Auswirkungen staatlicher Regulierungseingriffe im Straßengüterverkehr und in der Binnenschiffahrt auf mittelständische Anbieter und Verlader [1 ed.] 9783428468782, 9783428068784


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German Pages 410 Year 1990

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Auswirkungen staatlicher Regulierungseingriffe im Straßengüterverkehr und in der Binnenschiffahrt auf mittelständische Anbieter und Verlader [1 ed.]
 9783428468782, 9783428068784

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Forschungsinstitut für Wirtschaftspolitik an der Universität Mainz

WINFRIED ZIMMERMANN

Auswirkungen staatlicher Regulierungseingriffe im Straßengüterverkehr und in der Binnenschiffahrt auf mittelständische Anbieter und Verlader

Duncker & Humblot · Berlin

VERÖFFENTLICHUNGEN DES FORSCHUNGSINSTITUTS FÜR WIRTSCHAFTSPOLITIK A N DER UNIVERSITÄT M A I N Z

Herausgegeben von HARTWIG BARTLING WALTER HAMM

WERNER ZOHLNHÖFER HELMUT DIEDERICH

Schriftleiter PAUL-GÜNTHER SCHMIDT

Band 49

Das Forschungsinstitut für Wirtschaftspolitik an der Universität Mainz hat ein doppeltes Ziel: Es möchte die Grundlagen der Ordnung der Wirtschaft — Geld, Eigentum und Wettbewerb — untersuchen und hofft, Verbesserungen der geltenden Ordnung vorschlagen zu können. Daneben will das Institut von dem gewonnenen Standpunkt aus zu aktuellen Spezialfragen der Wirtschaftspolitik Stellung nehmen. Es dient weder Interessenten noch Interessentenorganisationen. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit des Instituts einem breiteren Kreis zugänglich zu machen, ist der Sinn dieser Schriftenreihe.

Auswirkungen staatlicher Regulierungseingriffe i m Straßengüterverkehr und in der Binnenschiffahrt auf mittelständische Anbieter und Verlader

Von

Dr. Winfried Zimmermann

DUNCKER & HUMBLOT/

BERLIN

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Zimmermann, Winfried: Auswirkungen staatlicher Regulierungseingriffe im Straßengüterverkehr und in der Binnenschiffahrt auf mittelständische Anbieter und Verlader / von Winfried Zimmermann. — Berlin: Duncker u. Humblot, 1990 (Veröffentlichungen des Forschungsinstituts für Wirtschaftspolitik an der Universität Mainz; Bd. 49) Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 1986 u. d. T.: Zimmermann, Winfried: Gefahren für mittelständische Unternehmen durch Marktregulierungen im Verkehr ISBN 3-428-06878-5 NE: Forschungsinstitut für Wirtschaftspolitik (Mainz): Veröffentlichungen des Forschungsinstituts . . .

Alle Rechte vorbehalten 1990 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: FfW Mainz Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISSN 0542-1497 ISBN 3-428-06878-5

Vorwort Die vorliegende Studie ging aus einem Gutachten hervor, das im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums am Forschungsinstitut für Wirtschaftspolitik an der Universität Mainz erarbeitet wurde. Dieses Gutachten wurde dem Bundeswirtschaftsministerium Ende 1986 unter dem Titel "Auswirkungen staatlicher Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindung auf mittelständische Verkehrsunternehmen und mittelständischer Verlader" übergeben. Anschließend erfolgte eine Überarbeitung, wobei die empirischen Daten für die Arbeit, sowie die Regelungen der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" des Verkehrsmarktes bis Ende 1986 berücksichtigt sind. Der Autor bedankt sich bei allen, die durch ihre Mitarbeit das Entstehen der Studie ermöglichten. Von den hilfreichen Institutionen und Verbänden sind insbesondere die tatkräftige Unterstützung von Vertretern des Deutschen Industrie- und Handelstages und von dreißig Industrie- und Handelskammern, mit deren Hilfe die Adressenauswahl und die Fragebogenversendung erfolgt, sowie die Hilfe der Bundesverbände des Deutschen Güterkraftverkehrs, des Bundesverbandes der deutschen Industrie, des Bundesverbandes der deutschen Binnenschiffahrt und des Bundesverbandes der Selbständigen Abteilung Binnenschiffahrt hervorzuheben. Außerdem wäre die Studie ohne die Auskünfte all derjenigen Personen, die die Fragebogen freundlicherweise beantworteten oder dem Verfasser in persönlichen Gesprächen wertvolle Informationen zukommen ließen, nicht denkbar gewesen. Für wissenschaftliche Anregungen und kritische Anmerkungen gilt der besondere Dank des Autors den wissenschaftlichen Leitern des Forschungsinstituts, den Herren Professoren Dr. Hartwig Bartling, Dr. Helmut Diederich, Dr. Walter Hamm und Dr. Werner Zohlnhöfer. Herr Professor Dr. Hartwig Bartling und Herr Professor Dr. Werner Zohlnhöfer begleiteten zudem die Überarbeitung verschiedener Fassungen der vorliegenden Studie mit Ratschlägen und wertvollen Diskussionen. Mainz, im August 1989

Winfried Zimmermann

Inhaltsverzeichnis

Zielsetzung, Aulbau und Methode

1

1

Zielsetzung und Aufbau der Studie

1

2

Methodisches Vorgehen

3

2.1 Zur Notwendigkeit einer Fragebogenaktion

3

2.2

Erarbeitung der Fragebogen

5

2.3

Beschaffung der Adressen

9

2.4

Unterstützung durch Institutionen und Verbände..

13

2.5

Versand und Rücklauf der Fragebogen

15

Die "kontrollierte Wettbewerbsordnung 11 des Verkehrsmarktes

18

Teil I: 1

Entstehungsgeschichte und gesetzliche Grundlagen

18

2

Staatliche Zulassungsbeschränkungen im Verkehrsgewerbe

25

2.1 Straßengüterverkehr

25

2.1.1 Gewerblicher Güternahverkehr 2.1.2 2.13

3

25

Gewerblicher Güterfernverkehr und grenzüberschreitender Güterkraftverkehr

27

Werkverkehr

31

2.2

Binnenschiffahrt

32

2.3

Staatliche Zulassungsbeschränkungen und mittelständische Unternehmen

36

Staatliche Preisbindung im Verkehrsgewerbe

40

3.1 Freie und gebundene Preise

40

3.2

Staatliche Preisbindung im Straßengüterverkehr....

44

3.2.1 Gewerblicher Güternahverkehr

44

VIII

Inhaltsverzeichnis

3.2.1.1 Tarifregelung im gewerblichen Güternahverkehr 3.2.1.2

3.2.2

Tarifbildung und Tarifüberwachung im gewerblichen Güternahverkehr

50

Gewerblicher Güterfernverkehr und grenzüberschreitender Güterkraftverkehr

55

3.2.2.1 Tarifregelung im gewerblichen Güterfernverkehr

55

3.2.2.2

Tarifbildung und Tarif überwachung im gewerblichen Güterfernverkehr

67

Tarifregelungen im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr

75

Staatliche Preisbindung in der Binnenschiffahrt

81

3.3.1 Tarifregelung in der Binnenschiffahrt

81

3.2.23 3.3

3.3.2 3.4

Teil II:

1

44

Tarifbildung und Tarifüberwachung in der Binnenschiffahrt

Staatliche Preisbindung und mittelständische Unternehmen

Wirkungsanalyse staatlicher Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindung auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen·..·....·

90 94

97

Auswirkungen auf dem Markt für Straßengüterverkehrsleistungen

97

1.1 Auswirkungen auf anbietende mittelständische Güterkraftverkehrsunternehmen

97

1.1.1 Statistische Daten zur Entwicklung mittelständischer Güterkraftverkehrsunternehmen 1.1.2 Auswirkungen staatlicher Zulassungsbeschränkungen

97 101

Inhaltsverzeichnis

1.1.2.1 Allgemeine Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit 1.1.2.2

1.1.3

Spezielle Auswirkungen auf Anzahl und Entwicklung mittelständischer Straßengüterfernverkehrsunternehmen

101

113

Auswirkungen staatlicher Preisbindung

123

1.1.3.1 Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit durch Preisbildung in den Tarifkommissionen des gewerblichen Güterkraftverkehrs

123

1.1.3.2

Beurteilung staatlicher Preisbindung durch die Unternehmen des gewerblichen Güterkraftverkehrs

128

Benachteiligung mittelständischer Güterkraftverkehrsunternehmen aufgrund unterschiedlicher Ausweichmöglichkeiten auf staatliche Regulierungsmaßnahmen

138

1.2 Auswirkungen auf nachfragende mittelständische Verlader

162

1.1.3.3

1.2.1 Die verladenden Unternehmen im Bereich Straßengüterverkehr 162 1.2.2

Größenklassenunabhängige Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation aller Verlader 165 1.2.2.1 Größenklassenunabhängige Auswirkungen im Lichte der Befragung 1.2.2.2

Größenklassenunabhängige Auswirkungen in einzelnen Bereichen und ihr Zustandekommen

165

179

Inhaltsverzeichnis

1.2.3

Größenklassenabhängige Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader

190

1.2.3.1 Größenklassenspezifisch unterschiedliche Kenntnis und Beurteilung staatlicher Regulierung

190

1.2.3.2

2

Benachteiligung mittelständischer Verlader aufgrund unterschiedlicher Ausweichmöglichkeiten auf staatliche Regulierungsmaßnahmen

203

Auswirkungen auf dem Markt für Binnenschiffahrtsverkehrsleistungen

214

2.1 Auswirkungen auf anbietende mittelständische Binnenschiffahrtsunternehmen

214

2.1.1 Statistische Daten zur Entwicklung mittelständischer Binnenschiffahrtsunternehmen 2.1.2 2.1.3

2.2

214

Auswirkungen mittelbarer staatlicher Eingriffe in die Angebotsentwicklung

221

Auswirkungen staatlicher Preisbindung

237

2.1.3.1 Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit

237

2.1.3.2

Beurteilung staatlicher Preisbindung durch Binnenschiffahrtsunternehmen vor dem Hintergrund kurz- und langfristiger Auswirkungen 248

2.1.3.3

Benachteiligung mittelständischer Binnenschiffahrtsunternehmen aufgrund unterschiedlicher Ausweichmöglichkeiten auf staatliche Regulierungsmaßnahmen

257

Auswirkungen auf nachfragende mittelständische Verlader

266

Inhaltsverzeichnis

2.2.1 Die verladenden Unternehmen im Bereich Binnenschiffahrt 266 2.2.2

Größenklassenunabhängige Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation aller Verlader 271 2.2.2.1 Größenklassenunabhängige Auswirkungen im Lichte der Befragung 2.2.2.2

2.2.3

271

Größenklassenunabhängige Auswirkungen in einzelnen Bereichen und ihr Zustandekommen 279

Größenklassenabhängige Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader

292

2.2.3.1 Größenklassenspezifisch unterschiedliche Beurteilung staatlicher Regulierung 292 2.2.3.2

Teil I I I :

1 2

Benachteiligung mittelständischer Verlader aufgrund unterschiedlicher Ausweichmöglichkeiten auf staatliche Regulierungsmaßnahmen

301

Zusammenfassende Beurteilung der Auswirkungen staatlicher RegulierungseingrifFe auf mittelständische Unternehmen mit bezug zur verkehrspolitischen Diskussion 315

Auswirkungen staatlicher Regulierungseingriffe auf mittelständische Verlader

315

Auswirkungen staatlicher Regulierungseingriffe auf mittelständische Güterkraftverkehrs- und Binnenschiffahrtsunternehmen

323

Inhaltsverzeichnis

II

3

Durchsetzung notwendiger Maßnahmen vor dem Hintergrund der gegenwärtigen verkehrspolitischen Diskussion

Literaturverzeichnis

329

334

Anhang Tabellenverzeichnis

351

Tabellen

354

Verzeichnis der Obersichten zu den wesentlichsten Ergebnissen der Fragebogenaktion

1. Befragung gewerblicher Güterkraftverkehrsunternehmen

Übersicht G 1:

Übersicht G 2:

Übersicht G 3:

Übersicht G 4:

Übersicht G 5:

Übersicht G 6:

Einschätzung der Auswirkungen der gesetzlichen Regelungen zur Konzessionsübertragung auf die Wachstumschancen kleiner und mittlerer Güterfernverkehrsunternehmen (1-10 Genehmigungen)

105

Angaben von Straßengüterfernverkehrsunternehmen zu ihrem Investitionsverhalten seit 1970 bei fehlender Kontingentierung im allgemeinen Güterfernverkehr und im Bezirksgüterfernverkehr

107

Einschätzung der Nachfrageentwicklung nach Transportleistungen kleiner und mittlerer Güternahverkehrsunternehmen bei Ausdehnung der Nahverkehrszone

110

Beurteilung der Auswirkungen der Begrenzung des Aktionsradius durch die Nahverkehrszone

112

Beurteilung einer Beseitigung der Kontingentierung im Güterfernverkehr

119

Beurteilung einer völligen Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen des Straßengüterfernverkehrs

130

XIV

Übersicht G 7:

Übersicht G 8:

Übersicht G 9:

Übersicht G 10:

Übersicht G 11:

Übersicht G 12:

Übersicht G 13:

Übersicht G 14:

Übersichtcnveizeichms

Beurteilung einer völligen Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen des Straßengüternahverkehrs

132

Einschätzung der Wirkung des R K T auf kleine, mittlere und große Straßengüterfernverkehrsunternehmen

139

Einschätzung der Wirkung des G N T auf kleine, mittlere und große Straßengüternahverkehrsunteraehmen

140

Beurteilung der Auswirkungen aggressiverer Verkaufsbemühungen auf die Wettbewerbssituation kleiner und mittlerer Straßengüterfernverkehrsunternehmen

143

Beurteilung der Interessenvertretung mittelständischer Straßengüterfernverkehrsunternehmen in der Tarifkommission für den Güterfernverkehr (TKF)

144

Beurteilung der Interessenvertretung mittelständischer Straßengüternahverkehrsunternehmen in der Tarifkommission des allgemeinen Güternahverkehrs (TKN)

150

Einschätzung der Bedeutung verschiedener Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung im Straßengüterverkehr für kleine, mittlere und große Anbieter

154

Einschätzung der Bedeutung verschiedener Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung im Straßengüterfernverkehr nach verschiedenen Güterarten

159

Übersichtenverzeichnis

Übersicht G 15:

Einschätzung der Bedeutung verschiedener Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung im Straßengüterfernverkehr nach verschiedenen Gebietstypen

XV

160

2. Befragung von Verladern im Bereich Straßengüterverkehr

Übersicht VS 1:

Beurteilung des Angebots von Straßengüterverkehrsunternehmen und Speditionen durch mittelständische Verlader.. 166

Übersicht VS 2:

Beurteilung des Angebots von Straßengüterverkehrsunternehmen und Speditionen durch Verlader in Ballungsgebieten und in ländlichen Regionen 168

Übersicht VS 3:

Einschätzung der jetzigen Frachtberechnung nach Tarif durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft

169

Beurteilung einer völligen Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen des Güterkraftverkehrs durch mittelständische Verlader

171

Beurteilung von Eingriffen in die Kontingentierung des Straßengüterfernverkehrs

173

Beurteilung einer völligen Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen des Güterkraftverkehrs durch Verlader in Ballungsgebieten und in ländlichen Regionen

174

Übersicht VS 4:

Übersicht VS 5:

Übersicht VS 6:

Übersicht VS 7:

Einschätzung der Lage mittelständischer Verlader in der Zukunft bei unterschiedlicher Gestaltung der Marktordnimg im Straßengüterverkehr... 176

XVI

Übersichtenvcizcichnis

Übersicht VS 8:

Kenntnis der Tarife im gewerblichen Straßengüterverkehr durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft

191

Tarifüberprüfungsmöglichkeiten mittelständischer Verlader

192

Übersicht VS 10: Einschätzung des R K T als Festtarif, Margentarif mit Vereinbarungsspielraum oder Empfehlungsregelung

195

Übersicht VS 11: Kenntnisstand der Unternehmen der verladenden Wirtschaft über die Preisregelungen im Kleingutverkehr der Spedition

197

Übersicht VS 12: Beurteilung der Auswirkungen des Preisgefälles zwischen inländischen und grenzüberschreitenden Transporten durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft

200

Übersicht VS 13: Vor- und Nachteile der Festlegung und Veröffentlichung von Margentarifen im RKT/GNT für mittelständische Verlader

201

Übersicht VS 9:

Übersicht VS 14: Beurteilung der Interessenvertretung in den Tarif kommissionen des gewerblichen Güternah- und Güterfernverkehrs (TKN/TKF) durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft... 206 Übersicht VS 15: Kenntnis und Nutzung verschiedener Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung bzw. zur Umgehung staatlicher Preisbindung im Güterkraftverkehr

211

Übersicht VS 16: Einschätzung der Tarifumgehungsmöglichkeiten durch mittelständische Verlader

213

Übcrsichtenvcrzeichnis

XVII

3. Befragung gewerblicher Binnenschiffahrtsunternehmen

Übersicht Β 1:

Übersicht Β 2:

Übersicht Β 3:

Übersicht Β 4:

Übersicht Β 5:

Übersicht Β 6:

Übersicht Β 7:

Übersicht Β 8:

Einschätzung der Kostensituation durch Unternehmen der gewerblichen Binnenschiffahrt

241

Einschätzung der Faktoren, die die Kostenstruktur der Binnenschiffahrtsunternehmen besonders beeinflussen

242

Aussagen der befragten Binnenschifffahrtsunternehmen zur Beibehaltung desFTB

249

Beurteilung von Auswirkungen verschiedener Maßnahmen im Bereich der Preisbildung auf die Wettbewerbssituation der befragten Binnenschifffahrtsunternehmen

251

Einschätzung möglicher Ursachen des Rückgangs der Partikulierunternehmen durch Unternehmen der gewerblichen Binnenschiffahrt

253

Einschätzung der Lage von Partikulierunternehmen in der Zukunft bei Beibehaltung aller bestehenden Regelungen des Ordnungsrahmens in der Binnenschiffahrt

256

Beurteilung der Auswirkungen staatlicher Reglementierungen im Bereich der Nebenleistungen durch Binnenschiffahrtsunternehmen

263

Einschätzung der Möglichkeiten zur Umgehung des FTB (Mischkalkulation/Fuhrmannshandel etc.) für kleine und große Binnenschiffahrtsunternehmen

265

XVIII

Übcrsichteaverzeichnis

4. Befragung von Verladern im Bereich Binnenschiffahrt

Übersicht V B 1:

Beurteilung des Angebots der Binnenschiffahrtsunternehmen durch mittelständische Verlader und Großverlader... 274

Übersicht V B 2:

Beurteilung von Auswirkungen verschiedener Maßnahmen im Bereich der Preisbildung auf die Wettbewerbssituation der befragten Verlader

276

Einschätzung der Lage mittelständischer Verlader in der Zukunft bei Beibehaltung aller bestehenden Regelungen des Ordnungsrahmens in der Binnenschiffahrt

278

Einschätzung der Wirkimg des FTB auf einzelne Gruppen

293

Beurteilung der Auswirkungen des Preisgefälles zwischen inländischen und grenzüberschreitenden Transporten durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft

296

Vor- und Nachteile der Festlegung und Veröffentlichung von Festpreisen und Margen im FTB für mittelständische Verlader

298

Beurteilung der Auswirkungen von Verflechtungen zwischen Binnenschifffahrtsunternehmen und Verladern auf die Frachtenbildung

306

Einschätzung der Umgehung des FTB durch Mischkalkulationen und Fuhrmannshandel

309

Übersicht V B 3:

Übersicht V B 4: Übersicht V B 5:

Übersicht V B 6:

Übersicht V B 7:

Übersicht VB 8:

Übcrsichtenvcrzeichais

Übersicht V B 9:

XIX

Einschätzung verschiedener Praktiken zur Umgehung des FTB (Mischkalkulation/Fuhrmannshandel etc.) nach verschiedenen Güterarten und Fahrtgebieten

311

Übersicht V B 10: Einschätzung der Möglichkeiten zur Umgehung des FTB (Mischkalkulation/Fuhrmannshandel etc.) für mittelständische Verlader und Großverlader

312

Abkürzungsverzeichnis a.a.O. Abs. Abschn. Abt. AEG

AG ARA-Häfen Art. AT Aufl. BAB BAG

BbG Bd. BdB BDF BDG BDI BDS BGBL. BMV BSCHVG BSL

bzw. ca. c.p. CEMT

DB DBST DDST DEGT DFST

am angegebenen Ort Absatz Abschnitt Abteilung Allgemeines Eisenbahngesetz Aktiengesellschaft Häfen Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen Artikel Ausnahmetarif(e) Auflage Bundesautobahn Bundesanstalt für den Güterfernverkehr Bundesbahngesetz Band, Bände Bundesverband der deutschen Binnenschifffahrt Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs Bundesverbände des Deutschen Güterkraftverkehrs Bundesverband der Deutschen Industrie Bundesverband der Selbständigen Bundesgesetzblatt Bundesminister für Verkehr Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr (Binnenschiffahrtsverkehrsgesetz) Bundesverband Spedition und Lagerei beziehungsweise circa ceteris paribus Europäische Verkehrsministerkonferenz Deutsche Bundesbahn Deutsch-Belgischer Straßengütertarif Deutsch-Britischer Straßengütertarif Deutsch-Dänischer Straßengütertarif Deutscher Eisenbahngütertarif Deutsch-Französischer Straßengütertarif

Abkûizungsvctzeichnis

DGT d.h. DIHT DlRST DlST DLST DM DNST d. Verf. DVWG EG etc. ETKN e.V. EWG f. FA ff. fob FTB GFG GNT

GüKV GWB HdWW HGB Hrsg. hrsg. v. i.d.R. IHK insbes.

XXI

Deutscher Güterkraftverkehrstarif das heißt Deutscher Industrie- und Handelstag Deutsch-Irischer Straßengütertarif Deutsch-Italienischer Straßengütertarif Deutsch-Luxemburgischer Straßengütertarif Deutsche Mark Deutsch-Niederländischer Straßengütertarif der Verfasser Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft e.V. Europäische Gemeinschaft et cetera erweiterte Tarifkommission des allgemeinen Güternahverkehrs eingetragener Verein Europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgende Frachtenausschuß/Frachtenausschüsse fortfolgende free on board Frachten- und Tarifanzeiger der Binnenschiffahrt Gesetz über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen Tarif für den Güternahverkehr mit Kraftfahrzeugen (Güternahverkehrstarif) Güterkraftverkehrsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften Handelsgesetzbuch Herausgeber herausgegeben von in der Regel Industrie- und Handelskammer insbesondere

XXII

Abkürzungsverzeichnis

Jg.

Jahrgang

Kap. Kfz. kg km Kvo Kwz Mio. MS MSA Nr. NVP οJ . o.V. Pf./tkm p.t. rd. RGBL. RKT

Kapitel Kraftfahrzeug Kilogramm Kilometer Kraftverkehrsordnung Kleinwasserzuschlag Million(en) Motorschiff (kalkulatorische) Motorschiffsanteilfracht Nummer Nahverkehrs-Preisordnung ohne Jahr ohne Verfasser Pfennig pro Tonnenkilometer pro Tonne rund Reichsgesetzblatt Reichskraftwagentarif für den Güterfernverkehr Seite Schifferbetriebsverband/-verbände sogenannte(n) Straßenverkehr-Zulassungs-Ordnung Tonne(n) Tabelle Tausend deutsche Mark Tarifkommission für den Güterfernverkehr Tarifkommission des allgemeinen Güternahverkehrs unter anderem, und andere unter Umständen verschieden(e) vergleiche von Hundert Verordnung Werbe- und Abfertigungsvergütung Wasser- und Schiffahrtsdirektion

S. SBV sog. STVZO t Tab. TDM TKF ΤΚΝ u.a. u.U. versch. vgl. v.H. VO WAV WSD

Abkürzungsverzeichnis

Wuw z.B. ZfBW ZfV ZKR z.Zt.

XXIII

Wirtschaft und Wettbewerb zum Beispiel Zeitschrift für Binnenschiffahrt und Wasserstraßen Zeitschrift für Verkehrswissenschaft Zentralkommission für die Rheinschiffahrt zur Zeit

Zielsetzung, Aufbau und Methode 1 Zielsetzung und Aufbau der Studie Die sogenannte "kontrollierte Wettbewerbsordnung" im Verkehrsgewerbe ist durch eine Vielzahl von staatlichen Eingriffen gekennzeichnet, wie sie in Umfang und Eingriffsintensität nur in wenigen Wirtschaftsbereichen zu finden ist. Dabei werden weitestgehend marktwirtschaftliche durch administrative Prozesse ersetzt. Sowohl (wirtschafts-)wissenschaftliche Untersuchungen als auch praktische Erfahrungen haben jedoch ergeben, daß im Grundsatz Wettbewerbsprozesse als überlegen gelten, um eine effiziente Verwendung der Produktionsfaktoren zu erreichen. Dies schließt Interventionen im Sinne einer Korrektur der Marktsteuerung durch staatliche Wirtschaftspolitik nicht aus. Allerdings müssen solche Interventionen so konzipiert sein, daß sie die Funktionsbedingungen wettbewerblicher Marktsteuerung nicht beeinträchtigen, sondern sich der sie kennzeichnenden Wirkungsmechanismen bedienen. Andernfalls besteht die Gefahr, daß das mit den Interventionen verbundene Ziel nicht erreicht wird oder es zu einer Kumulation weiterer Interventionen kommt. Z u beachten ist auch die Gefahr einer institutionellen Verfestigung, weil Bürokratien und Verbände zu Fürsprechern bestehender Interventionen werden. U m dies zu verhindern oder zu korrigieren, bedürfen regulierende Eingriffe in Marktprozesse einer ständigen Überprüfung ihrer Zielwirksamkeit ebenso wie einer Überprüfung ihrer Begründung. I m Bereich der Verkehrspolitik stützt sich die Begründimg für einen durch hohe Intensität gekennzeichneten Interventionismus in zunehmendem Maße darauf, so am geeignetsten mittelständische Unternehmen erhalten und fördern zu können. Beispielsweise nennt die Bundesregierung als eine von fünf Leitlinien für eine Anpassung und Fortentwicklung des Ordnungsrahmens die "Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des mittelständischen Verkehrsgewerbes" 1. Der Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) warnt entsprechend im

1 Der Bundesminister für Verkehr, Verkehrsbericht, Bonn 1984, S. 10.

2

Zielsetzung, Aufbau und Metode

Rahmen der Diskussion um die "kontrollierte Wettbewerbsordnung" sogar davor, "eine durch politische Opportunität ausgelöste Gefährdung ... mittelständischer Betriebe hinzunehmen" . Die Aufgabe einer mit marktwirtschaftlichen Grundsätzen zu vereinbarenden Mittelstandspolitik wird - konkreter gesprochen - von der Bundesregierung darin gesehen, "kleinen und mittleren Unternehmen die Anpassung an den schnellen wirtschaftlichen und technischen Strukturwandel zu erleichtern, Wettbewerbshemmnisse abzubauen und soziale Härten bei der Anpassung an strukturelle Veränderungen zu mildern" 3 . Betont wird dabei das subsidiäre Prinzip der Mittelstandspolitik im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe, was die Schaffung mittelständischer Naturschutzparks von vornherein ausschließt. Deshalb ist zu fragen, ob wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen, wie insbesondere staatliche Zulassungsbeschränkungen zu Verkehrsmärkten und staatliche Preisbindungen für Verkehrsleistungen in diesem Sinne als zielwirksam zu betrachten sind. Ziel der vorliegenden Studie ist es, für den Bereich der Binnenschiffahrt, des Straßengüterverkehrs und der verladenden Wirtschaft empirisch zu untersuchen, wie sich die "kontrollierte Wettbewerbsordnung" auf die Marktchancen mittelständischer Verkehrsunternehmer und mittelständischer Verlader auswirkt. Dabei ist auch zu prüfen, inwieweit der gewerbliche Mittelstand im Verkehr Gefahr läuft, das Opfer eines Marktversagens im Sinne ruinöser Konkurrenz zu werden. Vor allem ist aber zu analysieren, ob die praktizierten staatlichen Eingriffe den skizzierten Zielen der Mittelstandspolitik dienlich sind oder - im Gegenteil - die Leistungsfähigkeit und die Marktchancen gerade mittelständischer Unternehmen in erheblichem Umfang beeinträchtigen. 2 Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), BDF-Unternehmerbrief 1/86, Frankfurt 1986, S. 3. 3 Deutscher Bundestag, Grundsätze einer Strukturpolitik für kleine und mittlere Unternehmen, Bundestagsdrucksache VT/1966, 29. Dezember 1970, S. 7; zwar wird hier nicht von "Mittelstandspolitik" gesprochen, sondern von "Strukturpolitik für kleine und mittlere Unternehmen", dies dürfte jedoch lediglich auf die notwendige Operationalisierung des Mittelstandsbegriffes zurückzuführen sein; vgl. hierzu auch S. 7 dieser Studie.

2 Methodisches Vorgehen

3

Die Studie ist in drei Hauptteile gegliedert. I m ersten Hauptteil werden die wichtigsten Elemente staatlicher Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindung dargestellt. Nur auf der Grundlage der Vielfalt und Differenziertheit der staatlichen Eingriffe in den Verkehrsmarkt können die hieraus resultierenden Wirkungsmechanismen angemessen beurteilt werden. I m zweiten Hauptteil erfolgt dann darauf aufbauend die Wirkungsanalyse staatlicher Reglementierungen im Verkehrsgewerbe. Dabei sind auch die marktstrukturellen Veränderungen erfaßt, die sich bei bestehender Regulierung im Zeitablauf ergaben. Da allerdings zwischen der Entwicklung der Marktstruktur und staatlicher Regulierung kein monokausaler Zusammenhang besteht, sind außerdem jeweils einzelne Elemente der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" auf ihre unternehmensgrößenklassenunabhängigen und unternehmensgrößenklassenabhängigen (mittelstandspolitischen) Auswirkungen hin untersucht. A u f dieser Grundlage werden neben der Analyse der bisherigen Entwicklung auch absehbare zukünftige Tendenzen aufgezeigt. Eine Zusammenfassung dieser Untersuchungen enthält der dritte Hauptteil. Hier erfolgt auch eine Einordnung der wichtigsten Ergebnisse in die aktuelle verkehrspolitische Diskussion 4 . 2 Methodisches Vorgehen

2.1 Zur Notwendigkeit einer Fragebogenaktion Zur Analyse der Auswirkungen der bestehenden Verkehrsmarktordnung auf mittelständische Unternehmen wurde in der einschlägigen Literatur der letzten Jahre bereits eine Vielzahl von Argumenten zusammengetragen. Diese Argumente sind in einem erheblichen Umfang aus reinen Plausibilitätsüberlegungen gewonnen. Sofern hypothetische Aussagen nicht das wirkliche Geschehen auf den Transportmärkten widerspiegeln, besteht die Gefahr, daß ungeeignete wirtschaftspolitische Emp4 Vgl. Teil III dieser Studie.

4

Zielsetzung, Aufbau und Metode

fehlungen gegeben werden und eine zieladäquate praktische Verkehrspolitik verhindert wird. Nachteilig für die gesamte Volkswirtschaft könnte dies insbesondere in den Bereichen sein, in denen Informationen über das tatsächliche Marktgeschehen auf den Verkehrsmärkten für eine Weiterentwicklung der Verkehrsmarktordnung unabdingbar sind, diese Informationen jedoch überwiegend nur von Verbandsvertretern zu erlangen sind. Zwar ist davon auszugehen, daß wegen der Vielfalt der Verbände tendenziell die Interessen der einzelnen Marktseiten offengelegt werden, fraglich ist jedoch, ob die effektiven und potentiellen Anbieter und Nachfrager auf den jeweiligen Marktseiten ihre Interessen in gleichem Ausmaß einzubringen in der Lage sind. Gerade wegen der mittelstandspolitischen Orientierung dieser Studie kommt dieser Fragestellung - die wegen der zahlreichen staatlichen Regulierungseingriffe und den komplexen politischen Willensbildungsprozessen noch an Gewicht gewinnt - große Bedeutung zu. Es wurde deshalb eine schriftliche Erhebung mit Hilfe von 6 103 Fragebogen durchgeführt. Die Fragebogen wurden an unmittelbar von der Verkehrsmarktordnung betroffene Unternehmen der Binnenschiffahrt, des Straßengüterverkehrs und der verladenden Wirtschaft versandt. Wichtigstes Ziel war, die Auswirkungen der den gewerblichen Güterverkehr regelnden staatlichen Interventionen zu erfassen. Auch sollten vorliegende wirtschaftspolitische Hypothesen einer empirischen Überprüfung zugeführt werden. Die in den Antworten zum Ausdruck gekommenen subjektiven Auffassungen der mittelständischen Verkehrsunternehmer und der mittelständischen Verlader über bestehende Regulierungseingriffe im gewerblichen Güterverkehr bedürfen allerdings der Interpretation. Denn die aus der persönlichen einzelwirtschaftlichen Sicht der Befragten resultierende Beurteilung möglicher Auswirkungen der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" reflektiert einzelwirtschaftliche Interessen und Nutzenkalküle und muß keineswegs mit einem Urteil aus gesamtwirtschaftlicher Sicht übereinstimmen. Zur Vertiefung gewonnener Erkenntnisse und um das wirkliche Marktgeschehen bei der Interpretation der Umfrageergeb-

2 Methodisches Vorgehen

5

nisse hinreichend zu erfassen, wurde zusätzlich eine Reihe von Interviews und Expertengesprächen geführt.

2.2 Erarbeitung der Fragebogen Bei der Ausarbeitung der einzelnen Fragebogen für Unternehmen des gewerblichen Straßengüterverkehrs, der gewerblichen Binnenschiffahrt und der in diesen Bereichen tätigen Verlader zeigte sich, daß insbesondere über Ausweichreaktionen auf staatliche Regulierungen oftmals in der Literatur nur mangelhaft informiert wird. Aus diesem Grund wurden bereits in einer sehr frühen Phase erste informelle Gespräche mit Verbandsvertretern geführt. Die Gespräche dienten außerdem der Aufnahme von Kontakten für später durchzuführende Pretests und der Werbung um Unterstützung der Fragebogenaktion. U m einen hohen Rücklauf und verarbeitungsfähige Antworten zu erhalten, wurden die Fragen zu den Auswirkungen der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" auf die Wettbewerbssituation der Unternehmen im wesentlichen als Ankreuzfragen (geschlossene Fragen) gestaltet. Bei den Pretests wurde wie folgt verfahren: - I m Bereich des gewerblichen Straßengüterverkehrs wurden zusätzlich zu Gesprächen mit Verbandsvertretern (durch Vermittlung des Bundesverbandes des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) und des Verbandes des Verkehrsgewerbes Rheinland) drei Unternehmen im Mainzer Raum aufgesucht und die geplanten Fragen mit Mitarbeitern dieser Unternehmen besprochen. Die gewonnenen Informationen sind in die Endfassung des Fragebogens eingeflossen. - Im Bereich der gewerblichen Binnenschiffahrt wurde der Fragebogen an zwei Sprechtagen des Vorstandes der Abteilung Binnenschiffahrt des Bundesverbandes der Selbständigen (BDS) den Vorstandsmitgliedern, die sämtlich aktive Schiffer sind, sowie den anwesenden Partikulieren vorgelegt und auf seine Operationalität überprüft. Ebenfalls vorgelegt wurde der

6

Zielsetzung, Aufbau und Metode

Fragebogen dem Bundesverband der deutschen Binnenschifffahrt (BdB), der ihn unter anderem an seine Partikulierkommission zur Beurteilung weiterleitete. Auch in die Endfassung dieses Fragebogens wurden erhaltene interessante Anregungen eingearbeitet. - Der Fragebogen, der sich an verladende Unternehmen im Bereich der Binnenschiffahrt richtete, wurde vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mit der Bitte um Stellungnahme an einzelne Unternehmen verschickt. Darüber hinaus wurde er im Unterausschuß Binnenschiffahrt des BDI diskutiert. Z u diesem Fragebogen gingen einzelne Verbesserungsvorschläge ein, die berücksichtigt wurden. - M i t dem Fragebogen, der sich an verladende Unternehmen im Bereich des Straßengüterverkehrs richtete, wurde analog verfahren. Als zuständiger Ausschuß wurde vom BDI der A r beitskreis Schiene/Straße eingeschaltet. Sowohl aus den Äußerungen der Unternehmen als auch aus den Stellungnahmen der Verbandsvertreter ging hervor, daß die anzusprechenden Unternehmen oftmals nur über geringe Kenntnisse der Verkehrsmarktordnung verfügen. So zeigte sich, daß insbesondere mittelständische Verlader, die relativ transportkostenunempfindliche Güter transportieren lassen, kaum in der Lage waren, zu allen vorgelegten Fragen Stellung zu nehmen. Bei der grundlegenden Überarbeitimg des Fragebogens wurden deshalb zu vielschichtige Fragen ausgeschieden. Außerdem wurde in den Fragebogen als zusätzliches wichtiges Untersuchungsziel aufgenommen, den Kenntnisstand der Verlader im Bereich Straßengüterverkehr über A r t und Umfang verschiedener Regulierungseingriffe der Verkehrsmarktordnung offenzulegen. I m Rahmen dieser Pretests zeigte sich, daß eine Abgrenzung des Begriffs "mittelständisch" bereits im Fragebogen notwendig war, damit die Antworten nicht verzerrt wurden; denn dieser Begriff wird zwar oft benutzt, jedoch ist er nicht wertfrei, und seine Bedeutung und Abgrenzung sind äußerst umstritten . U m

5 Vgl. dazu die Arbeit von MARWEDE und die umfassende Untersuchung

2 Methodisches Vorgehen

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den Begriff zu operationalisieren, bieten sich für Fragebogenaktionen vorwiegend quantitative Kriterien an. Aus sachlichen Gründen wird vielfach die Zahl der Beschäftigten und der Umsatz herangezogen. Da jedoch die als Verlader in Frage kommenden Unternehmen in sehr unterschiedlichen Branchen tätig sind, schied hier von vornherein der Umsatz als Abgrenzungskriterium aus; denn dieser erlaubt allenfalls vergleichende Aussagen innerhalb einer Branche 6 . Ahnliche Bedenken ergaben sich bei anderen - notwendigerweise einfachen - quantitativen Abgrenzungskriterien. Als Schwellenwert für mittelständische Unternehmen wurde deshalb im Verladerbereich allein die Anzahl der Beschäftigten zugrunde gelegt, wobei auf die übliche Abgrenzung des Instituts für Mittelstandsforschung zurückgegriffen wurde . Als mittelständische Unternehmen im Verladerbereich wurden dementsprechend definiert: - Industrieunternehmen mit bis zu 499 Beschäftigten - Großhandelsunternehmen mit bis zu 199 Beschäftigten - Einzelhandelsunternehmen mit bis zu 99 Beschäftigten. Ausgehend von dieser im Fragebogen vorgegebenen Abgrenzung wurden bei der Auswertung die Ergebnisse für Unternehmen bis zu 49 Beschäftigten in der Industrie, bis zu 9 Beschäftigten im Großhandel und bis zu 2 Beschäftigten im Einzelhandel (Kleinunternehmen) gesondert berechnet. von GANTZEL: MARWEDE, Eberhard, Die Abgrenzungsproblematik mittelständischer Unternehmen - Eine Literaturanalyse - Beitrag Nr. 20 der volkswirtschaftlichen Diskussionsreihe des Instituts für Volkswirtschaftslehre der Universität Augsburg, Augsburg im Januar 1983; GANTZEL, Klaus-Jürgen, Wesen und Begriff der mittelständischen Unternehmung, Nr. 4 der Abhandlungen zur Mittelstandsforschung, Köln und Opladen 1962. 6 So ist beispielsweise im Umsatz auch der Anteil der Vorleistungen enthalten, die die jeweiligen Unternehmen am Markt beschaffen. Dieser Anteil schwankt jedoch von Branche zu Branche; vgl. beispielsweise: MISCHON, Claudia unter Mitwirkung von Karl ROBL, Zum Problem der Diskriminierung mittelständischer Betriebe - Eine empirische Untersuchung, Beiträge zur Mittelstandsforschung, hrsg. v. Institut für Mittelstandsforschung, Heft 63, Göttingen 1980, S. 9. 7 Vgl. ebenda, S. 9.

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Zielsetzung, Aufbau und Metbode

Außerdem wurde nicht verkannt, daß eine Reduktion des Mittelstandsbegriffes auf ein einziges quantitatives Betriebsgrößenmerkmal insbesondere im Verladerbereich bedenklich ist; denn "im Zusammenhang mit Wettbewerbsfragen (ist, d. Verf.) zu beachten, daß die relative Betriebsgröße im Vergleich zu den Größenordnungen der Mitanbieter und Mitnachfrager auf den Märkten des befragten Betriebes u. U . bedeutsamer sein kann als die absolute Betriebsgröße, gemessen anhand eines eindeutigen quantitativen Betriebsgrößenmaßstabes" 8. I n Analogie zu MORTSIEFER, RESKE, STEINER wurden deshalb die Adressaten befragt, ob sie ihr Unternehmen verglichen mit anderen Unternehmen der Branche als "kleines mittelständisches Unternehmen", "mittleres mittelständisches Unternehmen", "großes mittelständisches Unternehmen" oder "Großunternehmen" empfinden. "Durch diese globale Selbsteinschätzung - so ist zu vermuten - ordnet der Unternehmer sowohl unter Würdigung der personellen, anlagemäßigen, finanziellen und umsatzmäßigen 'Größe' des Betriebes als auch unter Berücksichtigimg der Marktbedeutung seinen Betrieb einer der ... Kategorien zu" 9 . Insbesondere bei für das Ergebnis der Studie wichtigen Fragestellungen fand deshalb die Auswertung sowohl nach dem Kriterium der Beschäftigtenanzahl als auch nach der größenbezogenen Selbsteinschätzung der Befragten statt. Anders als bei den Verladern boten sich im Bereich des Straßengüterverkehrs (Güterkraftverkehrs) und der Binnenschiffahrt die Anzahl der Konzessionen, Fahrzeuge bzw. Schiffe als sinnvolle Abgrenzungskriterien an. Allerdings wurde auch hier möglichen Unschärfen durch den Einbau zusätzlicher Testkriterien entgegengewirkt. So wurde beispielsweise für den gewerblichen Güterkraftverkehr auch eine Frage nach dem Umsatzanteil des Speditionsbereichs am gesamten Geschäft eingebaut. Dadurch sollte berücksichtigt werden, daß beispielsweise eine große Spedition mit einer geringen Anzahl an 8 MORTSIEFER, Hans-Jürgen, Winfried RESKE und Joachim STEINER, Betriebsgrößenbedingte Wettbewerbsvorteile und Wettbewerbsnachteile mittelständischer Unternehmen, Beiträge zur Mittelstandsforschung, hrsg. v. Institut für Mittelstandsforschung, Heft 64, Göttingen 1980, S. 14. 9 Ebenda, S. 15.

2 Methodisches Vorgehen

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Straßengüterfernverkehrskonzessionen über eine andere Marktstellung verfügt und sich bei ihr dementsprechend Regulierungseingriffe tendenziell anders auswirken können, als bei einem reinen Straßengüterfernverkehrsunternehmen von geringer Größe zu vermuten ist. Für den Bereich des Straßengüterverkehrs wurde zudem sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite durch den Einbau einer Frage nach dem Standort des Unternehmens bzw. nach den Gebieten, in denen die Transporte stattfinden, eine differenzierte Auswertung nach den Gebietstypen Ballungsgebiet, ländliche Region und Grenzgebiet ermöglicht. I m Bereich der Anbieter und Nachfrager von Transportleistungen der Binnenschiffahrt wurde die Untergliederung auf einzelne Wasserwege abgestellt. Außerdem wurde bei den Fragebogen jeweils die Situation des gesamten Unternehmens zu erfassen versucht. So sollte erreicht werden, daß die Wettbewerbsstellung kleiner Vertriebsniederlassungen von Großunternehmen, die beispielsweise aus der Beschäftigtenzahl einer solchen Niederlassung nicht ersichtlich wird, in ausreichendem Maße Berücksichtigung findet.

2.3 Beschaffung der Adressen Hinsichtlich der Verteilung der geplanten 6 000 Fragebogen auf die einzelnen Untersuchungsbereiche wurden folgende Vorgaben gemacht: - Gewerbliche Straßengüterverkehrsunternehmen: 2 500 Adressen - Verlader im Bereich Straßengüterverkehr: 2 500 Adressen - Gewerbliche Β innenschiffahrtsunternehmen: 500 Adressen - Verlader im Bereich Binnenschiffahrt: 500 Adressen Die Auswahl von Unternehmen der Binnenschiffahrt erfolgte aus öffentlich zugänglichen Materialien, nachdem deren Prüfung ergeben hatte, daß auf diesem Wege eine ausreichende

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esetzung, Aufbau und Metode

Repräsentativität erreicht werden konnte. I m einzelnen wurden 523 Adressen von gewerblichen Binnenschiffahrtsunternehmen nach dem Zufallsprinzip zusammengestellt. Die Prüfung verschiedener Möglichkeiten für die Zusammenstellung von Adressen des Straßengüterverkehrsgewerbes und der verladenden Wirtschaft zeigte, daß sich eine qualitativ befriedigende Adressenauswahl in diesen Bereichen nur durch die Mithilfe von Industrie- und Handelskammern und die Vermittlung des Deutschen Industrie- und Handelstages erreichen ließ. Außerdem erschien es vorteilhaft, wenn die Ansprechpartner in den Industrie- und Handelskammern an den Problemen der Ordnung des Verkehrsmarktes in der Bundesrepublik Deutschland besonders interessiert sind. Aus diesem Grund wurden als Ansprechpartner sämtliche Industrie- und Handelskammern angeschrieben, die Vertreter in den Arbeitsausschuß Verkehr des DlHT entsandt haben. Somit ergab sich zusammen mit der zusätzlich aufgenommenen Kammer Mittlerer Oberrhein in Karlsruhe die Gesamtzahl von 30 Industrie- und Handelskammern, was eine repräsentative Verteilung der Adressen über das gesamte Bundesgebiet einschließlich Westberlin gewährleistete. Ausgehend von den vorgegebenen Sollzahlen der Fragebogen für die einzelnen Untersuchungsbereiche wurde vom DlHT die Gesamtzahl der notwendigen Adressen auf die einzelnen Industrie- und Handelskammern verteilt. Kriterium für die Anzahl an auszuwählenden Adressen von Straßengüterverkehrsunternehmen waren die im Handelsregister der jeweiligen Industrieund Handelskammern eingetragenen Unternehmen des Bereichs Verkehr und Nachrichtenübermittlung. Die Verteilung von Verladeradressen im Bereich Straßengüterverkehr erfolgte unter Berücksichtigung sämtlicher bei den Industrie- und Handelskammern eingetragener Unternehmen. Bei den Verladern im Bereich Binnenschiffahrt wurde dagegen als Kriterium für die Anzahl auszuwählender Adressen je IHK der Hafenumschlag zugrunde gelegt. Zusätzlich wurde eine Glättung der Spitzen vorgenommen. Außerdem fanden aus verschiedenen Gründen leichte Verschiebungen statt. So verhinderte die

2 Methodisches Vorgehen

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geringe Grundgesamtheit von Unternehmen im Bereich Verlader Binnenschiffahrt, daß die ursprünglich vorgegebene Adressenanzahl erreicht wurde. Die Unternehmensanschriften wurden im einzelnen nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, wobei nicht nur mittelständische Unternehmen gemäß der vorgegebenen operationalen Definit i o n 1 0 erfaßt wurden, sondern auch Großunternehmen. Dies war notwendig, um nicht nur allgemeine Aussagen über die Vor- und Nachteile der Verkehrsmarktordnung machen zu können, sondern um die spezifischen Auswirkungen auf mittelständische Unternehmen im Vergleich zu Großunternehmen untersuchen zu können. Z u den ausgewählten Adressen ist festzustellen, daß zwar unter rein formal-statistischen Gesichtspunkten kein eindeutiger Repräsentativitätsnachweis geführt werden kann. So ist beispielsweise die Anzahl der Verlader im Bereich Straßengüterverkehr imbekannt, was eine exakte Fehlerberechnung ausschließt. Die große Anzahl ausgewählter Adressen und das bei der Auswahl angewandte Verfahren lassen es jedoch plausibel erscheinen, daß die Zusammensetzung der letztlich befragten Unternehmen ein hohes Maß an Repräsentativst aufweist. Als zusätzliches Problem wurde mit dem DlHT und einzelnen Kammern erörtert, wie der Datenschutz bei der Freigabe von Adressen gewahrt werden könne. Ein möglicher Weg hätte darin bestanden, daß die Kammern die von ihnen ausgewählten Unternehmen zunächst angeschrieben und um ihr Einverständnis zur Weitergabe der Adresse gebeten hätten. Allerdings mußte befürchtet werden, daß die Unternehmen auf die bloße Ankündigung einer Umfrage, ohne deren Inhalt zu kennen, ihre Mitarbeit verweigert hätten. Überdies war zu berücksichtigen, daß die Fragebogen notwendigerweise eine Reihe von Fragen umfaßten, die sich auf Tatbestände beziehen, die an der Grenze zwischen legalen und illegalen Ausweichreaktionen auf staatliche Regulierungseingriffe liegen und die dennoch die Unternehmen möglichst nicht vom Ausfüllen abhalten sollten.

10 Vgl. S. 7 dieser Studie.

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Zielsetzung, Aufbau und Metbode

In Zusammenarbeit mit den Kammern wurde deshalb folgende Vorgehensweise gewählt: Es wurde den Unternehmen grundsätzlich freigestellt, die Rücksendung des Fragebogens mit oder ohne Angabe des Absenders vorzunehmen. Zudem sollten die Kammern, die sich außerstande sahen, die Adressen direkt zur Verfügung zu stellen, den Versand der entsprechend vorbereiteten Fragebogen selbst übernehmen. I m Ergebnis war dies bei 8 Kammern der Fall. Ein Nachfassen wegen ergänzender Informationen war damit allerdings nur noch in den Fällen möglich, in denen die Unternehmen bei der Rücksendung des ausgefüllten Fragebogens ihre Adresse oder Telefonnummer angaben. Positiv ist zu vermerken, daß den von den Kammern direkt versandten Fragebogen in den meisten Fällen zusätzliche unterstützende Begleitschreiben beigefügt wurden. Die Rücksprache mit den betreffenden Verbänden ließ erkennen, daß viele Unternehmen kaum bereit gewesen wären, unter Angabe des Absenders zu Problemen der Verkehrsmarktordnung Stellung zu nehmen. Das bestätigt die Richtigkeit der eingeschlagenen Vorgehensweise. So beurteilte beispielsweise der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) die Befragung der Unternehmen zu etwaigen Umgehungstatbeständen skeptisch. Er verwies in diesem Zusammenhang auf Befürchtungen der Praktiker, daß positive Hinweise zu diesen Komplexen einer Selbstanzeige gleichkommen, und zwar gälte dies vor allem im Zusammenhang mit anderen Fragen, deren Beantwortung genaue Rückschlüsse auf das antwortende Unternehmen und sogar auf die antwortenden Personen zugelassen hätte. U m die Bereitschaft zum Ausfüllen des Fragebogens zu steigern, wurde deshalb vom BDI vorgeschlagen, auf sämtliche Identifikationsmerkmale zu verzichten. Der Bundesverband der deutschen Binnenschiffahrt (BdB) schlug vor, auf Fragen zu Umgehungstatbeständen zu verzichten, da solche Praktiken aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen nicht zulässig seien. Angesichts der wettbewerbspolitischen Bedeutung etwaiger Umgehungstatbestände mußten diese Fragen jedoch beibehalten werden 1 1 .

2 Methodisches Vorgehen

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2.4 Unterstützung durch Institutionen und Verbände Wie bereits angesprochen, wurde von verschiedenen Industrie- und Handelskammern die Fragebogenaktion durch ein direktes Begleitschreiben befürwortet. Außerdem gestattete der Deutsche Industrie- und Handelstag, in dem Anschreiben an die Unternehmen darauf hinzuweisen, daß er die Erhebung unterstütze. A u f Seiten der Verlader fand die geplante Umfrage besonders beim BDI reges Interesse und bei der Informationsbeschaffung wurde mitgeholfen. Der BDI sah sich jedoch nicht in der Lage, für die Versendung der Fragebogen ein unterstützendes Begleitschreiben zur Verfügung zu stellen, weil die im BDI (bzw. in den Fachverbänden) organisierten Unternehmen ohnedies häufig darüber Klage führten, daß sie mit Fragebogen zu stark beansprucht werden. Es wurde jedoch gestattet, ausdrücklich auf die Unterstützung durch den BDI hinzuweisen. M i t den Bundesverbänden des deutschen Straßengüterfernund -nahverkehrs führten die Verhandlungen um ein unterstützendes Begleitschreiben zu einem intensiven Gedankenaustausch, und es fand eine detaillierte Diskussion spezieller Formulierungen statt. Einerseits konnte hierdurch eine erhebliche Verbesserung der Qualität der Befragung erreicht werden, andererseits war stets zu beachten, daß die Neutralität der Fragestellungen nicht gefährdet wurde. I m Ergebnis wurde schließlich eine veränderte Fragebogenfassung mit sachgerechten Formulierungen von den Bundesverbänden mit einem Begleitschreiben unterstützt. In dieser veränderten Fassung wurde den Vorschlägen der Bundesverbände entsprochen, die Beantwortung verschiedener Fragen differenzierter als zunächst vorgesehen zu ermöglichen. Diese Vorschläge waren sachlich plausibel, sie erweiterten jedoch den ohnehin beträchtlichen Umfang des Fragebogens. U m die Unternehmen nicht von vornherein von der Mitarbeit abzuschrecken, wurde ihnen deshalb freigestellt, entweder den gel l Zu den dabei gewonnenen Erkenntnissen vgl. im einzelnen Teil II dieser Studie.

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Zielsetzung, Aufbau und Metode

samten Fragebogen oder - neben den allgemeinen Angaben nur die Fragen zur Wettbewerbssituation im Straßengüterfernverkehr oder nur die Fragen zur Wettbewerbssituation im Straßengüternahverkehr zu bearbeiten. Obwohl deshalb in einem Großteil der ausgefüllten Fragebogen nur Angaben zu einem Bereich enthalten sind, erschien eine solche Vorgehensweise sinnvoll; denn einerseits konnten so sehr differenzierte Fragen und Antwortmöglichkeiten sowohl zum Straßengüterfern- als auch zum Straßengüternahverkehr vorgegeben werden, andererseits bestand die Gefahr, daß bei fehlender Unterstützung von Seiten der Verbände der Rücklauf beantworteter Fragebogen erheblich beeinträchtigt worden wäre. I m Bereich der Binnenschiffahrtsunternehmen schlug der BdB vor, zusätzliche Fragen nach Schiffsgröße, Einsatzbedingungen etc. in den Fragebogen einzubeziehen, jedoch sollten wesentliche Fragen zur Wettbewerbsstellung mittelständischer Binnenschiffahrtsunternehmen im Rahmen der Verkehrsmarktordnung herausgenommen werden. Nach Briefkontakten und Gesprächen akzeptierte der BdB schließlich einen verbesserten Fragebogenentwurf, in dem sämtliche für wichtig erachteten Fragen zur Wettbewerbssituation enthalten waren. I m M a i 1985 stellte dieser Verband dann ein Begleitschreiben zur Verfügung, in dem den Binnenschiffahrtsunternehmen nahegelegt wurde, sich an der Umfrage zu beteiligen. Von Seiten des BDS Abt. Binnenschiffahrt fand die geplante Umfrage uneingeschränkte Unterstützung. Neben zahlreichen Informationen und der Vermittlung von Ansprechpartnern wurde auch ein Begleitschreiben bereitgestellt. Zusätzlich zu dem Begleitschreiben erklärten sich der BDF und der BDS Abt. Binnenschiffahrt bereit, in ihren Verbands12

mitteilungen auf die Befragung hinzuweisen . So formulierte der BDF: "Die Unternehmen des Güterkraftverkehrsgewerbes sehen sich zur Zeit einer Flut von Befragungen durch die verschiedensten Institute ausgesetzt. ...während sich das For12 Zu beachten ist allerdings, daß derartige Hinweise mit der Aufforderung zur Rücksprache immer auch eine gewisse Gefahr des abgestimmten Verhaltens der antwortenden Unternehmen beinhalten.

2 Methodisches Vorgehen

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schungsinstitut für Wirtschaftspolitik an der Universität Mainz zuvor mit dem BDF in Verbindung gesetzt hat, arbeiten die anderen Meinungsforscher zumeist hinter dem Rücken der Gewerbeverbände. ... angesichts der Vielzahl und Unwägbarkeit der Umfrageaktionen empfiehlt es sich, im Zweifelsfalle den zuständigen Landesverband um eine Beurteilung zu bitten" 1 3 . Der BDS Abt. Binnenschiffahrt teilte seinen Mitgliedern mit: "Der BDS bittet daher alle, die einen Fragebogen erhalten, sich die Zeit zu nehmen und diesen auszufüllen. ... bei auftretenden Fragen sollten sie sich mit Kollegen beraten. Auch die Vorstandsmitglieder sowie die Geschäftsstellen ... geben gerne Auskunft." 1 4

2.5 Versand und Rücklauf der Fragebogen Ende August 1985 war der Versand der Fragebogen abgeschlossen. Insgesamt wurden 6103 Fragebogen verschickt: - 2 583 Fragebogen an gewerbliche Straßengüterverkehrsunternehmen - 2 536 Fragebogen an Verlader im Bereich Straßengüterverkehr - 523 Fragebogen an gewerbliche Binnenschiffahrtsunternehmen - 461 Fragebogen an Verlader im Bereich Binnenschiffahrt Der Gesamtrücklauf betrug 1 223 Fragebogen oder 20,04 %. Für die Auswertung bedeutsam waren jedoch nur 978 Fragebogen oder 16,02 %. Die Differenz erklärt sich im wesentlichen daraus, daß trotz sorgfältiger Auswahl einige Anschriften nicht dem eigentlichen Adressatenkreis zuzurechnen waren. So waren beispielsweise Verladerfragebogen an Unternehmen versandt

13 Bundesverband des deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), BDF-Unternehmerbrief 5/85, Frankfurt 1985, S. 2 f. 14 o.V., Neues Forschungsprojekt zur Lage der mittelständischen Binnenschiffahrt, in: Der Selbständige in der Binnenschiffahrt, Jg. 3 (1985), Nr. 3, Bonn 1985, S. 20.

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Zielsetzung, Aufbau und Metode

worden, die überhaupt keine Verladungen vornehmen oder die lediglich im Werkverkehr tätig sind oder die ihre Lieferungen ab Werk vornehmen etc. Darüber hinaus machten einige Unternehmen nur allgemeine Angaben etwa zur Anzahl von Fahrzeugen, Schiffen, Beschäftigten etc. und äußerten sich nicht zur "kontrollierten Wettbewerbsordnung". Insbesondere von gewerblichen Straßengüterverkehrsunternehmen wurde der Fragebogen auch mehrfach völlig unausgefüllt zurückgesandt. I m Bereich der Binnenschiffahrt erwiesen sich die aus öffentlich zugänglichen Quellen ausgewählten Adressen teilweise als falsch. Untergliedert nach einzelnen Bereichen ergaben sich folgende Quoten:

Rücklaufquote (in v.H.)

Quote der aussagefähigen Fragebogen (in v.H.)

Straßengüterverkehr

15,80

13,36

Verlader im Bereich Straßengüterverkehr

20,98

16,80

Binnenschiffahrt:

31,36

23,14

Verlader im Bereich Binnenschiffahrt:

25,81

18,66

Hinsichtlich der Repräsentativität ist zunächst festzustellen, daß die Anzahl der zurückgesandten Fragebogen in den einzelnen Bereichen ausreichte, um detaillierte Untersuchungen über die Auswirkungen staatlicher Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindimg durchzuführen. Es war jedoch zu beobachten, daß größere Unternehmen tendenziell eher bereit waren, sich an der Fragebogenaktion zu beteiligen. Allerdings sind hieraus resultierende Verzerrungen lediglich bei der größenklassenunabhängigen Berechnung von Prozentzahlen über alle Befragten zu erwarten; bei der vorwiegend durchgeführten größenklassenbezogenen Auswertung ergibt sich dagegen keine Beeinträchtigung des Aussagegehaltes der Ergebnisse.

2 Methodisches Vorgehen

Wichtiger erscheint die Frage, ob die im Rahmen der angegebenen Rücksendequoten durch Ausfälle entstandenen Verzerrungen eine Verwendung der Ergebnisse verbieten (Non-Response-Problem). Die möglicherweise entstandenen Verzerrungen sind kaum global abzuschätzen oder gar quantifizierbar. Tendenziell ist unter Plausibilitätsgesichtspunkten eine leichte Polarisierung der Ergebnisse zu vermuten, denn sowohl Unternehmen, die durch die "kontrollierte Wettbewerbsordnung" in starkem Ausmaß benachteiligt werden, als auch Unternehmen, die in starkem Ausmaß begünstigt werden, dürften eher bereit gewesen sein, sich an der Fragebogenaktion zu beteiligen. Plausibel erscheint auch, daß sich eine derartige Polarisierung im Gesamtergebnis tendenziell ausgleicht. Bei einzelnen Fragen dürfte es jedoch sinnvoll sein, sich die möglicherweise aus dem Non-Response-Problem resultierenden Verzerrungen jeweils vor Augen zu halten. So ist beispielsweise wegen der geringen Rücklaufquote eine Unterbewertimg der Relevanz von Umgehungen staatlicher Regulierungseingriffe zu vermuten, da insbesondere solche Unternehmen, die häufig und ausgiebig mit solchen Umgehungen arbeiten, wegen der Problematik der Fragestellung von der Teilnahme an der Fragebogenaktion abgehalten worden sein dürften. I n bezug auf die Aussagefähigkeit der Fragebogenergebnisse ist auch auf Manipulationsversuche im Bereich der Binnenschiffahrt hinzuweisen. Hier fielen zunächst einige identisch ausgefüllte Fragebogen auf. Nachforschungen ergaben, daß eine bestimmte Genossenschaft an ihre Mitglieder gerichtete Fragebogen zentral ausgefüllt hatte. Aufgrund dieser Manipulation wurde von den betroffenen Rücksendungen lediglich ein Fragebogen berücksichtigt. Allerdings zeigten sich auch bei anderen von Genossenschaftspartikulieren ausgefüllten Fragebogen nicht eindeutig beweisbare Hinweise auf Einflußnahmen. So war beispielsweise auffällig, daß von Genossenschaftspartikulieren, die ihre Zugehörigkeit zu einer speziellen Genossenschaft sogar im Fragebogen ausdrücklich kenntlich machten, an einer bestimmten Stelle des Fragebogens regelmäßig auf ein Gutachten des Ifo-Instituts hingewiesen wurde.

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Teil I Die "kontrollierte Wettbewerbsordnung" des Verkehrsmarktes 1 Entstehungsgeschichte und gesetzliche Grundlagen I m historischen Rückblick 1 läßt sich die Entwicklung der Verkehrsmarktordnung auf zwei wesentliche technische Innovationen zurückführen. Zunächst führte die Erfindung der Dampfmaschine seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem rapiden Vormarsch der Eisenbahnen und in geringerem Umfang der Binnenschiffahrt, was in einer starken Monopolisierung von Transportleistungen auf Schienenwegen und einer vollständigen Verdrängung kleiner Straßentransportunternehmen gipfelte. Durch die Erfindung von Verbrennungsmotoren wandelte sich dieses Bild etwa zur Mitte der Weimarer Republik, denn das seit 1920 einheitlich verwaltete Staatsunternehmen "Deutsche Reichsbahn" geriet unter einen zunehmenden Wettbewerbsdruck des verkehrswertig hoch einzustufenden Güterkraftverkehrs, der während der Weltwirtschaftskrise einen ersten Höhepunkt erreichte. Damit verbunden war auch eine veränderte Zielsetzung der staatlichen Ordnungspolitik. Ursprünglich stand der Schutz der Verkehrsleistungsnachfrager vor dem Monopol der Eisenbahnen im Vordergrund. Aus diesem Schutzgedanken waren u. a. auch sogenannte "gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen" der Eisenbahnen abgeleitet worden. Aufgrund des zunehmenden Wettbewerbsdrucks wurde dann jedoch das Ziel verfolgt, die Deutsche Reichsbahn vor dem Wettbewerb des Güterkraftverkehrs zu schützen, was sich beispielsweise in dem "Gesetz über Kraftfahrlinien (Kraftfahrliniengesetz)" vom 26. August 19252 ergänzt durch die Kraftfahrlinienverordnung vom 20. Oktober 19283 andeutete. Die Rechtfertigung der dabei verfügten staatlichen Marktzugangsbeschränkungen für private Straßenver-

1 Vgl. zur Historie ausführlich: VOIGT, Fritz, Verkehr, Zweiter Band, Erste Hälfte, Die Entwicklung des Verkehrssystems, Berlin 1965. 2 RGBL I, S. 319. 3 RGBL I, S. 380.

1 Entstehungsgeschichte und gesetzliche Grundlagen

kehrsunternehmen wurde dadurch erleichtert, daß die zur Zeit der Monopolstellung der Eisenbahnen festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nach Auffassung der Verkehrspolitiker auch weiterhin Bestand hatten. I n der als Teil der Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen erlassenen Überlandverkehrsverordnung vom 6. Oktober 1931 wurde der Wettbewerbsschutz der Reichsbahn zum erklärten Z i e l 4 . Erreicht werden sollte er im wesentlichen durch eine strenge Marktzugangsbegrenzung und durch die Kopplung der Mindestbeförderungspreise des neu geschaffenen "Reichskraftwagentarifs" (RKT) an den Deutschen Eisenbahngütertarif (DEGT). Als wesentlicher Unterschied zu der früher verfolgten Seisetzung ist zu beachten, daß nicht mehr eine Marktseite vor der Ausnutzung der Monopolstellung der anderen Marktseite geschützt werden sollte, sondern daß die Wettbewerbschancen eines einzelnen Verkehrsträgers durch massive staatliche Regulierungseingriffe zu Lasten anderer Verkehrsträger verbessert werden sollten. Die weitgehend partiellen Eingriffe der Notverordnung konnten allerdings das beabsichtigte Ziel des Wettbewerbsschutzes der Deutschen Reichsbahn nicht erreichen. So erwies sich beispielsweise die gesetzlich vorgesehene Überwachung des RKT durch die Landesbehörden als unmöglich. M i t dem "Gesetz über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen" (GFG) vom 26. Juni 19355 wurde deshalb ein umfassendes Regelwerk geschaffen, dessen Grundelemente zu einem nicht unerheblichen Teil auch heute noch in der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" wiederzufinden sind 6 . I m Bereich der Binnenschiffahrt erfolgte die Einführung staatlich zu genehmigender Festfrachten im innerdeutschen

4 Deshalb wurde die entgeltliche Güterbeförderung über eine Entfernung von mehr als 50 km genehmigungspflichtig, während der Güternahverkehr und der Werkverkehr nicht in diese Genehmigungspflicht einbezogen wurden. 5 RGBL I, S. 788, sowie RGBL I, S. 320 (Durchführungsverordnung vom 27.3.1936). 6 Als Beispiele seien genannt: Trennung zwischen Straßengüternah- und Straßengüterfernverkehr, Genehmigung, Tarif, Tarifüberwachung.

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Teil I: Wettbewerbsordnung

des Verkehismarktes

Verkehr als Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise, die zu einem enormen Aufkommenseinbruch und Frachtenverfall geführt hatte. I n diesem Zusammenhang wurden auch die kleinen Binnenschiffahrtsunternehmen zwangsweise in Schifferbetriebsverbänden unter staatlicher Aufsicht zusammengeschlossen. Eine zusätzliche Rechtfertigung für die Einführung derartiger Maßnahmen - zumindest aber für deren spätere Beibehaltung - ist jedoch auch im Bereich der Binnenschiffahrt in dem verstärkten Substitutionswettbewerb des gewerblichen Güterkraftverkehrs mit der Reichsbahn zu sehen, wodurch die Neigung zu öffentlichen Preisbindungen und flankierenden Wettbewerbskontrollen für den Gesamtbereich des Binnenlandverkehrs wesentlich erhöht wurde 7 . So sah sich die Binnenschiffahrt beispielsweise auch zu Beginn der 20er Jahre mit vielfältigen Problemen konfrontiert, die "vom Ansatz her aus einer Überlappung exogenpolitischer Impulse mit Strukturschwächen der Investitions- und Angebotspolitik des sehr heterogen zusammengesetzten Binnenschiffahrtsgewerbes" 8 resultierten. Während sich früher jedoch die staatlichen Eingriffe im wesentlichen auf Stützungsmaßnahmen wie die Vergabe von Darlehen 9 beschränkten, wurde mit den Ermächtigungsregelungen der Notverordnung von 1931 und dem "Gesetz zur Bekämpfung der Notlage der Binnenschiffahrt" aus dem Jahre 1933 ein stark interventionistisches Instrumentarium entwickelt, das in wesentlichen Teilaspekten den bis heute gültigen Rahmen für den innerdeutschen Binnenschiffsverkehr bildet. I m Gegensatz zum Straßengüterverkehr erfolgte die Durchsetzung der staatlichen Regulierungseingriffe im Bereich der

7 Vgl. WILLEKE, Rainer u.a., Maigentarife für die Binnenschiffahrt, Buchreihe des Instituts für Verkehrswissenschaft an der Universität zu Köln, hrsg. v. R. WILLEKE, Nr. 35, Köln 1977, S. 14. 8 Ebenda, S. 14. Als exogen-politische Impulse werden dort die großen Tonnageverluste als Folge des 1. Weltkriegs verstanden. 9 Als Beispiel sei hier die "Kleinschiffer-Nothilfe" angeführt, mit deren Hilfe die Überschuldung an holländische Schiffsbeleihungsinstitute abgebaut werden sollte; vgl. hierzu und zum Verhältnis Eisenbahn - Binnenschiffahrt: FREIER, Rudolf, Das Verhältnis des Staates zur Binnenschiffahrt in der Vergangenheit und Gegenwert, in: ZfBW, 96. Jg. (1969), S. 242.

1 Entstehungsgeschichte und gesetzliche Grundlagen

Binnenschiffahrt nur schrittweise und mit regionalen Unterschieden. Dies ist im wesentlichen auf die frühzeitige internationale Ausrichtung der Rheinschiffahrt und die daraus resultierenden internationalen Abkommen zurückzuführen 10 . Diese verhinderten - ausgehend von einer freien Markt- und Frachtenordnung - die Einführung interventionistischer Maßnahmen im Bereich internationaler Verkehre und verzögerten deren Durchsetzimg selbst für den Bereich rein innerdeutscher Relationen bis zum 2. Weltkrieg. Zwar verbietet die Interdependenz wirtschaftspolitischer Zusammenhänge eine rein monokausale Argumentationsweise. Dennoch dürfte der Wettbewerbsschutz der Reichsbahn in Verbindung mit der Ableitung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen als ursächlich für die interventionistische Umformung der Verkehrsmärkte mit im Grundsatz bis heute bestehenden staatlichen Preis- und Kapazitätsregulierungen anzusehen sein. Durch die Weltwirtschaftskrise wurde diese Umformung verstärkt und durch die verwaltungswirtschaftlich ausgerichtete Politik der Nationalsozialisten zementiert. "So war in wenigen Jahren ein wettbewerblicher Sonderbereich entstanden mit einer tragenden Gemeinwirtschaftsideologie, tatsächlichen und vermeintlichen Nutznießern, einer Fachadministration und gehöriger Distanz zum kritischen Interesse einer breiteren Öffentlichkeit" 11 . Nach dem 2. Weltkrieg blieb die interventionistische Verkehrsmarktordnung nach Einführung der sozialen Marktwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland erhalten und wurde in vielen Bereichen perfektioniert. Als Begründung wurden die gleichen Argumente angeführt, die in den 30er Jahren zu schwerwiegenden Eingriffen in den Marktmechanismus geführt 10 Von besonderer Bedeutung ist die im Jahre 1831 abgeschlossene Mainzer Rheinschiffahrtsakte, die im Jahre 1868 in Teilaspekten zur Mannheimer Akte erweitert wurde. Mit einigen Modifikationen bildet die Mannheimer Akte noch immer die Grundlage der internationalen Rheinschiffahrt. 11 WILLEKE, Rainer, Die Interventionslast in den wettbewerblichen Ausnahmebereichen und das Problem der Mißbrauchsaufsicht, in: Politik und Markt, hrsg. v. D. DUWENDAG und H. SIEBERT, Stuttgart/New York 1980, S. 128.

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Teil I: Wettbewerbsordnung

des Verkehsmarktes

hatten. Deutlich wird dies etwa in der Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). "Die Gebiete des Verkehrs ... widerstehen der konkurrenzwirtschaftlichen Beeinflussung ebenfalls da, wo ... besondere Einrichtungen, die auf Gesetzen oder Rechtsverordnungen beruhen, nach gemeinwirtschaftlichen Grundsätzen ... Aufgaben der Verkehrsbedienung und Verkehrserschließung durchführen. Eine optimale Befriedigung der Verkehrsbedürfnisse setzt, besonders angesichts des vorhandenen staatlich beaufsichtigten und gelenkten Bahnmonopols und der dadurch bedingten Ausstrahlung auf Tarife und Bedingungsgestaltung der übrigen Verkehrsträger, eine Koordination der Verkehrsleistungen voraus, die zwangsläufig Eingriffe in die Wettbewerbsfaktoren mit sich bringt." I n dieses Gesetz zum Schutz des Wettbewerbs vor Beschränkungen und Verfälschungen 1 3 , wurde deshalb die Bereichsausnahme des § 99 GWB (Bundespost- und Verkehrswirtschaft) aufgenommen, um einen ständigen Widerspruch zwischen wettbewerbsrechtlichen Anforderungen und verkehrsrechtlichen Regelungen zu vermeiden. Eine weitere Begründung für diese Bereichsausnahme bildeten zu dieser Zeit die sogenannten "Besonderheiten des Verkehrs". Dabei wurde davon ausgegangen, daß gewisse Eigenarten der Produktion von Verkehrsleistungen die Funktionsfähigkeit des Preismechanismus erschweren. Diese Argumentation gipfelte in der Annahme, daß die Addition dieser Eigenarten zumindest unter gewissen Bedingungen - eine den Preiswettbewerb ausschließende Konstellation schaffe. 14 12 Deutscher Bundestag, Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, 1. Wahlperiode 1949, Drucksache Nr. 3462, Anlage 1, S. 17. 13 Das GWB war nicht unumstritten, vgl. dazu beispielhaft: ANDREAE, Wilhelm, Wettbewerb und Wirtschaftsordnung, in: WuW, 3. Jg. (1953), S. 408 ff. 14 Zur wissenschaftlichen Widerlegung der Besonderheitentheorie vgl. HAMM, Walter, Preise als verkehrspolitisches Ordnungsinstrument, Veröffentlichungen des Forschungsinstituts für Wirtschaftspolitik an der Universität Mainz, hrsg. v. E. WELTER, Band 17, Heidelberg 1964; PETERS, Hans-Rudolf, Marktwirtschaftliche Verkehrsordnung und die "Besonderheiten" des Güterverkehrs, Ein Beitrag zur Liberalisierung des Güterverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland, Bad Godesberg 1966; STORSBERG, Günther, Die Be-

1 Entstehungsgeschichte und gesetzliche Grundlagen

Die aus der Monopolstellung der Deutschen Bundesbahn und den daraus abgeleiteten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen resultierende Ausklammerung des Verkehrsbereichs aus der allgemeinen Wettbewerbsordnung der sozialen Marktwirtschaft durch Anwendung administrativer Koordinierungsmechanismen fand im Bereich der einzelnen Verkehrsträger in den grundlegenden Gesetzen für den Güterverkehr ihre Ausprägung. Diese grundlegenden Gesetze sind 1 5 : - das Güterkraftverkehrsgesetz (GÜKG),

- das Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr (BSCHVG),

- das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG), - das Bundesbahngesetz (BbG). Diese Gesetze stehen in einem engen Zusammenhang. Die GemeinwirtschafUichkeitsverpflichtung der Deutschen Bundesbahn ist im BbG niedergelegt. I n den gleichlautenden sogenannten "Wettbewerbsparagraphen" 16 werden die einzelnen Verkehrsträgergesetze in ein allgemeines Zielsystem der Verkehrspolitik eingeordnet: "(1) M i t dem Ziel bester Verkehrsbedienung hat die Bundesregierung darauf hinzuwirken, daß die Wettbewerbsbedingungen der Verkehrsträger angeglichen werden und daß durch deutung der Kleinen Verkehrsreform für die Preis- und Tarifbildung im Güterverkehr, Gutachten im Auftrag des Bundesministers für Wirtschaft vom 10. 9. 1963, Brüssel 1963. 15 Vgl. dazu: Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) vom 17. Oktober 1952, BGBL I, S. 697. Im folgenden wird die Fassung vom 10. März 1983 (BGBL I, S. 256) zugrundegelegt; Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr (BSCHVG) vom 1. Oktober 1953, BGBL I, S. 1453. Im folgenden wird die Fassung vom 8. Januar 1969, BGBL I, S. 65, geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr vom 25. Juni 1979, BGBL I, S. 822 zugrundegelegt; Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) vom 29. März 1951, BGBL I, S. 225, berichtigt S. 438; Bundesbahngesetz (BbG) vom 13. Dezember 1951, BGBL I, S. 955. 16 MOST bezeichnet diese Paragraphen auch als "Basisparagraphen"; vgl. MOST, Otto, Gutachten zu den Begriffen der Verkehrsnovellen vom 1. 8.1961, Schriftenreihe des Bundesministers für Verkehr, Heft 25, Bad Godesberg 1963, S. 9.

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Teil I: Wettbewerbsordnung

des Verkehsmarktes

marktgerechte Entgelte und einen lauteren Wettbewerb der Verkehrsträger eine volkswirtschaftlich sinnvolle Aufgabenteilung ermöglicht wird. (2) Die Leistungen und Entgelte der verschiedenen Verkehrsträger hat der Bundesminister für Verkehr soweit aufeinander abzustimmen, als es die Verhinderung eines unbilligen Wettbewerbs erfordert. (3) Der Bundesminister für Verkehr kann Richtlinien über die Genehmigung der Verkehrstarife bekanntmachen." 17 Es wird erkennbar, daß die Erklärung der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" als eines notwendigen Rahmens zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen weder in der Entstehungsgeschichte noch in den bestehenden gesetzlichen Grundlagen dominiert. Wenn dennoch dieses Argument in den letzten Jahren immer stärker an Bedeutung gewinnt, so mag dies auch darauf zurückzuführen sein, daß die Fragwürdigkeit ursprünglicher Begründungen staatlicher Regulierungseingriffe ihre Befürworter zu einem Ausweichen auf andere Argumentationsmuster veranlaßt. I n den folgenden Abschnitten werden wesentliche Bestandteile der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" dargestellt. Dabei wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Auch erfolgt keine gleichgewichtige Behandlung einzelner Verkehrsbereiche. Die notwendige Akzentsetzung der Darstellung ergibt sich vielmehr aus dem Analyseziel der Studie 1 8 .

17 § 8 AEG, § 33 BSCHVG, § 7 GüKG. 18 Als guten Überblick über die Regelungen der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" vgl. FRIEDRICH, Wolfgang u.a., Preise, Konditionen und Wettbewerb im Güterverkehr, hrsg. v. HJ. KONIG, Frankfurt 1985.

Ζ 1 Zulassungsbeschränkungen im Straßengüterverkehr

2 Staatliche Zulassungsbeschränkungen im Verkehrsgewerbe

2.1 Straßengüterverkehr 2.1.1 Gewerblicher Güternahverkehr Das GÜKG trennt zwischen Werkverkehr, Güternahverkehr und Güterfernverkehr 19 . Beim (gewerblichen) Güternahverkehr handelt es sich um die Beförderung von Gütern für Dritte innerhalb der sogenannten Nahzone. "Die Nahzone ist das Gebiet innerhalb eines Umkreises von SO km, gerechnet in der Luftlinie vom Mittelpunkt des Standorts des Kraftfahrzeugs (Ortsmittelpunkt) aus . Als Standort gilt der Sitz des Unternehmens oder eine nicht nur vorübergehende geschäftliche Niederlassung 21 . Der Ortsmittelpunkt ist nicht unbedingt mit der geographischen Mitte einer Gemeinde identisch, sondern stellt einen verkehrswirtschaftlichen Schwerpunkt dar. Weit verzweigte oder bevölkerungsstarke Gemeinden werden in mehrere Bezirke mit jeweils einem eigenen Ortsmittelpunkt eingeteilt. Daraus ergibt sich, daß der Umfang der Nahzone nicht exakt kreisförmig sein muß. Denn alle angeschnittenen Gemeinden (bzw. Gemeindebezirke), deren Ortsmittelpunkte innerhalb des Kreises liegen, werden der Nahzone zugerechnet, während alle Gemeinden (bzw. Gemeindebezirke), deren Ortsmittelpunkte außerhalb des Kreises liegen, nicht zur Nahzone zählen. Z u beachten ist außerdem, daß sich die tatsächlich zurückgelegte Strecke infolge des natürlichen Straßenverlaufs von der Luftlinie unterscheidet, weshalb sich im Güternahverkehr zwischen Be- und Entladestellen Transportentfernungen von 120 km und mehr ergeben können.

19 Auf spezielle Verkehre wie den Umzugsverkehr und den (Straßen)Güterfernverkehr der Deutschen Bundesbahn wird hier nicht eingegangen. 20 § 2 Abs. 2 GüKG. 21 Vgl. §6 Abs. 1 GüKG.

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Teil I: Wettbewerbsordnung

des Verkehsmarktes

Das GÜKG unterscheidet im Bereich des Güternahverkehrs zwischen: - Allgemeinem Güternahverkehr (§§ 80 - 89 GÜKG); - Landwirtschaftlichen Sonderverkehren (§§ 89a - 89c GÜKG); - Güterliniennahverkehr (§§ 90 - 97 GÜKG). Der allgemeine Güternahverkehr, d.h. der gewerbsmäßige Güternahverkehr mit Lastkraftwagen mit einer Nutzlast von mehr als 750 kg oder mit Zugmaschinen, setzt eine Erlaubnis voraus, die dem Unternehmer für seine Person von den unteren Verkehrsbehörden (Erlaubnisbehörden) zeitlich imbeschränkt erteilt w i r d 2 2 . Diese Erlaubnis stellt eine subjektive Zulassungsvoraussetzung dar, denn sie setzt voraus, daß - der Unternehmer und die für die Führung der Geschäfte bestellte Person zuverlässig sind, - der Unternehmer oder die für die Führung der Geschäfte bestellte Person fachlich geeignet ist, - die finanzielle Leistungsfähigkeit des Betriebes gewährleistet ist 2 3 . Ursächlich für diese Anforderungen ist die Befürchtung, daß im Güternahverkehrsgewerbe bei uneingeschränktem Marktzugang auch unzuverlässige und ungeeignete Personen tätig werden, die zum einen den Ruf dieses Gewerbes schädigen und zum anderen durch nicht-unternehmerische Verhaltensweisen die Funktionsfähigkeit des Preismechanismus gefährden. Insbesondere die Sicherstellung der fachlichen Eignung und der Sachkunde 24 soll solchen Auswirkungen durch eine Prüfung in folgenden Gebieten entgegenwirken: Gewerbevorschriften, Ta22 Vgl. § 80 GüKG. 23 Vgl. zu den subjektiven Zulassungsvoraussetzungen im einzelnen: EISEL, Rolf, Die Ordnung des gewerblichen Güternahverkehrs, Beiträge aus dem Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität Münster, hrsg. v. H.St. SEIDENFUS, Heft 53, Göttingen 1968, S. 54 ff. 24 Zur Diskussion der Sachkundeprüfung vgl. SCHOBER, Rolf, Die Sachkundeprüfung auf neuen Wegen, in: Der Güterverkehr, 10. Jg. (1960), Heft 4, S. 102 ff.; derselbe, 10 Jahre Sachkundeprüfung, in: Der Güterverkehr, 13. Jg. (1963), Heft 4, S.90ff.

1 Zulassungsbeschränkungen im Straßengüterverkehr

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rife, Beförderungsbedingungen, Buchführung, Kostenberechnung, Steuer- und Sozialwesen, Arbeitszeit- und Straßenverkehrsvorschriften. Alternativ wird diese Voraussetzung für die Erlaubniserteilung durch eine mindestens dreijährige nicht untergeordnete Tätigkeit in einem oder mehreren Unternehmen des Güterkraftverkehrsgewerbes oder der Spedition und Lagerei erfüllt 2 5 . Ergänzt wird diese Bestimmung durch die finanziellen Eintrittsvoraussetzungen, die jedoch aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten der Kreditbeschaffung, der Ratenzahlung und der Möglichkeit des Erwerbs von Gebrauchtfahrzeugen in ihrer praktischen Auswirkung von vergleichsweise geringerer Bedeutung sind. Einen untergeordneten Stellenwert nimmt schließlich die Zuverlässigkeitsprüfung ein, denn diese dient lediglich dazu, die Allgemeinheit vor Schaden zu bewahren, wobei als Indiz für Unzuverlässigkeit beispielsweise wesentliche oder wiederholte Verstöße gegen im Interesse der öffentlichen Verkehrssicherheit erlassene Vorschriften angesehen werden. Im Gegensatz zu den erstgenannten Voraussetzungen obliegt es in diesem Fall auch nicht dem Antragsteller, sondern der Erlaubnisbehörde, eine solche Unzuverlässigkeit nachzuweisen.

2.1.2 Gewerblicher Güterfernverkehr Güterkraftverkehr

und grenzüberschreitender

Als (gewerblicher) Güterfernverkehr gilt jede mit einem Kraftfahrzeug durchgeführte Beförderung von Gütern für andere, die über die Grenzen der Nahzone hinausgeht oder außerhalb dieser Nahzone stattfindet 26 . Als Nahzone wird für das eingesetzte Fahrzeug der Bereich zugrunde gelegt, der sich aus seinem Standort ergibt. Auch Transporte über sehr geringe Entfernungen sind somit dem Güterfernverkehr zuzurechnen, wenn sie außerhalb dieser Nahzone stattfinden. Der in diesem 25 Vgl. Zweite Verordnung über den Nachweis der fachlichen Eignung und der Sachkunde zur Führung von Güterkraftverkehrsunternehmen in der Fassung vom 3. Mai 1973, BGBL I, S. 331, § 1. 2 V g l . § Abs. 1 GüKG.

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Teil I: Wettbewerbsordnung

des Verkehrsmarktes

Sinne definierte Güterfernverkehr ist wesentlich strengeren Regulierungseingriffen unterworfen als der Güternahverkehr, da für seine Ausübung eine Genehmigung (Konzession) erteilt sein muß und zusätzlich die Gesamtzahl der ausgegebenen Konzessionen für den Güterfernverkehr einer Kontingentierung unterliegt, denn ihre Ausgabe wird durch die sogenannte Höchstzahlenverordnung 27 begrenzt. Neben den subjektiven, vom Antragsteller beeinflußbaren Zulassungsvoraussetzungen, die in Analogie zum Güternahverkehr Zuverlässigkeit und Sachkunde erfordern, liegt somit eine zusätzliche objektive, vom Antragsteller nicht beeinflußbare Zulassungsvoraussetzung vor. Es gibt allerdings kein Kontingent von einheitlichen Genehmigungen für sämtliche binnenländische und grenzüberschreitende Transporte, sondern es ist zwischen verschiedenen Genehmigungsarten für den allgemeinen Güterfernverkehr, den Bezirksgüterfernverkehr und den grenzüberschreitenden Güterfernverkehr zu unterscheiden. "Rote" Genehmigungen berechtigen zur Durchführung von Binnenbeförderungen gleich welcher Transportentfernung. Bis Ende 1983 erfolgte eine Trennung zwischen gewerblichem Möbelfernverkehr und allgemeinem Güterfernverkehr. Für den Möbelfernverkehr standen deshalb gesonderte "gelbe" Genehmigungen zur Verfügimg, die im Zuge einer Umtauschaktion in rote Genehmigungen umgewandelt werden konnten. § 13 GÜKG sieht vor, daß die Genehmigungserteilung auch mit verkehrsmäßigen Beschränkungen im Rahmen der verkehrswirtschaftlichen Ziele des GÜKG erfolgen kann. Diese Bestimmung spiegelt sich in den "blauen" Genehmigungen für den Bezirksgüterfernverkehr wider, denn diese Genehmigungsart berechtigt lediglich zur Durchführung von Güterfernverkehr "innerhalb eines Umkreises von höchstens 150 km, gerechnet in der Luftlinie vom Ortsmittelpunkt des Standorts der Kraftfahrzeuge aus" 28 .

27 Vgl. Sechste Verordnung über die Höchstzahlen der Kraftfahrzeuge des Güterfernverkehrs und der Fahrzeuge des Möbelfernverkehrs vom 3. Juli 1970, BGBL I, S. 1101, geändert durch die 3. Änderungs-VO vom 18. November 1984, BGBL I, S. 1399. 28 § 13 a Abs. 1 GüKG.

Ζ 1 Zulassungsbeschränkungen im Straßengüterverkehr

Nach § 9 GÜKG setzt der Bundesminister für Verkehr mit Zustimmung des Bundesrates unter Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsbedürfnisse und der Verkehrssicherheit auf den Straßen die Höchstzahlen der Kraftfahrzeuge für den allgemeinen Güterfernverkehr und den Bezirksgüterfernverkehr fest. Genehmigungen, deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist, werden dem bisherigen Inhaber in der Regel wiedererteilt, wenn er für die letzten 24 Monate vor Ablauf der Gültigkeit eine hinreichende Nutzung nachweisen kann. "Eine hinreichende Ausnutzung ist grundsätzlich dann nicht gegeben, wenn die mit der Genehmigung erzielten Leistungen nach Gewichtskilometern und Umsatz aus Gründen, die der Unternehmer zu vertreten hat, jeweils weniger als die Hälfte der im Durchschnitt des betreffenden Landes erzielten Leistungen betragen" 29 . Sofern Genehmigungen neu zu erteilen sind, schreibt das GÜKG in § 10 Abs. 3 vor, Neubewerber, Klein-, Mittel- und Großunternehmer angemessen zu berücksichtigen. Innerhalb der jeweiligen Gruppe ist denjenigen Bewerbern der Vorzug zu geben, die das öffentliche Verkehrsbedürfiiis, das auch unter Berücksichtigung von struktur- und regionalpolitischen Zielen beurteilt werden kann, am besten befriedigen. Zur Durchführung grenzüberschreitender Transporte stehen verschiedene Genehmigungsarten zur Verfügung. Für den ausländischen Streckenteil werden Fahrtgenehmigungen im Rahmen von bilateralen Verwaltungsvereinbarungen ausgegeben. Damit ein solcher Transport überhaupt durchgeführt werden darf, benötigt der deutsche Transportunternehmer jedoch zusätzlich eine "rosa" Genehmigung für den grenzüberschreitenden Güterverkehr. Die sogenannten "altrosa" Genehmigungen erlauben in Verbindung mit jedem grenzüberschreitenden Transport auf der Hin- oder Rückfahrt eine Beförderung im Binnenverkehr. "Neurosa" Genehmigungen gelten dagegen nur für den grenzüberschreitenden Verkehr. Zusätzlich stehen für den grenzüberschreitenden Verkehr im Bereich der Europäischen Gemeinschaften (EG) und im Bereich der Europäischen Verkehrsminister-Konferenz (CEMT) §

Abs. GüKG.

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des Verkehsmarktes

multilaterale Genehmigungskontingente zur Verfugung. Die sogenannten EG- und CEMT-Genehmigungen berechtigen zum Verkehr mit sämtlichen beteiligten Ländern, ohne daß hierzu andere Genehmigungen benötigt werden. M i t einer solchen Gemeinschaftsgenehmigung werden auch Drei- und Mehrecksverkehre ermöglicht. So kann zum Beispiel im einfachsten Fall ein deutscher Unternehmer einen Transport nach Frankreich durchführen und auf der Rückfahrt Ladegut von Belgien nach Deutschland befördern, ohne über die jeweiligen bilateralen Genehmigungen zu verfügen. Allerdings erlauben auch diese Genehmigungen keine Binnenbeförderungen i m Ausland. I m Rahmen der bestehenden Genehmigungspraxis im Güterkraftverkehr gibt es somit keine Möglichkeit, Binnenbeförderungen in einem anderen Land (Kabotageverkehre) durchzuführen. Die Bedeutung einzelner Genehmigungsarten sowie die absolute und relative Entwicklung der Anzahl erteilter Genehmigungen zum gewerblichen Güterfernverkehr mit Lastkraftfahrzeugen im Zeitablauf geht aus Tabelle 1 hervor 3 0 . Dabei zeigt sich, daß seit 1970 nur geringfügige Erhöhungen der Kontingente erfolgt sind. So fand die letzte Aufstockung der roten Genehmigungen im Jahre 1971 und der rosa Genehmigungen im Jahre 1978 statt. I m Bezirksgüterfernverkehr wurde die letzte erhebliche Aufstockung des Kontingents um 2.100 Genehmigungen im Jahre 1985 vollzogen. Z u beachten ist allerdings, daß diese Kontingente kaum eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Straßengüterfernverkehrsgewerbes im Zeitablauf erlauben, da sie lediglich quantitative Angaben darstellen und keine Aussagen über die zeitliche und intensitätsmäßige Ausnutzung der Kapazität ermöglichen. Auch geht aus diesem Zahlenmaterial nicht hervor, daß in das Güterkraftverkehrsgesetz im Laufe der Zeit verschiedene Regelungen eingebaut wurden, die die Flexibilität der Kapazitätsund Einsatzplanung auch bei gegebenem Konzessionsbestand verbesserten. So wurde eine Genehmigung bis 1972 auf ein bestimmtes Fahrzeug ausgestellt. Seit dem 1.1.1973 wird nun die 30 Sämtliche hier und im folgenden aufgeführten Tabellen sind im Anhang zu finden.

21 Zulassungsbeschränkungen im Straßengüterverkehr

Genehmigung dem Unternehmer für seine Person erteilt (Inhabergenehmigung) 31 , was ihm die Möglichkeit eröffnet, durch den Einsatz beliebiger Fahrzeuge für die durchzuführenden Transporte seine Routenplanung zu optimieren 3 2 . § 12a GÜKG sieht außerdem die Möglichkeit des Splittings vor, d.h. eine erteilte Genehmigung kann in mehrere Genehmigungen mit Nutzlastbegrenzung umgewandelt werden, wobei die Summe der Einzelnutzlasten die ursprüngliche Gesamtnutzlast nicht überschreiten d a r f 3 3 . I n der Praxis nicht unbedeutend ist auch die Regelung des § 19a GÜKG, die den zuständigen Behörden die Möglichkeit eröffnet, zur Versorgung der Bevölkerimg mit lebensnotwendigen Gütern oder zur Vermeidung schwerwiegender volkswirtschaftlicher Nachteile für bestimmte Beförderungen Genehmigungen für Einzelfahrten zu erteilen.

2Λ.3 Werkverkehr Der Werkverkehr, d.h. die Beförderung von Gütern für eigene Zwecke eines Unternehmens, ist weder durch objektive noch durch subjektive Zulassungsbeschränkungen reglementiert. Nach § 48 A b s . l GÜKG müssen lediglich bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, die gewährleisten, daß es sich um einen Werkverkehrstransport handelt und nicht um einen gewerblichen Transport für Dritte. Diese Voraussetzungen sind: - Die Güter müssen für das eigene Unternehmen bestimmt sein (Verbrauch, Wiederveräußerung 34 etc.).

31 Vgl. § 11 GüKG. 32 Es ist allerdings zu beachten, daß je Genehmigung immer nur ein Fahrzeug fahren kann. 33 Gestückelt werden darf nur bis maximal 25 t. Wer ein Sonderfahrzeug mit höherer zulässiger Gesamtnutzlast hatte, kann nicht damit rechnen, die über 251 hinausgehende Stückelung angerechnet zu bekommen. 34 Eine genaue Definition der "Wiederveräußerung" erfolgt in § 48 a GüKG: "Güter werden nur dann zur Wiederveräußerung im Sinne von § 48 Abs. 1 Nr. 1 erworben, wenn sie im Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit gekauft werden, die ein selbständiges, innerhalb üblicher Geschäftsbeziehungen unabhängiges Handeln des Unternehmens darstellt und nicht von anderen wahrgenommen wird, die an Geschäften über diese Güter beteiligt sind".

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des Verkehsmarktes

- Die Beförderung muß für Zwecke des Unternehmens getätigt werden (Heranschaffung, Fortschaffung oder Überführung von Gütern). - Die Bedienung der Fahrzeuge muß durch eigene Arbeitskräfte erfolgen. - Es muß Eigentum am Fahrzeug vorliegen. - Der Werkverkehr darf nur eine Hilfstätigkeit im Rahmen der Gesamttätigkeit des Unternehmens darstellen. Aus dem GüKG ergibt sich damit für werkverkehrbetreibende Unternehmen ein Verbot des Transportes von Gütern für Dritte. § 48 GÜKG wird dabei so interpretiert, daß selbst sogenannte "Konzernverkehre", d.h. Verkehre zwischen rechtlich selbständigen Unternehmen, die jedoch personell, organisatorisch und finanziell eng verflochten sind, keinen Werkverkehr darstellen sondern als gewerblicher Güterkraftverkehr anzusehen sind .

2.2 Binnenschiffahrt I n der Bundesrepublik Deutschland gibt es weder im Bereich der gewerblichen Binnenschiffahrt noch im Bereich der Werkschiffahrt objektive staatliche Zulassungsbeschränkungen in Form von Lizenzen, Konzessionen oder Kontingenten, die den Marktzu- oder -austritt beschränken. A u f bundesdeutschen Wasserstraßen besteht lediglich ein Kabotagevorbehalt, von dem das Rheinstromgebiet einschließlich des Mains bis Bamberg und das westdeutsche Kanalgebiet bis zur Linie Münster/Dortmund ausgenommen sind .

35 Vgl. HEIN, Georg u.a., Güterkraftverkehrsrecht, 3. neugestaltete Auflage, Loseblattsammlung, 2. Bd., Berlin 1968, Erläuterungen Ν § 48, S. 3 ff. 36 Vgl. zur Darstellung und Bedeutung des Binnenwasserstraßennetzes der Bundesrepublik Deutschland: HERBST, Detlef, Partikulierzusammenschlüsse in der deutschen Binnenschiffahrt, Bedeutung, Arbeitsweise und Anpassungsmöglichkeiten an technische und wirtschaftliche Entwicklungen, Schriftenreihe des Instituts für Verkehrsplanung und Verkehrswegebau - Technische Universität Berlin, Berlin 1984, S. 27 ff; SCHROIFF, Franz J., Das Binnenschiffahrt·

Z2 Zulassungsbeschränkungen in der Binnenschiffahrt

Die subjektiven, in der Person des Schiffsführers begründeten Zulassungsvoraussetzungen werden durch eine Vielzahl schifffahrtsrechtlicher Bestimmungen in Form von Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften geregelt 37 . So ist beispielsweise für die Führung von Binnenschiffen der Nachweis von Befähigungszeugnissen für das jeweils befahrene Strom- und Kanalgebiet notwendig. Diese Befähigungszeugnisse stellen bestimmte Anforderungen an den Schiffsführer in bezug auf das Alter, die körperliche Eignung, die nautischen Kenntnisse und die Strekkenkenntnisse. Von großer Bedeutung sind darüber hinaus die an die Schiffe und deren Besatzung gestellten Anforderungen und Untersuchungen in Form von regelmäßigen Schiffsinspektionen, die amtliche Feststellung der Tauchtiefe in Abhängigkeit von der Beladung (Eichung), die unter anderem in der Binnenschiffs-Untersuchungsordnung festgelegte Mindestbemannung der Binnenschiffe in Abhängigkeit von Schiffsgröße und Schiffstyp etc. Das Nicht-Vorhandensein objektiver Zulassungsvoraussetzungen ist - wie bereits erwähnt - auf die besondere Bedeutung der internationalen Rheinschiffahrt und die daraus resultierenden OQ

Abkommen zurückzuführen

. So legt Artikel 1 der Mannhei-

Verkehrssystem, Veröffentlichungen der Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Abhandlungen Bd. 84, Hannover 1984, S. 40 ff. 37 Die wichtigsten Vorschriften sind in den laufenden Jahrgängen des WESKA zusammengestellt, vgl. Verein für Binnenschiffahrt und Wasserstraßen e.V., vormals Verein zur Wahrung der Rheinschiffahrtsinteressen e.V. (Hrsg.), WESKA - Westdeutscher Schiffahrts- und Hafenkalender, Duisburg-Ruhrort, versch. Jahrgänge; vgl. außerdem: VON LAUN, Kurt und Fritz LINDENMAIER, (Hrsg.), Schiffahrtsrecht, München und Berlin 1953; VORTISCH, Otto (Hrsg.), Vortisch-Zschucke, Binnenschiffahrts- und Flößereirecht, Kommentar, 3. ergänzte Auflage, Berlin 1964. 38 In dieser Studie wird nur auf die Regelungen der Rheinschiffahrtsakte eingegangen, da der Rhein der bedeutendste Binnenschiffahrtsmarkt ist und sich aufgrund der räumlichen Gegebenheiten Auswirkungen auf nahezu den gesamten Binnenschiffsverkehr der Bundesrepublik Deutschland ergeben. Hinzuweisen ist jedoch insbesondere auf das "Belgrader Abkommen" vom 19. August 1948, das die internationale Schiffahrt auf der Donau regelt, vgl. hierzu: SEIF, Adolf, 30 Jahre Belgrader Schiffahrtsakte, in: ZfBW, 105. Jg. (1978), S. 179 ff. Als Überblick über die internationale Rheinschiffahrt vgl. SCHLUCKEBIER, Ulrich, Internationales Rheinschiffahrtsrecht, Studien zum Wirtschaftsrecht und Atomenergierecht, hrsg. v. G. ERLER, Bd. 18, Göttingen 1965.

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Teil I: Wettbewerbsordnung

des Verkehsmarktes

mer Rheinschiffahrtsakte fest, daß die Schiffahrt auf dem Rhein den Fahrzeugen aller Nationen zum Transport von Waren und Personen gestattet ist. Artikel 3 untersagt außerdem Schifffahrtsabgaben, die lediglich aufgrund der Befahrung erhoben werden. Wesentliche Aspekte der Mannheimer Akte sind damit die Schiffahrts- und Abgabenfreiheit. Die Schiffahrtsfreiheit wurde lediglich durch das Zusatzprotokoll Nr. 2 zur Akte vom Oktober 1979 39 dahingehend eingeschränkt, daß für Schiffe aus Drittstaaten besondere Bedingungen gelten, die von der Zentralkommission fur die Rheinschiffahrt (ZKR) festgelegt und überwacht werden. Ein Zeichnungsprotokoll zum Zusatzprotokoll Nr. 2 legt zudem fest, daß ein Schiff nur dann unter der Flagge eines Vertragsstaates fahren darf, wenn "eine echte Bindung mit diesem Staat besteht" 40 . Sowohl die Einschränkung der Schiffahrtsfreiheit auf die Zeichnerstaaten als auch die Einschränkung der Niederlassungsfreiheit dient dem Schutz des westeuropäischen Binnenschiffahrtsgewerbes vor der Konkurrenz der Staatshandelsländer. Dies erscheint notwendig, da die Staatsunternehmen dieser Länder nicht nur nach rein kaufmännischen Gesichtspunkten am Markt operieren, sondern vielfach politische Vorgaben wie der Devisenerwerb im Vordergrund stehen. Durch diese Regelungen wird allerdings der Einsatz von Fahrzeugen aus Drittstaaten auf dem Rhein vom Abschluß bilateraler oder multilateraler Verträge abhängig. Die zwischen den Zeichnerstaaten für den Geltungsbereich der Mannheimer Akte bestehende Schiffahrtsfreiheit bewirkt, daß ohne Änderung dieser Akte die Einführung von objektiven Zulassungsvoraussetzungen lediglich auf den übrigen Wasserstraßen der Bundesrepublik Deutschland möglich wäre. Dies würde jedoch zu einer räumlichen Verlagerung des Angebots in das Rheingebiet und dort zu einem verschärften Angebotsdruck führen. 39 Vgl. Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zu dem Zusatzprotokoll Nr. 2 vom 17. Oktober 1979 zu der am 17. Oktober 1868 in Mannheim unterzeichneten Revidierten Rheinschiffahrtsakte, Drucksache 8/3748 vom 4.3.1980. 40 Ebenda, Zeichnungsprotokoll Nr. 1, S. 6.

