitbestimmung offen ist. Die Verweisung in § 14 II 2-3 und III AÜG kann damit als klarstellend und als Hinweis auf den weiteren, von der Betriebszugehörigkeit partiell gelösten Anwendungsbereich der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte verstanden werden. Die weitgehende Kongruenz zwischen den Aussagen des AÜG und den anderen betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungstatbeständen wäre durch deren Schutzzweck, der insbesondere in der Begrenzung des arbeitgeberseitigen Organisations- und Weisungsrechts begründet liegt5 und dem alle Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb in weiten Teilen unterliegen, durchaus geboten. Gegen eine Heranziehung von § 14 II 2-3 und III AÜG zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der Beteiligungsrechte spricht dabei nicht schon, dass die kollektiven Regelungen im Gegensatz zu den dort gewährten Individualrechten nur im Interesse der Stammbelegschaft bestehen, wie man etwa aus dem Verweis auf die Bestimmungen zur Einstellung gemäß § 99 BetrVG schließen könnte. Das zeigt vor allem die Bezugnahme auf die Behandlung von Beschwerden durch den Betriebsrat gemäß § 85 BetrVG, der zugunsten der Leiharbeitnehmer wirkt und über die bloße Gewährung von Individualrechten hinausgeht6. Die Wahrung der Belange der bereits vorhandenen Arbeitnehmerschaft stellt damit zwar einen nicht zu vernachlässigenden, aber eben nicht den einzigen Aspekt dar, der § 14 II 2-3 und III AÜG entnommen werden kann.7
2. Berücksichtigung der Wertungen aus § 7 S.2 BetrVG Gleichwohl muss die prinzipielle Erstreckung der Beteiligungsrechte auf alle Leiharbeitnehmer im Entleihbetrieb im Lichte der gewonnenen Ableitungen aus § 7 S.2 BetrVG erfolgen, wonach bis zur Dauer von drei Monaten entsandte Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb keine Betriebszugehörigkeit besitzen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die angesprochene Unvollständigkeit des § 14 II 2-3 und III AÜG sowie den betriebsverfassungsrechtlichen Schutzzweck in der Vergangenheit mit Recht davon ausgegangen wurde, dass auch die nach herrschender Meinung8 nicht allgemein betriebszugehörigen Leiharbeitnehmer von Beteiligungsrechten erfasst werden ___________ 5
Siehe oben § 2 A. Vgl. Richardi/Thüsing, BetrVG, Vorbemerkung vor § 81 Rn.3, der auch § 86 BetrVG erwähnt. 7 Vgl. Ulber, Arbeitnehmer, 12.6; Waltermann, Rechtsetzung, S. 224 f. 8 Siehe oben § 2 C.I. 6
§ 5 Grundlagen der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte
159
können9. Da § 7 S.2 BetrVG dem Schutz der überlassenen Arbeitskräfte dient10, gilt dieser Befund nach wie vor.11 Dem schon in § 14 II 2-3 und III AÜG angelegten Rechtsgedanken folgend, ist die Betriebszugehörigkeit damit hinreichende, aber nicht notwendige Voraussetzung für die Anwendbarkeit von Beteiligungsrechten. Aus dem Schutzzweck der betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte heraus ist damit im Wege der Auslegung zu bestimmen, ob eine Anwendung auch auf nur kurzzeitig überlassene Arbeitskräfte möglich ist.12 Dabei bedarf die Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsrechts außerhalb des Anwendungsbereichs der spezialgesetzlichen Ausprägung in § 14 II 2-3 und III AÜG auf nicht betriebszugehörige Personen allerdings des besonderen Nachweises der Schutzbedürftigkeit, die sich jedoch regelmäßig aus der Fremdbestimmung ableiten lässt. Der Sache nach geht es damit bei den nur kurze Zeit im Betrieb verweilenden Leiharbeitnehmern um die Gestaltung der aktuellen Arbeitsbedingungen und nicht um die Sicherung und Förderung der Beschäftigung. Daneben kann die Einschlägigkeit von Mitwirkungs- und Beteiligungsrechten des Entleiherbetriebsrats im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern alternativ oder kumulativ auch aus der Berücksichtigung der Belange der übrigen Belegschaft zu deren Schutz folgen.13 ___________ 9
BAG 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972; Bremeier, Reichweite, S. 262; Erdlenbruch, Stellung, S. 73 ff.; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 128 ff.; Kaufmann, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.275, 295 ff.; Kort, ZfA 2000, 329 (364); Kraft, FS Pleyer, S. 383 (398 f.) (für die nichtgewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung) Marschall, BuW 1993, 708 (711); Richardi, FS Floretta, S. 595 (599); A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 363 f.; Sturm, Arbeitnehmerüberlassung, S. 66 f.; Vor, Zeitarbeit, S. 74 Fn.277; Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 298 mit Fn.9; Zeuner, FS Kissel, S. 1205 (1311 ff.). 10 Siehe oben § 3 B.I.2.c)cc). 11 Im Ergebnis ebenso Grimm, EWiR 2002, 229 (230); DKK/Klebe, § 87 Rn.6. 12 Im Ergebnis ebenso BAG 11.4.1958, AP Nr. 1 zu § 6 BetrVG; 28.4.1964, AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG; 28.7.1992, AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen mit Anm. B. Natzel; 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; FESTL, § 87 Rn.12; Halbach, DB 1980, 2389 (2390); v. Hoyningen-Huene, SAE 1994, 112 (112 f.); KRHS, § 87 Rn.1; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn.5; Plander, Flucht, Rn.317; Rost, NZA 1999, 113 (118); A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 363; Waltermann, Rechtsetzung, S. 226; Windbichler, DB 1975, 739 (740 f.). Vgl. auch Christiansen (Betriebszugehörigkeit, S. 117) und Hamann (Schüren, AÜG, § 14 Rn.44), wonach der Gesetzgeber abweichend vom BetrVG Rechte und Pflichten für bestimmte Formen der Erwerbsarbeit erweitern kann, sowie Zöllner, ZfA 1983, 93 (97). 13 Vgl. neben § 14 III 1 AÜG etwa Mitwirkungsrechte des Betriebsrats an der Ressourcenverteilung, z.B. im Rahmen der Vergabe von Werkmietwohnungen oder im Zusammenhang mit Bildungsmaßnahmen.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
III. Folgen Der Anwendungsbereich der Beteiligungsrechte kann sich damit auch im Entleiherbetrieb auf Leiharbeitnehmer erstrecken. Eine Privilegierung dieser Beschäftigten im Vergleich zu Arbeitnehmern in einem Normalarbeitsverhältnis bedeutet dies nicht14, da zunächst nur der persönliche Anwendungsbereich abstrakt bestimmt wurde. Hinzutreten müssen alle weiteren Tatbestandsmerkmale wie bei Betriebszugehörigen bzw. dem Stammpersonal, damit der Entleiherbetriebsrat die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte wahrnehmen kann. Der Gefahr einer ungerechtfertigten Verdopplung der Beteiligungsrechte aufgrund eines Tätigwerdens von Verleiher- und Entleiherbetriebsrat ist schließlich durch eine Abgrenzung der Wirkungskreise zu begegnen, der sich im Anschluss gewidmet wird.15 Dass die Zuständigkeit des Betriebsrats somit aber auch Personen erfasst, die diesen aufgrund ihrer nur kurzen Verweildauer nicht durch Wahl legitimieren konnten, kann hingenommen werden und stellt keinen Verstoß gegen demokratische Prinzipien dar.16 Durch die Orientierung an § 14 II 2-3 und III AÜG ist schließlich auch keine Ausuferung der Mitbestimmung zu besorgen, nachdem diese Grundnorm einen klar abgrenzbaren Personenkreis erfasst, nämlich nur Arbeitnehmer im Sinne von § 5 BetrVG, die darüber hinaus in die betriebliche Organisation eingegliedert sind und dem arbeitsrechtlichen Weisungsrecht des Betriebsinhabers unterliegen. Der von weiten Teilen der Literatur vorgenommenen Methodik, dem Schutz aller Leiharbeitnehmer durch eine im Einzelfall zu prüfende analoge Anwendung der über § 14 II 2-3 und III AÜG hinausgehenden Beteiligungsrechte des Betriebsverfassungsgesetzes Rechnung zu tragen,17 bedarf es daher nicht. Der persönliche Anwendungsbereich der Beteiligungsrechte kann die Leiharbeitnehmer somit im Verleiher- und Entleiherbetrieb erfassen. Dies gilt ___________ 14
So aber Kraft, FS Pleyer, S. 383 (392). Siehe sogleich § 5 B. 16 Hierzu schon oben § 3 B.I.2.c)dd) sowie Kaufmann, Zuordnung, S. 114. Ferner Waltermann, Rechtsetzung, S. 226: Unzulässigkeit des Schlusses vom Kreis der Legitimierenden auf den Kreis der Repräsentierten. Beispielhaft wird auf minderjährige Arbeitnehmer oder solche verwiesen, die erst nach der Wahl in den Betrieb eintreten. Die Zuständigkeit des Betriebsrats für diese Arbeitnehmer ist unbestritten. Vgl. auch FESTL, § 87 Rn.12: „Das Schutzbedürfnis dieser ArbNGruppe muss insoweit hinter Legitimationserwägungen (...) zurücktreten.“ Gemeint ist aber wohl das Gegenteil. 17 Ausführlich Erdlenbruch, Stellung, S. 75. Ferner die Nachweise oben § 2 C.I. Da die herrschende Meinung auch bei langfristig Überlassenen keine echte doppelte Betriebszugehörigkeit annimmt, erstreckt sich diese Analogie auf sämtliche Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb. 15
§ 5 Grundlagen der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte
161
prinzipiell auch für die dem Einsatzbetrieb nicht zugehörigen Zeitarbeitskräfte, sodass eine fehlerhafte Prognose bei der Frage, ob die Entsendung drei Monate oder länger andauert, regelmäßig ohne Auswirkungen bleibt.
B. Zuständigkeit der Betriebsräte Den vorangestellten Ausführungen ist zu entnehmen, dass Leiharbeitnehmer sowohl dem Mitbestimmungsregime des Verleiher- als auch des Entleiherbetriebsrats unterliegen können. Deshalb sind die Kompetenzen beider Gremien gegeneinander abzugrenzen, nachdem ein Betriebsrat nur für den Betrieb zuständig sein kann, für den er gebildet wurde.18 Daneben gilt es, einer ungerechtfertigten Verdoppelung der Mitbestimmung infolge der Aufspaltung der Arbeitgeberfunktionen entgegenzutreten.19 Zur damit notwendigen Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche beider Betriebsräte werden verschiedene Anknüpfungspunkte vorgeschlagen.
I. Regel-Ausnahme-Prinzip Müllner20 geht von einem Regel-Ausnahme-Prinzip aus und hält im Grundsatz den Verleiherbetriebsrat für berufen, die Beteiligungsrechte zu ergreifen. Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn diese nicht sinnvoller Weise lediglich im Entleiherbetrieb wahrgenommen werden können. Die hieraus gewonnenen Kriterien sind allerdings viel zu unbestimmt, als dass sie eine handhabbare Abgrenzung ermöglichen.
II. Eingliederung und vertragliche Bindung Von einer anderen Ansicht21 wird der Entleiherbetriebsrat für zuständig gehalten, soweit die Mitbestimmungs- oder Mitwirkungsrechte an die Einglie___________ 18
Siehe oben § 2 B. Vgl. auch Rieble, RdA 2005, 26 (27): „Im BetrVG geht es um eine abschließende Kompetenzordnung, die lückenlos und überschneidungsfrei sein muss“. 19 Kort, ZfA 2000, 329 (365); Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1067). Ferner Dewender, Betriebsfremde, S. 106: Doppelzuständigkeit ohne Zuständigkeitsüberschneidung/Zuständigkeitskonflikte. 20 Arbeitgeberstellung, S. 71. 21 Hamann, NZA 2003, 526 (530); Küttner/Röller, Personalbuch 2004 Arbeitnehmerüberlassung Rn.31; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.980. Zu abweichenden Formulierungen die nachfolgende Fußnote.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
derung in den Entleiherbetrieb anknüpfen, es um die Art und Weise der Tätigkeit geht oder Fragen der dortigen betrieblichen Ordnung zu regeln sind. Der Verleiherbetriebsrat soll dagegen die Befugnisse haben, die eine arbeitsvertragliche Beziehung voraussetzen.22 Dem ähnlich soll sich nach der auf v. Hoyningen-Huene23 zurückgehenden und von Boemke24 aufgegriffenen Unterscheidung zwischen einem arbeitsrechtlichen Grund- und einem Durchführungs- bzw. Erfüllungsverhältnis die Mitbestimmungsermächtigung danach ergeben, auf welcher dieser Ebenen die beteiligungspflichtige Maßnahme erfolgt. Ist das Grundverhältnis als vertraglich begründetes Rechtsverhältnis betroffen, aus dem sich insbesondere die Art der geschuldeten Dienste bzw. die Höhe der Vergütung ergibt,25 soll der Betriebsrat des Verleihers zuständig sein.26 Bei der Abwicklung des Durchführungsverhältnisses, das durch die tatsächliche Vornahme arbeitsrechtlicher Leistungshandlungen gekennzeichnet ist27, sei dagegen der Betriebsrat des Entleihers berufen.28 ___________ 22 Im Ergebnis ebenso, aber mit abweichenden Formulierungen: Dewender, Betriebsfremde, S. 105: Maßnahmen aufgrund des Direktionsrechts oder der Eingliederung in die Entleiherbetriebsorganisation Entleiherbetriebsrat, bezüglich Vertragsbeziehungen Verleiherbetriebsrat; Erdlenbruch, Stellung, S. 68: Beteiligungsrechte, die nicht zwingend ein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber voraussetzen Entleiherbetriebsrat, bei betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheiten, die an vertragliche Hauptpflichten anknüpfen Verleiherbetriebsrat, eher entscheidungsorientiert dann aber auf S. 72 f.; Rost, NZA 1999, 113 (118 f.): Maßnahmen aufgrund des Direktionsrechts Entleiherbetriebsrat, bzgl. Vertragsbeziehungen Verleiherbetriebsrat; Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (314): rein beschäftigungsbezogene Tatbestände Entleiherbetriebsrat, arbeitsvertragsbezogene Maßnahmen Verleiherbetriebsrat, Mischtatbestände entsprechend der Thematik „Arbeitnehmerentsendung und Betriebsinhaberwechsel im Konzern“ Konzernbetriebsrat. Im Ansatz auch Wißmann, NZA 2001, 409 (412 f.), der jedoch bei dieser Konstruktion eine breite Grauzone erkennt. 23 MünchArbR, § 298 Rn.38 ff., 45 ff.; SAE 1994, 112 (113). 24 Schuldvertrag, S. 197 ff. Hierzu auch Kaufmann, Zuordnung, S. 33 ff. 25 Boemke, Schuldvertrag, S. 278. 26 v. Hoyningen-Huene, SAE 1994, 112 (113). So auch Stückmann, DB 1999, 1902 (1904). 27 Es setzt voraus, dass die Zuweisung des Arbeitsplatzes seitens des Arbeitgebers bzw. die Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer als Leistungshandlungen in diesem Sinne einvernehmlich im Bezug zum (ggf. vermeintlichen) arbeitsrechtlichen Grundverhältnis stehen (Boemke, Schuldvertrag, S. 317 f.). Es wird im Übrigen als ausreichend erachtet, um die Betriebszugehörigkeit zu begründen (Boemke, Schuldvertrag, S. 303). Zur Bestimmung der konkreten Zugehörigkeit zu einem Betrieb wird sich an der Herkunft des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts orientiert, sodass die Betriebszugehörigkeit durch die Weisungszuständigkeit bestimmt wird (Boemke, Schuldvertrag, S. 304 f. in Anlehnung an v. Hoyningen-Huene, FS Stahlhacke, S. 173 (182) und SAE 94, 112 (113)). 28 v. Hoyningen-Huene, SAE 1994, 112 (113).
§ 5 Grundlagen der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte
163
Mit den angesprochenen Differenzierungen wird aber nicht bedacht, dass der Entleiher zwar ohne Befugnis ist, soweit eine vertragliche Bindung vorausgesetzt wird. Andererseits ist der Verleiher abhängig von den Gestaltungen des Überlassungsvertrags in der Lage, in gewissem Umfang29 das Durchführungsverhältnis betreffende Maßnahmen zu treffen. Deshalb muss die Unterscheidung zwischen vertraglicher und tatsächlicher Ebene in den Hintergrund rücken.
III. Orientierung am Entscheidungsträger 1. Grundlage Es ist damit im Ansatz die insbesondere durch das Bundesarbeitsgericht30 vertretene Ansicht vorzuziehen und die Mitbestimmungspflichtigkeit allein danach zu bestimmen, welcher Betriebsinhaber die entsprechende Maßnahme trifft.31 Diese Handhabung hat gegenüber den anderen Varianten den Vorteil der Klarheit, nachdem die Ermittlung, auf welchen Betriebsinhaber sich die beteiligungsrelevante Entscheidung zurückführen lässt, ohne großen Aufwand möglich sein dürfte.
2. Fortentwicklung Der Ausgangspunkt bedarf jedoch noch in mehrfacher Hinsicht einer Erweiterung bzw. Konkretisierung: Besteht nämlich anhand der dargestellten Richtlinie ein Beteiligungsrecht des Verleiherbetriebsrats gegenüber dem Verleiher, so muss in einem weiteren Schritt geklärt werden, ob zusätzlich eine Beteiligung des Entleiherbetriebsrats ___________ 29
Siehe auch oben § 1 A.II. und beispielhaft die grundlegenden Entscheidung BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer. 30 2.11.1993, AP Nr. 32 zu § 95 BetrVG 1972; 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer. 31 Ebenso LAG Köln 6.6.2000, EzAÜG Nr. 43 zu § 14 AÜG Betriebsverfassung; Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.235 ff.; Plander, Flucht, Rn.318; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.330; Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.16; G. Schaub, ArbR-Hdb., § 120 Rn.94; DKK/Trümner, § 5 Rn.15; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.100; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.15; U. Weber/Ehrich/Hörchens/Oberthür, BetriebsverfassungsR, Teil H Rz.3. Vgl. auch Hamann (AuR 2002, 322 (325)) allgemein bezüglich der Mitbestimmung in Arbeitszeitfragen und konkreter Wiese (GK-BetrVG, § 87 Rn.376) zu § 87 I Nr. 3 BetrVG.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
durch den Entleiher geboten ist.32 Eine dahingehende Notwendigkeit ist dann aber allein aus dem Interesse der übrigen im Einsatzbetrieb versammelten Belegschaftsmitglieder herzuleiten, da deren Belange durch den Verleiherbetriebsrat nicht berücksichtigt werden. Aufgrund dieser anderen Schutzrichtung bedeutet dies trotz der Beteiligung beider Betriebsräte keine Verdopplung der Mitbestimmung zugunsten der Leiharbeitnehmer. Die zweite Erweiterung ist erforderlich, weil die Pflicht zur Beteiligung an Entscheidungen des Arbeitgebers nur einen Ausschnitt der Aufgaben und Befugnisse des Betriebsrats darstellt. Bei der Ausübung von Initiativrechten ist vielmehr danach zu differenzieren, gegenüber welchem Betriebsinhaber eine Maßnahme beantragt wird33, wobei für den Erfolg des Verlangens die Regelungsbefugnis des jeweiligen Arbeitgebers besondere Bedeutung besitzt34. Auch bei sonstigen Angelegenheiten wie der Personalplanung oder Beschäftigungssicherung35 ist dementsprechend an der Reichweite der Organisationsgewalt des Betriebsinhabers anzuknüpfen, sodass selbst insoweit die Zuständigkeitsgrenzen des jeweiligen Betriebsrats deutlich abgesteckt sind. Nur diese Sichtweise wird dem Betriebsbegriff gerecht, da die Beteiligungsrechte direkt an der Ausübung der jeweiligen betrieblichen Organisationsgewalt ansetzen können. Damit ist auch sichergestellt, dass die Betriebsräte von ihren Befugnissen wirkungsvoll Gebrauch machen können, da sie allein dem Inhaber des Betriebs gegenüberstehen, für den sie gebildet sind. Die Grenzen der Organisations- und Weisungszuständigkeit markieren dabei die Grenzen des jeweiligen Betriebs, sodass keine „überlappenden“ Betriebe entstehen.36 Ein zusammenwirkendes Tätigwerden der Räte bei betriebsübergreifenden Sachverhalten ist damit ebenso ausgeschlossen37 wie die Erstreckung der Zuständigkeit des einen Betriebsrats auf den anderen Betrieb, wenn dort keine betriebliche Arbeitnehmervertretung gebildet ist38. Unter Berücksichtigung des letztgenannten Anliegens ist jedoch abschließend eine weitere Modifizierung der Abgrenzungsgrundsätze notwendig. Insbesondere wenn im jeweils anderen Betrieb keine Arbeitnehmervertretung vorhanden ist, besteht die Gefahr einer Umgehung der notwendigen Mitbe___________ 32
Siehe z.B. unten § 6 C.III.2a)bb). Ähnlich ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.15. Ein Anwendungsfall von Letzterem wäre etwa § 104 BetrVG. Hierzu unten § 8 A.III. 34 Vgl. Dewender, Betriebsfremde, S. 150. 35 Vgl. §§ 92 f. BetrVG. Hierzu Dewender, Betriebsfremde, S. 119 f. 36 So aber Thüsing, ZIP 2003, 693 (702). 37 Das hält aber Heinze (ZfA 1976, 183 (212)) in derartigen Fällen für möglich. 38 Hamann, AuR 2002, 322 (325); Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.246; Stückmann, DB 1999, 1902 (1906); ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.29. 33
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stimmung, vornehmlich in sozialen Angelegenheiten. Will etwa der Entleiher eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme treffen und verweigert der dortige Betriebsrat die Zustimmung oder droht dies zumindest an, besteht der Anreiz zu einer mitbestimmungsfreien39 Rückverlagerung des Weisungsrechts auf den Verleiher.40 Letzterem gegenüber hat der Betriebsrat des Einsatzbetriebs keine Kompetenzen, sodass durch eine missbräuchliche Verwendung der vom Arbeitnehmerüberlassungsrecht an sich gewährten Gestaltungsmittel das Mitbestimmungsrecht des Entleiherbetriebsrats umgangen wird.41 Dieses Vorgehen widerspricht jedoch dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Betriebspartner. Auf Grundlage dieser Verletzung ist deshalb in derartigen Missbrauchsfällen eine Sicherung der Beteiligung geboten, die – in dessen generellen Grenzen42 – neben den Rechten aus § 23 III BetrVG43 durch die Gewährung des allgemeinen Unterlassungsanspruchs44 gegen das im Ergebnis mitbestimmungswidrige Verhalten für den umgangenen Entleiherbetriebsrat erfolgen muss. Zur Wiederherstellung eines weitgehenden Einklangs mit den hergeleiteten Grundsätzen bezieht sich dieser Anspruch des Entleiherbetriebsrats jedoch nicht auf die Anweisung des Verleihers gegenüber dem Leiharbeitnehmer. Anknüpfungspunkt ist vielmehr die Beschäftigung im Entleiherbetrieb durch den Entleiher zu den Bedingungen, die der Verleiher in Umgehung des an sich bei einer Anordnung durch den Entleiher einschlägigen Mitbestimmungsrechts des Entleiherbetriebsrats angewiesen hat. Damit wird nicht die Übertragung der Weisungsbefugnis unwirksam, sondern lediglich dem Beteiligungsrecht seinem Schutzzweck nach Wirkung verschafft.45 Im umgekehrten Fall steht der Verleiher vor der Wahl, auf eine Maßnahme ohne Zustimmung „seines“ Betriebsrats zu verzichten oder – wiederum mitbestimmungsfrei – sein Weisungsrecht auf den Entleiher zu übertragen. Diese missbräuchliche Ausnutzung der eigentlich rechtmäßigen Übertragung des Weisungsrechts zur Umgehung des Beteiligungsrechts des Verleiherbetriebs___________ 39
Hierzu ausführlich unten im anschaulicheren Zusammenhang (§ 7 B.III.1.b)). Die Zurückverlagerung des Weisungsrechts verhält sich aus Sicht des Entleiherbetriebsrats betriebsverfassungsrechtlich ebenso wie die Übertragung durch den Verleiher auf den Entleiher im Hinblick auf die Vertretung des entsendenden Betriebs. 40 So der Problemaufriss im Ausblick Hamanns (Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA Nr. 63 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit). 41 Zur Gesetzesumgehung im Arbeitsrecht auch BAG 12.10.1960, AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; 25.2.1997, AP Nr. 72 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Wiese, NZA 2003, 1113 (1114). 42 Hierzu GK-BetrVG/Oetker, § 23 Rn.135, 137 und passim. 43 Vgl. BAG 22.10.1991, AP Nr. 48 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit. 44 Hierzu allgemein Baur, ZfA 1997, 445 (447 ff.); FESTL, § 23 Rn.100 ff.; Lobinger, ZfA 2004, 101 (116 ff.); GK-BetrVG/Oetker, § 23 Rn.130 ff. 45 Vgl. auch Wiese, NZA 2003, 1113 (1114).
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
rats führt hier dazu, dass die Überlassung an den Entleiher zu den von diesem nunmehr angeordneten Bedingungen in Bezug auf den Verleiherbetrieb betriebsverfassungswidrig wird. Hieran anknüpfend, kann der Betriebsrat des entsendenden Betriebs einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Verleiher geltend machen. Die gegenseitige Abgrenzung der Zuständigkeiten von Verleiher- und Entleiherbetriebsrat orientiert sich damit im Grunde immer noch an der Ausübung der betriebsverfassungsrechtlichen Organisationsgewalt. Im Rahmen des Unterlassungsanspruchs verlagert sie sich jedoch von der ansonsten zu berücksichtigenden unmittelbar mitbestimmungspflichtigen Entscheidung des einen Betriebsinhabers auf die Beschäftigung bzw. Entsendung durch den anderen Betriebsinhaber, sofern dieser – hätte er ohne die Umgehungskonstruktion selbst die Weisung getroffen – zur Beteiligung „seines“ Betriebsrats verpflichtet gewesen wäre. Die skizzierte Modifikation ist allerdings nur im Falle einer missbräuchlichen Verlagerung des Weisungsrechts einschlägig, die freilich bei einer sachgrundlosen46 Änderung der Weisungszuständigkeit während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern beim Entleiher zu vermuten ist.
C. Geltung von Betriebsvereinbarungen Da sowohl auf Seiten des Verleiher- als auch des Entleiherbetriebsrats Mitbestimmungsrechte zu beachten sind, ist schließlich noch die allgemeine Frage aufgeworfen, ob die Betriebspartner zur effektiven Ausübung Betriebsvereinbarungen schließen können oder ob dem aufgrund der aufgespaltenen Arbeitgeberstellung Grenzen gezogen sind.
I. Geltung im Verleiherbetrieb Die Regelbarkeit der Rechtsverhältnisse der Leiharbeitnehmer im Verleiherbetrieb mittels Betriebsvereinbarung zwischen dem Verleiher und dessen Betriebsrat ist nach allgemeiner Ansicht anerkannt.47 Die Leiharbeitnehmer stehen in vertraglicher Bindung zum Verleiher, sodass die normative Geltung gemäß § 77 IV 1 BetrVG ohne weiteres erklärt werden kann.48 ___________ 46
Hierzu allgemein Wiese, NZA 2003, 1113 (1120). Boemke, Schuldvertrag, S. 589; Erdlenbruch, Stellung, S. 224; Heinze, ZfA 1976, 183 (212) für die echte Leiharbeit; Kaufmann, Zuordnung, S. 113; Konzen, Unternehmensaufspaltungen, S. 112; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.23; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.951. 48 Boemke, Schuldvertrag, S. 589; Kaufmann, Zuordnung, S. 113. 47
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II. Geltung im Entleiherbetrieb Dagegen bereitet die Einbeziehung von Zeitarbeitskräften in den Geltungsbereich von Betriebsvereinbarungen des Einsatzbetriebs Schwierigkeiten. Soweit die Berechtigung der Entleiherbetriebspartner verneint wird,49 für Leiharbeitnehmer unmittelbar und zwingend geltende Regelungen zu vereinbaren, begründet man dies mit der fehlenden Legitimation des Betriebsrats durch die Leiharbeitnehmer50 sowie mit dem Fehlen eines Arbeitsvertrags zum Betriebsinhaber51. Beide Einwände zählen nach wie vor, da auch die Wahlberechtigung aufgrund der Ausgestaltung des § 7 S.2 BetrVG nur bei länger als drei Monate überlassenen Leiharbeitnehmern besteht. Gleichwohl ist nach herrschender Meinung eine Erstreckung der normativen Wirkung auf Leiharbeitnehmer zulässig.52 Sie verweist zutreffend auf die praktische Notwendigkeit des damit einhergehenden effektiven Schutzes für Leiharbeitnehmer, den die durch Kraft53 vorgeschlagene Alternative der Regelungsabrede54 nicht leisten kann.55 Auch die mitunter fehlende Legitimation durch Wahl verfängt – wie bereits mehrfach dargelegt – nicht.56 Die Notwendigkeit einer arbeitsvertraglichen Bindung ist schließlich nicht aufgrund der unmittelbaren und zwingenden Wirkung gefordert. Betriebsvereinbarungen werden ohnehin nicht zum Inhalt des Arbeitsvertrags.57 Die nor___________ 49 Kraft, FS Pleyer, S. 383 (398 f.); GK-BetrVG/Raab, § 5 Rn.71. Nach Barth (Beteiligungsrechte, S. 101 f.) begründen begünstigende Betriebsvereinbarungen für Leiharbeitnehmer einen schuldrechtlichen Anspruch, ohne normativ zu wirken. 50 Kraft, FS Pleyer, S. 383 (398 f.). Allgemein schon BAG 16.3.1956, AP Nr. 1 zu § 57 BetrVG. 51 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.255; Kraft, FS Pleyer, S. 383 (398 f.); GKBetrVG/Raab, § 5 Rn.71. Bei freiwilligen Betriebsvereinbarungen erkennt Hamann die Einbeziehungsfähigkeit von Leiharbeitnehmern jedoch an (Rn.282). 52 BAG 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; Boemke, AÜG, § 14 Rn.82; Erdlenbruch, Stellung, S. 224 ff.; Däubler/Hensche, TVG, § 1 Rn.684; Kaufmann, Zuordnung, S. 113 ff.; Kittner/Zwanziger, Arbeitsrecht, § 12 Rn.26; GK-BetrVG/Kreutz, § 77 Rn.182; MünchArbR/Matthes, § 328 Rn.21; Richardi, BetrVG, § 77 Rn.80; Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1061 (1074); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.101; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.96; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1083; Waltermann, Rechtsetzung, S. 225 ff.; Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 314 f. 53 FS Pleyer, S. 383 (398 f.). 54 Regelungsabreden bedürfen erst der Umsetzung. Hierzu allgemein G. Schaub/Koch, ArbR-Hdb., § 231 Rn.68. 55 Erdlenbruch, Stellung, S. 225. 56 Im Ergebnis ebenso Erdlenbruch, Stellung, S. 226; Kaufmann, Zuordnung, S. 114; GK-BetrVG/Kreutz, § 77 Rn.180. 57 Vgl. hierzu Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, § 7 II.2.; FESTL, § 77 Rn.125; v. Hoyningen-Huene, BetriebsverfassungsR, § 11 III.1.; Richardi, BetrVG,
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
mative Geltung kann vielmehr an die Limitierung des Weisungsrechts und damit an der Ausübung der betrieblichen Organisationsgewalt58 an sich anknüpfen und so das partielle Arbeitsverhältnis als Gesetz des Betriebs von außen gestalten.59 Damit können auch Leiharbeitnehmer in den Anwendungsbereich von Betriebsvereinbarungen im Entleiherbetrieb einbezogen werden. Ob dies seitens der Betriebspartner gewollt ist, muss beim Fehlen ausdrücklicher Bestimmungen allerdings durch Auslegung60 ermittelt werden.61 Die Einbeziehung scheidet dabei aus, sofern der in der Betriebsvereinbarung geregelte Gegenstand eine arbeitsvertragliche Bindung voraussetzt.62 Ansonsten ist eine Erstreckung auf Leiharbeitnehmer regelmäßig anzunehmen, sofern es sich um Betriebszugehörige handelt. Aber auch bei den übrigen Zeitarbeitskräften muss ein etwaiger Ausschluss vom persönlichen Geltungsbereich im Entleiherbetrieb insbesondere bei freiwilligen Betriebsvereinbarungen63 die Grundsätze des § 75 I BetrVG berücksichtigen.64
III. Geltungsbereich und Konkurrenzen Da das Leiharbeitsverhältnis durch Betriebsvereinbarungen im Verleiherund Entleiherbetrieb gestaltet werden kann, ist die Bestimmung und Abgrenzung des sog. räumlichen Geltungsbereichs notwendig. Letzterer ist äußerstenfalls auf die Rechtsverhältnisse des Betriebs beschränkt, mit dessen Betriebsrat die Vereinbarung abgeschlossen wurde.65 Damit lässt sich zwanglos auf die erzielten Ergebnisse zu den Grenzen des Betriebs sowie der Zuständigkeit der Betriebsräte66 zurückgreifen, sodass die Reichweite der betrieblichen Organisationsgewalt des Betriebsinhabers maßgeblich ist. ___________ § 77 Rn.134; Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1061 (1074); Wollgast, Betriebsvereinbarungen, S. 352 ff. 58 Zum Arbeitgeber in der Betriebsverfassung schon oben § 3 B.I.2.c)bb)(c) sowie erneut Richardi, BetrVG, § 77 Rn.78. 59 Ebenso Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1061 (1074). 60 Zur Auslegung von Betriebsvereinbarungen FESTL, § 77 Rn.15 f. 61 Vgl. auch Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.282 f. 62 Thüsing, AÜG, § 14 Rn.101. 63 Siehe unten § 6 B.II. 64 Vgl. Boemke, AÜG, § 14 Rn.82; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.282 f.; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.132. Zur Anwendbarkeit des § 75 I BetrVG auf Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb unten § 6 A.II. 65 GK-BetrVG/Kreutz, § 77 Rn.190. 66 Hierzu oben § 5 B.III.
§ 5 Grundlagen der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte
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Soweit die Kompetenzen des Verleihers reichen, besteht damit auch die Möglichkeit der dortigen Betriebspartner zur Regelung der Rechtsverhältnisse. Kann dagegen der Entleiher aufgrund des ihm eingeräumten Weisungsrechts betriebliche Anordnungen treffen, ist die Normierung durch Betriebsvereinbarungen im Entleiherbetrieb zulässig.67 Überschneidungen des Geltungsbereichs sind damit zunächst ausgeschlossen, soweit es um die unmittelbare und zwingende Wirkung gemäß § 77 IV 1 BetrVG geht. Gleichwohl ist eine mittelbare Bindung des weisungsberechtigten Entleihers an Betriebsvereinbarungen des Verleiherbetriebs denkbar.68 Wenn nämlich der Verleiher mit „seinem“ Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung – etwa zur Arbeitszeit – geschlossen hat und diese auch während des Einsatzes gelten soll, ist der Verleiher hieran auch bei einer späteren 69 Entsendung des Leiharbeitnehmers gebunden und zur Durchführung verpflichtet. Damit ist dem Verleiher die Möglichkeit genommen, dem Entleiher im Widerspruch zur Verleiherbetriebsvereinbarung stehende Befugnisse einzuräumen, da sich Letztere lediglich aus dem Verhältnis zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ableiten können. Ist dieses Verhältnis durch die Bindung des Verleihers an die Verleiherbetriebsvereinbarung determiniert, ist hiervon auch die abgeleitete Stellung des Entleihers betroffen. In dessen Verhältnis zum Leiharbeitnehmer handelt es sich jedoch nicht um eine normative Wirkung der Verleiherbetriebsvereinbarung, sondern um einen Ausdruck des allgemeinen Prinzips, dass der Verleiher mit der Einräumung des Weisungsrechts an den Entleiher auf Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags nicht mehr Rechte gewähren kann, als der Verleiher selbst inne hat.70 Wäre also der Leiharbeitnehmer beispielsweise wegen einer Arbeitszeitregelung gegenüber dem Verleiher nicht verpflichtet gewesen, den Dienst zu einer von der Verleiherbetriebsvereinbarung abweichenden Arbeitszeit zu leisten, kann er das Leistungsverweigerungsrecht auch gegenüber einem Entleiher geltend machen, der solche Anordnungen trifft, wenn die Verleiherbetriebsvereinbarung auch während des Einsatzes gelten soll. Statt einer normativen Bindung des Entleihers an die Verleiherbetriebsvereinbarung ist damit die Wirkungsweise entsprechend einer Individualvereinbarung zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher.71 Sie setzt sich damit als Mindestkondition72 auch ___________ 67
Vgl auch Heinze, ZfA 1976, 183 (212). Allgemein Richardi, BetrVG, § 77 Rn.69. So zu Arbeitszeitfragen Boemke, AÜG, § 14 Rn.33; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.362; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.109. 69 Wegen dieser Einschränkung zählt der Einwand Thüsings (AÜG, § 14 Rn.27) nicht, wonach eine Betriebsvereinbarung des Verleihers ins Leere geht, wenn der Verleiher keine Weisungsbefugnis hat. 70 Boemke, AÜG, § 14 Rn.33; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.109. 71 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.362. 68
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
gegenüber dem Entleiher durch, der freilich berechtigt ist, dem Leiharbeitnehmer günstigere Bedingungen zu gewähren. Aufgrund der abweichenden Wirkungsweise der Verleiherbetriebsvereinbarung gegenüber dem Entleiher kann diese dort schließlich auch nicht durch eine Betriebsvereinbarung des Entleiherbetriebs abgelöst werden oder Letztere als spezieller gegenüber der Verleiherbetriebsvereinbarung angesehen werden. Trotz der Aufspaltung der Arbeitgeberstellung kann damit ein etwa im Verleiherbetrieb definiertes Schutzniveau als Minimum auch gegenüber dem Entleiher gewahrt bleiben.
D. Gang der weiteren Darstellung Nach der Entwicklung dieser Grundstrukturen können nunmehr die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte im Ver- und Entleiherbetrieb in ihren Einzelheiten betrachtet werden. Dabei wird sich zeigen, ob die allgemeinen Festlegungen zur Einbeziehung von Leiharbeitnehmern in das Betriebsverfassungsrecht sowie zur Abgrenzung der Zuständigkeit von Verleiher- und Entleiherbetriebsrat geeignet sind, sowohl dem betriebsverfassungsrechtlichen Schutz der Leiharbeitnehmer als auch der übrigen Belegschaft des Einsatzbetriebs gerecht zu werden. Unter Berücksichtigung der Fragestellung der Arbeit sind demnach nur die Besonderheiten infolge der aufgespaltenen Arbeitgeberstellung von Interesse, die sich insbesondere während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern bei einem Entleiher zeigen und im Anschluss dargestellt werden (§ 6). Als für das Leiharbeitsverhältnis typisch wurde jedoch auch der häufige Wechsel des Einsatzbetriebs und des Entleihers beschrieben. In diesem Zusammenhang ergeben sich spezifische Konfliktfelder und Fragestellungen bei der Anwendung betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften, die dementsprechend gesondert als Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern (§ 7) sowie bei der Beendigung des Einsatzes (§ 8) zu erörtern sind. Dass dabei entgegen der chronologischen Reihenfolge zunächst der Einsatz und erst im Anschluss die Entsendung und ihre Beendigung betrachtet wird, ist der besseren Übersicht geschuldet.
___________ 72 Im Ergebnis ebenso für die echte Leiharbeit Heinze (ZfA 1976, 183 (212)), der jedoch eine Anspruchsnormenkonkurrenz annimmt.
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
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§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes beim Entleiher Im Rahmen der Abreden des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist der Entleiher gegenüber Leiharbeitnehmern während ihres Einsatzes in seinem Betrieb berechtigt, vom arbeitsrechtlichen Weisungsrecht Gebrauch zu machen. Gleichwohl bleiben die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung sowie die vertragliche Bindung der Zeitarbeitskraft zum Verleiher bestehen, dem ebenfalls Möglichkeiten zur Weisung verbleiben. Ihn treffen ferner nach wie vor arbeitsrechtliche Pflichten – etwa zur Entgeltzahlung oder Urlaubsgewährung –, wobei er dem Leiharbeitnehmer im Grundsatz und tarifdispositiv die wesentlichen Arbeitsbedingungen zu gewähren hat, die für das vergleichbare Stammpersonal des Entleihers gelten.1 Inwieweit man der folglich in doppelter Hinsicht abhängigen Stellung des Leiharbeitnehmers und auch den Bedürfnissen des übrigen Personals – hier insbesondere des Entleihers – durch die Beteiligung der Betriebsräte begegnen kann, soll nunmehr überprüft werden.
A. Anwendbarkeit allgemeiner betriebsverfassungsrechtlicher Grundsätze Das Betriebsverfassungsrecht kennt eine Reihe von Grundsätzen der Zusammenarbeit im Betrieb, die Maßstäbe für Ausübung, Inhalt und Umfang der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats setzen. Im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern stellt sich die Frage ihrer Berücksichtigung bei der Ausfüllung dieser Prinzipien, zu denen insbesondere die betriebsverfassungsrechtliche Kooperationsmaxime (§ 2 I BetrVG) und die Grundsätze der Behandlung von Betriebsangehörigen (§ 75 BetrVG) zählen. § 2 I BetrVG bestimmt, dass sich das Miteinander von Arbeitgeber und Betriebsrat neben dem Wohl des Betriebs auch am Wohl der Arbeitnehmer zu orientieren hat. Dieses Postulat wird durch § 75 BetrVG konkretisiert, wonach alle im Betrieb Tätigen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit zu behandeln sind und deren freie Persönlichkeitsentfaltung zu schützen und zu fördern ist.2
___________ 1 2
Im Einzelnen zu den rechtlichen Hintergründen oben § 1 A. Vgl. Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.66 ff.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
I. Berücksichtigung der Grundsätze im Verleiherbetrieb Da die Leiharbeitnehmer auch während ihres Einsatzes bei einem Entleiher Angehörige des Verleiherbetriebs bleiben, sind die betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätze auch für diese Beschäftigten seitens der Betriebspartner zu berücksichtigen, soweit im Verleiherbetrieb Maßnahmen zu treffen sind.3 Die Tätigkeit außerhalb des Betriebs im räumlichen Sinne steht dem bei einer funktionalen Betrachtung der betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheit nicht entgegen.4
II. Berücksichtigung der Grundsätze im Entleiherbetrieb Die Anwendbarkeit der Generalklauseln auf Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb wird zumindest für § 75 BetrVG durch Kreutz5 in Opposition zur herrschenden Ansicht6 verneint. Das zur Begründung angeführte Fehlen der Betriebszugehörigkeit kann nach der oben entwickelten Ansicht allerdings für die länger als drei Monate überlassenen Arbeitskräfte nicht maßgebend sein. Doch auch bei den übrigen Zeitarbeitskräften widerspricht diese Sichtweise dem aus § 14 II 2-3 und III AÜG abgeleiteten Anwendungsbereich der betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte. Erkennt man nämlich – wie herausgearbeitet – an, dass der Entleiherbetriebsrat für alle Leiharbeitnehmer bestimmte Aufgaben wahrzunehmen hat, muss auch sichergestellt werden, dass bei ihrer Erfüllung die Belange dieser Beschäftigten beachtet werden.7 Dies kann nur dann in einer geordneten Weise erfolgen, wenn bei der Ausübung der Beteiligungsrechte eine Bindung an die betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätze gegeben ist. Leiharbeitnehmer unterfallen deren Schutz deshalb auch im Einsatzbetrieb. ___________ 3 Ebenso Becker/Wulfgramm, AÜG, Art.1 § 14 Rn.76; Boemke, AÜG, § 14 Rn.25; Dewender, Betriebsfremde, S.103 f.; Erdlenbruch, Stellung, S. 217, 220, 222; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.347; Kaufmann, Betriebsfremde, S. 105, 108, 110; GKBetrVG/Kreutz, § 75 Rn.16; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.22; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.946. 4 Im Ergebnis ebenso Dewender, Betriebsfremde, S. 104. 5 GK-BetrVG, § 75 Rn.16, 89. 6 Barth, Beteiligungsrechte, S. 70; Dewender, Betriebsfremde, S. 154; Erdlenbruch, Stellung, S. 219, 220, 222; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.213; Kaufmann, Zuordnung, S. 106, 108, 110; Kadel/Koppert, BB 1990, 2331 (2332); ErfK/Kania, § 75 BetrVG Rn.3; Mumot, Beteiligungsrechte, S. 114; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.22, 97, 102; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1081. 7 Ähnlich Erdlenbruch, Stellung, S. 218 f.
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
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B. Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern beim Entleiher I. Zwingende Mitbestimmung gemäß § 87 BetrVG Die Beteiligung in sozialen Angelegenheiten bildet den Kernbereich der Mitbestimmung, wobei die gleichberechtigte Teilhabe nach § 87 BetrVG8 besondere Bedeutung besitzt.9 In Abhängigkeit vom jeweiligen Tatbestand wird durch diese Vorschrift das Direktionsrecht des Arbeitgebers gebunden oder die gestörte Vertragsparität bei der Gestaltung allgemeiner Arbeitsbedingungen gemildert.10 Die Anwendbarkeit ist damit auch bei Leiharbeitnehmern von Interesse, steht aber aufgrund der aufgespaltenen Arbeitgeberstellung und der begrenzten Wirkungsbereiche der Betriebsräte wiederum vor Schwierigkeiten, die im Folgenden aufgezeigt und einer Lösung zugeführt werden.
1. Tarif- und Gesetzesvorrang Die Mitbestimmungsrechte des § 87 I BetrVG bestehen zunächst nur insoweit, als die regelungsbedürftige Materie weder eine gesetzliche noch eine tarifliche Regelung erfahren hat. Im Recht der Arbeitnehmerüberlassung erlangt die Frage Bedeutung, inwieweit im Verleiher- oder im Entleiherbetrieb geltende Tarifnormen etwaige Beteiligungsrechte der jeweiligen Betriebsräte von vornherein limitieren. Die hierbei geltenden Grundsätze können nachfolgend nur skizziert werden:
a) Tarifverträge im Verleiherbetrieb Soweit Arbeitnehmer in den Geltungsbereich eines die soziale Angelegenheit abschließend regelnden Tarifvertrags fallen, wird das Mitbestimmungsrecht nach herrschender Meinung schon ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist.11 Im Entsendebetrieb bedeutet dies, dass der Tarifvorrang ___________ 8 Vgl. noch FESTL, § 87 Rn.1; v. Hoyningen-Huene, BetriebsverfassungsR, § 12 I.1. 9 Hierzu v. Hoyningen-Huene, BetriebsverfassungsR, § 12 I.1; Raab, ZfA 2001, 31 (32). 10 BAG 24.2.1987, AP Nr. 21 zu § 77 BetrVG 1972; v. Hoyningen-Huene, BetriebsverfassungsR, § 12 I.1. 11 FESTL, § 87 Rn.41; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.235; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.153 ff. A.A. wohl Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1068).
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
gegenüber dem dortigen Betriebsrat schon im Falle der Tarifgebundenheit des Verleihers ausgelöst wird.12 Gelten die Tarifnormen für das Arbeitsverhältnis, entfalten sie nach dem für Betriebsvereinbarungen beschriebenen Muster gegenüber dem Entleiher allerdings die Wirkungen vergleichbar einer zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher geschlossenen individuellen Vereinbarung. Hintergrund ist auch hier wieder, dass der Entleiher seine Rechtsstellung vom Verleiher ableitet und daher den für Letzteren geltenden Regeln unterworfen ist.13 Da es sich dann jedoch nicht um eine Wirkung kraft Tarifbindung handelt, bleibt die mittelbare Bindung des Entleihers ohne Auswirkungen im Sinne des Eingangssatzes auf ein etwaiges Mitbestimmungsrecht des Entleiherbetriebsrats.
b) Tarifverträge im Entleiherbetrieb Zur weiteren Untersuchung der Rechtslage im Entleiherbetrieb ist die Frage voranzustellen, ob die Beziehung zwischen der Zeitarbeitskraft und dem Entleiher tariflich regelbar ist. Nur dann besteht die Möglichkeit, dass Leiharbeitnehmer vom Geltungsbereich eines Tarifvertrags im Einsatzbetrieb erfasst werden, wie es die Anwendbarkeit des Tarifvorrangs neben der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers voraussetzt.14 Die herrschende Meinung nimmt das Fehlen der arbeitsvertraglichen Bindung zum Anlass, die tarifliche Regelbarkeit abzulehnen.15 Allerdings wurde bereits dargelegt, dass auch das Verhältnis zwischen dem Entleiher und dem Überlassenen arbeitsrechtlicher Natur ist. Entsprechend den Ausführungen zur Geltung von Betriebsvereinbarungen bietet dieses Rechtsverhältnis genügend Anknüpfungspunkte auch für eine normative Gestaltung durch tarifliche Regelungen. Dabei ist der Anwendungsbereich vornehmlich im Bereich betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen im Sinne von § 3 II TVG zu suchen, wobei die Geltung für Leiharbeitnehmer durch den Verweis auf § 86 ___________ 12 Aufgrund der vorhandenen arbeitsvertraglichen Bindung ist die Beziehung zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ohne weiteres tariflich regelbar, vgl. nur Becker/Wulfgramm, Art.1 § 11 Rn.38; Boemke, Schuldvertrag, S. 582; Wiedemann, TVG, § 1 Rn.299. 13 Hierzu auch Löwisch/Rieble, § 1 Rn.35. 14 Hierzu allgemein Richardi, BetrVG, § 87 Rn.159 f. 15 Vgl. LAG Frankfurt 19.12.1972, EzAÜG Nr. 12; Becker/Wulfgramm, Art.1 § 11 Rn.38a; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.235; G. Schaub, ArbR-Hdb., § 120 Rn.88; Thüsing, AÜG, Einführung Rn.34; Wiedemann, TVG, § 1 Rn.299. A.A. Boemke, Schuldverhältnis, S. 582; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 143 ff.; Däubler/Hensche, TVG, § 1 Rn.684; Kaufmann, Zuordnung, S. 120; Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1068); Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.98.
