Historisierung der Historik: Jörn Rüsen zum 80. Geburtstag [1 ed.] 9783412504090, 9783412504076


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German Pages [273] Year 2018

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Historisierung der Historik: Jörn Rüsen zum 80. Geburtstag [1 ed.]
 9783412504090, 9783412504076

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Beiträge zur Geschichtskultur begründet von Jörn Rüsen herausgegeben von Stefan Berger, Angelika Epple, Thomas Sandkühler, Holger Thünemann und Markus Ventzke Band 39

Thomas Sandkühler / Horst Walter Blanke (Hg.)

Historisierung der Historik Jörn Rüsen zum 80. Geburtstag

BÖHLAU VERLAG WIEN · KÖLN · WEIMAR

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

© 2018 by Böhlau Verlag GmbH & Cie. Lindenstraße 14, D-50674 Köln Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: © Peanuts Worldwide LLC /Distr. Andrews McMeel Syndicate /Distr. Bulls Wissenschaftlicher Satz: satz&sonders GmbH, Dülmen Einbandgestaltung: Michael Haderer, Wien

Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-50409-0

Inhalt Vorwort

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Horst Walter Blanke /Andreas Pigulla The Unity of Mankind and the Others. Cultural Entities and Differences in German Enlightenment Historiography . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Friedrich Jaeger Geschichte der Öffentlichkeit. Der Wandel öffentlicher Kommunikation in amerikanischen Zeitungen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . .

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Angelika Epple Nach dem postcolonial turn. Paul Boghossian und die „Angst vor der Wahrheit“ . . . . . . . . . . . . .

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Hans-Jürgen Lüsebrink Facts and Fictions. Zur (Neu-)Perspektivierung eines Problemfeldes der Literatur- und Geschichtswissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Thomas Sandkühler Jörn Rüsens „disziplinäre Matrix“. Ein Beitrag zur Wissensgeschichte der Historik . . . . . . . . . . . . . . . .

87

Holger Thünemann Geschichtskultur revisited. Versuch einer Bilanz nach drei Jahrzehnten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Wulf Kansteiner Argumentation, Beschreibung und Erzählung in der wissenschaftlichen Historiographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Michaela Maria Hänke Mehr Licht. Ein Lehrer virtuoser Interkulturalität

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Die Beiträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

Vorwort

Jörn Rüsen, einer der wichtigsten Historiker der Bundesrepublik Deutschland, begeht im Oktober 2018 seinen 80. Geburtstag. Sein ganzes bisheriges akademisches Leben war durch die Arbeit an dem bestimmt, was Rüsen zu Beginn seiner Laufbahn zu erneuern angetreten war: die Historik als Inbegriff der Theorie und der Methode der Geschichtswissenschaft. Sie zieht sich wie ein roter Faden durch Rüsens weitergespanntes Œuvre, das im vorliegenden Band durch ein vollständiges Schriftenverzeichnis dokumentiert wird. Als Friedrich Jaeger und wir vor nunmehr zwei Jahrzehnten die erste Festschrift für Jörn Rüsen zusammenstellten, galt das Interesse von Herausgebern und Beiträgern den Dimensionen der Historik. Geschichtstheorie, Wissenschaftsgeschichte und Geschichtskultur waren gleichgewichtig in den zahlreichen Aufsätzen vertreten, die Freunde, Kollegen und Schüler Rüsen zu seinem 60. Geburtstag 1998 zueigneten. Die zweite (oder richtiger: die dritte) Festschrift führte auf eine Tagung im Essener Kulturwissenschaftlichen Institut zurück, die 2008 den 200. Geburtstag von Johann G. Droysens „Historik“ mit der Feier von Jörn Rüsens 70. Geburtstag verband. Aus dieser Tagung ging ein von Horst Walter Blanke herausgegebener Band Historie und Historik hervor. Beide bisher erwähnten Festschriften beinhalteten Schriftenverzeichnisse. Sie werden durch das Verzeichnis von Rüsens Arbeiten im vorliegenden Band erweitert und ersetzt. Bis zum vergangenen Jahr hat der Jubilar mehr als 800 Aufsatz- und Buchpublikationen vorgelegt, darunter zahlreiche Übersetzungen in westliche, osteuropäische und asiatische Sprachen. Die wissenschaftliche Produktivität Rüsens ist beeindruckend. Der Strom seiner Publikationen wird, wenn nicht alles täuscht, weiter fließen, vielleicht aber etwas schmaler werden nach so vielen Jahren. Eine kulturanthropologische Fragestellung stand im Mittelpunkt der Feier von Jörn Rüsens 65. Geburtstag 2003. Friedrich Jaeger und Jürgen Straub führten zu Ehren Rüsens eine Tagung am Kulturwissenschaftlichen Institut durch, aus der zwei Jahre später ein Buch mit dem Titel Was ist der Mensch? hervorging. Anlässlich der Feier von Rüsens Goldenem Doktorjubiläum 2016 gab Holger Thünemann zusammen mit drei Kollegen einen Aufsatzband Begriffene Geschichte – Geschichte begreifen heraus, der dem Geehrten im Rahmen einer von den Herausgebern ausgerichteten Tagung an der Universität zu Köln überreicht wurde.

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Vorwort

Der Vollständigkeit halber sei auf die Zeitschrift Erwägen – Wissen – Ethik hingewiesen, die das Heft 4 ihres 22. Jahrgangs 2011 Rüsens Historik widmete. In dieser Publikation setzten sich rund fünfzig Beiträger kritisch mit Rüsens Theorien auseinander. Der 80. Geburtstag des Jubilars lädt nunmehr dazu ein, Rüsens Historik durch einen Blick zurück nach vorn zu historisieren. In der vorliegenden Festschrift nehmen akademische Schüler, Weggefährten, Kolleginnen und Kollegen Stellung zu seinem Werk: zu Schlüsselbegriffen und Kategorien seiner Historik, zu Rüsens Wirken als Historiker und Hochschullehrer, zu notwendigen Erweiterungen seiner Arbeit an den Grundlagen dessen, was die Gegenwart forschend und selbstreflexiv aus der Vergangenheit lernen kann und lernen soll. Die Festschrift zu seinem 80. Geburtstag möchte Jörn Rüsen auch als Gründer der Schriftenreihe „Beiträge zur Geschichtskultur“ im Böhlau Verlag würdigen, in dem bereits die Bücher anlässlich seines 60. und 70. Geburtstags erschienen sind. Rüsen hat sich inzwischen aus dem operativen Herausgebergeschäft zurückgezogen und es einer jüngeren Gruppe von Kolleginnen und Kollegen übergeben: Stefan Berger, Angelika Epple, Thomas Sandkühler, Holger Thünemann und Markus Ventzke. Das erste Buch, das dieses neue Team auf den Weg bringt, ist Band 39 der Schriftenreihe: die vorliegende Festschrift. Die Historisierung der Historik vereint also Retrospektiven und Neubeginn im Blick auf das reiche wissenschaftliche und editorische Schaffen des Reihengründers. Jörn Rüsen hat aus seinem Faible für gute Trivialliteratur nie einen Hehl gemacht: Comics wie Umpah Pah und historische Romane wie Angélique fanden in ihm stets einen geneigten Leser. Aber die wohl herausragende literarische Genregestalt ist für ihn Charlie Brown, der kleine Philosoph des Alltäglichen aus Charles M. Schulz' Cartoon Peanuts. Rüsen hat Charlies paradoxe Hoffnung, das Gestern möge besser werden, als Motto verwendet. Ernst Schulin, Rüsens langjähriger Mitstreiter in der Buchserie Geschichtsdiskurs, hat diesem Motto einen Aufsatz in der Festschrift zu Rüsens 60. Geburtstag gewidmet. Rüsen hat schließlich sogar ein Buch über die Frage Kann gestern besser werden? geschrieben. Insofern war die Idee Angelika Epples ebenso naheliegend wie brillant, die Festschrift zu Rüsens 80. Geburtstag mit ebendiesem Cartoon zu personalisieren. Das war allerdings leichter gesagt als getan. Denn es stellte sich heraus, dass die Inhaber der Rechte an den Peanuts deren Verwendung als Bucheinband bisher noch stets untersagt haben. Wir freuen uns daher umso mehr, dass das weltweit erste Buch, das Charlie Brown als Cover verwenden darf – man glaubt es gar nicht! – die Historisierung der Historik ist. Sie gibt, so hoffen und wünschen wir, der Hoffnung auf Fortschritt im Umgang mit dem Gestern einen schönen Ausdruck.

Vorwort

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Wir möchten abschließend Dank sagen: dem Böhlau Verlag, der diese Festschrift in dankbarer Erinnerung an zahlreiche Bände der Beiträge zur Geschichtskultur großzügig unterstützt hat, der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, die die Drucklegung durch ihren Zuschuss ermöglicht hat, und zwei mit Rüsen eng verbundenen Essener Institutionen, dem Kulturwissenschaftlichen Institut und dem RuhrMuseum, für ihre Mitwirkung an der Mittelbeschaffung für diese Festschrift und die Ausrichtung der Feier von Jörn Rüsens 80. Geburtstag. Ein besonderer Dank geht an Raegan Carmona von der Andrews McMeel Syndication und Saskia Baumgart von Bulls Press. Sie fanden wie wir, Jörn Rüsen habe Charlie Browns Qualitäten als Geschichtsdenker so umfassend gewürdigt, dass Charlie nunmehr auch etwas für ihn tun könne. Ita est ergo ita sit. Berlin, Hattingen im Juni 2018

Th. S., H. W. B

Horst Walter Blanke/Andreas Pigulla

The Unity of Mankind and the Others Cultural Entities and Differences in German Enlightenment Historiography

1. Introduction: ‚Mankind` as a Category – China as an Entity – and Chinese Enlightenment in Germany 1.1 Preliminary Note: The Basis of our ‚General History` This article 1 focuses on the conceptions of ‚Mankind` and ‚Universal History` in the historiography of European Enlightenment, especially in the English Universal History (1736 ff.) and its German translation (1744 ff.). For a more complete article the history of categorical terms like ‚humankind` (Menschheit) and related terms would be needed. 2 Apart from Johann Christoph Gatterer (1727–1799) and August Ludwig Schlözer (1735–1809), there are also more important texts on universal history and the history of mankind – for instance by Christoph Meiners (1747–1810), Johann Christoph Adelung (1734–1806), Isaak Iselin (1728–1782) and others – that have to be considered. 3 The different cutbacks of the Universal History and its translations have to be regarded, too. The problems are not thought over in every respect; there is still more work to be done.

1 Some of the literature is cited by abbreviations. UH: cf. fn. 9; UH, MP: cf. fn. 14; Uebersetzung: cf. fn. 51; Zusätze: see fn. 5. 2 Good surveys are given by Hans Erich Bödeker: Menschheit, Menschengeschlecht, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Vol. 5, ed. Joachim Ritter /Karlfried Gründer. Basel /Stuttgart 1980, pp. 1127–1137; id.: Menschheit, Humanität, Humanismus, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Vol. 3, ed. Otto Brunner et al. Stuttgart 1982, pp. 1063–1128. 3 The article by Michael Harbsmeier gives a good survey on text samples: World Histories Before Domestication. The Writing of Universal Histories, Histories of Mankind and World Histories in Late Eighteenth Century Germany, in: Culture and History 5 (1989), pp. 93–131.

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Horst Walter Blanke /Andreas Pigulla

1.2 The conception of this paper Our paper deals with different works written during Enlightenment. We will argue on two different but mutually supplementary levels: on (2) works on universal history during the second part of the eighteenth century, namely on (a) the English „An Universal History“ and (b) its German translation, and on works by (c) Gatterer; 4 on the German „General History of Travels“ (Allgemeine Historie der Reisen), a work that we are researching in another regard concerning this very project. 5 A summary (3) concludes this paper.

1.3 The Leading Matter in Question: China as a ‚Category` The focus will be on the treatment of Chinese culture and history in these works. 6 A special interest lies in the question of the integration of Chinese history into specific European conceptions of history. Especially the surfacing of information concerning on Chinese history marks the process of transformation of historical thinking that occurred in the late Enlightenment. Information on Chinese history and culture in a peculiar way offered possibilities of orientation, because one advanced culture was compared to another for the European reader. The problem of structuring and getting acquainted with information on foreign and alien cultures comes forward in an extraordinarily specific way in works on universal history – and in the above-mentioned history of travels as well. 7 Our leading question is twofold: As already mentioned, China's integration into the European concept of history shall be examined. Our second investigation is directed towards the specific evaluations related to China.

4 August Ludwig Schlözer: Vorstellung seiner Universalhistorie (1772/73). Mit Beilagen, ed. Horst Walter Blanke. Waltrop 1997. 5 A comprehensive study on the Allgemeine Historie der Reisen is in preparation. It will contain a full bibliographical documentation of the 400 chapters of that work. 6 Andreas Pigulla: Zur Chinarezeption in der europäischen Aufklärungshistoriographie, in: Bochumer Jahrbuch für Ostasienforschung 10 (1987), pp. 259–323; id.: China in der deutschen Weltgeschichtsschreibung vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Wiesbaden 1996, esp. pp. 65–154; id.: Wandel und Resistenz des europäischen Geschichtsbildes unter dem Eindruck chinesischer Historiographie im 17. und 18. Jahrhundert, in: Geschichtsbilder und Gründungsmythen, ed. Hans-Joachim Gehrke. Würzburg 2001, pp. 179–208. 7 Cf. Horst WaIter Blanke: Politische Herrschaft und soziale Ungleichheit im Spiegel des Anderen. Untersuchungen zu den deutschsprachigen Reisebeschreibungen vornehmlich im ZeitaIter der Aufklärung. 2 Vols. Waltrop 1997.

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2. Works of Universal History 2.1 An Universal History The English „An Universal History“ is the work of an anonymous collective of English scholars; it was published in 66 volumes during the thirty years from 1736 to 1766. The first edition contained seven volumes 8; originally there were no chapters or sections on Chinese history. The second edition of the first part (later called: „Antient Part“) was published in 20 volumes in the years 1747 and 1748; a volume containing the index and statistical tables was published as volume 21 in 1754. 9 The publication was a great financial success. 10 The collective was not homogenous but consisted of persons of diverse backgrounds and ranks. Each author was responsible for the individual part of the historiography that he had written. Originally, the whole work should have been revised by the collective, but this plan could not be realized. The authors included a man by the name of George Psalmanazar (1679–1763), the pseudonym of a well-known adventurer and writer of (fictive) travelogues who purported some Asiatic connections, the translator of the Muslim Koran George Sale (1679–1736), John Campbel (1703– 1775), a lawyer and author of several political, historical and geographiceconomical writings, and John Swinton (1703–1777), an Anglican clergyman. Swinton is considered the author of the history of China in the „Universal History“. 11 The „Universal History“ is indeed the first work that calls a spade a spade. 12 Chinese history on one hand and the description of China's cultural achievements on the other were referred to an elaborated conception of European historiography for the first time, however in a peculiar way. The first 20 volumes of the English original of „An Universal History“

8 An Universal History. From the earliest Account of Time. 7 Vols. London 1736–44. The integration of Chinese history was reached by „Additions“, published in 1750. 9 An Universal History. From the earliest Account of Time. Compiled from the Original Authors; and Illustrated with Maps, Cuts. fn.s. &c. With a general Index to the Whole. 21 Vols. London 1747–54 [henceforth cited as: UH]. – On the UH see Franz BorkenauPollak: An universal history of the world from the earliest account of times etc. 1736 ff., Diss. Leipzig 1925. 10 On the history of publishing the UH see Guido Abbatista: The Business of Paternoster Row. Towards a Publishing History of the Universal History (1736–65), in: Publishing History 17 (1985), pp. 5–50, and Guiseppe Ricuperati: Universal History. Storia di un progetto europeo. Impostori, storici ed editori nella Ancient Part, in: Studi Settencenteschi 2 (1981), pp. 7–90. 11 Cf. Borkenau-Pollak 1925 (fn. 9), esp. p. 186. 12 Cf. Eduard Fueter: Geschichte der neueren Historiographie. Munich /Berlin 1911, 2nd ed. 1925, third ed. 1936 (reprint: New York /London 1968), p. 358.