Z2 Zulassungsbeschränkungen in der Binnenschiffahrt

Wie die obigen Aussagen zeigen, existiert in der Binnenschifffahrt im Gegensatz zum gewerblichen Güterfernverkehr auf der Straße keine unmittelbare staatliche Beeinflussung des Marktein- oder -austritts. I n ihrer Anreizwirkung dürfen jedoch die mittelbaren kapazitätsbeeinflussenden Maßnahmen nicht unterschätzt werden. Der Anreiz zum Marktzugang oder zu Erweiterungsinvestitionen wird etwa durch die Gewährung von zinsgünstigen Krediten aus staatlichen Töpfen oder durch die Prämierung von Investitionen verstärkt. So wurden beispielsweise jahrelang investierende Unternehmen mit Sitz in Berlin beim Neubau von Schiffen steuerlich begünstigt. Diese Schiffe mußten lediglich in den ersten drei Jahren im Berlinverkehr eingesetzt werden. "Wieviel Schiffsraum auf diese Weise in Betrieb gesetzt wurde, ist nie genau bekannt geworden. Schätzungen belaufen sich auf ca. 300.000 bis 350.000 t, was immerhin 5 bis 6 % des deutschen Flottenbestandes entsprach" 41 . Besondere Bedeutung im Rahmen eines verstärkten Anreizes zum Marktaustritt kommt der sogenannten "Abwrackaktion" zu. Die Abwrackaktion, durch die Schiffahrtstreibende, die ihr Fahrzeug abwracken und aus dem Markt ausscheiden, eine Abwrackprämie erhalten, wurde auf der Grundlage des verkehrspolitischen Programmes der Bundesregierung für die Jahre 1968 bis 1972 4 " durch eine Änderung des BSCHVG geschaffen. Die Finanzierung erfolgt privatwirtschaftlich, denn § 32a BSCHVG bestimmt, daß die erforderlichen Mittel von denjenigen Unternehmen aufgebracht werden, die Verkehrsleistungen der Schiffahrt zwischen deutschen Lade- und Löschplätzen erbringen. Von staatlicher Seite konnten jedoch vom 1.1.1969 bis zum 31.12.1973 in besonderen Sozialfällen Zuschüsse in Höhe von 50 % der Abwrackprämie beigesteuert werden, die einen zusätzlichen Anreiz zum Marktaustritt darstellten. So zahlte der Bund in diesem Zeitraum verlorene Zuschüsse in Höhe von ca. 22 Mio. D M , wodurch insbesondere Partikulieren der Markt-

41 WULF, Dieter, Das Kapazitätsproblem der Binnenschiffahrt, in: ZfV, 50. Jg. (1979), S. 144. 42 Vgl. Deutscher Bundestag, Verkehrspolitisches Programm für die Jahre 1968 bis 1972, Drucksache Nr. V/2494 vom 19.1.1968.

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Teil I: Wettbewerbsordnung

des Verkehsmarktes

austritt erleichtert werden sollte 4 3 . Der Einfluß des Staates auf die Abwrackaktion wird zudem dadurch deutlich, daß die Verwaltung des Abwrackfonds durch eine staatliche Behörde - die Wasser- und Schiffahrtsdirektion West - erfolgt. Als kurzfristige Maßnahmen zur Beeinflussung der Kapazität werden außerdem immer wieder Abeichungen, Fahrzeitbeschränkungen und Stillegungen gefordert. Wichtigstes Instrument war in den vergangenen Jahrzehnten die organisierte Stilllegung. "Grundgedanke dieser Maßnahme ist, Schiffe bei bestehender Überkapazität durch einen finanziellen Anreiz in Gestalt einer durch Umlage von allen Rheinschiffahrtsunternehmen aufzubringenden Stillegungsprämie freiwillig für eine begrenzte Zeit aus dem Verkehr zu ziehen" 44 . Z u unterscheiden ist dabei jeweils, ob derartige kapazitätsbeeinflussende Instrumente von seiten öffentlichrechtlicher Institutionen oder auf rein privatwirtschaftlicher Grundlage von den betroffenen Unternehmen und deren Gewerbevertretern geschaffen werden.

2.3 Staatliche Zulassungsbeschränkungen und mittelständische Unternehmen Die staatliche Bindung von Preisen für Verkehrsleistungen ist für den einzelnen Unternehmer unmittelbar sowohl mit Eingriffen in die kurzfristigen (operativen) als auch mit Eingriffen in die langfristigen (strategischen) Unternehmensentscheidungen verbunden . Staatliche Zulassungsbeschränkungen stellen dagegen wichtige Parameter einzelwirtschaftlicher Investitionsund Desinvestitionsentscheidungen dar und beeinflussen somit vorwiegend die langfristig orientierte Unternehmenspolitik. So hat beispielsweise ein potentieller Güterkraftverkehrsunternehmer zu beachten, daß ein Eintritt in diesen Markt von ihm die Erfüllung subjektiver Zulassungsvoraussetzungen verlangt. 43 Vgl. OLEY, Wolfgang, Organisierte Verringerung des Angebotes in der Binnenschiffahrt, Freiburg i. Br. 1978, S. 66 f. 44 WULF, Dieter, a.a.O., S. 155. Hier findet sich auch eine umfassende Darstellung verschiedener Stillegungsinitiativen und deren Ergebnis. 45 Vgl. hierzu im einzelnen Kap. 1.3.4 dieser Studie.

13 Zulassungsbeschränkungen und mittelständische

Unternehmen

Ein entsprechender Nachweis ist jedoch mit Kosten verbunden und zwar insbesondere mit Opportunitätskosten, wenn beispielsweise der Nachweis der fachlichen Eignung eine zeitlich nicht unerhebliche Prüfungsvorbereitung notwendig macht. Ein Unternehmer, der sich erstmals im Straßengüterfernverkehr betätigen will oder ein bereits etablierter Unternehmer, der aufgrund seiner Markteinschätzung Erweiterungsinvestitionen anstrebt, benötigt wegen der bestehenden objektiven Zulassungsbeschränkungen eine oder mehrere Genehmigungen. Sofern die Genehmigungsvergabe mit Wartezeiten verbunden ist, bedeutet dies für die Dauer dieser Wartezeit eine Marktzugangssperre, die nur durch den entgeltlichen Aufkauf von Genehmigungen zu durchbrechen ist 4 6 . Letzteres kann jedoch die Ausgaben für das zur Disposition stehende Investitionsobjekt erheblich erhöhen. Führt man sich diese Zusammenhänge vor Augen, so ist unmittelbar einsichtig, daß hieraus für potentielle und etablierte mittelständische Unternehmen umfangreiche Investitions- und Desinvestitionsrestriktionen entstehen können. Diese Restriktionen unterscheiden sich je nach Art und Ausgestaltung der staatlichen Zulassungsbeschränkungen erheblich. So werden von subjektiven Beschränkungen lediglich diejenigen potentiellen (mittelständischen) Unternehmen vom Markt ferngehalten, die die geforderten Kriterien nicht erfüllen können bzw. aufgrund ihrer eigenen Entscheidung nicht zu erfüllen bereit sind. Bei objektiven Beschränkungen durch Kontingentierung ist dagegen keine allgemeingültige Aussage hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf mittelständische Unternehmen möglich. Vielmehr können diese Auswirkungen je nach der Genehmigungsart differieren, denn sie sind im Falle des käuflichen Erwerbs von Genehmigungen von deren speziellem Marktpreis und im Falle der Antragstellung bei der Vergabebehörde von der speziellen Vergabepraxis abhängig.

46 Auf welche Weise (Erwerb ganzer oder abtrennbarer Firmenteile) dies möglich ist und welche Folgen dies für die Investitionsentscheidung eines Unternehmens im einzelnen nach sich zieht, wird in Kap. II. 1.1.2.1 dieser Studie diskutiert.

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Teil I: Wettbewerbsordaung

des Verkehrsmarktes

Der beim Kauf einer Genehmigung zu zahlende Marktpreis hängt - neben anderen bei einer derartigen Preisbildung entscheidenden Angebots- und Nachfragedeterminanten - von den Gewinnerwartungen ab, die Erwerber und Verkäufer mit einer bestimmten Genehmigung verbinden. M i t besonders hohen Gewinnerwartungen verbundene Genehmigungen werden deshalb besonders teuer sein, was ihren Aufkauf für mittelständische Unternehmen, die i.d.R. nur über knappe Eigenkapitalmittel und begrenzte Fremdfinanzierungsmöglichkeiten verfügen, erschwert. Es erscheint deshalb beispielsweise denkbar, daß ein kleines Straßengüterfernverkehrsunternehmen Erweiterungsinvestitionen aufgrund bestehender Finanzierungsrestriktionen nur im Bezirksgüterfernverkehr ("blaue Genehmigung") vornehmen kann, weil eine Genehmigung für den allgemeinen Güterfernverkehr ("rote Genehmigung") mit höheren Gewinnerwartungen und höheren Preisen verbunden ist. W i r d eine Genehmigung bei der Vergabebehörde beantragt, so ist zu berücksichtigen, inwieweit mittelständische Unternehmen bevorzugt bedient werden. Dies war beispielsweise bei der Neuvergabe von 2 100 blauen Konzessionen im Jahre 1985 der Fall, denn nach Angaben des Bundesministers für Verkehr wurden 77,4 % dieser Konzessionen an Neubewerber und Kleinunternehmen ausgegeben. Inwieweit durch eine derartige Vergabepolitik mittelständische Unternehmen gefördert werden und auch langfristig zu ihrem Bestehen beigetragen wird, ist näher zu analysieren 47 . Für den grenzüberschreitenden Verkehr ist zu berücksichtigen, daß die verschiedenartigen Genehmigungen erhebliche "Qualitätsunterschiede" aufweisen. Mittelstandspolitisch wäre dann zu wünschen, daß auch kleine und mittlere Straßengüterverkehrsunternehmen im Besitz von EG- und CEMT-Genehmigungen wären, um Drei- und Mehrecksverkehre durchführen zu können und so ihre Tourenplanung zu optimieren. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die begrenzte Anzahl solcher Genehmi-

47 Vgl. Kap. II. 1.1.2.2.

Z3 Zulassungsbeschränkungen und mittelständische

Unternehmen

ig

gungen und die damit zusammenhängenden strengen Anforderungen bei deren Erteilung den bestehenden mittelstandspolitischen Zielsetzungen zuwiderlaufen. Insbesondere objektive Zulassungsbeschränkungen stellen jedoch nicht nur erhebliche Investitionshemmnisse dar, sondern ihr Vorhandensein wird auch Entscheidungen über eine mögliche Desinvestition beeinflussen, sofern mit dieser Entscheidung auch die Weggabe einer Genehmigung verbunden ist. Auch in diesem Fall sind unternehmensgrößenspezifische Besonderheiten denkbar, die unter der mittelstandspolitischen Fragestellung dieser Studie besonders zu beachten sind. Denn während die Weggabe einer Genehmigung bei einem Großunternehmen mit SO roten, 20 blauen und 10 rosa Genehmigungen identisch ist mit einer flexiblen, auf Nachfrageschwankungen reagierenden Geschäftspolitik, können die bei einem Kleinunternehmen aus ohnehin vorhandenen Kapazitätssprüngen resultierenden Anpassungsprobleme auch im Desinvestitionsfall konzessionsbedingt ansteigen. Vergleichbare Unterschiede in den größenspezifischen und damit auch mittelstandspolitisch relevanten Auswirkungen sind auch bei der Analyse der Abwrackaktion in der Binnenschifffahrt zu beachten, die - wie bereits festgestellt wurde - zwar keinen unmittelbaren staatlichen Eingriff in den Marktaustritt darstellt, deren Bedeutung jedoch insbesondere aufgrund des Zusammenwirkens mit anderen staatlichen Eingriffen nicht unterschätzt werden darf. So erleichtert die Abwrackaktion einerseits den Marktaustritt. Andererseits ist jedoch auch zu untersuchen, inwieweit diese Maßnahme insbesondere für den Bereich Neuinvestitionen tätigender großer Binnenschiffahrtsunternehmen mit einem Absenken der Markteintrittsschranken einhergeht; denn vor dem Hintergrund bisheriger Erfahrungen rechnen diese Unternehmen möglicherweise mit einer unbegrenzten Weiterführung der Abwrackaktion. Ihr Investitionsrisiko vermindert sich dann, weil bei Fehlentscheidungen eine Verlustsozialisierung in Höhe der Abwrackprämie erfolgt. 48 Im Jahre 198S wurden nach Auskunft der BAG 93 CEMT-Genehmigungen und 1112 EG-Genehmigungen ausgegeben.

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Teil I: Wettbewerbsordung

des Verkehsmarktes

Allgemein ist bei der Wirkungsanalyse mittelbarer und unmittelbarer staatlicher Eingriffe in das Investitionsverhalten von Verkehrsunternehmen zu berücksichtigen, daß erhebliche mittelstandspolitisch relevante Wechselwirkungen mit Eingriffen in die freie unternehmerische Preisbildung bestehen. Derartige Wechselwirkungen stellen sich beispielsweise ein, wenn im Straßengüterverkehr verschiedene Tarifsysteme (Nahverkehr, Fernverkehr, grenzüberschreitender Verkehr) aufeinanderstoßen und der unterschiedliche Standort von Unternehmen über die Bedienung im binnenländischen und grenzüberschreitenden Nahverkehr, im Bezirksgüterfernverkehr (blaue Genehmigung), im allgemeinen Güterfernverkehr (rote Genehmigung) oder im grenzüberschreitenden Güterfernverkehr (rosa Genehmigimg) entscheidet. I m folgenden werden die vielfach sehr differenzierten Preisbindungsvorschriften dargestellt, um im Anschluß daran vor dem Hintergrund aufgezeigter staatlicher Regulierungseingriffe die eigentliche Wirkungsanalyse staatlicher Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindung auf mittelständische Unternehmen durchführen zu können.

3 Staatliche Preisbindung im Verkehrsgewerbe

3.1 Freie und gebundene Preise Konstitutives Element einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung ist die Abstimmimg von Angebot und Nachfrage mit Hilfe von Preisen, die sich am Markt frei herausbilden. Diesen Marktpreisen kommt zum einen eine unmittelbare Ausgleichs - und Signalfunktion zu, denn sie bringen Angebot und Nachfrage zum Ausgleich und zeigen zudem den Knappheitsgrad eines Gutes an 4 9 . Eine zentrale Rolle der wettbewerblichen Selbststeuerung in der Marktwirtschaft spielt zum anderen die mittelbare Anreiz- und Lenkungsfunktion der Marktpreise, 49 Vgl. hierzu und zum folgenden BARTUNG, Hartwig und Franz LUZIUS, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 5. überarbeitete Aufl., München 1986, S. 93 ff.

3.1 Freie und gebundene Preise

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durch die die Produktionsfaktoren tendenziell der relativ günstigsten Verwendung bei der Güter- und Leistungserstellung zugeführt werden und somit ständige Anreize zur Verbesserung von Produktion und Leistungerstellung zu einer Erhöhung der Gesamtwohlfahrt einer Volkswirtschaft führen. A u f vielen Märkten greift nun die staatliche Wirtschaftspolitik in diese Preisbildung mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Begründungen ein. Dies gilt auch für das Verkehrsgewerbe, wo ein Nebeneinander von freien und staatlich gebundenen Preisen existiert. Eine freie Preisbildung Hegt dann vor, wenn jedes einzelne Verkehrsunternehmen von sich aus Preise vereinbaren kann, ohne vorab oder nachträglich eine Genehmigung durch den Staat oder internationale Behörden einholen zu müssen 50 . Dabei ist eine reine Meldepflicht von individuellen Preisvereinbarungen zwischen Verkehrsleistungen anbietenden und nachfragenden Unternehmen und deren Überprüfung auf Einhaltung allgemeiner wettbewerbspolitischer Grundsätze mit einer freien, marktwirtschaftlichen Preisbildung vereinbar. Auch kann die Festsetzung von Höchstpreisen für marktbeherrschende Verkehrsunternehmen dann noch als freie Preisbildung bezeichnet werden, wenn die Festsetzung dem einzigen Ziel dient, die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung und somit die Verletzung von wettbewerbspolitischen Regeln zu unterbinden 5 1 . Staatliche Preisbindung im Verkehrsgewerbe liegt dagegen dann vor, "wenn der Staat für alle Unternehmer eines Verkehrszweiges verbindliche Preise festsetzt oder sich die Genehmigung von Transportentgelten nicht nur unter rein wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten vorbehält" 52 . Den Regelfall bildet dabei die staatliche Genehmigungspflicht von Tarifen. Diese Tarife stellen Preisverzeichnisse dar, in denen einer

50 Vgl. hierzu und zum folgenden HAMM, Walter, Preise als verkehrspolitisches Ordnungsinstrument, a.a.O., S. 16 ff. 51 Vgl. ebenda, S. 17. 52 Ebenda, S. 17.

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des Verkehrsmarktes

größeren Anzahl von Nachfragern Verkehrsleistungen auf eine gewisse Dauer angeboten werden 5 3 . Ein Tarif kann dadurch gekennzeichnet sein, daß für verschiedene Transportleistungen Festpreise genannt werden, von denen der einzelne Unternehmer bei seiner Preisgestaltung weder nach oben noch nach unten abweichen darf. Eine andere Tarifart liegt vor, wenn ausgehend von einem Regelsatz ein bestimmter Preisvereinbarungsspielraum (Marge) eingeräumt wird, innerhalb dessen es dem Verkehrsunternehmer erlaubt ist, bei seiner Preisgestaltung in beide Richtungen vom Regelsatz abzuweichen. Begrenzt wird eine solche Marge von Höchst- und Mindestpreisen, die nicht über- bzw. unterschritten werden dürfen, weshalb die Preisbildung im Verkehrsgewerbe einer staatlichen Überwachung bedarf. Die Grenzen zwischen staatlicher Preisbindung und freier Preisbildung sind fließend. Besonders deutlich wird dies, wenn man für einen einzelnen Verkehrsträger einen homogenen Markt unterstellt und die eigentliche Intention von Mindestund Höchstpreisen betrachtet. Prinzipiell stellen Mindestpreise eine Begünstigung des Anbieters dar, denn ihre staatliche Festlegung ergibt nur dann einen Sinn, wenn sie höher sind als sich bei freier Preisbildung herausbildende Marktpreise. Höchstpreise dagegen dienen dem Nachfragerschutz und liegen aus ihrer Intention heraus unterhalb des Marktpreises 54 . A u f einem homogenen Markt mit einem einheitlichen Marktpreis ergibt sich deshalb, daß die gleichzeitige Festlegung von Mindest- und Höchstpreisen sinnwidrig ist, denn der Mindestpreis müßte über dem Höchstpreis liegen. Erst bei Aufgabe der Annahme eines homogenen Marktes und den damit möglichen unterschiedlichen Marktpreisen auf verschiedenen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Teilmärkten ist für den Gesamtmarkt ein Margentarif mit Mindest- und Höchstpreisen überhaupt denkbar. Faktisch wird dann die staatliche Preisbindung auf einzelnen Teilmärkten zu keiner Einschränkung der freien

53 PREDÖHL, Andreas, Verkehrspolitik, Grundriß der Sozialwissenschaft, Bd. 15,2. verbesserte und erweiterte Aufl., Göttingen 1964, S. 234. 54 Vgl. BARTLING, Hartwig und Franz LUZIUS, a.a.O., S. 95 ff.

3.1 Freie und gebundene Preise

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Preisbildung führen, da die Marktpreise sich ohnehin im Bereich der Marge bewegen, während auf anderen Teilmärkten die Preisbindung eine effektive Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit zur Folge hat. Diese Einschränkung kann sowohl im Bereich des Mindestpreises als auch im Bereich des Höchstpreises erfolgen. Die staatliche Preisbindung wird dabei um so stärker in den Marktmechanismus eingreifen, je kleiner der Preisvereinbarungsspielraum ist, denn bei kleiner Marge werden die Marktpreise häufig an die staatlich gesetzten Grenzen stoßen und die tatsächlichen Knappheitsverhältnisse nicht mehr widerspiegeln können 5 5 . Daraus darf jedoch nicht geschlossen werden, daß im Falle eines großen Preisvereinbarungsspielraums die freie Preisbildung überwiegt, denn hierzu müßte zusätzlich gewährleistet sein, daß sich der gesamte Spielraum an den Knappheitsverhältnissen des entsprechenden Verkehrsbereiches orientiert. Allerdings ist es nicht ausreichend, die Auswirkungen staatlicher Preisbindung allein daran zu messen, ob auf einem bestimmten Teilmarkt zu einem bestimmten Zeitpunkt ein sichtbarer Eingriff in die freie Preisbildung erfolgt. Vielmehr gehen von einer staatlichen Preisbindung zum Beispiel in Form garantierter Mindestpreise stets auch bestimmte mittelbare Anreizund Lenkungseffekte auf die weitere Entwicklung von Angebot und Nachfrage nach Verkehrsleistungen aus. Eine alleinige Betrachtung einzelner Preisbildungsprozesse darf deshalb nicht den Blick dafür verstellen, daß nur im Rahmen einer freien Preisbildung die Preisforderung für eine Transportleistung wie alle betrieblichen Entscheidungen von der jeweiligen Entscheidungssituation abhängig gemacht wird, also aus der Zielsetzung des Betriebes, den Entscheidungsalternativen und den endogenen und exogenen Entscheidimgsparametern abgeleitet wir er 6 . Bei staatlicher Preisbindung wird dagegen eine solche Preisfindung auf die Ebene kollektiver und administrativer Entschei-

55 Vgl. HAMM, Walter, Preise als verkehrspolitisches Ordnungsinstrument, a.a.O., S. 18. 56 Vgl. zur (freien) Preisbildung von Verkehrsbetrieben: DIEDERICH, Helmut, Verkehrsbetriebslehre, Wiesbaden 1977, S. 269.

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Teil I: Wettbewerbsordng

des Verkehrsmarktes

dungsprozesse verlagert, was sich auf sämtliche Bereiche der Unternehmenspolitik auswirken kann.

3.2 Staatliche Preisbindung im Straßengüterverkehr 3.2.1 Gewerblicher Güternahverkehr 3.2.1.1 Tarifregelung

im gewerblichen Güternahverkehr

Die Preisbildung im Güternahverkehr wurde erstmals durch die am 5.1.1940 erlassene erste Verordnung über Höchstpreise (Nahverkehrs-Preisordnung, NVP) im gewerblichen Güternahverkehr staatlich reglementiert. Durch diese Verordnung wurde jedoch lediglich eine Preisobergrenze administriert, was auf die kriegsbedingte Kapazitätsverknappung zurückzuführen war. Die NVP hatte - in fortgeschriebener Form - auch nach Einführung des GüKG noch Bestand. Erst mit Inkrafttreten des Tarifs finden Güternahverkehr mit Kraftfahrzeugen (GNT) am 1.2. 1959 57 wurde aufgrund des verstärkten inneren Wettbewerbs infolge des zunehmenden Laderaumangebotes und daraus resultierender Forderungen des Gewerbes die bisherige Höchstpreisregelung durch die Einführung von Richtsätzen mit einer Höchst- sowie einer Mindestgrenze ersetzt. Bedeutendste Veränderung des GNT gegenüber der NVP war damit die Einführung einer Tarifspanne bzw. Marge, die gemäß § 2 GNT plus 10 % und minus 30 % des sogenannten Richtsatzes beträgt. Eine besondere Bedeutung spielt bei staatlicher Preisbindung der Geltungsbereich eines Tarifes, da an den Schnittstellen von gebundenen und ungebundenen Preisen durch Koppelgeschäfte und Mischkalkulationen eine kaum nachweisbare Tarifumgehung möglich ist. Der Geltungsbereich des Tarifs für den Güternahverkehr mit Kraftfahrzeugen wird sowohl durch das GÜKG als auch durch den GNT selbst geregelt. Aus dem GÜKG geht hervor, daß die Tarife hinsichtlich der Beförderungslei-

57 Vgl. Verordnung TS 11/58 über den Tarif für den Güternahverkehr mit Kraftfahrzeugen (GNT) vom 29. Dezember 1958, in der Fassung der Verordnung TSN1/86, Bundesanzeiger Nr. 224 vom 3.12.1985.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

stung auch für den Speditionsvertrag zwischen dem Spediteur und seinem Auftraggeber gelten 58 . § 1 des GNT schreibt vor, daß sich die Entgelte für die Beförderung im allgemeinen Güternahverkehr mit Kraftfahrzeugen nach der Definition des § 80 GÜKG grundsätzlich nach dieser Verordnung bestimmen. Hiervon ausgenommen ist jedoch: - Die Beförderung von Gütern, sofern das Gewicht der Sendung 4 1 nicht übersteigt; - der Einsatz von Kraftfahrzeugen oder Zügen, deren Nutzlast 4 1 nicht übersteigt; - die mit einer vorangegangenen oder einer nachfolgenden Beförderung von Gütern zusammenhängende An- und Abfuhr innerhalb des Gemeindebezirks; - die sonstige Beförderung von Gütern, soweit für sie besondere Tarife festgesetzt sind oder werden. Zusätzlich zu diesen allgemeinen Ausnahmen gibt es noch einzelne Transportleistungen wie etwa die Beförderung von Gütern durch die öffentliche Hand im Rahmen ihrer hoheitlichen Betätigung, auf die der GNT keine Anwendung findet 59. Die Abrechnung nach dem GNT 6 0 kann in der Regel nach drei verschiedenen Preistafeln erfolgen, in denen aus verschiedenen Kriterien berechnete Richtsätze angegeben sind. Diese 58 Vgl. §§ 84 Abs. 20 Abs. 2 GüKG. Da in der Literatur und insbesondere von kleineren Unternehmen der verladenden Wirtschaft zum Teil nur eine unscharfe Trennung zwischen Spediteur und Frachtführer durchgeführt wird, sei in diesem Zusammenhang der Hinweis erlaubt, daß der Spediteur nur die Besorgung der Güterversendung durch Frachtführer übernimmt (§ 407 HGB). Die Unscharfe resultiert daher, daß viele Spediteure in nicht unerheblichem Maße auch als Frachtführer tätig werden (Selbsteintrittsrecht nach § 412 HGB). 59 Vgl. SCHARL, Konrad und Karl-Heinz SCHEUNGRAB, Tarif für den Güternahverkehr mit Kraftfahrzeugen, Stand: 1. Januar 1986, München, Dezember 1985, S. 7. 60 Vgl. zum Aufbau und zur Anwendung des GNT: EISEL, Rolf, a.a.O., S. 84 ff.; FRIEDRICH, Wolfgang u.a., a.a.O., S. 210 ff.; HAVLICEK, Dieter, Die Preisbildung im gewerblichen Güternahverkehr auf der Straße, Schriftenreihe des Instituts für Industrie- und Verkehrspolitik der Universität Bonn, hrsg. v. F. VOIGT, Bd. 26, Berlin 1973, S.173 ff.; SCHARL, Konrad und Karl-Heinz SCHEUNGRAB, a.a.O., S. 11 ff.

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teilweise alternativen Vergütungsarten sind notwendig, weil die Verkehrsleistungen des Güternahverkehrs beispielsweise aufgrund unterschiedlicher Umlaufgeschwindigkeiten der Fahrzeuge sehr unterschiedliche Kosten verursachen. Die Tafel I des GNT zieht Tages- und Kilometersätze als Preisbildungskriterien heran, denen die Nutzlast des eingesetzten Fahrzeugs, die im Leer- oder Vollauf zurückgelegte Entfernimg und die Einsatzzeit zugrunde liegen. Während durch die Tagessätze eine Abgeltung der fixen Kosten erfolgen soll, ist das Ziel der Kilometersätze die Vergütung der variablen Kosten. Diese Abrechnungsart ist insbesondere für solche Transporte entwickelt worden, bei denen bei hohem Zeitaufwand nur ein geringer Einfluß auf die Schnelligkeit des Umlaufs besteht. Die Richtsätze der Tafel I I des GNT sind Stundensätze, die sich aus dem Achtel-Tagessatz der Tafel I zuzüglich des zehnfachen Kilometersatzes errechnen. Diese Tafel findet Anwendung bei sogenannten Regietransporten und Einsätzen, die bei geringer Kilometerleistung einen hohen Zeitaufwand erfordern. Voraussetzung für eine derartige Abrechnung ist nach § 4 Abs. 1 GNT, daß bei einem Auftrag durchschnittlich nicht mehr als 10 km in der Stunde geleistet werden. Durch diese Bestimmung soll verhindert werden, daß ein Transportunternehmen Kilometerleistungen erbringt, die durch die Stundensätze der Tafel I I kostenmäßig nicht abgedeckt sind. In Tafel I I I des GNT werden schließlich Leistungssätze aufgeführt, die nach dem Gewicht der beförderten Ladimg und nach der Beförderungsweite differenziert sind. "Die Tafel I I I ist ebenfalls eine Fortentwicklung der Tafel I in der Form, daß Achtel-Tagessätze der Tafel I multipliziert wurden mit jeweils angenommenen Umlaufzeiten (Ladezeit, Fahrzeit und Wartezeit), dazu kam die Addition der Kilometersätze aus Last- und Leerkilometern, wobei die Leerkilometer nur mit 80 % der variablen Kosten angesetzt wurden" 61 . Aufgrund der Mitberück-

61 KREFT, Hans-Wilhelm, Tarifpolitische Entwicklungen und preispolitische Probleme im gewerblichen Straßengüternahverkehr, in: Tarifbildung und Preispolitik im nationalen Güterverkehr der Bundesrepublik Deutschland, Schrif-

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

47

sichtigung von Leerkilometern schreibt § 7 Abs. 1 GNT vor, daß zusätzliche nach den Kilometersätzen der Tafel I berechnete Leerkilometer nur dann angesetzt werden dürfen, wenn sie die Lastkilometer übersteigen. Nach dieser Tafel, deren Richtsätze in der Regel unter denen der Tafel I und I I hegen 62 , wird eine erhebliche Anzahl von Beförderungen abgerechnet. Ihr Charakteristikum ist eine starke Leistungsbezogenheit, denn eine hohe Leistimgsfähigkeit eines Nahverkehrsunternehmens in Form einer hohen Anzahl von Transporten in einer bestimmten Zeit wird durch diese Abrechnungsart belohnt. Eigentliche Intention der verschiedenen Tafeln des GNT ist die möglichst genaue Erfassung abweichender Bedingungen unterschiedlicher Beförderungsfälle. M i t Ausnahme der eingeschränkten Anwendung der Tafel I I auf Aufträge mit nicht mehr als 10 km Fahrleistung in der Stunde ist jedoch die Anwendung verschiedener Tafeln an keinerlei Bedingungen geknüpft. Eine freie Preisbildung findet daher im Güternahverkehr nicht nur innerhalb der die Richtsätze umgebenden Margen einzelner Tafeln statt, sondern auch im Hinblick auf die wahlweise Anwendung der Tafeln, über die keine staatliche Bindung, sondern allein die Marktposition der Vertragspartner entscheidet. Zusätzlich zu den dargestellten Abrechnungsmöglichkeiten weist der GNT noch eine Reihe von Besonderheiten, insbesondere im Hinblick auf den Transport spezieller Güter, auf. So enthält beispielsweise Tafel I V des GNT die Richtsätze für den sogenannten Bundessondertarif für die Beförderung von Getreide, deren Anwendung bei dem Transport von in § 16 Abs. 1 GNT detailliert festgelegten Getreidearten für Sendungen von mehr als 2500 kg zwingend vorgeschrieben ist. Für schüttbare Güter, die mechanisch geladen und durch Abkippen entladen werden, sieht Tafel V des GNT unter der Voraussetzung, daß die Transportentfernung nicht mehr als SO km beträgt und daß tenreihe der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen (DVWG), Β 33, Köln 1976, S. 59.

Gesellschaft

e.V.

62 Vgl. hierzu beispielhaft die Frachtsatzvergleiche bei: EISEL, Rolf, a.a.O., S. 87; HAVLICEK, Dieter, a.a.O., S. 175.

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der Verkehr flüssig abgewickelt wird, spezielle Richtsätze vor. Weitere bedeutende Besonderheiten sind: - Die Möglichkeit bei der Beförderung bestimmter Güter wie Holz- oder Schüttgüter nach anderen Einheiten als nach dem Gewicht abzurechnen, wobei der GNT entsprechende Umrechnungsgewichte bereithält 63 . - Eine mögliche Ermäßigung der nach den Tafeln I I I oder V zu berechnenden Beförderungsentgelte um die in § 7 b GNT angegebenen Sätze, sofern für denselben Auftraggeber eine Hinladung und eine anschließende Rückladung durchgeführt wird. - Gemäß § 2 a GNT die Ermäßigung der Richtsätze der Tafeln I, II, I I I und V um 5 v.H., wenn mindestens 6 Wochen vor Einsatzbeginn durch schriftlich bestätigten Vertrag vereinbart ist, daß die Fahrzeuge arbeitstäglich für die Dauer einer Schicht mindestens drei aufeinanderfolgende Monate außerhalb öffentlicher Wege oder Plätze eingesetzt werden. - Zuschläge, durch die zusätzliche Leistungen abgegolten werden, wie Fahrten in schwierigem Gelände, An- und Abfahrten vom Standort des eingesetzten Fahrzeugs zum Einsatzort, Wartezeiten, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, Beschäftigimg zusätzlichen Personals neben dem Fahrer und andere Nebenleistungen. Der Ansatz bestimmter Zuschläge ist obligatorisch während andere der Einigung der Vertragspartner obliegen . - Unter bestimmten im GNT geregelten Voraussetzungen 65 die mögliche Anwendung der Ausnahmetarife (AT) 210 und 311 6 6 des Reichskraftwagentarifs für den Güterfernverkehr (RKT), die die Beförderung von bestimmten Mineralölerzeugnissen 63 Vgl. SCHARL, Konrad und Karl-Heinz SCHEUNGRAB, a.a.O., S. 44. 64 Vgl. ebenda, S. 20 ff.; als Überblick: FRIEDRICH, Wolfgang u.a., a.a.O., S. 214 f. 65 Vgl. §§ 21,22 GNT. 66 Vgl. o.V., LKW Ausnahmetarife, Bedeutende Ausnahmetarife des gewerblichen Güterfernverkehrs mit Anmerkungen von Gerhard ΚΟΡΓΓΖ, Stand: 1. August 1985, Verlag Heinrich Vogel, München 1985, S. 36 f. und S. 52 f.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

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und Zement im gewerblichen Straßengüterfernverkehr regeln. Diese Ausnahmetarife sind "sogenannte Kontrakttarife, deren Anwendung im Rahmen eines Vertrags (Kontrakt) zwischen Verlader und Fuhrunternehmer vereinbart wird" 6 7 . - Die Abrechnung nach sogenannten Landessondertarifen, die von den zuständigen Landesbehörden im Benehmen mit den Bundesministern für Verkehr und für Wirtschaft festgesetzt und durch Rechtsverordnung erlassen werden können, wenn sie nur für ein Land oder einen Teil eines Landes Geltung haben sollen 68 . Auch hinsichtlich der die Richtsätze umgebenden Marge sind einige spezielle Regelungen zu beachten. So gilt die bereits erwähnte Marge von plus 10 % und minus 30 % nur für die Richtsätze der Tafeln I, II, Π Ι und V. Die Frachtsätze des Bundes-Sondertarifes für die Beförderung von Getreide (Tafel I V ) dürfen dagegen gemäß § 17 GNT um + / - 20 % über- bzw. unterschritten werden. Die Minusmarge der Leistungssätze der Tafel I I I und der Frachtsätze für schüttbare Güter der Tafel V erhöht sich zudem von 30 % auf 40 %, wenn ein sogenanntes Dauervertragsverhältnis vorliegt. Bei Abschluß eines solchen Vertrages schließt sich der Nahverkehrsunternehmer über längere Zeit mit einem Verlader zur Bewältigung großer Transportaufgaben zusammen. Die Erhöhung der Minusmarge soll dem Umstand Rechnung tragen, daß ein Dauervertragsverhältnis dem Nahverkehrsunternehmer die Beschäftigung seiner Fahrzeuge und deren wirtschaftlichen Einsatz über längere Zeit garantiert. Voraussetzung für die Ausnutzung der erhöhten Marge ist der an bestimmte Kriterien gebundene Abschluß eines entsprechenden Vertrages und seine Anmeldung bei der zuständigen Behörde 6 9 .

67 FRIEDRICH, Wolfgang u.a., a.a.O., S. 215; zu den Kontrakttarifen im gewerblichen Güterfernverkehr vgl. auch Kap. 1.3.2.2.1 dieser Studie. 68 Vgl. §§ 84 g GüKG, 15 GNT sowie Kap. I. 3.2.1.2 dieser Studie, wo im Rahmen der Darstellung der Tarifbildung noch einmal auf die Landessondertarife eingegangen wird. 69 Vgl. SCHARL, Konrad und Karl-Heinz SCHEUNGRAB, a.a.O., S. 10 f.

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3.2.1.2 Tarifbildungund Tarißberwachung im gewerblichen Güternahverkehr Bei Einführung des GNT i m Jahre 1959 wurde von einer Vollkostenkalkulation ausgegangen, die bereits der weiterentwikkelten NVP von 1951 zugrunde lag. Die Vollkostenkalkulation 7 0 trennte zwischen festen und beweglichen Kosten, aus denen die Tages- und Kilometersätze der Tafel I abgeleitet wurden. Wie oben dargestellt, sind hieraus die Richtsätze der Tafeln I I und I I I ableitbar. Obwohl der GNT "ein Kostentarif sein soll, wurde für den Erlaß des GNT (somit, d. Verf.) keine Neukalkulation auf der Grundlage der 1958 herrschenden Kosten vorgenommen, sondern man beschränkte sich mangels vorliegender Kostenuntersuchungen auf eine Fortschreibung des Kostenplanes der NVP von 195Γ' 7 1 . Die Verkehrsnovellen von 1961 strebten eine Beschleunigung und Vereinfachung des Tarifbildungsverfahrens an, was sich in der Bildung von Tarifkommissionen für einzelne Verkehrsbereiche niederschlug. Dem Bundesminister für Verkehr obliegt es, diese Tarifkommissionen zu errichten und ihre Zusammensetzung, ihren Aufbau und ihren Sitz durch Rechtsverordnung zu bestimmen 7 2 . Darüber hinaus bedürfen die Geschäftsordnungen, die sich die Tarifkommissionen geben, der Genehmigimg des Bundesministers für Verkehr. Für die Festsetzung der Frachtsätze des allgemeinen Güternahverkehrs und aller anderen zur Berechnung des Beförderungsentgelts erforderlichen Angaben des GNT ist die sogenannte 'Tarifkommission des allgemeinen Güternahverkehrs (TKN) m zuständig. Während die TKN zunächst nur mit Gewerbevertretern besetzt war und ein 70 Zur Struktur dieser Vollkostenkalkulation vgl. HAVLICEK, Dieter, a.a.O., S. 171 f. 71 HISEL, Rolf, a.a.O., S. 86 ff.; zu der hiermit verbundenen Problematik vgl. KREFT, Hans-Wilhelm, Tarifpolitische Entwicklungen und preispolitische Probleme im gewerblichen Straßengüternahverkehr, a.a.O., S. 58 f. 72 Vgl. Verordnung über die Tarifkommissionen, die erweiterten Tarifkommissionen und die beratenden Ausschüsse für den Güterkraftverkehr (Tarifkommissionen-Verordnung) vom 21. November 1969, Bundesanzeiger Nr. 222 vom 29.11.1969, geändert durch die Verordnung vom 7. April 1983, Bundesanzeiger Nr. 68 vom 12. April 1983.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

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beigeordneter Verladerausschuß nur beratende Funktion ausübte, findet seit der Neufassung des GÜKG vom 22.12.1969 eine gleichgewichtige Berücksichtigung von Vertretern der verladenden Wirtschaft statt. Tarifanträge zur Änderung, Ergänzung oder Neufestsetzung von Tarifbestimmungen sind der TKN gemäß § 5 ihrer Geschäftsordnung schriftlich mit Begründung ihrer Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einzureichen. Die Antragsberechtigung wird von der Darlegung eines berechtigten Interesses an der Tariffestsetzung abhängig gemacht 73 . Der Vorstand der TKN prüft, ob diese Voraussetzungen gegeben sind und leitet nach positivem Abschluß dieser Prüfung Tarifanträge an die Konimissionsmitglieder weiter. Die Beratung und Abstimmung erfolgt in nichtöffentlicher Sitzung, in der die Gruppe der Güternahverkehrsunternehmer und die Gruppe der Verlader über jeweils eine Stimme verfügen 74 . Möglich ist auch eine Abstimmung in schriftlichem Verfahren. Sofern keine Einigung erzielt werden kann, muß dies dem Vorsitzenden der sogenannten "Erweiterten Tarifkommission des allgemeinen Güternahverkehrs (ETKN)" angezeigt werden. Diese ETKN wird dadurch gebildet , daß zu beiden Gruppen von Tarifsachverständigen der TKN ein unabhängiger Vorsitzender und je ein von der Gruppe der Unternehmer und der Gruppe der Verlader benannter unabhängiger Beisitzer hinzutritt. Hier findet dann eine erneute Beratung und Abstimmung statt, wobei der Vorsitzende, die beiden Beisitzer, die Gruppe der Unternehmer und die Gruppe der Verlader über je eine Stimme verfügen. Ein Tarifantrag ist beschlossen, wenn ihm mindestens drei Mitglieder der ETKN zustimmen. Von der TKN oder der ETKN beschlossene Beförderungsentgelte bedürfen

73 Vgl. hierzu und zum folgenden: Bekanntmachung der Geschäftsordnung der Tarifkommission des allgemeinen Güternahverkehrs vom 11. Juli 1974, Verkehrsblatt 1974, S. 436. 74 Die Unternehmergruppe besteht aus 19 tarifsachverständigen Unternehmensvertretern des gewerblichen Straßengüternahverkehrs. Die 19 Tarifsachverständigen der Verladergruppe setzen sich aus sieben Vertretern der Industrie, fünf Vertretern des Handels, einem Vertreter der Spedition, drei Vertretern des Handwerks und drei Vertretern der Agrarwirtschaft zusammen. 75 Vgl. §84 e GüKG.

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Teil I: Wettbewerbsordnung

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gemäß § 84 f G ü K o der Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, der im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft entscheidet. Der Erlaß genehmigter Tarife durch den Bundesminister für Verkehr erfolgt dann durch Rechtsverordnung. Z u beachten ist, daß zwischen der Antragstellung und dem Erlaß eines neuen oder geänderten Tarifes eine große Zeitspanne liegen kann. So muß die TKN erst 4 Monate nach Eingang eines Tarifantrages bei der Geschäftsführung entweder einen Beschluß herbeiführen oder die Nichteinigung binnen weiterer 14 Tage dem Vorsitzenden der ETKN anzeigen. Bei Beschlußfassung der TKN stehen dem Bundesminister für Verkehr zwei Monate zur Verfügung, um über die Genehmigung zu entscheiden. Dieser Zeitraum reduziert sich auf einen Monat bei Beschlüssen der ETKN, wodurch jedoch lediglich berücksichtigt werden soll, daß die Behandlung eines Tarifantrages auch in dieser Kommission eine bestimmte Zeitspanne beansprucht. Diese Entscheidungsfristen sind jedoch nur Soll-Bestimmungen. "Theoretisch kann auch eine Besprechung der Ressortchefs ohne Ergebnis bleiben, so daß im Extremfall ein Tarifantrag monatelang unentschieden bleibt." 7 6 Die staatliche Genehmigung dient nicht nur der rechtlichen Bindung der Tarife, sondern sie ist an bestimmte Bedingungen geknüpft, die den Einfluß staatlicher Wirtschafts- und Verkehrspolitik auf die Tarifbildung dokumentieren. Dieser Einfluß äußert sich auch in der Beteiligung zweier unterschiedlicher Ministerien mit verschiedenen Aufgaben. "Bei der Beurteilung von Tarifänderungsvorschlägen scheint demzufolge das Verkehrsministerium mehr den Argumenten des Güternahverkehrsgewerbes, das Wirtschaftsministerium dagegen denen der verladenden Wirtschaft zugeneigt zu sein" 77 . Eine einvernehmliche Genehmigung durch diese Ministerien setzt somit ähnlich

76 WINTER, Detlef, Die Kriterien der Tarifgenehmigung durch das Bundesministerium für Verkehr, in: Tarifbildung und Preispolitik im nationalen Güterverkehr der Bundesrepublik Deutschland, Schriftenreihe der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. (DVWG), Β 33, Köln 1976, S. 118. 77 EISEL, Rolf, a.a.O., S. 90.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

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den Verhandlungen in der TKN eine Einigung voraus, in der im Rahmen bestehender Gesetze allerdings auch weitergehende Prinzipien und Interessen staatlicher Politik Berücksichtigung finden können. Dies äußert sich auch in den Kriterien, die zur Beurteilung von Tarifanträgen herangezogen werden. Diese Kriterien sind 7 8 : - Das Gebot der Wahrung des allgemeinen Wohls. - Das Gebot der Marktgerechtigkeit. - Das Gebot, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Verkehrsunternehmen zu berücksichtigen. - Das Gebot, unbillige Benachteiligungen landwirtschaftlicher und mittelständischer Wirtschaftskreise sowie wirtschaftlich schwacher und verkehrsungünstig gelegener Gebiete zu verhindern. Die sehr umfassenden wirtschaftspolitischen Zielvorstellungen, die - wenn auch in sehr allgemeiner Formulierung - in diesen Kriterien zum Ausdruck kommen, machen insbesondere bei vorliegenden Zielkonflikten eine volle Ausnutzung bestehender Auslegungsspielräume notwendig, was gleichbedeutend sein kann mit staatlichen Eingriffen in den Verkehrsmarkt mit hoher Intensität. Zusätzlich zu bestehenden Auslegungsspielräumen haben staatliche Organe die Möglichkeit, in die Tarifbildung im gewerblichen Güternahverkehr direkt einzugreifen. So ermöglicht § 84 f GÜKG dem Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft, ohne Mitwirkung der Tarifkommissionen Beförderungsentgelte festzusetzen, wenn Gründe des allgemeinen Wohls es erfordern oder wenn eine Tarifkommission oder eine erweiterte Tarifkommission ein Beförderungsentgelt nicht beschließt, und diese Beförderungsentgelte durch Rechtsverordnung zu erlassen. Ohne Mitwirkung der Tarifkommissionen können Tarife auch von der Landesre78 Vgl. STORSBERG, Günther, Die Kriterien der Tarifgenehmigung aus der Sicht des Bundesministeriums für Wirtschaft, in: Tarifbildung und Preispolitik im nationalen Güterverkehr der Bundesrepublik Deutschland, Schriftenreihe der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. (DVWG), Β 33, Köln 1976, S. 138 ff.; WINTER, Detlef, Die Kriterien der Tarifgenehmigung durch das Bundesministerium für Verkehr, a.a.O., S. 111 ff.

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gierung im Benehmen mit den Bundesministern für Verkehr und Wirtschaft festgesetzt und durch Rechtsverordnung erlassen werden, wenn sie nur für ein Land oder einen Teil eines Landes Geltung haben sollen 79 . Eine derartige Einführung eines sogenannten Landessondertarifs hebt die Vorschriften des GNT für die betroffenen Transporte auf. Eine weitere Ausnahmeregelung enthält § 15 Abs. 2 GNT. Durch seine Anwendung kann eine Landesbehörde wiederum im Benehmen mit den Bundesministern für Verkehr und für Wirtschaft im Einzelfall durch Verfügung Entgelte außerhalb der Mindest-Höchstsätze des GNT für zulässig erklären, soweit dies volkswirtschaftlich begründet und mit dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Güterverkehr vereinbar ist. Von besonderer Bedeutung sind die sogenannten Landessondertarife, die sich durch einen einfachen Aufbau auszeichnen, da sie in der Regel nur eine Tarifsatzreihe enthalten, d.h. es kommt unabhängig von der Nutzlast des eingesetzten Fahrzeuges und des Gewichtes der Ladung für die betreffende Entfernungsstufe ein einheitlicher Tarifsatz zur Anwendung 8 0 . Umfangreichen Gebrauch fanden diese Tarife nach Einführung des GNT im Bereich der Bauwirtschaft, wo die schnelle Beförderung vorwiegend schüttbarer Massengüter ermäßigte Spezialtarife notwendig machte. Durch die Einfügung der Tafel V in den GNT wurde zwar ein bundeseinheitlicher spezieller Tarif für solche Güter geschaffen. Dennoch befaßt sich auch heute noch ein Großteil der Landessondertarife mit der Tarifierung von Transportgütern dieses Wirtschaftszweiges, wie etwa der Beförderung von Kies, Sand, Zement, Ton, Schamotte, Bimswaren etc. Andere Anwendungsgebiete sind beispielhaft Großbauvorhaben der öffentlichen Hand, Milch- und Molkereiprodukte, spezielle Hafentarife etc.

79 Vgl. §§ 84 g GüKG, 15 Abs. 1 GNT. 80 Vgl. hierzu und zum folgenden: o.V., Sondertarife für den Güternahverkehr mit Kraftfahrzeugen, Ausgabe Südwest, Stand: 1. März 1985, VerkehrsVerlag J. Fischer, Düsseldorf oJ., Vorwort S. 2.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

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Staatliche Tarifbindung beinhaltet notwendigerweise die Tarifüberwachung, denn ohne Überwachung verfehlt die Tarifregelung ihre Zielsetzung. Die Zuständigkeit für die Überwachung der Bestimmungen des allgemeinen Güternahverkehrs Hegt gemäß § 102 GÜKG bei der unteren Verkehrsbehörde (Erlaubnisbehörde), in deren Bezirk sich der Sitz des Unternehmens oder einer eingetragenen Zweigniederlassung befindet. Eine umfassende Überwachung ist allerdings von dieser Seite bei der gegebenen Personalausstattung kaum zu erwarten. Seit 1975 unterstützt deshalb die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr (BAG) auf der Grundlage von § 54 a GÜKG die Erlaubnisbehörden bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten. Allerdings ist auch durch die BAG aufgrund der Fülle der Transportfälle des Güternahverkehrs im Gegensatz zum gewerblichen Güterfernverkehr keine umfassende Überwachung zu erwarten 81 .

3.2.2 Gewerblicher Güterfernverkehr Güterkraftverkehr 3.2.2.1 Tarifregelung

und grenzüberschreitender

im gewerblichen Güterfernverkehr

Das in den 30er Jahren entwickelte System der Preisregulierung durch den Reichskraftwagentarif für den Güterfernverkehr (RKT) wurde nach dem 2. Weltkrieg im Prinzip beibehalten. Der Geltungsbereich des RKT umfaßt gemäß dem Territorialitätsprinzip sämtliche Beförderungen im Straßengüterfernverkehr innerhalb der Bundesrepublik Deutschland und seine Tarife enthalten alle zur Bestimmung des Beförderungsentgelts notwendigen Angaben und alle anderen für den Beförderungsvertrag maßgebenden Beförderungsbedingungen 82 . Analog zum gewerblichen Straßengüternahverkehr gelten die Tarife hinsichtlich der Beförderungsleistung auch für den Speditionsvertrag zwischen dem Spediteur und seinem Auftraggeber. 81 Zu den Aufgaben der BAG zur Herstellung und Gewährleistung der Ordnung im Güterfernverkehr vgl. Kap. 1.3.2.2.2 dieser Studie. Vgl. §

GüKG.

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Teil I: Wettbewerbsordng

des Verkehrsmarktes

Bis 1961 wurde aus Gründen des Wettbewerbsschutzes der Deutschen Bundesbahn die Bindung des RKT an den DEGT

beibehalten, was eine eigenständige Tarifpolitik des gewerblichen Güterfernverkehrs verhinderte. Erst durch die Verkehrsnovellen dieses Jahres wurde dem Güterfernverkehr eine selbständige Tarifpolitik zugestanden, woraus u.a. die Gründung einer eigenen Tarifkommission resultierte. Umstritten ist, inwieweit es gelungen ist, eine ausreichende Loslösung des RKT vom DEGT ZU erreichen, u m den verkehrsträgerspezifischen Anfor-

derungen in ausreichendem Maße gerecht zu werden. Fest steht jedoch, daß die bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt erzielten Fortschritte z.B. im Bereich der Gütereinteilung oder eines eigenständigen Entfernungswerkes erst im Rahmen langwieriger und äußerst schwieriger Verhandlungsprozesse zustande kamen. Ursprünglich handelte es sich bei dem RKT um einen Festtarif, der sich im Laufe der Zeit jedoch in einen Margentarif wandelte 8 3 . Er unterscheidet sich jedoch vom GNT durch eine vergleichsweise geringe Marge, die seit dem 4. A p r i l 1972 im Ladungsverkehr + / - 8,5 % und im Stückgutverkehr plus 10 % und minus 8,5 % der Regelsätze beträgt 84 . Der RKT gliedert sich in vier Teile, wobei das eigentliche Tarifwerk in den Teilen I I - I V zu finden ist. Teil I enthält die sogenannte Kraftverkehrsordnung ( K v o ) , die die Beförderungsbedingungen für den gewerblichen Güterfernverkehr regelt. Einige Regelungen der K v o sind jedoch bereits "ihrer Art nach keine Beförderungsbedin83 Zur Entwicklung des RKT vgl. ΚΟΡΓΓΖ, Gerhard, Tarifstruktur und Preispolitik im gewerblichen Straßengüterfernverkehr, in: Tarifbildung und Preispolitik im nationalen Güterverkehr der Bundesrepublik Deutschland, Schriftenreihe der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. (DVWG), Β 33, Köln 1976, S. 41 ff. 84 Für die tarifrechtliche Unterscheidung zwischen Stückgut und Ladungsgut sind die im RKT vorgegebenen Abrechnungsvorschriften entscheidend. Frachtrechtlich dagegen richtet sich diese Unterscheidung danach, ob der Absender das Gut als Stückgut zur Verladung übergibt oder ob er sich ein Fahrzeug für die Verladung des Gutes bestellt; vgl. zur frachtrechtlichen Unterscheidung: Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), Reichskraftwagentarif (RKT), Teil I, Kraftverkehrsordnung (KVO), Gültig vom 1. Januar 1959 an, Nachdruck nach dem Stand vom 1. Oktober 1985, Frankfurt oJ., S. 3, sowie zur tarifrechtlichen Unterscheidung: S. 58 f. dieser Studie.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

57

gungen, sondern Vorschriften über die Bildung von Beförderungsentgelten" 85 . Teil Π des RKT enthält in 5 Abschnitten wesentliche Bestimmungen zur Berechnung der Frachten und Nebenentgelte: 1. Vorschriften für die Frachtberechnung 2. Gütereinteilung - Güter der ermäßigten Ladungsklassen 3. Tarifentfernungen 4. Frachtentafel und Frachtsätze 5. Nebengebührentarif I n Analogie zum DEGT 8 6 unterscheidet auch der RKT zwischen Wagenladungstarifen und Stückguttarifen. Während im Ladungsverkehr die Staffelung der Regelsätze nach dem Gewicht (Gewichtsstaffel), nach der Entfernung (Entfernungsstaffel) und nach der Art der Güter (Wertstaffel oder horizontale Staffel) erfolgt, findet im Stückgutverkehr nur eine Staffelung nach Gewicht und Entfernung statt. Das Gewicht entscheidet zunächst über die tarifarische Trennung zwischen Stückgut und Ladungsgut einer einzelnen Sendung. Für Sendungen bis zu 1000 kg hält der RKT Teil I I einen speziellen Stückguttarif vor, in dem in D M ausgerechnete Frachten für verschiedene Gewichte und Entfernungen aufgelistet sind. Dieser Tarif findet bei Stückgutsendungen über 1000 kg so lange Anwendung, wie sich nach den Frachtberechnungsvorschriften für Ladungen keine niedrigere Fracht ergibt 8 7 . Für Ladungsverkehre steht ein Frachtsatzzeiger zur Verfügung, der für jeweils relevante Entfernungen und Güterarten zwischen verschiedenen Tarif-Gewichtsklassen unterscheidet. Bis zum 31. August 1986 existierten eine 5-, 10-, 15-, 20-, 23- und 24-tKlasse. In Anpassung an die Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichts nach § 34 der Straßenverkehr-Zulassungs-Ordnung 85 FRIEDRICH, Wolfgang u.a., a.a.O., S. 186. 86 Vgl. ebenda, S. 34 ff. 87 Vgl. Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), Reichskraftwagentarif (RKT) Teil II, 1. Vorschriften für die Frachtberechnung, Gültig vom 1. August 1985 an, Frankfurt oJ., S. 1.

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Teil I: Wettbewerbsordng

des Verkhsmarktes

(STVZO) von 38 t auf 40 t wurde mit der Verordnung TSF Nr. 5/86 zur Änderung des Reichskraftwagentarifs zum 1. September 1986 bei den Ladungssätzen eine 25 t- und eine 26 t-Gewichtsklasse neu eingeführt 88 . Die Festlegung der Gewichtsgrenzen erfolgt in einer gesonderten Tafel. Der Frachtsatz, der in Pfennigbeträgen für 100 kg angegeben ist, sinkt mit größer werdender Gewichtsklasse aufgrund der daraus resultierenden besseren Ausnutzung der Nutzlast eines Fahrzeugs. Bei einer derartigen am Gewicht orientierten Mengenstaffelung können "gleichermaßen Gesichtspunkte der Preiselastizität der Nachfrage wie der Kostenveranlassung eine Rolle spielen" 89 . So kann z.B. berücksichtigt werden, daß die Nachfrager großer Mengen von Transportleistungen einer Tarifposition vergleichsweise leichter alternative Transportmöglichkeiten zu nutzen in der Lage sind, und daß zum anderen bei großen Nachfragemengen Umlade- oder Rangierarbeiten entfallen, was einen kostengünstigeren Fahrzeugeinsatz erlaubt 90 . Der Frachtberechnung wird außerdem die Tarifentfernung zwischen den entfernungsbestimmenden Gemeindebereichen (Gemeindetarifbereichen), in denen die Ein- und Ausladestellen hegen, zugrunde gelegt. Grundlage des Entfernungswerkes des RKT bilden die Knotenentfernungen, das Gemeindetarifbereichsverzeichnis und das Gemeindeverzeichnis. Findet ein Transport zwischen Gemeindetarifbereichen ohne Anstoßentfernungen (Knoten) statt, wird die Knotenentfernung der Tarifberechnung zugrunde gelegt. Die Tarifentfernung zwischen Gemeindetarifbereichen mit Anstoßentfernung ist dagegen die aus der Knotenentfernung und den zugehörigen Anstoßentfernungen gebildete Gesamtentfernung. Während die Anstoßentfernungen aus dem Gemeindetarifbereichsverzeichnis ablesbar sind, gibt das Gemeindeverzeichnis Auskunft über die Zuordnung von Gemeinden, Gemeindeteilen und gemeindefreien Gebieten zu den Gemeindetarifbereichen. 88 Gegenüber der 24 t-Klasse fuhrt die 25 t-Klasse zu einer Ermäßigung von 1,0025 %; bei der 26 t-Klasse beträgt die Ermäßigung 1,9950 89 DIEDERICH, Helmut, a.a.O., S. 316. 90 Vgl. ebenda, S. 316.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

59

Hinsichtlich der Entfernungsberechnung wird seit den Verkehrsnovellen von 1961 die Frage kontrovers diskutiert, auf welche A r t im Zuge der Aufgabe der jahrzehntelangen Parität zwischen Schiene und Straße die Entfernungsberechnung an den effektiven Straßenentfernungen zu orientieren ist 9 1 . Die prinzipielle - oben dargestellte - Ermittlung von Tarifentfernungen wird jedoch durch die Einführung eines völlig eigenständigen RKT-Straßenentfernungswerkes nicht verändert . Der RKT berücksichtigt in seinen Tarifen zwar die Transportentfernungen, er stellt jedoch keinen reinen Entfernungstarif dar, denn die Berücksichtigung von Entfernungen zwischen ursprünglichen und veränderten Aufenthaltsorten der Beförderungsobjekte erfolgt degressiv zur Entfernung. Dies hat zur Folge, daß die Frachtsätze mit wachsender Transportentfernung zwar absolut steigen, daß die relative Frachtbelastung pro km jedoch abnimmt. Eine solch degressive Staffelung erscheint notwendig, denn die Nachfrager nach Transportleistungen dürften im allgemeinen zwar bereit sein, für Beförderungen über längere Strecken auch mehr zu zahlen, allerdings nicht im Ausmaß proportional zur Entfernung steigender Tarifsätze. Denn mit steigender Transportentfernung kommt insbesondere bei transportkostenempfindlichen Gütern der Wettbewerb nahegelegener anderer Produktionsorte mit höheren Werkspreisen hinzu, wobei die Subsitutionselastizität in dem Maße steigt, wie die Preisunterschiede im Absatzraum zweier oder mehrerer Produzenten geringer werden 9 3 . Auch aus Gründen der Kostenveranlassung bietet sich eine degressive Staffelung an 9 4 . 91 Vgl. dazu beispielhaft: Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Schwachstellenanalyse der bestehenden Verkehrsmarktordnung im Straßengüterverkehr, Köln, November 1983, S. 29 ff. 92 Vgl. Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), Jahresbericht 1984/85, Frankfurt 1985, S. 28 ff. sowie Jahresbericht 1985/86, Frankfurt 1986, S. 12. Das neue Entfernungswerk trat zum 1. Juni 1987 in Kraft. Der Entfernungsberechnung werden dadurch die tatsächlichen Straßenentfernungen zugrunde gelegt. Ein Kostenfaktor wird zusätzlich berücksichtigt: Sofern der Weg über die Bundesautobahn statt über eine Bundesstraße nicht mehr als 40 % weiter ist, wird über die BAB gerechnet. 93 Vgl. PREDÖHL, Andreas, a.a.O., S. 241. 94 Zu beachten ist allerdings, daß kein stetig degressiver Kostenverlauf vor-

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Teil I: Wettbewebsordng

des Verehrsmarktes

Drittes Kriterium bei der Ermittlung des einer Beförderung zugrunde zu legenden Tarifsatzes ist im Ladungsverkehr der Wert der beförderten Güter. Die Richtsätze des RKT sehen für den Transport hochwertiger Güter vergleichsweise höhere Frachtsätze vor als für den Transport geringerwertiger Güter. Hochwertige Güter sind deshalb der hochtarifierenden Tarifklasse A / B zugeordnet, während geringerwertige (Massen-) Güter in die Klassen E und F eingestuft s i n d . Theoretisch können für die Zuordnung der Transportgüter zu einzelnen Tarifklassen sowohl Kostenveranlassungsgesichtspunkte als auch die Preiselastizität der Nachfrage ausschlaggebend sein. I m letzten Fall wird von der Überlegung ausgegangen, "daß die Höhe des Wertes der Güter umgekehrt proportional sei der Höhe der Elastizität der Nachfrage mit Bezug auf den Transportpreis" 96 , denn die Transportnachfrage bei hochwertigen Gütern reagiert auf Transportpreisvariationen schwächer als die Transportnachfrage von Gütern mit einem geringen spezifischen Eigenwert. In der Praxis der Zuordnung der Güter zu einzelnen Tarifklassen sind allerdings Kostenveranlassungsgesichtspunkte von untergeordneter Bedeutung, denn auch die Tarifklasse A / B enthält vielfach Güter, bei deren Transport keine spezifisch höheren Transportkosten zu erwarten sind 9 7 . Die Wertstaffel des liegt, sondern daß Sprünge entstehen können, wenn beispielsweise bei ca. 400 bis 500 km Transportentfernung ein zweiter Fahrer erforderlich wird. 95 Die Güter der ermäßigten Ladungsklassen E und F sind in Teil II Abschnitt 2 des RKT angegeben. Güter, die hier nicht aufgeführt sind, sind nach Tarifklasse A/B abzurechnen. Im Jahre 1985 betrugen die Tarifunterschiede innerhalb dieser Ladungsklassenstaffel zwischen den Tarifklassen A/B und E 5,39 zwischen E und F 12,72 % und insgesamt zwischen A/B und F 17,42 %; vgl. Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), Jahresbericht 1984/85, a.a.O., S. 28 sowie Jahresbericht 1985/86, Frankfurt 1986, S. 49. 96 PREDÖHL, Andreas, a.a.O., S. 240. 97 Dies wird deutlich, wenn man sich die Zuordnung einzelner Güter zu den Tarifklassen genauer betrachtet. So ist die Güterart Leder nach der hochtarifierenden Ladungsklasse A/B abzurechnen, während beim Transport kleiner Lederschnitzel die Tarifklasse F Anwendung findet. Kostenveranlassungsgesichtspunkte dürften für die Abgrenzung kleiner Lederschnitzel kaum entscheidend gewesen sein, denn als kleine Lederschnitzel dürfen im Frachtbrief nur solche bezeichnet werden, aus denen sich Stücke von mehr als 3 cm im Geviert nicht

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

61

RKT wurde zudem durch Zusammenlegung von verschiedenen Tarifklassen stark vereinfacht und besteht - wie beschrieben nur noch aus drei Tarifklassen 98 . I m Rahmen einer solch groben Einteilung kann somit jedoch auch die Elastizität der Transportnachfrage einzelner Güter kaum noch Berücksichtigung finden. Dies ist sicherlich auch ein Grund dafür, daß "die Differenzierung nach Wertklassen ... im Tarifbildungsverfahren heute ... nur noch eine untergeordnete Rolle (spielt, d. Verf.)" 9 9 . Analog zum GNT weist auch der RKT eine Reihe besonderer Abrechnungsmöglichkeiten auf, die sich auf den Transport spezieller Güter oder auf spezielle Leistungen beziehen. So ist von der dargestellten Tarifberechnung mit Hilfe des Frachtsatzzeigers für Ladungsklassen die Beförderung in Silo- und Tankfahrzeugen ausgenommen, denn für derartige Beförderungen steht ein gesonderter Frachtsatzzeiger bereit. Dieser unterscheidet sich allerdings lediglich dadurch, daß linear etwa 3 % höhere Frachtsätze im Vergleich zu Transporten mit herkömmlichen Fahrzeugen zugrunde gelegt werden. Spezielle Tarifbestimmungen existieren auch für die Beförderung von Militärgütern im Teil I V des RKT. Für die Abrechnung von Nebenleistungen des gewerblichen Straßengüterfernverkehrs existiert ein gesonderter Nebengebührentarif. Dieser Tarif enthält im Gegensatz zu den anderen Tarifen des RKT lediglich Höchstsätze, die beliebig bis auf Null

schneiden lassen. Allein die Transportnachfrage dürfte auch dafür entscheidend sein, daß nasse Körperhaare von bestimmten Tieren der Tarifklasse F zugeordnet sind, während Pferdehaare von Schweif und Mähne, Rinderschweifhaare sowie Borsten, das sind die ausgekämmten, am Rücken, Nacken (Halse) und Schwänze des Schweines gewachsenen langen, steifen und spannkräftigen Haare, zur Ladungsklasse A/B gehören, vgl. o.V. Reichskraftwagentarif für den Güterfernverkehr mit Anmerkungen von Gerhard ΚΟΡΓΓΖ, Stand: 1. August 1985, Verlag Heinrich Vogel, München 1985, S. 43 und S. 74. 98 Vgl. zur Zusammenlegung der Klassen A/B und C/D: ΚΟΡΓΓΖ, Gerhard, a.a.O., S. 43. 99 WILLEKE, Rainer unter Mitwirkung von Gregor SCHILD und Michael WERNER, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, Köln 1984, S. 84, im folgenden zitiert als: Willeke, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs.

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Teil I: Wettbewerbsordng

des Verkehrsmarktes

1ΠΠ

ermäßigt werden dürfen . Als Mindest-Höchstentgelt ist lediglich die Gebühr für die Entladung von Silofahrzeugen festgesetzt. Der Transport bestimmter ausgewählter Güter wird durch die sogenannten Ausnahmetarife des RKT Teil I I I begünstigt. Dabei existierten am 1.1.1986 nach Angaben der Bundesanstalt für den gewerblichen Güterfernverkehr (BAG) 126 Ausnahmetarife, die in ihrer Anwendung häufig an besondere Bedingungen geknüpft, auf bestimmte Verkehrsbeziehungen bezogen oder im sonstigen Geltungsbereich beschränkt sind. Sofern diese Anwendungsbedingungen erfüllt sind, kann in den Fällen nach Ausnahmetarif abgerechnet werden, in denen sich eine billigere Fracht als nach den Regeltarifen des RKT Teil I I ergibt 1 0 1 . Die Intention dieser Ausnahmetarife besteht in der Stärkung der Wettbewerbsposition des gewerblichen Straßengüterfernverkehrs gegenüber dem Schienenverkehr, dem Werkverkehr und der Binnenschiffahrt. Zusätzlich zum Verkehrsträgerwettbewerb kann mit Hilfe solcher Ausnahmetarife allerdings auch der Verkehrswegewettbewerb aufgenommen werden. So richten sich die Ausnahmetarife des Seehafenverkehrs auch gegen den grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr mit niederländischen und belgischen Seehäfen. I m Vergleich zur Deutschen Bundesbahn, die mit ca. 210 Ausnahmetarifen etwa 2/3 der Einnahmen erzielt und etwa 1Π9

83 % der Tonnage abwickelt , bewegt sich allerdings im Straßengüterfernverkehr die nach Ausnahmetarifen beförderte Menge seit 1975 zwischen 21 und 22 % der gesamten beförder100 Der Nebengebührentarif befaßt sich beispielsweise mit den Preisen der Vordrucke und Gebühren für die Ausfüllung, dem Wiegegeld, der Zählgebühr, der Ladegebühr, der Gebühr für die Bezeichnung der Stückgüter, dem Lagerund Platzgeld, dem Standgeld etc.; vgl. Nebengebührentarif, Reichskraftwagentarif (RKT) Teil II/5 vom 1. Januar 1968, Bundesanzeiger Nr. 241 vom 23. Januar 1967, geändert durch die VO TSF Nr. 1/85 Bundesanzeiger S. 1057. 101 Vgl. Allgemeine Bestimmungen für die Ausnahmetarife, Reichskraftwagentarif (RKT) Teil III, Gültig vom 1. November 1967 an, Bundesanzeiger Nr. 202 vom 23.10.1967/TN182/17/67 Nachtrag 10/67; geändert durch Nachtrag 3/85, Bundesanzeiger 1985, S. 3841. 102 Vgl. FRIEDRICH, Wolfgang u.a., a.a.O., S. 29.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

63

ten Gütermenge. Gemessen an der gesamten Verkehrsleistung des gewerblichen Straßengüterfernverkehrs liegt der Anteil der Ausnahmetarife seit 1975 zwischen 18,1 und 19,6 % 1 0 3 . Während im Bereich der Deutschen Bundesbahn die Ausnahmetarife somit eher den Regelfall darstellen, handelt es sich im gewerblichen Straßengüterfernverkehr tendenziell um echte "Ausnahmetarife". Die zahlenmäßige Bezeichnung dieser Tarife ist nach einem bestimmten System aufgebaut , das eine Untergliederung in verschiedene beispielsweise nach Relationen und Güterarten getrennte Gruppen von Ausnahmetarifen erlaubt. Für eine Betrachtung, die sich insbesondere an A r t und Aufbau der Tarife orientiert, erscheint jedoch eine Trennung der sogenannten Kontrakttarife von allen übrigen Ausnahmetarifen sinnvoller 1 0 5 . Letztere ähneln im Tarifaufbau den allgemeinen Tarifen des RKT, denn sie enthalten in der Regel Frachtsatzzeiger, die Frachtsätze für verschiedene Gewichtsklassen und Entfernungen angeben. Die ermäßigte Beförderimg zu Ausnahmetarifen findet allerdings vorwiegend im Massengüterbereich statt, weshalb oftmals nur die großen Gewichtsklassen im Frachtsatzzeiger Anwendung finden. Vielfach sind auch je nach Geltungsbereich der Ausnahmetarife nur für bestimmte Entfer-

103 Vgl. Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), VWZ Verkehrswirtschaftliche Zahlen, Frankfurt/Main, versch. Jahrgänge. 104 Vgl. o.V. LKW Ausnahmetarife, a.a.O., S. 3: Jeder Ausnahmetarif (AT) ist mit einer dreistelligen Ordnungszahl gekennzeichnet. Die erste Ziffer der Ordnungszahl gibt die im Gütergruppenverzeichnis festgelegte Gütergruppe an. Die zweite und dritte Ziffer bedeuten: 01 - 59: 60 - 79: 80 - 89: 90 - 99:

AT, die im Verkehr der Bundesrepublik und zum Teil auch für die Ein-, Aus- oder Durchfuhr - nicht aber im Verkehr mit Berlin gelten; AT, die überwiegend in der Ein- und Ausfuhr über Seehäfen - nicht aber im Verkehr mit Berlin - gelten; AT, die überwiegend in der Ein-, Aus- oder Durchfuhr - nicht aber im Verkehr mit Berlin - gelten; AT, die ausschließlich im Verkehr mit Berlin gelten.

105 Denkbar ist auch eine Trennung zwischen Ausnahmetarifen, die die Fracht von einer Gemeinde zu einer anderen Gemeinde festlegen (Stationstarife) und Ausnahmetarifen, deren örtlicher Geltungsbereich nicht auf bestimmte Gemeinden begrenzt ist.

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Teil I: Wettbewerbsordng

des Verkehrsmarktes

nungen Frachtsätze angegeben. Die Marge ist oftmals mit den + / - 8,5 % der allgemeinen Tarife des RKT identisch, teilweise erfolgt jedoch auch eine Einschränkung z.B. auf + / - 5,5 %. Die grundsätzliche Vergleichbarkeit im Tarifaufbau wird jedoch durch diese Einschränkungen nicht beeinträchtigt. Einen völlig anderen Aufbau weisen dagegen die sogenannten Kontrakttarife auf, die allerdings z.Zt. nur für bestimmte Beförderungen von Benzin, Dieselkraftstoff, Zement, Metanol und Kaolin sowie für bestimmte Beförderungen im Seehafenverkehr (AT 968) bestehen. Sie sind nur nach vorheriger vertraglicher Vereinbarung zwischen dem Absender und dem Straßengüterfernverkehrsunternehmer anwendbar, wobei die Vertragsdauer in der Regel mindestens 12 Monate beträgt. Dabei wird für die Abdeckung fixer Kosten für die Dauer eines Jahres und jedes weiteren unmittelbar nachfolgenden Monats des vereinbarten Anwendungszeitraums von einem festen Entgelt ausgegang e n 1 0 6 . Die Abdeckung variabler Kosten erfolgt durch ein Entgelt, das sich nach der Höhe der gefahrenen Kilometer richtet. Sowohl das Festentgelt als auch die Kilometersätze sind mit unterschiedlichen Ermäßigungs- und Erhöhungsmöglichkeiten in den jeweiligen Kontrakttarifen festgelegt. Weitere Tarifierungsbestimmungen, die die Preisbildungsmöglichkeiten einzelner Verkehrsunternehmer und Verlader und somit möglicherweise deren Wettbewerbsposition beeinflussen, sind ohne Anspruch auf Vollständigkeit 1 : - Im Sammelladungsverkehr tätige Speditionen verfügen über einen besonderen Preisbildungsspielraum, denn § 413 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 20 Abs. 2 GÜKG eröffnet ihnen die Möglichkeit einzelne Partien einer Sammelladung zu einer Sendung zusammenzufassen und dadurch den niedrigeren 106 Dadurch soll sichergestellt werden, daß die fixen Kosten auch bei unbefriedigender Beschäftigungslage gedeckt sind. Dies ist besonders bei speziellen Silofahrzeugen von Bedeutung, da diese nur für den Transport bestimmter Güter eingesetzt werden können. 107 Aufgrund der engen Verbindung zwischen dem gewerblichen Güterkraftverkehr und dem Speditionsgewerbe und den daraus resultierenden wettbewerblichen Wirkungen wird auch auf einige Regelungen eingegangen, die originär den Bereich der Spedition betreffen.

2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

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Frachtsatz einer höheren RKT-Gewichtklasse anzuwenden. Die für die minimale Tarifberechnung und somit für die Preisuntergrenze relevante Gewichtsklasse ergibt sich dann aus der Summe der einzelnen Partiegewichte . Die Preisobergrenze dagegen unterliegt bei solchen Transporten der freien privatrechtlichen Vereinbarung, denn § 413 Abs. 2 HGB schreibt lediglich vor, daß der Spediteur in diesem Falle eine den Umständen nach angemessene Fracht, höchstens aber die für die Beförderung des einzelnen Gutes gewöhnliche Fracht verlangen kann. Relevant ist dieser Preisbildungsspielraum insbesondere in den Fällen, in denen ein Lkw mehrere Einoder Ausladestellen an verschiedenen Orten eines Umlaufs zu bedienen hat. Denn mehrere Einzelsendungen, die beispielsweise von dem Absender (Spediteur) an verschiedene Empfangsorte befördert werden sollen, können zwischen zwei für die Frachtberechnung günstigen Punkten zusammengefaßt werden. Der Spediteur adressiert dann die Sendung im Frachtbrief an sich selbst ("Selbstadressierung"). "Dadurch kann - trotz erforderlicher Nachläufe - für eine möglichst lange Beförderungsstrecke die günstigere Fracht nach einer höheren Gewichtsklasse eingeräumt werden" 1 0 9 . - Von besonderer Bedeutung für das Verhältnis von Abfertigungsspeditionen und Straßengüterfernverkehrsunternehmen ist die sogenannte Verordnung über die Werbe- und Abfertigungsvergütung (WAV) im Güterfernverkehr, denn hier wird festgelegt, daß der Abfertigungsspediteur von dem Straßengüterfernverkehrsunternehmer eine WAV für die Werbung, vorbereitende Behandlung der Sendungen, Ausstellung der Beförderungspapiere etc. bis zu der durch diese Verordnung bestimmten Höhe erhält 1 1 0 . Dieses als Höchstvergütung festgelegte Entgelt beträgt zwischen 1 v.H. und 10 v.H. des Netto-

108 Vgl. WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 88. 109 FRIEDRICH, Wolfgang u.a., a.a.O., S. 193. 110 Vgl. hierzu und zum folgenden: Verordnung über die Werbe- und Abfertigungsvergütung im Güterfernverkehr vom 29. Mai 1985, Bundesanzeiger 1985, S. 5641.

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Teil I: Wettbewerbsordng

des Verkehrsmarktes

beförderungsentgeltes gemäß RKT. Der Höchstsatz von 10 v.H. ergibt sich beispielsweise bei Frachtberechnung nach Stückgutsätzen oder nach Ladungsklasse A / B auf Entfernungen bis zu 300 km. - Eine völlig freie Preisbildung findet im Bereich des Sammelgutverkehrs (Stückgut, Kleingut) der Spedition statt. Die von 1939 an staatlich reglementierten Kundensätze haben hier seit 1975 lediglich Empfehlungscharakter. Sie werden im Rahmen der sogenannten "Kartelllösung" vom Bundesverband Spedition und Lagerei (BSL) weiterentwickelt und veröffentlicht. - Besondere Preisbildungsspielräume ergeben sich auch, wenn bei Nichtauslastung der Nutzlast des Fahrzeugs beim Transport leichtgewichtiger Güter ein spezielles Frachtberechnungsgewicht vereinbart wird. "Dieses Frachtberechnungsgewicht kann zwischen 5 t - wenn das tatsächliche Gewicht 5 t oder weniger beträgt - und dem Nutzlastgewicht hegen, muß aber immer mindestens so hoch sein, wie das tatsächliche Gewicht" 1 1 1 . - Neben den erhöhten Frachten bei der Beförderung in Silound Tankfahrzeugen sowie den im Nebengebührentarif angegebenen Höchstsätzen für bestimmte Leistungen, bestehen noch weitere Möglichkeiten zur Berechnung von Zuschlägen etwa für die Beförderung in Isothermfahrzeugen, in Fahrzeugen mit Sonderaufbauten, Schnellieferzuschläge etc. 1 1 2 . - Schließlich kann nach § 20 Abs. 3 K v o vereinbart werden "daß binnen eines Tages angebotene und verladebereite Güter bis zu 25 t als eine Sendung auf mehrere Fahrzeuge oder Lastzüge des Unternehmers oder von diesem auch auf Fahrzeuge oder Lastzüge anderer Unternehmer verteilt werden" 1 1 3 . Dadurch kann der absendenden Spedition oder dem

111 FRIEDRICH, Wolfgang u.a., a.a.O., S. 193. 112 Vgl. im einzelnen: Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), Reichskraftwagentarif (RKT) Teil II, 1. Vorschriften für die Frachtberechnung, a.a.O., S. 3 ff. 113 Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), Reichskraftwagentarif (RKT) Teil I, a.a.O., § 20 Abs. 3.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

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absendenden Verlader für Versendungen, die aufgrund ihres großen Umfangs nicht auf einem Fahrzeug zu transportieren sind oder die erst im Laufe eines Tages vollständig versandbereit werden, im Frachtvertrag ein im Vergleich zur Einzelabrechnung niedrigerer Tarif angeboten werden.

3.2.2.2 Tarißildung und Tarißberwachung im gewerblichen Güterfernverkehr Der analog zum GNT aus einer Vollkostenkalkulation abgeleitete RKT wird seit 1961 von der Tarifkommission für den Güterfernverkehr (TKF) weiterentwickelt 114 . Während im gewerblichen Straßengüternahverkehr jedoch Verlader und Güternahverkehrsunternehmer gleichberechtigt zusammenarbeiten, besteht die TKF ausschließlich aus Tarifsachverständigen Unternehmervertretern des gewerblichen Straßengüterfernverkehrs. Der sogenannte Verladerausschuß hat lediglich eine beratende Funktion und ist bei den Beschlußfassungen der TKF nicht stimmberechtigt 115 . Nach dem GÜKG ohne eigenes Antragsrecht kann dieser Ausschuß zwar der TKF Tarifanträge zur Entscheidung vorlegen und muß zu Anträgen, die er nicht selbst eingebracht hat, gehört werden, er kann jedoch eine Tarifmaßnahme weder verhindern noch erzwingen. Der Lauf eines Tarifantrages in der TKF ist im übrigen jedoch durchaus mit der Tarifentwicklung in der TKN vergleichbar. So prüft der Vorstand der Tarifkommission vor Weiterleitung an die Kommissionsmitglieder, den Verladerausschuß und den Bundesminister für Verkehr zunächst die Antragsberechtigung

114 Für den Unizugsverkehr besteht eine gesonderte Tarifkommission des Umzugsverkehrs auf die im Rahmen dieser Studie nicht eingegangen wird. 115 Vgl. Verordnung über die Tarifkommissionen, die erweiterten Tarifkommissionen und die beratenden Ausschüsse für den Güterkraftverkehr (Tarifkommissionen-Verordnung), a.a.O., § 3. Die TKF besteht aus 18 tarifsachverständigen Unternehmensvertretern des gewerblichen Straßengüterfernverkehrs. Die 18 Tarifsachverständigen des beratenden Verladerausschusses setzen sich aus sieben Vertretern der Industrie, sechs Vertretern des Handels, einem Vertreter der Spedition, einem Vertreter des Handwerks und drei Vertretern der Agrarwirtschaft zusammen.

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Teil I: Wttbewrbsordaug

des Verkehrsmarktes

von Tarifanträgen 116 . Die Beratung und Abstimmung erfolgt nach Stellungnahme des Verladerausschusses in nichtöffentlicher Sitzung oder im schriftlichen Verfahren. I m Gegensatz zur TKN verfugt jedes Tarifkommissionsmitglied über eine Stimme, wobei im Rahmen einer Abstimmung bei Stimmengleichheit ein Antrag abgelehnt ist. Zur Vorbereitung der Beschlußfassung besteht die Möglichkeit, Unterausschüsse der Tarifkommission einzusetzen und gemeinsame Sitzungen mit dem Verladerausschuß abzuhalten. Von der TKF beschlossene Beförderungsentgelte bedürfen analog zum gewerblichen Straßengüternahverkehr der Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, der gemäß § 20a GÜKG im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft entscheidet und den Erlaß genehmigter Tarife durch Rechtsverordnung regelt. Zwar soll die ministerielle Genehmigung analog zum Sraßengüternahverkehr innerhalb von 2 Monaten nach Eingang des Beschlusses der Tarifkommission erfolgen, insgesamt ist die maximal mögliche Zeitspanne von der Antragstellung bis zum Erlaß eines neuen oder geänderten Tarifs jedoch größer als im Sraßengüternahverkehr. So sieht § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung der TKF lediglich vor, daß dem Verladerausschuß ein entsprechender Zwischenbescheid erteilt wird, wenn die Tarifkommission über Tarifanträge, die vom Verladerausschuß vorgelegt wurden, innerhalb von 3 Monaten nach Eingang bei der Geschäftsstelle nicht beschließen kann. Nach Erteilung dieses Zwischenbescheides kann die TKF jedoch auf unbestimmte Zeit weiterprüfen 1 1 7 . Die Kriterien, die zur staatlichen Genehmigung von Tarifanträgen des Sraßengüterfernverkehrs herangezogen werden, unterscheiden sich von der Genehmigungspraxis im Nahverkehr auf der Straße lediglich in den Punkten, in denen das unterschiedliche Besetzungsverfahren von TKN und TKF nach ande-

116 Vgl. Geschäftsordnung der Tarifkommission des Güterfernverkehrs vom 1. Februar 1966, Verkehrsblatt Nr. 16 vom 31.8.1967, § 5. 117 Vgl. Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI), Schwachstellenanalyse der bestehenden Verkehrsmarktordnung im Straßengüterverkehr, a.a.O., S. 35 ff.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

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ren Beurteilungsmaßstäben verlangt. So wird beispielsweise in den Tarifbestimmungen für den Sraßengüternahverkehr die in § 7 ("Wettbewerbsparagraph") niedergelegte Forderung nach Marktgerechtigkeit der Entgelte durch die explizite Vorschrift des § 84a GÜKG ergänzt, nach der die Tarifkommissionen die Aufgabe haben, marktgerechte Beförderungsentgelte zu bilden. Gleichzeitig besagt jedoch § 84e Abs. 5 GÜKG, daß die von den Tarifkommissionen und den erweiterten Tarifkommissionen des Güternahverkehrs beschlossenen Beförderungsentgelte als marktgerecht gelten. Formal betrachtet löst man im Straßengüternahverkehr das Problem "also einfach dadurch, daß man es für gelöst erklärt" 1 1 8 . Materiell besagen diese Bestimmungen jedoch lediglich, "daß die Marktgerechtigkeit nicht geprüft zu werden braucht, wenn ... Beschlüsse nur bei Übereinstimmung beider Marktseiten oder bei Mitwirkung eines neutralen Schlichters zustande kommen können" 1 1 9 . Folgerichtig sind diese Regelungen aufgrund der einseitigen Besetzung der TKF mit Gewerbevertretern in den Tarifbestimmungen finden Sraßengüterfernverkehr nicht enthalten. A u c h im Straßengüterfernverkehr wird jedoch in der Regel kaum eine Prüfung der Marktgerechtigkeit der Entgelte durch die staatlichen Genehmigungsbehörden erfolgen, wenn zu einem beschlossenen Tarifantrag der TKF die Zustimmung des beratenden Verladerausschusses vorliegt. Daraus kann gefolgert werden, daß im praktischen Genehmigungsverfahren aufgrund des notwendigen Einvernehmens des Bundesministers für Verkehr mit dem nach allgemeinen wirtschaftspolitischen Grundsätzen entscheidenden Bundesminister für Wirtschaft Tarifanträge nur begrenzt durchsetzbar sein werden, die zu einer einseitigen Berücksichtigung der Interessen des Güterkraftverkehrsgewerbes führen würden. Denn diese allgemeinen wirtschaftspolitischen Grundsätze beinhalten, daß bei Entscheidungen über Tarifanträge auch die Verladerinteressen ausreichend Berücksichtigung finden. Z u beachten ist allerdings, daß durch

118 STORSBERG, Günther, Die Kriterien der Tarifgenehmigung aus der Sicht des Bundesministeriums für Wirtschaft, a.a.O., S. 141. 119 Ebenda, S. 141.

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des Verkehrsmarktes

die Einschaltung des Bundesministers für Wirtschaft und die daraus resultierende Verlagerung des Abstimmungsprozesses auf die staatliche Ebene eine tendenziell gleichgewichtige Berücksichtigung von Verladerinteressen nur in den Fällen erfolgt, in denen eine einseitige Tarifmaßnahme zugunsten des gewerblichen Straßengüterfernverkehrs verhindert werden soll. Daraus kann jedoch keine generelle Gleichberechtigung abgeleitet werden, denn aufgrund des fehlenden Antrags- und Stimmrechtes der Verlader in der TKF kann dieses Gremium aus Verladersicht notwendige Tarifänderungen jederzeit verzögern oder verhindern. Auch die Tarifbestimmungen des Straßengüterfernverkehrs bieten staatlichen Organen die Möglichkeit, in die Tarifbildung direkt einzugreifen, denn der Bundesminister für Verkehr kann gemäß § 20a Abs. 4 GÜKG an Stelle der Tarifkommissioii Frachtsätze und andere zur Bestimmung des Beförderungsentgelts notwendige Angaben des Tarifs festsetzen, wenn das allgemeine Wohl es erfordert. Das Ausmaß staatlicher Preisbindung wird zudem dadurch deutlich, daß das GÜKG bestimmte Beförderungen zwar von dieser Preisbindung freistellt, gleichzeitig jedoch wiederum bestimmte Eingriffsmöglichkeiten vorsieht. So kann ein Unternehmer gemäß § 22a Abs. 1 GÜKG für die Beförderung von Gütern von und nach deutschen Seehäfen, die über See eingeführt worden sind oder über See ausgeführt werden, unter bestimmten Bedingungen ohne Bindung an die Tarife Entgelte mit dem Absender schriftlich vereinbaren (Sonderabmachungen). Voraussetzung für die Zulässigkeit solcher Sonderabmachungen ist die Erhaltung oder Verbesserung des finanziellen Betriebsergebnisses des Unternehmers. Zudem kann der Bundesminister für Verkehr den Abschluß solcher Sonderabmachungen in den Fällen von seiner Zustimmung abhängig machen, in denen der Markt für die Beförderung bestimmter Güter in bestimmten Verkehrsverbindungen gestört ist. § 22a Abs. 4 GÜKG unterstellt in den Fällen einen gestörten Markt, in denen die durchschnittliche Höhe der während eines Kalenderjahres erhobenen Beförderungsentgelte nicht ausreicht, um die Rentabilität eines ordnungsgemäß geführten und normal beschäftigten Verkehrsunternehmens zu gewährleisten.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

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Wie bereits ausgeführt wurde, beinhaltet staatliche Tarifbindung und Kontingentierimg notwendigerweise die Überwachimg durch eine staatliche Behörde. I m Jahre 1953 wurde deshalb zur Herstellung und Gewährleistung der dargestellten Ordnung im Straßengüterfernverkehr innerhalb seiner verschiedenen Zweige und im Verhältnis zu anderen Verkehrsträgern die Bundesanstalt für den gewerblichen Güterfernverkehr (BAG) geschaffen, bei der es sich um eine der Kontrolle des Bundesministers für Verkehr unterstehende Anstalt des öffentlichen Rechts handelt 1 2 0 . Diese Behörde verfügt über polizeiähnliche Rechte, denn sie kann nach § 56 GÜKG die Durchführung der im Rahmen ihrer Überwachungsaufgaben erforderlichen Verwaltungsmaßnahmen nach den für die Durchsetzung von Verwaltungsmaßnahmen allgemein geltenden Bestimmungen erzwingen. Die Erfüllung der gesetzlich übertragenen Überwachungsaufgaben erfolgt durch die Prüfung vorzulegender Beförderungsunterlagen, durch Straßenkontrollen und durch Betriebsprüfung e n 1 2 1 . I m Rahmen der Prüfung der Beförderungsunterlagen verpflichtet § 58 GÜKG die gewerblichen Straßengüterferaverkehrsunternehmer monatlich die für die Überwachung der Tarife und der Sonderabmachungen erforderlichen Unterlagen der BAG oder einer durch die Bundesanstalt zugelassenen Frachtenprüfstelle vorzulegen. Praktisch bedeutet dies, daß im Straßengüterfernverkehr eine lückenlose Kontrolle sämtlicher monatlich durchgeführter Beförderungen und der dabei erzielten Entgelte erfolgt. Die in Zusammenarbeit mit Polizei, Zoll und Gewerbeaufsicht stattfindenden Straßenkontrollen dienen der Überprüfung der Unternehmer vor Ort. Diese Kontrollen sind notwendig, da allein mit dem Instrument der Frachtenprüfung bestimmte Tatbestände wie etwa die Durchführung von ungenehmigten Straßengüterfernverkehrstransporten durch Nahverkehrsunternehmer nicht aufgedeckt werden können. "Daß die Bundesanstalt nach außen hin auf den Straßen in Er-

120 Vgl. §§53,76 GüKG. 121 Vgl. hierzu und zum folgenden: Bundesanstalt für den Güterfernverkehr (Hrsg.), Die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr, Köln 1981, S. 12 ff.

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scheinung trat und dort wirksam wurde, war dringend geboten" 1 2 2 . Während Straßenverkehrskontrollen vorwiegend nur die Prüfung von Einzelfällen zulassen, ist das Ziel von Betriebsprüfungen, die Aufdeckung zusammenhängender schwerwiegender Gesetzesabweichungen, zu denen insbesondere Tarifabweichungen gezählt werden. Hierzu dienen insbesondere "sogenannte Komplexprüfungen ..., d.h. es werden bestimmte Unternehmer- und Verladergruppen überprüft, bei denen besonders aufgrund der bei den Straßenkontrollen gemachten Beobachtungen ausgedehnte Gesetzesverstöße zu vermuten sind" 1 2 3 . Die Bundesanstalt kann allerdings auch ohne begründete Verdachtsmomente alle Ermittlungen anstellen, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen für erforderlich hält. Die Kontrollmöglichkeiten sind umfassend, denn die BAG ist durch § 55 GÜKG zur Einsichtnahme in Bücher und Geschäftspapiere ermächtigt und zwar bei: - Eigentümern und Besitzern von Kraftfahrzeugen zur Güterbeförderung; - allen an der Beförderung oder ihrer Abrechnung und Prüfung Beteiligten sowie den gesetzlich an den Tarif gebundenen Dritten und den Vermittlern von Ladegut oder Laderaum; - den Beteiligten an Handelsgeschäften über die beförderten Güter. Die Bedeutung von Straßenverkehrskontrollen und Betriebsprüfungen ergibt sich aus Tabelle 2. Aus dem zu beobachtenden Rückgang der absoluten Anzahl von Betriebsprüfungen darf allerdings nicht auf eine verbesserte Beachtung von Tarifbestimmungen geschlossen werden. Dieser Rückgang steht vielmehr auch damit in Zusammenhang, daß die BAG aus Gründen eines verbesserten Überblicks im Laufe der Zeit verstärkt dazu übergegangen ist, Betriebsprüfungen bei Unternehmen der Verladerschaft durchzuführen; denn dadurch kann oft eine

122 Bundesantalt für den Güterfernverkehr (Hrsg.), Die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr, Aufgabe und Wirken, Köln 1973, S. 22. 1Ebenda, S.

.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

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große Anzahl von Geschäftsbeziehungen zu verschiedenen Unternehmen des gewerblichen Straßengüterfernverkehrs überprüft werden 1 2 4 . Bei festgestellten Verstößen gegen das GüKG und weitere Verkehrsgesetze wie etwa das Straßenverkehrsgesetz wird die Bundesanstalt entweder als Ermittlungsbehörde oder auch als Bußgeldbehörde tätig 1 2 5 . Letzteres ist der Fall, wenn es sich um Auswärtige handelt, d.h. wenn das betroffene Unternehmen weder Sitz noch Niederlassung im Geltungsbereich des GÜKG hat und auch die betroffene Person über keinen entsprechenden Wohnsitz verfügt. Bei unzulässigen Tarifabweichungen schreibt § 23 GÜKG darüber hinaus ein Tarifausgleichsverfahren vor. In diesem Fall ist der auf der Grundlage einer Unterschiedsberechnung ermittelte Unterschiedsbetrag zwischen dem tarifmäßigen und dem tatsächlichen Entgelt bei Tarifunterschreitung von dem Fernverkehrsunternehmer nachzufordern und bei Tarifüberschreitung von dem Frachtzahler zurückzuverlangen. Wird die Forderung nicht innerhalb einer angemessenen Frist geltend gemacht, so geht sie in beiden Fällen an die BAG über, die das zuwenig oder zuviel berechnete Entgelt in eigenem Namen einzuziehen h a t 1 2 6 . Die BAG ist zwar eine öffentlich-rechtliche Verwaltungsbehörde, sie wird jedoch in vielerlei Hinsicht von dem Güterkraftverkehrsgewerbe mitgetragen. So ist der Haushalt der BAG nicht im Bundeshaushalt enthalten und wird zum überwiegenden Teil aus Umlagen und Meldebeiträgen der Transportunternehmer gedeckt. Die Frachtenprüfung erfolgt im Normalfall 124 Vgl. ebenda, S. 26. 125 So wurden nach Angaben der BAG 1984 bei den Bußgeldbehörden der Länder 15688 Bußgeldanträge über insgesamt 11.528 T D M gestellt (zum Vergleich 1975: 7453 Anträge über 2.202 TDM). Durch die BAG selbst wurden 1984 18777 Bußgeldbescheide über 5.112 TDM erlassen. Daneben erteilte die BAG für geringfügige Ordnungswidrigkeiten 58487 Verwarnungen. Die Gesamthöhe des Verwarnungsgeldes betrug 1.398 TDM. 126 Im Jahre 1984 betrug die Anzahl der Unterschiedsberechnungen nach § 23 Abs. 1 GüKG 40199 (1975: 31766), wobei sich Unterschiedsbeträge in Höhe von 4.942 TDM (1975: 2.740 TDM) ergaben. Die Zahlungseingänge aufgrund übergeleiteter Unterschiedsbeträge nach § 23 Abs. 3 GüKG betrugen nach Angaben der BAG 3.252 T D M (1975: 915 TDM).

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nicht d u r c h die B A G selbst, sondern d u r c h die Frachtenprüfs t e l l e n 1 2 7 . L e g t m a n die A n z a h l der Genehmigungen zugrunde, w e r d e n zu r u n d 80 % die 18 Frachtenprüfstellen b e i d e n Straßenverkehrsgenossenschaften i n A n s p r u c h genommen. D i e restlichen 20 % entfallen nahezu vollständig auf Prüfstellen der Deutschen Bundesbahn, die vorwiegend Beförderungen abrechnen, die m i t eigenen Genehmigungen oder v o n sogenannt e n Vertragsunternehmern der D B durchgeführt werden, sowie auf freie Prüfstellen, die nach A u s k u n f t der B A G besonders v o n großen, i m Selbsteintritt i m Güterkraftverkehr tätigen Speditionen i n Anspruch genommen w e r d e n 1 2 8 . A u f eine enge V e r b i n d u n g zwischen B A G u n d Gewerbe läßt auch die Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt s c h l i e ß e n 1 2 9 , d e n n hier zeigt sich beispielsweise, daß all e i n der B D F ein deutliches Ü b e r g e w i c h t gegenüber d e n als V e r t r e t e r n der verladenden Wirtschaft anzusehenden M i t g l i e -

127 Diese Frachtenprüfstellen haben allerdings bei der Tarifüberwachung die Richtlinien der BAG einzuhalten und auch bei der Tarifauslegung die Auffassung der Bundesanstalt zugrundezulegen; vgl. Verordnung über die Tarifüberwachung nach dem Güterkraftverkehrsgesetz (Tarifüberwachungs-Verordnung GüKG-GüKTV) vom 11. Dezember 1984, BGBL I, Nr. 52 vom 18.12.1984, § 7. 128 So wurden im Jahre 1980 rd. 15 Mio. Frachtbriefe geprüft. Gemessen an der Anzahl der Genehmigungen entfielen auf die Frachtenprüfstellen bei den Wirtschaftsorganisationen des Gewerbes (Straßenverkehrsgenossenschaften) 28 300 Fälle. Die Finanzierung erfolgt hier nach Auskunft der BAG im wesentlichen durch Abgaben in Höhe von 0,35 - 0,6 % des Frachtumsatzes. Auf die privaten Frachtenprüfstellen entfielen 4 600 und auf die Deutsche Bundesbahn 2 700 Fälle. Lediglich in 10 Fällen prüfte dagegen die BAG die erzielten Beförderungsentgelte selbst, vgl. Bundesanstalt für den gewerblichen Güterfernverkehr (Hrsg.), Die Bundesanstalt für den gewerblichen Güterfernverkehr, Köln 1981, S. 13. 129 Die 27 Mitglieder des Verwaltungsrates der BAG setzen sich zusammen aus sechs Vertretern des Bundesverbandes des Deutschen Güterfernverkehrs, einem Vertreter des Bundesverbands des Deutschen Güternahverkehrs, einem Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Möbeltransport, zwei Vertretern des Bundesverbandes Spedition und Lagerei, einem Vertreter der Deutschen Bundesbahn, einem Vertreter des Deutschen Industrie- und Handelstages, einem Vertreter des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, einem Vertreter des Zentralausschusses der Deutschen Landwirtschaft, einem Vertreter des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, einem Vertreter des Zentralverbandes der Versicherungswirtschaft, fünf Vertretern der Gewerkschaften und sechs Vertretern der obersten Landesverkehrsbehörden.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

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dem besitzt 1 3 0 . Dieser Zusammenhang dürfte insbesondere beim Erlaß von Richtlinien für die mit der Tarifüberwachung betrauten Frachtenprüfstellen bei den Straßenverkehrsgenossenschaften von Bedeutung sein.

3.2.2.3 Tarifregelungen im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr I m grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr existiert eine Vielzahl bilateraler und multilateraler Vorschriften. Diese Voriqi

Schriften regeln zum einen den Marktzugang und die allgemeinen Beförderungsbedingungen, zum anderen gibt es auch im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr eine Vielzahl staatlicher Tarifbindungen 132 . Z u unterscheiden ist hierbei zwischen Transporten im Verkehr innerhalb der EG und Transporten außerhalb dieses Bereiches. Die Preisbildung im Verkehr mit Nicht-EG-Ländern wie etwa der Schweiz ist an keinerlei Tarifbestimmungen gebunden. Derartige Freiheiten der Vertragsund Preisgestaltung dürfen allerdings nicht dazu genutzt werden, die im Binnenverkehr geltenden Bestimmungen - also insbesondere den RKT und alle seiner Überwachung dienenden Kontrollbestimmungen - zu umgehen. Das im Rahmen eines grenzüberschreitenden Transportes erzielte Gesamtentgelt muß deshalb so gestaltet sein, daß das der Inlandsstrecke zuzurech130 Klassifiziert man den BDI, den Zentralausschuß der Deutschen Landwirtschaft und den Zentralverband des Deutschen Handwerks als Verladervertreter, so verfügt die Verladerseite über 3 Mitglieder gegenüber 6 Mitgliedern des BDF. Eine solche Abgrenzung ist sicherlich nicht unumstritten, da z.B. auch der BSL und der DIHT Verladerinteressen vertreten. Gemäß ihren Aufgaben werden jedoch sowohl der BSL als auch der DIHT als Dachorganisation der Industrie· und Handelskammern auch für die Interessen des Güterkraftverkehrsgewerbes eintreten, was die obige Abgrenzung plausibel erscheinen läßt. WILLEKE ordnet in diesem Zusammenhang 10 Verwaltungsratsmitglieder dem Straßenverkehrsgewerbe zu, vgl. WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 73 f. 131 Vgl. Kap. 1.2.1.2 dieser Studie. 132 Eine ähnlich ausführliche Darstellung dieser Tarifbindungen wie für den Bereich des Binnenverkehrs würde den Rahmen dieser Studie sprengen. Diesbezügliche Regelungen sind zu finden bei: HEIN, Georg u.a., a.a.O., insbes. Kennzahlen C und J.