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
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BetrVG in § 14 II 3 AÜG legislativ bestätigt wird.16 Doch auch im Hinblick auf Inhaltsnormen ist eine tarifliche Normierbarkeit insoweit geboten,17 wie der Entleiher Arbeitgeberbefugnisse ausübt, ohne dass dem § 1 I TVG entgegensteht. Dessen Wortlaut geht zwar vom „Inhalt ... von Arbeitsverhältnissen“ aus, doch konnte die Beziehung zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als partielles Arbeitsverhältnis18 bezeichnet werden.19 Der hier von Gick20 vertretenen analogen Anwendung des § 1 I TVG bedarf es daher nicht. Die Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern im Geltungsbereich von Tarifverträgen im Entleiherbetrieb ist damit grundsätzlich möglich und nur dort von vornherein ausgeschlossen, wo die arbeitsvertragliche Bindung tatsächlich Voraussetzung des vom Kollektivvertrag geregelten Gegenstands ist oder dieser – etwa beim Arbeitsentgelt – außerhalb des partiellen Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher angesiedelt ist. Ansonsten ist im Einzelfall durch Auslegung der Tarifnorm die Anwendbarkeit auf Leiharbeitnehmer zu ermitteln. Bejahendenfalls ist schon bei einer Tarifbindung des Entleihers ein Mitbestimmungsrecht des dortigen Betriebsrats ausgeschlossen.21
c) Auswirkungen des arbeitnehmerüberlassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots Der Tarifvorrang wird dagegen nicht schon durch solche Tarifnormen ausgelöst, die für den Leiharbeitnehmer lediglich mittelbar im Wege des arbeitnehmerüberlassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes22 gelten. Der Verleiher wird gemäß der §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG zwar grundsätzlich verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer zumindest die Arbeitsbedingungen des vergleichbaren Stammpersonals des Entleihers zu gewähren. Doch auch wenn sich die Arbeitsbedingungen für solche Arbeitnehmer des Entleihers aus einem Tarifvertrag ergeben, wird der Verleiher durch die Gewährungspflicht gegenüber dem Leiharbeitnehmer nicht tarifgebunden. Im Einzelfall wird jedoch genau zu prüfen sein, ob dieser Anwendungsbefehl eine abschließende gesetzliche Regelung im Sinne des Eingangssatzes darstellen kann, die eben___________ 16 Däubler/Hensche, TVG, § 1 Rn.684; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 144; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.101. 17 Diesbezüglich a.A. Thüsing, AÜG, § 14 Rn.101. 18 Siehe oben § 1 A.III.2. 19 Ähnlich Boemke, Schuldvertrag, S. 584. 20 Arbeitnehmerüberlassung, S. 145 f. 21 Im Ergebnis ebenso Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.99. 22 Hierzu ausführlich Däubler/Deinert, TVG, § 4 Rn.572a ff.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
falls einen Ausschluss der Mitbestimmungsrechte nach § 87 I BetrVG bewirkt.23
2. Die Mitbestimmungstatbestände im Einzelnen a) Ordnung des Betriebs und Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb (§ 87 I Nr. 1 BetrVG) Mit dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr. 1 BetrVG wird eine gleichberechtigte Teilhabe der Arbeitnehmer an rechtlichen oder tatsächlichen Maßnahmen des Arbeitgebers festgelegt, die die allgemeine betriebliche Ordnung und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen. Es umfasst zunächst Gestaltungsfragen zur Sicherung des ungestörten Arbeitsablaufs sowie des Zusammenwirkens und -lebens der Arbeitnehmer durch die Schaffung allgemeingültiger und verbindlicher Verhaltensregeln. Daneben unterliegen aber auch die Maßgaben zur Gewährleistung und Aufrechterhaltung der geschaffenen Ordnung der Mitbestimmung.24 Es handelt sich dabei um einen einheitlichen Mitbestimmungstatbestand, sodass das erwähnte Verhalten der Arbeitnehmer Bezug zur Ordnung des Betriebs haben muss.25 Folglich ist das mitbestimmungspflichtige Ordnungsvom mitbestimmungsfreien Arbeitsverhalten zu unterscheiden.26 Letzteres steht in Rede, wenn nicht das Zusammenleben und -wirken der Arbeitnehmer im Betrieb, sondern die Befugnis des Arbeitgebers betroffen ist, die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers zu konkretisieren und die Erbringung der Arbeitsleistung zu kontrollieren.27 ___________ 23
Hierzu unten § 7 B. BAG 23.7.1996, AP Nr. 26 zu § 87 BetrVG Ordnung des Betriebs; 11.6.2002, AP Nr. 38 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebs; 27.1.2004, AP Nr. 40 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung; Borgmann/Faas, NZA 2004, 241 (242); Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.229; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.236; DKK/Klebe, § 87 Rn.42; Raab, ZfA 2001, 31 (48); Richardi, § 87 Rn.174 f.; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.36; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.170. 25 Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.229; Erdlenbruch, Stellung, S. 124; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn.18; Kaufmann, Zuordnung, S. 144 f.; Raab, ZfA 2001, 31 (47 f.); GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.171; HSWG/Worzalla, § 87 Rn.99. 26 BAG 11.6.2002, AP Nr. 38 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebs mit Anm. Wiese; 27.1.2004, AP Nr. 40 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung; MünchArbR/Blomeyer, § 53 Rn.2; Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.229; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn.18; Lieb, Arbeitsrecht, Rn.793a; Raab, ZfA 2001, 31 (48); HSWG/Worzalla, § 87 Rn.107 f.; Zöllner/Loritz, § 47 II.1. 27 ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn.18, 21; Richardi, § 87 Rn.179. 24
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
177
aa) Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats Die Bedeutung des Mitbestimmungsrechts zur betrieblichen Ordnung ist während des Einsatzes auf Seiten des Verleiherbetriebsrats gering.28 Obgleich der Betriebsbegriff auch im Rahmen des § 87 I Nr. 1 BetrVG nicht räumlich, sondern funktional zu verstehen ist29, ist dies die praktische Konsequenz aus der Tätigkeit des Leiharbeitnehmers in der Organisation des Entleihers.30 Die ausgeübte Mitbestimmung im Verleiherbetrieb ist damit während des Einsatzes nur insoweit zu beachten, als sie das Ordnungsverhalten verbindlich rahmt und damit auch die Ermächtigung des Entleihers zu entsprechenden Maßnahmen beschränkt31 oder soweit der Leiharbeitnehmer darüber hinaus der verleiherbetrieblichen Ordnung unterfällt. Letzteres ist beispielsweise bei Aufenthalten in der Verleiherbetriebsstätte möglich.32
bb) Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats Aufgrund der Eingliederung in den Entleiherbetrieb muss die Wahrung der Belange der Leiharbeitnehmer in Fragen der betrieblichen Ordnung während des Einsatzes aber primär durch den Entleiherbetriebsrat erfolgen.33 Diesem obliegt die Kontrolle des Weisungsrechts gemäß § 106 S.2 GewO, das dem ___________ 28 A.A. Becker, AuR 1982, 369 (374); Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 128: generell kein Mitbestimmungsrecht des Verleiherbetriebsrats nach § 87 I Nr. 1 BetrVG. 29 BAG 27.1.2004, AP Nr. 40 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung mit zust. Anm. Wiese. Im Ansatz zustimmend auch Hunold, BB 2004, 1392 (1392). A.A. Erdlenbruch, Stellung, S. 125. 30 Vgl. Boemke, AÜG, § 14 Rn.30; Dewender, Betriebsfremde, S. 64; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.356; Kaufmann, Zuordnung, S. 145 f. 31 Der Verleiher kann dem Entleiher keine weiteren Rechtspositionen einräumen, als er selbst innehat. Im Anwendungsbereich des § 87 I Nr. 2 BetrVG erkennt dies auch Boemke an (AÜG, § 14 Rn.33). A.A. Barth, Beteiligungsrechte, S. 83: Kein Zusammenhang mit der täglichen Erfüllung der Arbeitsleistung, sondern an der äußeren Ordnung des Betriebs ansetzend. Mit § 106 S.2 und 1 GewO ist diese Sichtweise aber nicht mehr zu vereinbaren. 32 Erdlenbruch, Stellung, S. 125; Kaufmann, Zuordnung, S. 146; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.26. 33 Zur Anwendbarkeit des § 87 I Nr. 1 BetrVG auf Leiharbeitnehmer im Entleihbetrieb BAG 14.5.1974, AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972; Barth, Beteiligungsrechte, S. 82 f.; Boemke, AÜG, § 14 Rn.112; Dewender, Betriebsfremde, S. 127; Erdlenbruch, Stellung, S. 126; FESTL, § 5 Rn.238; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.237; Däubler/Hensche, TVG, § 1 Rn.684; v. Hoyningen-Huene, FS Stahlhacke, S. 173 (183); KRHS, § 87 Rn.1; Kaufmann, Zuordnung, S. 146; DKK/Klebe, § 87 Rn.6; HaKoBetrVG/Kohte, § 87 Rn 5; MünchArbR/Marschall, § 176 Rn.131; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 80; Mumot, Beteiligungsrechte, S. 122; Rost, NZA 1999, 113 (118).
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Entleiher während des Einsatzes in den Grenzen des S.1 zusteht34. Überlassene Arbeitskräfte sind demzufolge gleichermaßen schutzbedürftig wie die Stammbelegschaft, die selbst ein Interesse an einer einheitlichen Erstreckung der betrieblichen Ordnung auf sämtliche Arbeitspersonen besitzt.35 Beispielhaft kann hier die Einbeziehung in betriebliche Rauchverbote angeführt werden.36 Nach herrschender Meinung umfasst § 87 I Nr. 1 BetrVG auch das Recht der Betriebspartner zur Aufstellung einer Bußordnung und der Verhängung von Betriebsbußen.37 Soweit diese Berechtigung anerkannt wird, darf nach allgemeiner Ansicht eine Erstreckung auf Leiharbeitnehmer im Entleihbetrieb erfolgen,38 nachdem sie der dortigen Betriebsordnung unterliegen.39 Allerdings muss die vorgesehene Sanktion bei Leiharbeitnehmern, zu denen der Betriebsinhaber keine arbeitsvertragliche Bindung pflegt, überhaupt in Betracht kommen40. An dieser Prämisse scheitern beispielsweise Entgeltkürzungen, da die Vergütung allein vom Verleiher geschuldet wird.41 Dagegen kommen Verwarnungen, Verweise oder Geldbußen gegen den Leiharbeitnehmer ohne weiteres in Betracht.42
b) Lage der Arbeitszeit (§ 87 I Nr. 2 BetrVG) Das Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 I Nr. 2 BetrVG betrifft Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Verteilung auf die einzelnen Wo___________ 34 Es handelt sich dabei um keine das Mitbestimmungsrecht einschränkende Regelung im Sinne des Eingangssatzes: Abeln/Steinkühler, AuA 2003, 15 (16); Bauer/Opolony, BB 2002, 1590 (1591); Borgmann/Faas, NZA 2004, 241 (243). 35 BAG 14.5.1974, AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972; Barth, Beteiligungsrechte, S. 82 f.; Erdlenbruch, Stellung, S. 125; Kaufmann, Zuordnung, S. 146. 36 Erdlenbruch, Stellung, S. 126; Kaufmann, Zuordnung, S. 147. 37 BAG 17.10.1989, AP Nr. 12 zu § 87 BetrVG 1972 Betriebsbuße; Boemke, AÜG, § 14 Rn.112; Erdlenbruch, Stellung, S. 127; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn.22; Mumot, Beteiligungsrechte, S. 122 f.; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.214 ff. Kritisch DKK/Klebe, § 87 Rn.56; HaKo-BetrVG/Kohte, § 87 Rn.34; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.36. 38 LAG Hamm 24.5.1973, DB 1973, 983 (983); Barth, Beteiligungsrechte, S. 84; Boemke, AÜG, § 14 Rn.112; Erdlenbruch, Stellung, S. 127 f.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.238; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 80; Mumot, Beteiligungsrechte, S. 123; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.118; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.105; UrbanCrell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1118. 39 Erdlenbruch, Stellung, S. 128. 40 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.238; Kaufmann, Zuordnung, S. 148 f.; Mumot, Beteiligungsrechte, S. 123; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.105. 41 Kaufmann, Zuordnung, S. 148 f. 42 Barth, Beteiligungsrechte, S. 85; Kaufmann, Zuordnung, S. 149.
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
179
chentage, jedoch nicht das Arbeitsvolumen43. Ziel ist die Wahrung der Interessen der Arbeitnehmer an der Arbeitszeitlage sowie der Freizeitgestaltung.44 Da die Leiharbeitnehmer ihre Arbeitsleistung während des Einsatzes beim Entleiher erbringen, richten sich Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie der Pausen und die Verteilung auf die Wochentage nach den Anforderungen im Entleiherbetrieb.45 Die hierzu notwendigen Anordnungen trifft demzufolge regelmäßig der Entleiher, dem gegenüber nicht der Verleiherbetriebsrat Mitbestimmungsrechte nach § 87 I Nr. 2 BetrVG geltend machen kann, sondern auch zum Schutz der Leiharbeitnehmer die im Einsatzbetrieb gebildete Vertretung.46 Anders ist aber zu entscheiden, wenn das arbeitszeitbezogene Weisungsrecht – praktisch selten47, aber rechtlich zulässig48 – aufgrund der Abmachun___________ 43 H.M.: BAG 25.2.1997, AP Nr. 72 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; 30.10.2001, AP Nr. 26 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung; Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.231; FESTL, § 87 Rn.104; Hamann, Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA Nr. 63 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; v. Hoyningen-Huene, BetriebsverfassungsR, § 12 II.2.; HaKo-BetrVG/Kohte, § 87 Rn.37; Lieb, Arbeitsrecht, Rn.794; Richardi, NZA 1994, 593 (594 f.); Wiedemann/Moll, Anm. zu BAG 25.10.1977, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.275; HSWG/Worzalla, § 87 Rn.155; Zöllner/Loritz, § 47 II.2. A.A. DKK/Klebe, § 87 Rn.73 ff. 44 BAG 21.12.1982, AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer; Hamann, Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA Nr. 63 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn.25; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.255; Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1069); Schlachter, 50 Jahre BAG, S. 1253 (1266); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.119; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.108; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.270; HSWG/Worzalla, § 87 Rn.152b. 45 Hamann, AuR 2002, 322 (324); A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 363. 46 BAG 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer; Barth, Beteiligungsrechte, S. 86; Becker, AuR 1982, 369 (376); Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.109; Boemke, AÜG, § 14 Rn.32; Dewender, Betriebsfremde, S. 128; Erdlenbruch, Stellung, S. 130; FESTL, § 87 Rn.137; Hamann, AuR 2002, 322 (326); Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.235; v. Hoyningen-Huene, SAE 1994, 112 (112); KRHS, § 87 Rn.1; Kaufmann, Zuordnung, S. 150 f.; DKK/Klebe, § 87 Rn.6; HaKo-BetrVG/Kohte, § 87 Rn.5; Löwisch, ArbeitsR, Rn.1516; Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 87 Rn.65; MünchArbR/Marschall, § 176 Rn.131; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 81 f.; HWK/Pods, § 14 AÜG Rn.20; Ratayczak, AiB 2004, 212 (214); Richardi, BetrVG, § 87 Rn.330; Rost, NZA 1999, 113 (118); Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (311); G. Schaub, ArbR-Hdb., § 120 Rn.93; Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1069); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.119; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.290; HSWG/Worzalla, § 87 Rn.152a. 47 Kaufmann, Zuordnung, S. 150; Marschall, Anm. zu BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.330. Anders noch Mumot (Beteiligungsrechte, S. 125), dem zufolge die Regelungen über Arbeitszeitfragen allein dem Verleiher zustehen und daher auch nur der Verleiherbetriebsrat mitbestimmungsberechtigt sein kann.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
gen zwischen Entleiher und Verleiher dem Letztgenannten zusteht. In Anknüpfung an die Organisationsgewalt des Verleihers nimmt dann die in seinem Betrieb gebildete Arbeitnehmervertretung das Mitbestimmungsrecht wahr.49 Es stellt sich in diesem Zusammenhang jedoch die Frage, ob auch der Entleiherbetriebsrat hinsichtlich der Beschäftigung zu den vom Verleiher festgelegten Zeiten zu beteiligen ist. Eine mögliche Verlängerung der Betriebsnutzungszeit scheidet jedenfalls als Anknüpfungspunkt aus, nachdem diese nicht der Mitbestimmung unterliegt.50 Eine Beteiligungspflicht wäre daher nur unter den Voraussetzungen zu bejahen, dass die vom Verleiher festgesetzte Arbeitszeit den Rahmen einer bestehenden tariflichen oder mitbestimmten Arbeitszeitordnung im Entleihbetrieb sprengt und hieraus Auswirkungen auf die Lage der Arbeitszeit der sonstigen Beschäftigten resultieren, z.B. aufgrund einer notwendigen arbeitszeitrelevanten Koordination.51 Dieses Mitbestimmungsrecht bestünde dann allerdings nicht zum Schutz der Leiharbeitnehmer, da deren Interessen gegenüber Anweisungen des Verleihers der dortige Betriebsrat vertritt. Die Notwendigkeit der Beteiligung würde sich vielmehr dem Einwand einer Verdopplung der Mitbestimmung entziehen und sich lediglich aus den Auswirkungen auf die anderen Belegschaftsmitglieder ergeben, denen gegenüber der Entleiher die Arbeitszeit bestimmt.
c) Arbeitszeitdauer (§ 87 I Nr. 3 BetrVG) Der Normzweck des § 87 I Nr. 3 BetrVG ist insoweit vergleichbar mit dem des Mitbestimmungsrechts bei der Arbeitszeitlage, als wiederum eine sinnvolle Arbeitszeiteinteilung unter Berücksichtigung von Freizeitinteressen sichergestellt werden soll. Zudem erfasst es aber auch Entgeltinteressen, die sich aus der zeitweiligen Erhöhung oder Verringerung der Arbeitszeitdauer ergeben ___________ 48
Siehe oben § 1 A.II. Kaufmann, Zuordnung, S. 150; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.330. Siehe hierzu auch Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.81. A.A. und generell gegen ein Mitbestimmungsrecht des Verleiherbetriebsrats nach § 87 I Nr. 2 BetrVG aber Dewender, Betriebsfremde, S. 65 f.; A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 364; Schüren, AÜG, Einleitung Rn.152; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.27, 119. Beschränkte Anerkennung des Mitbestimmungsrechts auf die im Rahmen der Entsendung anzusprechende Konstellation (§ 7 B.III.1) Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.241. 50 Richardi, BetrVG, § 87 Rn.258; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.303. 51 Zur Frage der Beschäftigung von Fremdfirmen LAG Frankfurt 24.10.1989, LAGE Nr. 17 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; ArbG Passau 8.5.1990, BB 1990, 2335 (2336); Leisten, BB 1992, 266 (270); Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 87 Rn.65; Wiese, NZA 2003, 1113 (1114). 49
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
181
können.52 Gegenstand der Beteiligung sind damit Regelungsfragen, wie vorübergehend geringerer oder höherer Arbeitsbedarf bewältigt werden soll,53 wobei eine gerechte Verteilung der damit einhergehenden Lasten und Vorteile für die Arbeitnehmer sicherzustellen ist.54
aa) Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats Ein Mitbestimmungsrecht des Verleiherbetriebsrats ist im Hinblick auf die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Betriebsräte wieder dann anzunehmen, wenn die Änderung des Arbeitszeitvolumens durch den Verleiher verbindlich festgelegt wird.55 Dies setzt allerdings voraus, dass sich die betriebsübliche Arbeitszeit ändert, wobei es sich in Anknüpfung an die Ausübung der Organisationsgewalt des Verleihers um die für den Leiharbeitnehmer verleiherbetriebsübliche Arbeitszeit handeln muss. Ob eine solche auch während des Einsatzes bei einem Entleiher existiert, ist umstritten,56 bei genauerer Betrachtung jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen.57 Betriebsüblich ist nämlich die regelmäßige betriebliche Arbeitszeit,58 die anhand des für bestimmte – nicht gegenständlich zu verstehende59 – Arbeitsplätze und Arbeitnehmergruppen individualrechtlich Geschuldeten er___________ 52
Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.232; FESTL, § 87 Rn.131. Raab, ZfA 2001, 31 (49). 54 Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.232; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.362. 55 Im Grundsatz ebenso Jaeger/Röder/Heckelmann/Baeck, Kap.12 Rn.27; Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.81; Boemke, AÜG, § 14 Rn.34; Kaufmann, Zuordnung, S. 153; Mumot, Beteiligungsrechte, S. 126; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.403; Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.6. An der Anordnung durch den Verleiher fehlte es in dem vom LAG Köln am 21.10.1994 entschiedenen Fall, wo das Mitbestimmungsrecht folgerichtig verneint wurde (MDR 1995, 393 (393)). A.A. und generell gegen ein Mitbestimmungsrecht des Verleiherbetriebsrats nach § 87 I Nr. 3 BetrVG Dewender, Betriebsfremde, S. 67; Erdlenbruch, Stellung, S. 131 f. Beschränkte Anerkennung des Mitbestimmungsrechts auf die im Rahmen der Entsendung anzusprechende Konstellation (§ 7 B.IV.1.) T. Schneider, Zeitarbeit, Rn.529. 56 Verneinend LAG Köln 6.6.2000, EzAÜG Nr. 43 zu § 14 AÜG Betriebsverfassung; Dewender, Betriebsfremde, S. 67; Erdlenbruch, Stellung, S. 131; Kaufmann, Zuordnung, S. 152; Kraft, SAE 2002, 45 (46); Raab, ZfA 2003, 389 (444); Schüren, AÜG1, § 14 Rn.294. 57 Ebenso BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer. 58 BAG 21.11.1978, AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn.32; Kaufmann, Zuordnung, S. 152; DKK/Klebe, § 87 Rn.87; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.337; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.381. 59 BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer. A.A. die Vorinstanz LAG Köln 6.6.2000, EzAÜG Nr. 43 zu § 14 AÜG Betriebsverfassung. 53
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
mittelt wird.60 Maßgeblich für die im Verleiherbetrieb übliche Arbeitszeit des Leiharbeitnehmers wäre damit seine dem Verleiher geschuldete Arbeitszeit, die jedoch ein generalisierendes Prinzip erkennen lassen muss und nicht nur jeweils individuellen Wünschen der Arbeitnehmer genügt61. Legt man dies zugrunde, wird ersichtlich, dass Leiharbeitnehmer auch während ihres Einsatzes gegenüber dem Verleiher eine bestimmte Arbeitszeit schulden, zudem auch in dieser Zeit betriebszugehörig sind und darüber hinaus insbesondere an der Erfüllung des verleiherbetrieblichen Zwecks mitwirken62. Eine verleihbetriebsübliche Arbeitszeit von Leiharbeitnehmern ist daher möglich, sodass bei ihrer vorübergehenden Änderung durch den Verleiher der dortige Betriebsrat mitzubestimmen hat. Eine Flexibilisierung – etwa zur spontaneren Reaktion des Verleihers auf Wünsche des Entleihers – kann dabei durch die Vereinbarung einer variablen Verteilung des vereinbarten Arbeitsvolumens erreicht werden. Diese Rahmenvereinbarung unterliegt zwar der Mitbestimmung nach § 87 I Nr. 2 BetrVG,63 beschreibt dann in ihrer Variabilität aber auch die betriebsübliche Arbeitszeit, sodass innerhalb der Varianz keine Beteiligung des Verleiherbetriebsrats nach § 87 I Nr. 3 BetrVG erforderlich ist.64
bb) Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats Durch die Anordnung von Mehrarbeit durch den Verleiher könnte jedoch zusätzlich ein Mitbestimmungsrecht des Entleiherbetriebsrats nach § 87 I Nr. 3 BetrVG ausgelöst werden. Aus Sicht des Entleihers, dem die zeitliche Überleistung zugute kommt, zeichnet sich nämlich eine gewisse Parallele zur mitbestimmungswidrigen Duldung freiwilliger Mehrarbeit65 ab. Gleichwohl unterscheidet sich die geschilderte Situation der Leiharbeitnehmer hiervon deutlich, da ihrem Schutzbedürfnis durch den Verleiherbetriebsrat genügt werden kann. Die Beteiligung ist ferner nicht hinsichtlich der übrigen Belegschaft erforderlich, da § 87 I Nr. 3 BetrVG vor den Gefahren der Mehrarbeit ___________ 60 FESTL, § 87 Rn.132; DKK/Klebe, § 87 Rn.87; Löwisch/Kaiser, § 87 Rn.75; Raab, ZfA 2001, 31 (49); Richardi, BetrVG, § 87 Rn.340, Schlachter, 50 Jahre BAG, S. 1253 (1268 f.); GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.381. 61 Raab, ZfA 2001, 31 (49); Richardi, BetrVG, § 87 Rn.340. Hierzu kritisch Hamann, AuR 2002, 322 (326 f.). 62 Hierzu ausführlich oben § 3 A.II. 63 A.A. ohne Begründung Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.990. 64 Allgemein Richardi, BetrVG, § 87 Rn.353. 65 Hierzu BAG 27.11.1990, AP Nr. 41 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Grunewald, Vertrauensarbeitszeit, S. 305; Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 87 Rn.83; Münch ArbR/Matthes, § 335 Rn.42.
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
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schützen soll,66 mit der die Stammbelegschaft gerade nicht betraut wird. Gleichwohl ist eine Beteiligung der Entleiherbetriebsvertretung hinsichtlich der konkreten Umsetzung der Arbeitszeitänderung denkbar,67 sie ist jedoch unter den dort erörterten Voraussetzungen auf § 87 I Nr. 2 BetrVG zu stützen. § 87 I Nr. 3 BetrVG erlangt daher im Einsatzbetrieb erst dann Bedeutung, wenn der Entleiher während der Überlassung eine vorübergehende Änderung der Arbeitszeitdauer anordnet und die entleiherbetriebsübliche Arbeitszeit betroffen ist.68 Diese ist anhand des gegenüber dem Entleiher geschuldeten Arbeitsvolumens zu ermitteln, das sich aus dem Umfang der Einräumung des Weisungsrechts gegenüber dem Entleiher ergibt und damit dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zu entnehmen ist69. Hiergegen spricht nicht, dass zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer keine vertragliche Bindung besteht,70 da die Anordnungsbefugnis zur vorübergehenden Variierung der Arbeitszeitdauer dem Entleiher übertragen werden kann71. Weil diese Übertragung keiner Mitbestimmung im Verleiherbetrieb unterliegt72 und der Verleiherbetriebsrat an Entscheidungen des Entleihers nicht zu beteiligen ist, bedarf es der Gewährleistung des Schutzes im Entleiherbetrieb. Zudem stellt sich aufgrund der Anordnungsbefugnis des Entlei___________ 66 BAG 27.11.1990, AP Nr. 41 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.367. 67 Boemke, AÜG, § 14 Rn.115; Kaufmann, Zuordnung, S. 154 f. 68 BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer mit zust. Anm. Marschall; Barth, Beteiligungsrechte, S. 87; Becker, AuR 1982, 369 (376); Boemke, AÜG, § 14 Rn.115; Erdlenbruch, Stellung, S. 133; KRHS, § 87 Rn.1; Kaufmann, Zuordnung, S. 154; DKK/Klebe, § 87 Rn.6; HaKo-BetrVG/Kohte, § 87 Rn.5; Kraft, SAE 2002, 45 (46); Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 82; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.403; Rost, NZA 1999, 113 (118); A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 364; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.29; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.112; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1121; Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 310; HSWG/Worzalla, § 87 Rn.193b. Allgemein für die Zulässigkeit einer Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats für Leiharbeitnehmer nach § 87 I Nr. 3 BetrVG v. Hoyningen-Huene, FS Stahlhacke, S. 173 (183). A.A. Dewender, Betriebsfremde, S. 129 f.; FESTL, § 87 Rn.137 (anders aber § 5 Rn.238). 69 Schüren, AÜG, Einleitung Rn.283. Keinen Erfolg verspricht daher der Praxistipp Siegs (AuA 2002, 139 (139) zur Umgehung der Mitbestimmungspflichtigkeit der Entsendeentscheidung des Verleihers (hierzu unten § 7 B.IV.1.), da bei einer Erhöhung des im Rahmen der Überlassung vereinbaren Arbeitszeitkontingents durch den Entleiher der Entleiherbetriebsrat zu beteiligen ist. 70 So aber FESTL, § 87 Rn.137. Dagegen Barth, Beteiligungsrechte, S. 87. Allgemein Richardi, BetrVG, § 87 Rn.341. 71 Becker/Wulfgramm, Art.1 § 11 Rn.34a; Schüren, AÜG, Einleitung Rn.284. Ferner Kraft, FS Pleyer, S. 383 (393), aber für die Arbeitszeitverkürzung wegen Folgen für Gehalt und Lohngestaltung zweifelnd. 72 Hierzu ausführlich unten § 7 B.III.1.b).
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
hers die regelungsbedürftige Frage, für welche der in Betracht kommenden Arbeitnehmer die Arbeitszeit zu verlängern bzw. zu verkürzen ist. Der potentiell betroffene Personenkreis kann hier auch die Stammbelegschaft mit umfassen, sodass auch deren Belange im Rahmen der Auswahlentscheidung zu wahren sind.73 Die Arbeitszeitveränderungen haben allerdings keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Vergütungspflicht74, da diese nicht im Verhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer regelbar ist. Die Entgelthöhe bemisst sich in erster Linie nach den Abmachungen zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer oder aus den auf diese Beziehung anwendbaren Tarifverträgen. Etwaige Entgeltsteigerungen bei Mehrarbeit vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleihers müsste jedoch auch der Verleiher im Falle der Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß der §§ 3 I Nr.3, 9 Nr.2 AÜG als Minimum gewähren. Da dieser aber nur günstigere Bedingungen erfasst, fallen Entgeltkürzungen bei Kurzarbeit dagegen grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich, soweit nicht im Verleiherbetrieb stärkere vorgesehen wären. Dahingehende Vereinbarungen unterliegen aber ohnehin den Grenzen des § 11 IV 2 AÜG, der die Regelungen des Annahmeverzugs nach § 615 S.1 BGB für nicht dispositiv erklärt.75
d) Auszahlung der Arbeitsentgelte (§ 87 I Nr. 4 BetrVG) Das Mitbestimmungsrecht in § 87 I Nr. 4 BetrVG betrifft Zeit, Ort und Art der Auszahlung des Arbeitsentgelts, um die damit im Zusammenhang stehenden Interessen des Arbeitgebers an einer einheitlichen Ordnung mit denen der Arbeitnehmer in einen gerechten Ausgleich zu bringen.76 Neben der in Geld zu zahlenden Vergütung sind Arbeitsentgelte im Sinne der Bestimmung auch Sachleistungen, die Arbeitnehmer im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses erhalten,77 ohne dass die Höhe der Leistungen selbst erfasst würde.78 ___________ 73
Hierzu Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.250. Generell gegen die Einbeziehung der Entgeltzahlungspflicht in die Mitbestimmung HSWG/Worzalla, § 87 Rn.197. 75 Hierzu Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.254, der aufgrund der Vorschrift die Zulässigkeit von Entgeltkürzungen bei Arbeitszeitverringerung im Regelfall verneint. Ferner Ulber, Arbeitnehmer, 12.2.3. A.A. Erdlenbruch, Stellung, S. 133. 76 HSWG/Worzalla, § 87 Rn.241. 77 FESTL, § 87 Rn.180; Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 87 Rn.88; DKK/Klebe, § 87 Rn.105; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.413; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.425; HSWG/Worzalla, § 87 Rn.242. 78 FESTL, § 87 Rn.179; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.413; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.426; HSWG/Worzalla, § 87 Rn.243. 74
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
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Da die Entgeltzahlungspflicht den Verleiher trifft79, ist das Mitbestimmungsrecht durch den dortigen Betriebsrat auszuüben.80 Dies gilt auch im Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach den §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG,81 der zwar auf die Bedingungen im Entleiherbetrieb Bezug nimmt, aber dennoch allein den Verleiher zur Gewährung verpflichtet. Ein Mitbestimmungsrecht des Entleiherbetriebsrats nach § 87 I Nr. 4 BetrVG kommt daher nur ausnahmsweise in Betracht, etwa wenn der Entleiher aufgrund der Arbeitsleistung des Leiharbeitnehmers Sozialleistungen wie Essenszuschläge oder Reisekosten bietet. In diesen Fällen muss der Entleiherbetriebsrat beteiligt werden.82
e) Urlaub (§ 87 I Nr. 5 BetrVG) Mit der Mitbestimmung gemäß § 87 I Nr. 5 BetrVG soll das arbeitgeberseitige Gestaltungsrecht bei der Festlegung der Lage des Urlaubs eingeschränkt werden, um betriebliche Belange und die der Arbeitnehmer – auch untereinander – in Einklang zu bringen.83 Dieses Bedürfnis besteht sowohl beim Erholungsurlaub als auch bei anderen Formen der bezahlten oder unbezahlten Freistellung, sodass die Vorschrift in allen dieser Fälle einschlägig ist.84 ___________ 79
Siehe oben § 1 A.II. BAG 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.81; Boemke, AÜG, § 14 Rn.116; Dewender, Betriebsfremde, S. 130; Erdlenbruch, Stellung, S. 134; FESTL, § 87 Rn.179; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.256; Kaufmann, Zuordnung, S. 156; A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 364; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.124; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.117. 81 Hierzu im Zusammenhang mit § 87 I Nr. 4 BetrVG Dewender, Betriebsfremde, S. 130. A.A. zu § 10 V AÜG a.F. aber Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.117. 82 Boemke, AÜG, § 14 Rn.116; Erdlenbruch, Stellung, S. 135; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.256; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.124; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.993. A.A. und generell gegen ein Mitbestimmungsrecht des Entleiherbetriebsrats nach § 87 I Nr. 4 BetrVG BAG 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; Barth, Beteiligungsrechte, S. 88; Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.109; Dewender, Betriebsfremde, S. 130; FESTL, § 87 Rn.179; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 136; Hempel, Spannungsverhältnis, S. 191, Kaufmann, Zuordnung, S. 156; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 82; Mumot, Beteiligungsrechte, S. 127. Ferner Thüsing, AÜG, § 14 Rn.5 oder doch anders Rn.30 a.E. 83 FESTL, § 87 Rn.191; DKK/Klebe, § 87 Rn.111; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.440; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.443. 84 FESTL, § 87 Rn.192 f.; Galperin/Löwisch, § 87 Rn.128; DKK/Klebe, § 87 Rn.111; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.441; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.444. Enger HSWG/Worzalla, § 87 Rn.259 ff., wonach nur der Erholungs- und Zusatzurlaub für Schwerbehinderte erfasst ist. 80
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Da der Verleiher Schuldner des Urlaubsanspruchs ist, ist das Beteiligungsrecht regelmäßig durch den Betriebsrat des entsendenden Betriebs wahrzunehmen.85 Ob bei der Planung auch Anforderungen des Einsatzbetriebs berücksichtigt werden, ist hierfür unerheblich.86 Gerade bei längerfristigen Einsätzen oder wenn durch den Verleiher keine Ersatzkraft zu stellen ist, kann es aber sinnvoll sein, im Überlassungsverhältnis das Recht zur verbindlichen Festlegung der Urlaubszeit87 auf den Entleiher zu übertragen. Dabei ist zu beachten, dass diese Delegation selbst zwar im Verleiherbetrieb mitbestimmungsfrei ist,88 gleichwohl aber nur in den Grenzen der auf das Leiharbeitsverhältnis anwendbaren Urlaubsregelungen erfolgen kann.89 Nach einer Übertragung stellen sich dann die verbleibenden beteiligungserheblichen Fragen von Urlaubsgrundsätzen und -plänen sowie der konkreten Lage des Urlaubs bei mangelndem Einverständnis zwischen Arbeitnehmer und Betriebsinhaber nur noch im Einsatzbetrieb und in gleicher Weise wie beim Stammpersonal. Demzufolge ist der Entleiherbetriebsrat zum Schutz der Leiharbeitnehmer zu beteiligen,90 auch wenn der Anspruch auf Erholungsurlaub selbst nach wie vor gegenüber dem Verleiher als Arbeitgeber besteht.
f) Technische Überwachungseinrichtungen (§ 87 I Nr. 6 BetrVG) Durch § 87 I Nr. 6 BetrVG wird ein präventiver Persönlichkeitsschutz der Arbeitnehmer vor technischen Kontrolleinrichtungen sichergestellt, die zur ___________ 85 Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.81; Boemke, AÜG, § 14 Rn.36; Dewender, Betriebsfremde, S. 69; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.257; Kaufmann, Zuordnung, S. 156 f.; A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 364; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.31; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.118. 86 Boemke, Schuldvertrag, S. 595; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.31. 87 Zur Einordnung der Pflicht zur Urlaubsgewährung ErfK/Dörner, § 7 BUrlG Rn.4. 88 A.A. Boemke, AÜG, § 14 Rn.37; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.995. Hierzu ausführlich unten § 7 B.III.1.b). 89 Hierzu können auch verleiherbetriebliche Einigungen zählen. 90 Boemke, AÜG, § 14 Rn.37 und 117; Erdlenbruch, Stellung, S. 137; Kraft, FS Pleyer, S. 383 (393); Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (311); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.31, 125; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1123; Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 310. Allgemein für die Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats für Leiharbeitnehmer nach § 87 I Nr. 5 BetrVG auch v. Hoyningen-Huene, FS Stahlhacke, S. 173 (183). A.A. Barth, Beteiligungsrechte, S. 88; Becker, AuR 1982, 369 (376); Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.109; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 136; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.257; Hempel, Spannungsverhältnis, S. 191; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 82; Mumot, Beteiligungsrechte, S. 127; A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 364; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.39.
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
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Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Arbeitnehmer geeignet sind.91 Der Betriebsrat ist diesbezüglich sowohl bei der Einführung als auch der Anwendung, die die allgemeine Handhabung der Einrichtung erfasst92, zu beteiligen. Während ihres Einsatzes im Entleiherbetrieb sind Leiharbeitnehmer besonders durch die Einführung und Anwendung dort zu installierender technischer Kontrolleinrichtungen betroffen. Demzufolge stellt der durch das Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr. 6 BetrVG zu gewährleistende Persönlichkeitsschutz überwiegend ein Betätigungsfeld des Entleiherbetriebsrats dar.93 Gleichwohl kommt auch in diesem Zeitraum eine Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats in Bezug auf die entsandten Arbeitnehmer in Betracht,94 da dem Verleiher Möglichkeiten zur Überwachung des Verhaltens bzw. der Leistung bei der Arbeit selbst oder auch sonst im Betrieb95 verbleiben. Hier ist neben Aufenthalten in der Verleiherbetriebsstätte96 vor allen Dingen an Personalinformationssysteme zu denken, mit denen etwa der Krankenstand automatisiert erfasst wird und die der Verleiher nur mit Zustimmung seines Betriebsrats einführen und anwenden darf97.
g) Arbeits- und Gesundheitsschutz (§ 87 I Nr. 7 BetrVG) Mit dem ergänzenden Arbeits- und Gesundheitsschutz in § 87 I Nr. 7 BetrVG soll die Effizienz der hierauf bezogenen gesetzlichen Regelungen ___________ 91 BAG 11.11.1998, AP Nr. 19 zu § 50 BetrVG 1972; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.259; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn.48; DKK/Klebe, § 87 Rn.135; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.480 ff.; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.119. 92 FESTL, § 87 Rn.249. 93 Zur Anwendbarkeit der Nr. 6 auf Leiharbeitnehmer im Entleihbetrieb auch Barth, Beteiligungsrechte, S. 89; Becker, AuR 1982, 369 (376); Boemke, AÜG, § 14 Rn.38; Dewender, Betriebsfremde, S. 132 f.; FESTL, § 5 Rn.238; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.369; KRHS, § 87 Rn.1; Kaufmann, Zuordnung, S. 160; DKK/Klebe, § 87 Rn.6; Kraft, FS Pleyer, S. 383 (393); Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 82 f.; Rost, NZA 1999, 113 (118); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.32; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.119. 94 Ebenso Boemke, AÜG, § 14 Rn.38; Erdlenbruch, Stellung, S. 138; Dewender, Betriebsfremde, S. 70; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.369; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.41; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.578. A.A. Becker, AuR 1982, 369 (374); Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 128; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.32. Ferner Kaufmann (Zuordnung, S. 159), die wie Müllner (Arbeitgeberstellung, S. 82) das Mitbestimmungsrecht normzweckwidrig eng arbeitsplatzbezogen interpretiert. 95 Zu den Begriffen Verhalten oder Leistung Richardi, BetrVG, § 87 Rn.494. 96 Hierauf stellt Dewender (Betriebsfremde, S. 70) ausschließlich ab. 97 Boemke, AÜG, § 14 Rn.38; Erdlenbruch, Stellung, S. 138; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.369. Zur generellen Mitbestimmungspflichtigkeit FESTL, § 87 Rn.369.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
durch eine Mitregelungsbefugnis der sachnahen Betriebspartner gefördert werden.98 Allerdings müssen die gesetzlichen Bestimmungen dem Arbeitgeber als deren Adressat einen Regelungsspielraum belassen.99 Wie dem deklaratorischen100 § 11 VI AÜG zu entnehmen ist, unterliegt die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers im Entleiherbetrieb den dort geltenden öffentlichrechtlichen Vorschriften des Arbeitsschutzrechts, deren Einhaltung dem Entleiher unbeschadet der Pflichten des Verleihers obliegt. Dementsprechend kommen sowohl im Verleiher-101 als auch im Entleiherbetrieb102 Beteiligungsrechte der jeweiligen Arbeitnehmervertretung in Betracht, wobei die Abgrenzung der Zuständigkeiten wiederum davon abhängig ist, welchen Betriebsinhaber die Schutzpflichten im Einzelnen treffen. Naturgemäß kann der eigentliche Vollzug des Arbeitsschutzes nur durch den Entleiher erfolgen, in dessen Betrieb die Arbeitsleistung tatsächlich erbracht wird.103 Dementsprechend obliegt es der dort gebildeten Vertretung, neben der Stammbelegschaft auch die Berücksichtigung der Belange der Leiharbeitnehmer bei der Ausfüllung der Rahmenregelungen sicherzustellen.104 Aus Sicht des Verleihers und des dort gebildeten Betriebsrats sind dagegen nur solche Arbeitsschutzbestimmungen von Bedeutung, die nicht unmittelbar an die tatsächliche Erbringung der Arbeitsleistung anknüpfen. Beispielhaft kann hier die arbeitsmedizinische Vorsorge angeführt werden.105 Im Übrigen erschöpft sich § 11 VI AÜG seitens des Verleihers in der Verpflichtung, die Durchführung des Arbeitsschutzes beim Entleiher zu überwachen.106 In die___________ 98
FESTL, § 87 Rn.257; DKK/Klebe, § 87 Rn.167; HaKo-BetrVG/Kohte, § 87 Rn.63; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.585 ff. 99 HaKo-BetrVG/Kohte, § 87 Rn.64; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.536; GKBetrVG/Wiese, § 87 Rn.549. 100 Dewender, Betriebsfremde, S. 133; Schüren/Feuerborn, AÜG, § 11 Rn.112. 101 Boemke, AÜG, § 14 Rn.38; Dewender, Betriebsfremde, S. 71; Erdlenbruch, Stellung, S. 142; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.370; Kaufmann, Zuordnung, S. 160 f.; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.32, 126. A.A. Becker, AuR 1982, 369 (374). 102 BAG 14.5.1974, AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972; LAG Hamm 24.5.1973, DB 1973, 983 (983); Dewender, Betriebsfremde, S. 133; Erdlenbruch, Stellung, S. 143; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.260; Däubler/Hensche, TVG, § 1 Rn.684, Kaufmann, Zuordnung, S. 162 f.; DKK/Klebe, § 87 Rn.6; Ratayczak, AiB 2004, 212 (214); Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (311); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.33, 127. 103 Becker/Wulfgramm, Art.1 § 11 Rn.60; ErfK/Wank, § 11 AÜG Rn.27. 104 Dewender, Betriebsfremde, S. 133; Erdlenbruch, Stellung, S. 143; FESTL, § 5 Rn.238; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.260; Kaufmann, Zuordnung, S. 162 f.; Rost, NZA 1999, 113 (118); Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (311). 105 Dewender, Betriebsfremde, S. 71; Erdlenbruch, Stellung, S. 142; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.370; Kaufmann, Zuordnung, S. 161. 106 Becker/Wulfgramm, Art.1 § 11 Rn.60; Boemke, AÜG, § 11 Rn.146; Schüren/Feuerborn, AÜG, § 11 Rn.111; ErfK/Wank, § 11 AÜG Rn.27.
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sem Zusammenhang sind beispielsweise Abreden der Betriebspartner über Besuche am Arbeitsplatz der Leiharbeitnehmer denkbar.107
h) Sozialeinrichtungen (§ 87 I Nr. 8 BetrVG) § 87 I Nr. 8 BetrVG betrifft die Mitbestimmung über Sozialeinrichtungen im Betrieb, Unternehmen oder Konzern. Diese sind durch ein dauerhaftes und vom übrigen Betriebsvermögen abgrenzbares sowie zweckgebundenes Sondervermögen gekennzeichnet, das der Verwaltung bedarf.108 Das Beteiligungsrecht dient der Besserung der sozialen Lage der Arbeitnehmer durch die Gewährung von Vorteilen, die über das unmittelbare Arbeitsentgelt hinausgehen.109 Dazu verfolgt es das Ziel einer durchschaubaren und gerechten Verteilung betrieblicher Mittel110 und bezieht sich dementsprechend auf die Form, Ausgestaltung und Verwaltung der Einrichtungen, nicht jedoch auf ihre Errichtung oder Dotierung111. Bei der Arbeitnehmerüberlassung ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung, ob Leiharbeitnehmer bei der abstrakten Festlegung des Kreises der Berechtigten ein- oder ausgeschlossen werden können und inwieweit ihre konkrete Auswahl bei der Nutzung im Einzelfall der Mitbestimmung unterworfen ist.
aa) Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr. 8 BetrVG setzt grundsätzlich voraus, dass vom Betriebsrat repräsentierte Arbeitnehmer oder deren Angehörige begünstigt werden.112 Eine Beteiligung des Verleiherbetriebsrats kommt dementsprechend ohne weiteres für die auch während der Entsendung betriebszugehörigen Leiharbeitnehmer und immer dann in Betracht, wenn der Verleiher Leistungen gewährt.113 ___________ 107
Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.370. Siehe auch unten § 6 F.I.1. ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn.68; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.603. 109 FESTL, § 87 Rn.335; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn.69. 110 FESTL, § 87 Rn.333; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.601; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.676. 111 FESTL, § 87 Rn.332. 112 FESTL, § 87 Rn.342; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.371; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.617. 113 Boemke, AÜG, § 14 Rn.40; Dewender, Betriebsfremde, S. 72; Erdlenbruch, Stellung, S. 144; Kaufmann, Zuordnung, S. 162 f.; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.34. 108
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Bei der Frage, ob Leiharbeitnehmer generell in den Genuss der Sozialeinrichtung kommen sollen, muss berücksichtigt werden, dass der mitbestimmungsfreien Errichtung auch die Zweckbestimmung und damit die Festlegung des begünstigten Personenkreises unterfällt114. Dies gestattet dem Verleiher zwar im Grunde, Leiharbeitnehmer im Gegensatz zum Stammpersonal vom Benutzerkreis auszuschließen.115 Er unterliegt dabei jedoch den Grenzen des § 75 I BetrVG,116 sodass nur sachliche, mit der Tätigkeit im Zusammenhang stehende Gründe eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können. Dabei kann die Nutzung – etwa einer Kantine – auch aus tatsächlichen Gründen aufgrund der Tätigkeit außerhalb der Betriebsstätte ausgeschlossen sein. Hierauf gegründete finanzielle Entschädigungen kann der Betriebsrat freilich nicht verlangen,117 da die Art der zu erbringenden Leistung ebenfalls zur mitbestimmungsfreien Zweckbestimmung zu rechnen ist118. Soweit Leiharbeitnehmer zum Nutzerkreis zählen, gelten für die beteiligungspflichtige Konkretisierung der Zuwendung der Mittel an die begünstigten Arbeitnehmer119 keine Besonderheiten im Vergleich zum Normalarbeitsverhältnis.
bb) Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats Gewährt der Entleiher Sozialleistungen in Form einer sozialen Einrichtung, so stellen sich die nämlichen Probleme im Entleiherbetrieb. Allerdings ist hier die vorgelagerte Frage aufgeworfen, inwieweit bei einer Begünstigung von Leiharbeitnehmern durch soziale Einrichtungen überhaupt Mitbestimmungsrechte in Betracht kommen. Dewender120 verneint dies mit der Begründung, dass die Mitbestimmung bei Sozialeinrichtungen einen Unterfall der Beteiligung in Entgeltfragen nach § 87 I Nr. 10 BetrVG darstellt121 und Schuldner des Entgeltanspruchs nur der Verleiher ist. Damit bleibt aber unberücksichtigt, ___________ 114
BAG 26.4.1988, AP Nr. 16 zu § 87 BetrVG 1972 Altersversorgung; FESTL, § 87 Rn.353; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.261; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.628 f.; GKBetrVG/Wiese, § 87 Rn.708. 115 Kaufmann, Zuordnung, S. 163. 116 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.261. Allgemein GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.708. Zur Anwendbarkeit im Verleiherbetrieb schon oben § 6 A.I. 117 Im Ergebnis ebenso Dewender, Betriebsfremde, S. 72 f. A.A. Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.371; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.42. 118 Richardi, BetrVG, § 87 Rn.629. 119 Hierzu Richardi, BetrVG, § 87 Rn.638. 120 Betriebsfremde, S. 135 f. Im Ergebnis auch Hempel, Spannungsverhältnis, S. 191. 121 Vgl. FESTL, § 87 Rn.332.