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consist in the „Antient Part“. Only in the last volume of this series Chinese history is reported as somewhat like a supplement: in chapter 23 on altogether 49 pages; it ends with the first of the dynasties, namely the Xia dynasty (Hya) 13. Ending there made sense because the subject of this book should be antiquity. Conventionally the subjects of ancient history had been the history of the Mediterranean high cultures and the twocurrent country between Euphrates and Tigris. This history is the history of nations mentioned in the bible and of the European (namely Greek and Roman) tradition, i. e. the history of oriental and classical antiquity. The integration of Chinese history documents the esteem of Chinese culture. Although the text itself remains unsatisfactory – it deals mainly with problems of chronology and gives only few information on the political, social and cultural history of China –, simply its integration indicates a change in appreciation. In volume 8 of the „Modern Part“ (that was published between 1759 and 1766 in 44 volumes) the history of „The Empire of China“ is presented on 521 pages; it is the first detailed narrative in the context of a European universal history; 14 and, regarding its size, this description of Chinese culture and history was exceeded only by two Jesuit works. 15 Both versions – the one of 1748 and the other of 1759 – have in common the division into two parts: a rather systematic and a chronological one. The systematic part is orientated towards contemporary criteria of arrangement and classification. 16 The hidden or explicit evaluations were not uniform: on the one 13 UH, Vol. 20 (1748), pp. 109–157. This chapter was translated into German; Zusätze, Vol. 4 (1759), pp. 223–274. – The existence of the Xia dynasty has been discussed lately; it has been identified with the Erlitou culture (trad. 2205-1766 D. C.). See Robert L. Thorp: Erlitou and the Search for the Xia, in: Early China 16 (1991), pp. 1– 38. 14 An Universal History ... Modern Part. 44 Vols. London 1759–1766 [henceforth cited as: UH, MP], here: Vol. 8 (1759), pp. 1–520. 15 Cf. Jean Baptiste Du Halde: Description geographique, historique, chronologique, politique. et physique de l'empire de la Chine et de la Tartarie Chinoise ..., 4 Vols. Paris 1736; German translation: Ausführliche Beschreibung des Chinesischen Reichs und der grossen Tartarey, 4 Vols. Rostock 1747–1749. 16 Section I of the Antient Part (pp. 109–135) deals with: The Antiquity. Government, Laws. Religion. Customs, Language. Arts, Sciences, and Disposition of the antient Chinese. and Section II (pp. 135–157) with: The History of the Chinese, from their Origin, to the Commencement of the first Dynasty called Hya. – The system of the Modern Part is more elaborated; it is divided into 9 respectively 10 sections: 0 (pp. 1– 15): A general View of the Chinese Empire; I (pp. 15–99): A topological Description of the Fifteen Provinces of China; II (pp. 100–139): Of the antient Religion, and new Sects. among the Chinese; III. Of the Government, Laws, Politics. &c. of the Chinese (pp. 139–79); IV (pp. 179–214): Of the Learning. Arts, Sciences. Language, &c. of the Chinese; V (pp. 215–248): Of the Agriculture. Silk Manufacture, China-ware, Japan. Varnish, and other inferior Arts, of the Chinese; VI (pp. 249–304): Of the Character, Genius. Manners, Customs, Marriages, Burials, Feasts, and Festivals, of the Chinese;

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hand China is reported as being a rich land with an excellent system of government; 17 on the other hand it is supposed to be quite degenerated – this is presented as the cause of Chinese calamity through foreign rule. 18 The traditional Chinese conception of history is characterised by a cyclic structure. The author of the „Universal History“, probably Swinton, by adopting this Chinese tradition took the opportunity to present some positive attributes of Chinese culture but did not query the superiority of his own cultural entity. He did so by describing contemporary China as a flourishing country, while the younger Chinese history seemed to be marked by decline and decay: „But, abating this overgrown conceit of themselves, of which they were soon cured, after they became more conversant with the Europeans, it must be owned, that they were once endowed with many shining qualities, though they have far degenerated from them of late; that they must have been a wise, prudent, and politic nation; that they had true and just ideas of government; that their fundamental laws were excellently well calculated for the public good; and that the people were no less endowed with a sincere regard for, and a natural disposition to observe, them.“ 19

In this reception of Chinese conceptions of conjunctures and courses of time the author offered his readers a mirror in which they could recognize their own European history as being marked by progress and, at the same time, the superiority of their own culture, which is this the starting point and result of the argumentation. In the „Universal History“ the integration of Chinese history was not a conceptual but a rather practical problem. The integration itself into a wider geographical horizon did not require a more detailed argumentation because the enclosure of the whole known history of mankind is presented as a part of the aspect of summing up the traces of a bulk of experiences of the past. A big problem was however presented by the long duration of Chinese history – a genuine problem because this age collided with the biblical reports. The authors of the „Universal History“ did not have a satisfactory tool for source criticism. As a result, they were not able to turn these with an Account of the natural and artificial Rarities of that Country; VII (pp. 304– 320): Of some remarkable Diseases which reign among the Chinese, and their Manner of curing them, their boasted Skill in Pulses. Phlebotomy. Cupping, Cauterising. Inoculating, and treating the Small-pox, and Method of Extracting of the Camphire, from the Tree of that Name; VIII (pp. 320–369): Of the Origin, Antiquity, and Chronology, of the Chinese Nation; IX (pp. 369–520): The Reigns of the Chinese Monarchs, from the Foundation of their First Dynasty, down to the Birth of Christ. 17 UH, MP, Vol. 8 (1759), p. 14. 18 ibid., p. 15. 19 ibid., p. 249.

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quite different and heterogeneous sources into a homogenous and consistent historiographical narrative. So, questions of chronology as well as the different estimations of the quality of Chinese cultural achievements and its social structures are parts of the narrative, even in their mood of contradiction. The authors of the „Universal History“ interpreted this peculiarity as an opportunity for the reader: „The peruser therefore sees the authorities on which every account is founded; is made acquainted with the books that have been consulted; and, if he is disposed to make himself more completely master of any particular history, or is led to inquire minutely into the circumstances attending any remarkable event, he is directed where the necessary information may be found. In this light, it is an universal index of authentic histories.“ 20

But the authors did not content themselves with collecting their heterogeneous information accurately and diligently; rather they compared the various sources of information scrupulously. 21 The narrative is presented as one of many possible versions. Politics, religion and sciences were the themes of the „Universal History“. They should tell how the empires of ancient times were detached from other nations. The rise and decline of peoples and nations results in the superiority of European nations over all others. Only by this aim the „Universal History“ really became a universal history. 22 And above this the „Universal History“ would and should be a „Universal Index“ and a „Universal Library“, because necessary bibliographical information was given to the reader. 23 The realisation of these aims was however achieved only partly. The description of Chinese history consists of two parts: first a systematic ethnographic part and secondly a part narrating the history of the Chinese dynasties. The emancipation from traditional chronological conventions occurred only step by step in the „Universal History“; and, even more important, it remained heterogeneous: For instance, the originally free-thinking enterprise of the first edition was in the second edition, 20 Proposals for Publishing the Modern Part of the Universal History. Compiled from Original Writers, by the Authors of the Antient. Which will perfect the Work, and render it a Complete Body of History from the Earliest Account of Time, to the Present. London 1758, p. 15. 21 On their practice cf. ibid, p. 15, with much self-assurance: The „Universal History“ „is drawn from the best histories of every nation extant, carefully collected, and diligently compared.“ 22 ibid., pp. 15 sq.: „That by the revival of Science, in the western world, these have been tempered and civilized, which has given the Europeans a superiority to all, and the command over many nations, in the other parts of the globe.“ 23 ibid.

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by intervention of the Church, forced to return to the assumption of the Mosaic chronology. 24 (This brought about a rise in sold copies by one third. 25) In the historical reports on particular peoples the single-tracked conception of chronology is broken through: by the integration of Chinese history. 26 The first chapter deals with „The Introduction, containing The Cosmogony, or Creation of the World“ 27 according to the biblical account. In some places reference is made to the Chinese conception of the origins and genesis of the world in general and the Chinese people in particular, 28 but these are only marginal. The „Universal History“ reports on peculiarities of the foreign peoples, whereas the authors were prepared to acknowledge their partial superiority. This is, for instance, the case in a section on the Chinese medical achievements that were superior to European ones 29, or on consumer goods like tea which were dedicated short chapters due to the English tea culture. 30 To elucidate the cultural differences between China and Europe the „Universal History“ describes funeral customs, each from the perspective of the other: The European practice of post-mortem examinations and charnel-houses were „an unheard-of cruelty“ for the Chinese, whereas the Chinese rituals and funeral habits seemed „too formal and regular“ to Europeans. 31 In this way, the „Universal History“ sharpens the view for cultural otherness. The Universal History is characterized by a lack of conceptual coherence; it is a poly-historical collection of the individual histories of different peoples in different time-spans. It aims to report the most significant facts; it compiles the existing information in an easily accessible manner, each people by itself, externally standardized. Apart from the calamity with the chronology the picture of Chinese culture and history is varicolored and instructive. It brings into sharper focus that China was „the noblest and largest monarchy hitherto discovered.“ 32 The reports on population sizes of the Chinese empire seemed

24 In its first edition the Universal History referred to the Samaritanian chronology, in the second edition to the Hebrew according to Ussher. 25 Borkenau-Pollak 1925 (fn. 9), p. 6. 26 Cf. UH, Vol. 20 (1748), pp. 109–157. 27 UH, Vol. 1 (1747), pp. 1–107. 28 ibid., pp. 49–51 and 70 sq. 29 UH, MP, Vol. 8 (1759), pp. 304–316. 30 ibid., pp. 226–234. 31 ibid., pp. 261–266, esp. 265. 32 ibid., p. 2.

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almost unbelievable 33, but they were reported accurately and not doubted. The account dealt with many peculiarities and achievements, such as the producing of silk 34; of porcelain 35, and of paper. 36 Many curiosities were described, for instance the Porcelain Tower of Nanjing. 37 The Chinese skill of navigation and the technique of ship-building were reported in detail; 38 also the condition of country roads and highways were depicted laudatorily (but a drop of vermouth spilled the narrative). 39 The extraordinary splendor of the imperial court was described, 40 in this context naturally the imperial audience hall was of great interest to the readers. 41 These reports are closely related to the discussion of the peculiarities of the Chinese state of government. People's worship of the emperor approached adoration. 42 The constitution was, without doubt, „despotic“; 43 but at the same time readers were summoned to take into consideration the following achievements: „And such have been many of those monarchs, if we may believe the relations we have from thence; according to which, this government is one of the most regular in the world; in which the tribunals and magistracy are established in the most exact and uniform manner that human prudence can contrive, for the due administration of justice, and the exact discharge of all the offices of a well regulated state.“ 44

The picture of China as sketched in the Universal History is fair and mainly positive. As said before: mainly, because sometimes praise and blame intertwine. A report on excellent Chinese roads thus expressed criticism of shabby inns. 45 A detailed description of navigation and shipping in China praised the European superiority on this skill, but the last paragraph of this section closes conciliatorily: „Their ships have neither master nor pilot on board, but are left to the management of those that steer them, who are commonly pretty good pilots in coasting, though indifferent ones in the main sea, and would be still more so, where they to take any longer voyages.“ 46 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46

ibid., p. 12. ibid., pp. 239–241. ibid., pp. 242–244. ibid., pp. 211 sq. ibid., p. 298. ibid., pp. 188–193. ibid., pp. 281–285; on inns see below, fn. 45. ibid., pp. 157 sq. ibid., pp. 24 sq., 162–165. ibid., p. 142. ibid., p. 143. ibid., pp. 143–145. ibid., p. 274, fn. 68. ibid., p. 190; cf. also the long fn. E on pp. 190 sq.

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However, the paragraph on Chinese historiography is full of approval: „As to their history, if we may rely upon what both the Chinese, and the generality of writers, say of it, no nation ever took more care to preserve and transmit a faithful and succinct one of their empire, from the very foundation of it, and to record the annals of their good and wicked monarchs with greater impartiality, and free from that flattery and sycophancy which those of other empires are commonly fraught with. This was their practice, not only at the imperial court, but in every kingdom under its dependency, and in every province of the empire; insomuch that not only every government, but every city belonging to it, hath been obliged, from time immemorial, to publish an account of every considerable transaction which happened within its district. This account extends itself to the situation, boundaries, climate, soil, and the most distinguished for their valor, learning, probity, &c. not excepting those of the female sex who have signalized themselves for their chastity: conjugal, parental, or filial, piety; nor even the monstrous births, and other prodigies, that have happened at any time; all which, if they could but be stripped of the marvellous and fabulous, for which those historians betray but too great a fondness, would doubtless be of great service to compile and inrich the history of their nation.“ 47

Chinese historiography was obviously a model for historical thinking in Europe. This must be considered, because according to the authors of the „Universal History“, Europeans outperformed the Chinese in all trades and skills (for instance: the Chinese „continue still very unskilled in the art of navigation“ 48) and especially about learning, arts and the sciences. 49 Undoubtedly this is an acute censure. Also, the Chinese self-absorption und self-centeredness is subject of criticism and would be blamed upon them: „Upon all these accounts, the Chinese entertained such extraordinary notions of themselves and country, that they looked upon all the rest of the world, and its inhabitants, with the utmost contempt, especially till they became better acquainted with the Europeans, or even till their last conquest by the Tartars.“ 50

2.2 The Hallische Weltgeschichte The „Universal History“ has been translated into German since 1744. The protestant theologian Siegmund Jacob Baumgarten (1706–1757) from 47 48 49 50

ibid., pp. 199 sq. Cf. also fn.s H and 1. ibid., p. 188. ibid., pp. 179 sq. ibid., p. 6.

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Halle edited the first 17 volumes; after his death work would be continued by his disciple and colleague Johann Salomo Semler (1725–1791) until Vol. 30. 51 The translation is often referred to as the Halle World History (Hallische Weltgeschichte). From Vol. 31 onwards the Göttingen historians, especially Gatterer and Schlözer, edited the next volumes, which however were not any more mere translations but newly composed texts. 52 Even in the first volumes of translation the German editors, revisers, adapters and compilers expressed some distance towards the English original. The translations contained detailed introductions and critical footnotes, 53 even special additions (Zusätze) in separate volumes. 54 The translated texts were an enormous enrichment of historical knowledge but were lacking explanation of the intentions behind that work, both in terms of its composition and structure and its treatment of the primary sources. Baumgarten wrote a long preface to the first volume that deals with hermeneutics under the influence of Christian theology, which pertained to be the most important criterion for the interpretation of experiences of the past. 55 But the current expansion of fields of experience into foreign and even exotic cultures was justified by the existence of an „associations of 51 Uebersetzung der Algemeinen Welthistorie die in Engeland durch eine Geselschaft von. Gelehrten ausgefertiget worden, nebst den Anmerkungen der holländischen Uebersetzung, auch vielen neuen Kupfern und Karten genau durchgesehen und mit häufigen Anmerkungen vermeret. Vols. 1–17, ed. Siegmund Jacob Baumgarten. Halle 1744–1758; Vols. 18–30, ed. Johann Salomo Semler. Halle 1760–1766 [henceforth cited: Uebersetzung]. 52 Fortsetzung der Algemeinen Welthistorie durch eine Geselschaft von Gelehrten in Teutschland und Engeland ausgefertiget. Vols. 31–57. Halle 1771–1813. These volumes were published under the names of their authors (Schlözer, Gebhardt, Toze, Meusel, Le Bret etc.); they have the character of monographs that were not related any longer. – The geographical change from Halle to Göttingen marks the breakthrough of the scientification of historiography. Cf. Horst Walter Blanke: Historiographiegeschichte als Historik. Stuttgart-Bad Cannstatt 1991, pp. 119–188, esp. p. 177. 53 Baumgarten: Vorrede, in: Uebersetzung, Vol. 1 (1744), pp. 3–58; Vol. 2 (1745), pp. 3– 37; Vol. 3 (1746), pp. 3–30; Vol. 4 (1746), pp. 3–73; Vol. 5 (1747), pp. 3–9; Vol. 6 (1748), pp. 3–59; Vol. 7 (1748), pp. 1–19; Vol. 8 (1749), pp. 3–9; Vol. 9 (1750), pp. 3–11; Vol. 10 (1751), pp. 1–80; Vol. 11 (1751), pp. 1–28 [all of these texts are separately paginated]; Vol. 12 (1752), 7 pp.; Vol. 13 (1753), 7 pp.; Vol. 14 (1754), 7 pp.; Vol. 15 (1755), 8 pp.; Vol. 16 (1756), 8 pp. [all of these texts are unpaginated]; Semler: Vorrede, in: Uebersetzung, Vol. 17 (1758), pp. 1–80; Vol. 18 (1760), pp. 3–6; Vol. 19 (1759), pp. 3– 40; Vol. 24 (1762), pp. 3–36; Vol. 25 (1763), pp. 3–15. 54 Vol. 1 4, ed. Siegmund Jacob Baumgarten. Halle 1747–1756; Vol. 5 and 6, ed. Johann Salomo Semler. Halle 1761/65 [henceforth cited: Zusätze]. 55 Siegmund Jacob Baumgarten: Vorrede, in: Uebersetzung, Vol. 1 (1744), pp. 3–58 (separately paginated, reprint [without footnotes] in: Horst Walter Blanke /Dirk Fleischer: Theoretiker der deutschen Aufklärungshistorie, 2 Vols. Stuttgart-Bad Cannstatt 1990, Vol. 1, pp. 174–205: Über die eigentliche Beschaffenheit und Nutzbarkeit der Historie). The reprint had to be shortened. Therefore, the detailed discussions of the various positions are not in place, for instance Baumgarten's dispute with J. G. Vossius, ibid., p. 30, fn. 29.

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an human society“ (Verbindungen einer menschlichen Gesellschaft). 56 However, with regard to this conception the volumes of „An Universal History“ did not come up to the German compiler's expectations; the translation therefore gradually diverged from the original. In the German edition, the first detailed treatment of Chinese history was taken over from Vol. 20 of the English original, namely in the supplementary volumes. 57 Although these volumes were supposed to contain entirely new texts, 58 an exception was made in this case. Obviously, the reason for printing this text in a supplementary volume was that it contained uncertain and doubtful information. 59 Even this text is not only translated and (re)printed, but Baumgarten added 59 footnotes in which he discussed and commented on the heterogeneous original text, thus trying to overcome its arbitrary quality. This discussion again focused on the question of chronology. 60 To sum it up: 61 Although Baumgarten's remarks leave a somewhat diffused picture of the origin, age and history of the Chinese people, he tried to stick to the biblical tradition and merged information from the Bible with those on China. Baumgarten also contradicted the original remarks on the Chinese conception of the genesis of the world. 62 But still the situation was quite unsatisfactory. To solve these problems, Baumgarten's successor Semler authored a comprehensive study on China for the following supplementary volumes, 63 whereas the quintessence of this article was: The Chinese conceptions of their origin and rise did not get acknowledged in an outstanding way. On the contrary, the dispute on the age of the Chinese people was restored on the level of source criticism. 64

56 ibid., pp. 33–38 (pp. 197–202). 57 Uebersetzung der Geschichte der Chinesen, aus der neuen Ausgabe der algemeinen Welthistorie, in: Zusätze, Vol. 4 (1756), part 2, pp. 223–274. 58 ibid., title. These volumes should contain „neu verfertigte Ausarbeitungen, einige Stücke und Abschnitte dieses Werkes zu erleutern, auch bedurfenden Fals zu ergänzen und genauer zu erörtern; als auch Uebersetzungen anderer zu eben diesem Zweck dienlichen Abhandlungen“; Baumgarten: Vorrede, in: Zusätze, Vol. 4 (1756), pp. 3–56 [separately paged], here p. 3. 59 Baumgarten: Vorrede, in: Zusätze, Vol. 4 (1756), pp. 6 sq. 60 Zusätze, Vol. 4, part 2, pp. 225–40. 61 Cf. for details Pigulla (fn. 6), pp. 95–112. 62 Baumgarten in: Uebersetzung, Vol. 1 (1744), pp. 4, 53, 97, 117, 149 sq., 153, 161, 242. 63 Auszug aus des Herrn Degvignes algemeiner Geschichte der Hunnen, der Türken, der Moguln und anderer westlichen Tartarn, in: Zusätze, Vol. 5 (1761), part 2 [separately paginated], pp. 3–47. 64 ibid., p. 5. Semler came to the conclusion that „die Verschiedenheiten, welche sich finden, zeigen hinlänglich, daß die chinesische Geschichte eben sowol Ungewisheit und Schwierigkeiten hat, als man in Untersuchung der chaldaischen, egyptischen und alten griechischen Könige findet.“