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des Verkehrsmarktes

nende tarifgebundene Entgelt nicht unter- oder überschritten wird. Nach nationalem Recht ist deshalb im Verkehr mit diesen Ländern nach dem sogenannten Territorialitätprinzip für die deutsche Strecke die Frachtberechnung nach RKT (oder GNT) zugrunde zu legen und für den ausländischen Streckenteil ein "angemessenes Beförderungsentgelt" anzusetzen. Grundsätzlich bestehen derartige Vertrags- und Preisgestaltungsmöglichkeiten auch für diejenigen Güterkraftverkehrsunternehmer, die grenzüberschreitende Verkehre mit Ostblockländern durchführen. Diese Verkehre unterhegen allerdings besonderen Bedingungen, da bei den nach zentralverwaltungswirtschaftlichen Grundsätzen gelenkten Verkehrsbetrieben des Ostblocks Ziele wie der Erwerb von Devisen oftmals im Vordergrund stehen. Nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen berechnete Preise, die von den eigenwirtschaftlich orientierten Unternehmen des deutschen Güterkraftverkehrs angeboten werden, werden deshalb von den staatlichen Verkehrsbetrieben des Ostblocks zumeist unterboten. Eine angemessene Beteiligung deutscher Unternehmer an diesen Verkehren setzt deshalb oftmals bilaterale staatliche Verhandlungen und Absprachen voraus. Grundlage der Tarifbildung innerhalb der EG-Staaten ist z.Zt. die EG-Verordnung Nr. 3568/83 133 . Grundsätzlich wird in dieser Verordnung davon ausgegangen, daß sich die Bildung der Beförderungsentgelte auf sogenannte Referenztarife stützt. Diese Referenztarife stellen lediglich Preisempfehlungen dar, die aus den Kosten der entsprechenden Beförderungsleistungen und der Lage und voraussichtlichen Entwicklung auf den betroffenen Verkehrsmärkten abgeleitet werden. Die endgültige Entscheidung über die Festsetzung des individuellen Beförderungsentgelts bleibt der eigenverantwortlichen Absprache zwischen dem Verkehrsunternehmer und seinen Kunden überlassen. Gleichzeitig sieht die EG-Verordnung jedoch vor, zwei 133 Vgl. Verordnung (EWG) Nr. 3568/83 des Rates vom 1. Dezember 1983 über die Bildung der Beförderungsentgelte im Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 22. Dezember 1983, L 359, S. 1. Diese Verordnung löst die Verordnung (EWG) Nr. 2831/77 ab und gilt bis zum 31. Dezember 1988.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

oder mehr Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, anstelle der unverbindlichen Referenztarife obligatorische Margentarife zu wählen. I n der Praxis gilt z.Zt. folgender Tarifstand: Referenztarife: - Deutsch-Britischer Straßengütertarif (DBST) - Deutsch-Dänischer Straßengütertarif (DDST) - Deutsch-Irischer Straßengütertarif (DlRST) Obligatorische Straßengütertarife: - Deutsch-Belgischer Straßengütertarif (DBST) - Deutsch-Französischer Straßengütertarif (DFST) - Deutsch-Italienischer Straßengütertarif (DlST) - Deutsch-Luxemburgischer Straßengütertarif (DLST) - Deutsch-Niederländischer Straßengütertarif (DNST) D a als Grundlage der Tarifentwicklung auch i m internationalen Straßengüterverkehr die Tarifentfernung, die Gutart und das Gewicht der Sendung herangezogen werden, ist der Aufbau der obligatorischen EG-Margentarife und ihre Unterglieder u n g 1 3 4 mit dem RKT formal vergleichbar. Hieraus darf jedoch nicht auf materiell vergleichbare Frachtsatzreihen geschlossen werden. Die Tarifbindung der obligatorischen Margentarife schließt sowohl den Verkehr von und nach Berlin (West) als auch Transporte ein, bei denen Güter auf einer Teilstrecke durch ein weiteres Land befördert w e r d e n 1 3 5 . Die Margenregelung der EG-Verordnung Nr. 3568/83 sieht vor, daß die Beförderungs134 Die EG-Margentarife sind unterteilt in: Allgemeine Bestimmungen und Anwendungsbedingungen, Gütereinteilung, Entfernungstafeln, Frachtsatzzeiger, Nebenleistungen, Ausnahme- und Sondertarife (bisher nicht eingeführt). 135 Vgl. Verordnung TS Nr. 1 - DBST (DFST, DIST, DLST, DNST) über den Tarif für den Güterkraftverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien vom 8. September 1971, Bundesanzeiger Nr. 175 vom 21. 9.1971, geändert durch die VO TS Nr. 5 - DNST - vom 23. Juni 1983, Bundesanzeiger Nr. 120 vom 2. 7. 1983, Teil 1, Allgemeine Bestimmungen und Anwendungsbedingungen, Art. 1. Beförderungen, die von der Tarifbindung ausgenommen sind, sind in Art. 2 dieser Verordnung aufgelistet.

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entgelte um +/-15 % von dem vorgegebenen Richtsatz abweichen können. Diese Regelung ist allerdings z.Zt. noch nicht in allen obligatorischen Straßengütertarifen implementiert, da die EG-Verordnung Nr. 2831/77 von einer oberen Tarifgrenze und einer möglichen Ermäßigung von 23 % ausgeht und die Umstellung der Marge im Rahmen der Anpassung der Tarife eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Die aufgeführten obligatorischen Tarife werden von den unmittelbar beteiligten Staaten unter Einschaltung der Berufsorganisationen des Güterkraftverkehrs im gegenseitigen Einvernehmen festgesetzt oder geändert und binnen 2 Monaten nach Abschluß diesbezüglicher Verhandlungen in Kraft gesetzt 136 . A n diesen Verhandlungen kann die EG-Kommission mit beratender Stimme teilnehmen. Einen direkten Einfluß auf die bilaterale staatliche Tarifbindung übt sie nur dann aus, wenn die Verhandlungen innerhalb von 6 Monaten zu keinem Ergebnis geführt haben. I n diesem Fall kann die Kommission auf Antrag eines beteiligten Mitgliedstaates und nach Anhörung eines für die Anwendung und Durchführung der EG-Verordnung Nr. 3568/83 zuständigen aus Regierungssachverständigen bestehenden Ausschusses selbständig tätig werden und gegebenenfalls eine Entscheidung treffen und bekanntgeben. Entwürfe für die Einführung oder Änderung von Referenztarifen werden von den Berufsorganisationen des Güterkraftverkehrs erarbeitet und nach Anhörung der repräsentativen Organisationen der Verkehrsnutzer und des Verkehrshilfsgewerbes an die zuständigen Regierungen weitergeleitet, die ihrerseits die EG-Kommission unterrichten 1 3 7 . Die Veröffentlichung in der Fachpresse erfolgt, sofern innerhalb einer bestimmten Frist weder die Kommission noch der betroffene Mitgliedstaat von dem bestehenden Einspruchsrecht Gebrauch machte. Auch bei der Bildung von Referenztarifen kann die Kommission in den Fällen selbständig eine Entscheidung treffen und bekanntgeben, in 136 Vgl. Verordnung (EWG) Nr. 3568/83 des Rates vom 1. Dezember 1983 über die Bildung der Beförderungsentgelte im Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten, a.a.O., Art. 11 ff. 137 Vgl. ebenda, Art. 7.

3.2 Preisbindung im Straßengüterverkehr

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denen es den Berufsorganisationen nicht gelingt, einen Referenztarif aufzustellen oder zu ändern oder in denen ein Mitgliedstaat von seinem Einspruchsrecht Gebrauch macht. Voraussetzung für das Tätigwerden der Kommission ist allerdings auch in diesem Fall ein entsprechender Antrag eines beteiligten Mitgliedstaates sowie die Anhörung des oben genannten Ausschusses. Die staatliche Tarifbindung in Form obligatorischer Margentarife mit den beteiligten fünf EG-Ländern ist in ihrer Eingriffsintensität in die unternehmerische Dispositionsfreiheit mit dem RKT nicht vergleichbar, wofür mehrere Gründe angeführt werden können. So erscheint es plausibel, daß die Frachtsatzreihen der EG-Tarife in starkem Maße an den internationalen Marktverhältnissen orientiert sein müssen, um den deutschen Güterkraftverkehrsunteraehmera die grundsätzliche Möglichkeit zu eröffnen, wettbewerbsfähige Preise anzubieten 138 . Diese Marktverhältnisse beinhalten unterschiedlichste Faktoren, die von bestehenden Wettbewerbsverzerrungen aufgrund uneinheitlicher Belastungen mit Kfz- und Mineralölsteuer bis zu einem erheblichen Angebotsdruck aufgrund fehlender Kontingentierung in einem Teil der beteiligten EG-Länder reichen. Eine staatliche Preisbindung mit nicht marktgerechten Entgelten würde deshalb vielfach zum Ausschluß deutscher Unternehmer führen. Gegen diese Argumentation könnte allerdings eingewendet werden, daß die obligatorischen Margentarife für deutsche und ausländische Güterkraftverkehrsunternehmer gleichermaßen gelten, weshalb eine mangelnde Marktgerechtigkeit nicht ursächlich für einen Ausschluß deutscher Unternehmer sein könne. Dabei würde jedoch übersehen, daß die Praxis der Frachtabrechnung innerhalb der EG eine Reihe von Ausweichmöglichkeiten bereithält, die weitaus umfangreicher sind als im innerdeutschen Verkehr.

138 Ein Indiz für die Marktgerechtigkeit der Entgelte besteht auch darin, daß von Verladerseite die Tarife im internationalen Verkehr in der Regel als angemessen angesehen werden. Bestätigt wurde diese Einschätzung auch in einem persönlichen Gespräch des Verfassers mit Vertretern der BAG.

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des Verkehrsmarktes

Eine mögliche Ausweichreaktion ist die Nichtbeachtung der Tarifvorschriften, wobei es sich allerdings um einen Verstoß gegen geltende gesetzliche Bestimmungen handelt. Voraussetzung für die Einhaltung von Tarifen ist jedoch eine ausgeprägte Kontrolle, die im grenzüberschreitenden Verkehr nicht gegeben ist, da lediglich die Bundesrepublik Deutschland über ein entsprechendes Kontrollorgan in Form der BAG verfügt. Die BAG kann deshalb zwar versuchen, "grenzüberschreitende Verkehrsströme schwerpunktmäßig durch Straßenkontrollen an den Grenzen zu erfassen und die hierbei gewonnenen Daten durch gezielte Betriebsprüfungen bei Verladern oder Empfängern im Inland zu vervollständigen" 139 , die Breitenwirkung dieser Maßnahmen ist jedoch mit den Überwachungsergebnissen im Binnenverkehr nicht vergleichbar 140 . Aufgrund der mangelnden Überwachungsmöglichkeiten und der notwendigen Berücksichtigung des internationalen Wettbewerbs führt die BAG im internationalen Verkehr auch kein Tarifausgleichsverfahren durch. Bei festgestellten Verstößen gibt die Bundesanstalt in der Regel zunächst lediglich einen Hinweis auf Tarifverletzung. Eine Verwarnung wird erst bei mehrfacher Tarifverletzung erteilt und erst im Anschluß an eine solche Verwarnung wird ein Bußgeldverfahren eröffnet, das vom Umfang her jedoch keineswegs mit den Bußgeldverfahren im innerdeutschen Verkehr vergleichbar ist . Der staatlichen Tarifbindung kann allerdings auch völlig legal ausgewichen werden, indem zwischen dem Absender und dem Frachtführer schriftliche Sonderabmachungen mit Beförderungsentgelten außerhalb der oberen und der unteren Grenze des Tarifs getroffen werden 1 4 2 . Die hierfür geforderten alterna139 Bundesanstalt für den Güterfernverkehr (Hrsg.), Die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr, Aufgabe und Wirken, Köln 1973, S. 37. 140 Vgl. ebenda, S.37. 141 Mündliche Auskünfte der BAG an den Verfasser. 142 Daneben besteht noch eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Tarifermäßigung. So erfolgt beispielsweise vorab eine Verminderung des Margenrichtsatzes von 5 - 7 wenn der Beforderungsvertrag zwischen dem Frachtführer und einem Hilfsgewerbetreibenden - der Begriff Spediteur ist in anderen EG-Ländem weitgehend unbekannt - abgeschlossen wird, vgl. Verordnung TS Nr. 1 -

3.3 Preisbindung in der Binnerschiffahrt

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tiv zu erfüllenden Voraussetzungen dürften in der Praxis relativ leicht zu erfüllen sein. So fordert Artikel 14 der EG-Verordnung Nr. 3568/83 als eine hinreichende Bedingung für den Abschluß von Sonderabmachungen, daß für einen Zeitraum von jeweils 3 Monaten eine Gütermenge von mindestens 500 t befördert wird. Bei entsprechender Nachfrage nach Transportleistungen durch einen Verlader ist die Erfüllung dieser Bedingungen nach Auskunft der BAG im Benelux-Verkehr selbst kleinen Güterkraftverkehrsunternehmen möglich. Zwar wird es mit Hilfe staatlicher Tarifbindung nicht immer gelingen, der Notwendigkeit ausreichender preislicher Reaktionsfähigkeit deutscher Unternehmer Rechnung zu tragen; daß dieses jedoch zumindest versucht wird, geht auch aus einer anderen Passage des Artikel 14 hervor: "Solche Abmachungen sind ... zulässig ..., wenn der Wettbewerb eine Sonderabmachung erfordert" 1 4 3 .

3.3 Staatliche Preisbindung in der Binnenschiffahrt 3.3.1 Tarifregelung

in der Binnenschiffahrt

Aus dem Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr (BSCHVG) ergibt sich, daß auch die Entgelte für Verkehrsleistungen der Schiffahrt zwischen deutschen Lade- und Löschplätzen der staatlichen Preisbindung unterliegen 144 , sofern die Verkehrsleistungen entweder ganz oder im Falle einer durchgehenden Beförderung streckenweise auf Bundeswasserstraßen erbracht werden. Die in Frachtenausschüssen gebildeten und staatlich genehmigten Tarife werden im Frachten- und Tarifanzeiger der Binnenschiffahrt (FTB) veröffentlicht und vom Binnenschiffahrtsverlag Duisburg vertrieben. "Die Ausnahme bilden sporadisch anfallende (Einzel-)Transporte, die nach dem DBST (DFST, DIST, DLST, DNST) über den Tarif für den Güterkraftverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien vom 8. September 1971, a.a.O., Art. 14. 143 Verordnung (EWG) Nr. 3568/83 des Rates vom 1. Dezember 1983 über die Bildung der Beförderungsentgelte im Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten, a.a.O., Art. 14. 144 Vgl. §§ 21,28 BSCHVG.

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Teil I: Wettbewerbsordnung

des Verkehrsmarktes

Gesetz zu melden sind, für die jedoch, um den Tarif einigermaßen übersichtlich zu halten, keine Preisfixierung erfolgt" 1 4 5 . Über die Bedeutimg derartiger nicht der Tarifbindung unterhegender (Einzel-)Transporte existieren nur widersprüchliche Angaben. Die Frachtenausschüsse sind jedoch gehalten, ab einem bestimmten regelmäßigen Verkehrsaufkommen Frachten neu festzulegen. Eine mögliche Unübersichtlichkeit der innerdeutschen Wasserfrachten ergibt sich aus der im Vergleich zu den Tarifen des Straßengüterverkehrs grundsätzlich anderen Systematik. Denn während im Straßengüterverkehr der größte Teil des Aufkommens zu Regeltarifen abgewickelt wird, handelt es sich bei den innerdeutschen Wasserfrachten materiell um ein Bündel von Ausnahmetarifen, durch die die besonderen Bedingungen einzelner Transporte Berücksichtigung finden sollen. So machen die unterschiedlichen Strömungs- und Wasserstandsverhältnisse auf den bundesdeutschen Wasserstraßen und die daraus resultierenden unterschiedlichen Umlaufeeiten eine einheitliche Entfernungstarifierung unmöglich. Die FTB-Frachten sind deshalb nach Relation, Gutart und Menge gestaffelt. "Elemente eines Regeltarifs sind lediglich in den verschiedentlich vorhandenen Tableaus der Stückgut- und Massenguttarife zu sehen, die immer dort zur Anwendung kommen, wo eine Spezialregelung fehlt. Aber auch hier gibt es keine km-Sätze, sondern Stationstarife, die für jede einzelne Relation festgelegt sind" 1 4 6 . Als mögliche Tarifformen sieht § 21 Abs. 2 BSCHVG sowohl Festentgelte als auch Mindest-Höchstentgelte (Margen) vor. Während bis etwa Mitte der 70er Jahre bis auf geringfügige Ausnahmen Festfrachten dominierten, wurden seit dieser Zeit auf einzelnen Relationen in verstärktem Umfang für verschiedene Güterarten Margentarife eingeführt. Allerdings wurden auch in jüngster Zeit noch der überwiegende Anteil der FTB-

145 DURGELOH, Heinz, Elemente der Tarifstruktur und der Preispolitik in der Binnenschiffahrt, in: Tarifbildung und Preispolitik im nationalen Güterverkehr der Bundesrepublik Deutschland, Schriftenreihe der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. (DVWG), Β 33, Köln 1976, S. 75. 146 Ebenda, S. 81.

3.3 Preisbindung in der Binnerschiffahrt

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Frachten als Festfrachten beschlossen 147 . Eine einfache prozentuale Aufteilung zwischen Fest- und Margenfrachten ist allerdings wenig ergiebig, da auf diese Weise keine Aussage über den Umfang der auf den jeweiligen Relationen durchgeführten Transporte gemacht wird. A u c h würde eine derartige Aufteilung keinerlei Aussagen über die Bedeutung staatlicher Preisbindung im Binnenschiffahrtsbereich erlauben, weil zum einen Tarifregelungen mit überhöhten Richtsätzen trotz eingeräumter Margen materiell Festtarifen entsprechen können und weil zum anderen die Margenregelungen einzelner Relationstarife völlig unterschiedlich s i n d 1 4 8 . Allgemein kann jedoch festgestellt werden, daß Margentarifregelungen von Vertretern des Binnenschiffahrtsgewerbes zumeist negativ beurteilt w e r d e n 1 4 9 . Für die Einführung entsprechender Regelungen waren deshalb ökonomische Zwänge oftmals nicht ausreichend, sondern es bedurfte begleitender politischer Impulse, wie etwa die Vorgänge um den Transport von Kies ab oberrheinischen Stationen beleg e n 1 5 0 . Ahnliche Ergebnisse erbrachte auch die Diskussion um den Seehafenhinterlandverkehr, in der die deutschen Küstenländer forderten, auch im Binnenschiffsverkehr Sonderabmachungen zuzulassen, wie sie bei der Bahn und der Straße (§ 22a GÜKG) seit 1969 bestehen. Die Binnenschiffahrt ging dann im Hinterlandverkehr der deutschen Seehäfen vielfach zu Margenfrachten über, um den politischen Druck zu verringern. Z u r Ableitung der Frachten wird eine Vollkostenkalkulation auf Basis der durchschnittlichen Gesamtkosten für den Schiffs147 Vgl. HERBST, Detlef, a.a.O., S. 19. 148 Vgl. dazu die Zusammenstellung von Maigenregelungen auf den Binnenschiffahrtsmärkten für den Rhein und das westdeutsche Kanalgebiet für das Jahr 1977 bei: WILLEKE, Rainer u.a., Margentarife für die Binnenschiffahrt, a.a.O., S. 14. 149 Vgl. DURGELOH, Heinz, Elemente der Tarifstruktur und der Preispolitik in der Binnenschiffahrt, a.a.O., S. 79 sowie SCHROIFF, Franz J., Die Preisbildung in der Binnenschiffahrt, vor allem in den Frachtenausschüssen, in: ZfBW, 103. Jg. (1976), S. 1 ff. 150 Die ökonomisch zwingend notwendige Einführung einer 35%-Minusmarge erfolgte hier beispielsweise auf Empfehlung des Bundesverkehrsministeriums an den BdB, vgl. WILLEKE, Rainer u.a., Margentarife für die Binnenschiffahrt, a.a.O., S. 25.

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Teil I: Wettbewerbsordng

des Verkehrsmarktes

typ MS "verlängerter Gustav Koenigs" zugrunde gelegt. Die Erfassung der Kosten erfolgt durch Bildung von drei Kostenhauptgruppen. Es wird unterschieden zwischen Bereithaltungskosten und Fortbewegungskosten, neben denen in bestimmten Fällen noch transportbedingte Sonderkosten anfallen können. Unter den jährlichen Bereithaltungskosten werden die Personalkosten, Reparaturkosten, Materialkosten, Versicherungen, Abschreibungen, Zinsen, Kostensteuern (Vermögen- und Gewerbekapitalsteuer), Betriebs- und Verwaltungsgemeinkosten und der kalkulatorische Unternehmergewinn/Wagnis zusammengefaßt 1 5 1 . Z u den Fortbewegungskosten zählen Energiekosten und sonstige Fortbewegungskosten. Als Sonderkosten werden schließlich diejenigen Aufwendungen verstanden, "die in A r t und Höhe je nach befahrener Relation oder transportiertem Ladegut unterschiedlich anfallen" 1 5 2 , wie etwa die Schleppkosten, Reiseauslagen (Kanalgebühren, Lotsengelder usw.) sowie Provisionen und Vertreterkosten. Wichtigste Position einer Wasserfracht ist dann die sogenannte kalkulatorische Motorschiffsanteilfracht (MSA), die sich aus den in Abhängigkeit von der Beschäftigung überwiegend fixen Bereithaltungskosten und den variablen Fortbewegungskosten zusammensetzt 153 . Z u ihrer Berechnung werden zunächst die ermittelten jährlichen Bereithaltungskosten durch die A n zahl der Betriebstage dividiert. Dies geschieht wegen der starken Zeitabhängigkeit der Binnenschiffahrt, um bei der Frachtenkalkulation die unterschiedlichen Fahrzeiten einzelner Transportrelationen berücksichtigen zu können. Sodann erfolgt eine Multiplikation der täglichen Bereithaltungskosten mit der

151 Vgl. hierzu und zum folgenden WILLEKE, Rainer u.a., Margentarife für die Binnenschiffahrt, a.a.O., S. 78 f. 152 WILKENLOH, Friedhelm, Kostenstruktur und Marktverhalten in der Binnenschiffahrt, in: ZfBW, 95. Jg. (1968), S. 349; hier findet sich auch eine mittlerweile allerdings veraltete - Berechnung der Durchschnittswerte einzelner Kostenarten. 153 Eine exakte Trennung fixer und variabler Bestandteile an den Bereithaltungskosten ist jedoch mit Schwierigkeiten verbunden, vgl. dazu Hulsman, Gerd-Wilhelm, Das Problem der fixen Kosten bei nicht ausgenutzter Kapazität in der Binnenschiffahrt, Köln 1964, S. 19.

3.3 Preisbidung in der Binnerscbiffahrt

85

Umlaufeeit (in Tagen) der speziellen Relation. Zur Ermittlung der Umlaufeeit wird die Fahrzeit anhand von Fahrgeschwindigkeitstabellen unter zusätzlicher Berücksichtigung von Schleusenaufenthalten errechnet, während die zusätzlich benötigten Zeiten für Laden, Löschen und Melden in Verzeichnissen aufgeführt sind. Die kalkulatorischen Gesamtkosten ergeben sich durch Addition der ermittelten Bereithaltungskosten einer Reise mit den variablen Fortbewegungskosten, die sich ihrerseits aus der Multiplikation der Gesamtfahrzeit mit dem Fortbewegungssatz pro Stunde ergeben 154 . Dividiert man diese Gesamtkosten mit der in dieser Relation möglichen Tragfähigkeit des repräsentativen Schiffstyps, erhält man schließlich die MSA pro Tonne, die im FTB veröffentlicht wird. Diese staatlich gebundene MSA weicht allerdings häufig von den ermittelten Werten ab, die sich aus der dargestellten Kostenkalkulation des betriebswirtschaftlichen Ausschusses des Bundesverbandes der deutschen Binnenschiffahrt (BdB) ergeben. Während die Verladerseite hierfür überhöhte Kostenwerte verantwortlich macht, argumentieren Vertreter der Binnenschiffahrt, daß Kostengesichtspunkte nur eine frachtbildende Komponente seien, die in Einklang gebracht werden müsse mit der Berücksichtigung der Marktlage als zweiter frachtbildender Komponente. H Bei einem starken Raumüberhang bzw. einem starken Abfallen der zu transportierenden Mengen erhält die zweite frachtbildende Komponente - die Berücksichtigimg der Marktlage - das Übergewicht" 155 . Die MSA stellt das Entgelt des Unterfrachtführers dar. Die sogenannte Grundfracht als Summe aller in der betreffenden Relation entstehenden privatrechtlichen Entgelte erhält man durch Hinzurechnung des Reedereientgeltes, der Organisationsgebühr 156 sowie des Gasölpreiszuschlages, durch den seit 154 Bei Ansatz des Fortbewegungssatzes ist allerdings wieder zu unterscheiden zwischen Verholen, Berg- oder Talfahrt, beladener oder leerer Fahrt. 155 SCHROIFF, Franz J., Die Preisbildung in der Binnenschiffahrt, vor allem in den Frachtenausschüssen, a.a.O., S. 3. 156 Reedereientgelt wird für reedereimäßige Tätigkeiten in Erfüllung eines Frachtvertrages erhoben (Abschluß-, Spediteur- und Befrachtungsprovisionen).

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Teil I: Wettbewerbsordng

des Verkehrsmarktes

1979 die jeweiligen Veränderungen der Gasölpreise in der Gesamtfracht berücksichtigt werden sollen. Diese Grundfracht kann allerdings noch durch sonstige privatrechtliche Zu- und Abschläge verändert werden. So sollen zum Beispiel Kleinwasserzuschläge 157 entgangene Frachten bei unzureichender Raumausnutzung aufgrund niedrigen Wasserstandes tendenziell ausgleichen. Abschläge von der Grundfracht ergeben sich insbesondere bei Nichtinanspruchnahme von Meldetagen oder bei verkürzten Lade- und Löschzeiten. Die Verkürzungen ergeben sich, da die tatsächlichen Lade- und Löschzeiten zumeist erheblich niedriger hegen, als die diesbezüglichen Regelungen im Gesetz, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt (Binnenschiffahrtsgesetz), vorsehen. Die Frachtabschläge unterhegen der gleichen staatlichen Bindung wie die eigentlichen Frachten. Weitere Zu- und Abschläge sind beispielhaft 158 : - Kleinmengenzuschläge, durch die berücksichtigt werden soll, daß die in den Massenguttableaus ausgewiesenen Grundfrachten auf gewissen Mindestmengen basieren. Für Güterarten, die nur selten in ganzen Schiffsladungen transportiert werden, existieren spezielle Mengenstaffeln. - Spezielle Stationszu- oder -abschläge, wie etwa Oberrheinzuschläge oder "Abschläge für Verladungen ab Neuß, Köln oder Wesseling in den Fällen, in denen die Frachten für süddeutsche Empfangsstationen ab Duisburg festgesetzt sind" 1 5 9 . Als Stationszuschläge können auch die sogenannten Kanalanstoßoder Anschlußfrachten für Transporte, die auf dem Rhein

Ein von der MSA getrennter Ausweis erfolgt nur für den Bereich des Rheins. Die Organisationsgebühr als Entgelt für die Tätigkeit überbetrieblicher Organisationen entsteht beispielsweise bei Frachtvermittlungen durch Transportzentralen, vgl. FRIEDRICH, Wolfgang u.a., a.a.O., S. 235. 157 Diese Kleinwasserzuschläge können allerdings auch als Pauschale in die Grundfracht eingearbeitet sein. 158 Vgl. FRIEDRICH, Wolfgang u.a., S. 237 f.; vgl. dazu weiterhin beispielhaft für das Rheingebiet die allgemeinen Bestimmungen zu den vom Frachtenausschuß für den Rhein festgesetzten Frachten im FTB A 300/34. 159 FRIEDRICH, Wolfgang u.a., a.a.O., S. 238.

3.3 Preisbittdung in der Binnerscbiffahrt

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oder im westdeutschen Kanalnetz beginnen oder enden, bezeichnet werden. Den ab Duisburg festgesetzten Rheinfrachten werden dann nach Kanalhäfen differenzierte Anschlußfrachten zugeschlagen. - Mengen- und Vertragsrabatte fur Großverlader beim Abschluß von mehijährigen Dauerbeschäftigungsverträgen. - Spezielle Zuschläge wie Sonderzuschläge für bestimmte Güter, Leichtgutzuschläge, Sperrigkeitszuschläge, Längenzuschläge, Sackzuschläge, Kokszuschläge, Schmutzzuschläge. Der Transportsatz in D M pro Tonne ergibt sich schließlich durch Hinzurechnung der öffentlich-rechtlichen Schiffahrtsabgaben zu der um alle Zu- oder Abschläge veränderten Grundfracht. Diese vom Bundesverkehrsminister festgesetzten Abgaben sind dann zwar in der Fracht enthalten, es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine staatliche Preisbindung von Transportleistungen, sondern um öffentlich-rechtliche Gebühren. Diese dienen etwa der Abgeltung eines Teils der Betriebskosten von künstlichen Wasserstraßen oder der Abgeltung der Betriebskosten von Hafenanlagen zu Umschlagzwecken etc. 1 6 0 . I m Verkehr zwischen deutschen Lade- und Löschplätzen unterliegen jedoch nicht nur die eigentlichen Frachten der staatlichen Preisbindung. Festgesetzt sind beispielsweise auch Hafenschlepplohn- und Bugsiertarife, Berg- und Talschlepplöhne oder auch die Tagesmietsätze für Binnenschiffe 161 . I m Gegensatz zu den dargestellten FTB-Frachten unterliegen die Binnenschiffsfrachten im grenzüberschreitenden Verkehr keinerlei staatlicher Preisbindung 162 , denn grundsätzlich werden die Frachten zwischen Verlader und Binnenschiffahrtsunternehmen frei vereinbart. I n der Praxis haben sich im wesentlichen folgende Formen der Preisbildung herausgebildet

1

:

160 Vgl. dazu im einzelnen ebenda, S. 238 f. 161 Vgl. dazu beispielhaft die Regelungen für den Rhein FTB A 100/23 - A 241/19. 162 Der größte Teil grenzüberschreitender Transporte wird auf dem Rhein abgewickelt, auf den sich auch die weiteren Ausführungen beziehen.

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Teil I: Wettbewerbsordnung

des Verkehrsmarktes

- Tagesfrachten; - Kontraktfrachten; - Konventionen und Pools. Tagesfrachten werden zwischen Verladern und Binnenschifffahrtsunternehmen für kurzfristig zu vergebende Transporte ausgehandelt. Die Höhe der Frachten ist ausschließlich von der augenblicklichen Marktlage abhängig. Für wichtige Güterarten und Transportrelationen findet der Abstimmungsprozeß zwischen Angebot und Nachfrage - wie etwa in Rotterdam und Antwerpen - an Frachtenbörsen statt. Kontrakt- oder Vertragsfrachten hegen dagegen längerfristigen Transportverträgen zugrunde, die zumeist für die Dauer eines Jahres geschlossen werden. Bei langfristigen über mehrere Jahre laufenden Kontrakten findet zur Anpassung an die Marktentwicklung oftmals eine Anbindung an die Frachtenentwicklung an den Frachtenbörsen statt. Das Ziel von Konventionen 1 6 4 zwischen mehreren in- und ausländischen Binnenschiffahrtsunternehmen oder auch zwischen Binnenschiffahrtsunternehmen und Verladern ist dagegen die Preisbindung grenzüberschreitender Transporte in bestimmten Standardverkehren der Vertragsunterzeichner. I n ihrer Wirkungsweise gleichen diese Preisabsprachen einem Preiskartell. Pools dagegen sind Mengen- oder Quotenregelungen, durch die "den daran Beteiligten entweder ein bestimmter Prozentsatz an dem Verkehrsaufkommen oder eine feste Mindesttransportmenge zugeteilt" 165 wird. I n der Regel sind diese

163 Vgl. hierzu und zum folgenden: FRIEDRICH, Wolfgang u.a., a.a.O., S. 242 ff. 164 Beispiele für Konventionen und Pools sind: Die Duisburger Frachtenkonvention, die Schweizer Rheinschiffahrtskonvention, der Kettwiger Pool, die Getreidekonvention von 1969, die Tankschiffahrtskonvention, vgl. dazu: DURGELOH, Heinz, Preisbildungsprobleme im grenzüberschreitenden Binnenschiffsverkehr, in: Preis- und Tarifpolitik im grenzüberschreitenden Verkehr, Schriftenreihe der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. (DVWG), Β 40, Köln 1977, S. 43 ff. 165 SCHLUCKEBIER, Ulrich, a.a.O., S. 94.

3.3 Preisbidung in der Binnerscbiffahrt

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Pools jedoch auch mit Frachtenabsprachen verbunden. Auch wenn derartige Preisbindungen ohne direkte Genehmigung oder Kontrolle staatlicher Organe zustande kommen, ist dennoch jederzeit eine indirekte Einflußnahme möglich, denn zum einen werden nationale und supranationale Behörden in stattfindene Meinungsbildungsprozesse über Vereinbarungen der internationalen Rheinschiffahrt einbezogen und zum anderen steht diesen Organen in Form verschiedener Gesetzesvorschriften und Abkommen mit der Mannheimer Akte und dem EG-Recht ein umfangreiches Eingriffsinstrumentarium zur Verfügung. Der Abschluß von Konventionen und Poolvereinbarungen wird zwar von Binnenschiffahrtsvertretern immer wieder angestrebt, weil sie die Meinung vertreten, daß eine langfristige Kostendeckung im internationalen Verkehr nur durch derartige Marktregulierungen erreicht werden k a n n 1 6 6 . Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß solche Vereinbarungen aufgrund von Faktoren wie Außenseiterwettbewerb, Wettbewerb anderer Verkehrsträger etc. in der Regel allenfalls kurzzeitig funktionsfähig sind. "Von den internationalen Vertragswerken in der Rheinschiffahrt hat nur die Duisburger Frachtenkonvention überlebt, sieht man einmal von dem sog. Baseler Pool ab» 1 6 7 .

166 Vgl. DURGELOH, Heinz, Preisbildungsproblcme im grenzüberschreitenden Binnenschiffsverkehr, a.a.O., S.41 f. Besonders häufig waren derartige Abkommen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg; vgl. hierzu die Übersicht bei: SEIDENFUS, Hellmuth, St., Organisationstendenzen auf dem Rheinschifffahrtsmarkt, Vorträge aus dem Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität Münster, hrsg. v. A. PREDÖHL, Heft 11, Göttingen 1956, Anhang. 167 Bundesverband der deutschen Binnenschiffahrt e.V., Binnenschiffahrt 1984/85, Geschäftsbericht 1984/85 des Bundesverbandes der deutschen Binnenschiffahrt e.V., o.0.1985, S. 14.

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Teil I: Wettbewerbsordng

3.3.2 Tarifbildung

des Verkehrsmarktes

und Tarißberwachungin

der Binnenschiffahrt

Die Weiterentwicklung der FTB-Frachten erfolgt in Frachtenausschüssen, die gemäß § 22 Abs. 1 BSCHVG durch Rechtsverordnung des Bundesministers fur Verkehr errichtet werden. Die gebietliche Zuständigkeit der Frachtenausschüsse regelt eine Verordnung vom 8.8.1963 168 . Danach sind in der Bundesrepublik sieben Frachtenausschüsse zu bilden, sechs davon sind durch die gebietliche Zuständigkeit abgegrenzt 169 , während der Frachtenausschuß für den Tankschiffsverkehr auf Binnenwasserstraßen für das gesamte Bundesgebiet zuständig ist. I n der Verordnung werden den Frachtenausschüssen (FA) detailliert Fluß- und Kanalgebiete - auch solche, die noch nicht schiffbar sind - zugeteilt. Erstreckt sich die Verkehrsleistung über den Bereich eines Frachtenausschusses, so legt der Frachtenausschuß des Beladungsortes die Fracht fest. "Für vorbereitende Arbeiten sowie für die Unterbreitung von Vorschlägen können die FA mit Genehmigung des Bundesverkehrsministers Frachtenkommissionen für Tagesgeschäfte, Bezirksausschüsse, gemeinsame Ausschüsse und Fachausschüsse bilden" 1 7 0 . Die Frachtenkommissionen für Tagesgeschäfte schlagen Frachten für lediglich gelegentlich anfallende Transporte oder für sich anbahnende Transporte größeren Umfangs vor, für die ein förmliches Tariffestsetzungsverfahren zu zeitraubend wäre. Die Bildung zusätzlicher Fachausschüsse orientiert sich sowohl an regionalen als auch an sonstigen Kriterien. So enthält beispielsweise der FA für den Rhein 1 :

168 Vgl. Verordnung über die gebietliche Zuständigkeit der Frachtenausschüsse in der Binnenschiffahrt vom 8. 8. 1963, BGBL II, S. 1151, geändert durch VO vom 12. April 1967, BGBL II, S. 1533. 169 Im einzelnen handelt es sich um den FA Rhein, den FA Dortmund (westdeutsches Kanalgebiet), den FA Bremen(Wesergebiet), den FA Hamburg (Hafen Hamburg, Elbegebiet), den FA Regensburg (Donaugebiet) und den FA Berlin. 170 FRIEDRICH, Wolfgang u.a., a.a.O., S. 230. 171 Vgl. DURGELOH, Heinz, Elemente der Tarifstruktur und der Preispolitik in der Binnenschiffahrt, a.a.O., S. 76.

3.3 Preisbindung in der Binnerschiffahrt

91

- Die Fachausschüsse Nieder-, Mittel- und Oberrhein, - den Fachausschuß für Getreide und Futtermittel, - den Fachausschuß Eisen, - den Fachausschuß für Schub- und Schlepplöhne, - den Fachausschuß für den Stückgut- und Partieladungstarif, - den Fachausschuß für Transporte im gebietsüberschreitenden Verkehr. Die FA geben sich gemäß § 26 BSCHVG Geschäftsordnungen, die der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedürfen 1 7 2 . Diese Geschäftsordnungen regeln auch die Behandlung von Anträgen auf Festsetzung von Entgelten sowie die Einzelheiten der Beschlußfassung 1 . Der Abstimmungsprozeß findet in Analogie zum Güternahverkehr auf der Straße zwischen zwei zahlenmäßig gleich starken Gruppen von Vertretern der Schiffahrt und der Verlader in nicht-öffentlicher Sitzung statt, in der beide Gruppen über jeweils eine Stimme verfügen. "Die Mitglieder der Gruppe der Schiffahrt werden auf Vorschlag der beteiligten Verbände der Binnenschiffahrt und die Mitglieder der Gruppe der Verlader auf Vorschlag der Verbände der Industrie, des Handels, des Handwerks, der Schiffahrtspedition und der Agrarwirtschaft von der Aufsichtsbehörde fiir die Dauer von drei Jahren in den Frachtenausschuß berufen" 1 7 4 . I n den Fällen, in denen sich die beiden Gruppen nicht einigen können, tritt als Schiedsinstanz ein erweiterter Frachtenausschuß in Aktion, der dadurch gebildet wird, daß zu beiden Gruppen von Tarifsachverständigen ein unabhängiger, vom Bundesverkehrsminister 172 Die hier relevanten Vorschriften sind materiell nahezu identisch. Im folgenden wird deshalb exemplarisch die Geschäftsordnung des FA Bremen vom 28. April 1969 in der Fassung vom 27. Februar 1975 herangezogen. 173 So legt beispielsweise § 10 der Geschäftsordnung des FA Bremen fest, daß solche Anträge unter Beifügung der zur Behandlung der Anträge notwendigen Unterlagen an die Geschäftsführung des FA zu richten sind, die sie unverzüglich an den Vorsitzenden weiterleitet. Dieser veranlaßt die Übermittlung der Anträge an die zuständigen Ausschüsse zur Behandlung. Die Geschäftsordnung sieht vor, über Anträge schnellstens, spätestens jedoch innerhalb von 2 Monaten, zu entscheiden. 174 § 25 Abs.l Satz 2 BSCHVG.

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Teil I: Wettbewerbsordng

des Verkehrsmarktes

berufener Vorsitzender und je ein von der Gruppe der Schifffahrt und der Gruppe der Verlader benannter unabhängiger Beisitzer hinzutritt. Der weitere Lauf eines Antrages auf Frachtfestsetzung nach Beratung und Abstimmung im Frachtenausschuß bis zum Erlaß durch den Bundesminister für Verkehr in Form einer Rechtsverordnung ist ebenfalls mit der Tarifbildung im Güternahverkehr auf der Straße vergleichbar. Bei der Genehmigung von Anträgen auf Frachtfestsetzung haben die staatlichen Behörden wie in allen betrachteten Verkehrsbereichen den "Ausgleich widerstreitender Verkehrsinteressen" 175 zu gewährleisten und zu beachten, daß die Entgelte marktgerecht sind und "den wirtschaftlichen Verhältnissen der Unternehmer der Schiffahrt und Flößerei Rechnimg tragen" 1 7 6 . Gleichzeitig legt jedoch § 27c BSCHVG fest, daß die von den Frachtenausschüssen, ermächtigten Unterausschüssen und erweiterten Frachtenausschüssen beschlossenen Entgelte für Verkehrsleistungen als marktgerecht gelten. Aufgrund der paritätischen Besetzimg der Frachtenausschüsse wird also auch für den Bereich der Binnenschiffahrt davon ausgegangen, daß die Marktgerechtigkeit nicht geprüft zu werden braucht, wenn Beschlüsse nur bei Übereinstimmung beider Marktseiten oder bei Mitwirkung eines neutralen Schlichters zustande kommen kön„177 nen Neben der dargestellten staatlichen Preisbindung durch Erlaß der genehmigten Beschlüsse der Frachtenausschüsse, der ermächtigten Unterausschüsse oder der erweiterten Frachtenausschüsse als Rechtsverordnungen ist der Bundesverkehrsminister durch § 30 BSCHVG ermächtigt, ohne Mitwirkung der FA selbständig Entgelte für Verkehrsleistungen der Binnenschiffahrt festzusetzen, wenn Gründe des allgemeinen Wohls es erfordern oder wenn ein (gegebenenfalls erweiterter) FA ein Entgelt nicht beschließt. Aus Gründen des allgemeinen Wohls können auch

175 § 33 BSCHVG ("Wettbewerbsparagraph"). 176 § 21 Abs. 2 BSCHVG. 177 Vgl. S. 70 dieser Studie.

3.4 Preisbindung und mittelständische

Unternehmen

auf der Grundlage des § 29 Abs. 2 BSCHVG bestehende Rechtsverordnungen aufgehoben werden. Die Überwachung der Einhaltung erlassener Rechtsverordnungen über Entgelte fur Verkehrsleistungen obliegt den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen, die über ähnlich umfassende Rechte verfugen wie die BAG . "Die Überwachungsbehörden können bei allen am Zustandekommen eines Frachtvertrages Beteiligten Prüfungen vornehmen, beim Schiffsunternehmer, Spediteur, Makler und beim Verlader, und alle erforderlichen Unterlagen und Auskünfte über alle Tatbestände, die für die Kontrolle von Bedeutung sind, verlangen" 179 . Sofern den Vertragsparteien bei diesen Prüfungen nachgewiesen wird, daß sie in Kenntnis oder in grob fahrlässiger Unkenntnis des staatlich festgesetzten Entgelts ein von diesem abweichendes Entgelt vereinbart haben, ist der Unterschiedsbetrag an den Bund zu entrichten 1 8 0 . Aufgrund der Ausstattung des Kontrollapparates ist allerdings eine in regelmäßigen Abständen durchgeführte lückenlose Prüfung nicht bei allen Firmen möglich 1 8 1 .

178 Vgl. §§ 31a bis 31d BSCHVG; bei der Durchführung der Überwachungsaufgaben konnten sich die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen - insbesondere die fur die Überprüfung zuständige WSD West - vor allem zu Beginn ihrer Kontrolltätigkeit auch der Mitwirkung der BAG bedienen. Diese Regelung ist darauf zurückzuführen, daß eine umfassende Frachtenkontrolle in der Binnenschiffahrt erst seit 1969 vorgenommen wird. Es bot sich deshalb an, das angesammelte "Überwachungs-Know-how" der BAG beim Aufbau eines entsprechenden Kontrollapparates heranzuziehen. 179 SCHROIFF, Franz J., Die Preisbildung in der Binnenschiffahrt, vor allem in den Frachtenausschüssen, a.a.O., S. 4. 180 Vgl. § 31 BSCHVG. Die gesetzliche Grundlagt für Bußgeldverfahren bilden die §§36 - 39 BSCHVG. 181 Vgl. Wasser- und Schiffahrtsdirektion West (Hrsg.), Jahresbericht Binnenschiffahrt 1983, Münster 1984, S. 26; dies dürfte auch durch die Einstellung eines zusätzlichen Frachtenprüfers kaum erreichbar sein, vgl. Wasser- und Schiffahrtsdirektion West (Hrsg.), Jahresbericht Binnenschiffahrt 1984, Münster 1985, S. 26.

93

94

Teil I: Wettbewerbsordng

des Verkehrsmarktes

3.4 Staatliche Preisbindung und mittelständische Unternehmen Wie umfassend staatliche Regulierungseingriffe in die freie marktmäßige Preisbildung sowohl die operativen als auch die strategischen Unternehmensentscheidungen beeinflussen können, wird deutlich, wenn man sich die Vielzahl und Eingriffsintensität der dargestellten Preisbindungsvorschriften im nationalen und internationalen Straßengüterverkehr sowie im nationalen Binnenschiffsverkehr vor Augen führt. So wird beispielsweise bei einer langfristigen Investirions- oder Desinvestitionsentscheidung auch die Höhe der staatlich gebundenen Tarife in denjenigen Marktbereichen eine Rolle spielen, in denen der Unternehmer in Zukunft tätig zu werden gedenkt bzw. in denen er bisher tätig war. Die staatliche Preisbindung übt somit auf strategische Unternehmensentscheidungen bestimmte Anreizund Lenkungseffekte aus, die von den Effekten abweichen, die sich bei einer freien Preisbildung am Markt einstellen würden. I m Rahmen operativer Unternehmensentscheidungen kommt es dagegen zu direkten Eingriffen in die unternehmerische Dispositionsfreiheit, wenn die staatliche Bindung bestimmte Preise vorschreibt und das Abweichen von administrierten Tarifen von staatlichen Behörden geahndet wird. Je nachdem ob diese Tarife nach oben oder unten von denjenigen Preisen abweichen, die sich auf einem freien Markt ohne Regulierungseingriffe einstellen würden, können im Rahmen des Austauschprozesses Benachteiligungen und Bevorzugungen sowohl für die betrachteten Güterkraftverkehrs- und Binnenschiffahrtsunternehmen als Anbieter von Transportleistungen als auch für die Unternehmen der verladenden Wirtschaft als Nachfrager entsprechender Leistungen entstehen. Betrachtet man den Austauschprozeß als statischen Vorgang in dem Sinne, daß eine Aktion eines Marktteilnehmers auf der Grundlage bestehender Preisbindungsvorschriften erfolgt, und daß ein beteiligtes Unternehmen der anderen Marktseite mögliche Benachteiligungen im Vergleich zu einer freien Preisbildung nicht durch bestimmte Reaktionsmaßnahmen abzumildern versucht, so sind die Auswirkungen staatlicher Preisbindung

3.4 Preisbindung und mittelständische

Unternehmen

unabhängig von der Größe der beteiligten Unternehmen 1 8 2 . Diese Größenunabhängigkeit bedeutet allerdings keineswegs, daß derartige Auswirkungen unter mittelstandspolitischen Gesichtspunkten vernachlässigbar sind. Deutlich wird dies beispielsweise, wenn man berücksichtigt, daß deutsche 1 8 3 mittelständische Industrieunternehmen auf dem Binnenmarkt und auf den Weltmärkten vielfach in einem scharfen Wettbewerb mit ausländischen Mitanbietern stehen. Werden diese Unternehmen mit überhöhten Transportpreisen belastet, so ist dies unabhängig davon, ob von derartigen Auswirkungen auch deutsche Großunternehmen betroffen sind, mittelstandspolitisch bedenklich. Gleichzeitig werden auf der Anbieterseite im Falle überhöhter Transportpreise nicht nur Großunternehmen bevorzugt, sondern auch mittelständische Unternehmen. Bei der Analyse staatlicher Preisbindung müssen deshalb im Rahmen einer statischen Betrachtimg auch derartige größenunabhängige Auswirkungen berücksichtigt werden. Betrachtet man den Austauschprozess zwischen Anbietern und Nachfragern nach Transportleistungen als dynamischen Prozeß, in dem auf der Grundlage staatlicher Preisbindung stattfindende Aktionen eines Marktteilnehmers zu Reaktionen anderer Marktteilnehmer führen, so kann dies weitere Bevorzugungen und Benachteiligungen mittelständischer Unternehmen zur Folge haben. Denn die Möglichkeiten zu derartigen Reaktionen sind nicht bei allen Unternehmen im gleichen Ausmaß gegeben, sondern von den speziellen Verhältnissen wie beispielsweise dem Umfang des Transportaufkommens abhängig. Unternehmensgrößenklassenspezifisch unterschiedliche Reaktionen können dann insbesondere im wettbewerblichen Parallelprozeß mit Konkurrenten erhebliche mittelstandspolitische Auswirkungen nach sich ziehen.

182 Eine Ausnahme hiervon bilden lediglich Tarifbestimmungen, für deren Anwendung ein großes, regelmäßiges Transportaufkommen notwendig ist, denn derartige Kriterien können oftmals nur von größeren Unternehmen erfüllt werden, vgl. dazu Kap. II. 1.2.2.1. dieser Studie. 183 Der Begriff "deutsch" bezieht sich hier und im folgenden nicht auf die Nationalität der natürlichen oder juristischen Unternehmerperson, sondern auf den Produktionsstandort Bundesrepublik Deutschland.

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Teil I: Wettbewerbsordng

des Verkehsmarktes

Die im folgenden durchzuführende Analyse der Auswirkungen staatlicher Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindimg auf mittelständische Unternehmen untersucht deshalb sowohl größenklassenunabhängige Wirkungsmechanismen als auch Auswirkungen, die aus spezifischen wettbewerblichen Reaktionsmöglichkeiten resultieren, wobei in der Regel ein - wenn auch indirekter - Zusammenhang mit der Unternehmensgröße besteht. Insbesondere die Aufdeckung der zuletzt angesprochenen mittelstandspolitischen Auswirkungen kann nur vor dem Hintergrund der dargestellten vielfältigen staatlichen Regelungen der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" erfolgen. Denn in einem regulierten Markt folgt die Auswahl unternehmerischer Entscheidungsalternativen vor dem Hintergrund einzelner staatlicher Eingriffe als exogenen Entscheidungsparametern. Für den Bereich der Preisbindung hat dies beispielsweise zur Folge, daß die Unternehmen zwar vor dem Hintergrund bestehender gesetzlicher Bestimmungen handeln. Gleichzeitig müssen sie jedoch im Rahmen ihrer Preispolitik zur Erreichung übergeordneter Unternehmensziele die bestehenden Spiebäume in der ökonomisch sinnvollsten Weise nutzen, um keine Wettbewerbsnachteile zu erleiden. So kann es für das Überleben mittelständischer Anbieter von Verkehrsleistungen von entscheidender Bedeutung sein, welche Preise sie bei der Attrahierung zusätzlicher Nachfrage oder der Sicherung bestehender Nachfrage bieten können. Das wirkliche Marktgeschen kann deshalb nur vor dem Hintergrund der Vielfalt aufgezeigter Preisbildungsspielräume 184 , der Beachtung der Anwendungs- und Kombinationsmöglichkeiten verschiedenartiger Tarife, der Berücksichtigung illegaler Transportabrechnungen aufgrund begrenzter staatlicher Überwachungsmöglichkeiten 185 etc. abschließend beurteilt werden.

184 Vgl. beispielhaft für den Straßengüterfernverkehr S. 62 ff. dieser Studie. 185 Vgl. beispielhaft die Überwachungsunterschiede im allgemeinen Straßengüterfernverkehr (Kap. I. 3.2.2) und im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr (Kap. I. 3.2.3).

Teil I I Wirkungsanalyse staatlicher Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindung auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen 1 Auswirkungen auf dem Markt fikr Straßengüterverkehrsleistungen

1.1 Auswirkungen auf anbietende mittelständische Güterkraftverkehrsunternehmen 1.1.1 Statistische Daten zur Entwicklung mittelständischer Güterkraftverkehrsunternehmen I m Rahmen der Erfolgskontrolle staatlicher Mittelstandspolitik im Güterkraftverkehrsgewerbe können objektive Kennzahlen zur Entwicklung der Marktstruktur zugrunde gelegt werden. Denn zum einen steht - zumindest für den Bereich des Güterfernverkehrs - umfangreiches Datenmaterial zur Verfügung 1 , um die strukturelle Entwicklung auf der Angebotsseite des Straßengüterverkehrsmarktes untersuchen zu können. Z u m anderen werden die vielfältigen staatlichen Regulierungseingriffe auf dem Markt für gewerbliche Straßengüterverkehrsleistungen gerade auch damit begründet, daß sie für eine ausreichende Entwicklung mittelständischer Unternehmen notwendig sind und mögliche Konzentrationsprozesse verhindern 2 . Allerdings ist zu beachten, inwieweit sich der Zusammenhang zwischen der staatlichen Politik und der Entwicklung der Marktstruktur von anderen Einflüssen isoliert betrachten läßt. I m Anschluß an die Untersuchung der strukturellen Entwicklung der Angebotsseite ist deshalb in einem zweiten Schritt die Kausalbeziehung zwischen der Entwicklung mittelständischer Unternehmen und staatlichen Maßnahmen unter Berücksichti-

1 Inwieweit dieses vorhandene Datenmaterial der Untersuchung auch qualitativ gerecht wird, wird in Kap. II. 1.1.2.2 erörtert. 2Vgl. . 2 dieser Studie.

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Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

gung anderweitiger unternehmensexterner sowie unternehmensinterner Komponenten zu analysieren 3. Zur Marktstruktur ist zunächst festzustellen, daß sowohl das Straßengüterfern- als auch das Straßengüternahverkehrsgewerbe typisch mittelständische Bereiche sind 4 . So verfügten beispielsweise im Jahre 1982 93,8 % der Unternehmen im Güterfernverkehr über maximal 10 Genehmigungen, während im Güternahverkehr im Jahre 1984 sogar 96,4 % der Unternehmen maximal bis zu 10 Lastkraftwagen besaßen. Es ist davon auszugehen, daß es sich hierbei auch in dem Sinne um mittelständische Unternehmen handelt, daß die qualitativen Kriterien des Mittelstandsbegriffs wie etwa Mitarbeit des Unternehmers, Selbständigkeit und Übernahme von Risiko und Haftung erfüllt werden 5 . Augenfällig ist außerdem die große Bedeutung der Kleinunternehmen mit 1 - 3 Genehmigungen bzw. Lastkraftwagen mit 65,2 % im Fernverkehr (1982) und 79,4 % im Nahverkehr (1984). Bedenklich ist jedoch, daß im gewerblichen Straßengüterfernverkehr im Zeitablauf eine stetige horizontale Konzentration nachweisbar ist, der insbesondere Kleinunternehmen zum Opfer gefallen sind, während Großunternehmen von dieser Entwicklung profitierten. So geht beispielsweise aus Tabelle 3 hervor, daß von 1956 bis 1982 die Unternehmen mit 11 und mehr Genehmigungen um 364,8 % zugenommen haben, während die Anzahl der Unternehmen mit lediglich einer Genehmigung um 62,3 % zurückgegangen ist. Auch läßt sich aus dieser Tabelle ablesen, daß im Fernverkehr auf der Straße ein immer stärkerer

3 Bei unternehmensinternen Komponenten, die Konzentrationsprozesse auslösen können, ist beispielhaft zu denken an: Massendegressionsvorteile in der Beschaffung, höhere Massenleistungsfähigkeit, breitere Risikostreuung bei Spezialisierung, bessere Netzbildungsfähigkeit, höhere Frequenz auf festen Relationen, breiteres Angebot von Zusatzleistungen, größere Anzahl von Absatzkanälen etc., vgl. OFFERGELD, Johannes, Mittelstand im Straßengüterverkehr, in: Das mittelständische Güterverkehrsgewerbe - Bedeutung und Probleme, Beiträge aus dem Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität Münster, hrsg. v. H.St. SEIDENFUS, Heft 100, Göttingen 1983, S. 84. 4 Vgl. hierzu und zum folgenden die Tab. 3 - 7. 5 Vgl. dazu ausführlich OFFERGELD, Johannes, a.a.O., S. 92.

LI Mittelständische

Güterkraftverkehrsunternehmen

99

Trend zu größeren Unternehmenseinheiten besteht, denn während beispielsweise die Zahl der Unternehmen mit 3 Genehmigungen im Gesamtzeitraum 1956 - 1982 um 20,3 % zunahm, ist von 1970 -1982 ein Rückgang um 3 % feststellbar. Wenn man nicht die Anzahl der Unternehmen, sondern die Verteilung der Genehmigungen betrachtet, zeigt sich, daß diese in immer stärkerem Ausmaß in die Hände von Großunternehmen übergegangen sind. So waren 1956 noch nahezu 2/3 (63,7 %) der Genehmigungen in den Händen von Kleinunternehmen mit 1-3 Genehmigungen, 1982 waren es dagegen lediglich noch 28,5 % 6 . Besonders deutlich wird die Strukturverschiebung in der Verteilung der Genehmigungen, wenn - wie in Tabelle 7 - die Anteile der nach Genehmigungen aufgeschlüsselten Unternehmensgrößen für verschiedene Jahre in eine Rangfolge gebracht wird 7 . Hier zeigt sich beispielsweise, daß sich von 1956 bis 1982 die Bedeutung von Unternehmen mit einer Genehmigung einerseits und mit 11 und mehr Genehmigungen andererseits umgekehrt hat. Denn während 1956 die Unternehmen mit einer Genehmigung noch 29,9 % des gesamten Kontingents auf sich vereinten und die Unternehmen mit 11 und mehr Genehmigungen über lediglich 7,7 % aller Genehmigungen verfügten, lautete das Verhältnis im Jahre 1982 7,5 % zu 29,7 %. WILLEKE folgert deshalb: "Angesichts dieser Konzentrationsdynamik erscheint es leichtfertig, von einer wirksamen Schutzfunktion der bestehenden Marktordnung zugunsten des gewerblichen Mittelstandes zu sprechen" 8. Die Ursache für diesen Konzentrationsprozeß allein im Bereich unternehmensinterner Komponenten wie etwa der besseren Netzbildungsfähigkeit von Großunternehmen zu suchen, erscheint wenig plausibel. Denn die aus der Betriebsgröße resul-

6 Vgl. Tab. 6. 7 Vgl. EGLER, Joachim, Konzentration und Kooperation im gewerblichen Güterfernverkehr, Beiträge aus dem Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität Münster, hrsg. v. H.St. SEIDENFUS, Heft 56, Göttingen 1969, S. 52. 8 WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 91.

100 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

tierenden Wettbewerbsvorteile wären - wenn auch vielleicht nicht so unkompliziert wie im Bereich von Großunternehmen vielfach auch durch eine verstärkte Kooperation insbesondere zwischen den mittelständischen Unternehmen zu erreichen gewesen. Auch von der technischen Entwicklung her waren keine derartigen Strukturveränderungen zu erwarten, wie sie etwa im Bereich der Binnenschiffahrt auftraten, die sich zum einen mit dem verstärkten Wettbewerbsdruck durch Rohrfernleitungen und zum anderen mit dem in vielen Relationen mittlerweile vollzogenen Wandel zur Schubschiffahrt konfrontiert sah. Auch hat der Straßengüterfernverkehr von dem gestiegenen Transportaufkommen eher profitiert als die meisten anderen Verkehrsträger, denn das Verkehrsaufkommen in diesem Bereich stieg von 71,3 Mio.t im Jahre 1960 um 98,6 % auf 141,6 Mio.t im Jahre 1984, während das gesamte binnenländische Verkehrsaufkommen in diesem Zeitraum lediglich von 1.691,7 Mio. t um 76,6 % auf 2.987,9 Mio. t wuchs 9 . Dies wird auch bei Betrachtung des Anteils des gewerblichen Straßengüterfernverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen ersichtlich, denn während dieser Anteil 1960 noch bei 4,2 % lag, pendelte er zwischen 1980 und 1984 zwischen 4,4 % und 4,9 % . I m gewerblichen Güternahverkehr auf der Straße bewegte sich dieser Anteil dagegen in den Jahren 1980 - 1984 zwischen 27,5 und 27,9 % und blieb somit im Vergleich zu 1960 (27,8 %) nahezu konstant. Der überproportionale Anstieg des Transportaufkommens im Straßengüterfernverkehr hat sich letztlich zwar in einem Trend zu größeren Betriebseinheiten niedergeschlagen, er hätte allerdings auch z.B. zu einer verstärkten Betätigung von Newcomern führen können. Über die Unternehmensentwicklung im Straßengüternahverkehr steht erst seit 1977 ausreichendes Datenmaterial zur Verfügung, denn dieser Bereich wurde lange Zeit als Stiefkind der Statistik behandelt 11 . Dabei zeigt sich für den Zeitraum von

9 Vgl. Der Bundesminister für Verkehr (Hrsg.), Verkehr in Zahlen 1985, Bonn 1985, S. 184 f. 10 Vgl. hierzu und zum folgenden: Ebenda, S. 186 f.

1.1 Mittelstandische

Güterkraftverkehrsunternehmen

101

1977 bis 1984 ein zum Straßengüterfernverkehr konträres Ergebnis. Zwar stieg auch hier - wie aus Tabelle 4 hervorgeht - der Anteil der Großunternehmen mit 11 und mehr Lastkraftwagen von 2,9 % auf 3,6 %. Die Kleinunternehmen mit 1 - 3 Lastkraftwagen konnten jedoch ihren Anteil von 80,4 % im Jahre 1977 mit 79,4 % im Jahre 1984 nahezu beibehalten. Da ein wesentlicher Unterschied zwischen gewerblichem Straßengüternahverkehr und gewerblichem Straßengüterfernverkehr im Bereich der staatlichen Regulierung Hegt, läßt sich die Hypothese aufstellen, daß die zunehmende horizontale Konzentration im Straßengüterfernverkehr von den staatlichen Regulierungseingriffen mitverursacht ist. Diese Hypothese ist im folgenden im Rahmen der Wirkungsanalyse einzelner staatlicher Maßnahmen zu überprüfen.

1.1.2 Auswirkungen staatlicher Zulassungsbeschränkungen 1.1.2.1 Allgemeine Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit Durch staatliche Zulassungsbeschränkungen werden die möglichen Handlungsalternativen potentieller und effektiver Anbieter von Verkehrsleistungen des gewerblichen Güterkraftverkehrs dahingehend eingeschränkt, daß ihre Tätigkeit von der Erfüllung bestimmter nachprüfbarer Tatbestände abhängig gemacht wird. Üblicherweise werden subjektive und objektive Zulassungsvoraussetzungen unterschieden. Die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen können durch Anstrengung des antragstellenden Güterkraftverkehrsunternehmers erfüllt werden. Die objektiven Zulassungsvoraussetzungen sind an vom Unternehmer nicht beeinflußbaren staatlichen Kriterien orientiert 1 2 . Beiden Verfahren ist gemeinsam, daß sie grundsätzlich Angebotsvergrößerungen be- oder verhindern und infolgedessen zu einer Verminderung der Wettbewerbsintensität beitragen. 11 Vor dieser Zeit wurden hierzu Zahlen meist aus Schätzungen und groben Annahmen hergeleitet, vgl. HISEL, Rolf, a.a.O., S. 70 f. 12 Vgl. Kap. 1.2.1 dieser Studie.

102 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Ein wesentlicher Unterschied besteht in dem Charakter dieser Instrumente staatlicher Beeinflussung des Angebots an Transportleistungen. Während subjektive Kriterien vielfach nur solche Anforderungen stellen, die ohnehin Voraussetzung für eine erfolgreiche Tätigkeit im Verkehrsgewerbe sind und somit "den Marktzugang nur für solche Bewerber sperren, die allzu leichtfertig zu investieren geneigt sind" 13 , haben objektive Kriterien nur dann einen Sinn, wenn sie zumindest nicht allein an den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Antragsteller ausgerichtet sind, sondern durch restriktive Handhabung zur Erreichung anderer Ziele beitragen. Daraus folgt, daß durch geeignete subjektive Kriterien die Verminderung der Wettbewerbsintensität tendenziell zu einer Verbesserung der Marktergebnisse im Sinne einer Verhinderung der Fehllenkung von Ressourcen führen können, während durch objektive Kriterien auch eine aus dem Marktmechanismus resultierende optimale Ressourcenallokation verändert werden kann. Es stellt sich nun die Frage, wie sich derartige staatliche Beeinflussungen auf die Marktchancen und die Entwicklungsfähigkeit mittelständischer Unternehmen im gewerblichen Straßengüterverkehr auswirken. Hierzu werden zunächst die Entscheidungsprozesse für das Erstellen von Verkehrsleistungen betrachtet. A m Anfang eines solchen Entscheidungsprozesses über ein Investitionsprojekt stehen die Analyse der Marktchancen, die Sicherstellung der Finanzierung und der Vergleich mit alternativen Investitionsobjekten. Der Unternehmer hat dabei zu berücksichtigen, daß die Leistungserstellung erst durch die Kombination von Produktionsfaktoren ermöglicht wird, weshalb das Investitionsobjekt nicht nur aus einem Lastkraftwagen besteht, sondern auch die zu entrichtetende Kraftfahrzeugsteuer, der Lohn für einen Fahrer etc. in den Entscheidungsprozeß einzubeziehen sind. In diesen Entscheidungsprozeß greifen nun im Straßengüterverkehr staatliche Behörden durch Zulassungsbeschränkungen ein. Die dargestellten subjektiven 13 HAMM, Walter, Die Zulassung zum Markt als Problem der deutschen und europäischen Verkehrspolitik, in: Gestaltungsprobleme der Weltwirtschaft, A. PREDÖHL aus Anlaß seines 70. Geburtstages gewidmet, hrsg. v. H. JÜRGENSEN, Göttingen 1964, S. 260.

1.1 Mittelständische

Gteraftverkehrsunternehmen

Zulassungsbeschränkungen wirken sich lediglich auf die Entscheidung von potentiellen Wettbewerbern (Newcomern) aus, denn sie erhöhen deren Markteintrittsschranken. Objektive Zulassungsbeschränkungen im Fernverkehr auf der Straße beeinflussen dagegen nicht nur die Entscheidungssituation von Newcomern, sondern auch die Investitionstätigkeit von etablierten Unternehmen. Potentiellen und etablierten Unternehmen stehen in Anbetracht objektiver Zulassungsbeschränkungen zwei Alternativen zur Auswahl. Zum einen können sie eine Genehmigung beantragen und die geplante Investition auf den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung verschieben. Dies hat den Vorteil, daß ihnen keine weiteren Aufwendungen im Rahmen der Genehmigungsbeschaffung entstehen, bedeutet jedoch gleichzeitig, daß sie bestehende Marktchancen gar nicht oder erst zu einem viel späteren Zeitpunkt wahrnehmen können. Wartezeiten bis zu 20 Jahren für rote Genehmigungen bilden keine Seltenheit. Zum anderen können sie den nach dem GÜKG einzig gangbaren Weg zum käuflichen Erwerb von Genehmigungen durch Kauf ganzer Firmen oder abgrenzbarer Firmenteile wählen. Dieser Weg ist allerdings mit einer Erhöhung der Aufwendungen für eine Kapazitätseinheit verbunden, denn jetzt muß nicht mehr nur - wie oben beschrieben - ein Fahrzeug angeschafft werden, die Anstellung eines Fahrers etc. berücksichtigt werden, sondern es spielen auch die mit dem Kauf einer Genehmigimg verbundenen Auszahlungsströme eine Rolle. Die Preise für eine Genehmigung sind allerdings nicht exakt bestimmbar, denn das GÜKG verbietet den direkten Handel mit Konzessionen. I m Rahmen des Erwerbs ganzer Firmen oder abgrenzbarer Firmenteile erfolgt daher die Übertragimg einer Büroeinrichtung und eines alten Lastkraftwagens etc. zumeist zu Summen, die um ein Vielfaches über dem Verkehrswert dieser Einrichtungen hegen und deren Zustandekommen ausschließlich auf die Mitübertragung einer oder mehrerer Genehmigungen zurückzuführen ist 1 4 . Von Praktikern wurden dabei folgende Preise für eine einzelne Genehmigung genannt: 14 Nach Auskunft von Behördenvertretern wird in der Praxis folgendermaßen

1

10

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

- für eine rote Genehmigung:

100 000 - 250 000 D M

- für eine blaue Genehmigung:

40 000 D M

- für eine rosa Genehmigung:

10 000 D M

Wie für jedes andere Wirtschaftsgut richten sich auch diese Preise nach der aktuellen Marktsituation bzw. nach dem bestehenden Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage 15 . Es ist ersichtlich, daß objektive Zulassungskriterien massiv in die Investitionstätigkeit von Straßengüterfernverkehrsunternehmen eingreifen. WILLEKE und andere Autoren gehen davon aus, daß zwischen diesen Eingriffen und dem sichtbaren horizontalen Konzentrationsprozeß ein Kausalzusammenhang besteht, weil durch die Übernahme ganzer Firmen oder abgrenzbarer Firmenteile Kapazitätsveränderungen nur blockweise und mit entsprechend großem Aufwand erfolgen können. "Solche Investitionssprünge machen es mittelständischen Unternehmen des Gewerbes nahezu unmöglich, die Kapazitätseffekte einer nur so möglichen Erweiterung mit ihren Absatzchancen in Einklang zu bringen und auf diese Weise in bessere oder bestmögliche Betriebsgrößen vorzustoßen" 16 . Die Befragung der Unternehmen erbrachte folgende Ergebnisse:

verfahren: Der Erwerber einer Firma oder eines abgrenzbaren Firmenteils fragt zunächst bei der Genehmigungsbehörde an, ob er eine Genehmigung erhalten kann. Die Behörde antwortet, daß keine Genehmigung zur Verfügung steht. Daraufhin teilt der Erwerber mit, daß er eine Firma im Ganzen übernehmen wolle und daß man ihm doch die dort vorhandene Genehmigung zuteilen solle, was dann auch geschieht. 15 Praktiker äußerten in diesem Zusammenhang, daß gerade in der letzten Zeit aufgrund der tagespolitischen Diskussion um die zukünftige Gestaltung der Verkehrsmarktordnung die Preise für Genehmigungen sinken. 16 WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 93 f.

1.1 Mittelständische

Übersicht G1:

Gûteikraftveikehrsunternehmen

Einschätzung der Auswirkungen der gesetzlichen Regelungen zur Konzessionsübertragung auf die Wachstumschancen kleiner und mittlerer Güterfernverkehrsunternehmen (1 -10 Genehmigungen) Nach Einschätzung befragter unternehmen (in v.H.): sind die Wachstumschancen trotz bestehender Beschränkungen ausreichend:

Klassen nach Zahl der Genehmigungen: 1-3 4-6 7-10 11 und mehr Klassen nach Umsatzanteil des Güterfernverkehrs: 0 - 24 25-49 50 - 74 75 -100 Klassen nach Standort der Fahrzeuge - Ballungsgebiet - Ländliche Region - Grenzgebiet

Straßengüterfernverkehrssind die Wachstumschancen aufgrund blockweiser Kapazitätsveränderungen erschwert:

88,1

11,9 17,1 20,3 21,9

82,9 79,7 78,1

5,6 16,0 22,2 18,4

94,4 84,0 77,8 81,6

16,3 18,5 16,3

83,7 81,5 83,7

Die These von WILLEKE, daß durch das gesetzliche Verbot des Konzessionshandels ein kontinuierliches Wachstum leistungsfähiger kleiner und mittlerer Straßengüterfernverkehrsunternehmen erschwert wird, weil sie nur blockweise Kapazitätsveränderungen durch entgeltliche Übernahme ganzer Firmen oder abgrenzbarer Firmenteile durchführen können, wird somit von den befragten Unternehmen bestätigt. Interessant ist, daß insbesondere Kleinunternehmen mit 1 - 3 Genehmigungen (88,1 %) von der bestehenden Regelung negative Auswirkungen auf ihre Wachstumsmöglichkeiten erwarten. Auch rechnen immerhin noch 78,1 % der Großunternehmen mit 11 und mehr Genehmigungen mit derartigen Wirkungen staatlicher Zulassungspolitik auf mittelständische Fernver-

105

10

Tei II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

kehrsunternehmen. I n besonderem Maße in ihren Wachstumsmöghchkeiten beschnitten werden unabhängig von ihrer Größe diejenigen Unternehmen, die bisher lediglich 0 - 24 % ihres Umsatzes im Straßengüterfernverkehr erzielen. Die Befragung ergab weiterhin, daß 32,6 % aller befragten Kleinunternehmen und 26,7 % der Unternehmen mit 4 - 10 Genehmigungen für einen starken Wettbewerbsdruck, dem kleine und mittlere Straßengüterfernverkehrsunternehmen im Vergleich zu Großunternehmen ausgesetzt sind, staatliche objektive Zulassungsbedingungen verantwortlich machen, denn durch diese wird ihrer Meinung nach die Erreichung der optimalen Betriebsstruktur verhindert. Gemessen am Umsatzanteil zeigte sich bei dieser Fragestellung, daß mit 36,0 % die Unternehmen mit 0 - 49 % Umsatzanteil des Straßengüterfernverkehrs am gesamten Geschäft sich stärker behindert fühlen als mit 23,5 % diejenigen Unternehmen, die 50 - 100 % ihres Umsatzes im Straßengüterfernverkehr erlösen. Diese Ergebnisse spiegeln sich auch in den Angaben zu möglicherweise seit 1970 vorgenommenen Erweiterungsinvestitionen wider, wenn in diesem Zeitraum keine Genehmigungs- und Kontingentierungspflicht bestanden hätte:

1.1 Mittelständische Ü b e r s i c h t G 2:

Gteraftverkehrsunternehmen

Angaben v o n StraBengüterfernverkehrsunternehmen zu i h r e m Investitionsverhalten seit 1970 bei fehlender K o n t i n g e n t i e r u n g i m allgemeinen Güterfernverkehr u n d i m Bezirksgüterfernverkehr

Die befragten Straßengüterfernverkehrsunternehmen (in v.H.) hätten bei fehlender Kontingentierung: keine Erweiterungsinvestitionen vorgenommen

Erweiterungsinvestitionen vorgenommen

Klassen nach Zahl der Genehmigungen: 1-3

31.8

68,2

4-10

52,6

47,4

11 und mehr

42.9

57,1

Klassen nach Umsatzanteil des Güterfernverkehrs: 0 -24

27,8

72,2

25-49

42.0

58,0

50-74

47,2

52.8

75-100

49.1

50.9

Klassen nach Standort der Fahrzeuge: - Ballungsgebiet

42,8

57,2

- Ländliche Region

44,7

55,3

- Grenzgebiet

47,2

52,8

17

10

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Derartige Angaben können zwar kein völlig sicheres Bild über den Ablauf der Investitionstätigkeit bei Abwesenheit objektiver staatlicher Zulassungsbeschränkungen geben, da keine Aussagen darüber möglich sind, wie der Wettbewerb als offenes Entdeckungsverfahren in diesem Zeitraum die Marktverhältnisse geprägt hätte. Zumindest zeigen die Antworten jedoch, daß von einer großen Anzahl von Unternehmen Marktchancen gesehen wurden, denn - wie aus Übersicht G 2 hervorgeht - hätten insbesondere Kleinunternehmen (68,2 %), aber auch mittelständische Unternehmen mit 4 - 10 Genehmigungen (47,4 %) möglicherweise erweitert. Eine konkrete Aussage über die Anzahl zusätzlicher Lastkraftwagen machten lediglich 50,8 % der antwortenden Unternehmen. Einen Schwerpunkt bildete dabei mit 33,5 % aller antwortenden Unternehmen die Neuanschaffung von 2 - 5 Fahrzeugen. Tendenziell wird durch die Umfrageergebnisse auch die These widerlegt, daß der wesentliche Grund für eine schwache Investitionstätigkeit der Straßengüterfernverkehrsunternehmen in der niedrigen Eigenkapitalausstattung in Verbindung mit niedrigen Transportpreisen begründet sei 1 7 und die schwache Investitionstätigkeit in keinem Zusammenhang mit der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" stehe. Die Aufschlüsselung der Befragung nach Standorten der Fahrzeuge läßt außerdem die vielfach geäußerte These als falsifiziert erscheinen 18 , daß bei Auflockerung der Kontingentierung im Straßengüterfernverkehr insbesondere mittelständischen Verladern in ländlichen Regionen kein entsprechendes Transportraumangebot mehr zur Verfügimg stünde. Denn die Angaben zur Beeinflussung der Wachstumschancen kleiner und mittlerer Straßengüterfernverkehrsunternehmen und zur möglichen Kapazitätserweiterung bei Abwesenheit staatlicher Zulassungsbeschränkungen weichen in ländlichen Regionen und in Ballungsgebieten nur unwesentlich voneinander ab.

17 Vgl. o.V., Liberalisierung als Selbstzweck kann nie das Thema sein, in: Der Güterverkehr, 33. Jg. (1984), Heft 2, S. 14. 18 Vgl. hierzu allerdings auch die verschiedenen Untersuchungen in den folgenden Kapiteln dieser Studie.

1.1 Mittelständisch

Gteraftverkehrsunternehmen

Besonders aufschlußreich sind die Angaben der befragten Unternehmen zu sonstigen, aus der Genehmigungsveräußerung durch Übertragung ganzer Firmen oder abgrenzbarer Firmenteile resultierenden Auswirkungen auf kleine und mittlere Straßengüterfernverkehrsunternehmen. Zwar äußerte sich nur ein kleiner Teil der Befragten zu derartigen Auswirkungen, weshalb die Aussagen nicht als repräsentativ anzusehen sind, dennoch erlauben sie einige Aufschlüsse für die weitere Analyse. I m einzelnen wurde zu diesem Problemkreis festgestellt: - Kaum Expansionsmöglichkeiten für den Mittelstand, da die Übernahme ganzer Firmen nicht finanzierbar ist. - Hohe Konzessionspreise überfordern Risikobereitschaft. - Z u viele Transporte ohne Genehmigung (und unter Preis). - Z u starke Bindung an einzelne Regionen, weshalb auf neue (regionale) Märkte nicht schnell genug reagiert werden kann. - Erreichen einer optimalen Betriebsstruktur wird erschwert. - Abgabe von Aufträgen an große Speditionen wegen Mangel an Konzessionen. - Großunternehmen bezahlen pro Konzession weniger als kleine Unternehmen, da sie ganze Blöcke von Konzessionen erwerben können. - Übernahme ganzer Firmen fördert die Konzentration durch Wachstum der Großunternehmen. Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist zu berücksichtigen, daß im Rahmen der Befragung nur Unternehmen angesprochen wurden, die bereits effektive Anbieter von Straßengüterfernverkehrsleistungen sind. Unberücksichtigt gebheben sind damit potentielle Anbieter (Newcomer), deren Befragung vermutlich zu Ergebnissen geführt hätte, die den Tenor obiger Aussagen unterstreichen. Das belegen die im folgenden ergänzend aufgeführten Ergebnisse der Befragung von Nahverkehrsunternehmen, da diese als potentielle Anbieter von Fernverkehrsleistungen in Frage kommen. Generell kann die Begrenzung des Aktionsradius im Nahverkehr als eine spezielle Form staatlicher Marktzutrittsschranken bzw. als Zulassungsbe-

1

1 0 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

schränkung für potentielle Anbieter interpretiert werden. Z u beachten ist allerdings, daß es sich bei den Befragten nicht nur um reine Nahverkehrsunternehmen handelt, sondern auch um Unternehmen, die einen Teil ihres Geschäftes bereits im Fernverkehr abwickeln. Dies äußert sich etwa darin, daß Unternehmen mit 75 - 100 % Umsatzanteil des Straßengüternahverkehrs am gesamten Geschäft die staatlichen Zulassungsbestimmungen in weit stärkerem Ausmaß kritisieren als Unternehmen, die in hohem Umfang bereits in anderen Gewerben (Fernverkehr, Spedition etc.) tätig sind. So halten beispielsweise 90 % aller Unternehmen mit 75 - 100 % Umsatzanteil im Nahverkehr die Anziehung zusätzlicher Nachfrage durch kleine und mittlere Güternahverkehrsunternehmen bei Ausdehnung der Nahzone für möglich. Übersicht G 3 19.

Einschätzung der Nachfrageentwicklung nach Transportleistungen kleiner und mittlerer Güternahverkehrsunternehmen bei Ausdehnung der Nahverkehrszone

Nach Einschätzung befragter Straßengüternahverkehrsunternehmen: können kleine und mittlere Nahverkehrsunternehmen durch Ausdehnung der Nahzone über den 50-kmBereich hinaus zusätzliche Nachfrage auf sich ziehen:

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-10 LastkraftLastkraftfahrzeugen fahrzeugen

83,3

90,5

Aus der unternehmensgrößenbezogenen Aufschlüsselung in der Übersicht G 3 geht hervor, daß 90,5 % der mittleren Güternahverkehrsunternehmen mit 4 - 1 0 Lastkraftwagen von ihrer Leistungsfähigkeit überzeugt sind und sich offensichtlich auch im Straßengüterfernverkehr Marktchancen ausrechnen.

19 Bei Güternahverkehrsunternehmen, die auch im Güterfernverkehr tätig sind, wird hier und im folgenden auf die Anzahl der überwiegend im Nahverkehr eingesetzten Fahrzeuge abgestellt.

1.1 Mittelständische

Gteraftverkehrsunternehmen

Als mögliche Gründe für eine Benachteiligung kleiner und mittlerer Güternahverkehrsunternehmen durch den begrenzten Aktionsradius wurden im wesentlichen angeführt: - Reglementierungen verhindern Wettbewerb oder wirken wettbewerbsbeschränkend. - Ballungsgebiete werden oft nicht erreicht. - Der Ausgleich von zu geringem Ladungsaufkommen wird erschwert. - Es kommt zu längeren Laufzeiten, da "Direktheferungen" umgeladen werden müssen. - I m grenzüberschreitenden Straßengüternahverkehr sind oftmals Rückladungen nur deshalb nicht möglich, weil diese die 50-km-Zone überschreiten würden. - Großen Unternehmen fällt es leichter, Zweigniederlassungen zu gründen. - Ladungen für mehrere Zielorte können nicht angenommen werden, weil die Nahzone nicht ausreicht. - Verärgerung von festen Kunden, wenn Aufträge nahverkehrszonenbedingt abgelehnt oder weitergegeben werden müssen. - Kleinere Unternehmen haben weniger Möglichkeiten, Kombinationsangebote zu erstellen. Aus diesen Äußerungen werden vielfältige effizienzeinschränkende Auswirkungen der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" deutlich. Insgesamt führen die staatlichen Zulassungsbeschränkungen zu erheblichen, die Wirtschaftlichkeit belastenden Umständen in Form von Umladungen, Problemen bei der Zusammenfassimg von Ladungen, Verhinderung von Rückladungen etc. Unter mittelstandspolitischen Gesichtspunkten ist nahezu jede genannte Auswirkimg bedenklich; denn es fällt um so leichter, die geschilderten Auswirkungen zu vermeiden, je größer die Anzahl der verfügbaren Fernverkehrskonzessionen ist. Diese Auswirkungen reduzieren sich nämlich bei in mehreren Bereichen tätigen Großunternehmen (Nahverkehr, Fernverkehr,

1

1 2 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Spedition) zu einem Problem des optimalen Einsatzes ihrer Konzessionen z.B. bei der Mitnahme möglicher Rückladungen, der Verteilung von Ladungen auf mehrere Zielorte, der Vermeidung von Umladungen etc. Schließlich ist es auch unter regionalpolitischen Gesichtspunkten bedenklich, daß beispielsweise Ladungen für mehrere Zielorte nicht angenommen werden können, Ballungsgebiete nicht im Nahverkehr erreicht werden können etc.

Übersicht G 4:

Beurteilung der Auswirkungen der Begrenzung des Aktionsradius durch die Nahverkehrszone

Nach Beurteilung befragter Straßengüternahverkehrsunternehmen:

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-10 LastkraftLastkraftfahrzeugen fahrzeugen

werden kleine und mittlere Güternahverkehrsunternehmen (1 -10 Lastkraftfahrzeuge) durch die nahverkehrszonenbedingte Begrenzung des Aktionsradius: - nicht benachteiligt

17,4

24,6

- benachteiligt

82,6

75,4

Allerdings geht aus Übersicht G 4 auch hervor, daß ein Teil der befragten Unternehmen in dem begrenzten Aktionsradius keine Benachteiligung kleiner und mittlerer Straßengüternahverkehrsunternehmen sehen. Als Begründung führen diese Unternehmen an: - Ausdehnung der Nahverkehrszone würde sich für Nahverkehrsunternehmen neutral auswirken, für Fernverkehrsunternehmen jedoch den Wettbewerbsdruck erhöhen. - Bei Ausdehnung der Nahverkehrszone würde auch die Konkurrenz umfangreicher werden. - Von der Begrenzung des Aktionsradius sind alle gleichermaßen betroffen.

1.1 Mittelständische

Gteikraftverkehrsunternehmen

1

- Eine Ausweitung ist nicht erforderlich, da alle Industrieballungsgebiete untereinander verbunden sind. - Durch Standortverlegungen ist eine wesentliche Erweiterung des Radius möglich. Diese Aussagen heben aber in keiner Weise auf mögliche Vorteile mittelständischer Güterkraftverkehrsunternehmen im Vergleich zu Großunternehmen ab. Während die ersten beiden Punkte erkennen lassen, daß von staatlichen Regulierungseingriffen eine allgemeine Senkung der Wettbewerbsintensität erwartet wird, besagen die folgenden Punkte lediglich, daß bestehende negative Auswirkungen als wenig bedeutsam eingeschätzt werden. Es wurde jedoch gezeigt, daß gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen derartige Auswirkungen stärker ins Gewicht fallen als bei Großunternehmen.

1.1.2.2 Spezielle Auswirkungen auf Anzahl und Entwicklung mittelständischer Straßengßterfernverkehrsunternehmen Die Ergebnisse der Fragebogenaktion stützen damit den von Verkehrswissenschaftlern behaupteten Kausalzusammenhang, daß die objektiven Zulassungsbeschränkungen im Fernverkehr zu eindeutigen Nachteilen für mittelständische Güterkraftverkehrsunternehmen führen. Trotz starker horizontaler Konzentrationsprozesse ergibt sich allerdings aus der Statistik, daß auch heute noch eine vorwiegend mittelständische Prägung des Straßengüterfernverkehrsgewerbes besteht. Die dafür maßgeblichen Gründe werden im folgenden erörtert. Bei der Leistungserstellung in diesem Gewerbe ergeben sich vergleichsweise geringe economies of scale, weshalb es auch Kleinunternehmen und Newcomern - sofern sie die staatlich fixierten Marktzutrittsschranken überwinden - möglich ist, mit im Branchenvergleich geringen Investitionen eine ausreichende 20 Vgl. dazu beispielhaft: WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 15 f.; Kronberger Kreis (Hrsg.), Mehr Markt für den Mittelstand, Schriftenreihe des Frankfurter Instituts für wirtschaftspolitische Forschung e.V., Band 9, Bad Homburg v.d.H., November 1985, S. 18.

1

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Wettbewerbsfähigkeit herzustellen. Die Entwicklung in den nächsten Jahren läßt allerdings bei unveränderten staatlichen Regulierungseingriffen eine Verstärkung der Konzentration erwarten. Denn Großunternehmen werden die steigenden Anforderungen z.B. an die Netzbildungsfähigkeit und an ein breiteres Angebot von Zusatzleistungen, die oft erst ab einer bestimmten Größe rentabel erstellbar sind, durch Umstrukturierungen und Größenwachstum durch Aufkauf von Konzessionen erfüllen. Mittelständische Unternehmen werden dagegen bestehenden Behinderungen durch staatliche Zulassungsbeschränkungen bei gleichzeitig bestehenden finanziellen Restriktionen vielfach nur eine intensive Kooperation entgegensetzen können 2 1 . Zwar mögen den wachsenden Anforderungen gewisse Konzentrationstendenzen immanent sein. Wie gezeigt wurde, werden solche Konzentrationstendenzen jedoch durch staatliche Zulassungsbeschränkungen verstärkt, wobei unter Umständen leistungsfähige mittelständische Unternehmen zum Marktaustritt gezwungen werden, während konzessionsbedingte Vorteile anderen Unternehmen, die weniger leistungsfähig sind, das Verbleiben am Markt sichert. Ein weiterer Grund für die noch vorherrschende Dominanz mittelständischer Unternehmen ist in der Praxis der Genehmigungsbehörden zu sehen, bei der Neuausgabe von Konzessionen "zur Förderung mittelständischer Strukturen Kleinunternehmen und solche Unternehmen, die bisher keine Güterfernverkehrs22

genehmigung besitzen, bevorzugt zu berücksichtigen" . So geht aus Tabelle 8 über die Neuvergabe zusätzlicher blauer Genehmigungen im Jahre 1984/85 hervor, daß mit 43,6 % Neubewerbern und 33,8 % bereits im Straßengüterfernverkehr tätiger Kleinunternehmen mehr als 3/4 der zusätzlichen Genehmigun21 Mittelständische Straßengüterfernverkehrsunternehmen können der Konzentrationsentwicklung allerdings auch dadurch entgegentreten, daß sie steigende Anforderungen an die Qualität der Leistungen mit einer intensiven Nutzung des Preises als Wettbewerbsparameter beantworten. Dies ist bei der Analyse staatlicher Preisbindung zu berücksichtigen, vgl. Kap. II. 1.1.3.1 dieser Studie. 22 Schreiben des Bundesministers für Verkehr an den Vorsitzenden des Ausschusses für Verkehr des Deutschen Bundestages, Aktenzeichen A 15/26.20.022a/193 Va 85, S. 2.

1.1 Mittelständische

Gteraftverkehrsunternehmen

gen (77,4 %) in diesem Bereich vergeben wurden. Es stellt sich allerdings die Frage, inwieweit durch eine derartige Vergabepraxis die aufgezeigten Nachteile kompensiert werden können. So ist beispielsweise zu beachten, daß Neubewerber und Kleinunternehmen zwar verstärkt berücksichtigt wurden, daß aber gleichzeitig aufgrund der vielen Anträge 2 3 maximal eine zusätzliche Konzession vergeben wurde. Zudem ist zu berücksichtigen, daß unter mittelstandspolitischen Gesichtspunkten eine verstärkte Berücksichtigung von mittleren Unternehmensgrößen durchaus sinnvoller sein kann als die überwiegende Genehmigungszuteilung an Kleinunternehmen und Newcomer, die bei fortschreitender, zum Teil auch regulierungsinduzierter Konzentrationsentwicklung langfristig zu einem großen Teil chancenlos sein werden. Insoweit eine wesentliche Intention der Neuausgabe in der Ablösung von Werkverkehr bestand, könnte der staatlichen Zulassungspolitik eine Benachteiligung mittelständischer Unternehmen immanent sein; denn für die Übernahme von Werkverkehr ist oftmals ein größerer Fuhrpark mit entsprechenden Konzessionen notwendig. Ein Großunternehmen kann dabei eine neue Genehmigung sehr gezielt mit bereits vorhandenen Genehmigungen kombinieren und unter Umständen durch sich ergebende Vorteile bei der Tourenplanung auch eine bessere Auslastung aller vorhandenen Genehmigungen erreichen oder wie nachgewiesen - leichter weitere Genehmigungen hinzukaufen. Reichen die vorhandenen Genehmigungen zur Befriedigimg der gestiegenen Transportnachfrage nicht aus, wird ein Großunternehmen die am wenigsten rentablen Transporte an andere, insbesondere kleinere Unternehmen abgeben. Einem Newcomer oder einem Kleinunternehmen stehen derartige Optimierungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung. Da die Verlader auch bei der Aufgabe von Werkverkehr in den seltensten Fällen bereit sind, ihre Transporte an verschiedene Unternehmen zu vergeben, kann für ein Kleinunternehmen bei Erhalt einer 23 Das Verhältnis von Bewerbungen zu der Anzahl der zusätzlich zur Ausschreibung anstehenden Konzessionen betrug bei der Neuvergabe zusätzlicher blauer Genehmigungen im Jahre 1984/85 nach Mitteilung des Bundesministers für Verkehr bundesweit etwa 5:1.

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Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

neuen Genehmigimg auch die Notwendigkeit eintreten, bereits vorhandene andere Genehmigungen für die Transporte dieses Verladers einzusetzen. Die daraus resultierende Aufgabe alter Geschäftsbeziehungen und die Intensität sich ergebender Abhängigkeiten von einem neuen Verlader hängen letzlich in starkem Umfang von der Größe des Straßengüterfernverkehrsunternehmens und den aus der staatlichen Zulassungspolitik resultierenden Wachstumshemmnissen ab. Aufschlußreich erscheint eine Untersuchung der Motive für eine Antragstellung auf Erteilung zusätzlicher Genehmigungen. So wurde aus Gesprächen mit Straßengüterfernverkehrsunternehmern deutlich, daß aus der Anzahl der Anträge nicht immer auf einen momentanen Bedarf geschlossen werden kann. Seit dem Übergang von Fahrzeug- zu Inhabergenehmigungen verstehen es nämlich insbesondere größere Feraverkehrsunternehmen, durch geschickte Tourenplanung eine die Zahl der Genehmigungen übersteigende Anzahl von Fahrzeugen auszulasten. Denn mit zunehmender Unternehmensgröße steigen die Möglichkeiten der Verbesserung der Tourenplanung und damit auch der Verbesserung der Auslastung vorhandener Genehmigungen. Bei Neuerteilung von Genehmigungen fällt es dann größeren Unternehmen vergleichsweise leicht, eine ausreichende Beschäftigung pro Genehmigung auch dann nachzuweisen, wenn es ihnen nicht gelingt, zusätzliche Nachfrage auf sich zu ziehen 24 . Ein Genehmigungsantrag wird dann lediglich deshalb gestellt, weil die neue Genehmigung aufgrund ihrer möglichen Veräußerbarkeit im Rahmen eines abgrenzbaren Firmenteils in 2 - 3 Jahren einen Eigenwert erhält. Ökonomisch bedeutet dies allerdings, daß die Kosten einer neuen Genehmigung, die aus dem notwendigen Beschäftigungsnachweis resultieren und bei Kleinunternehmen unabdingbar mit der Suche nach neuen Nachfragern gerade zum Zeitpunkt der Genehmigungsvergabe verbunden sind (Suchkosten etc.), sich degressiv zur Unternehmensgröße verhalten. Die Neuausgabe von Ge-

24 Die dabei vorausgesetzte gute Beschäftigungssituation dürfte gerade in Zeiten der Neuvergabe von Genehmigungen in den meisten Fällen gegeben sein.

1.1 Mittelständische

Gteraftverkehrsunternehmen

nehmigungen ist deshalb durch künstliche "economies of scale staatlicher Kontingentierungspolitik" gekennzeichnet. Diese und ähnliche Kausalzusammenhänge zeigen, daß die Praxis staatlicher Zulassungspolitik zwar von einer starken Betonung mittelstandspolitischer Zielvorstellungen ausgeht, die dabei erzielten Erfolge jedoch nur sehr kurzfristig wirksam sind. Bei einer Fortschreibung dieser Politik in den nächsten Jahren ist aufgrund der aufgezeigten Benachteiligungen davon auszugehen, daß ein Großteil der Unternehmen, denen 1985 eine neue blaue Konzession zugeteilt wurde, bei der nächsten Konzessionsvergabe nicht mehr existieren w i r d 2 5 . Der Anlaß für den Marktaustritt wird dabei nur teilweise in dem Auslesemechanismus wettbewerblicher Prozesse begründet sein. Gerade bei sehr leistungsfähigen mittelständischen Unternehmen werden sich dagegen die Behinderung der Wachstumschancen und die Verhinderung einer optimalen Betriebsstruktur als ursächlich erweisen. Neben den speziellen Bedingungen der Leistungserstellung des Straßengüterfernverkehrsgewerbes und der staatlichen Zulassungspolitik kann noch ein weiterer Grund für die aus der Statistik ablesbare, trotz starker Konzentrationsprozesse auch heute noch vergleichsweise starke Dominanz mittelständischer Unternehmen angeführt werden. Die auf rechtliche Unternehmenseinheiten abgestellte Statistik gibt nämlich über das tatsächliche Ausmaß der horizontalen Konzentration nur ungenügende Auskünfte. Dies hegt darin begründet, daß das GÜKG die Weiterveräußerung von Genehmigungen - wie erläutert wurde - nur im Rahmen der Übertragung ganzer oder abgrenzbarer Firmenteile gestattet. Großunternehmen werden deshalb aufgekaufte Genehmigungen unter ökonomischen Gesichtspunkten voll in ihr Unternehmen integrieren, rechtlich werden jedoch in vielen Fällen übernommene Unternehmen weiterbestehen, denn auf diese Weise kann auf Marktveränderungen ge-

25 In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, daß in verschiedenen Bundesländern bei starker Überzeichnung der auszugebenden Genehmigungen neben anderen Ausschlußkriterien solche Unternehmen keine Berücksichtigung fanden, die bei der letzten Vergabe eine Konzession erhalten hatten.

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Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

gebenenfalls durch Weiterveräußerung dieses Unternehmens und seiner Genehmigung(en) reagiert werden 2 6 . Dies zeigt, daß Großunternehmen auch im Bereich der Desinvestition die aus der staatlichen Zulassungspolitik resultierenden Hemmnisse einfacher zu überwinden in der Lage sind als mittelständische Unternehmen. Gleichzeitig bedeutet dies allerdings, daß die Statistik die tatsächliche Konzentrationsentwicklung nicht widerspiegelt, denn nach Einschätzung vieler Praktiker ist die tatsächliche Zahl von nach ökonomischen Gesichtspunkten abgegrenzten Straßengüterfernverkehrsunternehmen sehr viel geringer als die nach rechtlichen Kriterien ausgewiesene Anzahl in der Statistik 27 . Als vorläufiges Ergebnis bleibt mit WILLEKE festzustellen: "Selbstverständlich ist die Investitionsrestriktion des Kontingentierungssystems nicht der einzige Bestimmungsfaktor für die quantitative und funktionale Entwicklung der Unternehmen. Aber andererseits bedeutet sie doch eine Zwangsvorgabe, die ein anderes Verhalten nach sich zieht, als es normalen marktwirtschaftlichen Leistungsvoraussetzungen entsprechen würde" 2 8 . Dabei führen die staatlichen Eingriffe in das Investitionsverhalten zu erheblichen Nachteilen für kleine und mittlere Straßengüterfernverkehrsunternehmen in dem Sinne, daß diese Unternehmen an einem stetigen Wachstum und der Realisierung möglicher Betriebsgrößenvorteile gehindert werden. Die aufgezeigten Kausalzusammenhänge verdeutlichen, daß der

26 Der Trend zu selbständigen Unternehmen innerhalb eines Unternehmensverbundes wird auch dadurch gestärkt, daß nachfragebedingt der Preis für einzelne Genehmigungen im Verhältnis höher ist als der Preis für ganze Genehmigungsblöcke. 27 Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, daß nach Angaben von Gewerbevertretern die "Liberalisierungsdiskussion" zu einer verstärkten Aufteilung in selbständige Unternehmen und abgrenzbare Firmenteile geführt hat. Dabei beabsichtigen Großunternehmen angeblich, sich die Möglichkeit offenzuhalten, rechtzeitig vor einer massiven Kontingenterhöhung oder gar -beseitigung zumindest einen Teil ihrer Genehmigungen noch entgeltlich zu veräußern. 28 WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 95.

1.1 Mittelständische

Gteraftverkehrsunternhmen

staatlichen Verkehrspolitik in Form von objektiven Zulassungsbeschränkungen Konzentrationstendenzen immanent sind. Angesichts dieses Ergebnisses erscheint es zunächst verwunderlich, daß Maßnahmen einer schrittweisen oder völligen Öffnung des Marktzugangs im Straßengüterfernverkehr von einer Mehrheit der befragten Fernverkehrsunternehmen ablehnend beurteilt werden.

Obersicht G 5:

Beurteilung einer Beseitigung der Kontingentierung im Güterfernverkehr

Nach Beurteilung befragter Straßengüterfernverkehrsunternehmen:

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-10 Lastkraft- Lastkraftfahrzeugen fahrzeugen

- würde eine Beseitigung der Kontingentierung die Situation kleiner Fernverkehrsunternehmen (1-3 Genehmigungen): - erheblich verschlechtern - geringfügig verschlechtern - nicht verändern - geringfügig verbessern - erheblich verbessern

78,5 6,3 2,5 5,1 7,6

85,4 1,5 2,3 2,3 8,5

- würde eine Beseitigung der Kontingentierung die Situation mittlerer Fernverkehrsunternehmen (4 -10 Genehmigungen): - erheblich verschlechtern - geringfügig verschlechtern - nicht verändern - geringfügig verbessern - erheblich verbessern

73,6 5,7 7,5 0,0 13,2

86,5 3,2 2,4 0,0 7,9

So geht beispielhaft aus Übersicht G 5 hervor, daß nach dem Urteil von 78,5 % der kleinen und 86,5 % der mittleren Straßengüterfernverkehrsunternehmen eine Beseitigimg der bestehenden Kontingentierung im Güterfernverkehr mit Lastkraftfahrzeugen ihre eigene Wettbewerbssituation erheblich verschlechtern würde. Der zuständige Verband stellt in diesem

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Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Zusammenhang sogar fest, daß im Güterfernverkehr neben der Tarifbindung auch eine Kapazitäts- und Marktzugangsregelung unabdingbar ist, um einen dauerhaft funktionsfähigen Wettbewerb zu gewährleisten 29 . "Wird mit Praktikern über die Probleme und möglichen Steuerungsschwächen des marktwirtschaftlichen Wettbewerbssystems diskutiert, so zielt regelmäßig der erste Hinweis auf die Gefahr übersteigerter Wettbewerbsintensität, und dieser Fall wird dann als «ruinöser» Wettbewerb ΛΛ

angesprochen" . Die Güterfernverkehrsunternehmer unterstellen bei Beseitigung bestehender Regulierungseingriffe also zu heftige Wettbewerbsprozesse, bei denen es "teils über Jahrzehnte oder noch länger zu einem anhaltenden Preisverfall (kommt, d. Verf.), bei dem nahezu alle Betriebe der betroffenen Branche nicht mehr kostendeckend arbeiten 3 1 . Es stellt sich allerdings die Frage, ob derartige Feststellungen aus der Funktionsweise des wettbewerblichen Abstimmungsprozesses zwischen Angebot und Nachfrage im Straßengüterfernverkehr resultieren oder ob objektive staatliche Zulassungsbeschränkungen als ein "Eckpfeiler der kontrollierten Wettbewerbsordnung" nur wegen des monetären Wertes der Genehmigungen und wegen des Schutzes vor Newcomern erhalten werden sollen. Wichtig erscheint daher zum einen die Untersuchung der Zieladäquanz eingesetzter Instrumente zum dauerhaften Schutz des Wettbewerbs und zum anderen die Untersuchung von Ursachen möglicher wettbewerblicher Steuerungsschwächen. Z u beiden Punkten sind Aussagen auf der Grundlage wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse möglich. Hinsichtlich der Zielwirksamkeit bestehender Regulierungseingriffe im Verkehrsgewerbe zur Verhinderung ruinöser Wettbewerbstendenzen ist festzustellen, daß "Wettbewerbsbeschrän29 Vgl. Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), Geschäftsbericht 1983/84, Frankfurt 1984, S. 5. 30 WILLEKE, Rainer, «Ruinöse Konkurrenz» als verkehrspolitisches Argument, in: Ordo, Bd. 28 (1977), S. 157. 31 BARTLING, Hartwig, Wettbewerbliche Ausnahmebereiche - Rechtfertigungen und Identifizierung, in: Wirtschaftspolitik in weltoffener Wirtschaft, Festschrift zum 70. Geburtstag von Rudolf MEIMBERG, hrsg. v. M. FELDSIEPER und R GROSS, Berlin 1983, S. 335.