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dass auch der Entleiher freiwillige Leistungen im Hinblick auf die Tätigkeit der Leiharbeitnehmer im Betrieb gewähren kann und dies als Entgelt im weiteren Sinne zu verstehen ist. Dann ist es aber nicht einsichtig, dass der Entleiher bei der Verwaltung in Bezug auf die Stammarbeitnehmer den Einschränkungen des Mitbestimmungsrechts unterliegen soll, nicht aber bei der Begünstigung von Leiharbeitnehmern. Denn die mit dem Mitbestimmungsrecht verfolgte Sicherstellung der innerbetrieblichen Verteilungsgerechtigkeit ist zum einen bei den Zeitarbeitskräften untereinander notwendig, was bei Leistungen des Entleihers durch den Verleiherbetriebsrat nicht erfolgen kann. Demzufolge hat der Entleiherbetriebsrat mitzubestimmen, der zum anderen auch für eine gerechte Teilhabe im Verhältnis zwischen Stammpersonal und Leiharbeitnehmern122 zu sorgen hat. Deshalb ist immer dann, wenn Leiharbeitnehmer mitbestimmungsfrei in den Kreis der Berechtigten aufgenommen wurden, ihr Zugang zu den Sozialeinrichtungen wie bei Stammarbeitnehmern der Mitregelung durch den Entleiherbetriebsrat zu unterwerfen.123 Der generelle Ausschluss von Leiharbeitnehmern ist dagegen lediglich am Maßstab des § 75 I BetrVG zu messen,124 wobei sich das nur an den Verleiher gerichtete Gebot zur Gewährung der wesentlichen Arbeitsbedingungen nach den §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG nicht unmittelbar auswirkt125. Als besonderer Rechtfertigungsgrund des Ausschlusses kommt dabei in Abhängigkeit vom Gegenstand der Einrichtung insbesondere das Fehlen arbeitsvertraglicher Bindungen oder der Betriebszugehörigkeit bei kurzen Überlassungen in Betracht. Dies kann etwa im Gegensatz zum Zugang zur Gemeinschaftsverpflegung, zu Kinderbetreuungseinrichtungen oder zu Beförderungsmitteln126 bei Maßnahmen in Bezug auf eine besondere Betriebstreue an___________ 122
Bei § 87 I Nr. 9 BetrVG erkennt das auch Dewender (Betriebsfremde, S. 136 f.). Im Ergebnis ebenso Barth, Beteiligungsrechte, S. 93; Becker/Wulfgramm, AÜG, Art.1 § 14 Rn.109; Boemke, AÜG, § 14 Rn.120; Erdlenbruch, Stellung, S. 146 f.; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 137; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.261 ff.; Kaufmann, Zuordnung, S. 164; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.34; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.121. 124 Boemke, AÜG, § 14 Rn.120; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.262. Art.6 der geplanten EG-Richtlinie über Leiharbeit bestimmt zudem, dass Leiharbeitnehmer in dem entleihenden Unternehmen zu den gleichen Bedingungen wie die unmittelbar von dem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer Zugang zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten haben. Eine unterschiedliche Behandlung ist aber auch hier bei einer sachlichen Rechtfertigung zulässig. 125 Insoweit a.A. Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.262; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.129. Mittelbare Auswirkungen sind denkbar, wenn der Verleiher mit dem Entleiher die Gewährung verabredet, um seiner eigenen Pflicht nachkommen zu können. 126 So die ausdrücklichen Aufzählungen in Art.6 der geplanten EG-Richtlinie über Leiharbeit. 123
192
3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
zunehmen sein, muss aber letztlich im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden.127
i) Werkmietwohnungen § 87 I Nr. 9 BetrVG statuiert ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats über Nutzungsbedingungen, Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis vermietet werden. Damit soll neben der Sicherstellung einer gerechten Verteilung der Leistungen des Arbeitgebers dem gesteigerten Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer begegnet werden, die durch das Bewohnen von Werkmietwohnungen auch im privaten Bereich von Entscheidungen des Betriebsinhabers betroffen sind.128
aa) Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats Bei der Mitbestimmung im Verleiherbetrieb bestehen keine Besonderheiten im Vergleich zum Normalarbeitsverhältnis. Der dortige Betriebsrat ist demnach auch bezüglich der Leiharbeitnehmer bei der Vergabe oder Kündigung von Werkmietwohnungen zu beteiligen,129 wenn selbige durch den Verleiher zur Verfügung gestellt werden.130 Räumt man dem Arbeitgeber die Mitbestimmungsfreiheit bei der abstrakten Festlegung des Nutzerkreises ein,131 ist der Verleiher bei einer etwaigen Differenzierung zwischen Leiharbeitnehmern und sonstigen Arbeitnehmern des Verleihbetriebs jedenfalls an die von § 75 I BetrVG gezogenen Grenzen gebunden.132 ___________ 127
Vgl. Boemke, AÜG, § 14 Rn.8; Erdlenbruch, Stellung, S. 146; FESTL, § 5 Rn.238; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.262; Kaufmann, Zuordnung, S. 164; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.130; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.121. 128 FESTL, § 87 Rn.377. 129 Boemke, AÜG, § 14 Rn.39; Dewender, Betriebsfremde, S. 73 f.; Erdlenbruch, Stellung, S. 149; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.372; Kaufmann, Zuordnung, S. 164 f. 130 Boemke, AÜG, § 14 Rn.39; Kaufmann, Zuordnung, S. 164. 131 FESTL, § 87 Rn.389; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.776. Hierfür spricht bei den Werkwohnungen, die auch Sozialeinrichtungen im Sinne des Mitbestimmungsrechts nach § 87 I Nr. 8 BetrVG sind, die Regelung des § 88 Nr. 2 BetrVG, im Übrigen dessen analoge Anwendung. A.A. allerdings auch hier Dewender, Betriebsfremde, S. 136; DKK/Klebe, § 87 Rn.232. 132 DKK/Klebe, § 87 Rn.232; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.776. Hierzu schon oben bei der Mitbestimmung nach § 87 I Nr. 8 BetrVG.
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
193
bb) Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats Ein Mitbestimmungsrecht des Entleiherbetriebsrats nach § 87 I Nr. 9 BetrVG setzt zunächst voraus, dass der Entleiher den Zeitarbeitnehmern Wohnräume überlässt.133 Bejahendenfalls stellt sich aber sogleich die Frage, ob dies mit der vom Tatbestand geforderten Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geschieht. Eine arbeitsvertragliche Grundlage zwischen Betriebsinhaber und Leiharbeitnehmer ist jedenfalls nicht gelegt. Aufgrund der arbeitsrechtlichen Weisungsgebundenheit sind aber gleichwohl besondere Spannungen zwischen dem Beschäftigungsarbeitgeber und der Arbeitsperson wegen der auch im Privaten bestehenden mietrechtlichen Bindung zu erwarten. Darüber hinaus können in Ausgleich zu bringende Begehrlichkeiten ebenso wie beim Stammpersonal auch bei überlassenen Arbeitskräften entstehen, sodass eine vergleichbare Schutzbedürftigkeit zu konstatieren ist. Eine Einbeziehung der Leiharbeitnehmer in den persönlichen Anwendungsbereich des § 87 I Nr. 9 BetrVG ist daher angezeigt, wobei die Grenzen der grammatikalischen Auslegung nicht überschritten werden,134 nachdem der Kontakt zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher als partielles Arbeitsverhältnis bezeichnet werden konnte135. Sind demnach Leiharbeitnehmer mitbestimmungsfrei in den potentiellen Nutzerkreis der Werkmietwohnungen aufgenommen worden, bezieht sich das Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr. 9 BetrVG auch auf sie.136 Im Gegensatz zum alternativen Begründungsansatz, der allein auf die Interessen des Stammpersonals aufgrund des Wegfalls der Vermietungsmöglichkeit bei einer anderweitigen Belegung der Unterkunft abstellt,137 sind bei dieser Sichtweise ___________ 133
Boemke, AÜG, § 14 Rn.39. Thüsing, AÜG, § 14 Rn.132, allerdings in analoger Anwendung. A.A. offenbar Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.265, der allerdings eine Mitbestimmungspflicht annimmt, „wenn Leiharbeitnehmer zusammen mit Stammarbeitnehmern des Entleihers auf auswärtigen Baustellen eingesetzt werden und auswärtig eingesetzten Arbeitnehmern Behelfsheime, Wohnwagen oder Wohncontainer zur Verfügung gestellt werden“ (Rn.266). Ebenso Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.124. Ein mitbestimmungsrelevanter Unterschied zum Grundfall wird hier aber nicht recht deutlich. Vgl. auch Erdlenbruch (Stellung, S. 149) und dem folgend Barth (Beteiligungsrechte, S. 94), wonach die Beziehung zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer dem von § 87 I Nr. 9 BetrVG geforderten Arbeitsverhältnis auch ohne Arbeitsvertrag sehr nahe kommt. 135 Hierzu schon oben § 1 A.III.2. 136 Im Ergebnis ebenso BAG 28.7.1992, AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmietwohnungen; Erdlenbruch, Stellung, S. 150; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 137; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 84; Kaufmann, Zuordnung, S. 165; Rost, NZA 1999, 113 (118). A.A. Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.109. 137 Dewender, Betriebsfremde, S. 136 f.; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.123. Es handelt sich hierbei um eine Parallele zur Zuweisung von Werkmietwohnungen an leitende Angestellte, hierzu BAG 30.4.1974, AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Werkmiet134
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
auch die Belange der Zeitarbeitskräfte zu berücksichtigen und zudem Fälle erfasst, in denen ein Wohnkomplex gemäß seiner Widmung ausschließlich an diese vermietet werden soll.
j) Lohngestaltung (§ 87 I Nr. 10, 11 BetrVG) § 87 I Nr. 10 BetrVG gewährt ein Mitbestimmungsrecht bei der Entgeltfindung, um die innerbetriebliche Verteilungsgerechtigkeit zu sichern. Damit sollen neben der Herstellung eines transparenten Entgeltgefüges auch die Gefahren einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers ausgerichteten oder willkürlichen Lohngestaltung berücksichtigt werden.138 Die Entgelthöhe ist dagegen grundsätzlich mitbestimmungsfrei, wobei Ausnahmen im Rahmen der Leistungsvergütung gemäß § 87 I Nr. 11 BetrVG denkbar sind.139
aa) Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats Auch in Zeiten der Entsendung ist der Verleiher gegenüber dem Leiharbeitnehmer zur Entrichtung der Vergütung verpflichtet.140 Demzufolge ist die Mitbestimmung in Entgeltfragen vornehmlich ein Betätigungsfeld des Verleiherbetriebsrats.141 Soweit das Lohngefüge allerdings allein auf den Gleichbehandlungsgrundsatz der §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG zurückzuführen ist, besteht keine zwingende soziale Mitbestimmung. Die Beteiligung ist in diesem Zusammenhang ___________ wohnungen mit zust. Anm. B. Natzel. Vgl. ferner Barth (Beteiligungsrechte, S. 94 f.), Erdlenbruch (Stellung, S. 151) und Kaufmann (Zuordnung, S. 165), die sich auf diese Argumente hilfsweise stützen. 138 BAG 16.7.1991, AP Nr. 49 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; FESTL, § 87 Rn.408; v. Hoyningen-Huene, BetriebsverfassungsR, § 12 II.10; DKK/Klebe, § 87 Rn.241; HaKo-BetrVG/Kohte, § 87 Rn.90; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.728 ff.; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.125; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.804 ff. 139 Vgl. BAG 16.7.1991, AP Nr. 49 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; v. Hoyningen-Huene, BetriebsverfassungsR, § 12 II.10. f.; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.134; GKBetrVG/Wiese, § 87 Rn.808. 140 Siehe oben § 1 A.II. 141 Im Ergebnis zur Beteiligung auf Verleiherseite ebenso Barth, Beteiligungsrechte, S. 96 f.; Becker/Wulfgramm, AÜG, Art.1 § 14 Rn.81; Boemke, AÜG, § 14 Rn.41; Dewender, Betriebsfremde, S. 75 f.; Erdlenbruch, Stellung, S. 152; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.374 f.; v. Hoyningen-Huene, FS Stahlhacke, S. 173 (182); Kaufmann, Zuordnung, S. 166; Rost, NZA 1999, 113 (119); A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 364; Schüren, AÜG, Einleitung Rn.165; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.35; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.43.
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
195
auf die Mitbeurteilung bei Ein- und Umgruppierungen nach § 99 BetrVG sowie die Überwachungsaufgaben nach § 80 I Nr. 1 BetrVG beschränkt.142 Die hierzu erforderliche Auskunft über die wesentlichen Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer gemäß § 80 II BetrVG kann der Verleiherbetriebsrat freilich nicht vom Entleiher, sondern nur vom Verleiher erlangen, dessen Kenntnis durch den zwingenden Inhalt des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags aber sichergestellt ist, § 12 I 3 AÜG.
bb) Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats Auch wenn der Verleiher Schuldner des Entgeltanspruchs bleibt, kann damit der Ausschluss von Beteiligungsrechten auf Entleiherseite nicht begründet werden. Die Mitbestimmung in Vergütungsfragen erfasst nämlich sämtliche vermögenswerte Leistungen, die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden.143 Soweit der Entleiher insbesondere sog. freiwillige Leistungen 144 gegenüber Leiharbeitnehmern erbringt, ist damit auch eine Beteiligung des Entleiherbetriebsrats zu befürworten. Neben dem nur so herzustellenden Schutz der Leiharbeitnehmer wahrt dies auch die Belange der übrigen Belegschaft zur Herstellung der mit dem Beteiligungsrecht verfolgten innerbetrieblichen Verteilungsgerechtigkeit und der Transparenz des Entgeltgefüges.145 Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes bleibt dagegen ohne Auswirkungen auf die Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats.146 Die hieraus resultierenden Verpflichtungen treffen allein den Verleiher, sodass die überlassenen Arbeitskräfte nicht unmittelbar von den Bedingungen tangiert werden, die für vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers gelten und gegebenenfalls in Bezug auf diese mitbestimmungspflichtig sind. Die nur mittelbare Berührung rechtfertigt keine Beteiligung des Entleiherbetriebsrats zur Wahrung der Interessen der Leiharbeitnehmer, da sie der ___________ 142
Siehe ausführlich unten § 7 B.VI. FESTL, § 87 Rn.412; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.135, 137. 144 Hierzu allgemein FESTL, § 87 Rn.414; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.824. Der Arbeitgeber ist freilich hinsichtlich der Entscheidung frei, ob und in welchem Umfang er solche Leistungen erbringt (FESTL, § 87 Rn.443 ff.). 145 Im Ergebnis ebenso Barth, Beteiligungsrechte, S. 97; Boemke, AÜG, § 14 Rn.121; Erdlenbruch, Stellung, S. 153 f.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.267, 269 f.; Kaufmann, Zuordnung, S. 167; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.135. A.A. Becker/Wulfgramm, AÜG, Art.1 § 14 Rn.109; Dewender, Betriebsfremde, S. 137 f.; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 137; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 85; A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 364. Weiter Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.125a f. 146 Im Ergebnis ebenso Dewender, Betriebsfremde, S. 138; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.268 f.; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1127. 143
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
herausgearbeiteten Kompetenzverteilung entgegenstehen würde und im Übrigen nicht erforderlich ist, nachdem sich ohnehin nur für den Leiharbeitnehmer günstigere Bedingungen durchsetzen.
k) Betriebliches Vorschlagswesen (§ 87 I Nr. 12 BetrVG) Das im Bereich des betrieblichen Vorschlagswesens gewährte Mitbestimmungsrecht soll eine durchschaubare Behandlung betrieblicher Verbesserungsvorschläge erreichen und die diesbezügliche Motivation der Arbeitnehmer stärken, indem für die Beachtung der Grundsätze von Recht und Billigkeit vorgesorgt wird.147 Wegen der für Erfindungen im Sinne des Eingangssatzes abschließenden Regelungen im Arbeitnehmererfindergesetz kommt eine Beteiligung nach § 87 I Nr. 12 BetrVG lediglich bei technischen Verbesserungsvorschlägen (§ 3 ArbEG) und sonstigen, nicht gesetzlich erfassten Anregungen zur Optimierung des Betriebs in Betracht.148 In diesem Zusammenhang unterliegt insbesondere die Aufstellung von Grundsätzen über die Organisation, das Verfahren und die Honorierung dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats.149 Soweit Leiharbeitnehmer Verbesserungsvorschläge unterbreiten, stellt sich vorgelagert die Frage, welcher organisatorischen Einheit die Anregung zugeordnet werden kann. Steht etwa die Rationalisierung des Überlassungsverfahrens in Rede, sind Gegenstände des dortigen Betriebs betroffen und folglich die Grundsätze des Vorschlagswesens im Verleiherbetrieb einschlägig bzw. zu regeln.150 Ein Ausschluss überlassener Arbeitskräfte bei entsprechenden Vereinbarungen ist dabei an § 75 BetrVG zu messen und wäre damit nicht allein mit ihrer Stellung als Leiharbeitnehmer zu rechtfertigen.151 Wie im Anwendungsbereich des Arbeitnehmererfindungsgesetzes durch § 11 VII AÜG bestätigt wird,152 besteht dagegen keine Regelungsbefugnis der ___________ 147
DKK/Klebe, § 87 Rn.289; HaKo-BetrVG/Kohte, § 87 Rn.109. Bartenbach/Volz, ArbEG, Anhang zu §§ 20, 21 Rn.6; DKK/Klebe, § 87 Rn.290 ff.; HaKo-BetrVG/Kohte, § 87 Rn.110; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.138. 149 DKK/Klebe, § 87 Rn.294 ff.; HaKo-BetrVG/Kohte, § 87 Rn.111 f. 150 Erdlenbruch, Stellung, S. 155; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.376; Kaufmann, Zuordnung, S. 168. Zur Abgrenzung auch Dewender, Betriebsfremde, S. 140. 151 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.376. 152 Vgl. Barth, Beteiligungsrechte, S. 98; Erdlenbruch, Stellung, S. 156; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.377; Kaufmann, Zuordnung, S. 168. Dieser Bestimmung zufolge gilt der Entleiher als Arbeitgeber im Sinne des Arbeitnehmererfindungsgesetzes, soweit Erfindungen oder Verbesserungsvorschläge auf dessen Betrieb bezogen sind. Zu dieser einschränkenden Auslegung Schüren/Feuerborn, AÜG, § 12 Rn.121. 148
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
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Betriebspartner des entsendenden Betriebs, wenn die Verbesserungsvorschläge dem Entleiherbetrieb dienen. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr. 12 BetrVG ist deshalb bei entsprechenden Anregungen im Entleiherbetrieb durch den dortigen Betriebsrat wahrzunehmen, um auch gegenüber Leiharbeitnehmern die Anerkennung ihrer Eigeninitiative sicherzustellen und die hierauf bezogene Bewertung durchschaubar und gerecht zu gestalten.153
l) Gruppenarbeit (§ 87 I Nr. 13 BetrVG) § 87 I Nr. 13 BetrVG unterzieht die Grundsätze der Durchführung von Gruppenarbeit einer Beteiligung des Betriebsrats und belässt damit die unternehmerische Grundentscheidung über Einführung und Beendigung derselben unbeschadet anderer Beteiligungsrechte mitbestimmungsfrei154. Die zwingende Mitbestimmung bei Gruppenarbeit betrifft damit insbesondere die interne Arbeitsorganisation,155 wobei den Zielen des Beteiligungstatbestands folgend, den Gefahren einer Selbstausbeutung der Gruppenmitglieder und einer Isolation leistungsschwächerer Arbeitnehmer entgegengewirkt werden soll156. Entsprechend der Legaldefinition in § 87 I Nr. 13 BetrVG liegt Gruppenarbeit vor, wenn innerhalb des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Arbeitnehmergruppe eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt. Dies erhellt, dass eine Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats bezüglich entsandter Arbeitskräfte sowohl hinsichtlich der Überlassung als Gruppe als auch bei einer Überlassung in eine Gruppe ausscheidet.157 So setzt die angesprochene Gesamtaufgabe voraus, dass aus ihr ein abgegrenztes, abgeschlossenes Gesamtergebnis der Gruppe in Form eines Produkts ___________ 153 Im Ergebnis ebenso Barth, Beteiligungsrechte, S. 98; Boemke, AÜG, § 14 Rn.122; Dewender, Betriebsfremde, S. 139; FESTL, § 87 Rn.553; Erdlenbruch, Stellung, S. 156; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.271 f.; Kaufmann, Zuordnung, S. 168; DKK/Klebe, § 87 Rn.6; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.137; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.127. 154 FESTL, § 87 Rn.572; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.273; DKK/Klebe, § 87 Rn.306; HaKo-BetrVG/Kohte, § 87 Rn.115; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.954; GKBetrVG/Wiese, § 87 Rn.1049. Als weitere Beteiligungsrechte kommen insbesondere die §§ 90 und 111 BetrVG in Betracht (vgl. FESTL, § 87 Rn.572; DKK/Klebe, § 87 Rn.302; HaKo-BetrVG/Kohte, § 87 Rn.115; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.1050). 155 DKK/Klebe, § 87 Rn.308. Siehe auch die Beispiele bei Hamann (Schüren, AÜG, § 14 Rn.274) und Wiese (GK-BetrVG, § 87 Rn.1065). 156 Vgl. FESTL, § 87 Rn.564; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.127b. 157 Im Ergebnis ebenso Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.378; Kaufmann, Zuordnung, S. 170; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.36; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1008. A.A. Dewender, Betriebsfremde, S. 78, 141.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
oder einer Dienstleistung resultiert.158 Könnte man dies noch annehmen, wenn Arbeitnehmer als Gruppe überlassen werden und damit eine Dienstleistung erbringen, so fehlt es dennoch an der hierauf bezogenen im Wesentlichen eigenverantwortlichen Aktion, d.h. an einer eigenständigen Planung, Steuerung und Verteilung159. Diese kann allenfalls nach der Übertragung der konkreten Arbeitsaufgaben im Entleiherbetrieb durch den Entleiher als Ausfluss des ihm zustehenden Weisungsrechts erfolgen und richtet sich demzufolge nach den dortigen Gegebenheiten. Da die Gruppenleistung zudem nur innerhalb des entleiherbetrieblichen Arbeitsablaufs erbracht wird, ist das auch für Leiharbeitnehmer zu deren Schutz und im Verhältnis zur übrigen Belegschaft gebotene Beteiligungsrecht nach § 87 I Nr. 13 BetrVG durch den Entleiherbetriebsrat wahrzunehmen.160
3. Individualrechtliche Auswirkungen einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts Da mitbestimmungspflichtige Maßnahmen nur mit Zustimmung des Betriebsrats vorgenommen werden können und dies dem Schutz des Arbeitnehmers dient,161 wirkt sich eine Missachtung der Beteiligungstatbestände auch auf individualrechtlicher Ebene aus. Die Zustimmung des Betriebsrats ist auf dieser Grundlage eine Wirksamkeitsvoraussetzung entsprechender Akte des Betriebsinhabers.162 Hier soll nur der Frage nachgegangen werden, wie sich im Rahmen der Aufspaltung der Arbeitgeberstellung die Verletzung von Mitbestimmungsrechten auswirkt, die ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers begründet.163 ___________ 158
DKK/Klebe, § 87 Rn.303. Hierzu DKK/Klebe, § 87 Rn.304. 160 Für ein Beteiligungsrecht des Entleiherbetriebsrats nach § 87 I Nr. 13 BetrVG auch Dewender, Betriebsfremde, S. 140; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.275; Kaufmann, Zuordnung, S. 170; DKK/Klebe, § 87 Rn.6; Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1074); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.139; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.127b; UrbanCrell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1129. 161 Siehe oben § 2 A. und § 6 B.I. vor 1. 162 St. Rspr. des BAG, etwa 3.5.1994, AP Nr. 23 zu § 23 BetrVG mit Anm. Richardi; FESTL, § 87 Rn.599; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.98. A.A. Richardi, BetrVG, § 87 Rn.104 ff.; HSWG/Worzalla, § 87 Rn.83. 163 Beispielhaft § 87 I Nr. 1, 2 und 3 BetrVG: Nr. 1: Leistungsverweigerungsrecht bezüglich des Ordnungsverhaltens, das sich auf die gesamte Leistung auswirken kann, wenn sie nur unter Beachtung der nicht mitbestimmten Ordnungsmaßnahme erfolgen kann, vgl. Richardi, BetrVG, § 87 Rn.212; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.234. Nr. 2: Leistungsverweigerungsrecht zu den einseitig festgelegten Arbeitszeiten, vgl. Richardi, BetrVG, § 87 Rn.333; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.353. 159
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
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Im Falle einer Missachtung der Beteiligung des Entleiherbetriebsrats fällt die Antwort leicht, sofern das Beteiligungsrecht auch im Interesse der Zeitarbeitskraft bestand. Der Leiharbeitnehmer kann dann die mitbestimmungswidrige Beschäftigung durch den Entleiher ablehnen. Gilt das Mitbestimmungsrecht dagegen allein der Wahrung der Belange der übrigen Belegschaft des Entleihers,164 so ist der Leiharbeitnehmer nicht vom Schutzbereich erfasst. Aus diesem Grunde ist es auch nicht erforderlich, ihm aufgrund der Verletzung eines nicht zu seinen Gunsten wirkenden Beteiligungsrechts ein Recht zur Arbeitsverweigerung zu gewähren. Allerdings ist zu beachten, dass der Einsatz, der dem in diesem Sinne drittschützenden Beteiligungsrecht entgegensteht, insoweit betriebsverfassungswidrig ist und der Betriebsrat dessen Unterlassung165 verlangen kann. Damit ist der Entleiher infolge dessen zugleich an der Durchsetzung des Anspruchs auf die Arbeitsleistung gegenüber dem Leiharbeitnehmer gehindert. Die Betriebsverfassungswidrigkeit im Entleiherbetrieb kann damit zum Entfallen der Arbeitspflicht des Leiharbeitnehmers gegenüber dem Entleiher führen, obwohl das verletzte Beteiligungsrecht nicht zum Schutz der Zeitarbeitskraft bestand.166 Missachtet der Verleiher ein Beteiligungsrecht seines Betriebsrats, so wirkt sich das gegenüber dem Verleiher bestehende Leistungsverweigerungsrecht im Falle einer bloßen Ausübungsermächtigung ohne weiteres auch auf das Verhältnis zwischen Zeitarbeitnehmer und Entleiher aus. Selbst bei einer Abtretung gilt aufgrund von § 404 BGB nichts anderes, da die zur Zeit der Übertragung des Rechts begründeten Einwendungen auch dem neuen Inhaber gegenüber geltend gemacht werden können. Es genügt hierfür, dass die Einwendung schon dem Grunde nach angelegt war,167 was aufgrund der gesetzlichen Mitbestimmungsordnung der Fall ist. Beim Vorliegen eines Vertrags zugunsten Dritter greift § 334 BGB.
4. Zusammenfassung Es kann damit festgehalten werden, dass im Interesse der Zeitarbeitskräfte im Bereich der zwingenden Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten weitreichende Kompetenzen des Verleiher- wie auch des Entleiherbetriebsrats be___________ Nr. 3: Leistungsverweigerungsrecht bezüglich der Mehrarbeit, vgl. Richardi, BetrVG, § 87 Rn.405. 164 Siehe allgemein oben § 5 B.III.2., zu einzelnen Gestaltungen z.B. § 6 B.I.2.b). 165 Zum Unterlassungsanspruch schon oben § 5 B.III.2. 166 Die Situation ist dann vergleichbar mit einer mitbestimmungswidrigen Einstellung. Hierzu unten § 7 A.II.6. 167 Bamberger/Roth/Rohe, BGB, § 404 Rn.8.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
stehen. In Abhängigkeit vom jeweiligen Gegenstand des Mitbestimmungsrechts und der Entscheidungs- und Regelungskompetenz des jeweiligen Betriebsinhabers ist der in dessen organisatorischer Einheit gebildete Betriebsrat mitbestimmungsberechtigt. Soweit beteiligungspflichtige Angelegenheiten durch den Verleiher gegenüber dem Leiharbeitnehmer angeordnet werden, kann aber gleichwohl ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats des entleihenden Betriebs zum Schutz der dortigen übrigen Belegschaft in Betracht kommen.
II. Freiwillige Betriebsvereinbarungen (§ 88 BetrVG) Über die zwingende Mitbestimmung nach § 87 BetrVG hinaus eröffnet § 88 BetrVG auf freiwilliger Basis umfassende Regelungsbefugnisse der Betriebspartner in sozialen Angelegenheiten, die freilich ihre Grenzen in den allgemeinen Schranken betriebsverfassungsrechtlicher Normsetzung finden.168 Entsprechend des Schemas im Bereich der obligatorischen Beteiligung können Leiharbeitnehmer sowohl im Verleiher- als auch im Entleiherbetrieb von freiwilligen Betriebsvereinbarungen erfasst werden,169 und zwar zum eigenen Schutz wie auch im Interesse der Stammbelegschaft. Voraussetzung ist jedoch, dass die Vereinbarungen ihrem Wesen nach auf Leiharbeitnehmer anwendbar sind. Im Verleiherbetrieb ist dies bei Normen ausgeschlossen, die einen Aufenthalt innerhalb der Betriebsstätte voraussetzen. Beispielhaft können hier arbeitsumgebungsbezogene Maßnahmen der Unfallverhütung nach § 88 Nr. 1 BetrVG angeführt werden.170 Dagegen kann die Einbeziehung im Entleiherbetrieb von vornherein scheitern, wenn bei dem zu regelnden Gegenstand sozialer Angelegenheiten die Betriebszugehörigkeit oder eine arbeitsvertragliche Bindung zum Betriebsinhaber notwendig ist. Dies ist etwa bei Maßnahmen der Vermögensbildung gemäß § 88 Nr. 3 BetrVG der Fall, wenn diese im Zusammenhang mit der arbeitsvertraglichen Vergütungspflicht stehen.171 ___________ 168 Oetker, NZA 1986, 148 (148 f.); GK-BetrVG/Kreutz, § 88 Rn.7 ff. Weiter FESTL, § 88 Rn.2: keine Beschränkung auf soziale Angelegenheiten. 169 Vgl. Barth, Beteiligungsrechte, S. 102 f.; Boemke, AÜG, § 14 Rn.43, 123; Dewender, Betriebsfremde, S. 79, 141 f.; Erdlenbruch, Stellung, S. 157 ff.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.282, 379; Kaufmann, Zuordnung, S. 171 f.; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.37 und 140; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.132. 170 Auch zu weiteren Beispielen Dewender, Betriebsfremde, S. 79; Erdlenbruch, Stellung, S. 158; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.380; Kaufmann, Zuordnung, S. 171. 171 Auch zu weiteren Beispielen Becker/Wulfgramm, AÜG, Art.1 § 14 Rn.110; Dewender, Betriebsfremde, S. 141 f.; Erdlenbruch, Stellung, S. 159; Schüren/Hamann,
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
201
Über diese Fälle hinaus muss sich der nicht per se unzulässige Ausschluss von Leiharbeitnehmern aus dem Anwendungsbereich an § 75 I BetrVG172 messen lassen.173
III. Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz (§ 89 BetrVG) § 89 BetrVG behandelt die Sicherstellung der tatsächlichen Durchführung des Arbeits- und des Umweltschutzes und begründet zu diesem Zweck Mitwirkungsrechte und -pflichten des Betriebsrats.174 Wie schon im Rahmen der Mitbestimmung bei ergänzenden Regelungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in § 87 I Nr. 7 BetrVG gezeigt wurde, sind Arbeitsschutzaspekte bezüglich der Leiharbeitnehmer unter Berücksichtigung des § 11 VI AÜG und der Erbringung der tatsächlichen Arbeitsleistung in erster Linie im Entleiherbetrieb bedeutsam, gleichwohl aber in einem Ausschnitt auch für den Verleiher.175 Dementsprechend treffen den Betriebsrat des entsendenden176 wie den des aufnehmenden Betriebs177 Pflichten zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften, wobei die Abgrenzung der Zuständigkeiten davon abhängt, welcher Betriebsinhaber Adressat der Norm ist. Insbesondere im Entleiherbetrieb wird damit nicht nur der Schutz der überlassenen Arbeitskräfte gewährleistet, sondern auch der übrigen Belegschaft gedient.178 Letztere hat nämlich nicht zuletzt zum eigenen Schutz ein Interesse daran, dass für alle Kollegen Maßnahmen der Arbeitssicherheit ergriffen werden. ___________ AÜG, § 14 Rn.282; Kaufmann, Zuordnung, S. 171 f.; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.132 172 Zur Anwendbarkeit des § 75 I BetrVG auf Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb oben § 6 A.II. 173 Vgl. Boemke, AÜG, § 14 Rn.123; Dewender, Betriebsfremde, S. 79 f.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.283, 379; Kaufmann, Zuordnung, S. 172; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.37. 174 Vgl. ausführlich HaKo-BetrVG/Kohte, § 89 Rn.1 ff. 175 Siehe oben § 6 B.I.2.g). 176 Erdlenbruch, Stellung, S. 160; Kaufmann, Zuordnung, S. 173. Enger Boemke (AÜG, § 14 Rn.44), Dewender (Betriebsfremde, S. 80 f.), Hamann (Schüren, AÜG, § 14 Rn.381) und Thüsing (AÜG, § 14 Rn.38), denen zufolge die Vorschrift hier keine Relevanz zeigt. 177 BAG 14.5.1974, AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972; Barth, Beteiligungsrechte, S. 103; Becker/Wulfgramm, AÜG, § 14 Rn.110; Boemke, AÜG, § 14 Rn.124; Dewender, Betriebsfremde, S. 143; Erdlenbruch, Stellung, S. 160; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.284; Kaufmann, Zuordnung, S. 173; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.145; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.133. 178 Ebenso Dewender, Betriebsfremde, S. 143; Erdlenbruch, Stellung, S. 160 f.; Kaufmann, Zuordnung, S. 173.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Entsprechend verhält sich die Aufgabenverteilung beim betrieblichen Umweltschutz. Allerdings wird sich ein speziell auf Leiharbeitnehmer bezogenes Betätigungsfeld des Verleiherbetriebsrats aufgrund ihrer Arbeitsleistung außerhalb der Betriebsstätte kaum bieten, nachdem insbesondere eine Beeinflussung der Organisation des Entleihers von vornherein ausscheidet179.
C. Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern beim Entleiher Neben der Beteiligung in sozialen Angelegenheiten besitzt die Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten besondere Bedeutung, wobei diese den Oberbegriff für Fragen der Zusammensetzung, Entwicklung und Gliederung der Belegschaft bilden180. Die Beteiligungsrechte bezwecken eine Sicherung des Arbeitsplatzes und eine Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen181 bezüglich allgemeiner personeller Angelegenheiten (§§ 92-95 BetrVG), der Berufsbildung (§§ 96-98 BetrVG) sowie der personellen Einzelmaßnahmen (§§ 99-104 BetrVG).
I. Allgemeine personelle Angelegenheiten 1. Personalplanung und Beschäftigungssicherung (§§ 92-92a BetrVG) Während ihres Einsatzes können auf überlassene Arbeitskräfte bezogene Bereiche der Personalplanung182 betroffen sein und den Gegenstand von Unterrichtung und Beratung nach § 92 BetrVG bilden. Dies gilt sowohl für den Verleiher als auch den Entleiher183 im Verhältnis zum jeweiligen Betriebsrat. Diskussionsbedürftig ist jedoch, inwieweit auch die Beschäftigungssicherung nach § 92a BetrVG Leiharbeitnehmer erfasst. Die Sicherung der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern bietet dem Betriebsrat des Verleiherbetriebs ohne weiteres ein Betätigungsfeld. Es geht hier um Fragen der – nicht gegenständlich zu verstehenden – Arbeitsplatzerhal___________ 179
Vgl. Dewender, Betriebsfremde, S. 80 f.; Kaufmann, Zuordnung, S. 173. Vgl. Richardi/Thüsing, BetrVG, Vor § 92 Rn.1. 181 Richardi/Thüsing, BetrVG, Vor § 92 Rn.6. 182 Zu den Gegenständen der Personalplanung Richardi/Thüsing, BetrVG, § 92 Rn.6 ff. Beispielhaft sei die Personalbestands, -freisetzungs-, -entwicklungs-, -einsatz-, -kontroll- oder -kostenplanung erwähnt. 183 Hierzu Kadel/Koppert, BB 1990, 2331 (2332); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.40. 180
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203
tung184, sodass es unbedeutend ist, dass die tatsächliche Arbeitsleistung in einem Fremdbetrieb erbracht wird.185 Komplexer ist die Fragestellung dagegen im Entleiherbetrieb, da hier erhebliche Interessenkollisionen möglich erscheinen. Sie resultieren aus dem Umstand, dass der Entleiherbetriebsrat nicht nur die Belange der Vertragsarbeitnehmer des Entleihers wahrnehmen soll, sondern auch die Interessen der Leiharbeitnehmer vertritt, die Sicherung der einen Beschäftigungsform aber häufig zu Lasten der anderen erfolgt. Sofern in diesem Zusammenhang nur Alternativen zu kurzfristigen Einsätzen, die keine Betriebszugehörigkeit der Leiharbeitnehmer begründen, zur Diskussion gestellt werden, begegnet ein Vorschlag zum Abbau keinen Bedenken. Die Sicherung und Förderung der Beschäftigung nicht betriebszugehöriger Leiharbeitnehmer wird nicht vom Schutzzweck des § 92a BetrVG erfasst.186 Doch auch hinsichtlich der betriebszugehörigen Leiharbeitnehmer wird der Weg zur Auflösung des Zwiespalts durch den Gesetzgeber selbst gewiesen, indem er den Erhalt von Stammarbeitsplätzen in § 92a I 2 BetrVG als vorrangig ansieht.187 Damit handelt der Entleiherbetriebsrat nicht pflichtwidrig, wenn er zur Verbesserung der Beschäftigungssituation der Stammarbeitnehmer, beispielsweise zur Vermeidung von Kündigungen, dem Entleiher den Verzicht auf den weiteren Einsatz von Leiharbeitnehmern anträgt,188 selbst wenn es sich bei ihnen um Betriebszugehörige handelt. Eine Wahrung der Leiharbeitnehmerinteressen ist aber gleichwohl auch im Rahmen des § 92a BetrVG möglich, indem etwa der Betriebsrat dem Entleiher vorschlägt, Leiharbeitnehmer in ein Vertragsverhältnis zu übernehmen.189 Wegen der für die betriebszugehörigen Leiharbeitnehmer bestehenden besonderen Schutz- und Förderungspflichten190 des Entleiherbetriebsrats muss dies ___________ 184
Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 92a Rn.2; HWK/Ricken, § 92a BetrVG Rn.2. Vgl. auch Thüsing, AÜG, § 14 Rn.40. Unzutreffend daher Dewender, Betriebsfremde, S. 87 und insbesondere S. 102 f. 186 Siehe oben § 5 A.II.2. sowie allgemein FESTL, § 92a Rn.7. 187 Im Ergebnis ebenso, aber aufgrund allgemeiner sozialer Erwägungen und zur Sicherung einer qualifiziertem Belegschaft FESTL, § 92 Rn.14; DKK/W. Schneider, § 92 Rn.21. Ferner schon Plander, AiB 1990, 19 (21). Wohl auch Dewender, Betriebsfremde, S. 120. 188 Boemke, AÜG, § 14 Rn.128; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.149; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1088. 189 Vgl. hierzu auch Boemke, AÜG, § 14 Rn.128; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.291; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.149, Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1088. 190 Zu den Auswirkungen der Betriebszugehörigkeit auf die Anwendbarkeit der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte allgemein oben § 5 A.II. 185
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
sogar vorrangig vor der Initiierung von Einstellungen bislang Betriebsfremder geschehen.
2. Personalfragebögen und Beurteilungsgrundsätze (§ 94 BetrVG) Durch das hinsichtlich des Inhalts191 von Personalfragebögen bestehende Mitbestimmungsrecht nach § 94 I BetrVG soll erreicht werden, dass der Arbeitgeber nur solche Auskünfte verlangt, an deren Kenntnis er ein berechtigtes Interesse besitzt.192 Den daraus resultierenden Schutz der Persönlichkeitssphäre des Arbeitnehmers193 verfolgt zudem § 94 II Alt.2 BetrVG hinsichtlich inhaltlicher Fragen194 von allgemeinen Beurteilungsgrundsätzen sowie des Verfahrens zur Feststellung entsprechender Daten,195 damit die Einschätzung der Beschäftigten für ihre berufliche Entwicklung nur anhand der Arbeitsleistung sowie der persönlichen Eignung vorgenommen wird.196 Wenn die Aufstellung der Fragebögen oder Beurteilungsgrundsätze auf den Verleiher zurückgeht, der diese Daten für eigene Zwecke erheben will, stehen die Beteiligungsrechte nach § 94 BetrVG dem Verleiherbetriebsrat zu.197 Ebenso ist zu entscheiden, wenn die Erhebung selbst schließlich durch den Entleiher erfolgt,198 da dieses Vorgehen nicht mehr als eine Durchführung der Personalbefragung durch Dritte199 ist und im Übrigen bei Beurteilungsgrundsätzen die Bewertung im Einzelfall mitbestimmungsfrei ist200. Dagegen hat der Entleiherbetriebsrat mitzubestimmen, wenn der Entleiher eigene Grundsätze aufstellt oder eigene Ziele mit der Befragung oder Beurteilung verfolgen will.201 ___________ 191 Vgl. § 94 I 2 BetrVG. Ferner Richardi/Thüsing, BetrVG, § 94 Rn.36. Umstritten ist die Mitbestimmungspflicht am Verwendungszweck (so z.B. FESTL, § 94 Rn.9). A.A. GK-BetrVG/Kraft, § 94 Rn.16. 192 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.295. 193 ErfK/Kania, § 94 BetrVG Rn.1. 194 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 94 Rn.64. 195 DKK/Klebe, § 94 Rn.28; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 94 Rn.65. 196 DKK/Klebe, § 94 Rn.28; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 94 Rn.54. 197 Hierzu auch Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.390 f.; Erdlenbruch, Stellung, S. 170; Kaufmann, Zuordnung, S. 180. 198 Hier a.A. Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.297; Kaufmann, Zuordnung, S. 181. 199 Dies ist von der Frage der Einholung von Auskünften bei Dritten zu unterscheiden. Zu deren Mitbestimmungsfreiheit GK-BetrVG/Kraft, § 94 Rn.17. 200 DKK/Klebe, § 94 Rn.29; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 94 Rn.70. 201 Vgl. Erdlenbruch, Stellung, S. 171 f.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.297; Kaufmann, Zuordnung, S. 181.A.A. Dewender, Betriebsfremde, S. 120 f.
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3. Bedeutung sonstiger allgemeiner personeller Angelegenheiten während des Einsatzes beim Entleiher Auch Fragen der Ausschreibung von Arbeitsplätzen gemäß § 93 BetrVG und der Geltung von Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG können Auswirkungen auf die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern haben. Da die Bedeutung dieser Beteiligungsrechte erst bei den Zustimmungsverweigerungsgründen gemäß § 99 II Nr. 2 und 5 BetrVG besonders hervortritt, soll die Untersuchung im Rahmen der Erörterung der Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen erfolgen.
II. Berufsbildung (§§ 96-98 BetrVG) Auch zur Gestaltung der beruflichen Bildung der Arbeitnehmer gelten zur Wahrung ihrer Belange Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Sie betreffen insbesondere die ordnungsgemäße Durchführung von betrieblichen Bildungsmaßnahmen sowie den gerechten Zugang der Arbeitnehmer.202 Daneben bedienen sie die Interessen des Arbeitgebers an qualifiziertem Personal.203 So bestehen gemäß § 96 BetrVG über den Bereich der betrieblichen Berufsbildung hinaus204 Förderpflichten, zu deren Realisierung Vorschlags-, Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber bestehen. § 97 BetrVG behandelt die Mitwirkung bei der Einführung betrieblicher Einrichtungen der Berufsbildung und Bildungsmaßnahmen, wobei Abs.2 unter den dortigen Voraussetzungen ein über das Beratungsrecht nach Abs.1 hinausgehendes echtes Mitbestimmungsrecht gewährt.205 § 98 BetrVG greift schließlich die Durchführung betrieblicher Berufs- und sonstiger Bildungsmaßnahmen auf.
1. Beteiligung des Verleiherbetriebsrats Nach allgemeiner Ansicht206 bestehen die Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei der Berufsbildung im Verleiherbetrieb auch bezüglich der Leiharbeit___________ 202
Vgl. hierzu auch Kaufmann, Zuordnung, S. 185; MünchArbR/Matthes, § 351
Rn.3. 203
Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.395. GK-BetrVG/Raab, § 96 Rn.6. 205 Kaufmann, Zuordnung, S. 185. 206 Barth, Beteiligungsrechte, S. 114; Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.85; Boemke, AÜG, § 14 Rn.47; Dewender, Betriebsfremde, S. 90; Erdlenbruch, Stellung, S. 177; 204
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
nehmer, selbst wenn diese zwischenzeitlich entsandt sind. Vor dem Hintergrund der fortbestehenden Betriebszugehörigkeit ist dies konsequent207 und durch das auch bei Leiharbeitnehmern vorhandene Bedürfnis nach Anpassung an wandelnde Anforderungen insbesondere in der Arbeitswelt ohne weiteres geboten208. Bereits aufgrund der Abgrenzung der Zuständigkeiten der Betriebsräte besteht allerdings kein Mitbestimmungsrecht bezüglich etwaiger auf den Entleiher zurückgehender Bildungsmaßnahmen.209
2. Beteiligung des Entleiherbetriebsrats Beteiligungsrechte des Entleiherbetriebsrats in Bezug auf Leiharbeitnehmer im Zusammenhang mit der Berufsbildung werden dagegen überwiegend verneint.210 Zur Begründung wird in der Hauptsache auf die begrenzte Einsatzdauer verwiesen, aufgrund derer entsprechende Maßnahmen des Entleihers ausscheiden211 oder zumindest zweckwidrig sind212. Dem ist freilich in tatsächlicher Hinsicht zuzugeben, dass der Entleiher Zeitarbeitskräften eher selten kostenträchtige Berufsbildungsmaßnahmen zukommen lassen wird, nachdem der Betriebsinhaber weitgehend frei ist hinsichtlich ihrer Einführung einschließlich der jedenfalls mit der Zweckbestimmung einhergehenden Festlegung des abstrakten Adressatenkreises213. Andererseits sind Schulungen für Leiharbeitnehmer schon aufgrund der nunmehr entfallenen Höchstüberlas___________ FESTL, § 96 Rn.6; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.304; Kaufmann, Zuordnung, S. 186; Raab, ZfA 2003, 389 (445); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.41. 207 Erdlenbruch, Stellung, S. 177; Kaufmann, Zuordnung, S. 186. 208 Dewender, Betriebsfremde, S. 90; Erdlenbruch, Stellung, S. 177; Kaufmann, Zuordnung, S. 186. Vgl. auch Art.6 der geplanten EG-Richtlinie über Leiharbeit: „Die Mitgliedsstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen oder fördern den Dialog zwischen den Sozialpartnern ... mit dem Ziel, den Zugang der Leiharbeitnehmer zu den Ausbildungsangeboten in den Leiharbeitunternehmen zu verbessern, auch in der Zeit zwischen den Überlassungen, um die berufliche Entwicklung und die Beschäftigungsfähigkeit zu fördern; ...“. 209 Boemke, AÜG, § 14 Rn.47. 210 Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.114; Erdlenbruch, Stellung, S. 178; FESTL, § 96 Rn.6; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.304; Kaufmann, Zuordnung, S. 187; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1093. A.A. Dewender, Betriebsfremde, S. 123; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.154. 211 Erdlenbruch, Stellung, S. 178. 212 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.304; Kaufmann, Zuordnung, S. 186 f. 213 FESTL, § 98 Rn.2; ErfK/Kania, § 96 BetrVG Rn.10; GK-BetrVG/Raab, § 98 Rn.9; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 98 Rn.8.
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
207
sungsdauer keineswegs von vornherein ausgeschlossen.214 Zudem erfasst die Beteiligung ohnehin auch kurzfristige Bildungsmaßnahmen;215 die Dauer selbst spielt grundsätzlich keine Rolle216. Jedoch wird ergänzend darauf verwiesen, dass es im Rahmen von Bildungsmaßnahmen keiner Interessenwahrung durch den Entleiherbetriebsrat bedarf, da diese schon im Verleiherbetrieb umfänglich erfolge.217 Die Oberflächlichkeit dieser These lässt sich aber nunmehr anhand des § 97 II BetrVG verdeutlichen, wo ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zur Einführung betrieblicher Berufsbildungsmaßnahmen gewährt wird. Es dient der Anpassung der Kenntnisse der Arbeitnehmer an gewandelte Anforderungen bei einer Änderung der Tätigkeit, die auf ein geplantes oder ausgeübtes Handeln des Arbeitgebers zurückzuführen sind. Da hier nur Verhaltensweisen des Entleihers bei der Organisation seines Betriebs in Betracht kommen, besteht das gewährte Initiativrecht218 entsprechend der allgemeinen Abgrenzung der Zuständigkeiten219 nur auf Seiten des dortigen Betriebsrats. Dessen Zuständigkeit muss sich dann aber auch auf die betriebszugehörigen Leiharbeitnehmer erstrecken, um deren Belange bezüglich einer Sicherung von längerfristigen Einsatzmöglichkeiten wahren zu können. Ein solches Interesse an einer weiteren Verstetigung kann bei einem fortdauernden Einsatz, mit dem eine immer engere Bindung an den Einsatzbetrieb einhergehen wird, unterstellt werden, selbst wenn die überlassenen Arbeitskräfte naturgemäß keine Kündigung des Entleihers zu befürchten haben220 oder der Einsatz befristet221 ist. Die Beteiligung bei Bildungsmaßnahmen ist nämlich auch ein probates Mittel, die vom Gesetzgeber angestrebte Aussicht auf die Übernahme in ein Normalarbeitsverhältnis222 im Blick zu halten, wenngleich die Zumutbarkeit der Schulung für den Entleiher als Schranke des Mitbestimmungsrechts223 zu berücksichtigen ist. ___________ 214
Vgl. auch Thüsing, AÜG, § 14 Rn.154. FESTL, § 96 Rn.10a; MünchArbR/Matthes, § 351 Rn.14. 216 Kraft, NZA 1990, 457 (459). Zur Abgrenzung zwischen Bildungsmaßnahmen und der beteiligungsfreien Unterrichtung des Arbeitnehmers über seine Arbeitsaufgabe gemäß § 81 BetrVG DKK/Buschmann, § 96 Rn.10; MünchArbR/Matthes, § 351 Rn.16; Oetker, Mitbestimmung, S. 86 ff.; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 96 Rn.13. 217 Erdlenbruch, Stellung, S. 178; Kaufmann, Zuordnung, S. 187. 218 GK-BetrVG/Raab, § 97 Rn.11. 219 Siehe oben § 5 B.III. 220 A.A. Kaufmann, Zuordnung, S. 187. 221 Zur Anwendbarkeit des § 97 II BetrVG auf befristet Beschäftigte Annuß/Thüsing, TzBfG, § 19 Rn.8. 222 Hierzu auch Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.293. 223 Allgemein FESTL, § 97 Rn.25; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 97 Rn.12. Maßstäbe für die Zumutbarkeit sind etwa betriebliche Belastungen, die Verantwortlichkeit für 215
208
3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Die Pflicht des Verleihers zur Gleichstellung von Leiharbeitnehmern mit dem Stammpersonal gemäß der §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG bietet dagegen keinen adäquaten Schutz. Selbst wenn man die Berufsbildung als wesentliche Arbeitsbedingung begreift, setzt das Gleichbehandlungsgebot entsprechende Bildungsmaßnahmen des Entleihers für vergleichbare Stammarbeitnehmer voraus; solche müssen aber schon nicht unbedingt durch die auf den Entleiher zurückzuführenden Änderungen der Tätigkeiten betroffen sein. Folglich können sich die Beteiligungsrechte der §§ 96 bis 98 BetrVG auch im Entleiherbetrieb auf Leiharbeitnehmer erstrecken.224 Hiermit stehen im Übrigen die Zielvorgaben der geplanten EG-Richtlinie225 über Leiharbeit im Einklang, wonach der Zugang von Zeitarbeitskräften zu Ausbildungsangeboten für Arbeitnehmer der entleihenden Unternehmen, denen sie überlassen werden, zu verbessern ist. Allerdings ist weder der Arbeitgeber noch der Betriebsrat – soweit dieser an der Festlegung des Teilnehmerkreises mitzubestimmen hat226 – per se verpflichtet, Zeitarbeitskräfte tatsächlich in den Genuss eingeführter Bildungsmaßnahmen kommen zu lassen. Auch unter Berücksichtigung des § 75 I BetrVG können die Betriebspartner etwa aufgrund betrieblicher Gründe von einer Begünstigung der Leiharbeitnehmer absehen, beispielsweise wenn der Entleiher ein Interesse an der Anwesenheit der Zeitarbeitskraft während der gesamten Überlassungsdauer besitzt.227 Auch das Verhältnis zwischen zeitlich-finanziellem Aufwand und der Tatsache, dass die überlassenen Arbeitskräfte nach begrenzter Zeit wieder aus dem Betrieb ausscheiden werden, berechtigt zur Differenzierung, nachdem selbst die Pflicht des Arbeitgebers zur Förderung der Aus- und Weiterbildung befristet Beschäftigter nur bei angemessenen Bildungsmaßnahmen228 besteht. ___________ das Qualifikationsdefizit, die sich beim Entleiher etwa aus Versäumnissen bei dem an den Verleiher gestellten Anforderungsprofil ergeben kann. Ferner die Dauer und Lage der Bildungsmaßnahme. 224 Im Ergebnis ebenso Dewender, Betriebsfremde, S. 123; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.154. 225 Siehe dort Art.6: „Die Mitgliedsstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen oder fördern den Dialog zwischen den Sozialpartnern ... mit dem Ziel, ... den Zugang der Leiharbeitnehmer zu Ausbildungsangeboten für Arbeitnehmer der entleihenden Unternehmen, denen sie überlassen werden, zu verbessern.“ 226 Vgl. zu §§ 97 II und 98 III BetrVG GK-BetrVG/Raab, § 98 Rn.23. 227 Zur hier vergleichbaren Situation der befristeten Beschäftigung GK-KR/Bader, § 19 TzBfG Rn.11; Rolfs, TzBfG, § 19 Rn.4. 228 Hierzu GK-KR/Bader, § 19 TzBfG Rn.5; Meinel/Heyn/Herms, TzBfG, § 19 Rn.3. Gesichtspunkte sind hier die Art der Tätigkeit des Arbeitnehmers, vorgesehene Dauer der befristeten Beschäftigung und der Bildungsmaßnahme sowie der Kostenaufwand des Arbeitgebers.