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The text of the „Universal History“ Modern Part, Vol. 8, would be translated into German; it was published in Vols. 24 and 25 of the Hallische Weltgeschichte. 65 Chronologically, the historiography went up to the contemporary present. (The adjunct to the 9th section, „down to the Birth of Christ“ 66, is confusing; in fact, the history of the Chinese dynasties reached up to his own present, or at least to the year 1735 when the emperor Yongzheng passed away.) Semler presented an account of his inferences with the original English text. 67 Perhaps his most important remark is Semler's appraisal of de Guignes' work. 68 In Semler's opinion this seemed to be not enough, so a new chapter was inserted. Also the narrative of the Chinese history was enlarged by a Description of the Great Revolution in the Chinese Empire, a relation of the change of dynasties from Ming (1368–1644) to Qing (1644–1911) in the year 1644. 69 This change is presented in a long and detailed relation, told on nearly 100 quarto pages. 70 Semler's reason for that was his strive for the completion of the collection, 71 and his description of mainly diplomatic-military events is based on the work of the French Jesuit Jouve (1701–1758). 72 On the peculiar type of government, in the first edition of the Universal History the Kotow is described and presented as a special form of consenting with despotic rule: „From whence the absolute and unlimited authority of those monarchs may be as fairly deduced, as from the express testimony of any antient historian.“ 73 In his footnotes Baumgarten gave a comment: „Because in China the government has been bound to pay attention to the laws at anytime: suitably it is not possible to maintain that there is not anyone being even more despotic.“ 74 This placed him in the tradition of the Enlightenment. 65 Geschichte des Chinesischen Reiches. in: Uebersetzung. Vol. 24 (1762), pp. 331–638; Vol. 25 (1763), pp. 1–130. 66 UH, MP, Vol. 8 (1759), p. 369. See above, fn. 16. 67 Semler: Vorrede. in: Uebersetzung, Vol. 24 (1762), pp. 3–36, here pp. 24–35. He summarised the account of Zusätze (see above, fn. 57) in a long fn. 40 (pp. 24–28). Cf. Semler: Vorrede, in: Uebersetzung, Vol. 25 (1763), pp. 3–15, here pp. 3–6, 10. 68 Cf. above with fn. 63 and below, fn. 86. 69 In: Uebersetzung, Vol. 25 (1763), pp. 152–248. 70 Cf. the report on the suicide of Chong-zhen (r. 1628–1844); ibid., pp. 197–200. 71 Semler: Vorrede, in: Uebersetzung, Vol. 25 (1763), pp. 3–15 [separately paginated], here p. 10: „Der Inhalt gehörte zur Volständigkeit eines so ansenlichen Werks, damit man wirklich alles beisammen hatte, was die chinesische, zumal neuere Geschichte angehet.“ 72 Vojeu de Brunem [pseudonym; recte: Joseph Jouve]: Histoire de la conquete de la Chine par les Tartares, Mancheoux ... Lyon 1754. 73 UH, Vol. 20 (1748), pp. 125 sq.; Zusätze, Vol. 4 (1756), part 2, p. 241. 74 ibid., fn. 157: „Da die Regierung in China allezeit an die Beobachtung der Gesetze gebunden gewesen: so kan nicht füglich gesaget werden, daß es keine despoterische gebe.“

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2.3 Gatterer's Handbuch der Universalgeschichte We come to the second or, more exactly: the third of our examples, which is the historian J. Chr. Gatterer. For a long time Gatterer was regarded quite a learned but somewhat pedantic scholar. In fact, he was rather one of those historians of the Enlightenment who pushed forward the process of scientification of historical studies. To name but this, he published plenty of articles on meta-theoretical questions – and he was one of the historians who had read a series of lectures on the theory and philosophy of history. 75 Gatterer did not stop scheduling contemporary standards of historiographical practice in the pattern of epistemological principles (he did do this, and he did this in the first place), but his Historics carried a prospective character: they discussed and reflected elementary problems of historiography and historical studies and, in doing so, endeavored to develop scientific standards. 76 In his „Handbuch der Universalgeschichte“ Gatterer 77 presented his first outline of the problem. He referred to the English Universal History, which he criticized; so he wanted to overcome its shortcomings by means of a more systematic narrative. 78 Moreover, in Vol. 2.1 he did not confine himself to some general problems of narrative but maliciously criticized the history on China told in the Universal History. 79 Gatterer rejected the 75 Some of Gatterer's theoretical articles are collected in Blanke /Fleischer 1990 (fn. 55), Vol. 1, pp. 303–312; Vol. 2, pp. 452–478, 568–578, 621–662, 711–722. Literature on Gatterer is listed in Horst Walter Blanke, in: Rüdiger vom Bruch /Rainer A. Müller (Hrsg.): Historikerlexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart. Munich 2002, pp. 112 sq.; Blanke /Fleischer 1990 (fn. 55), Vol. 2, pp. 779–781. 76 On the history of Historics in Germany see: Horst WaIter Blanke et al.: Historik als akademische Praxis. Eine Dokumentation der geschichtstheoretischen Vorlesungen an deutschsprachigen Universitäten von 1750 bis 1900, in: Dilthey-Jahrbuch für Philosophie und Geschichte der Geisteswissenschaften 1 (1983), pp. 182–255; id.: Theory of History in Historical Lectures: The German Tradition of Historik, in: History and Theory 23 (1984), pp. 331–356; id.: Von Chytraus zu Gatterer. Eine Skizze der Historik in Deutschland vom Humanismus bis zur Spätaufklärung, in: id./Dirk Fleischer (eds.): Aufklärung und Historik. Aufsätze zur Entwicklung der Geschichtswissenschaft, Kirchengeschichte und Geschichtstheorie in der deutschen Aufklärung. Mit Beilagen. WaItrop 1991, pp. 113–140, esp. 130–140. 77 Johann Christoph Gatterer: Handbuch der Universalhistorie nach ihrem gesamten Umfange von Erschaffung der Welt bis zum Ursprunge der meisten heutigen Reiche und Staaten, Vol. 1, Göttingen 1761, 2nd ed. 1765, Vol. 2.1. Göttingen 1764. 78 Gatterer 1761 (fn. 77), Einleitung [separately paginated], p. 61: „Man soll die merkwürdigen Begebenheiten eines jeden Volks und Staates in einer genauen chronologischen Folge hinter einander vortragen und erlernen, um eine systematische Einsicht in das ganze Triebwerk der auf einander folgenden und auseinander entstehenden Staatsveränderungen dadurch zu erlangen.“ Cf. Gatterer 1767 (see below, fn. 103), pp. 64 sq. 79 Gatterer: Vorrede, in: Gatterer 1761 (fn. 77), pp. *4r–*8 v, here p. *5r: „Das wichtigste besteht in der Beschreibung der grosen Revolution in China, allein diese ganze

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integration of Chinese history into the first volume of his Handbook – in some way consequently, because he was also one of those scholars who doubted the validity of chronological dates reported by Jesuit missionaries. 80 So Gatterer employed a unilinear conception of chronology that was not compatible with Chinese conceptions. In the first part of the second volume of his Handbook he then dealt extensively with Chinese history. But Gatterer spoke of the first notions of Chinese history as „fabulous and precarious times“, and gave precise dates not until he had arrived at the Xia dynasty. 81 Gatterer kept to the biblical conception. By the second volume Gatterer deviated from this traditional conception and extended the idea of historical space. Christocentric assumptions were no longer decisive, didactical considerations were the more: „Because there is a lack of a medium-sized historical work, especially on the Asiatic, African and American empires, even on various even more important European states.“ 82 The first part of the second volume of the Handbook is reserved for Asian history and begins with Chinese history, 83 thus pretending that internal coherence of the narrative can only be ensured if its construction accords with the narration of the history of a single nation, i. e. the Chinese. Gatterer narrated history following a certain scheme, which he called „system“. This system is divided into four sections: the first one deals with the sources, the second gives a survey on the geographical conditions, the third narrates the political occurrences and events (Begebenheiten), and the fourth describes the state of religious, political, social and intellectual conditions (Gottesdienstliche, politische, häusliche und gelehrte Verfassung). 84 Strictly following the rules of logical consistency, Gatterer applied this scheme also to Chinese history. 85

80 81 82 83

84 85

Abhandlung ist ein vorzug der Teutschen Uebersezung dieses weitläuftigen und in andern Absichten sehr wichtigen Englandischen Werkes.“ Gatterer 1761 (fn. 77), Einleitung [separately paginated], p. 4. Gatterer 1761 (fn. 77), pp. 34 sq. Gatterer 1761 (fn. 77), p. *41 (Vorrede): „Weil es indessen an einem historischen Werke von mittlerer Größe, zumal über die Asiatischen, Africanischen und Americanischen Reiche, ja auch über verschiedene noch viel wichtigere Europäische Staaten fehlet“. Cf. Gatterer 1761 (fn. 77), p. 5: „Von Rechtswegen hatte ich die ältere Geschichte von China schon in dem ersten Theile dieses Werkes abhandeln sollen; allein ich wolte sie nicht gerne von der neuern Historie trennen, zumal da die Chinesische Geschichte erst in den nächsten Jahrhunderten nach Christi Geburt für uns Europaer wichtig zu werden anfängt.“ Cf. Gatterer 1761 (fn. 78). Gatterer 1761 (fn. 77), part I, pp. 2–14; part 2, pp. 1–345. – Cf. the order of chapters in Vol. 2.1 of Gatterer's Handbook: Vorläufige Einleitung: 1. Verzeichnis der chinesischen Geschichtsschreiber. A. Vorläufige Betrachtung über die chinesische Geschichte. B. Verzeichnis der chinesischen Geschichtsbücher. Erstes Buch: Geschichte der Chi-

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The chapters, sections and paragraphs are of different value. For a detailed criticism on the sources of Chinese history, Gatterer referred to the outstanding work of de Guignes, 86 who was an appropriate choice in this regard. Gatterer's chronological lists are somewhat boring, but his remarks on the fourfold constitution (Verfassung) are mostly instructive. For instance, he gave a short but good survey of three „aboriginal“ religions of China: Confucianism, Daoism, and Buddhism (as was named „the religion of Fo“ that appeared to Gatterer like the essence of some vulgar superstition), and the three world religions of Judaism, Christianity, and Islam, also, finally, the religion of the Tibetan Dalai Lama. 87 Gatterer also described the system of Chinese government only briefly – it was „monarchic“, „without any limitation“ („ganz uneingeschränkt“), but at the same time he ascertained that the emperor in general was not a tyrant but the „father“ of his people, 88 thus following a similar assertion of the Universal History. 89 Gatterer emphasized that – in contrast to Europe – there was no hereditary nobility in China, 90 and gave some instructive comments on the Chinese calendar and time indicators. 91 Gatterer depicted Chinese history and culture quite empathically. He called the Great Wall an „astonishing monument of the patient diligence of the Chinese people“ („erstaunenswürdiges Denkmal des gedultigen Fleisses der Chineser“); 92 he judged that the Grand Canal surpassed any comparable achievement in Europe; 93 and, to quote a third example, he

86 87 88 89 90 91 92 93

neser vom Ursprunge des chinesischen Reichs, das ist, ungefähr seit dem 2ten Jahrhundert nach der Sündfluth bis auf unsere Zeiten. I. Schriftsteller sowol Quellen als Hilfsmittel (pp. 3–5). II. Erdbeschreibung (pp. 5–20). 1. Allgemeine Erinnerung wegen der Ordnung der Völker, deren Geschichte erzält wird. 2. Erdbeschreibungen von Asien überhaupt. 3. Erdbeschreibungen von China insbesondere. III. Begebenheiten (pp. 21–273). A. Kaiserliche Familien (pp. 21–193). B. Besondere Königreiche, die dem Kaiser nicht unterworfen waren (pp. 194–273). IV. Verfassung (pp. 274– 346). I. Die gottesdienstliche Verfassung (pp. 274–300). 11. Die politische Verfassung (pp. 300–318). Ill. Die häusliche Verfassung (pp. 318–35). IV. Die gelehrte Verfassung (pp. 335–45). Gatterer 1761 (fn. 77), pp. *60 –*70 (Vorrede) and passim, with reference to Joseph de Guignes: Histoire generale des Huns, des Turcs, des Mogols, & des autres Tartares occidentaux ..., 4 Vols. Paris 1756–1758. Gatterer 1761 (fn. 77), pp. 274–300. On the religion of Fo: pp. 284–291, 296. ibid., p. 300. UH, MP, Vol. 8 (1759), pp. 165–170. Gatterer 1761 (fn. 77), p. 302. Cf. UH, MP, Vol. 8, 1759, pp. 155 sq. Gatterer 1761 (fn. 77), pp. 324 sq. ibid., p. 16. ibid., p. 17: „alles das übertrifft, was man wundernswürdiges von dieser Art in Europa siehet.“

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praised the industriousness of Chinese craftsmen compared to the European ones. 94 This praise is hardly to advance. In another context, even this positive adjustment is questioned. Gatterer remarked on the attention of laws: „You should not think that in China the laws are observed better than in other countries. Humankind is similar in all latitudes.“ 95 Chinese peculiarities are, in other words, the incarnation of humane universality, they stand pars pro toto. As far as we can see, there is only one paragraph (or maybe two) in Gatterer's whole text of nearly 350 pages in which the author expressed explicit criticism of Chinese conditions: Like the author(s) of the Universal History Gatterer maintained that the Chinese had not rendered any great service to arts and sciences. 96 The cartographic presentation of the world in his Universalgeschichte is significant. Traditional Chinese diagrams used to place China into the center of the then known world, so that all other regions and countries were given a marginal status. The Jesuit Verbiest however established a new tradition of Chinese world maps, in which China somewhat slipped to the edge. The clash between these two paradigms was mentioned very often by the contemporaries and is commented by Gatterer, too. 97 In fact, in Gatterer's Handbuch the construction of multinational interrelations has its place only in the programmatic introductions but is not continued at the level of narrating historical episodes. Only a skillful and clever arrangement of individual histories warrants the conception of mutual interdependence. Regarding these individual histories of peoples (or states) Gatterer focused on the description of Verfassungen; he aimed on their most systematic description. There is no final integration of peculiar 94 ibid., p. 331: „Die Chineser treiben fast alle in Europa gewöhnliche Handthierungen und Gewerbe. nur mit dem Unterschiede, daß sie verschiedene Europäische Nationen an Fleis und Emsigkeit übertreffen.“ 95 ibid., pp. 307 sq.: „Man mus jedoch nicht denken, daß die Geseze in China besser, als in andern Ländern beobachtet werden. Das menschliche Geschlecht ist sich unter allen Himmelsstrichen ähnlich.“ 96 ibid., p. 340: „Die Chineser haben seit einigen Jahrtausenden Wissenschaften und Künste getrieben, und doch keine derselben zu einiger Vollkommenheit gebracht. Es fehlt ihnen in allen Dingen am Geschmacke und Critik, weil sie die vollkommenern Känntnisse der Ausländer verachten, die ihnen doch wenigstens bey der Beurtheilung der ihrigen zur Richtschnur und zum Vergleichspuncte dienen könnten.“ Cf. ibid., p. 344 (quoted below, fn. 97). 97 ibid., p. 344: „Vor der Ankunft der Missionarien haben die Chineser sehr abentheuerliche Begriffe der Geographie, und insonderheit von der Lage und Gröse ihres Reichs. Sie glaubten, die Erde habe eine 4eckige Gestalt, wovon China den mittlern und grösten Theil ausmachte, so wie die andern Lander nur in den 4 Winkeln des angeblichen Viereckes lagen. Es ist also kein Wunder, daß sie erstaunten, wie man ihnen zuerst die wahre Gestalt des Erdbodens und insonderheit die eigentliche Lage und Gröse von China auf einer Landcharte vorgezeiget hat.“

© 2018 Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln, Weimar ISBN Print: 9783412504076 — ISBN E-Book: 9783412504083

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geographical, political, social or cultural states of affairs into an overall narrative. The division of the political history of events („Begebenheiten“) into two parts – the history of the imperial dynasties and the histories of renegades beside the ruling dynasties – indicated three circumstances: first it refers to Gatterer's geographically based conception of politics; secondly it demonstrates his aim to indicate change and alterations in time; finally it goes beyond the classical pattern of narrating Chinese history in a cyclical manner, as had been done by a political focus on the rise and fall of dynasties centered around the court of Beijing. At the same time Gatterer's partition of political spheres rendered difficult the unanimous narration of simultaneous events, even in a short outline of the political history of a single state. Gatterer's description of the Chinese culture, especially his survey on their history, is marked by analogously constructed comparisons between European and Chinese persons, phenomena, events, or processes. So Gatterer calls Confucius a „Chinese Socrates“ 98, whose importance for the Chinese society equals Calvin's or Luther's influence on the history of Europe. 99 Likewise Lao-zi is called the „Chinese Epicurus“ 100, Yao and Schun are called „the Chinese's Augustus and Trajan“. 101 Another Chinese emperor is presented as the „Nero of China“ 102. We want to explain this assertion by referring to Gatterer's reflections on the problem of writing universal history. In his article „Vom historischen Plan, und der darauf sich gründenden Zusammenfügung der Erzählungen“ (On the Historical Blueprint and the Combination of the Narratives Based on It) Gatterer e. g. discusses a question that would keep busy some years later Schlözer, too: How is it possible to synthesize the individual histories of all nations and of all times into a historiographical totality? 103 We cannot reconstruct Gatterer's reflections in detail here; the following will suffice: he emphasizes the necessity of a good mixture of Episodenplan and Epochenplan, of blueprints of episodes and epochs. Gatterer criticizes the usual habit of contemporary universal histories to treat individual national histories one after the other – and, by doing so, losing relations and interrelations between these narratives. In doing so, 98 99 100 101 102 103

Gatterer 1761 (fn. 77), p. 274. ibid., p. 275. ibid., p. 280. ibid., p. 30. ibid., p. 37. Johann Christoph Gatterer: Vom historischen Plan, und der darauf sich gründenden Zusammenfügung der Erzählungen. in: Allgemeine historische Bibliothek 1 (1767), 15–89; reprinted in: Blanke /Fleischer 1990 (fn. 55), Vol. 2, pp. 621–662.

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Gatterer revised positions of his own Handbook of Universal History of 1761. Until 1792 he attempted again and again to solve the conceptional problem of universal history. Gatterer presented five different versions of a historiographical syntheses, but each of them failed to put in practice the overarching conception. 104 Gatterer was of course searching for the best principle for synthesis. Unfortunately, in these different works following his initial Universal History, Gatterer only very briefly mentions Chinese history. Thus, we can only speculate as to the direction in which Gatterer's thoughts might have been developed. His conception is, without a doubt, Eurocentric, but this kind of Eurocentrism does not exclude the otherness of other cultures.