1.1 Mittelstäadischc

Gûterkraftvcrkchrsuntcrnchmcn

kungen durch Preis-, Mengen-, Quoten, Gebietsschutz- und Submissionskartelle prinzipiell ungeeignet (sind, d. Verf.), die eigentlichen Ursachen des ruinösen Wettbewerbs zu beseitigen und damit die chronisch eintretenden volkswirtschaftlichen Schäden zu beheben" 32 . Bei der Untersuchung von Ursachen fur das Eintreten ruinöser Wettbewerbstendenzen im Bereich des Güterkraftverkehrs ist zu beachten, daß eine notwendige Voraussetzung für eine derartige Entwicklung in hohen Marktaustrittsschranken aufgrund geringer Mobilität eines oder mehrerer Produktionsfaktoren besteht. Abgesehen davon, daß hiervon im Güterkraftverkehr keineswegs ausgegangen werden kann, ist weiter zu berücksichtigen, daß als zusätzliche notwendige Bedingung für ein derartiges Marktversagen im Sinne eines sehr langen und volkswirtschaftlich ineffizienten Anpassungsprozesses chronisch anhaltende Überkapazitäten vorliegen müssen 33 . Diese Uberkapazitäten können zum einen durch Angebotsänderungen entstehen, V e n n beispielsweise eine laufend ansteigende Ausbringung trotz unveränderter Faktoreinsatzmengen durch Produktivitätsfortschritte möglich ist und von einer unelastischen Nachfrage nicht aufgenommen wird" 3 4 . Zwar ist das Güterkraftverkehrsgewerbe durch einen kontinuierlichen Produktivitätsanstieg gekennzeichnet; dieser trat jedoch nie in einer solchen Stärke bzw. in solchen Schüben auf, daß hierdurch eine "weiche" Anpassung der Angebotsstruktur im Rahmen stattfindender Marktaustritte verhindert würde. Zum anderen können für chronisch anhaltende Überkapazitäten auch strukturell bedingte Nachfragerückgänge ursächlich sein und zwar insbesondere dann, wenn sie von den Anbietern bei ihren Investitionsentscheidungen nicht einkalkulierbar waren. Für den Bereich des Güterkraftverkehrs entzieht allerdings 32 TOLKSDORF, Michael, Ruinöse Wettbewerbsprozesse, in: WuW, 21. Jg. (1971), S. 289. 33 Vgl. zur Erläuterung dieser und der folgenden Zusammenhänge: BARTLING, Hartwig, Wettbewerbliche Ausnahmebereiche, a.a.O., S. 335 f. sowie VAN SUNTUM, Ulrich, Verkehrspolitik, München 1986, S. 61 ff. 34 BARTLING, Hartwig, Wettbewerbliche Ausnahmebereiche, a.a.O., S. 336.

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Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

"eine im großen und ganzen stabile oder relativ stetig wachsende Nachfrage nach Verkehrsleistungen dem Argument ruinösen Wettbewerbs die Grundlage" 35 . In der Praxis wird zudem immer wieder auf die Möglichkeit von irrationalen Investitionsentscheidungen 36 aufgrund von falschen oder unvollkommenen Kalkulationen verwiesen, die in Verbindung mit hohen Marktaustrittsschranken - nach einmal getätigter Investition ebenfalls zu ruinösen Wettbewerbsprozessen führen könnten. Objektive Zulassungskriterien sind indessen ein denkbar ungeeignetes Instrument zur Verhinderimg derartiger Ineffizienzen 3 . Deren Ursache Hegt nämlich in irrationalem Unternehmerverhalten begründet und zwischen objektiven Zulassungsbeschränkungen und dem Unternehmerverhalten fehlt der strenge Kausalzusammenhang. So besteht auch bei durch objektive Kriterien verknapptem Angebot durchaus die Möglichkeit, daß Straßengüterfernverkehrsunternehmer - wenn sie im Besitz von Genehmigungen sind oder solche aufkaufen - irrationale Investitionsentscheidungen treffen. Denn führt die künstliche Angebotsverknappung (in Verbindung mit staatlicher Preisbindung) zu betrieblichen Effizienzverlusten (X-Ineffizienz) infolge eines Absinkens der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft dieser Unternehmer, so werden die Verlader mit der Aufnahme von Werkverkehr oder Vergabe von Transporten an andere Verkehrsträger reagieren. Objektive staatliche Zulassungskriterien können deshalb keineswegs die Richtigkeit getroffener Investitionsentscheidungen gewährleisten. Sie sind vielmehr wegen ihrer Eignung zu Wettbewerbsverzerrungen und -beschränkungen sowie insbesondere wegen der aufgezeigten Benachteiligungen mittelständischer Unternehmen abzulehnen.

35 VAN SUNTUM, Ulrich, a.a.O, S. 65. 36 HAMM klassifiziert irrationale Investitionsentscheidungen einzelner Verkehrsunternehmer als Investitionsentscheidungen, die auf falschen oder unvollkommenen Kalkulationen beruhen, vgl. HAMM, Walter, Die Zulassung zum Markt als Problem der deutschen und europäischen Verkehrspolitik, a.a.O., S. 268. 37 Vgl. ebenda, S. 265 ff., insbes. S. 269 f. u. S. 272 f.

1.1 Mittelständische

Gteraftverkehrsunternehmen

1

1.1.3 Auswirkungen staatlicher Preisbindung 1.1.3.1 Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit durch Preisbildung in den Tarifkommissionen des geweiblichen Güterkraftverkehrs Es wurde bereits erläutert, wie die staatliche Tarifbindung insbesondere bei den hier interessierenden Margentarifen unter bestimmten Bedingungen in die wettbewerbliche Preisbildung eingreift. 38 Dadurch kommt es zu einer erheblichen Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit. Bei der Analyse der Auswirkungen staatlicher Preisbindung ist zudem zu beachten, daß die Regulierung der Angebotsmenge durch staatliche Zulassungsbeschränkungen und die Eingriffe in die freie, marktmäßige Bildimg von Transportentgelten durch staatliche Preisbindung in einer engen Wechselbeziehung stehen. "Eine Änderung der Angebotsmenge verursacht unter sonst gleichbleibenden Bedingungen je nach der Preiselastizität der Nachfrage verschieden starke Preisausschläge ... Andererseits kann über die Festsetzung von Preisen, insoweit derartige Vorschriften nicht umgangen werden können, der Umfang des Angebots variiert werden" . I n diesem Zusammenhang ist es notwendig, sich die Rolle der Preispolitik als möglichen unternehmerischen Aktionsparameter vor Augen zu führen. So kann ein Verkehrsunternehmen wie jedes andere Unternehmen - die Erfüllung seiner Ziele nur durch "eine ständige Abstimmung zwischen dem Zustand des Systems Betrieb und dem Zustand seiner Umwelt" 4 0 erreichen. Dabei kann es sich zum einen an Veränderungen der Umwelt etwa in der Weise anpassen, daß es auf Nachfragerückgänge mit einer Rücknahme der Beschäftigung r e a g i e r t . Die Reaktion erfolgt in diesem Fall im Bereich der verkehrsbetrieblichen

38 Vgl. Kap. 1.3.1 dieser Studie. 39 HAMM, Walter, Die Zulassung zum Markt als Problem der deutschen und europäischen Verkehrspolitik, a.a.O., S. 254. 40 DIEDERICH, Helmut, a.a.O., S. 204. 41 Vgl. hierzu und zum folgenden: DIEDERICH, Helmut, a.a.O., S. 203 ff.

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Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Leistungserstellung. Zum anderen kann das Verkehrsunternehmen Maßnahmen ergreifen, die auf seine Umwelt gestaltend einwirken. Bei diesem letzten Bereich handelt es sich um die verkehrsbetriebliche Absatzpolitik, die sich ihrerseits wieder in die Präferenzpolitik und die Preispolitik unterteilt 4 2 . Bei der Realisierung und Wirkungsanalyse staatlicher Mittelstandspolitik müssen diese Zusammenhänge insbesondere dann berücksichtigt werden, wenn als Instrumente einer solchen Politik nicht nur allgemeine Gestaltungsmaßnahmen wettbewerblicher Rahmenbedingungen wie etwa die Sicherstellung des Marktzugangs und die Förderung der Kooperation kleiner und mittlerer Unternehmen eingesetzt werden, sondern wenn - wie im Bereich der Verkehrspolitik - direkt in die Handlungsalternativen der Unternehmen eingegriffen wird. Denn grundsätzlich stehen die aufgezeigten Handlungsalternativen zwar allen Verkehrsunternehmen gleichermaßen offen, jedoch hängt die maximal mögliche Intensität ihrer Nutzung in starkem Maße auch von der Unternehmensgröße ab. So wird es einem kleinen Güterkraftverkehrsunternehmen vergleichsweise schwerfallen, sich seiner Umwelt etwa durch eine Zurücknahme der Beschäftigung anzupassen, da eine derartige Maßnahme gerade bei einem Unternehmen, das möglicherweise aufgrund seiner ungünstigen Betriebsstruktur durch einen hohen Fixkostenanteil gekennzeichnet ist, in vielen Fällen mit einer massiven Existenzbedrohung einhergehen würde. Dies gilt insbesondere für den Bereich des Straßengüterfernverkehrs, denn hier werden - wie gezeigt wurde - längerfristig notwendige Reaktionen auf Nachfrageveränderungen in Form von Investitionen und Desinvestitionen gerade für mittelständische Unternehmen durch die bestehende staatliche Genehmigungspolitik zusätzlich erschwert. Beispielhaft ist für den Bereich der Leistungserstellung weiterhin anzuführen, daß große Güterkraftverkehrsunternehmen auch bei ihrer Routenwahl im Gelegen-

42 Die verkehrsbetriebliche Präferenzpolitik kann ihrerseits in die Produktpolitik, die Prozeßpolitik, die Distributionspolitik und die Werbepolitik untergliedert werden.

1.1 Mittelständische

Gteraftvekehsunternehmen

heitsverkehr sowie ihrer Fahrplanerstellung im Linienverkehr i.d.R. über erhebhche Betriebsgrößenvorteile verfügen dürften. Auch bei Betrachtung gestaltender Maßnahmen im Sinne verkehrsbetrieblicher Präferenzpolitik zeigt sich, daß Großunternehmen überwiegend zu einer intensiveren Nutzung derartiger absatzpolitischer Instrumente in der Lage sein werden. So dürfte es ihnen - um nur einige Beispiele zu nennen - im Rahmen ihrer Produktpolitik relativ leichtfallen, ein umfangreiches Paket von Zusatzleistungen anzubieten, um den Absatz der eigentlichen Transportleistung zu fördern. Wettbewerbsvorteile dürften Großunternehmen auch im Bereich der Prozeßpolitik besitzen, weil ihnen z.B. aufgrund oben aufgezeigter Betriebsgrößenvorteile im Bereich der Leistungserstellung eine Verkürzung der Prozeßdauer leichterfallen wird als kleinen Güterkraftverkehrsunternehmen. Schließlich ergibt auch die Betrachtung von werbe- und distributionspolitischen Gesichtspunkten, daß Großunternehmen insbesondere aufgrund ihres vielfältigen Produktionsprogrammes über Wettbewerbsvorteile verfügen. So können sie beispielsweise mit einer häufigen Bedienung bestimmter Transportrelationen in regelmäßigen Abständen werben oder im Rahmen der zweckmäßigen Einrichtung der physischen Weitergabe erstellter Leistungen an die Erwerber (Marketing-Logistik) 43 auf ein breites Angebot an Verpackungs-, Lager- und Umschlagsleistungen verweisen. Dies bedeutet allerdings keineswegs, daß nicht auch mittelständische Güterkraftverkehrsunternehmen im Rahmen einer aktiven Absatzpolitik auf präferenzpolitische Instrumente zurückgreifen können. So entfallen bei einem Kleinunternehmen, dessen Eigentümer selbst als Fahrer tätig ist, Reibereien mit dem angestellten Fahrpersonal sowohl im innerbetrieblichen Bereich als auch im Verhältnis mit den Verladern. Auch werden derartige Kleinunternehmer potentielle und effektive Nachfrager nach Transportleistungen vielfach auf ihre Bereitschaft verweisen, Aufträge auch in Zeiten zu übernehmen, die aus persönlichen Gründen ungelegen sind.

43 Vgl. DIEDERICH, Helmut, a.a.O., S. 228.

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126 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Bei wettbewerblichen Vorstößen anderer, insbesondere großer Güterkraftverkehrsunternehmen dürfte es jedoch auch für leistungsfähige mittelständische Unternehmen vielfach von herausragender Bedeutung sein, daß sie zur Sicherung bestehender Kundenbeziehungen auf preispolitische Instrumente zurückgreifen können. Wird dagegen von mittelständischen Güterkraftverkehrsunternehmen die Attrahierung zusätzlicher Nachfrage angestrebt, so erscheint der Einsatz der Preispolitik bei bestehenden Nachteilen im präferenzpolitischen Bereich geradezu unabdingbar, und zwar unabhängig davon, ob es sich um die Übernahme von Transporten großer Güterkraftverkehrsunternehmen handelt oder ob die Übernahme von Transporten anderer Verkehrsträger (z.B. Werkverkehr) bei gleichzeitiger Konkurrenz von Großunternehmen um diese Aufträge angestrebt wird. Es ist deshalb zu erwarten, daß die staatliche Preisbindung im gewerblichen Güterkraftverkehr in die vorhandene Dispositionsfreiheit mittelständischer Güterkraftverkehrsunternehmen in relativ stärkerem Ausmaß eingreift als in die vielfältigeren Entscheidungsalternativen von Großunternehmen. Hieraus kann eine Benachteiligung mittelständischer Unternehmen entstehen. Mögliche Vorteile können sich Großunternehmen jedoch nicht nur durch den intensiven Einsatz präferenzpolitischer Maßnahmen eröffnen, sondern auch im eigentlichen Bereich der verkehrsbetrieblichen Preispolitik, denn aufgrund des weiten Betätigungsfeldes von Großunternehmen ist zu vermuten, daß sie die bestehenden staatlichen Regulierungseingriffe vergleichsweise einfach durch die Kombination preisgebundener und preisungebundener Leistungen umgehen können. Auch dürften sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung eher in der Lage sein, die eigentliche Tarifbildung durch ihr Gewicht im Bereich der verbandspolitischen Diskussion über die Tarifentwicklung sowie durch entsprechende Anträge auf Modifizierung allgemeiner Tarife oder auf Verabschiedung spezieller Ausnahmetarife zu beeinflussen 44 .

44 Vgl. dazu Kap. II. 1.1.3.3.

1.1 Mittelständische

Gteraftverkehrsunternehmen

Aufgrund von möglicherweise aus diesen Zusammenhängen resultierenden Nachteilen auf eine Ablehnung der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" durch mittelständische Güterkraftverkehrsunternehmen zu schließen, wäre allerdings verfrüht, denn durch die staatliche Preisbindung können diesen Unternehmen Vorteile in dem Sinne entstehen, daß es ihnen gelingt, Preise am Markt zu erzielen, die bei freier Preisbildung für sie nicht durchsetzbar gewesen wären. Aufgrund des dargestellten Tarifbildungsverfahrens ist dies unter Einbeziehung staatlicher Zulassungsbeschränkungen im gewerblichen Straßengüterfernverkehr in stärkerem Ausmaß zu erwarten als im Nahverkehr. Denn im gewerblichen Straßengüternahverkehr erfolgt die Tarifbildung in der paritätisch mit Gewerbe- und Verladervertretern besetzten TKN 4 5 und die Unternehmer haben weit mehr Freiheit, ihre Preise innerhalb einer breiten Tarifmarge selbständig festzulegen. I m Straßengüterfernverkehr sind die staatlichen Regelungen dagegen in der Wirkimg mit einem Preiskartell vergleichbar. Während Kartelle allerdings definitionsgemäß Verträge voraussetzen, die zwischen selbständigen Konkurrenzunternehmen mit dem Zwecke geschlossen werden, durch die Bindung eines oder mehrerer Aktionsparameter den Wettbewerb auf einem Markt zu beschränken, basiert die TKF auf den dargestellten gesetzlichen Vorschriften, und die Einhaltung genehmigter Beschlüsse wird durch eine staatliche Behörde überwacht. Potentieller Wettbewerb durch Newcomer wird durch die staatliche Zulassungspolitik verhindert. Ein wichtiges wettbewerbliches Gegengewicht der Verkehrsträgeraffinität her am ehesten Werkfernverkehr dar, der jedoch aufgrund des gewerblichen Beförderung von Gütern für Dritte gen unterliegt.

stellt der von vergleichbare Verbotes der Beschränkun-

I n ihren Tarifsetzungsmöglichkeiten wird die TKF durch die notwendige staatliche Genehmigung der beschlossenen Anträge 45 Die Tarifbildung in der TKN ist damit mit der Marktform eines bilateralen Monopols vergleichbar. Zur Tarifbildung in paritätisch besetzten Kommissionen vgl. insbes. auch Kap. II. 2.2.2.2 dieser Studie.

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12

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

eingeschränkt. Grundsätzlich läßt diese Konstellation jedoch auf erhebliche Möglichkeiten zur Verminderung der Intensität des Preiswettbewerbs schließen. So ist es z.B. zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit eines Preiskartells notwendig, bei der Preisbildung die Interessen schwächerer, weniger leistungsfähiger Unternehmen zu berücksichtigen. Dies führt aufgrund der Einheitlichkeit der Preise notwendigerweise zu Kartellrenten für andere Unternehmen 46 . Inwieweit es insbesondere mittelständischen Straßengüterfernverkehrsunternehmen gelingt, Vorteile aus der staatlichen Preisbindung im Fernverkehr mit Lastkraftfahrzeugen zu erzielen, hängt von dem Innenverhältnis des "Preiskartells" ab. Zusätzlich wird oft als ein anderer wichtiger Vorteil für mittelständische Straßengüterfern- und -nahverkehrsunternehmen gesehen, daß die Kalkulation durch die Veröffentlichung staatlich gebundener Preise erleichtert ist. Die Beurteilung der geschilderten Vor- und Nachteile in der Praxis wird im folgenden anhand der Fragebogen- und Interviewergebnisse dargestellt.

1.1.3.2 Beurteilung staatlicher Preisbindung durch die Unternehmen des gewerblichen Güterkraftverkehrs Die befragten Güterkraftverkehrsunternehmen rechnen weitgehend übereinstimmend über verschiedene Größenklassen bei einer stärkeren Orientierung der Preisbildung an den vorherrschenden Marktverhältnissen mit einer Verschlechterung der Wettbewerbssituation mittelständischer Güterkraftverkehrsunternehmen und zwar um so eher, je stärker die vorgeschlagenen Maßnahmen in das bestehende Tarifsystem eingreifen. So erwarten zwar 61,6 % der befragten Unternehmen mit 1 - 3 Genehmigungen von einer schnelleren Anpassung des RKT an die Marktgegebenheiten noch eine Verbesserung der Wettbewerbssituation für sich und andere kleine Straßengüterfernverkehrsunternehmen. Dagegen wird bei einer Erweiterung der beste46 Vgl. dazu im einzelnen Kap. II. 1.2.2.2.

1.1 Mittelstndisc

Gteikraftverkhrsunternehmn

1

henden Margengrenzen des RKT bereits in 70,1 % der Antworten mit einer Verschlechterung gerechnet 47 . Dem Vorschlag, das Tarifsystem durch staatliche Mindestpreise und unverbindliche Preisempfehlungen des Straßengüterverkehrsgewerbes oberhalb der Mindestpreise zu ersetzen, stehen die Kleinunternehmen weitgehend indifferent gegenüber, was auch darauf zurückgeführt werden kann, daß eine derartige staatliche Mindestpreisgarantie in ihrer Auswirkung auf die Wettbewerbssituation erst in der praktischen Anwendimg, insbesondere nach Festlegung der Höhe der Mindestpreise, beurteilt werden kann. Von einer völligen Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen erwarten schließlich 86,5 % der befragten Kleinunternehmen eine Verschlechterung der Wettbewerbssituation kleiner Straßengüterfernverkehrsunternehmen. Die Beurteilung dieser Maßnahme durch direkt betroffene kleine und mittlere Unternehmen ist in Übersicht G 6 zusammengestellt. Interessante Aufschlüsse erlauben auch die Angaben zu den erwarteten wettbewerblichen Wirkungen auf die Situation von kleinen Straßengüterfernverkehrsunternehmen, die von Unternehmen anderer Größenklassen gemacht wurden. Denn während beispielsweise zu erwarten gewesen wäre, daß die direkt nach ihrer Wettbewerbssituation befragten Unternehmen die Auswirkungen derartiger Eingriffe in das staatlich garantierte "Preiskartell" kritischer beurteilen als Unternehmen, deren Wettbewerbssituation gar nicht zur Diskussion steht, zeigen die Ergebnisse der Fragebogenaktion ein anderes Bild. Bei den Unternehmen mit 4 und mehr Genehmigungen ist nämlich der Prozentsatz deijenigen Unternehmen, die bei einer völligen Preisfreigabe in ausgewählten Bereichen eine Verschlechterung der Wettbewerbssituation von Kleinunternehmen prognostizieren, höher als bei den direkt Betroffenen 48 . Auch wandelt sich bei diesen Unternehmen die Indifferenz hinsichtlich der Auswirkungen staatlicher Mindestpreisgarantien in Verbindung mit 47 Von den mittleren Straßengüterverkehrsunternehmen rechnen 72,3 % bei einer Erweiterung bestehender Margengrenzen mit einer Verschlechterung ihrer Wettbewerbssituation. 48 Bei den Großunternehmen mit 11 und mehr Genehmigungen waren dies sogar 92,9 %.

1 0 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

unverbindlichen Preisempfehlungen auf kleine Straßengüterfernverkehrsunternehmen in eine überwiegend skeptische Beurteilung. Dies mag auch damit zusammenhängen, daß es sich bei dieser Maßnahme um einen Vorschlag handelt, der von der Verladerseite in die Diskussion eingebracht wurde, was den größeren Fernverkehrsunternehmen geläufiger sein dürfte. Sie erwarten deshalb vermutlich, daß die staatlichen Mindestpreise infolge des Einflusses der Verladervertreter weit unterhalb der gegenwärtigen Tarife festgesetzt würden.

Übersicht G 6:

Beurteilung einer völligen Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen des Straßenguterfernverkehrs

Nach Einschätzung befragter Straßengüterfernverkehrsunternehmen:

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-10 GenehmiGenehmigungen gungen

- würde eine völlige Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen die Wettbewerbssituation kleiner Fernverkehrsunternehmen (1-3 Genehmigungen): - erheblich verschlechtern -geringfügig verschlechtern - nicht verändern -geringfügig verbessern - erheblich verbessern

82,4 4,1 2,6 1,4 9,5

88,7 3,0 1,5 2,3 4,5

- würde eine völlige Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen die Wettbewerbssituation mittlerer Fernverkehrsunternehmen (4 -10 Genehmigungen): - erheblich verschlechtern -geringfügig verschlechtern - nicht verändern -geringfügig verbessern - erheblich verbessern

67,9 13,2 5,7 3,8 9,4

81,9 6,3 3,2 3,9 4,7

Die Beurteilung der Auswirkungen der angesprochenen Maßnahmen auf die Wettbewerbssituation mittlerer Straßengüterfernverkehrsunternehmen durch Unternehmen verschiedener

1.1 Mittclst&ndische

Güterkraftverkehrsunternehmen

Größenklassen weicht von den aufgezeigten Ergebnissen im Bereich der Kleinunternehmen nur unwesentlich ab. Allerdings hegen - wie vorher schon für den Bereich der Kleinunternehmen zu erwarten gewesen wäre - in diesem Fall die direkt Betroffenen tatsächlich die vergleichsweise größten Befürchtungen im Hinblick auf eine Verschlechterung ihrer Wettbewerbssituation bei Eingriffen in das bestehende "Preiskartell". So rechnen 88,2 % der direkt betroffenen Unternehmen mit 4 - 1 0 Genehmigungen bei einer völligen Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen mit einer Verschlechterung ihrer Wettbewerbssituation 49 , während diese Quote bei Kleinunternehmen nur 81,1 % beträgt. Eine Erweiterung bestehender Margengrenzen wird auch hier abgelehnt, denn 72,3 % der Betroffenen erwarten eine Verschlechterung, während nur 11,9 % eine Verbesserung für möglich erachten. Kaum abweichende Ergebnisse resultieren aus der Befragung im Güternahverkehrsbereich, was aufgrund der unterschiedlichen Regulierungsintensität keineswegs naheliegen muß. Die vorhandenen geringfügigen Unterschiede bestehen etwa darin, daß eine Erweiterung bestehender Margengrenzen in ihrer Wirkung auf die Wettbewerbssituation mittelständischer Straßengüternahverkehrsunternehmen negativer beurteilt wird als im Straßengüterfernverkehr, während einer freien Preisbildung in ausgewählten Bereichen vergleichsweise weniger kritisch begegnet w i r d 5 0 . Damit kommt es im Straßengüternahverkehr tendenziell zu einer Annäherung in der Beurteilung dieser beiden Maßnahmen, was damit in Zusammenhang stehen dürfte, daß aufgrund des Ausmaßes der GNT-Marge und der sonstigen Ausgestaltung des Güternahverkehrstarifes Bereiche, in denen bereits jetzt eine freie Preisbildung stattfindet, ein stärkeres Gewicht als im Straßengüterfernverkehr haben.

49 Vgl. Übersicht G 6. 50 Vgl. Übersicht G 7.

131

1 2 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen Übersicht G 7:

Beurteilung einer völligen Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen des StraßengOternahverkehrs

Nach Einschätzung befragter StraßengüternahVerkehrsunternehmen:

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-10 LastkraftLastkraftfahrzeugen fahrzeugen

- würde eine völlige Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen die Wettbewerbssituation kleiner Nahverkehrsunternehmen (1 - 3 Lastkraftfahrzeuge): - erheblich verschlechtern -geringfügig verschlechtern - nicht verändern -geringfügig verbessern - erheblich verbessern

78,9 5,3 2,6 5,3 7,9

75,3 5,5 1,4 4,1 13,7

- würde eine völlige Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen die Wettbeweibssituation mittlerer Nahverkehrsunternehmen (4 -10 Lastkraftfahrzeuge): - erheblich verschlechtern -geringfügig verschlechtern - nicht verändern -geringfügig verbessern - erheblich verbessern

55,9 17,6 3,0 17,6 5,9

78,3 4,3 3,0 4,3 10,1

D i e E i n f ü h r u n g staatlicher Mindestpreise u n d unverbindlicher Gewerbeempfehlungen oberhalb dieser Mindestpreise w i r d zumindest nach Einschätzung der d i r e k t betroffenen U n t e r n e h m e n i m Straßengüternahverkehr durchaus positiv beurt e i l t 5 1 , was sicherlich ebenfalls m i t d e m vergleichsweise intensiveren Preiswettbewerb i n diesem Verkehrszweig i n Z u s a m m e n hang steht. A l s wichtigstes Ergebnis hinsichtlich der A u s w i r k u n g e n verschiedener M a ß n a h m e n i m Bereich der Preisbildung auf die

51 So erwarten 42,9 % der kleinen und 54,1 % der mittleren Straßengüternahverkehrsunternehmen bei Durchführung dieser Maßnahme eine Verbesserung der Wettbewerbssituation von Unternehmen ihrer Größenklasse.

LI Mittclst&ndische

Gûtcrkraftvcikchisuntcrnehmcn

Wettbewerbssituation mittelständischer Güterkraftverkehrsunternehmen ist somit festzuhalten, daß die Mehrzahl der befragten Unternehmen von einer schnelleren Anpassung des RKT/GNT an die Marktgegebenheiten eine Verbesserung erwartet. Gleichzeitig werden jedoch Maßnahmen, wie eine Erweiterung von Margengrenzen oder gar die völlige Preisfreigabe, durch die marktrelevante Faktoren am besten zu berücksichtigen wären, überwiegend ablehnend beurteilt. Es besteht somit ein gewisser Widerspruch. M a n ist nicht bereit, einzelwirtschaftlich positive Auswirkungen des verminderten Preiswettbewerbs aufzugeben, obgleich man aufgrund der bestehenden Tarifbindung nicht immer die Möglichkeit hat, den potentiellen und effektiven Nachfragern nach Transportleistungen des Güterkraftverkehrsgewerbes adäquate Angebote zu unterbreiten. I n Gesprächen mit Güterkraftverkehrsunternehmern wird dabei zumeist argumentiert, daß die Einschränkung des Preiswettbewerbs eine Notwendigkeit zur Erhaltung eines funktionsfähigen Wettbewerbs darstelle, da anderenfalls ein übersteigerter Wettbewerb zu "ruinösen" Tendenzen führe 5 2 . V o n Verbandsvertretern werden zwar gerade in jüngerer Zeit Mängel des bestehenden RKT bestätigt. So behindere der RKT beispielsweise die Übernahme von Werkverkehr. A u c h seien die Tarife, gemessen an den betriebswirtschaftlichen Verhältnissen der einzelnen Unternehmer, in verschiedenen Entfernungen überhöht und in anderen zu niedrig, was bedeutet, daß die Preisrelationen für verschiedene Entfernungen verzerrt sind. Diese Mängel sollen jedoch nicht durch eine freiere Preisbildung abgestellt werden, sondern durch einen neuen, eigenständigen "Deutschen Güterkraftverkehrstarif 1 (DGT). "Angestrebt wird mit Hilfe des DGT, die Marktposition des gewerblichen Güterkraftverkehrs zu verbessern und auszubauen, seine mittelständische Struktur zu stärken und ruinösen Wettbewerb zu

52 Auf dieses Problem wurde bereits im Kap. II. 1.1.2.2 eingegangen.

133

1

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

verhindern sowie mehr Möglichkeiten für die Übernahme von Werkverkehr-Transporten zu schaffen" 53 . Ohne den neuen Tarif im einzelnen zu beurteilen, ist dazu festzustellen, daß auf diese Weise sicherlich eine größere Marktnähe erreicht werden kann. Gleichzeitig hat ein obligatorischer Tarif mit einer staatlichen Bindimg jedoch nur dann eine Funktion, wenn durch ihn auch weiterhin in einer bestimmten Anzahl von Fällen Eingriffe in die unternehmerische Dispositionsfreiheit vorgenommen werden. "Zu viele Ausnahmen (von den Regeltarifen, d. Verf.) würden nach Ansicht des BDF die Gefahr mit sich bringen, die Wirksamkeit des gesamten Tarifwerks zu gefährden" 54 . Es handelt sich somit um ein typisches Problem eines Preiskartells, denn während einerseits der Preiswettbewerb durch die Vorgabe von Tarifen gemindert wird, werden andererseits in speziellen Entscheidungssituationen die Wettbewerbschancen der Unternehmen im intermodalen Bereich geschwächt. Gleichzeitig hängt die Wettbewerbsfähigkeit im intramodalen Bereich davon ab, inwieweit es den einzelnen Güterkraftverkehrsunternehmen gelingt, sich möglichst große Aktionsspielräume im Parallelprozeß mit Konkurrenten zu bewahren 55 . Dieser Zusammenhang wird auch deutlich, wenn man die Einschätzung der Befragten zur "Lage kleiner und mittlerer Güterkraftverkehrsunternehmen in der Zukunft" bei unterschiedlicher Gestaltung der Marktordnung analysiert. Es bietet sich - zunächst für den Bereich des Straßengüterfernverkehrs -

53 o.V., Wetterleuchten an der Tarif-Front, Güterfernverkehrsgewerbe stellt DGT zur Diskussion, in: Fischers Tarif-Nachrichten, 45. Jg. (1986), Heft 4, S. 6. Der gleiche Zusammenhang wurde auch in Gesprächen über die Erteilung von Einzelfahrtgenehmigungen nach § 19 a GüKG deutlich. Während einzelne Unternehmen massive Forderungen nach einer verstärkten Erteilung derartiger Genehmigungen stellen, wird eine Ausdehnung der Genehmigungsvergabe in diesem Bereich von Verbandsvertretern, die die Gesamtheit aller Unternehmen zu vertreten haben und somit an einer Verminderung des Wettbewerbsdrucks insgesamt interessiert sind, sehr zurückhaltend beurteilt. 54 Ebenda, S. 6. 55 Darauf wird insbesondere unter mittelstandspolitischen Gesichtspunkten noch näher einzugehen sein, vgl. Kap. II. 1.1.3.3 dieser Studie.

Mittelständische

Gteraftverkehrsunternehmen

an, die Einschätzung der Lage bei Beibehaltung von Tarifordnung und Kontingentregelung in der bestehenden Form quasi als Referenzsituation zu interpretieren. Eine Veränderung der Marktordnung in dem Sinne, daß die Tarifordnung und die Kontingentregelung den veränderten Markterfordernissen angepaßt werden - im Fragebogen wurde hier als Beispiel eine Veränderung der Struktur des RKT aufgeführt - findet dann keine einheitliche Beurteilung. So sinkt beispielsweise bei den direkt betroffenen Kleinunternehmen ( 1 - 3 Genehmigungen) der Anteil deijenigen Unternehmen, die bei dieser Gestaltung eine Verbesserung ihrer Lage erwarten von 34,6 % auf 32,4 %. Bei den direkt betroffenen Unternehmen mit 4 - 10 Genehmigungen steigt dagegen dieser Anteil von 22,0 % auf 43,7 %. Gleichzeitig steigt jedoch auch der Anteil von Unternehmen, die von einer Anpassung der Tarifordnung und Kontingentregelung an veränderte Markterfordernisse eine Verschlechterung ihrer Lage erwarten, und zwar bei den Kleinunternehmen von 11,1 % auf 35,1 % und bei den mittleren Unternehmen von 8,7 % auf 32,6 %. Die Einschätzung der Lage dieser Unternehmen durch Unternehmen anderer Größenklassen stimmen dabei in der Tendenz mit der Einschätzung der direkt Betroffenen überein. Die Befragung nach dieser Gestaltungsmaßnahme, die vor dem Hintergrund der Arbeiten an dem neuen Tarifwerk (DGT) auf Anregung des BDF in den Fragebogen aufgenommen wurde, bestätigt somit den aufgezeigten Zusammenhang, daß durch die Vorgabe von Tarifen der Preiswettbewerb gemindert wird, gleichzeitig aber auch die Wettbewerbschancen der Unternehmen geschwächt werden. Eine verstärkte Berücksichtigung marktwirtschaftlicher Elemente würde deshalb insbesondere bei sehr leistungsfähigen Unternehmen mit einer Verbesserung der Wettbewerbschancen einhergehen, während weniger leistungsfähige Unternehmen die verschärften intramodalen Konkurrenzbeziehungen zu fürchten hätten. Z u berücksichtigen ist weiterhin, daß das bestehende "PreiskartelT mit staatlichem Schutz vor potentiellen Wettbewerbern z.Zt. gerade auch an sich sehr leistungsfähigen Unternehmen Kartellrenten garantiert. Je stärker die alternativen Gestal-

1

1

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

tungsmöglichkeiten der Marktordnung an marktwirtschaftlichen Elementen orientiert sind, um so eher wird von den befragten Unternehmen deshalb konsequenterweise von einer Verschlechterung der Lage in der Zukunft ausgegangen, da in diesen Fällen insbesondere der Newcomerwettbewerb eine immer stärkere Rolle spielen und die momentane Verminderung des Preiswettbewerbs beseitigen dürfte. So hegt der Anteil derjenigen Straßengüterferaverkehrsunternehmen, die von einer Aufhebung der Tarifordnung und Kontingentregelung in bestimmten Bereichen eine Verschlechterung der Wettbewerbssituation mittelständischer Unternehmen erwarten, in den einzelnen Größenklassen bereits zwischen 73,5 % und 84,5 %, während eine Verbesserung lediglich noch von 8,5 % bis 23,1 % der befragten Unternehmen erwartet wird. Als Beispiel wurde im Fragebogen die freie Preisbildung beim Abschluß von Dauerbeschäftigungsverträgen und die Freistellung der Fahrzeuge bis 4 1 von der Kontingentierung genannt. Eine langfristig völlige Aufhebung der Tarifordnung und Kontingentierung würde dagegen sogar nach 89,9 % bis 95,7 % der Antworten zu einer Verschlechterung der Lage mittelständischer Straßengüterfernverkehrsunternehmen führen, eine Verbesserung halten lediglich 4,3 % bis 7,7 % der Unternehmen in den einzelnen Größenklassen für möglich. Die vorstehenden Angaben stimmen mit den Ergebnissen im Straßengüternahverkehr in der Tendenz überein. Die einzelnen marktwirtschaftlich orientierten Gestaltungsmaßnahmen werden allerdings im Nahverkehr geringfügig weniger ablehnend beurteilt, was in der ohnehin stärkeren Intensität des Preiswettbewerbs in diesem Bereich begründet sein dürfte. So erwarten immerhin noch 31,6 % der direkt betroffenen Kleinunternehmen mit 1 - 3 Lastkraftwagen νομ einer Aufhebung der Tarifregulierung in bestimmten Bereichen - etwa beim Abschluß von Dauerbeschäftigungsverträgen - eine Verbesserung ihrer Lage. Insgesamt wird auch hier ersichtlich, daß von einem Teil der befragten Unternehmen eine verstärkte Anwendung marktwirtschaftlicher Grundsätze als eine Verbesserung ihrer Wettbewerbschancen begriffen wird, daß jedoch andererseits strengere Marktzugangsbedingungen begrüßt würden, um eine Vermin-

Mittelständisc

Gteraftverkehrsunternehmen

derung der Wettbewerbsintensität herbeizufuhren. Als Beispiel für strengere Marktzugangsbedingungen wurde im Fragebogen - auf Vorschlag des BDN - auf strengere Voraussetzungen fur die Erlaubniserteilung abgestellt. Sehr deutlich zeigt sich dieser Gegensatz in der Einschätzung möglicher Chancen einer verstärkten Einfuhrung marktwirtschaftlicher Elemente und dem Wettbewerbsschutz durch staatliche Regulierungseingriffe auch in den vorgeschlagenen Maßnahmen, bei deren Durchführung die befragten Unternehmen aus ihrer einzelwirtschaftlichen Sicht eine Verbesserung der Wettbewerbssituation mittelständischer Güterkraftverkehrsunternehmen erwarten. Die am häufigsten von Unternehmen des gewerblichen Güterkraftverkehrs vorgeschlagenen Maßnahmen geordnet nach ihrer Eingriffsintensität waren 5 6 : - Abschaffung des Werkverkehrs. - Beschränkungen für Auslander. - Verbot/Beschränkung des Fuhrmannshandels. - Bindung der Konzession an jeweils nur ein Fahrzeug. - Einschränkung der Teilladungen. - Gesonderte Maßnahmen für Unternehmen bis 10 Genehmigungen (Einzelfahrtgenehmigungen nur für diese Unternehmen, Preisfreigabe nur für diese Unternehmen). - Mittelstandsfreundliche Steuerpolitik, Unterstützung bei der Finanzierung und Eigenkapitalbildung. - Verbesserung der kaufmännischen Ausbildung der Unternehmer. - Flexiblere Arbeitszeiten. - Kooperation von Güterkraftverkehrsunternehmen. - Ausdehnimg der Bezirksgüterfernverkehrszone auf 200 km.

56 Die Formulierungen entsprechen den Antworten in den ausgefüllten Fragebogen und wurden lediglich zweckmäßig zusammengefaßt.

17

1

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erbungen

- Umstrukturierung des RKT durch Senkung der Tarife in der Klasse A / B auf F, so daß ein Großteil des Werkverkehrs entfällt. - Ausgabe von Güterfernverkehrskonzessionen für Güternahverkehrsunternehmen. - Generelle Freigabe der Preisbindung.

1.1.3.3 Benachteiligung mittelständischer Güterkraftverkehrsunternehmen aufgrund unterschiedlicher Ausweichmöglichkeiten auf staatliche Regulierungsmaßnahmen Zwar führt die staatliche Preisbindung zu einer Minderung der Intensität des Preiswettbewerbs, dies gilt jedoch sowohl für mittelständische Unternehmen als auch für Großunternehmen. Zur endgültigen Beurteilung der Auswirkungen staatlicher Preisbindung auf mittelständische Unternehmen ist es deshalb im folgenden notwendig, die empirischen Ergebnisse, die eine Aussage über die Einschätzung der wettbewerblichen Handlungsalternativen mittelständischer Güterkraftverkehrsunternehmen im Parallelprozeß mit großen Güterkraftverkehrsunternehmen erlauben, genauer zu untersuchen. Insbesondere interessiert, ob Großunternehmen eher in der Lage sind, durch Anpassung ihrer unternehmerischen Handlungen an die bestehenden staatlichen Regulierungseingriffe Vorteile aus der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" zu erzielen als mittelständische Unternehmen. Die Befragung ergab, daß die Mehrzahl der Unternehmen Margentarife nach bisherigem Muster insbesondere für mittelständische Güterkraftverkehrsunternehmer für geeigneter erachtet als ein freies Preisbildungssystem, sei es aus Gründen der vereinfachten Kalkulation, sei es aus Gründen der verminderten Intensität des Preiswettbewerbs. Möglichkeiten zur freien Preisvereinbarung werden dagegen als vorteilhaft für große Güterkraftverkehrsunternehmen oder für große Verlader und Speditionen angesehen.

1.1 Mittelständische

Gteraftverkehrsunternehmen

1

Die für den Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen in Übersicht G 8 zusammengestellte Einschätzung einer Begünstigung oder Benachteiligung durch die staatliche Tarifbindung im Straßengüterfernverkehr zeigt, daß sich 36,5 % der Kleinunternehmen und 41,9 % der mittleren Unternehmen durch den RKT begünstigt fühlen. Dies ist allerdings auch bei 39,7 % der Großunternehmen der Fall. 34,1 % der Kleinunternehmen, 17,6 % der mittleren und 19,2 % der großen Straßengüterfernverkehrsunternehmen rechnen dagegen mit einer Benachteiligung.

Übersicht G 8:

Einschätzung der Wirkung des RKT auf kleine, mittlere und große Straßengüterfernverkehrsunternehmen

Nach Einschätzung befragter Straßengüterfernverkehrsunternehmen wirkt der RKT auf:

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-10 GenehmiGenehmigungen gungen

- kleine Fernverkehrsunternehmen (1-3 Genehmigungen): • begünstigend - benachteiligend

36,5 34,1

37,5 28,7

- mittlere Fernverkehrsunternehmen (4 -10 Genehmigungen): - begünstigend - benachteiligend

22,4 7,1

41,9 17,6

- große Fernverkehrsunternehmen (11 und mehr Genehmigungen): • begünstigend - benachteiligend

29,4 7,1

39,0 5,9

1 0 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Ein anderes Ergebnis liegt im Bereich des Straßengüternahverkehrs vor. Denn hier überwiegt lediglich im Bereich der Großunternehmen der Anteil derjenigen, die von einer begünstigenden Wirkimg des GNT ausgehen. 40,9 % der Kleinunternehmen und 29,5 % der mittleren Unternehmen halten dagegen - wie aus Übersicht G 9 hervorgeht - benachteiligende Wirkungen für gegeben.

Übersicht G 9:

Einschätzung der Wirkung des GNT auf kleine, mittlere und große Straßengüternahverkehrsunternehmen

Nach Einschätzung befragter Straßengüternahverkehrsunternehmen wirkt der GNT auf:

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-10 LastkraftLastkraftfahrzeugen fahrzeugen

- kleine Nahverkehrsunternehmen (1 - 3 Lastkraftfahrzeuge): - begünstigend - benachteiligend

13,6 40,9

23,1 32,1

- mittlere Nahverkehrsunternehmen (4 -10 Lastkraftfahrzeuge): - begünstigend - benachteiligend

13,6 11,4

20,5 29,5

34,1

20,5 16,7

- große Nahverkehrsunternehmen (11 und mehr Lastkraftfahrzeuge): - begünstigend - benachteiligend

6,8

Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, daß die möglichen negativen Auswirkungen staatlicher Preisbindung im Parallelprozeß im Nahverkehr negativer zu beurteilen sind. Denn hier ist aufgrund der fehlenden Kontingentierung mit einer insgesamt höheren Wettbewerbsintensität zu rechnen; Vorteile eines monopolistisch ausgehandelten Preises werden dann möglicherweise durch Nachteile überkompensiert, die aus der gleichzeitigen Bindung dieses für kleinere Unternehmen besonders bedeutsamen Aktionsparameters resultieren. I m Straßengüter-

1.1 Mittelständische

Gteraftverkehrsunternehmen

fernverkehr wird dagegen der RKT aufgrund seines Kartellpreischarakters und dem staatlichen Schutz vor Außenseiterund Newcomerwettbewerb als sehr positiv für die einzelwirtschaftliche Situation der Unternehmen beurteilt. Das Zusammenwirken von Begünstigungen und Benachteiligungen durch die staatliche Preisbindung wird verdeutlicht, wenn man die beiden möglichen Wirkungen der staatlichen Preisbindung - tendenziell hohe, nicht marktgerechte Preise 57 und mögliche Eingriffe in die unternehmerische Dispositionsfreiheit aufgrund nicht marktgerechter Tarife - zu trennen versucht. U m die Beurteilung der Marktgerechtigkeit der Tarife durch die betroffenen Güterkraftverkehrsunternehmen einzufangen, wurden im Fragebogen verschiedene mit "ja" oder "nein" zu beantwortende Thesen zugrunde gelegt. Für den Bereich des Straßengüterfernverkehrs^ ergaben sich folgende Erkenntnisse: Die Meinung, daß die Tarife in bezug auf Kostenschwankungen (z.B. Dieselpreise) nicht marktgerecht sind, weil Tarifänderungen zu pauschal erfolgen, vertreten zwischen 50,4 % und 58,8 % der mit "ja" oder "nein" antwortenden Straßengüterfernverkehrsunternehmen in den einzelnen Größenklassen. Zwischen 41,0 % und 53,4 % sind der Meinung, daß kurzfristige (z.B. jahreszeitlich nachfragebedingte) Veränderungen am Transportmarkt nicht ausreichend berücksichtigt werden. Darüber hinaus werden nach den Erkenntnissen von 40,6 % bis 48,4 % der antwortenden Unternehmen einzelner Größenklassen auch mittelfristige (z.B. strukturell bedingte) Veränderun57 Vgl. dazu im einzelnen auch Kap. II. 1.2.2.2. 58 Für den Bereich des Straßengüternahverkehrs ergibt sich - im Vergleich zum RKT - eine weniger kritische Beurteilung des GNT, denn immerhin sind zwischen 62,8 % und 70,0 % der antwortenden Güternahverkehrsunternehmen der Meinung, daß Veränderungen am Transportmarkt ausreichend berücksichtigt werden, daß es dabei lediglich aufgrund notwendiger Informations- und Abstimmungsprozesse zu verzögerten Reaktionen kommt. Diese vergleichsweise geringere Kritik resultiert aus der fehlenden Kontingentierung im Nahverkehr und der damit verbundenen erhöhten Wettbewerbsintensität sowie aus der in bezug auf die Verladerseite unterschiedlichen Besetzung von TKN und TKF, die im Bereich des Nahverkehrs zu einer stärkeren Berücksichtigung der Angebots- und Nachfrageveränderungen in der Tarifbildung führen dürfte.

14

1 2 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

gen am Transportmarkt nicht ausreichend beachtet. Zwar sind gleichzeitig zwischen 42,2 und 55,3 % der antwortenden Unternehmen der Meinung, daß Veränderungen am Transportmarkt in der Tarifbildung ausreichend berücksichtigt werden, allerdings gehen diese Unternehmen davon aus, daß es dabei aufgrund der notwendigen Informations- und Abstimmungsprozesse zu verzögerten Reaktionen kommt. Positiv - auch im Hinblick auf die Reaktionszeit zur Berücksichtigung von Veränderungen am Transportmarkt - wird die Tarifbildung nur von 18,2 bis 20,0 % der antwortenden Unternehmen einzelner Größenklassen beurteilt. Diese herbe Kritik an der Marktgerechtigkeit der Tarife im Straßengüterfernverkehr stellt unter sachlogischen Gesichtspunkten keine Überraschung dar. Denn das Treiskartell" in Form eines staatlich administrierten Tarifsystems hat nur dann eine für die Straßengüterfernverkehrsunternehmen begünstigende Funktion, wenn die Intensität des Preiswettbewerbs im Parallelprozeß und/oder im Austauschprozeß vermindert wird. Diese Verminderung ist jedoch nur dann zu erreichen, wenn sich die Tarife von den Preisen entfernen, die sich am Markt frei herausbilden würden. Gleichzeitig werden durch die Preisbindung jedoch mittelständische Unternehmen in ihren Preissetzungsmöglichkeiten eingeschränkt.

1.1 Mittelständische

Übersicht G10:

Gteraftverkehrsunternehmen

Beurteilung der Auswirkungen aggressiverer Verkaufsbemühungen auf die Wettbewerbssituation kleiner und mittlerer Straßengüterfernverkehrsunternehmen

Nach dem Urteil befragter Straßengüterfernverkehrsunternehmen:

Unternehmen (in v.H.) mit: 4-10 1-3 GenehmiGenehmigungen gungen

würden aggressivere Verkaufsbemühungen die Wettbewerbssituation von Unternehmen ihrer Größenklasse: - erheblich verschlechtern - geringfügig verschlechtern - nicht verändern - geringfügig verbessern - erheblich verbessern:

1,6

4,7 35,9 48,4 9,4

3,4 4,2 27.2 44,9 20.3

Analysiert man etwa die in Übersicht G 10 zusammengefaßten Ergebnisse über die Beurteilung der Auswirkungen aggressiverer Verkaufsbemühungen (beispielsweise unterstützt durch den Einsatz neuer Medien) auf die Wettbewerbssituation mittelständischer Straßengüterfernverkehrsunternehmen, so zeigt sich, daß die Mehrheit der befragten kleinen und mittleren Unternehmen von einer derartigen Maßnahme positive Effekte erwarten. 59 M i t einer Verschlechterung bei Durchführung dieser Maßnahme rechnen lediglich 6,3 % der direkt betroffenen Kleinunternehmen und 7,6 % der mittleren Unternehmen. Wie sollen diese aggressiven Verkaufsbemühungen jedoch aussehen, wenn die mittelständischen Unternehmen durch staatliche 59 Auch andere im Fragebogen genannte Maßnahmen im unternehmens-organisatorischen Bereich können unter dem Vorzeichen der staatlichen Reglementierung beurteilt werden. So erwarten die Unternehmen auch eine positive Auswirkung auf ihre Wettbewerbssituation durch verbesserte Zugangsmöglichkeiten zu modernen Transporttechniken (Huckepack, Kombiverkehr etc.). Die bestehenden Zugangsmöglichkeiten sind dabei wiederum durch die Kontingentierung eingeschränkt. Beispiele für solche Einschränkungen bilden die "Konzessionshinterlegung* oder die beschränkten Wachstumsmöglichkeiten, die auch in diesem Bereich für mittelständische Unternehmen nur eine bedingte Optimierbarkeit der Routenplanung ermöglichen.

14

1

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Preisbindung vielfach ihres wichtigsten Wettbewerbsparameters beraubt werden 60 ? Schon eher aussichtsreich wären derartige absatzpolitische Maßnahmen dann, wenn den mittelständischen Güterkraftverkehrsunternehmen die Durchsetzung ihrer Interessen in den Tarifkommissionen gelingen würde.

Übersicht G11:

Beurteilung der Interessenvertretung mittelstftndlscher Straßengüterfernverkehrsunternehmen in der Tarifkommission für den Güterfernverkehr (TKF)

Nach Beurteilung befragter Straßengüterfernverkehrsuntemehmen sind in der TKF:

Unternehmen (in v. H.) mit: 1-3 4-10 GenehmiGenehmigungen gungen

- die Interessen kleiner Fernverkehrsunternehmen (1 · 3 Genehmigungen): - unterrepräsentiert - überrepräsentiert

59,5 3,6

61,0

- die Interessen mittlerer Fernverkehrsunternehmen (4 · 10 Genehmigungen): - unterrepräsentiert - überrepräsentiert

15,5 3,6

61,8

0,7

0,7

Aus Übersicht G 11 geht jedoch hervor, daß nach Einschätzung direkt Betroffener in der TKF insbesondere kleine und mittlere Straßengüterfernverkehrsunternehmen unterrepräsentiert sind. Beachtenswert ist, daß diese Einschätzung auch von

60 Man stelle sich die möglichen Btx-Angebote eines großen Transportunternehmens mit angeschlossener Spedition vor, mit möglichen Hinweisen auf regelmäßige Bedienung, Spezialfahrzeuge, Nebenleistungen etc. Unabdingbare Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen insbesondere im Hinblick auf das zur Erreichung der optimalen Betriebsgröße notwendige Wachstum ist deshalb die Möglichkeit, durch alternative Preisangebote nicht nur zu reagieren, sondern auch offensiv am Markt agieren zu können.

LI Mittelstäadischc

Gütcrkraftverkehrsuntcrnchmcn 145

einer Vielzahl von Großunternehmen geteilt wurde 6 1 . Gleichzeitig sind 24,7 % der großen Straßengüterfernverkehrsunternehmen der Meinung, daß ihre eigene Gruppe bei der Tarifbildung in der TKF überrepräsentiert ist. Besonders interessante Aufschlüsse erlaubt auch die Einschätzung der Interessenvertretung anderer Gruppen in der TKF durch Unternehmen des gewerblichen Straßengüterfernverkehrs. So hält etwa ein Großteil der befragten Unternehmen in den einzelnen Größenklassen (50,0 % - 68,4 %) die Interessen großer Verlader für überrepräsentiert, während die mittelständischen Verlader häufig als unterrepräsentiert gelten. Zudem besitzen die Deutsche Bundesbahn und große Speditionen nach Meinung der Befragten ein zu starkes Gewicht bei der Tarifbildung. Bei diesen Aussagen ist jedoch zu berücksichtigen, daß im Straßengüterfernverkehr die Verladerseite ihre Interessen bei der Tarifbildung lediglich mit Hilfe eines beratenden Ausschusses einbringen kann . Die TKF kann jedoch trotz ihrer kartellartigen Stellung bei ihren Tarifbeschlüssen nicht losgelöst von der vorhegenden Marktstruktur agieren. Sie muß vielmehr insbesondere die Konkurrenzbeziehungen zu anderen Verkehrsträgern und hier insbesondere zum Werkverkehr beachten. Formulierungen wie "die notwendige Darlegung eines berechtigten Interesses an der Tariffestsetzimg" im Rahmen der Prüfung der Antragsberechtigung 63 etc. sind dabei wenig aussagekräftig, denn im Prinzip hat jeder Unternehmer - beim Fehlen staatlicher Zulassungsvoraussetzungen auch der potentielle Unternehmer - in dem Sinne ein "berechtigtes Interesse" an der Tariffestsetzung, daß er den Einsatz des Wettbewerbsparame-

61 42,5 % (35,6 %) der Großunternehmen mit 11 und mehr Genehmigungen sind der Meinung, daß bei der Tarifbildung in der TKF die Interessen der Kleinunternehmen (mittleren Unternehmen) unterrepräsentiert sind. 62 Vgl. Kap. 1.3.2.2.2. 63 Vgl. Kap. 1.3.2.1.2 und 1.3.2.2.2.

146 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

ters Transportpreis 64 plant, um Vorteile für sein Unternehmen zu erzielen. Ähnliches gilt für den Abstimmungsprozeß innerhalb der TKF. Hier geht es nämlich nicht darum, die Entscheidung eines einzelnen Unternehmers auf ihre betriebswirtschaftliche Fundierung zu überprüfen 65 , sondern die Tarifkommission muß unter Beachtung der gesetzlichen Rahmenbedingungen eine Abwägimg zwischen der gewünschten Verminderung des Preiswettbewerbs durch die Tarifbindung und der notwendigen Berücksichtigung der bestehenden Konkurrenzbeziehungen zur Nachfrageseite und zu anderen Verkehrsträgern vornehmen. Dies führt dann jedoch zu einer Benachteiligung mittelständischer Unternehmen sowohl auf der Angebotsseite als auch auf der Nachfrageseite, da diese Unternehmen nicht in ausreichendem Maße in der Lage sind, ihre (vergleichsweise unbedeutenden) Interessen 66 innerhalb der TKF und des beratenden Ausschusses und - was besonders wichtig erscheint - im Rahmen der politischen Diskussion in der Fachpresse, den Ministerien etc. zu artikulieren. Die Benachteiligung mittelständischer Fernverkehrsunternehmen muß jedoch nicht unbedingt aus der Bindung des für Großunternehmen weniger wichtigen Wettbewerbsparameters Preis durch einen Regeltarif resultieren. So wurde bereits darauf hingewiesen 67 , daß der BDF auch bei seinem neuen Tarifwerk "zu viele Ausnahmen" von den Regeltarifen vermeiden will, um die Wirksamkeit des gesamten Tarifsystems nicht zu gefährden. Dies bedeutet aber, daß Ausnahmetarife insbesondere in den Bereichen beschlossen werden, in denen große 64 Dabei kann es sich um eine geplante Preiserhöhung oder um eine geplante Preissenkung handeln. 65 Dies wäre allenfalls dann der Fall, wenn man kaufmännisch inkompetente Unternehmer unterstellt. 66 Auf der Angebotsseite könnten solche Interessen für mittelständische Unternehmen z.B. darin bestehen, daß durch Einführung flexibler Preisgestaltungsmöglichkeiten die Wettbewerbschancen gegenüber Großunternehmen, die über Wettbewerbsvorteile außerhalb des preispolitischen Bereiches verfügen, verbessert werden. 67 Vgl. S. 135 dieser Studie.

1.1 Mittelständische

Giiteikraftverkehrsunternehmen

Transportmengen in Konkurrenz zu anderen Verkehrsträgern zu befördern sind. Große Transportmengen werden jedoch, da die Verlader mit einer begrenzten Anzahl von Verkehrsunternehmen arbeiten wollen, insbesondere von großen Straßengüterfernverkehrsunternehmen bzw. Speditionen abgewickelt. Diese setzen allenfalls ihrerseits kleinere Unternehmen als Subunternehmer in den Fällen ein, in denen ihre eigenen Fahrzeuge beschäftigt sind oder die Transporte für sie selbst unrentabel erscheinen. Zwar könnte eingewendet werden, daß Ausnahmetarife nur im Bereich größerer Transportmengen zu rechtfertigen seien, weil diese häufig auch mit sinkenden Durchschnittskosten verbunden sind. Dabei würde jedoch übersehen, daß die Durchschnittskosten pro Leistungseinheit von der speziellen Leistungsfähigkeit einzelner Unternehmen bzw. von deren Kostenfunktion sowie von den speziellen Nachfragebedingungen abhängen und nicht nur von der gesamten zu befördernden Menge. Hierzu ein praktisches Beispiel: Der A T 103 für Mineralwasser und Limonaden ist ca. 4,5 % teurer als der A T 101 für dieselben Güter. Während der A T 103 von allen Orten nach allen Orten auf Entfernungen bis 700 km anwendbar ist, erstreckt sich der örtliche Geltungsbereich des A T 101 lediglich auf Transporte von Bad Neuenahr, Bad LJberkingen und Gerolstein nach allen Orten auf Entfernungen bis 1000 km bzw. auf Transporte von allen Orten nach Bad Neuenahr, Bad Überkingen und Gerolstein auf Entfernungen bis 1000 km. In der praktischen Anwendung kommt es nun vor, daß Großunternehmen, die von einem Verlader nur zu Spitzenzeiten eingesetzt werden, in denen der Werkverkehr dieses Verladers das Transportaufkommen nicht mehr vollständig bewältigen kann, den A T 101 anwenden, während mittelständische Unternehmen, die von anderen Verladern regelmäßig beschäftigt werden, aufgrund des begrenzten Geltungsbereiches des A T 101 den A T 103 anwenden müssen, obwohl sie bereit wären, durch ermäßigte Preise die Geschäftsbeziehungen mit diesen Verladern dauerhaft zu sichern und sich sogar durch verstärkten Preiswettbewerb um zusätzliche Aufträge bemühen würden. Mehrfache Versuche auf Ausdehnung des A T 101 sind fehlgeschlagen, weil die TKF

147

1

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

"zu vielen Ausnahmen" ablehnend gegenübersteht und Ausnahmetarife deshalb vielfach nur von Großunternehmen angewandt werden können. Entsprechend negativ fällt die Beurteilung der Ausnahmetarife durch die befragten Unternehmen aus, denn 40,0 % der Kleinunternehmen mit 1 - 3 Genehmigungen, 38,6 % der mittleren Unternehmen und sogar noch 36,9 % der Großunternehmen mit 11 und mehr Genehmigungen sind der Meinung, daß die Ausnahmetarife nicht flexibel genug auf die Marktverhältnisse kleiner und mittlerer Güterfernverkehrsunternehmen eingehen. Sofern diese Beurteüung begründet wurde, wurde im wesentlichen genannt 68 : - Dem Werkverkehr müßte durch flexible Tarife begegnet werden. - Konzessionen zur Erweiterung fehlen, weshalb keine Abrechnung zu Ausnahmetarifen möglich ist. - Es ist problematisch, die für einen A T notwendige Ladungsmenge zusammenzubekommen. - Tarifkommission hat keinen Kontakt zu kleinen und mittleren Unternehmen. - Ausnahmetarife für Spezialgebiete (Branche) fehlen. - Ausnahmetarife sollten auf weitere Bereiche ausgedehnt werden. - Beim AT spielt nur das Gewicht eine Rolle, nicht jedoch die Struktur der Güter (z.B. sperrig) oder der Ladezeiten. - Die Abwicklung über A T erfordert einen hohen Verwaltungsaufwand. - Tarifbildung zu bürokratisch, zeitliche Verzögerungen. Besondere Benachteiligungen mittelständischer Güterkraftverkehrsunternehmer gehen also auch von der langen Dauer

68 Die Formulierungen entsprechen den Antworten in den ausgefüllten Fragebogen und wurden lediglich zweckmäßig zusammengefaßt.

LI Mittclständischc

Gütcrkraftvcrkehrsuntcrnchmcn

149

des Tarifbildungsverfahrens 69 aus, und zwar insbesondere im Hinblick auf die wettbewerblichen Aktionen dieser Unternehmen im Verhältnis zu anderen Verkehrsträgern. Denn während beispielsweise die Deutsche Bundesbahn in jüngster Zeit sehr flexibel auf Marktveränderungen reagiert und notwendige Tarifanpassungen vornimmt 7 0 , ist das Tarifbildungsverfahren im Straßengüterfernverkehr das längste Verfahren überhaupt. Eine Verkürzung der Maximalzeiträume dürfte insbesondere Großunternehmen mit dem notwendigen tarifpolitischen Gewicht möglich sein. Die dargelegten Wirkungen gelten nicht nur für den Bereich des Straßengüterferaverkehrs, sondern auch für mittelständische Unternehmen des Straßengüternahverkehrsgewerbes.

69 Vgl. Kap. 1.3.2.2.2. 70 Es ist nicht Ziel dieser Arbeit, den in Gesprächen mit Unternehmern immer wieder aufgetretenen Vorwurf einer Wettbewerbsverzerrung zwischen der Deutschen Bundesbahn und den mittelständischen Güterkraftverkehrsunternehmen aufgrund einer über die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen hinausgehenden Subventionierung zu untersuchen. Entscheidend ist vielmehr, daß auch bei Beseitigung möglicher Verzerrungen die Dauer des Tarifbildungsverfahrens im Güterkraftverkehr mittelständische Unternehmer in ihrer Aktionsfreiheit beeinträchtigen und damit benachteiligen würde.

1 0 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Übersicht G12:

Beurteilung der Interessenvertretung mittel· ständischer Straßengüternahverkehrsunternehmen in der Tarifkommission des allgemeinen Güternahverkehrs (TKN)

Nach Beurteilung befragter Straßengüternahverkehrsunternehmen sind in der TKN: - die Interessen kleiner Nahverkehrsunternehmen (1 - 3 Lastkraftfahrzeuge): - unterrepräsentiert - überrepräsentiert - die Interessen mittlerer Nahverkehrsunternehmen (4 -10 Lastkraftfahrzeuge): - unterrepräsentiert - überrepräsentiert

Unternehmen (in v. H.) mit: 1-3 4-10 LastkraftLastkraftfahrzeugen fahrzeugen

67,4 7,0

53,2 2,5

23,3

39,2

So geht etwa aus Übersicht G 12 hervor, daß 67,4 % der betroffenen Kleinunternehmen und 39,2 % der mittleren Unternehmen nach ihrer Meinung in der TKN unterrepräsentiert sind. Auch hier gehen die benachteiligenden Wirkungen nicht etwa nur von den Regeltarifen aus. So ergab zwar die Befragimg zur Einschätzung der Wirkung von Landessondertarifen, daß weitgehend übereinstimmend die Mehrzahl der Unternehmen aller Größenklassen davon ausgeht, daß durch diese von Landesbehörden erlassenen Tarife der Abschluß von Transportverträgen vereinfacht wird, weil in der Regel der Tonnensatz als Rechnungsgröße zugrunde gelegt wird und somit nur eine Frachtsatzreihe pro Tarif besteht. In der Tendenz übereinstimmend sind die Unternehmen auch der Meinung, daß durch die Landessondertarife die besonderen Marktbedingungen einer bestimmten Region berücksichtigt werden können. Während jedoch große Straßengüternahverkehrsunternehmen davon ausgehen, daß bei diesen Tarifen die Berücksichtigung der Verhältnisse unterschiedlich großer Nahverkehrsunternehmen nur von geringer Bedeutung ist, fühlen sich mittelständi-

1.1 Mittelständische

Gteraftverkehsunternehmen

sehe Straßengüternahverkehrsunternehmen offensichtlich benachteiligt. Denn beispielsweise 47,6 % der Kleinunternehmen und 40,4 % der mittleren Unternehmen sind der Meinimg, daß die Berücksichtigung spezieller Verhältnisse von Großunternehmen bei dem Erlaß von Landessondertarifen von großer Bedeutung ist, während der Berücksichtigung besonderer Verhältnisse mittelständischer Unternehmen nur von 17,9 % der Kleinunternehmen und 15,8 % der mittleren Unternehmen große Bedeutung zugemessen wird. N u n wird es allerdings selbst den Großunternehmen des gewerblichen Güterkraftverkehrs nicht nur aufgrund zeitlicher Verzögerungen bei der Tarifbildung, sondern grundsätzlich nicht immer möglich sein, Transportpreise in der TKF/TKN durchzusetzen, die den Preisen entsprechen, die sich üblicherweise bei freier Preisbildung ergeben würden. Vielmehr werden sie sogar in all den Fällen auf entsprechende Anträge verzichten, in denen es ihnen gelingt - abgesehen von ohnehin vorhandenen Vorteilen im präferenzpolitischen Bereich -, sich eine vergleichsweise große Aktionsfreiheit am Markt auch i m Bereich der Preispolitik zu sichern. Denn für Großunternehmen ergeben sich Wettbewerbsvorteile i m Parallelprozeß mit mittelständischen Unternehmen in den Fällen, in denen die Großunternehmen die staatliche Preisbindung leichter umgehen können als ihre mittelständischen Konkurrenten. Aufgrund der juristischen Problematik solcher Fragestellungen konnte nicht direkt ermittelt werden, in welcher Weise bestehende Tarifregelungen umgangen werden. Es wurde deshalb auf die Einschätzung der Bedeutung verschiedener Möglichkeiten abgestellt, im Güterkraftverkehr trotz staatlicher Preisbindung "den Preisvorstellungen der Verlader durch flexible Angebote entgegenzutreten". I m einzelnen wurde für den Bereich des Güterkraftverkehrs nach der Kenntnis der Befragten hinsichtlich der Bedeutung folgender Möglichkeiten gefragt: - Verknüpfung der Nachfrage nach Verkehrsleistungen und der Nachfrage nach anderen Leistungen (z.B. lagern, verpacken, kommissionieren etc.).

1

1 2 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

- Nutzung des § 413 HGB (Sammelladung der Spedition bei Sendungsgrößen über 21). - Verknüpfung von Transportleistungen mit Handelsleistungen (Fuhrmannsh^ndel). Für den Bereich des Straßengüterfernverkehrs wurde zusätzlich gefragt nach: - Bündelung von nationalen und grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten. - Bedienung von Binnenrelationen zu den niedrigeren Tarifen des grenzüberschreitenden Verkehrs mit Hilfe von Umwegtransporten. Für den Bereich des Straßengüternahverkehrs wurde außerdem gefragt nach: - Abrechnung nach GNT bis 120 km aufgrund günstigem Standort. Bei der Beurteilung der Ergebnisse erscheint zunächst der Hinweis angebracht, daß im Rahmen der Analyse von Auswirkungen staatlicher Preisbindung auf mittelständische Güterkraftverkehrsunternehmen die formal-juristische Einschätzung derartiger Maßnahmen in keiner Weise von Interesse ist, sondern allein die ökonomische Wirkung. So mag an der Nutzung des § 413 HGB zur Zusammenfassung von Teilladungen und der damit möglichen Anwendung günstigerer Tonnensätze aus juristischen Gesichtspunkten in den seltensten Fällen etwas auszusetzen sein. Dennoch stellt auch diese Maßnahme unter ökonomischen Gesichtspunkten in all den Fällen eine Umgehimg der staatlichen Preisbindung dar, in denen die Zusammenfassung nicht nur aus rein betriebswirtschaftlichen Optimierungskriterien erfolgt 71 , sondern in denen sie auch deshalb vorge-

71 Erfolgt die Zusammenfassung von Teilladungen unter rein betriebswirtschaftlichen Optimierungsbedingungen, so können damit zwar ebenfalls Nachteile für kleinere Unternehmen verbunden sein, wenn etwa der Umfang und die Struktur des Ladungsaufkommens derartige Zusammenfassungen nur bei Großunternehmen zuläßt; dabei handelt es sich jedoch um reine Betriebsgrößenvorteile.

Mittlständisch

Gteikraftvekhrsunternehmn

1

nommen wird, um den Verladern trotz staatlicher Preisbindung einen günstigeren Tonnensatz anbieten zu können. Der Nutzung des § 413 HGB wird von 78,8 % der Straßengüterfernverkehrsunternehmen mit 11 und mehr Genehmigungen große Bedeutung zugemessen. Bei der Verknüpfung der Nachfrage nach Verkehrsleistungen und nach anderen Leistungen trifft dies auf 70,1 % dieser Großunternehmen zu. Dagegen wird diesen Maßnahmen nur von 67,3 % bzw. 60,7 % der mittleren Fernverkehrsunternehmen (4 - 10 Genehmigungen) und 60,0 % bzw. 49,2 % der kleinen Fernverkehrsunternehmen (1 3 Genehmigungen) eine große Bedeutung zuerkannt. Auch die Bündelung von nationalen und grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten halten lediglich 9,7 % der Großunternehmen für unwichtig, während sich im Bereich der mittelständischen Unternehmen immerhin zwischen 17,5 % und 25,0 % in dieser Weise äußern. Mittelständische Unternehmen sehen dagegen im Vergleich zu den Großunternehmen - in stärkerem Umfang die Bedienung von Binnenrelationen zu den niedrigeren Tarifen des grenzüberschreitenden Verkehrs mit Hilfe von Umwegtransporten sowie die Verknüpfung von Transportleistungen mit Handelsleistungen zum Zwecke der Tarifumgehung (Fuhrmannshandel, unechter Werkverkehr) als bedeutsam an. So messen beispielsweise 37,3 % der kleinen und 42,5 % der mittleren Fernverkehrsunternehmen dem Fuhrmannshandel große Bedeutung zu. I m Straßengüternahverkehr ist die Tendenz ähnlich, wenn auch hier zu berücksichtigen ist, daß wegen der Beschränkung auf die Nahverkehrszone und wegen bestehender Tarifsprünge zwischen RKT und GNT die Abrechnung bis 120 km nach GNT aufgrund eines günstigen Standortes von erheblicher Bedeutung sein kann 7 2 .

72 Dieser Abrechnungsmöglichkeit wird von 52,8 % der kleinen, 63,6 % der mittleren und 75,0 % der großen Straßengüternahverkehrsunternehmen große Bedeutung zugemessen. Als unwichtig wird sie lediglich von 5,5 % der kleinen, 7,6 % der mittleren und 0,0 % der Großunternehmen angesehen. Diese Fragebogenergebnisse belegen auch das Ausmaß der Ineffizienz in der Abstimmung zwischen RKT und GNT.

1

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Übersicht G13:

Einschätzung der Bedeutung verschiedener Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung im Straßengüterverkehr fur kleine, mittlere und große Anbieter

Nach Einschätzung befragter Straßengüterverkehrsunternehmen sind derartige Möglichkeiten von großer Bedeutung für

Unternehmen (in v. H.) mit: 1-3 4-10 GenehmiGenehmigungen/ gungen/ LastkraftLastkraftfahrzeugen fahrzeugen

im Fernverkehr • kleine Unternehmen • mittlere Unternehmen - große Unternehmen im Nahverkehr.

47,0 48,8 80,5

43,3 55,7 74,2

• kleine Unternehmen - mittlere Unternehmen - große Unternehmen

48,7 40,0

54,4 64,9

68,0

66,0

Wie aus Übersicht G 13 erkennbar ist, ergab die Befragung außerdem insbesondere im Bereich des Straßengüterfernverkehrs, daß die angesprochenen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit vor allem für Großunternehmen von Bedeutung sind. So gehen beispielsweise von den direkt betroffenen Fernverkehrsunternehmen 47,0 % der Kleinunternehmen, 55,7 % der mittleren Unternehmen und 76,7 % der Großunternehmen von einer großen Bedeutung derartiger Preisgestaltungsmöglichkejten aus. Auffällig ist außerdem, daß nach Einschätzung von 71,4 % bis 85,2 % der befragten Unternehmen auch von einer großen Bedeutung einer derart flexiblen Preisgestaltung für große Verlader und Speditionen ausgegangen werden muß, während sich in bezug auf mittelständische Verlader diese Angaben zwischen 51,0 % und 70,7 % bewegen. Hieraus ergibt sich eine eindeutige Benachteiligung mittelständischer Straßengüterfernverkehrsunternehmen, denn diese Unternehmen verfügen über nicht so zahlreiche und ver-

1.1 Mittelständische

Gteraftverkehrsunternehmen

gleichsweise weniger wertvolle Möglichkeiten zur Umgehung staatlicher Preisbindungen. So kann vor allem von vertikal verflochtenen Unternehmen durch die Verknüpfung von Verkehrsleistungen und anderen Leistungen 73 eine Mischkalkulation durchgeführt werden, deren Umgehungscharakter durch die BAG kaum nachweisbar sein dürfte. Die Anwendimg des § 413 HGB steht in Analogie nur solchen Unternehmen offen, die auch im Speditionsgewerbe tätig sind. Aus Tabelle 9 geht nun hervor, daß 1982 lediglich 11,9 % der Unternehmen mit 1 - 3 Genehmigungen mit einer Abfertigungsspedition verflochten waren, während dies bei 70,4 % der Großunternehmen mit 11 und mehr Genehmigungen der Fall war. I m Bereich Spedition und Lagerei betrug im Jahre 1982 dieses Verhältnis 13,0 % zu 51,3 %. Die beiden angesprochenen Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung durch Mischkalkulation der Leistungen verflochtener Gewerbe sind dabei nur beispielhaft zu verstehen. Insbesondere im Bereich der Spedition existiert noch eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten zur Stärkung der eigenen Wettbewerbssituation wie etwa die Weitergabe der wenig rentablen Transporte nach Abzug der WAV an Subunternehmer oder der Einsatz aktiver Preispolitik im Rahmen der freien Handhabung der Kundensatzempfehlungen im Speditionssammelgutverkehr. Der Preiswettbewerb verlagert sich also vielfach an die "Nahtstellen" zu anderen Gewerben. Die von Seiten des Speditionsgewerbes vielfach gezogene Schlußfolgerung, daß die Last des inneren Wettbewerbs deshalb in erster Linie von der Spedition getragen wird und Nutznießer vor allem die sich oftmals nur im Ladungsverkehr betätigenden Transportunternehmer sind 7 4 , kann allerdings nicht nachvollzogen werden. Vielmehr kann es durchaus mit den un73 Zu dem gesamten Problemkreis der Leistungskombination als absatzpolitisches Instrument vgl. auch GROSSE, Karl-Heinz, Der außertarifliche Wettbewerb der Unternehmen des Personen- und Güterverkehrs, Veröffentlichungen der Akademie für Wirtschaft und Politik Hamburg, hrsg. v. H.D. ORTLIEB, Tübingen 1963, S. 49 ff. 74 Vgl. MAY, Willi, Manuskript des Vortrages vom 18.11.1985 an der Universität Münster, Bonn 1985, S. 11.

1

1

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

genügenden Möglichkeiten im preispolitischen Bereich in Zusammenhang stehen, daß sich - nach Angaben befragter Straßengüterfernverkehrsunternehmen - lediglich 65,9 % der Kleinunternehmen häufig auch direkt bei den Verladern um Aufträge bemühen, während dies bei 90,4 % der Großunternehmen der Fall ist. Vielen Kleinunternehmen bleibt dann nichts anderes übrig, als die wenig rentablen, von freien Speditionen weitergegebenen Transporte zu fahren, bei gleichzeitiger Einschränkung ihrer Wachstumsmöglichkeiten durch staatliche Kontingentierung. Von der staatlichen Preisregulierung profitieren also letztlich leistungsfähige Speditionen mit den entsprechenden Eintrittsmöglichkeiten im Güterkraftverkehr sowie diejenigen durch die Preisbindung geschützten Güterkraftverkehrsunternehmen, die weniger leistungsfähig sind. Effizient arbeitende mittelständische Güterkraftverkehrsunternehmen werden dagegen durch die geschilderten Auswirkungen staatlicher Regulierungseingriffe in einer Weise in ihrer Dispositionsfreiheit beeinträchtigt, die sowohl unter allokationspolitischen Gesichtspunkten als auch unter dem Gesichtspunkt einer Stärkung der Leistungsfähigkeit und Wettbewerbssituation mittelständischer Unternehmen als nicht vertretbar anzusehen ist. Als Maßnahmen gegen derartige Benachteiligungen mittelständischer Unternehmen werden oftmals verstärkte Regulierungseingriffe an den besagten "Nahtstellen" gefordert. Hierzu ist allerdings festzustellen, daß mit zunehmender Verschärfung bzw. Ausdehnung staatlicher Regulierung oder auch der Verschärfung der Kontrolle durch die BAG etwa durch den verstärkten Ansatz "angemessener Entgelte" in anderen Bereichen, wie etwa dem Ansatz von in BSL-Tabellen ausgewiesenen üblichen Lagerhaltungskosten und mit dem Ansatz von Preisempfehlungen im Speditionssammelgutverkehr etc., die Preisbindung auf andere - auch mittelständische - Unternehmen ausgedehnt wird. Dies führt dann auch in diesen Bereichen wieder zu den aufgezeigten Benachteiligungen, da Großunternehmen die Effizienz ihrer Preispolitik durch Ausweichreaktionen in weiter entfernte Betätigungsfelder sichern werden.

1.1 Mittlstädische

Gteraftverkehrsunternehmn

17

Für den Bereich des gewerblichen Straßengüternahverkehrs tritt als zusätzliche Benachteiligung hinzu, daß Großunternehmen durch ein geschicktes Netz von Zweigniederlassungen eher in der Lage sind, Tarifsprünge zwischen RKT und GNT zugunsten einer aktiven Preispolitik auszunutzen. Die von mittelständischen Unternehmen verstärkt genutzten Ausweichreaktionen, haben erhebliche Nachteile. So handelt es sich bei der Bedienung von Binnenrelationen zu den niedrigeren Tarifen des grenzüberschreitenden Verkehrs mit Hilfe von Umwegtransporten 75 um eine sehr unproduktive Umgehungsart, und der Fuhrmannshandel zur Umgehung staatlicher Tarifbindung dürfte unter dem Gesichtspunkt der juristischen Überprüfung und Ahndung sehr bedenklich sein. Vertreter der BAG machten zwar keine Angaben zu der A r t und Häufigkeit einzelner aufgedeckter Tarifverstöße, sie teilten dem Verfasser jedoch mit, daß Tarifverstöße in den meisten Fällen von kleineren (mittelständischen!) Unternehmen durchgeführt würden. Fraglich ist allerdings, ob die Ursache hierfür - nach Aussagen der BAG-Vertreter - in der weniger manipulierbaren Buchführung von Großunternehmen gesucht werden muß, weshalb Großunternehmen angeblich im wesentlichen nur dann Tarifverstöße begehen, wenn sie etwa mit einem Verlader die Beförderung einer Teilladung zum 20 t-Satz ausgehandelt haben, dann aber zufällig die komplementäre Teilladung eines anderen Verladers ausfällt etc. Die geringere Anzahl von Tarifverstößen durch Großunternehmen dürfte vielmehr darauf zurückzuführen sein, daß Unternehmen dieser Größenklasse mit mannigfaltigeren Möglichkeiten der kaum nachweisbaren Tarifumgehung und der verkehrsbetrieblichen Präferenzpolitik ausgestattet sind und daher auf "plumpe Manipulationen" verzichten können. Dies wird auch deutlich, wenn man sich den gesamten Bereich verkehrsbetrieblicher Absatzpolitik vor Augen hält und diesem die sonstigen von befragten Unternehmen aufgeführten

75 Vgl. hierzu auch die Beispielrechnungen bei WILLEKE, Rainer, Zur Libe« ralisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 107 ff.

1

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Umgehungsmöglichkeiten gegenüberstellt. Diese sind im wesentlichen gemäß dem Wortlaut der Angaben in den Fragebogen: - Falsche Deklarationen (Gewichtsangaben etc.). - Ungesetzliche Anwendung der Teilladungsbestimmungen. - Nichteintragung des Vor- und Nachlaufs. - Tarifwidrige Abrechnung. - Übernahme von Personal bzw. Gehältern des Verladers. - Einsatz von Subunternehmern. - Kombination von Angeboten im RKT/GNT und im tariffreien Stückgutbereich. - Bildung von Sondertarifen gemäß § 22 a GÜKG. - Vereinbarung durchgehender Kvo-Haftung. - Jahresverträge mit Nachlässen. - Abrechnung für voluminöse Güter als Teilladung nach 20 tSätzen. - Freie Vereinbarungen für Spezial-/Schwertransporte. - Bereitstellung von Verpackungsmaterial (Euro- und Gitterboxpaletten etc.).

1.1 Mittelständische

Obersicht G14:

Gteraftverkehrsunternehmen

Einschätzung der Bedeutung verschiedener Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung im Straßengüterfernverkehr nach verschiedenen Güterarten

Nach Angaben befragter Straßengüterfernverkehrsunternehmen haben die angesprochenen Möglichkeiten bei der Güterart: keine/geringe Bedeutung

große Bedeutung

- Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse

59,6

40,4

- Nahrungs- und Futtermittel

27,3

72,7

-Kohle

78,9

21,1

-Rohes Erdöl

83,5

16,5

- Mineralölerzeugnisse

60,7

39,3

Güterarten:

- Erze und Metallabfälle

80,2

19,8

- Eisen, Stahl und NE-Metalle

50,3

49,7

- Steine und Erden

58,0

42,0

- Düngemittel

64,1

35,9

- chemische Erzeugnisse

45,2

54,8

- Fahrzeuge, Maschinen, sonstige Halb- und Fertigwaren (einschl. besondere Transportgüter, Stückgut etc.)

30,8

69,2

Abschließend soll auf die - in den Übersichten G 14/15 beispielhaft für den Straßengüterfernverkehr niedergelegte - Einschätzung der Bedeutung der angesprochenen "Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung" im Bereich einzelner Güterarten und Gebietstypen hingewiesen werden. Die Unterteilung nach Güterarten läßt dabei weiter abgesicherte Schlußfolgerungen erst nach der Analyse der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" auch im Verladerbereich zu. Aus den Umfrageergebnissen kann jedoch geschlossen werden, daß die Notwendigkeit von Tarifumgehungen bzw. die Bedeutung solcher Maßnahmen in den

1

1 0 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Bereichen besonders groß ist, in denen eine starke Konkurrenzbeziehung zum Werkverkehr besteht. Dies gilt etwa fur die Güterart Nahrungs- und Futtermittel, in der der Werkverkehr seine besonderen Qualitätsmerkmale wie die gezielte Schulung des eigenen Personals zur Regalpflege etc. einbringen kann und diese auch einbringen muß, denn die in diesem Bereich Werkverkehr betreibenden Unternehmen sehen sich vielfach der starken Nachfragemacht großer Handelsbetriebe ausgesetzt. I m Straßengüternahverkehr haben Tarifumgehungen insbesondere im Bereich Steine und Erden sowie im Bereich der Mineralölerzeugnisse große Bedeutung, was auf die starke Konkurrenz des unechten Werkverkehrs zurückzuführen ist, die ihrerseits zumindest für den ersten Bereich - mit der hohen Transportkostenempfindlichkeit der beförderten Güter zusammenhängt.

Übersicht G15:

Einschätzung der Bedeutung verschiedener Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung im Straßengüterfernverkehr nach verschiedenen Gebietstypen

Nach Angaben befragter Straßengüterverkehrsunternehmen haben die angesprochenen Möglichkeiten bei dem Gebietstyp: Gebietstypen

keine/geringe Bedeutung

große Bedeutung

17,7

82,3

- Ländliche Regionen

62,5

37,5

-Grenzgebiete (bis 50 km entlang der Staatsgrenze der Bundesrepublik Deutschland)

51,6

48,4

- Einzugsbereich von Ballungsgebieten (z.B. Ruhrgebiet, Rhein-Main-Gebiet, Hamburg, Hannover, Bremen, München, Köln, Stuttgart, Mannheim-Ludwigshafen etc.)

1.1 Mittclständischc

Güterkiaftvcrkehrsunternchmen

Die Differenzierung nach Gebietstypen zeigt im Straßengüterfernverkehr in ihrer Gesamtheit eine erheblich stärkere Bedeutung von Tarifumgehungen im Einzugsbereich von Ballungsgebieten als in ländlichen Regionen. Unterscheidet man allerdings einzelne Möglichkeiten der flexibleren Preisgestaltung 7 6 , so läßt sich anhand der Fragebogenergebnisse belegen, daß in ländlichen Regionen aufgrund des geringeren Transportaufkommens und weniger ausgebauter Unternehmensstrukturen Maßnahmen wie etwa der Fuhrmannshandel von größerer Bedeutung als in Ballungsgebieten sind, während etwa die Verknüpfung der Nachfrage nach Verkehrsleistungen und nach anderen Leistungen eine vergleichsweise geringere Rolle spielt. I m Bereich des Straßengüternahverkehrs läßt sich dagegen feststellen, daß die starke nahverkehrszonenbedingte Begrenzung der Unternehmen auf eine bestimmte ländliche Region die betroffenen Nahverkehrsunternehmen zu einem insgesamt stärkeren Gebrauch der aufgezeigten Maßnahmen veranlaßt, vor allem wenn die unterschiedliche Struktur des vergleichsweise geringeren Transportaufkommens und die begrenzteren Einsatzmöglichkeiten alternativer absatzpolitischer Wettbewerbsparameter zu adäquaten Preisangeboten durch Tarifumgehungen zwingen. Angesichts der sich im Rahmen von Ausweichreaktionen auf staatliche Regulierungseingriffe ergebenden Probleme für die betroffenen Unternehmen sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite 77 erscheint es allerdings vermessen, "unbillige Benachteiligungen landwirtschaftlicher und mittelständischer Wirtschaftskreise sowie wirtschaftlich schwacher und verino

kehrsungünstig gelegener Gebiete durch eine lediglich in der Theorie vorhandene staatlich administrierte "Tarifgleichheit im Raum" verhindern zu wollen.

76 Vgl. S. 151 f. dieser Studie. 77 Vgl. hierzu im einzelnen Kap. II. 1.2.3.2. 78 Vgl. S. 54 f. dieser Studie.

161

1 2 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

1.2 Auswirkungen auf nachfragende mittelständische Verlader 1.2.1 Die verladenden Unternehmen im Bereich Straßengüterverkehr Als Verlader im Bereich Straßengüterverkehr treten Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftszweige auf. Zwischen der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" und der Entwicklung von Unternehmen der Verlader besteht eine weitaus geringere Kausalbeziehung als im Bereich der Güterkraftverkehrsunternehmen. Denn der Schwerpunkt der Tätigkeit der Verlader hegt im Bereich der Produktion oder des Handels mit Waren, die Beförderung dieser Güter stellt zumeist nur eine vor- oder nachgelagerte Tätigkeit 7 9 von meist geringem Gewicht (Anteil der Transportkosten an den Gesamtkosten) dar. Eine Betrachtung der Entwicklung der Unternehmen einzelner Wirtschaftszweige sowie allgemeingültige Feststellungen über die Verladerstruktur sind deshalb für diese Untersuchung wenig aussagefähig. So ist beispielsweise festzustellen, daß den anbietenden Güterkraftverkehrsunternehmen eine Vielzahl potentieller und effektiver Nachfrager gegenübersteht. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß die Nachfrageseite durchweg polypolistisch organisiert ist, denn es existiert z.B. aufgrund spezieller Anforderungen an die Transportgefäße eine Vielzahl sachlicher Teilmärkte , die zu Abhängigkeiten einzelner Güterkraftverkehrsunternehmen von Verladern führen können. Zudem ist zu berücksichtigen, daß oftmals durch Spediteure, Generalunternehmer etc. eine Bündelung der zersplitterten Nachfrage erfolgt und diese somit den einzelnen Güterkraftverkehrsunternehmen häufig in konzentrierter Form gegenübertritt. 79 Als vorgelagert ist diese Tätigkeit etwa anzusehen, wenn die Beschaffungsabteilung eines Industrieunternehmens einen Güterkraftverkehrsunternehmer beauftragt, von einem anderen Unternehmen frei Werk zu beziehende, für die Weiterverarbeitung bestimmte Halbwaren zu transportieren. Die Auswirkungen der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" sind vorwiegend im Bereich des frachtzahlenden Unternehmens zu finden. 80 Insbesondere im Straßengüternahverkehr liegen zudem auch räumliche Teilmärkte vor.

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

Erste Erkenntnisse im Hinblick auf die Bedeutung einzelner Verladergruppen ergibt eine Untersuchung der Entwicklung des Verkehrsaufkommens des gewerblichen Güterkraftverkehrs nach Hauptgütergruppen im Zeitablauf 81 . I m Bereich des Straßengüterfernverkehrs waren im Jahre 1984 die Hauptgütergruppen Nahrungs- und Futtermittel mit 12,5 % des gesamten Transportaufkommens, Steine und Erden mit 11,8 % und chemische Erzeugnisse mit 11,6 % von besonderer Bedeutimg. M i t 45,5 % hegt allerdings der größte Teil des Transportaufkommens im Straßengüterfernverkehr bei der Gütergruppe Fahrzeuge, Maschinen, sonstige Halb- und Fertigwaren, besondere Transportgüter 82 , in der vorwiegend hochwertige Güter mit vergleichsweise geringem Transportkostenanteil zusammengefaßt sind. Diese Gütergruppe mit so verschiedenen Unternehmenstypen wie den Großunternehmen der deutschen Automobilindustrie und mittelständischen Maschinenbau- und Elektrounternehmen, konnte seit 1960 ihren Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen um 78,4 % steigern. Umgekehrt weisen die relativen Rückgänge bei den Gütergruppen Eisen, Stahl und NE-Metalle sowie Steine und Erden auf die Strukturschwäche in der Stahlindustrie und der Bauwirtschaft hin. Je nach der zu transportierenden Güterart entscheiden sich die Verlader in unterschiedlichem Ausmaß für die einzelnen Verkehrsträger. So ist beispielsweise aufgrund bestehender Nachteile im Bereich der Massenleistungsfähigkeit der Transport rohen Erdöls für den Güterfernverkehr auf der Straße bedeutungslos. H Die dominierende Stellung des Kraftverkehrs in den Güterabteilungen Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Nahrungs- und Futtermittel, Fahrzeuge, Maschinen, Halb- und Fertigfabrikate ist vor allem ein Ergebnis der weitgehenden Erfüllung der Anforderungsprofile der Berechenbar-

81 Vgl. hierzu und zum folgenden Tab. 10 -11. 82 Die Hauptgütergruppe 99 "Besondere Transportgüter" umfaßt: Gebrauchte Verpackungen, Gerfite von Bauunternehmen, Umzugsgut, Sammelund Stückgut, sonstige nicht eingruppierbare Transportgüter.

163

164 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

keit, Transportindividualität, Schnelligkeit und Netzbildungsfähigkeit" 83 . I m gewerblichen Güternahverkehr auf der Straße entstammten 1984 56,9 % des Verkehrsaufkommens in t dem Bereich Steine und Erden. Zwar handelt es sich dabei um große Mengen vergleichsweise geringwertiger Güter; in diesem Bereich wird insbesondere eine hohe Massenleistungsfähigkeit gefordert. Dennoch sieht sich der Straßengüternahverkehr hier vielfach lediglich der Konkurrenz des Werknahverkehrs ausgesetzt, denn "da die Güter nicht nur von den Produktionsstätten zum Baustoffgroßhandel, sondern in hohem Maße in Form von Streckengeschäften direkt an den Abnehmer verbracht werden, ist die Transportindividualität und die Netzbildungsfähigkeit von (stärkerem, d. Verf.) Gewicht" 84 . Die Gütergruppe Fahrzeuge, Maschinen, sonstige Halb- und Fertigwaren hat auch im Bereich des Straßengüternahverkehrs mit einem Anteil von 10,3 % am Gesamtaufkommen erhebliche Bedeutung. Insgesamt ist die Nachfrage nach Leistungen des gewerblichen Güternahverkehrs insbesondere aufgrund des hohen Anteils an Transporten des Bereichs Steine und Erden als weitaus konjunkturreagibler zu kennzeichnen als die Nachfrage auf den Straßengüterfernverkehrsmärkten, bei der Güter mit relativ geringer Konjunkturreagibilität wie Nahrungs- und Futtermittel, chemische Erzeugnisse, Düngemittel sowie Fahrzeuge, Maschinen und Halb- und Fertigwaren 1984 einen Anteil von 70,7 % am gesamten Transportaufkommen auf sich vereinten. Diese wenigen Aussagen zur Bedeutimg einzelner Hauptgütergruppen auf den Märkten für gewerbliche Güterkraftverkehrsleistungen machen deutlich, daß als effektive und auch potentielle Verlader im Bereich Straßengüterverkehr nahezu sämtliche kleinen, mittleren und großen Industrie- und Handelsunternehmen anzusehen sind.

83 SEPP, Hans-Jochen, Die Wettbewerbssituation im gewerblichen Güterfernverkehr unter besonderer Berücksichtigung der Aufgabenteilung im Verkehrsraum der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt 1984, S. 26S f. 84 Ebenda, S. 249.

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

165

1.2.2 Größenklassenunabhängige Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation aller Verlader 1.2.2.1 Größenklassenunabhängige Auswirkungen im Lichte der Befragung I m Verladerbereich ist kaum eine Trennung zwischen den Auswirkungen staatlicher Preisbindung und den Auswirkungen staatlicher Zulassungsbeschränkungen möglich. Vielmehr verändern diese Eingriffe in ihrer Kombination das Verhalten der anbietenden Unternehmen und machen sich erst im Rahmen des Austauschprozesses mit den Nachfragern als "Auswirkung" bemerkbar. So resultiert z.B. im Straßengüterfernverkehr die Einschränkung des Preiswettbewerbs zwar unmittelbar aus der staatlichen Preisbindung, gleichzeitig wird diese Wettbewerbsbeschränkung jedoch durch die den Newcomerwettbewerb nahezu ausschließende staatliche Kontingentierung unterstützt und somit das institutionalisierte Preiskartell auch vor entsprechendem Wettbewerbsdruck von außen geschützt. Die Auswirkungen, denen die Verlader bei den gegebenen staatlichen Regulierungen (statische Betrachtung 85 ) unterworfen sind, sind weitgehend größenklassenunabhängig; nur in einigen Fällen, in denen - wie etwa im Bereich der Ausnahmetarife - spezielle Bestimmungen für größere Transportmengen und somit für größere Verlader getroffen werden, führen die aufgrund staatlicher Eingriffe erlassenen Tarife bereits zu größenklassenabhängig unterschiedlichen Angeboten des Güterkraftverkehrsgewerbes. A n sich ist jedoch Zweck eines Regeltarifsystems und staatlicher Zulassungsbeschränkungen, daß einheitliche Einschränkungen des Wettbewerbs sowohl im Parallelprozeß zwischen den Güterkraftverkehrsunternehmen als auch im Austauschprozeß mit den Nachfragern erfolgen. A u f diese Wettbewerbsbeschränkungen werden die betroffenen Unternehmen reagieren (dynamische Betrachtung). Dabei kann es dann zu den in Kapitel Π. 1.2.3 zu analysierenden größenklassenabhängigen Auswirkungen auf die Wettbewerbs85 Vgl. hierzu und zum folgenden Kap. 1.3.4 dieser Studie.

166 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

situation mittelständischer Verlader kommen, da die Verlader je nach ihrer Größe über unterschiedliche Reaktionsmöglichkeiten verfügen. Die Wettbewerbsbeschränkungen im Austauschprozeß zwischen den Anbietern und Nachfragern von Transportleistungen des Straßengüterverkehrs werden - wie aus Übersicht VS 1 hervorgeht - von den befragten mittelständischen Verladern überwiegend negativ beurteilt.

Übersicht VS 1:

Beurteilung des Angebots von Straßengüterverkehrsunternehmen und Speditionen durch mittelständische Verlader

Nach dem Urteil befragter Unternehmen:

Kleinunternehmen/mittlere Unternehmen (in v.H.)

Großunternehmen (in v.H.)

- sind die Preise für Leistungen von Straßengüterverkehrsunternehmen und Speditionen zu hoch

43,3/32,9

41,8

- ist die Qualität dieser Leistungen unbefriedigend

16,7/13,5

19,6

- liegen die Ursachen für überhöhte Preise und unbefriedigende Qualität in der Marktordnung begründet

36,7/30,0

44,6

So sind 43,3 % der Kleinunternehmen, 32,9 % der mittleren Unternehmen und 41,8 % der Großunternehmen 86 der Mei86 Der Untergliederung in kleine, mittlere und große Unternehmen liegen folgende Beschäftigungsgrößenklassen zugrunde (vgl. Kap. 2.2 dieser Studie): Kleinunternehmen: Industrieunternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten, Großhandelsunternehmen mit bis zu 9 Beschäftigten, Einzelhandelsunternehmen mit bis zu 2 Beschäftigten.

1.2 Mittelstândische

Verlader im Straßengüterverkehr

nung, daß die Preise für Leistungen von Straßengüterverkehrsunternehmen und Speditionen zu hoch sind. Stellt man, wegen der Mängel der Untergliederung nach Beschäftigten über alle Verladerbereiche 87 , auf die Selbsteinschätzung der Befragten als "kleines mittelständisches Unternehmen", "mittleres mittelständisches Unternehmen", "großes mittelständisches Unternehmen" und "Großunternehmen" ab, so teilen sogar 46,7 % der "kleinen mittelständischen Unternehmen" diese Kritik. Die Qualität der Leistungen wird dagegen lediglich von 16,7 % der Kleinunternehmen, 13,5 % der mittleren Unternehmen, 19,6 % der Großunternehmen bzw. 23,3 % der "kleinen mittelständischen Unternehmen" als unbefriedigend bezeichnet. Als Ursache für überhöhte Preise und unbefriedigende Qualität wird nur in wenigen Fällen eine zu starke Marktstellung des Güterkraftverkehrsgewerbes und der Speditionen oder gar eine mangelnde Flexibilität dieser Unternehmen beim Eingehen auf Verladerwünsche angesehen. Vielmehr machen hierfür 36,7 % der Kleinunternehmen, 30,0 % der mittleren Unternehmen und 44,6 % der Großunternehmen die Marktordnimg im Verkehr verantwortlich, weil diese ein flexibles Eingehen auf Verladerwünsche erschwere.

Mittlere

Unternehmen:

Industrieunternehmen mit 50 - 499 Beschäftigten, Großhandelsunternehmen mit 10 -199 Beschäftigten, Einzelhandelsunternehmen mit 3 - 99 Beschäftigten. Großunternehmen: Industrieunternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten, Großhandelsunternehmen mit 200 und mehr Beschäftigten, Einzelhandelsunternehmen mit 100 und mehr Beschäftigten. Vgl. Kap. 2.2 dieser Studie.

167

168 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Übersicht Vs 2:

Beurteilung des Angebots von Straßengüterverkehrsunternehmen und Speditionen durch Verlader in Ballungsgebieten und in ländlichen Regionen

Nach dem Urteil befragter Unternehmen: - sind die Preise für Leistungen von Straßengüterverlcehrsunternehmen und Speditionen zu hoch

mit Standort in Ballungsgebieten (in v.H.)

mit Standort in ländlichen Regionen (in v.H.)

36,5

44,6

- ist die Qualität dieser Leistungen unbefriedigend

20,0

16,9

- liegen die Ursachen fur überhöhte Preise und unbefriedigende Qualität in der Marktordnung begründet

37,0

40,5

Aus Übersicht Vs 2 geht hervor, daß nach dem Urteil von 44,6 % befragter Verlader mit Standort in ländlichen Regionen die Preise für Leistungen von Straßengüterverkehrsunternehmen und Speditionen als zu hoch angesehen werden, während diese Quote bei Unternehmen mit Standort in Ballungsgebieten lediglich 36,5 % beträgt. Auch kritisieren 40,5 % der Unternehmen aus ländlichen Regionen die Inflexibilität der Verkehrsmarktordnung. Eine imbefriedigende Qualität wird dagegen lediglich von 16,9 % dieser Unternehmen konstatiert. Es hegt deshalb die Vermutung nahe, daß sich die kontrollierte Wettbewerbsordnung" in Ballungsgebieten weniger negativ auf Verlader auswirkt als in ländlichen Regionen. Ausgehend von diesen Ergebnissen der Fragebogenaktion erscheint es folgerichtig, daß die überwiegende Mehrheit der Unternehmen der verladenden Wirtschaft einen größeren Verhandlungsspielraum bezüglich des Preises begrüßen würde.

1.2 Mittelständische

Obersicht Vs 3:

Verlader im Straßengüterverkehr

Einschätzung der jetzigen Frachtberechnung nach Tarif durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft

Die befragten Unternehmen: - würden einen größeren Verhandlungsspielraum bezüglich des Preises begrüßen - sind mit der Preisbildung durch Tarife einverstanden

Kleinunternehmen (in v.H.)

mittlere Unternehmen (in v.H.)

96,6

89,2

3,4

10,4

Wie aus Übersicht Vs 3 hervorgeht, äußerten beispielsweise 96,6 % der Kleinunternehmen und 89,2 % der mittleren Unternehmen diesen Wunsch nach Abbau staatlicher Reglementierungen. Daß besonders Kleinunternehmen an einem größeren Verhandlungsspielraum interessiert sind, wird auch bestätigt, wenn für obige Erhebung die Untergliederung nach Selbsteinschätzung der Befragten als "kleine mittelständische Unternehmen" bzw. "mittlere mittelständische Unternehmen" zugrunde gelegt wird. Dann wünschen einen größeren Verhandlungsspielraum bezüglich des Preises 93,1 % bzw. 90,7 % dieser Unternehmen. Keineswegs mit der Hypothese vereinbar, daß Unternehmen in ländlichen (revierfernen) Regionen aufgrund staatlicher Preisbindung und staatlicher Zulassungsbeschränkungen tendenziell ihre Standortnachteile auszugleichen in der Lage sind, ist auch die Forderung von 91,2 % der Verlader mit Standort in ländlichen Regionen nach einer Flexibilisierung der Preisbildung, während diese Quote in Ballungsgebieten und Grenzgebieten mit 90,0 % bzw. 87,9 % etwas niedriger hegt. Von einer stärkeren Orientierung der Preisbildung an den vorherrschenden Marktverhältnissen erwarten die befragten Verlader zwar überwiegend eine Verbesserung der Wettbewerbssituation mittelständischer Nachfrager nach Transportleistungen des Güterkraftverkehrs, die Ergebnisse sind jedoch nicht so eindeutig wie

169

170 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

bei der Befragung von Güterkraftverkehrsunternehmen und bedürfen der genauen Analyse und Interpretation: I m Bereich der Preisbildung im Straßengüterfernverkehr erwarten 33,3 % der Kleinunternehmen und 54,9 % der mittleren Unternehmen von einer schnelleren Anpassung des RKT an die Marktgegebenheiten eine Verbesserung der Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader. I m Bereich der Kleinunternehmen steigt die Quote derjenigen, die eine Verbesserung der Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader erwarten, mit dem Ausmaß des unterstellten Abbaus staatlicher Preisbindung kontinuierlich an und beträgt hinsichtlich einer Erweiterung der bestehenden Margen des RKT 37,0 %, in bezug auf den Ersatz von Tarifregelungen durch Preisempfehlungen 48,1 % und für den Fall völliger Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen 59,3 %. Allerdings nimmt analog auch die Quote derjenigen zu, die eine Verschlechterung erwarten, und zwar von unerheblichen 3,7 % bei einer schnelleren Anpassung des RKT an die Marktgegebenheiten auf 14,8 % im Falle völliger Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen. Die Beurteilung einer völligen Preisfreigabe durch direkt betroffene kleine und mittlere Verlader ist in Übersicht VS 4 zusammengestellt.

1.2 Mittelständische

Übersicht Vs 4:

Verlader im Straßengüterverkehr

Beurteilung einer völligen Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen des Güterkraftverkehrs durch mittelstandische Verlader

Nach Einschätzung befragter Unternehmen würde die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader:

Kleinunternehmen (in v.H.)

mittlere Unternehmen (in v.H.)