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
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III. Die Beteiligung der Betriebsräte bei personellen Einzelmaßnahmen während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern beim Entleiher Für den Verleiher- und den Entleiherbetriebsrat kommen neben den erörterten personellen Angelegenheiten auch beteiligungspflichtige personelle Einzelmaßnahmen in Betracht. Während des Einsatzes steht dabei die Mitbestimmung gemäß § 99 BetrVG im Vordergrund, wogegen die §§ 102 ff. BetrVG weitgehend der gesonderten Erörterung im Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes vorbehalten bleiben.
1. Betrieblicher Anwendungsbereich des § 99 BetrVG § 99 BetrVG gilt nur in Betrieben von Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern. Auch bei diesem Schwellenwert sind Leiharbeitnehmer im Verleihunternehmen ohne weiteres zu berücksichtigen, wenn sie zu den in der Regel beschäftigten Arbeitnehmern gehören.229 Mit der genannten Einschränkung sind im Entleihunternehmen die dort tätigen230 Leiharbeitnehmer ebenfalls zu berücksichtigen.231 Allerdings muss es sich bei ihnen um Unternehmenszugehörige232 handeln, wobei hiermit – an der Betriebszugehörigkeit orientiert – auch die von § 99 BetrVG geforderte Wahlberechtigung einhergeht (§ 7 S.2 BetrVG).233 Hierfür spricht auch der Zweck des Schwellenwertes.234 Die Beschränkung des Mitbestimmungsrechts soll die besondere Lage kleinerer Arbeitgeber be___________ 229
Vgl. Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.112; Kaufmann, Zuordnung, S. 84. Ob bei Einstellungen der Einzustellende selbst mitzählt, ist umstritten (dafür MünchArbR/Matthes, § 352 Rn.5; dagegen GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.7). Richtigerweise ist aber auf die regelmäßige Besetzung des Arbeitsplatzes abzustellen (ähnlich Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.12). 231 A.A. Bauer, NZA 2002, 1001 (1004); Löwisch, ArbeitsR, Rn.442; Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 7 Rn.7 und § 99 Rn.1; HSWG/Schlochauer, § 99 Rn.3; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2238). 232 Zur Entleiherunternehmenszugehörigkeit schon oben § 4 D. 233 Ebenso FESTL, § 99 Rn.8; Wlotzke, 50 Jahre BAG, S. 1149 (1160). Ferner noch Richardi/Thüsing in Richardi, BetrVG8, § 99 Rn.13, a.A. aber nunmehr Thüsing in der Neuauflage. Zur vergleichbaren Problematik anderer Schwellenwerte oben § 4. Ein Absehen vom Erfordernis der Unternehmensgröße wird nur im Rahmen des § 14 III 1 AÜG diskutiert, der zum Teil als Rechtsfolgenverweisung angesehen wird. Da die Norm ausschließlich die Übernahme von Leiharbeitnehmern behandelt, soll diese Kontroverse hier noch offen bleiben und erst im Rahmen der Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten im folgenden Paragraphen vertieft werden. 234 Auch die h.M. kann sich demzufolge nicht auf die Erwägungen des siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts zu den organisatorischen Schwellenwerten (vgl. etwa 230
210
3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
rücksichtigen, weil dort regelmäßig von einer engeren persönlichen Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmern auszugehen ist und deshalb der Arbeitgeber über personelle Einzelmaßnahmen durch den Betriebsrat unbeeinflusst entscheiden können soll.235 Eine solche Situation besteht jedoch schon dann nicht mehr, wenn es sich allein infolge der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern um größere Einheiten handelt. Im Übrigen führt auch hier der nur kurzfristige Ersatz von Mitgliedern der Belegschaft durch nicht länger als drei Monate eingesetzte Leiharbeitnehmer nicht zum Absinken der maßgeblichen Zahl, wenn der Schwellenwert bereits durch unternehmenszugehörige wahlberechtigte Arbeitnehmer überschritten wird. Die Zahl der in der Regel Beschäftigten bleibt hier ebenso wie bei einem kurzzeitigen Verzicht auf eine Besetzung der Stelle unberührt, wobei diese Leiharbeitnehmer allerdings auch nicht zusätzlich zu zählen sind.
2. Beteiligung der Betriebsräte unter den Gesichtspunkten der Versetzung und Einstellung a) Bestehen und Anknüpfungspunkte der Beteiligungsrechte Während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern in einem Entleiherbetrieb kann die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs erforderlich werden. Im Normalarbeitsverhältnis kann es sich hierbei um eine Versetzung handeln, die gemäß § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist. Im Leiharbeitsverhältnis muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Anordnungen sowohl durch den Verleiher als auch den Entleiher erfolgen können. Die hieraus resultierenden Besonderheiten zur Sicherung der Belange des betroffenen Arbeitnehmers und der Belegschaft im Entleiherbetrieb werden im Folgenden betrachtet.
aa) Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs durch den Entleiher (1) Grundsätze Im Verlauf der Arbeitsleistung in einem Entleihunternehmen erfolgt die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs regelmäßig durch den Entleiher, der in Ausübung des ihm zustehenden Weisungsrechts den Einsatz des Leihar___________ BAG 16.4.2003, AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972) stützen. Zu einer vergleichbaren Problematik bei den §§ 111 ff. BetrVG unten § 6 E.II. 235 BAG 29.9.2004, AP Nr. 40 zu § 99 BetrVG 1972 Versetzung.
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
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beitnehmers seinen betrieblichen Bedürfnissen anpasst. Hierbei handelt es sich unter den Voraussetzungen des § 95 III BetrVG um eine Versetzung, an der anhand der allgemeinen Kriterien zur Abgrenzung der Zuständigkeiten der Betriebsräte236 der Entleiherbetriebsrat gemäß § 99 BetrVG zu beteiligen ist.237 Demnach ist keine Versetzung gegeben, wenn die wechselnden Arbeitsbereiche zur Eigenart des Arbeitsverhältnisses zählen, § 95 III 2 BetrVG. Bei der hierfür notwendigen Beurteilung liegt es nahe, auf das Wesen der Leiharbeit abzustellen238 und zu berücksichtigen, dass die regelmäßige Änderung der Einsatzorte diesem meist immanent ist239. Damit würde aber verkannt, dass das Beteiligungsrecht bei Versetzungen nicht nur zum Schutz des betroffenen Arbeitnehmers besteht, sondern auch die Interessen der übrigen Belegschaft wahren soll240. Diese konnte der Entleiherbetriebsrat nur dann hinreichend berücksichtigen, wenn er bereits bei seiner Beteiligung bei der Übernahme gemäß § 14 III AÜG i.V.m. § 99 BetrVG241 von einem variablen Einsatz des Leiharbeitnehmers Kenntnis hatte, anderenfalls jedoch nicht.242 Deshalb ist die Eigenart des Arbeitsverhältnisses zur Feststellung der Beteiligungspflicht des Entleiherbetriebsrats bei Versetzungen durch den Entleiher nach den Verhältnissen in dieser organisatorischen Einheit zu beurteilen. Entscheidend ist demzufolge, für welche Arbeiten der Leiharbeitnehmer mit Zustimmung des Entleiherbetriebsrats übernommen wurde.243 Dies erschließt sich aus dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag.244 Ist dort der Einsatz für einen bestimmten Arbeitsbereich vorgesehen, so bedeutet die Zuweisung eines anderen unter den Umständen des § 95 III 1 BetrVG eine Versetzung,245 und zwar auch dann, wenn sich die Maßnahme innerhalb der Variationsbreite des für den Leihar___________ 236
Siehe oben § 5 B.III. Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.116; Boemke, AÜG, § 14 Rn.96; Dewender, Betriebsfremde, S. 124; Erdlenbruch, Stellung, S. 184; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.308 ff.; v. Hoyningen-Huene/Boemke, Versetzung, S. 214; Kaufmann, Zuordnung, S. 194; Raab, ZfA 2003, 389 (440); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.160. 238 So wohl MünchArbR/Marschall, § 175 Rn.105. 239 Hierzu noch ausführlich unten § 7 A.I.1.a). 240 Vgl. FESTL, § 99 Rn.180; Kaufmann, Zuordnung, S. 194. 241 Hierzu noch ausführlich unten § 7 A.II. 242 Boemke, Schuldvertrag, S. 602; v. Hoyningen-Huene/Boemke, Versetzung, S. 214 f.; Kaufmann, Zuordnung, S. 194. 243 Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.116; Boemke, Schuldvertrag, S. 602; v. Hoyningen-Huene/Boemke, Versetzung, S. 214; Kaufmann, Zuordnung, S. 194; Raab, ZfA 2003, 389 (440); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.153. Vgl. hierzu auch Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 90: „... in Anwendung des Gedankens des § 95 III S.2 BetrVG ...“. 244 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.308; Kaufmann, Zuordnung, S. 194. 245 Erdlenbruch, Stellung, S. 184; Kaufmann, Zuordnung, S. 194. 237
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
beitnehmer an sich Üblichen hält.246 Liegt Letzteres vor und wurden die Einsatzmöglichkeiten schon bei der Übernahme offen gestaltet, scheidet eine mitbestimmungspflichtige Versetzung dagegen aus.247 Es besteht hier kein Bedürfnis, den Entleiherbetriebsrat zu beteiligen, da er die Auswirkungen auf die Stammbelegschaft schon zuvor berücksichtigen konnte.
(2) Besonderheiten bei betriebsübergreifenden Versetzungen Versetzt der Entleiher die Zeitarbeitskraft in einen seiner anderen Betriebe, so ist der dortige Betriebsrat gemäß § 14 III AÜG i.V.m. § 99 BetrVG (Einstellung) zu beteiligen, und zwar unabhängig von den Voraussetzungen des § 95 III BetrVG.248 Ob daneben auch der Betriebsrat des abgebenden Betriebs mitzubestimmen hat, ist jedoch davon abhängig, ob man betriebsübergreifende Versetzungen anerkennen will.249 Ohne den Streitstand hier vertiefen zu wollen, spricht dafür neuerdings § 103 III BetrVG250, dem zufolge Versetzungen zum Verlust der Wählbarkeit führen können, was gerade bei der dauerhaften Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs in einem anderen Betrieb der Fall ist251.
bb) Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs durch den Verleiher Erfolgt die Zuweisung des anderen Arbeitsbereichs durch den Verleiher, kann das Beteiligungsrecht nach der beschriebenen Zuständigkeitsverteilung nicht vom Entleiher-, sondern nur vom Verleiherbetriebsrat wahrgenommen ___________ 246
Kaufmann, Zuordnung, S. 194. So auch Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.310. Vgl. ferner die Ausführungen von Erdlenbruch (Stellung, S. 184) sowie von v. Hoyningen-Huene/Boemke (Versetzung, S. 215). 248 Es gelten in dieser Gestaltung die Grundsätze bei der Übernahme, siehe unten § 7 A.II. 249 Ausführlich zum Streitstand GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.99 ff.; Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 245 (320 ff.); Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.121 ff. 250 Aufgrund des verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausschlusses der Wählbarkeit von Leiharbeitnehmern im Entleiherbetrieb gemäß § 14 II 1 AÜG (siehe oben § 4 A.II.2.) kann dort § 103 III BetrVG auf Leiharbeitnehmer nur dann Anwendung finden, wenn sie Mitglieder des Wahlvorstands sind. Die Zulässigkeit einer Mitgliedschaft von Leiharbeitnehmern im Wahlvorstand des Entleiherbetriebs bejahen zutreffend ErfK/Eisemann, § 16 BetrVG Rn.4; FESTL, § 16 Rn.21; GK-BetrVG/Kreutz, § 16 Rn.28; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 16 Rn.11. 251 Hierzu GK-BetrVG/Raab, § 103 Rn.33. 247
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werden, wenn in dieser Hinsicht die Merkmale des § 95 III BetrVG erfüllt sind252. Der Verleiherbetriebsrat vertritt jedoch nicht die Belange der Belegschaft des Entleihers, die sonst bei Versetzungen im Entleihbetrieb zu berücksichtigen sind. Eine Schutzlücke muss gleichwohl nicht in Kauf genommen werden: Hält sich der Einsatz nicht mehr in dem Rahmen, dem der Entleiherbetriebsrat bei der früheren Übernahme zugestimmt hat, so ist die Versetzung durch den Verleiher im Entleiherbetrieb betriebsverfassungsrechtlich als erneute Übernahme zu betrachten, und zwar wiederum unabhängig von den Anforderungen des § 95 III BetrVG.253 Für die Berührung der in § 99 BetrVG geschützten Interessen der Belegschaft des Entleiherbetriebs macht es nämlich nur geringe, und zwar allenfalls in der Person des Leiharbeitnehmers begründete Unterschiede, ob der nunmehr vorgesehene Arbeitsbereich von außen bestimmt durch denselben oder einen neuen Leiharbeitnehmer eingenommen wird. Es können sich vielmehr modifizierte zustimmungsrelevante Aspekte ergeben, die der Entleiherbetriebsrat bei seiner Zustimmung zum Ersteinsatz noch nicht berücksichtigen konnte. Aus dem Einsatz auf dem nunmehr vorgesehenen Arbeitsplatz kann beispielsweise die Besorgnis resultieren, dass einem anderen im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gekündigt wird oder ein gesetzwidriges Verhalten bevorsteht. Eine Beteiligung des Entleiherbetriebsrats ist damit in jedem Falle sichergestellt und zum Schutz der übrigen Belegschaft des Entleihers geboten. Eine erneute Übernahme ist ferner dann anzunehmen, wenn der neue Arbeitsbereich in einem anderen Betrieb des Entleihunternehmens angesiedelt ist.
cc) Verlängerung des Einsatzes Da auch die Verlängerung des ursprünglichen Einsatzes die Interessen der Belegschaft des Entleiherbetriebs in geänderter Weise berühren kann, ist diese ebenfalls mitbestimmungsrechtlich als erneute Übernahme zu charakterisieren. Sie löst deshalb die Zustimmungspflichtigkeit nach § 14 III AÜG i.V.m. § 99 BetrVG nochmals aus.254 Da der Übernahme im Übrigen aber kein zeitli___________ 252
Es gelten dann die Grundsätze bei der Entsendung, siehe unten § 7 A.I. A.A. Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.150; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.160. Wohl auch ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.22. 254 Ebenso Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.150; Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.239; MünchArbR/Marschall, § 175 Rn.104; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.160; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.22; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2239). Es gelten dann die Grundsätze bei der Übernahme, siehe unten § 7 A.II. 253
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
cher Aspekt innewohnt255, folgt aus einer Veränderung der Arbeitszeitdauer keine Beteiligungspflicht.256
b) Unterrichtungspflicht, Zustimmungsverweigerung und Rechtsfolgen Dem in den Grenzen des § 99 II BetrVG verliehenen Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats zu personellen Einzelmaßnahmen gehen Informationspflichten des Betriebsinhabers gegenüber der Interessenvertretung gemäß § 99 I 1 und 2 BetrVG voraus. Deren Inhalt ist insofern bedeutsam, als eine unvollständige Unterrichtung weder die Stellungnahmefrist noch die Fiktion der Zustimmung nach § 99 III BetrVG auslöst.257 Geht die beteiligungspflichtige Zuweisung des anderen Arbeitsbereichs auf eine Entscheidung des Verleihers zurück, so gelten hinsichtlich der Unterrichtungspflichten, der Zustimmungsverweigerung sowie deren Rechtsfolgen keine Besonderheiten gegenüber der Mitbestimmung bei der Entsendung, der sich wider der zeitlichen Abfolge, aber zugunsten der Anschaulichkeit erst im folgenden Paragraphen gewidmet wird. Entsprechendes gilt für die Mitbestimmung im Entleihbetrieb aufgrund der betriebsverfassungsrechtlichen Behandlung als Übernahme gemäß § 14 III AÜG i.V.m. § 99 BetrVG.258 Erfolgt die Versetzung durch den Entleiher, so können die allgemeinen, zum Normalarbeitsverhältnis entwickelten Prinzipien übernommen werden. So kommen die in § 99 II Nr. 1 bis 6 BetrVG abschließend259 aufgeführten Zustimmungsverweigerungsgründe des Betriebsrats ausnahmslos in Betracht.260 Unter den noch darzulegenden261 Voraussetzungen kann sich der Entleiherbetriebsrat insbesondere auch auf einen Verstoß gegen Auswahlricht___________ 255 FESTL, § 99 Rn.40. A.A. BVerwG 23.3.1999, AP Nr. 73 zu § 75 BPersVG; DKK/Kittner, § 99 Rn.42a; MünchArbR/Schüren, Ergänzungsband § 164 Rn.42. 256 A.A. Hamann, AuR 2002, 322 (330). 257 BAG 5.4.2001, AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; FESTL, § 99 Rn.219; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.172; GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.154; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.177; Sahl/Bachner, NZA 1994, 1063 (1067); Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.147. Ein Zustimmungsverweigerungsrecht gemäß § 99 II Nr. 1 BetrVG wird dagegen nicht begründet, siehe unten § 7 A.II.5.a)bb). 258 Hierzu unten § 7 A.I.2. und II. Dies gilt auch im Falle der betriebsübergreifenden Versetzung im Entleiherunternehmen. 259 Allgemeine Ansicht: Becker, AuR 1982, 369 (375); Boemke, AÜG, § 14 Rn.102; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.180; Kreuder, AuR 1993, 316 (322); Melms/Lipinski, BB 2004, 2409 (2413); Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 90; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.7; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.25. 260 Hierzu Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.311. 261 Siehe unten § 7 A.II.5.b) und d).
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linien nach § 95 BetrVG oder das Unterlassen der nach § 93 BetrVG erforderlichen Ausschreibung berufen.262 Hat der jeweils zuständige Betriebsrat der Versetzung in der gehörigen Weise263 widersprochen, so hat die personelle Einzelmaßnahme vorbehaltlich der Möglichkeit vorläufiger Maßnahmen nach § 100 BetrVG oder des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 IV BetrVG zu unterbleiben.264 Anderenfalls kann der Betriebsrat das Verfahren nach § 101 BetrVG anstrengen, wobei bei groben Verstößen gegen das Beteiligungsrecht wie etwa bei einer wiederholten Übergehung des Betriebsrats auch der vorbeugende Unterlassungsanspruch aus § 23 III BetrVG265 in Betracht kommt.266 Da bei einer unvollständigen oder unterbliebenen Unterrichtung weder die Zustimmungsfiktion ausgelöst wird, noch eine gleichwohl erteilte Zustimmung wirksam ist267, besteht auch in diesen Konstellationen kein Einvernehmen des Betriebsrats. Deshalb gelten die für den Fall des Widerspruchs dargestellten Grundsätze auch bei einer Verletzung der Unterrichtungspflichten.268 Individualarbeitsrechtlich ist zu berücksichtigen, dass das Mitbestimmungsrecht regelmäßig269 auch dem Schutz des von der personellen Einzelmaßnahme betroffenen Arbeitnehmers dient.270 Fehlt die Zustimmung des zuständigen Betriebsrats, so ist die Versetzung deshalb auch im Verhältnis zur Arbeitsperson unzulässig. Der Arbeitnehmer ist folglich berechtigt, sowohl gegenüber dem Verleiher als auch gegenüber dem Entleiher271 die Arbeit zu den geänderten Bedingungen zu verweigern.272 ___________ 262 Wie hier auch Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.302; Kaufmann, Zuordnung, S. 183. 263 Hierzu FESTL, § 99 Rn.213 ff. 264 Allgemein FESTL, § 99 Rn.226. 265 Hierzu allgemein Richardi/Thüsing, BetrVG, § 23 Rn.90. 266 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.312, 346. 267 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.177. A.A. DKK/Kittner, § 99 Rn.159, wonach die Zustimmung widerrufbar ist. Ferner GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.154: Zustimmung bindend. 268 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.177. 269 Anders nur in der oben § 6 C.III.2.a)aa)(1) beschriebenen Variante, dass die für den Entleiherbetriebsrat mitbestimmungspflichtige Versetzung lediglich im Interesse der übrigen Belegschaft des Entleiherbetriebs besteht. Zur Arbeitspflicht in derartigen Fällen oben § 6 B.I.3. 270 BAG 19.2.1991, AP Nr. 26 zu § 95 BetrVG 1972; GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.124. 271 Hierzu oben § 6 B.I.3. 272 Allgemein BAG 26.1.1988, AP Nr. 50 zu § 99 BetrVG 1972; 5.4.2001, AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG Einstellung; GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.124. A.A. v. Hoyningen-Huene/Boemke, Versetzung, S. 96 ff., die keine Auswirkungen auf die Arbeits-
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
3. Die Beteiligung des Verleiherbetriebsrats unter dem Gesichtspunkt der Um- oder Eingruppierung Ändert sich während des Einsatzes beim Entleiher die Zuordnung zu einer kollektiven Entgeltgruppenordnung273, weil die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers nicht oder nicht mehr den Tätigkeitsmerkmalen derjenigen Vergütungsgruppe entspricht, in die er eingruppiert wurde, kommt ein Beteiligungsrecht unter dem Gesichtspunkt der Umgruppierung in Betracht.274 Zu dessen Wahrnehmung ist der Verleiherbetriebsrat berechtigt,275 da der Vertragsarbeitgeber die zur Einordnung in ein Entgeltsystem notwendige Beurteilung vorzunehmen hat.276 Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Neueingruppierung277 in ein kollektives Vergütungssystem aus dem equal-pay-Grundsatz gemäß der §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG ergibt278 oder auf eine zulässigerweise279 hiervon abweichende tarifliche Regelung im Verleiherbetrieb zurückzuführen ist. Dieselben Grundsätze gelten auch dann, wenn während des Einsatzes erstmals eine Eingruppierung vorzunehmen ist.
4. Zusammenfassung Auch im Rahmen der personellen Angelegenheiten kommen damit umfassende Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte beider Betriebsräte in Betracht. Die Zuständigkeit des jeweiligen Betriebsrats orientiert sich wiederum an der Ausübung der betrieblichen Organisationsgewalt durch den Verleiher ___________ pflicht anerkennen. Ferner Sacher, Unterlassungsanspruch, S. 99: Auswirkungen nur bei für den Arbeitnehmer negativen Änderungen. 273 Allgemein zu dieser Grundvoraussetzung FESTL, § 99 Rn.77; DKK/Kittner, § 99 Rn.62. 274 Hierzu allgemein FESTL, § 99 Rn.86; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.82. 275 BAG 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.86; Boemke, AÜG, § 14 Rn.133; Erdlenbruch, Stellung, S. 178; FESTL, § 99 Rn.87a; Hamann, NZA 2003, 526 (532); Kaufmann, Zuordnung, S. 190, 193; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.43; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.961; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2242). 276 Die im Rahmen des § 87 I Nr. 10 und 11 BetrVG angesprochenen Leistungen des Entleihers werfen dagegen regelmäßig keine Fragen einer tätigkeitsentsprechenden Vergütung im Entleiherbetrieb auf, die das Mitbeurteilungsrecht aus § 99 BetrVG voraussetzt, vgl. Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.63. 277 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.82. 278 FESTL, § 99 Rn.87a; Hamann, NZA 2003, 526 (532); Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.963; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2242). Es gelten sodann die Grundsätze bei der Entsendung, die erst unten (§ 7 A.III.) dargestellt werden. 279 Hierzu Schüren, AÜG, § 9 Rn.222; Schüren/Behrend, NZA 2003, 521 (524 ff.).
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oder den Entleiher, wobei die Kompetenzverteilung sowohl den Belangen des Leiharbeitnehmers als auch der Stammbelegschaft Rechnung trägt.
D. Beteiligung bei der Gestaltung von Arbeitsplatz, -ablauf und -umgebung während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern beim Entleiher Mit der Beteiligung des Betriebsrats nach den §§ 90 und 91 BetrVG sollen über den gesetzlichen Arbeitsschutz hinaus die Auswirkungen technischer und organisatorischer Maßnahmen auf die menschliche Arbeit durch Mittel des autonomen Arbeitsschutzes280 beeinflusst werden. Zur Schaffung positiver und menschenwürdiger Arbeitsumstände gewährt § 90 BetrVG Unterrichtungsund Beratungsrechte, wogegen § 91 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht zur Kompensation solcher Belastungen statuiert, die aus Änderungen von Arbeitsplatz, -ablauf und -umgebung resultieren und gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen menschengerechter Arbeit offensichtlich widersprechen.281 Die Beteiligung nach den §§ 90 und 91 BetrVG ist im Hinblick auf den skizzierten Normzweck arbeitsplatzgegenständlich zu interpretieren. Einen gegenständlichen Arbeitsplatz besetzen Leiharbeitnehmer jedoch nicht innerhalb der vom Verleiher organisierten betrieblichen Einheit, sondern im Entleiherbetrieb. Da der Verleiher dort keine direkten Einflussmöglichkeiten besitzt, scheidet auch eine Beteiligung des Verleiherbetriebsrats bei der Gestaltung des Arbeitsumfelds aus.282 Allerdings sind Leiharbeitnehmer von Änderungen der Arbeitsbedingungen im Einsatzbetrieb in gleicher Weise wie das Stammpersonal betroffen, sodass Maßnahmen des Arbeitsschutzes mit der dort gebildeten Arbeitnehmervertretung zu treffen sind. Das sog. korrigierende Mitbestimmungsrecht283 nach § 91 BetrVG besteht daher seitens des Entleiherbetriebsrats auch für Leiharbeitnehmer. Deren Belange sind zudem zum Gegenstand des Informationsund Beratungsrechts bei der Planung von baulichen Maßnahmen an der Be___________ 280 Zum Begriff FESTL, § 90 Rn.2. Im Gegensatz zum gesetzlichen Arbeitsschutz zugunsten von Leib und Leben geht es hier um die humanitäre Gestaltungsaufgabe der autonomen Kräfte der Arbeitswelt, zu denen auch die Betriebspartner im Sinne des BetrVG zählen. 281 FESTL, § 90 Rn.1 f. 282 So die allgemeine Ansicht: Becker/Wulfgramm, AÜG, Art.1 § 14 Rn.82; Erdlenbruch, Stellung, S. 163; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.383; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.39. 283 GK-BetrVG/Wiese, § 91 Rn.1.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
triebsstätte, von technischen Anlagen sowie von Arbeitsverfahren, -abläufen und -plätzen gemäß § 90 BetrVG zu machen.284
E. Beteiligung in wirtschaftlichen Angelegenheiten während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern beim Entleiher Neben die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte treten in begrenztem Umfang auch Einflussmöglichkeiten des Betriebsrats und des ihn unterstützenden Wirtschaftsausschusses in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Letzterem sind gemäß § 106 BetrVG Informations- und Beratungsrechte zugedacht, wobei dem Betriebsrat nach den §§ 111 ff. BetrVG Mitwirkungsmöglichkeiten bei Betriebsänderungen zustehen, um die Arbeitsplätze sowie die soziale Stellung der Arbeitnehmer zu sichern285. Ob solche Änderungen die Leiharbeitnehmer während ihres Einsatzes betreffen können und dabei einer Beteiligung des Verleiher- oder Entleiherbetriebsrats bedürfen, soll nachfolgend geklärt werden.286
I. Beteiligung des Verleiherbetriebsrats bei Betriebsänderungen gemäß der §§ 111 ff. BetrVG Soweit Leiharbeitnehmer von Betriebsänderungen betroffen werden, besteht auch in Bezug auf diese dem Verleiher zugeordneten Arbeitnehmer neben den Unterrichtungs- und Beratungspflichten nach § 111 S.1 BetrVG die Verpflichtung zum Versuch eines Interessenausgleichs gemäß § 112 BetrVG. Unterlässt der Verleiher Letzteres oder weicht er von einem Interessenausgleich ab, so können die überlassenen Arbeitskräfte Ansprüche auf einen Nachteilsausgleich geltend machen. Darüber hinaus wird auch die Sozialplanpflichtigkeit zur Milderung oder zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile der Leiharbeitnehmer nicht in Zweifel gezogen.287 Allerdings kommen diese Rechtsfolgen im Verleiherbetrieb nur bei Betriebsänderungen in Frage, die dortige Maßnahmen betreffen, sodass Ände___________ 284 Dewender, Betriebsfremde, S. 144; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 138; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.285 f.; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.15. 285 FESTL, § 111 Rn.1 286 Auf die Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses oder das Vorliegen einer Betriebsänderung im Zusammenhang mit der (geplanten) Übernahme von Leiharbeitnehmern in den Entleiherbetrieb oder der Beendigung der Entsendung wird der Konzeption der Arbeit folgend, erst in den anschließenden Paragraphen eingegangen. 287 Becker/Wulfgramm, AÜG, Art.1 § 14 Rn.89; Erdlenbruch, Stellung, S. 213, Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.404; Kaufmann, Zuordnung, S. 204.
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rungen, die auf den Entleiher und dessen Einheit zurückgehen, keine relevanten Anknüpfungspunkte bieten.288 Im Zusammenhang mit dem Einsatz von Leiharbeitnehmern bei einem Entleiher entfalten die §§ 111 ff. BetrVG demzufolge kaum praktische Bedeutung, wobei auf den in Betracht zu ziehenden Personalabbau gesondert im Rahmen der Beendigung des Leihverhältnisses zurückzukommen sein wird289. Zudem sind die Beteiligungsrechte nur in Verleihunternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern anwendbar, wobei hier auch die Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind290.
II. Beteiligung des Entleiherbetriebsrats bei Betriebsänderungen gemäß der §§ 111 ff. BetrVG 1. Betrieblicher Anwendungsbereich Kontroverser wird die Diskussion um leiharbeitnehmerbezogene Beteiligungsrechte bei Betriebsänderungen im Entleiherbetrieb geführt. So ist schon die Berücksichtigung der Zeitarbeitskräfte bei der erforderlichen Unternehmensgröße umstritten, doch zählen diese entsprechend der bei § 99 BetrVG erarbeiteten Ergebnisse beim Entleiher, wenn sie zu den in der Regel beschäftigten Arbeitnehmern gehören. Sofern nicht nur kurzfristig Regelarbeitsplätze besetzt werden, ist jedoch zusätzlich die Unternehmenszugehörigkeit und Wahlberechtigung (§ 7 S.2 BetrVG) zu fordern.291 Nur diese Sichtweise ist überdies mit dem Zweck des Schwellenwerts vereinbar, lediglich Kleinunternehmen vor den finanziellen Belastungen zu schützen, die insbesondere im Hinblick auf die Pflicht zur Aufstellung eines Sozialplans unausweichlich sind292. Von einer geringeren finanziellen Belast___________ 288
Becker/Wulfgramm, AÜG, Art.1 § 14 Rn.89; Kaufmann, Zuordnung, S. 204. Siehe unten § 8 C. 290 Boemke, AÜG, § 14 Rn.51; Dewender, Betriebsfremde, S. 94; Erdlenbruch, Stellung, S. 212; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.112, 404; Kaufmann, Zuordnung, S. 204; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.46; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1013. 291 Im Ergebnis ebenso Richardi/Annuß, BetrVG, § 111 Rn.23; GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 111 Rn.17; FKHES, § 111 Rn.25; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.182. Wohl auch DKK/Däubler, § 111 Rn.25. A.A. Bauer (NZA 2002, 1001 (1004)), Dewender (Betriebsfremde, S. 146), B. Gaul (NZA 2003, 695 (695)), Nägele (ArbRB 2004, 19 (20)) und auf Grundlage des seinerzeit noch nicht bestehenden aktiven Wahlrechts der Leiharbeitnehmer auch Barth (Beteiligungsrechte, S. 155), die eine Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer ablehnen. 292 Zum Zweck des Schwellenwerts GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 111 Rn.7. 289
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
barkeit von Leiharbeitnehmer einsetzenden Unternehmen im Vergleich zu solchen, die Stammarbeitnehmer in der entsprechenden Zahl beschäftigen, kann jedoch nicht ausgegangen werden, sodass auch dieser Gesichtspunkt die Einbeziehung der unternehmenszugehörigen Leiharbeitnehmer verlangt.293
2. Persönlicher Anwendungsbereich und Beteiligung im Einzelnen Vom betrieblichen Anwendungsbereich ist die Frage zu trennen, ob im Entleiherbetrieb eine Einbeziehung der überlassenen Arbeitskräfte in den persönlichen Anwendungsbereich der § 111 ff. BetrVG möglich und notwendig ist. Es ist nämlich durchaus vorstellbar, dass Leiharbeitnehmer dort von den Auswirkungen einer Betriebsänderung – etwa einer Änderung der Betriebsorganisation294 oder Verlegung des Betriebssitzes – negativ betroffen sind. Allerdings werden hieraus resultierende Beteiligungsrechte des Entleiherbetriebsrats überwiegend mit der Begründung verneint, dass die Vorschriften Nachteile innerhalb der Belegschaft erfordern und diese Voraussetzung durch Leiharbeitnehmer mangels Betriebszugehörigkeit nicht erfüllt werden kann.295 Wie jedoch nachgewiesen wurde, ist diese Aussage bei denjenigen Leiharbeitnehmern unzutreffend, die länger als drei Monate eingesetzt werden. Bei den übrigen überlassenen Arbeitskräften bietet die fehlende Betriebszugehörigkeit zwar kein verlässliches Argument, da sie im Hinblick auf die Grundaussage in § 14 II und III AÜG zugunsten der Schutzbedürftigkeit der Beschäftigten in den Hintergrund rückt.296 Andererseits sind die §§ 111 ff. BetrVG nur bei wesentlichen Nachteilen einschlägig. Diese werden zwar im Rahmen des § 111 S.3 BetrVG unwiderleglich vermutet297, doch steht dies einem Rückgriff auf S.1 als Interpretationshilfe für den persönlichen Anwendungsbereich des Beteiligungsrechts nicht entgegen. Dabei wird ersichtlich, dass nicht betriebszugehörige Leiharbeitnehmer wegen ihrer kurzen Verweildauer keine wesentlichen Nachteile infolge von Betriebsänderungen des Entleihers erleiden kön___________ 293
So nun FESTL (§ 111 Rn.25) nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.4.2003 (AP Nr. 7 zu § 9 BetrVG 1972). Es wird deutlich, dass auch hier die Erwägungen des siebten Senats zu den organisatorischen Schwellenwerten im Rahmen der §§ 111 ff. BetrVG wie schon bei § 99 BetrVG (siehe oben § 6 C.III.1.) nicht fruchten können. 294 Zum Begriff FESTL, § 111 Rn.92. 295 Vgl. Dewender, Betriebsfremde, S. 147; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 140; Kaufmann, Zuordnung, S. 205; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 100; GK-BetrVG/Raab, § 5 Rn.70; Rost, NZA 1999, 113 (119). 296 Siehe oben § 5 A.II. 297 Richardi/Annuß, BetrVG, § 111 Rn.45; GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 111 Rn.41 f.; FESTL, § 111 Rn.42 (Fiktion). A.A. Galperin/Löwisch, § 111 Rn.20.
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
221
nen, sodass sich der Anwendungsbereich des Beteiligungsrechts auf die Betriebszugehörigen beschränkt. Dass deren Situation dann seitens des Entleiherbetriebsrats bei dortigen Betriebsänderungen nachgegangen wird, ist notwendig, da weder dem Verleiher noch dessen Betriebsrat effiziente Handlungsmöglichkeiten verbleiben, die Art und Weise der Betriebsänderung des Entleihers im Sinne der Leiharbeitnehmer zu beeinflussen.298 Die Interessen der entleiherbetriebszugehörigen Zeitarbeitskräfte sind vielmehr im Entleiherbetrieb im Rahmen der Beratungsund Unterrichtungspflichten nach § 111 S.1 BetrVG und im Interessenausgleich nach § 112 BetrVG zu berücksichtigen, nachdem dieser das Ob, Wann und Wie der Betriebsänderung betrifft.299 Im Gegensatz zu den soeben genannten Vorfeldmaßnahmen ist für den Sozialplan und den Nachteilsausgleich nach § 113 II BetrVG zu beachten, dass die dort behandelte Reaktion auf wirtschaftliche Nachteile vornehmlich durch den Verleiher als Arbeitsvertragspartner zu gewährleisten ist.300 Solche Verpflichtungen des Verleihers zur Milderung oder zum Ausgleich können neben kollektiven oder individuellen Vereinbarungen – etwa hinsichtlich der Entschädigung für längere Anfahrtswege oder notwendige Umzüge aufgrund von Betriebsverlegungen – insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach den §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG301 resultieren. Dieser bewirkt, dass der Verleiher den Zeitarbeitskräften grundsätzlich die Ausgleichsleistungen zu gewähren hat, die der Entleiher gegenüber Stammarbeitnehmern erbringt, die mit dem Leiharbeitnehmer vergleichbar sind. Letztere können so mittelbar von Sozialplänen im Entleihbetrieb profitieren. Rechtlich zulässig wäre aber auch die unmittelbare Einbeziehung von Leiharbeitnehmern in den persönlichen Anwendungsbereich von Sozialplänen des Entleiherbetriebs.302 Sie haben gemäß § 112 I 2 BetrVG die Wirkung von Betriebsvereinbarungen, die – wie gesehen – prinzipiell auch für Zeitarbeitskräfte verbindlich sein können. Überlegungen zu einer Erstreckung von Sozialplänen auf Leiharbeitnehmer sind dabei durch die Entleiherbetriebspartner insbesondere dann anzustellen, wenn die Kompensation wirtschaftlicher Nachteile, die ___________ 298 Im Ergebnis ebenso Erdlenbruch, Stellung, S. 215 f. Vgl. hierzu auch die Ausführungen von Becker/Wulfgramm (AÜG, Art.1 § 14 Rn.89) und Kaufmann (Zuordnung, S. 204). 299 FESTL, §§ 112, 112a Rn.16. 300 Dewender, Betriebsfremde, S. 147; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.331; v. Hoyningen-Huene, FS Stahlhacke, S. 173 (183); Kaufmann, Zuordnung, S. 205; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 100; GK-BetrVG/Raab, § 5 Rn.70; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.184. 301 Vgl. Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.331. 302 Ebenso Erdlenbruch, Stellung, S. 215 f.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.331.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
nicht in der Beendigung des Einsatzes bestehen303, anhand der beschriebenen Mechanismen durch den Verleiher nicht sichergestellt ist und keine anderweitige Regelung erfahren haben. Da eine Beteiligung des Verleiherbetriebsrats bei Maßnahmen im Entleiherbetrieb auszuscheiden hat,304 kann der Schutz der Leiharbeitnehmer dann nämlich nur durch den Entleiherbetriebsrat bewirkt werden. Hinsichtlich des Nachteilsausgleichs nach § 113 II und III BetrVG ist schließlich zu berücksichtigen, dass dieser sowohl auf die Absicherung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats als auch auf die Kompensation von wirtschaftlichen Nachteilen betroffener Arbeitnehmer abzielt.305 Beide Normziele können auch hinsichtlich der Leiharbeitnehmer greifen, da ihre Belange Gegenstand der Beteiligung des Entleiherbetriebsrats bei Betriebsänderungen ist und solche auch für diese Beschäftigten zu wirtschaftlichen Nachteilen führen können. Damit kommen auch Ansprüche der betriebszugehörigen Leiharbeitnehmer gegen den Entleiher aus einem Nachteilsausgleich in Betracht. Von vornherein ausgeschlossen sind sie freilich, soweit der Verleiher eine Entschädigung leistet, da hier mit dem Nachteil gleichsam ein Vorteil einhergeht.306
F. Sonstige Auswirkungen der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf die Betriebsratstätigkeit I. Allgemeine Betriebsratsaufgaben (§ 80 BetrVG) Im Zusammenhang mit dem eingangs erörterten § 75 BetrVG sind die allgemeinen Aufgaben gemäß § 80 BetrVG zu betrachten.307 Sie dienen der Konkretisierung der Bereiche, in denen der Betriebsrat Arbeitnehmerinteressen gegenüber dem Arbeitgeber in vertrauensvoller Zusammenarbeit (§ 2 I BetrVG) wahrzunehmen hat.308 Die Pflichten bestehen unabhängig von den bereits geschilderten Mitwirkungs- und Mitbestimmungsbefugnissen, obgleich sie – ergänzt durch die Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers – oftmals deren Grundlage bilden.309 ___________ 303
Hierzu unten § 8 C. Siehe oben § 5 B.III. 305 Zum doppelten Normzweck GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 113 Rn.3. 306 Zur Vorteilsanrechnung GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 113 Rn.72. 307 Vgl. GK-BetrVG/Kreutz, § 75 Rn.5. 308 Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.192/193. 309 Vgl. FESTL, § 80 Rn.4; ErfK/Kania, § 80 BetrVG Rn.1. 304
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
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1. Aufgaben des Verleiherbetriebsrats Die allgemeinen Aufgaben des Verleiherbetriebsrats erstrecken sich prinzipiell in derselben Weise auf Leiharbeitnehmer, wie es beim Stammpersonal der Fall ist.310 Aufgrund der aufgespaltenen Arbeitgeberstellung und unter Berücksichtigung der allgemeinen Abgrenzungskriterien der Zuständigkeitsbereiche von Verleiher- und Entleiherbetriebsrat finden die Befugnisse und Verpflichtungen jedoch ihre Grenze in der Organisationsgewalt des Verleihers, die insbesondere den Gegenstand der Antragsrechte und Förderpflichten vorgibt.311 Auch die Pflicht zur Überwachung der Einhaltung von Rechtsnormen nach § 80 I Nr. 1 BetrVG312 besteht nur insoweit, als die Regelungen an den Verleiher adressiert sind.313 Begründet durch dessen individualrechtliche Arbeitgeberstellung, ist dies jedoch nahezu umfassend der Fall. Allerdings ergeben sich aufgrund der Tätigkeit in einem Fremdbetrieb insbesondere im Bereich des Arbeitsschutzes Einschränkungen, da dieser naturgemäß am eigentlichen Arbeitsplatz sicherzustellen ist.314 Dann greifen jedoch die bereits beschriebenen Aufsichtspflichten315 des Verleihers über die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften durch den Entleiher.316 Für den Verleiherbetriebsrat bedeutet dies, dass er bei der Feststellung von Verstößen gegen Rechtsvorschriften den Verleiher hierauf hinweisen und ihm gegenüber auf ihre Einhaltung drängen kann, ohne – soweit nicht Gegenstände einer betrieblichen Einigung betroffen sind – selbst einen Erfüllungsanspruch zu erlangen.317 Ansprechpartner des Verleiherbetriebsrats ist wegen seiner Betriebsbezogenheit auch bei festgestellten Zuwiderhandlungen des Entleihers der Verleiher, der dann gegenüber dem Erstgenannten für Abhilfe zu sorgen hat.318 Aufgrund der Arbeitsverrichtung der Leiharbeitnehmer in unterschiedlichsten Betrieben ist die Kontrolle für den Verleiherbetriebsrat freilich tatsächlich ___________ 310
Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.349; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.25. Ausführlicher Becker/Wulfgramm, AÜG, Art.1 § 14 Rn.77; Dewender, Betriebsfremde, S. 98 ff.; Erdlenbruch, Stellung, S. 119 ff.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.349; Kaufmann, Zuordnung, S. 121 ff. 312 Hierzu allgemein FESTL, § 80 Rn.6 f. 313 Erdlenbruch, Stellung, S. 114; Kaufmann, Zuordnung, S. 118. 314 Boemke, AÜG, § 11 Rn.36. 315 Vgl. hierzu schon die Ausführungen zur Mitbestimmung nach § 87 I Nr. 7 BetrVG oben § 6 B.I.2.g). 316 Weiter Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.350. 317 ErfK/Kania, § 80 BetrVG Rn.7; Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 80 Rn.6. 318 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.350. 311
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
erschwert. Allerdings bestehen keine Bedenken gegen eine Kontaktierung der dortigen Betriebsräte durch den des Entsendebetriebs.319 Im Verhältnis zum Verleiher besteht auch das Recht, die Zeitarbeitskraft am Einsatzort aufzusuchen.320 Allerdings setzt dies ein dahingehendes und nicht erzwingbares Einverständnis des Entleihers voraus, da Letzterem durch das Betriebsverfassungsgesetz keine Duldungspflichten gegenüber dem Verleiherbetriebsrat auferlegt werden.321 Die in § 80 II BetrVG zur Durchführung der Aufgaben verliehenen Informationsrechte umfassen aufgrund der atypischen Struktur des Leiharbeitsverhältnisses auch die Vorlage der Arbeitnehmerüberlassungsverträge.322 Dies ist erforderlich, um die Vertretung des entsendenden Betriebs in die Lage zu versetzen, Einsatzbetrieb und -dauer sowie die wesentlichen Arbeitsbedingungen und den besetzten Arbeitsplatz zu ermitteln.
2. Aufgaben des Entleiherbetriebsrats Im Interesse der Stammbelegschaft, vor allem aber auch zur Wahrung der Belange der Leiharbeitnehmer ist deren Beschäftigung auch Gegenstand der allgemeinen Aufgaben des Entleiherbetriebsrats. Soweit der Schutz der überlassenen Arbeitskräfte den Anknüpfungspunkt bildet, steht wiederum die Kompensation der Folgen der aufgespaltenen Arbeitgeberstellung im Vordergrund, die durch den begrenzten Zuständigkeitsbereich des Verleiherbetriebsrats ansonsten nicht gewährleistet werden könnte. In diesem Zusammenhang werden die Pflichten und Kompetenzen des Entleiherbetriebsrats allerdings durch die Reichweite der Leitungsmacht des Beschäftigungsarbeitgebers und die fehlende arbeitsvertragliche Bindung von vornherein begrenzt.323 ___________ 319 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.350. U.U. eine Kooperationspflicht annehmend aber Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.25a. Hiergegen ausdrücklich Thüsing, AÜG, § 14 Rn.25. 320 Boemke, AÜG, § 14 Rn.27; Kaufmann, Zuordnung, S. 117; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.25; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.25a; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.945. 321 Im Ergebnis ebenso Boemke, AÜG, § 14 Rn.27; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.945. Allgemein BAG 13.6.1989, AP Nr. 36 zu § 80 BetrVG 1972 mit zust. Anm. Löwisch, AR-Blattei ES X Betriebsverfassung Nr. 59; FESTL, § 80 Rn.80; GK-BetrVG/Kraft, § 80 Rn.26; Wiese, NZA 2003, 1113 (1118). 322 Boemke, AÜG, § 14 Rn.27; Erdlenbruch, Stellung, S. 115; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.25; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.25. 323 Vgl. auch Dewender, Betriebsfremde, S. 147.