3. Conclusion 3.1 Chinese Culture as a Part of Humankind All texts referred to – the Universal History, the General Collection of Travels and Voyages and Gatterer's Universal History – reveal a high esteem of Chinese culture and history. China was viewed as an empire seemingly unaltered over the course of thousands of years. 105 Moreover, it was an important model for the European Enlightenment. Like the European nations, the Chinese entity was thought of as part of universal history, as a part of humankind. Certainly, the authors' view was Eurocentric, but the Chinese were granted equivalence in terms of intellectual, economic and political achievements narrated in the different histories. At present it is still difficult to say what lip service was paid to and what changed China's European perception in the long term.

104 Johann Christoph Gatterer: Abriß der Universalhistorie in ihrem ganzen Umfange von der Erschaffung der Welt bis auf unsere Zeiten, Vol. 1, Göttingen 1765, 2nd ed. 1773; Vol. 2, Göttingen 2nd ed. 1773; ibid.: Synopsis historiae universalis. sex tabulis comprehensa. Göttingen 1766, 2nd ed. 1769; ibid.: Einleitung in die synchronistische Universalhistorie zur Erläuterung seiner synchronistischen Tabellen. 2 parts. Göttingen 1771; ibid.: Weltgeschichte in ihrem ganzen Umfange. Vol. l., Göttingen 1785; Vol. 2.1., Göttingen 1787; ibid.: Kurzer Begriff der Weltgeschichte in ihrem ganzen Umfange. Vol. 1, Göttingen 1785; ibid.: Versuch einer allgemeinen Weltgeschichte bis zur Entdeckung Amerikens, Göttingen 1792. 105 Cf. UH, MP, Vol. 8, 1759, p. 140.

The Unity of Mankind and the Others

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3.2 Chinese History vs. European Tradition The integration of Chinese history into a conception of universal history proved difficult. In this respect there was not one single satisfactory proposal, neither by the Universal History nor by Gatterer – the General Collection of Travels and Voyages had no problem with these questions because it dealt mainly with Chinese culture instead of history. (Or more precisely: the last work mentioned dealt with Chinese culture in an historical perspective, but it did not contain an individual chapter on Chinese political and social history. 106) Despite the formal enclosure of Chinese history into a universal conception it was separated from the history of European peoples (there are some doubts, of course, if the Europeans were more successful in narrating an integral history of their multi-faceted Continent 107).

3.3 China and Intercultural Humanism The integration of Chinese history proved troublesome at least until the biblical tradition was no more observed as an irrefutable source of historical meaning. 108 To be sure, religion (especially its secularized continuation) played a key role in the historiography of historicism, but the very process of secularization and its interaction with universalism deserve some scholarly attention. 109 More recently, the role of religion and secularization in historical studies have been reconsidered in Jörn Rüsen's 2013 106 Cf. Chapter 6, section 1 in [Thomas Astley (ed.)]: A New General Collection of Voyages and Travels ..., Vol. 4, London 1747, pp. 235–237. A Description of China has the subtitle Containing The Geography. with the civil and natural history. 107 Cf. Horst WaIter Blanke: Zwischen Aufklärung und Historismus. A. H. L. Heerens Geschichte des Europäischen Staatensystems. in: Blanke /Fleischer 1990 (fn. 55), pp. 202–226. 108 See Andreas Pigulla: Die Anfänge der historisch orientierten Chinawissenschaften im deutschsprachigen Raum, in: Helmut Martin /Christine Hammer (eds.): Chinawissenschaften – Deutschsprachige Entwicklungen. Geschichte. Personen, Perspektiven. Hamburg 1999, pp. 117–145. 109 Cf. Dirk Fleischer: Geschichtswissenschaft und Sinnstiftung. Über die religiöse Funktion des historischen Denkens in der deutschen Spätaufklärung, in: Blanke /Fleischer 1990 (fn. 55), pp. 173–201; Wolfgang Hardtwig: Geschichtsreligion – Wissenschaft als Arbeit – Objektivität. Der Historismus in neuer Sicht, in: Historische Zeitschrift 252 (1991), pp. 1–32; Jörn Rüsen: Historische Methode und religiöser Sinn. Vorüberlegungen zu einer Dialektik der Rationalisierung des historischen Denkens in der Moderne, in: Wolfgang Küttler et al. (eds.): Geschichtsdiskurs, Vol. 2: Anfänge modernen historischen Denkens. Munich 1994, pp. 344–377; Thomas Albert Howard: Religion and the Rise of Historicism. W. M. L. de Wette, Jacob Burckhardt, and the Theological Origins of Nineteenth-Century Historical Consciousness, Cambridge 2000 (cf. Blanke's review in: German Historical Institute, Bulletin 23,2 [2001], pp. 72–77).

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Horst Walter Blanke /Andreas Pigulla

version of his Historik. 110 The number of Chinese translations of his works has rapidly increased over the last two decades. China has also played a significant role in Rüsen's research project on Intercultural Humanism. This project resembles the Universal History projects of the European Enlightenment and raises the question of humane universalism to a higher level.

110 Jörn Rüsen: Historik. Theorie der Geschichtswissenschaft. Köln /Weimar /Wien 2013, Chapter 7, pp. 243 sq., 256; English translation: Evidence and Meaning. A Theory of Historical Studies. New York /Oxford 2017.

Friedrich Jaeger

Geschichte der Öffentlichkeit Der Wandel öffentlicher Kommunikation in amerikanischen Zeitungen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts

Anlässlich seines Eröffnungsvortrags zur Osnabrücker Konferenz für Geschichtsdidaktik im Oktober 1977 hat sich Jörn Rüsen grundsätzlich zum Thema „Geschichte und Öffentlichkeit“ geäußert. 1 Obwohl es ihm dabei vor allem um die öffentliche Bedeutung der Geschichtswissenschaft ging, stellte er auch allgemeine Überlegungen zur Kategorie der Öffentlichkeit an, in denen er ihre kommunikative Struktur hervorhob: „Öffentlichkeit ist eine bestimmte Weise, in der ein gesellschaftlicher Lebenszusammenhang im Bewußtsein der davon betroffenen Menschen erscheint: Sie reagieren auf ihre gesellschaftlichen Verhältnisse, indem sie gemeinsam über sie kommunizieren und dabei eine Sinnbestimmung über sie treffen, die als common sense ihr Handeln intentional regelt. Öffentlichkeit ist Inbegriff der Kommunikation, durch die ein gesellschaftliches System sich im Geschichtsbewußtsein ihrer Subjekte als Gegenstand einer kollektiven Willensbildung konstituiert. Eine solche öffentliche Willensbildung stellt eine reflexive Vergesellschaftung dar: Miteinander vergesellschaftete Menschen kommunizieren über ihren gesellschaftlichen Lebenszusammenhang und bringen ihn dadurch noch einmal für sich im Bewußtsein hervor. Sie eignen sich ihn bewußtseins- und willensmäßig an.“ 2 Ausgehend von diesen Überlegungen zur kommunikativen und reflexiven Struktur der Öffentlichkeit lässt sich ein Zugang zu wesentlichen Intentionen des Werks von Jörn Rüsen gewinnen: Zum einen ging es ihm stets um das, was er in seinem Aufsatz aus dem Jahre 1978 die „Öffentlichkeitsfunktion der Geschichtswissenschaft“ genannt hat, 3 ihren kognitiven Beitrag also für die öffentlichkeitswirksame kulturelle Orientierung, 1 Jörn Rüsen: Geschichte und Öffentlichkeit. In: Geschichtsdidaktik 3 (1978), S. 96–111. 2 Ebd., S. 98. 3 Ebd., S. 106. – Grundsätzlich hierzu aus der Fülle seiner Schriften: Jörn Rüsen: Historische Orientierung. Über die Arbeit des Geschichtsbewusstseins, sich in der Zeit zu-

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die die Geschichte als Wissenschaft im Kontext moderner Gesellschaften übernimmt bzw. in ihrer Genese seit der Aufklärungshistorie und dem Historismus historisch übernommen hat. In den Kontext dieses Motivs gehören sowohl Jörn Rüsens Schriften zur Objektivitätsfrage und zum Vernunftanspruch der Geschichtswissenschaft als auch seine Arbeiten zu ihrer Entstehung aus den lebensweltlichen Orientierungsproblemen ihrer Zeit. Zum anderen stehen die Bildungsimplikationen und didaktischen Konsequenzen dieser Öffentlichkeitsfunktion der Geschichtswissenschaft im Zentrum seines Denkens, also ihre Bedeutung für die öffentlichen Prozesse historischen Lernens: „Die Geschichtsdidaktik behandelt die öffentliche historische Bewußtseinsbildung empirisch und normativ. Sie erforscht die Ausbildung, Darstellung und Wirkung des historischen Bewußtseins in und durch die Öffentlichkeit; zugleich arbeitet sie die Regeln aus, nach denen durch ein planmäßiges Lernen von Geschichte in die Öffentlichkeit eingeübt wird.“ 4 Schließlich verweist in einer späteren Phase seines Werks die Kategorie der „Geschichtskultur“ auf die vielfältigen Formen der ‚Public History`, also des öffentlichen Gebrauchs von Geschichte, wozu für Jörn Rüsen insbesondere die politische Dimension und Funktion des Geschichtsbewusstseins zählt. 5 Unter diesem Gesichtspunkt geht es im weitesten Sinne um die öffentlich relevante Wirkung der Geschichte als erzählter Vergangenheit auf die Lebenspraxis ihrer Adressaten. Mit diesem dreifachen Zugriff hat Jörn Rüsen das Verhältnis von Geschichte und Öffentlichkeit erschöpfend aufgearbeitet. Die Perspektive, die für den folgenden Beitrag leitend ist, zielt demgegenüber in eine andere Richtung. Als ein Beitrag zur Geschichte der Öffentlichkeit widmet er sich am Beispiel der amerikanischen Presse des 18. und frühen 19. Jahrhunderts den medialen Entwicklungen, in denen sich die Öffentlichkeit in dieser Zeit als ein wesentliches Element derjenigen kommunikativen und reflexiven Selbstverständigung neuzeitlicher Gesellschaften herausgebildet hat, die Jörn Rüsen im Kern geschichtlichen Wandels verortet hat: „Eine solche reflexive Aneignung gesellschaftlicher Verhältnisse gehört zu der allgemeinen geschichtlichen Bewegung der menschlichen Welt, die durch absichtsvolles Handeln in Gang gesetzt wird. Wie immer man den Faktor der Intentionalität des menschlichen Handelns im historischen rechtzufinden. Köln /Weimar /Wien 1994; Ders.: Geschichte im Kulturprozess. Köln / Weimar /Wien 2002. 4 Rüsen (Anm. 1), S. 107. – Siehe hierzu insbesondere: Jörn Rüsen: Historisches Lernen. Grundlagen und Paradigmen. Köln /Weimar /Wien 1994. 5 Hierzu vor allem Jörn Rüsen: Historik. Theorie der Geschichtswissenschaft. Köln / Weimar /Wien 2013, speziell zur Geschichtskultur ebd., S. 221–252.

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Denken veranschlagen mag – daß er zu den notwendigen Bedingungen aller möglichen Geschichte gehört, wird kein Historiker bestreiten. Da Öffentlichkeit eine Ausprägung dieses Faktors im Prozeß der menschlichen Vergesellschaftung ist, gehört sie zu denjenigen Phänomenen faktischen menschlichen Handelns, an denen sich dessen Geschichtlichkeit ablesen läßt. Öffentlichkeit zeigt also Geschichte an als diejenige zeitliche Folge menschlichen Handelns, die von bewußten Willensbildungen vergesellschafteter Menschen bestimmt ist.“ 6 Geschichtstheoretisch in dieser Weise verortet, soll die Geschichte der amerikanischen Presse nun als ein Prozess der kommunikativen und medialen Selbstverständigung einer Gesellschaft rekonstruiert werden, in dem sich diese Gesellschaft im Laufe des 18. Jahrhunderts zu einer spezifisch modernen Gesellschaft entwickelt hat. Zu dieser Entwicklung gehört die Entstehung von Massenmedien als strukturbildenden Faktoren der Öffentlichkeit elementar hinzu. Der Begriff der Öffentlichkeit, der seit dem 18. Jahrhundert zum semantischen Inventar gesellschaftspolitischer Modernität gehört, erfährt in den gegenwärtigen Kultur- und Medienwissenschaften eine auffällige Konjunktur. 7 Die Öffentlichkeit gilt als ein Medium der zivilgesellschaftli6 Rüsen (Anm. 1), S. 98. 7 Einen auch nur groben Überblick über die neuere Forschung zu diesem Thema zu geben ist an dieser Stelle nicht möglich, so dass nur exemplarisch einige für diesen Beitrag besonders bedeutsame Arbeiten genannt werden. Wichtig aus der Perspektive der politischen Philosophie ist Volker Gerhardt: Öffentlichkeit. Die politische Form des Bewusstseins. München 2012. – Noch immer von großem Wert ist auch die klassische Studie von Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft. Neuwied 1962. Eine für den Öffentlichkeitsbegriff dieses Beitrags besonders wichtige Weiterentwicklung seiner Position findet sich ferner in Jürgen Habermas: Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats. Frankfurt am Main 1992, dort v. a. S. 399–467 („Zur Rolle von Zivilgesellschaft und politischer Öffentlichkeit“). Eine fruchtbare Auseinandersetzung aus unterschiedlichen Forschungszusammenhängen mit dem Ansatz von Habermas findet sich in Craig Calhoun (Hrsg.): Habermas and the Public Sphere. Cambridge, Ma. 1992. – Als Versuche, die Kategorie der Öffentlichkeit in unterschiedlichen historischen Forschungskontexten fruchtbar zu machen siehe etwa Karl Christian Führer u. a.: Öffentlichkeit – Medien – Geschichte. Konzepte der modernen Öffentlichkeit und Zugänge ihrer Erforschung, in: Archiv für Sozialgeschichte 41 (2001), S. 1–38; Lucian Hölscher: Die Öffentlichkeit begegnet sich selbst. Zur Struktur öffentlichen Redens im 18. Jahrhundert zwischen Diskurs- und Sozialgeschichte, in: Hans-Wolf Jäger (Hrsg.): „Öffentlichkeit“ im 18. Jahrhundert, Göttingen 1997, S. 11–32; Jörg Requate: Öffentlichkeit und Medien als Gegenstände historischer Analyse. In: Geschichte und Gesellschaft 25 (1999), S. 5–32; Ders. und Martin Schulze Wessel (Hrsg.): Europäische Öffentlichkeit. Transnationale Kommunikation seit dem 18. Jahrhundert. Frankfurt am Main 2002. – Aus der breiten medienhistorischen Forschungsliteratur mit Relevanz für das hier gewählte Thema seien hier nur einige Titel genannt: Fabio Crivellari u. a. (Hrsg.): Die Medien der Geschichte. Historizität und Medialität in interdisziplinärer Perspektive. Konstanz 2004; Jochen Hörisch: Eine

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chen Kommunikation, das angesichts der Grenzen des Parteienstaats und der repräsentativen Demokratie einen wichtigen Beitrag zur politischen Selbstorganisation der Bürger leistet. Gleichzeitig erscheint sie jedoch als ein durch Massenmedien und politische Apathie gefährdetes Gut. Diese gleichzeitige Konjunktur und Krise der Öffentlichkeit legt es nahe, sich ihrer Genese und Transformation erneut zu vergewissern. Dazu ist das Beispiel der amerikanischen Presse des 18. und frühen 19. Jahrhunderts besonders geeignet, da sich an ihr geradezu idealtypisch verschiedene Stadien ihrer Entwicklung und damit verbunden gewissermaßen der ‚Strukturwandel der Öffentlichkeit` rekonstruieren lassen. 8

1. Fragestellungen und Forschungsperspektiven zum Strukturwandel der Öffentlichkeit Die historische Bedeutung der amerikanischen Presse wurde dabei lange Zeit vor allem im Kontext der politischen Geschichte verortet. Bereits den Zeitgenossen der Amerikanischen Revolution war deren eminent politische Rolle sehr bewusst: „In establishing American independence the pen and the press had a merit equal to that of the sword“ heißt es in David Ramsays History of the American Revolution aus dem Jahre 1789. 9 Die historische Forschung hat diesen Beitrag der Presse gewöhnlich im Rahmen einer politischen Ereignisgeschichte herausgearbeitet, die Zeitungen als wichtige Instrumente zur Delegitimierung der Kolonialherrschaft, Geschichte der Medien. Vom Urknall zum Internet. Frankfurt am Main 2004; Jürgen Wilke: Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte. Von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert. Köln 2000. 8 Als instruktive Überblicksdarstellungen zur Geschichte des amerikanischen Presseund Zeitschriftenwesens siehe David A. Copeland: The Media's Role in Defining the Nation. The Active Voice. New York 2010; Michael Emery und Edwin Emery: The Press and America. An Interpretive History of the Mass Media. 6. Aufl. Englewood Cliffs 1988; Heather A. Haveman: Magazines and the Making of America: Modernization, Community, and Print Culture, 1741–1860. Princeton 2015; Frank L. Mott: A History of American Magazines, Bd. I: 1741–1850. Cambridge, Ma. 1957; Michael Schudson: Discovering the News: A Social History of American Newspapers. New York 1978; William D. Sloan u. a. (Hrsg.): The Media in America, 2. Aufl. Scottsdale, Az. 1993. – In internationaler bzw. europäischer Perspektive noch immer hilfreich George Boyce u. a. (Hrsg.): Newspaper History from the Seventeenth Century to the Present Day. London 1978; Elizabeth L. Eisenstein: The Printing Press as an Agent of Change. Communications and Cultural Transformations in Early-Modern Europe, 2 Bde. Cambridge, Ma. 1979. 9 David Ramsay: The History of the American Revolution. 2 Bde. Philadelphia 1789, hier: Bd. 2, S. 319. – Zu dieser Deutung der Presse als Schwert im Kontext der Revolution siehe auch Arthur M. Schlesinger: Prelude to Independence: The Newspaper War on Britain, 1764–1776. New York 1958, S. 208–235 („The Pen Becomes the Sword“).