- durch die völlige Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen des Straßengüterfernverkehrs: -verbessert - verschlechtert

59,3 14,8

52,8 22,6

- durch die völlige Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen des Strassengüternahverkehrs: - verbessert - verschlechtert

44,4 18,5

40,7 14,8

Erstaunlich in Anbetracht der gezeigten Wirkungsmechanismen ist, daß sich zwar 52,8 % der mittleren Unternehmen von einer Preisfreigabe Vorteile für mittelständische Verlader versprechen, gleichzeitig jedoch 22,6 % auch Nachteile erwarten. Die mittleren Unternehmen (73,3 %) plädieren deshalb in weit stärkerem Ausmaß als die Kleinunternehmen (37,0 %) für eine Erweiterung bestehender Margen des RKT 8 8 . Die Ursache für diese Einschätzung ist aus den Fragebogenergebnissen nicht direkt erkennbar. Sie wird jedoch verständlich, wenn man bedenkt, daß die "kontrollierte Wettbewerbsordnung" auch im Verladerbereich zur Änderung bestimmter Verhaltensweisen führt. So ist es beispielsweise für die Mitarbeiter einer Versandabteilung eines Unternehmens vergleichsweise einfach, eine positive Einschätzung ihrer Leistungen durch die Unter88 In der Tendenz vergleichbar mit den mittleren Unternehmen beurteilen auch Großunternehmen die wettbewerbliche Wirkung verschiedener Maßnahmen im Bereich der Preisbildung auf mittelständische Verlader.

171

172 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

nehmensführung herbeizuführen, wenn - wie in der Realität vielfach der Fall - die Transporte dieses Unternehmens zu Preisen an der Margenuntergrenze des RKT abgewickelt werden. Bei völlig freier Preisbildung würde es ihnen schwerer fallen, den Nachweis zu führen, daß sie in zähen Verhandlungen mit verschiedenen Speditionen und Transportunternehmen das bestmögliche Preis-Leistungsverhältnis eines Transportes für ihr Unternehmen ausgehandelt haben. Während die Fragebogen im Bereich der Kleinunternehmen ohne gesonderte Versandabteilung vermutlich meist im Bereich der Geschäftsleitung beantwortet wurden, weisen viele Anmerkungen in den Fragebogen und verschiedene Nachfragen darauf hin, daß bei mittleren Unternehmen und bei Großunternehmen dieses Ausfüllen von Mitarbeitern der Versandabteilung übernommen wurde. Es sollten allerdings die aus einem Festhalten an Margentarifen resultierenden Gefahren für Unternehmen der verladenden Wirtschaft nicht übersehen werden. Wird die Margenuntergrenze auch nach einer eventuellen Absenkimg zu hoch angesetzt, so müßten diese Unternehmen weiterhin Wettbewerbsnachteile in Kauf nehmen. Außerdem ergäben sich eventuell Tendenzen, Preise an der Margenuntergrenze auszuhandeln, was bedeutet, daß bei einer zu starken Margenerweiterung etwa aus Gründen der Rechtfertigung gegenüber der Geschäftsleitung Preise entstehen würden, zu denen keine befriedigende Qualität mehr erwartet werden könnte. Auch bei der bestehenden Margenregelung läßt sich die dargelegte Kritik von Verladern an der Qualität von Leistungen des Transportgewerbes 89 teilweise daraus erklären, daß der RKT-Tarif minus 8,5 % Marge angewendet wurde, obwohl wegen der besonderen Qualitätsanforderungen die Zahlung eines höheren Frachtsatzes für alle Beteiligten vorteilhafter gewesen wäre. Derartige Verzerrungen, die mit einem Tarifsystem teils immanent verbunden sind, haben allokations- und mittelstandspolitische Nachteile.

89 Diese Kritik kann freilich auch aus den Wettbewerbsbeschränkungen im Straßengüterverkehr resultieren, die den Zwang zur Orientierung an Verladerwünschen mindern.

1.2 Mittelstndische

Verlader im Straßengüterverkehr

Hinsichtlich der Kontingentierung erwarten vergleichsweise wenig befragte Unternehmen eine mögliche Verbesserung oder Verschlechterung der Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader.

Übersicht VS 5:

Beurteilung von Eingriffen in die Kontingentierung des Straßengüterfernverkehrs

Nach Einschätzung befragter Unternehmen würde die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader:

Kleinunternehmen (in v.H.)

mittlere Unternehmen (in v.H.)

- durch die Erhöhung der Zahl der ausgegebenen Güterfernverkehrskonzessionen: -verbessert - verschlechtert

25,9 7,4

29,2 19,5

• durch die Beseitigung der Kontingentierung im Güterfernverkehr -verbessert -verschlechtert

22,2 3,7

30,8 14,9

Dies dürfte damit zusammenhängen, daß sich viele Befragte insbesondere im Bereich kleinerer Unternehmen die möglichen Auswirkungen einer Flexibilisierung staatlicher Preisbindung eher vorstellen können als die indirekte Wirkung einer Auflokkerung staatlicher Zulassungsbeschränkungen. Allerdings überwiegt auch hier der Anteil deijenigen Unternehmen, die sich von einer Erhöhung der Zahl der ausgegebenen Straßengüterfernverkehrskonzessionen oder gar der Beseitigung der Kontingentierung im Straßengüterfernverkehr positive Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader erwarten. Die Untergliederung nach der größenbezogenen Selbsteinschätzung der Befragten liefert im wesentlichen die gleichen Ergebnisse, denn auch hier sprechen sich beispielsweise 61,5 % der "kleinen mittelständischen Unternehmen" für eine völlige

173

174 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Preisfreigabe aus, während "mittlere" und "große mittelständische Unternehmen" die größten Vorteile von einer Margenerweiterung erwarten.

Übersicht Vs 6:

Beurteilung einer völligen Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen des Güterkraftverkehrs durch Verlader in Ballungsgebieten und in ländlichen Regionen

Nach dem Urteil befragter Unternehmen:

mit Standort mit Standort in Ballungsin ländlichen gebieten (in v.H.) Regionen (in v.H.)

würde eine völlige Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen des Straßengüterfernverkehrs die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader - verbessern

46.6

55.0

- verschlechtern

23.7

22.1

Schlüsselt man die Ergebnisse - wie beispielhaft für den Fall der völligen Preisfreigabe in Übersicht Vs 6 - nach dem Standort der verladenden Unternehmen auf, so ergibt sich, daß insbesondere auch Unternehmen in ländlichen Regionen von einer stärkeren Orientierung der Preisbildung an den vorherrschenden Marktverhältnissen sowie von Eingriffen in das bestehende Kontingentierungssystem des Straßengüterfernverkehrs positive Effekte auf die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader erwarten. Dies trifft etwa für die völlige Preisfreigabe in ausgewählten Bereichen zu, die 55,0 % der Befragten in ländlichen Regionen als Verbesserung der Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader ansehen, während diese Quote in Ballungsgebieten lediglich 46,6 % beträgt.

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

I n der Tendenz vergleichbar werden von mittelständischen Verladern die wettbewerblichen Wirkungen von Maßnahmen im Straßengüternahverkehr beurteilt, die zu einer Verringerung staatlicher Eingriffe in die Preisbildung oder zu einer Erweiterimg der 50-km-Nahverkehrszone führen. Da allerdings die Preisbildung in diesem Bereich eher mit einem bilateralen Monopol vergleichbar ist, weil die Verladerseite gleichberechtigt in der Tarifkommission vertreten ist und die Preismargen ungleich größer sind als im Fernverkehr - woraus tendenziell eine größere Marktnähe der Güternahverkehrstarife resultieren dürfte -, ist der Anteil derjenigen Unternehmen, die bei einzelnen Maßnahmen mögliche Verbesserungen erwarten, vergleichsweise geringer. Als Besonderheit im Bereich des Straßengüternahverkehrs fällt allerdings auf, daß lediglich 18,5 % der Kleinunternehmen geantwortet haben, daß eine schnellere Anpassung des GNT an die Marktgegebenheiten ihre Wettbewerbssituation verbessern würde. Möglicherweise gehen diese Kleinunternehmen davon aus, daß selbst bei der verbesserten Anpassung des GNT ihre Interessen in den Tarifkommissionen nicht genügend berücksichtigt würden. Erwähnenswert erscheint auch, daß 40,7 % der Kleinunternehmen, 54,3 % der mittleren Unternehmen und 50,9 % der Großunternehmen sowie 54,4 % aller Unternehmen mit dem Standort in ländlichen Regionen von einer Erweiterung der 50-km-Nahverkehrszone positive Effekte für die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader erwarten. Insbesondere um ein Bild über die relative Einschätzung der Bedeutung von Lockerungen staatlicher Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindung zu erhalten, wurden die Verlader auch nach anderen Maßnahmen im unternehmensorganisatorischen Bereich befragt. 50,0 % der Kleinunternehmen, 52,6 % der mittleren Unternehmen und 66,1 % der Großunternehmen beurteilen verbesserte Zugangsmöglichkeiten zu modernen Transporttechniken (Huckepack-, Kombiverkehr etc.) unter mittelstandspolitischen Gesichtspunkten positiv. Sonstigen organisatorischen Maßnahmen wie einer verstärkten Betätigung im Verkehrsgewerbe, einer engeren vertraglichen Bin-

175

176 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

dung an Straßengüterfern- und -nahverkehrsunternehmen oder an Speditionen stehen die Verlader dagegen weitgehend indifferent gegenüber. Während sich bei den unternehmensorganisatorischen Maßnahmen viele Unternehmen indifferent äußerten, belegen die Antworten zur Beurteilung von Maßnahmen, die die "kontrollierte Wettbewerbsordnung" auflockern, für wie wichtig Verlader die negativen Auswirkungen staatlicher Regulierung im Verkehrsgewerbe halten. Dies geht auch aus den Angaben auf die Frage nach den zukünftigen Entwicklungsmöghchkeiten mittelständischer Verlader bei unterschiedlicher Gestaltung der Marktordnung hervor.

Übersicht Vs 7:

Einschätzung der Lage mittelständischer Verlader in der Zukunft bei unterschiedlicher Gestaltung der Marktordnung im Straßengüterverkehr

Nach Einschätzung befragter Unternehmen wird die zukünftige Lage mittelständischer Verlader - durch Lockerung der Tarife im Güterfernverkehr -verschlechtert -nicht verändert -verbessert

Kleinunternehmen (in v.H.)

mittlere Unternehmen (in v.H.)

0,0 15,8 84,2

5,9 15,7 78,4

- durch Lockerung der Tarife im Güternahverkehr - verschlechtert - nicht verändert - verbessert

0,0 15,8 84,2

7,5 18,6 73,9

- durch völlige Aufhebung der Tarife im Güterfernverkehr - verschlechtert - nicht verändert - verbessert

23,1 15,4 61,5

33,6 7,7 58,7

- durch völlige Aufhebung der Tarife im Güternahverkehr - verschlechtert - nicht verändert - verbessert

20,0 13,3 66,7

33,6 10,7 55,7

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

Beispielsweise zeigt sich, daß 84,2 % der Kleinunternehmen übereinstimmend von einer Lockerung der Tarife im Straßengüternahverkehr wie auch im Straßengüterfernverkehr eine Verbesserung ihrer Lage erwarten. I m Bereich mittlerer Unternehmen hegt diese Quote bei 78,4 % in bezug auf den Fernverkehr und 73,9 % in bezug auf den Nahverkehr. Der Anteil derjenigen, die eine Verbesserung erwarten, sinkt, wenn eine völlige Aufhebung der Tarife im Güterkraftverkehr vorgeschlagen wird. Eine große Mehrheit von Verladern fordert somit zwar eine Lockerung der Tarife, um z.B. innerhalb einer größeren Marge gezielte Preisverhandlungen unter Berücksichtigung ihrer speziellen Situation führen zu können, einige von ihnen schrecken jedoch nach jahrzehntelanger Gewöhnimg an Tarife als Kalkulationsbasis davor zurück, Transportpreise völlig frei aushandeln zu müssen. I n diesem Zusammenhang ist auf die dargelegten Gefahren veränderter und aus der Anpassung an ein obligatorisches Tarifsystem resultierender Verhaltensweisen hinzuweisen 90 . Zudem wird nach den Ergebnissen im Bereich des Güterkraftverkehrs und der sich dabei zeigenden erheblichen Ausweichmöglichkeiten 91 noch die Frage zu untersuchen sein, ob die Tarifsysteme des Güterkraftverkehrs eine "Transparenz" der Preisbildung bzw. eine entsprechende Kalkulationsgrundlage wirklich gewährleisten oder ob nicht gerade mittelständische Unternehmen mit einer i.d.R. starken Produktions- und Technologieorientierung von einer effizienten Durchführung ihres Versandes durch eine nur vermeintlich vorhandene Transparenz abgehalten werden 9 2 . Erstaunlich ist auch in diesem Zusammenhang wiederum, daß eine große Zahl von Kleinunternehmen (61,5 %) eine völlige Aufhebung der Tarife im Straßengüterfernverkehr fordert, während diese Quote im Bereich mittlerer Unternehmen bei 58,7 %

90 Vgl. S. 171 f. dieser Studie. 91 Vgl. Kap. II. 1.1.3.3. 92 Vgl. Kap. II. 1.2.3.1.

177

178 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

liegt 9 3 . Auch trifft der Vorschlag eines Ausbaus der Tarife bei den Kleinunternehmen auf Ablehnimg, denn hier erwarten 46,2 % bei Ausbau der Tarife im Straßengüternahverkehr und 50,0 % bei Ausbau der Tarife im Straßengüterfernverkehr eine Verschlechterung ihrer zukünftigen Lage. Dagegen erhoffen sich 40,5 % der mittleren Unternehmen von einem Ausbau der Nahverkehrstarife und 43,7 % von einem Ausbau der Fernverkehrstarife positive Auswirkungen. Auch diese Aussagen deuten darauf hin, daß die den Fragebogen ausfüllenden Mitarbeiter mittlerer Unternehmen ihre Verhaltensweisen an der Preisbildung im Rahmen eines Tarifsystems orientieren. Zudem scheinen sie wohl auch vor dem Hintergrund der momentanen intensiven Diskussion über die Verkehrsmarktordnung davon auszugehen, daß sie ihre speziellen Interessen im Rahmen der Einführung eines neuen Straßengüterverkehrstarifes oder auch durch Ausbau von Ausnahmetarifen etc. durchzusetzen in der Lage sind. Insbesondere in Anbetracht der einseitigen Besetzung der TKF darf dies jedoch zumindest für den Bereich des Straßengüterfernverkehrs bezweifelt werden 94 . Die Aufgliederung der Fragebogenergebnisse nach der größenbezogenen Selbsteinschätzung der Befragten bestätigt die dargelegten Ergebnisse im wesentlichen. Die Untergliederung nach dem Standort der verladenden Unternehmen zeigt, daß sich Unternehmen in ländlichen (revierfernen) Regionen mit 58,6 % im Straßengüterfernverkehr und 55,2 % im Straßengüternahverkehr für eine völlige Aufhebung der Tarife aussprechen. Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß aufgrund bestimmter aus der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" resultierender Verhaltensmuster bzw. aufgrund der jahrzehntelangen Gewöhnung an staatliche Zulassungsbeschränkungen und staatliche Preisbindung insbesondere im Bereich mittlerer Unternehmensgrößen ein Teil der befragten Verlader einer völligen Beseitigung staatlicher Regulierungseingriffe eher reserviert ge-

93 Vgl. Übersicht VS 7. 94 Vgl. dazu auch Kap. II. 1.2.3.2.

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

179

genübersteht. Dabei werden - auch unternehmensintern - mögliche Probleme für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen der verladenden Wirtschaft offensichtlich übersehen. Eindeutig sind jedoch die Forderungen der Verlader nach einer erheblichen Flexibilisierung und Lockerung staatlicher Eingriffe in den Verkehrsmarkt etwa durch die Erweiterung bestehender Margengrenzen.

7.2.2.2 Größenklassenunabhängige Auswirkungen in einzelnen Bereichen und ihr Zustandekommen Zur Analyse möglicher, aus der Einschränkung des Preiswettbewerbs resultierender höherer Transportpreise insbesondere im Straßengüterfernverkehr führt beispielsweise WILLEKE für das Jahr 1983 eine Reihe von Frachtvergleichen durch, in denen vorwiegend die Tarife des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs als Vergleichsmaßstab zum innerdeutschen RKT herangezogen werden 9 5 . Er weist etwa darauf hin, daß die Beförderung von 24 t Kupfergußwalzdraht auf einer Tarifentfernung von 503 km nach der anzuwendenden Ladungsklasse A / B von Emmerich nach Stuttgart unter Berücksichtigung der maximal zulässigen Minusmarge von 8,5 % eine Frachtbelastung von 2.147,70 D M ergibt, während die Beförderung der gleichen Ware eines ausländischen Herstellers von Antwerpen nach Stuttgart bei einer Entfernung von 567 km nach dem DBST mit Anwendimg der möglichen Minusmarge lediglich 1.496,88 D M kostet. "Der Preisunterschied für eine 24 t-Ladung beträgt also trotz größerer Entfernung 650,82 D M , d.h. 30,2 % der binnenländischen Fracht" 9 6 . Auch von Chauny in Frankreich nach Stuttgart kostete 1983 ein derartiger Transport nach dem DFST bei einer Entfernung von 570 km unter Berücksichtigung der höchstzulässigen Minusmarge lediglich 1.362,- D M . "In diesem

95 Vgl. hierzu und zum folgenden: WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 103 ff. 96 Ebenda, S. 106.

180 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Fall beträgt der Preisunterschied trotz größerer Entfernung sogar 785,70 D M bzw. 36,58 % der binnenländischen Fracht" . Nach den Untersuchungen von WILLEKE sind die Unterschiede von nationalem zu grenzüberschreitendem Verkehr für eine 20 t-Ladung der Ladungsklasse A / B und einer Entfernung von 500 km in Tabelle 12 niedergelegt. I n Tabelle 13 findet sich zudem eine Auflistung von Frachtunterschieden zwischen dem DFST und dem RKT für verschiedene Relationsentfernungen. M i t solchen und ähnlichen Transportpreisvergleichen wird von Verkehrswissenschaftlern und Verbänden immer wieder auf Negativwirkungen der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" hingewiesen 98 . Gegen derartige Frachtvergleiche werden allerdings von Vertretern des gewerbüchen Güterkraftverkehrs starke Bedenken angemeldet. So wird auf die erheblichen Nachteile deutscher Güterkraftverkehrsunternehmer im Vergleich zu ausländischen Fuhrunternehmern hingewiesen, die erst bei einer entsprechenden Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen eine Vergleichbarkeit des Frachtniveaus erlauben w ü r d e t Als Wettbewerbsnachteile werden in der Regel eine Vielzahl von Punkten aufgeführt, die von der Kraftfahrzeug- und Mineralölsteuer über die Überwachimg der Sozialvorschriften bis zur allgemeinen Unternehmensbesteuerung reichen. Hierbei ist allerdings zu unterscheiden zwischen Nachteilen, aus denen durchaus ein Harmonisierungsbedarf ableitbar ist, wie dies etwa für die Kraftfahrzeug- und Mineralölsteuer begründet werden kann, und Nachteilen, deren Anführung als Begründung für ein Festhalten an bestehenden Regulierungseingriffen des Verkehrsmarktes nicht nachvollzogen werden kann. Letzteres gilt etwa für den Bereich der allgemeinen Unternehmensteuern, denn diese werden im Rahmen einer demokrati-

97 Ebenda, S. 106. 98 Als weiteres Beispiel ist hier insbesondere auf Frachtvergleiche der Wirtschaftsvereinigung Eisen- und Stahlindustrie in Düsseldorf hinzuweisen. 99 Vgl. Bundesverbände des Deutschen Güterkraftverkehrs BDG (Hrsg.), Grundaussagen zur EG-Verkehrspolitik, Frankfurt/ Main, im Januar 1986, S. 2.

12 Mittelstndische

Verlader im Straßengüterverkehr

sehen Entscheidung über die Aufbringung der Mittel der öffentlichen Hand für alle Unternehmen festgelegt, weshalb aus ihnen keinesfalls eine Rechtfertigung für besondere Eingriffe in einer einzelnen Branche abgeleitet werden kann. Denn aus der allgemeinen Unternehmensbesteuerung mögen dann zwar durchaus Nachteile gegenüber ausländischen Unternehmen ableitbar sein, es ist jedoch zu beachten, daß diese bewußt aufgrund übergeordneter Zielsetzungen in Kauf genommen werden. Ahnliche Bedenken gelten, wenn mögliche Wettbewerbsverzerrungen im Vergleich zu ausländischen Konkurrenten mit Faktoren wie einem höheren Lohnniveau oder belastenden Sozialvorschriften begründet werden. Nach einer Überprüfung von möglichen Wettbewerbsverzerrungen als Begründung für staatliche Regulierungseingriffe stellt sich weiterhin die Frage, inwieweit die verbleibenden Wettbewerbsnachteile in der Lage sind, die ermittelten Disparitäten zwischen innerdeutschen und grenzüberschreitenden Frachten zu erklären. WILLEKE weist unter Berücksichtigung der Unterschiede bei der Kfz-Steuer, der Mineralölsteuer und 1ΠΠ der Lohnkosten pro Mann-Monat nach, daß "der wirkliche Diskriminierungsnachteil ... aus betriebswirtschaftlicher Sicht noch nicht einmal 20 % der festgestellten Transportpreisdifferenz» 1 0 1 beträgt. Dabei ist zusätzlich davon auszugehen, daß die Kontrolltätigkeit der BAG im grenzüberschreitenden Verkehr vergleichsweise wenig wirksam ist, weshalb in der Praxis die aufgezeigten Frachtdisparitäten oftmals noch größer sein werden102. Eine weitere Auseinandersetzung mit Tarifniveauvergleichen erscheint allerdings wenig ergiebig. Denn daß die innerdeutschen gebundenen Transportpreise in einzelnen Bereichen höher als freie Preise sind, wird nicht nur von Verladern und Wissenschaftlern kritisiert, sondern - zumindest indirekt - auch von 100 Unter allokativen Gesichtspunkten ist allerdings die Berücksichtigung der Lohnkosten pro Mann-Monat als mögliche Wettbewerbsverzerrung bedenklich. 101 WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 111. 102 Vgl. Kap. 1.3.2.2.3 dieser Studie.

181

182 Teil Π: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Vertretern des Güterkraftverkehrsgewerbes bestätigt. So weisen diese beispielsweise gerade im Rahmen der Kritik von Tarifniveauvergleichen zwischen GNT, bilateralen Tarifen und RKT darauf hin, daß "der RKT heutiger Prägung nach wie vor, bezogen auf einzelne Transportfälle, nicht immer streng kostenorientiert (ist, d. Verf.). Der RKT soll vielmehr eine ruinöse Preisentwicklung im Güterfernverkehr unterbinden" 103 . Abgesehen von der aus theoretischer Sicht ohnehin fragwürdigen Begründung staatlicher Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindung mit der möglichen Gefahr ruinöser Wettbewerbsprozesse 104 wird offensichtlich übersehen, daß weder die Preise im Straßengüternahverkehrsbereich noch die Preise im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr ruinösen Charakter aufweisen. Anderenfalls wäre es kaum erklärbar, wieso auch für die Übertragung von Genehmigungen zur Betätigung im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr am Markt - wenn auch vergleichsweise niedrige - Entgelte gezahlt werden 1 0 5 . Der deutsche Anteil am grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr der Bundesrepublik Deutschland war zwar im Jahre 1983 mit 37,6 % der beförderten Mengen im Empfang aus Versandländern und 39,1 % im Versand aus Empfangsländern unterproportional 1 0 6 . Dies kann jedoch auch aus der staatlichen Angebotsverknappung durch Kontingentierung des grenzüberschreitenden Verkehrs resultieren. Zudem ist zu berücksichtigen, daß deutsche Unternehmer insbesondere angesichts der bestehenden intensiven Überwachung oftmals nur über eine begrenzte preisliche Flexibilität verfügen und somit bei möglichen wettbewerblichen Aktionen behindert werden. Weiterhin ist zu bedenken, daß beispielsweise für den höheren Anteil niederländischer Fuhrunternehmen auch Faktoren wie die traditionell starke Ausprägung des Transportgewerbes in dem vergleichs103 GOCKELN, Werner, GNT und bilaterale Tarife, Vorbilder für die Weiterentwicklung des Tarifs für den Güterfernverkehr?, in: Der Güterverkehr, 34. Jg. (1985), Heft 3, S. 20. 104 Vgl. Kap. II. 1.1.2.2 dieser Studie. 105 Vgl. Kap. II. 1.1.2.1 dieser Studie. 106 Vgl. Tab. 14.

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

weise kleinen Landes maßgeblich sind oder daß gerade im Verkehr mit Frankreich 1 0 7 die deutschen Fuhrunternehmen mit 56,0 % der beförderten Mengen im Empfang und 54,5 % im Versand eine große Bedeutung haben. Einen weiteren Anhaltspunkt fur in einzelnen Bereichen hohe gebundene Preise bildet der Hinweis von Verbandsvertretern auf die besondere Leistungsfähigkeit, die Erfüllung hoher Qualitätsmerkmale und vielfältige innovative Prozesse. "Neue Angebote aus dem Transportgewerbe speziell in den Bereichen - Neukonzipierung moderner Güterverteilzentralen - City-Logistik - 24-Stunden-Dienste im Paket- und Expreßdienst - Spezialdienste - Kooperation der Verkehrsträger sind 'lebensnahe' Indizien für die dynamische Entwicklung des Güterkraftverkehrsangebotes" 108 . Es sei deshalb zu beachten, "daß niedrigere Preise bei ausgeprägtem Wettbewerb letztendlich zu Lasten der Qualität gehen müssen" 109 . Eine solche Argumentation bedeutet freilich auch, daß gebundene Preise im Vergleich zu einer freien Preisbildung am Markt nur dann nicht überhöht sind, wenn die bestehende Qualität von den Verladern auch bei freier Preisbildung gewünscht wird. Die in Kapitel II.1.2.2.1 aufgeführten Fragebogenergebnisse zeigten jedoch, daß von Verladern nur in wenigen Fällen die Qualität der Transportleistungen des gewerblichen Güterkraftverkehrs kritisiert wird, während nach Einschätzung vieler Befragter die Transportpreise überhöht sind. Es ist deshalb durchaus möglich, daß sich Unternehmen der verladenden Wirtschaft bei verschiedenen Transporten auch mit einer geringeren Qualität zufriedengeben würden, wenn dies mit entsprechenden Preiszugeständnissen honoriert würde. 107 Vgl. dazu auch Tab. 12/13. 108 KREFT, Hans-Wilhelm, Die Freude am freien Spiel und ihre Folgen, in: Der Güterverkehr, 35. Jg. (1986), Heft 4, S. 8. 9Ebenda, S. .

183

184 Teil II: A uswirkungcn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Während bei Abwesenheit staatlicher Regulierung durch den Wettbewerbsmechanismus eine Lenkung der Produktivkräfte in Richtung auf eine optimale Verwendung erfolgen würde, bestätigen die Fragebogenergebnisse, daß die staatliche Preisbindung im Güterkraftverkehr zu einer Verlagerung wettbewerblicher Aktionen und der entsprechenden Mittelverwendung in den präferenzpolitischen Bereich führt. Zudem wird die Wettbewerbsintensität insgesamt durch staatliche Zulassungsrestriktionen vermindert. Beide Auswirkungen stellen erhebliche allokative Verzerrungen dar und vermindern somit die Gesamtwohlfahrt der Volkswirtschaft. So werden leistungsfähige mittelständische und große Industrie- und Handelsunternehmen der deutschen Wirtschaft durch überhöhte Transportkosten belastet und somit in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber ausländischen Konkurrenten beeinträchtigt . Auch gegenüber inländischen Konkurrenten sind derartige Auswirkungen denkbar, wenn diese z.B. ihre Rohstoffe oder Vorprodukte aus dem Ausland zu günstigeren Transportpreisen beziehen können 1 1 1 . Von Verbandsvertretern des gewerblichen Güterkraftverkehrs wird dem allerdings entgegengehalten: "In Anbetracht des relativ niedrigen Anteils an der Bruttowertschöpfung wird deutlich, daß selbst bei einer völligen Liberalisierung der Märkte und Eintreten des erhofften Preisverfalls die Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft - soweit es Transportkostenvorteile betrifft - nur in homöopathischen Dosen fühlbar wären" 1 1 2 . Hierzu ist allerdings festzustellen, daß durch breite Verteilung der Lasten staatlicher Regulierung auf die Schultern möglichst vieler Unternehmen der verladenden Wirtschaft der Gesamtschaden für die Volkswirtschaft keineswegs geringer wird. M i t 110 Vgl. dazu auch S. 200 dieser Studie. 111 Die allokative Verzerrung liegt keineswegs nur dann vor, wenn überteuerte Produkte nicht abgesetzt werden können. Vielmehr hat etwa der Verkauf von überteuerten Konsumgütern auch zur Folge, daß die Konsumenten bei der Planung und Realisation der Verwendung ihres restlichen Einkommens beeinflußt werden. 112 KREFT, Hans-Wilhelm, Die Freude am freien Spiel und ihre Folgen, a.a.O., S. 8.

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

dieser Argumentation könnten vielmehr Subventionen in allen möglichen Branchen begründet werden, sofern es nur gelänge, einen möglichst großen Kreis von Personen oder Unternehmen zu finden, die die erforderliche Mittelaufbringung zu tragen hätten. Hinsichtlich der vergleichsweise hohen Qualität deutscher Transportleistungen wird von Vertretern des Güterkraftverkehrs weiterhin auf die angebliche "internationale Erkenntnis" verwiesen: "The bitterness of poor quality remains long after the sweetness of low prices is forgotten" 113 . Dabei wäre jedoch zu untersuchen, ob diese "Erkenntnis" auf freien Märkten oder beispielsweise bei bestehenden staatlichen objektiven Zulassungsbeschränkungen gewonnen wurde. Denn es erscheint kaum erkennbar, wieso bei Abwesenheit staatlicher Regulierungseingriffe auf dem Verkehrsmarkt nicht genügend mittelständische und große Transportunternehmen einschließlich einer sich im Wettbewerb herausbildenden Anzahl von Newcomern ihre Leistungen zu den Qualitäten anbieten sollten, die von den Verladern gefordert werden und für die diese bereit sein werden, entsprechende Preise zu zahlen. Vielmehr wird es selbstverständlich in einigen Bereichen, in denen die Verlader mit einer niedrigeren Qualität bei entsprechend niedrigeren Preisen zufrieden sind, zu Qualitätssenkungen bei entsprechenden Preisrückgängen kommen. Während zudem gelegentlich die bestehende Qualität beibehalten werden könnte, ist schließlich in anderen Marktsegmenten bei Aufhebung der inflexiblen Zulassungs- und Preisvorschriften durchaus auch eine Qualitätserhöhung bei entsprechender Preissteigerung denkbar. Als Beispiel kann die Aufhebung der Kimdensatzverordnung im Spediteursammelgutverkehr im Jahre 1975 angeführt werden. Hier kam es - nach den Angaben Betroffener - in den Bereichen, in denen den Verladern z.B. aus Gründen der Optimierung der Lagerhaltung an einer Qualitätsverbesserung gelegen war, zu erheblichen Verbesserungen in Form einer Erhöhung der Transportschnelligkeit, die mit entsprechenden Preisen honoriert wurde.

Ebenda, S. .

185

186 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

I n ähnlicher Weise wie auf mögliche hohe Qualitätsrisiken wird oftmals auf eine "Benachteiligung strukturschwacher und revierferner Verlader (hingewiesen, d. Verf.), die nach den Gesetzen des 'freien Marktes' für ihre Standortnachteile erhebliche Belastungen zu erwarten haben" 1 1 4 . Auch zu diesem Argument ist festzustellen, daß es kaum ersichtlich ist, warum sich Güterkraftverkehrsunternehmer nicht bereitfinden sollten, den Verladern auch in ländlichen (revierfernen) Regionen entsprechende Transportangebote zu unterbreiten. Vielmehr ist als mögliche Auswirkung staatlicher Angebotsverknappung und aus der Preisbindung resultierender überhöhter Preise denkbar, daß die "kontrollierte Wettbewerbsordnung" bestehende Standortnachteile noch verschärft, weil das kontingentierte Angebot vorwiegend in Ballungsgebiete drängt, da dort z.B. die Zusammenfassung von Teilladungen, die Vermittlung einer Rückfracht etc. aufgrund des höheren Transportaufkommens leichter fallen. Da in vielen ländlichen Regionen mittelständische Unternehmen anzutreffen sind und somit ein enger Zusammenhang zwischen mittelstandspolitischen und regionalpolitischen Zielvorstellungen besteht, wurden in Kapitel Π.1.2.2.1 die Ergebnisse der Fragebogenaktion auch im Hinblick auf eine Untersuchimg regionalpolitischer Auswirkungen aufbereitet. Danach versprechen sich Verlader in ländlichen Regionen von der staatlichen Regulierung keineswegs wesentliche Vorteile, sondern sie kritisieren die Verkehrsmarktordnung sogar stärker als Verlader in Ballungsgebieten. Die Ursache hierfür wird noch näher zu untersuchen sein 1 1 5 . Als erstes Teilergebnis hinsichtlich der Auswirkungen der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" auf Verlader im Bereich Straßengüterverkehr ist somit festzuhalten, daß aus der staatlichen Regulierung erhebliche und weitgehend größenklassenunabhängige Benachteiligungen aller Unternehmen der verladenden Wirtschaft resultieren. Ursächlich hierfür ist im Bereich des Straßengüterfernverkehrs die einem Preiskartell gleichende

114 Ebenda, S. 9. 115 Vgl. Kap. II. 1.2.3.2.

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

Tarifbildung in der T K F 1 1 6 , die neben allokativ negativen Auswirkungen eine Umverteilung zugunsten der Kartellmitglieder und zu Lasten der übrigen Wirtschaft zur Folge h a t 1 1 7 . Zwar ist im Bereich des Straßengüternahverkehrs die TKN paritätisch mit Gewerbe- und Verladervertretern besetzt. Wie am Beispiel der Binnenschiffahrt gezeigt werden w i r d 1 1 8 , sind jedoch auch bei einer derartigen Konstellation tendenziell ähnliche Negativwirkungen wie im Bereich des Straßengüterfernverkehrs zu erwarten. Die Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit im Bereich der Verlader durch hohe Preise, die aus staatlichen Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindung resultieren, wirkt sich allerdings nicht auf alle Unternehmen gleichermaßen aus. Wie bereits festgestellt, ist vielmehr zu berücksichtigen, daß die Ausweichreaktionen der betroffenen Unternehmen zu größenklassenspezifischen Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader führen können. Außerdem sind die beschriebenen Auswirkungen keineswegs bei allen Transportvorgängen gleich. Vielmehr führt die Inflexibilität der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" zu einzelnen Problembereichen, die besondere Beachtung verdienen. Die wesentlichen Punkte wurden dabei 1983 in einer Schwachstellenanalyse der Verkehrsmarktordnung vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) dargelegt 119 . Ohne an dieser Stelle auf alle Einzelheiten eingehen zu können, erscheinen in Verbindung mit den Fragebogenergebnissen insbesondere folgende Punkte gravierend:

116 Vgl. Kap. II. 1.1.3.1. 117 Vgl. zu einzel- und gesamtwirtschaftlichen Kartellwirkungen: TUCHTFELDS Egon, Kartelle, in: HdWW, hrsg. v. W. ALBERS u.a., Vierter Band, Stuttgart, New York, Tübingen, Göttingen, Zürich, S. 449 ff., insb. S. 451 f. 118 Vgl. Kap. II. 2.2.2.2. 119 Vgl. hierzu und zum folgenden: Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) (Hrsg.), Schwachstellenanalyse der bestehenden Verkehrsmarktordnung im Straßengüterverkehr, a.a.O., S. 1 ff.

187

188 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

- A n den Schnittstellen zwischen Güternahverkehr (GNT) und Güterfernverkehr (RKT) besteht teilweise ein erheblicher Tarifsprung, der zu Lasten betroffener Unternehmen der verladenden Wirtschaft, aber auch zu Lasten von kleinen Güterkraftverkehrsunternehmen geht, die ihren Nachfragern aufgrund eines fehlenden Netzes flächendeckender Niederlassungen keine angemessenen Tarife anzubieten in der Lage sind 1 2 0 . Die Befragung von Unternehmen der verladenden Wirtschaft führte zu dem Ergebnis, daß 37,0 % der Kleinunternehmen, 42,6 % der mittleren Unternehmen und 53,7 % der Großunternehmen , sowie 54,3 % aller Unternehmen mit Standort in ländlichen Regionen von einer Beseitigimg des Tarifsprungs zwischen dem Güternah- und dem Güterfernverkehr durch eine Absenkung des RKT eine Verbesserung der Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader erwarten. Die Tragweite negativer Auswirkungen dieses Tarifsprungs wird jedoch erst vollständig deutlich, wenn man berücksichtigt, daß sich 25,9 % der Kleinunternehmen, 25,4 % der mittleren Unternehmen und 23,7 % der Großunternehmen sowie 29,4 % aller Unternehmen in ländlichen Regionen im Interesse mittelständischer Verlader für eine Erhöhung des GNT aussprechen, um auf diese Weise eine Beseitigung des Tarifsprungs zwischen RKT und GNT zu erreichen. Diese Unternehmen fordern somit den Abbau künstlicher, staatlich induzierter Standort- bzw. Wettbewerbsnachteile selbst zu dem Preis eines ingesamt steigenden Tarifniveaus. - Die angebliche Flexibilität des Tarifsystems durch zusätzliche Einführung von Ausnahmetarifen ist sehr begrenzt wirksam. So weist der BDI darauf hin, daß "bereits der Zusatz eines Bindemittels ... zu einem über Wochen geführten Schriftwechsel darüber (geführt hat, d. Verf.), ob das Transportgut nun noch zum A T gehört, wobei es selbstverständlich ist, daß das Gut zwischenzeitlich aus dem A T fällt und über die teuere Strafklasse A / B abgerechnet w i r d " 1 2 1 .

120 Vgl. dazu auch: WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 102. 121 Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) (Hrsg.), Schwach-

1.2 Mittlstndische

Verlader im Straßengüterverkehr

- Der Aufbau neuartiger logistischer Dienstleistungsmärkte wird tendenziell erschwert, weil die BAG in diesen Bereichen Nachkalkulationen durchführt, um - soweit ihr dies in der Praxis möglich ist - Tarifumgehungen durch Mischkalkulationen derartiger Leistungen mit tarifgebundenen Leistungen zu ahnden. - Nach Angaben von Verladern als wichtig angesehene Tarifneuerungen und -Verbesserungen, wie Rundfahrt- und Verteilertarife sowie die Neugestaltung der Stückgut- und Nebengebührentarife sind im Tarifbildungsverfahren jahrzehntelang blockiert worden. - Der Einsatz knapper Konzessionen für Fahrzeuge mit hoher Nutzlast führt zu einem Fehlen eines marktgerechten Angebotes von Transportmöglichkeiten mit kleinen Fahrzeugen. - Die Prüfungen durch die BAG binden häufig bis zu einem Drittel der Mitarbeiter einer Verkehrsabteilung verladender Unternehmen. Diese und eine Reihe anderer "Schwachstellen" werden zum Teil auch von Vertretern des gewerblichen Güterkraftverkehrs

100

gesehen . Wenn dennoch an staatlichen Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindung festgehalten wird, so wird dies insbesondere damit begründet, daß es zur Aufgabe der Verkehrspolitik gehört, "dafür zu sorgen, daß sich die Produktivität der Verkehrswirtschaft als Ganzes weiterentwickeln kann und ein fairer Wettbewerb stattfindet. I n dieser Perspektive hat die Erhaltung eines funktionsfähigen Wettbewerbs, der vor Entartung und Mißbrauch geschützt wird, einen besonderen verkehrspolitischen Stellenwert" 123 . Hierzu bedarf es jedoch stellenanalyse der bestehenden Verkehrsmarktordnung im Straßengüterverkehr, a.a.O., S. 6. 122 Vgl. Bundesverbände des Deutschen Güterkraftverkehrs (BDG) (Hrsg.), Güterfernverkehr und Wettbewerb als verkehrspolitische Aufgabe, Frankfurt/Main, im Februar 1984, S. 12 ff. 123 Ebenda, S. 22. Andere Argumente wie etwa die Prüfung der Negativwirkungen einer Beseitigung staatlicher Marktregulierungen auf die Lage der Deutschen Bundesbahn können hier nicht untersucht werden. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß bei der Begründung staatlicher Eingriffe in den Marktmechanismus ohnehin strikt zu trennen ist zwischen Argumenten wie

189

190 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

nicht derartiger staatlicher Reguherungseingriffe mit den gezeigten negativen Auswirkungen, was bereits in Kapitel II.1.1.2.2 behandelt ist.

1.2.3 Größenklassenabhängige Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader 1.2.3.1 Größenklassenspezifisch unterschiedliche Kenntnis und Beurteilung staatlicher Regulierung A u f die weitgehend größenklassenunabhängigen Auswirkungen staatlicher Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindung werden sowohl mittelständische Verlader als auch Großverlader reagieren, um die Negativwirkungen im Austauschprozeß mit den Güterkraftverkehrsunternehmen, die Transportleistungen anbieten, möglichst weitgehend abzumildern. Dabei ist eine Vielzahl von kurz- und langfristigen Reaktionen denkbar, die von der Umstrukturierung der Versandwege der industriellen Güter oder der Handelsgüter etwa durch Aufbau eines eigenen Werkverkehrs bis zu illegalen Umgehungen staatlicher Bestimmungen reichen können . Damit sich hieraus keine Benachteiligung mittelständischer Verlader ergibt, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein. Zum einen geht es um die Möglichkeiten mittelständischer Verlader, faktisch zumindest im gleichen Umfang wie Großverlader staatlich induzierte Benachteiligungen im Austauschprozeß zu neutralisieren. Zum anderen dürfen die entsprechenden Möglichkeiten nicht nur faktisch vorhanden sein, sondern die mittelständischen Verlader müssen über solche Möglichkeiten auch hinreichend informiert sein. Denn im Verhandlungsprozeß zwischen Transportleistungen anbietenden Unternehmen und einem mittelständischen Verlader ist kaum davon auszugehen, daß Speditionen und Güterkraftverkehrsunternehmen von sich etwa dem Schutz der Deutschen Bundesbahn zur Herstellung einer "sinnvollen Aufgabenteilung zwischen den Verkehrsträgern" und dem Hinweis auf den notwendigen Schutz mittelständischer Unternehmen. 124 Vgl. hierzu Kap. II. 1.2.3.2.

12 Mittelständische

Verader im Straßengüterverkehr

aus z.B. Vorschläge zur Mischkalkulation tarifungebundener und tarifgebundener Leistungen anbieten. Vielmehr werden sie über derartige Maßnahmen erst zu verhandeln bereit sein, wenn der mittelständische Verlader auf die bestehenden Möglichkeiten hinweist und bei ihrer Nichtberücksichtigung die Vergabe des Transportauftrages an andere Unternehmen miterwägt.

Obersicht Vs 8:

Kenntnis der Tarife i m gewerblichen Strassengüterverkehr durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft

Den befragten Verladern ist/sind:

Kleinunternehmen (in v.H.)

mittlere Unternehmen (in v.H.)

-der RKT: - bekannt - nicht bekannt

79,3 20,7

91,3 8,7

-der GNT: - bekannt - nicht bekannt

61,5 38,5

85,2 14,8

- die Tarife im grenzüberschreitenden Strassengüterverkehr mit den EG-Staaten: - bekannt - nicht bekannt

24,0 76,0

49,7 50,3

Die Fragebogenerkenntnisse zur Tarifkenntnis verladender Unternehmen machen deutlich, daß insbesondere im Bereich der Kleinunternehmen erhebliche Informationsdefizite bestehen, die offensichtlich aus einer Überforderung dieser im industriellen Bereich vorwiegend produktions- und technologieorientierten Unternehmen durch die staatlichen Regulierungsbestimmungen des Verkehrsmarktes folgen.

191

192 Teil II Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Obersicht VS 9:

Tarifüberprüfungsmöglichkeiten mittelständischer Verlader

Die befragten Verlader können:

Kleinunternehmen (in v.H.)

mittlere Unternehmen (in v.H.)

- auf dem RKT basierende Rechnungen - überprüfen - nicht überprüfen

65,4 34,6

89,6 10,4

- auf dem GNT basierende Rechnungen - überprüfen - nicht überprüfen

57,7 42,3

83,6 16,4

• auf den Tarifen im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr mit den EG-Staaten basierende Rechnungen - überprüfen - nicht überprüfen

22,7 77,3

46,0 54,0

So geht aus den Übersichten VS 8 und Vs 9 hervor, daß 20,7 % aller verladenden Kleinunternehmen der RKT nicht bekannt ist und 34,6 % dieser Unternehmen nicht in der Lage sind, auf dem RKT basierende Rechnungen zu überprüfen. I m Bereich mittlerer Unternehmen betragen diese Quoten immerhin noch 8,7 % und 10,4 %. Der GNT dagegen ist sogar 38,5 % der verladenden Kleinunternehmen nicht bekannt, und 42,3 % dieser Unternehmen können auf dem GNT basierende Rechnungen nicht überprüfen. Die geringere Tarifkenntnis im Bereich des Straßengüternahverkehrs kann damit erklärt werden, daß die Kontrollen staatlicher Preisbindimg im Straßengüterfernverkehr, mit denen auch Verlader konfrontiert werden, vergleichsweise intensiver sind als im Nahverkehrsbereich 125 , was für die verladenden Unternehmen einen indirekten Zwang zur Beschäftigung mit dem RKT zur Folge hat. Allerdings könnte argumentiert werden, daß 125 Vgl. Kap. 1.3.2.1.2 und 1.3.2.2.2.

1.2 Mittelständische

Verìader im Straßengüterverkehr

der GNT besser bekannt sein müßte als der RKT, da im Straßengüternahverkehr ein vergleichsweise weit größeres Transportaufkommen in t abgewickelt wird als im Straßengüterfernverkehr. Das gesamte binnenländische Transportaufkommen ist allerdings kein geeigneter Indikator für die Tarifkenntnis einzelner Verlader. Denn die meisten Verlader aus dem Bereich schwergewichtiger, kostenintensiver Transporte der Güterart Steine und Erden werden sicherlich über gute Tarifkenntnisse des GNT verfügen. Dagegen sind beispielsweise bei den Verladern der wenig transportkostenintensiven Güterart Fahrzeuge, Maschinen, sonstige Halb- und Fertigwaren erhebliche Informationsdefizite über die anzuwendenden Tarife denkbar. Sofern solche Unternehmen sich überhaupt mit den Tarifen beschäftigen, werden sie - sowohl aufgrund der schärferen Überwachung als auch aufgrund der höheren Transportkostenbelastung mit zunehmender Entfernung - zunächst den RKT studieren. Aufgrund dieser Zusammenhänge erscheint es durchaus plausibel, daß der GNT weniger bekannt ist als der RKT. Die Tarife im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr mit den EG-Staaten sind sogar 76,0 % der Kleinunternehmen sowie 50,3 % der mittleren Unternehmen unbekannt und 77,3 % bzw. 54,0 % dieser Unternehmen sind nicht imstande, auf diesen Tarifen basierende Rechnungen zu überprüfen. Teilweise kann sicherlich auch dieses Ergebnis auf die vergleichsweise wenig intensive Kontrolle im grenzüberschreitenden Bereich zurückgeführt werden. Als Ursache ist jedoch auch die Vielfalt dieser Tarifregelungen anzusehen 126 . Verlader werden in der Regel allenfalls die Tarife mit denjenigen Ländern kennen, mit denen sie bereits intensive Geschäftsbeziehungen pflegen. Die sonstige Unkenntnis erschwert jedoch die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen anderer Länder, da sich hierzu die verladenden Unternehmen eine ausreichende Kenntnis der Transportbedingungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und diesen Ländern aneignen müssen. Denn während auf einem freien Markt u.U. das telefonische Einholen entspre126 Vgl. Kap. 1.3.2.2.3.

193

194 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

chender Angebote ausreichen würde, ergibt sich angesichts bestehender Tarifbindungen und Angebotsverknappungen für in bestimmten internationalen Relationen neu auf den Markt tretende Verlader die Gefahr, daß sie von Güterkraftverkehrsunternehmen Preis- bzw. Tarifangebote erhalten, die sich allenfalls durch unterschiedliche Ausnutzung bestehender Margen unterscheiden. Verdeckt vorhandene Möglichkeiten zur Ausnutzung zusätzlicher Preisvorteile werden sie oftmals nicht erkennen. Dieser am Beispiel grenzüberschreitender Transporte gezeigte Zusammenhang gilt freilich auch für den innerdeutschen Verkehr. So ist zwar auch bei Abwesenheit staatlicher Preisbindung damit zu rechnen, daß verladende Unternehmen nicht ständig zu ermitteln versuchen, ob andere Verkehrsunternehmen diese Transporte u.U. günstiger durchgeführt hätten. Der Unterschied zu einer freien Preisbildung besteht jedoch darin, daß die staatliche Preisbindung im Falle der Überprüfung der Effizienz eines Verkehrsunternehmens mit Hilfe des Einholens alternativer Transportangebote durch die Verlader eine angebliche Markttransparenz und Einheitlichkeit der Preise vorspiegelt, die de facto aufgrund möglicher Ausweichreaktionen 127 gar nicht besteht. Die Aufgliederung der Angaben zur Kenntnis der Tarife im gewerblichen Straßengüterverkehr nach der größenbezogenen Selbsteinschätzung der Befragten bestätigt im wesentlichen die dargestellten Zusammenhänge. Die Aufbereitung nach dem Standort der verladenden Unternehmen ergibt keine signifikanten Unterschiede des Kenntnisstandes von Verladern aus verschiedenen Regionen. Allenfalls sind gewisse Tendenzen auffällig. In Grenzgebieten ist offensichtlich der Informationsstand geringfügig besser, was auch mit der räumlichen Konkurrenz ausländischer, im grenzüberschreitenden Verkehr zu günstigeren Transportpreisen anbietender Unternehmen zusammenhängen kann. Auch dürften in ländlichen Regionen die Kenntnisse über den GNT im Durchschnitt geringfügig besser sein als in Ballungsgebieten, während für den RKT eher der umgekehrte Zusammenhang gilt. 12 Vgl. Kap. II. 1.2.3.2.

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

Besonders deutlich tritt das Informationsdefizit im Bereich der Kleinunternehmen zutage, wenn die Unternehmen der verladenden Wirtschaft nach ihrer Kenntnis befragt werden, ob der RKT, der GNT und die Tarife im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr mit den EG-Staaten Festtarife, Margentarife mit Vereinbarungsspielraum oder Empfehlungsregelungen darstellen.

Übersicht Vs 10:

Einschätzung des RKT als Festtarif, Margentarif mit Vereinbarungsspielraum oder Empfehlungsregelung

Kleinunternehmen (in v.H.)

mittlere Unternehmen (in v.H.)

- Festtarif

23,1

13,4

- Margentarif

61,5

66,5

Von den befragten Verladern wird der RKT eingeschätzt als:

- Empfehlungsregelung

7,7

5,2

• Festtarif und Margentarif - Margentarif und Empfehlungsregelung

7,7

11,3

0,0

3,1

• Festtarif, Margentarif und Empfehlungsregelung

0,0

0,5

So geht aus Übersicht VS 10 für den RKT hervor, daß dieser von 23,1 % der Kleinunternehmen als Festtarif und von 7,7 % als Empfehlungsregelung klassifiziert wird. Die ergänzende Befragung nach der Einschätzung des GNT als Festtarif, Margentarif mit Vereinbarungsspielraum oder Empfehlungsregelung ergab, daß jeweils 27,3 % dieser Unternehmen den GNT als Festtarif und als Empfehlungsregelung beurteilen. Das ganze Ausmaß der Überforderung dieser Kleinunternehmen wird deutlich, wenn man berücksichtigt, daß das Nebeneinander von obligatorischen Margentarifen und unverbindlichen Referenztarifen im grenzüberschreitenden Verkehr mit den EGStaaten von keinem einzigen dieser Unternehmen erkannt wird,

195

196 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

während immerhin 23,0 % der Befragten diese Tarife als Festtarife einschätzen. M i t zunehmender Unternehmensgröße steigt der Kenntnisstand - wie die Ergebnisse im Bereich mittlerer Unternehmen zeigen - zwar an, dennoch sind auch hier noch deutliche Informationsdefizite im Vergleich zu Großunternehmen festzustellen . M i t dem Kenntnisstand von Großunternehmen vergleichbar sind die Kenntnisse etwa im Bereich "großer mittelständischer Unternehmen". Die Untergliederung nach verschiedenen Gebietstypen zeigt - im Vergleich zu Verladern in Ballungsgebieten - wiederum einen geringfügig schlechteren Kenntnisstand der Verlader in ländlichen Regionen in bezug auf den RKT. Diese Ergebnisse ermöglichen zwar noch keine endgültigen Aussagen darüber, inwieweit es mittelständischen Verladern gelingt, Negativwirkungen staatlicher Preisbindung durch entsprechende Reaktionen zu neutralisieren und insbesondere mögliche wettbewerbliche Benachteiligungen im Parallelprozeß zu anderen Verladern zu vermeiden. Daß dies gelingt, ist jedoch angesichts der Fülle von Regulierungseingriffen bei gleichzeitigem Vorhandensein weitgehend regulierungsfreier Bereiche kaum zu erwarten. Denn wenn verschiedene mittelständische Unternehmen nicht einmal in der Lage sind, die grundlegenden Tarife des Straßengüterverkehrs richtig zu klassifizieren, werden sie kaum die unter ökonomischen Gesichtspunkten richtigen Dispositionen treffen, um regulierungsinduzierte Benachteiligungen zu verhindern. Zur Verdeutlichung dieses Zusammenhangs wird im folgenden beispielhaft auf ein spezielles Marktsegment in Form des Kleingutverkehrs der Spedition abgestellt. Für ein Verkehrsunternehmen, das sowohl im Güterkraftverkehr als auch im Spe129 ditionsgewerbe tätig ist, besteht dann im Fernverkehr grund128 78,7 % (75,5 %) der Großunternehmen schätzen den RKT (GNT) als Margentarif ein. Dagegen halten lediglich noch 5,5 % (4,8 %) dieser Unternehmen den RKT (GNT) für einen Festtarif. 129 Im Nahverkehr gibt es keinen Stückguttarif. Die Tarifsätze beginnen hier bei einem Ladungsgewicht von 41.

1.2 Mittlstndisch

Verlader im Straßengüterverkehr

197

sätzlich die Möglichkeit, entweder nach dem RKT-Stückguttarif oder nach den BSL-Empfehlungen im Speditionssammelgutverkehr abzurechnen. Der RKT-Stückguttarif ist zwar vielfach niedriger als die BSL-Empfehlungen, letztere haben jedoch i m Gegensatz zum RKT nur unverbindlichen Charakter. D a nahezu jede Kleingutsendung im Straßengüterverkehr i m Speditionssammelgutverkehr befördert wird, weil die einzelne Beförderung einer solchen Sendung zu teuer wäre, dürfte es für verladende Unternehmen in vielen Fällen am günstigsten sein, die Preise frei auszuhandeln. Diese Möglichkeit zur freien Aushandlung der Beförderungsentgelte wird jedoch vielfach nicht genutzt. So gaben befragte Verlader an, daß in der Praxis oftmals nur die Alternative gesehen wird, die Empfehlungssätze des Speditionssammelgutverkehrs unverändert anzuwenden oder nach dem RKT-Stückguttarif abzurechnen. Einzelne Verlader rechnen es sich dabei als Erfolg an, die billigere Abrechnung nach dem RKT-Stückguttarif durchzusetzen, ohne bestehende Preisspielräume vollständig zu e r k e n n e n 1 3 0 . Übersicht Vs 11:

Kenntnisstand der Unternehmen der verladenden Wirtschaft über die Preisregelungen im Kleingutverkehr der Spedition

Nach Kenntnis der Befragten unterliegt der Kleingutverkehr der Spedition: - verbindlichen Preisregelungen - keinen verbindlichen Preisregelungen

Kleinunternehmen (in v.H.) 46,4

mittlere Unternehmen (in v.H.) 44,0

53,6

56,0

Derart komplizierte Zusammenhänge überfordern insbesondere mittelständische Verlader. So mißt - wie aus Übersicht Vs 11 hervorgeht - nahezu die Hälfte der Kleinunternehmen den 130 Hierauf dürfte es teils auch zurückzuführen sein, daß nach Angaben von Verladervertretern von Seiten des Speditionsgewerbes Forderungen nach einer Erhöhung des RKT-Stückguttarifs erhoben werden.

198 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Preisregelungen im Kleingutverkehr der Spedition verbindlichen Charakter bei, obwohl aufgrund der freien, lediglich durch Empfehlungen beeinflußten Preisbildung im Speditionssammelgutverkehr in nahezu allen Fällen ein freies Aushandeln der Beförderungsentgelte möglich sein dürfte. Keineswegs befriedigend ist allerdings auch, daß immerhin noch 32,8 % der Großunternehmen diese Einstufung vornehmen. Untergliedert nach der größenbezogenen Selbsteinschätzung der Befragten, die insbesondere auch Auskunft über die Bedeutung der Unternehmen auf den jeweiligen Märkten geben dürfte, kristallisiert sich ein größerer Abstand im Informationsstand der Unternehmen heraus, denn hier klassifizieren 48,1 % der "kleinen mittelständischen Unternehmen" und lediglich 26,2 % der "Großunternehmen" bestehende Preisempfehlungen als verbindlich. Wenn weiterhin 42,1 % der Unternehmen in ländlichen Regionen bereit sind, die Preise im Kleingutverkehr ohne entsprechende Verhandlungen aufgrund ihres angeblich verbindlichen Charakters zu akzeptieren, während ein solches Verhalten in Ballungsgebieten nur bei 34,6 % der Verlader zutrifft, so kann zwar möglicherweise eine "Tarifgleichheit im Raum" behauptet werden, die sich jedoch keineswegs auch in einer entsprechenden "Preisgleichheit" widerspiegeln wird. Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß offensichtlich eine Reihe von mittelständischen Unternehmen nicht in der Lage ist, Abrechnungen auf Basis der amtlichen Tarife auf ihre Richtigkeit zu überprüfen 1 3 1 und somit entsprechende Preisverhandlungen innerhalb der bestehenden Spielräume zu führen. Darüber hinaus kann die mit Ausnahme bestehender Margenspielräume angebliche Einheitlichkeit der Tarife und daraus resultierender Transportpreise gerade mittelständische Verlader dazu verleiten, selbst bei vorhandenen Tarifkenntnissen nur ungenügende Anstrengungen zu unternehmen, um negativen Auswirkungen der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" entgegenzuwirken. Denn selbst wenn die Abrechnungsmodalitäten 131 In diesem Zusammenhang wurde dem Verfasser von Experten auch mitgeteilt, daß ihnen größere Speditionen bekannt seien, die ihre Kundenkartei nach dem Schema aufbauen: - kontrolliert immer, - kontrolliert selten, - kontrolliert nie.

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

bestehender Tarife bekannt sind, ist damit keinesfalls sichergestellt, daß auch eine ausreichende Kenntnis der komplexen Zusammenhänge möglicher Ausweichreaktionen auf staatliche Tarifbindung vorhegt. Bevor im nächsten Kapitel mögliche Auswirkungen solcher Ausweichreaktionen auf mittelständische Verlader analysiert werden, werden zunächst größenklassenspezifische Unterschiede in der Beurteilung der Marktgerechtigkeit der Tarife durch die betroffenen Verlader untersucht. Dabei ergibt sich, daß eine große Anzahl von Unternehmen Inflexibilitäten und mangelnde Orientierung der Tarifsysteme an den Markterfordernissen als gegeben einschätzt. So gehen beispielsweise 52,9 % der Kleinunternehmen und 59,3 % der mittleren Unternehmen davon aus, daß es in der TKF zu einer zu starken Orientierung an Kostengesichtspunkten etwa in Form der Ölpreisverteuerung kommt, die zu pauschalen Tariferhöhungen führt. Nach Meinung von 35,3 % der Kleinunternehmen und 29,6 % der mittleren Unternehmen werden zudem kurzfristige (z.B. jahreszeitlich nachfragebedingte) Veränderungen am Transportmarkt nicht ausreichend in den Preisen berücksichtigt. Darüberhinaus werden nach den Erkenntnissen von 29,4 % der Kleinunternehmen und 32,7 % der mittleren Unternehmen auch mittelfristige (z.B. strukturell bedingte) Veränderungen am Transportmarkt von der TKF nicht ausreichend berücksichtigt. Zwar sind gleichzeitig zwischen 26,3 und 41,2 % der antwortenden Unternehmen der Meinung, daß in TKF und TKN Veränderungen am Transportmarkt ausreichend berücksichtigt werden. Eine auch im Hinblick auf die Reaktionszeit positive Beurteilung wird der TKF (TKN) dagegen lediglich von 11,8 % (17,6 %) der Kleinunternehmen und 13,6 % (10,2 %) der mittleren Unternehmen gegeben. Die Untergliederung nach der größenbezogenen Selbsteinschätzung der Befragten zeigt zwar im Bereich "kleiner mittelständischer Unternehmen" eine etwas höhere Akzeptanz der Arbeit der Tarifkommissionen, mittelstandspolitisch bedenklich ist jedoch auch hier die Kritik von 58,8 % bzw. 53,3 % dieser Unternehmen an pauschalen Tariferhöhungen im Straßengüterfern- und -nahverkehr. Diese Kritik verstärkt sich zudem im

199

200 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Bereich ländlicher Regionen. Berücksichtigt man weiterhin, daß auch Großunternehmen die Arbeit der Tarifkommissionen negativ beurteilen, so wird deutlich, daß in als überhöht angesehenen Tarifen und mangelnder Marktorientierung im Rahmen der Fortentwicklung dieser Tarife wesentliche Bestimmungsgründe für mögliche Ausweichreaktionen zu sehen sind. Die Beurteilung des aus der unterschiedlichen Höhe der Preise für Transporte im Inland und der Entgelte für grenzüberschreitende Transporte resultierenden Preisgefälles durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft findet sich zusammengefaßt in Übersicht Vs 12.

Übersicht Vs 12:

Beurteilung der Auswirkungen des Preisgefälles zwischen inländischen und grenzüberschreitenden Transporten durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft

Nach Angaben befragter Verlader beeinträchtigt das Preisgefälle zwischen Transporten im Inland und grenzüberschreitenden Transporten ihre Wettbewerbsposition gegenüber inländischen und/oder ausländischen Konkurrenten

Kleinunternehmen (in v.H.)

mittlere Unternehmen (in v.H.)

53,9

59,7

30,8 % der Kleinunternehmen leiten aus diesem Preisgefälle eine Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsposition auf dem Binnenmarkt gegenüber ausländischen Konkurrenten ab. Eine Benachteiligung gegenüber ausländischen und inländischen Konkurrenten, die z.B. über bessere Möglichkeiten verfügen, an den billigeren grenzüberschreitenden Transporten zu partizipieren, konstatieren 23,1 % der Kleinunternehmen. I m Bereich mittlerer Unternehmen hegen diese Quoten bei 38,2 % bzw. 21,5 %.

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

Dieses Ergebnis erscheint für sich genommen mittelstandspolitisch bedenklich. Ein vergleichbares Ergebnis stellt sich ein bei der Frage an die Verlader nach den Vor- und Nachteilen der Festlegung von Margenpreisen im RKT/GNT für mittelständische Verlader.

Übersicht Vs 13:

Vor- und Nachteile der Festlegung und Veröffentlichung von Margentarifen im RKT/GNT für mittelständische Verlader

Nach Angaben befragter Verladen

Kleinunternehmen (in v.H.)

mittlere Unternehmen (in v.H.)

77,8

62,6

- ergäben sich bei freierer Preisbildung eher postitive Auswirkungen auf die Wettbewerbsposition mittelständischer Verlader

66,7

53,9

• wären mittelständische Verlader bei freierer Preisbildung aufgrund mangelnder Information kaum in der Lage, lukrative Transportangebote zu erhalten

22,2

*~ S 1Ç 37,4

- können sich mittelständische Unternehmen auch bei freierer Preisbildung ausreichend über die Marktbedingungen informieren

So geht aus Übersicht Vs 13 hervor, daß zwar 66,7 % der Kleinunternehmen und 53,9 % der mittleren Unternehmen von einer freieren Preisbildung eher positive Auswirkungen auf die Wettbewerbsposition mittelständischer Verlader erwarten, da flexiblere Vertragsmöglichkeiten eine stärkere Berücksichtigung der Nachfragewünsche dieser Unternehmen zulassen würden. Andererseits vertreten jedoch immerhin 22,2 % der Kleinunternehmen und 37,4 % der mittleren Unternehmen die Meinung, daß sie bei freierer Preisbildung aufgrund mangelnder Information kaum in der Lage wären, lukrative Transportangebote

201

202 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

zu erhalten und sich deshalb ihre Wettbewerbssituation gegenüber Großverladern der gleichen Branche verschlechtern würde. Es wurde jedoch an Hand der Fragebogenergebnisse insbesondere durch die Offenlegung der begrenzten Kenntnisse mittelständischer Verlader sehr deutlich gezeigt, daß diese "Information" bzw. die angebliche Transparenz staatlich gebundener Tarife de facto gar nicht existiert. Neben der Überhöhung staatlich gebundener Preise in einzelnen Bereichen ergibt sich als weitere Negativwirkung der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" auf mittelständische Verlader somit die aus der Vorspiegelung transparenter Transportpreise folgende Veränderung der Verhaltensweisen dieser Unternehmen. Denn aufgrund der aus der staatlichen Regulierung des Verkehrsmarktes resultierenden Überforderung dieser Unternehmen werden diese oftmals bestehende Chancen zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition gar nicht erst wahrnehmen. Dabei ist auch keineswegs zutreffend, daß mögliche Negativwirkungen staatlicher Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindung allenfalls in Branchen mit hohem Transportkostenanteil zu erwarten sind. Denn während beispielsweise im Bereich Bau, Steine und Erden auch von mittelständischen Unternehmen noch eine gewisse Beschäftigung mit bestehenden Gesetzen und Verordnungen des Verkehrsmarktes erwartet werden kann, dürfte das bei mittelständischen Industrieunternehmen, die Maschinen oder andere Halb- und Fertigwaren herstellen, in der Regel nicht der Fall sein. Sie sind deshalb auch am wenigsten aktiv, angemessene Ausweichreaktionen einzuleiten. Solche Ausweichreaktionen und daraus resultierende Wirkungen auf mittelständische Verlader werden im folgenden analysiert.

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

203

1.2.3.2 Benachteiligung mittelständischer Verlader aufgrund unterschiedlicher Ausweichmöglichkeiten auf staatliche Regulierungsmaßnahmen Zunächst stellt sich die Frage, welche Ausweichreaktionen grundsätzlich denkbar sind. Dabei kann unterschieden werden, zwischen einer völligen Umorganisation des Versandes etwa durch Übertragung der Transporte auf andere Verkehrsträger oder den Aufbau eines eigenen Werkverkehrs sowie einer vergleichsweise geringfügigen Veränderung der Absatzorganisation, die zu einer Anpassung an das Nebeneinander von staatlichen Regulierungseingriffen und regulierungsfreien Bereichen führt, mit dem Ziel der bestmöglichen Ausnutzung dieses Nebeneinanders. Eine so grundsätzliche Entscheidung wie der Aufbau eines eigenen Werkverkehrfuhrparks wird dann getroffen, wenn - nach den individuellen Anforderungen des betreffenden Verladers Preis- und Qualitätskriterien in ihrer Gesamtheit hierdurch besser erfüllt werden können. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn die Tarifkommissionen eine pauschale Überwälzung steigender Kosten beschließen oder strukturelle Veränderungen der Transportnachfrage nicht ausreichend Berücksichtigung finden 1 3 2 . Zwar wird den Verladern durch die Aufnahme von Werkverkehr nicht in allen Fällen eine kostengünstigere Transportdurchführung gelingen. Die Beschränkung des Preiswettbewerbs und daraus resultierende hohe Preise führen jedoch zu einer Verlagerung des Augenmerks der verladenden Unternehmen auf andere Kriterien wie etwa die Qualität, die insbesondere wegen staatlich induzierter Angebotsverknappungen in Form objektiver Zulassungsbeschränkungen von eigenen Werkverkehrsfahrzeugen oftmals besser als von gewerblichen Straßengüterfernverkehrsunternehmen erfüllt werden wird. Die Betrachtung der Entwicklung des Werkverkehrs seit 1960 zeigt, daß der Werknahverkehr zwar in etwa parallel zum gewerblichen Straßengüternahverkehr wuchs, der Werkfernverkehr sein Verkehrsaufkommen in t jedoch um nahezu 400 % 132 Vgl. hieizu die gezeigten Fragebogenergebnisse in Kap. II. 1.2.3.1.

204 Tei II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

steigerte, während sich das Verkehrsaufkommen des gewerblichen Straßengüterfernverkehrs in etwa verdoppelte . Zwar erfüllt der Werkverkehr in vielen Fällen auch spezifische produkt- und servicebezogene Leistungen, die seine Substitution durch gewerbliche Transportleistungen erschweren. Die Motivationsanalyse bei Werkverkehr betreibenden Unternehmen durch das sogenannte Werkverkehrsgutachten zeigte jedoch auch, daß Unternehmen von der Aufnahme des Werkverkehrs trotz Verbotes der Ladung für Dritte auch eine kostengünstigere Transportdurchführung im Vergleich zu gewerblichen Verkehrsträgern erwarten . WILLEKE kritisiert, daß Ausführungen dieses Inhalts in dem genannten Gutachten eher noch zu vorsichtig ausgefallen seien . Die Aufnahme von Werkverkehr steht als Ausweichreaktion auf staatliche Reglementierung zwar grundsätzlich allen Unternehmen offen. Jedoch bestehen in Abhängigkeit vom Transportaufkommen bestimmte economies of scale. Daher verbietet sich diese Reaktion für viele mittelständische Verlader unter ökonomischen Gesichtspunkten . In der Tendenz ähnlich benachteiligt dürften mittelständische Verlader sein, wenn gewerbliche Leistungen nicht vollständig durch Eigenleistungen substituiert, sondern wenn nur Teilbereiche von einem Verlader übernommen werden. Dies ist in der Realität etwa bei der Gründung von Werkspeditionen der Fall. Zwar werden auch für eine derartige Unternehmensentschei-

133 Vgl. Tab. 15. 134 Vgl. KÖSTRING, Roland u.a., Der Werkverkehr auf Straßen und Binnenwasserstraßen in der Bundesrepublik Deutschland, Gutachten der Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH im Auftrag des Bundesministers für Verkehr, Ottobrunn 1979, Bd. 1: Ergebnisbericht, S. 176. 135 Vgl. WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 21. 136 Hierbei ist zunächst hinzuweisen auf die notwendige Mindestauslastung eines Lastkraftfahrzeuges. Bei Anschaffung mehrerer Lastkraftfahrzeuge besteht die Möglichkeit, eine kostengünstig arbeitende eigene Werkstatt aufzubauen, in der ein Mitarbeiter eingesetzt wird, der bei Transportengpässen gleichzeitig als Fahrer fungieren kann. Zu denken ist auch an mögliche Rückfrachten bei Großunternehmen mit verschiedenen Zweigniederlassungen etc.

1.2 Mittlständisch

Verlader im Straßengüterverkehr

dung oftmals regulierungsunabhängige Gesichtspunkte den Ausschlag geben. Jedoch kann mittels einer Übernahme speditioneller Leistungen durch einen Verlader die staatlich gebundene Werbe- und Abfertigungsvergütung (WAV) im Bereich dieses Unternehmens verbleiben. Daher wird ein Hauptzweck von Werkspeditionen in vielen Fällen darin bestehen, "WAVAbschöpfungsstelle" zu sein und auf diese Weise zur Minderung negativer Auswirkungen der staatlichen Preisbindung beizutragen. Großverladern wird es vergleichsweise leichter fallen, das hierzu erforderliche speditioneile Know-how bereitzustellen 137 . Es gibt jedoch nicht nur die Möglichkeit derart weitgehender Umstrukturierungen des Versandes. Die Verlader gleich welcher Größenklasse können versuchen, ihre Interessen in den Tarifkommissionen durchzusetzen sowie flexible Preisgestaltungsmöglichkeiten etwa über Mischkalkulationen zu nutzen, um eine Minderung regulierungsinduzierter Nachteile zu erreichen. Die TKF ist jedoch einseitig mit Unternehmensvertretern des gewerblichen Straßengüterfernverkehrs besetzt, so daß die Berücksichtigung von Verladerwünschen ohnehin nur in den Fällen zu erwarten ist, in denen insbesondere Großverlader mit großem Transportaufkommen und entsprechenden Interessenvertretern - auch im politischen Umfeld - mit der Abwanderung zu anderen Verkehrsträgern drohen können 1 3 8 . Die Umfrageergebnisse zeigen dementsprechend auch, daß kaum mit der Durchsetzung mittelständischer Interessen in den 137 Hieraus resultiert allerdings neben der Benachteiligung mittelständischer Verlader auch eine unnötige Belastung freier, oftmals mittelständischer Speditionen. "Denn weil der Weg zur WAV nur über die Einrichtung von Speditionsfirmen läuft, werden von dem so organisierten Versand auch Funktionen und Akquisitionsaktivitäten übernommen, die sonst der freien Spedition überlassen geblieben wären. Hier ist eine künstlich ausgeweitete Substitution herbeigeführt worden": WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 24. 138 Vgl. auch Kap. II. 2.2.3.2 dieser Studie, wo für den Bereich der Binnenschiffahrt auf mögliche Benachteiligungen mittelständischer Verlader aufgrund begrenzter Einflußmöglichkeiten im verkehrspolitischen Umfeld und aufgrund bestimmter Konstellationen in einer paritätisch besetzten Tarifbildungskommission verwiesen wird.

205

206 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Tarifkommissionen zu rechnen ist. Denn 75,9 % der Kleinunternehmen und 51,0 % der mittleren Unternehmen ist das Zustandekommen der Tarife des Güterkraftverkehrs unbekannt 1 3 9 , weshalb für sie auch ausscheidet, ihr "berechtigtes Interesse" 140 an einer Tarifänderung oder Tariffestsetzung in den Tarifkommissionen zu artikulieren. Die Beurteilung der Interessenvertretung in den Tarifkommissionen des gewerblichen Straßengüternah- und -fernverkehrs durch Verlader ergab - wie aus Übersicht Vs 14 hervorgeht -, daß nach Einschätzung von 80,0 % der Kleinunternehmen und 57,9 % der mittleren Unternehmen die spezifischen Interessen dieser Befragten in den Kommissionen nicht ausreichend ver1

treten werden

141

Übersicht Vs 14:

. Beurteilung der Interessenvertretung in den Tarifkommissionen des gewerblichen Güternah- und Güterfernverkehrs (TKN/ TKF) durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft

Nach dem Eindruck befragter Verlader - werden bei der Tarifbildung in den Tarifkommissionen (TKN/TKF) ihre spezifischen Interessen: -vertreten - nicht vertreten

Kleinunternehmen (in v.H.)

mittlere Unternehmen (in.H.)

20,0 80,0

42,1 57,9

139 Dagegen ist dies lediglich bei 19,7 % der befragten Großunternehmen der Fall. 140 Vgl. Kap. 1.3.2.1.2 und 1.3.2.2.2. 141 Interessant erscheint auch, daß sich Unternehmen in Ballungsgebieten noch am ehesten bei der Tarifbildung vertreten fühlen, während dieser Anteil im Bereich der Unternehmen mit Standort in ländlichen Regionen deutlich abnimmt und schließlich bei den Verladern, die aufgrund ihres Standortes in Grenzgebieten einem erhöhten Konkurrenzdruck ausländischer Mitanbieter von Gütern und Handelsleistungen ausgesetzt sind, am geringsten ist.

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

Sie begründeten diese Einschätzung mit folgenden Argumenten: - Z u geringe Flexibilität der Tarifkommissionen. - Kein Kontakt/ungenügender Kontakt zwischen Verladern und Mitgliedern der Tarifkommissionen. - Interessenkonflikte innerhalb der Tarifkommissionen. - Tarifkommissionsmitgheder kommen aus großen Speditionen und anderen Großunternehmen. - Verladerausschuß hat nur beratende Funktion (TKF)/keine Gleichberechtigung der Verlader. - Tarifkommissionen differenzieren bei der Tarifbildung nicht nach Branchen oder der jeweilige Branchenzweig ist in der TK nicht vertreten. - Unzureichende Marktorientierung der TK-Mitglieder. - Die Lobby der Bundesbahn in der TK beeinträchtigt die Gesamttarifierung. - Die Tarifkommission vertritt nur die Interessen des Speditionsgewerbes. Dem halten diejenigen Unternehmen, die mit der Interessenvertretung in den Tarifkommissionen zufrieden sind, entgegen: - Beteiligung aller großen Organisationen. - Fachverbände werden von den Tarifkommissionen befragt. - Zusammensetzung der Tarifkommissionen. - Jeweilige Branche hat eine starke Lobby innerhalb der Tarifkommissionen. - Verladerverbände haben ein Mitspracherecht. Diese Äußerungen lassen allerdings kaum erwarten, daß in den Tarifkommissionen die besonderen Bedingungen mittelständischer Verlader ausreichend berücksichtigt werden können. Denn hierzu dürfte beispielsweise ein "Mitspracherecht" von Verladerverbänden, in denen zudem oftmals Großverlader überwiegen dürften, kaum ausreichend sein. Vielmehr legen

207

208 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erbebungen

auch diese Äußerungen den Verdacht nahe, daß insbesondere kleinere Unternehmen die vielfältigen möglichen Reaktionen auf staatliche Regulierung nicht erkennen und deshalb auch den möglichen Auswirkungen von Verhandlungsprozessen in den Tarifkommissionen auf ihre eigene Wettbewerbssituation zu geringe Bedeutung zumessen. Denn daß Großverlader ihre Interessen in den Tarifkommissionen besser durchzusetzen in der Lage sind, wird beispielsweise auch deutlich, wenn man sich die Verhandlungsposition des Straßengüterfernverkehrsgewerbes im Rahmen der Erarbeitung von Ausnahmetarifen vor Augen führt. Hierbei soll zum einen das Tarifsystem als Ganzes nicht zu stark durchlöchert werden 1 4 2 , und zum anderen sind diese Ausnahmetarife als Abwehrinstrument gegen mögliche Abwanderungen großer Transportmengen insbesondere in den Werkverkehrsbereich zu verstehen. Selbst wenn deshalb unter Heranziehimg der betriebswirtschaftlichen Situation einzelner Straßengüterfernverkehrsunternehmen das Beschließen eines Ausnahmetarifes durchaus zu vertreten wäre, werden die Mitglieder der TKF aber u.U. auch die Vertreter von Großunternehmen im beratenden Verladerausschuß als mögliche Konkurrenten mittelständischer Unternehmen - solche Bemühungen kleiner und mittlerer Verlader in der Regel abblocken. Die Beurteilung der Ausnahmetarife durch die Verlader bestätigt, daß diese Tarife in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht auf mittelständische Verlader zugeschnitten sind. Zunächst einmal sind lediglich 28,0 % der kleinen Unternehmen und 59,5 % der mittleren Unternehmen derartige Ausnahmetarife im Straßengüterfernverkehr überhaupt bekannt. Darüber hinaus wird von 100,0 % derjenigen kleinen Unternehmen, die aufgrund ihrer Kenntnis zu einer Beurteilung der Ausnahmetarife fähig sind, und von 77,1 % der so abgegrenzten mittleren Unternehmen festgestellt, daß diese Ausnahmetarife

142 Vgl. Kap. II. 1.1.3.3.

1.2 Mittelständische

Verlader im Straßengüterverkehr

nicht flexibel genug auf die Marktverhältnisse mittelständischer Verlader eingehen . Ein Güterkraftverkehrsunternehmer erläuterte diesen Sachverhalt an folgendem Beispiel: Ein vergleichsweise junges mittelständisches Unternehmen der Nahrungsmittelbranche mit produktbedingt hohem Transportaufkommen und starkem Konkurrenzdruck von seiten eines Großunternehmens habe ihn um die Abrechnung nach Ausnahmetarif gebeten. Er sei dazu zwar grundsätzlich bereit gewesen, um sich diese Transporte zu sichern, die geltenden Tarifbestimmungen hätten jedoch eine derartige Abrechnung nicht erlaubt. Der mittelständische Verlader sei daraufhin auf ein anderes G&terkraftverkehrsunternehmen ausgewichen, das sich bereit erklärt habe, illegale Tarifumgehungen durchzufuhren. Das illegale Geschäft sei der BAG bekannt geworden und habe zu den üblichen Sanktionen geführt. I m Ergebnis kann ein Großverlader zum günstigen Ausnahmetarif abrechnen, während ein mit ihm konkurrierender mittelständischer Verlader einen ungünstigeren Tarif hinnehmen muß. Das bedeutet eine staatlich herbeigeführte Wettbewerbsbenachteiligung, die durch nichts zu rechtfertigen ist. Neben der Durchsetzung von speziellen Tarifen 1 4 4 und der Beeinflussung der Weiterentwicklung des gesamten Tarifwerks steht Unternehmen der verladenden Wirtschaft die Nutzung verschiedener Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung bzw. zur Umgehung staatlicher Preisbindung im Güterkraftverkehr zur Verfügung. Beispielhaft ist dabei zu verweisen auf:

143 Keine signifikanten Unterschiede bei der Beurteilung dieser Tarife durch mittelständische Unternehmen ergeben sich bei der Untergliederung nach verschiedenen Gebietstypen. 144 Im Hinblick auf die mittelstandspolitischen Auswirkungen von Landessondertarifen werden von den befragten Verladern vergleichsweise geringfügige Probleme gesehen.

209

210 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

- Die Abrechnung nach GNT bei Auswahl von Unternehmen mit günstiger Standortstruktur und Nahentfernungen bis 120 km. - Verknüpfung der Nachfrage nach Verkehrsleistungen und nach anderen Leistungen (z.B. lagern, kommissionieren, verpacken etc.). - Bündelung von nationalem und grenzüberschreitendem Verkehr. - Bündelung von tarifgebundenen Güterfernverkehrsleistungen und tariffreiem Kleingutverkehr. - Nutzung des § 413 HGB. - Verknüpfung von Transportleistungen mit Handelsleistungen (Fuhrmannshandel).

1.2 Mittelständische

Übersicht YS 15:

Verlader im Straßengüterverkehr

Kenntnis und Nutzung verschiedener Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung bzw. zur Umgehung staatlicher Preisbindung i m Güterkraftverkehr

Die Möglichkeit:

Kleinunternehmen/mittlere Unternehmen (in v.H.)

Großunternehmen (in v.H.)

- Abrechnung nach GNT bis 120 km: - ist Verladern bekannt - wird von Verladern genutzt

30,0/25,5 23,3/34,3

40,0 43,2

- Verknüpfung der Nachfrage nach Verkehrsleistungen und nach anderen Leistungen: - ist Verladern bekannt - wird von Verladern genutzt

13,3/26,0 10,0/22,5

37,8 31,4

- Bündelung von nationalen und grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten: - ist Verladern bekannt - wird von Verladern genutzt

13,3/17,2 6,7/17,2

27.6 29.7

- Bündelung von tarifgebundenen Güterfernverkehrsleistungen und tariffreiem Kleingutverkehr: - ist Verladern bekannt - wird von Verladern genutzt

6,7/15,7 3,3/17,2

25,4 24,9

-§413 HGB: - ist Verladern bekannt - wird von Verladern genutzt

10,0/22,5 13,3/28,4

23,8 47,0

- Fuhrmannshandel: - ist Verladern bekannt - wird von Verladern genutzt

16,7/13,7 3,3/8,3

32,4 7,0

D a b e i zeigt sich allerdings besonders d e u t l i c h die Ü b e r f o r d e r u n g mittelständischer Verlader. D e n n hinsichtlich aller U m g e hungsmöglichkeiten ist der Kenntnisstand dieser U n t e r n e h m e n teilweise erheblich geringer als derjenige v o n Großunternehm e n 1 4 5 . Z u d e m ist - m i t A u s n a h m e der (illegalen) V e r k n ü p f u n g v o n Transportleistungen m i t Handelsleistungen zur U m g e h u n g staatlicher T a r i f b i n d u n g - auch eine geringere N u t z u n g dieser

145 Vgl. hierzu und zum folgenden Übersicht VS 15.

211

212 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Möglichkeiten flexibler Preisgestaltung bei mittelständischen Verladern festzustellen. Aufgeschlüsselt nach der größenbezogenen Selbsteinschätzung der Verlader zeigen sich zwar nur noch geringe Unterschiede im Vergleich zwischen "großen mittelständischen Unternehmen" und "Großunternehmen". Erheblich benachteiligt erscheinen dagegen "kleine" und "mittlere mittelständische Unternehmen". I m Bereich ländlicher Regionen ist eine Tendenz zum Ausweichen auf illegale Umgehungsmöglichkeiten in Form des Fuhrmannshandels erkennbar. Maßnahmen wie etwa die Nutzung des § 413 HGB werden hier weniger genutzt. Zwar resultiert letztes auch aus dem geringen Transportaufkommen in ländlichen Regionen und ist in den Fällen vertretbar, in denen beispielsweise eine Zusammenfassung von Teilladungen aus rein betriebswirtschaftlichen Überlegungen erfolgt. Regional bedenklich ist dies allerdings in den Fällen, in denen die staatliche Tarifbindung eine mitbestimmende Determinante zur Sendungszusammenfassung darstellt, um auf der Grundlage des § 413 HGB den günstigeren 20-t-Satz des RKT anwenden zu können 1 4 6 . Die zusammenfassende Beurteilung solcher Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung bzw. zur Umgehung staatlicher Preisbindung durch die Nachfrager nach Güterkraftverkehrsleistungen geht aus Übersicht Vs 16 hervor. Nach Einschätzung von 78,3 % der Kleinunternehmen, 75,8 % der mittleren Unternehmen und selbst 74,1 % der Großunternehmen verfügen Großverlader z.B. aufgrund größerer Transportmengen und differenzierterer Nachfrage tendenziell über bessere Möglichkeiten einer flexibleren Preisgestaltung und sind daher eher in der Lage, die aus der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" resultierenden Benachteiligungen abzugleichen.

146 Vgl. Kap. 1.3.2.2.1.

1.2 Mittelständische

Übersicht Vs 16:

Verader im Straßengüterverkehr

Einschätzung der TarifUmgehungsmöglichkeiten durch mittelständische Verlader

Nach Meinung befragter Verladen

Kleinunternehmen (in v.H.)

mittlere Unternehmen (in v.H.)

- haben große Nachfrager nach Güterkraftverkehrsleistungen tendenziell bessere Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung bzw. zur Umgehung staatlicher Preisbindung

78,3

75,8

- haben mittelständische Nachfrager nach Güterkraftverkehrsleistungen tendenziell bessere Möglichkeiten zur flexibleren Preisgestaltung bzw. zur Umgehung staatlicher Preisbindung

17,4

8,1

Abschließend kann insoweit festgestellt werden, daß mittelständische Verlader im Bereich des Straßengüterverkehrs nicht nur durch größenunabhängige Auswirkungen staatlicher Regulierung im Austauschprozeß mit Güterkraftverkehrsunternehmen benachteiligt werden, sondern daß sie zudem negative Wirkungen für ihre Wettbewerbsposition im Parallelprozeß mit Konkurrenten zu erwarten haben. Derartige Negativwirkungen resultieren zum einen aus der Überforderung mittelständischer Verlader durch vielfältige, oftmals schwer durchschaubare staatliche Regelungen. Zum anderen liegen sie darin begründet, daß es Großverladern vergleichsweise leichter fällt, durch Umstrukturierung der Versandwege und Einflußnahme auf die Tarifbildung sowie durch die Umgehung staatlicher Preisbindung auf regulierungsinduzierte Benachteiligungen im Austauschprozeß mit Güterkraftverkehrsunternehmen zu reagieren.

213

214 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

2 Auswirkungen auf dem Markt fur Binnenschiffahrtsverkehrsleistungen

2.1 Auswirkungen auf anbietende mittelständische Binnenschiffahrtsunternehmen 2.1.1 Statistische Daten zur Entwicklung mittelständischer Binnenschiffahrtsunternehmen Auch im Rahmen der Erfolgskontrolle staatlicher Mittelstandspolitik im Binnenschiffahrtsgewerbe erscheint es zunächst angezeigt, die Entwicklung der Angebotsstruktur im Zeitablauf einer genaueren Untersuchung zu unterziehen 1 . Denn auch hier werden staatliche Maßnahmen in Form von indirekten Angebotsbeeinflussungen oder direkter staatlicher Preisbindung gerade auch damit begründet, daß sie eine ausreichende Entwicklung mittelständischer Unternehmen gewährleisten und Konzentrationsprozesse verhindern helfen. Mögliche Auswirkungen staatlicher Regulierung sind vor dem Hintergrund der Veränderung des Transportaufkommens in der Binnenschiffahrt zu sehen. Bei der Binnenschiffahrt handelt es sich um einen Verkehrsträger, der aufgrund seines speziellen Verkehrsleistungsprofils nicht in dem Maße wie der gewerbliche Straßengüterverkehr an dem steigenden Verkehrsaufkommen profitieren konnte. So stieg das Verkehrsaufkommen in der Binnenschiffahrt - wie aus den Tabellen 16/17 hervorgeht zwar zwischen 1960 und 1984 um 37,5 % von 172,0 Mio. t auf 236,5 Mio. t, gleichzeitig sank jedoch der Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen von 10,2 % auf 7,9 %. Diese Entwicklung ist zum einen auf die vergleichsweise abnehmende Bedeutung von Massenguttransporten zurückzuführen, da gerade deren Verlader, wie etwa das Beispiel des Koh-

1 Die Analyse erfolgt in ähnlich knapper Form wie im Bereich des gewerblichen Güterkraftverkehrs, vgl. als umfassende Untersuchung: SCHLENKERMANN, Heinz-Gert, Die Konzentration in der Binnenschiffahrt - Ursachen und Entwicklungen, Beiträge aus dem Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität Münster, hrsg. v. H.St. SEIDENFUS, Heft 97, Göttingen 1982, S. 53 ff.

21 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

lebergbaus belegt, starke Schrumpfungsprozesse zu überstehen hatten. Zum anderen war die Binnenschiffahrt auch dem starken Konkurrenzdruck anderer Verkehrsträger ausgesetzt, wie etwa der Anstieg des Transportaufkommens der Rohrfernleitungen um 414 % von 13,3 Mio.t im Jahre 1960 auf 68,3 Mio.t im Jahre 1984 zeigt. Neben der Entwicklung der Nachfrage und der Konkurrenzbeziehungen zu anderen Verkehrsträgern war die große technische Weiterentwicklung in der Binnenschiffahrt in Verbindung mit starken Produktivitätssteigerungen der zweite wichtige Bestimmungsgrund für den Wandel der Angebotsstruktur. Bei dieser technischen Weiterentwicklung handelte es sich im einzelnen um 2 : - die Veränderung des Betriebssystems. So ging der Anteil der Schleppkähne am Schiffspark von 1936 bis 1982 von 93,1 % auf 3,5 % zurück. Neben der verstärkten Motorisierung der Güterschiffe trat außerdem seit 1957 mit der Schubschiffahrt ein neues, äußerst leistungsfähiges Transportsystem in Erscheinung, das besondere Eignung für den großströmigen (Rhein- und Rheinwechsel-)Verkehr zwischen zwei Orten aufweist. - den Anstieg der Schiffsgrößen. Neben, aber auch aufgrund der Veränderung des Betriebssystems ist die durchschnittliche Tragfähigkeit aller Güterschiffe von 1950 mit 582 t bis 1982 mit 9831 um 69 % gestiegen3. - die Beschleunigung des Schiffsumlaufs. Durch die Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit, die Einführung technischer Hilfsmittel wie Radar und Funk und die dadurch mögliche Continuefahrt sowie aufgrund der Beschleunigung des Umschlags durch Modernisierung der Umschlagseinrichtungen und eine anteilmäßige Erhöhung der 1- bis 3-Raum-Schiffe kam es zu einer erheblichen Beschleunigung der Schiffsumlaufzeiten. So

2 Vgl. hierzu ausführlich: KÜHL, Karl-Heinz, Strukturveränderungen der Binnenflotte in 1936/1950 bis 1980 und damit verbundene Produktivitätssteigerungen, in: Internationales Verkehrswesen, 34. Jg. (1982), 3. Heft, S. 168 ff. 3 Vgl. ebenda, S. 169.

215

216 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

weist etwa KÜHL darauf hin, daß 1951 die Umlaufeeit eines Schleppkahns in der Kohlefahrt in der Relation Duisburg/Mannheim 22,06 Tage betrug, während Motorgüterschiffe mittlerweile für einen derartigen Umlauf lediglich 8 Tage benötigen 4 . Angesichts derartiger Produktivitätsfortschritte und der aufgezeigten Nachfrageentwicklung wird ersichtlich, daß das Überleben der Binnenschiffahrtsunternehmen von dem Ausmaß ihrer Modernisierungsmaßnahmen abhing, daß sich aber gleichzeitig ein Rückgang der absoluten Zahl von Binnenschifffahrtsunternehmen geradezu zwangsläufig einstellen mußte. Daten aus amtlichen Quellen zu der vor diesem Hintergrund durchzuführenden Analyse der langfristigen Entwicklung der Angebotsstruktur finden sich in den Tabellen 18-23. Die für diese Fragestellung besonders interessierenden Angaben der Unternehmensstatistik für den Bereich der Binnenschiffahrt werden vom Statistischen Bundesamt seit 1969 ermittelt. Eine an der Anzahl der verfügbaren Güterschiffe orientierte Aufschlüsselung der gewonnenen Daten dieser Unternehmensstatistik wird erst seit 1975 vorgenommen. Deshalb sind Angaben des Bundesamtes hierzu zwar in den Tabellen 18-19 zusammengestellt, für die Untersuchung eines längerfristigen Zeitraums muß im folgenden jedoch auf andere Merkmale, wie die einem Unternehmen zur Verfügung stehende Ladekapazität, ausgewichen werden, da diese bereits seit dem Jahr 1970 ausgewiesen wird. Die amtliche Statistik enthält auf der Grundlage von Ladekapazitätsgrößenklassen eine Untergliederung nach der Anzahl der Unternehmen, nach der Anzahl der Schiffe und deren Tragfähigkeit, nach der Anzahl der Beschäftigten und nach dem Umsatz 5 . Dabei zeigt sich insgesamt ein Rückgang der gewerblichen Binnenschiffahrtsunternehmen von 2891 im Jahre 1970 um 43,4 % auf 1635 im Jahre 1984. Die Anzahl der Schiffe sank in diesem Zeitraum um 47,7 %, die Tragfähigkeit um 23,5 %, 4 Vgl. ebenda, S. 170. 5 Vgl. hierzu und zum folgenden Tab. 20-21.

21 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

217

die Anzahl der Beschäftigten ging um 45,1 % zurück und der Umsatz in D M stieg um 65,0 %. Die in den Tabellen 21/22 aufgeführten Berechnungen der Veränderungen dieser Kennzahlen zur Unternehmensstruktur sowie der Anteile einzelner Ladekapazitätsgrößenklassen an der Gesamtveränderung ergeben, daß mittelständische Binnenschiffahrtsunternehmen 6 in etwa in dem Umfang an dem aufgezeigten Schrumpfungsprozeß teilhatten, der ihrer relativen Bedeutung im Jahre 1970 entsprach. So sank etwa die Anzahl der Unternehmen mit einer Ladekapazität von bis zu 2000 t 7 in dem betrachteten Zeitraum um 1188 Unternehmen oder 44,1 % 8 . Dieser Rückgang machte 94,6 % der Gesamtveränderung aus und war somit etwa proportional zu dem relativen Anteil dieser Unternehmen an allen Unternehmen von 93,1 % im Jahre 1970. Die Unternehmen mit 2.000 - 10.000 t Ladekapazität, die 1970 5,4 % aller Binnenschiffahrtsunternehmen ausmachten, waren zu 4,9 % an der Gesamtveränderung beteiligt. Dieser Zusammenhang bestätigt sich auch bei der Untersuchung der Anzahl der Schiffe, denn auf die Partikulierunternehmen mit einer Ladekapazität bis zu 2.0001 und einem Anteil von 57,7 % an allen Schiffen im Jahre 1970 entfielen 56,0 % des Rückgangs der Schiffsanzahl, während die Unternehmen mit 2.000 - 10.000 t Ladekapazität 1970 über 13,2 % aller Schiffe verfügten und seitdem ihren Schiffspark um 369 Schiffe bzw. um 15,4 % des gesamten Rückgangs der Schiffsanzahl verminderten. 6 Die Unterteilung nach Ladekapazitätsgröfienklassen setzt im Zusammenhang mit dem Mittelstandsbegriff eine entsprechende Abgrenzung voraus. Fragen der Abgrenzung zwischen Großunternehmen und mittelständischen Unternehmen der Binnenschiffahrt sowohl nach Ladekapazitätsgröfienklassen als auch nach anderen qualitativen und quantitativen Merkmalen sind behandelt durch: VON STACKELBERG, Friedrich, Mittelstand in der Binnenschiffahrt, in: Das mittelständische Güterverkehrsgewerbe - Bedeutung und Probleme* Beiträge aus dem Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität Münster, Heft 100, hrsg. v. H.St. SEIDENFUS, Göttingen 1983, S. 49 ff. In bezug auf die Ladekapazität kommt VON STACKELBERG zu folgendem Ergebnis: "Mittelständische Unternehmen sind solche mit weniger als 10.000 t Ladekapazität, Großunternehmen haben 10.0001 und mehr Ladekapazität": Ebenda, S. 55. 7 Es ist davon auszugehen, daß es sich bei diesen Unternehmen um Partikulierunternehmen handelt. 8 Vgl. hierzu und zum folgenden Tab. 21 und 22.

218 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Eine abweichende Entwicklung weist allerdings die Veränderung der Tragfähigkeit der Schiffe und des Umsatzes auf. Denn während die Partikuliere bis 2.000 t Ladekapazität mit 42,3 % etwa in dem Umfang an dem Rückgang der Tragfähigkeit der deutschen Binnenflotte beteiligt waren, der 1970 ihrem Gesamtanteil (43,8 %) entsprach, fällt auf, daß die wenigen mittelständischen Reedereien mit 2.000 - 10.000 t Ladekapazität, die 1970 lediglich über 16,0 % der gesamten Tragfähigkeit verfügten, den bedeutenden Anteil von 30,3 % am gesamten Ladekapazitätsrückgang auf sich vereinten 9 . Auffällig ist auch, daß die mittelständischen Unternehmen zwar in etwa ihrer Bedeutimg entsprechend zur Verringerung des Schiffsraumes beitrugen, daß sie jedoch an der Zunahme des Umsatzes in der Binnenschiffahrt von 1.106,7 Mio. D M (1970) um 65 % auf 1.825,7 Mio. D M (1980) nur unterproportional beteiligt waren. Bemerkenswert ist, daß im Jahre 1984 sechs Binnenschifffahrtsunternehmen, was einem Anteil von 0,4 % an allen Binnenschiffahrtsunternehmen entspricht, im Besitz von 23 % der Tragfähigkeit der deutschen Binnenflotte waren und dabei (1983) 25,1 % des Gesamtumsatzes erzielten. SCHLENKERMANN weist in diesem Zusammenhang für den Untersuchungszeitraum von 1970 - 1979 auf die steigende Bedeutung von Großunternehmen ab 100.000 t Ladekapazität h i n 1 0 . Die Angaben zu dieser Unternehmensgrößenklasse werden vom Statistischen Bundesamt seit 1984 allerdings zusammen mit der Klasse von 50.000 -100.000 t Ladekapazität ausgewiesen11, was eine Weiterverfolgung dieser Konzentrationstendenz anhand amtlicher Ladekapazitätsangaben ausschließt. Allerdings ist ohnehin zu beachten, daß das Eigentum an Schiffsraum nur begrenzte Aussagen zu der Entwicklung und dem Stand der Konzentration zuläßt. Denn durch dieses 9 Vgl. Tab. 22. 10 Vgl. SCHLENKERMANN, Heinz-Gert, a.a.O., S. 57; während in diesem Zeitraum die Anzahl dieser Unternehmen um 33,3 % zunahm, sank die Zahl der Unternehmen bis 100.0001 Ladekapazität um 32,7 %. 11 Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Fachserie 8 Verkehr, Reihe 4 Binnenschiffahrt 1984, Stuttgart und Mainz 1985, S. 16.

2.1 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

Merkmal bleibt unberücksichtigt, daß die Dispositionsmöglichkeiten weniger Großreedereien über Teile der Gesamtkapazität der deutschen Binnenflotte aufgrund der vertraglichen Anbindung von Hauspartikulieren erheblich sind. Eine große Marktbedeutung kommt auch einigen Partikulierzusammenschlüssen zu. Insgesamt verfügten beispielsweise im Jahre 1979 aufgrund vertraglicher Bindungen die 10 größten Unternehmen der gewerblichen Binnenschiffahrt über 55,7 % des Gesamtfrachtraums, bei den 20 größten Unternehmen lag dieser Anteil bereits bei 76,2 % 1 2 . Trotz angeblich mittelstandsfreundlicher staatlicher Regulierungseingriffe ist somit ein hoher Stand der Konzentration in der Binnenschiffahrt festzustellen. Die Marktstruktur wird von einer starken Marktstellung der Großreedereien, die zudem oftmals mit Verladern verflochten sind, von der Anbindung der Hauspartikuliere an diese Reedereien und von dem Zusammenschluß vieler Partikuliere in Genossenschaften determiniert. Aufgrund des aufgezeigten erheblichen Strukturwandels in der Binnenschiffahrt bei gleichzeitig anhaltender Regulierung seit der Weltwirtschaftskrise erscheint es angezeigt, auch die langfristige Entwicklung der Angebotsstruktur seit 1950 zu untersuchen. Hierzu muß allerdings mangels geeigneter unternehmensbezogener Angaben auf die Binnenschiffahrtsstatistik zurückgegriffen werden, die auf den fortgeschriebenen und berichtigten Ergebnissen der Binnenschiffszählung vom Januar

12 Vgl. Tab. 24, wo die Ergebnisse der Untersuchung von SCHLENKERMANN zur Konzentration in der Binnenschiffahrt zusammengefaßt sind. Der Autor addiert zu dem eigenen Prachtraum den Anteil der Hauspartikuliere und berücksichtigt weiterhin Unternehmensverbindungen und Partikulierzusammenschlüsse. Interessant ist, daß sich unter den 20 größten Unternehmen mit der Elbia-Eilfracht-Transportgenossenschaft e.G. (Elbia-Eilfracht), der Partikulier-Transport-Genossenschaft Jus et Justitia e.G. (PTG), der MSG Mainschiffahrtsgenossenschaft e.G. (MSG), der Oberweser-Privatschiffer-Vereinigung, Transport und Handelsgesellschaft mbH (OPV) und der Transportgenossenschaft zu Berlin e.G. (TGB) auch 5 Partikulierzusammenschlüsse befinden, vgl. dazu ausführlich: SCHLENKERMANN, Heinz-Gert, a.a.O., S. 73 ff., wo sich für das Jahr 1979 auch eine getrennte Untersuchung einzelner Schiffahrtsbereiche (Trockengüterschiffahrt/Tankschiffahrt, Motorgüterschiffahrt/Schubschiffahrt) findet.