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
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a) Überwachungsaufgaben (§ 80 I Nr. 1 BetrVG) Soweit an den Entleiher gerichtete Rechtsvorschriften auf Leiharbeitnehmer anwendbar sind, ist eine Einbeziehung sämtlicher, d.h. auch nicht betriebszugehöriger in den persönlichen Anwendungsbereich der Überwachungsaufgaben erforderlich.324 Da nur solche Bestimmungen in Betracht kommen, die keine arbeitsvertragliche Bindung voraussetzen, bilden neben Schutzvorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes325 die Regelungen des Arbeitsschutzes326 sowie betriebliche Einigungen den Schwerpunkt, sofern diese Leiharbeitnehmer erfassen.327 Der Kontrollauftrag erschöpft sich indes nicht in der Einhaltung leiharbeitnehmerschützender Normen, da durch den Einsatz der überlassenen Arbeitskräfte auch allein im Interesse der Stammbelegschaft bestehende Rechtsvorschriften berührt sein können. Hierunter fallen etwa kollektivvertragliche Verbote, bestimmte Arbeitsplätze mit Leiharbeitnehmern zu besetzen.328 Die Überwachungspflicht schließt freilich nicht die Einhaltung der Abmachungen im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag ein,329 wenngleich dieser auch im Entleiherbetrieb zu den zur Aufgabenerfüllung erforderlichen und vorlagepflichtigen Unterlagen nach § 80 II 2 BetrVG zählt.330 Damit ist dem Betriebsrat ermöglicht, einen Einblick in die wesentlichen Aspekte des Einsatzes zu erlangen. Im Übrigen wird ausdrücklich und insoweit klarstellend durch § 80 II 1 Halbs.2 BetrVG bestimmt, dass sich die Unterrichtungspflichten auch auf Personen ohne Arbeitsvertrag mit dem Betriebsinhaber erstrecken.331 ___________ 324
A.A. Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 80 Rn.5. Vgl. etwa § 1 I oder § 11 V-VII AÜG. 326 Vgl. § 11 VI 1 Halbs.2 AÜG. 327 Vgl. zum Ganzen auch Barth, Beteiligungsrechte, S. 71 f.; Becker/Wulfgramm, AÜG, Art.1 § 14 Rn.108; Boemke, AÜG, § 14 Rn.83; Dewender, Betriebsfremde, S. 147 f.; Erdlenbruch, Stellung, S. 118 f.; Kaufmann, Zuordnung, S. 118 ff.; A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 362; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.104; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.63 und ferner die bereits im Rahmen des § 99 BetrVG angesprochenen Vorschriften. 328 Zur Problematik Barth, Beteiligungsrechte, S. 73; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.70. Insbesondere bei der Übernahme verleihen die daneben bestehenden Rechte aus § 99 BetrVG weitergehende Kompetenzen des Entleiherbetriebsrats, siehe unten § 7 A.II. 329 Es ist nicht Aufgabe des Entleiherbetriebsrats, die Vertragstreue des Entleihers gegenüber dem Verleiher zu überprüfen, Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.217. 330 BAG 31.1.1989, AP Nr. 33 zu § 80 BetrVG 1972; Erdlenbruch, Stellung, S. 117; FESTL, § 80 Rn.62; Kaufmann, Zuordnung, S. 119; GK-BetrVG/Kraft, § 80 Rn.81. Zur Vorlagepflicht nach § 99 BetrVG und den auch hier zu berücksichtigenden Einschränkungen unten § 7 A.II.4. 331 Zu dieser Vorschrift schon oben § 3 I.2.c)bb)(d). 325
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Eine spezielle Bekanntgabeverpflichtung des Entleihers gegenüber „seinem“ Betriebrat bestimmt auch § 14 III 3 AÜG im Zusammenhang mit dem Wegfall der Überlassungserlaubnis des Verleihers.332
b) Antragsrechte und Schutzaufträge (§ 80 I Nr. 2, 4, 6 und Nr. 7 BetrVG) § 80 I Nr. 2 sowie Nr. 7 Halbs.2 BetrVG begründen Antragsrechte des Betriebsrats zu Maßnahmen, die dem Betrieb, der Belegschaft oder der Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus im Betrieb dienen. Der Arbeitgeber muss den darauf gestützten Anregungen zwar nicht folgen, er ist aber nach den §§ 2 I und 74 I BetrVG gehalten, sich ernsthaft mit ihnen zu befassen.333 Neben dem Schutz der übrigen Belegschaft334 gebietet es der § 14 II und III AÜG zu entnehmende und damit alle Leiharbeitnehmer erfassende Repräsentationsauftrag335, auch für die überlassenen Arbeitskräfte nützliche Maßnahmen zu beantragen. Damit sind im Gegensatz zur alleinigen Orientierung an einer Dienlichkeit für Vertragsarbeitnehmer auch die Interessen der Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen.336 Es kann sich dabei allerdings wiederum nur um solche Maßnahmen handeln, die im Einflussbereich des Entleihers bei der Leitung seines Betriebs liegen.337 Eine entsprechende Beurteilung ist geboten, soweit nach Einschätzung des Gesetzgebers bestimmte Arbeitnehmergruppen des besonderen Schutzes durch den Betriebsrat bedürfen und zu diesem Zwecke spezielle Aufträge namentlich für ältere (Nr. 6) und ausländische Arbeitnehmer (Nr. 7) bestehen338. Leiharbeitnehmer können auch hier zum geschützten Personenkreis gerechnet werden,339 nachdem eine Reihe denkbarer Maßnahmen wie die Förderung der ___________ 332
Hierzu Pulte, NZA 2000, 234 (235). FESTL, § 80 Rn.18. 334 Nur darauf abstellend bei § 80 I Nr. 2 BetrVG Dewender, Betriebsfremde, S. 148. 335 Barth, Beteiligungsrechte, S. 73, 74; Erdlenbruch, Stellung, S. 120 f. Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.218, 224; Kaufmann, Zuordnung, S. 121. Zu § 80 I Nr. 7 BetrVG auch Dewender, Betriebsfremde, S. 153. 336 Dies verkennt Dewender (Betriebsfremde, S. 149) bei § 80 I Nr. 2 BetrVG. 337 Vgl. Barth, Beteiligungsrechte, S. 73 f.; Kaufmann, Zuordnung, S. 121 f. 338 Vgl. FESTL, § 80 Rn.27. 339 Ebenso Thüsing, AÜG, § 14 Rn.108, 110, 111; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.68. Bezüglich § 80 I Nr. 4 BetrVG auch Kaufmann, Zuordnung, S. 122. Für § 80 I Nr. 7 BetrVG auch Barth, Beteiligungsrechte, S. 74; Erdlenbruch, Stellung, S. 121; Kaufmann, Zuordnung, S. 122. Boemke hält dagegen für Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb nur § 80 I Nr. 7 BetrVG für einschlägig (AÜG, § 14 Rn.87 f.). 333
§ 6 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte während des Einsatzes
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Kommunikation und Akzeptanz zwischen den verschiedenen Beschäftigtengruppen auch ohne arbeitsvertragliches Band in Betracht kommen.340 Dies gilt im Übrigen auch für schwerbehinderte Menschen, selbst wenn hinsichtlich des wirtschaftlichen Zwecks der Arbeitnehmerüberlassung der Tatbestand des § 80 I Nr. 4 BetrVG nur geringe praktische Bedeutung erfahren wird. Die Überlassung kommt aber immer dann in Frage, wenn sich die Behinderung nicht auf die vom Entleiher vorgesehene Verwendung auswirkt und der Schwerbehinderte daher eine geeignete Arbeitskraft ist. Sind somit schwerbehinderte Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb beschäftigt, hat der dortige Betriebsrat für ihre Eingliederung Sorge zu tragen.341
c) Förderpflichten (§ 80 I Nr. 2a, 2b, 8 und 9 BetrVG) § 80 I BetrVG überträgt dem Betriebsrat zudem Förderpflichten, die zum Teil vornehmlich von gesamtgesellschaftlichem Nutzen sind.342 Hierzu zählt zunächst die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter (Nr. 2a)343 und die Begünstigung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit (Nr. 2b)344. Dahingehende Maßnahmen sind auch zugunsten von Leiharbeitnehmern denkbar, da sie Gegenstände betreffen können, die – etwa im Gegensatz zu Entgeltfragen oder Teilzeitbeschäftigungen – keine arbeitsvertragliche Bindung voraussetzen. In Betracht kommen demnach insbesondere Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung oder zu betrieblichen Sozialeinrichtungen und dem Zugang der Leiharbeitnehmer zu ihnen offen stehenden Qualifizierungsmaßnahmen. Auch die Urlaubsplanung kann berücksichtigt werden, wenn im Rahmen der geschilderten Bedingungen ein Mandat des Entleiherbetriebsrats für Leiharbeitnehmer bei der Regelung sozialer Angelegenheiten besteht345. Entsprechendes gilt auch für Fragen des Arbeits___________ 340
Zu eng daher Dewender zu § 80 I Nr. 4 und 6 BetrVG, wie hier jedoch im Rahmen von § 80 I Nr. 7 BetrVG (Betriebsfremde, S. 151 ff.). Vgl. auch Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.221, 223. Allgemein zu in Betracht kommenden Maßnahmen FESTL, § 80 Rn.28 ff. 341 Hierzu Thüsing, AÜG, § 14 Rn.108. 342 FESTL, § 80 Rn.33. 343 Für die Anwendbarkeit auf Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb Boemke, AÜG, § 14 Rn.85; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.219; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.106. A.A. Dewender, Betriebsfremde, S. 149. 344 Die Anwendbarkeit auf Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb bejahend Boemke, AÜG, § 14 Rn.85; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.106. Ferner Hamann (Schüren, AÜG, § 14 Rn.220), der aber nur geringe Bedeutung sieht. A.A. Dewender, Betriebsfremde, S. 150. 345 Vgl. die Ausführungen zu § 87 I Nr. 5 BetrVG oben § 6 B.I.2.e).
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
schutzes (Nr. 9)346 oder in den bereits bei den personellen Angelegenheiten dargestellten Einschränkungen auch für die Beschäftigungssicherung (Nr. 8)347. Daher ist eine weitgehende Erstreckung der Förderpflichten des Entleiherbetriebsrats auf die überlassenen Arbeitskräfte vorzunehmen. Sie werden ausgelöst, wenn und soweit sie außerhalb einer vertraglichen Bindung Regelungsfragen im Entleiherbetrieb zum Gegenstand haben, die aufgrund der Aufspaltung der Arbeitgeberstellung dem Einfluss des Verleihers und dessen Betriebsrat entzogen sind.
d) Entgegennahme von Anregungen (§ 80 I Nr. 3 BetrVG) In § 80 I Nr. 3 BetrVG wird die Funktion des Betriebsrats als Ansprechpartner der Arbeitnehmer deutlich. Soweit Anregungen an den Betriebsrat herangetragen werden, muss sich dieser hiermit befassen und gegebenenfalls mit dem Arbeitgeber über die sachgerechte Erledigung verhandeln.348 Die von der Norm erfassten Beschwerden und Vorschläge349 können sowohl Leiharbeitnehmer betreffen als auch aus ihren Reihen selbst stammen und den Betriebsrat zum Tätigwerden verpflichten.350 Dies lässt sich auf die zu den Antragsrechten genannten Argumente stützen,351 nachdem § 80 I Nr. 3 BetrVG diese ergänzt.352 Im Übrigen kann hier eine deutliche Parallele zu § 14 II 3 AÜG gezeichnet werden, der das in seinem Anwendungsbereich speziellere und sogar ein besonderes Mitbestimmungsrecht verleihende353 Beschwerderecht gemäß § 85 BetrVG ausdrücklich auf Leiharbeitnehmer ausweitet.
___________ 346
Boemke, AÜG, § 14 Rn.90. Ferner Hamann (Schüren, AÜG, § 14 Rn.220), der aber kaum Bedeutung sieht. Vgl. auch die Ausführungen zu § 87 I Nr. 7 BetrVG oben § 6 B.I.2.g). Unklar jedoch Dewender (Betriebsfremde, S. 153) sowie Thüsing (AÜG, § 14 Rn.112). 347 Hierzu bereits ausführlich oben § 6 C.I.1. A.A. jedoch Boemke, AÜG, § 14 Rn.89. 348 DKK/Buschmann, § 80 Rn.37; FESTL, § 80 Rn.24 f. 349 DKK/Buschmann, § 80 Rn.37. 350 Barth, Beteiligungsrechte, S. 74; Dewender, Betriebsfremde, S. 150 f.; Erdlenbruch, Stellung, S. 120 f.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.221; Kaufmann, Zuordnung, S. 122; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.97. 351 Ebenso Erdlenbruch, Stellung, S. 120 f. 352 FESTL, § 80 Rn.37. 353 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 80 Rn.32.
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II. Beteiligung des Betriebsrats im Rahmen der Individualrechte des Arbeitnehmers Auch im Zusammenhang mit Individualrechten der Arbeitnehmer bestehen Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Hervorzuheben sind neben der Einrichtung von Sprechstunden (§ 39 BetrVG) auch die Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der Mitwirkungs- und Beschwerderechte des Arbeitnehmers gemäß der §§ 81 ff. BetrVG354. Ihre Geltung für Leiharbeitnehmer im Verleiherbetrieb ist auch während der Entsendung unbestritten und selbst hinsichtlich der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung im Entleiherbetrieb erfolgte durch § 14 II 3 AÜG weitestgehend eine eindeutige Regelung355. Diese Punkte sollen hier insoweit nicht vertieft werden. Mit Einfügung eines Vorschlagsrechts der Arbeitnehmer zu Beratungsthemen des Betriebsrats in § 86a BetrVG durch die Betriebsverfassungsreform im Jahre 2001 stellt sich allerdings die Frage, ob Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb in den persönlichen Anwendungsbereich der Vorschrift einzubeziehen sind, nachdem § 14 II 3 AÜG lediglich die §§ 84 bis 86 BetrVG für anwendbar erklärt. Letzteres kann jedoch aufgrund des ohnehin nicht abschließenden Charakters von § 14 AÜG356 nicht entscheidend sein, sodass auf teleologische Gesichtspunkte zurückzugreifen ist. Da der Entleiherbetriebsrat umfassende Aufgaben und Befugnisse in Bezug auf Leiharbeitnehmer hat, ist es sachgerecht, wenn alle überlassenen Arbeitskräfte ohne Rücksicht auf die Betriebszugehörigkeit gemäß § 86a S.1 BetrVG zu entsprechenden Vorschlägen berechtigt sind, um ihre Ideen und Bedürfnisse357 einfließen lassen zu können. Soweit es dagegen um die Verpflichtung zur Aufnahme in die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung gemäß § 86a S.2 BetrVG geht, ist eine differenzierte Sichtweise vorzuziehen, sodass nur die Betriebszugehörigen zum Fünfprozentquorum zu rechnen sind.358 Hierfür spricht neben dem Wortlaut des § 86a S.2 BetrVG die anderenfalls drohende Gefahr, dass der Betriebsrat ___________ 354
Hierzu GK-BetrVG/Wiese, Einleitung Rn.75. Vgl. die ausführlichen Darstellungen bei Erdlenbruch, Stellung, S. 98 ff. Zu den Hintergründen im Hinblick auf die Einfügung durch das BillBG schon oben § 3 B.I.1.b). 356 Siehe oben § 5 A.II.1. Thüsing hält den fehlenden Verweis auf § 86a BetrVG in § 14 II 3 AÜG für ein Redaktionsversehen (AÜG, § 14 Rn.96). 357 Zum Normzweck DKK/Klebe, § 86a Rn.2. 358 Wie hier FESTL, § 86a Rn.4. A.A. Boemke, AÜG, § 14 Rn.78; Kaufmann, Zuordnung, S. 142; Thüsing, AÜG, § 14 Rn96: Berücksichtigung aller Leiharbeitnehmer. Ferner Bauer (NZA 2002, 1001 (1004)) und Löwisch (BB 2001, 1734 (1737)): Nichtberücksichtigung aller Leiharbeitnehmer. 355
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
unmittelbar in das Kreuzfeuer widerstreitender Interessen der Beschäftigten gerät und sein Arbeitsklima wie seine Leistungsfähigkeit durch eine Obstruktionspolitik gestört wird.359 Eine erhebliche Entschärfung dieser Gefährdungslage tritt ein, wenn man nur die betriebszugehörigen Leiharbeitnehmer berücksichtigt, bei denen bereits ein weitgehender Interessengleichlauf mit den Angehörigen der Stammbelegschaft vermutet werden konnte.360
G. Zusammenfassung zu den Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern beim Entleiher Es konnte gezeigt werden, dass der Schutz der Leiharbeitnehmer durch das Betriebsverfassungsrecht trotz aufgespaltener Arbeitgeberstellung durch die effektive Verteilung der Zuständigkeiten des Verleiher- und Entleiherbetriebsrats weitgehend sichergestellt ist. So bestehen umfassende Beteiligungsrechte des Verleiherbetriebsrats, obwohl die Tätigkeit von Leiharbeitnehmern außerhalb der Betriebsstätte des Verleihers erfolgt. Die Zuständigkeit bleibt allerdings auf den nicht räumlich zu verstehenden Entsendebetrieb beschränkt, da die Kompetenzen des dortigen Betriebsrats an der beim Verleiher verbliebenen Organisationsgewalt anknüpfen. Im Rahmen der betrieblichen Organisation des Entleihers hat während des Einsatzes von Leiharbeitnehmern auch der Entleiherbetriebsrat weitreichende Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte. Besondere Bedeutung besitzt dabei die Beteiligung in sozialen, aber auch in personellen Angelegenheiten, wogegen die Mitwirkung in wirtschaftlichen Angelegenheiten in den Hintergrund rückt. Da die Gewährung der Beteiligungsrechte ihre Rechtfertigung neben dem Schutz der Stammbelegschaft vor allen Dingen auch in der Wahrung der Belange der Leiharbeitnehmer findet, wirkt sich die an sich notwendige Unterscheidung zwischen solchen mit und ohne Betriebszugehörigkeit nur ausnahmsweise aus.
___________ 359
Allgemein zur Gefährdungslage Annuß, NZA 2001, 367 (367); Hanau, RdA 2001, 65 (71); Picker, RdA 2001, 259 (269); Richardi/Annuß, DB 2001, 41 (46). Optimistischer FESTL, § 86a Rn.2; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 86a Rn.1; GKBetrVG/Wiese, § 86a Rn.4. 360 Siehe oben § 3 B.I.2.c)dd).
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
231
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern Der Einsatz eines Leiharbeitnehmers im Entleiherbetrieb basiert auf dem zwischen Verleiher und Entleiher geschlossenen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag.1 Dieser hat zur Folge, dass die Zeitarbeitskraft zu einem Entleiher entsandt und in die dortige betriebliche Organisation eingegliedert wird, um nach den Weisungen des Entleihers zur Verfolgung des Betriebswecks eingesetzt zu werden.2 Damit gehen unausweichlich Veränderungen der Arbeitsbedingungen des Leiharbeitnehmers sowie der Zusammensetzung der Belegschaft des Entleiherbetriebs einher, die zum individuellen und kollektiven Schutz jeweils Anknüpfungspunkte für die Beteiligung der Betriebsräte bilden können. Im Anschluss sollen daher die im Zusammenhang mit der Entsendung durch den Verleiher sowie der spiegelbildlichen Übernahme durch den Entleiher typischen Konfliktsituationen aufgezeigt und ihr möglicher Ausgleich durch eine Betriebsratsbeteiligung untersucht werden.
A. Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten bei der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern, insbesondere bei personellen Einzelmaßnahmen Den denkbaren Belastungen, die mit der Entsendung durch den Verleiher und der damit verbundenen Zuweisung eines anderen Arbeitbereichs für den Arbeitnehmer einhergehen mögen, könnte durch eine Betriebsratsbeteiligung in personellen Angelegenheiten zu begegnen sein. Hier steht insbesondere die Mitbestimmung der Arbeitnehmervertretung bei personellen Einzelmaßnahmen im Vordergrund. Dies gilt auch hinsichtlich der nicht auszuschließenden Reibungspunkte mit der übrigen Belegschaft des Einsatzbetriebs, die aus der Übernahme eines Leiharbeitnehmers in den Entleihbetrieb durch den Entleiher resultieren können.
___________ 1 2
Siehe oben § 1 A.I. Siehe oben § 3 B.I.
232
3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
I. Die Beteiligung des Verleiherbetriebsrats unter dem Gesichtspunkt der Versetzung 1. Bestehen eines Beteiligungsrechts a) Der grundsätzliche Ausschluss des Beteiligungsrechts Mit dem Beteiligungsrecht bei Versetzungen gemäß § 99 BetrVG wird entsprechend der Legaldefinition in § 95 III 1 BetrVG die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs mit einer voraussichtlichen Dauer von länger als einem Monat oder unter erheblicher Änderung der Arbeitsumstände aufgegriffen. Da die Zuweisung des Arbeitsbereichs bei einem neuen Entleiher im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses allein durch den Verleiher erfolgt, kommt lediglich eine Beteiligung des dortigen Betriebsrats in Betracht. Sie wird jedoch nicht schon durch den Abschluss des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ausgelöst, da dieser selbst für die Zeitarbeitskräfte noch keine Verpflichtungen zum Tätigwerden bei einem Entleiher begründet. Allerdings ist die Mitbestimmungspflichtigkeit unter dem Gesichtspunkt der Versetzung bei der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung grundsätzlich3 ausgeschlossen, da der regelmäßige Wechsel der Einsatzbetriebe meist zur Eigenart der Arbeitsverhältnisse von Leiharbeitnehmern zu rechnen ist. In derartigen Fällen handelt es sich gemäß § 95 III 2 BetrVG4 nicht um Versetzungen.5
b) Ausnahmen Der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht die Entsendung aber dann nicht, wenn der konkret zugewiesene Aufgabenbereich die übliche Variations___________ 3
Ohne Anerkennung von Ausnahmen aber BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer; Becker, AuR 1982, 369 (374); Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.86; Dewender, Betriebsfremde, S. 84; FESTL, § 99 Rn.135; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 128; Kaufmann, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.298; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 72; W. Schneider, AiB 2002, 287 (289); Worpenberg, Arbeitnehmerüberlassung, S. 310. 4 Dabei ist umstritten, ob es sich hierbei um eine Fiktion handelt, so z.B. Hamann, NZA 2003, 526 (532). A.A. jedoch Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.117: Die Zuweisung gilt nicht nur als keine Versetzung, sie ist keine Versetzung. 5 Boemke, AÜG, § 14 Rn.49; Hamann, NZA 2003, 526 (532); Hromadka/Maschmann, ArbeitsR 2, § 16 Rn.563; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.43; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.27. A.A. noch Mumot, Beteiligungsrechte, S. 69.
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
233
breite der Beschäftigungen des Leiharbeitnehmers überschreitet.6 Falls er beispielsweise für einen bestimmten Einsatz eingestellt wurde und eine anderweitige Beschäftigung nur vorbehalten war, verlässt die Ausübung des Vorbehalts die Schwankungsbreite.7 Dasselbe gilt, wenn sich die herkömmlichen Aufgaben ändern, weil der neue Entleiher andere als die bislang abgeforderten zu verlangen plant8 oder in Mischbetrieben der Arbeitnehmer zunächst im Stamm eingesetzt wurde und nunmehr verliehen wird9. Bei diesen Gestaltungen handelt es sich um nach § 99 BetrVG zustimmungspflichtige Versetzungen, und zwar ungeachtet der individualrechtlichen Zulässigkeit10 der Entsendung, die sich in der Regel aus dem entsprechend weit gefassten Direktionsrecht und der Abbedingung von § 613 S.2 BGB ergibt. Da zudem die Betriebszugehörigkeit zum Verleiherbetrieb unberührt bleibt, wie § 14 I AÜG klarstellt,11 ist in diesem Zusammenhang auch unerheblich, ob man allgemein eine Mitbestimmungspflichtigkeit (einverständlicher) überbetrieblicher Versetzungen anerkennen will12; eine solche liegt gerade nicht vor. Deshalb unterfällt der Arbeitgeber im Übrigen auch nicht dem Zustimmungserfordernis aus § 103 III BetrVG, sofern der Zeitarbeitnehmer – wie es zulässig ist13 – betriebsverfassungsrechtlicher Funktionsträger beim Verleiher ist.
2. Unterrichtungspflicht, Zustimmungsverweigerung und Rechtsfolgen Ist der Betriebsrat des Verleihers ausnahmsweise aufgrund der Versetzung zu beteiligen, so gelten für die Unterrichtungspflichten des Verleihers gegenüber dem Betriebsrat – von der Vorlage des Überlassungsvertrags abgesehen14 – keine Besonderheiten im Vergleich zum Normalarbeitsverhältnis. Entsprechendes gilt für die Zustimmungsverweigerungsgründe in § 99 II BetrVG. So sind insbesondere auch Verstöße gegen Auswahlrichtlinien nach ___________ 6
Boemke, AÜG, § 14 Rn.49; Hamann, NZA 2003, 526 (532); v. Hoyningen-Huene/Boemke, Versetzung, S. 214; Kaufmann, Zuordnung, S. 191; MünchArbR/Matthes, § 353 Rn.26; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.27 f.; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.965. A.A. Thüsing, AÜG, § 14 Rn.43. 7 Hamann, NZA 2003, 526 (532); Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.28; UrbanCrell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.965. 8 Boemke, AÜG, § 14 Rn.49; v. Hoyningen-Huene/Boemke, Versetzung, S. 214. 9 Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.27; differenzierend Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.343 f. 10 Allgemein FESTL, § 99 Rn.100. 11 Zum deklaratorischen Charakter der Vorschrift oben § 3 A.III. 12 Hierzu schon oben § 6 C.III.2.a)aa)(2). 13 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.135. 14 Hierzu auch schon § 6 F.I.1.
234
3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
§ 95 BetrVG denkbar,15 die im Rahmen von § 99 II Nr. 2 BetrVG relevant sind. Ein auf § 99 II Nr. 5 BetrVG gestütztes Veto, das an das Unterlassen einer Ausschreibung im Betrieb anknüpft, scheidet allerdings aus. Der Verleiherbetriebsrat kann diese zwar nach § 93 BetrVG auch für Leiharbeitnehmer verlangen.16 Das Mitbestimmungsrecht17 greift jedoch nur bei der Belegung von Arbeitsplätzen im Betrieb,18 weshalb nur beim Verleiher vakante Stellen in Betracht kommen. Dies kann beispielsweise Arbeitsplätze in der Verwaltung betreffen19 und selbst die Ausschreibung von Beschäftigungsmöglichkeiten als Leiharbeitnehmer wäre erfasst.20 Dagegen ist die Entsendung zum Entleiher gerade keine Besetzung einer freien Stelle im Verleiher-, sondern im Entleiherbetrieb, sodass insoweit § 99 II Nr. 5 i.V.m. § 93 BetrVG nicht greift. Eine ohne – gegebenenfalls nach § 99 IV BetrVG ersetzte – Zustimmung des Betriebsrats vorgenommene Versetzung ist vorbehaltlich der Möglichkeiten nach den §§ 100 f. BetrVG21 betriebsverfassungswidrig. Sie begründet ein Leistungsverweigerungsrecht des Leiharbeitnehmers gegenüber dem Verleiher, aber auch dem Entleiher bezüglich der geänderten Bedingungen.22
II. Die Beteiligung des Entleiherbetriebsrats unter dem Gesichtspunkt der Einstellung Mit der vom Verleiher vorgenommenen Zuweisung des Arbeitnehmers zu einem Entleiher bleibt die Betriebszugehörigkeit zum Entsendebetrieb bestehen. Gleichwohl ordnet § 14 III 1 AÜG vor einer Übernahme von Leiharbeitnehmern in den Entleiherbetrieb die Beteiligung des dortigen Betriebsrats nach § 99 BetrVG an. Diese Verweisung erfasst jedenfalls die Einstellung als personelle Einzelmaßnahme23 und dient der Abwendung nachteiliger Folgen, ___________ 15
Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.394. A.A. Kaufmann, Zuordnung, S. 182. Dewender, Betriebsfremde, S. 87; Erdlenbruch, Stellung, S. 167. 17 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 93 Rn.2. 18 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 93 Rn.8. 19 Hierzu Schüren/Hamann, § 14 Rn.387. 20 Kaufmann, Zuordnung, S. 177. 21 Hierzu Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.346. 22 Siehe oben § 6 B.I.3. und C.III.2.b). 23 BAG 12.11.2002, AP Nr. 41 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; Böttcher, Einzelmaßnahmen, S. 31; HaKo-BetrVG/Kreuder, § 99 Rn.9; Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 99 Rn.3; MünchArbR/Matthes, § 352 Rn.24; DKK/W. Schneider, § 9 Rn.10b; Wißmann, NZA 2001, 409 (412). Vgl. auch Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.95: „Einstellungsähnlicher Vorgang“, da keine Unterrichtungspflichten in Bezug auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses. Ähnlich Erdlenbruch, Stellung, S. 183. Ferner HaKo-Betr16
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
235
die mit der Besetzung eines Arbeitsplatzes mit einer betriebsfremden Person möglicherweise einhergehen24.
1. Modifikation des betrieblichen Anwendungsbereichs von § 99 BetrVG § 99 BetrVG gilt nur in Betrieben von Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern. Soweit es allerdings um die Mitbestimmung im Entleiherbetrieb bei der Übernahme des Leiharbeitnehmers geht, wird in § 14 III 1 AÜG zum Teil eine Rechtsfolgenverweisung gesehen, sodass in diesem Rahmen die Unternehmensgröße unerheblich wäre.25 Für die Begründung der Richtigkeit dieser Auffassung ist der Wortlaut des § 14 III 1 AÜG jedoch unergiebig und lässt beide Deutungen zu.26 Allerdings soll der in § 99 BetrVG erwähnte Tatbestand der Übernahme und die Erweiterung der Unterrichtungspflicht durch § 14 III 2 und 3 BetrVG für eine selbständige Regelung sprechen, die insoweit von § 99 BetrVG unabhängig ist.27 Andererseits wäre bei dieser Lesart nicht zu erklären, warum in Kleinunternehmen die Übernahme von Leiharbeitnehmern im Gegensatz zur Einstellung von Stammpersonal nicht beteiligungspflichtig sein soll, wo doch Letztere die Interessen der durch § 99 BetrVG in erster Linie geschützten vorhandenen Belegschaft zumindest nicht minder tangiert.28 Zudem wird in der Gesetzesbegründung auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Mai 197429 Bezug genommen und die Regelung in § 14 III 1 AÜG als Klarstellung in Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung30 bezeichnet. Das Bundesarbeitsgericht ging aber davon aus, dass eine Einstellung schon in direkter An___________ VG/Düwell, Einleitung Rn.26: „... Zustimmung wie bei einer Einstellung ...“; MünchArbR/Marschall, § 175 Rn.102: keine Einstellung. 24 Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.263. 25 So Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.96; Däubler, Arbeitsrecht 2, Rn.2013; ErfK/Eisemann, § 5 BetrVG Rn.6; Grimm/Brock, DB 2003, 1113 (1113 f.); v. Hoyningen-Huene/Boemke, Versetzung, S. 214; Marschall, BuW 1993, 708 (709); HWK/Pods, § 14 AÜG Rn.14; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.134; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.20. 26 Ebenso Boemke, AÜG, § 14 Rn.94; Dewender, Betriebsfremde, S. 108; Erdlenbruch; Stellung, S. 181; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.143; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1097. 27 Im Ansatz Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.143. 28 Boemke, AÜG, § 14 Rn.94; Dewender, Betriebsfremde, S. 109; Erdlenbruch, Stellung, S. 182; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.143; Kaufmann, Zuordnung, S. 193. A.A. Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.134. 29 AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972. 30 BT-Drucks.9/847, S. 8. Hierzu schon oben § 3 B.I.1.b).
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
wendung des § 99 BetrVG bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern vorliegt,31 wobei Feststellungen zur Betriebsgröße in den Tatbestand aufgenommen wurden. Damit liegt es nahe, dass die Überschreitung des Schwellenwerts als notwendig erachtet wurde. Es ist daher von einer Rechtsgrundverweisung in § 14 III 1 AÜG auszugehen, sodass auch im Entleiherbetrieb bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern die von § 99 I 1 BetrVG geforderte Unternehmensgröße erreicht werden muss.32
2. Auslöser des Beteiligungsrechts Welche Maßnahme des Entleihers die vorherige Mitbestimmungspflichtigkeit auslöst, wird unterschiedlich beurteilt. Zum Teil wird bereits der Abschluss des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags für beteiligungsbedürftig gehalten,33 nachdem schon damit die Verpflichtung zur Beschäftigung der Leiharbeitnehmer durch den Entleiher begründet wird34. Nach anderer Ansicht soll in Anlehnung an die allgemeine Kontroverse um die Einstellung von Vertragsarbeitnehmern entweder der Abschluss des Überlassungsvertrags oder die wirkliche Übernahme mitbestimmungspflichtig sein, je nach dem, welches die zeitlich erste Maßnahme ist.35 Diese für die Hereinnahme von Stammpersonal entwickelten Grundsätze können aber nicht unbesehen übernommen werden. So ist die Unterscheidung nach der zeitlich früheren Maßnahme nicht überzeugend, da durch den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag anders als beim Abschluss des Arbeitsvertrags noch keine Kontaktaufnahme mit der zu beschäftigenden Person erfolgte und diese regelmäßig nicht einmal bekannt ist.36 So könnte beispielsweise das durch § 99 II Nr. 6 BetrVG ___________ 31
Hierzu auch Barth, Beteiligungsrechte, S. 118. Ebenso Boemke, AÜG, § 14 Rn.94; Dewender, Betriebsfremde, S. 109; Erdlenbruch, Stellung, S. 182; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.144; Kaufmann, Zuordnung, S. 193; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.147; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1097; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2238). Wohl auch Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.13. 33 Barth, Beteiligungsrechte, S. 121; Windbichler, DB 1975, 739 (741). Differenzierend Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 92 ff. Hierzu ausführlich im Anschluss, wobei sich die Mitbestimmungspflichtigkeit auch unter dem Gesichtspunkt der sozialen Angelegenheiten ergeben könnte. 34 Siehe oben § 1 A.I.2. 35 Dewender, Betriebsfremde, S. 110. Anders Ulber, AuR 1982, 54 (62): Mitbestimmungspflicht hinsichtlich der tatsächlichen Übernahme und des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags. 36 Hierzu auch Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 92. 32
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
237
verliehene Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nicht sinnvoll ausgeübt werden.37 Es ist daher der herrschenden Meinung zu folgen, die nicht schon den Arbeitnehmerüberlassungsvertragsschluss mit den daraus resultierenden Verpflichtungen für mitbestimmungspflichtig hält. Sie knüpft vielmehr erst am Vollzug des Vertragswerks und damit an die Eingliederung des Leiharbeitnehmers in den Entleiherbetrieb an, die zur Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks durch weisungsgebundene Tätigkeit zusammen mit den schon beschäftigten Arbeitnehmern führt.38 Dieser Zeitpunkt kann freilich unter Umständen mit der Begründung des Schuldverhältnisses zeitlich zusammenfallen.39 Diese Lösung hat für sich, dass der bloße Abschluss des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags die Interessen der Stammbelegschaft noch unberührt lässt.40 Diese allein sind hier aber maßgeblich, da der aufzunehmende Arbeitnehmer selbst noch nicht in Beziehungen zum Entleiherbetrieb tritt, die eine Repräsentation seiner Belange rechtfertigen würden. Überdies erfasst der Wortlaut des § 14 III AÜG die „Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung“. Anders als bei dem Begriff der „Einstellung“, der nach dem allgemeinen Sprachgebrauch durchaus den Arbeitsvertragsschluss mit umfasst41, kann unter einer „Übernahme ... zur Arbeitsleistung“ nicht die bloße Einigung zwischen Ver- und Entleiher verstanden werden. Außerdem verlangt § 14 III 2 AÜG die Vorlage der schriftlichen Erklärung des Verleihers über seine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung, die an dieser Stelle gerade als zwingender Inhalt der Vertragsurkunde angesehen wird. So geht der Gesetzgeber selbst vom zeitlich vorgelagerten Abschluss des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags aus.
3. Einschränkungen beim Fehlen eines personellen Auswahlrechts Nach Auffassung Müllners ist das Beteiligungsrecht aber dann eingeschränkt, wenn dem Entleiher aufgrund des Arbeitnehmerüberlassungsver___________ 37 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.132 zum allgemeinen Grundsatz, dass die Unterrichtungspflicht erst besteht, wenn feststeht, wer eingestellt werden soll. 38 BAG 5.4.2001, AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG Einstellung; Küttner/Röller, Personalbuch 2004 Arbeitnehmerüberlassung Rn.32; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1098. Weiter Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.18. 39 Vgl. Boemke, AÜG, § 14 Rn.95; Erdlenbruch, Stellung, S. 183; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.147; G. Hueck, SAE1975, 147 (151); Kaufmann, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.288; Löwisch, ArbeitsR, Rn.670; Marschall, BuW 1993, 708 (709); Sahl/Bachner, NZA 1994, 1063 (1067); Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2239). 40 Boemke, AÜG, § 14 Rn.95; Hamann, WiVerw 2001, 215 (217). 41 So GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.21.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
trags kein Einfluss auf die Auswahl des vom Verleiher zu entsendenden Leiharbeitnehmers verbleibt.42 In Ermangelung eines Bestimmungsrechts sei insoweit auch die Mitbestimmung ausgeschlossen,43 da zumindest solche Zustimmungsverweigerungsgründe nicht greifen können, die mit der Person des konkreten Leiharbeitnehmers begründet werden. Der denkbare, aber soeben aufgrund allgemeiner Überlegungen abgelehnte Ausweg, dem Betriebsrat daraufhin schon Einfluss auf den Inhalt des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags zu geben, um ein Auswahlrecht zu erzwingen44, beschreitet jedoch mit Recht auch Müllner45 nicht. Allerdings ist zu bezweifeln, ob der Entleiher in diesen Fallgestaltungen tatsächlich keine Auswahl treffen kann und damit das Beteiligungsrecht in diesem Umfang entfällt. Sofern ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 II BetrVG dem Grunde nach gegen die Übernahme der konkreten Person sprechen würde, wird nämlich regelmäßig auch der Verleiher seinen Verpflichtungen aus dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nicht nachgekommen sein, einen geeigneten Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen.46 In dieser Konstellation ist der Entleiher zur Zurückweisung der avisierten Arbeitsperson berechtigt, sodass ihm ein Entscheidungsspielraum eingeräumt ist. Hieran kann das Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats anknüpfen. Damit ist die Übernahme in Form der Eingliederung des Leiharbeitnehmers in den Entleiherbetrieb zugunsten des dortigen Betriebsrats gemäß § 14 III 1 AÜG i.V.m. § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Wegen des personellen Bezugs des Beteiligungsrechts gilt dies auch dann, wenn lediglich ein bereits vorhandener Leiharbeitnehmer ersetzt wird.47 Die geplante Dauer der ___________ 42
Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 92 ff. Er hält neben dem Überlassungsvertragsschluss auch das davon zu trennende personelle Auswahlrecht für mitbestimmungspflichtig, wobei jeweils unterschiedliche Zustimmungsverweigerungsgründe in Betracht kommen. 43 A.A. ohne nähere Begründung Erdlenbruch, Stellung, S. 186. Vgl. auch FESTL, § 99 Rn.54; DKK/Kittner, § 99 Rn.56. 44 So im Ansatz LAG Hamm 24.5.1973, BB 1973, 983 (983). 45 Arbeitgeberstellung, S. 94. Ihm folgend Barth, Beteiligungsrechte, S. 122. Müllner zieht zur Begründung die insoweit freie Unternehmerentscheidung heran. Dies ist im Ansatz problematisch, da es dem Arbeitgeber obliegt, sich Dritten gegenüber nicht in einer Weise zu binden, die die Einflussnahme des Betriebsrats faktisch ausschließt, BAG 16.6.1998, AP Nr. 92 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; 27.1.2004, AP Nr. 40 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung mit Anm. Boemke (jurisPR ArbR 23/2004), Korinth (AuA 2004, 47 (47 f.)) und Mues (ArbRB 2004, 178 (178)). 46 Hierzu bereits oben § 1 A.I.2. Vgl. die Beispiele bei Schüren, AÜG, Einleitung Rn.342. Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag entfaltet u.U. Schutzwirkung zugunsten des Stammpersonals, die Auswahlfehler des Verleihers begründen können (Rn.341). 47 ArbG Verden 1.8.1989, AiB 1989, 318 (318) mit zust. Anm. Paasch; Hamann, Fremdpersonal, VII.1.2.1; Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.240. A.A.
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
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Beschäftigung des Leiharbeitnehmers ist für die Mitbestimmungspflicht ohne Bedeutung.48
4. Unterrichtungspflichten des Entleihers vor der Übernahme a) Überblick Auch vor der Übernahme von Leiharbeitnehmern als personeller Einzelmaßnahme bestehen Informationspflichten. Diese treffen den Entleiher, der unter Vorlage entsprechender Unterlagen den bei ihm gebildeten Betriebsrat in die Lage versetzen muss, gegebenenfalls vom Zustimmungsverweigerungsrecht aus § 99 II BetrVG Gebrauch zu machen.49 Im Vergleich zur allgemeinen Auskunftspflicht bei Einstellungen sind hier jedoch Besonderheiten zu beachten. Diese resultieren zum einen aus einer Begrenzung des möglichen Gegenstands der Informationen, da solche in Bezug auf den Arbeitsvertrag geschäftstypisch nicht relevant sind, nachdem selbiger nur mit dem Verleiher besteht.50 Somit scheidet beispielsweise die von § 99 I 1 BetrVG geforderte Aushändigung der Bewerbungsunterlagen aus, da sich Leiharbeitnehmer nicht beim Entleiher bewerben.51 Mangels Eingruppierung durch den Entleiher ist auch die vorgesehene Entgeltgruppe nicht mitzuteilen.52 Andererseits besteht ___________ LAG Hannover 13.10.1999 13 TaBV 106/98, JURIS Nr. KARE600000031 (20.10.2004); Hümmerich/Spirolke, § 12 Rn.349; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2239). Letztere sowie das LAG erkennen jedoch eine Ausnahme an, wenn die Überlassung eines bestimmten Leiharbeitnehmers geschuldet war, dessen Personalien bekannt waren. Zur generell weiteren Unterrichtungspflicht aber sogleich im Anschluss. 48 Boemke, AÜG, § 14 Rn.95; Erdlenbruch, Stellung, S. 183; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.148; Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.239; Kraft, FS Pleyer, S. 383 (394); MünchArbR/Marschall, § 175 Rn.103; HWK/Pods, § 14 AÜG Rn.14; Sahl/Bachner, NZA 1994, 1063 (1067); Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.18; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.145; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.22, Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2239). 49 Allgemein GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.82; Schmid, DB 1983, 769 (744). Koch (G. Schaub, ArbR-Hdb., § 241 Rn.29) lässt auch die Bedeutsamkeit für die Überwachungsaufgaben nach § 80 BetrVG genügen. 50 Dewender, Betriebsfremde, S. 111; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.154; GKBetrVG/Kraft, § 99 Rn.88; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.148; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.23. 51 Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.97; Boemke, AÜG, § 14 Rn.100; Dewender, Betriebsfremde, S. 111; Erdlenbruch, Stellung, S. 185; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.167; Kaufmann, Zuordnung, S. 194 f.; Marschall, BuW 1993, 708 (709); Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.149; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2241). 52 So auch BAG 14.05.1974, AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972; Erdlenbruch, Stellung, S. 189; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.166; Hunold, BB 1976, 648 (652);
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
eine Erweiterung gemäß § 14 III 2 AÜG, wonach der Entleiher auch die Erklärung des Verleihers über die Erlaubnis nach § 1 AÜG vorzulegen hat.53
b) Die Mitteilung personenbezogener Daten Im Einzelnen gilt, dass der Entleiher seinen Betriebsrat zuvor über die Übernahme eines Leiharbeitnehmers zu informieren hat und dabei auf die Person des Leiharbeitnehmers sowie die vorgesehenen Arbeitsplätze und die Auswirkungen auf den Betrieb eingehen muss.54 Deshalb ist insbesondere neben der Anzahl der Aspiranten auch über deren Qualifikation, Einsatzdauer und Arbeitszeit sowie Namen, Alter, Geschlecht und Nationalität zu berichten.55 Eine Ausklammerung der letztgenannten Angaben lässt sich dagegen nicht mit dem Wesen der Arbeitnehmerüberlassung begründen.56 Im Gegensatz zu den Aufklärungspflichten in Bezug auf die Personalplanung gemäß § 92 I BetrVG, die gleichsam bei einem beabsichtigten Einsatz von Leiharbeitneh___________ MünchArbR/Marschall, § 175 Rn.112. Dem Entleiher ist diese Information ohnehin meist nicht zugänglich (ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.24). A.A. Halbach, DB 1980, 2389 (2390). Zur Frage der Eingruppierung in Ansehung des equal-pay-Grundsatzes ausführlich unten § 7 A.III. 53 Die Unterrichtungspflicht umfasst entgegen Grimm/Brock (DB 2003, 1113 (1113)) nicht die Mitteilung der wesentlichen Arbeitsbedingungen beim Entleiher, da diese Pflicht in § 12 I 3 AÜG geregelt ist. § 14 III 2 AÜG enthält dagegen nur einen Verweis auf § 12 I 2 AÜG. Wie hier Hanau, ZIP 2003, 1573 (1575). 54 Erdlenbruch, Stellung, S. 185; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.154; Löwisch/Mikosch, Anm. zu BAG 6.6.1978, AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972; Sahl/Bachner, NZA 1994, 1063 (1067); Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.148; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.23 (gestützt auf § 92 II BetrVG); Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2240). 55 Zum Ganzen Boemke, AÜG, § 14 Rn.98; Dewender, Betriebsfremde, S. 111; Erdlenbruch, Stellung, S. 185 f.; FESTL, § 99 Rn.153; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.155 ff.; Kaufmann, Zuordnung, S. 195; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.164 f.; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.152; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1103. Umstritten ist die Informationspflicht bei Schwangerschaft oder Schwerbehinderung. Vgl. zu dieser allgemeinen Problematik GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.89 und Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.139. 56 Vgl. ArbG Verden 1.8.1989, AiB 1989, 318 (318) mit zust. Anm. Paasch; Halbach, DB 1980, 2389 (2391); Sahl/Bachner, NZA 1994, 1063 (1067); Sandmann/Marschall, Art.1 § 14 AÜG Anm.18; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.23. A.A. Hunold, BB 1976, 648 (651); Kaufmann, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.290; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2239). Wohl auch Dewender, Betriebsfremde, S. 111; G. Schaub/Koch, ArbR-Hdb., § 241 Rn.26.
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
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mern im Vorfeld ausgelöst werden,57 betrifft § 99 BetrVG die Mitbestimmung bezüglich der Einzelperson.58 Auf diese sind die Zustimmungsverweigerungsgründe in § 99 II BetrVG zum Teil zugeschnitten und können im Prinzip auch dem Einsatz von Leiharbeitnehmern entgegenstehen. Die Unterrichtungspflicht über personenbezogene Daten kann daher nicht von vornherein eingeschränkt werden. Allerdings gilt auch bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern der allgemeine Grundsatz, dass der Arbeitgeber nur solche Informationen zu erteilen hat, die er selbst besitzt.59 Mitunter ist dies in Bezug auf die Personalien nicht der Fall, weil der Entleiher im Vorfeld des Einsatzes nicht weiß, welche konkrete Arbeitsperson der Verleiher entsenden wird.60 Auch die bislang in § 12 III AÜG statuierte Pflicht des Letztgenannten, dem Entleiher die zur Meldung nach § 28a SGB IV erforderlichen Angaben zu machen, ist nunmehr aufgehoben,61 sodass auch unter diesem Gesichtspunkt dem Informationsdefizit nicht begegnet werden kann.62 Die somit möglicherweise bestehende Unkenntnis des Entleihers wäre freilich unbeachtlich, wenn selbiger zur Beschaffung der personenbezogenen Daten verpflichtet wäre.63 Er müsste dann gegebenenfalls bereits im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag absichern, die Verpflichtungen gegenüber dem Betriebsrat erfüllen zu können. Anknüpfungspunkte zur Begründung einer sol___________ 57 Dies rechtfertigt sich aus der Berührung der Personalbedarfs- und -deckungs- sowie Einsatzplanung. Über die Planungen zum Einsatz von Leiharbeitnehmern hat der Entleiher unaufgefordert Bericht zu erstatten. Vgl. hierzu Becker, AuR 1982, 369 (375); Boemke, AÜG, § 14 Rn.127; Dewender, Betriebsfremde, S. 119; Schüren/Hamann, § 14 Rn.289 f.; Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.243; Herbst/Krüger, AiB 1983, 167 (167); G. Hueck, SAE 1975, 147 (151); Kaufmann, Zuordnung, S. 176; Mumot, Beteiligungsrechte, S. 139; Raab, ZfA 2003, 389 (441); A. Schaub, Arbeitnehmerüberlassung, S. 363; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.148; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.76. Einschränkend für das Ob Hunold, BB 1976, 648 (651). 58 GK-BetrVG/Kraft, § 92 Rn.10. 59 Vgl. BAG 7.8.1986, AP Nr. 25 zu § 80 BetrVG 1972; LAG Köln 12.6.1987, DB 1987, 2106 (2107); FESTL, § 99 Rn.150; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.158; Kraft, Anm. zu BAG 14.05.1974, AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972; Schmid, DB 1983, 769 (774 f.); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.165. Koch (G. Schaub, ArbR-Hdb., § 241 Rn.28) verlangt jedoch zusätzlich, dass keine Offenbarungspflicht des Bewerbers besteht. 60 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.158. 61 Art.6 des Ersten Gesetzes sowie Art.2 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BGBl.I 2002, S. 4607 und 4621. 62 Hierauf konnten noch Barth (Beteiligungsrechte, S. 129) und Hamann (Fremdpersonal, VII.1.2.1) abstellen. 63 Hierzu allgemein BAG 6.5.2003, AP Nr. 61 zu § 80 BetrVG 1972; LAG Hamm 30.10.2001 13 TaBV 49/01, JURIS Nr. KARE600005414 (8.3.2004).
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
chen Rechtspflicht sind jedoch nicht ersichtlich.64 Folglich hat der Entleiher nur die persönlichen Daten zu übermitteln, in deren Besitz er auch ist. Erlangt er diesen später, muss die Information nachgereicht werden, wobei die einwöchige Stellungnahmefrist von vorn beginnt.65 Besteht – wie regelmäßig – kein Auswahlrecht des Entleihers, so sind die individuellen Informationspflichten allerdings auf denjenigen beschränkt, der durch den Verleiher zur Verfügung gestellt wird und nicht auf die Personen zu erstrecken, zwischen denen allein der Verleiher die Auswahl trifft.66 Damit hat der Entleiher dem Betriebsrat seines Betriebs bekannte personenbezogene Daten mitzuteilen. Soweit der Entleiher zu deren Erhebung Personalfragebögen verwendet, bedürfen diese allerdings der Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats gemäß § 94 I BetrVG.67
c) Weitere Informationspflichten Unabhängig von den auch nach § 80 II BetrVG bestehenden Informationspflichten vor der Übernahme68 ist dem Betriebsrat des Entleiherbetriebs der ___________ 64 BAG 6.6.1978, AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.158, eingeschränkt aber für die „Stückschuld“ (Rn.160). Allgemein Schmid, DB 1983, 769 (774). Deshalb kann auch der von Boemke (AÜG, § 14 Rn.98) vorgeschlagenen zweistufigen Unterrichtung nicht gefolgt werden, da sie wiederum die Beschaffungspflicht voraussetzt, aber nicht begründet. Auch ein faktischer Ausschluss der Einflussnahme in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten liegt nicht vor, da die Zustimmungspflichtigkeit unberührt bleibt (hierzu schon oben § 7 A.II.2.). A.A. ohne näherer Begründung Erdlenbruch, Stellung, S. 186. Ulber (AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.152) lässt die allgemeine Pflicht, illegale Beschäftigung im Betrieb zu verhindern, genügen. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich diese ohne Anhaltspunkte des Entleihers nicht zu einer Erkundigungspflicht verfestigt. 65 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.159. 66 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.137. Dass in solchen Fällen allerdings nicht das Beteiligungsrecht entfällt, wurde bereits oben § 7 B.II.3. erörtert. Zur Trennung zwischen Beteiligung des Betriebsrats überhaupt und der Frage der faktischen Beschränkung der Auskunftsmöglichkeiten und Pflichten des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat schon BAG 14.05.1974, AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972. In diesem Sinne, aber allgemein zum Problem der Fremdauswahl GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.84. 67 Boemke, AÜG, § 14 Rn.46; Erdlenbruch, Stellung, S. 171 f.; Kaufmann, Zuordnung, S. 180 f. A.A. Dewender (Betriebsfremde, S. 120 f.), der jedoch sowohl den Anwendungsbereich von Personalfragebögen als auch den Normzweck von § 94 BetrVG (hierzu FESTL, § 94 Rn.2) verkennt. Ferner Mumot, Beteiligungsrechte, S. 140 f. Zum Umfang des Mitbestimmungsrechts nach § 94 BetrVG schon oben § 6 C.I.2. 68 Hierzu BAG 31.1.1989, AP Nr. 33 zu § 80 BetrVG 1972; DKK/Buschmann, § 80 Rn.87a; Erdlenbruch, Stellung, S. 116 f.; Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.242; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.68. Der Betriebsrat kann damit insbesondere ermitteln, ob ihm überhaupt Beteiligungsrechte zustehen.