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zur Mobilisierung der Bevölkerung und schließlich zur Koordination des Widerstands interpretiert hat. 10 Mittlerweile sind jedoch komplexere Deutungsmodelle entstanden, die den Aufstieg der Presse als Teil einer sich seit dem 18. Jahrhundert vollziehenden „Informations- und Kommunikationsrevolution“, 11 d. h. eines fundamentalen Gestalt- und Funktionswandels der Öffentlichkeit im Zuge gesellschaftlicher Modernisierung und der Transformation kulturellen Wissens begreifen. 12 „Reading Becomes a Necessity of Life“, auf diese Formel bringt Gilmore den Wandel gesellschaftlicher Kommunikation im Kontext der zeitgenössischen Leserevolution, die sozialgeschichtlich mit dem Ausbau des Post-, Verkehrs- und Transportwesens einherging und die von einer im internationalen Maßstab außergewöhnlich hohen Alphabetisierungsrate der amerikanischen Gesellschaft, insbesondere in den Neuenglandstaaten, ermöglicht wurde. 13 Im Übergang von den auf körperlicher Präsenz beruhenden Öffentlichkeiten frühneuzeitlicher Gesellschaften zu den durch Distanzkommunikation geprägten Öffentlichkeiten moderner Gesellschaften spielten die Zeitungen des 18. Jahrhunderts eine zentrale Rolle. Zeitungen ermöglichten historisch erstmalig einen Informationsaustausch unter Fremden und dokumentieren insofern einen Bruch mit der auf face-to-face-Kommunikation beruhenden Anwesenheitsgesellschaft der Frühen Neuzeit. 14 Dieser 10 Einschlägig hierzu Bernard Bailyn und John B. Hench (Hrsg.): Press and the American Revolution. Worcester 1980; aus der älteren Forschung siehe noch immer Schlesinger (Anm. 9). 11 Richard D. Brown: Knowledge is Power: The Diffusion of Information in Early America, 1700–1865. New York 1989; Alfred D. Chandler und James W. Cortada: A Nation Transformed by Information: How Information Has Shaped the United States from Colonial Times to the Present. Oxford 2000. 12 Aus der Fülle der Forschungsarbeiten siehe etwa Hannah und Simon Burrows (Hrsg.): Press, Politics and the Public Sphere in Europe and North America, 1760–1820. Cambridge, Ma. 2002; James W. Carey: The Press and Public Discourse. In: Center Magazine 20 (1987), S. 4–16; Ders.: The Press, Public Opinion, and Public Discourse. In: Theodore L. Glasser und Charles T. Salmon (Hrsg.): Public Opinion and the Communication of Consent. New York 1995, S. 373–402; Michael Warner: The Letters of the Republic: Publication and the Public Sphere in Eighteenth-Century America. Cambridge, Ma. 1990. 13 William J. Gilmore: Reading Becomes a Necessity of Life. Material and Cultural Life in Rural New England. Knoxville 1989. – Zu den französischen Entwicklungen in dieser Zeit und zur Bedeutung der literarischen Sphäre und der Buchkultur für die Entstehung einer neuen Form politischer Öffentlichkeit siehe Roger Chartier: Die kulturellen Ursprünge der Französischen Revolution. Frankfurt am Main 1995, insbes. S. 84–112 und S. 183–190, sowie Robert Darnton: What Is the History of Books? In: Kenneth E. Carpenter (Hrsg.): Books and Society in History. New York 1983, S. 3–26. 14 Rudolf Schlögl: Anwesende und Abwesende. Grundriss für eine Gesellschaftsgeschichte der Frühen Neuzeit. Konstanz 2014. – Ähnlich argumentiert auch Warner (Anm. 12), der mit dem um 1720 in Boston und kurz danach auch in anderen Hafenstädten entstehenden „public print discourse“ eine „reconceptualization of the public sphere“ einhergehen sieht. Er generiert eine neue Qualität des Politischen durch den

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Vorgang hatte zwar einerseits eine Depersonalisierung des öffentlichen Raumes zur Folge, wirkte sich jedoch auf der anderen Seite auch zugunsten einer Individualisierung der Lebensführung und einer Pluralisierung von Lebensformen aus. Denn indem Zeitungen den Prozess der Meinungsbildung gewissermaßen privatisierten, entschärften sie zugleich den sozialen Konformitätsdruck der Communities zugunsten eines autonomeren Interpretationsspielraums der Leser. Allein aufgrund ihres spezifischen Rezeptionsmodus' emanzipierten sie von konkreten Handlungsverpflichtungen und ermöglichten neue Formen kritischer Distanz. 15 Überdies schuf die mit der Presse einhergehende Revolution der Kommunikationsformen eine Gesellschaft, die nicht mehr durch einen Mangel, sondern durch einen Überfluss an Information geprägt war; Wissen wurde von einer knappen und sozial privilegierten Ressource zum jederzeit konsumierbaren und allgemein zugänglichen Massengut. Im Zuge einer Marktrevolution öffentlicher Kommunikation transformierte sich eine aristokratische Elitenkultur der „very few“ zur Massenkultur des „common man“. Verbunden war dieser Prozess einer quantitativen Expansion und qualitativen Veralltäglichung konsumierbaren Wissens mit der Genese einer arbeitsteilig organisierten Kulturindustrie: Die Produktion und Distribution von Informationen und Meinungen wurde zum Geschäft, zur Angelegenheit eines wettbewerbsorientierten „big business“. Waren in der Kolonialzeit niemals mehr als 100 Personen mit der Erzeugung gedruckten Wissens beschäftigt, so belief sich ihre Zahl um 1850 bereits auf 25.000. 16 Die Kategorie der Öffentlichkeit ist für das Verstehen dieser Kommunikationsrevolution von großer Bedeutung. In Anlehnung an eine Theorietradition von Locke über Dewey bis Habermas lässt sich Öffentlichkeit als die Summe aller Kommunikationsformen und Assoziationsverhältnisse begreifen, in denen Individuen, soziale Gruppen oder ganze Kulturen nach gemeinsamen Interpretationen ihrer unterschiedlichen Interessen, Lebensformen und Problemlagen suchen. Es handelt sich um die Konstitution geteilter Erfahrungen in einer Welt der Differenz. Öffentlichkeit bringt die partikularen Identitäten individualisierbarer Subjekte und die übergreifenden Sinnstrukturen ihrer intersubjektiv geteilten Lebensformen in eine spannungsvolle Beziehung zueinander, eine Beziehung, die – als Öffentlichkeit – durch ein Minimum wechselseitiger Anerkennung, oder, um Strukturwandel der öffentlichen Austauschbeziehungen und Assoziationsverhältnisse (S. 36). Unpersönlichkeit wird zum konstituierenden Faktor dieser neuen Form von Öffentlichkeit, die nicht mehr den direkten Austausch zwischen Menschen privilegiert, sondern über ein Medium vermittelt ist (S. 40). 15 Darauf verweist Brown (Anm. 11), S. 279. 16 Brown (Anm. 11), S. 288–290.

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es in der Sprache Lockes zu formulieren: von Toleranz geprägt ist. Als ein kommunikatives Element der Zivilgesellschaft macht sie die Erfahrungen und die Meinungen eines heterogenen und pluralisierten Publikums zum Gegenstand gemeinsamer Deutungen. Sie dokumentiert insofern eine Gemeinsamkeit von Differenz bzw. eine Gemeinsamkeit in der Differenz, und zugleich die Notwendigkeit, dieses Ineinander von Gemeinsamkeit und Differenz kulturell zu interpretieren. 17 Um der historischen Bedeutung der Öffentlichkeit als eines kommunikativen Prozesses und dabei insbesondere der Bedeutung der Presse gerecht zu werden, bietet sich die Kombination sozial-, politik- und kulturgeschichtlicher Fragestellungen an. Die sozialgeschichtliche Forschungsperspektive zielt dabei auf die institutionelle Entwicklung der Presse, auf ihre Unternehmensstrukturen und Organisationsformen, auf die soziale Zugehörigkeit ihrer Leserschaft sowie schließlich auf die Professionalisierung ihrer Trägergruppen. In politikgeschichtlicher Perspektive lässt sich die Presse als eine Instanz der bürgerlichen Öffentlichkeit rekonstruieren, die im republikanischen Selbstverständnis der Zeitgenossen als „bulwark of liberty“ fungierte. 18 Die verbreitete Losung „only despots keep their subjects ignorant“ verweist auf die Affinität zwischen Wissen und Freiheit, die den Kampf um Meinungs- und Pressefreiheit motivierte. 19 Unter kulturgeschichtlichen Gesichtspunkten schließlich geht es um den Wandel des Öffentlichkeitskonzepts und der kommunikativen Struktur der Zivilgesellschaft. Die Funktionen, die die Presse in diesem Wandel besessen hat, lassen sich mit den Begriffen Transparenz, Identität und Legitimität typologisch ordnen. Transparenz verweist dabei auf den Beitrag der Presse zur Identifikation von Phänomenen und Problemlagen, die ein öffentliches Interesse beanspruchen können. Sie dient damit zugleich der Abgrenzung des öffentlich Kommunizierbaren von einer Sphäre des Privaten, die den Blicken Anderer entzogen bleibt. Der Begriff der Identität verweist auf den Beitrag der Presse zur öffentlichen Artikulation und sozialen Formierung von Zugehörigkeit durch Inklusion und Exklusion. Zugleich dokumentiert sie das ausgeprägte Potential der Öffentlichkeit zur kulturellen Selbsttransformation: Als ein zunächst hochexklusives, auf die Partizipation weißer, besitzender und gebildeter Männer beschränktes Phänomen 17 Von grundlegender Bedeutung für dieses Verständnis von Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft ist Habermas (Anm. 7), S. 399–467. 18 Jeffrey A. Smith: Printers and Press Freedom: The Ideology of Early American Journalism. New York 1988, S. 162 f.; den Entstehungskontext dieser Formel, die der Virginia Bill of Rights aus dem Jahre 1776 entspringt, rekonstruieren auch Emery und Emery (Anm. 8), S. 71 f. 19 Brown (Anm. 11), S. 287.

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war die sich in der Presse dokumentierende Öffentlichkeit gegenüber der Kritik durch zunächst ausgegrenzte und marginalisierte Gruppen nicht immunisierbar. Ganz in diesem Sinne manifestiert sich in der Geschichte der Presse auch eine Geschichte der kulturellen Erweiterung des öffentlichen Raumes. Die Kategorie der Legitimität schließlich verweist auf die Rolle der Presse bei der Kommunikation politischer Herrschaft, sozialer Ordnungsvorstellungen und gesellschaftlicher Rollenzuschreibungen. Anders als bei Prozessen der Identitätsbildung geht es hierbei nicht um die Abgrenzung eines Innen und Außen, sondern um die Rechtfertigung eines Oben und Unten, nicht um horizontale Zugehörigkeiten, sondern um vertikale Rechts-, Einkommens- oder Machtgefälle. Damit sind einige Forschungsperspektiven benannt, die eine Geschichte der Presse einlösen kann. Der empirischen Rekonstruktion ihrer sozialgeschichtlichen Grundlagen, ihrer politischen Bedeutung und ihrer kommunikativen Struktur dienen die folgenden Überlegungen. Dabei lassen sich drei Entwicklungsstufen typologisch voneinander unterscheiden, für die jeweils spezifische Öffentlichkeitsmodelle kennzeichnend geworden sind: In der Kolonialzeit dominierte ein Konversations- oder Diskursmodell der Öffentlichkeit, in dem Zeitungen vor allem als unparteiliche Mediatoren eines öffentlichen Räsonnements der Bürger fungierten. Ein zweiter Typ kam im Zusammenhang mit der Revolution auf und mündete in der späteren Partei- und Meinungspresse. Zeitungen wurden in dieser Periode zu „political engines“, 20 so dass sich in dieser Phase von einem Parteilichkeits- oder Gesinnungsmodell der Öffentlichkeit sprechen lässt. Ein dritter Typ schließlich entstand mit der Penny-Press seit den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts. Mit ihr setzte sich auf dem Boden einer fortschreitenden Professionalisierung der Anspruch auf Objektivität, Themenvielfalt und Unabhängigkeit durch und ließ das Informationsmodell bzw. später auch das Expertenmodell der Öffentlichkeit entstehen.

2. Die Ausbildung der Presselandschaft im kolonialen Amerika Als Benjamin Harris am 25. September 1690 unter dem Titel „Publick Occurrences, Both Forreign and Domestick“ in Boston die erste Zeitung auf amerikanischem Boden publizierte, waren dort günstige sozioökonomische Voraussetzungen für die Entstehung von Zeitungen gegeben: Boston besaß mit fast 7000 Einwohnern einen größeren Absatzmarkt als aus Ren-

20 Hierzu näher Schlesinger (Anm. 9), S. 208 f.; Frank L. Mott: American Journalism: A History, 1690–1960. 3. Aufl. New York 1962, S. 63–71.

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tabilitätsgründen notwendig gewesen wäre; 21 zudem existierte bereits eine vielseitig interessierte „reading class“; 22 ferner gab es durch den Schiffsverkehr mit England einen ständigen Zufluss an Informationen, die von den sich als „English frontiersmen“ begreifenden Kolonisten begierig nachgefragt wurden; 23 und schließlich erwiesen sich Zeitungen als geeignete Mittel, die Ankunft von Schiffen und deren Warenladungen anzuzeigen. Bereits Harris verband daher mit seiner Zeitung die Absicht, „to provide commercial intelligence and to assist businesses and negotiations“. 24 Auf diesen Grundlagen entfaltete sich während der Kolonialzeit eine rudimentäre Presselandschaft. 25 Bis 1725 gab es auch in Philadelphia und New York Wochenzeitungen, oft nur in Form kurzlebiger und wenig lukrativer Nebenbeschäftigungen von Postmeistern, Buchhändlern und Akzidenzdruckern. Immerhin steigerte sich ihre Zahl bis 1750 auf 12 und bis zum Ausbruch der Revolution auf 48. Während die durchschnittliche Auflagenhöhe anfänglich etwa 300 Exemplare umfasste, steigerte sie sich bis zur Revolution auf bis zu 3600. 26 Die einseitige Ausrichtung der Informationsbedürfnisse auf das Mutterland sowie ein schlecht ausgebautes Post- und Verkehrswesen verhinderten zunächst eine Zirkulation von Zeitungen zwischen den Kolonien. Erst Benjamin Franklin sorgte als Postmaster General seit 1753 für eine nachhaltige Verbesserung des Verteilungssystems, indem er das Netz der Postrouten erweiterte und die Transportgeschwindigkeit erhöhte. 27 Das Selbstverständnis der kolonialen Drucker war das von „meer mechanics“, die ihr handwerkliches Können zur Verfügung stellten, um Informationen zu verbreiten oder anderen Bürgern die Möglichkeit zu ge21 Emery und Emery (Anm. 8), S. 22. 22 Grundlegend hierzu Gilmore (Anm. 13). Zur politischen und gesellschaftlichen Bedeutung einer Ausbreitung des Lesens als kultureller Praxis im Amerika des 18. Jahrhunderts siehe ferner Warner (Anm. 12), der sich ebenfalls der Frage stellt: „How did reading come to be so important?“ (S. X). 23 Mott (Anm. 20), S. 48. 24 Zitiert nach Sloan u. a. (Anm. 8), S. 24 f. 25 Aus der umfangreichen historischen Forschung zu den Entstehungskontexten, zu den Themen und zum kulturellen Selbstverständnis des kolonialen Pressewesens siehe v. a. Charles E. Clark: The Public Prints: The Newspaper in Anglo-American Culture, 1665–1740. New York 1994; David A. Copeland: Colonial American Newspapers. Character and Content. Newark 1997; Ders.: Debating the Issues in Colonial Newspapers. Primary Documents on Events of the Period. Westport, Ct. 2000; William D. Sloan und Julie H. Williams: The Early American Press, 1690–1783. Westport, Ct. 1994; Julie H. Williams: The Significance of the Printed Word in Early America: Colonists' Thoughts on the Role of the Press. Westport, Ct. 1999. 26 Zu diesen Entwicklungen im Einzelnen Schlesinger (Anm. 9), S. 51–57. 27 Zum Zusammenhang der Entwicklung von Post- und Pressewesen im 18. und 19. Jahrhundert siehe Richard B. Kielbowicz: News in the Mail: The Press, Post Office, and Public Information, 1700–1860s. Westport, Ct. 1989.

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ben, ihre Meinungen zu publizieren. 28 In der Regel beschränkte sich ihre Funktion auf die Kompilation von Beiträgen, die sie in anderen Zeitungen vorfanden und die sie ohne Anspruch auf intellektuelle oder politische Originalität reproduzierten und an andere Drucker weiterleiteten. Benjamin Franklin, der für die von ihm im Jahre 1729 gegründete Pennsylvania Gazette bereits viele Beiträge selbst verfasste und seine Zeitung mit einer wohldosierten Mischung aus Information, Literatur, Unterhaltung und politischer Meinungsbildung zu dem brillantesten Organ der Kolonialzeit machte, ist in dieser Hinsicht eher als Ausnahme anzusehen. Zwar waren somit seit dem frühen 18. Jahrhundert wichtige sozioökonomische Voraussetzungen von Zeitungen erfüllt, nicht aber die politischen, insbesondere nicht das Recht auf Pressefreiheit. Harris' Zeitung wurde daher aufgrund eines teilweise regierungskritischen Inhalts bereits nach einmaligem Erscheinen verboten. Erst 1704 gab es mit John Campbells Boston News-Letter einen zweiten, diesmal erfolgreicheren Versuch, nun allerdings mit dem Untertitel „Published by Authority“, der die Macht der englischen Zensurbehörden dokumentiert. Erst der von James Franklin, dem älteren Bruder Benjamin Franklins im Jahre 1721 gegründete New England Courant schlug, ermöglicht durch das Ende der Vorzensur im Jahre 1720, erneut einen regierungskritischen Kurs ein, der jedoch alsbald zu seiner Verhaftung führte und auch dieses bis dahin ambitionierteste Zeitungsprojekt scheitern ließ. 29 Die Auseinandersetzungen um Meinungs- und Pressefreiheit in den Kolonien vollzogen sich innerhalb eines intellektuellen Feldes, das durch den Diskurs des Republikanismus und der englischen Oppositionsideologie des 17. und 18. Jahrhunderts bestimmt war. 30 Das Selbstverständnis der Presse als Kontrollorgan der Regierung sowie als Mandatar des Volkes und seiner Rechte war Ausdruck einer Konzeption des Politischen, die die Welt durch den Kampf zwischen Volk und Regierung, Freiheit und Tyrannei, Tugend und Korruption, Gemeinwohl und Privatinteressen, Öffentlichkeit und Parteien geprägt sah. Dem Prinzip der Meinungs- und Pressefreiheit kam innerhalb dieser politischen Kultur ein besonderer Rang zu, weil es als

28 Stephen Botein: Meer Mechanics and an Open Press: The Business and Political Strategies of Colonial American Printers. In: Perspectives in American History 9 (1975), S. 127–228. 29 Zu diesen frühen Entwicklungen siehe Emery und Emery (Anm. 8), S. 17–36. 30 Hierzu noch immer grundlegend Gerald Stourzh: Die Entwicklung der Rede- und Meinungsfreiheit im englischen und amerikanischen Rechtsraum. In: Johannes Schwartländer und Dietmar Willoweit (Hrsg.): Meinungsfreiheit – Grundgedanken und Geschichte in Europa und USA. Kehl am Rhein 1986, S. 121–143, sowie die jüngere Studie von Anthony Lewis: Freedom for the Thought That We Hate. A Biography of the First Amendment. New York 2008.