219

220 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

1950 beruht 1 3 . Zusätzlich muß in Kauf genommen werden, daß lediglich die Eigentumsverhältnisse des Gesamtfrachtraums nach Partikulierschiffen, Reedereischiffen und Werkschiffen getrennt ausgewiesen werden, was eine vergleichende Untersuchung der Entwicklung von mittelständischen Reedereien und von Großreedereien unmöglich macht. Dennoch ist eine Untersuchung dieses Zahlenmaterials fur die weitere Analyse sehr ergiebig, denn die Entwicklung der Eigentumsverhältnisse im Rahmen der notwendigen Strukturanpassung der Binnenschifffahrt läßt einen engen Zusammenhang mit staatlichen Interventionen auf dem Binnenschiffahrtsmarkt vermuten. Es ist einerseits beachtlich, daß im Umfeld der staatlichen Preisbindung auf dem Binnenschiffahrtsmarkt 14 von 1950 - 1984 sowohl die relative Zahl der Werkschiffe als auch der Anteil der Tragfähigkeit der Werkschiffahrt am Gesamtfrachtraum durch einen erheblichen Zuwachs gekennzeichnet war 1 5 . Die (absolute) Tragfähigkeit der Werkschiffahrtsflotte stieg von 78.1911 auf 215.714 t um 176 %, während die Tragfähigkeit des Gesamtfrachtraums der deutschen Binnenflotte von 2.973.494 t auf 3.295.467 t um lediglich 10,8 % stieg. Andererseits ist auffällig, daß - wie aus Tabelle 23 ersichtlich ist - sowohl im Bereich der Partikulierschiffahrt als auch im Bereich der Reedereischiffahrt keine stetige Entwicklung vorliegt. Vielmehr zeigen sich bei der Betrachtung der Entwicklung der Tragfähigkeit der deutschen Binnenflotte und in noch stärkerem Ausmaß bei der 13 Zwar wurde diese Bestandsstatistik insbesondere 1969 bei Einführung der Unternehmensstatistik einer gründlichen Uberprüfung und Bereinigung unterzogen, vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Fachserie 8 Verkehr, Reihe 4 Binnenschiffahrt 1984, a.a.O., S. 7. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die in Tab. 23 niedergelegten Ergebnisse der Bestandsstatistik zur Entwicklung der Eigentumsverhältnisse des Gesamtfrachtraums etwa mit den Angaben der Unternehmensstatistik in Tab. 18 vergleichbar sind. "Die Angaben zum Binnenschifffahrtsbestand beziehen sich auf die in der Bundesrepublik Deutschland registrierten Schiffe. Sie sind mit den Ergebnissen über die Flotte der Binnenschifffahrtsunternehmen nur bedingt vergleichbar, weil dort auch An- und Vermietungen von Schiffen vom/ins Ausland sowie der Einsatz von Seeschiffen berücksichtigt werden. Ferner liegen die Bezugszeitpunkte ein halbes Jahr auseinander": Ebenda, S. 9, Fn 1. 14 Vgl. Kap. 1.3.3. 15 Vgl. Tab. 23.

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Betrachtung der Entwicklung der Anzahl der Schiffe einzelne Wachstums- und Schrumpfungsphasen 16. Da diese Veränderungen der Angebotsstruktur vor dem Hintergrund staatlicher Investitions- und Desinvestitionsanreize stattfanden, wird in Kapitel Π.2.1.2 zu analysieren sein, ob eine Kausalbeziehung zwischen derartigen staatlichen Regulierungsmaßnahmen und dieser Entwicklung feststellbar ist. Gleichzeitig läßt jedoch auch die staatliche Preisbindung erhebliche Auswirkungen vermuten 17 . So dürfte diese Preisbindung insbesondere im Rahmen des aufgezeigten rasanten Strukturwandels in diesem Bereich als Determinante von Investitionsentscheidungen von großer Bedeutung gewesen sein.

2.1.2 Auswirkungen mittelbarer staatlicher Eingriffe in die Angebotsentwicklung Eine unmittelbare Beeinflussung des Angebots durch objektive staatliche Zulassungsbeschränkungen gibt es in der Binnenschiffahrt nicht 1 8 . Wenn dennoch in einem gesonderten Kapitel auf staatliche Marktzugangs- oder -austrittsanreize etwa in Form staatlicher Investitionsförderung im Rahmen der Berlinhilfe oder in Form der Abwrackaktion eingegangen wird, so ergibt sich dies insbesondere aus der Notwendigkeit, die Wechselwirkungen zwischen staatlichen Maßnahmen zur Kapazitätsbeeinflussung und den zu untersuchenden Auswirkungen staatlicher Preisbindung in die Analyse einzubeziehen. Von besonderem Interesse sind auch Maßnahmen, die die Organisation der Leistungserstellung und die Vermarktung dieser Leistungen 16 Eine genaue Untersuchung dieser Wachstums- und Schrumpfungsphasen findet sich sowohl für Reedereien als auch für Partikuliere bei: DUNNER, Hans-Wilhelm, Die Wettbewerbssituation auf den Güterverkehrsmärkten der Bundesrepublik Deutschland - unter besonderer Berücksichtigung mittelständischer Güterverkehrsunternehmen - Beiträge aus dem Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität Münster, Heft 92, hrsg. von H. ST. SEIDENFUS, Göttingen 1980, S. 34 ff., sowie in den dort im Anhang abgedruckten Tabellen B1-B6. 17 Vgl. Kap. II. 2.1.3. 18 Vgl. Kap. 1.2.2.

222 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

gerade i m Bereich der (mittelständischen) Partikulierunternehmen beeinflussen, wie etwa die staatliche Auflösung der sogenannten Schifferbetriebsverbände bzw. deren Umwandlung in reedereimäßig arbeitende Genossenschaften. Wie aus dem Gesetzeswortlaut des BSCHVG 19 hervorgeht, besteht das Ziel der 1969 staatlich initiierten Abwrackaktion in der Verschrottung unwirtschaftlicher Schiffe. I n der amtlichen Begründimg der Gesetzesinitiative äußerte sich der Gesetzgeber wie folgt: "Die Funktionsfähigkeit des Binnenschiffahrtsmarktes, die gegenwärtig auch durch Tonnageüberhang gestört ist, kann nur durch das Ausscheiden des unwirtschaftlichen Schiffsraums sichergestellt werden. Unter unwirtschaftlichem Schiffsraum ist in erster Linie technisch veralteter Raum zu verstehen" 20 . Der Begriff "gegenwärtig" zeigt, daß diese Maßnahme als kurzfristiger staatlicher Eingriff zur Kapazitätsbereinigung gedacht war. Die Notwendigkeit dieses Eingriffs wurde folgendermaßen begründet: "Wenn für solchen (technisch veralteten, d. Verf.) Schiffsraum von einem kaufmännisch gut geführten Unternehmen auf Dauer nicht mehr die vollen speziellen Selbstkosten erwirtschaftet werden können, dieser Schiffsraum aber trotzdem zu ruinösen Frachten weiter angeboten wird, führt das zu einem unechten Preiswettbewerb mit der sich daraus zwangsläufig ergebenden Beeinträchtigung der Ertragslage des Schifffahrtsgewerbes 2 1 . M i t dieser Argumentation wird allerdings nicht nur die Abwrackaktion, sondern auch die staatliche Preisbindung gerechtfertigt . Zwar enthält diese Begründung mit dem Hinweis auf hohe Marktaustrittsschranken einen wettbewerbspathologischen Faktor, der - bei Vorhandensein chronischer Überkapazitäten 19 Vgl. § 32a Abs. 1. 20 Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr, Begründung, Drucksache V/2494, S. 36. 21 Ebenda, S. 36. 22 Vgl. beispielsweise SCHROIFF, Franz J., Die Preisbildung in der Binnenschiffahrt, vor allem in den Frachtenausschüssen, a.a.O., S. 1 f.

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zu ruinösen Wettbewerbstendenzen führen kann . I n Analogie zum Straßengüterverkehr 24 kann hieraus allerdings keine Rechtfertigung staatlicher Preisbindung abgeleitet werden, da ein derartiger Regulierungseingriff durch mangelnde Zielwirksamkeit gekennzeichnet ist. Vielmehr ist zu beachten, daß "Wettbewerbsbeschränkungen ... im Gegensatz dazu geeignet (sind, d. Verf.), die verzögerte Anpassung noch weiter hinauszuschieben" 25 . I m Rahmen der Untersuchung der Notwendigkeit einer staatlich initiierten Abwrackaktion ist "zu prüfen, - ob die behaupteten Besonderheiten auf der Angebots- bzw. Nachfrageseite der in Frage stehenden Märkte überhaupt vorhegen sowie - ob die daraus abgeleiteten staatlichen Eingriffe tatsächlich zu besseren Ergebnissen führen als der Wettbewerb und nicht etwa erst recht zu Anpassungs- und Effizienzproblemen" 26 . Zum Nachweis von Besonderheiten dürfen allerdings keine "Marktergebnisse" herangezogen werden, die sich vor dem Hintergrund bestehender Regulierungseingriffe einstellten. So wurden auch vor 1969 die Frachten im innerdeutschen Binnenschiffsverkehr in Frachtenausschüssen ausgehandelt, in denen den wirtschaftlichen Verhältnissen der Unternehmen der Schiffahrt Rechnung zu tragen war und die zudem bis zu der Gesetzesnovelle des BSCHVG von 1969, in der auch die Abwrackaktion geregelt wurde, in Analogie zur TKF einseitig mit Gewerbevertretern besetzt waren und somit staatlich geschützte "Preiskartelle" darstellten. Für den Bereich innerdeutscher Transporte lagen somit staatlich gebundene Preise vor, die keineswegs "ruinösen" Charakter hatten, sondern die bei ständiger Kapazitätsausnutzung eine attraktive Entlohnung des einge-

23 Vgl. dazu im einzelnen: BARTLING, Hartwig, Wettbewerbliche Ausnahmebereiche, a.a.O., S. 335 ff. 24 Vgl. Kap. U. 1.1.2.2 dieser Studie. 25 TOLKSDORF, Michael, a.a.O., S. 289. 26 VAN SUNTUM, Ulrich, a.a.O., S. 63.

224 Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

setzten Produktivkapitals und der geleisteten Arbeit sicherstellten. Bedenklich aus der Sicht der Branche dürfte vielmehr gewesen sein, daß bei Überkapazitäten u.U. moderne Schiffe auf Ladung warteten, während alte Schiffe fuhren 2 7 . Derartige Folgen sind um so wahrscheinlicher, je stärker der Preiswettbewerb durch Festtarife eingeschränkt wird, weil sich dadurch die Ladungsvergabe nicht mehr in ausreichendem Umfang an bestehenden Kostenvor- und -nachteilen orientiert 2 8 . Als Folge können dann verschiedentlich auch Unternehmen mit sehr leistungsfähigem Schiffsraum nicht mehr ihre gesamten (fixen und variablen) Kosten decken, wobei die Ursache jedoch nicht in der Überkapazität begründet hegt, sondern in der staatlichen Ausschaltung des Preiswettbewerbs. Dies gilt zumindest für den gesamten Bereich des innerdeutschen Binnenschiffsverkehrs nach dem FTB, soweit die staatliche Tarifbindung eingehalten wird. Zwar wird noch nachzuweisen sein, daß Tarifumgehungen eine erhebliche Bedeutung in dem Wettbewerbsprozeß zwischen Binnenschiffahrtsunternehmen haben 29 , dies bedeutet jedoch keinesfalls, daß die staatliche Tarifbindimg angesichts der bestehenden Kontrollen ohne jede Auswirkung auf den Preiswettbewerb ist 3 0 . Einer solchen Argumentation wird allerdings von Gewerbevertretern entgegengehalten, daß der innerdeutsche Binnenschiffsverkehr nur einen Teil des gesamten Binnenschiffahrtsmarktes darstelle und die Rentabilität der Unternehmen angesichts bestehender Marktaustrittsschranken und Überkapazitäten durch die freien Preise im grenzüberschreitenden Verkehr beeinträchtigt würde, da diese Preise "ruinösen 11 Charakter hät-

27 Vgl. OLEY, Wolfgang, a.a.O., S. 59. 28 Besonders deutlich wird dies am Beispiel des früher von Schifferbetriebsverbänden praktizierten Reihenfolgeverfahrens. 29 Vgl. Kap. II. 2.1.3.3. 30 Dafür spricht auch die Meinung des BMV, daß die Tarifüberwachung funktioniert. Gleichzeitig würde die Forderung der Gewerbevertreter nach Beibehaltung des FTB keinen Sinn mehr ergeben, wenn die Tarifbindung in der Praxis völlig bedeutungslos wäre.

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ten. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß viele deutsche Binnenschiffahrtsunternehmen, die im grenzüberschreitenden Verkehr tätig werden, ihre Investitionsentscheidung auch in Anbetracht der staatlichen Preisbindung im innerdeutschen Verkehr treffen. Eine Tendenz zu "ruinösen" Frachten im grenzüberschreitenden Verkehr kann dann ebenfalls durch diese staatliche Preisbindimg hervorgerufen werden. Denn pendeln sich dort die Marktfrachten in einer Höhe ein, bei der einzelne Transporte zwar positive Deckungsbeiträge erbringen, ohne jedoch langfristig in ihrer Gesamtheit die Vollkosten eines Unternehmens zu decken, so bedrohen diese Frachten die Existenz deijenigen durchaus sehr leistungsfähigen Unternehmen, die sich überwiegend oder ausschließlich im grenzüberschreitenden Verkehr betätigen können, während andere Unternehmen zur Deckung ihrer Vollkosten die im innerdeutschen Verkehr erzielten Erlöse miteinbeziehen können 3 1 . Aufgrund dieser Zusammenhänge erscheint es fraglich, ob staatliche Regulierungsmaßnahmen mit einem Versagen marktwirtschaftlicher Steuerungsmechanismen begründet werden können oder ob negativ zu beurteilende "Marktergebnisse" wie bestehende Überkapazitäten nicht vielmehr regulierungsinduziert sind. Auch im Bereich der Binnenschiffahrt müssen deshalb - in Analogie zum Straßengüterverkehr - die notwendigen und hinreichenden Bedingungen für das Eintreten behaupteter Besonderheiten bei wettbewerblicher Selbststeuerung ohne spezielle staatliche Eingriffe analysiert werden. I m Falle runinöser Wettbewerbstendezen bestehen diese Bedingungen in einem Zusammentreffen hoher Marktaustrittsschranken und

31 Die überwiegende Betätigung im grenzüberschreitenden Verkehr geschieht keineswegs "freiwillig". Sie steht vielmehr wiederum damit im Zusammenhang, daß die Einschränkung des Preiswettbewerbs zu einer Veränderung der Kriterien der Ladungsvergabe im innerdeutschen Verkehr führt. Denn aufgrund der staatlichen Preisbindung treten bestehende Kostenvor- und -nachteile und deren Weitergabe als Preisvorteil in den Hintergrund. Dafür entscheidet u.a. ein ausreichendes Angebot an Tarifumgehungen (tendenzielle Verlagerung des Preiswettbewerbs in eine andere Dimension) oder eine verstärkte Erfüllung von Qualitätskriterien (tendenzieller Ersatz des Preiswettbewerbs durch Qualitätswettbewerb) über die Transportvergabe.

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Teil II: Auswirkungn auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

angebots- und/oder nachfrageinduzierter anhaltender Überkapazitäten 32 . Wie in Kapitel H.2.1.1 gezeigt wurde, war die Binnenschiffahrt nicht von einem absoluten Nachfragerückgang betroffen. Deshalb ist die Situation nach dem 2. Weltkrieg keineswegs mit der immer wieder als Beispiel für ruinöse Wettbewerbsprozesse herangezogenenen Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre und deren Folgen zu vergleichen. Vielmehr war ein Nachfrageanstieg zu verzeichnen, der jedoch aufgrund sehr hoher Produktivitätssteigerungen strukturelle Überkapazitäten nicht verhindern konnte. Der Abbau derartiger Überkapazitäten wird durch einen hohen Anteil langfristiger Fixkosten an den Gesamtkosten der Binnenschiffahrt erschwert. Dennoch ist "eine rasche Kapazitätsanpassung nach unten ... keineswegs von vornherein ausgeschlossen, denn es gibt immer auch einen gewissen Bestand an veralteten, bereits voll abgeschriebenen Kapazitäten mit vergleichsweise hohen Grenzkosten, der im Falle nachgebender Preise relativ rasch unrentabel" 33 und von den Reedereien nicht mehr weiter eingesetzt wird 3 4 . Erschwert wird diese Anpassung allerdings durch Partikulierunternehmen, deren Betätigung im Binnenschiffahrtsgewerbe die einzige Einkommensquelle darstellt, die durch die Aufgabe des zumeist einzigen Schiffes verlorengeht. Z u Marktaustritten dieser Unternehmer kommt es dann erst bei einem sehr niedrigen Preisniveau, bei dem die Deckungsbeiträge zur Deckung der fixen Kosten nur noch sehr gering sind und beispielsweise die Abschreibungen weitgehend nicht mehr verdient werden. Denn diese Unternehmer können etwa - um nur einige Bestimmungsgründe hoher Marktaustrittsschranken zu nennen - außerhalb der Binnenschiffahrt nur

32 Vgl. zur Erläuterung dieses Zusammenhangs die analoge Untersuchung für den Bereich des Straßengüterverkehrs S. 121 ff. dieser Studie. 33 VAN SUNTUM, Ulrich, a.a.O., S. 64. 34 Zu dem Problem, daß dieser Schiffsraum zwar von Reedereien nicht mehr weiterbeschäftigt wird, jedoch aufgrund von Verkäufen an Partikulierunternehmen etc. nicht endgültig aus dem Markt ausscheidet, siehe S. 229 f. dieser Studie.

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einen sehr geringen Lohn erzielen, sie haben auch die Mobilitätskosten aufgrund beruflicher Umschulung zu berücksichtigen oder sie sind nicht bereit immaterielle Vorteile des Schifferlebens wie etwa Selbständigkeit 35 und psychische Bindungen an den gewohnten Lebensraum aufzugeben . Aus diesen hohen Marktaustrittsschranken resultiert allerdings keineswegs eine zwingende Notwendigkeit zu ruinösem Wettbewerb. Denn einerseits ist zu berücksichtigen, daß sich 1984 lediglich 35,2 % des Gesamtfrachtraumes im Besitz der Partikuliere befanden 37 , so daß die Partikuliere keineswegs einen möglichen Preisdruck allein bestimmen können. Wichtiger erscheint andererseits, daß nur sehr wenige Partikulierschiffer vollständig frei am Markt operieren und oftmals langfristige vertragliche Bindungen vorhegen, die beim Entstehen struktureller Überkapazitäten zu einer verzögerten Intensivierung des Preiswettbewerbs führen und somit den zeitlichen Spielraum für "weiche" Anpassungen des Angebots an die Nachfrage erweitern. So existieren nach Schätzungen des BdB lediglich noch etwa 50 freie Partikuliere, was im Jahre 1984 einem Anteil von 3 % an allen gewerblichen Binnenschiffahrtsunternehmen entsprach 38 . Selbst diese als "frei" bezeichneten Partikuliere pflegen oftmals keine Marktbeziehungen über wechselnde Verkehrsmittler, sondern sind vielfach aufgrund langfristiger Verträge an einzelne Verlader gebunden 3 . Ein 35 Diese Selbständigkeit ist allerdings - wie weiter unten gezeigt wird - ohnehin nur begrenzt vorhanden. 36 Eine modelltheoretische Analyse hoher Marktaustrittsschranken für den in vielen Punkten vergleichbaren Bereich der Landwirtschaft findet sich bei: BARTLING, Hartwig, Landwirtschaft, in: Marktstruktur und Wettbewerb, hrsg. v. P. OBERENDER, München 1984, S. 19 f. 37 Vgl. Tab. 23; die Einbeziehung der Werkschiffahrt erscheint dabei durchaus angemessen, denn bei Preissenkungen ist neben der Anziehung zusätzlicher Nachfrage von anderen Verkehrsträgern auch die Übernahme von Werkschifffahrtstransporten denkbar. 38 Andere Institutionen schätzen die Anzahl freier Partikuliere etwas höher ein, was jedoch an der Grundaussage kaum etwas ändert. 39 Vgl. OUT, Hans, Analyse der Strukturen und Wettbewerbsverhältnisse in der Binnenschiffahrt, Ifo-Studien zur Verkehrswirtschaft 8, München 1978, S. 18.

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Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

weitaus größerer Teil der Partikuliere ist dagegen als Hauspartikulier einer Reederei tätig und wickelt Transportaufträge im Unterfrachtführerverhältnis i.d.R. ausschließlich für die Vertragsreederei ab 4 0 , wobei zumeist eine gewisse Mindestbeschäftigung garantiert wird. Gemessen an allen gewerblichen Binnenschiffahrtsunternehmen war dies im Zeitraum von 1975 bis 1984 - wie aus Tabelle 25 hervorgeht - bei 37,9 % bis 42,5 % der Unternehmen der Fall. Bei der begrifflichen Abgrenzung dieser Absatzform bezeichnet das Statistische Bundesamt Binnenschiffahrtsunternehmen nur dann als Hauspartikulier, wenn Vertragslaufzeiten von mindestens 18 Monaten vorhegen. Während die Bindung an Verlader als vertikale Kooperation 4 1 bezeichnet werden kann, beschreitet die Mehrzahl der Partikulierunteraehmen mangels einer eigenen Absatzorganisation den Weg einer horizontalen Kooperation in insgesamt 10 absatzgenossenschaftlichen Zusammenschlüssen42. Diese Genossenschaften haben ihrerseits vielfach langfristige Verträge mit Verladern oder Mitbeschäftigungsabkommen mit Reedereien abgeschlossen. Auch von dieser Seite ist daher ebenfalls nur eine allmähliche Intensivierung des Preiswettbewerbs zu erwarten, mit der Möglichkeit einer rechtzeitigen Anpassung der Kapazitäten an die Nachfrage 43 . 40 Vgl. HERBST, Detlef, a.a.O., S. 128 ff.; die Berechnungen über den Anteil der Hauspartikuliere weichen bei HERBST von den Angaben der Tab. 25 ab, da HERBST nicht von gewerblichen Binnenschiffahrtsunternehmen im Bereich Güterschiffahrt ausgeht, sondern mit der allgemeineren Abgrenzung "Unternehmen der gewerblichen Binnenschiffahrt" offensichtlich auch Personenschifffahrtsunternehmen etc. einbezieht. 41 Vgl. CLASEN, Bernward, Rationalisierungsvorteile und Wettbewerbsbeschränkungen durch Kooperationsformen im Verkehr, Beiträge aus dem Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität Münster, hrsg. v. H.St. SEIDENFUS, Heft 61, Münster 1970, S. 89. 42 Neben den bereits angesprochenen Partikulierzusammenschlüssen ElbiaEilfracht, PTG, MSG, OPV und TGB (vgl. S. 218 dieser Studie) handelt es sich in alphabetischer Reihenfolge um folgende Vereinigungen: Binnenschiffervereinigung des Unterwesergebietes GmbH (BVU), FlußSchiffahrts-Kontor GmbH (FSK), Rhein-Neckar-Transportgenossenschaft e.G. (RNTG), Schiffer-Transport-Verein Haren e.G. (STVH), Schiffseigner-Genossenschaft Elbe e.V. (SGE). 43 Saisonal bedingte Überkapazitäten reichen als Begründung einer Tendenz

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Zwar ist nicht auszuschließen, daß im Rahmen einer Freigabe der Preise und Beseitigung der Abwrackregelung möglicherweise bei einzelnen Partikulierunternehmen ein verstärkter Drang zu selbständigem Absatz einsetzen würde. Hieraus folgt jedoch angesichts der Marktbedeutung dieser Unternehmen und dem permanenten Ausscheiden veralteter, bereits voll abgeschriebener Kapazitäten im Reedereibereich 44 keineswegs ein ruinöser Wettbewerb. Zudem führen derartige Überlegungen im Rahmen der Untersuchung der Notwendigkeit einer staatlich initiierten Abwrackaktion notwendigerweise zu dem zweiten angesprochenen Prüfungskriterium 45 , inwieweit aus der angeblichen Gefährdung durch ruinöse Wettbewerbsprozesse abgeleitete staatliche Eingriffe tatsächlich zu besseren Ergebnissen führen als der Wettbewerb. I m Rahmen der Prüfung der Ergebnisse staatlicher Eingriffe ist es nahehegend, auf die im vorangehenden Kapitel angesprochene Entwicklung der Tragfähigkeit der deutschen Binnenflotte und der Entwicklung der Anzahl der Schiffe in einzelnen Wachstums- und Schrumpfungsphasen zurückzugreifen, weil sich gerade bei dieser Untergliederung Auswirkungen staatlicher Maßnahmen deutlich erkennen lassen. I n der ersten Phase (1950/53 - 1968) ist die starke Zunahme der Partikulierschiffe auffällig. So wuchs deren Anzahl von 1950 - 1960 von 2551 auf 3834 und bis 1968 noch einmal auf 4075 46 . Dieser Anstieg ist vor allem auf den Kauf und die Modernisierung und Motorisierung gebrauchter Schiffe bzw. eigenen Kahnraums zurückzuführen. Die Reedereien haben sich bereits in diesem Zeitraum "verstärkt von altem, unwirtschaftlichem Frachtraum getrennt, indem sie diese Schiffe ins Ausland oder an deutsche Partikuliere verkauften oder abwrackten. Gleichzu ruinöser Konkurrenz keinesfalls aus, vgl. VAN SUNTUM, Ulrich, a.a.O., S. 65. 44 Zu dem Argument, daß dieser Schiffsraum zwar von Reedereien abgestoßen wird, jedoch nicht aus dem Markt ausscheidet, sondern von Partikulieren aufgekauft und weiter angeboten wird, vgl. die nachfolgende Analyse. 45 Vgl. S. 222 dieser Studie 46 Vgl. Tab. 23.

230 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

zeitig investierten sie in leistungsfähige Neubauten von Motorschiffen (Europatyp)" 47 . Zweifelhaft erscheint, ob das Wachstum von Anzahl und Tragfähigkeit der Partikulierschiffe insbesondere angesichts des spätestens in den 60er Jahren stark zunehmenden Wandels der Flottenstruktur und der damit verbundenen Produktivitätsfortschritte nicht gerade aus staatlichen Maßnahmen resultierte und diese somit auch das Entstehen von Überkapazitäten heraufbeschworen haben. Denn Kostenunterdeckung bei vielen polypolistischen Anbietern stellt letztlich ein reines Informations» bzw. Risikoproblem dar. "Gäbe es keine Unsicherheit über die Nachfrageentwicklung, so gäbe es auch kein Problem fixer (d.h. nicht mehr beeinflußbarer) Kosten, denn ein nachträglich auftretender Anpassungsbedarf könnte dann definitionsgemäß gar nicht mehr auftreten" 48 . Gerade die staatliche Preisbindung ging jedoch für Partikulierunternehmen, die eine Investitionsoder Desinvestitionsentscheidung zu treffen hatten, mit der Information zumindest kurzfristig auskömmlicher Erlöse einher, denn die Vorteile der leistungsfähigeren Schubschiffahrt wurden nicht in Form von Preissenkungen am Markt weitergegeben, da sich die Tarifbildung in den Frachtenausschüssen nicht an den modernen Schiffstypen orientierte 49 . Auch langfristig ließ die Preisbindung zumindest die Erwartung zu, daß die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Binnenschiffahrtsunternehmen durch die Bildung "angemessener Entgelte" gewisse staatiche Existenzgarantien beinhaltete. Außerdem bestanden längere Zeit Zwangsmitbeschäftigungsverträge zwischen Reedereien und den in Schifferbetriebsverbänden zusammengefaßten Partikulieren. Auch der letztgenannte staatliche Eingriff bedeutete zumindest tendenziell einen Anreiz zur Investition in vorwiegend von Reedereien abgestoßenen Schiffsraum und erhöhte bestehende Marktaustrittsschranken. Diese

47 DÜNNER, Hans-Wilhelm, a.a.O., S. 34. 48 VAN SUNTUM, Ulrich, a.a.O., S. 66. 49 Vgl. BUSCH, Berthold, Marktversagen oder Staatsversagen in der Binnenschiffahrt?, Die Wirkungen der staatlichen Regulierungseingriffe in die Preisbildung der deutschen Binnenschiffahrt, Marburg 1984, S. 162.

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Reedereien wurden dadurch in die Lage versetzt, Alttonnage zu verkaufen, die bei freier Preisbildung von ihnen aus den Erfordernissen der Marktentwicklung heraus abgewrackt worden wäre. Das für die Schifferbetriebsverbände bis 1969 bestehende Akquisitionsverbot, das diesen Verbänden die eigenständige Werbung von Ladungsaufkommen und entsprechende Vertragsabschlüsse verwehrte, dürfte zudem tendenziell ein gewisses Anspruchsdenken der Partikuliere im Sinne einer staatlichen Beschäftigungssicherung begründet haben. Andererseits bedeutete dieses Akquisitionsverbot jedoch eine erhebliche einseitige Beschränkung der Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen, durch die die Großreedereien - finanziell gestärkt durch lukrative innerdeutsche FTB-Transporte - ihre Marktstellung festigen konnten. "Die Möglichkeit für die Partikuliere, in der Nachkriegssituation eine eigene Marktposition zu erlangen, wurde durch die Wiedereinführung der SBV 1953 vertan" 50 . Ob die Aufhebung des Akquisitionsverbotes der Schifferbetriebsverbände im Jahre 1969, die 1972 durch die Umwandlung 5 1 dieser Verbände in reedereimäßig arbeitende Genossenschaften ergänzt wurde, angesichts der weiterhin bestehenden Bindung des für Kleinunternehmen besonders wichtigen Wettbewerbsparameters Preis überhaupt von Erfolg gekrönt sein konnte, erscheint fraglich und wird im nächsten Kapitel zu erörtern sein. "Zu Beginn der Phase 2 (1968 - 1972) hatten die Reedereien die Strukturbereinigung ihrer Flotte weitgehend abgeschlossen, während die Partikuliere dies verstärkt in Angriff nahmen" 52 . So 50 DÜNNER, Hans-Wilhelm, a.a.O., S. 74. 51 Diese Umwandlung erfolgte mit dem Hinweis, daß die Partikuliere in freier Selbstbestimmung über ihre wirtschaftliche Zukunft entscheiden sollten. Ein Beitritt zu einer Genossenschaft wurde ihnen jedoch mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit starker und wettbewerbsfähiger Unternehmen nahegelegt. So ließ der Bundesverkehrsminister in einem Brief vom 10. November 1971 alle Mitglieder des Schifferbetriebsverbandes Jus et Justitia wissen: "Wer sich andererseits jetzt nicht entschließt, der neuen Genossenschaft beizutreten, kann später keine Hilfe vom Staat erwarten". 52 DÜNNER, Hans-Wilhelm, a.a.O., S. 25.

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sank - wie aus Tabelle 23 hervorgeht - die Anzahl der Partikulierschiffe von 1968 - 1972 um 1326 Schiffe bzw. 32,5 %. Die M

Untersuchung der Abwrackaktion zeigt insbesondere in der Zeit vom 1. Januar 1969 bis zum 31.12.1973 einen erheblichen Anstieg der Abwrackungen, was mit den während dieser Zeit zusätzlich zu den Abwrackprämien gezahlten staatlichen Zuschüssen für Partikuliere in Zusammenhang stehen dürfte. Außer den dabei aufgetretenen Benachteiligungen gerade der mittelständischen Beitragszahler 54 läßt auch der starke Anstieg der Neubauten neben bestehenden konjunkturellen Einflüssen auf einen Zusammenhang mit der Abwrackaktion schließen. MÜLLER/VOGELSANG sind zwar der Meinung, "daß sich neu in Auftrag gegebener Schiffsraum von dem abgewrackten grundsätzlich unterscheidet. Die Schiffe werden den Transporterfordernissen durch technischen Fortschritt immer mehr angepaßt. Neue Kapazitäten entstehen dort, wo sie auch benötigt werden, nicht dort, wo Überfluß vorhanden ist" 5 5 . Hierzu ist allerdings festzustellen, daß einerseits durch die staatlich induzierte Abwrackaktion eine Verminderung der Gesamtkapazität erreicht und somit zusätzlicher Raum für Neubauten geschaffen wurde 5 6 . Zum anderen wird durch die Abwrackaktion das Investitionsrisiko verringert, "da die Investoren davon ausgehen können, daß bei vermindertem Angebot durch die Abwrackung mehr Nachfrage auf ihre Neubauten entfällt, 53 Vgl. Tab. 26. 54 So konnten beispielsweise auch Schiffe, die größtenteils im internationalen, zum Abwrackfonds nicht beitragspflichtigen Verkehr eingesetzt wurden, prämienwirksam abgewrackt werden; vgl. Deutscher Bundestag, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr, Begründung, Drucksache V/2494, S. 35. Darüber hinaus kam es zu umfangreichen betrügerischen Manipulationen zur Erlangung von Abwrackprämien, vgl. im einzelnen: DÜNNER, Hans-Wilhelm, a.a.O., S. 95. Zu solchen Manipulationen gehört auch, daß das Verbot der Reinvestition beim Empfang der Abwrackprämie umgangen wurde. 55 MÜLLER, Jürgen und Ingo VOGELSANG, Staatliche Regulierung, Regulated Industries in den USA und Gemeinwohlbindung in wettbewerblichen Ausnahmebereichen in der Bundesrepublik Deutschland, Baden-Baden 1979, S. 249. 56 Vgl. BUSCH, Berthold, a.a.O., S. 104.

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als dies ohne staatlich sanktionierte Kapazitätsbeeinflussimg der Fall gewesen wäre* 57 . Dieser Zusammenhang wird auch indirekt von Gewerbevertretern bestätigt, wenn darauf verwiesen wird, daß es auch im Ausland zu einer verstärkten Investitionstätigkeit kam: H Es kann nicht dem deutschen Gewerbe zur Last gelegt werden, wenn die in Deutschland betriebene Marktbereinigung im Ausland nicht nachvollzogen wurde und die deutsche Bundesregierung sogar tatenlos zusah, wenn dieser Bereinigungsprozeß vom Ausland her unterlaufen wurde" 5 8 . Zwar spielten bei der forcierten Investitionstätigkeit im Ausland auch andere Faktoren eine Rolle, wie beispielsweise die staatliche Investitionsprämierung in den Niederlanden. Es erscheint jedoch abwegig, jeden Zusammenhang zwischen der Abwrackaktion mit deutschen und auch ausländischen Neubauten von Schiffsraum zu leugnen 59 . Auch wird die Investitionsbereitschaft deutscher Unternehmer dadurch erhöht, daß die bisherigen Erfahrungen mit der Abwrackaktion zur Hoffnung auf die Weiterführung dieser Maßnahmen bei bestehenden Überkapazitäten berechtigen. Dadurch kommt es jedoch zu einer Sozialisierung von Verlusten, die aus einem Investitionsverhalten resultieren, das sich nicht an den Bedingungen des Marktes orientiert, sondern an staatlich induzierten Investitionsanreizen. OLEY kommt bei seiner Untersuchung der Abwrackaktion aus dem Jahre 1978 zu dem Ergebnis, "daß zwar eine Verbesserung der langfristigen Marktselektion durch Abwracken eingetreten ist, die strukturelle Überkapazität jedoch nicht beseitigt werden konnte" 60 . Die dritte Phase (seit 1972/74) "ist gekennzeichnet durch eine weitere, bei beiden Gruppen (Partikulieren und Reedereien, d.

57 Ebenda, S. 105. 58 PTG Partikulier-Transport-Genossenschaft Jus et Justitia e.G. (Hrsg.), Geschäftsbericht für das Jahr 1983, Duisburg 1984, S. 2. 59 So wurden in den 4 Jahren von 1965 - 1968 in der Bundesrepublik Deutschland 143 Neubauten mit 171.7541 Tragfähigkeit realisiert. In den 4 Jahren von 1970 - 1973 wurden dagegen 760 Schiffe mit einer Tragfähigkeit von 912.7811 neu gebaut, vgl. Tab. 26. 60 OLEY, Wolfgang, a.a.O., S. 209.

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Teil II : Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Verf.) fast gleiche Anpassung der Kapazitäten an die Nachfrage durch Abwrackung von Schiffsraum, bei verhaltener Neubautätigkeit der Reedereien vor allem in Schubschiffsraum" 61 , was zu einer erheblichen Steigerung der Leistungsfähigkeit der (Groß-) Reedereien führte. Eine nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes durchgeführte Aufteilung des Gesamtfrachtraumes in verschiedene Schiffstypen ergibt z.B., daß sich 1975 der Gesamtfrachtraum der Unternehmen mit 30 und mehr Schiffen von insgesamt 1.103.127 aus 49,8 % (549.188 t) Güter- und Tankmotorschiffsraum und 50,2 % (553.939 t) übrigem Schiffsraum zusammensetzte 62 ; 1985 betrug dieses Verhältnis bereits 43,4 % (293.825 t) zu 56,6 % (383.550 t). Da gleichzeitig 1985 die Unternehmen mit bis zu 3 Schiffen der gewerblichen Binnenschiffahrt lediglich 6 Güter- oder Tankschubleichter (einschl. Schub-Schleppkähne) besaßen, während die Großreedereien mit 30 und mehr Schiffen über 168 derartige Schiffsgefäße verfügten und somit den Großteil der insgesamt 270 Leichter auf sich vereinten, wird das starke Wachsen der Leistungsfähigkeit der Reedereiflotte deutlich. Der starke Anstieg der Leistungsfähigkeit der Großreedereien wird auch durch die Angaben zur Unternehmensstruktur in Tabelle 20 bestätigt, denn dort zeigt sich, daß die Unternehmen mit über 50.000 t Ladekapazität von 1970 - 1984 ihren Beschäftigtenanteil von 25,9 % auf 17,2 % reduzieren konnten 6 3 , obwohl ihr Anteil an der Tragfähigkeit der Binnenflotte nahezu gleichblieb. Es kam somit in Anwesenheit staatlicher Eingriffe zu einer Verfestigung der Marktstellung der Großreedereien. Diese

61 DÜNNER, Hans-Wilhelm, a.a.O., S. 36. 62 Güterschubleichter einschl. Güter-Schub-Schleppkähne, Tankschubleichter einschl. Tank-Schub-Schleppkähne, Güter- und Tankschleppkähne einschl. Schuten. 63 Dies läßt auch die in der Tab. 19 niedergelegten Daten zu der Entwicklung der Tragfähigkeit des Schiffsraums der Unternehmen der gewerblichen Binnenschiffahrt nach Anzahl der verfügbaren Güterschiffe, die für den Bereich der Großreedereien mit 30 und mehr Schiffen einen Rückgang des Anteils an der gesamten Tragfähigkeit der deutschen Binnenflotte von 29,0 % auf 23,0 % zeigen, in einem anderen Licht erscheinen.

21 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

235

verfügten spätestens nach Nutzung der Abwrackaktion 6 4 über eine sehr leistungsfähige Flotte und waren in Anbetracht der andauernden staatlichen Preisbindung und dabei erzielter Renteneinkommen 65 den Herausforderungen des Strukturwandels auch weiterhin gewachsen. A u f seiten der Genossenschaften wurde dagegen das erst seit 1969 bestehende Akquisitionsrecht zum Aufbau eigener Kundenbeziehungen im Konkurrenzverhältnis zu Reedereien durch die staatliche Bindung der Frachten eingeschränkt. Denn diese Preisbindung verhindert den Einsatz der Preispolitik zur Gewinnung zusätzlicher Nachfrage 66 . Ein Großteil der Aufträge dieser Genossenschaften resultiert deshalb weiterhin aus Mitbeschäftigungsverträgen mit Großreedereien und nicht aus der direkten vertraglichen Bindung an Verlader. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Abwrackaktion sicherlich zu einem Absenken hoher Marktaustrittsschranken geführt hat. Gleichzeitig wurden dadurch jedoch auch die Marktzutrittsschranken für potentielle Investoren gesenkt. Störend bei der Beseitigung struktureller Überkapazitäten wirkten auch die staatliche Berlin-Förderung 67 sowie andere Investitionsanreize wie etwa die staatliche Förderung im Rahmen des ERP-Programmes 68. Völlig in Frage gestellt wurden die möglichen Erfolge der Abwrackaktion jedoch durch die Beibehaltung der staatlichen Preisbindimg, die zu einer tendenziellen Zementierung hoher Marktaustrittsschranken beitrug und zudem kleine und mittlere Binnenschiffahrtsunternehmen in ihren Akquisitionsbemühungen behinderte 69 . 64 DÜNNER macht beispielsweise darauf aufmerksam, daß von 1969 - 1972 28 %, von 1973 - 1976 sogar 52 % der abgewrackten Schiffe Reedereitonnage waren, vgl. DÜNNER, Hans-Wilhelm, a.a.O., S. 95. 65 Vgl. Kap. II. 2.2.2.2. 66 Vgl. dazu Kap. II. 2.1.3.3. 67 Vgl. S. 36 dieser Studie. 68 Hier soll keine grundsätzliche Kritik an dem ERP-Programm geübt werden. Entscheidend ist vielmehr die Kumulation der Investitionsanreize, die auf dem staatlich regulierten Binnenschiffahrtsmarkt völlig anders wirkt als auf einem freien Markt. 69 Vgl. Kap. II. 2.1.3.

236 Teil II : Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Das Zusammenwirken staatlicher Maßnahmen hatte deshalb im wesentlichen zwei Ergebnisse zur Folge: 1. "Der Partikulier hat heute nur noch die Wahl, sich einer Genossenschaft oder sonstigen Partikuliervereinigungen anzuschließen, die ihm zum Teil zwar hohe Einzelfrachten aber keine ausreichende Beschäftigung garantieren können, oder aber einen Vertrag als Hauspartikulier mit einer Reederei zu schließen, die ihm (trotz staatlicher Preisbindung, d. Verf.) keine vollkostendeckenden Frachtraten bietet 7 0 , dafür aber eine 71

längerfristige Beschäftigung sichert" . Diese Zusammenhänge gelten in der Tendenz auch für Kleinreedereien. 2. Die Analyse struktureller Überkapazitäten und einer möglichen Tendenz zu ruinösem Wettbewerb erfolgt vielfach auf der Basis sich aus den staatlichen Regulierungseingriffen ergebender Marktverhältnisse. Praktiker sind geneigt, ihre Handlungsempfehlungen und Forderungen an den Staat aus den 'Tatsachen" abzuleiten. "Die Tatsachen', wie sie sich dem Verkehrspolitiker heute darstellen, sind jedoch beeinflußt und verformt von 40jähriger Regulierungspolitik" 72 . Es erfolgt somit keine Ursachenanalyse. Vielmehr wird unterstellt: "Durch strukturelle Überkapazitäten in der Binnenschiffahrt besteht die Tendenz zu ruinösem Wettbewerb" 73 . Zur Unterstützung der Forderung nach Beibehaltung staatlicher Regulierungseingriffe wird schließlich auf angebliche zusätzliche positive Auswirkungen verwiesen, die jedoch einer genaueren Analyse nicht standhalten 7 4 .

70 Zwar sollen die administrierten Frachten vollkostendeckend sein, fraglich ist jedoch, ob sie in voller Höhe an den Hauspartikulier weitergegeben werden; vgl. Kap. II. 2.1.3.3. 71 DÜNNER, Hans-Wilhelm, a.a.O., S. 73. 72 OLEY, Wolfgang, a.a.O., S. 154. 73 Bundesverband der deutschen Binnenschiffahrt e.V. (Hrsg.), Binnenschifffahrt 1984/1985, a.a.O., S. 20. 74 Vgl. dazu beispielhaft: HAMM, Walter, Kollektiver Kapazitätsabbau in der Binnenschiffahrt, in: ZfV, 53. Jg. (1982), S. 225, wo sich der Autor mit der wandelnden Begründung der Abwrackaktion - ausgehend von der Beseitigung unwirtschaftlichen Schiffsraums über das Modernisierungsziel hin zur Verschrot-

Ζ 1 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

237

Die Betrachtung der Auswirkungen staatlicher Angebotsbeeinflussungen im Zeitablauf hat vielmehr gezeigt, daß insbesondere durch das Zusammenspiel einer Vielzahl staatlicher Regulierungseingriffe und Reglementierungen die Marktchancen mittelständischer Binnenschiffahrtsunternehmen beeinträchtigt werden.

2.1.3 Auswirkungen staatlicherPreisbindung 2.1.3.1 Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit Partikuliere "transportieren Güter über verhältnismäßig weite Strecken auf einem Verkehrswegenetz, das eine Vielzahl von räumlich weit getrennten Ausgangs- und Zielpunkten zuläßt, sie verfügen oft nur über ein einziges, meist vom Unternehmer selbst geführtes Schiff, und - geradezu klassisches Kennzeichen dieses Unternehmenstypes - sie betreiben keine eigene, nur für ihre Unternehmen arbeitende Landorganisation zur Transportgutakquisition" 75 . Es wird somit deutlich, daß das sich direkt an den Verlader wendende präferenzpolitische Absatzinstrumentarium dem Partikulier nur begrenzt zur Verfügung steht. Der Partikulier kann allenfalls im Rahmen der Transportübernahme über verschiedene vertikal oder horizontal gelagerte Absatzmittler etwa auf besondere Vorzüge seines Schiffsraums bei der Be- und Entladung, auf seine Bereitschaft zu Wochenendfahrten etc. hinweisen und auf diese Weise in Konkurrenz zu anderen Partikulieren treten. Gleichzeitig wirkt er dadurch auch auf die Entscheidung der Reedereien ein, für durchzuführende Transporte eigenen Reedereischiffsraum oder Partikulierschiffe einzusetzen, und beeinflußt somit sowohl die kurzfristigen Einsatzentscheidungen als auch die langfristigen Investitionsentscheidungen dieser Unternehmen. Es wird jedoch deutlich, daß in der Binnenschiffahrt präferenzpolitische Maßnahmen für Kleinunternehmen weit geringere wettbewerbliche Möglichkeitung durchaus noch moderner, aber wegen struktureller Nachfrageveränderung nicht mehr benötigter Tankschiffe - beschäftigt. 75 HERBST, Detlef, a.a.O., S. 125 f.

2

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

ten bieten, als dies im Bereich der Preispolitik bei freier Preisbildung der Fall ist. Tendenziell gilt dieser Zusammenhang nicht nur für Hauspartikuliere von Großreedereien und für freie Partikuliere, sondern auch für Kleinreedereien und auch für Genossenschaften. Zwar könnte aus der aufgezeigten Größe verschiedener Genossenschaften wie etwa der Elbia-Eilfracht und der PTG geschlossen werden, daß diese Unternehmenszusammenschlüsse durchaus über die gleichen präferenzpolitischen Möglichkeiten verfügen wie etwa Großreedereien. Dies ist jedoch nur in begrenztem Umfang der Fall. Entscheidend hierfür dürfte insbesondere sein, daß die aufgeführten Genossenschaften rein absatzpolitische Organisationen im Sinne einer Vermarktung des vorgegebenen Angebots der Partikuliere darstellen, die nicht in die Investirions- und Desinvestitionspläne einzelner Schiffseigner eingreifen und deshalb auch nur in begrenztem Umfang ihr Leistungsprogramm beeinflussen können 7 6 . LANKES weist beispielsweise darauf hin, daß durch Investitionen im Bereich der Schubschiffahrt oder auch durch Vorhaltung spezieller Transportgefäße für ganz spezifische Produkte "Unternehmen der Binnenschiffahrt die Möglichkeit haben, durch eine aktive Trogrammpohtik' ihre Attraktivität zu erhöhen und dadurch Nachfrage nach Verkehrsleistungen auf sich zu ziehen" 77 . Derartige Maßnahmen zur absatzgerechten

76 Eine Ausnahme bildet hier allenfalls die MSG, die auch über eigene Schiffe sowie über Beteiligungen an Güterkraftverkehrs-, Speditions-, Lagerei- und Umschlagsunternehmen verfügt. Die MSG ist in der Lage, ihre Beschäftigungsverhältnisse vornehmlich als Hauptfrachtführer einzugehen, vgl. DÜNNER, Hans-Wilhelm, a.a.O., S. 99 f. Dies hängt allerdings auch damit zusammen, daß die MSG mit dem Ausbau des Mains in einen räumlich neuen Markt "hineinwuchs", während andere Partikuliergenossenschaften sich zum großen Teil in einem strukturell unbeweglichen Markt behaupten mußten. 77 LANKES, Wilfried, Marketing in der Verkehrswirtschaft aus der Sicht eines Unternehmens der Binnenschiffahrt, in: ZfV, 55. Jg. (1984), S. 117; dem Argument, daß es sich bei diesen Verkehren ohnehin oftmals um sachlich getrennte Teilmärkte handelt, die nichts über die Marktstellung von Genossenschaften auf anderen Märkten aussagen, ist entgegenzuhalten, daß etwa von Großreedereien immer wieder - beispielsweise in Zusammenhang mit der Problematik von Langfristverträgen über Kohletransporte - die Möglichkeit einer derartigen Trennung in Teilmärkte bestritten wird.

Ζ 1 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

Planung des Leistungsprogrammes finden sich keineswegs nur in Bereichen wie etwa der Schubschiffahrt, in denen Absatzgenossenschaften und deren Mitglieder aufgrund ihrer begrenzten Finanzmittel ohnehin kaum in der Lage sein dürften, entsprechende Investitionen zu tätigen. Vielmehr kann eine Genossenschaft auch nicht selbständig darüber entscheiden, ob der einzelne Partikulier sein Mehr-Raum-Schiff zu einem EinRaum-Schiff umbauen läßt, ob er Funk, Radar oder eine Bugstrahlanlage installieren läßt, Maßnahmen also, die auch zu einer Verbesserung des absatzpolitischen Instrumentariums führen würden. Selbst der Bereich der Schubschiffahrt zeigt jedoch die Notwendigkeit eines starken absatzpolitischen Instrumentariums mittelständischer Binnenschiffahrtsunternehmen. Denn für Verlader stellt es eine erhebliche Erleichterung ihrer Koordination dar, wenn sie ihre Transporte an möglichst wenig Binnenschifffahrtsunternehmen vergeben, und zwar zumindest bis an den Punkt, zu dem die sich ergebende Abhängigkeit von einem oder wenigen Schiffahrtsunternehmen noch ökonomisch vertretbar erscheint. Verlader, die Schubschiffahrtstransporte vergeben, werden deshalb nur dann bereit sein, für eventuell vorhandene andere Transporte mittelständische Unternehmen einzusetzen, wenn diese ihnen besondere präferenz- oder preispolitische Vorteile bieten können. Die staatliche Preisbindung im innerdeutschen Verkehr stellt somit grundsätzlich eine erhebliche Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit dar, die - wie gezeigt - insbesondere kleine und mittlere Binnenschiffahrtsunternehmen aufgrund der besonderen Bedeutimg der Preispolitik für diese Unternehmen benachteiligt. Diese Einschränkung der Dispositionsfreiheit ist mittelstandspolitisch auch deshalb bedenklich, weil sich mittelständische Binnenschiffahrtsunternehmen durchaus als leistungsfähig genug einschätzen, um im Wettbewerb mit Großreedereien bestehen zu können. So erbrachte beispielsweise die Befragung, ob die Ausrüstung der Schiffe den Wünschen der Kunden ent-

239

2

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

spricht, i m B e r e i c h der Partikuliere 68,8 %

'^''-Antworten78.

Dieser A n t e i l lag i m Bereich der Kleinreedereien u n d der m i t telgroßen Reedereien (4 - 20 Schiffe) b e i 71,4 % 7 9 . M i t "nein" antworteten lediglich 1,8 % der Partikuliere, w ä h r e n d die übrigen befragten U n t e r n e h m e n gewisse Einschränkungen machten, z.B. aufgrund der Ausgestaltung der L a d e r ä u m e ihrer Schiffe ( Z w e i - u n d Mehr-Raum-Schiffe) etc. Analysiert m a n die i n Übersicht Β 1 niedergelegten A n g a b e n zur Einschätzung der Kostensituation d u r c h die befragten U n ternehmen, so zeigt sich sehr deutlich, daß viele Partikuliere u n d Kleinreedereien u n d mittelgroße Reedereien die K o s t e n v o n Partikulierschiffern geringer einschätzen als die K o s t e n v o n inländischen Reedereien.

78 Die Untergliederung nach der Art der Organisation des Absatzes ergab dabei bei freien Partikulieren einen Anteil von 82,6 % "ja"-Antworten. Dieser Anteil betrug bei Genossenschaftspartikulieren 61,4 % und bei Hauspartikulieren 67,5 %. 79 Die Abgrenzung zwischen 4 - 20 Schiffen für Kleinreedereien und mittelgroße Reedereien und 21 und mehr Schiffen für Großreedereien resultiert nicht aus einer mehr oder weniger theoretischen Analyse des Mittelstandsbegriffes, sondern ergab sich aus verschiedenen Gesprächen über die Marktstellung derartiger Reedereien und der daraus folgenden Einschätzung als "kleines", "mittleres" oder "großes" Unternehmen. Bei den angeführten Fragebogenergebnissen ist allerdings zu beachten, daß von den 121 auswertbaren Fragebogen 106 auf Partikulierunternehmen entfallen. Während damit die Prozentangaben im Bereich der Partikulierunternehmen als statistisch gesichert gelten können, ist dies im Bereich der Reedereien nicht der Fall. Dennoch können diese Angaben zumindest als subjektive Aussage einzelner Reedereien wertvolle Hinweise geben.

11 Mittelständische

Übersicht Β1:

Binnenschiffahrtsunternehmen

241

Einschätzung der Kostensituation durch Unternehmen der gewerblichen Binnenschiffahrt

Nach Einschätzung der befragten Unternehmen:

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-20 Schiffen Schiffen

- sind ihre Kosten im Vergleich zu inländischen Reedereien: -geringer - gleich hoch - höher

57,0 34,0 9,0

- sind ihre Kosten im Vergleich zu ausländischen Konkurrenten: - geringer - gleich hoch -höher

5,8 7,7 86,5

28,6

42,8

28,6

14,3

0,0

85,7

Diese Meinung vertreten beispielsweise 57,0 % aller Partikuliere, wobei die Untergliederung nach der A r t der Absatzorganisation ergibt, daß derartige Äußerungen zu einem großen Teil von Genossenschaftspartikulieren kommen. Mögliche Kostenvorteile, zumindest aber die Abwesenheit von Kostennachteilen können dabei zwar auch aus einer Entbehrlichkeit der Absatzorganisation resultieren. In Gesprächen mit Experten werden Kostenvorteile jedoch auch insbesondere in der Mitarbeit von Familienmitgliedern und in dem vergleichsweise geringen Ansatz des kalkulatorischen Unternehmerlohnes gesehen. Diesem Argument wird zwar oftmals entgegengehalten, daß derartige Praktiken unter kaufmännischen Gesichtspunkten nicht zu verantworten seien. Jedoch erscheint keineswegs einsichtig, warum ein Partikulierschiffer beispielsweise eine Wochenendreise deshalb nicht antreten soll, weil er dabei die Tariflöhne für unselbständig beschäftigte Schiffsführer mit entsprechenden Wochenendzuschlägen nicht verdient. Die Freiheit eines unternehmerisch handelnden Mittelständlers besteht auch gerade darin, daß er nicht daran gehindert wird, unter Kalkulation eines für ihn auskömmlichen Preises bzw. eines positiven Dek-

2

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

kungsbeitrages eine Reise auch zu einer Entlohnung anzutreten, die unter derjenigen eines angestellten Schiffers hegt, um so zur Sicherung seiner Selbständigkeit beizutragen.

Übersicht Β 2:

Einschätzung der Faktoren, die die Kostenstruktur der Binnenschiffahrtsunternehmen besonders beeinflussen

Nach Einschätzung der befragten Unternehmen wird ihre Kostenstruktur: - durch die technische Ausrüstung ihrer Schiffe: - besonders positiv beeinflußt - besonders negativ beeinflußt - durch die Betriebsform ihres Unternehmens: - besonders positiv beeinflußt - besonders negativ beeinflußt

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-20 Schiffen Schiffen

46,5 28,7

14,3 42,9

41,4

16,7 33,3

6,1

- durch die Personalsituation ihres Unternehmens: - besonders positiv beeinflußt - besonders negativ beeinflußt

41,0

28,0

16,7 50,0

- durch die kaufmännische Organisation: - besonders positiv beeinflußt - besonders negativ beeinflußt

17,2 17,2

33,3

- durch die Eigenkapitalbasis: - besonders positiv beeinflußt - besonders negativ beeinflußt

13,1 42,4

33,3 33,3

- durch die Steuerstruktur (Gewerbesteuer, Investitionshilfen): - besonders positiv beeinflußt - besonders negativ beeinflußt

4,0 76,2

66,7

0,0

0,0

Die in Übersicht Β 2 zusammengestellten Ergebnisse der Fragebogenaktion zeigen allerdings, daß positive Effekte auf die Kostenstruktur kleiner Binnenschiffahrtsunternehmen weniger von der Personalsituation der Unternehmen erwartet werden. Dies dürfte insbesondere mit der starken Kritik der Partikulierunternehmen an bereits durchgeführten und geplanten Maß-

1 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

nahmen im Bereich der quantitativen und qualitativen Anfordeα an die Besatzung eines Schiffes in Zusammenhang steAuffällig ist neben einer starken Kritik an der bestehenden Steuerstruktur weiterhin, daß von der Betriebsform als Partikulierunternehmen und insbesondere von der technischen Ausrüstung der Schiffe dieser Unternehmen positive Impulse auf die Kostenstruktur erwartet werden. So sind beispielsweise 46,5 % aller Partikuliere, 69,6 % der freien Partikuliere, 50 % der Genossenschaftspartikuliere und 30,6 % der Hauspartikuliere der Meinung, daß die Kostenstruktur ihres Unternehmens durch die technische Ausrüstung ihrer Schiffe besonders positiv beeinflußt wird. Zwar fühlen sich 89,3 % der befragten Unternehmen aller Größenklassen durch staatliche Subventionen, die im Ausland den dortigen Binnenschiffahrtsunternehmen gewährt werden, in ihrer Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtig? 1 . I m Verhältnis zwischen Großreedereien und mittelständischen Unternehmen der deutschen Binnenschiffahrt zeigen jedoch sowohl die aufgeführten Ergebnisse der Fragebogenaktion als auch ergänzend geführte Gespräche, daß sich der überwiegende Teil mittelständischer Unternehmen als leistungsfähig genug einschätzt, um im Wettbewerb mit den Großreedereien bestehen zu können 8 2 .

80 Vgl. dazu beispielhaft: Bundesverband der Selbständigen e.V., Abt. Binnenschiffahrt (Hrsg.), Resolution der Abteilung Binnenschiffahrt des BDS, beschlossen in der Generalversammlung in Stuttgart am 28. 9.1985, Pkt. 8, abgedruckt in: Der Selbständige in der Binnenschiffahrt, Jg. 3 (1985), Nr. 4, Bonn 1985, S. 7: Die Partikuliere fordern "bei einer Neuregelung des § 14 Rheinschiffsuntersuchungsordnung zu berücksichtigen, daß durch die geplante Neufestsetzung der Mindestbesatzung die Kostenstruktur sich nachhaltig verändert, wodurch der Großschiffahrt höhere Personalkosteneinsparungen ermöglicht werden, als den meist von Familienunternehmen betriebenen kleinen und mittleren Schiffen... Ferner sind durch die Einführung des Begriffes 'Bootsmann* mit dem zusätzlichen Qualifikationsmerkmal 'ein Jahr Berufserfahrung in der Rheinschiffahrt* insbesondere solche Schiffe und Schifffahrtsunternehmen benachteiligt, die nur gelegentlich oder im Rhein-Nebenfluß-Wechselverkehr den Rhein befahren". 81 Vgl. dazu auch Übersicht Β1. 82 Dies gilt selbstverständlich kaum für den großströmigen Erzverkehr mit Schubverbänden zwischen Duisburg und Rotterdam, sondern insbesondere für

23

2

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Die Einschätzung der Marktstellung der Partikulierunternehmen ist allerdings keineswegs so positiv, wie dies die aufgezeigten Befragungsergebnisse zur Kostenstruktur bzw. zur Leistungsfähigkeit der befragten Unternehmen erwarten lassen. So wird beispielsweise von 72,5 % aller antwortenden Binnenschiffahrtsunternehmen mit 1 - 3 Schiffen geurteilt, daß freie Partikuliere kaum in der Lage sind, im (lukrativen) innerdeutschen Verkehr Beschäftigung zu finden. Diese Meinung wird zudem von 85 % der direkt betroffenen freien Partikuliere geteilt. I m Bereich der Genossenschaften wird die Lage etwas positiver beurteilt, denn hier vertreten lediglich 42,2 % aller antwortenden Unternehmen mit 1 - 3 Schiffen die Meinung, daß die Lage der Genossenschaftspartikuliere aufgrund zu geringer Verkaufsbemühungen und/oder zu schwacher Marktstellung der Genossenschaft bedenklich ist. Von den direkt betroffenen Genossenschaftspartikulieren schließen sich zwar 48,8 % dieser Meinung an, gleichzeitig gehen jedoch 41,8 % davon aus, daß Genossenschaftspartikuliere ihre Schiffe gut einzusetzen in der Lage sind. Schließlich unterstellen 69,6 % aller befragten Partikulierunternehmen und 81,1 % der direkt betroffenen Hauspartikuliere ein starkes Abhängigkeitsverhältnis von Hauspartikulieren zu den Vertragsreedereien. Interessant ist auch, daß sich die Beurteilung der Marktstellung der Partikulierunternehmen durch Großreedereien für den Bereich der freien Partikuliere kaum von denen der kleinen Binnenschiffahrtsunternehmen unterscheidet. Für den Bereich der Hauspartikuliere, wo auf das direkte Verhältnis zwischen Partikulieren und (Groß-) Reedereien abzustellen ist, weicht dagegen die Beurteilung von großen und von mittelständischen Binnenschiffahrtsunternehmen erheblich voneinander ab. Es zeigt sich somit, daß die staatliche Preisbindung den Partikulieren keineswegs zu einer befriedigenden Marktstellung verholfen hat. Vielmehr können mittelständische Binnenschifffahrtsunternehmen mögliche Kostenvorteile offensichtlich nicht zur Festigimg ihrer Marktstellung nutzen. Weiterhin ist eine Tendenz zum Abschluß langfristiger Transportverträge zu bedie Verkehre, in denen der Einsatz von vergleichbaren Partikulier- und Reedereimotorgüterschiffen effizient ist.

21 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

achten. Denn die Festschreibung der Preise macht z.B. die Existenz von Transportbörsen weitgehend überflüssig, da sich die kurzfristige Abstimmung von Angebot und Nachfrage kaum noch über den Preis abwickeln läßt. Zudem würde eine regelmäßige Vergabe von Einzeltransporten für Verlader lediglich mit erhöhten Kosten verbunden sein, ohne daß mögliche Preisvorteile zu realisieren wären. Dies gilt auch für Margenpreise, bei denen das Mindestpreisniveau so hoch angesiedelt ist, daß es angesichts bestehender Angebots- und Nachfrageverhältnisse ohnehin nie überschritten wird. Aus diesen Zusammenhängen resultierende Auswirkungen auf Partikuliere sind zu differenzieren nach der A r t der Absatzorganisation. I m Bereich der freien Partikuliere trägt die Preisfixierung dazu bei, daß lediglich diejenigen Verlader, die nur geringe, relativ regelmäßig anfallende Transporte z.B. im Baustoffbereich zu vergeben haben, solche Partikulierunternehmen nicht nur im grenzüberschreitenden, sondern gegebenenfalls auch im innerdeutschen Verkehr an sich binden. Denn diese Verlader können dadurch die Beförderung ihrer Güter sichern, ohne sich in die Abhängigkeit von Großreedereien zu begeben. Freie Partikuliere, die keine Beschäftigung in dieser "Marktnische" finden, müssen gezwungenermaßen auf weniger lukrative grenzüberschreitende Transporte ausweichen, wo sich die Frachten auch unter dem Einfluß der innerdeutschen staatlichen Preisbindung oder auch infolge einer Ressourcenfehlallokation durch staatliche Investitionsprämierung im Ausland auf einem sehr niedrigen Niveau befinden. Innerdeutsche Reisen etwa im Bereich der Kohletransporte von Großverladern ergeben sich für freie Partikuliere nur in den seltensten Fällen, da bei bestehender Preisbindung die Großverlader aufgrund geringerer Organisationskosten Vertragsverhältnisse mit Großreedereien vorziehen 83 . A u f derartige Schwierigkeiten bei der Anziehung lukrativer Transportaufträge dürfte auch die immer geringere Bedeutung des Anteils freier Partikuliere zurückzuführen sein,

83 Vgl. Kap. II. 2.2.2.2.

245

246 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

denn hieraus resultiert vielfach ein Zwang zu einer Umorganisation der betrieblichen Absatzpolitik dieser Partikulierunternehmen. Als erste Möglichkeit für eine derartige Umorganisation bietet sich - wie ausgeführt - der Anschluß an eine Vertragsreederei als Hauspartikulier an. Dies bedeutet jedoch, daß Transporte nur im Unterfrachtführerverhältnis zu marktstarken Mitanbietern gefahren werden können. Zwar können auf diesem Weg auch umfangreiche innerdeutsche Transporte übernommen werden. Dabei wird sich die Großreederei jedoch bemühen, in den Bereichen, in denen sie über einen vergleichbaren Schiffspark verfügt, die lukrativsten Transporte mit eigenem Schiffsraum abzuwickeln. Zudem wird sie versucht sein, sich auch bei voller Weitergabe der im FTB festgelegten Frachten an den Unterfrachtführer anderweitige zusätzliche Vorteile zu verschaffen. Hierbei ist nach Aussagen von betroffenen Hauspartikulieren etwa an zeitliche Bevorzugungen von reedereieigenen Schiffen bei Lade- und Löschvorgängen zu denken, was zu einer Beschleunigung der Durchlaufzeiten des reedereieigenen Schiffsparks und zu entsprechenden Nachteilen für die Hauspartikuliere führt. Eine andere Möglichkeit besteht z.B. in der vertraglichen Verpflichtung zur Abnahme von Gasöl von bestimmten Bunkerbooten, mit denen die Reederei eine geschäftliche Beziehung unterhält oder die sich im Eigentum der Reederei befinden. Während Reedereischiffen - auch aufgrund von Mengenrabatten - günstige Preise angeboten werden, muß der Hauspartikulier aufgrund seiner Abhängigkeit teueres Gasöl einkaufen. Denkbar ist schließlich auch, daß der Hauspartikulier als Unterfrachtführer aufgrund der Nutzung mehr oder weniger legaler Tarifumgehungen durch die Vertragsreederei trotz eines hohen Anteils innerdeutscher Reisen nicht in den Genuß der dabei erzielten Frachten kommt 8 4 . Ein Partikulier, der im Rahmen seiner Entscheidung für eine bestimmte Organisation des Absatzes seiner Leistungen einen Vertrag mit einer Großreederei abschließt, kann sich zwar möglicherweise eine längerfristige Be84 Vgl. Kap. II. 2.1.3.3.

1 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen 2

schäftigung sichern. Diese Beschäftigung wird ihm jedoch aufgrund der aufgezeigten Zusammenhänge möglicherweise keine vollkostendeckenden Frachtraten bieten 8 5 . Entscheidet sich ein Partikulier dagegen - als zweite Möglichkeit zur Umorganisation des Absatzes seiner Transportleistungen - fur den Anschluß an eine Genossenschaft, so ist - wie angeführt wurde 8 6 - zu berücksichtigen, daß insbesondere wegen staatlicher Eingriffe eine befriedigende Marktstellung der Absatzgenossenschaften verhindert wurde, so daß ein Großteil der Aufträge dieser Genossenschaften auch weiterhin aus Mitbeschäftigungsverträgen mit Großreedereien resultiert. Die Genossenschaft kann dem Partikulier deshalb vielfach zwar hohe Einzelfrachten, aber keine ausreichende Beschäftigung garantieren. Kurzfristig tritt in Verbindung mit der staatlichen Preisbindung somit eine Marktzugangssperre für mittelständische Unternehmen und Unternehmenszusammenschlüsse im Sinne des Abschlusses von Transportverträgen im Hauptfrachtführerverhältnis ein 8 7 . Dieses Ergebnis wird auch durch die ständigen Forderungen solcher Unternehmen nach Direktbeteiligung an bestimmten Transporten bestätigt 88 . 85 Vgl. s. 235 dieser Studie. 86 Vgl. S. 235 dieser Studie. 87 Das gilt nicht nur für Partikuliere, sondern tendenziell auch für kleine und mittlere Reedereien. 88 Von verschiedenen staatlichen Stellen wird versucht, diese Benachteiligungen durch entsprechende Einflußnahmen zu verhindern. So soll beispielsweise die bayerische N... Staatsregierung der Reederei Dettmer, die ... Kohle für das Großkraftwerk Franken in Kriegenbrunn am Main fährt, deutlich zu verstehen gegeben haben, daß man es in München sehr schätzen würde, wenn auch Partikuliere von besagter Reederei als Unterfrachtführer eingesetzt werden; anderenfalls könne man das nächste Mal ein Angebot dieser Reederei wohl nicht mehr berücksichtigen. Mittlerweile fahren die Partikuliere zwischen 40 % und 45 % der rund 400.000 t Kohle, die jährlich von der Ruhr zum Main gehen": o.V., Langzeitverträge bei Kohletransporten, Die innerdeutschen Kohlefrachten, in: Der Selbständige in der Binnenschiffahrt, Jg. 3 (1985), Nr.4, S. 15. Fraglich ist allerdings, ob dadurch Benachteiligungen vollständig abgebaut werden können. Zudem werden durch solche Einflußnahmen mittelständische Unternehmen in die Abhängigkeit staatlicher, auch politisch beeinflußter Handlungen gedrängt.

2

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Langfristig stärkt die staatliche Regulierung zudem die Wettbewerbsfähigkeit der Großreedereien, da mit den im innerdeutschen Verkehr erzielten günstigen Erlösen ständige Modernisierungen und Neubauten getätigt werden können, die ihrerseits aufgrund der bestehenden Geschäftsbeziehungen mit den Verladern und den aufgezeigten Marktzugangserschwerungen für mittelständische Konkurrenten auch eingesetzt werden können. Mittelständische Unternehmen partizipieren dagegen zum einen nur unzureichend an den Erlösen des innerdeutschen QQ

Frachtensystems und werden zum anderen aufgrund ihrer Abhängigkeit von Reedereien oftmals trotz möglicher Kostenvorteile zur Transportraumreserve degradiert 90 .

2.1.3.2 Beurteilung staatlicher Preisbindung durch Binnenschiffahrtsunternehmen vordem Hintergrund kurz- und langfristiger Auswirkungen Analog zum Güterkraftverkehr kann allerdings auch im Bereich der Binnenschiffahrt aus den gezeigten Zusammenhängen keineswegs auf eine Ablehnung der staatlichen Preisbindung durch die betroffenen mittelständischen Binnenschiffahrtsunternehmen geschlossen werden. So geht aus folgender Übersicht Β 3 hervor, daß sich 75,2 % der befragten Unternehmen mit 1 - 3 Schiffen für die Beibehaltung des FTB aussprechen.

89 Vgl. Kap. II. 2.1.3.3. 90 Vielfach wird auch argumentiert, daß diese Abhängigkeiten aus der vertikalen Verflechtung der meisten Großreedereien resultiert, vgl. DÜNNER, Hans-Wilhelm, a.a.O., S. 41 und S. 99. DÜNNER weist beispielsweise darauf hin, daß 1978 mehr als 70 % der Transporte der Genossenschaften aus Befrachtungen von konzerngebundenen Reedereien resultierten. Zudem vermutet er eine durch konzerninternen Verlustausgleich finanzierte ruinöse Preiskonkurrenz gegenüber den Genossenschaften. Es erscheint allerdings wenig einsichtig, daß in der Binnenschiffahrt tätige Konzerne, deren Hauptbetätigung überwiegend in strukturschwachen Branchen wie etwa der Stahlindustrie zu finden ist, mögliche oligopolistische Preiskämpfe in der Binnenschiffahrt anstreben. Auch ist in verstärktem Umfang eine Umstrukturierung von Tochtergesellschaften dieser Konzerne zu Profitcentern zu beobachten.

1 Mittelständische

Obersicht Β 3:

Binnenschiffahrtsunternehmen

Aussagen der befragten Binnenschiffahrtsunternehmen zur Beibehaltung des FTB

Aus ihrer Sicht (Partikulier/ Reederei) sind die befragten Unternehmen:

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-20 Schiffen Schiffen

- fur die Beibehaltung des FTB

75,2

42,9

- gegen die Beibehaltung des FTB

24,8

57,1

Die Aufgliederung nach der A r t der Absatzorganisation zeigt, daß insbesondere Genossenschaftspartikuliere und Hauspartikuliere mit jeweils über 80 % diese Einstellung vertreten. Als häufigste Begründung für die Beibehaltung des Fra, wobei Überschneidungen der Gründe bestehen, wurden angeführt 91 : - Klare Tarifgestaltung/Übersichthchkeit der Einnahmen. - Schutz vor ruinösem Wettbewerb, Preiskampf, Frachtinstabilität, Frachtverfall, Pleiten 92 . - Freie Frachten sind zu schlecht, deshalb ist ein Ordnungsrahmen erforderlich. - Für Partikuliere besteht nur bei Beibehaltung des F I B eine gute finanzielle Grundlage. - Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit (Schiff zu klein, veraltet etc.). - Mittelstandsschutz/Partikulierschutz. - Wettbewerb würde ohne den F r a weniger über die Leistung und zu stark über den Preis gehen. - Schutz vor Ausländern, Verladern, Befrachtern.

91 Abgesehen von Zusammenfassungen und Straffungen sind die Begründungen im Wortlaut der Befragungsergebnisse übernommen. 92 In diesem Zusammenhang wurde oftmals auf das Ifo-Gutachten von 1978 verwiesen, vgl. OUT, Hans, a.a.O.

29

2

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

- Schutz vor anderen Verkehrsträgern, die nicht nach ihren tatsächlichen Kosten arbeiten. - Verkrustete Marktstruktur (den Wegfall des F l B werden die Großreedereien in irgendeiner Form abfangen). - Wegen langer Wartezeiten ist es nicht möglich, billiger zu fahren. - Hoher Anteil an FTB-Frachten, festgesetzte Frachten sind gut, jeder Arbeiter hat seine Tarife. Als wesentliche Gründe für eine Abschaffung des FTB wurden genannt: - FTB ZU starr. - Kein Anteil an innerdeutschen FTB-Frachten. - Durch ungleiche Frachtverteilung/Vergabestrukturen werden Großreedereien begünstigt; außerdem werden mit innerdeutschen Erlösen Neubauten der Reedereien finanziert und die Überkapazität steigt. - Bestehende Praxis entzieht Kleinen die Existenzgrundlage, allerdings auch bei freiem Markt wegen der Transportvergabe. - Mischkalkulation, Frachtumgehung (Koppelverträge, FTB wird sowieso nicht eingehalten). - Kein Wettbewerb (Bevorzugimg einzelner großer Unternehmen, Behinderung kleinerer Unternehmen). - Der Vorteil geringerer Organisationskosten kann nicht weitergegeben werden. Sowohl die Argumente für die Beibehaltung des FTB als auch die Argumente für eine Beseitigung staatlicher Tarifbindung zeigen sehr deutlich, daß beide Einstellungen überwiegend auf die geschilderte Verkrustung der Marktstruktur und auf die aus der staatlichen Preisbindung resultierenden Probleme - insbesondere den fehlenden Zugang zu Transportleistungen als Hauptfrachtführer - zurückzuführen sind. Gleichzeitig bestätigen die Aussagen sowie ergänzend geführte Gespräche, daß die Forderung nach Festhalten an der staatlichen Preisbindung zu-

21 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

meist aus Angst vor möglichen Friktionsproblemen beim Übergang zu einem freien Markt abgeleitet wird. So wird z.B. argumentiert, daß eine verstärkte Einführung von Margen oder etwa eine völlige Freigabe der Preisbildung keine Änderung der Transportvergabe bewirken würde, da diese zumeist auf der Grundlage von Dauerbeschäftigungsverträgen abgewickelt wird, sondern im wesentlichen nur zu einer Frachtsenkung bei anhaltend niedriger Beschäftigung der Partikuliere führen würde.

Übersicht Β 4:

Beurteilung der Auswirkungen verschiedener Maßnahmen im Bereich der Preisbildung auf die Wettbewerbssituation der befragten Binnenschiffahrtsunternehmen

Auf ihre Wettbewerbssituation wirken nach Einschätzung der Befragten die Maßnahmen:

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-20 Schiffen Schiffen

- Schnellere Anpassung des FTB an Marktgegebenheiten: - verschlechternd - verbessernd

50,5

57,1

- Stärkere Flexibilisierung des FTB durch verstärkte Einführung von Mindest-Höchstpreisen (Margen): - verschlechternd - verbessernd

34,0 26,4

14,3 42,9

- Erweiterung von bestehenden Margengrenzen: - verschlechternd - verbessernd

43,4 7,5

42,9

- Staatliche Mindestpreise zur Vermeidung eines ruinösen Wettbewerbs innerhalb des Binnenschiffahrtsgewerbes und unverbindliche Preisempfehlungen des Gewerbes oberhalb der Mindespreise: - verschlechternd - verbessernd

12,4 56,2

14,3 57,1

- Völlige Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen: - verschlechternd - verbessernd

58,5 15,1

42,9

8,6

0,0

28,6

28,6

251

2

Teil : Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Solche Befürchtungen äußern sich auch in der Beurteilung der Auswirkungen verschiedener Maßnahmen im Bereich der Preisbildung auf die Wettbewerbssituation mittelständischer Binnenschiffahrtsunternehmen. Denn während beispielsweise von einer schnelleren Anpassung des ΡΓΒ an die Marktgegebenheiten 50,5 % der Partikuliere eine Verbesserung ihrer Wettbewerbssituation erwarten, rechnen 34,0 % dieser Unternehmer bereits bei einer stärkeren Flexibilisierung des FTB durch verstärkte Einführung von Margen mit einer Verschlechterung ihrer Wettbewerbssituation. Die Befürchtungen werden von einer immer höheren Zahl befragter Unternehmen geteilt, je stärker die vorgeschlagenen Maßnahmen in das bestehende FTB-System eingreifen. Befragte Kleinreedereien und mittelgroße Reedereien stehen den vorgeschlagenen Maßnahmen vergleichsweise positiver gegenüber. Die befragten Binnenschiffahrtsunternehmen legen allerdings offensichtlich bei der Meinungsäußerung keine umfassende Kausalanalyse im Sinne einer Betrachtung der dynamischen Entwicklung der Marktstruktur auf der Grundlage staatlicher Preisbindung zugrunde. Denn als Ursache für den Rückgang der Zahl der Partikuliere wird - wie aus Übersicht Β 5 hervorgeht - neben einer starken Wettbewerbsposition der Ausländer aufgrund von Kostenvorteilen und staatlichen Stützungsmaßnahmen insbesondere die starke Marktstellung der Reedereien verantwortlich gemacht, ohne jedoch die gezeigte Verbindung zum FTB herzustellen. Die im FTB festgelegten hohen Frachten werden vielmehr aufgrund einer kurzfristigen, statischen Betrachtung als mittelstandspolitisch notwendig angesehen, ohne die langfristigen, sich im Rahmen dynamischer Prozesse entwickelnden Auswirkungen auf die Marktstruktur zu erkennen.

Mittelständische Obersicht Β 5:

Binnenschiffahrtsunternehmen

23

Einschätzung möglicher Ursachen des Rückgangs der Partikulierunternehmen durch Unternehmen der gewerblichen Binnenschiffahrt

Als Ursache für den Rückgang der Zahl der Partikuliere in der westdeutschen Binnenschiffahrt werden angesehen:

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-20 Schiffen Schiffen

- Kostengründe

58,3

57,1

- Zu geringe Eigenkapitalmittel

56,5

71,4

- Veralteter Schiffsraum

44,0

42,9

- Starke Marktstellung der Verlader

50,9

57,1

- Starke Marktstellung der Reedereien

68,5

57,1

- Abwrackaktion

35,2

0,0

- Preisbildung in der Binnenschiffahrt (FTB)

16,5

28,6

- Starke Wettbewerbsposition der Ausländer aufgrund von Kostenvorteilen

75,7

85,7

- Starke Wettbewerbsposition der Ausländer aufgrund staatlicher Stützungsmaßnahmen

74,5

85,7

D i e beschriebene Denkweise scheint insbesondere b e i Genossenschaftspartikulieren 9 3 u n d d e n V o r s t ä n d e n der Genossenschaften vorzuherrschen, w e i l diese - w i e gezeigt - n o c h a m ehesten an hohen FTB-Frachten partizipieren dürften. So w u r d e beispielsweise der Verfasser b e i einem G e s p r ä c h 9 4 m i t der K o m m i s s i o n der Partikulierschiffahrt des Β d B darauf hingewie-

93 Dies ergab auch die Aufgliederung der in Übersicht Β 4 aufgeführten Maßnahmen im Bereich der Preisbildung nach der Art der Absatzorganisation. Eine Verschlechterung aufgrund derartiger Maßnahmen wurde insbesondere von Genossenschaftspartikulieren erwartet. 94 Bei diesem Gespräch waren von den neun anwesenden Herren sieben Kommissionsmitglieder gleichzeitig Vorstandsmitglieder bzw. Geschäftsführer von Partikuliergenossenschaften.

2

Teil : Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

sen, daß bei einer Freigabe der Preisbildung die Gefahr "ruinösen'1 Wettbewerbs bestehe. Zwar sei es möglich, daß sich bei einer solchen Maßnahme die Reedereien verstärkt auf den speditionellen Bereich zurückziehen würden. Da jedoch aufgrund der Weiterveräußerung der Schiffe kaum eine Beseitigung der Überkapazität zu erwarten sei, käme es voraussichtlich danach zu einem ruinösen Wettbewerbsverhalten der Partikuliere. Von dieser Kommission werden deshalb Preiszugeständnisse, gleichgültig in welcher Form, abgelehnt. So wurde beispielsweise die Aussage des Verfassers, daß ihm ein mittelständischer Unternehmer mit 3 oder 4 Schiffen bekannt sei, der einen Teil der innerdeutschen Salztransporte einer großen Reederei übernehmen wolle, hieran jedoch durch den FTB gehindert werde, mit der Bemerkung kommentiert, daß wohl jeder solche Transporte übernehmen wolle. Die Preisbindung sei jedoch notwendig, um den Unternehmen der Binnenschiffahrt insgesamt das Überleben zu sichern. Interessant erscheinen in diesem Zusammenhang auch die Ergebnisse der Befragung über Auswirkungen verschiedener Maßnahmen im unternehmens-organisatorischen Bereich auf die Wettbewerbssituation mittelständischer Binnenschiffahrtsunternehmen. Maßnahmen wie eine engere Bindung an Reedereien stoßen überwiegend auf die Ablehnung der direkt betroffenen Mittelständler. Uneinheitlich werden dagegen Maßnahmen wie eine Spezialisierung mittelständischer Binnenschiffahrtsunternehmen auf bestimmte Güterarten oder eine engere Bindimg an Verlader beurteilt. Positiv steht eine Mehrzahl der befragten mittelständischen Unternehmen jedoch Maßnahmen wie einer Verbesserung der Möglichkeiten zum Auftragsabschluß etwa durch Errichtung von Börsen 95 , aggressiveren Verkaufsverhandlungen der Genossenschaften oder

95 Im Fragebogen wurde beispielhaft auf die mögliche Nutzung neuer Medien wie Btx verwiesen. 96 So erwarten 35,8 % (17,0 %) aller Particulière und 41,9 % (25,6 %) der Genossenschaftspartikuliere von aggressiveren Verkaufsbemühungen der Genossenschaften eine Verbesserung (Verschlechterung) der Wettbewerbssituation.

1 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

einer Stärkung der Position der Genossenschaften z.B. durch Zusammenschlüsse gegenüber. Während sich die Mitglieder der Partikulierkommission zu möglichen Zusammenschlüssen von Genossenschaften nicht äußerten, lehnten sie aggressivere Verkaufsbemühungen sowie die Errichtimg von Börsen mit dem Argument strikt ab, daß hiermit einhergehende mögliche Preissenkungen verhindert werden müßten. Dabei wurde auch grundsätzlich betont, daß es vielfach nicht ratsam sei, mit Großreedereien um bestimmte Transporte zu konkurrieren, wenn man mit dieser Reederei gleichzeitig Mitbeschäftigungsverträge auf anderen Relationen abgeschlossen habe, die in Kürze wieder zur Disposition stünden. Ahnlich verhalte es sich mit möglichen Diversifizierungsmaßnahmen in die Bereiche Spedition, Lagerei, Umschlag, Handel, in denen bisher vorwiegend Reedereien oder mit diesen verflochtene Unternehmen tätig seien. DÜNNER schließt in diesem Zusammenhang: "Wenn sich darüber hinaus diese Genossenschaften auch noch mit der ihnen von den Reedereien zugestandenen Reservefunktion zufrieden geben, ist es nicht verwunderlich, daß sie keine Verbesserung der Situation ihrer Mitglieder herbeiführen können" 97 . Z u kritisieren ist allerdings weniger die im Hinblick auf die staatliche Preisbindung betriebene Geschäftspolitik der Genossenschaftsvorstände als die aus einer kurzfristigen Analyse resultierende Forderung nach Beibehaltung des FTB, bei der wesentliche Kausalzusammenhänge vernachlässigt werden und die überwiegend in der Befürchtung möglicher Friktionen zu sehen ist. Das Ziel politischer Forderungen von Genossenschaftsvorständen und anderen mittelständischen Binnenschiffahrtsvertretern müßte vielmehr darin bestehen, nach möglichen Wegen zu suchen, wie beim Abbau staatlicher Regulierungseingriffe derartige Friktionen vermieden werden können, damit mittelständische Unternehmen langfristig ihre volle Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft entfalten können 9 8 . Dies gilt 97 DÜNNER, Hans-Wilhelm, a.a.O., S. 99. 98 Skizzenhaft wäre insbesondere an eine Beseitigung des § 99 GWB zu denken, damit bei Freigabe der Preisbindung mögliche Dauerbeschäftigungsverträge der Großreedereien durch das Bundeskartellamt auf ihre wettbewerbsbeschränkende Wirkung überprüft werden könnten. Auch könnte die Freigabe

2

2 6 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

auch deshalb, weil die Mehrzahl der Befragten die Lage mittelständischer Unternehmen in der Zukunft bei Beibehaltung des Ordnungsrahmens" insbesondere im Bereich der Partikulierflotte als schlecht einschätzen. Wie aus Übersicht Β 6 hervorgeht, erwarten beispielsweise lediglich 4,7 % der befragten Partikuliere eine gute Entwicklung der Lage in der Zukunft, 58,5 % schätzen dagegen die künftige Lage als schlecht ein.

Übersicht Β 6:

Einschätzung der Lage von Partikulierunternehmen in der Zukunft bei Beibehaltung aller bestehenden Regelungen des Ordnungsrahmens in der Binnenschiffahrt

Bei Beibehaltung bestehender Regulierungseingriffe wird die Lage der Partikulierflotte in der Zukunft eingeschätzt als: - gut

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-20 Schiffen Schiffen

4,7

0,0

- mittelmäßig

36,8

50,0

- schlecht

58,5

50,0

In Analogie zur bisherigen Entwicklung in der Binnenschifffahrt und ähnlich wie im Bereich des gewerblichen Güterkraftverkehrs dürften sich auch in der Zukunft aus der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" erhebliche Nachteile für mittelständische Unternehmen im wettbewerblichen Parallelprozeß ergeben, die zum einen aus der mangelhaften Durchsetzung mittelder Preisbildung schrittweise durch Errichtung einer Börse erfolgen. Wenn zunächst lediglich die Preise von an dieser Börse abgewickelten Transportverträgen frei auszuhandeln wären, würde dies zu einer Marktöffnung für die mittelständischen Binnenschiffahrtsunternehmen führen. Ruinöse Wettbewerbstendenzen könnten in einer Übergangsphase durch die Abwrackaktion verhindert werden, denn bei Aufgabe staatlicher Preisbindung wären von diesem Instrument geringere Anreizwirkungen auf das Investitionsverhalten der Großreeder zu erwarten, für die bei Absinken überhöhter innerdeutscher Frachten die Möglichkeit des "Rosinenpickens" entfiele. Bis zur Anpassung der Kapazitäten an die Nachfrageentwicklung könnte die Abwrackaktion deshalb beibehalten werden.

21 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

257

ständischer Interessen in den Frachtenausschüssen und zum anderen aus Vorteilen der Großreedereien im Bereich der Umgehung staatlich gebundener Frachten resultieren. Diese gilt es im folgenden zu analysieren.

2.1.3.3 Benachteiligung mittelständischer Binnenschiffahrtsunternehmen aufgrund unterschiedlicher Ausweichmöglichkeiten auf staatliche Regulierungsmaßnahmen Die Frachtenbildung im Bereich der Binnenschiffahrt ist derzeit mit der Marktform eines bilateralen Monopols vergleichbar. Bei der Abstimmung in den Frachtenausschüssen sind zum einen die im Rahmen der politischen Diskussion über die Frachtenentwicklung von außen vorgetragenen Argumente entscheidend, deren Intensität in starkem Umfang von der Größe und Bedeutung und den damit verbundenen Einflußmöglichkeiten großer Unternehmen abhängt, und ist zum anderen das relative Durchsetzungsvermögen im Innenverhältnis eines Frachtenausschusses maßgeblich. In diesem Zusammenhang wird von vielen Partikulieren kritisiert, daß in den Frachtenausschüssen keine praktizierenden Partikuliere vertreten sind, sondern nur Partikuliervertreter wie etwa Genossenschaftsvorstände, deren tarifpolitische Einstellung von ganz bestimmten Verhaltensmustern geprägt ist. Daß diese Verhaltensmuster nicht unbedingt mit den Forderungen der Partikuliere konform gehen, wurde bereits gezeigt". Zudem ist zu berücksichtigen, daß Genossenschaften nur eine mögliche Organisationsform der Partikuliere darstellen. Allerdings dürfte sich auch bei einer stärkeren Berücksichtigung unabhängig tätiger Partikuliere kaum etwas daran ändern, daß die staatliche Preisbindung die unternehmerische Dispositionsfreiheit insbesondere im Bereich mittelständischer Unternehmer einschränkt, denn dieser Zusammenhang ist - wie im folgenden nachzuweisen sein wird "systembedingt".

99 Vgl. S. 250 ff. dieser Studie.

2

Teil : Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Zunächst ist festzustellen, daß auch in der Binnenschiffahrt erhebliche Kritik an der Marktgerechtigkeit der Tarife geäußert wird. So sind 41,7 % der Partikuliere der Meinung, daß in bezug auf Kostenschwankungen die Tarife nicht marktgerecht sind, weil Tarifänderungen nur pauschal erfolgen. Während 47,1 % der Partikuliere kurzfristige (z.B. jahreszeitlich nachfragebedingte) Veränderungen am Transportmarkt nicht ausreichend berücksichtigt sehen, werden nach Meinung von 37,5 % der Partikuliere auch mittelfristige (z.B. strukturell bedingte) Veränderungen am Transportmarkt nicht ausreichend berücksichtigt. Zwar werden nach Erkenntnissen von etwa zwei Dritteln der Befragten über alle Größenklassen Veränderungen am Transportmarkt berücksichtigt, hierbei kommt es jedoch aufgrund der notwendigen Informations.- und Abstimmungsprozesse zu verzögerten Reaktionen. Eine - auch im Hinblick auf die Reaktionszeit - angemessene Berücksichtigimg von Veränderungen am Transportmarkt wird den Frachtenausschüssen dagegen lediglich von 36,8 % der Partikuliere und 33,3 % der mittelständischen Reedereien mit 4-20 Schiffen bescheinigt. Diese Kritik erscheint auch plausibel, weü durch den FTB ein bestimmtes Tarifhiveau zementiert wird. Notwendige Frachterhöhungen werden c.p. zunächst den Widerstand der Verladervertreter hervorrufen, während Frachtsenkungen c.p. zunächst auf den Widerstand der Binnenschiffahrtsvertreter stoßen. Erst im Laufe des Verhandlungsprozesses wird dann die eine oder andere Seite zu Zugeständnissen bereit sein. Dabei werden die Binnenschiffahrtsvertreter insbesondere dann ihre Zustimmung zu absoluten oder relativen Frachtsenkungen geben, wenn die Abwanderung von Transporten auf andere Verkehrsträger wie etwa den Werkverkehr oder die Deutsche Bundesbahn droht. Ihre Position wird jedoch stets einen Mittelweg zwischen starken Zugeständnissen zur Abwehr der Verkehrsträgerkonkurrenz und der Sicherung und Zementierung des Gesamtfrachtgefüges darstellen. Die tarifarische Behandlung großer Transportmengen, die von großen Unternehmen gefahren werden und deren Abwanderung erhebliche Verluste an Gesamtaufkommen der Binnenschiffahrt bedeuten würde, wird deshalb flexibler als die Behandlung geringer Transportmengen von-

1 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

statten gehen, die lediglich für einen einzelnen Partikulier oder auch für eine Genossenschaft interessant wären und die den binnenschiffahrtsinternen Preiswettbewerb ermöglichen würden mit dem Ziel, schrittweise einen größeren Anteil von Transporten im Hauptfrachtführerverhältnis abzuwickeln. Jedoch ist zu berücksichtigen, daß die im Rahmen einer ceteris paribus-Argumentation dargestellten Zusammenhänge keineswegs alle denkbaren, aus den Verhandlungen in Frachtenausschüssen resultierenden Nachteile aufzeigen. Vielmehr muß weiterhin auf die erheblichen Verflechtungen zwischen Binnenschiffahrtsunternehmen und Verladern verwiesen werden, die auch in den Frachtenausschüssen wiederzutreffen ist. Dies gilt um so mehr, als es keinen bundeseinheitlichen Frachtenausschuß gibt, weshalb sich die Wettbewerbsverhältnisse regionaler Teilmärkte einschließlich bestehender Verflechtungen in den Frachtenausschüssen widerspiegeln. Der Vorteil einer rascheren und effizienteren Reaktion auf Marktveränderungen durch Aufteilung der Frachtenausschüsse mit verschiedenen räumlichen Zuständigkeiten wird somit mit möglichen Benachteiligungen mittelständischer Unternehmen erkauft 1 0 0 . Als Beispiel für mögliche Benachteiligungen mag die jahrelange Kritik oberrheinischer Verlader an der Besetzung des Frachtenausschusses für den Rhein dienen 1 0 1 . Dort entscheiden

100 Von Praktikern, die teilweise auch die Arbeit der Frachtenausschüsse zumindest aus Unterausschüssen kennen, wurde folgendermaßen geurteilt: Institutionell bedingt sei die Reaktion von TKF und TKN auf Marktveränderungen bzw. auf die Konkurrenz durch andere Verkehrsträger am langsamsten. Die Frachtenausschüsse seien dagegen vergleichsweise schneller. Besonders rasch sei in den Frachtenausschüssen eine Beschlußfähigkeit herzustellen, wenn etwa aufgrund von Verflechtungen zwischen Verladerseite und Binnenschiffahrtsseite gleiche Zielvorstellungen vorlägen. Am schnellsten sei seit der Lockerung der Tarifgenehmigungsvorschriften jedoch - insbesondere bei großen Transportmengen - die Deutsche Bundesbahn, von der auch einmal telefonisch ein modifiziertes Frachtangebot vorgelegt werde, denn bei der DB entfalle die notwendige interne Abstimmung zwischen Konkurrenten. 101 Die allerdings unvollständige Auflistung der Besetzung dieses Frachtenausschusses und die Auflistung der Verbindungen zwischen einzelnen Ausschußmitgliedern findet sich in der Verbandsmitteilung des BDS Abt. Binnenschiffahrt. Dieser Verband hat sich die Kritik der oberrheinischen Kiesverlader an der Besetzung zu eigen gemacht, vgl.: o.V., Kiesfrachten vom Oberrhein:

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26

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

beispielsweise baustoffhandeltreibende Verlader, deren Unternehmen gleichzeitig auch gewerbliche Binnenschiffahrt betreiben oder mit einem schiffahrttreibenden Unternehmen verflochten sind, im Verhandlungsprozeß auch über die Lage anderer Baustoffhandelsunternehmen. Während hohe Frachtraten einem angebots- und nachfrageseitig integrierten Gesamtunternehmen bzw. Unternehmensverbund keineswegs schaden, verfügen nichtverflochtene Baustoffhandelsunternehmen über keine Kompensationsmöglichkeiten. Umgekehrt ist es zumindest denkbar, wenn auch angesichts der dargestellten Geschäftspraktiken wenig wahrscheinlich, daß sich Schifffahrtsvertreter in bestimmten Fällen für niedrige Frachten aussprechen, wenn ihr mit Verladern verflochtenes Unternehmen über entsprechende finanzielle Ressourcen verfügt, um durch den Einsatz der Preispolitik die Marktstellung zu festigen 102 oder auch, um einen preispolitischen Verdrängungswettbewerb zu führen. Je nach der Situation auf den verschiedenen Märkten, auf denen sich verbundene Unternehmen betätigen, und der daraus abgeleiteten momentanen Geschäftspolitik dieser Unternehmen sind eine Vielzahl verschiedener Verhaltensweisen denkbar. M i t einer Änderung der Absatzpolitik, insbesondere der Preispolitik vertikal verflochtener Binnenschiffahrtsunternehmen geht dann möglicherweise auch eine Änderung der Verhaltensweisen von Mitgliedern eines Frachtenausschusses einher. Besonders gravierend sind Situationen, in denen verbundene Unternehmen jeweils einen Vertreter jeder Marktseite in den Frachtenausschuß entsandt haben. Mittelständische Unternehmen werden dann zum Spielball vertikaler Verflechtungen, da diese vorwiegend im Bereich der Großreedereien vorhegen. Sehr deutlich geht diese Problematik auch aus zwei Schreiben des Bundesverkehrsministers in dem oben aufgeführten Fall Kritik an der Besetzung der Frachtenausschüsse, in: Der Selbständige in der Binnenschiffahrt, Jg. 2 (1984), Nr. 4, S. 7. 102 Zu kritisieren ist in diesem Fall nicht der Einsatz der Preispolitik, sondern vielmehr die Einschränkung der preispolitischen Einflußmöglichkeiten für mittelständische Unternehmen im Rahmen der Abstimmungsprozesse innerhalb der Frachtenausschüsse.

1 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

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oberrheinischer Verlader hervor. Dabei äußert sich der Bundesverkehrsminister wie folgt: "Der Umstand der Verflechtung allein ist kein ausreichendes Indiz für den Mißbrauch einer Amtsstellung. Die kapitalmäßige Verflechtung ist nichts Anstößiges. Eine strenge Trennung wäre auch wirklichkeitsfremd. Sie würde nicht nur dazu führen, daß keine einzige der großen Reedereien, zum Teil nicht einmal Partikuliergenossenschaften an der Frachtenbildung teilhaben dürften; es müßten gleicherweise jene Fälle ausgeschlossen werden, in denen eine kapitalmäßige Verbindung zu anderen Verkehrsträgern vorhegt, da auch über diesen Weg eine Möglichkeit besteht, die Wettbewerbsbedingungen der Konkurrenz zu beeinflussen. Dies aber würde das Ende der Frachtenausschüsse und damit auch der Tarifordnung in der Binnenschiffahrt bedeuten. Für den Güter1 M

kraftverkehr würde dasselbe gelten" . "Ich bin der Auffassung, daß die Verflechtung unserer Wirtschaft so weit fortgeschritten ist, daß eine strenge Scheidung der Gruppen nach Interessen vor allem bei Beteiligungen nicht möglich ist.... Wesentlichste und vornehmste Funktion eines Frachtenausschusses ist der Ausgleich verschiedener Interessen" 104 . Dazu ist allerdings festzustellen, daß bei diesem Interessenausgleich aufgrund der aufgezeigten Kausalzusammenhänge auch deshalb kaum davon ausgegangen werden kann, daß mittelständische Interessen in ausreichendem Maße berücksichtigt werden, weil es kaum justitiable Kriterien für eine entsprechende Kontrolle der Amtsführung von Frachtenausschußmitghedern geben dürfte. Denn solche Kriterien müßten geeignet sein, die möglichen Aktionen und Reaktionen wettbewerblicher Prozesse zu erfassen. Allerdings wird es auch Großreedereien nicht immer möglich sein, ihre eigenen Interessen in den Frachtenausschüssen durchzusetzen. In solchen Fällen können sie aber dennoch die Preispolitik als absatzpolitisches Instrument einsetzen, wenn es ihnen gelingt, die staatliche Tarifbindung zu umgehen. Hierbei

103 Schreiben des Bundesministers für Verkehr an den Geschäftsführer des Rheinhafens Breisach vom 13.12.1984, Aktenzeichen A 34/28.25.40. 104 Schreiben des Bundesministers für Verkehr an den Bundesverband der deutschen Binnenschiffahrt vom 13.12.1984, Aktenzeichen A 34/28.25.40.

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Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

verfügen auch im Bereich der Binnenschiffahrt Großreedereien über erheblich bessere, insbesondere weniger nachweisbare Möglichkeiten als mittelständische Unternehmen. Dies resultiert zum einen aus dem höheren Transportaufkommen, das beispielsweise mögliche Mischkalkulationen grenzüberschreitender Transporte zu freien Frachten und innerdeutscher Transporte zu FTB-Frachten nahezu jederzeit ermöglicht. Außerdem sind Mischkalkulationen zwischen gebundenen und ungebundenen Preisen insbesondere dann möglich, wenn das Tätigkeitsfeld eines Unternehmens nicht nur im Bereich der Binnenschiffahrt hegt, sondern auch Leistungen aus anderen Verkehrsbereichen oder gar aus Bereichen außerhalb des Verkehrs angeboten werden oder aber vertikale Verflechtungen zu Unternehmen anderer Tätigkeitsbereiche bestehen. Daß auch hierbei Großunternehmen im Vorteil sind, wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält, daß in der Literatur die vertikale Verflechtung oder der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Unternehmens außerhalb des Verkehrs als qualitatives Merkmal für die Identifizierung eines Großunternehmens herangezogen w i r d 1 0 5 . Großreedereien können durch solche preispolitischen Maßnahmen zum einen mögliche Konkurrenz anderer Binnenschifffahrtsunternehmen oder auch anderer Verkehrsträger abwehren, zum anderen können sie hohe Gewinne erzielen, wenn sie mittelständische Unternehmen im Unterfrachtführerverhältnis beschäftigen und beispielsweise innerdeutsche Reisen nur dann vergeben, wenn gleichzeitig die Bereitschaft zu grenzüberschreitenden Reisen zugesagt wird, die möglicherweise unterhalb der Einzelkosten abgerechnet werden. Denkbar ist beispielsweise auch die Rückzahlung von gezahlten Frachten durch die Unterauftragnehmer in Naturalien wie etwa Gasöl, die Abrechnung von zwei Reisen, wenn in Wirklichkeit drei durchgeführt wurden, etc. Wie für den Bereich des Güterkraftverkehrs aufgezeigt, ist allerdings zu vermuten, daß Großunternehmen weniger auf "banale Abrechnungsschwindeleien" angewiesen

105 Vgl. VON STACKELBERG, Friedrich, Mittelstand in der Binnenschifffahrt, a.a.O., S. 50 f.

1 Mittelständische

Binnenschiffahrtsunternehmen

sind, sondern ihnen insbesondere im Zusammenhang mit der aufgezeigten Mischkalkulation genügend andere Instrumente zur Verfügung stehen, um die staatliche Preisbindung zu umgehen. Gleichzeitig verhindert - wie bereits angeführt - die mangelnde Einsatzmöglichkeit preispolitischer Absatzinstrumente ein Ausbrechen mittelständischer Unternehmen aus dieser Situation. I n diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, daß der FTB bzw. das BSCHVG nicht nur das eigentliche Transportentgelt regelt, sondern auch in den Bereich der Nebenleistungen wie etwa möglicher Frachtabschläge bei einer Verkürzung der Lade- und Löschzeiten eingreift, in einen Bereich also, in dem mittelständische Unternehmen noch am ehesten mit Großunternehmen zu konkurrieren in der Lage wären.

Übersicht Β 7:

Beurteilung von Auswirkungen staatlicher Reglementierungen im Bereich der Nebenleistungen durch Binnenschiffahrtsunternehmen

Nach Erkenntnissen der Befragten führt die Regelung von Nebenleistungen:

Unternehmen (in v.H.) mit: 1-3 4-20 Schiffen Schiffen

- zu einer Behinderung kleiner Binnenschiffahrtsunternehmen in ihren Verkaufsbemühungen gegenüber großen Konkurrenten, da sie nicht über andere preispolitische Maßnahmen (Angebots-, Absatzbündelung etc.) verfügen

31,3

0,0

- zu einer Benachteiligung insbesondere kleiner Binnenschiffahrtsunternehmen in ihren Verkaufsbemühungen gegenüber anderen Verkehrsträgern

19.2

33,3

- zu einer Behinderung kleiner Binnenschiffahrtsunternehmen sowohl gegenüber großen Konkurrenten als auch gegenüber anderen Verkehrsträgern

29.3

50,0

- zu positiven Auswirkungen aufgrund einer Erleichterung der Kalkulation

20,2

16,7

23

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Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Die Fragebogenergebnisse zeigen, daß nahezu 80 % der Partikuliere von den zuletzt genannten Regulierungseingriffen negative Auswirkungen erwarten. Positiv beurteilen solche Regelungen lediglich 16,7 % der Kleinreedereien, 5,0 % der freien Partikuliere, 28,2 % der Genossenschaftspartikuliere und 20,5 % der Hauspartikuliere. Auch hinsichtlich möglicher Umgehungen des FTB durch Praktiken wie Mischkalkulationen zwischen innerdeutschen und grenzüberschreitenden Frachten oder illegalem Werkverkehr (Fuhrmannshandel) widersprechen die Ergebnisse der Fragebogenaktion nicht den dargestellten Zusammenhängen. So beantworteten 87,6 % der sich an der Fragebogenaktion beteiligenden Unternehmen die Frage, ob diese oder ähnliche Praktiken in der Binnenschiffahrt eine Rolle spielen mit "ja". Während 6,6 % mit "nein" antworteten, äußerten 5,8 % keine Meinung. Die in Übersicht Β 8 niedergelegten Ergebnisse zur genaueren Untersuchung derartiger Praktiken 1 0 6 geben darüber Auskunft, daß nach Kenntnis von 54,4 % der Partikulierunternehmen große Binnenschiffahrtsunternehmen z.B. aufgrund größerer Transportmengen und differenziertem Angebot über bessere Umgehungsmöglichkeiten verfügen.