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
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Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vorzulegen.69 Die Gegenansicht70 verkennt, dass die Vorlagepflicht aus § 14 III 2 AÜG ausdrücklich die Erklärung gemäß § 12 I 2 AÜG über den Besitz der Überlassungserlaubnis erfasst, die einen Bestandteil der Vertragsurkunde bildet.71 Damit kann der Betriebsrat überprüfen, ob tatsächlich nur Vertragsarbeitnehmer eines Dritten tätig werden oder etwa die Fiktion des § 10 AÜG72 greift.73 Auch darüber hinaus liefert das Vertragswerk eine verlässliche Grundlage zur Beurteilung der Zustimmungsverweigerungsrechte aus § 99 II BetrVG, wozu etwa Regelungen über den Einsatzort oder die -dauer gerechnet werden können. Der notwendige Bezug zu § 99 II BetrVG zeichnet jedoch auch die Grenzen der Vorlagepflicht, sodass insbesondere die Höhe der Überlassungsvergütung nicht ersichtlich sein muss74. Auch der Arbeitsvertrag des Leiharbeitnehmers ist nach herrschender Ansicht nicht vorzulegen.75 Dies folgt schon aus § 83 BetrVG, wonach die Einsicht in Personalakten dem Arbeitnehmer selbst vorbehalten bleibt und nur auf seine Initiative hin der Betriebsrat herangezogen werden kann.76 Zur Vermei___________ 69 BAG 6.6.1978, AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972 mit zust. Anm. Löwisch/Mikosch; Barth, Beteiligungsrechte, S. 131; Boemke, AÜG, § 14 Rn.99; Dewender, Betriebsfremde, S. 111; Erdlenbruch, Stellung, S. 186; FESTL, § 99 Rn.153; Grimm/Brock, DB 2003, 1113 (1114); Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.164; Kaufmann, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.289; Marschall, BuW 1993, 708 (709). 70 Herschel, SAE 1979, 3 (3); GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.88; MünchArbR/Matthes, § 352 Rn.42; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2240). 71 Dewender, Betriebsfremde, S. 111; Erdlenbruch, Stellung, S. 187; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.163; Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.20; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.23. Weitergehend, jedoch ohne Begründung Ulber (AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.150), der hierin i.Ü. eine Entsprechung zur sonst geschuldeten Aushändigung der Bewerbungsunterlagen sieht. Deshalb sollen bei Angeboten mehrerer Verleiher diese sämtlich dem Betriebsrat vorzulegen sein (Rn.149). 72 Hierzu schon oben § 1 A.III.1. 73 Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.20; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.23. Weitergehend Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.153 f., wobei sich die dortigen Anwendungsfälle mit den Lockerungen des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl.I 2002, S. 4607) größtenteils erledigt haben. 74 Boemke, AÜG, § 14 Rn.99; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.164; Kaufmann, Zuordnung, S. 195; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2240). A.A. Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.151. Ferner Sandmann/Marschall (AÜG Art.1 § 14 Anm.20), die die Einsicht in das Entgelt als Konsequenz aus der Vorlagepflicht sehen. 75 BAG 6.6.1978, AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972 mit im Ergebnis zust. Anm. Löwisch/Mikosch; Barth, Beteiligungsrechte, S. 121; Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.97; Erdlenbruch, Stellung, S. 187 f.; FESTL, § 99 Rn.153; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.165; Herschel, SAE 1979, 3 (3); Kaufmann, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.290; GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.88; Marschall, BuW 1993, 708 (709 f.); ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.24; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2241). 76 Erdlenbruch, Stellung, S. 188; FESTL, § 99 Rn.159; Halbach, DB 1980, 2389 (2390); Löwisch/Mikosch, Anm. zu BAG 6.6.1978, AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
dung von Wertungswidersprüchen darf im Rahmen der §§ 80 II oder 99 I 1 BetrVG sowie bei Leiharbeitnehmern nichts anderes gelten.77 Zudem unterliegt die Beziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer im deutlichen Gegensatz zu den Modalitäten der Erbringung der Arbeitsleistung nicht der Beurteilung des Entleiherbetriebsrats.78 Deshalb sind auch unausgefüllte Muster- oder Formulararbeitsverträge nicht vorlagepflichtig, deren Aussagekraft ohnehin beschränkt ist und von denen der Entleiher meist keine Kenntnis besitzt.79 Auch die Beweggründe und ein Personalkonzept in Bezug auf den Einsatz von Leiharbeitnehmern braucht der Entleiher nicht darzulegen,80 nachdem daraus ebenfalls kein Bezug zu eventuellen Zustimmungsverweigerungsgründen hergestellt werden kann.
5. Zustimmungsverweigerung Neben die Unterrichtungspflichten des Entleihers tritt das Recht des Entleiherbetriebsrats, sein Einvernehmen mit der Übernahme von Leiharbeitnehmern innerhalb einer Woche nach der ordnungsgemäßen81 Unterrichtung und nach Maßgabe des § 99 II und III 1 BetrVG zu verweigern; anderenfalls gilt die Zustimmung nach § 99 III 2 BetrVG als erteilt. Aufgrund der abschließend82 aufgezählten Zustimmungsverweigerungsgründe steht freilich bereits fest, dass jedenfalls allgemeine sozial- oder arbeitsmarktpolitische Bedenken oder gar die kategorische Ablehnung von Leiharbeit als Beschäftigungsform nicht zum Veto berechtigen,83 obschon sie zum Gegenstand der Beratungen nach § 80 I Nr. 2 und 8 BetrVG gemacht werden können.84 ___________ Zur Anwendbarkeit des § 83 BetrVG auf Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb zutreffend Erdlenbruch, Stellung, S. 107 ff. m.w.N. Allerdings bedarf es keiner Analogie. 77 Erdlenbruch, Stellung, S. 188. 78 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.165. Vgl. auch Marschall, BuW 1993, 708 (709 f.); Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2240). 79 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.165. A.A. Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.155. 80 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.163; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2240). 81 Hierzu schon oben § 6 B.III.2.b). 82 Siehe oben § 6 C.III.2.b). 83 Becker, AuR 1982, 369 (375); Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.180; MünchArbR/Marschall, § 175 Rn.117; Melms/Lipinski, BB 2004, 2409 (2414); Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2241). 84 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.180.
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
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a) Verstoß gegen Rechtsvorschriften (§ 99 II Nr. 1 BetrVG) Gemäß § 99 II Nr. 1 BetrVG besteht ein Zustimmungsverweigerungsrecht, wenn durch die Übernahme des Leiharbeitnehmers gegen eine der dort erwähnten Vorschriften, eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen wird.
aa) Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Bei den angesprochenen Gesetzesverstößen kommen insbesondere Zuwiderhandlungen gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in Betracht.85 Allerdings muss die verletzte Norm der personellen Maßnahme selbst entgegenstehen.86 Damit besitzen vor allem die Erlaubnispflicht gemäß § 1 I 1 AÜG oder die in § 3 I AÜG festgelegten Modalitäten besondere Bedeutung.87 Zwar richten sich die dortigen Gebote an den Verleiher, doch kann sich auch daraus ergeben, dass bei Zuwiderhandlungen die Arbeitnehmerüberlassung selbst gesetzwidrig ist.88 Es wird jedoch kein Zustimmungsverweigerungsrecht des Entleiherbetriebsrats begründet, wenn der Verleiher lediglich den Anforderungen von § 3 I Nr. 1 und Nr. 3 AÜG nicht entspricht.89 § 99 II Nr. 1 BetrVG bietet ___________ 85
Dewender, Betriebsfremde, S. 112; Erdlenbruch, Stellung, S. 191; Kaufmann, Zuordnung, S. 197. 86 BAG 28.9.1988, AP Nr. 60 zu § 99 BetrVG 1972; 28.1.1992, AP Nr. 95 zu § 99 BetrVG 1972; 12.11.2002, AP Nr. 41 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; Boemke, AÜG, § 14 Rn.103; Dewender, Betriebsfremde, S. 112; Hamann, Anm. zu BAG 12.11.2002, EzA Nr. 1 zu § 99 BetrVG 2001; GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.129; Melms/Lipinski, BB 2004, 2409 (2413); Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2242). 87 Dewender, Betriebsfremde, S. 112; Erdlenbruch, Stellung, S. 191; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 132; Marschall, BuW 1993, 708 (710); Vor, Zeitarbeit, S. 75; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2242). Dagegen sind die früher häufigen Verstöße gegen die Höchstüberlassungsdauer mit deren Fortfall nunmehr obsolet (hierzu noch BAG 12.11.2002, AP Nr. 41 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.99; Böhm, NZA 2004, 823 (824 f.); Erdlenbruch, Stellung, S. 191 f.). Weitere Beispiele bei Hamann (Schüren, AÜG, § 14 Rn.181 ff.), der jedoch wie Wensing/Freise (BB 2004, 2238 (2242)) bei einem Verstoß gegen § 3 I AÜG grundsätzlich kein Zustimmungsverweigerungsrecht anerkennt (Rn.189). Eine Überlassung entgegen Anordnungen nach § 6 AÜG stellt zudem einen Verstoß gegen eine behördliche Anordnung im Sinne des § 99 II Nr. 1 BetrVG dar (MünchArbR/Marschall, § 175 Rn.120; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2242)). 88 So zu § 3 I Nr. 6 AÜG a.F. BAG 12.11.2002, AP Nr. 41 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung. Ferner MünchArbR/Marschall, § 175 Rn.118. 89 Hamann, NZA 2003, 526 (533). Bezüglich § 9 Nr. 2 AÜG auch FESTL (§ 99 Rn.163b), Kittner (DKK, § 99 Rn.175), Melms/Lipinski (BB 2004, 2409 (2413 f.)),
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
schon kein Mittel zur Inhaltskontrolle des Arbeitsvertrags90, sodass auch die Einhaltung der Gleichstellungspflicht des Verleihers aus den §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG ohne Relevanz ist.91 Wie zudem Hamann92 – insoweit zutreffend – feststellt, handelt es sich hier und ferner bei § 3 I Nr. 1 AÜG lediglich um die Abwicklung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer während des Einsatzes, ohne dass die Übernahme selbst rechtswidrig ist. Letzteres unterscheidet aber die Bedingungen des § 3 I Nr. 1 und 3 AÜG von den Anforderungen der Nr. 2, die von vornherein Überlassungen durch Verleiher ohne eine entsprechende Betriebsorganisation verhindern wollen.93 Gegen die Ablehnung eines Zustimmungsverweigerungsrechts aufgrund der Nichtbeachtung von § 3 I Nr. 1 und 3 AÜG spricht schließlich auch nicht die hinsichtlich der Arbeitsvermittlung bestehende Vermutungswirkung von § 1 II AÜG,94 die bei entsprechenden Verletzungen greift. Sie allein tangiert nämlich den arbeitsrechtlichen Status des Leiharbeitnehmers im Entleiherbetrieb seit dem Arbeitsförderungs-Reform-Gesetz (AFRG) vom 24. März 199795 nicht mehr. Bis dahin wurde nach der ständigen Rechtsprechung96 des Bundesarbeitsgerichts in § 13 AÜG a.F.97 eine § 10 I AÜG ergänzende Regelung gesehen. Diese hatte zur Folge, dass bei einer als unerlaubte Arbeitsvermittlung geltenden Überlassung ex lege ein Arbeitsverhältnis mit dem Beschäftigungsunternehmen begründet wurde. Mit der Aufhebung des § 13 AÜG a.F. durch das AFRG fehlt für diese Fiktion jedoch nunmehr die rechtliche Grundlage.98 Da es sich im Übrigen um eine Benachteiligung des Leiharbeitnehmers ___________ Raab (ZfA 2003, 389 (440)), Röller (Küttner, Personalbuch 2004 Arbeitnehmerüberlassung Rn.31) und Thüsing (Richardi, BetrVG, § 99 Rn.187). Kittners Verweis auf die Entscheidung des BAG vom 12.11.2002 (AP Nr. 41 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung) stützt diese Auffassung jedoch nicht, da im behandelten Sachverhalt § 3 I Nr. 6 AÜG a.F. schon tatbestandlich nicht einschlägig war. A.A. Däubler, KJ 2003, 17 (19); Dewender, Betriebsfremde, S. 112; Reim, AiB 2003, 73 (74); Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.163. Vgl. auch Grimm/Brock, die schon in der falschen Angabe des Entleihers über die wesentlichen Arbeitsbedingungen ein Zustimmungsverweigerungsrecht erblicken (DB 2003, 1113 (1116)). Dies beruht jedoch auf einer Verkennung von Gesetzessystematik und Wortlaut (siehe oben § 7 A.II.4.a). 90 BAG 12.11.2002, AP Nr. 41 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; FESTL, § 99 Rn.163. 91 Ähnlich Raab, ZfA 2003, 389 (440). 92 NZA 2003, 526 (533). Ihm folgend Melms/Lipinski, BB 2004, 2409 (2414). 93 Insoweit a.A. Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.189. 94 Hamann, Anm. zu BAG 12.11.2002, EzA Nr. 1 zu § 99 BetrVG 2001. 95 Siehe oben § 1 A.III.1. 96 BAG 10. 2. 1977, AP Nr. 9 zu § 103 BetrVG 1972. Dieser folgend Schüren, AÜG1, § 13 Rn.7; Ulber, AÜG/AEntG1, § 13 AÜG Rn.5; Zöllner/Loritz, § 11 I.2.c). 97 Zum Wortlaut schon oben § 1 A.III.1. 98 Siehe oben § 1 A.III.1.
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durch den Verleiher handelt, kann die Zustimmung ebenso wenig unter Berufung auf § 99 II Nr. 4 BetrVG verwehrt werden,99 der nach zutreffender Ansicht im Rahmen der Einstellung ohnehin unanwendbar ist. Es ist nämlich zu beachten, dass die Zeitarbeitskraft bis zur Übernahme durch den Entleiherbetriebsrat nicht repräsentiert wird. Zudem kann auch unter diesem Gesichtspunkt nicht die Einstellung bzw. Übernahme selbst nachteilig sein, sondern erst der spätere Einsatz zu den ungünstigen Arbeitsbedingungen. Hierauf erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht jedoch nicht.100
bb) Verletzung der Unterrichtungspflichten Auch die Verletzung der Unterrichtungspflichten nach § 99 I BetrVG berechtigt nicht zur Intervention des Betriebsrats unter dem Gesichtspunkt des Gesetzesverstoßes, da das Verfahren im Vorfeld nicht der Einstellung an sich entgegensteht.101 Etwas anderes soll jedoch gelten, wenn darüber hinaus weitere Verstöße gegen Beteiligungsrechte des Betriebsrats zu besorgen sind.102 Diese Kontroverse allgemeiner Art soll hier aber nicht vertieft werden. Es ist allerdings der Ansicht Ulbers103 entgegenzutreten, wonach der Entleiherbetriebsrat sogar bei Verletzungen von Mitbestimmungsrechten auf Verleiherseite zur Zustimmungsverweigerung berechtigt ist. Damit würde der Entleiherbetriebsrat als Wächter der Beteiligungsrechte des Verleiherbetriebsrats fungieren, was zu einer unzulässigen Vermischung104 der Zuständigkeiten der Betriebsräte führt. ___________ 99
Hamann, NZA 2003, 526 (533). Vgl. hierzu BAG 5.4.2001, AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG Einstellung; Barth, Beteiligungsrechte, S. 139 f.; FESTL, § 99 Rn.201; DKK/Kittner, § 99 Rn.193. Das weitere Argument, dass der Zustimmungsverweigerungsgrund entfällt, da die Einstellung nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers erfolgen kann (so GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.146), ist aber jedenfalls bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern aufgrund der antizipierten Erklärung nach § 613 S.2 BetrVG nicht überzeugend. A.A. noch FKHES, § 99 Rn.201 sowie Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.102; Dewender, Betriebsfremde, S. 113; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.204; Herbst/Krüger, AiB 1983, 167 (168); Maul-Backer, Einstellungen, S. 84 f.; Schirmer, 50 Jahre BAG, S. 1063 (1065); Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2243). 101 FESTL, § 99 Rn.168; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.182; GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.131 mit Darstellung der Entwicklung in der Rechtsprechung; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.196. A.A. Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.151. 102 FESTL, § 99 Rn.169; DKK/Kittner, § 99 Rn.175. Beispiele aus der Rechtsprechung: LAG Stuttgart 20.5.1999, AiB 2000, 36 f. mit Anm. Stather (Zustimmungsverweigerungsrecht bejahend). A.A. LAG Düsseldorf 29.8.2000, NZA-RR 2001, 540 ff. 103 AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.163. 104 Siehe oben § 5 B. 100
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Der Verleiherbetriebsrat ist vielmehr selbst zur Sicherung seiner mitbestimmungsrechtlichen Stellung berufen. Angesichts der individualrechtlichen Auswirkungen von beteiligungswidrigen Maßnahmen des Verleihers, die in Abhängigkeit vom betroffenen Beteiligungsrecht beispielsweise zu Leistungsverweigerungsrechten des Leiharbeitnehmers auch gegenüber dem Entleiher führen können,105 bedarf es dieser Erweiterung des Zustimmungsverweigerungsrechts ohnehin nicht. Die Auffassung Ulbers ist daher abzulehnen.
cc) Verstöße gegen Kollektivvereinbarungen Verstöße gegen Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, die ebenfalls vom Katalog des § 99 II Nr. 1 BetrVG erfasst werden, kommen vor allem dann in Betracht, wenn sie die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern verbieten oder reglementieren.106 In sonstigen Fällen muss durch Auslegung107 festgestellt werden, ob die Leiharbeitnehmer überhaupt vom jeweiligen Anwendungsbereich der Kollektivnorm erfasst werden, die der Übernahme entgegenstehen soll.108
b) Verstoß gegen Auswahlrichtlinien (§ 99 II Nr. 2 BetrVG) § 99 II Nr. 2 BetrVG berechtigt zur Zustimmungsverweigerung, wenn die Einzelmaßnahme gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl gemäß § 95 BetrVG verstoßen würde. Die Geltung von Auswahlrichtlinien bei einer Übernahme von Leiharbeitnehmern ist jedoch umstritten. Sie wird einmal mehr mit der Begründung verneint, dass der Entleiher keine Auswahlmöglichkeit zwischen mehreren Leiharbeitnehmern besitzt und vielmehr der Verleiher bestimmt, wer entsandt wird.109 Dem ist aber entgegenzuhalten, dass schon der möglichen inhaltlichen Vielfalt von Auswahlrichtlinien nicht Rech___________ 105
Siehe oben § 6 B.I.3. Vgl. Erdlenbruch, Stellung, S. 118 f.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.195 f.; Däubler/Hensche, TVG, § 1 Rn.686; MünchArbR/Marschall, § 175 Rn.119; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2242). Allgemein FESTL, § 99 Rn.173. 107 Zur Auslegung von Betriebsvereinbarungen GK-BetrVG/Kreutz, § 77 Rn.63 ff. 108 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.195 f. 109 Hunold, BB 1976, 648 (650); Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 89. Das früher gängige Argument, dass das Bestehen auf die Einhaltung von Richtlinien bei den vorwiegend auf Aushilfsarbeitsplätzen beschäftigten Leiharbeitnehmern widersinnig wäre (so Hunold, BB 1976, 648 (650); Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 89; Windbichler, DB 1975, 739 (740)), kann vor dem Hintergrund der Verlängerung der Überlassungshöchstdauer keinen Bestand mehr haben. 106
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
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nung getragen wird. So ist etwa nach dem Grundsatz „Aufstieg geht vor Einstieg“110 denkbar, dass der Einsatz eines Betriebszugehörigen gegenüber der Übernahme von Bewerbern bei gleicher Eignung vorrangig zu geschehen hat. Ob ein Auswahlrecht des Entleihers besteht oder nicht besteht, lässt diese Pflicht unberührt. Aber selbst wenn es allein um die Erfüllung des Anforderungsprofils einer Auswahlrichtlinie geht, bildet die Ermangelung von Auswahlmöglichkeiten keine Grenzen des Beteiligungsrechts. Denn auch wenn der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nicht Gegenstand des Beteiligungsrechts ist111, bietet er dem Entleiher die Möglichkeit, die Einhaltung der Richtlinien nach § 95 BetrVG durch die Aufnahme entsprechender Anforderungen an die Leiharbeitnehmer abzusichern. Im Gegensatz zu der abgelehnten Obliegenheit, im Überlassungsvertrag die Erfüllung der Unterrichtungspflichten hinsichtlich persönlicher Daten der aufzunehmenden Leiharbeitnehmer sicherzustellen, ist diese Pflicht durch die Selbstbindung des Entleihers zu rechfertigen, die er durch die Einigung mit dem Betriebsrat gemäß § 95 BetrVG eingegangen ist. Eine Einbeziehung von Leiharbeitnehmern in Personalauswahlrichtlinien gemäß § 95 BetrVG ist daher möglich.112 Für das Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 II Nr. 2 BetrVG ist jedoch wie schon bei der Anwendbarkeit von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen im Einzelfall zu prüfen, ob die Auswahlrichtlinie auch die Übernahme von Leiharbeitnehmern erfasst.113
c) Benachteiligung anderer Arbeitnehmer (§ 99 II Nr. 3 BetrVG) aa) Überblick Mit dem Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 II Nr. 3 BetrVG wird der Betriebsrat in die Lage versetzt, Nachteile für die im fraglichen Betrieb be___________ 110 Hierzu FESTL, § 95 Rn.22; Herbst/Krüger, AiB 1983, 167 (167); Krüger, AiB 1998, 621 (637); Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.168a. 111 Siehe oben § 7 A.II.2. 112 Barth, Beteiligungsrechte, S. 113; Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.100; Dewender, Betriebsfremde, S. 121 f.; Erdlenbruch, Stellung, S. 176; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 132; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.198; G. Hueck, SAE 1975, 147 (151); Kaufmann, Zuordnung, S. 183 f.; Melms/Lipinski, BB 2004, 2409 (2414); Mumot, Beteiligungsrechte, S. 148; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.152; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.168a; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2242). 113 Barth, Beteiligungsrechte, S. 136 f.; Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.100; Boemke, AÜG, § 14 Rn.104; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.199; Kaufmann, Zuordnung, S. 197; MünchArbR/Marschall, § 175 Rn.121.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
reits114 beschäftigten Arbeitnehmer infolge der Einstellung abzuwenden. Solche Nachteile können auch durch die Übernahme von Leiharbeitnehmern hervorgerufen werden.115 Es muss jedoch eine gewisse Erheblichkeitsschwelle erreicht werden,116 wie das angeführte und unter Umständen auch hier einschlägige Beispiel der Kündigung eines Vertragsarbeitnehmers belegt.117 Sofern eine unbefristete Einstellung eines Leiharbeitnehmers avisiert ist,118 kann der Betriebsrat auch die Nichtberücksichtigung eines gleichgeeigneten befristet Beschäftigten rügen, nachdem die rechtliche Beziehung zum Einzustellenden zugunsten der Eingliederung in den Hintergrund rückt.119 Eine teleologische Reduktion des Einstellungsbegriffs in § 99 II Nr. 3 BetrVG auf die Begründung arbeitsvertraglichen Bindung ist nämlich nicht angezeigt, da der von der Regelung verfolgte Schutz befristet Beschäftigter auch hier herausgefordert wird. Der damit einhergehende Einfluss auf die Beschäftigungspolitik des Unternehmers ist somit hinzunehmen, nachdem die Entscheidung für Leiharbeit auch keinen betrieblichen Grund bilden kann, der Nachteile für die Arbeitnehmer rechtfertigen könnte. Die praktische Austauschbarkeit von Vertrags- und Leiharbeitnehmern zeigt, dass keine arbeitsorganisatorisch bedingten Notwendigkeiten bestehen, sich für die eine oder andere Beschäftigungsform zu entscheiden. Zur Ausübung des Zustimmungsverweigerungsrechts muss sich der befristet Beschäftigte jedoch auf den zu besetzenden Dauerarbeitsplatz beworben haben.120 Dies wird erleichtert, da der Arbeitgeber nach § 18 TzBfG über unbefristete Arbeitsplätze – auch hier wird also nicht auf das Rechtsverhältnis zum Aspiranten abgestellt – informieren muss. Dem entspricht auch Art.6121 der geplanten EG-Richtlinie über Leiharbeit, nachdem dort eine Pflicht zur Information über offene Stellen im Entleiherunternehmen statuiert wird. Andererseits berechtigt der bloße Einsatz von Leiharbeitnehmern an sich ebenso wenig zur Zustimmungsverweigerung122 wie die mögliche Spaltung der ___________ 114
FESTL, § 99 Rn.180. Vgl. DKK/Kittner, § 99 Rn.189 und Rn.188 der Vorauflage; Melms/Lipinski, BB 2004, 2409 (2414); Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2242). 116 FESTL, § 99 Rn.187 für tatsächliche Erschwerungen. 117 GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.141; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.171. 118 Zum Abschluss des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags auf unbestimmte Zeit oben § 1 A.I.3. 119 Ebenso Dörner, FS Wißmann, S. 286 (300 f.). 120 Oetker, NZA 2003, 937 (942). 121 Dieser hat folgenden Wortlaut: „Die Leiharbeitnehmer werden über die im entleihenden Unternehmen offenen Stellen unterrichtet, damit sie die gleichen Chancen auf einen unbefristeten Arbeitsplatz haben wie die übrigen Arbeitnehmer dieses Unternehmens. ...“. 122 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.203; Melms/Lipinski, BB 2004, 2409 (2414). 115
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
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Belegschaft in Arbeitnehmer mit und ohne Betriebszugehörigkeit aufgrund einer Übernahme von Zeitarbeitskräften mit kurzer Einsatzzeit123. Mit § 7 S.2 BetrVG124 wird diese Inhomogenität vom Gesetzgeber ohnehin in Kauf genommen.
bb) Geschützter Personenkreis Die zur Zustimmungsverweigerung berechtigenden Nachteile müssen jedoch nicht zwingend für die Stammbelegschaft zu erwarten sein.125 Der Personenkreis ist vielmehr weiter zu fassen, da sämtliche Arbeitnehmer des Betriebs einzubeziehen sind, für die der Betriebsrat zuständig ist126. Deshalb sind jedenfalls die betriebszugehörigen Leiharbeitnehmer dem Grunde nach erfasst. Dagegen spricht nicht, dass die expressis verbis genannten Nachteile der Kündigung oder auch der Nichtberücksichtigung eines befristet Beschäftigten schon aufgrund der Legaldefinition des § 3 I 1 TzBfG einen Arbeitsvertrag127 mit dem Betriebsinhaber voraussetzen128 und damit nur ___________ 123 Vgl. Dewender (Betriebsfremde, S. 113), allerdings nicht auf Basis der differenzierenden Lösung. Letztere führt zur Spaltung, wenn die geplante Einsatzdauer der Leiharbeitnehmer drei Monate nicht übersteigen soll, siehe oben § 3 B.II. vor 1. A.A. Ulber (AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.169), der die Spaltung als erheblich ansieht. Der zitierten Entscheidung des ArbG Wiesbaden vom 23.7.1997 (NZA-RR 1998, 165 ff.) kann diese Folgerung jedoch nicht entnommen werden. 124 Anders Dewender (Betriebsfremde, S. 113), der dem unzutreffenden Verständnis der Norm folgend, in § 14 I AÜG die gesetzgeberische Akzeptanz der Spaltung sieht. 125 Im Ansatz Marschall (BuW 1993, 708 (711 f.)), der jedoch im Widerspruch zum Wortlaut des § 99 II Nr. 3 BetrVG offenbar den zu übernehmenden Leiharbeitnehmer berücksichtigt. A.A. Thüsing, AÜG, § 14 Rn.170 und wohl auch Barth, Beteiligungsrechte, S. 137; Herbst/Krüger, AiB 1983, 167 (168); Kaufmann, Zuordnung, S. 197; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.169 ff.; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2242). 126 Vgl. zu dieser allgemeinen Aussage BAG 5.4.2001, AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG Einstellung; DKK/Kittner, § 99 Rn.182a. 127 Deshalb kann sich der Betriebsrat auch nicht auf die Benachteiligung eines bereits tätigen Leiharbeitnehmers berufen, der als befristet Beschäftigter bei einer unbefristeten Einstellung nicht berücksichtigt wurde. Im Ergebnis teilt dies auch Oetker (NZA 2003, 937 (940)), der den Leiharbeitnehmern jedoch insoweit unzutreffend (siehe oben § 3 B.I.2.c)bb)(1)) die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 5 BetrVG abspricht. Selbst eine analoge Anwendung scheidet aus, da es sich bei § 99 II Nr. 3 Halbs.2 BetrVG nur um eine begrenzte Ausnahme vom Grundsatz handelt, dass das Zustimmungsverweigerungsrecht lediglich den rechtlichen und tatsächlichen status quo schützt (Oetker, NZA 2003, 937 (938); Richardi/Thüsing, BetrVG § 99 Rn.219; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2243). Weiter DKK/Kittner, § 99 Rn.186). Die Bestimmung wurde zudem eigens für den Schutz befristet beschäftigter Vertragsarbeitnehmer geschaffen (Oetker, NZA 2003, 937 (938)), sodass es auch an der teleologischen Vergleichbarkeit fehlt.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
bei der Stammbelegschaft eintreten können. Denn über diese Aufzählung hinaus sind es auch tatsächliche Erschwerungen nicht unerheblicher Art, die zum Veto berechtigen.129 Insoweit könnten dem Rechtsgedanken des § 14 II 2-3 und III AÜG in der oben beschriebenen Weise folgend,130 sogar kürzer Überlassene zu berücksichtigen sein, um dem in dieser Bestimmung ansatzweise niedergelegten Schutzauftrag gerecht zu werden. Wegen ihres kurzen Aufenthalts im Entleiherbetrieb wird die Erheblichkeitsschwelle aber kaum überschritten werden. So kann auch der Verlust der Beschäftigungsmöglichkeit im Entleiherbetrieb allenfalls bei betriebszugehörigen Leiharbeitnehmern einen zugelassenen Verweigerungsgrund bieten.131 Doch auch bei diesen Personen dürfte kein erheblicher Nachteil bestehen, da der wechselnde Einsatz und damit das Ausscheiden aus dem Entleiherbetrieb dem Leiharbeitsverhältnis immanent ist und die Konsequenzen durch das hiervon nicht unmittelbar berührte Arbeitsverhältnis zum Verleiher gemildert sind132. Eine Beschäftigungssicherung für konkret im Betrieb tätige Leiharbeitnehmer kann der Entleiherbetriebsrat damit nicht im Wege der Zustimmungsverweigerung erreichen, wenngleich Möglichkeiten im Rahmen der allgemeinen personellen Angelegenheiten und hier insbesondere durch § 92a BetrVG133 verbleiben.
d) Benachteiligung des betroffenen Arbeitnehmers (§ 99 II Nr. 4 BetrVG) und Unterlassung einer Ausschreibung (§ 99 II Nr. 5 BetrVG) Während § 99 II Nr. 4 AÜG bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern nicht einschlägig ist,134 kann sich ein Zustimmungsverweigerungsrecht gemäß der Nr. 5 aus dem Unterlassen einer nach § 93 BetrVG erforderlichen Ausschreibung von Arbeitsplätzen ergeben.135 Die Erstreckung des dort normier___________ 128
So aber Thüsing, AÜG, § 14 Rn.170. Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2242). Für die Versetzung BAG 15.9.1987, AP Nr. 46 zu § 99 BetrVG 1972 mit zust. Anm. Streckel. 130 Siehe oben § 5 A.II. 131 Zu den Auswirkungen der Betriebszugehörigkeit auf die Anwendbarkeit der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte allgemein oben § 5 A.II. 132 Vgl. Marschall, BuW 1993, 708 (712). 133 Siehe oben § 6 C.I.1. 134 Siehe oben § 7 A.II.5.a)aa). 135 Hierzu Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.102; Dewender, Betriebsfremde, S. 115; Erdlenbruch, Stellung, S. 169 f.; FESTL, § 93 Rn.5; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 132; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.205; Herbst/Krüger, AiB 1983, 167 (167); Krüger, AiB 1998, 621 (638); Melms/Lipinski, BB 2004, 2409 (2414); Mumot, 129
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ten Initiativrechts auf die geplante Nutzung des Überlassungsgewerbes ist durch die Vergleich- und Austauschbarkeit von Stamm- sowie Leiharbeitnehmern gerechtfertigt.136 Dabei ist unerheblich, ob eine lang- oder kurzfristige Besetzung des Arbeitsplatzes vorgesehen ist, da in jedem Fall ein Interesse an der von § 93 BetrVG verfolgten Erschließung des innerbetrieblichen Arbeitsmarkts137 besteht.138
e) Störung des Betriebsfriedens (§ 99 II Nr. 6 BetrVG) Schließlich berechtigt § 99 II Nr. 6 BetrVG zur Zustimmungsverweigerung, wenn durch den zu übernehmenden Leiharbeitnehmer der Betriebsfrieden in der dort beschriebenen Weise gestört werden könnte.139 Dies gilt unabhängig davon, ob dem Entleiher ein personelles Auswahlrecht zusteht oder nicht.140 Wegen des konkreten Arbeitnehmerbezugs dieses Vetorechts genügt es aber nicht, die Verweigerung mit einer möglichen Störung des Betriebsfriedens aufgrund der generellen Beschäftigung von Leiharbeitnehmern zu begründen,141 die beispielsweise aufgrund unterschiedlicher Entlohnung außerhalb des arbeitnehmerüberlassungsrechtlichen Gleichstellungsgrundsatzes aufflammen könnten.142
___________ Beteiligungsrechte, S. 140; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 93 Rn.3; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2243). 136 Dewender, Betriebsfremde, S. 114 f.; Hamann, WiB 1996, 369 (370); Kaufmann, Zuordnung, S. 178. A.A. Marschall (BuW 1993, 708 (711)), der eine Betriebsvereinbarung fordert, die ausdrücklich die Ausschreibungspflicht von Arbeitsplätzen für Leiharbeitnehmer vorschreibt. Weiter dagegen Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.102: Auslegung, falls eine Betriebsvereinbarung geschlossen wurde. Zur Freiwilligkeit solcher Betriebsvereinbarungen Richardi/Thüsing, BetrVG, § 93 Rn.22. 137 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.205; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 93 Rn.1. 138 Erdlenbruch, Stellung, S. 169 f.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.205. A.A. unter Verweis auf vorübergehende Aushilfstätigkeiten Hunold, BB 1976, 648 (650); Windbichler, DB 1975, 739 (741). 139 Dewender, Betriebsfremde, S. 115; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 132 f.; Kaufmann, Zuordnung, S. 198; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.174. 140 Siehe oben § 7 A.II.3. 141 Ebenso Dewender, Betriebsfremde, S. 115; Kaufmann, Zuordnung, S. 198. 142 Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.104, aber nach damaliger Rechtslage selbstverständlich noch ohne Berücksichtigung des arbeitnehmerüberlassungsrechtlichen Gleichstellungsgrundsatzes.
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6. Folgen der Zustimmungsverweigerung oder betriebsverfassungswidriger Übernahmen Im Falle der Verweigerung der Zustimmung zur Übernahme von Leiharbeitnehmern hat diese zu unterbleiben, sofern nicht die Voraussetzungen des § 100 BetrVG vorliegen oder die Zustimmung nach § 99 IV BetrVG ersetzt wurde.143 Hieraus folgt ein betriebsverfassungsrechtliches Beschäftigungsverbot.144 Bei Zuwiderhandlungen kann der Entleiherbetriebsrat gemäß § 101 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dass dem Entleiher die Aufhebung der Einstellung aufgegeben wird.145 Erst damit entfällt die Pflicht des Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung gegenüber dem Entleiher146 aufgrund der betriebsverfassungswidrigen Übernahme147. Entsprechendes gilt bei einer Verletzung der Unterrichtungspflichten, da sie der Wirksamkeit der Zustimmung des Betriebsrats entgegensteht.148 Nachdem der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag selbst nicht mitbestimmungspflichtig ist,149 bleibt dessen Wirksamkeit jedoch in jedem Falle unberührt150. Grobe Verstöße wie die wiederholte Verletzung des Beteiligungsrechts können wiederum den vorbeugenden Unterlassungsanspruch des Entleiherbetriebsrats gegenüber dem Entleiher aus § 23 III BetrVG auslösen.151 Ein allgemeiner Unterlassungsanspruch wie bei der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten152 ist dagegen bei einer Verletzung des § 99 BetrVG abzuleh___________ 143 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.209. Zum einstweiligen Rechtsschutz bei betriebsverfassungswidrigen Übernahmen ArbG München 10.5.2001, AiB 2002, 308 (308 f.) mit Anm. Abeln. 144 BAG 5.4.2001, AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; Kaufmann, Zuordnung, S. 199; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.295. 145 Barth, Beteiligungsrechte, S. 142. 146 Da es hier um die Verweigerung der Leistung aufgrund des Weisungsrechts des Entleihers in Bezug auf die Arbeitsleistung im Entleiherbetrieb geht, wird die primäre Weisungszuständigkeit des Verleihers formal nicht berührt. 147 Hierzu allgemein BAG 5.4.2001, AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung mit Anm. Nicolai, MDR 2001, 1245 f. und Oetker, AuA 2002, 282 f. Ferner DKK/Kittner, § 99 Rn.218a; FESTL, § 99 Rn.229; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.294. 148 Hierzu schon oben § 6 C.III.2.b). 149 Siehe oben § 7 A.II.2. 150 Allgemein BAG 5.4.2001, AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung. 151 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.209. Allgemein ErfK/Kania, § 101 BetrVG Rn.9; GK-BetrVG/Oetker, § 23 Rn.150; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 101 Rn.4. 152 Hierzu schon oben § 5 B.III.2.
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nen, nachdem insoweit gemäß § 101 BetrVG Sonderregelungen vorzufinden sind.153
III. Die Beteiligung der Betriebsräte unter dem Gesichtspunkt der Ein- und Umgruppierung Mit der Einführung des equal-pay-Grundsatzes im Zuge der Hartz-Reform haben Fragen der Ein- und Umgruppierung von Leiharbeitnehmern bei ihrer Entsendung in den Entleiherbetrieb an Bedeutung gewonnen. Gemäß §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG ist der Verleiher verpflichtet, Leiharbeitnehmern beginnend mit dem ersten Einsatztag bei einem Entleiher zumindest die dortigen wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts zu gewähren. Ausnahmen von dieser tarifdispositiven Regelung gelten nur in den ersten sechs Monaten bei zuvor Arbeitslosen, die bislang noch kein Leiharbeitsverhältnis mit demselben Verleiher hatten. Widersprechende Vereinbarungen sind unwirksam, wobei die Lücke durch § 10 IV AÜG geschlossen wird. Ergibt sich die demzufolge durch den Verleiher zu zahlende Vergütung aus einer beim Entleiher geltenden kollektiven Vergütungsordnung154, so wird eine Einstufung erforderlich, die die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers einer bestimmten Entgeltgruppe zuordnet.155 Ob damit das entsprechende Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG ausgelöst wird und welcher Betriebsrat zur Wahrnehmung berechtigt ist, bedarf jedoch der folgenden genaueren Untersuchung.
1. Zuständiger Betriebsrat Auch für die Wahrnehmung des Mitbestimmungsrechts bei Eingruppierungen ist in Anwendung der allgemeinen Grundsätze156 der Betriebsrat des Betriebs zuständig, dessen Inhaber die mitbestimmungspflichtige Entscheidung trifft. Der Entleiher ist gemäß § 12 I 3 AÜG verpflichtet, dem Verleiher das geltende Entgelt der mit dem Leiharbeitnehmer vergleichbaren Vertragsarbeitnehmer mitzuteilen. Diese Mitteilung ist als Anknüpfungspunkt des Beteiligungsrechts geeignet, wenn sich hieraus bereits Rechtsfolgen für die Entlohnung im Leiharbeitsverhältnis ergeben würden. Es wäre dann vom Entleiher___________ 153
Ebenso ErfK/Kania, § 101 BetrVG Rn.9; Melms/Lipinski, BB 2004, 2409 (2415); GK-BetrVG/Oetker, § 23 Rn.149; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 101 Rn.5. 154 Allgemein zu dieser Grundvoraussetzung oben § 6 C.III.3. 155 Hamann, NZA 2003, 526 (531). 156 Siehe oben § 5 B.III.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
betriebsrat wahrzunehmen, der zudem den besseren Einblick in die Entgeltgestaltung im Entleiherbetrieb besitzt.157 Im Verhältnis zum Leiharbeitnehmer bleibt diese Auskunftserteilung durch den Entleiher aber folgenlos, da sie lediglich Grundlage für die Ermittlung der eigenen Vergütungspflichten des Verleihers ist. Wird etwa die gegenüber dem Verleiher oder gemäß § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer geschuldete Auskunft nicht korrekt erteilt, berührt das den Anspruch auf das Arbeitsentgelt in der beim Entleiher maßgeblichen Höhe gegen den Verleiher nicht.158 Selbst wenn der Entleiher die bestehende Vergütungsordnung für seine Vertragsarbeitnehmer unrichtig vollzieht, schuldet der Verleiher einem vergleichbaren Leiharbeitnehmer gleichwohl eine Vergütung im korrekten Umfang, da die §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG auf die geltenden und nicht die gewährten Bedingungen abstellen.159 Bevor hieraus Schlussfolgerungen über den Entscheidungsträger gezogen werden, ist freilich zu berücksichtigen, dass der Entgeltanspruch von der Ein- oder Umgruppierung stets unberührt bleibt.160 Ausschlaggebend ist aber, dass nur der Verleiher verpflichtet ist, die Zuordnungsentscheidung aufgrund eigener Beurteilung zu treffen. Demzufolge kann entsprechend der allgemeinen Abgrenzungskriterien auch nur der Verleiherbetriebsrat zuständig sein,161 falls ein Mitbestimmungsrecht besteht. Dass der Entleiherbetriebsrat mit der jeweiligen Vergütungsordnung stärker vertraut sein dürfte, muss dagegen zurückstehen, da ihm ohnehin keine Kompetenzen gegenüber dem Verleiher zustehen und sein Wirkungskreis auf den eigenen Betrieb beschränkt ist. ___________ 157 Hierzu Hamann (NZA 2003, 521 (531)), der jedoch im Ergebnis ebenfalls von einer Beteiligung des Verleiherbetriebsrats ausgeht. 158 Vgl. Bauer/Krets, NJW 2003, 537 (538 f.); Hamann, NZA 2003, 521 (531); Küttner/Röller, Personalbuch 2004 Arbeitnehmerüberlassung Rn.31. § 10 IV AÜG kann jedoch entgegen Hamann und Röller hierfür nicht herangezogen werden, da hiervon nur die Vereinbarung einer abweichenden Vergütung erfasst wird. 159 Hierzu Bauer/Krets, NJW 2003, 537 (538). Anders Hanau, ZIP 2003, 1573 (1576). Ferner Ulber, AÜG/AEntG, § 10 Rn.93: „„gelten“, d.h. angewandt werden.“ 160 ErfK/Kania, § 99 BetrVG Rn.10; MünchArbR/Matthes, § 355 Rn.3; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.62. 161 Im Ergebnis ebenso Boemke/Lembke, AÜG, § 10 Rn.15; FESTL, § 99 Rn.73a; Hamann, NZA 2003, 531 f.; DKK/Kittner, § 99 Rn.66a; Reim, ZTR 2003, 106 (111); Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2242). Zum vergleichbaren § 10 V AÜG a.F. Boemke/Lembke, DB 2002, 893 (899); Hummel, AiB 2002, 69 (73). Dieser lautete: „Bei einer ... länger als zwölf aufeinander folgende Monate dauernden Überlassung desselben Leiharbeitnehmers an einen Entleiher hat der Verleiher nach Ablauf des zwölften Monats dem Leiharbeitnehmer die im Betrieb des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren ...“ Allgemein zur ausschließlichen Beteiligung des Verleiherbetriebsrats in Entlohnungsfragen BAG 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG; Boemke, AÜG, § 14 Rn.133.
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
257
2. Die Beteiligung des Verleiherbetriebsrats unter dem Gesichtspunkt der Ein- und Umgruppierung a) Bestehen eines Beteiligungsrechts Das Mitbestimmungsrecht bei Ein- oder Umgruppierungen bezweckt eine größere Gewähr für die Richtigkeit der Zuordnung zu einer Entgeltgruppe. In diesem Zusammenhang soll es der innerbetrieblichen Entgeltgerechtigkeit sowie der Transparenz der betrieblichen Vergütungspraxis dienen.162 Es stellt sich damit die Frage, ob die Zuordnungsentscheidung des Verleihers hiervon erfasst werden soll, da eine originär entleiherbetriebliche und damit an und für sich fremde Vergütungsordnung Gegenstand der Begutachtung ist. Ein Beteiligungsrecht des Verleiherbetriebsrats wäre zudem zu verneinen, wenn der Verleiher eine bloße Kontrolle der Vergleichbarkeit der Arbeitspersonen vornehmen würde. Dass dessen Pflichten aber weiter gehen, wurde bereits verdeutlicht, da nur er allein aus den §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG verpflichtet ist, das entleiherbetriebliche System anzuwenden.163 Mit diesem Anwendungsbefehl wird es zugleich zu einer verleiherbetrieblichen Vergütungsordnung164, die bestimmte Tätigkeiten bei der Verfolgung (auch) des Betriebszwecks des Verleihers beschreibt. Bei der hierbei notwendigen Beurteilung zur Einstufung der Zeitarbeitskraft kommt die von § 99 BetrVG angestrebte Richtigkeitsgewähr in derselben Weise zum Tragen wie bei der Anwendung jedes anderen betrieblichen Entgeltschemas.165 Dass das Entgeltschema auch Bezug zur Entlohnung vergleichbarer Arbeitnehmer im Betrieb haben muss, kann dagegen nicht ausschlaggebend sein166. Die Notwendigkeit der Mitbeurteilung besteht auch dann, wenn lediglich eine Person in das abstrakte Schema einzuordnen ist. Damit löst die erste Einstufung als Eingruppierung ein Mitbestimmungsrecht des Verleiherbetriebsrats nach § 99 BetrVG aus, wohingegen die Änderung aufgrund der Entsendeentscheidung gegebenenfalls eine Umgruppierung darstellt.167 ___________ 162
FESTL, § 99 Rn.81. Ähnlich Hamann, Anm. zu BAG 12.11.2002, EzA Nr. 1 zu § 99 BetrVG 2001. 164 Anders Hamann, Anm. zu BAG 12.11.2002, EzA Nr. 1 zu § 99 BetrVG 2001. 165 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.345a. 166 So aber wohl Richardi/Thüsing, BetrVG, § 99 Rn.62 167 Im Ergebnis ebenso Boemke/Lembke, AÜG, § 10 Rn.15; FESTL, § 99 Rn.73a; Hamann, NZA 2003, 531 f.; DKK/Kittner, § 99 Rn.66a; Reim, ZTR 2003, 106 (111); Küttner/Röller, Personalbuch 2004 Arbeitnehmerüberlassung Rn.31; Wensing/Freise, BB 2004, 2238 (2242). Zu § 10 V AÜG a.F. auch Hummel, AiB 2002, 69 (73). 163
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
b) Durchführung der Beteiligung Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben bei der Ein- oder Umgruppierung kann der Verleiherbetriebsrat vom Verleiher die Vorlage der hierfür nötigen Informationen gemäß § 99 I 1 BetrVG verlangen. Dabei handelt es sich insbesondere auch um die Auskunft über vergleichbare Arbeitnehmer und die für die Beurteilung notwendigen Kollektivverträge,168 deren Kenntnis sich der Verleiher ohne weiteres anhand des zwingenden Inhalts des ebenfalls vorlagepflichtigen169 Arbeitnehmerüberlassungsvertrags (§ 12 I 3 AÜG) verschaffen kann.170 Für eine mögliche Zustimmungsverweigerung des Verleiherbetriebsrats gemäß § 99 II BetrVG ist insbesondere die Nr. 1 bei Gesetzesverstößen hervorzuheben. Den Anwendungszwang für das beim Entleiher geltende kollektive Vergütungsschema enthalten die §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG, sodass die Nichtanwendung gesetzwidrig im Sinne des § 99 II Nr. 1 BetrVG ist. Die sonstigen Zustimmungsverweigerungsgründe der Nr. 2, 3, 5 und 6 haben dagegen keine und § 99 II Nr. 4 BetrVG zumindest keine eigenständige Bedeutung.171 Bei einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts kann der Betriebsrat entsprechend § 101 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dass dem Verleiher die Einholung der Zustimmung aufgegeben wird. Zudem ist Letzterer zur Eingruppierung gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet, der jedoch keine Handhabe hat, wenn die mit seiner Zustimmung getroffene Entscheidung mittlerweile als falsch beurteilt wird.172 Im individualarbeitsrechtlichen Verhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer ist allein die korrekte Gruppe maßgeblich.173
IV. Zusammenfassung zur Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten bei der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern Der Betriebsrat des Verleiherbetriebs ist bei der Entsendung von Leiharbeitnehmern im Rahmen der Mitbestimmung nach § 99 BetrVG unter dem ___________ 168
DKK/Kittner, § 99 Rn.151a. Hamann, NZA 2003, 526 (532); DKK/Kittner, § 99 Rn.151a. 170 Vgl. FESTL, § 99 Rn.73a; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.345a. 171 Vgl. hierzu GK-BetrVG/Kraft, § 99 Rn.147; MünchArbR/Matthes, § 355 Rn.18 ff. 172 Zum Ganzen allgemein MünchArbR/Matthes, § 355 Rn.23 ff. 173 Siehe oben § 7 A.III.1. 169
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
259
Gesichtspunkt der Ein- oder Umgruppierung sowie ausnahmsweise hinsichtlich einer Versetzung zu beteiligen. Ist der Einsatz von Leiharbeitnehmern in Aussicht genommen, so muss dies durch den Entleiher zum Gegenstand von Unterrichtungen und Beratungen mit seinem Betriebsrat nach § 92 BetrVG gemacht werden, der in diesem Zusammenhang gemäß § 92a BetrVG insbesondere Alternativen zur Beschäftigungssicherung vorschlagen kann174. Eine hervorgehobene Bedeutung besitzt jedoch die Beteiligung vor der konkreten Übernahme eines Leiharbeitnehmers in den Entleiherbetrieb nach § 14 III AÜG i.V.m. § 99 BetrVG. Dabei können auch nach § 95 BetrVG zustimmungspflichtige Auswahlrichtlinien oder nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibungen beachtlich sein. Werden Personalfragebögen eingesetzt, unterliegen diese gemäß § 94 BetrVG auch dann der Mitbestimmung, wenn sie gegenüber Leiharbeitnehmern verwendet werden.
B. Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten bei der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern Die Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern wird regelmäßig von Veränderungen ihrer Arbeitsbedingungen begleitet. Zu denken ist insbesondere an die mit der Eingliederung in eine bislang fremde Organisation verbundenen Berührungspunkte mit entleiherbetrieblichen Ordnungsvorschriften, aber auch an Modifikationen der Arbeitsbedingungen infolge der Orientierung der Arbeitszeit an den Bedürfnissen des Entleihers oder der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Damit können Gegenstände betroffen sein, die an sich den Mitbestimmungsrechten in sozialen Angelegenheiten unterliegen. Ob deren Anwendung hinsichtlich des Verleiherbetriebsrats im Zusammenhang mit der Entsendeentscheidung des Verleihers durch schutzwürdige Interessen der Leiharbeitnehmer geboten ist, wird im Folgenden untersucht.
I. Generelle Einwände gegen die soziale Mitbestimmung der Entsendeentscheidung Schon der Diskussionsansatz, dass die mit der Entsendung verbundene Ausrichtung der Arbeitsbedingungen an den Gegebenheiten im Einsatzbetrieb eine Beteiligung des Verleiherbetriebsrats in sozialen Angelegenheiten verlangt, unterliegt vereinzelter Kritik. Diese stützt sich zunächst auf die Rege___________ 174 Vgl hierzu Dewender, Betriebsfremde, S. 119; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.291.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
lung in § 95 III 2 BetrVG175, der zufolge die Entsendeentscheidung keine Mitbestimmung unter dem Gesichtspunkt der Versetzung auslöst176 und die dieser Auffassung nach eine Parallele bei der Beteiligung nach § 87 BetrVG finden soll. Ferner wird auf die unternehmerische Freiheit verwiesen, von der der Verleiher mit der Entsendung Gebrauch macht und die als Grenze der Mitbestimmung anzusehen ist.177
1. § 95 III 2 BetrVG Die Wertung des § 95 III 2 BetrVG soll zum Ausdruck bringen, dass der Gesetzgeber die Entsendeentscheidung generell für mitbestimmungsfrei hält.178 Freilich wird nicht näher belegt, auf welcher Grundlage die Vorschrift über den Bereich der personellen Mitbestimmung hinaus Bedeutung besitzen soll. Für eine derartige legislative Aussage hätte es nämlich einer allgemeinen und nicht nur einer Regelung im Rahmen personeller Angelegenheiten bedurft, die selbständig neben den sozialen Angelegenheiten stehen.179 Im Übrigen ist § 95 III 2 BetrVG – wie gezeigt180 – schon in seinem unmittelbaren Anwendungsfeld nicht stets einschlägig, wenn die Beteiligungspflicht der Entsendeentscheidung im Hinblick auf Versetzungen beurteilt wird.