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Bedingung einer „informed citizenry“ und daher als Garant aller übrigen Freiheitsrechte galt. 31 Die kolonialen „men of letters“ knüpften mit ihrer Forderung nach Publikationsfreiheit an eine englische Tradition an, die 1644 mit John Miltons Streitschrift Areopagitica begonnen hatte, durch John Locke mit seinem Letter Concerning Toleration von 1689 fortgesetzt worden war und ihren intellektuellen Höhepunkt in den 1720 erstmals publizierten Cato-Briefen der radikalen Whig-Publizisten John Trenchard und Thomas Gordon fand. 32 Im Kontext dieser englischen Tradition war schrittweise eine „marketplace of ideas“-Konzeption der Öffentlichkeit entstanden, 33 die die Behandlung praktischer Fragen an die Prinzipien von Diskursivität, Pluralität und Prozessualität band. Das Kriterium der Diskursivität besagte, dass Wahrheit nur im Rahmen eines öffentlich ausgetragenen Wettkampfs der Meinungen gefunden werden könne. Sie konstituiert sich in der Konkurrenz zwischen Wahrem und Falschem, wobei auch die Publikation falscher Meinungen in Kauf genommen werden müsse, weil dies gegenüber dem Vorteil der Meinungsfreiheit ein gering zu veranschlagendes Übel darstelle. Das Prinzip der Pluralität bedeutete, dass Wahrheit grundsätzlich nicht monopolisierbar sei, sondern in einer Vielfalt lebensweltlich fundierter öffentlicher Meinungen zum Ausdruck komme, die als legitime Formen von Differenz geduldet werden müssten. Das Prinzip der Prozessualität schließlich akzentuierte die prinzipielle Unabgeschlossenheit der Wahrheitssuche. Wahrheit sei Stückwerk und müsse in institutionalisierten Verfahren der öffentlichen Meinungsbildung immer wieder erneuert werden. 34 Diese republikanische Konzeption der Öffentlichkeit prägte das Selbstverständnis der kolonialen Drucker. Zeitungen dienten den Freiheitsrechten des Volkes, indem sie sich als unparteiliche Mediatoren eines öffentlichen Diskurses darauf beschränkten, allen Seiten ungeachtet ihrer politischen Ansichten einen ungehinderten Zugang zur Öffentlichkeit zu gewähren. „Open to all Parties, but influenced by None“ ist daher eine im 31 Brown (Anm. 11), S. 288 f. 32 Zur historischen Einordnung und Bedeutung dieser englischen Tradition im amerikanischen Kontext siehe Leonard W. Levy: Liberty of the Press from Zenger to Jefferson. In: Ders.: Judgments. Essays on American Constitutional History. Chicago 1972, S. 115–158; Ders.: Emergence of a Free Press. New York 1985, sowie Frank Kelleter: Amerikanische Aufklärung: Sprachen der Rationalität im Zeitalter der Revolution. Paderborn 2002, S. 412–417. 33 Hierzu im Einzelnen Smith (Anm. 18) S. 31–42. 34 Kelleter (Anm. 32) hat herausgearbeitet, wie dieses prozessualistische Selbstverständnis politischer Öffentlichkeit zu einem Grundelement der amerikanischen Verfassung geworden ist (S. 474–499).

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Untertitel der kolonialen Zeitungen häufig auftauchende Formel. 35 Benjamin Franklin hat dieser Überzeugung in seiner Apology for Printers, die er 1731 in seiner Pennsylvania Gazette als der besten Zeitung der Kolonialzeit publizierte, programmatisch Ausdruck verliehen: „Printers are educated in the Belief, that when Men differ in Opinion, both Sides ought equally to have the Advantage of being heard by the Publick; and that when Truth and Error have fair Play, the former is always an overmatch for the latter: Hence they cheerfully serve all contending Writers that pay them well, without regarding on which side they are of the Question in Dispute.“ 36 Als eine kommunikative Sphäre der bürgerlichen Öffentlichkeit schließlich dokumentiert die koloniale Presse ein ambivalentes Bild. Im Sinne von Reflexionsorganen gesellschaftlicher Wirklichkeit ermöglichten Zeitungen zwar einen Diskurs unabhängig von der persönlichen Kommunikation der Akteure, hielten jedoch formal immer noch an einer Vorstellung von Öffentlichkeit als direkter Konversation fest. Dieses Konversationsmodell besaß schon allein aufgrund der Dominanz des Pamphletstils einen bildungsaristokratischen Akzent und manifestierte ein elitäres Distanzstreben. Es blieb ein Privileg der „better sort“, in dem die Gentlemen einen aufgeklärten Diskurs abseits alltäglicher Verständigungsformen pflegten und sich mit seiner Hilfe als Kulturelite von den „inferior orders“ abgrenzten. 37 Andererseits forcierten Zeitungen aber auch eine Pluralisierung kultureller Reflexionsprozesse und wirkten sich zugunsten des Abbaus von Monopolisierungen der öffentlichen Meinung aus. Vergnügt berichtet Benjamin Franklin in seiner Autobiographie von dem allgemeinen Unverständnis, das seinem Bruder James entgegenschlug, als dieser sich daran machte, das vierzehnjährige Monopol von Campbells Boston News-Letter durch die Gründung einer zweiten Zeitung zu beenden. Schließlich gebe es doch schon eine Zeitung in Amerika und das sei genug, lautete das Argument seiner Freunde, die ein Misslingen des Plans voraussahen. 38

35 Dies wird deutlich herausgearbeitet von Stephen Botein: Printers and the American Revolution. In: Bailyn /Hench (Anm. 10), S. 11–58, hier v. a. S. 19. – Siehe ferner Jürgen Heideking: Die Verfassung vor dem Richterstuhl. Vorgeschichte und Ratifizierung der amerikanischen Verfassung 1787–1791. Berlin 1988, S. 222, sowie Emery und Emery (Anm. 8), S. 59. 36 Zitiert nach Sloan u. a. (Anm. 8), S. 99. Zur historischen Einordnung der Position Franklins siehe auch Botein (Anm. 35), S. 20. 37 Instruktiv in diesem Zusammenhang Robert E. Shalhope: The Roots of Democracy. American Thought and Culture, 1760–1800. Boston 1990, hier S. 4 f. 38 Zu den Hintergründen Smith (Anm. 18), der auch die entsprechenden Stelle zitiert: „I remember his being dissuaded by some of his Friends from the Undertaking, as not likely to succeed, one Newspaper being in their Judgement enough for America“ (S. 12).

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Als Elemente von Identitätsbildung und der Formierung von Zugehörigkeit dokumentieren die Zeitungen mit ihrer allmählichen Schwerpunktverlagerung von englischen zu kolonialen Themen die Entstehung eines nationalen Bewusstseins. „Domestic occurrences“ wurden wichtige Faktoren nationaler Identitätsbildung, die der politischen Nationsbildung im Zusammenhang der Revolution zeitlich und systematisch vorausgingen. 39 Auch mit Blick auf die Funktion der Legitimitätsbildung manifestiert die koloniale Presse eine Transformation des öffentlichen und kommunikativen Raumes: Zunächst war die Kritik politischer Herrschaft – trotz einiger durchaus hörbarer regierungskritischer Untertöne – keineswegs konstitutiv für die Zeitungen des 18. Jahrhunderts. Diese beabsichtigten keine Kultivierung des Streits, sondern blieben einem harmonistischen Gesellschaftsideal verpflichtet, das eine soziale Ordnung im Interesse des Common Good und jenseits von Interessen und Parteien normativ privilegierte: „I wish from my heart that some Method may be found for our relief to prevent Party-making amongst us; It grieves me to see our Divisions which are daily increasing, and which tend only to our ruin“ heißt es in einem Bostoner Letter from a Gentleman aus dem Jahre 1720. 40 Der in den Zeitungen geführte Diskurs war noch einem sozialintegrativen Öffentlichkeitsmodell verpflichtet: Aufgabe von Zeitungen war vornehmlich die Legitimation von Herrschaft, sozialer Ordnung und Kultur jenseits der aufkommenden Interessengegensätze einer sich pluralisierenden Gesellschaft. Diese Funktionszuschreibung begann sich erst mit dem aufkommenden Gegensatz zum Mutterland seit den 60er Jahren zu ändern.

3. Politisierungsprozesse im Zeitalter der Amerikanischen Revolution Mit der Stamp Act-Krise setzte eine Transformationsperiode der Presse ein, die vor allem durch zwei Tendenzen geprägt war: einerseits durch eine Politisierung, die sie zur „political engine“ machte; andererseits durch eine Professionalisierung, die ihren Durchbruch zum modernen Massenmedium vorbereitete. 41 Während sich zwischen dem Ausbruch der Revolution 39 Carol S. Humphrey: The Press of the Young Republic, 1783–1833. The History of American Journalism. Westport, Ct. 1996, hier S. 140. 40 Dieses das amerikanische Zeitschriftenwesen in dieser Zeit dominierende Gesellschafts- und Politikmodell wird gut herausgearbeitet von Warner (Anm. 12), S. 46; dort findet sich auch das angeführte Zitat. 41 Zur Geschichte der Presse in der Epoche der amerikanischen Revolution siehe v. a. Bailyn /Hench (Anm. 10), dort Richard Buel Jr.: Freedom of the Press in Revolutionary America: The Evolution of Libertarianism, 1760–1820 (S. 59–82) sowie Botein (Anm. 35), ferner Heideking (Anm. 35); Carol S. Humphrey: „This Popular Engine“:

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und den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts die amerikanische Bevölkerung von etwa 4 auf 16 Millionen Einwohner vervierfachte, erhöhte sich die Anzahl der Zeitungen in derselben Zeit um das 35-fache auf 1200. 42 Erklärbar ist diese enorme Steigerung sowohl mit der kommunikativen Erschließung des Hinterlandes durch den aufkommenden „village journalism“, 43 als auch mit der zunehmenden medialen Durchdringung lokaler Kommunikationsstrukturen im Zuge von Urbanisierungsprozessen. In dieser Zeit entstand auf der Grundlage der weltweit höchsten Alphabetisierungsrate und begleitet durch den Aufstieg der Tagespresse das Selbstbild der USA als einer Nation von Zeitungslesern. 44 In sozialgeschichtlicher Perspektive begann sich seit dem späten 18. Jahrhundert das neue Berufsbild des Journalisten abzuzeichnen. 45 Vier Tendenzen sind in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung: Erstens ergab sich ein Trend zur Intellektualisierung und der Verdrängung der „meer mechanics“ durch die „men of independent intellect and principle“. 46 Diese Entwicklung wurde durch das Ende des bis dahin üblichen wechselseitigen Austauschs von Zeitungen hervorgerufen, die zwischen den Druckern als Informationsquellen kursierten. Der unkommentierte Wiederabdruck von Artikeln aus englischen Zeitungen war seit der Konfrontation der 60er Jahre unmöglich geworden und auch der Informationsaustausch zwischen den kolonialen Zeitungen war durch das Aufkommen interner Parteibildungen und abweichender Meinungen erschwert worden. 47 Seither mussten Artikel selbst geschrieben werden, was zunehmend von Korrespondenten und Redakteuren übernommen wurde. Mit ihnen professionalisierte sich der literarische Stil der Zeitun-

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New England Newspapers During the American Revolution, 1775–1789. Newark 1992; Schlesinger (Anm. 9); Frank W. Scott: Newspapers, 1775–1860. In: William P. Trent u. a. (Hrsg.): Cambridge History of American Literature. New York 1933, S. 176– 195. Sloan u. a. (Anm. 8), S. 64 f. Hierzu Mott (Anm. 20), S. 135–143. Sloan u. a. (Anm. 8), S. 66. Zur Geschichte des amerikanischen Journalismus sind noch immer einschlägig: Mott (Anm. 20); Dan Schiller: Objectivity and the News: The Public and the Rise of Commercial Journalism. Philadelphia 1981; Michael Schudson: The Profession of Journalism in the United States. In: Nathan O. Hatch (Hrsg.): The Professions in American History. Notre Dame, In. 1988, S. 145–161 – Zur deutschen Entwicklung im internationalen Vergleich siehe Jörg Requate: Journalismus als Beruf. Entstehung und Entwicklung des Journalistenberufs im 19. Jahrhundert. Deutschland im internationalen Vergleich. Göttingen 1995, sowie James Retallack: From Pariah to Professional? The Journalist in German Society and Politics, from the Late Enlightenment to the Rise of Hitler. In: German Studies Review 16 (1993), S. 175–223. Botein (Anm. 35), S. 45. Diese Entwicklungen schildert im Einzelnen Humphrey (Anm. 39), S. 133–155, ferner Heideking (Anm. 35).

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gen: Bis 1800 war das langatmige Pamphlet verschwunden und hatte dem pointierten Artikel und Kommentar Platz gemacht. Ein zweiter Faktor von Professionalisierung war die Entstehung eines engmaschig reglementierten Ausbildungssystems, das zur Sicherstellung beruflicher Qualitätsstandards eine fünf- bis siebenjährige Lehrzeit festschrieb. Drittens bildete sich eine spezifische Berufsethik der Drucker und Journalisten heraus, die den Wahrheitsgehalt von Inhalten sicherstellen sollte. Wurden in der Kolonialzeit die von anderen Zeitungen übernommenen Artikel in der Regel ungeprüft wieder abgedruckt, so wurde nun die nachweisbare Richtigkeit von Meldungen zur Bedingung ihrer Publikation. Anonym verfasste Artikel, bei denen der Wahrheitsgehalt und die Informationsquelle fragwürdig waren und die nicht bestimmten Autoren persönlich zuzurechnen waren, wurden zunehmend abgelehnt. Ferner dämmte man das in der Kolonialzeit noch verbreitete und durchaus nicht ehrenrührige Plagiatwesen seit 1786 durch Gesetze zum Schutz der Autoren und ihres Copyright ein. Schließlich lässt sich die Selbstverpflichtung der Drucker zu sachlicher Zurückhaltung als Beleg für die Herausbildung eines professionsspezifischen Berufsethos interpretieren. Viertens zeugt der erfolgreiche Widerstand der Drucker gegen Besteuerungsversuche ihrer Zeitungen von der Fähigkeit zur berufsständischen Selbstorganisation und zur Verteidigung ihrer ökonomischen Interessen. 48 Als Faktoren der politischen Kultur bildeten die Zeitungen organisatorische Zentren der Unabhängigkeitsbewegung. Seit der Stamp Act-Krise entwickelten sich die Drucker als die neben den Anwälten von der Stempelsteuer am meisten Betroffenen zur führenden Trägergruppe der Revolution, die aus zwei Gründen gestärkt aus dieser Krise hervorgingen: Zum einen erwies sich die Presse als das einzige funktionierende Instrument zur Herstellung eines die Kolonien übergreifenden Kommunikationszusammenhangs; zum anderen offenbarte die Straflosigkeit ihres Widerstandes einen voranschreitenden Autoritätsverlust der englischen Regierung, die die angedrohten Sanktionen gegen die Benutzung ungestempelten Papiers in keiner Phase durchzusetzen vermochte. Die politische Bedeutung der Presse bestätigte sich im Verlauf der Amerikanischen Revolution; hervorzuheben ist dabei vor allem die Boston Gazette als organisatorisches Zentrum der revolutionären Führungsgruppe um Samuel Adams und die Sons of Liberty. 49

48 Zu diesen vielfältigen Professionalisierungsprozessen im Rahmen des amerikanischen Journalismus während der Revolutionszeit siehe Humphrey (Anm. 41), insbes. S. 44– 62 sowie S. 142–150. 49 Zur politischen Bedeutung der amerikanischen Presse seit der Stamp Act-Krise siehe im Einzelnen auch Botein (Anm. 35); Sloan u. a. (Anm. 8), S. 40–70.

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Das Verständnis von Zeitungen als republikanischen Instrumenten der Verteidigung demokratischer Volksrechte gegen die englische Willkürherrschaft dokumentiert sich auch in einer verbreiteten Furcht vor dem Niederbrennen der wenigen amerikanischen Papiermühlen, die die chronische Papierknappheit der Kriegsjahre wenigstens zum Teil lindern und eine propagandistische Grundversorgung der Bevölkerung sicherstellen sollten. Nicht zuletzt die populäre, vor allem an Frauen als „republican mothers“ adressierte Aufforderung zum republikanischen Lumpensammeln – „save your rags and save your country“ – zeigt, in welchem Ausmaß Zeitungen in der Revolutionszeit für patriotische Zwecke in Anspruch genommen wurden. 50 Auch mit Blick auf die Pressefreiheit 51 leitete die Revolution eine wichtige Transformationsperiode der Presse ein. In einer Zeit zunehmender Polarisierung wurde das Festhalten am kolonialen Unparteilichkeitsgebot unmöglich. Wer weiterhin allen Parteien das Recht freier Meinungsäußerung zugestand, galt als ein Vertreter englischer Tyrannei, gegen den bis zur Zerstörung der Druckerpressen durch patriotische Mobs vorgegangen wurde. Dies hatte zur Konsequenz, dass das Prinzip der Pressefreiheit von den Gegnern der Revolution gegen die Revolutionäre, die im Namen Pressefreiheit missliebige Zeitungen unterdrückten, reklamiert wurde. 52 Ebenso wenig wie die Revolution brachte der erste Zusatzartikel der Bill of Rights eine Klärung des Problems, weil er eine nachträgliche Anklage wegen „seditious libel“, also wegen aufrührerischer Agitation und übler Verleumdung, sowie die Möglichkeit einer strafrechtlichen Verfolgung der Presse wegen Regierungskritik nicht dezidiert ausschloss. Eine Klärung dieser Frage erfolgte erst im Zusammenhang der Auseinandersetzungen zwischen Federalists und Republicans um die Alien and Sedition Acts von 1798, mit denen die Federalists versuchten, ihre Opposition mundtot zu machen. Erst mit der Abschaffung dieser Gesetze unter der Präsidentschaft Jeffersons war die Frage dahingehend geklärt, dass eine Verfolgung der Presse wegen Regierungskritik unmöglich wurde und der Schutz gegenüber öffentlicher Verleumdung auf Privatpersonen und deren Menschenwürde beschränkt wurde. Erst seit dieser Zeit erstreckte sich das

50 Hierzu Humphrey (Anm. 41), S. 32–34. 51 Zur Geschichte der Pressefreiheit in der amerikanischen Geschichte gibt es eine sehr verzweigte Literatur, erwähnt seien hier nur Buel (Anm. 41); David A. Copeland: The Idea of a Free Press: The Enlightenment and Its Unruly Legacy, Evanston, Il. 2006; Levy (Anm. 32); Lewis (Anm. 30); Stourzh (Anm. 30). 52 Zu diesen Vorgängen siehe Humphrey (Anm. 41), S. 87–98.