106 Die Angaben, die auf die Bedeutung dieser Praktiken bei einzelnen Güterarten und Fahrtgebieten abstellen, werden bei der Analyse der Auswirkungen staatlicher Reglementierungen auf mittelständische Verlader noch genauer zu berücksichtigen sein, denn sie weisen auf spezielle Problembereiche (Steine und Erden, Kohle bzw. Rhein- und Rhein-Wechselverkehr, westdeutsches Kanalgebiet etc.) hin, vgl. Kap. II.2.2.3.2.

1 Mittelständische

Übersicht Β 8:

Binnenschiffahrtsunternehmen

Einschätzung der Möglichkeiten zur Umgehung des FTB (Mischkalkulation/Fuhrmannshandel etc.) fur kleine und große Binnenschiffahrtsunternehmen

Nach Kenntnis befragter Unternehmen:

Unternehmen (in v.H.) mit: 1 - 3 Schiffen/ 21 und mehr 4 -20 Schiffen Schiffen

- sind Umgehungsmöglichkeiten für kleine und große Binnenschiffahrtsunternehmen gleichermaßen gegeben

41,2/33,3

25,0

• haben große Binnenschifffahrtsunternehmen bessere Möglichkeiten zur Umgehung des FTB

54,4/50,0

25,0

- haben kleine Binnenschifffahrtsunternehmen bessere Möglichkeiten zur Umgehung des FTB

4,4/16,7

50,0

Die Meinung von 50,0 % der Großreedereien, daß kleine Binnenschiffahrtsunternehmen eher in der Lage sind, solche Umgehungen durchzuführen, dürfte darauf zurückzuführen sein, daß die Reedereien einer strengeren Kontrolle unterstehen und deshalb auf kompliziertere Umgehungsformen ausweichen müssen. Allerdings kann eine Verkehrsmarktregulierung, die für mittelständische Unternehmen schwierige Umgehungen staatlicher Tarifbindung durch geringere Kontrollen erleichtert und zu den aufgezeigten vielfältigen sonstigen Benachteiligungen führt, in keiner Weise als sachgerecht angesehen werden.

2

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Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

2.2 Auswirkungen auf nachfragende mittelständische Verlader 2.2.1 Die verladenden Unternehmen im Bereich Binnenschiffahrt Auch im Bereich der Binnenschiffahrt kommen Unternehmen unterschiedlichster Wirtschaftszweige und unterschiedlichster Größenklassen als Verlader in Betracht. Aufgrund des speziellen Verkehrsleistungsprofils der Binnenschiffahrt handelt es sich jedoch um eine weit geringere Anzahl von Unternehmen als im Bereich des Straßengüterverkehrs. Denn die spezifischen Vorteile des Verkehrsträgers Binnenschiffahrt hegen in der Massenleistungsfähigkeit insbesondere bei der "Beförderung schüttfähiger oder flüssiger Güter im Knotenpunktverkehr in nassen Relationen" 1 0 7 . Als Anbieter von Verkehrsleistungen wird die Binnenschiffahrt für Unternehmen der verladenden Wirtschaft deshalb vorwiegend dann interessant, wenn ein großes Transportaufkommen pro Zeiteinheit zu möglichst niedrigen Kosten transportiert werden soll und wenn zudem aus der begrenzten Netzbildungsfähigkeit dieses Verkehrsträgers keine Angebotsrestriktionen resultieren. Die Versuche der Binnenschiffahrt, zusätzliche Nachfrager, insbesondere im Bereich des kombinierten Verkehrs etwa durch die regelmäßige Bedienung der Relation Rotterdam-Mainz-Mannheim im RoRo-Verkehr, anzuziehen, sind dagegen "... bei realistischer Betrachtung ... nur eine Randerscheinung" 108 . Die aus diesem Zusammenhang resultierende vergleichsweise geringe Anzahl von Verladern im Bereich Binnenschiffahrt ist allerdings nicht genau bekannt. So weist beispielsweise die EGKommission darauf hin, daß etwa Mitte der 70er Jahre nach "Angaben der regionalen Handelskammern der Bundesrepublik 107 BUSCH, Berthold, a.a.O., S. 56. 108 Bundesverband der deutschen Binnenschiffahrt e.V., Binnenschiffahrt 1980/81, Geschäftsbericht 1980/1981 des Bundesverbandes der deutschen Binnenschiffahrt e.V., o.O. 1981, S. 19. Daß diese "Rànderscheinung" eine besondere Stellung innerhalb des Gesamtangebotes einnimmt, zeigt sich auch darin, daß es sich hierbei oftmals um besondere Schiffe handelt. So wurde z.B. ein Schiff speziell für den Transport von neuen Kraftfahrzeugen eines großen Herstellers mit RoRo-Technologie von Köln nach Vlissingen umgebaut, vgl. HERBST, Detlef, a.a.O., S. 321.

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Verlader in der Binnenschiffahrt

Deutschland ... etwa 185 Verlader mehr oder weniger am Transport mit Binnenschiffen interessiert" 109 waren. Die Beschaffimg der Adressen im Rahmen der Fragebogenaktion durch an Flüssen und Kanälen gelegene Industrie- und Handelskammern führte allerdings insgesamt zu einer Grundgesamtheit von 461 V e r l a d e r n 1 1 . Das bei den Kammern vorhandene Adressenmaterial über verladende Unternehmen im Bereich der Binnenschiffahrt wurde dabei noch nicht einmal in allen Fällen voll ausgeschöpft 111 . Die tatsächliche Anzahl von Unternehmen, die sich bei ihrer Transportnachfrage des Verkehrsträgers Binnenschiffahrt bedienen, dürfte deshalb noch größer sein. Dies erscheint auch insofern plausibel, als einige in Frage kommende Industrie- und Handelskammern für die nähere Analyse in dieser Studie ausgeklammert werden konnten, so daß z.B. Anschriften von Verladern im Bereich der Häfen Mainz und Köln nicht erfaßt wurden. Die Gesamtanzahl potentieller und effektiver Nachfrager nach Verkehrsleistungen der Binnenschiffahrt ist somit wesentlich kleiner als die Anzahl der Nachfrager nach Straßengüterverkehrsleistungen. Dennoch kann für den Gesamtmarkt der Binnenschiffahrt davon ausgegangen werden, daß den anbietenden Binnenschiffahrtsunternehmen eine Vielzahl von kleinen, mittleren und großen Verladern gegenübersteht. I m Bereich einzelner Gütergruppen wird die Nachfrage von wenigen Großverla109 Kommission der Europäischen Gemeinschaft (Hrsg.), Überblick über die Struktur der westeuropäischen Binnenschiffahrt, Sammlung Studien, Reihe Verkehr Nr. 5, Brüssel und Luxemburg, August 1977, S. 17. 110 Vgl. Kap. 2.3 dieser Studie; dabei wurde bei denjenigen Adressen, die dem Forschungsinstitut direkt zugänglich waren, darauf geachtet, Doppelbefragungen etwa durch Versand jeweils eines Fragebogens an den Hauptsitz und an eine Niederlassung eines verladenden Unternehmens zu vermeiden. Derartige Überschneidungen dürften deshalb allenfalls durch den völlig getrennten Direktversand von 6 Industrie- und Handelskammern in einigen wenigen Fällen aufgetreten sein. 111 Voll ausgeschöpft wurde dieses Adressenmaterial beispielsweise im Bereich der IHK Ludwigshafen. Dies ist darauf zurückzuführen, daß die am Hafenumschlag orientierte Vorgabe von auszuwählenden Adressen sich in diesem Bereich als zu groß erwies, da der Hafenumschlag in Ludwigshafen zu einem erheblichen Teil auf einen Großverlader der chemischen Industrie zurückzuführen ist.

267

268 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

dem dominiert. Da sich jedoch der wechselseitige Transport verschiedener Güterarten lediglich im Bereich der Tankschifffahrt verbietet, kann hieraus allenfalls für diesen Bereich eine unter Wettbewerbsgesichtspunkten unerwünscht hohe Nachfragemacht großer Verlader nicht ausgeschlossen werden. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Transporte von Großverladern etwa im Bereich der Erzverkehre überwiegend von oftmals vertikal verflochtenen Großreedereien gefahren werden und dieser Nachfrage auch kein mengenmäßig hinreichendes Angebot kleiner Binnenschiffahrtsunternehmen gegenübersteht. Das Argument einer überhöhten Nachfragemacht der Verladerschaft dieses Bereiches muß somit sehr differenziert gesehen werden und kann keineswegs pauschal auf eine größere Anzahl von Marktsituationen übertragen werden. Insbesondere für mittelständische Verlader dürfte es unzutreffend sein. M i t Hilfe der Betrachtimg einzelner Güterabteilungen können genauere Rückschlüsse auf die Struktur der Verladerschaft im Bereich der Binnenschiffahrt gewonnen werden. Tabelle 27 läßt erkennen, daß die Gütergruppe Fahrzeuge, Maschinen, sonstige Halb- und Fertigwaren in der Binnenschiffahrt im Gegensatz zum Straßengüterverkehr nur eine untergeordnete Bedeutung hat, was auf das spezielle Leistungsprofil dieses Verkehrsträgers zurückzuführen ist. Gemessen am Transportaufkommen kam dagegen im Jahre 1984 der Güterart Steine und Erden mit 27,5 % am gesamten Aufkommen 1 1 2 die größte Bedeutung zu, gefolgt von den Mineralölerzeugnissen, den Erzen und Metallabfällen und der Kohle. Eine große Zahl mittelständischer Verlader findet sich insbesondere im Bereich der Güterart Steine und Erden. "Neben den vielen kleinen Nachfragern treten aber auch Großverlader wie Zementfabriken, Hüttenwerke und chemische Betriebe als Bezieher von Kalksteinen, mittlere Betriebe wie Aluminiumwerke als Bezieher von Bauxit und einige größere Basaltversender

112 Vgl. Tab. 27.

2 2 Mittelständische

Verlader in der Binnenschiffahrt

a u f ' 1 1 3 . Die Nachfrage in diesem Bereich ist in starkem Maße von der Konjunkturentwicklung in der Bauwirtschaft abhängig. Mineralölerzeugnisse als wichtigste Gütergruppe für die Tankschiffahrt 11 werden dagegen von vergleichsweise wenigen Großunternehmen der Mineralölindustrie verladen und sowohl von Reedereien als auch von Partikulieren gefahren 115 . Eine starke Nachfragekonzentration besteht ebenfalls im Bereich der Eisen- und Stahlindustrie, die als Rohstoffe Erze und Metallabfälle transportieren läßt und zudem als Verlader von Roheisen, Rohstahl, Gießerei- und Walzwerkerzeugnissen etc. in Erscheinung tritt. Diese Industrie wird in der Bundesrepublik Deutschland von acht großen Unternehmensgruppen domin i e r t 1 1 6 . Allerdings kann hieraus nicht unbedingt auf ein Nachfrageoligopol geschlossen werden. Denn zum einen können die Binnenschiffahrtsunternehmen auf andere Transportgüter ausweichen, und zum anderen verfügen die in diesem Bereich tätigen Schiffahrtsunternehmen aufgrund ihrer Anzahl und Größe ebenfalls über eine erhebliche Marktstärke. So wird beispielsweise der Erzverkehr zu einem überwiegenden Teil von Schubverbänden der Großreedereien oder aber der Werkschiffahrt 117

abgewickelt . Wichtigster Nachfrager nach Kohletransporten der Binnenschiffahrt ist die Energiewirtschaft. "Zwar erfolgt fast der gesamte deutsche Kohleverkauf über die als Einheitsgesellschaft des deutschen Ruhrkohlebergbaus betriebene Ruhrkohle AG in Essen, dennoch kann man nicht von einer monopolistischen Nachfrage nach Kohletransporten sprechen, da bei den In113 Vgl. SCHLENKERMANN, Heinz-Gert, a.a.O., S. 45. 114 Dies gilt insbesondere aufgrund der starken Substitutionskonkurrenz der Rohrfernleitungen bei der Transportnachfrage der Güterart "rohes Erdöl". 115 Die unterschiedliche Anzahl potentieller Verlader im Bereich einzelner Güterarten geht beispielsweise auch daraus hervor, daß 1984 den 50 Unternehmen der Mineralölverarbeitung 2 130 Unternehmen gegenüberstanden, die sich mit der Gewinnung und Verarbeitung von Steinen und Erden befaßten, vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch 1985 für die Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart und Mainz 1985, S. 169. 116 Vgl. SCHLENKERMANN, Heinz-Gert, a.a.O., S. 52. 117 Vgl. OUT, Hans, a.a.O., S. 13.

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27

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

landslieferungen die Abnehmer der Ruhrkohle AG als Transportauftraggeber auftreten" 118 . Weitere wichtige Nachfrager nach Binnenschiffstransportleistungen sind im Bereich der chemischen Industrie zu finden, wobei an Transportaufgaben der unterschiedlichsten A r t zu denken ist. Die Palette möglicher Transportleistungen für diesen Wirtschaftszweig reicht von der Beförderung von Düngemitteln bis zur Bereitstellung spezieller Säuretanker, bei denen aufgrund mangelnder alternativer Transportmöglichkeiten der Abschluß langfristiger Beschäftigungsverträge in der Regel sowohl von dem Verlader als auch von dem Binnenschiffahrtsunternehmen angestrebt wird. Wichtige Nachfrager sind schließlich auch die Verlader von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie von Nahrungs- und Futtermitteln. Dabei handelt es sich auch um mittelständische Unternehmen des Ernährungsgewerbes - insbesondere der Getreidewirtschaft sowie um Unternehmen der Holzbe- und -Verarbeitung etc. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Anzahl der Verlader im Bereich Binnenschiffahrt vergleichsweise gering ist, ohne daß daraus pauschal eine ausgeprägte Nachfragemacht abgeleitet werden kann. Vielmehr wird bei der Betrachtung einzelner Güterarten und deren Zuordnung zu einzelnen Wirtschaftszweigen deutlich, daß völlig unterschiedliche Strukturen anzutreffen sind. Denn während im Bereich der Montanindustrie und der Mineralölindustrie wenige Großverlader dominieren, ist insbesondere der Bereich Steine und Erden durch eine vorwiegend mittelständische Struktur geprägt 1 1 9 . Die aus dem speziellen Leistungsprofil des betrachteten Verkehrsträgers resultierende Nachfragestruktur nach Binnenschiffstransporten erklärt aufgrund eines dominanten Anteils von Verladern aus strukturschwachen Branchen, warum sich die Gesamtnachfrage nach Binnenschiffstransporten nicht in dem Maße stetig weiterentwickelt hat wie die Nachfrage nach Straßenverkehrstransporten. 118 BUSCH, Berthold, a.a.O., S. 59. 119 Vgl. SCHLENKERMANN, Heinz-Gert, a.a.O., S. 53.

22 Mittelständische

Verlader in der Binnenschiffahrt

271

2.2.2 Größenklassenunabhängige Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation aller Verlader 2.2.2.1 Größenklassenunabhängige Auswirkungen im Lichte der Befragung Trotz fehlender staatlicher Zulassungsbeschränkungen in der Binnenschiffahrt kann nicht davon ausgegangen werden, daß Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation mittelständischer und großer Verlader lediglich aus der staatlichen Preisbindung resultieren. Denn wie gezeigt wurde 1 2 0 , ist die Ursache erheblicher Angebotsveränderungen z.B. auch in anderen staatlichen Eingriffen wie etwa der Initiierung der Abwrackaktion und der Investitionsprämierung zu suchen. Zwar werden die Wirkungen staatlicher Preisbindung durch die mehr oder weniger starke Einschränkung wettbewerblicher Preissetzungsmöglichkeiten besonders deutlich am Markt erkennbar. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß die staatliche Beeinflussung der individuellen Investirons- und Desinvestitionsbereitschaft zu einer langfristigen Angebotsvariation führt und ihrerseits sowohl die Preisbildung in den Frachtenausschüssen als auch die freien Preise im grenzüberschreitenden Verkehr beeinflußt. Auch werden die Nachfrager von Binnenschiffstransportleistungen versuchen, möglichen negativen Auswirkungen auf ihre Wettbewerbssituation durch entsprechende Reaktionen zu entgehen. Aufgrund der Vielschichtigkeit und Interdependenz des Marktgeschehens verbietet sich somit auch für den Bereich der Nachfrager nach Leistungen der Binnenschiffahrt die monokausale Betrachtung einzelner staatlicher Regulierungseingriffe. Vielmehr erscheint es auch für diesen Bereich sinnvoll, eine Trennung zwischen größenklassenunabhängigen und größenklassenabhängigen Auswirkungen durchzuführen 121 . Als wichtigste weitgehend größenklassenunabhängige Auswirkung staatlicher Regulierung, der sich Verlader in einer statischen Betrachtimg bei ihrer Nachfrage nach Transportleistun120 Vgl. Kap. II. 2.1.2. 121 Vgl. S. 165 f. dieser Studie.

272 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

gen der Binnenschiffahrt und bei einem bestehenden, auch aus vorherigen staatlichen Eingriffen resultierenden Angebot ausgesetzt sehen, ist eine Verminderung der Intensität des Preiswettbewerbs zu erwarten. Daß daraus ein überhöhtes Preisniveau der innerdeutschen Frachten resultiert, kann nicht notwendigerweise gefolgert werden, da die Preisbildung in den Frachtenausschüssen im Gegensatz zu der Tarifbildung in der TKF unter paritätischer Besetzung von Binnenschiffahrtsvertretern und Verladervertretern erfolgt. Hierzu wurde der Verfasser in Gesprächen mit Verladervertretern jedoch darauf hingewiesen, daß aus dieser paritätischen Besetzung keineswegs auf eine gleichberechtigte Durchsetzung von Binnenschiffahrts- und Verladerinteressen geschlossen werden könne. Vielmehr sei eine Zustimmung der Verladerseite zu Frachterhöhungsanträgen bzw. eine Zurückhaltung bei Frachtermäßigungsanträgen vielfach darauf zurückzuführen, daß der vom BMV berufene Vorsitzende eines erweiterten Frachtenausschusses in der Vergangenheit i.d.R. die Verhandlungsposition der Binnenschifffahrtsseite unterstützt habe. Von der Verladerseite werde deshalb die Einigung bereits im Frachtenausschuß angestrebt, wozu jedoch oftmals erhebliche Zugeständnisse notwendig seien. Für derartige Ergebnisse von Verhandlungsprozessen in erweiterten Frachtenausschüssen ist nach Angaben der Verladerseite allerdings nicht die größere Marktnähe von Anträgen der Binnenschiffahrtsseite ursächlich. Vielmehr wird ein derartiges Verhalten eines Vorsitzenden eines erweiterten Frachtenausschusses aus den Entscheidungsparametern abgeleitet, die einem solchen Vorsitzenden zur Verfügung stehen. Denn dieser hat bei seiner Entscheidungsfindung darauf zu achten, daß die beschlossenen Entgelte zum einen marktgerecht sein sollen und zum anderen den wirtschaftlichen Verhältnissen der Schiff199

fahrtsunternehmen Rechnung zu tragen haben . Für die Überprüfung der Marktgerechtigkeit der Entgelte stehen ihm jedoch keine geeigneten Kriterien zur Verfügung. So erscheint es unmöglich, die Preisfindung im Rahmen eines 122 Vgl. § 21 Abs. 2 BSCHVG.

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Verader in der Binnenschiffahrt

wettbewerblichen Entdeckungsverfahrens insbesondere in Anbetracht möglicher X-Ineffizienzen aufgrund staatlicher Regulierung durch die Analyse von Daten zur Angebots- und Nachfrageentwicklung zu ersetzen. Bei der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Schiffahrtsunternehmen wird sich ihm die Frage stellen, inwieweit er diesen Grundsatz der Tarifbildung auch auf Grenzanbieter anzuwenden hat. Die in diesem Zusammenhang zur Begründung von Frachterhöhungsanträgen vorgelegte Kostenrechnung des betriebswirtschaftlichen Ausschusses des BdB wird ihn dabei i.d.R. dazu verleiten, auch solchen Anträgen zuzustimmen, bei denen auch Unternehmen im Markt verbleiben können, die bei freier Preisbildung ausscheiden müßten. Denn diese Kostenrechnung basiert nach wie vor auf dem Typschiff "verlängerter Gustav Koenigs", so daß sich beispielsweise die Investition in leistungsfähige Schiffstypen hierin nicht widerspiegelt. In Anbetracht kaum überprüfbarer X-Ineffizienzen ist auch auf die Kritik der Verladerschaft zu verweisen, daß die Kostenansätze überhöht seien bzw. die Leistungsdaten wie etwa die zeitliche Auslastung zu niedrig angesetzt seien. Der Entwicklung marktgerechter Entgelte dürfte allerdings besonders der Ansatz von 20 % des halben Anschaffungs- bzw. Wiederbeschaffungswertes als Unternehmerwagnis/Gewinn zuwiderlaufen, da in einer Marktwirtschaft normalerweise kein Unternehmer die Gewißheit besitzt, daß sich eine von ihm getroffene Investitions- oder Desinvestitionsentscheidung als richtig herausstellt und eine entsprechende Entlohnung seiner unternehmerischen Tätigkeit erfolgt. Eine Tendenz zu überhöhten Preisen auch im Rahmen paritätisch besetzter Frachtenausschüsse ist somit nicht von der Hand zu weisen. Daß diese Kritik an der Preisbildung in den Frachtenausschüssen nicht nur von offiziellen Verladervertretern geäußert wird, sondern auch der Einschätzung der Mehrzahl der Unternehmen der verladenden Wirtschaft entspricht, wurde durch die Fragebogenaktion bestätigt. Die wichtigsten Ergebnisse zur Beurteilung des Angebots der Binnenschiffahrtsunternehmen durch mittelständische Verlader sind aus der Übersicht V B 1 ablesbar:

27

27

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Übersicht VB 1:

Beurteilung des Angebots der Binnenschiffahrtsunternehmen durch mittelständische Verlader und Großverlader

Kleinunternehmen/mittlere Unternehmen (in v.H.)

Großunternehmen (in v.H.)

- ist das derzeitige Angebot der gewerblichen Binnenschifffahrt im Hinblick auf sein Leistungsprofil: - zufriedenstellend - nicht zufriedenstellend

50,0/38,6 50,0/61,4

42,9 57,1

- sind die Preise für Binnenschiffahrtsleistungen zu hoch

37,5/59,1

46,4

0,0/0,0

7,1

50,0/50,0

42,9

Nach dem Urteil befragter Unternehmen:

- ist die Qualität dieser Leistungen unbefriedigend - liegen die Ursachen für überhöhte Preise in der Marktordnung begründet

Die allgemeine Befragung der Verlader nach der Beurteilung des Leistungsprofils des derzeitigen Angebots der Unternehmen der gewerblichen Binnenschiffahrt zeigt eine überwiegend negative Beurteilung. Denn 50,0 % der Kleinunternehmen, 61,4 % der mittleren Unternehmen sowie 57,1 % der Großunternehmen sind mit diesem Angebot unzufrieden. Wie aus Übersicht VB 1 hervorgeht, werden dabei von 37,5 % der Kleinunternehmen, 59,1 % der mittleren Unternehmen und 46,4 % der Großunternehmen die Preise für Leistungen von Binnenschiffahrtsunternehmen als zu hoch angesehen. Die Qualität der Leistung wird dagegen lediglich von Großunternehmen und auch hier nur von 7,1 % der Befragten dieser Größenklasse kritisiert. Die Ursache für überhöhte Preise und unbefriedigende Qualität wird nur von einem vergleichsweise geringen Anteil von Unternehmen in Faktoren wie der starken Marktstellung des Binnenschiffahrtsgewerbes oder der mangelnden Flexibilität der

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Verìader in der Binnenschiffahrt

Binnenschiffahrtsunternehmen beim Eingehen auf Verladerwünsche gesehen. Vielmehr hegt nach dem Urteil von 50,0 % der Kleinunternehmen, 50,0 % der mittleren Unternehmen und 42,9 % der Großunternehmen diese Ursache in der Markt1OA

Ordnung in der Binnenschiffahrt begründet, weil diese die Herstellung der nach dem Stand der Technik und Organisation leistungsfähigsten Angebotsstrukturen behindert. Die Beurteilung der Auswirkungen verschiedener Maßnahmen im Bereich der Preisbildung in der Binnenschiffahrt auf die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader bestätigt die aus der aufgezeigten Kritik abzuleitende Vermutung, daß sich die Befragten von einer stärkeren Berücksichtigung marktwirtschaftlicher Elemente eine Verbesserung ihrer Situation erhoffen. Allerdings zeigen die Ergebnisse der Fragebogenaktion interessante Unterschiede zum Straßengüterverkehrsbereich. Denn während dort aufgrund bestimmter aufgezeigter Verhaltensweisen im Versandleiterbereich eine gewisse Tendenz zur Befürwortung bestehender Regulierungseingriffe aus Gründen der Rechtfertigung von Entscheidungen vor der Geschäftsleitung aufgezeigt w u r d e 1 2 5 und beispielsweise im Bereich mittlerer Unternehmen von einer schnelleren Anpassung der Tarife an die Marktgegebenheiten eine etwa gleich große Anzahl von Unternehmen eine Verbesserung ihrer Wettbewerbssituation erwarten wie im Falle einer völligen Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen, ergibt sich bei den Nachfragern nach Binnenschiffahrtsleistungen eine stärkere Befürwortung der Auflockerung staatlicher Eingriffe 1 2 6 .

123 Vgl. Übersieht V B l . 124 Im Rahmen der Befragung wurde beispielhaft auf Festpreise und die Preisbildung in den Frachtenausschüssen hingewiesen. 125 Vgl. S. 171 f. dieser Studie. 126 Vgl. Übersicht VB 2.

275

276 Teil II: A uswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen Übersicht V B 2:

Beurteilung der Auswirkungen verschiedener Maßnahmen i m Bereich der Preisbildung auf die Wettbewerbssituation der befragten Verlader

Auf ihre Wettbewerbssituation wirken nach Einschätzung der Befragten die Maßnahmen:

Kleinunter· nehmen (in v.H.)

mittlere Unternehmen (in v.H.)

- Schnellere Anpassung des FTB an Marktgegebenheiten: - verschlechternd - verbessernd

0,0 44,4

0,0 59,1

- Stärkere Flexibilisierung des FTB durch verstärkte Einführung von Mindest-Höchstpreisen (Margen): - verschlechternd - verbessernd

22,2 77,8

11,4 52,3

- Erweiterung von bestehenden Margengrenzen: -verschlechternd - verbessernd

11,1 77,8

2,3 . 52,3

- Staatliche Mindestpreise zur Vermeidung eines ruinösen Wettbewerbs innerhalb des Binnenschifffahrtsgewerbes und unverbindliche Preisempfehlungen des Gewerbes oberhalb der Mindestpreise: - verschlechternd - verbessernd

0,0 22,2

27,3 15,9

- Völlige Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen: - verschlechternd - verbessernd

11,1 77,8

13,6 70,5

So rechnen beispielsweise 44,4 % der K l e i n u n t e r n e h m e n u n d 59,1 % der m i t t l e r e n U n t e r n e h m e n b e i einer schnelleren A n passung des FTB an die Marktgegebenheiten m i t einer Verbesserung ihrer Wettbewerbssituation. V o r t e i l e v o n einer stärkeren Flexibilisierung des FTB d u r c h verstärke E i n f ü h r u n g v o n M i n dest-Höchstpreisen ( M a r g e n ) , der E r w e i t e r u n g v o n bestehend e n Margengrenzen oder gar der völligen Freigabe der Preis-

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Verlader in der Binnenschiffahrt

bildung in ausgewählten Bereichen erwartet dagegen ein einheitlicher Anteil von 77,8 % der verladenden Kleinunternehmen. Während sich im Bereich der mittleren Unternehmen 52,3 % der Befragten sowohl von einer verstärkten Einführung von Margen als auch von einer Erweiterung von Margengrenzen eine Verbesserung versprechen, befürworten sogar 70,5 % der Unternehmen dieser Größenklasse eine völlige Freigabe der Preisbildung in ausgewählten Bereichen. Unterschiede in der Einstellung von Verladern im Bereich der Binnenschiffahrt zu denen im Bereich des Straßengüterverkehrs dürften auf den vergleichsweise hohen Transportkostenanteil der von Binnenschiffen transportierten Güter zurückzuführen sein, der zu einer starken Sensibilisierung der Unternehmensleitung für transportbedingte Entscheidungen führen dürfte. Für die Verlader im Bereich Binnenschiffahrt ist somit festzuhalten, daß in allen Unternehmensgrößenklassen verschiedene Eingriffe in die "kontrollierte Wettbewerbsordnung" um so positiver beurteilt werden, je stärker sie zu einer Lockerung staatlicher Regulierung führen 1 2 7 . Alternative Regulierungseingriffe wie etwa staatliche Mindestpreise zur Vermeidimg eines ruinösen Wettbewerbs innerhalb des Binnenschiffahrtsgewerbes und unverbindliche Preisempfehlungen des Gewerbes oberhalb der Mindestpreise werden dagegen sehr zurückhaltend beurteilt. Diese Zurückhaltung zeigt sich tendenziell auch bei der Beurteilung von zur Verbesserung der Wettbewerbssituation durchzuführenden Maßnahmen im unternehmens-organisatorischen Bereich 1 2 8 , was im Umkehrschluß die Bedeutung unterstreicht, die der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" von Verladern zugemessen wird. Erwähnenswert erscheint allerdings, daß sich im Bereich mittlerer Unternehmen 50,0 % der Be127 Die Aufgliederung nach der größenbezogenen Selbsteinschätzung führt nur zu leichten Ergebnismodifikationen, ohne die Grundaussagen zu beeinträchtigen. 128 Als mögliche Maßnahmen wurden im Fragebogen aufgeführt: verstärkte Betätigung im Verkehrsgewerbe (z.B. mit Spedition gemeinsam betriebene Verkehrsgesellschaft), engere Bindung an Reedereien (finanziell, organisatorisch, personell), verstärkte Geschäftsbeziehungen zur Partikulierschiffahrt, Verbesserung der technischen Möglichkeiten, Aufträge abzuschließen, z.B. durch Errichtung von Börsen unter Einsatz neuer Medien (z.B. Btx).

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27

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

fragten von einer Verbesserung der technischen Möglichkeiten zum Auftragsabschluß - etwa durch Errichtung von Börsen unter Einsatz neuer Medien - eine Verbesserung ihrer Wettbewerbssituation erhoffen. Gleiches gilt für 31,8 % der mittleren Unternehmen für den Fall einer verstärkten Betätigung im Verkehrsgewerbe etwa durch eine mit einer Spedition gemeinsam betriebene Verkehrsgesellschaft. Bei den Kleinunternehmen beurteilt dagegen ein Anteil von 33,3 % verstärkte Geschäftsbeziehungen zur Partikulierschiffahrt positiv. Die Beurteilung der Auswirkungen staatlicher Preisbindung im Sinne überhöhter Frachten sowie die positive Einstellung der befragten Verlader zur Lockerung staatlicher Regulierungseingriffe legen die Vermutung nahe, daß auch die Einschätzung der zukünftigen Lage mittelständischer Verlader bei Beibehaltung aller bestehenden Regelungen des Ordnungsrahmens tendenziell negativ ausfällt.

Übersicht VB 3:

Einschätzung der Lage mittelständischer Verlader in der Zukunft bei Beibehaltung aller bestehenden Regelungen des Ordnungsrahmens in der Binnenschiffahrt

Bei Beibehaltung bestehender Regulierungseingriffe wird die Lage mittelständischer Verlader in der Zukunft eingeschätzt als: -gut

Kleinunternehmen/mittlere Unternehmen (in v.H.)

Großunternehmen (in v.H.)

0,0/9,8

19,2

- mittelmäßig

37,5/65,8

69,3

- schlecht

62,5/24,4

11,5

Die Fragebogenergebnisse zeigen dabei allerdings starke größenklassenspezifische Unterschiede. Denn während kein einziges Kleinunternehmen die Lage in der Zukunft auf der Grundlage bestehender Regulierungseingriffe als "gut" einschätzt und vielmehr 62,5 % dieser Unternehmen mit "schlecht" urteilen, überwiegt bei den mittleren Unternehmen mit 65,8 %

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Verlader in der Binnenschiffahrt

deijenige Anteil von Verladern, die mit "mittelmäßig" antworteten. Allerdings äußerte auch in dieser Unternehmensgrößenklasse noch nahezu ein Viertel (24,4 %) der Befragten ein negatives Urteil über die Lage mittelständischer Verlader in der Zukunft. Bei den sich zur zukünftigen Lage mittelständischer Verlader äußernden Großunternehmen überwiegt dagegen mit 19,2 % ("gut") zu 11,5 % ("schlecht") eine positive Einschätzung. Das Urteil der Großunternehmen sowie Unterschiede in den Aussagen von kleinen und mittleren Unternehmen lassen eine Untersuchung angezeigt erscheinen, inwieweit aus der "kontrollierten Wettbewerbsordnimg" resultierende Benachteiligungen von Verladern größenklassenspezifische Unterschiede insbesondere aufgrund unterschiedlicher Reaktionsmöglichkeiten aufweisen. Diese Analyse unter besonderer Berücksichtigung von Fragebogenergebnissen erfolgt in Kapitel II.2.2.3. Hierzu werden zunächst die dargelegten subjektiven Urteile befragter Verlader über die größenunabhängigen Auswirkungen staatlicher Regulierung im Binnenschiffahrtsbereich auf der Grundlage verschiedener Gegenargumente von Schiffahrtsvertretern untersucht. Dabei werden auch Vergleiche zwischen innerdeutschen staatlich gebundenen und grenzüberschreitenden freien Frachten herangezogen.

2.2.2.2 Größenklassenunabhängige Auswirkungen

in einzelnen Bereichen und ihr Zustandekommen Zwar ist aus allen Teilen der Verladerschaft eine latente Kritik an einer Überhöhung staatlich gebundener Binnenschifffahrtsfrachten feststellbar. Diese Kritik artikulierte sich allerdings in den letzten Jahren in einigen Bereichen besonders deutlich, in denen offensichtlich die Auswirkungen staatlicher Regulierung als besonders negativ empfunden wurden. Die bedeutendsten Fälle bilden die oberrheinischen Kiesfrachten und der Seehafenhinterlandverkehr. Wie die folgende Betrachtung zeigt, handelt es sich bei diesen Fällen keineswegs um kurzfristige Anpassungsprobleme.

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2

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Seit Beginn der 70er Jahre entwickeln sich die Binnenschifffahrtsfrachten ab oberrheinischen Ladestationen im Bereich der Güterart Steine und Erden (Sand, Kies, Splitt etc.) im innerdeutschen Verkehr nach FTB-Frachten und im grenzüberschreitenden Verkehr zu Marktfrachten auseinander. I n den Jahren 1976/77 betrugen "die Unterschiede zwischen den FTBFrachten und den freien Marktfrachten im Durchschnitt 45 %, zum Teil wurden Unterschiede von mehr als 60 % festgestellt" 1 2 9 . Diese Disparität in der Frachtenentwicklung war nicht aus den Marktgegebenheiten und der Marktentwicklung erklärbar, sondern hatte ihre Ursache in den unterschiedlichen 1ΛΛ

Frachtenbildungssystemen . Sofern es deutschen, nahezu ausnahmslos mittelständischen Verladern nicht gelang, überhöhten innerdeutschen Frachten auszuweichen, mußten sie erhebliche Wettbewerbsnachteile gegenüber elsässischen Verladern in Kauf nehmen. Ausweichreaktionen waren etwa die formale Schaffung des Tatbestandes des grenzüberschreitenden Verkehrs mit Hilfe ausländischer Handelsfirmen (courtage) 1 3 1 , die Aufnahme von Werkverkehr und die Bildung von Mischpreisen aus innerdeutschen und grenzüberschreitenden Frachten, aber auch die Veränderung der Leistimgsstruktur etwa durch Erhöhung des Anteils des fob-Geschäftes an der Gesamtversandstruktur oder eine Ausweitung des Export-Geschäftes 132 . Zudem wurden von den Verladern sowohl auf politischer Ebene als auch im Bereich der zuständigen Frachtenausschüsse adäquate Anpassungen des FTB insbesondere durch Einführung großzügiger Margen gefordert, was sich in der Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 28.2.1978 niederschlug, nach Neckar-, Main-, Mosel- und Rheinhäfen eine Marge von plus 129 WILLEKE, Rainer u.a., Wettbewerbswirkungen unterschiedlicher Frachtenbildungssysteme in der Binnenschiffahrt - Der Fall Oberrheinkies - Buchreihe des Instituts für Verkehrswissenschaft an der Universität zu Köln, hrsg. v. R. WILLEKE, Nr. 38, Düsseldorf 1978, S. 12. 130 Vgl. ebenda, S. 12. 131 Diese zunächst geduldete Frachtenumgehungsmaßnahme wurde 1976 vom Bundesverkehrsminister untersagt. 132 Vgl. WILLEKE, Rainer u.a., Wettbewerbswirkungen unterschiedlicher Frachtenbildungssysteme in der Binnenschiffahrt, a.a.O., S. 49.

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Verlader in der Binnenschiffahrt

7 % und minus 35 % in den FTB einzubauen . Damit war allerdings das Disparitätenproblem keineswegs endgültig beseitigt. Denn zum einen betrug die Marge für Verladungen in das westdeutsche Kanalgebiet lediglich + / - 7 %, was bestehende Frachtsatzunterschiede nicht ausgleichen konnte. Zum anderen bestanden auch in jüngster Zeit trotz solcher Margenregelungen noch erhebliche Unterschiede zwischen freien und gebundenen Frachten. Für das Jahr 1984 etwa gehen aus Tabelle 28 erhebliche Differenzen der FTB-Raten (einschl. der Margen) und der Marktfracht zwischen oberrheinischen Verladestationen und verschiedenen Empfangsstationen hervor. Die Intensität möglicher Wettbewerbsnachteile für die betroffenen Verlader wird deutlich, wenn man berücksichtigt, daß der durchschnittliche Ab-Werk-Preis für Kies zu dieser Zeit etwa 6,00 D M / t betrug. Da die Entfernungsdegression des Kostenverlaufs sich offensichtlich in den mit zunehmender Relationsentfernung unterproportional steigenden Marktfrachten stärker widerspiegelt als in den FTB-Frachten (einschl. Margenregelung), werden diese Wettbewerbsnachteile insbesondere für relativ weit entfernte Transporte in das westdeutsche Kanalgebiet so groß, daß die oberrheinischen Kieswerke in diesem Gebiet in vielen Fällen nicht mehr konkurrenzfähig sind. I m Bereich des Seehafenhinterlandverkehrs kritisieren insbesondere Vertreter der deutschen Hafenwirtschaft die nach ihrer Ansicht überhöhten, innerdeutschen gebundenen Preise verschiedener Verkehrsträger sowie die zeitliche Inflexibilität von Tarif- und Frachtenbildungsverfahren. Hieraus wird eine erhebliche, staatlich induzierte Benachteiligung im Wettbewerbsverhältnis zu den Westhäfen Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen (ARA-Häfen) abgeleitet. Aus dieser Kritik resultierte im Jahre 1985 ein Gesetzentwurf des Bundesrates mit dem Ziel der "Verringerung der Wettbewerbsverzerrungen der deutschen gegenüber den ausländischen Seehäfen durch Annäherung der nationalen Preisbildungsvorschriften im Zu- und Ablaufverkehr der deutschen Seehäfen an die Bedingungen im innergemein-

133 Vgl. Verordnung Nr. 1/78 über die Festsetzung von Entgelten für Verkehrsleistungen der Binnenschiffahrt, Bundesanzeiger Nr. 44 vom 3. 3.1978.

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Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

schaftlichen grenzüberschreitenden Verkehr" 1 3 4 , was für den Bereich der Binnenschiffahrt durch die Möglichkeit zum Abschluß von Sonderabmachungen erreicht werden sollte. Auch bei diesem Beispiel staatlich induzierter Wettbewerbsnachteile handelt es sich keineswegs um ein nur kurzfristig ungelöstes Anpassungsproblem. Vielmehr schwankt lediglich die Intensität politischer Forderungen von Gewerbe- und Verladervertretern sowie Vertretern der deutschen Hafenwirtschaft im Zeitablauf. So ist beispielsweise zu beachten, daß bereits im Rahmen der Verhandlungen des Deutschen Bundestages über die Änderung des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr Unstimmigkeiten darüber herrschten, inwieweit die in dem Änderungsgesetz enthaltenen Tarifbildungsbestimmungen eine Diskriminierung der deutschen Seehäfen im Wettbewerb gegenüber den ARA-Häfen darstellen 135 . I m Rahmen der Diskussion um den Seehafenhinterlandverkehr ist auffällig, daß Diskrepanzen zwischen grenzüberschreitenden und innerdeutschen Frachten von verschiedenen Binnenschiffahrtsvertretera keineswegs übereinstimmend beurteilt werden. Der Bundesverband der Selbständigen Abt. Binnenschiffahrt stellt fest, daß Verkehrsverluste der deutschen Partikulierschiffahrt auch mit der tarifbedingten Verkehrsverlagerung binnenschiffahrtstypischer Massengüter zugunsten ausländischer Häfen in Zusammenhang stehen 3 6 . Hierzu werden beispielhaft für den Bereich der Futtermittelfrachten Tarifvergleiche zwischen Rotterdam und deutschen Hinterlandstationen sowie Weserstationen und deutschen Hinterlandstationen an134 Bundesrat, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung tarifrechtlicher Bestimmungen im Seehafenhinterlandverkehr, Drucksache 86/85 vom 22.3.1985, S. 1. 135 Vgl. dazu beispielhaft: Deutscher Bundestag, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 5. Wahlperiode 1965, 194. Sitzung, Stenographische Berichte, Bd. 68, S. 10508 A. 136 Vgl. Bundesverband der Selbständigen e.V., Abt. Binnenschiffahrt (Hrsg.), Stellungnahme zum Fragenkatalog des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages zum Seehafenhinterlandverkehr zum öffentlichen Anhörungsverfahren des Ausschusses für Verkehr am 19. Juni 1985, Bonn 1985, S. 1 ff., auch abgedruckt in: Deutscher Bundestag, Ausschuß für Verkehr (Hrsg.), Ausschußdrucksache 0258, Bonn 1985.

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geführt und darauf verwiesen, daß die "Weserfrachten" teurer sind als "Westfrachten" ab und zu einem niederländischen Hafen mit zum Teil doppelter km-Entfernung 137 . Dabei wird auf das unmittelbar durch Ems, Weser und Elbe begrenzte Seehafenhinterlandgebiet abgestellt, wodurch die Aussagefähigkeit der Frachtvergleiche gewährleistet w i r d 1 3 8 . Als Gegenmaßnahme gegen Verkehrsverluste deutscher Partikuliere wird auf der Grundlage des § 30 BSCHVG die probeweise Festsetzung wettbewerbsfähiger Margentarife durch den Bundesminister für Verkehr ohne Mitwirkung der Frachtenausschüsse gefordert 1 3 9 . Die Stellungnahme des Bundesverbandes der deutschen Binnenschiffahrt zur Diskussion um die Verkehrsmarktordnung im Seehafenhinterlandverkehr ist dagegen durch eine sehr differenzierte Haltung geprägt. So wird einerseits Wert auf die Feststellung gelegt, daß sich Frachtdifferenzen auch mit objektiv meßbaren technischen und wirtschaftlichen Faktoren wie etwa unterschiedlichen Ablademöglichkeiten begründen lassen und daß die grenzüberschreitenden Frachten keineswegs bei allen Güterarten und Relationen niedriger sind als die FTB-Fracht e n 1 4 0 . Außerdem wird darauf hingewiesen, daß der Stellenwert der Hinterlandfrachten im Vergleich zu den übrigen Entscheidungsvariablen für die Wahl eines Seehafens fast immer überschätzt wird und deshalb aus der Lockerimg der Tarifbindung keine spürbaren Umschlagsgewinne zu erwarten seien 1 4 1 . An137 Vgl. Tab. 29. 138 "Da sowohl im Verkehr zu den niederländischen Seehäfen als auch im Verkehr zu den deutschen Seehäfen Kanal- und Flußsysteme mit identischen Abmessungen benutzt werden müssen, bestehen für den Zugang zu dem für die selbständigen Schiffseigner relevanten Markt gleiche Bedingungen für deutsche Seehäfen und grenzüberschreitenden Verkehr zu den Westhäfen": Bundesverband der Selbständigen e.V., Abt. Binnenschiffahrt (Hrsg.), Stellungnahme zum Fragenkatalog..., a.a.O., S. 2. 139 Vgl. ebenda, S. 4. 140 Vgl. Bundesverband der deutschen Binnenschiffahrt e.V. (Hrsg.), Ergänzung zum Positionspapier des Bundesverbandes der deutschen Binnenschiffahrt e.V. zur Diskussion um die Verkehrsmarktordnung im Seehafen-Hinterlandverkehr, Duisburg-Ruhrort, im Juni 1984, S. 12 f. 141 Vgl. Bundesverband der deutschen Binnenschiffahrt e.V. (Hrsg.), Positionspapier des Bundesverbandes der deutschen Binnenschiffahrt e.V. zur Dis-

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Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

dererseits wird jedoch auch festgestellt, daß die Binnenschifffahrt Prachtdisparitäten als Problem keineswegs leugnet 1 4 2 . Daraus resultierende Probleme sollen dadurch gelöst werden, Maß die Frachtenausschüsse - wie bereits in der Vergangenheit - auch weiterhin flexibel reagieren und begründeten Anträgen auf Frachtanpassung folgen werden" 1 4 3 . Gerade diese Flexibilität wird allerdings von Hafenvertretern bestritten, da es das Frachtenbildungsverfahren verbietet, durch das Angebot von Preisen abweichend von den festgesetzten Fest- oder Margentarifen im Rahmen kurzfristiger Offerten mit den ARA-Häfen zu konkurrieren 1 4 4 . Frachtdisparitäten bestehen allerdings nicht nur im Bereich der Seehafenhinterlandverkehre und der oberrheinischen Kiesverlader. Vielmehr sind von ähnlichen Diskrepanzen beispielsweise auch die Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie betroffen. "Eine Tonne Importstahl etwa, die von Rotterdam 600 km rheinaufwärts bis Mannheim transportiert wird, kostet 12 Mark Fracht. Für eine in Duisburg produzierte Tonne Stahl muß der Verlader dagegen für die 350 km bis Mannheim 21 Mark ausgeben" 145 . Diese Feststellung wird auch von aktiven

kussion um die Verkehrsmarktordnung im Seehafen-Hinterlandverkehr, bearbeitet von Dr. Wolfgang HÖNEMANN, Duisburg-Ruhrort, im April 1984, S. 23. 142 Vgl. dazu beispielhaft die Ausführungen von Dr. KÜHL im Rahmen der öffentlichen Anhörung zum Seehafenhinterlandverkehr, in: Deutscher Bundestag, Ausschuß für Verkehr (Hrsg.), 10. Wahlperiode, Protokoll Nr. 39 zur öffentlichen Anhörung von Sachverständigen und Verbfinden zum Seehafenhinterlandverkehr, Bonn, 19. Juni 1985, S. 103. Dr. Kühl ist neben seiner Eigenschaft als Vorstandsvorsitzender der Stinnes-Reederei AG stellvertretender Vorsitzender des BdB und Vorsitzender des FA Rhein. 143 Bundesverband der deutschen Binnenschiffahrt e.V. (Hrsg.), Positionspapier..., a.a.O., S. 25. 144 Vgl. dazu beispielhaft die Ausführungen von Konsul BEIER im Rahmen der öffentlichen Anhörung zum Seehafen-Hinterlandverkehr, in: Deutscher Bundestag, Ausschuß für Verkehr (Hrsg.), 10. Wahlperiode, Protokoll Nr. 39, a.a.O., S. 106 f. 145 o.V., Europäische Verkehrsmärkte, Kampf um Schutzzäune, in: Wirtschaftswoche, 40. Jg. (1986), Nr. 25, S. 45; vgl. dazu auch: WILPS, Helmut, Wechselwirkungen der Preispolitik im nationalen und grenzüberschreitenden Verkehr aus Verladersicht, in: Preis- und Tarifpolitik im grenzüberschreitenden

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Schiffern bestätigt, die den Verfasser in Gesprächen darauf hinwiesen, daß in nicht durch Kleinwasser beeinträchtigten Zeiten fur Kohletransporte im grenzüberschreitenden Verkehr vielfach nur 2 Pf /tkm zu erzielen seien, während der FTB ihnen 5-6 Pfytkm zusichere. Tabelle 30 belegt, daß in den Monaten Januar - September 1985 der Transportsatz der freien Massengutfrachten in vollen Schiffsladungen fur Transporte auf der ca. 575 km langen Relation Rotterdam-Mannheim zwischen 10,00 D M / t und 13,65 D M / t und somit zwischen 1,7 Pfytkm und 2,4 Pf/tkm schwankte. Erst im Spätherbst stieg dieser Transportsatz an, bis im Dezember ein Höchststand von etwa 5 Pf/tkm erreicht wurde. Aus dem wichtigsten innerdeutschen Kohletableau FTB A 402/256 geht dagegen beispielhaft für die Kohlebeförderung von KölnNiehl nach Mannheim/Rheinau hervor, daß unter Berücksichtigung sämtlicher möglicher Abschläge, Margen und Rabatte der niedrigstmögliche Tarifsatz für diese ca. 280 km lange Strecke 13,06 D M / t bzw. 4,6 P£/tkm beträgt 1 4 6 . Für die Beförderung von Braunkohle und Braunkohlenbriketts in derselben Relation beträgt nach FTB 412/75 der niedrigstmögliche Tarifsatz 13,94 D M / t bzw. 4,9 Pfytkm. Zwar kann diesem Frachtvergleich entgegengehalten werden, daß sich die günstigen Wasserstraßenverhältnisse zwischen Rotterdam und Köln-Niehl positiv auf den Gesamttransport Rotterdam-Mannheim auswirken werden. Dieser Zusammenhang dürfte jedoch weitgehend vernachlässigbar sein 1 4 7 .

Verkehr, Schriftenreihe der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (DVWG), Β 40, Köln 1977, S. 115 ff. 146 Vgl. Tabelle 31. 147 So zeigt Tab. 30 für den Transport Rotterdam-Duisburg (225 km) durchschnittliche freie Massengutfrachten für das Jahr 1985 von 3,65 bis 9,10 DM/t bzw. 1,6 bis 4,0 Pf/tkm. Auf der Grundlage dieser tkm-Sätze ergeben sich fiktive Frachten für die Relation Rotterdam-Köln-Niehl (295 km) von 4,79 bis 11,93 DM/t. Zieht man diese von den Frachten der Gesamtrelation RotterdamMannheim (10,00 bis 29,15 DM/t) ab, so ergeben sich fiktive, um unterschiedliche Wasserstraßenverhältnisse bereinigte "freie" Frachten von 5,21 bis 17,22 DM/t bzw. 1,9 bis 6,2 Pf/tkm für die Relation Köln-Niehl-Mannheim. Wie ersichtlich weicht der untere Wert nur unwesentlich von den 1,7 Pf/tkm der Gesamtrelation Rotterdam-Mannheim ab.

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Die aufgezeigten Frachtdisparitäten dürfen allerdings nicht so verstanden werden, daß sich bei Freigabe der Preisbindung das Frachtniveau insgesamt auf dem niedrigen Niveau grenzüberschreitender Frachten einpendeln würde. Denn abgesehen davon, daß nicht vorhersehbar ist, zu welchen Marktergebnissen der Wettbewerbsprozeß beim Fehlen staatlicher Regulierung insbesondere langfristig unter Berücksichtigung anstehender Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen führen würde, ist zu vermuten, daß die verminderte Intensität des Preiswettbewerbs im innerdeutschen Bereich und die dabei möglicherweise erzielten Renten deutschen Binnenschiffahrtsunternehmen die Alimentierung verschärfter Wettbewerbsaktivitäten im grenzüberschreitenden Verkehr erlauben. Die aufgrund dieses Zusammenhangs an Verlader gestellte Frage, ob nach ihrer Meinung die Preisbildung in den Frachtenausschüssen zu überhöhten Preisen führt, weil die Binnenschiffahrt versucht, durch hohe innerdeutsche Preise Wettbewerbsaktivitäten im grenzüberschreitenden Verkehr zu relativ niedrigen grenzüberschreitenden Marktfrachten abzugleichen, wurde von 62,5 % der Kleinunternehmen, 71,4 % der mittleren Unternehmen und 65,2 % der Großunternehmen bejaht. Daß dieser Zusammenhang zutrifft, wird auch dadurch belegt, daß sich deutsche Binnenschiffahrtsunternehmen über Jahre hinweg im grenzüberschreitenden Verkehr zu niedrigen Frachten beteiligten und gleichzeitig vielfach lineare, mit der Kostenentwicklung begründete Erhöhungen des FTB forderten 1 4 8 . Das niedrige Niveau grenzüberschreitender Frachten resultiert allerdings nicht nur aus wettbewerblichen Vorstößen deutscher Schiffahrtsunteraehmen, sondern dürfte sowohl auf staatlich induzierte Kostenvorteile ausländischer Schiffahrtsunternehmen 1 4 9 als auch auf den Druck derjenigen Verlader zurück-

148 So beantragte der BdB für 1986 bei den Frachtenausschüssen die lineare Erhöhung der Motorschiffsanteilfrachten (einschl. Stationszuschläge), Liegegelder, Tagesmietsätze, Kokszuschläge, Kleinmengenzuschläge und Schlepplöhne um 6 %, vgl. Bundesverband der deutschen Binnenschiffahrt e.V., Binnenschiffahrt 1985/86, Geschäftsbericht 1985/86 des Bundesverbandes der deutschen Binnenschiffahrt e.V., o.0.1986, S. 11.

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zuführen sein, die im Rahmen von Ausweichreaktionen auf staatliche Preisbindung innerdeutsche Transporte nur in Verbindung mit besonders billigen grenzüberschreitenden Transporten vergeben. Abgesehen von möglichen unternehmensgrößenbedingten Nachteilen für mittelständische Verlader 1 5 0 führen Tarifdisparitäten jedoch zu einer staatlichen Beeinflussimg komparativer Kostenvorteile von Unternehmen der verladenden Wirtschaft und gehen somit mit einer Fehlallokation von Ressourcen einher . Sie sind daher volkswirtschaftlich auch dann negativ zu beurteilen, wenn die Summe aller innerdeutschen und grenzüberschreitenden Frachten einer Periode identisch wäre mit der Summe aller bei vollständig freier Preisbildung erzielten Frachten. Allerdings ist keineswegs davon auszugehen, daß ein Absinken des innerdeutschen Frachtniveaus von einem gleichgewichtigen Anstieg des grenzüberschreitenden Frachtniveaus begleitet würde, da es in erheblichem Ausmaß auch vom Angebot ausländischer Anbieter determiniert wird. Vielmehr legen die aufgezeigten Frachtdiskrepanzen die Vermutung regulierungsinduzierter Renteneinkommen des Binnenschiffahrtsgewerbes und eine entsprechende Benachteiligung der Verladerschaft nahe. Wie bereits für den Straßengüterverkehrsbereich dargelegt wurde, ist allerdings die Stichhaltigkeit von Tarifvergleichen aufgrund von Besonderheiten bestehender Relationen etc. anfechtbar. Zur Überprüfung obiger Vermutung hegt es daher 149 Hierbei ist fur den Bereich der Niederlande etwa an die staatliche Investitionsprämierung, die Förderung von Schifferkinderheimen etc. zu denken. 150 Vgl. Kap. II. 2.2.3.2. 151 So ist z.B. "die deutsche Montanindustrie von der Regulierung im Verkehr ... insofern in unterschiedlichem Maße betroffen, als sie - soweit sie belgische und niederländische Seehäfen in ihre Dispositionen einschaltet · von den günstigeren internationalen Frachten profitiert. Dies gilt für einen Teil der Ruhrkohle und die Hütten, die Stahl per Binnenschiff exportieren, also die Hütten im Ruhr- und Saargebiet. Benachteiligt ist vor allem Peine/Salzgitter, da das Unternehmen wegen seiner geographischen Lage nur vergleichsweise geringe Mengen im grenzüberschreitenden Binnenschiffsverkehr befördern läßt": SEIDENFUS, Hellmuth St., Möglichkeiten der Transportrationalisierung zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Montanindustrie, Beiträge aus dem Institut für Verkehrswissenschaft, hrsg. v. H.St. SEIDENFUS, Heft 105, Göttingen 1985, S. 227.

Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

analog zum Straßengüterverkehrsbereich nahe, die Verhaltensweisen bzw. Äußerungen von Binnenschiffahrtsvertretern zu untersuchen und daraus eine Erklärung innerdeutscher Frachtenbildungsprozesse abzuleiten. Es fällt auf, daß von Binnenschiffahrtsvertretern häufig darauf hingewiesen wird, daß sich keine eindeutige Kausalität zwischen Mengenentwicklung und Preissenkungen herstellen l ä ß t 1 5 2 . So wird beispielsweise vom BdB der Nachweis geführt, daß bei sechs Beschlüssen des FA Dortmund zum Seehafenverkehr lediglich bei einer Maßnahme eine gewisse Mengenentwicklung zu beobachten w a r 1 5 3 . Ähnliche Nachweise werden auch fur die Beschlüsse anderer Frachtenausschüsse geführt. Offenbar trifft es in diesen Fällen dann zwar zu, daß den deutschen Seehäfen durch Preissenkungen kein zusätzliches Transportaufkommen zugeführt wurde. Deshalb darf jedoch keineswegs die Wirkung derartiger Preisvariationen auf frachtzahlende Unternehmen der verladenden Wirtschaft unbeachtet bleiben. Dabei können relevante Zusammenhänge an der folgenden modelltheoretischen Betrachtung mit Hilfe eines Angebots-Nachfrage-Schemas gezeigt werden: Ρ A Ν

->• Α,Ν

152 Vgl. dazu beispielhaft die Ausführungen von Dr. KÜHL im Rahmen der öffentlichen Anhörung zum Seehafenhinterlandverkehr, in: Deutscher Bundestag, Ausschuß für Verkehr (Hrsg.), 10. Wahlperiode, Protokoll Nr. 39, a.a.O., S. 121. 153 Vgl. Bundesverband der deutschen Binnenschiffahrt e.V. (Hrsg.), Ergänzung zum Positionspapier..., a.a.O., S. 4 ff.

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Eine fehlende Mengenreaktion auf Preisvariationen bedeutet, daß die Transportnachfrage Ν der betrachteten Güterart und Relation innerhalb eines bestimmten Preisbereiches vollständig oder weitgehend unelastisch auf Preisvariationen reagiert. Dies ist z.B. dadurch erklärbar, daß es sich bei der Transportnachfrage um eine nachgelagerte bzw. abgeleitete Nachfrage hand e l t 1 5 4 . Zudem steht den Verladern das Ausweichen auf alternative Verkehrsträger wie etwa den Werkverkehr oder die Deutsche Bundesbahn aufgrund technischer und institutioneller Gegebenheiten nicht in allen Preisbereichen als ökonomisch sinnvolle Alternative zur Verfügung. A l - A 4 stellen mögliche Angebotskurven dar. Bei einer derartigen Konstellation stellt sich bei freier Preisbildung ein Preis im Schnittpunkt der effektiven Angebotskurve mit der Nachfragekurve ein. I m Falle der Angebotskurve A 4 wird sich auch in einem Verhandlungsprozeß in einem Frachtenausschuß ein marktgerechter Preis P4 einstellen, weil die Verlader bei P5 ihre Nachfrage beispielsweise durch Ausweichen auf alternative Verkehrsträger reduzieren würden. I n allen anderen Fällen wird die Schiffahrtsseite jedoch aufgrund der Ausschaltung des intramodalen Preiswettbewerbs nicht einen Preis zwischen P I und P4 gemäß einer gegebenen Angebotskurve anstreben, sondern wird auf der Grundlage ihres Zusammenschlusses in einem Frachtenausschuß versuchen, unabhängig von ihrer sich bei freier Preisbildung einstellenden Angebotskurve ein möglichst hohes Preisniveau - maximal P4 - durchzusetzen. Die mangelnde Nachfrageelastizität ist dabei identisch mit einer schwachen Verhandlungsposition der Verladerschaft. Daß in der Vergangenheit überhöhte Preise durchgesetzt wurden, geht gerade aus den aufgeführten Beschlüssen verschiedener Frachtenausschüsse hervor, denn diese Transporte werden jetzt zu niedrigeren Preisen als vor dem Zeitpunkt der Beschlußfassung gefahren. Die früheren Preise lagen deshalb

154 In der zeitlichen Betrachtung dürfte die Preiselastizität der Nachfrage kurzfristig erheblich geringer sein als auf längere Sicht.

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290 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

offensichtlich - da keine sonstigen Marktdatenänderungen ersichtlich sind - nicht im Schnittpunkt der Angebots- und Nachfragekurven, die bei freier Preisbildung relevant gewesen wären. Die im Fall hoher Preise staatlich induzierten Zusatzproduzentenrenten haben in der modelltheoretischen Betrachtung maximal einen Umfang, wie er durch die schraffierte Fläche angegeben ist. I m Falle der Konstellation A4/N oder aber im Falle mangelnder Durchsetzbarkeit der Interessen des Binnenschifffahrtsgewerbes ist die Höhe dieser Renten gleich Null. Angesichts der Rolle des Vorsitzenden eines erweiterten Frachtenausschusses 155 wird diese Durchsetzbarkeit allerdings weniger von den Verhältnissen innerhalb der (erweiterten) Frachtenausschüsse abhängig sein als von der Intensität der Kritik an der staatlichen Preisbindung im Rahmen der allgemeinen verkehrspolitischen Diskussion. Auch hierfür bildet die Diskussion um den Seehafenhinterlandverkehr, aber auch um die oberrheinischen Kiesfrachten einen überzeugenden Beleg. Denn Frachtsenkungen erfolgten hier jeweils nach intensiver Kritik der Hafen- und Verladervertreter im verkehrspolitischen Umfeld. Es ist somit festzuhalten, daß die gezeigte subjektive Einschätzung negativer Auswirkungen staatlicher Regulierung durch befragte Verlader 1 5 6 im Bereich Binnenschiffahrt sowohl anhand der Untersuchung einzelner Problembereiche als auch anhand einer Untersuchung wichtiger Entscheidimgsdeterminanten des Verhandlungsprozesses in den Frachtenausschüssen bestätigt werden kann. Die Höhe möglicher Zusatzproduzentenrenten hängt von dem konkreten Verlauf der Angebots- und Nachfragefunktionen und der politischen Durchsetzbarkeit der Forderungen der Binnenschiffahrtsseite ab. Z u beachten ist allerdings, daß die staatliche Regulierung lediglich den intramodalen Preiswettbewerb im innerdeutschen Verkehr behindert. Analog zum Straßengüterverkehr werden 155 Wie ausgeführt wurde, basiert dessen Entscheidung auch auf der Kostenrechnung des betriebswirtschaftlichen Ausschusses des BdB, in der möglicherweise überhöhte Kostenansätze enthalten sind, vgl. S. 271 f. dieser Studie. 156 Vgl. Kap. II. 2.2.2.1.

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deshalb bei der Transportvergabe Qualitätsaspekte verstärkt zum Zuge kommen, was auch durch die positive Einschätzung der Qualität der Binnenschiffahrtsleistungen durch befragte Verlader bestätigt w i r d 1 5 7 . Beispielhaft zu denken ist an qualitativ hochwertige Be- und Entlademöglichkeiten durch günstige Laderaumgestaltung oder auch an die regelmäßige und pünktliche Bedienung eines Verladers. Eine besondere Rolle dürften langfristige Dauerbeschäftigungsverträge spielen, da ein Verlader durch den Abschluß eines solchen Vertrages eine hohe Sicherheit der Befriedigung seiner Transportnachfrage erreichen kann. Dies kann bereits als eine erste Anpassungsreaktion an staatliche Regulierung verstanden werden, da der Verlader dann zwar hohe FTB-Frachten zu zahlen hat, er jedoch möglicherweise in den Genuß von Dauerbeschäftigungsrabatten kommen und zum anderen die hohe Bedienungssicherheit zum Abbau seiner Lagerhaltungskosten verwenden kann. Wie der Verfasser erfuhr, wurde dieser Zusammenhang bei Untersuchungen möglicher wettbewerbsbeschränkender Wirkungen von Langzeitverträgen im Bereich der Kohletransporte durch das Bundeskartellamt besonders deutlich. Befragte Energieversorgungsunternehmen äußerten etwa, daß das Risiko, nicht rechtzeitig Transportraumdeckung auf dem Markt zu finden, für sie nicht tragbar sei, zumal es in der Bundesrepublik keine funktionierende Schifferbörse mehr gebe 1 5 8 . Deshalb würden Langfristverträge mit Großreedereien abgeschlossen. Hinzu komme, daß keinerlei Anreiz gegeben sei, für die jeweiligen Transporte mehrere Anbieter abzufragen, da es sich bei den Frachtsätzen um Fixtarife handele. Die Fixtarife selbst seien es, die eine gewisse wettbewerbsbeschränkende Wirkung verursachen.

157 Vgl. Übersicht V B l . 158 Diese Tatsache ist kein Marktergebnis, sondern auf die Inflexibilität des Frachtensystems zurückzuführen, die eine Börse überflüssig macht, bei der der Preis als wichtigster Verhandlungsgegenstand gebunden ist. Gleiches gilt auch für die Arbeit von Maklern, Frachtagenten etc., deren Leistungen bei freier Preisbildung ebenfalls umfassender zur Geltung kämen.

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292 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Durch den Abschluß von Langfristverträgen können allerdings die aufgezeigten Benachteiligungen von Verladern nicht vollständig ausgeschaltet werden. Bedenklich erscheinen vor allem die aus solchen Negativwirkungen resultierenden allokativen Fehllenkungen. Eine Beseitigung bestehender Nachteile und Ineffizienzen, wie sie aufgrund der aufgezeigten Wirkungsmechanismen insbesondere im Bereich der Preisbildung in den Frachtenausschüssen bestehen, ließe sich auf Dauer durch die Aufhebung staatlicher Regulierung erreichen.

2.2.3 Größenklassenabhängige Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader 2.2.3.1 Größenklassensperifisch unterschiedliche Beurteilung staatlicher Regμlierung A u f die aufgezeigten weitgehend größenklassenunabhängigen Auswirkungen staatlicher Regulierung werden auch im Binnenschiff ahrtsbereich sowohl mittelständische Verlader als auch Großverlader reagieren, um die Negativwirkungen im Austauschprozeß mit den Transportleistungen anbietenden Binnenschiffahrtsunternehmen weitgehend abzumildern. Wie für den Bereich der Nachfrager nach Straßengüterverkehrsleistungen dargelegt wurde, resultieren hieraus nur dann keine größenklassenabhängigen Negativwirkungen auf mittelständische Verlader, wenn diese sowohl über gleiche Ausweichmöglichkeiten auf staatliche Regulierung verfügen, als auch einen angemessenen Informationsstand über solche Möglichkeiten besitzen. Gespräche ergaben, daß letzteres für die Nachfrager von Transportleistungen der Binnenschiffahrt in der Regel zutrifft. Allenfalls einige Verlader der wenig transportkostenintensiven Güterart Fahrzeuge, Maschinen, sonstige Halb- und Fertigwaren sowie nur sporadisch die Binnenschiffahrt als Verkehrsträger nutzende Unternehmen dürften ein gewisses Informationsdefizit aufweisen. Mögliche Negativwirkungen auf mittelständische Verlader im Parallelprozeß mit Großverladern sind des-

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halb für den Bereich der Binnenschiffahrt überwiegend aufgrund von Unterschieden in den Ausweichmöglichkeiten denkbar. I m folgenden werden deshalb analog zur Untersuchung im Straßengüterverkehr anhand der Fragebogenergebnisse größenklassenspezifische Unterschiede in der subjektiven Beurteilung staatlicher Regulierung durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft untersucht. Die dabei erzielten Ergebnisse bilden dann den Ansatzpunkt der eigentlichen Analyse möglicher Benachteiligungen mittelständischer Verlader aufgrund unterschiedlicher Ausweichmöglichkeiten 159 . Erste interessante Ergebnisse erbringt die Einschätzung der Wirkung des FTB auf einzelne Gruppen durch die befragten Verlader.

Übersicht VB 4:

Einschätzung der Wirkung des FTB auf einzelne Gruppen

Nach Einschätzung der befragten Verlader profitieren folgende Gruppen in besonderem Maße von den Regelungen des FTB: - Mittelständische Verlader

Kleinunternehmen/mittlere Unternehmen (in v.H.)

Großunterunternehmen (in v.H.)

0,0/05,0

16,0

25,0/37,5

32,0

- Partikuliere (1 - 3 Schiffe)

0,0/15,0

28,0

- Kleinreedereien (4 -10 Schiffe)

0,0/12,5

36,0

- Mittelgroße Reedereien (11-20 Schiffe)

37,5/27,5

36,0

- Großreedereien (ab 21 Schiffe)

37,5/42,5

64,0

- keine Gruppe

37,5/22,5

24,0

- Große Verlader

159 Vgl. Kap. II. 2.2.3.2.

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294 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Daß von diesem Tarif alle Marktteilnehmer gleichermaßen profitieren, wird lediglich von 37,5 % der Kleinunternehmen, 22,5 % der mittleren Unternehmen und 24,0 % der Großunternehmen unterstellt. Dagegen gehen - wie Übersicht VB 4 im einzelnen ausweist - 37,5 % der Kleinunternehmen, 42,5 % der mittleren Unternehmen und sogar 64,0 % der Großunternehmen von besonders positiven Wirkungen des FTB auf Großreedereien aus. I m Bereich der Binnenschiffahrtsunternehmen sinken diese positiven Wirkungen nach Einschätzung der befragten Verlader mit abnehmender Unternehmensgröße, so daß schließlich lediglich 0,0 % der Kleinunternehmen, 15,0 % der mittleren Unternehmen und 28,0 % der Großunternehmen Partikuliere durch den FTB bevorzugt sehen. A u f mögliche Benachteiligungen mittelständischer Verlader deutet hin, daß 25,0 % der Kleinunternehmen, 37,5 % der mittleren Unternehmen und sogar 32,0 % der Großunternehmen aus der Preisbindung in der Binnenschiffahrt auf eine besondere Bevorzugung großer Verlader schließen, was für den Bereich mittelständischer Verlader lediglich von 0,0 % der Kleinunternehmen, 5,0 % der mittleren Unternehmen und 16,0 % der befragten Großunternehmen erwartet wird. Besonders aufschlußreich erscheint die Untersuchimg der Beurteilung der Marktgerechtigkeit der Binnenschiffahrtstarife in einzelnen Unternehmensgrößenklassen, weil diese Beurteilung in starkem Umfang auch dadurch geprägt sein dürfte, welche spezifischen Erfahrungen die einzelnen befragten Verlader in der Vergangenheit mit der Preisbildung in den Frachtenausschüssen im Bereich ihres eigenen Transportaufkommens sammelten. Dabei zeigt sich, daß mit zunehmender Unternehmensgröße der Anteil solcher Verlader von 12,5 % bei den Kleinunternehmen über 15,9 % bei den mittleren Unternehmen auf 19,2 % bei den Großunternehmen steigt, nach deren Auffassung Veränderungen am Transportmarkt in den Tarifen der Binnenschiffahrt mit oder ohne gewisse Verzögerungen ausreichend Berücksichtigung finden. Gleichzeitig steigt allerdings unternehmensgrößenbezogen auch der Anteil derjenigen Verlader von 62,5 % der Kleinunternehmen auf 76,9 % der Großunternehmen, die die Preisbildung als nicht marktgerecht ein-

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Verlader in der Binnenschiffahrt

stufen, weil es in den Frachtenausschüssen zu einer starken Orientierung an Kostengesichtspunkten kommt, die zu pauschalen Tariferhöhungen fuhrt. Größenklassenspezifisch weit stärker abweichende Ergebnisse zeigt die Beurteilung der Berücksichtigung kurz- und mittelfristiger Veränderungen am Transportmarkt. Denn 75,0 % der Kleinunternehmen, 40,9 % der mittleren Unternehmen und 26,9 % der Großunternehmen sind der Meinung, daß mittelfristige, z.B. strukturell bedingte Veränderungen am Transportmarkt nicht ausreichend berücksichtigt werden. Gleichzeitig vertreten 62,5 % der Kleinunternehmen, 25,0 % der mittleren Unternehmen und 38,5 % der Großunternehmen die Ansicht, daß auch kurzfristige, z.B. jahreszeitlich nachfragebedingte Veränderungen nicht ausreichend Berücksichtigung finden. Diese Ergebnisse können so interpretiert werden, daß zwar eine breitgestreute Verladermehrheit die zumeist mit Kostensteigerungen begründeten Erhöhungen innerdeutscher Frachten für unangebracht hält. Zusätzlich wird es jedoch offensichtlich mit sinkender Unternehmensgröße für Verlader immer schwieriger, im Rahmen struktureller Änderungen ihrer Transportnachfrage geeignete Tarifmaßnahmen in den zuständigen Frachtenausschüssen durchzusetzen. Bei der eigentlichen Analyse wird deshalb der Durchsetzbarkeit mittelständischer Interessen in den Frachtenausschüssen besondere Bedeutung beizu. 160 messen sem

160 Vgl. Kap. II. 2.2.3.2.

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296 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Übersicht VB 5:

Beurteilung der Auswirkungen des Preisgefälles zwischen inländischen und grenzüberschreitenden Transporten durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft

Nach Angaben befragter Verlader beeinträchtigt das Preisgefälle zwischen Transporten im Inland und grenzüberschreitenden Transporten ihre Wettbewerbsposition gegenüber inländischen und/oder ausländischen Konkurrenten

Kleinunternehmen (in v.H.)

mittlere Unternehmen (in v.H.)

77,8

81,4

Auch die Beurteilung des aus der unterschiedlichen Höhe der Preise für Transporte im Inland und der Entgelte für grenzüberschreitende Transporte resultierenden Preisgefälles durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft fällt im Bereich mittelständischer Unternehmen besonders negativ aus. Denn wie Übersicht VB 5 zeigt, fühlen sich 77,8 % der befragten Kleinunternehmen und 81,4 % der mittleren Unternehmen durch dieses Preisgefälle benachteiligt, und zwar gegenüber ausländischen Konkurrenten, die den deutschen Markt zu absolut und relativ niedrigeren Transportkosten erschließen können als heimische Anbieter, und/oder gegenüber inländischen Konkurrenten, die über bessere Möglichkeiten verfügen, durch Mischkalkulationen, package deals, Umwegtransporte über das Ausland etc. an den billigeren grenzüberschreitenden Frachten zu partizipieren. Eine solche Benachteiligung wird dagegen nur von 64,3 % der Großunternehmen erwartet. Beachtenswert ist zudem, daß 55,6 % der Kleinunternehmen sowohl eine Benachteiligung gegenüber ausländischen als auch gegenüber inländischen Konkurrenten sehen, während dieser Prozentsatz in den beiden anderen Unternehmensgrößenklassen erheblich niedriger hegt (30,2 % bei den mittleren Unternehmen und 21,4 % bei den Großunternehmen), was mit unterschiedlichen Möglichkeiten zur Nutzung von Tarifumgehungen zusammenhängen kann.

2 Mittelständische

Verlader in der Binnenschiffahrt

Aus der Untergliederung in Klassen nach der größenbezogenen Selbsteinschätzung der Befragten lassen sich einige interessante Zusatzinformationen gewinnen. Denn hierbei zeigt sich, daß der Anteil derjenigen Unternehmen, die keine Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsposition durch das aufgezeigte Preisgefälle erwarten, bei den "kleinen" und "mittleren mittelständischen Unternehmen" mit 25,0 % und 22,6 % vergleichsweise niedriger ist als bei den "großen mittelständischen Unternehmen" mit 33,3 %. Besonders deutlich wird die vergleichsweise geringe Kritik dieser Unternehmen an dem aufgezeigten Preisgefälle, wenn man den Anteil derjenigen Unternehmen betrachtet, die sowohl gegenüber inländischen als auch gegenüber ausländischen Konkurrenten eine Benachteiligung erwarten. I m einzelnen handelt es sich dabei um 50,0 % der "kleinen mittelständischen Unternehmen", 32,2 % der "mittleren mittelständischen Unternehmen" und 19,1 der "großen mittelständischen Unternehmen" sowie um 26,3 % der "Großunternehmen". Der größere Anteil an "Großunternehmen" im Vergleich zu "großen mittelständischen Unternehmen" läßt es plausibel erscheinen, daß Unterschiede aufgrund unterschiedlicher Ausweichmöglichkeiten auf staatliche Regulierung bereits ab einer Unternehmensgröße nicht mehr zum Tragen kommen, bei der sich Verlader als "große mittelständische Unternehmen" einstufen. Darüber hinaus scheint auch für den Bereich der Nachfrager nach Binnenschiffahrtstransportleistungen zumindest eine Tendenz zu bestehen, daß Großverlader eine intensivere Kritik an der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" üben. Dies dürfte allerdings nicht auf eine Bevorteilung größerer mittelständischer Verlader zurückzuführen sein, sondern auf eine intensivere Beschäftigung der Großverlader mit verkehrspolitischen Problemen und einer Analyse möglicher Wirkungen in einer eigenen Verkehrsabteilung . Wird über die Auswirkungen von Tarifbindungen im Verkehrswesen auf mittelständische Verlader diskutiert, so wird

161 Man denke hierbei etwa an die Thyssen AG, deren Mitarbeiter im Verkehrsbereich sich durch Kontakte zu Verbänden und Fachzeitschriften auszeichnen.

297

298 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

1 insbesondere für den Bereich des Straßengüterverkehrs oftmals darauf hingewiesen, daß mittelständische Verlader bei freierer Preisbildung aufgrund mangelnder Information kaum in der Lage wären, lukrative Transportangebote von Verkehrsunternehmen zu erhalten, weshalb sich ihre Wettbewerbssituation gegenüber den Großverladern der gleichen Branche verschlechtern würde. Dem Verfasser gegenüber wurde dieses Argument - wenn auch in eingeschränktem Umfang - auch für den Bereich der Binnenschiffahrt geäußert. Allerdings zeigen die Ergebnisse im Rahmen der allgemeinen Befragung, daß dieses Argument lediglich von 12,5 % der Kleinunternehmen und von 25,0 % der mittleren Unternehmen geteüt wird. Übersicht VB 6:

Vor- und Nachteile der Festlegung und Veröffentlichung von Festpreisen und Margen im FTB fur mittelständische Verlader

Nach Angaben befragter Verlader:

Kleinunternehmen/mittlere Unternehmen (in v.H.)

Großunternehmen (in v.H.)

- können sich mittelständische Unternehmen auch bei freierer Preisbildung ausreichend über die Marktbedingungen informieren

87,5/75,0

70,4

- ergäben sich bei freierer Preisbildung eher positive Auswirkungen auf die Wettbewerbsposition mittelständischer Verlader

65,6/55,3

38,2

- wären mittelständische Verlader bei freierer Preisbildung aufgrund mangelnder Information kaum in der Lage, lukrative Transportangebote zu erhalten

12,5/25,0

29,6

162 Vgl. hierzu die Untersuchungsergebnisse auf S. 201 dieser Studie.

22 Mittelständische

Verlader in der Binnenschiffahrt

Wie aus Übersicht VB 6 hervorgeht, sind vielmehr 87,5 % der Kleinunternehmen sowie 75,0 % der mittleren Unternehmen der Meinung, daß auch bei freierer Preisbildung eine ausreichende Information über die Marktbedingungen möglich ist. 65,6 % der Kleinunternehmen und 55,3 % der mittleren Unternehmen sehen sogar positive Auswirkungen einer freieren Preisbildung auf die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader aufgrund flexiblerer Vertragsmöglichkeiten, die eine stärkere Berücksichtigimg der Nachfragewünsche dieser Unternehmen zuließen. Interessanterweise findet sich auch im Bereich der Großunternehmen mit 38,2 % eine Mehrheit von Befragten, die von einer freieren Preisbildung positive Auswirkungen auf mittelständische Verlader erwarten. Die Aufgliederung nach der größenbezogenen Selbsteinschätzung der Verlader läßt zudem erkennen, daß Wettbewerbsnachteile für mittelständische Verlader gegenüber Großverladern bei freierer Preisbildung aufgrund mangelnder Information insbesondere von "großen mittelständischen Unternehmen" (42,9 %) gesehen werden. Gerade diese Unternehmen müßten jedoch sehr wohl in der Lage sein, am Markt die Befriedigung ihrer Transportnachfrage sicherzustellen. Es kann somit also auch im Hinblick auf notwendige Informationsmöglichkeiten festgestellt werden, daß offensichtlich die große Mehrheit "kleiner und mittlerer mittelständischer Unternehmen" sich von einer Auflockerung staatlicher Regulierung Wettbewerbsvorteile erhoffen. Lediglich eine bedeutende Anzahl "großer mittelständischer Unternehmen" beurteilt eine derartige Auflockerung unter dem Blickwinkel einer ausreichenden Information über die Marktbedingungen negativ. Aufgrund der Größe dieser Unternehmen dürfte hierfür jedoch weniger ein mögliches Informationsdefizit ausschlaggebend sein als vielmehr eine starke Gewöhnung an die Tarife, verbunden mit ausreichenden Möglichkeiten zur Umgehung staatlicher Preisbindung, sowie die relative Besserstellung mittelständischer Konkurrenten nach einer Lockerung der Frachtenbildung. Negativ beurteilen die befragten mittelständischen Verlader auch die Regelung von Nebenbedingungen durch den FTB

299

300 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

(bzw. das Binnenschiffahrtsverkehrsgesetz) wie etwa Frachtabschläge bei einer Verkürzung der Lade- und Löschzeiten 163 . So geben zwar 33,3 % der Kleinunternehmen und 43,6 % der mittleren Unternehmen an, daß durch diese Regelungen die Vertragsverhandlungen für mittelständische Verlader erleichtert werden, gleichzeitig kritisieren jedoch 66,7 % der Kleinunternehmen und 59,0 % der mittleren Unternehmen, daß aufgrund dieser Regelungen Nachfragewünsche mittelständischer Verlader nicht flexibel genug befriedigt werden können. Die mit Hilfe der Fragebogenaktion ermittelte subjektive Beurteilung staatlicher Regulierung durch Unternehmen der verladenden Wirtschaft zeigt somit für den Bereich der Binnenschiffahrt, daß sich die Mehrzahl mittelständischer Verlader durch diese Regulierung benachteiligt fühlt. Wie gezeigt wurde, gilt dies für die allgemeine Beurteilung gruppenspezifischer Wirkungen des FTB, für die Orientierung dieses Tarifes an Nachfragegesichtspunkten, für die Frachtendisparität zwischen innerdeutschen und grenzüberschreitenden Transporten sowie hinsichtlich der Berücksichtigung spezieller Nachfragewünsche mittelständischer Verlader. Aufgabe des nächsten Kapitels wird es sein, diese vorwiegend subjektiven Ergebnisse durch eine Analyse der Reaktionsmöglichkeiten von mittelständischen Verladern und Großverladern auf die aus der staatlichen Regulierung resultierenden Benachteiligungen abschließend zu beurteilen.

163 Als weiteres Beispiel wurden im Fragebogen die eingeschränkten Möglichkeiten zur freien Aushandlung von Zahlungszielen aufgeführt. Diese Einschränkung rührt daher, daß die aus einem Zahlungsziel resultierenden finanziellen Vorteile für einen Verlader von der Überwachungsbehörde als Frachtumgehung interpretiert werden können.

2 2 Mittelständische

Verlader in der Binnenschiffahrt

2.2.3.2 Benachteiligung mittelständischer Verlader aufgrund unterschiedlicher Ausweichmöglichkeiten auf staatliche Regulierungsmaßnahmen Auch für die Verlader im Bereich Binnenschiffahrt existiert eine Vielzahl von Ausweichmöglichkeiten auf die aufgezeigten Negativwirkungen staatlicher Regulierung im Austauschprozeß mit Binnenschiffahrtsunternehmen. Analog zum Straßengüterverkehr ist grundsätzlich an drei Reaktionsarten zu denken: - Umstrukturierung der Versandwege der zu befördernden Güter etwa durch Ausweichen auf andere Verkehrsträger wie die Deutsche Bundesbahn oder einen eigenen Werkverkehr. - Verstärkte Einflußnahme auf die Frachtenbildung durch intensive Forderung nach Frachtenmodifikationen in den Frachtenausschüssen und im politischen Umfeld. - Umgehung staatlicher Preisbindung durch mehr oder weniger legale Geschäftspraktiken wie Mischkalkulation von gebundenen und ungebundenen Preisen, Fuhrmannshandel etc. Zur Umstrukturierung der Versandwege durch Inanspruchnahme anderer Verkehrsträger ist festzustellen, daß diese Möglichkeit nur in ganz bestimmten Fällen ökonomisch effizient ist. So kommt z.B. ein Ausweichen auf die Deutsche Bundesbahn nur dann in Frage, wenn deren Preisniveau unter Berücksichtigung spezifischer Qualitätsmerkmale wie einer höheren Schnelligkeit dieses Verkehrsträgers nicht erheblich über dem der Binnenschiffahrt hegt. Angesichts der Massenleistungsfähigkeit der Binnenschiffahrt stellt diese ökonomisch notwendige Bedingung auch bei überhöhten innerdeutschen Frachten keineswegs den Regelfall d a r 1 6 4 . Allerdings ist der intermodale Wettbewerb kein statischer Vorgang. Vielmehr versucht die DB, der Binnenschiffahrt in einem dynamischen Prozeß durch das Angebot wettbewerbsfähiger Ausnahmetarife solche Transporte zu entziehen, die ihr einen positiven Deckungsbeitrag erbringen. Entsprechend die164 Vgl. dazu die modelltheoretische Betrachtung in einem Angebots-Nachfrage-Schema in Kap. II. 2.2.2.2 dieser Studie.

301

302 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

ser Intention und aufgrund ihres Leistungsprofils kann sie besonders günstige Tarife bei der regelmäßigen Beförderung von Massengütern in Ganzzügen auf einer bestimmten Relation anbieten. Ökonomisch interessant wird die DB somit vielfach erst für Verlader ab einer gewissen Größe mit einem regelmäßigen, großen Transportaufkommen. Für die Transporte mittelständischer Verlader von transportkostenintensivem Kies vom Oberrhein nach westdeutschen Kanalstationen beispielsweise wird sie jedoch in den wenigsten Fällen eine Alternative zur Binnenschiffahrt darstellen. Das Fehlen eines regelmäßigen umfassenden Transportaufkommens ist auch eine mögliche Ursache dafür, daß der Aufbau einer eigenen Werkschiffahrt gerade mittelständischen Verladern nur selten als mögliche Ausweichreaktion auf staatliche Regulierungseingriffe zur Verfügung steht. Denn die Werkschiffahrt dient gemäß § 5 BSCHVG nur der Beförderung von eigenen Gütern für eigene Zwecke. Das BSCHVG verbietet somit die zeitweise Ausnutzung ungenutzter Kapazitäten durch gewerbliche Transporte für Dritte. Das eigene Transportaufkommen eines Verladers muß deshalb so groß sein, daß es die optimale Auslastung seiner Werkschiffahrtsflotte in Anbetracht alternativer Beförderungsmöglichkeiten gewährleistet. Wie aus dem Begriff "optimal" hervorgeht, muß dabei nicht nur die Beschäftigung eines einzelnen Werkschiffs durch regelmäßige Reisen gesichert werden. Vielmehr ist zu beachten, daß bei der Werkschiffahrt aufgrund des Verbots gewerblicher Transporte für Dritte nur Großverlader mit Zweigniederlassungen und vielfältigen Verkehren zumindest tendenziell auch solche Kostenvorteile realisieren können, die bei Reedereien und Genossenschaften aus einer effizienten Tourenplanung unter Einbeziehung möglicher Rückladungen entspringen. Je weniger mit abnehmender Unternehmensgröße 165 die Realisation solcher Kostenvorteile gelingt, um so eher werden sich die Verlader trotz überhöhter innerdeutscher Frachten für die gewerbliche 165 Die Unternehmensgröße ist zwar nicht der eigentliche Bestimmungsfaktor für die aufgezeigten Kostenersparnisse. Es erscheint jedoch plausibel, daß mit sinkender Unternehmensgröße auch die Realisation solcher Kostenvorteile immer schwieriger wird.

22 Mittelständische

Verìader in der Binnenschiffahrt

Binnenschiffahrt entscheiden, da die Aufnahme von Werkverkehr nicht zu Kostenersparnissen führen würde. Zudem hat ein Verlader bei seiner Investitions- oder Desinvestitionsentscheidung über den Einsatz eigener Werkschiffe die Kosten der Aufbringung der finanziellen Mittel bzw. deren alternative Verwendungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Benachteiligend für mittelständische Verlader wirken dabei die Schwierigkeiten der Aufbringung von finanziellen Mitteln in solchen Größenordnungen, wie sie für den Aufbau einer leistungsfähigen Werkschiffahrt notwendig sind. Auch ist es allokationspolitisch sowohl im Bereich mittelständischer Unternehmen als auch im Bereich der Großunternehmen bedenklich, daß finanzielle Ressourcen lediglich aufgrund staatlicher Regulierungseingriffe in die Werkschiffahrt investiert werden. Denn solche finanziellen Mittel könnten bei freier, wettbewerblicher Bildung der Binnenschiffahrtsfrachten im eigentlichen Tätigkeitsfeld dieser Unternehmen insbesondere zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit effizienter eingesetzt werden. Die aufgezeigten Zusammenhänge werden auch durch die Betrachtung der Rolle der Werkschiffahrt in der Realität bestätigt. Zwar stieg der Tonnageanteil der Werkschiffahrt von 1950 mit 2,6 % auf 6,5 % im Jahre 1984 1 6 6 . Es handelt sich hierbei jedoch vielfach um Schiffe mit unterdurchschnittlicher Tragfähigkeit für spezielle Relationen, deren Beförderungsleistung lediglich 3 - 4 % der gesamten Binnenschiffstransportleistung beträgt. I m Gegensatz zum Werkverkehr mit Lastkraftfahrzeugen spielt die Werkschiffahrt somit nur eine untergeordnete Rolle und stellt für mittelständische Verlader nur in seltenen Fällen eine reale Ausweichmöglichkeit auf staatliche Regulierungseingriffe dar. Großverlader dagegen sind aufgrund ihrer finanziellen, personellen und organisatorischen Ausstattung in der Lage, den Nachteil der Werkschiffahrt in Form des Verbots gewerblicher Transporte für Dritte durch Gründung oder Kauf von Reedereien abzugleichen. Sie müssen dann zwar an ihre Konzern-

166 Vgl. Tab. 23.

303

304 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erbungen

reedereien überhöhte innerdeutsche Frachten zahlen, da die Frachten nicht mehr - wie im Bereich der Werkschiffahrt einen unternehmensinternen Verrechnungsposten darstellen. Da diese Transporterlöse jedoch innerhalb des Gesamtkonzerns verbleiben, können Großverlader im Gegensatz zu mittelständischen Verladern tendenziell einen Ausgleich negativer Regulierungswirkungen im Austauschprozeß mit Binnenschifffahrtsunternehmen herbeiführen und somit auch Wettbewerbsvorteile im Parallelprozeß mit Konkurrenten erzielen. Diese mittelstandspolitisch bedenkliche Reaktion verhindert zudem unter allokationspolitischen Gesichtspunkten die optimale Mittelverwendung in den eigentlichen Tätigkeitsfeldern eines Großverladers. Außerdem werden durch die regulierungsbedingten staatlichen Anreize zur Bildung von Konzernreedereien die Marktchancen mittelständischer Binnenschiffahrtsunternehmen beschnitten 167 . Angesichts dieser begrenzten Möglichkeiten mittelständischer Verlader, durch Umstrukturierung der Versandwege den Negativwirkungen staatlicher Regulierung des Binnenschiffahrtsmarktes auszuweichen, gewinnt die Fragestellung besondere Bedeutung, inwieweit es den Betroffenen gelingt, durch eine verstärkte Einflußnahme auf die Frachtenbildung in den Frachtenausschüssen und im politischen Umfeld zumindest eine gleichberechtigte Durchsetzung mittelständischer Interessen zu erreichen. Der - abgesehen von der einseitigen Besetzung der TKF - in diesem Zusammenhang wichtigste Unterschied der Frachtenbildung in der Binnenschiffahrt im Vergleich zur Tarifbildung im Straßengüterverkehr besteht in der gebietlichen

167 Das bei der Thyssen AG für den Verkehr zuständige Vorstandsmitglied Helmut WILPS stellt in diesem Zusammenhang fest: "Die zusätzliche Gefahr liegt in dem Eigenleben, das solche Konzerntransportunternehmen wegen ihrer beachtlichen Ertragsstärke im Verlauf weniger Jahre erreichen: Sie werden schnell von einem Hilfsinstrument zum eigenständigen Profitcenter hochstilisiert, dessen Geschäftstätigkeit nur noch zu einem geringen Teil von den Transportbedürfnissen der Produktionssparten des Konzerns bestimmt wird und immer mehr von der Ertragsträchtigkeit zusätzlicher Transportmöglichkeiten im Verkehrsmarkt abhängt. Das fördert mit Sicherheit die Schaffung von Überkapazitäten im Güterkraftverkehr und in der Binnenschiffahrt": o.V., Europäische Verkehrsmärkte, a.a.O., S. 46.

22 Mittelständische

Verlader in der Binnenschiffahrt

Zuständigkeit einzelner Frachtenausschüsse. Dadurch sowie aufgrund der zusätzlichen Möglichkeit der Ausarbeitung von Vorschlägen in Fachausschüssen dürfte im Bereich der Binnenschiffahrt eine verstärkte Berücksichtigung der Interessen direkt betroffener Unternehmen möglich sein. Ob damit allerdings auch eine hinreichende Durchsetzung mittelständischer Interessen verbunden ist, ist in Anbetracht der bereits zusammengetragenen Ergebnisse zur Aushandlung von Beschlüssen in Frachtenausschüssen fraglich 1 6 8 . So werden beispielsweise die Zugeständnisse der Binnenschiffahrtsseite zur Abwehr von Abwanderungen auf andere Verkehrsträger dort besonders groß sein, wo Großverlader in der Lage sind, derartige Forderungen mit der Drohung der Aufnahme eines eigenen Werkverkehrs nachhaltig zu unterstützen. Auch wurde bereits gezeigt, daß sich in den gebietsmäßig aufgeteilten Frachtenausschüssen neben den speziellen Wettbewerbsverhältnissen regionaler Teilmärkte auch bestehende Verflechtungen zwischen Binnenschiffahrtsunternehmen und Verladern widerspiegeln, wodurch nichtverflochtene Unternehmen zum Spielball gleichgelagerter Interessen anderer Repräsentanten der Angebotsund Nachfrageseite in den Frachtenausschüssen werden können. Die Befragung der Verlader nach den Auswirkungen von Verflechtungen zwischen Binnenschiffahrtsunternehmen und Verladern auf die Frachtenbildung ergab, daß nach Meinung von 87,5 % der Kleinunternehmen, 50,0 % der mittleren Unternehmen und 28,0 % der Großunternehmen derartige Verflechtungen und daraus abzuleitende Interessenlagen in den Frachtenausschüssen zu tendenziell überhöhten Preisen führen. 5,0 % der mittleren Unternehmen und 4,0 % der Großunternehmen erwarten dagegen tendenziell gedrückte Preise.

168 Vgl. insbesondere Kap. II. 2.1.3.3.

305

306 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Übersicht VB 7:

Beurteilung der Auswirkungen von Verflechtungen zwischen Binnenschiffahrtsunternehmen und Verladern auf die Frachtenbildung

Nach Meinung befragter Verlader führt die aus der Verflechtung zwischen Binnenschiffahrtsunternehem und Verladern abzuleitende Interessenlage in den Frachtenausschüssen zu:

Kleinunternehmen/mittlere Unternehmen (in v.H.)

Großunternehmen (in v.H.)

- tendenziell überhöhten Preisen

87,5/50,0

28,0

- tendenziell gedrückten Preisen

0,0/5,0

4,0

- keinerlei Auswirkungen auf die Preisbildung

12,5/45,0

68,0

Die Fragebogenergebnisse spiegeln zwar subjektive Urteile wider. So mag es beispielsweise zutreffend sein, daß sich ein Teil der Kleinunternehmen lediglich aufgrund vager Vermutungen wie dargelegt geäußert hat. Andererseits kann jedoch der relativ hohe Anteil von befragten Großunternehmen, die keinerlei Auswirkungen auf die Preisbildung erwarten, auch damit in Zusammenhang stehen, daß die den Fragebogen ausfüllenden Mitarbeiter dieser Unternehmen vielfach schon in die A r beit von Frachtenausschüssen oder zumindest Unterausschüssen involviert waren. Die Verneinung möglicher Auswirkungen muß dabei keineswegs bewußt fälschlich geschehen sein. Sie kann vielmehr auch darin begründet hegen, daß Mitarbeiter von Konzernunternehmen auch unbewußt ihre Entscheidungen vor einem anderen Umfeld treffen als Mitarbeiter eines mittelständischen Einzelunternehmens. Zudem belegt ein Anteil von 32 % 1 6 9 der Großunternehmen, daß auch in der Kenntnis der Frachtenbildung allgemein gut bewanderte Nachfrager nach

169 Wie oben dargelegt, erwarten 28,0 % der Großunternehmen tendenziell überhöhte Preise und 4,0 % der Großunternehmen tendenziell gedrückte Preise, vgl. Übersicht VB 7.

2 2 Mittelständische

Verlader in der Binnenschiffahrt

Binnenschiffahrtstransportleistungen Auswirkungen von Verflechtungen zwischen Binnenschiffahrtsunternehmen und Verladern auf die Frachtenbildung erwarten. Daß dabei neben tendenziell überhöhten Preisen auch tendenziell gedrückte Preise für möglich erachtet werden, stellt keineswegs einen Widerspruch dar, sondern resultiert aus speziellen, situationsbezogenen Erfahrungen in einzelnen Frachtenausschüssen. Der mittelständische Charakter eines Unternehmens steht allerdings in keiner unabänderlichen Kausalbeziehung mit den aufgezeigten Zusammenhängen hinsichtlich der Umstrukturierung der Versandwege oder hinsichtlich der möglichen Einflußnahme im Frachtenbildungsverfahren. Gelingt es jedoch einzelnen mittelständischen Unternehmen sich solchen Negativwirkungen zu entziehen, so kann dies wiederum zu verschärften Benachteiligungen anderer Mittelständler führen. So werden beispielsweise einzelne mittelständische Unternehmen sehr wohl ihre Transporte teilweise oder ganz im Werkverkehr durchführen, weil bei ihnen die aufgezeigten Bedingungen für einen ökonomisch sinnvollen Einsatz eigener Schiffe gegeben sind. Dies führt jedoch möglicherweise zu einer veränderten Einstellung dieser Unternehmen zur Frachtenbildung, da durch überhöhte Frachten mittelständische Konkurrenzunternehmen, die über keinen eigenen Werkverkehr verfügen, ausgeschaltet werden können. Auch im politischen Umfeld der Frachtenbildung und im hieraus resultierenden Druck auf die Entscheidungsfindung in den Frachtenausschüssen werden sich Großverlader am ehesten Gehör verschaffen können. Man denke hierbei beispielsweise an die Drohung mit weitreichenden Arbeitsplatzverlusten durch Schließung eines größeren Unternehmens oder einer größeren Niederlassung. M i t zunehmender mittelständischer Struktur eines bestimmten Gewerbes, das Transportleistungen der Binnenschiffahrt nachfragt, werden sich allerdings auch im politischen Umfeld vorwiegend größere Mittelständler mit ihren Forderungen ausreichend artikulieren können. Dabei sind allerdings Nachteile für kleinere Mittelständler nur dann nicht zu erwarten, wenn diese Forderungen gleichgerichtet sind.

307

308 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Diese Ausführungen zeigen, daß im Rahmen der Einflußnahme auf die Frachtenbildung vielfältige situationsbezogene Auswirkungen staatlicher Regulierung denkbar sind, die keine Pauschalaussagen über eine grundsätzliche Benachteiligung oder Bevorzugung mittelständischer Verlader erlauben. Die Interdependenz der Entscheidungsfaktoren für eine Weiterentwicklung innerdeutscher Frachten wird insbesondere dadurch deutlich, daß vom Bundesminister für Verkehr auch die mögliche Ausstrahlung auf das Wettbewerbsverhältnis im Parallelprozeß als Begründung für getroffene Entscheidungen herangezogen wird 1 . Dadurch wird jedoch die Allokationsfunktion des Marktmechanismus durch die Entscheidungsfindung in staatlichen Behörden und Frachtenausschüssen abgelöst. Zwar sind dabei durchaus auch Vorteile einzelner Mittelständler im Parallelprozeß denkbar. Diese werden jedoch insbesondere zu Lasten anderer Mittelständler gehen. Zudem werden solche Vorteile aufgrund der aufgezeigten Zusammenhänge wie etwa fehlender Verflechtungen mit anderen Unternehmen und mangelnder Artikulationsmöghchkeiten im politischen Umfeld die Ausnahme bilden. Mittelstandspolitisch zu kritisieren ist insbesondere, daß nicht mehr die Leistungsfähigkeit mittelständischer Unternehmen ursächlich für deren Wettbewerbsposition im Parallelprozeß ist, sondern Faktoren wie das Durchsetzungsvermögen in der verkehrspolitischen Diskussion und in Verhandlungsprozessen in Frachtenausschüssen. Steht mittelständischen Verladern weder die Umstrukturierung der Versandwege noch die Durchsetzung ihrer Interessen in den Frachtenausschüssen offen, um die negativen Auswirkungen staatlicher Regulierung abzugleichen, so bleibt ihnen als letzte Ausweichmöglichkeit die Umgehung staatlicher Preisbindung durch mehr oder weniger legale Geschäftspraktiken. 170 "Hier gilt es, die Wirkungen auf andere Produzenten vergleichbarer Güter zu berücksichtigen. Die Neuregelung (der Kiesfrachten ab Oberrhein, d. Verf.) bringt für eines der Hauptabsatzgebiete um Dortmund immerhin eine Ermäßigung von mehr als 20 %. Damit stellt sich die Frage nach dem Spannungsverhältnis zu den Kiesfrachten des Niederrheins, der diesen Raum als sein natürliches Absatzgebiet ansieht": Schreiben des Bundesministers für Verkehr an den Geschäftsführer des Rheinhafens Breisach vom 25.9.1984, Aktenzeichen A 34/28.25.40-11/6 R 84, S. 3.

22 Mittelständische

Obersicht VB 8:

Verlader in der Binnenschiffahrt

Einschätzung der Umgehung des FTB durch Mischkalkulationen und Fuhrmannshandel

Nach Einschätzung befragter Verladen wird der FTB durch Mischkalkulation innerdeutscher und grenzüberschreitender Transporte oder durch Fuhrmannshandel vielfach unterlaufen

Kleinunternehmen (in v.H.)

100,0

mittlere Unternehmen (in v.H.)