2. Unternehmerische Entscheidungsfreiheit als Grenze der Mitbestimmung Weiterhin wird behauptet, dass die Gewährung sozialer Mitbestimmungsrechte im Zusammenhang mit der Entsendeverfügung einen unzulässigen unmittelbaren Einfluss des Betriebsrats auf eine essentielle unternehmerische Entscheidung darstellt.181 Dieser ergebe sich aus dem Fehlen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten, falls der Verleiher aufgrund der notwendigen Mitbestimmung mangels Einvernehmens mit dem Verleiherbetriebsrat die Leih___________ 175
LAG Köln 21.10.1994, MDR 1995, 393 (393); 6.6.2000, EzAÜG Nr. 43 zu § 14 AÜG Betriebsverfassung. Im Ansatz auch Kraft, SAE 2002, 45 (46). 176 Siehe oben § 7 A.I.1.a). 177 Kraft, SAE 2002, 45 (46); Raab, ZfA 2003, 389 (443). 178 LAG Köln 21.10.1994, MDR 1995, 393 (393); 6.6.2000, EzAÜG Nr. 43 zu § 14 AÜG Betriebsverfassung. Vgl. ferner Kraft, SAE 2002, 45 (46). 179 BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer. 180 Siehe oben § 7 A.I.1.b). 181 So Raab (ZfA 2003, 389 (443)), der Ähnlichkeiten zur umstrittenen Kaufhausentscheidung des Bundesarbeitsgerichts (31.8.1982, AP Nr. 8 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit mit Anmerkung Rath-Glawatz) erkennen will. Ferner Kraft, SAE 2002, 45 (46).
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
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arbeitnehmer nicht zu den Bedingungen des Einsatzbetriebs zu überlassen vermag. Das Beteiligungsrecht würde sich damit darauf beziehen, zu welchen Bedingungen der Verleiher am Markt auftreten kann. Von einer betriebsverfassungsrechtswidrigen unmittelbaren Beeinflussung kann jedoch keine Rede sein.182 Die Entsendung selbst unterliegt zunächst der alleinigen Entscheidung des Verleihers und ist damit dem Betriebsrat als Datum vorgegeben. Ein Raum für die zwingende Beteiligung der Arbeitnehmervertretung besteht erst dann und insoweit, wie auch von § 87 BetrVG erfasste soziale Angelegenheiten tangiert werden. Nur unter diesen Voraussetzungen erfährt die unternehmerische Freiheit eine Einschränkung durch den Gesetzgeber, der damit Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens im Grundsatz hinnimmt.183 Eine Betriebsratsbeteiligung scheidet daher auch in Bezug auf die Entsendeentscheidung nicht von vornherein aus, wenngleich der Betriebsrat bei der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts nach den Grundsätzen des § 2 I BetrVG auf das Wohl des Betriebs Rücksicht zu nehmen hat. Entsprechenden Vorgaben unterliegt zudem gemäß § 76 V 3 BetrVG die Einigungsstelle bei einem die Einigung ersetzenden Spruch.184 Je stärker nun die unternehmerische Entscheidungsfreiheit mittelbar durch die soziale Mitbestimmung eingeschränkt wird, umso schwerer müssen auch die sozialen Belange wiegen, um deretwillen diese Begrenzung erfolgen soll.185 Dies kann etwa bedeuten, dass die Betriebspartner den Abschluss von Rahmenvereinbarungen anzustreben haben. In Abhängigkeit vom Einzelfall ist auch denkbar, dass der Verleiherbetriebsrat eine Entsendung, die unausweichlich zur Änderung der Arbeitsbedingungen führt, durch seine Beteiligung nicht verhindern kann und die sozialverträgliche Umsetzung der Unternehmerentscheidung beispielsweise allein durch Ausgleichsmaßnahmen erfolgt186. Hierunter wären etwa betriebliche Regelungen zu fassen, wonach dem Leiharbeitnehmer im Anschluss an einen Einsatz, der zur Verlängerung seiner betriebsüblichen Arbeitszeit führt,187 ein Freizeitausgleich zu gewähren ist. ___________ 182
BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG Leiharbeitnehmer. Richardi, BetrVG, § 87 Rn.43. 184 BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG Leiharbeitnehmer. Allgemein auch BAG 27.1.2004, AP Nr. 40 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung mit zust. Anm. Wiese; Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 87 Rn.7 f. 185 So Wiese, Anm. zu BAG 27.1.2004, AP Nr. 40 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung. 186 Vgl. auch Wiese, Anm. zu BAG 27.1.2004, AP Nr. 40 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung. 187 Zur Mitbestimmungspflichtigkeit sogleich § 7 B.IV. 183
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Die generellen Einwände gegen die Mitbestimmungspflicht der Entsendeentscheidung überzeugen damit nicht. Deshalb ist der Weg frei, unter den beschriebenen Vorzeichen die in Betracht kommenden Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten genauer zu untersuchen. Allgemeine Bedeutung besitzen hier die Tatbestände des § 87 I Nr. 1, 2, 3, 6, 10 und 11 BetrVG, auf die im Folgenden eingegangen wird.
II. Ordnung des Betriebs und Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb (§ 87 I Nr. 1 BetrVG) 1. Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Verleiherbetriebsrats Ein Mitbestimmungsrecht bei der Entsendung von Leiharbeitnehmern nach § 87 I Nr. 1 BetrVG erscheint möglich, wenn mit ihr aufgrund der Abmachungen zwischen Ver- und Entleiher feststeht, dass der Leiharbeitnehmer einer dort nach allgemeinen Grundsätzen mitbestimmungspflichtigen Ordnung des Entleiherbetriebs unterstellt wird. Da die Entsendeentscheidung durch den Verleiher getroffen wird, wäre im Falle des Bestehens eines Beteiligungsrechts der Verleiherbetriebsrat zur Wahrnehmung berufen. Dass § 87 I Nr. 1 BetrVG von der Ordnung des Betriebs und dem Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb ausgeht, der Leiharbeitnehmer aber gerade außerhalb einer Betriebsstätte des Verleihers tätig wird, steht einem Mitbestimmungsrecht nicht entgegen. Der Betriebsbegriff ist auch hier funktional und nicht räumlich zu verstehen.188 Bei dieser Betrachtungsweise ist zu berücksichtigen, dass der Leiharbeitnehmer selbst während des Einsatzes auch der betrieblichen Organisation des Verleihers zugeordnet bleibt. Zeitarbeitnehmer begeben sich jedoch beim Entleiher zugleich in einen fremden Betrieb, dessen Ordnung ihrerseits der Mitbestimmung des dortigen Betriebsrats unterliegt.189 Allerdings löst die Übernahme auf Seiten des Entleiherbetriebsrats keine Beteiligungspflicht nach § 87 I Nr. 1 BetrVG aus, wenn die Überlassenen lediglich in die bereits bestehende Ordnung integriert werden. Deren Interessen wird auch nicht die Beteiligung bei der Übernahme gemäß § 99 BetrVG gerecht, sodass sich eine Schutzlücke zeigt, die mit der Beteiligung des Verleiherbetriebsrats zu schließen ist. Denn auch wenn die Ordnung im Entleiherbetrieb nicht zur Disposition des Verleihers steht, ist es dieser, der mit der Entsendeentscheidung die Beachtung der an sich fremden ___________ 188 189
Siehe oben § 6 B.I.2.a)aa). Hierzu schon oben § 6 B.I.2.a)bb).
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
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Regeln in Ausübung seines arbeitsrechtlichen Direktionsrechts anweist. Er unterliegt daher bei dessen Ausübung den Grenzen des § 87 I Nr. 1 BetrVG.190 Die Mitbestimmungspflicht besteht allerdings wie stets nur dann, wenn ein kollektiver Tatbestand vorliegt und die Entsendeentscheidung nicht dem von der zwingenden Beteiligung ausgenommenen Arbeitsverhalten unterfällt.191 Ob Letzteres oder aber das Ordnungsverhalten angesprochen ist, kann nicht generell, sondern nur einzelfallabhängig bestimmt werden. Die Entsendung ist aber nicht schon deshalb mitbestimmungsfrei, weil mit ihr auch die Arbeitspflicht konkretisiert wird.192 Sofern nämlich von der Konkretisierung auch Gegenstände des Ordnungsverhaltens betroffen sind, erlangt die Entsendeentscheidung eine andere Qualität. Wird der Arbeitnehmer beispielsweise an einen Betrieb verliehen, in dem Zugangskontrollen herrschen, so geht die Abordnung über die bloße Zuweisung zu einem Entleiher hinaus, nachdem diese die Befolgung der Torkontrollen impliziert. Daher unterliegt die Entsendung insoweit dem mitbestimmungspflichtigen Ordnungsverhalten gemäß § 87 I Nr. 1 BetrVG. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Betriebsrat unter Berufung auf sein Mitbestimmungsrecht die Entsendung immer dann gänzlich verhindern kann, wenn der Entleiher auf der Einhaltung seiner betrieblichen Ordnung seitens der Leiharbeitnehmer besteht. Verlangt der Entleiher beispielsweise die Hinterlegung von Fingerabdrücken zur Durchführung der Zugangskontrollen, so wäre ein Widerspruch des Verleiherbetriebsrats gegen die Entsendung vor dem Hintergrund der hieraus resultierenden starken Auswirkungen auf die unternehmerische Tätigkeit des Verleihers nicht mehr als rechtmäßige Ausübung des Mitbestimmungsrechts anzusehen. Andererseits entfällt dieses nicht, da ein Spielraum zur Ausgestaltung verbleibt. So könnten die Verleiherbetriebspartner hier etwa vereinbaren, dass der Verleiher ihm bekannt werdende Daten aus der Zugangskontrolle vernichtet.193 Der erforderliche kollektive Bezug besteht in Orientierung am Zweck des Mitbestimmungstatbestands bei einer einheitlichen Regelung des Zusammenlebens oder einem horizontalen Interessenausgleich zwischen den Arbeitnehmern.194 Soweit mehrere Arbeitnehmer entsandt werden, kann dies auch aus ___________ 190 Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.252. Dagegen Boemke, AÜG, § 14 Rn.30; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.356; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn.20. 191 Zum kollektiven Tatbestand Raab, ZfA 2001, 31 (48); GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.180. 192 Hierzu allgemein Hunold, NZA 2004, 1206 (1206 f.). 193 Vgl. auch Wiese, Anm. zu BAG 27.1.2004, AP Nr. 40 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung. 194 Raab, ZfA 2001, 31 (48).
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Sicht des Verleiherbetriebs bejaht werden, nachdem der Verleiher in der beschriebenen Weise die Beachtung der fremden Ordnung anweist und insoweit auch das Zusammenleben und -wirken seiner Vertragsarbeitnehmer ordnet. Schwieriger ist die Beurteilung dagegen, wenn nur ein einzelner Arbeitnehmer entsandt wird. Die Quantität stellt zwar nur ein Indiz dar,195 doch selbst wenn die Ordnung beim Entleiher kollektive Züge trägt, werden aus Sicht des Verleiherbetriebs gerade nicht die Beziehungen der eigenen und vom Verleiherbetriebsrat repräsentierten Arbeitnehmer untereinander normiert. Allerdings ist in der Regel eine Auswahlentscheidung bezüglich des konkreten Arbeitnehmers aus der Belegschaft heraus notwendig. In diesem Zusammenhang können sich Regelungsfragen stellen, etwa inwieweit die Anweisung zum Tätigwerden in Betrieben mit besonderen Anforderungen an das Ordnungsverhalten an wechselnde Arbeitnehmer zu richten ist, um die einhergehenden Belastungen vor dem Hintergrund des § 75 I BetrVG196 zu verteilen. Dies genügt zur Annahme eines kollektiven Tatbestands, sodass eine Mitbestimmungspflicht nach § 87 I Nr. 1 BetrVG auch bei der Entsendung nur eines Arbeitnehmers möglich ist.197
2. Auslöser des Mitbestimmungsrechts Allerdings ist nicht bereits der Abschluss des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags mitbestimmungspflichtig,198 da er nur die Verpflichtung des Verleihers zur Entsendung von Arbeitnehmern begründet.199 Die Rechtsstellung der Leiharbeitnehmer ist zu dieser Zeit allein durch ihr Verhältnis zum Vertragsarbeitgeber bestimmt, da der Entleiher zuvor noch nicht mit ihnen selbst in Beziehung tritt. Dies ändert sich erst, wenn der Verleiher mit der eigentlichen Anweisung an den Leiharbeitnehmer vom Direktionsrecht Gebrauch macht und damit einen bestimmten Arbeitnehmer aus dem im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag regelmäßig nur abstrakt bezeichneten Kreis entsprechend qualifizierter Kräfte ___________ 195
FESTL, § 87 Rn.16; Hamann, AuR 2002, 322 (323). Zur Anwendbarkeit der Vorschrift auf Leiharbeitnehmer im Verleiherbetrieb schon oben § 6 A.I. 197 Allgemein Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.34. 198 So aber im Ergebnis, jedoch beschränkt auf die Beteiligung in Arbeitszeitfragen Ankersen, BB 2001, 2585 (2585); Kaufmann, Zuordnung, S. 153. Wohl auch DKK/Klebe, § 87 Rn.6; Marschall, Anm. zu BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer. 199 Siehe oben § 1 A.I.2. 196
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
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auswählt200. Und auch wenn bereits im Vertrag eine konkrete Zeitarbeitskraft benannt wurde, ist es erst die Weisung des Verleihers, die dem Arbeitnehmer die Pflicht auferlegt, für einen gewissen Zeitraum für einen Entleiher tätig zu werden.201 Daher ist erst die konkrete Entsendeweisung des Verleihers an den Leiharbeitnehmer mitbestimmungspflichtig.202 Der Verleiher trägt dann zwar die Gefahr, den Überlassungsvertrag – soweit mitbestimmungspflichtige Gegenstände betroffen sind – ohne Einvernehmen der Arbeitnehmervertretung nicht bzw. nicht so erfüllen zu können.203 Dem kann er aber entgehen, indem er sich vor Vertragsschluss mit „seinem“ Betriebsrat abstimmt, denn diese Möglichkeit besteht unabhängig davon, dass die Mitbestimmungspflicht erst vor der Vertragserfüllung in Form der Entsendung begründet wird. Dessen ungeachtet, bietet der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag eine Möglichkeit zur Prüfung der Mitbestimmungspflichtigkeit der Entsendeentscheidung und zählt demzufolge zu den gemäß § 80 II 2 BetrVG auf Verlangen vorlagepflichtigen Unterlagen.204
III. Lage der Arbeitszeit (§ 87 I Nr. 2 BetrVG) 1. Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats a) Anordnung durch den Verleiher Auf Seiten des Verleihers kommt entsprechend der Erwägungen zu § 87 I Nr. 1 BetrVG wiederum dann eine Beteiligung des dortigen Betriebsrats in Betracht, wenn aufgrund der Abmachungen mit dem Entleiher schon bei der Entsendeentscheidung feststeht, dass sich die Lage oder Verteilung der bisherigen Arbeitszeit der Leiharbeitnehmer in mitbestimmungsrelevanter ___________ 200
Hierzu bereits oben § 1 A.I.2. und II. Zur Beteiligung nach § 87 I Nr. 3 BetrVG Hamann, Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 63. 202 Hamann weist noch darauf hin, dass damit auch etwaigen Modifikationen bei der Erfüllung des Vertrags begegnet werden kann, die u.U. Einfluss auf den Umfang der Mitbestimmung haben (AuR 2002, 322 (326)). Würde man aber die Mitbestimmungspflicht des Überlassungsvertrags annehmen, dann würde eine beteiligungsrelevante Änderung bei der Erfüllung eine erneute Mitbestimmungspflicht auslösen, sodass hieraus kein zusätzliches Argument für die Mitbestimmungspflichtigkeit der Entsendeentscheidung gewonnen werden kann. 203 Vgl. zum Unvermögen allgemein v. Hoyningen-Huene, DB 1987, 1426 (1431). 204 Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.25. Allgemein zur Vorlagepflicht des Überlassungsvertrags schon oben § 6 F.I.1. 201
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Weise ändert.205 Mit seinem Weisungsrecht konkretisiert dann der Verleiher verbindlich die Arbeitszeitlage des Leiharbeitnehmers.206 Demgegenüber besteht entsprechend der allgemeinen Zuständigkeitsverteilung207 kein Mitbestimmungsrecht des Entleiherbetriebsrats. Wie bei der Mitbestimmung bei der Ordnung des Betriebs kann dieser in der Regel aber auch nicht an der Übernahmeentscheidung des Entleihers anknüpfen. Wird der Leiharbeitnehmer in ein bestehendes Arbeitszeitsystem integriert, so löst das sein Beteiligungsrecht nach § 87 I Nr. 2 BetrVG nicht – soweit es auf eine betriebliche Regelung zurückgeht nicht nochmals – aus. Die vom Mitbestimmungstatbestand berücksichtigten Interessen der Leiharbeitnehmer werden vor der Übernahme durch den Entleiherbetriebsrat noch nicht vertreten und die Arbeitszeitbelange der bereits im Betrieb Tätigen sind durch die bloße Hereinnahme nicht tangiert.208 Da schließlich auch die Beteiligung des Entleiherbetriebsrats bei der Übernahme nach § 99 BetrVG keine Arbeitszeitbelange der Zeitarbeitskräfte bedient209, können diese Angelegenheiten nur durch den Verleiherbetriebsrat wahrgenommen werden. Der kollektive Tatbestand210 kann dabei in der Regel an der mit der Entsendung einhergehenden Auswahl auch nur eines Arbeitnehmers aus der Belegschaft festgemacht werden.211 Aber selbst wenn eine bestimmte Person im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag bezeichnet wurde, können sich Regelungsfragen wie etwa eine Begrenzung der Anzahl von Einsätzen zu ungünstigen Arbeitszeiten212 stellen. Trotz des Tätigwerdens in der fremden Betriebsorganisation ist damit das Gemeinschaftsinteresse im Ver___________ 205
Ankersen, BB 2001, 2585 (2586); Hamann, AuR 2002, 322 (325 f.). A.A. Dewender, Betriebsfremde, S. 66; Schüren, AÜG, Einleitung Rn.152; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.27. Ferner noch Hamann, Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA Nr. 63 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit und einschränkend in Schüren, § 14 Rn.241. 206 Hamann, AuR 2002, 322 (325 f.). 207 Siehe oben § 5 B.III. 208 Vgl. Hamann, Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA Nr. 63 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit und AuR 2002, 322 (325). Das Mitbestimmungsrecht verneint Hamann jedoch im Wesentlichen unter Berufung auf das Fehlen eines kollektiven Tatbestands. 209 Neben der Unanwendbarkeit des § 99 II Nr. 4 BetrVG ist nicht die Übernahme selbst betroffen, sondern Fragen des späteren Einsatzes. Insoweit greift § 14 III AÜG i.V.m. § 99 BetrVG nicht (zu beiden Gesichtspunkten oben § 7 A.II.5.a)aa)). 210 FESTL, § 87 Rn.100; Grunewald, Vertrauensarbeitszeit, S. 294; Rolfs, RdA 2001, 129 (137); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.27. Zu diesem Erfordernis kritisch Hamann, AuR 2002, 322 (324); Richardi, BetrVG, § 87 Rn.308; HSWG/Worzalla, § 87 Rn.154. 211 Ebenso Hamann, AuR 2002, 322 (326). Allgemein Hromadka/Schlochauer, Arbeitsbedingungen, S. 235; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.34; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.30. Keinen Anknüpfungspunkt für einen kollektiven Tatbestand sieht dagegen Thüsing, AÜG, § 14 Rn.27. 212 Vgl. BAG 27.6.1989, AP Nr. 35 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit.
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
267
leiherbetrieb in arbeitszeitrelevanter Weise betroffen.213 Ein kollektiver Tatbestand ist dementsprechend nur ausnahmsweise nicht erfüllt, wenn lediglich die besondere Situation oder die Wünsche des Arbeitnehmers bestimmend waren.214 Wegen der angesprochenen Regelungsfragen scheidet das Mitbestimmungsrecht auch nicht aus, soweit die Anpassung der Arbeitszeit ohnehin aufgrund der Verleiherpflicht zur Gewährung der wesentlichen Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleihers an den Leiharbeitnehmer gemäß der §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG vorgeschrieben ist. Das Gleichstellungsgebot ist daher keine abschließende Regelung im Sinne des Eingangssatzes von § 87 I BetrVG.
b) Gegenstand des Mitbestimmungsrechts Im Regelfall ist damit ein Mitbestimmungsrecht des Verleiherbetriebsrats nach § 87 I Nr. 2 BetrVG gegeben, wenn bereits durch die Entsendung feststeht, dass sich Lage und Verteilung der Arbeitszeit für den Arbeitnehmer ändert.215 Beteiligungspflichtig ist jedoch wie bei § 87 I Nr. 1 BetrVG nicht bereits der Abschluss des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags, sondern erst die konkrete Entsendung.216 Im Zusammenhang mit Arbeitszeitfragen wird jedoch der im Prinzip verallgemeinerbare Ansatz217 diskutiert, ob schon die Übertragung entsprechender Weisungsrechte auf den Entleiher, deren Ausübung mitbestimmungspflichtig sein kann, Mitbestimmungsrechte des Verleiherbetriebsrats auslöst.218 Dies wird zum Teil mit der Begründung bejaht, dass nur durch die Begrenzung der Übertragungsbefugnisse ein effektiver Schutz der Leiharbeitnehmer gewährleistet werden kann.219 Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Arbeitnehmerbelange durch die bloße Übertragung noch unberührt bleiben. Wird in der Folge durch den Ent___________ 213
Insoweit a.A. Hamann, AuR 2002, 322 (326). FESTL, § 87 Rn.16; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.33. 215 A.A. Dewender (Betriebsfremde, S. 66) aufgrund seiner unzutreffenden Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Ver- und Entleiherbetriebsrat. Hierzu oben § 5 B.II. 216 Ebenso Hamann, AuR 2002, 322 (326). 217 So im Ansatz Boemke, der die noch zu beschreibenden Grundsätze auch auf Urlaubsfragen nach § 87 I Nr. 5 BetrVG ausdehnt (AÜG, § 14 Rn.37). 218 So Ankersen, BB 2001, 2585 (2586). Ihm folgend Boemke (AÜG, § 14 Rn.34), Kaufmann (Zuordnung, S. 153) und Ulber (AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.34). 219 Zum Problemaufriss auch Kraft, SAE 2002, 45 (46). 214
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
leiher und damit nicht schon aufgrund der Entsendeentscheidung durch den Verleiher von den Befugnissen Gebrauch gemacht, geht dies auf eine Entscheidung des Entleihers zurück. Diesem gegenüber kann dann aber der dort ansässige Betriebsrat bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen die einschlägigen Mitbestimmungsrechte auch für Leiharbeitnehmer geltend machen, sodass die befürchtete Schutzlücke in diesem Maße nicht vorliegt. Auch der mit der Delegierung der Weisungsrechte einhergehende Kompetenzverlust des Betriebsrats rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Sie ließe sich allenfalls auf § 28a BetrVG stützen, wonach die Abgabe von Aufgaben des Betriebsrats an Arbeitsgruppen nur nach Maßgabe einer mit dem Arbeitgeber abzuschließenden Rahmenvereinbarung erfolgen kann.220 Allerdings geht es hier im Gegensatz zu den Fällen des § 28a BetrVG gerade nicht um eine Übertragung von Kompetenzen durch den Betriebsrat, sondern um die Konsequenzen der vom Unternehmer gestalteten Organisation für die Reichweite der Beteiligungsrechte. Die organisatorische Gestaltung nimmt das Betriebsverfassungsrecht aber seiner Anlage nach als Datum hin, wie insbesondere den §§ 1, 4, 50 I und 58 I BetrVG zu entnehmen ist.221 Folglich ist der Betriebsrat auch nicht im Rahmen der sozialen Angelegenheiten zu beteiligen, wenn sich dessen Betätigungsfeld mit der Übertragung von Weisungsrechten verkleinert. Die Übertragung ist demnach mitbestimmungsfrei und entzieht sich gleichsam dem anderenfalls berechtigten Vorwurf einer ungerechtfertigten Verdopplung von Mitbestimmungsrechten222.
2. Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats Durch die bloße Übernahme von Leiharbeitnehmern wird – wie dargelegt – kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr. 2 BetrVG ausgelöst, wenn die Leiharbeitnehmer in den Grenzen einer bestehenden Arbeitszeitordnung eingesetzt werden sollen. Deshalb kann der Entleiherbetriebsrat in diesen Fällen vor der Übernahme auch kein unmittelbar auf § 87 I Nr. 2 BetrVG gestütztes Mitbestimmungsrecht geltend machen. Er kann allenfalls verhindern, dass die Leiharbeitnehmer im Widerspruch zu entleiherbetrieblichen Arbeitszeitrege___________ 220
Hierzu Schlachter, 50 Jahre BAG, S. 1253 (1267 f.). Vgl. Heither, JbArbR, Bd.36, S. 37 (42); GK-BetrVG/Kraft, § 4 Rn.20; Wißmann, NZA 2001, 409 (409). Ferner Wiese (NZA 2003, 1113 (1114)), dem zufolge der Arbeitgeber nicht zu einer Vertragsgestaltung verpflichtet ist, die Beteiligungsrechte des Betriebsrats möglichst sicherstellt. 222 Hierzu oben § 5 B. 221
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
269
lungen eingesetzt werden, da – wie gesehen223 – ein vom Entleiher aufgestellter abweichender Einsatzplan für die überlassenen Arbeitskräfte der Mitbestimmung unterliegt.224
IV. Arbeitszeitdauer 1. Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats Eine weiterhin im Rahmen der Entsendung von Leiharbeitnehmern zu erwägende Mitbestimmung des Verleiherbetriebsrats gemäß § 87 I Nr. 3 BetrVG setzt voraus, dass aufgrund der Absprachen zwischen Verleiher und Entleiher schon mit der Entsendeentscheidung feststeht, dass sich der zeitliche Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung aufgrund der im Entleiherbetrieb herrschenden Umstände ändert. Wie nachgewiesen wurde, können Leiharbeitnehmer auch im Verleiherbetrieb eine übliche Arbeitszeit haben, die selbst vor der Entsendung an der tariflichen oder mit dem Verleiher generalisiert und nicht auf individuellen Arbeitnehmerwunsch hin vereinbarten Arbeitszeit anknüpft.225 Überweist226 nun der Verleiher einen Leiharbeitnehmer in einen Betrieb, in dem eine abweichende Arbeitszeitdauer gilt, so ordnet er gleichsam eine Änderung der für den Leiharbeitnehmer verleiherbetriebsüblichen Arbeitszeit an. Dass der Einsatz in einer entsendebetriebsfremden Organisation erfolgt, hat nämlich in diesem Zusammenhang keine Auswirkungen,227 da die Tätigkeit zugleich auch der verleiherbetrieblichen Einheit zuzurechnen ist, vgl. § 14 I AÜG228. Der Anordnung, mit der sich die für den Leiharbeitnehmer verleiherbetriebsübliche Arbeitszeit ändert, vermag der Entleiherbetriebsrat wiederum ___________ 223
Siehe oben § 6 B.I.2.b). Vgl. LAG Stuttgart 20.5.1999, AiB 2000, 36 (37); Boemke, AÜG, § 14 Rn.33; Hamann, AuR 2002, 322 (326); Reichold, SAE 1998, 44 (49); GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.291. Enger Leisten, BB 1992, 266 (270). Das vom LAG Stuttgart angenommene Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 II Nr. 1 BetrVG ist aber nicht einschlägig. Es ist zu berücksichtigen, dass nicht die Übernahme an sich gesetzeswidrig ist, wie die Vorschrift voraussetzt. 225 BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer; Hamann, Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA Nr. 63 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit. 226 Das ist nicht schon der Abschluss des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags, siehe oben § 7 B.II.2. 227 I.E. ebenso Hamann, Anm. zu BAG 19.6.2001, EzA Nr. 63 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit. 228 Zum deklaratorischen Charakter schon ausführlich oben § 3 A.III. 224
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
nicht entgegenzutreten. Er besitzt gegenüber dem Verleiher keinerlei Kompetenzen. Auch die mit der Entsendung korrespondierende Übernahmeentscheidung des Entleihers kann nicht herangezogen werden 229, da ihm gegenüber das Mitbestimmungsrecht nur bei einer Änderung der im Entleiherbetrieb üblichen Arbeitszeit greift230. Für die bislang betriebsfremden Leiharbeitnehmer wird diese übliche Arbeitszeit aber gerade erst im Laufe des Einsatzes festgelegt.231 Demnach kann der Schutz des Leiharbeitnehmers in derartigen Fallgestaltungen nur durch den Verleiherbetriebsrat wahrgenommen werden.232 Der hierzu notwendige kollektive Tatbestand233 lässt sich entsprechend der Darstellungen zu § 87 I Nr. 2 BetrVG belegen, sodass er auch gegeben ist, wenn nur ein (bestimmter234) Arbeitnehmer entsandt wird.235 Wegen der verbleibenden Regelungsfragen, etwa hinsichtlich der Auswahl der Arbeitnehmer, liegt im Übrigen auch bei einer Pflicht des Verleihers, die Arbeitszeit an die Verhältnisse des Entleiherbetriebs wegen des Gleichstellungsgebots der §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG anzupassen, keine abschließende Regelung im Sinne des Eingangssatzes vor. Für den Fall der Arbeitszeitverlängerung236 wird man ohnedies keine dahingehende Verpflichtung des Verleihers aus dem equal-treatment-Grundsatz herleiten können. Es würde sich insoweit um eine für den Leiharbeitnehmer im Vergleich zum status quo ante nachteilige Arbeitsbedingung handeln.237 Die Gleichstellung mit vergleichbaren Arbeitnehmern des Entleihers ist aber nur hinsichtlich günstigerer Bedingungen verbindlich.238 ___________ 229
Hamann, AuR 2002, 322 (327). BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer. 231 Vgl. BAG 25.2.1997, AP Nr. 72 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; LAG Köln 6.6.2000, EzAÜG Nr. 43 zu § 14 AÜG Betriebsverfassung; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.376 und oben § 6 B.I.2.c)bb). 232 Die Beteiligung des Entleiherbetriebsrats nach § 14 III AÜG i.V.m. § 99 BetrVG ist dagegen nicht hinreichend, wie schon oben herausgearbeitet wurde, siehe § 7 A.II.5.a)aa). 233 BAG 27.11.1990, AP Nr. 41 zu § 87 BetrVG Arbeitszeit; FESTL, § 87 Rn.134; Richardi, BetrVG, § 87 Rn.339; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.373. Kritisch Raab, ZfA 2001, 31 (49 ff.). 234 Auch insoweit a.A. Kraft, SAE 2002, 45 (46). 235 BAG 19.6.2001, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Leiharbeitnehmer. Allgemein Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.34. 236 Zur Aufrechterhaltung des vollen Entgeltanspruchs bei einer Verkürzung Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.366. 237 Lembke, BB 2003, 98 (101). 238 So auch die h.M., vgl. Lembke, BB 2005, 499 (499); Thüsing/Pelzner, AÜG, § 3 Rn.53 ff. A.A. aber ErfK/Wank, § 3 AÜG Rn.28. 230
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
271
Die mit der Entsendung einhergehende Änderung der betriebsüblichen Arbeitszeit darf allerdings nur vorübergehender Natur sein. Hierfür wird gefordert, dass sie einen überschaubaren Zeitraum betrifft und nicht auf Dauer angelegt ist.239 Dass die Beendigung der Entsendung mitunter in fernerer Zukunft liegt, seit die Höchstüberlassungsdauer eines Leiharbeitnehmers zu einem Entleiher nicht mehr reglementiert ist, steht dem nicht entgegen. Ein Endzeitpunkt muss gerade nicht feststehen, solange noch die Absicht besteht, nach Fortfall des Anlasses wieder zur bisherigen Arbeitszeit zurückzukehren.240 Demzufolge besteht unter den geschilderten Voraussetzungen ein Mitbestimmungsrecht des Verleiherbetriebsrats nach § 87 I Nr. 3 BetrVG vor Entsendungen,241 bei denen die Verlängerung der Arbeitszeit von Leiharbeitnehmern feststeht242.
2. Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats Wie bereits dargestellt, besteht bei der Übernahme kein Mitbestimmungsrecht zum Schutze des Leiharbeitnehmers unter dem Gesichtspunkt des § 87 I Nr. 3 BetrVG.243 Die Vorschrift könnte aber dennoch Bedeutung erlangen, wenn der Einsatz von Leiharbeitnehmern statt einer Erhöhung der betriebsüblichen Arbeitszeit der bereits vorhandenen Belegschaft erfolgt und dies eine Umgehung dieses Mitbestimmungsrechts darstellt. Dafür ist vorauszusetzen, dass der Zweck einer zwingenden Rechtsnorm durch die missbräuchliche Verwendung anderer Gestaltungen vereitelt wird.244 § 87 I Nr. 3 BetrVG bezweckt jedoch nur den Schutz der bereits vorhandenen Arbeitskräfte, deren Arbeitszeitdauer245 durch die Hereinnahme von Leiharbeitnehmern unberührt bleibt. Die betriebsübliche Arbeitszeit der bisherigen ___________ 239
BAG 21.11.1978, AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; FESTL, § 87 Rn.133; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn.33. 240 ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn.33; GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.383. 241 Dies entspricht der h.M., vgl. die Nachweise oben § 3 A.II.2.b)bb). 242 Hieran scheitert dann auch der von Sieg (AuA 2002, 139 (139)) vorgeschlagene Praxistipp, wonach der Verleiher bei abzusehender Zustimmungsverweigerung des Verleiherbetriebsrats Zeitarbeitskräfte zunächst mit der im Verleiherbetrieb üblichen Arbeitszeit überlassen soll und sogleich der Entleiher die Mehrarbeit anordnet. Hierzu schon oben § 6 B.I.2.c)bb). 243 Generell gegen ein Mitbestimmungsrecht des Entleiherbetriebsrats nach § 87 I Nr. 3 BetrVG Dewender, Betriebsfremde, S. 131. 244 Siehe oben § 5 B.III.2. 245 Zum möglichen Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr. 2 BetrVG infolge der Auswirkungen auf die vorhandene Belegschaft oben § 6 B.I.2.b).
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Mitarbeiter erfährt keine Änderung, sodass kein beteiligungsrechtswidriger Erfolg herbeigeführt wird.246 § 87 I Nr. 3 BetrVG ist daher unter keinen Umständen bedeutsam für die Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrats bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern.
V. Technische Überwachungseinrichtungen (§ 87 I Nr. 6 BetrVG) Entsprechend des bei den bereits besprochenen Mitbestimmungstatbeständen angewandten Musters ist der Betriebsrat des Verleihers bei der Entsendung zu beteiligen, wenn mit ihr bereits feststeht, dass im Betrieb des Entleihers auch bezüglich der Leiharbeitnehmer technische Überwachungseinrichtungen benutzt werden. Schon damit wird durch den Verleiher die Einbeziehung des Leiharbeitnehmers in die Kontrollinstrumente verbindlich angeordnet, sodass die Unterscheidung Kaufmanns247 zwischen der Arbeitszuweisung durch den Verleiher und der Arbeitsplatzzuweisung durch den Entleiher nicht den Kern der Problematik trifft. Ein Mitbestimmungsrecht des Entleiherbetriebsrats wird nämlich nicht schon deshalb ausgelöst, weil mit der Übernahme nunmehr andere Personen von der Überwachungseinrichtung erfasst werden, solange keine Regelung über eine generelle Änderung der Einsatzbedingungen getroffen wird. Der Schutz des Leiharbeitnehmers kann daher wiederum nur durch den Verleiherbetriebsrat sichergestellt werden, dem – an die Entsendeentscheidung anknüpfend – in der angesprochenen Konstellation ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 I Nr. 6 BetrVG zukommt.248 Der notwendige kollektive Tatbestand249 wird dabei in der Regel an der zu treffenden Auswahlentscheidung anknüpfen können.250 In diesem Zusammenhang erlangt auch die aus dem Gleichbehandlungsgebot des § 75 I BetrVG abzuleitende Pflicht Bedeutung, ___________ 246 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.252. A.A. aber Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.116. Allgemein BAG 25.2.1997, AP Nr. 72 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit. Vgl. aber auch BAG 22.10.1991, AP Nr. 48 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit sowie ArbG Wiesbaden 23.7.1997, NZA-RR 1998, 165 (168) mit zust. Anm. Jancke, AiB 1998, 288 (288) und ArbG Mannheim 1.4.1987, EzAÜG Nr. 232 mit zust. Anm. Grimberg, AiB 1987, 141 (141 f.), wo bereits im Betrieb tätige Arbeitnehmer herangezogen worden. Enger LAG Frankfurt 19.4.1988, EzAÜG Nr. 288. 247 Zuordnung, S. 159. 248 A.A. Kaufmann, Zuordnung, S. 159 249 Hierzu GK-BetrVG/Wiese, § 87 Rn.503. 250 Hierzu schon oben § 7 B.II.1.a).
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
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die Arbeitnehmer bei den verschiedenen Einsätzen abwechselnd in Betriebe mit kontrollierten Arbeitsplätzen zu entsenden.251
VI. Lohngestaltung (§ 87 I Nr. 10, 11 BetrVG) Die Entsendeentscheidung des Verleihers kann aufgrund der gesetzlichen Festschreibung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in den §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG dazu führen, dass mit ihr Änderungen der Entlohnungsgrundsätze und -methoden einhergehen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein im Zeitlohn eingestellter Leiharbeitnehmer in einen Betrieb entsandt wird, in dem ein vergleichbarer Arbeitnehmer eine leistungsbezogene Vergütung erhält.252 Damit kommt ein Mitbestimmungsrecht des Verleiherbetriebsrats nach § 87 I Nr. 10 und 11 BetrVG in Betracht, scheidet aber gleichwohl im Ergebnis aus. Hintergrund ist jedoch auch hier nicht schon der Gesetzesvorbehalt im Eingangssatz des § 87 I BetrVG.253 Im Anwendungsbereich der §§ 3 I Nr. 3 und 9 Nr. 2 AÜG ist zwar festzustellen, dass für einen bestimmten Arbeitsplatz, den der Verleiher zuweist, kraft Gesetzes eine Vergütungsordnung gilt und die Grundlagen der Entgeltfindung feststehen. Ein Entscheidungsspielraum besteht dennoch, da der Pflicht zur Gleichbehandlung die im Ermessen des Verleihers stehende Entsendeverfügung vorgelagert ist und die Geltung der Entgeltgrundsätze daher angeordnet wird. Das verbleibende Bestimmungsrecht stellt jedoch weder eine einseitig an den Unternehmerinteressen ausgerichtete Lohngestaltung dar, noch ist hierdurch die Transparenz, die Angemessenheit oder die Durchsichtigkeit des verleiherbetrieblichen Lohngefüges tangiert.254 Da zudem ohnehin nur günstigere Bedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs zu gewähren sind255, ist die Entsendeentscheidung im Hinblick auf den Schutzzweck von § 87 I Nr. 10 und 11 BetrVG nicht als mitbestimmungsrelevant anzusehen.256 ___________ 251
Hierzu unter allgemeiner Fragestellung Schwarz, Arbeitnehmerüberwachung, S. 101 f. 252 Vgl. Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.374. 253 A.A. jedoch Dewender, Betriebsfremde, S. 75 f., Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.374 f., Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1005. Ferner zu § 10 V AÜG a.F. Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.43. 254 Ähnlich Thüsing, AÜG, § 14 Rn.35. 255 Siehe oben § 7 B.IV.1. 256 Im Ergebnis ebenso, aber auf die Annahme einer abschließenden Regelung im Sinne des Eingangssatzes gestützt Dewender (Betriebsfremde, S. 75 f.), Hamann (Schüren, AÜG, § 14 Rn.374 f.) und Thüsing (AÜG, § 14 Rn.16) sowie zum § 10 V AÜG a.F. auch Ulber (AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.43).
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Die Beteiligung des Verleiherbetriebsrats ist damit neben der Mitbeurteilung bei Ein- oder Umgruppierungen nach § 99 BetrVG257, die gerade kein rechtsgestaltender Akt ist258, auf Überwachungsaufgaben gemäß § 80 I Nr. 1 BetrVG beschränkt und betrifft in diesem Zusammenhang die Einhaltung der dem Verleiher durch den Gleichbehandlungsgrundsatz auferlegten Pflichten259.
C. Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten bei der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern Im Zusammenhang mit der Überweisung von Zeitarbeitskräften in einen Entleiherbetrieb bieten auch die wirtschaftlichen Angelegenheiten spezifische Anknüpfungspunkte für Beteiligungsrechte des Betriebsrats und seines Hilfsorgans, dem Wirtschaftausschuss. Sie sind allerdings im Regelfall auf den Entleiherbetrieb beschränkt, nachdem die Entsendung aus Sicht des Verleiherbetriebs zum täglichen Geschäft zu rechnen ist.
I. Unterrichtung und Beratung des Wirtschaftsausschusses im Entleihunternehmen Der Wirtschaftsausschuss ist ein Informations- und Beratungsgremium, das nach § 106 I 2 BetrVG die Aufgabe hat, die Kooperation und Informationsvermittlung zwischen Unternehmer und Betriebsrat anzuregen, soweit wirtschaftliche Angelegenheiten betroffen sind.260
1. Einsatz von Leiharbeitnehmern als wirtschaftliche Angelegenheit Ob den Entleiher vor der Übernahme die Pflicht zur umfassenden und rechtzeitigen Information des in seinem Unternehmen bestehenden Wirtschaftsausschusses261 nach § 106 II BetrVG trifft, hängt von der Charakterisierung der geplanten Hereinnahme von Leiharbeitnehmern als wirtschaftliche ___________ 257
Hierzu oben § 7 A.III. DKK/Kittner, § 99 Rn.67. 259 Dewender, Betriebsfremde, S. 75 f. 260 Edenfeld, Arbeitnehmermitbestimmung, Rn.288. 261 Zur Bildung des Wirtschaftsausschusses im Entleiherunternehmen schon oben § 4 D. 258
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
275
Angelegenheit im Sinne des § 106 BetrVG ab.262 Die dortigen Aufzählungen im dritten Absatz sind zwar nur beispielhaft263, praktisch werden aber wohl alle denkbaren Fälle, bei denen nicht schon die Nr. 1 bis 9 einschlägig sind, aufgrund der offenen Formulierung der Nr. 10 innerhalb dieser Variante erfasst.264 Letztere kommt auch hier allein in Betracht, nachdem insbesondere § 106 III Nr. 5 BetrVG (Fabrikations- und Arbeitsmethoden) nicht einschlägig ist265. Gegen die Annahme, dass die geplante Beschäftigung von Leiharbeitnehmern ein sonstiges Vorhaben im Sinne der Nr. 10 ist, das die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens wesentlich berühren kann, wird vorgetragen, dass personelle Einzelmaßnahmen keinesfalls erfasst seien und in den §§ 99 ff. BetrVG eine spezielle Normierung erfahren haben.266 Eine Verallgemeinerung in dieser Form ist jedoch unzulässig, wie sich schon aus den §§ 106 III Nr. 6 und 112a BetrVG ergibt. Danach können geplante Entlassungen, die letztlich im Wege personeller Einzelmaßnahmen umgesetzt werden, bei einer gewissen Erheblichkeit eine Betriebsänderung darstellen.267 Andererseits geht es zu weit, jedes nicht nur kurzfristige Tätigwerden von Leiharbeitnehmern zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten zu rechnen, nur weil damit Auswirkungen auf die Personalplanung einhergehen können.268 Von einer wesentlichen Berührung der Arbeitnehmerinteressen kann vielmehr erst dann die Rede sein, wenn sich der Einsatz nicht nur auf einzelne Arbeitsplätze beschränkt und ihm eine Planung zugrunde liegt, die auch künftig von einer ___________ 262 Zum Teil mit Einschränkungen bejahend: Barth, Beteiligungsrechte, S. 151 f.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.307; Herbst/Krüger, AiB 1983, 167 (167); Mumot, Beteiligungsrechte, S. 156 f.; Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.18a; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.87a; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.30. A.A. Boemke, AÜG, § 14 Rn.139; Erdlenbruch, Stellung, S. 211 f.; Kaufmann, Zuordnung, S. 202 ff. 263 Dewender, Zuordnung, S. 91; Erdlenbruch, Stellung, S. 210; Kaufmann, Zuordnung, S. 203; Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.18a. 264 GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 106 Rn.41. 265 So die allgemeine Ansicht. Die erfassten Arbeitsmethoden betreffen Arbeitsverfahren und -abläufe, nicht aber die Person, mit der ein Arbeitsplatz besetzt wird: Barth, Beteiligungsrechte, S. 149, dessen Ausführungen zu § 106 III Nr. 6 BetrVG auf S. 150 ergänzend betrachtet werden können; Erdlenbruch, Stellung, S. 210 f.; Hamann, WiVerw 2001, 215 (220), bei dem sich auch zu § 106 III Nr. 4 BetrVG Anmerkungen finden; Kaufmann, Zuordnung, S. 203. Differenzierend noch Mumot, Beteiligungsrechte, S. 153 f. 266 So Galperin/Löwisch, § 106 Rn.74; Kaufmann, Zuordnung, S. 203 f.; Löwisch/Kaiser, BetrVG, § 106 Rn.33. Vgl. auch Thüsing, AÜG, § 14 Rn.181. 267 Vgl. auch FESTL, § 111 Rn.1. 268 HWK/Pods, § 14 AÜG Rn.21; Sandmann/Marschall, AÜG Art.1 § 14 Anm.18a; ErfK/Wank, § 14 AÜG Rn.30.
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3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
konsequenten Nutzung des Überlassungsgewerbes ausgeht. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass die betriebliche Weiterentwicklung tangiert wird.269
2. Umfang der Unterrichtungspflicht Ist demnach der Wirtschaftsausschuss ausnahmsweise zu unterrichten, so muss dies unaufgefordert270 und rechtzeitig durch den Unternehmer geschehen. Letzteres bedeutet insbesondere, dass mit der Realisierung der geplanten Maßnahme noch nicht begonnen wurde, damit sowohl eine Einflussnahme auf die Willensbildung der Unternehmensleitung als auch eine Beratung mit dem Betriebsrat möglich ist.271 Allerdings muss die Planung schon einen gewissen Konkretisierungsgrad erreicht haben.272 Die Unterrichtung hat umfassend unter Vorlage, nicht notwendigerweise der Überlassung273 der erforderlichen Unterlagen zu erfolgen. Inhaltlich muss sich hieraus ergeben, ob und in welchem Umfang der Einsatz von Leiharbeitnehmern generell geplant ist und welche Auswirkungen auf die Belegschaft zu erwarten sind.274 Dies kann auch die Vorlage der Arbeitnehmerüberlassungsverträge oder deren Entwürfe umfassen, da sich hieraus Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Entwicklung, etwa aufgrund der geplanten Dauer der Maßnahmen, ergeben können.275
II. Die Übernahme von Leiharbeitnehmern als Betriebsänderung Gemäß § 111 S.1 BetrVG hat der Unternehmer zudem den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für zumindest erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Änderungen zu beraten. Ziel ist die Sicherung der Arbeitsplätze sowie der sozialen Stellung der Arbeitnehmer.276 In ___________ 269
Noch enger Barth, Beteiligungsrechte, S. 151 f.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.307; Mumot, Beteiligungsrechte, S. 156 f. 270 Ebenso DKK/Däubler, § 106 Rn.52; GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 106 Rn.77. 271 Vgl. nur DKK/Däubler, § 106 Rn.39 f.; GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 106 Rn.80 f. 272 GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 106 Rn.82. 273 Barth, Beteiligungsrechte, S. 152; GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 106 Rn.94. 274 Barth, Beteiligungsrechte, S. 153. 275 Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.88. A.A. Barth, Beteiligungsrechte, S. 152 f. 276 Siehe oben § 6 E. vor I.
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
277
Übereinstimmung mit der nunmehr herrschenden Meinung sind die in § 111 S.3 BetrVG aufgeführten Betriebsänderungen nur Beispiele,277 bei deren Einschlägigkeit jedoch die mögliche Folge wesentlicher Nachteile für die Arbeitnehmer unwiderleglich vermutet wird278.
1. Vorliegen einer Betriebsänderung Ausgehend vom Betriebsbegriff279 liegt eine Betriebsänderung vor, wenn die organisatorische Einheit, die Betriebsmittel, der Betriebszweck oder die Belegschaft Änderungen in qualitativer oder quantitativer Hinsicht erfahren.280 Dies belegt, dass im Rahmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung die Entsendung von Leiharbeitnehmern allein keine Betriebsänderung beim Verleiher darstellen kann. Eine genauere Untersuchung erfordert dagegen die Beteiligungspflichtigkeit nach den §§ 111 ff. BetrVG auf Seiten des Entleiherbetriebs, wenn dort die Übernahme von Leiharbeitnehmern geplant ist. Letzteres wird zwar in der Aufzählung des § 111 S.3 BetrVG nicht ausdrücklich genannt. Gleichwohl wird das Vorliegen einer Betriebsänderung auf Grundlage der Nr. 1 und 4281 sowie als sonstige Betriebsänderung nach § 111 S.1 BetrVG erörtert.
a) § 111 S.3 Nr. 1 und 4 BetrVG Eine Betriebsänderung nach § 111 S.3 Nr. 1 BetrVG erfordert die Einschränkung oder Stilllegung zumindest von wesentlichen Betriebsteilen und kann auch allein in der Entlassung von Arbeitnehmern bestehen (vgl. § 112a I 1 BetrVG). Solche wären im Zuge der Übernahme von Leiharbeitnehmern ohne weiteres die Folge, wenn durch den Einsatz Stammpersonal im großen Umfang ersetzt werden soll.282 Die Betrachtung dieser Substitution der ___________ 277 GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 111 Rn.36 f.; FESTL, § 111 Rn.44; Gamillscheg, FS Bosch, S. 209 (210); Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.327. A.A. Richardi/Annuß, BetrVG, § 111 Rn.44; Dewender, Betriebsfremde, S. 146. Offengelassen von Erdlenbruch, Stellung, S.214. 278 Siehe oben § 6 E.II. 279 Siehe oben § 3 A.I.1. 280 GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 111 Rn.128; Rüthers/Bakker, ZfA 1990, 332. 281 In der Diskussion steht zudem § 111 S.3 Nr. 5 BetrVG, wenngleich dessen Einschlägigkeit – wenig überraschend – nach allgemeiner Ansicht abgelehnt wird: Dewender, Betriebsfremde, S. 146; Erdlenbruch, Stellung, S. 214; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.327. 282 Im Ergebnis bejahend Barth, Beteiligungsrechte, S. 154 f.