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Marketplace of Ideas-Konzept auch auf die „Ideen, die wir hassen“, wie es der Bundesrichter Holmes später formulierte. 53 Schließlich fungierten die Zeitungen dieser Zeit unter politischem Aspekt als Kristallisationskerne des ersten amerikanischen Parteiensystems. Bereits in der Verfassungsdebatte zwischen Federalists und Antifederalists galt es als politischer Grundkonsens, dass die Legitimität von Herrschaft an den öffentlichen Austausch der Meinungen, an den „spirit of free investigation“ gebunden sei. 54 Gleichzeitig wurde deutlich, dass der Gewinn politischer Macht den Zugang zu den Medien der öffentlichen Meinungsbildung voraussetzte. Politik wurde zum Kampf um Mehrheiten im öffentlichen Raum. Dem entsprach, dass die republikanische Verachtung des „factionalism“ um 1800 zugunsten eines bewussten Bekenntnisses zur Interessenpolitik weitgehend verschwunden war. Damit waren die Grundlagen für die Ausbildung der Parteipresse gelegt, die die parteipolitische Polarisierung zwischen Federalists und Republicans begleitete und sich in der Gründung der von John Fenno seit 1789 herausgegebenen Gazette of the United States auf der Seite der Federalists und der von Philip Freneau seit 1791 veröffentlichten National Gazette auf der Seite der Republicans niederschlug. Bei ihnen handelte es sich erstmals um Zeitungen, die als Ersatz für die noch weitgehend fehlenden Parteimaschinen fungierten und als solche von der Politik alimentiert und instrumentalisiert wurden. Auch im Hinblick auf das Öffentlichkeitskonzept bildete die Zeit der Revolution und der frühen Republik eine wichtige Phase: Es vollzog sich eine „revolution in news“, die sich nicht nur auf den zunehmenden Einfluss parteipolitischer Gesichtspunkte zurückführen lässt, sondern die auch durch das Eindringen ökonomischen Wettbewerbs geprägt war. Öffentlichkeit wurde nicht nur zum politischen Kampf der Meinungen, sondern auch zu einem Element der Marktrevolution. Ein Indikator dafür ist die Aufwertung der Aktualität von Zeitungen zum Wettbewerbsfaktor. War in der Kolonialzeit der „time lag“ gegenüber Europa von mindestens zwei Monaten kein Problem für das kulturelle Prestige der Presse, so künden die seit 1811 üblich werdenden „boat races“, in denen Journalisten auf Schnellseglern den ankommenden Schiffen entgegenfuhren, um sich Stundenvorteile gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen, von einem gründlich

53 Dies erwähnt Stourzh (Anm. 30), der auch das entsprechende Wort des Bundesrichters Holmes zitiert: „Wenn es irgendein Prinzip der Verfassung gibt, das nachdrücklicher Beachtung verlangt als jedes andere, dann ist es das Prinzip der Gedankenfreiheit – nicht Gedankenfreiheit für jene, die mit uns übereinstimmen, sondern Freiheit für das Denken, das wir hassen“ (S. 143). 54 Zu diesen komplexen Vorgängen siehe v. a. Heideking (Anm. 35), insbesondere den dritten Teil seines Buchs mit dem Titel „Öffentlichkeit, Presse und Korrespondenzen“ (S. 161–256; dort das Zitat, S. 178).

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gewandelten Konzept der „news“. 55 Die Aktualität ihrer Berichterstattung wurde zur Überlebensbedingung von Zeitungen. Mit Blick auf die Formierung von Zugehörigkeit kam den Zeitungen in dieser Phase eine große Bedeutung für die Neuorganisation des Geschlechterverhältnisses zu. Einerseits etablierte sich in der Öffentlichkeit ein männlich dominiertes Modell von Parteipolitik, das Frauen ausgrenzte. 56 Andererseits wurden Frauen in dieser Zeit auf neue Weise zu Akteuren eines öffentlichen Debattierraumes. Im Medium eines weiblich geprägten Systems sozialpolitischer Reformorganisationen, das den männlichen Besitzindividualismus bewusst konterkarierte, entstand auf dem Boden einer kulturellen Feminisierung von Tugend und Moral eine neue Konzeption der Öffentlichkeit, die die Geschichte des 19. Jahrhunderts bis hin zum Aufkommen des Maternal Welfare State maßgeblich geprägt hat. In diesem Kontext kam es seit den späten 80er Jahren des 18. Jahrhunderts zur Gründung von Lady's Magazines, deren Aufgabe als Keimzellen der im Laufe des späten 18. und 19. Jahrhunderts entstehenden Zusammenschlüsse von Frauen zwar zunächst auf die Integration von Frauen in die Geschlechterstereotype der „separate spheres“ zugeschnitten war, die aber langfristig gesehen auf diese Funktion nicht beschränkt werden konnten, sondern als „avenue into the public sphere“ genutzt worden sind. 57 Am Beispiel der zeitgenössischen Romanliteratur hat Kathy Davidson gezeigt, dass dieser ein subversiver Charakter zukam, indem sie Frauen aus der Beschränktheit ihrer realen Existenz in alternative Lebenswelten hinein kulturell transzendierte, mit handfesten Folgen für deren Fähigkeit, diese Beschränkungen dann auch handelnd zu überwinden. 58 Dasselbe Muster kulturellen Lernens lässt sich am Beispiel des Zeitschriftenwesens aufweisen: Seit den 30er Jahren existierten Organe, die sich als Entstehungsmilieus einer po55 Hierzu näher Mott (Anm. 20), S. 194. 56 Paula Baker: The Moral Frameworks of Public Life: Gender, Politics, and the State in Rural New York, 1870–1930. New York 1991; Dies.: The Domestication of Politics: Women and American Political Society, 1780–1920. In: Vicki L. Ruiz und Ellen C. DuBois (Hrsg.): Unequal Sisters: A Multicultural Reader in U. S. Women's History. 2. Aufl. New York 1994. 57 Dies betont Mary B. Norton: The Evolution of White Women's Experience in Early America. In: American Historical Review 89 (1984), S. 593–619: „Indeed, from these eighteenth-century women's voluntary groups grew such major nineteenth-century movements as temperance and abolitionism as well as the beginnings of urban philanthropy and, later, welfare services. Therefore, disestablishment provided the impetus for one of the most important developments in American community life and in the lives of nineteenth-century American Northern and urban women“ (S. 616). – Siehe in diesem Kontext auch Mary P. Ryan: Gender and Public Access: Women's Politics in 19th Century America. In: Calhoun (Anm. 7), S. 259–288. 58 Cathy N. Davidson: The Novel as Subversive Activity: Women Reading, Women Writing. In: Alfred F. Young (Hrsg.): Beyond the American Revolution: Explorations in the History of American Radicalism. De-Kalb 1993, S. 283–316.

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litischen Reformprogrammatik interpretieren lassen. Seit dem Beginn der 30er Jahre entstanden mit dem Female Advocate und anderen Zeitschriften aus dem Umfeld der entstehenden Frauenbewegung erstmals Organe, die sich als Gründungsmilieus einer politischen Reformprogrammatik der bürgerlichen Gesellschaft interpretieren lassen. In ihnen entwickelte sich ein alternatives, sozialreformerisch ausgerichtetes Öffentlichkeitsmodell, das im späten 19. Jahrhundert als einzige Reformressource zur Verfügung stand, um den Modernisierungskrisen dieser Zeit sozialstaatlich zu begegnen.

4. Der Durchbruch zum Massenmedium in der frühen Republik Bis in die 30er Jahre des 19. Jahrhunderts hinein erreichten die Zeitungen mit einer durchschnittlichen Auflage von 1500–2000 Exemplaren kein Massenpublikum. Dem stand allein schon der relativ hohe Preis von 8– 10 Dollar für die gewöhnlich nur im Jahresabonnement zu beziehenden Tageszeitungen entgegen. 59 Dies änderte sich erst mit dem Aufkommen der Penny Press, die in sozialgeschichtlicher Perspektive den Durchbruch der Presse zum Massenmedium dokumentiert. Seit den 20er Jahren war die Flachbettpresse durch die Rotationspresse, mit der bis zu 4000 Zeitungen pro Stunde produziert werden konnten, verdrängt worden. Gleichzeitig trug die Umstellung der Papierproduktion von Hadern auf Zellstoffbasis zu einer maßgeblichen Verringerung der Produktionskosten bei. Zudem ermöglichte die mit der Eisenbahn verbundene Transportrevolution eine neue Stufe der kommunikativen Durchdringung des Landes und beschleunigte die Verbreitung von Informationen erheblich. Hatte es im Jahre 1799 noch drei Wochen gedauert, bis die Nachricht vom Tode George Washingtons alle Zeitungen des Landes durchlaufen hatte, verbreiteten sich Informationen nun bereits innerhalb weniger Tage, zwischen New York und Washington sogar bereits innerhalb von 36 Stunden. 60 Gleichzeitig steigerte sich der soziale Verbreitungsgrad der Presse. Während um 1830 etwa die Hälfte aller Haushalte regelmäßigen Zugang zu Zeitungen besaß, erhöhte sich diese Rate mit der Penny Press innerhalb weniger Jahre durch die Mobilisierung neuer Leserschichten aus der Middle Class, die sich die herkömmlichen Six-Penny Papers nicht leisten konnten. Entsprechend stiegen die Auflagenziffern: Erreichte noch 1833 keine Zeitung eine Auflage von mehr als 5000, so verfügte die New York Sun nur vier

59 Hierzu Schudson (Anm. 8), S. 14–30. 60 Zu diesen Entwicklungen Humphrey (Anm. 39), S. 133–155.

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Jahre nach ihrer Gründung im Jahre 1833 bereits über eine Auflage von 15.000 und schmeichelte damit ihrem Untertitel „It shines for all“. Mit der Steigerung der durchschnittlichen Auflage auf bis zu 40.000 innerhalb von nur zwei Jahrzehnten wurde die Presse zum Alltagsphänomen. 61 Diese Veränderungen forcierten die Entwicklung neuer Unternehmensstrukturen. Zeitungen wurden zu kapitalintensiven, aber auch profitablen Unternehmen, sofern sie sich auf dem zunehmend umkämpften Markt behaupten konnten. Zur Überlebensbedingung wurde dabei der Gewinn ökonomischer Unabhängigkeit von den unzuverlässigen Zuwendungen der Parteien zugunsten der kalkulierbareren Finanzierung durch Anzeigen. Das erklärt, warum New York in dieser Zeit Boston und Philadelphia als Pressezentrum ablöste: Zwischen 1830 und 1840 verdoppelte sich seine Bevölkerung von 200.000 auf 400.000, was einer expandierenden Konsumgüterindustrie einen günstigen Absatzmarkt verschaffte und zugleich die Massenpresse als wirkungsvolles Werbeinstrument voraussetzte. Schließlich erfolgte in dieser Zeit ein entscheidender Professionalisierungsschub des Journalismus, der sich im Aufstieg der „news“ gegenüber den „opinions“ und in der Gewichtsverlagerung vom politischen Gesinnungs- zum Nachrichtenjournalismus niederschlug. Die ökonomische Notwendigkeit einer sozial breit gestreuten Leserschaft verankerte den Objektivitätsanspruch im Zentrum des journalistischen Selbstverständnisses, weil er am ehesten sicherzustellen schien, ein heterogenes Publikum gleichermaßen mit Informationen bedienen zu können. Der „belief in facts“ traf den Nerv einer pragmatisch und realistisch ausgerichteten bürgerlichen Mittelklasse, die auf die Richtigkeit der Informationen setzte, von denen sie ihre Entscheidungen abhängig machte. 62 Ebenfalls aus ökonomischen Gründen wurde es wichtig, den Leseinteressen des Publikums thematisch Rechnung zu tragen. Dies erforderte die Sensibilisierung für den Alltag breiter Bevölkerungsgruppen und ließ den Typus des Reporters entstehen, der seine Informationen in der konkreten Lebenspraxis, im „social life“ seiner Adressaten suchte. Seither prägten umfangreiche Lokalteile, Alltagsgeschichten und „human interest stories“ die Zeitungen und beendeten die politische Einseitigkeit der Parteipresse. Allerdings bedeutete dies nicht, dass sich die Penny Press als ein Element der politischen Kultur verabschiedete. Vielmehr verstand sie sich als kongeniales Organ einer demokratisch-egalitären Politik. Für James Gordon Bennett, der im Jahre 1835 den New York Herald gründete und ihn bis 1872 zu einer der auflagenstärksten Zeitungen machte, wurde die

61 Schiller (Anm. 45), S. 12–17. 62 Ebd., S. 9.

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Penny Press geradezu zur Vox Populi und zum Vertreter des Common Good, „equally intended for the great masses of the community“. 63 Dieser Vertretungsanspruch der Penny Press für das öffentliche Wohl ist auf ihre gemeinsamen Ursprünge mit der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung zurückgeführt worden. Allerdings wird man diese Affinität wohl auf die frühen 30er Jahre beschränken müssen, da seitdem der ökonomisch motivierte Objektivitätsanspruch der Penny Press eine einseitige Identifikation mit den Interessen der Arbeiterbewegung unmöglich machte. 64 Immerhin blieb jedoch ein emphatisches Bekenntnis zum Public Good konstitutiv für ihr politisches Selbstverständnis. Sie verstand sich als das Organ des gemeinen Mannes und entsprach damit einem Klima, in dem der Wegfall der letzten Wahlrechtsschranken für weiße Männer in die Richtung einer egalitären Gesellschaft zu weisen schien, in Wirklichkeit aber nur notdürftig das Aufkommen neuer Klassenstrukturen und Formen sozialer Ungleichheit übertünchte. Ein gutes Beispiel für den politischen Anspruch der Penny Press ist die von ihr gepflegte Tradition der „crime news“, der Berichterstattung über Gerichtsprozesse und polizeiliche Aktionen, die heute eher als Sensationsjournalismus gilt, früher jedoch als Ausübung einer wichtigen öffentlichen Kontrollfunktion gegenüber Justiz und Exekutive wahrgenommen wurde. Mit ihr sollten soziale Gerechtigkeit und individuelle Rechte gegenüber staatlicher Willkür sichergestellt werden. Innerhalb von nur zwei Jahrzehnten hat die Penny Press die amerikanische Öffentlichkeit revolutioniert. Sie dokumentiert den Durchbruch einer Massengesellschaft, die von den Vertretern der traditionellen Eliten als eine Vulgarisierung der Kultur und als eine epistemologische Krise wahrgenommen worden ist. Der soziale Träger dieser Transformation war eine urbane Mittelklasse, die unter den Bedingungen der entstehenden Marktgesellschaft neue Formen von Kommunikation und kulturellem Wissen etablierte. Handeln wurde auf „practical knowledge“ gegründet und an Maximen ökonomischer Nützlichkeit orientiert. „Gathering facts“ wurde zum Mittel gesellschaftlicher Problemlösung und galt als notwendige Voraussetzung für die Bewältigung der zeitgenössischen Orientierungskrise. 1803 tauchte der Artikel „statistics“ erstmals in Worterbüchern auf und markierte das intellektuelle Milieu, in dem die Wissenschaft, verstanden als eine positivistische „collection of facts“, die menschliche Lebensführung an objektiven Handlungsbedingungen orientierte. Das öffentliche Prestige, das die „men of science“ und die Professionen im Laufe des 19. Jahrhunderts akkumulierten, ist auf kulturelle Weichenstellungen zu63 Ebd., S. 15–17. 64 Ebd., S. 47–55.

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rückzuführen, die in der Zeit der Penny Press und durch diese erfolgten. Insbesondere der Boom wissenschaftlicher und populärwissenschaftlicher Fachzeitschriften sowie der Organe der entstehenden Professionen verweist auf die Bedeutung der Presse, die für das Legitimitätsstreben dieser neuen gesellschaftlichen Ordnungsmächte ein geeignetes Forum darstellte und der Verbreitung einer „culture of science and professionalism“ diente. 65 Die Penny Press repräsentiert somit die Kulminationsphase einer langfristigen Kommunikationsrevolution, die seit der Kolonialzeit die Grundlagen der bürgerlichen Öffentlichkeit grundlegend verändert hat und damit zu einer Triebkraft der kulturellen Modernisierung wurde. Zeitgleich mit diesen Entwicklungen entstand jedoch auch ein kulturkritisches Räsonnement über die drohende Vulgarisierung der Öffentlichkeit als Folge massenmedialer Institutionen. Bereits kurz nach der Jahrhundertwende artikulierte Alexander Hamilton eine wachsende Entfremdung der Revolutionselite von der sich abzeichnenden Massenkultur, indem er erklärte: „This American world was not made for me.“ 66 Über alle kulturellen Transformationen der Öffentlichkeit hinweg sind die Diagnosen ihres Zustands ähnlich umstritten geblieben, wie es in diesen Worten Hamiltons anklingt – und dies gilt bis zu den gegenwärtigen Auseinandersetzungen um die Folgen der digitalen Revolution für die Formen zivilgesellschaftlicher Kommunikation. Nicht zuletzt in der Kontinuität dieses Streits ist die Aktualität einer Geschichte der Öffentlichkeit begründet.

65 Zu diesen Aspekten, die mit dem Durchbruch der modernen Massengesellschaft in den USA verbunden waren, siehe im Einzelnen Gordon S. Wood: The Radicalism of the American Revolution. New York 1992, S. 347–368. 66 From Alexander Hamilton to Gouverneur Morris, [29. February 1802], Founders Online, National Archives, last modified June 29, 2017, http://founders.archives.gov/ documents/Hamilton/01-25-02-0297 (28. 2. 2018). [Originalquelle: The Papers of Alexander Hamilton, vol. 25, July 1800 – April 1802, ed. Harold C. Syrett. New York 1977, S. 544–546].