52,4

Wie aus Übersicht VB 8 hervorgeht, wurde die Befragung der Verlader, ob nach ihrer Ansicht der F l B durch Mischkalkulation von innerdeutschen und grenzüberschreitenden Transporten oder durch Fuhrmannshandel vielfach unterlaufen wird, von 100,0 % der Kleinunternehmen und 52,4 % der mittleren Unternehmen bejaht. Zwar mögen auch diese subjektiven Aussagen insbesondere im Bereich der Kleinunternehmen zu einem Teil wiederum auf bloßen Vermutungen beruhen. Daß derartige Praktiken von erheblicher Relevanz sind, wird jedoch auch von 47,8 % der Großunternehmen bestätigt, bei denen zumeist eine intensive Kenntnis über die tatsächlichen Vorgänge im Austauschprozeß zwischen Binnenschiffahrtsunternehmen und Verladern vorhegt. Auch in Einzelgesprächen mit Mitarbeitern verladender Unternehmen und offiziellen Verladervertretern wird die Bedeutung solcher Vorgänge in den wenigsten Fällen bestritten. Eindeutig nachweisbare Beispiele wie die Courtage-Praxis bis zu ihrem V e r b o t 1 7 1 zeigen zudem, daß solche Umgehungen einem Frachtensystem immanent sind, das durch Frachtdisparitäten und überhöhte innerdeutsche Preise gekennzeichnet ist. Von offizieller Seite wird hierzu geäußert: "Die Umgehungspraktiken, die Sie (der Geschäftsführer des Rheinhafens Breisach, d. Verf.) herausstellen, gehören nicht zur Tarifordnung;

171 Vgl. S. 279 dieser Studie.

309

310 Teil Π: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

sie stehen im Gegenteil außerhalb derselben. Infolgedessen kann die Richtigkeit des Tarifsystems mit Hinweis auf Verstöße kaum in Frage gestellt werden" 1 7 2 . Die Existenz solcher Umgehungen wird also auch vom BMV keineswegs bestritten, es werden lediglich bestimmte Schlußfolgerungen gezogen, die hier nicht geteilt werden können. Denn ob Benachteiligungen mittelständischer Verlader aus der direkten Anwendung von Tarifen resultieren oder erst im Rahmen von Ausweichstrategien entstehen, ist für die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen letztlich gleichgültig. Über die Beurteilung von Tarifumgehungen beim Transport einzelner Güterarten und in verschiedenen Fahrtgebieten gibt die Übersicht VB 9 Auskunft. Dabei zeigen sich einige Schwerpunkte wie etwa im Bereich Steine und Erden oder im Bereich des Rhein- und Rheinwechselverkehrs. Der Vergleich dieser Angaben mit den Aussagen von Binnenschiffahrtsunternehmen führt zu dem Ergebnis, daß die Anteile derjenigen Unternehmen, die Umgehungspraktiken bei einzelnen Güterarten und Fahrtgebieten für bedeutsam halten, auf der Angebotsseite größer sind. Ursächlich hierfür ist, daß Verlader jeweils nur bestimmte Güterarten in bestimmten Fahrtgebieten transportieren lassen und sich deshalb nicht zu allen Bereichen äußern können. Schwerpunkte in den Angaben wie im Bereich Steine und Erden sind nur teilweise auf Angebots- und Nachfrageseite identisch. Dies läßt sich dadurch erklären, daß beispielsweise beim Transport von Kohle Umgehungen nicht nur im Zusammenspiel von Verladern und Binnenschiffahrtsunternehmen vorkommen, sondern vielfach erst im Verhältnis zwischen Haupt- und Unterfrachtführer auftreten 1 7 3 .

172 Schreiben des Bundesministers für Verkehr an den Geschäftsführer des Rheinhafens Breisach vom 25.9.1984, Aktenzeichen A 34/28.25.40 - 11/6 R 84, S. 2. 173 Vgl. S. 261 dieser Studie.

2 Mittelständische Obersicht VB 9:

Verlader in der Binnenschiffahrt

Einschätzung verschiedener Praktiken zur Umgehung des F T B (Mischkalkulation/ Fuhrmannshandel etc.) nach verschiedenen Güterarten und Fahrtgebieten

Nach Einschätzung befragter Verlader (in v.H.) sind derartige Praktiken bei der Güterart/in den Fahrtgebieten: selten bedeutsam

häufig bedeutsam

Güterarten: - Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse

4,7

- Nahrungs- und Futtermittel

3,5

3,5

-Kohle

1,2

17,4

- Rohes Erdöl

2,3

3,5

- Mineralölerzeugnisse

12,8

- Erze und Metallabfälle

1,2 1,2

- Eisen, Stahl und NE-Metalle

3,5

- Steine und Erden

4,7

8,1 22,1

5,8

9,3

- Düngemittel

3,5

7,0

- Chemische Erzeugnisse

2,3

5,8

• Fahrzeuge, Maschinen, sonstige Halb- und Fertigwaren (einschl. besondere Transportgüter, Stückgut etc.)

3,5

1,2

Fahitgebiete: - Elbe

2,3

8,1

-Weser

3,5

9,3

- Westdeutsches Kanalgebiet

2,3

19,8

- Berlin-West

0,0

8,1

- Rhein- und Rheinwechselverkehr

8,1

30,2

311

312 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

Fraglich ist nun, wie sich in Anbetracht der Bedeutung von Tarifumgehungen die Wettbewerbssituation mittelständischer Verlader im Parallelprozeß zu Großverladern entwickelt bzw. ob solche Möglichkeiten auch von Mittelständlern in ausreichendem Umfang genutzt werden können.

Übersicht VB 10:

Einschätzung der Möglichkeiten zur Umgehung des FTB (Mischkalkulation/ Fuhrmannshandel etc.) für mittelständische Verlader und Großverlader

Nach Kenntnis befragter Verlader.

- haben alle Unternehmen gleiche Möglichkeiten - haben große Unternehmen tendenziell bessere Möglichkeiten zur Umgehung des FTB - haben mittelständische Unternehmen tendenziell bessere Möglichkeiten zur Umgehung des FTB

Kleinunternehmen/mittlere Unternehmen (in v.H.)

Großverlader (in v.H.)

0,0/17,7

5,9

100,0/79,4

82,3

0,0/2,9

11,8

Aus Übersicht VB 10 geht hierzu hervor, daß nach Kenntnis von 100,0 % der Kleinunteraehmen und 79,4 % der mittleren Unternehmen die besseren Möglichkeiten etwa aufgrund größerer Transportmengen und differenzierterer Nachfrage tendenziell im Bereich der Großunternehmen zu finden sind. Lediglich nach Kenntnis von 2,9 % der mittleren Unternehmen begünstigt die größere Flexibilität bei Tarifumgehungen mittelständische Unternehmen. Daß es sich dabei nicht nur um subjektive Klagen über die eigene Lage direkt Betroffener handelt, wird insbesondere dadurch bestätigt, daß auch 82,3 % der Großunternehmen ihre eigenen Umgehungsmöglichkeiten positiver einschätzen als diejenigen im Bereich mittelständischer Unternehmen. Interessant erscheint auch, daß lediglich ein ge-

22 Mittelständische

Verlader in der Binnenschiffahrt

ringer Anteil von Unternehmen keine größenklassenspezifischen Unterschiede im Bereich derartiger Praktiken sieht. Die für mittelständische Nachfrager nachteiligen Wirkungszusammenhänge bestehen also nicht nur bei Nachfragern nach Straßengüterverkehrsleistungen sondern auch im Bereich der Binnenschiffahrt. Denn auch das regelmäßige, umfangreiche Transportaufkommen von Großverladern der Binnenschiffahrt vereinfacht Koppelgeschäfte und Mischkalkulationen freier und gebundener Preise. Auch die starke Nachfrage nach Leistungen verkehrsverwandter Bereiche wie etwa der Spedition, der Lagerei und des Umschlags führt dazu, daß Großverlader in der Praxis oftmals nicht über Frachten einzelner Transporte verhandeln werden, sondern nur über den Preis großer Leistungspakete. Die Frachtumgehungsmöglichkeiten für mittelständische Verlader dürften deshalb allenfalls im Bereich des illegalen, im Vergleich zur Mischkalkulation leichter nachweisbaren Fuhrmannshandels ausreichend sein. So ist beispielsweise ein ausreichender Anteil an grenzüberschreitenden Transporten eine Grundbedingung zur Mischkalkulation von innerdeutschen gebundenen und grenzüberschreitenden freien Frachten. Die Fragebogenaktion ergab jedoch beispielsweise, daß 22,2 % der Kleinunternehmen überhaupt keine grenzüberschreitenden Transportleistungen nachfragen, während diese Quote bei Großunternehmen nur 11,5 % beträgt und dies, obwohl die Frachtdisparität gerade mittelständische Unternehmen zu einer Ausweitung des Exportgeschäftes zwingt 1 7 4 . Diese Zahlenangaben spiegeln zudem nicht wider, daß weitere notwendige Bedingungen für solche Mischkalkulationen wie etwa ein gewisses Maß an zeitlicher Deckungsgleichheit der Transporte, um derartige Vertragsabschlüsse mit Binnenschiffahrtsunternehmen überhaupt erst zu ermöglichen, von Großunternehmen leichter zu erfüllen sein werden. Auch dürfen beispielsweise Dauerbeschäftigungsverträge und dabei entstehende Frachtrabatte keineswegs nur unter dem Ge-

174 Vgl. WILLEKE, Rainer u.a., Wettbewerbswirkungen unterschiedlicher Frachtenbildungssysteme in der Binnenschiffahrt, a.a.O., S. 92 ff.

313

314 Teil II: Auswirkungen auf der Basis der vorgenommenen Erhebungen

sichtspunkt gesehen werden, daß dadurch möglichen Kosteneinsparungen von Binnenschiffahrtsunternehmen im Bereich der Akquisition und Bearbeitung von Transportvorgängen Rechnung getragen wird bzw. die Minderung des Beschäftigungsrisikos Berücksichtigung findet. Vielmehr wurde gezeigt, daß die staatliche Preisbindung die Tendenz zu solchen Verträgen fördert, um die Negativwirkungen überhöhter Preise durch eine bessere Qualität im Sinne einer hohen Bedienungssicherheit und durch die Abschöpfung möglicher Rabatte abzugleichen. Auch hierbei ergab die Fragebogenaktion, daß der Anteil der auf der Grundlage von Dauerbeschäftigungsverträgen durchgeführten Transporte an allen Binnenschiffahrtstransporten bei vielen mittelständischen Verladern erheblich niedriger hegt als bei Großverladern. Abschließend kann insoweit festgestellt werden, daß mittelständische Verlader nicht nur durch größenunabhängige Auswirkungen staatlicher Regulierung im Austauschprozeß mit Binnenschiffahrtsunternehmen benachteiligt werden, sondern daß sie zudem negative Wirkungen auf ihre Wettbewerbsposition im Parallelprozeß mit Konkurrenten in Kauf nehmen müssen, die sie weder durch Umstrukturierung der Versandwege noch durch eine ausreichende Einflußnahme auf die Frachtenbildung, noch durch die Umgehung staatlicher Preisbindung ausgleichen können.

Teil I I I Zusammenfassende Beurteilung der Auswirkungen staatlicher Regulierungseingriffe auf mittelständische Unternehmen mit bezug zur verkehrspolitischen Diskussion 1 Auswirkungen staatlicher Regulierungseingriffe auf mittelständische Verlader Unternehmen der verladenden Wirtschaft sind unabhängig von ihrer Größe durch hohe Preise bei einzelnen binnenländischen Transportrelationen benachteiligt. Ursache dafür sind wettbewerbsbeschränkende Wirkungen staatlicher Preisbindungen sowohl im Austauschprozeß zwischen den Anbietern und Nachfragern von Transportleistungen der betrachteten Verkehrsträger als auch im Parallelprozeß zwischen einzelnen anbietenden Unternehmen. Weitere staatliche Regulierungseingriffe in die freie, marktmäßige Entwicklung von Transportmöglichkeiten verstärken diese Wettbewerbsbeschränkungen. Wie die Untersuchimg gezeigt hat, ist insbesondere an bestehende objektive Zulassungsbeschränkungen im Straßengüterfernverkehr und außerdem an Maßnahmen wie das Verbot gewerblicher Transporte für Dritte durch Lastkraftwagen und Binnenschiffe des Werkverkehrs zu denken. Hinsichtlich der weitgehend größenklassenunabhängigen Benachteiligungen wurde zunächst erfragt, welche Einstellung die Verlader zur "kontrollierten Wettbewerbsordnung" haben. Diese subjektiven Antworten wurden dann mit Hilfe sekundär statistisch vorhandener Daten sowie mit Hilfe von Plausibilitätsargumenten auf ihre Stichhaltigkeit überprüft. Dabei zeigte sich eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den subjektiven Angaben in den Fragebogen und der Analyse einzelner Wirkungsmechanismen. Allerdings ergab sich auch - als mutmaßlich einzige wesentliche Abweichung -, daß es insbesondere im Bereich "großer mittelständischer Unternehmen" die den Fragebogen beantwortenden Mitarbeiter von Versandabteilungen teils für vorteilhaft halten, mit Hilfe eines obligatorischen Tarifsystems die von ihnen getroffenen Entscheidungen leichter

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Teil III: Zusammenfassende Beurteilung

vor der Unternehmensführung rechtfertigen zu können. Für das Gesamtunternehmen, das sich im wettbewerblichen Parallelprozeß gegenüber Mitkonkurrenten durchsetzen muß, dürfte eine solche Orientierung an Tarifsystemen jedoch eher schädlich sein. Unter allokativen Gesichtspunkten ist insbesondere zu kritisieren, daß staatliche Regulierungsmaßnahmen Hemmnisse darstellen, die Produktionsfaktoren in die bestmögliche Verwendung zu lenken. So bewirken beispielsweise Preiseingriffe, daß die Unternehmen auf andere Wettbewerbsparameter - und zwar vor allem auf einen aus der Sicht der Nachfrager überoptimalen Qualitätswettbewerb - ausweichen. Eine stärkere Berücksichtigung marktwirtschaftlicher Elemente im Verkehrsgewerbe hätte nicht nur bei unterstellten statischen Annahmen, sondern insbesondere unter dynamischen Gesichtspunkten aufgrund der ausgelösten Wettbewerbsprozesse Vorteile. Ein verbesserter Einsatz von Produktionsfaktoren bedeutet für die Verlader Transportkostensenkungen, und hieraus können umfangreiche Multiplikatoreffekte entstehen. Eine gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit verladender Unternehmen gegenüber ausländischen Konkurrenten, die zur Zeit den binnenländischen Markt teilweise zu absolut und relativ niedrigeren Transportkosten erschließen können, ist vor allem im Bereich transportkostenintensiver Güter zu erwarten. Letztlich werden sowohl die Mittel zur indirekten Subventionierung von Verkehrsunternehmen durch staatliche Regulierung einer effizienteren Verwendung an einer anderen Stelle der Volkswirtschaft zugeführt als auch darüber hinausgehende Wohlstandssteigerungen für die gesamte Volkswirtschaft bewirkt. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß negative Auswirkungen staatlicher Regulierung auf die Verlader nicht nur von Faktoren wie der staatlich induzierten Höhe gebundener Transportpreise abhängen, sondern auch davon, inwieweit verladende Unternehmen in der Lage sind, ihre Absatzpolitik zu modifizieren, um mögliche Nachteile abzugleichen. Werden die Kosten für das Erlangen der notwendigen Kenntnisse für Ausweichreaktionen auf staatliche Regulierung mitbedacht, dürfte Unternehmen im Bereich transportkostenintensiver Güter der Nach-

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V e r e r 3 1 7

teilsausgleich leichter fallen als Produktions- und Handelsunternehmen im Bereich transportkostenunempfindlicher Güter. Es erscheint insgesamt unangemessen, Vorteile durch Abbau staatlicher Regulierungsmaßnahmen nur bei Unternehmen zu suchen, deren Betätigungsfeld im Bereich transportkostenintensiver Güter hegt. Letztlich sind auch nicht zu unterschätzende Wachstumsimpulse für die gesamte Volkswirtschaft dadurch denkbar, daß beispielsweise wettbewerbsstarke Schlüsselindustrien wie der Maschinenbau von hohen Transportkosten entlastet werden, auch wenn der Transportkostenanteil in solchen Industrien relativ gering ist. Allerdings sind nicht nur wegen der geringeren Ausweichmöglichkeiten relativ transportkostenunempfindlicher Industrien erhebliche positive Auswirkungen einer Deregulierung des Verkehrssektors auch in solchen Bereichen denkbar. Vielmehr wird bei einem relativ niedrigen Transportkostenanteil die Bedeutung der Transportentgelte als Kostenfaktor oftmals unterschätzt. Beispielsweise bewegte sich der Jahresüberschuß in Prozent des Umsatzes (auch Umsatzrendite) deutscher Unternehmen im Jahre 1983 in einzelnen Branchen nur zwischen 1,2 % und +3,5 Bereits eine Transportkostensenkung von 10 % 2 kann dann, selbst bei einem vergleichsweise geringen Transportkostenanteil von 5 %, für ein Unternehmen in einer ertragsschwachen Branche eine längerfristig keineswegs zu vernachlässigende Überlebenshilfe darstellen. Neben einer größenklassenunabhängigen Benachteiligung der Unternehmen der verladenden Wirtschaft ergab die Analyse bestehender Wirkungsmechanismen der Tarif- und Frachtenbildung sowie der Anwendung der Tarife und Frachten in der Praxis erhebliche zusätzliche Benachteiligungen mittelständi1 Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.), Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, 37. Jg. (1985), Nr. 8, Frankfurt, August 1985, S. 33. 2 Hierzu ist anzumerken, daß der Sachverständigenrat von Schätzungen ausgeht, nach denen die Tarife im Straßengüterfernverkehr wegen der einschneidenden Regulierung um etwa 30 v.H. bis 40 v.H. überhöht sind, vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 10/4295 vom 22.11.1985, Jahresgutachten 1985/86 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung^. 157, Tz. 325.

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Teil III: Zusammenfassende Beurteilung

scher Verlader. Auch hierbei sind im wesentlichen keine Widersprüche zwischen Argumenten, die aus Plausibilitätsüberlegungen gewonnen sind, und den subjektiven Angaben befragter Unternehmer feststellbar. Zudem haben Interviews mit Experten die Interpretation der Fragebogenergebnisse erleichtert und die gewonnenen Erkenntnisse abgerundet. I m ganzen erklärt sich das Ausmaß der Nachteile der Verlader daraus, wie sie auf regulierungsbedingte Wettbewerbsbeschränkungen, die im Austauschprozeß mit den Verkehrsleistungen anbietenden Unternehmen entstehen, reagieren können. Inwieweit dadurch tendenziell ein Nachteilsausgleich erreicht wird, hängt also von Kenntnis sowie von A r t und Umfang bestehender Ausweich- und Umgehungsmöglichkeiten ab. Denn wenn das Ausmaß der regulierungsinduzierten Benachteiligungen durch staatliche Maßnahmen herabgesetzt werden soll, müssen zunächst die latent vorhandenen Reaktionsmöglichkeiten den Unternehmen der verladenden Wirtschaft in ausreichendem Maße bekannt sein. Generell wird es mit steigender Unternehmensgröße und damit innerhalb einer Branche in der Regel auch steigendem Transportaufkommen für Unternehmen lohnender, spezielles Know-how sowie zusätzliche technische Hilfsmittel für Umgehungen im Versandbereich einzusetzen. Unterhalb einer bestimmten Unternehmens- bzw. Transportaufkommensgröße sind dagegen einzelne Ausweichpraktiken ineffizient; es existiert dann quasi eine Mindestoptimalgröße für regulierungsinduzierte Ausweichreaktionen. Bei Verladern, die sich der Binnenschiffahrt bedienen, sind Informationsdefizite über die Frachtenbildung und mögliche Ausweichreaktionen selten. Allenfalls bei Unternehmen, die nur sporadisch Binnenschiffstransporte vergeben, sind deshalb informationsbedingte Benachteiligungen im Parallelprozeß gegenüber gut informierten Großverladern der gleichen Branche denkbar. I m Bereich des Straßengüterverkehrs, in dem von einer Vielzahl mittelständischer Unternehmen die verschiedensten Transporte im Stückgut- und Ladungsverkehr in Auftrag gegeben werden, sind dagegen aufgrund geringer Tarifkenntnisse und spärlicher Informationen über die aus der Verkehrsmarktordnung resultierenden Ausweichmöglichkeiten als Re-

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Veriader

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aktion auf regulierungsinduzierte Benachteiligungen im Austauschprozeß erhebliche Benachteihgungen im Parallelprozeß mit Großverladern denkbar. Denn wie die Fragebogenaktion ergab, ist in diesem Bereich offensichtlich eine Reihe "kleiner" und "mittlerer mittelständischer Unternehmen" schon bei der für Ausweichreaktionen erforderlichen Informationsbeschaffung überfordert. Angesichts der Vielfalt der im ersten Teil dieser Studie aufgezeigten Regelungen ist diese Überforderung nicht nur auf eine Abneigung der vorwiegend produktions- und technologieorientierten Unternehmerschaft gegenüber einer Beschäftigung mit staatlichen Reglementierungen zurückzuführen. Es stehen vielmehr einem möglichen Nachteilsausgleich erhebliche Kosten der Informationsbeschaffung und -Verarbeitung gegenüber, die zu übernehmen sich erst ab einer gewissen Unternehmensgröße bzw. einem bestimmten Transportaufkommen lohnt. Bedeutender dürften allerdings diejenigen Benachteihgungen mittelständischer Verlader sein, die aus unternehmensgrössenklassenbezogenen Unterschieden in den effektiven Ausweichmöglichkeiten auf staatliche Regulierungsmaßnahmen resultieren. Grundsätzlich können die Umstrukturierung der Versandwege zu befördernder Güter, die verstärkte Einflußnahme auf die Tarifbildung in den zuständigen Kommissionen und Ausschüssen und im politischen Umfeld sowie die Umgehimg staatlicher Preisbindung durch mehr oder weniger legale Geschäftspraktiken als Reaktionsmöglichkeiten unterschieden werden. Benachteiligungen mittelständischer Verlader im Rahmen der Umstrukturierung der Versandwege als Reaktion auf staatliche Regulierungseingriffe resultieren beispielsweise daraus, daß es Großverladern leichter fällt, einen eigenen Werkverkehr aufzubauen und effizient einzusetzen. Gleiches gilt für den Aufbau von Konzernverkehren oder - für den Bereich des Straßengüterverkehrs - von Werkspeditionen, wodurch die hohen Tarife im Binnenverkehr vollständig oder teilweise neutralisiert werden können.

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Teil III: Zusammenfassede Beurteilung

Die Einflußmöglichkeiten mittelständischer Verlader auf die Preisbildung in den Tarifkommissionen des gewerblichen Straßengüternah- und -fernverkehrs und in den Frachtenausschüssen der Binnenschiffahrt sind begrenzt. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, daß für Anträge zur Änderung staatlich gebundener Beförderungsentgelte ein spezielles Know-how notwendig ist, um z.B. im Rahmen der Darlegung eines "begründeten Interesses auf Tarifänderung" eine Antragsbehandlung überhaupt erst zu ermöglichen. Schwerwiegender dürfte jedoch sein, daß das Verkehrsgewerbe mit Hilfe der bestehenden staatlichen Regulierung versucht, ein überhöhtes binnenländisches Transportpreisniveau zu sichern, und darauf bedacht ist, möglichst wenig "Ausnahmen" zuzulassen, um das Gesamttarifgefüge nicht zu gefährden. Maßnahmen wie Kontrakttarife und Ausnahmetarife des Straßengüterverkehrs, aber auch die Einführung von Margentarifen in der Binnenschiffahrt etc. sind somit eher im Bereich abwanderungsbedrohter großer Transportmengen von Großverladern zu erwarten als im Bereich des Transportaufkommens mittelständischer Unternehmen. Die oft gehörte These, daß nur in den tarifarisch bereits besonders berücksichtigten Relationen und bei entsprechend großem Transportaufkommen den betroffenen Verkehrsunternehmen Transportpreisermäßigungen zumutbar seien, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß kaum wettbewerblicher Druck besteht, regulierungsinduzierte X-Ineffizienzen abzubauen. Außer daß die Möglichkeiten der Durchsetzung im Innenverhältnis von Tarifkommissionen und Frachtenausschüssen mit der Unternehmensgröße differieren, kann auch der aus dem politischen Umfeld resultierende Druck auf einzelne überhöhte innerdeutsche Transportpreise bei Großverladern und bei mittelständischen Verladern unterschiedlich spürbar sein. Dabei können zwar, wie der Fall der oberrheinischen Kiesverlader in der Binnenschiffahrt zeigt, auch die Probleme vorwiegend mittelständischer Verlader gelegentlich eine besondere Rolle spielen. I n der Regel werden jedoch im verkehrspolitischen Umfeld Großverlader, die beispielsweise mit weitreichenden Arbeitsplatzverlusten drohen können, andere Einflußmöglichkeiten besitzen als mittelständische Unternehmen. Dies wurde

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Veder

z.B. deutlich, als die verkehrspolitischen Forderungen der deutschen Seehafenwirtschaft, der fur den norddeutschen Raum eine besondere regionale Bedeutung zukommt, von vielen politischen Institutionen unterstützt wurden. I n ähnlicher Weise durch überhöhte Transportpreise war jedoch eine Vielzahl von kleinen und mittleren Verladern betroffen, die aufgrund ihrer räumlichen Lage auf den teueren binnenländischen Transport ab deutschen Seehäfen angewiesen waren. Das konkrete Ausmaß regulierungsinduzierter Benachteihgungen mittelständischer Verlader aufgrund von im Vergleich zu Großverladern geringeren Einflußmöghchkeiten innerhalb der Tarif- bzw. Frachtenbildungskommissionen und in deren politischem Umfeld hängt weiterhin von der konkreten Ausgestaltung der Kommissionen ab. So dürfte die Durchsetzung mittelständischer Interessen in der kartellartig organisierten TKF, die zusätzlich den staatlichen Schutz vor Außenseiter- und Newcomerwettbewerb durch weitreichende Überwachungen und objektive Zulassungsbeschränkungen genießt, besonders schwierig sein. Die TKN zeichnet sich zwar durch eine paritätische Besetzung aus, aufgrund der bundesweiten Zuständigkeit einer einzigen Tarifkommission für eine Vielzahl verschiedenster Transporte ist jedoch auch hier nur in den seltensten Fällen zu erwarten, daß mittelständische Interessen wirklich berücksichtigt werden. Die räumlich getrennte Zuständigkeit der Frachtenausschüsse der Binnenschiffahrt für einzelne Fahrtgebiete dürfte einerseits mittelständischen Verladern noch am ehesten Artikulations- und Durchsetzungsmöglichkeiten bieten. Andererseits führt jedoch die Berücksichtigung besonderer Gegebenheiten regionaler Teilmärkte in den Frachtenausschüssen zu schwerwiegenden Einflußmöghchkeiten für die marktmächtigsten Verlader dieser Teilmärkte, die zudem oftmals mit Binnenschiffahrtsunternehmen verflochten sind. Mittelständische Verlader können dann zum Spielball vertikaler Interessen werden. Neben nur begrenzten Möglichkeiten im Rahmen der Umstrukturierung der Versandwege und der Einflußnahme auf die Bildung staatlich gebundener Transportpreise erwächst mittelständischen Verladern auch eine Benachteiligung aus der Tat-

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sache, daß die Tarife in der Praxis zwar Anwendimg finden, ihre ökonomischen Auswirkungen jedoch von Großverladern durch Mischkalkulation von freien und gebundenen Preisen vergleichsweise einfach abgefangen werden können. Daß derartigen Praktiken erhebliche Bedeutimg zukommt, ergab sich aus den Antworten der befragten Unternehmen sowohl für den Bereich der Binnenschiffahrt als auch für den Bereich des Straßengüterverkehrs. Mittelständische Verlader müssen dann regulierungsinduzierte Wettbewerbsnachteile im Parallelprozeß entweder reaktionslos hinnehmen oder auf leichter nachprüfbare illegale Umgehungspraktiken ausweichen und sich damit einer Verfolgung durch die Aufsichtsbehörden aussetzen. In diesem Zusammenhang wurde auch gezeigt, daß das eng mit mittelstandspolitischen Zielsetzungen verbundene regionalpolitische Argument, daß durch die staatliche Preisbindung strukturschwache und revierferne Regionen Vorteile hätten, nicht überzeugt. Vielmehr täuscht die Preisbindung eine angebliche "Tarifgleichheit im Raum" vor, die von Verladern in Ballungsgebieten aufgrund umfangreicherer Möglichkeiten zur Tarifumgehung, indem sie z.B. Koppelgeschäfte und Mischkalkulationen vornehmen, unterlaufen wird. Da sich zudem auch in abseits gelegenen Regionen das überhöhte Transportpreisniveau auswirkt, läuft die staatliche Verkehrspolitik einer zieladäquaten Regionalpolitik zuwider. Allgemein ist außerdem zu berücksichtigen, daß nur dann keine mittelstandspolitischen Negativwirkungen entstehen, wenn allen betroffenen Verladern ein Nachteilsausgleich gelingt. Werden dagegen die Interessen einzelner mittelständischer Unternehmen durchgesetzt, so führt dies lediglich zu einer verschärften Benachteiligung anderer Mittelständler im Parallelprozeß. Insgesamt kann hinsichtlich der Auswirkungen staatlicher Zulassungsbeschränkungen und staatlicher Preisbindung auf mittelständische Verlader festgestellt werden, daß die staatliche Verkehrspolitik erhebliche regulierungsinduzierte Benachteiligungen mittelständischer Verlader im Bereich des Straßengüterverkehrs und der Binnenschiffahrt zur Folge hat. Nicht zu-

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Verader

letzt im Hinblick auf die Brüchigkeit der üblichen Beweisführungen zur Begründung des Verkehrssektors als Ausnahmebereich ist zu betonen, daß die Produktion von Transportleistungen auf Dauer nicht zur Sicherung von möglicherweise ineffizient arbeitenden Verkehrsunternehmen erfolgen kann, sondern um die bestehende Transportnachfrage von Unternehmen der verladenden Wirtschaft zu befriedigen. Dabei werden derzeit mittelständischen Verladern - und auch Konsumenten transportierter Güter bei Weitergabe hoher Transportpreise - staatlich induzierte Zusatzproduzentenrenten aufgebürdet, die einer vollen Entfaltung leistungsfähiger mittelständischer Unternehmen zuwiderlaufen und zu negativen Wohlstandseffekten für die gesamte Volkswirtschaft führen. 2 Auswirkungen staatlicher Regulierungseingriffe auf mittelständische Güterkraftverkehrs- und Binnenschiffahrtsunternehmen A u f der Seite der Anbieter von Transportleistungen des gewerblichen Straßengüterverkehrs und der Binnenschiffahrt führt - in einer statischen Betrachtung - die aus wettbewerbspolitischer Sicht nicht zu rechtfertigende staatliche Regulierung dieser Bereiche zu erheblichen Begünstigungen der betroffenen Unternehmen im Austauschprozeß mit den Transportleistungen nachfragenden Unternehmen der verladenden Wirtschaft. A l lerdings wurde gezeigt, daß die staatlichen Regulierungsmaßnahmen zu dynamischen Reaktionen und Anpassungsprozessen führen. Aufgrund größenklassenspezifischer Unterschiede in den Reaktions- und Anpassungsmöglichkeiten können insbesondere Großunternehmen bestehende Begünstigungen im Austauschprozeß nutzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit im Parallelprozeß langfristig zu verbessern. Das Argument einer besonderen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen durch die sogenannte "kontrollierte Wettbewerbsordnung" ist somit als nicht tragfähig zu betrachten. Zwar trifft dies für alle betrachteten Bereiche zu. U m jedoch die Auswirkungen staatlicher Regulierungsmaßnahmen zu beurteilen und insbesondere die Ergebnisse der Fragebogenaktion

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Teil III: Zusammenfassende Beurteilung

vor dem Hintergrund dargelegter Wirkungsmechanismen abschließend zu werten, ist eine Differenzierung zwischen dem Straßengüterfernverkehr, dem Straßengüternahverkehr und der Binnenschiffahrt nötig. Die bei weitem intensivste Regulierung findet sich im Straßengüterfernverkehr. Hier hegt eine Preisbindung mit einer vergleichsweise geringen Marge des Regeltarifs vor, und die TKF ist einseitig mit Gewerbevertretern besetzt. Dieses "Preiskartell" wird durch die staatliche Tarifüberwachimg vor dem Außenseiterwettbewerb geschützt. Zudem wird durch objektive staatliche Zulassungsbeschränkungen der Newcomerwettbewerb verhindert. Insbesondere letzteres läßt die weitreichende Ablehnung von Maßnahmen, die zu einer verstärkten Berücksichtigung marktwirtschaftlicher Elemente führen würde, durch die befragten Straßengüterfernverkehrsunternehmen konsequent erscheinen. Denn von derart weitgehenden Regulierungseingriffen wie im Straßengüterfernverkehr sind erhebliche staatlich induzierte Produzentenrenten zu erwarten, die nicht nur ineffizient arbeitende Unternehmen begünstigen, sondern auch - bei einheitlichen Tarifen und deren Durchsetzung am Markt - leistungsfähige Anbieter von Straßengüterfernverkehrsleistungen. Solche Begünstigungen wären allenfalls dann zu rechtfertigen, wenn eine Identifizierung des Marktes für gewerbliche Straßengüterfernverkehrstransporte als Ausnahmebereich gelänge. Da hiervon jedoch keineswegs ausgegangen werden kann, ist die Beibehaltung der Regulierungseingriffe und daraus resultierender Besitzstände für die etablierten Anbieter abzulehnen . Allerdings sind derartige Schlußfolgerungen nicht nur aus allokativen Überlegungen bzw. aus den geschilderten Benachtei-

3 Auf den "Schutz der Deutschen Bundesbahn" als Begründung für die Regulierungseingriffe der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" kann hier nicht eingegangen werden, vgl. zu diesem Problemkreis: Kronberger Kreis (Hrsg.), Mehr Markt im Verkehr, Schriftenreihe des Frankfurter Instituts für wirtschaftspolitische Forschung e.V., Band 4, Bad Homburg v.d.H., Januar 1984, S. 43 f.; BONUS, Holger, Mehr Markt im Verkehrswesen 1, in: Wie es zu schaffen ist, Agenda für die deutsche Wirtschaftspolitik, hrsg. v. H. GIERSCH, 2. Aufl., Stuttgart 1983, S. 220 ff.

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Verkehrsunternehmen

ligungen von Unternehmen der verladenden Wirtschaft ableitbar, sondern insbesondere auch aus den negativen mittelstandspolitischen Auswirkungen. Die Förderung mittelständischer Unternehmen kann nur dann Erfolg haben, wenn die staatliche Wettbewerbspolitik leistungsfähigen und leistungsbereiten Mittelständlern die Durchsetzung in dynamischen Marktprozessen ermöglicht. Das ist jedoch fur den Bereich des Straßengüterfernverkehrs nicht zu erwarten. Denn zum einen werden potentielle mittelständische Wettbewerber (Newcomer) mit möglicherweise hohem innovatorischem Potential und hoher Leistungsbereitschaft vom Markt ferngehalten. Zum andern ergaben die Wirkungsanalysen erhebliche regulierungsinduzierte Nachteile auch für etablierte mittelständische Straßengüterfernverkehrsunternehmen im Parallelprozeß mit Großunternehmen. Diese Ergebnisse wurden von den subjektiven Angaben befragter Unternehmen gestützt. So müssen objektive staatliche Zulassungsbeschränkungen als bedenklich gelten, weil sie ein Erreichen der optimalen Betriebsstruktur in vielen Fällen verhindern. I m Bereich staatlicher Preisbindung wurde von den befragten Unternehmen bestätigt, daß für Mittelständler die Durchsetzung spezifischer Interessen in der TKF ungleich schwerer ist als für Großunternehmen. Dies ist um so bedeutsamer, als der Angebotspreis als Wettbewerbsparameter mit abnehmender Unternehmensgröße tendenziell wichtiger wird. Zudem ermöglicht das in der Regel umfangreichere Transportaufkommen und die breitere Angebotspalette den Großunternehmen des Straßengüterfernverkehrs, die staatliche Preisbindimg vergleichsweise einfach zu umgehen. Vor diesem Hintergrund können Großunternehmen des Straßengüterfernverkehrs mit einem oftmals großen angeschlossenen speditionellen Geschäftsbereich durch bestmögliche Reaktionen auf die im Umfeld staatlicher Regulierung anfallenden Entscheidungen ihre Marktstellung - auch unter dem Einsatz erzielter Renteneinkommen - immer stärker festigen. Fraglich ist, ob die Vorteile für mittelständische Straßengüterfernverkehrsunternehmen, die aus der Verminderung des Preiswettbewerbs im Austauschprozeß mit den Verladern resultieren, so groß sind, daß sie die gezeigten regulierungsinduzierten Nach-

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Teil III: Zusammenfassende Beurteilung

teile im Parallelprozeß überkompensieren. Die Fragebogenergebnisse mit ihrer weitgehenden Befürwortung staatlicher Regulierung auch im Bereich mittelständischer Unternehmen zeigen zwar, daß in der Praxis offensichtlich eine solche Meinung vorherrscht. Doch ist zumindest für den Bereich der Preisbindung zu vermuten, daß die Ergebnisse auch auf eine gewisse Gewöhnung an die jahrzehntelange Preisfixierung zurückzuführen sind. Auch wird den Befragten durch die Vorgabe von Preisen, die den wirtschaftlichen Verhältnissen der Verkehrsunternehmen angemessen sein sollen, der Eindruck einer gesicherten Existenz vermittelt. Dabei werden jedoch sich langfristig ergebende Negativwirkungen der regulierungsinduzierten Stärkung der Marktstellung von Großunternehmen möglicherweise unterschätzt. Denn die aufgezeigte Konzentrationsentwicklung belegt, daß es mit den Wettbewerbschancen mittelständischer Straßengüterfernverkehrsunternehmen trotz Verminderung des Preiswettbewerbs im Austauschprozeß und Schutz vor Newcomern nicht zum besten bestellt ist. Letztlich erlaubt die Offenheit dynamischer Marktprozesse keine Aussage darüber, wie sich bei freier Preisbildung die Wettbewerbssituation einzelner etablierter mittelständischer Straßengüterfernverkehrsunternehmen entwickeln würde. Sicher erscheint jedoch, daß in stärkerem Umfang als bisher die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft von Fernverkehrsunternehmen über das Verbleiben am Markt entscheiden würde und nicht mehr Faktoren wie die bestmögliche Durchsetzung von Interessen in der TKF oder die Möglichkeiten zur Umgehung staatlicher Tarifbindung. Leistungskriterien wären auch dafür ausschlaggebend, welche Newcomer sich bei Beseitigung staatlicher Zulassungsbeschränkungen am Markt durchsetzen würden. I m gewerblichen Straßengüternahverkehr ist mit der paritätischen Besetzung der TKN, den erheblichen Margen um die Richtsätze, den vergleichsweise geringen Kontrollen staatlicher Tarifbindung und dem Fehlen objektiver Zulassungsbeschränkungen die Regulierungsintensität vergleichsweise gering. Dies äußerte sich auch in vielen Angaben befragter Straßengüternahverkehrsunternehmen. So wich beispielsweise die Beurtei-

2 Auswirkungen auf mittelständische

Verkehrsunternehmen

lung der Erweiterung bestehender Margengrenzen und der völligen Freigabe der Preisbildung von der Beurteilung im Fernverkehr ab 4 . Dies bedeutet allerdings keineswegs, daß sich die Auswirkungen der staatlichen Preisbindimg im Straßengüternahverkehr von den Auswirkungen im Fernverkehr generell unterscheiden. Vielmehr weisen sie lediglich insofern Unterschiede auf, als die geringere Regulierungsintensität zu weniger intensiven Begünstigungen und Benachteiligungen führt. Aufgrund der mangelnden Rechtfertigung des Güterkraftverkehrsmarktes als einem wettbewerblichen Ausnahmebereich gilt deshalb unter allokativen Gesichtspunkten auch für den gewerblichen Straßengüternahverkehr, daß im Austauschprozeß entstehende Nachteile für die Verladerschaft die Beseitigung der staatlichen Preisbindung angezeigt erscheinen lassen. Dies gilt für diesen Bereich um so mehr, als unter mittelstandspolitischen Gesichtspunkten die staatliche Preisbindung neben der Benachteiligung mittelständischer Verlader auch auf der Anbieterseite keine positiven Wirkungen erwarten läßt. Denn in der TKN wird es mittelständischen Straßengüternahverkehrsunternehmen in den seltensten Fällen gelingen, ihre Interessen durchzusetzen. Sofern die Tarife nicht ohnehin auf illegale Weise umgangen werden, fällt es ihnen zudem im Vergleich zu Großunternehmen schwerer, etwa durch Gründung von Niederlassungen mit aus tarifarischer Sicht günstigen Standorten oder durch Bündelung preislich gebundener und ungebundener Leistungen den Verladern wettbewerbsfähige Preise anzubieten und auf diese Weise eine ausreichende Wettbewerbsfähigkeit im Parallelprozeß mit Großunternehmen herbeizuführen. Auch im Bereich der gewerblichen Binnenschiffahrt zeigte die Befragung, daß die Mehrzahl mittelständischer Unternehmen ein Festhalten an der kontrollierten Wettbewerbsordnung - für diesen Bereich also im wesentlichen an der staatlichen Tarifbindung durch den FTB - befürwortet. I m Gegensatz zum Straßengüterfernverkehr dürften diese Äußerungen jedoch nicht auf ein ausgeprägtes Besitzstandsdenken zurückzuführen 4 Vgl. S. 137 dieser Studie.

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sein. Denn wie gezeigt wurde, schrumpft die Zahl mittelständischer Binnenschiffahrtsunternehmen seit Jahren erheblich. Zudem führte die staatliche Regulierung in der Binnenschiffahrt vielfach zu einer Marktzugangssperre für mittelständische Unternehmen als Hauptfrachtführer. Die Vorteile, die mittelständische Unternehmen aus hohen binnenländischen Frachten erzielen, dürften vergleichsweise gering sein, da mögliche Zusatzproduzentenrenten durch Kopplung binnenländischer und grenzüberschreitender Frachten in erster Linie von Großreedereien abgeschöpft werden. Die bestehenden Zugangssperren zum direkten Abschluß von Transportverträgen mit Verladern lassen bei vielen mittelständischen Binnenschiffahrtsunternehmen die Befürchtimg aufkommen, daß eine Freigabe der Preisbildung - beispielsweise wegen fortbestehender Dauerbeschäftigungsverhältnisse zwischen Verladerschaft und Großreedereien - letzteren weiterhin eine Politik des "Rosinenpickens" erlauben würde und sich die mittelständischen Unternehmen lediglich einem verschärften Preiswettbewerb ausgesetzt sähen. Daraus erklärt sich, daß die Beibehaltung des FTB oftmals befürwortet ist, obwohl die Lage mittelständischer Unternehmen in dem regulierten Markt keineswegs als befriedigend angesehen wird. Allerdings gilt auch für den Bereich der Binnenschiffahrt, daß nicht nur aufgrund allokativer Bedenken, sondern auch wegen der dargestellten mittelstandspolitischen Negativwirkungen eine Beseitigung bestehender Regulierungseingriffe ursachenadäquat erscheint. Denn die schwache Marktstellung mittelständischer Binnenschiffahrtsunternehmen folgt insbesondere aus den begrenzten Möglichkeiten, die Interessen dieser Unternehmen in den Frachtenausschüssen durchzusetzen oder die staatlich gebundenen Tarife zu umgehen. Durch die Teilhabe an hohen binnenländischen Frachten kann diese Marktstellung jedoch nicht verbessert werden. Ziel muß es vielmehr sein, beim Übergang zu einer freien Preisbildung mögliche Friktionsprobleme für mittelständische Binnenschiffahrtsunternehmen soweit als möglich zu vermeiden, damit diese Unternehmen nach Herstellung eines marktwirtschaftlichen Abstimmungsprozesses zwischen Angebot und Nachfrage im Parallelprozeß mit mitan-

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Verkehrsunternehmen

bietenden Großreedereien ihre volle Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft entfalten können.

3 Durchsetzung notwendiger Maßnahmen vor dem Hintergrund der gegenwärtigen verkehrspolitischen Diskussion Angesichts der erheblichen Negativwirkungen staatlicher Regulierungseingriffe im Bereich des Straßengüterverkehrs und der Binnenschiffahrt ist es erstaunlich, daß diese Regulierung nach dem Übergang zur sozialen Marktwirtschaft - abgesehen von in der praktischen Durchführung zögerlichen Reformmaßnahmen wie der Kleinen Verkehrsreform im Jahre 1961 - bis zum heutigen Tage Bestand haben konnte. Eine mögliche Erklärung ist darin zu sehen, daß die Begünstigung einer lediglich kleinen Schicht von Unternehmen zu wenig offensichtlich wurde. Dies konnte von betroffenen Unternehmen und Verbänden insbesondere dadurch erreicht werden, daß auf die positiven Auswirkungen der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" für das "Gemeinwohl" und auf das gefährdete Interesse der Deutschen Bundesbahn verwiesen wurde 5 . Wie aus den Äußerungen vieler Verkehrspolitiker immer wieder hervorgeht, gelang es den Gewerbevertretern aber auch, durch den Hinweis auf die angebliche Mittelstandsfreundhchkeit der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" breite Unterstützung in allen politischen Parteien zu erhalten. In das Kritikfeld politischer Entscheidungsträger geriet die Verkehrsmarktordnung daher nur in den Fällen, in denen bestehende Begünstigungen zu offensichtlich wurden und es den Nachfragern nach Verkehrsleistungen gelang, ihre eigenen Interessen ausreichend zu artikulieren. Denn "angesichts des massiven Widerstands der Gegner einer wirksamen Wettbewerbspolitik (ist es, d. Verf.) selbst wettbewerbspolitisch engagierten und parteipolitisch einflußreichen Politikern kaum möglich, jeweils mehr zu erreichen als die Bekämpfung derjenigen Formen von Wettbewerbsbeschränkungen, die bereits massiert auftreten

5 Vgl. BONUS, Holger, a.a.O., S. 209 ff., insbes. S. 211.

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Teil

: Zusammenfassende Beurteilung

und zum öffentlichen Ärgernis zu werden drohen. Nur wenn solche anschaulichen und aktuellen »Beweise« einer Gefährdung des Wettbewerbs vorhegen, besteht die Chance, genügend Parlamentarier für eine begrenzte Verschärfung der Wettbewerbspolitik zu gewinnen" 6 . Deshalb sind zwar - wie etwa im Seehafen-Hinterlandverkehr - Reformen in einzelnen Teilbereichen der Verkehrsmärkte zu erreichen. Die Umwandlung der "kontrollierten Wettbewerbsordnung" in eine freie, wettbewerbliche Verkehrsmarktordnung dürfte jedoch im politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen. Dies güt um so mehr, als dabei auch die Notwendigkeit und Bedeutung eines "wettbewerblichen Flankenschutzes" für die Deutsche Bundesbahn zur Diskussion stünde. Dieses Negativszenario darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daß beim Auftreten besonders starker Einflußfaktoren auch umfassende wirtschaftspolitische Veränderungen möglich sind. Unterstützt durch die in vielen Ländern entbrannte Liberalisierungsdiskussion könnte dieser entscheidende Einflußfaktor in der jüngsten verkehrspolitischen Entwicklung in der EG gegeben sein. Diese Entwicklung ist gekennzeichnet durch: - das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 22.5.1985 zur Untätigkeitsklage des Europäischen Parlaments gegen den Ministerrat 7 , - die Vorlage des Weißbuchs der EG-Kommission zur Vollendung des Binnenmarktes 8 ,

6 ZOHLNHÖFER, Werner, Wettbewerbspolitik in der Demokratie, in: Wettbewerb im Wandel, hrsg. v. H. GUTZLER u.a. zum 65. Geburtstag von B. GÜNTHER, Baden-Baden 1975, S. 42. 7 Vgl. ROGGE, Heiner, Die verkehrspolitische Untätigkeitsklage des Europäischen Parlamentes: Konsequenzen aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 22. Mai 1985, in: Internationales Verkehrswesen, 37. Jg. (1985), 5. Heft, S. 310 ff.; Gemeinsame Verkehrspolitik - Verpflichtungen des Rates, in: Bulletin der Europäischen Gemeinschaften, 18. Jg. (1985), Nr. 9, S. 117 ff. 8 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.), Vollendung des Binnenmarktes, Weißbuch der Kommission an den Europaischen Rat (KOM (85) 310 endg.), Brüssel, den 14. Juni 1985.

3 Durchsetzung notwendiger Maßnahmen

- den Beschluß des Europäischen Rates in Mailand vom Juni 1985, die Schaffung eines freien Marktes für den Güterverkehr vorrangig herbeizuführen, - die Entscheidung des Ministerrates vom 14.11.1985, diesen freien Markt ohne mengenmäßige Beschränkung spätestens 1992 zu verwirklichen. U m den erwähnten Entscheidungen Rechnung zu tragen, ist der Abbau einer Vielzahl staatlicher Regulierungseingriffe zwingend notwendig. Allerdings sollte das Ziel der bundesdeutschen Verkehrspolitik nicht darin bestehen, lediglich die notwendigsten Maßnahmen durchzusetzen, um ein direktes Eingreifen europäischer Organe in die deutsche Verkehrspolitik zu verhindern. Vielmehr sollte diese Entwicklung als Chance begriffen werden, um leistungsfähigen mittelständischen Verkehrsunternehmen und mittelständischen Verladern ausreichende Möglichkeiten zur Durchsetzung in einem freien Wettbewerb zu eröffnen. Hierzu wäre allerdings eine umfassende Reform der gesamten deutschen Verkehrspolitik notwendig. So wäre sicherzustellen, daß sich auch die Deutsche Bundesbahn in einem freien Wettbewerb behaupten kann 9 . U m die Wettbewerbsfähigkeit der Güterkraftverkehrs- und Binnenschiffahrtsunternehmen mit ausländischen Konkurrenten zu sichern, wären notwendige Harmonisierungsmaßnahmen einzuleiten, wobei vorab eine eindeutige Identifizierung von Wettbewerbsverzerrungen erfolgen müßte 1 0 . Ziel ist allerdings nicht eine völlige Angleichung der Wettbewerbsbedingungen, sondern die Beseitigung staatlich induzierter Verzerrungen, z.B. aufgrund länderspezifisch unterschiedlicher Belastungen mit Mineralölsteuer und Kraftfahrzeugsteuer. "Dies bedeutet jedoch keine vollständige Einebnung der standortbedingten Kostenunterschiede" 11 . 9 Vgl. zu einer möglichen verkehrspolitischen Neuordnung: Kronberger Kreis (Hrsg.), Mehr Markt im Verkehr, a.a.O., S. 25 ff. 10 Entsprechende Untersuchungen werden beispielsweise von der Prognos AG, Basel, durchgeführt. 11 HAMM, Walter, Die Verkehrsunternehmer sind gefordert, in: FAZ Nr. 174 vom 31. Juli 1986, S. 9.

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Teil III: Zusammenfassende Beurteilung

Bei der Überführung der Märkte für Straßengüter- und Binnenschiffahrtstransporte in freie, wettbewerblich organisierte Märkte wäre zu beachten, daß mögliche Friktionsprobleme nicht zu Lasten mittelständischer Unternehmen gehen. Zwar kann an dieser Stelle auf der Grundlage der Wirkungsanalyse bestehender Regulierungsmaßnahmen kein Ablaufplan für eine solche Überführung entwickelt werden. Allerdings erlaubt die durchgeführte Wirkungsanalyse die Aussage, daß zur Vermeidung mittelstandspolitisch negativer Wirkungen Maßnahmen, die zu einem globalen Abbau staatlicher Regulierungseingriffe führen, geeigneter sind, als Maßnahmen, die an Kriterien wie dem Umfang des Transportaufkommens, der Nutzlast von Fahrzeugen etc. ansetzen. So führt beispielsweise die Einführung von transportaufkommensabhängigen Sondervereinbarungen zwar zu einer Erweiterung der Bereiche wettbewerblicher Preisbildung. Wenn derartige Sondervereinbarungen aufgrund der Abhängigkeit von den Transportaufkommen jedoch nicht allen Unternehmen gleichermaßen offenstehen, können in der Übergangsphase zu einem freien Verkehrsmarkt erneute Diskriminierungen mittelständischer Unternehmen sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite entstehen. Auch dürfte im gewerblichen Straßengüterfernverkehr bei der Freistellung von kleineren Fahrzeugen bis 4 1 Nutzlast von der Kontingentierung eine entsprechende Umstellung des Fuhrparks von finanzstärkeren Großunternehmen leichter als von mittelständischen Unternehmen zu bewältigen sein. Mittelstandspolitisch vorzuziehen wären deshalb Maßnahmen wie der nahtlose Übergang zu einem Referenztarifsystem oder die jährliche Erhöhung der Genehmigungskontingente im Straßengüterfernverkehr um einen bestimmten Prozentsatz, wobei die Vergabekriterien auch an mittelstandspolitischen Gesichtspunkten orientiert werden könnten. U m eine hinreichende Politik gegen Wettbewersbeschränkungen zu ermöglichen und beispielsweise auch die Anbieterseite vor der Nachfragemacht von Großverladern zu schützen, erscheint auch eine Änderung des § 99 GWB notwendig. Erst wenn derartige - hier grob umrissene - Maßnahmen durchgeführt sind, kann von einer effizien-

3 Durchsetzung notwendiger Maßnahmen

ten Mittelstandspolitik gesprochen werden, die die bestehenden aus Marktregulierungen resultierenden Gefahren beseitigt und die Wettbewerbsfähigkeit leistungsstarker mittelständischer Unternehmen sichert.

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WILLEKE, Rainer, BAUM, Herbert und Walter HOENER, Wettbewerbswirkungen unterschiedlicher Frachtenbildungssysteme in der Binnenschiffahrt - Der Fall Oberrheinkies Buchreihe des Instituts für Verkehrswissenschaft an der Universität zu Köln, hrsg. v. R. WILLEKE, Nr. 38, Düsseldorf 1978. WILLEKE, Rainer, BÖTTGER, Wilhelm, BAUM, Herbert und Kunibert SCHMIDT, Margentarife für die Binnenschiffahrt, Buchreihe des Instituts für Verkehrswissenschaft an der Universität zu Köln, hrsg. v. R. WILLEKE, Nr. 35, Düsseldorf 1977. WILLEKE, Rainer unter Mitwirkung von Gregor SCHILD und Michael WERNER, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, Köln 1984. WLLPS, Helmut, Wechselwirkungen der Preispolitik im nationalen und grenzüberschreitenden Verkehr aus Verladersicht, in: Preis- und Tarifpolitik i m grenzüberschreitenden Verkehr, Schriftenreihe der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. (DVWG), Β 40, Köln 1977, S. 115-129. WINTER, Detlef, Die Kriterien der Tarifgenehmigung durch das Bundesministerium für Verkehr, in: Tarifbildung und Preispolitik i m nationalen Güterverkehr der Bundesrepublik Deutschland, Schriftenreihe der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft e.V. (DVWG), Β 33, Köln 1976, S. 111-129. WULF, Dieter, Das Kapazitätsproblem der Binnenschiffahrt, in: Z f V , 50. Jg. (1979), S. 139-172.

348

Literaturverzeichnis

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ANHANG

aerzeichnis Tab. 1:

Absolute und relative Entwicklung der Anzahl erteilter Genehmigungen zum gewerblichen Fernverkehr mit Lastkraftfahrzeugen im Zeitablauf.

Tab. 2:

Straßenverkehrskontrollen und durch die BAG im Zeitablauf.

Tab. 3:

Unternehmen des gewerblichen Fernverkehrs mit Lastkraftwagen nach Zahl der Genehmigungen je Unternehmen im Bundesgebiet.

Tab. 4:

Unternehmen des gewerblichen Güternahverkehrs nach Zahl der Lastkraftfahrzeuge je Unternehmen im Bundesgebiet.

Tab. 5:

Veränderung der Zahl der Unternehmen im gewerblichen Fernverkehr mit Lastkraftwagen nach der Zahl der Genehmigungen je Unternehmen.

Tab. 6:

Genehmigungen zum gewerblichen Fernverkehr mit Lastkraftwagen nach Zahl der Genehmigungen je Unternehmen im Bundesgebiet.

Tab. 7:

Verteilung der Genehmigungen im gewerblichen Güterfernverkehr mit Lastkraftwagen auf Unternehmensgrößenklassen 1956,1970 und 1982.

Tab. 8:

Aufteilung der zusätzlichen Genehmigungen für den Bezirksgüterfernverkehr im Jahre 1984/85 auf die Bundesländer unter besonderer Berücksichtigimg der Anteile für Neubewerber und Kleinunternehmer.

Tab. 9:

Unternehmen des gewerblichen Güter- und Möbelfernverkehrs nach Betriebsgrößengruppen und ihrer Verflechtung mit weiteren Verkehrsgewerben bzw. anderen Gewerben 1974,1978 und 1982.

Betriebsprüfungen

Tab. 10: Entwicklung des Verkehrsaufkommens des gewerblichen Güterfernverkehrs nach Hauptgütergruppen 1960 -1984.

352

Tabellcnvcrzeichnis

Tab. 11: Entwicklung des Verkehrsaufkommens des gewerblichen Güternahverkehrs nach Hauptgütergruppen 1960 -1984. Tab. 12: Frachtdisparitäten von nationalem zu grenzüberschreitendem Verkehr für eine 20-t-Ladung der Ladungsklasse A / B und eine Entfernung von 500 km. Tab. 13: Frachtunterschiede zwischen Deutsch-Französischem Straßengütertarif (DFST) und dem Reichskraftwagentarif (RKT). Tab. 14: Deutscher Anteil am grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr der Bundesrepublik Deutschland in v.H. der beförderten Mengen. Tab. 15: Entwicklung des Verkehrsaufkommens im gewerblichen Güterkraftverkehr und im Werkverkehr 1960 1984. Tab. 16: Verkehrsaufkommen nach einzelnen Verkehrsbereichen - in Mio. t.

betrachteten

Tab. 17: Anteile der betrachteten Verkehrsbereiche am Verkehrsaufkommen (t) - in v.H. Tab. 18: Unternehmen der gewerblichen Binnenschiffahrt nach Anzahl der verfügbaren Güterschiffe 1975 1985. Tab. 19: Tragfähigkeit des Schiffsraums der Unternehmen der gewerblichen Binnenschiffahrt nach Anzahl der verfügbaren Güterschiffe 1975 -1985. Tab. 20: Die Unternehmensstruktur der gewerblichen Binnenschiffahrt nach Ladekapazitätsgrößenklassen 1970 und 1984. Tab. 21: Die Veränderungen der Unternehmen, der Schiffe und deren Tragfähigkeit, der Beschäftigten und des Umsatzes der gewerblichen Binnenschiffahrt nach Ladekapazitätsgrößenklassen von 1970 bis 1984.

Tabcllenvcrzcichnis

353

Tab. 22: Die Anteile der Ladekapazitätsgrößenklassen an der Gesamtveränderung der Unternehmen, der Schiffe und deren Tragfähigkeit und des Umsatzes der gewerblichen Binnenschiffahrt zwischen 1970 und 1984. Tab. 23: Entwicklung der Eigentumsverhältnisse des Gesamtfrachtraums im Zeitablauf. Tab. 24: Die Anteile der m-größten Unternehmen der deutschen Binnenschiffahrt am Gesamtfrachtraum im Jahre 1979. Tab. 25: Entwicklung des Anteils der Partikuliere an allen gewerblichen Binnenschiffahrtsunternehmen (Güterschiffahrt) und an allen Partikulierunternehmen 1975 -1984. Tab. 26: Abwrackungen und Neubauten Binnenschiffahrt 1951 -1984.

der

deutschen

Tab. 27: Entwicklung des Verkehrsaufkommens der Binnenschiffahrt nach Hauptgütergruppen 1960 -1984. Tab. 28: Gegenüberstellung von Markt- und Tariffrachten des Jahres 1984 ab oberrheinischen Verladestationen nach verschiedenen Empfangsstationen. Tab. 29: Vergleich der Futtermittelfrachten in der Binnenschiffahrt zwischen Rotterdam (Westfracht) und Ladestationen an der Weser (Weserfracht) zu deutschen Hinterlandstationen. Tab. 30: Durchschnittliche freie Massengutfrachten in vollen Schiffsladungen 1982 - 1985 im grenzüberschreitenden Binnenschiffsverkehr auf den Rhein Tab. 31: Transport von Steinkohle und Koks ab Köln-Niehl nach Mannheim/Rheinau nach FTB A 402/256 vom 10.07.1986.

Allgemeiner Güterfernverkehr (rot)

-

CEMT-Genehmigungen

Quelle:

31299

54

-

-

-

0,2

33899

54

20,8

100,0

0,2

71

2,0 36137

0,2

3959

3,0

11,0

100,0

5,0

2,8

1102

6,0

18187

Anzahl

2177

19,6

1001

53,7

1 815

7 098 8,1

6,2

-

3,3

6,2

18205

1,5 727

2740

-

1107

2114

2111

7 056

1,1 512 100,0

-

14,8

22,4

3,5

-

58,0

v.H.

Bundesanstalt für den Güterfernverkehr (Hrsg.), Unternehmen und Fahrzeuge des gewerblichen Güter- und Möbelfernverkehrs, Köln, versch. Jahrgänge; eigene Berechnungen.

29487

100,0

-

Insgesamt

-

-

Genehmigungen für Umzüge

Gemeinschaftsgenehmigungen

18166

Nov. 1978 Nov. 1982 Anzahl v.H. Anzahl

1101

356

4 619

4460

15,1

7 003

Möbelfernverkehr (gelb)

3,4

-

59,1

22,4

-

-

17432

Nov. 1974 v.H.

Bezirksgüterfernverkehr(blau) 6601

Grenzüberschreitender Güterfernverkehr (neurosa)

Grenzüberschreitender Güterfernverkehr (rosa) 994

Allgemeiner Güterfernverkehr aus Tausch gelb i. rot

Juli 1970 Anzahl

50,3

v.H.

Absolute und relative Entwicklung der Anzahl erteilter Genehmigungen zum gewerblichen Fernverkehr mit Lastkraftfahrzeugen im Zeitablauf

Genehmigungsart

Tabelle 1:

354 Tabellenanhang

1954

1960

1965

1970

Quelle: Angaben der BAG.

-Betriebsprüfungen:

3 645

3015

2004

1706

1980

1317

974

1098

339734 335 534 123636 169 294

1975

Straßenverkehrskontrollen und Betriebsprüfungen durch die BAG im Zeitablauf

- Straßenverkehrskontrollen: -kontrollierte Fahrzeuge 202528 208264 326704 296 768 -darunter ausländische Fahrzeuge 742 34933 93784 87 753 104 228

Tabelle 2:

434585

1984

982

2,2

1 004

8,1

2 588

202

420 1,9

4,0

1221

10440 100,0

10,1

10,7

2518

1107

2,6

346

10 654 100,0 9 614 100,0

281

12,7

410

4,5

6,8

17,0

5,9

7,6

13,0 1826

Tabellanhang

567 6,2

773 8,5

1181 18,1

9 090 100,0

534

686

1 631

13,0

2 037 22,6 2 028 22,3

2 967 32,9 2 715 29,9

1176

9148 100,0 9 031 100,0

3,6

625

1 551

13,3

23,4

35,0

2145

3 204

1 213 14,7

5,8

1 413

554

13,3

39,2

2 310 24,0

3 774

1 217

24,0

4,8

1 418

11,7

2554

515

11,7

1 247

24,1

43,5

Bundesverband des deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), VWZ Verkehrswirtschaftliche Zahlen, Frankfurt/Main, versch. Jahrgänge

Einschließlich Möbelfernverkehr

Quelle:

1

1,7

11289 100,0

192

3,1

1138

352

8,2

9,9

4 639

1964 April 1966 Juli 1970 Juli 1974 Nov. 1978 Nov. 1982 Nov. Anzahl v.H. Anzahl v.H. Anzahl v.H. Anzahl v.H. Anzahl v.H. Anzahl v.H.

51,7 4 972 47,6

23,1

5 838

2 655

1114

21,3

7197 59,1

1956 Mai 1960 Aug. Anzahl v.H. Anzahl v.H.

Unternehmen des gewerblichen Fernverkehrs1 mit Lastkraftwagen nach Zahl der Genehmigungen je Unternehmen im Bundesgebiet

11 und mehr 122 1,1 Insgesamt 12 164 100,0

7-10 271

4-6

3

2

1

Genehmigungen je Unternehmen

Tabelle 3:

356 20,1

Quelle:

42 998

100,0

Anzahl

100,0

50,7 8 022 18,9 4175 9,8 5109 12,0

42451

3,6

12,2

21536 19,6

1984 Nov. v.H.

v.H.

Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), VWZ Verkehrswirtschaftliche Zahlen, Frankfurt/Main, versch. Jahrgänge, eigene Berechnungen.

100,0

42525

Insgesamt

Anzahl

49,1 21583 50,2 8 788 20,7 8 393 4517 10,6 4 366 10,2 5 222 12,3 5 248 1903 4,5 1958 4,6 2073 4,9 1213 2,9 1 450 3,4 1 536

1980 Nov.

20877

v.H.

1 2 3 4-6 7-10 11 und mehr

1977 Nov. Anzahl

Unternehmen des gewerblichen Güternahverkehrs nach Zahl der Lastkraftfahrzeuge je Unternehmen im Bundesgebiet

Lastkraftfahrzeuge je Unternehmen

Tabelle 4:

TabeUcnanhaag 357

Quelle:

Insgesamt

-25,3

Anzahl

- 21,6

-1059

+ 185,2

+ 81,9

- 28,1

+ 221

+ 219

-12£

+39,5

+ 29,2

-3,0

(Basis 1970)

+63,9

- 282

(v.H.)

+ 413

-36

-5,5

(Basis 1956)

+ 20,3

-524

+ 364,8

- 62,3

(v.H.)

Veränderung der Zahl der Unternehmen im Zeitraum 1970 -1982

Eigene Berechnungen nach Tabelle 3; vgl. hieizu auch: WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 93.

-3074

+ 502

7-10

11 und mehr

+ 822

4-6

- 560

+ 199

+455

-4482

Anzahl

Veränderung der Zahl der Unternehmen im Zeitraum 1956 -1982

Veränderung der Zahl der Unternehmen im gewerblichen Fernverkehr mit Lastkraftwagen nach der Zahl der Genehmigungen je Unternehmen

3

2

1

Genehmigungen je Unternehmen

Tabelle 5:

358 Tabellenaahang

1964 April 1966 Juli 1970 Juli 1974 Nov. 1978 Nov. 1982 Nov. Anzahl v.H. Anzahl v.H. Anzahl v.H. Anzahl v.H. Anzahl v.H. Anzahl v.H.

7,7

3 017

24 066 100,0 25 714 100,0

1863

13,3

4 942

16,9

6 295

21,3

7 798

24,9

9 912

10 722 29,7 36 137 100,0

29,2

Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), VWZ Verkehrswirtschaftliche Zahlen, Frankfurt/Main, versch. Jahrgänge.

25 932 100,0 29 235 100,0 29487 100,0 31 299 100,0 33 899 100,0

11,8 3 461

7197 29,9 5 838 22,7 4 972 19,2 4 639 15,9 3 774 12,8 3 204 10,2 2967 8,8 2 715 7,5 5 176 21,6 5 310 20,6 5 036 19,4 5 108 17,5 4 620 15,7 4 290 13,7 4 074 12,0 4 056 11,2 2 946 12,2 3 342 13,0 3 321 12,8 3 741 12,8 3 651 12,4 3 639 11,6 3 528 10,4 3 543 9,8 4 659 19,4 5 377 20,9 5 737 22,2 6 629 22,6 6 658 22,6 7 303 23,3 7 763 22,9 8 724 24,1 2 225 9,2 2 830 11,0 3 405 13,1 4 176 14,3 4 489 15,2 5 065 16,2 5 655 16,7 6 377 17,6

1956 Mai 1960 Aug. Anzahl v.H. Anzahl V!H.

Genehmigungen zum gewerblichen Fernverkehr1 mit Lastkraftwagen nach Zahl der Genehmigungen je Unternehmen im Bundesgebiet

Einschließlich Möbelfernverkehr

Quelle:

1

Insgesamt

1 2 3 4-6 7-10 11 und mehr

Genehmigungen je Untemelimen

Tabelle 6:

Tabellenanhang

359

Quelle:

VI

V

IV

9,2

19,4

Tabelle 6.

11 und mehr

7-10

3

2

II

4-6

1

ΙΠ

1970 Juli

7,7

12,2

21,6

29,9

22,6

1

7-10

2

3

12,8

15,2

15,7

12,4

2 3

4-6

11 und mehr

7-10

11 und mehr 21,3

4-6

1

17,6

24,1

9,8

11,2

1982 November

7,5

mit Genehmigungen Genehmigung(en) in v.H.

29,7

Unternehmen Unternehmen Unternehmen mit Genehmigungen mit Genehmigungen Genehmigung(en) in v.H. Genehmigung(en) in v.H.

1956 Mai

Unternehmensgrößenklassen 1956,1970 und 1982

Verteilung der Genehmigungen im gewerblichen Güterfernverkehr mit Lastkraftwagen auf

I

Rangfolge

Tabelle 7:

360 Tabelleanhag

Aufteilung der zusätzlichen Genehmigungen fur den Bezirksgüterfernverkehr im Jahre

Quelle:

Summe

30 (423%)

916 (43,6%)

Bundesminister für Verkehr.

2100

71

23 (21,5%) 13 (39,4%) 25 (32,5%) 56 (36,4%) 118 (45,7%) 270 (50,0%) 67 (45,9%) 11 (29,7%)

Berlin 107 (rot) Bremen 33 Hamburg 77 Hessen 154 Niedersachsen 258 Nordrhein-Westfalen 540 Rheinland-Pfalz 146 Saarland 37

Schleswig-Holstein

117 (38,2%) 186 (50,1%)

Neubewerber

709 (33,8%)

20 (28,2%)

29 (27,1%) 11 (33,3%) 27 (35,1%) 55 (35,7%) 98 (38,0%) 178 (33,0%) 50 (34,2%) 19 (51,4%)

106 (34,6%) 116 (31,3%)

Kleinunternehmer

1984/85 auf die Bundesländer unter besonderer Berücksichtigung der Anteile für Neubewerber und Kleinunternehmer

Baden Württemberg 306 Bayern 371

Tabelle 8:

Tabellenanhang 361

Anzahl

v.H.

Güternahverkehr Anzahl

v.H.

Darunter mit: Abfertigungsspedition Anzahl

v.H.

Spedition und Lagerei

Anzahl

v.H.

andere Gewerbe

Tabelleaanhang

Quelle:

Bundesanstalt fur den Güterfernverkehr (Hrsg.), Unternehmen und Fahrzeuge des gewerblichen Güter- und Möbelfernverkehrs, Köln, verschiedene Jahrgänge, eigene Berechnungen.

-1982: mit 1-3 Genehmigungen 5 924 4 320 72,9 705 11,9 773 13,0 1244 21,0 mit 4 -6 Genehmigungen 1826 1 463 80,1 718 39,3 561 30,7 360 19,7 mit 7 -10 Genehmigungen 773 665 86,0 462 59,8 329 42,6 158 20,4 mit 11 und mehr Genehmigungen 567 517 91,2 399 70,4 291 51,3 119 21,0

insgesamt

Fernverkehrsunternehmen

Unternehmen des gewerblichen Güter- und Möbelfernverkehrs nach BetriebsgröBengruppen und ihrer Verflechtung mit weiteren Verkehrsgewerben bzw. anderen Gewerben im Jahre 1982 - Anzahl der Unternehmen und Anteil der verflochtenen Unternehmen an allen Fernverkehrsunternehmen (in v.H.)

Unternehmen im Jahre:

Tabelle 9:

362

03

Rohes Erdöl 03

0,7

0,1

273

0,1

12,6

0,6

6,1

0,0

03

11,7

5,9

Mio. t

0,1

21,8

93

0,7

6,9

0,0

0,9

13,2

6,7

v.H.

03

24,7

103

0,7

6,6

0,0

03

5,5

03

19,6

103

0,7

63

0,0

03

133

v.H.

13,9

5,8

Mio. t

63

0,6

18,7

9,7

03

5,0

0,0

0,4

03 13

16,4

0,0

0,9

0,0

1,6

133

5,0

Mio. t

183

10,7

Quelle:

Bundesminister für Verkehr (Hrsg.), Verkehr in Zahlen 1985, Bonn 1985; eigene Berechnungen.

13

44,1 139,1

61,4 100,0

0,0

183

6,6

61,1 100,0

153

1,0 13

12,7

7,7

4,8

Mio. t

443 1373

11,1

1,1 13

16,4

103

0,9 13

0,0

63

v.H.

633 100,0

0,0

133

45,0 1413

11,4

16,9

16,7

10,9

0,0

123

4,4

113

7,7

64,4 453 100,0 141,6 100,0

16,4 11,6

11,9

0,0

17,7

63

v.H.

7,4

Mio. t

4,4

103

33

163

1,1

11,9

7,4

0,8

4,9

0,0

1,1

18,8

13 1,6

13,7

3,4

1,7

v.H.

03 13

33 43

10,9

1,4

17,7

10,7

0,0

13,7

03 1,1

33 43

0,0

13 1,6

19,0

4,8

Mio. t

153

0,9

v.H.

6,7

133

7,6

1,1

33 43

0,9 13

14,6

83

0,7 13

43

0,0

1,1

19,0

7,0

v.H.

4,7

Mio. t

1984

0,4 13

153

5,6

9,6

v.H.

17,4

Mio. t

1965 1970 1975 1980 1981 1982 1983

Chemische Erzeugnisse 33 4,9 5,7 6,4 9,0 8,6 11,7 10,4 143 103 Fahrzeuge, Maschinen, u. sonst. Halb-u. Fertigwaren 183 253 26,4 29,9 383 363 44,1 393 62,0 44,0 Insgesamt 713 100,0 88,4 100,0 1043 100,0 1123 100,0 140,9 1 ohne ausländische Lastkraftfahrzeuge

Düngemittel 0,1

9,0

19,4

u.NE-Metalle

Steine u. Erden

03

tallabfSlle

Eisen, Stahl

5,8

erzeugnisse 4,1 Eixe u. Me-

Mineralöl-

1,8

11,9

9,1

v.H.

I960

Entwicklung des Verkehrsaufkommens des gewerblichen Güterfernverkehrs 1 nach Hauptgütergruppen 1960 -1984

13

Kohle

Futtermittel 8,5

Nahrungs- u.

Land- u. forstwirtschaftl. Erzeugnisse 6,5

Hauptgütergruppe Mio. t

Tabelle 10:

TabeUcaanhang

363

2,1

6S9,0

77,6

59,9

769,4

9,0

6,9

34 4,4

39 4,9

82 100,0

10,4

39,8

84,1 865,4

33

03

6,1

4,5

100,0

103

03

538,0

8,4

2,4

27,4

13

503

4,8

v.H.

5,2

0 0,0

36,6

42,3

69,0

2 03

71,1

25 3,1

1 03

49 63

0,0

1982 v.H. Mio. t

36 4,6

61 7,7

5463

2,9

7,5

0,0

3,2

4,0

3,8

v.H. Mio. t

1978

Bundesminister für Verkehr (Hrsg.), Verkehr in Zahlen, Bonn, verschiedene Jahrgänge.

ohne grenzüberschreitenden Güternahverkehr und ohne freigestellten Straßengüternahverkehr

Quelle:

1

100,0

5,8

470

5,1

2,4 03

24,7

2,1 03

65,3

0,0

27,4

34,9

33,1

72,6

2,0

7,3

23 03

478,4

15,6

2,3

3,0

2,6

0,0

100,0

1,7 03

71,9

1970 v.H. Mio. t

4,1 03

56,3

0,5

17,9

22,8

19,9

Insgesamt

1 03

Düngemittel

13,6

7,0

1,6 03

3,1

2,6

3,4

2,8

v.H. Mio. t

1965

Chemische Erzeugnisse 15 33 21,4 33 39,2 Fahrzeuge, Maschinen, sonst Halb- und Fertigwaren 28 6,0 35,0 53 44,6

338

13 2,8

1 03

17 3,6 46,4

16,9

22,1

Steine u. Erden

u.NE-Metalle

Mineralölerzeugnisse Erze u. Metallabfälle Eisen, Stahl

4 0,9

17 3,6

Rohes Erdöl

19 4,0

Kohle

18,8

v.H. Mio. t

17 3,6

Mio. t

I960

785

623

0,0

100,0

456

0,0

1984

583

820,0

100,0

4663

56,9

Entwicklung des Verkehrsaufkommens des gewerblichen Güternahverkehrs1 nach Hauptgütergruppen 1960 - 1941

Futtermittel

Nahrungs- u.

Land-u. forstwirtschaftl. Erzeugnisse

Hauptgütergnippe

Tabelle 11:

364 TabeUcnaabang

2 008

1110

- 39,6 1177

- 28,1

nach und von Belgien (DBST)

- 41,8

- 30,8 1 442

- 23,9 1193

1 550

- 22,8 - 35,1

nach und von Italien (DIST)

- 35,9

1528

Differenz Basis zu A in %

1 528

1177

- 35,8

- 23,9 1 370 1 055

- 31,7 - 42,6

1 522

1172

- 24,2

- 36,2

1 214

935

- 39,5 - 49,1

auf DMDifferenz aufBfrsDifferenz auf DMDifferenz auf LireDifferenz Basis zu A in % Basis zu A in % Basis zu A in % Basis zu A in %

1 070

1 390

Differenz auf HFLBasis zu A in %

2 Den Beispielen liegt der jeweilige bilaterale Straßengütertarif, Frachtsatzzeiger der Güterklasse Π, zugrunde. 2 In DM ohne Umsatzsteuer. Die Marge beträgt - 8,5 % im Binnenverkehr und - 23 % im grenzüberschreitenden Verkehr. Quelle: WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 108

Tarifsatz abzügL· erlaubter Marge 1837 Preisstand: 01.11.1983

normaler Tarifsatz

1837

2 008

auf DMDifferenz auf FFDifferenz auf DMBasis zu A in % Basis zu A in %

B. Grenzüberschreitender Verkehr1 nach und von Frankreich (DFST) nach und von den Niederlanden (DNST)

Frachtendisparitäten von nationalem zu grenzüberschreitendem Verkehr für eine 20-tLadung der Ladungsklasse A/B und eine Entfernung von 500 km

A. Binnenverkehr

Tarifsatz abzügL· erlaubter Marge

normaler Tarifsatz

Tarif 2

Tabelle 12:

*

Tabellenanhang 365

13,12

Paris-Hamburg

9,73 7,57

5,67

12,00

11,52

10,97

10,12

7,45

5,83

3,05

8,45

7,80

2,64

3,06

3,86

2,15

2,47

3,82

3,90

- 29,3

3,55

3,72

- 21,4

- 28,8

- 40,5

-16,4

-19,6

- 33,9

- 40,1

Tarifsatz Tarifabzügl. Marge

in %

Preisstand: 01.11.1983 1 Ohne Umsatzsteuer und ohne Berücksichtigung von Wechselkursdisparitäten. Quelle: WILLEKE, Rainer, Zur Liberalisierung der Marktordnung des Straßengüterverkehrs, a.a.O., S. 109.

12,59

12,32

10,63

9,53 7,37

Paris-Hannover 998 km

871km

Paris-München

817 km

Paris-Stuttgart

600 km

Paris-Köln 10,42

578 km

abzügl. Marge satz

Differenz RKT-DFST absolut

Tarif-23% Tarifsatz Marge satz

DFST 231, Kl. Π

11,27 9,68

RKT 241, A/B

Tarif 1 in DM für 100 kg

- 29,6

- 32,3

Tarifsatz

Frachtunterschiede zwischen Deutsch-Französischem Straßengütertarif (DFST) und dem Reichskraftwagentarif (RKT)

Relations- Tarif-8,5% entfernung satz Marge

Tabelle 13:

366 Tabellenanhang

37,9 26,1 15,3 10,2 7,0 8,7 40,8

29,2 19,8 20,3 6,5

35,8

Belgien Niederlande Dänemark Großbritannien Irland Griechenland Spanien

Schweiz Schweden Österreich Norwegen

Insgesamt

37,1

32,8 23,0 21,0 8,8

39,5 26,0 16,0 10,5 9,1 14,8 45,5

68,1 54,1 45,2

38,9

31,3 34,0 22,7 11,8

41,0 26,7 21,7 15,3 14,7 10,6 44,5

66,0 57,9 48,8

1981

37,6

31,1 33,6 22,6 15,5

39,9 25,6 21,4 18,5 16,6 8,3 46,9

62,9 56,0 48,1

1982

1983

36,7

46,1 23,8 25,6 18,5

44,1 30,6 31,3 13,8 16,9 9,8 42,5

50,9 46,5 43,1

37,5

49,5 25,7 28,0 21,4

40,6 54,5 44,7

1982

1983

39,6

39,1

50,7 51,8 33,3 33,3 29,1 31,5 24,9 31,4

45,9 45,4 29,4 29,1 39,4 40,4 18,3 20,4 23,9 25,9 14,0 12,5 45,6 48,8

48,8 55,1 46,5

1981

44,2 29,8 34,1 13,3 16,0 14,7 45,8

49,2 50,4 42,7

1980

Versand aus Empfangsländern

Quelle: Bundesverband des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF) e.V. (Hrsg.), Geschäftsbericht, Frankfurt/M., versch. Jahrgänge.

70,0 50,9 45,2

1980

Empfang aus Versandländern

Deutscher Anteil am grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr der Bundesrepublik Deutschland in v.H. der beforderten Mengen

Luxemburg Frankreich Italien

Land

Tabelle 14:

Tabellenanhang 367

2

1

Straßengüternahverkehr

Ohne grenzüberschreitenden Straßengüternahverkehr und ohne freigestellten Straßengüternahverkehr nach § 4 des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) oder der hierzu erlassenen Freistellungsverordnung. Quelle: Der Bundesminister für Verkehr (Hrsg.), Verkehr in Zahlen 1985, Bonn 1985, S. 184 f.; eigene Berechnungen.

Seit 1980 ohne Transportleistung der im Werkverkehr eingesetzten Lastkraftwagen bis einschl. 41 Nutzlast und Zugmaschinen bis einschl. 40 kW Motorleistung.

1960 1965 1970 1975 1980 1981 1982 1983 1984

Straßengüterfernverkehr

Entwicklung des Verkehrsaufkommens im gewerblichen Güterkraftverkehr und im Werkverkehr 1960 -1984 1 2

Gewerbl. Güterfernverkehr Werkfernverkehr Gewerbl. Güternahverkehr Werknahverkehr VerkehrsEntwicklung VerkehrsEntwicklung VerkehrsEntwicklung VerkehrsEntwicklung aufkommen in v.H. aufkommen in v.H. aufkommen in v.H. aufkommen in v.H. in Mio. t (Basis 1960) in Mio. t (Basis 1960) in Mio. t (Basis 1960) in Mio. t (Basis 1960) 713 100,0 23,5 100,0 470,0 100,0 620,0 100,0 88,4 124,0 34,1 145,1 659,0 140,2 851,0 137,3 104,8 147,0 41,1 174,9 769,0 163,6 1203,0 194,0 112,3 157,5 79,2 337,0 760,0 161,7 1165,0 187,9 140,9 197,6 99,6 423,8 900,0 191,5 1 355,0 218,5 139,1 195,1 100,4 427,2 840,0 178,7 1 260,0 203,2 137,3 192,6 99,9 425,1 785,0 167,0 1170,0 188,7 141,8 198,9 107,7 458,3 800,0 170,2 1195,0 192,7 141,6 198,6 115,5 491,5 820,0 174,5 1220,0 196,8

Tabelle 15:

368 Tabellenanhang

769,0

311,4 46,3

195,7

378,0 89,2

240,0

760,0

99,6

140,9

1975

900,0

79,2

112,3

1970

241,0

315,0 350,1 80,3 84,0

227,3

335,0 71,1

231,7

99,9

137,3

1981

800,0

107,7

141,8

1982

307,5 66,7

221,9

236,5

299,7 319,2 67,1 68,3

223,9

115,5

141,6

1983

820,0

1195,0 1 220,0

785,0

1170,0

840,0

100,4

139,1

1980

1165,0 1 355,0 1 260,0

41,1

104,8

851,0 1 203,0

659,0

34,1

88,4

1965

1984

gesamter binnenländischer perkehr 1691,7 2196,9 2 844,5 2 778,0 3 229,0 3 036,0 2 847,4 2 899,0 2 987,9 2 Ohne ausländische Lastkraftfahrzeuge. Seit 1978 ohne Transportleistung der im Werkverkehr eingesetzen Lastkraftwagen bis einschließlich 41 Nutzlast und ^Zugmaschinen bis einschließlich 40 kW Motorleistung. 4 Ohne grenzüberschreitenden Straßengüternahverkehr und ohne freigestellten Straßengüternahverkehr. Nur Rohöl- und Mineralölproduktenleitungen über 40 km Länge. Quelle: Der Bundesminister für Verkehr (Hrsg.), Verkehr in Zahlen 1985, Bonn 1985, S. 184 f.

Eisenbahnen Rohrfernleitungen

317,1 13,3

172,0

Binnenschiffahrt:

zum Vergleich:

620,0

-Werknahverkehr

23,5

71,3

470,0

-

2

1

I960

Verkehrsaufkommen nach einzelnen betrachteten Verkehrsbereichen - in Mio. t

Güternahverkehr

- gewerblicher

-Werkfernverkehr

Güterfernverkehr

- gewerblicher

Straßengüterverkehr

Tabelle 16:

Tabellenanhang 369

1,4

100,0

100,0

14,2 2,1

8,9

38,7

30,0

1,6

4,0 1,4

3,7

100,0

13,3 3,1

8,5

42,3

27,0

1965

7,5

42,0

27,9

3,1

4,4

1975

7,6

41,5

27,7

3,3

4,6

1980

100,0

100,0

100,0

113 10,8 11,1 2,9 2,6 23 23 23

8,2

41,9

27,4

2,9

4,0

1970

100,0

10,8 23

7,8

41,1

27,6

3,5

4,8

1981

Zu den Anmerkungen vgl. Tabelle 16. Quelle: Der Bundesminister für Verkehr (Hrsg.), Verkehr in Zahlen 1985, Bonn 1985, S. 186 f.

1

Verkehr

gesamter binnenländischer

Eisenbahnen Rohrfernleitungen

18,7 0,8

10,2

Binnenschiffahrt:

zum Vergleich:

27,8

36,6

Güternahverkehr

-Werknahverkehr

- gewerblicher

4,2

Güterfernverkehr

-Werkfernverkehr

- geweiblicher

I960

3,9

4,7

1983 1984

10,7

7,9

100,0 100,0

10,4

7,7

41,2 40,8

27,6 27,5

3,7

4,9

1982

Anteile der betrachteten Verkehrsbereiche am Verkehrsaufkommen (t) - in v.H.1

Straßengüterverkehr

Tabelle 17:

370 Tabellenanag

1 684/ 89,9

1 531/ 90,0

1 477/ 90,3

31/ 1,4 22/

17/ 0,7 16/ 0,9 15/ 0,9 17/ 1,0 17/ 1,1

10/ 0,4

12/ 0,5 10/ 0,5

6-9

10-19

20 - 29

30 und mehr

7/ 0,4

7/ 0,4 6/ 0,4

5/ 0,3 6/ 0,4

6/ 0,4

9/ 0,6

1,2 17/ 1,0 13/ 0,8

6/ 0,4 10/ 0,6

1 432/ 90,5

zusammen 2 274/100,0 1874/100,0 1702/100,0 1635/100,0 1582/100,0 1 Gütermotorschiffe, Tankmotorschiffe, Güterschubleichter einschl. Güter-Schub-Schleppkähne, Tankschubleichter einschl. Tank-Schub-Schleppkähne, Güter- und Tankschleppkähne einschl. Schuten. 2 Abweichungen bei Addition der einzelnen Prozentangaben von 100,0 % ergeben sich aus Auf- oder Abrundungen. Quelle: Unveröffentlichte Angaben des Statistischen Bundesamtes; eigene Berechnungen.

6/ 0,3

1,2 21/

11/ 0,6

11/ 0,5

9/ 0,6

5

6/ 0,4

21/ 0,9 16/ 0,9 10/ 0,6

1,4 22/ 1,3 20/ 1,3

4

1,8 29/ 1,5 23/

41/

112/ 4,9 80/ 4,3 82/ 4,8 75/ 4,6 70/ 4,4

2 019/ 88,8

2 Absolute/relative (in v.H.) Anzahl der Unternehmen in der gewerbl. Binnenschiffahrt 1975 1980 1983 1984 1985

Unternehmen der gewerblichen Binnenschiffahrt nach Anzahl der verfügbaren Gfiterschiffe 1975 -1985

3

2

1

Anzahl der verfügbaren Güterschiffe

Tabelle 18:

Tabellenanhang 371

1983

1984

1985

3 802,0/100,0

3 323,2/100,0

3 050,7/100,0

2 955,6/100,0

2 945,6/100,0

1430,2/ 37,6 1 341,4/ 40,4 1 284,8/ 42,1 1280,3/ 43,3 1 273,8/ 43,2 204,9/ 5,4 157,0/ 4,7 170,4/ 5,6 160,4/ 5,4 153,3/ 5,2 121,8/ 3,2 90,6/ 2,7 71,5/ 2,3 68,1/ 2,3 67,4/ 2,3 853/ 2,2 60,0/ 1,8 44,8/ 1,5 31,4/ 1,1 49,2/ 1,7 59,4/ 1,6 63,4/ 1,9 34,6/ 1,1 61,5/ 2,1 57,8/ 2,0 229,2/ 6,0 147,6/ 4,4 158,6/ 5,2 138,5/ 4,7 103,0/ 3,5 239,4/ 63 277,7/ 8,4 297,3/ 9,7 372,0/ 12,6 346,1/ 11,7 328,6/ 8,6 261,0/ 7,9 257,2/ 8,4 185,V 63 217,7/ 7,4 1103,1/ 29,0 924,5/ 27,8 731,5/ 24,0 6583/ 22,3 677,4/ 23,0

1980

* Vgl. Tabelle 18, Fußnote 1. Die Prozentangaben wurden nicht auf Basis der auf 10001 gerundeten Zahlenwerte berechnet, sondern aus den exakten Zahlenangaben des Statistischen Bundesamtes ermittelt. Abweichungen bei Addition der einzelnen Prozentangaben von 100,0 % ergeben sich dann aus notwendigen Auf- und Abrundungen der so ermittelten Prozentangaben.

zusammen

1 2 3 4 5 6-9 10-19 20 - 29 30 und mehr

1975

Absolute (in 1000 t)/relative (in v.H.) Tragfähigkeit

Tragfähigkeit des Schiffsraums der Unternehmen der gewerblichen Binnenschiffahrt nach Anzahl der verfugbaren Güterschiffe 1975 -1985

Unternehmeo.mit... Güterschiffen in der gewerblichen Binnenschiffahrt

Tabelle 19:

372 Tabellenanhang

Mio. DM

-Umsatz 1969

3 863,9

1 689,9 43,8

1553 59,3

96

619,3 16,0

11,1

29

1,8

6 415

223,5 20,2

12,8

650,6 16,8

642

0,4 15,8 361

16,3 23,4 313,1

25,9

904,1

13,8

3 955

818

256,7 23,2

2 262 14,8

11 0,4 13,2

2112 13,8

292

5,9

312,8 28,3

6 958 45,5

1 504 92,0

1106,7

15 287

661

28,3

(in 1000 t) 2 955,6 1306,9 44,2 343,7 11,6 626,4 21,2 678,7 23,0 -Beschäftigte Anzahl 8 391 4 043 48,2 977 11,6 1 929 23,0 1 442 17,2 -Umsatz 1983 Mio.DM 1825,7 428,9 23,5 282,4 15,5 655,4 35,9 459,1 25,1 Quelle: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Fachserie 8 (H) Verkehr, Reihe 4 (1) Binnenschiffahrt, Stuttgart und Mainz 1971 und 1984.

Tragfähigkeit

Anzahl 1635

Anzahl 2621

-Unternehmen

-Schiffe

30.06.1984

Anzahl

(in 1000 t)

1,1

über 50 000 t v.H. 50 000 t v.H.

Unternehmen mit einer Ladekapazität 2 000100002 000 t v.H. 10 000 t v.H.

Anzahl 2891 2692 93,1 157 5,4 31 Anzahl 5 012 2 891 57,7 Tragfähigkeit

Einheit

Ins- unter gesamt

Die Unternehmensstruktur der gewerblichen Binnenschiffahrt nach Ladekapazitätsgrößenklassen 1970 -1984

-Beschäftigte

-Unternehmen -Schiffe

30.06.1970

Gegenstand der Nachweisung

Tabelle 20:

Tabellenanhang 373

Anzahl Tragfähigkeit

-Schiffe

Quelle:

-Umsatz

Tabelle 20.

Mio. DM

-47,7

-6 896

45,1 +116,1

+37,1

41,9

-383,9

+58,9

-1135

-22,7

-46,3

-44,1

-333

-44,5

-2513

-3,7

-35,4

-55,9

Tabellenanhang -63,5

-225,4 -24,9

-457

-6,5 -5 -45,5

50 0001 v.H.

+146 +46,6

-14,7

-2

v.H.

-24,2

+ 26,4 + 398,7 +155,3

-53,7

-227

-38,9

50 0001

-12,8

über v.H. -61

-275,6

-369

10000v.H. 10 0001

-1188 -1338

-2 915

-43,4

2 000v.H. 2 0001

-908,3 -23,5

-2 391

-1256

unter absolut

+719 + 65,0

Anzahl

(in 1000 t)

Anzahl

-Unternehmen

-Beschäftigte

Gesamt Einheit

- Unternehmen mit einer Ladekapazität -

Die Veränderungen der Unternehmen, der Schiffe und deren Tragfähigkeit, der Beschäftigten und des Umsatzes der gewerblichen Binnenschiffahrt nach Ladekapazitätsgrößenklassen von 1970 bis 1984

Gegenstand der Nachweisung

Tabelle 21:

374

Quelle:

-Umsatz

Anzahl

Tabelle 21.

Mio. DM

-Beschäftigte

Anzahl Tragfähigkeit

- Schiffe

-1256

100,0

42,3

94,6

42,3

' 56,0

16,1

100,0

100,0

100,0

2 0001 v.H.

100,0

-908,3

-6 896

+719

(in 1000 t)

Anzahl

- Unternehmen

absolut

-2 391

Gesamt Einheit

8,2

55,5

30,3 16,5

15,4

4,9

4,8

9,5

2,7

0,2

20,3

36,4

24,8

19,1

0,4

unter 2 0001000010 000 1 50 000 1 50 0001 v.H. v.H. v.H. v.H.

- Unternehmen mit einer Ladekapazität über

Die Anteile der Ladekapazitätsgrößenklassen an der Gesamtveränderung der Unternehmen, der Schiffe und deren Tragfähigkeit und des Umsatzes der gewerblichen Binnenschiffahrt zwischen 1970 und 1984

Gegenstand der Nachweisung

Tabelle 22:

Tabcllcaanhaag 375

Partikulierschiffe

39,2 39,3 45,5 36,6 36,2 36,0 35,5 35,2

3 264 43,1 2758 892 58,0 478 6,3 135 960 2,9 3 345 43,8 2 910 651 58,2 315 4,1 110197 2,2 2 701 37,7 2 421554 51,4 396 5,5 145 946 3,1 2 577 44,4 2 611075 58,4 478 8,2 222950 5,0 2 293 46,1 2547 174 59,3 368 7,4 192162 4,5 1 781 43,7 2 224452 58,7 391 9,6 203298 5,4 1 491 43,7 1 991467 58,2 371 10,9 214 672 6,3 1 432 44,4 1 918 709 58,2 362 11,2 215 714 6,5

Güterschiffe mit und ohne eigene Antriebskraft, einschließlich Schubleichter und Schubkähne ohne Schuten und Leichter und ohne behördeneigene Schiffe, die nicht der Binnenschiffahrt dienen.

50,6 1 863136 52,0 1 980363 56,8 2142178 47,4 1 637951 46,5 1 556 795 46,7 1 363 339 45,4 1 216359 44,3 1161044

in t v.H. 78191 2,6

Werkschiffe

Ab 1.1.1961 einschließlich Saarland und ab 1.1.1965 einschließlich Berlin. Quelle: Bundesminister für Verkehr, Abt. Binnenschiffahrt (Hrsg.), Deutsche Binnenschiffahrt, Heft 2: Diagramme und Tabellen, O.O., versch. Jahrgänge; Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Fachserie 8 Verkehr, Reihe 4 Binnenschiffahrt, Stuttgart und Mainz, versch. Jahrgänge; eigene Berechnungen.

2

1

01.01.1960 3 834 01.01.1964 3 970 01.01.1968 4 075 01.01.1972 2 749 01.01.1976 2 316 31.12.1979 1 906 31.12.1983 1 549 31.12.1984 1 428

Tragfähigkeit v.H. in t v.H. Anzahl v.H. 43,1 1692 138 56,9 288 5,8

Reedereischiffe

Entwicklung der Eigentumsverhältnisse des Gesamtfrachtraumes 1 im Zeitablauf

Tragfähigkeit Tragfähigkeit Anzahl v.H. in t v.H. Anzahl 01.01.1950 2 551 51,2 1 203165 40,5 2147

2 Stand

Tabelle 23:

376 Tabellenanhang

Tabellenanhang

Tabelle 24:

377

Die Anteile der m größten Unternehmen der deutschen Binnenschiffahrt am Gesamtfrachtraum im Jahre 1979

die m größten... Unternehmen

Frachtraum 1.1.1979 1000 t

I. Eigener Frachtraum

v.H.

8

5 10 15

658,3 948,1 1153,1

19,8 28,5 34,6

1054,6 1 525,3 1850,1

31,7 45,8 55,6

1 274,6 1 854,5 2 242,7 2 535,2

38,3 55,7 67,4 76,2

3 328,1

100,0

II. Verfügbarer Frachtraum A^ 5 10 15 III. Verfügbarer Frachtraum B c 5 10 15 20 IV. Gesamt** g

eigener Frachtraum rechtlich selbständiger Unternehmen b

eigener Frachtraum und Hauspartikuliere rechtlich selbständiger Unternehmen

c

eigener Frachtraum und Hauspartikuliere von Unternehmensverbindungen und Partikulieizusammenschlüssen

^ Gesamttonnage der gewerblichen Binnenschiffahrt nach der Unternehmensstatistik für den 30.6.1979 Quelle:

SCHLENKERMANN, Heinz-Gert, Die Konzentration in der Binnenschiffahrt - Ursachen und Entwicklungen, Beiträge aus dem Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität Münster, hrsg. von H. St. SEIDENFUS, Heft 97, Göttingen 1982, S. 74.

(Gûterschiffahrt):

2274

2008

1977

1947

1978

1874

1979

1839

1980

1783

1981

41,5

44,0

41,5

43,3

41,5

43,3

42,5

44,3

40,8

42,6

40,4

42,1

39,8

41,4

40,3

686

41,9

37,9

619

Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Wirtschaft und Statistik, Mainz und Stuttgart, versch. Jahrgange; unveröffentlichte Angaben des Statistischen Bundesamtes (vgl. Tabelle 18); eigene Berechnungen.

42,0

Anteil der Hauspartikuliere an allen Partikulierunternehmen in v.H.:

1983

1702 1635

1982

1984

39,3

Tabellenaang

Quelle:

2082

1976

2172 2 050 1 995 1 925 1 869 1 793 1 763 1 713 1 636 1 574 901 863 834 828 764 743 710

2146

Anteil der Hauspartikuliere an allen Unternehmen der geweiblichen Binnenschiffahrt (Gûterschiffahrt) in v.H.: 39,7

Partikulierunternehmen (1-3 Güterschiffe): Hauspartikuliere: 902

1975

Entwicklung des Anteils der Hauspartikuliere an allen gewerblichen Binnenschiffahrtsunternehmen (Gûterschiffahrt) und an allen Partikulierunternehmen 1975 -1984

Unternehmen der gewerblichen Binnenschiffahrt

Tabelle 25:

378

379

Tabellenanhang

Tabelle 26:

Jahr 19511964 1965 1966 1967 1968

Abwrackungen und Neubauten der deutschen Binnenschiffahrt 1951 -1984

Abwrackungen Tragfähigkeit Anzahl int

Neubauten Tragfähigkeit Anzahl int

463

179280

1631

1450 242

44 48

22841 21447

58 44

97 79

68745 51160

11 30

54 853 60108 11950 44 843

1969

352

174773

55

83429

1970 1971

484

228 663

76

116895

586 402

246988 197257 144 694

158 351 175

244521 353407

99096 111684

60614 43719

1972 1973

235

197958

1974 1975 1976 1977

166 160 180 174

123118 116493

41 25 28 21

1978

153

100701

22

44 422

1979

158

97234

28

55561

1980 1981 1982 1983 1984

164 108 90 122 187

84 285 62 034 63 723 88 905 113 627

32 27 19 16 14

59247

Zus.

4452

2396748

2862

3109830

Quelle:

58508 31567

41387 38 809 31781 26 009

Bundesminister fur Verkehr, Abt. Binnenschiffahrt (Hrsg.), Deutsche Binnenschiffahrt 1977, Heft 2: Diagramme und Tabellen, o.0.1978, S. 10 und S. 13; Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Fachserie 8 Verkehr, Reihe 4 Binnenschiffahrt, Stuttgart und Mainz, versch. Jahrgänge; eigene Berechnungen.

I960

37,6

493

93

23 5,7

28,1

3,1

28,6

53

30,9

173

6,5

66,5

14,4

3,8

03

2,6

87,5

143

15,4

363

63

37,5

403

0,7

4,1 203

93

5,0

33,0

6,1

383

443

6,1

75,0

14,5

16,9

19,5

Quelle:

Der Bundesminister für Verkehr (Hrsg.), Verkehr in Zahlen 1985, Bonn 1985, S. 198 ff.

Transport sowohl mit Schiffen der Bundesrepublik Deutschland als auch mit ausländischen Schiffen.

3,4 100,0

53

7,0

65,5

13,4

17,1

17,9

13 33 100,0

113

13 3,0 231,7

3,0

303

63

39,6

41,4

Sfi

5,6 233

100,0

63

65,4

13,5

16,1

183

123

133

13 221,9

3,0

293

6,0

35,7

41,7

11,0

v.H.

2,9 73

Mio.t

223,9

153

53

v.H.

26,4

100,0

6,5

65,0

15,0

15,1

19,7

12,4

293

6,0

33,8

443

10,6

3,1

Mio. t

2363

273

63

40,8

43,4

11,2

100,0

173

18,4

Tabellenanhang

1

53

69,9

14,7

173

123

31,1

6,0

41,7

18,6

03

12,9

3,0 6,5

v.H.

24,4

Mio.t

23 6,6

10,7

03 0,4

2,7 63

03 0,5

5,5

6,6

v.H.

24,7

Mio.t

12,8

2,5

10,0

44,9

5,4

v.H.

1984

23 5,9

03 0,6

24,0

23 5,4 23 5,4

74,9

133

15,6

16,8

12,9

3,4

Mio.t

1983

03 0,7 03 0,6

9,4

7,8

v.H.

1982

Mio.t '

1981

3,8

10,3

v.H.

2,9

24,6

15,1

6,9

9,1

Mio. t

1975 1980

33 63

34,0

5,8

30,1

29,5

13 13

2,9

113

18,0

10,1

2,0 23

21,9

7,4

v.H.

1970

Chemische Eizeugnisse 4,6 2,7 6,6 3,4 10,1 43 10,1 4,4 123 5,1 Fahrzeuge, Maschinen, sonst Halb- u. Fertigwaren 13 0,9 13 03 1,7 0,7 2,0 0,9 3,6 13 3,7 1,6 Insgesamt 172,0 100,0 195,7 100,0 240,0 100,0 2273 100,0 241,0

Düngemittel 5,4

Erden

Steine u.

NE-Metalle

Eisen, Stahl u.

tallabfSlle

Erze u. Me-

erzeugnisse

Mineralöl-

Rohes Erdöl 3,5

Kohle

Futtermittel 4,8

Nahrung?- u.

Mio. t

1965

Entwicklung des Verkehrsaufkommens der Binnenschiffahrt 1 nach Hauptgûtergruppen 1960 - 1984

Hauptgütergruppe Mio. t v.H. Land·und forstwirtschaftliche Erzeugnisse 8,0 4,7

Tabelle 27:

380

Tabllnanhang Tabelle 28:

381

Gegenüberstellung von M a r k t - und Tariffrachten des Jahres 1984 ab oberrheinischen Verladestationen

nach

verschiedenen

Empfangssta-

tionen I

II

III

IV

7,09 9,00 10,88

4,61 5,96 7,30

Bingen

7,45

4,85

3,60 5,00 6,50 3,60

1,01 0,96 0,80 1,25

Koblenz

8,23 9,07

5,35

4,00

1,35

5,90

4,50

1,40

9,88 10,65 11,83

6,42 6,92

4,50 5,00 5,50 5,50

1,92 1,92 2,91

Empfangsstation Mainz Frankfurt Heilbronn

Köln / Duisburg W