278
3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
bestehenden Belegschaft durch überlassene Arbeitskräfte erhellt jedoch, dass im Gegensatz zur Übertragung von Aufgaben auf Werk- oder Dienstvertragsbasis283 gerade keine Verringerung der personellen Betriebsmittel284 stattfindet, sondern lediglich die rechtliche Beziehung zum Betriebsinhaber betroffen ist.285 Diese Begründung trägt aber dann nicht, wenn durch den Einsatz überlassener Arbeitskräfte die Auflösung einer Personalreserve betrieben wird. Da für die Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils im Grundsatz auf die Zahlenwerte des § 17 KSchG abzustellen ist,286 wird aber praktisch auch dies keine Betriebsänderung im Sinne der Vorschrift darstellen. Der Einsatz von Leiharbeitnehmern erfüllt folglich den Tatbestand von § 111 S.3 Nr. 1 BetrVG nicht.287 Die Hereinnahme allein ist zudem keine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation nach § 111 S.3 Nr. 4 BetrVG,288 da diesbezüglich auf den Betriebsaufbau oder die Leitungsstrukturen abzustellen ist289 und Letztere bei einer Beschäftigung von Leiharbeitnehmern unberührt bleiben.
b) Generalklausel Damit kann unter dem allein noch weiter in Erwägung zu ziehenden Gesichtspunkt der Ersetzung nur auf die Generalklausel in § 111 S.1 BetrVG zurückgegriffen werden, die auch Änderungen der in der Belegschaft zusammengefassten Arbeitnehmer erfasst. Allerdings muss die Möglichkeit bestehen, dass aus diesen Veränderungen wesentliche Nachteile für zumindest erhebliche Teile der Belegschaft erwachsen, sodass ein strengerer Maßstab als bei § 106 III Nr. 10 BetrVG anzulegen ist, wo schon die Aussicht auf eine wesentliche Berührung von Interessen der Arbeitnehmer ausreicht.290 Von einer ___________ 283
Vgl. hierzu etwa BAG 6.12.1988, AP Nr. 26 zu § 111 BetrVG 1972. Hierzu GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 111 Rn.65 ff. 285 Im Ergebnis wird für den Regelfall die Einschlägigkeit von § 111 S.3 Nr. 1 BetrVG auch durch Hamann verneint (Schüren, AÜG, § 14 Rn.327). Er beruft sich jedoch auf die Unzulässigkeit von Austauschkündigungen (hierzu sogleich). 286 Hierzu GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 111 Rn.65 ff. 287 Im Ergebnis ebenso Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.121; Boemke, AÜG, § 14 Rn.140; Erdlenbruch, Stellung, S. 214; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.327 (grundsätzlich). 288 Dewender, Betriebsfremde, S. 146; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.327; Kaufmann, Zuordnung, S. 204. A.A. Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.92. 289 GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 111 Rn.109. 290 Vgl. zum Verhältnis der §§ 106 und 111 BetrVG GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 106 Rn.76. 284
§ 7 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Entsendung
279
Überschreitung der in § 111 S.1 BetrVG aufgestellten Schwelle kann deshalb allenfalls dann die Rede sein, wenn eine methodische Reduzierung oder Ersetzung des Personals durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern geplant ist, weil beispielsweise ganze Aufgabenbereiche und Funktionen durch Leiharbeitnehmer ausgeübt werden sollen.291 Dieses Vorhaben wird jedoch in aller Regel aufgrund kündigungsschutzrechtlicher Bestimmungen scheitern, nachdem die sog. Austauschkündigung292 als unzulässig erachtet wird.293
2. Zusammenfassung zum Vorliegen einer Betriebsänderung durch die Übernahme von Leiharbeitnehmern Durch die Übernahme von Leiharbeitnehmern werden damit keine beteiligungspflichtigen Betriebsänderungen hervorgerufen, sodass weder die Unterrichtungs- und Beratungspflichten nach § 111 S.1 BetrVG ausgelöst werden, noch ein Interessenausgleich oder Sozialplan nach § 112 BetrVG erforderlich ist.
D. Zusammenfassung zu den Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten bei der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern Die Entsendung von Leiharbeitnehmern durch den Verleiher sowie ihre Übernahme durch den Entleiher können zum Schutz des Leiharbeitnehmers und der Belegschaft des Entleiherbetriebs ebenfalls Anknüpfungspunkte für eine Betriebsratsbeteiligung bilden. Im Verleiherbetrieb steht dabei die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten im Vordergrund, wenn bei der Entsendeentscheidung die mitbestimmungsrelevante Änderung der Arbeitsbedingungen feststeht. Im Rahmen der personellen Angelegenheiten kommt das Mandat des Betriebsrats des entsendenden Betriebs allerdings in der Regel nur hinsichtlich des Mitbeurteilungsrechts bei der Ein- oder Umgruppierung in Betracht. Die wirtschaftlichen Angelegenheiten besitzen keine Bedeutung. ___________ 291
Barth, Beteiligungsrechte, S. 151 f.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.307. Hierzu BAG 26.9.1996, AP Nr. 80 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung mit zust. Anm. Oetker (WiB 1990, 370 f.). Ferner Willemsen/Annuß, BB 2005, 437 (440). 293 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.327; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.90. Im Ergebnis gegen das Vorliegen einer sonstigen Betriebsänderung auch Boemke, AÜG, § 14 Rn.140; Erdlenbruch, Stellung, S. 214. 292
280
3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Im Entleiherbetrieb steht neben der Personalplanung die Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten nach § 14 III AÜG i.V.m. § 99 BetrVG unter dem Gesichtspunkt der Einstellung im Vordergrund, wogegen in sozialen Angelegenheiten zumindest in Fällen der bloßen Integration der Leiharbeitnehmer in den vorhandenen Arbeitsablauf keine Beteiligung erforderlich ist. In wirtschaftlichen Angelegenheiten ist nur ausnahmsweise eine Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses vor einer geplanten Übernahme notwendig.
§ 8 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte im Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern bei einem Entleiher Auch im Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes bei einem Entleiher können betriebsverfassungsrechtliche Besonderheiten beobachtet werden, die vornehmlich in einer Betriebsratsbeteiligung zum Schutz des Leiharbeitnehmers zu suchen sind. Dabei ist jedoch von entscheidendem Einfluss, welche Pläne hinsichtlich der weiteren Verwendung des Leiharbeitnehmers bestehen. So können sich neben beschäftigungslosen Zeiten oder Einsätzen bei anderen Entleihern auch Tätigkeiten „im“ Betrieb des Verleihers anschließen, sofern sich dort – wie in Mischbetrieben – Arbeitsmöglichkeiten bieten. Im Falle ihrer individualarbeitsrechtlichen Zulässigkeit1 kommt alternativ die Kündigung des Leiharbeitsverhältnisses durch den Verleiher in Betracht.
A. Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern bei einem Entleiher I. Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen (§ 99 BetrVG) Im Gegensatz zu den in beiden Betrieben zu diskutierenden Gegenständen der Personalplanung (§ 92 BetrVG) kommt im Hinblick auf personelle Einzelmaßnahmen im Rahmen der Beendigung des Einsatzes von Zeitarbeitskräften lediglich eine Beteiligung des Verleiherbetriebsrats in Betracht. Dabei steht das Mitbeurteilungsrecht bei Umgruppierungen im Vordergrund, sofern sich die Einordnung in ein kollektives Vergütungssystem ändert.2 ___________ 1 2
Hierzu Schüren, AÜG, Einleitung Rn.222 ff. Vgl. FESTL, § 99 Rn.87a.
§ 8 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Beendigung
281
Um eine mitbestimmungspflichtige Versetzung handelt es sich dagegen aufgrund von § 95 III 2 BetrVG regelmäßig nicht, nachdem insbesondere die zeitliche Begrenzung des Einsatzes leiharbeitstypisch ist.3 Etwas anderes gilt nur, wenn die neue Arbeitsstelle nicht mehr dem bislang Üblichen entspricht. In diesen Gestaltungen ist aber nicht der Rückruf selbst beteiligungspflichtig, sondern – bisweilen untrennbar – die Zuweisung des neuen Arbeitsbereichs, sodass die bereits dargestellten Grundsätze zur Entsendung gelten4. Nicht die Beendigung des Einsatzes an sich steht auch dann in Rede, wenn der Leiharbeitnehmer nunmehr in einem Normalarbeitsverhältnis beim Verleiher beschäftigt werden soll. Hierbei kann es sich um eine Versetzung handeln,5 wogegen eine Einstellung in den Verleiherbetrieb gerade nicht stattfindet, da die Betriebszugehörigkeit zum entsendenden Betrieb ununterbrochen fortbestanden hat.6 Von tieferem Interesse sind dagegen die in den §§ 102 und 103 BetrVG gewährten Beteiligungsrechte.
II. Mitbestimmung bei Kündigungen (§§ 102 f. BetrVG) Die Mitbestimmung bei Kündigungen gemäß § 102 BetrVG ergänzt den allgemeinen Kündigungsschutz der Arbeitnehmer durch die Beteiligung des Betriebsrats. So bedarf eine Kündigung gemäß § 102 I BetrVG zu ihrer Wirksamkeit der vorherigen Anhörung der Interessenvertretung, um dieser Einflussmöglichkeiten auf die Beendigungsabsichten des Arbeitgebers zu geben. Darüber hinaus beeinflusst bei ordentlichen Kündigungen ein nach § 102 III BetrVG berechtigter Widerspruch des Betriebsrats die Sozialwidrigkeit (§ 1 II 2 KSchG) und ist Voraussetzung für den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch (§ 102 V BetrVG).7 Sind betriebsverfassungsrechtliche Funktionsträger betroffen, ist zur Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung oder einer Versetzung, die zum Verlust des Amtes oder der Wählbarkeit führt, die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich, § 103 I BetrVG.
___________ 3
Erdlenbruch, Stellung, S. 179 f. Siehe oben § 7 A.I. 5 Dewender, Betriebsfremde, S. 83. 6 Erdlenbruch, Stellung, S. 179 f. 7 Vgl. zum Ganzen DKK/Kittner, § 102 Rn.3; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 Rn.4. 4
282
3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
1. Beteiligung des Verleiherbetriebsrats Eine Beteiligung des Verleiherbetriebsrats gemäß § 102 BetrVG hat im Zusammenhang mit der Beendigung der Überlassung an einen Entleiher nur dann zu erfolgen, wenn der Verleiher daneben (auch) das Arbeitsverhältnis kündigt.8 Da dieser der Vertragsarbeitgeber ist, bestehen im Vergleich zur einseitigen Aufhebung eines Normalarbeitsverhältnisses in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht selbst dann keine Besonderheiten, wenn der Leiharbeitnehmer ein Funktionsträger ist und folglich das Zustimmungserfordernis aus § 103 I BetrVG zu beachten ist.9 Insbesondere ist auch dem abweichenden Standpunkt Heinzes10 nicht zu folgen, wonach die Kündigung sowohl der Beteiligung des Verleiher- als auch des Entleiherbetriebsrats bedarf und schon die Zustimmungsverweigerung nur eines Betriebsrats die Folgen des § 102 IV und V BetrVG auslöst. Diese Auffassung hat nämlich ihre Wurzeln in der unzutreffenden Annahme, der Entleiher erkläre im Zuge der Übernahme von Leiharbeitnehmern den Beitritt zum Arbeitsvertrag.11 Hinsichtlich der Widerspruchsgründe aus § 102 III Nr. 3-5 BetrVG ist allerdings umstritten, ob bei den Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf die Verhältnisse im Verleihunternehmen12 oder bei einem (anderen) Entleiher13 abzustellen ist. Da man hier aber nicht von einem gegenständlich zu verstehenden Arbeitsplatz auszugehen hat, sondern die Möglichkeit der anderweitigen Beschäftigung entscheidend ist14, resultieren aus den differierenden Ansätzen genau genommen keine Unterschiede: Auch eine neue Tätigkeit als Leiharbeitnehmer bei einem Entleiher wäre der verleiherbetrieblichen Organisation zuzurechnen,15 sodass sie auch dort eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit als Zeit___________ 8
Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.118; Boemke, AÜG, § 14 Rn.136; Dewender, Betriebsfremde, S. 84; Erdlenbruch, Stellung, S. 203 f.; GK-KR/Etzel, § 102 BetrVG Rn.12; Kaufmann, Zuordnung, S. 190; DKK/Kittner, § 102 Rn.8; Ramm, ZfA 1973, 263 (292); Thüsing, AÜG, § 14 Rn.44; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.184. 9 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.400; Erdlenbruch, Stellung, S. 204. 10 ZfA 1976, 183 (212) für die echte Leiharbeit. 11 Hierzu oben § 1 A.III.1. 12 So Erdlenbruch, Stellung, S. 204; Gick, Arbeitnehmerüberlassung, S. 125; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.45; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.971. 13 So bei Dewender (Betriebsfremde, S. 85) und Ulber (AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.30). 14 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 Rn.166. 15 Siehe oben § 3 A.III.
§ 8 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Beendigung
283
arbeitnehmer bietet.16 Deshalb kann der Verleiherbetriebsrat sein Veto aus § 102 II Nr. 3-5 BetrVG neben möglichen Tätigkeiten außerhalb des Überlassungswesen, die vor allem in Mischunternehmen in Betracht kommen, insbesondere auch17 auf Arbeitsgelegenheiten als Leiharbeitnehmer stützen.
2. Beteiligung des Entleiherbetriebsrats a) § 102 BetrVG Größere Unstimmigkeiten beherrschen die Diskussion um eine Beteiligung des Entleiherbetriebsrats gemäß § 102 BetrVG, wenn die Beendigung des Einsatzes auf Initiative des Entleihers hin18 erfolgt. Da zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer keine vertragliche Bindung besteht und damit die Beendigung der Tätigkeit nicht auf einer Kündigung beruht, kommt von vornherein nur eine entsprechende Anwendung der Vorschrift in Betracht. Diese Analogie wird jedoch mit recht überwiegend abgelehnt19, nachdem eine vergleichbare Interessenlage hinsichtlich der Zurückweisung des Leiharbeitnehmers durch den Entleiher und der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nicht besteht.20 § 102 BetrVG schützt das Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.21 Die vertragliche Bindung zum Verleiher bleibt aber in der Regel unberührt und wird allenfalls mittelbar von der Entscheidung des Entleihers tangiert, wenn der Verleiher ___________ 16 Im Ergebnis ebenso Urban-Crell/Schulz (Arbeitnehmerüberlassung, Rn.971) und nach § 102 II Nr. 3 BetrVG analog Hamann (Schüren, AÜG, § 14 Rn.398). 17 Insoweit a.A. Thüsing, AÜG, § 14 Rn.45. 18 In Betracht kommt die Kündigung des Überlassungsvertrags durch den Entleiher oder das von Ramm sog. Suspensionsrecht (DB 1973, 1170 (1175)). 19 Barth, Beteiligungsrechte, S. 145; Boemke, AÜG, § 14 Rn.136; Dewender, Betriebsfremde, S. 125; Erdlenbruch, Stellung, S. 206; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.315; G. Hueck, SAE 1975, 147 (149); Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 96 f. Gegen die Anwendbarkeit auch GK-KR/Etzel, § 102 BetrVG Rn.12; Kaufmann, Zuordnung, S. 193; DKK/Kittner, § 102 Rn.8; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.44, 177; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.184. A.A. Ramm, DB 1973, 1170 (1175) sowie Heinze, ZfA 1976, 183 (212) für die echte Leiharbeit. 20 Ebenso Barth, Beteiligungsrechte, S. 144; Erdlenbruch, Stellung, S. 205; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.316. Im Ergebnis auch Becker/Wulfgramm, Art.1 § 14 Rn.119, die die planwidrige Unvollständigkeit ablehnen. 21 Bengsch, Mindestkündigungsschutz, S. 529 ff.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.316.
284
3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
diese zum Anlass einer Kündigung nimmt. Dann ist aber neben dem allgemeinen Kündigungsschutz22 auch das Beteiligungsrecht des sachnäheren Verleiherbetriebsrats zu beachten, sodass eine Mitbestimmung der Vertretung im Entleiherbetrieb nicht geboten ist.23
b) § 103 BetrVG Ein weniger eindeutiges Bild zeigt die Betrachtung von § 103 BetrVG, da die Vorschrift auch die Funktionsfähigkeit der Betriebsverfassungsorgane schützt24. Ihre praktische Bedeutung ist freilich für Zeitarbeitnehmer des Entleiherbetriebs gering, nachdem der Anwendungsbereich aufgrund des zulässigen Ausschlusses der Wählbarkeit durch § 14 II 1 AÜG25 auf Gefahren für die Mitgliedschaft im Wahlvorstand26 beschränkt ist. Da die auf den Entleiher zurückgehende Beendigung des Einsatzes noch dazu keine Kündigung (§ 103 I BetrVG) oder Versetzung (III)27 darstellt, kann es sich schließlich auch hier nur um eine entsprechende Anwendung handeln. Aufgrund des zu § 102 BetrVG Gesagten vermag man diese allerdings nicht auf einen Vergleich zur Kündigung28 zu stützen.29 Eine Analogie müsste daher aus der Regelung zur Versetzung hergeleitet werden. Nach der Legaldefinition in § 95 III 1 BetrVG und ihrer Konkretisierung in S.230 ist aber gleichsam der direkte Anwendungsbereich von § 103 III BetrVG auf Arbeitnehmer beschränkt, die nicht üblicherweise an ständig wechselnden Arbeitsplätzen beschäftigt werden. Das Gesetz erfasst somit nicht sämtliche Fälle, in denen der Amtsverlust auf einseitige Arbeitgeberentscheidungen zurückgeführt werden kann und klammert insbesondere die Gestaltungen des regelmäßigen Wechsels aus. Ein derartiger Wechsel des Arbeitsplatzes ist aber – auch wenn er formal keine Versetzung darstellt – insbeson-
___________ 22
Zur Anwendbarkeit im Leiharbeitsverhältnis Schüren, AÜG, Einleitung Rn.222. Ebenso Dewender, Betriebsfremde, S. 125; Erdlenbruch, Stellung, S. 205. 24 Richardi/Thüsing, BetrVG, § 103 Rn.2. 25 Siehe oben § 4 A.II.2. 26 Zur Zulässigkeit oben § 6 C.III.2.a)aa)(2). 27 Siehe oben § 4 A.II.2.b). 28 Vgl. auch BAG 11.7.2000, AP Nr. 44 zu § 103 BetrVG 1972, wo im Hinblick auf § 103 BetrVG a.F. auf den Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses abgehoben wurde. 29 Soweit auch noch Hamann (Schüren, § 14 Rn.317), der jedoch den neuen Abs.3 nicht würdigt. 30 Zur Maßgeblichkeit dieses Versetzungsbegriffs auch bei der Anwendung des § 103 III BetrVG FESTL, § 103 Rn.65; HSWG/Schlochauer, § 103 Rn.8a. 23
§ 8 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Beendigung
285
dere für Zeitarbeitskräfte typisch31, sodass eine tragfähige Analogiebasis auch bei § 103 BetrVG nicht besteht. Den besonderen Gefahren für funktionstragende Leiharbeitnehmer ist daher nur durch die Regelungen zum Wahlschutz in § 20 I und II BetrVG zu begegnen. Damit ist weder § 102 noch § 103 BetrVG auf Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb (entsprechend) anwendbar.
III. Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer (§ 104 BetrVG) § 104 BetrVG verleiht dem Betriebsrat das Recht, vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung von Arbeitnehmern zu verlangen, die wiederholt und ernstlich den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder die grobe Verletzung der in § 75 I BetrVG enthaltenen Grundsätze gestört haben.
1. Initiativrecht des Verleiherbetriebsrats In Bezug auf die ununterbrochen dem Verleiherbetrieb zugehörigen Zeitarbeitskräfte steht dem dort gebildeten Betriebsrat das Initiativrecht aus § 104 BetrVG ohne weiteres zu.32 Als Auslöser kommen jedoch nur Verhaltensweisen in Betracht, die sich auf die geordnete Zusammenarbeit33 im Verleiherbetrieb negativ auswirken, obgleich dies auch auf Vorkommnissen im Entleiherbetrieb34 beruhen kann.35 Liegen diese Voraussetzungen vor, darf der Betriebsrat entgegen der allgemeinen Ansicht36 auch die im Vergleich zur Entlassung aus dem Verleiherbetrieb weniger einschneidende Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs ver___________ 31
Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Verhältnisse im Verleiher- als auch im Entleiherbetrieb. Bei Letzterem ist entscheidend, dass die Veränderung des Einsatzbetriebs notwendigerweise mit dem dortigen Ausscheiden verbunden ist. Zu den unterschiedlichen Anknüpfungspunkten für die Üblichkeit schon oben § 6 C.III.2.a)aa). 32 Dewender, Betriebsfremde, S. 85; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.973. Zur Entlassung ebenso Erdlenbruch, Stellung, S. 206. 33 Zur Definition des Betriebsfriedens Richardi/Thüsing, BetrVG, § 104 Rn.5. 34 Beispielsweise sog. Kollegendiebstahl, sexuelle Belästigung oder Hetze gegen ausländische Mitarbeiter, woraufhin sich Leiharbeitnehmer weigern, mit dem Störer zusammenzuarbeiten: Erdlenbruch, Stellung, S. 206; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.401; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.974. 35 Dewender, Betriebsfremde, S. 85; Erdlenbruch, Stellung, S. 206; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.401. 36 Erdlenbruch, Stellung, S. 206 f.; Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.402; UrbanCrell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.975.
286
3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
langen, selbst wenn es sich aufgrund der geschilderten Umstände nicht um eine Versetzung im Sinne von § 95 III BetrVG handelt.
2. Initiativrecht des Entleiherbetriebsrats Ob auch der Betriebsrat des Entleiherbetriebs die Versetzung oder Entlassung von dort den Betriebsfrieden störenden Leiharbeitnehmern verlangen kann, ist dagegen umstritten.37 Den Ausgangspunkt der Kontroverse bildet dabei die Frage, ob die von § 104 BetrVG erfassten Arbeitnehmer betriebszugehörig sein müssen. Nach dem hier vertretenen Standpunkt stellt sich folglich das Problem bei den längerfristigen Überlassungen nicht; die betriebliche Interessenvertretung kann insoweit die einschlägigen personellen Einzelmaßnahmen vom Entleiher verlangen. Praktisch wird damit der Großteil der kritischen Fälle erfasst sein, nachdem sich bei den übrigen Zeitarbeitskräften die Schwierigkeiten zeitnah mit Ablauf der Überlassungsdauer erledigen werden. Dies gilt umso mehr, als der Betriebsrat mit dem Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 II Nr. 6 BetrVG38 bereits eine gewisse Eingangskontrolle vornehmen kann. Die Parallele zu dieser Vorschrift rechtfertigt es weiterhin, über die betriebszugehörigen hinaus sämtliche Leiharbeitnehmer in den betroffenen Personenkreis einzubeziehen, indem man in einer systematisch-teleologischen Auslegung das Initiativrecht auf alle Personen erstreckt, deren Einstellung eine zustimmungsbedürftige Maßnahme ist.39 Im Anwendungsbereich des § 104 BetrVG wird damit die Wertung des § 14 III AÜG zum Schutz der übrigen Belegschaft auf sämtliche Leiharbeitnehmer erstreckt. Der Entleiherbetriebsrat kann deshalb in Bezug auf alle Zeitarbeitskräfte von den Rechten aus § 104 BetrVG Gebrauch machen und die Versetzung oder Entfernung aus dem Entleiherbetrieb verlangen. Letzterem kann der Ent-
___________ 37 Für eine Anwendung Barth, Beteiligungsrechte, S. 145 f.; Boemke, AÜG, § 14 Rn.137; KassHdb/Düwell, 4.5 Rn.502; Erdlenbruch, Stellung, S. 207; Hantl-Unthan, AR-Blattei SD 125 (2004), Rn.237; DKK/Kittner, § 104 Rn.5; GroßK-KR/Linck, § 104 BetrVG Rn.4; Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 97; GK-BetrVG/Raab, § 104 Rn.4; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 104 Rn.12; Ulber, AÜG/AEntG, § 14 AÜG Rn.189; UrbanCrell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1115; ErfK4/Wank, § 14 AÜG Rn.15. A.A. GroßK-KR1/Böck, § 104 BetrVG Rn.4; FESTL, § 104 Rn.3; GKBetrVG6/Kraft, § 104 Rn.3; HSWG/Schlochauer, § 104 Rn.2. 38 Hierzu oben § 7 A.II.5.e). 39 Ebenso GroßK-KR/Linck, § 104 BetrVG Rn.4; GK-BetrVG/Raab, § 104 Rn.4; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 104 Rn.12.
§ 8 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bei der Beendigung
287
leiher regelmäßig mit der Aufforderung an Verleiher nachkommen, den betroffenen Arbeitnehmer zu ersetzen.40
B. Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern bei einem Entleiher Die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten erlangt im Zusammenhang mit der Einsatzbeendigung keine eigenständige Bedeutung. Wenn das Ausscheiden aus dem Entleiherbetrieb den status quo ante wiederherstellt, ist keine erneute Beteiligung des Verleiherbetriebsrats erforderlich, da sich die Regelungsfrage nur befristet auf den konkreten Einsatz stellte. Soweit es freilich im Anschluss zur Beschäftigung in einem anderen Entleihbetrieb kommt, gelten bei einer relevanten Änderung der Arbeitsbedingungen die im vorigen Paragraphen angesprochenen Grundsätze zur Beteiligung des Verleiherbetriebsrats und der Vertretung des in Aussicht genommenen Einsatzbetriebs.
C. Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern bei einem Entleiher Beteiligungsrechte des Entleiherbetriebsrats in wirtschaftlichen Angelegenheiten sind im Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern bedeutungslos. Es liegt insbesondere auch bei einem im größeren Umfang erfolgenden Ausscheiden der Leiharbeitnehmer aus dem Entleiherbetrieb keine Betriebseinschränkung i.S.d. § 111 S.3 Nr. 1 BetrVG vor, die dort der Betriebsratsbeteiligung bedürfte. Betriebszugehörige Zeitarbeitskräfte kommen zwar im Grunde ebenfalls als benachteiligte Belegschaftsmitglieder in Betracht.41 Es ist aber zu berücksichtigen, dass ihr Arbeitsverhältnis zum Verleiher bei einer Beendigung der Überlassung bestehen bleibt und die Folgen aus einem etwaigen Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten durch den Vertragsarbeitgeber zu bewältigen sind.42 Entscheidend gegen das Vorliegen einer Betriebsänderung spricht daneben, dass der Wechsel des Einsatzbetriebs dem Leiharbeitsverhältnis immanent ist. Es verwirklichen sich demzufolge ___________ 40
Müllner, Arbeitgeberstellung, S. 98. Siehe oben § 6 E.II. A.A. GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 111 Rn.136. 42 Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.330 f. Dies gilt aufgrund der allgemeinen Beschränkung von Befristungsmöglichkeiten nach § 14 TzBfG auch nach Wegfall des Synchronisationsverbots, hierzu Schüren, AÜG, § 3 Rn.219 ff. 41
288
3. Teil: Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
nur die bei der Arbeitnehmerüberlassung normalen Risiken und Nachteile, sodass keine Wesentlichkeit im Sinne des § 111 S.1 BetrVG vorliegen kann.43 Vor dem Hintergrund der herrschenden Meinung, der zufolge wesentliche Nachteile im Rahmen des § 111 S.3 BetrVG unwiderleglich zu vermuten sind, ist dieses Ergebnis methodisch im Wege einer teleologischen Reduktion des § 111 S.3 Nr. 1 BetrVG zu begründen.44 Der Abbau von Leiharbeitnehmern im Entleiherbetrieb ist eine abstrakt-generelle Sachverhaltskonstellation, in der der Eintritt wesentlicher Nachteile ausgeschlossen ist. Hinsichtlich des Verleiherbetriebs ist dagegen dann eine Beteiligungspflicht zu erwägen, wenn die Leiharbeitnehmer in größerem Umfang (auch) aus dem Entsendebetrieb entlassen werden. In diesen Fällen kann es sich um eine Einschränkung oder Stilllegung des Verleiherbetriebs im Sinne von § 111 S.3 Nr. 1 BetrVG handeln,45 wobei hierbei keine Unterschiede im Vergleich zum Normalarbeitsverhältnis zu beobachten sind.
D. Zusammenfassung zu den Mitwirkungs- und Beteiligungsrechten im Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern bei einem Entleiher Im unmittelbaren Zusammenhang mit der Beendigung des Einsatzes bei einem Entleiher sind die Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte der Betriebsräte weniger stark ausgeprägt und hinsichtlich des Verleiherbetriebs insbesondere von der späteren Verwendung abhängig. Diese entscheidet, ob dort eine Beteiligung in sozialen oder wirtschaftlichen Angelegenheiten bzw. an personellen Einzelmaßnahmen gemäß § 99 bzw. § 102 BetrVG erforderlich ist. In beiden Betrieben ist ferner die Beteiligung an der Personalplanung gemäß § 92 BetrVG zu beachten. Zudem kommt ein Initiativrecht beider Betriebsräte nach § 104 BetrVG zur Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer aus dem jeweiligen Betrieb in Betracht.
___________ 43
Im Ergebnis ebenso Schüren/Hamann, AÜG, § 14 Rn.328. Vgl. GK-BetrVG/Fabricius/Oetker, § 111 Rn.43. 45 Hierzu Boemke, AÜG, § 14 Rn.51; Kaufmann, Zuordnung, S. 204; Thüsing, AÜG, § 14 Rn.46; Urban-Crell/Schulz, Arbeitnehmerüberlassung, Rn.1015. 44
Zusammenfassung 1. Bei der in einem gewerberechtlichen Sinne zu verstehenden gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung besteht ein rechtliches Dreiecksverhältnis zwischen dem Verleiher, dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer. Vertragliche Beziehungen liegen jedoch nur in Form des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags zwischen den Unternehmern sowie zwischen dem Verleiher und der Zeitarbeitskraft in Gestalt eines Arbeitsvertrags vor. Das dem Entleiher zustehende arbeitsrechtliche Weisungsrecht leitet sich regelmäßig aus dem Arbeitsvertrag als Vertrag zugunsten des Entleihers ab, kann sich jedoch auch aus einer Abtretung oder einer bloßen Ausübungsermächtigung durch den Verleiher ergeben. Die hieraus zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer resultierende Rechtsbeziehung kann als partielles Arbeitsverhältnis charakterisiert werden. 2. Arbeitnehmerüberlassung liegt in Abgrenzung zum Einsatz auf Werkoder Dienstvertragsbasis nur dann vor, wenn der Dritte das arbeitsrechtliche Weisungsrecht gegenüber dem in seine betriebliche Organisation eingebundenen Leiharbeitnehmer ausübt. Die hierfür notwendige Beurteilung ist anhand einer Reihe von Einzelkriterien vorzunehmen. 3. Wesentlicher betriebsverfassungsrechtlicher Normzweck ist die Bildung einer Gegenmacht gegenüber dem arbeitgeberseitigen Alleinbestimmungsrecht, das die rechtliche und tatsächliche Stellung eines Arbeitnehmers im Betrieb bestimmt. Die aus dieser Situation resultierende Gefährdungslage betrifft Leiharbeitnehmer sowohl im Verleiher- als auch im Entleiherbetrieb, sodass eine doppelte Repräsentation der Zeitarbeitskräfte durch den Verleiher- sowie den Entleiherbetriebsrat angezeigt ist. Da der Gesetzgeber bei der Gestaltung der Betriebsverfassung einen weiten Gestaltungsspielraum besitzt, haben dessen Äußerungen zur betriebsverfassungsrechtlichen Stellung von Leiharbeitnehmern allerdings besonderes Gewicht. 4. Während die anhand allgemeiner Kriterien feststehende Zugehörigkeit zu dem einen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsrechts darstellenden Verleiherbetrieb durch den deklaratorischen § 14 I AÜG bestätigt wird, bietet sich im Entleiherbetrieb aufgrund der Regelung in § 7 BetrVG ein differenziertes Bild. Der Vorschrift ist zu entnehmen, dass es für die Betriebszugehörigkeit, die im Grundsatz Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsrechts auf eine Arbeitsperson im Betrieb ist, neben einer tatsächli-
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Zusammenfassung
chen Beziehung zum Betrieb auch einer arbeitsvertraglichen Bindung an den Betriebsinhaber bedarf. Mit der Anerkennung des Wahlrechts zum Entleiherbetrieb in § 7 S.2 BetrVG kommt jedoch gleichfalls zum Ausdruck, dass bei ununterbrochen länger als drei Monate eingesetzten Leiharbeitnehmern mit Beginn der Beschäftigung die vollständige Betriebszugehörigkeit auch zum Einsatzbetrieb begründet wird. Kürzer Überlassene sind dort dagegen nicht betriebszugehörig. Die zur Fristbestimmung erforderliche Prognoseentscheidung knüpft an den Regelungen im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag und der tatsächlichen Arbeitsaufnahme an. Lässt sich die Einsatzdauer nicht ermitteln, erfolgt die Betrachtung ex-post. 5. Leiharbeitnehmer sind bei den organisatorischen Schwellenwerten im Verleiherbetrieb ebenso wie Stammarbeitnehmer zu berücksichtigen. Prinzipiell gilt dies für die betriebszugehörigen Zeitarbeitskräfte auch im Entleiherbetrieb. Aufgrund des zulässigen konstitutiven Ausschlusses des passiven Wahlrechts im Einsatzbetrieb gemäß § 14 II 1 AÜG zählen sie allerdings nicht zu den für die Betriebsratsfähigkeit von § 1 I 1 BetrVG mindestens geforderten drei wählbaren Arbeitnehmern. In stammbelegschaftslosen Entleiherbetrieben können demzufolge keine Betriebsräte gebildet werden. 6. Die Betriebszugehörigkeit ist hinreichende, aber unter Berücksichtigung von § 14 II 2-3 und III AÜG keine notwendige Voraussetzung für die Anwendung von Beteiligungsrechten auf Leiharbeitnehmer im Betrieb. Deshalb sind neben den Leiharbeitnehmern, die dem Verleiher- und dem Entleiherbetrieb angehören, auch die kurzfristig Überlassenen und damit nicht dem Einsatzbetrieb zugehörigen Zeitarbeitskräfte dort in den Anwendungsbereich einzubeziehen, soweit ihre Schutzbedürftigkeit dies erfordert. Ferner kann die Einschlägigkeit von Mitwirkungs- und Beteiligungsrechten des Entleiherbetriebsrats im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern alternativ oder kumulativ auch aus der Berücksichtigung der Belange der übrigen Belegschaft zu deren Schutz folgen. 7. Aufgrund des auf den Betrieb begrenzten Wirkungsbereichs eines Betriebsrats und zur Vermeidung einer unzulässigen Verdoppelung der Mitbestimmung ist eine Abgrenzung der Zuständigkeiten von Verleiher- und Entleiherbetriebsrat erforderlich. Diese orientiert sich an den Befugnissen des jeweiligen Betriebsinhabers zur Gestaltung seiner organisatorischen Einheit. Ist demnach der Verleiherbetriebsrat zu beteiligen, kommen gleichwohl Mitwirkungsrechte des Entleiherbetriebsrats gegenüber dem Entleiher zum Schutz der übrigen Belegschaft in Betracht. 8. Die normative Wirkung von Betriebsvereinbarungen kann Leiharbeitnehmer sowohl im Verleiher- als auch im Entleiherbetrieb erfassen, wobei sich
Zusammenfassung
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die Abgrenzung der Geltungsbereiche nach den Organisationsbefugnissen der Betriebsinhaber richtet. 9. Die allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätze in den §§ 2 I und 75 BetrVG sind auf Leiharbeitnehmer sowohl im Verleiher- als auch im Entleiherbetrieb anzuwenden. 10. Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten gemäß § 87 I BetrVG können Leiharbeitnehmer während ihres Einsatzes im Entleiherbetrieb in Abhängigkeit von der Ausübung der Organisationsmacht sowohl im Hinblick auf den Verleiher- als auch auf den Entleiherbetriebsrat erfassen. Dies gilt aufgrund der Ausgestaltung des Mitbestimmungstatbestands nicht im Hinblick auf § 87 I Nr. 13 BetrVG, der nur dem Entleiherbetriebsrat ein Betätigungsfeld bieten kann. Begründet die Verletzung von Beteiligungsrechten im Allgemeinen ein Leistungsverweigerungsrecht, so können dieses auch Leiharbeitnehmer geltend machen. 11. Freiwillige Betriebsvereinbarungen gemäß § 88 BetrVG können für Leiharbeitnehmer sowohl im Verleiher- als auch im Entleiherbetrieb abgeschlossen werden. 12. Prinzipiell sind auch Maßnahmen des Arbeits- und des betrieblichen Umweltschutzes in beiden Betrieben relevant, wenngleich der Umweltschutz vorwiegend im Entleiherbetrieb zu erörtern ist. 13. Fragen der Personalplanung gemäß § 92 BetrVG stellen sich in Bezug auf Leiharbeitnehmer sowohl im Verleiher- als auch im Entleiherbetrieb. Im Letztgenannten erfassen die Aufgaben zur Beschäftigungssicherung gemäß § 92a BetrVG aber in erster Linie das Stammpersonal und nachrangig die betriebszugehörigen Leiharbeitnehmer. Im Übrigen finden die §§ 93 bis 95 BetrVG in beiden Betrieben auf sämtliche Leiharbeitnehmer Anwendung. Bei der Beurteilung, ob aufgrund von § 95 III 2 BetrVG keine Versetzung vorliegt, ist auf die Situation im jeweiligen Betrieb abzustellen, dessen Inhaber die Versetzung anordnet. 14. Beteiligungspflichtige Maßnahmen der Berufsbildung kommen sowohl im Verleiher- als auch im Entleiherbetrieb in Betracht. Ein Ausschluss von Leiharbeitnehmern bei Bildungsmaßnahmen im Einsatzbetrieb kann aber insbesondere durch die kurze Verweildauer oder eine Unabkömmlichkeit gerechtfertigt werden. Hinsichtlich des Initiativrechts nach § 97 II BetrVG werden dort auch nur Betriebszugehörige erfasst. 15. Zur Bestimmung des betrieblichen Anwendungsbereichs des § 99 BetrVG zählen die unternehmenszugehörigen Leiharbeitnehmer sowohl im Verleih- als auch im Entleihunternehmen, soweit sie in der Regel beschäftigt werden.
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Zusammenfassung
Während des Einsatzes bei einem Entleiher ist dort in erster Linie die Mitbestimmungspflichtigkeit von Versetzungen zu beachten. Im Falle der Verlängerung des Einsatzes sowie einer betriebsübergreifenden oder durch den Verleiher erfolgenden Versetzung ist die Beteiligung des Entleiherbetriebsrats gemäß § 14 III AÜG in Verbindung mit § 99 BetrVG einschlägig. Hinsichtlich des Verleiherbetriebsrats kommen neben mitbestimmungspflichtigen Versetzungen auch Ein- oder Umgruppierungen in Betracht. Welcher Betriebsrat an den angesprochenen Versetzungen beteiligt werden muss, ist anhand des Entscheidungsträgers zu ermitteln. 16. Die Betriebsratsbeteiligung an der Gestaltung von Arbeitsplatz, -ablauf und -umgebung gemäß der §§ 90 und 91 BetrVG hat nur im Entleiherbetrieb zu erfolgen. 17. Im Verleiherbetrieb sind Leiharbeitnehmer im Zusammenhang mit Betriebsänderungen des Verleihers zu berücksichtigen, wobei sie hinsichtlich der von den §§ 111 ff. BetrVG geforderten Unternehmensgröße mitzählen. Letzteres gilt auf die von § 7 S.2 BetrVG erfassten Leiharbeitnehmer bezogen auch für die Größe des Entleihunternehmens. Während ihres Einsatzes sind sie auch im Entleiherbetrieb in den Schutzbereich der §§ 111 ff. BetrVG einzubeziehen, soweit sie dort von Betriebsänderungen betroffen sind. Der Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile erfolgt jedoch vornehmlich durch den Verleiher. 18. Die allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats gemäß § 80 BetrVG bestehen in Bezug auf Leiharbeitnehmer sowohl für den Verleiher- als auch den Entleiherbetriebsrat. Dies gilt auch im Rahmen der Individualrechte, wobei für das Quorum des § 86a S.2 BetrVG im Entleiherbetrieb nur die betriebszugehörigen Leiharbeitnehmer zählen. 19. Besondere Fragestellungen hinsichtlich der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte ergeben sich im Zusammenhang mit der Entsendung bzw. Übernahme von Leiharbeitnehmern, die für diese selbst, aber auch für die Belegschaft des Entleiherbetriebs mit besonderen Belastungen verbunden sein können. Im Verleiherbetrieb steht in diesem Zusammenhang im Rahmen der personellen Angelegenheiten neben nur ausnahmsweise mitbestimmungspflichtigen Versetzungen die Betriebsratsbeteiligung bei Ein- oder Umgruppierungen im Vordergrund. Im Entleiherbetrieb ist dagegen die Mitbestimmungspflicht bei der Übernahme als Einstellung gemäß § 14 III AÜG in Verbindung mit § 99 BetrVG zu beachten, sofern die Vorschrift betrieblich anwendbar ist.
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Durch die mit der Entsendung einhergehenden Veränderungen der Arbeitsbedingungen kommt im Verleiherbetrieb auch eine soziale Mitbestimmung nach § 87 BetrVG in Betracht. Dabei sind die Tatbestände des § 87 I Nr. 1, 2, 3 und 6 BetrVG bedeutsam, wogegen die Nr. 10 und 11 BetrVG nicht einschlägig sind. Während im Entleihunternehmen vor der Übernahme von Leiharbeitnehmern Pflichten zur Unterrichtung und Beratung hinsichtlich des Wirtschaftsausschusses gemäß § 106 BetrVG ausnahmsweise bestehen können, liegt hierin keine nach den §§ 111 ff. BetrVG für den Entleiherbetriebsrat beteiligungspflichtige Betriebsänderung. 20. Besonderheiten für die Beteiligungsrechte der Betriebsräte stellen sich schließlich im Hinblick auf die Beendigung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern bei einem Entleiher. Im Verleiherbetrieb kann es sich hierbei um eine nach § 99 BetrVG beteiligungspflichtige Versetzung oder Ein- bzw. Umgruppierung handeln, wobei ebenso wie bei den sozialen Angelegenheiten gemäß § 87 BetrVG die nachfolgenden Verwendungsabsichten entscheidend sind. Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind auch die §§ 102, 103 und 111 BetrVG zu beachten. Die letztgenannten Vorschriften sind im Entleiherbetrieb bezüglich der Zeitarbeitskräfte unanwendbar. Beide Betriebsräte können wiederum die Entfernung betriebsstörender Leiharbeitnehmer gemäß § 104 BetrVG gegenüber ihrem Betriebsinhaber initiieren.
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Sachregister Allgemeine Aufgaben 195, 222, 273 Annahmeverzug 184 Arbeitgeberbegriff 107 Arbeitnehmerbegriff – allgemeiner 31, 107 – betriebsverfassungsrechtlicher 100, 104 Arbeitnehmerüberlassung – Abgrenzung 40 – Begriff 41, 43, 98 – verdeckte 45 Arbeitnehmerüberlassungsvertrag – Beendigung 30, 144 – Mitbestimmungsfreiheit 232, 236, 238, 249, 264, 267 – Inhalt 26, 27, 195, 238 – Vorlagepflicht 224, 225, 242, 258, 265, 276 Arbeitsvermittlung 23, 28, 34, 82, 93, 246, 274 Arbeitsvertrag – Befristung 30, 36, 115, 131, 138, 142, 208, 250, 251 – Inhalt 31 – Vorlagepflicht 243 Beschäftigungssicherung 164, 202, 228, 252, 259 Beteiligungsrechte – Betriebszugehörigkeit siehe dort Funktion, 156 – Umgehung 164, 271 Betrieb – Begriff 60, 106, 108, 125, 164, 177, 262
– Mischbetrieb 41, 82, 233, 279 – Verleiherbetrieb 64 Betriebsänderungen 218, 286 – betrieblicher Anwendungsbereich des Beteiligungsrechts 219 – Interessenausgleich siehe dort – Nachteilsausgleich siehe dort – Sozialplan siehe dort – Übernahme von Leiharbeitnehmern 276 Betriebsbußen 178 Betriebsfrieden 253, 284 Betriebsrat – Freistellungen 152 – Größe 146 – Legitimation 121, 160, 167 – Zusammenarbeit zwischen Verleiherund Entleiherbetriebsrat 224 – Zuständigkeit 47, 60, 84, 144, 161, 255 Betriebsratsfähigkeit 136 Betriebsvereinbarungen 166 – freiwillige 200 – Verstöße als Zustimmungsverweigerungsgrund zur Übernahme 248 Betriebsverfassungsrecht – Schutzzweck 53, 65, 86, 158 Betriebsversammlung 154 Betriebszugehörigkeit – Beschäftigungsdauer 78, 119 – doppelte 54, 84, 101 – einheitliche Belegschaft 78, 123 – einheitliche Leitung 74, 109 – Entleiherbetrieb 83 – Entwicklung 48
Sachregister – Funktion 47 – Kriterien 68, 161 – Meinungsspektrum 48 – Modelle 48 – partielle 49, 52, 101, 117, 128, 132 – räumliche Nähe 72, 106 – Überlassungsdauer 97, 131 – Verleiherbetrieb 58 – Wahlrecht 121 Betriebszweck – Entleiherbetrieb 27, 54, 83, 97, 277 – Verleiherbetrieb 28, 70, 73, 257 Dienstvertrag 45, 278 EG-Richtlinie siehe Richtlinie Einigungsstelle 261 Einsatzdauer siehe Überlassungsdauer Einstellung 126, 135, 210, 234 Entleiher – abgeleitete Stellung 169, 174 – partielles Arbeitsverhältnis 39, 86, 99, 175, 193 – Weisungsrecht 27, 30, 37, 39, 52, 83, 97, 102, 109, 122, 125, 132, 158, 170, 177, 183, 198, 210, 267 – Zurückweisungsrecht 29, 145, 238, 283 Gestaltung von Arbeitsplatz, -ablauf und -umgebung 217 Gleichheitssatz 122, 127, 141 Gleichstellungsgrundsatz, arbeitnehmerüberlassungsrechtlicher 23 – soziale Angelegenheiten 175, 184, 185, 191, 192, 267, 270, 273 – personelle Angelegenheiten 208, 216, 246, 253, 255 – wirtschaftliche Angelegenheiten 221 Gleichbehandlungsgrundsatz, betriebsverfassungsrechtlicher 168, 171, 190, 191, 192,196, 201, 208, 264, 272, 285
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Heimarbeit 85, 107, 135 Individualrechte 89, 229 Initiativrecht 154, 164, 207, 253, 285 Interessenausgleich 208, 221 Kooperationsmaxime 171 Leiharbeitnehmer – Eingliederung 43, 125 – Beschäftigung als Stammarbeitnehmer 281 Leistungsverweigerungsrecht bei Verletzung von Mitbestimmungsrechten 169, 198, 234, 248 Leitende Angestellte 128 Nachteilsausgleich 218, 221 Personal-Service-Agenturen 43 Personelle Angelegenheiten – Ausschreibungen 205, 215, 234, 252, 259 – Auswahlrichtlinien 205, 214, 233, 248, 259 – Beurteilungsgrundsätze 204 – Berufsbildung 205 – Beschäftigungssicherung siehe dort – Personalfragebögen 204, 242, 259 – Personalplanung 164, 202, 240, 275, 280, 288 – personelle Einzelmaßnahmen siehe dort Personelle Einzelmaßnahmen 76 – Anwendungsbereich, betrieblicher 209, 235 – Betriebsfrieden siehe dort – betriebsstörende Arbeitnehmer siehe Betriebsfrieden – Eingruppierung siehe Umgruppierung – Einstellung siehe dort – Kündigung 143, 281
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Sachregister
– Umgruppierung 77, 195, 216, 255, 274, 279, 280 – Unterrichtungspflichten 202, 214, 233, 239, 247, 254 – Verletzung des Mitbestimmungsrechts 215, 234, siehe auch Leistungsverweigerungsrecht – Versetzung siehe dort – Zustimmungsverweigerung 205, 214, 233, 237, 239, 244, 282, 286, siehe auch Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag Rahmenvereinbarungen 182, 261, 268 Richtlinie der EG über Leiharbeit 90, 146, 191, 206, 208, 250 Soziale Angelegenheiten 76, 287 – Arbeits- und Gesundheitsschutz 187 – Arbeits- und betrieblicher Umweltschutz 201 – Ausgleichsmaßnahmen 261 – Auszahlung 184 – Arbeitszeit 178, 180, 265, 269 – Duldung von Mehrarbeit 182 – Entsendeentscheidung 265, 269 – freiwillige Betriebsvereinbarungen siehe dort – Gesetzesvorrang 173, 273 – Gruppenarbeit 197 – Lohngestaltung 194, 273 – Ordnung des Betriebs 176, 262 – Rahmenvereinbarungen siehe dort – Sozialeinrichtungen 189 – Tarifvorrang 173 – Überwachungseinrichtungen, technische 186, 272 – Urlaub siehe dort – Vorschlagswesen 196 – Verletzung des Mitbestimmungsrechts 198, 248, siehe auch Leistungsverweigerungsrecht
– Werkmietwohnungen 192 Sozialplan 218, 219, 221, 279 Tarifvertrag 23 – Regelbarkeit der Beziehung zum Entleiher 174 – Verstöße als Zustimmungsverweigerungsgrund zur Übernahme 248 Teilzeit 135, 142, 227 Übernahme siehe Betriebsänderung, Einstellung, Wirtschaftsausschuss Überlassungserlaubnis 20, 30, 41, 45, 226, 237, 240, 243, 245 Überlassungsdauer 35, 51, 80, 124, 140 – Betriebszugehörigkeit siehe dort – Mitbestimmung bei Verlängerung 213 Überlassungsvertrag siehe Arbeitnehmerüberlassungsvertrag Unterlassungsanspruch 165, 199, 215, 254 Unternehmenszugehörigkeit 153, 219 Unternehmerentscheidung, freie 197, 250, 260, 268 Urlaub 29, 135, 171, 185, 227 Verleiher – Ersetzungsrecht 29, 38, 145 – Weisungsrecht 32, 66, 75, 81, 84, 143, 159, 169, 179, 266 – Mitbestimmung an der Entsendeentscheidung 76, 231 Versetzung 76, 143, 210, 280, 284 – Entsendeentscheidung 232, 260 – überbetriebliche 233 Wahlrecht – aktives 121, 131, 136 – befristet Beschäftigte 114, 141 – Betriebszugehörigkeit siehe dort – passives 124, 141 Wahlvorstand 58, 114, 212, 284
Sachregister Weisungsrecht 43, 128, siehe auch Verleiher, Entleiher – Übertragung und deren Mitbestimmungsfreiheit 37, 165, 267 Werkvertrag 43 Wirtschaftliche Angelegenheiten
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– Betriebsänderungen siehe dort – Übernahme von Leiharbeitnehmern 274 Wirtschaftsausschuss 153 – Unterrichtung bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern 274