Angelika Epple

Nach dem postcolonial turn Paul Boghossian und die „Angst vor der Wahrheit“ „Am Ende der Gründe steht die Überredung. (Denke daran, was geschieht, wenn Missionäre die Eingeborenen bekehren.)“ Wittgenstein

1. Gibt es absolute Tatsachen? Vor über zehn Jahren verfasste der Philosoph Paul Boghossian ein schmales Bändchen mit dem Titel „Fear of Knowledge. Against Relativism and Contructivsm.“ Erst sieben Jahre später wurde es unter dem Titel „Angst vor der Wahrheit“ ins Deutsche übersetzt. 1 Nochmals ein paar Jahre später ist auch in der deutschsprachigen Öffentlichkeit eine Diskussion darüber entbrannt, was Faktenbezug der Wissenschaften eigentlich bedeutet und welcher Wahrheitsanspruch damit verbunden wird. Macht die Wissenschaft nur Aussagen, die innerhalb der jeweiligen wissenschaftlichen community wahrheitsfähig sind oder hat sie universelle Geltungsansprüche? Gibt es absolute Tatsachen? Unter neuen Vorzeichen wird damit eine vor mehreren Jahrzehnten intensiv geführte Diskussion wiederbelebt. Nach dem linguistic und in Folge dem cultural und dem postcolonial turn gerieten Begriffe wie „essentialistisch“, „eurozentrisch“, „objektiv“, „wahr“, „Fortschritt“ oder gar der Anspruch auf „universale Gültigkeit“ in die Kritik. Das hatte gute Gründe: Allzu lange hatten sowohl die Geistes- und Sozialwissenschaften als auch die Naturwissenschaften ausgeblendet, wie die Umstände ihrer Entstehung 1 Paul Boghossian: Angst vor der Wahrheit. Ein Plädoyer gegen den Relativismus und Konstruktivismus. Mit einem Nachwort von Markus Gabriel. Frankfurt a. M. 2013.

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ihr methodisches und begriffliches Instrumentarium geprägt und zutiefst mit wertenden Vorannahmen eingefärbt hatten. Ein aussagekräftiges Beispiel für die Verquickung von politics of knowledge und globalen, aber auch lokalen gesellschaftlichen Asymmetrien ist die disziplinäre Ausdifferenzierung der europäischen Universitäten im 19. Jahrhundert. Dabei entstand bezüglich historischer Themen eine doppelte Arbeitsteilung. Zum einen wurde die populäre von der akademischen Geschichtsschreibung abgegrenzt und zum anderen wurden die Gegenstände der Völkerkunde von den Gegenständen der Geschichtswissenschaft unterschieden. 2 Die Professionalisierung der Geschichtsschreibung führte nicht nur zu einem Ausschluss von Frauen, sie führte auch zu einem Ausschluss von Themen, die bezüglich historischer Entwicklungen als irrelevant betrachtet wurden – man denke z. B. an die Alltagsgeschichte. Zugrunde lag dieser Auffassung ein Geschichtsverständnis, das ausschließlich an bestimmten regionalen Entwicklungen ausgewählter europäischer Gesellschaften und an bestimmten sozialen Gruppierungen orientiert war. Das Kriterium der Geschichtsfähigkeit wurde mit Vorannahmen aufgeladen, denen zufolge „das weibliche Geschlecht“ ebenfalls keine Geschichte habe und die weltregionale Verteilung von Zivilisation und Barbarei die Geschichtsfähigkeit von Gesellschaften zum Ausdruck bringe. 3 Völkerkunde beschäftigte sich in Folge dessen vornehmlich mit „Eingeborenen“, Geschichtswissenschaft mit „Zivilisierten“. Die „Eingeborenen“ wurden mit weiblichen Attributen versehen. Die quer durch die geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen seit den 1980er Jahren geäußerte Kritik machte die jeweiligen (machtpolitischen) Umstände der historischen Genese zum Thema. Sie bewirkte grundlegende Verschiebungen und führte zu den oben erwähnten turns. Zwar setzen die unterschiedlichen turns unterschiedliche Akzente, gemeinsam war ihnen jedoch, dass sie die Vorstellung, ein Untersuchungsgegenstand würde durch seine „Essenz“ hinreichend charakterisiert, zurückwiesen. Infolgedessen wurden Untersuchungsgegenstände nun eher relational bestimmt. Am einfachsten lässt sich dieser allgemeine Trend an der Kategorie des Raumes und dem sogenannten spatial turn verdeutlichen. In aktuellen Studien wird „Raum“ nicht mehr über seine geographischen Koordinaten oder festgelegte Grenzen definiert, sondern darüber, wie Akteure diesen Raum durch soziale Interaktionen als Handlungsraum

2 Vgl. den Klassiker: Eric Wolf: Europe and the People without History. Berkeley /Los Angeles 1982. 3 Ausführlicher hierzu: Angelika Epple: Global- und Geschlechtergeschichte. Eine Beziehung mit großer Zukunft. In: L'Homme. Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft 2 (2012), S. 87–100.

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erzeugen. 4 Da sich Akteure in unterschiedlichen Handlungsräumen bewegen, stehen die Beziehungen zwischen unterschiedlichen Räumen nun im Vordergrund. So tritt beispielsweise an die Stelle der nationalen die transnationale Geschichte. Über andere historische Kategorien (Klasse, Rasse, Geschlecht etc.) ließe sich Ähnliches sagen. Diese weithin akzeptierte Kritik an vorurteilsgeladener Wissenschaft leitete die längst überfällige „Provinzialisierung“ europäischer resp. westlicher Wissenschaftstraditionen ein. 5 In vielen Bereichen bedeutet dies eine Relativierung europäischer Gewissheiten, eine Infragestellung dessen, was bisher als unhinterfragbar vorausgesetzt wurde. Führt diese Kritik letztlich zu einem Kulturrelativismus auch bezüglich wissenschaftlichen Wissens? Geht damit eine „Angst vor der Wahrheit“ einher? Kassierte die notwendige Kritik bzw. die Forderung nach einer „Dekolonialisierung“ der wissenschaftlichen Begrifflichkeit die Unterscheidung von Genese und Geltung? Kann der Wahrheitsanspruch von Geschichtswissenschaft seitdem nur noch partikulär, kultur- und kontextabhängig bestimmt werden?

2. Genese und Geltung geschichtswissenschaftlicher Begriffe Anders als beispielsweise in der Philosophie sind in der Geschichtswissenschaft Genese und Geltung wissenschaftlicher Begriffe nicht immer eindeutig zu trennen. Wer z. B. in Anspruch nimmt, „Universal-“ oder „Weltgeschichte“ zu betreiben, überträgt seine Vorstellung von Universalität auf seinen Gegenstand und schneidet ihn dadurch auf eine gewisse Art und Weise zu. Historiker würden sagen: Er konstruiert ihn narrativ (auf diese unpräzise und Missverständnisse provozierende Formulierung werde ich später zurückkommen). Je nach historischer Standortgebundenheit, je nach Vorstellung, wer und was angeblich „geschichtsfähig“ ist, wird der Welthistoriker (Welthistorikerinnen gibt es selten) andere Ereignisse adressieren. Afrika, aber auch Lateinamerika schafften es daher selten in die Weltgeschichten – es sei denn als Kolonien europäischer Länder. Der Begriff „Weltgeschichte“ ist also von seiner Genese so durchtränkt, dass es einiger argumentativer Klarstellungen und Umdeutungen bedarf, wenn man ihn heute noch verwenden möchte. Wortneuschöpfungen wie „Globalgeschichte“, „Verflechtungsgeschichte“, „connected histories“ (die sich dann mit neuen Problemen herumschlagen müssen) sind oft die Fol4 Henri Lefebvre: The Production of Space. Oxford 1991. 5 Dipesh Chakrabarty: Provincializing Europe: Postcoloniality and the Critique of History. In: Cultural Studies 6 (1992), S. 337–357.

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ge. Kurz: Der Zusammenhang von kulturell bedingten Vorannahmen, Erkenntnisinteresse, narrativer Konstruktion des Untersuchungsgegenstandes und Methodik kann nicht oft genug betont werden. Die Genese beeinflusst die Geltung bestimmter Begriffe in der Geschichtswissenschaft. Was Historiker und Historikerinnen unter „Weltgeschichte“ verstehen, ist eine semantische Vereinbarung unter Kolleginnen und Kollegen. Sie ist zweifelsohne ausschließlich sozial konstruiert. Dabei ändern die Begriffe nicht das, was zuvor geschehen ist. Wenn ein überkommener Begriff von Weltgeschichte nur ausgewählten Weltregionen oder nur Männern einer bestimmten sozialen und kulturellen Gruppierung Geschichte zuschreibt und der Begriff daher durch einen anderen ersetzt werden oder sein Bedeutungsinhalt verändert werden muss, dann wird dadurch keine neue Geschichte „erfunden“. Vielmehr bringt der neue Begriff besser auf den Punkt, wie sich die historischen Ereignisse beschreiben lassen, beleuchtet bisher Übersehenes und lässt anderes in den Hintergrund treten. Damit der Einfluss der Genese eines Begriffes auf seine Geltung überhaupt thematisiert und analysiert werden kann, muss es also eine Begrifflichkeit geben, die eben dieses ermöglicht. Wir benötigen eine Wissenschaftssprache, die für sich selbst mit guten Gründen in Anspruch nehmen kann, ihre Geltung werde von ihrer historischen Kontextgebundenheit nicht grundsätzlich beschädigt.

3. Der Wahrheitsanspruch der Geschichtswissenschaft Mit der Forderung nach einer möglichst kontextunabhängigen Begriffssprache ist zunächst eine Frage aufgerufen, die darauf zielt, zu entscheiden, ob es absolute epistemische Tatsachen gibt oder ob ein epistemischer Relativismus anzunehmen ist. Wie ausgeführt, führten die unterschiedlichen „turns“ zu einer überfälligen kritischen Selbstreflexion in den Geschichtswissenschaften und weckten das Bewusstsein dafür, wie stark die Begriffe unserer Wissenschaft den Zuschnitt unseres Gegenstands beeinflussen. Die oben erwähnte Formulierung: Der Historiker /die Historikerin konstruiere seinen /ihren Gegenstand narrativ, weist dabei jedoch auf eine Unschärfe in der Diskussion hin: Was genau heißt „narrative Konstruktion“? Geht es hier um eine epistemische Relativierung? Oder wird damit gar die Auffassung ausgedrückt, dass die Wirklichkeit an sich nicht zugänglich, dass der Bezug auf eine außersprachliche Realität daher nicht möglich, dass „Fakten“ nur innerhalb von Erzählungen zu Fakten würden und daher stets konstruiert seien? Müssen wir, bevor wir die Frage, ob es absolute epistemische Tatsachen gibt, beantworten können, zunächst

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nochmals grundlegend darüber nachdenken, ob es überhaupt Tatsachen jenseits ihrer Beschreibung gibt? Wird hier noch viel radikaler als bei einem epistemischen Relativismus auf einen globalen Tatsachenkonstruktivismus abgehoben? Die aktuelle politische Diskussion verleiht der Frage nach der Objektivität oder dem genuin geschichtswissenschaftlichen Wahrheitsanspruch völlig unerwartet eine neue Brisanz: Nicht nur im Umfeld von Donald Trump, sondern auch in europäischen rechtspopulistischen Zirkeln ist von „fake news“, von „alternative facts“ und vom „postfaktischen Zeitalter“ die Rede. Diese neuartigen Diskussionszusammenhänge haben HistorikerInnen aufgeschreckt. Sie wurden hinsichtlich ihrer konstruktivistischen Weltsicht auf der rechten Spur überholt. Manche realisierten erst dann, welch großen Interpretationsspielraum bezüglich historischer Ereignisse ein relatives Wahrheitsverständnis lässt und welche politischen Implikationen das haben kann. Die aktuelle Infragestellung der Möglichkeit eines überprüfbaren Tatsachenbezugs geht zudem mit einem Anti-Intellektualismus und einer Wissenschaftsfeindlichkeit einher, die in manchen Ländern bedrohliche Formen angenommen haben. Handelt es sich dabei um die (freilich nicht intendierten) Folgen des Konstruktivismus oder postmoderner Positionen? Tatsächlich spricht einiges dafür, dass ein relatives Wahrheitsverständnis derartigen Argumentationen unwillentlich in die Hand spielt. Gleichzeitig haben die „turns“ der letzten Jahre verdeutlicht, dass die Rückkehr zu einem naiven Gegenstandsbezug, zu essentialistischen Vorstellungen oder zu einem unreflektierten Eurozentrismus keine Option mehr sind. Jörn Rüsen hat immer wieder betont, dass die Objektivität, mithin der Wahrheitsanspruch der Geschichtswissenschaft, nicht ausschließlich in den Erzählungen der Historiker begründet liegen kann, dass der Bezug zur Vergangenheit ein vielschichtiger ist und die Gegenwart der Historikerin /des Historikers immer schon von dem geprägt ist, was sie oder er rückblickend zu re-konstruieren sucht. 6 Insofern das Handeln stets teleologisch, also auf die Zukunft hin ausgerichtet sei, könne „gestern besser werden“, wie er in dem dichten Aufsatz gleichen Titels mit Charlie Brown formuliert. 7 Geschichte finde ihre Vollendung erst in der Zukunft. Rüsen plädierte immer wieder – spannungsreich und kontrovers rezipiert – für eine Auseinandersetzung mit und zwischen kulturell unterschiedlichen, partikularen Erfahrungswelten und Vorstellungsweisen. Als Bedingung

6 Jörn Rüsen: Historik. Theorie der Geschichtswissenschaft. Köln /Weimar /Wien 2013. 7 Jörn Rüsen: Kann Gestern besser werden? Über die Verwandlung der Vergangenheit in Geschichte. In: Geschichte und Gesellschaft 2 (2002), S. 305–321.

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der Möglichkeit dieser Auseinandersetzung müsse man jedoch, so Rüsen, an einem universalen Geltungsanspruch festhalten. 8 So lässt sich in Anschluss an Rüsen fragen, wo die Grenzen des Relativismus bzw. des Konstruktivismus liegen, wo Relativismus notwendig ist und ob es auch in einer pluralen Welt begründbar, ja unumgänglich ist, an dem Begriff der „Wahrheit“ festzuhalten. Eine Lektüre des glasklaren Buches von Paul Boghossian und des weiterführenden Nachworts von Markus Gabriel zeigt, dass wichtige Diskussionen der analytischen Philosophie bei der Beantwortung der Frage hilfreich sein können.

4. Das klassische Bild der Erkenntnis und der dreifache Konstruktivismus Das klassische Bild der Erkenntnis fasst Boghossian in drei Thesen zusammen. Der Tatsachenobjektivismus behaupte, dass die Welt überwiegend so sei, wie sie sei, unabhängig von uns und unseren Meinungen über sie. Der Berechtigungsobjektivismus behaupte, es sei eine gesellschaftsunabhängige Tatsache, dass eine Information B zu einer Meinung M berechtige (freilich nur, wenn es die Informationen hergeben), und schließlich, drittens, gehe der Objektivismus in Bezug auf rationale Erklärungen davon aus, dass die entsprechenden Belege ausreichend seien, um zu erklären, warum wir meinen, was wir meinen. Gegen diese drei Thesen wendeten sich unterschiedliche Varianten des Konstruktivismus in unterschiedlichen Überlagerungen. Ein globaler Tatsachenkonstruktivismus behaupte, so Boghossian, alle Tatsachen seien sozial konstruiert und von den kontingenten Bedürfnissen und Interessen affiziert. Daraus lasse sich zweitens ableiten, dass die Informationen, die jemanden zu der Meinung M berechtigen, ebenfalls nicht unabhängig von uns existieren. Daher könnten, drittens, Belege allein nicht ausreichen, um vollständige rationale Erklärungen zu liefern. Wie Wittgenstein sagt: „Am Ende der Gründe steht die Überredung.“ 9 Den radikalen Tatsachenkonstruktivismus zu widerlegen ist für Boghossian ein Leichtes. Lange bevor der Mensch auf den Plan getreten sei, habe es die Welt mit ihren Bergen und Seen, Giraffen und Ameisen, Bäumen und Blumen gegeben. Diese Tatsachen existierten auch schon, bevor sie von Menschen beschrieben wurden. Weniger einfach ist es jedoch, wenn der Konstruktivismus darauf abhebt, es gebe zwar etwas 8 Jörn Rüsen (Anm. 6), S. 66. 9 Ludwig Wittgenstein: Über Gewißheit. Frankfurt a. M. 1997 (Oxford 1969), S. 158. Hervorhebung im Original.

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außerhalb der Sprache, aber dieses Etwas entspreche einer indifferenten Materie, die durch Begriffe erst in eine Form gebracht werde. Eine Giraffe erscheine denjenigen als Giraffe, die unter diesem Begriff eine bestimmte Ansammlung an Zellen verstünden. Boghossian referiert in diesem Zusammenhang die Position des Philosophen Nelson Goodman. Goodman verwendete die Analogie, dass unsere Begriffe wie eine Form Tatsachen aus der Welt ausstächen. 10 Das lässt uns an ein Kind denken, das im Sandkasten oder am Strand mit seinen Förmchen Sandkuchen bäckt. Es gibt den Sand auch unabhängig von den Förmchen. Der Kuchen allerdings wird erst durch die Aktivität des Kindes hervorgebracht. So auch der Begriff „Giraffe“, der die Giraffe als Giraffe konstruiere. Boghossian hält dagegen, dass der Begriff der Giraffe aber nur sinnvoll sein könne, wenn es etwas „Giraffenartiges“ gäbe. Wir können hinzufügen: Das Kind erzeugt im Gegensatz dazu den Sandkuchen tatsächlich, Goodmans Analogie trägt also nicht.

5. Die Wahrheit divergierender Aussagen Wenn wir davon ausgehen, dass nur etwas als „Giraffe“ bezeichnet werden kann, wenn es etwas Giraffenartiges gibt, dann werden unterschiedliche Bezeichnungen des Gebildes „Giraffe“ – etwa als Ansammlung von Zellen oder als eine fleckige, schwarz-gelb eingefärbte Konstellation mit vier Beinen – zu einem rein semantischen Problem, das die Frage nach der Existenz von Tatsachen gar nicht erst tangiert. 11 Boghossian entkräftet Goodman mit folgendem, klassisch gewordenen Gedankenexperiment des Philosophen Hilary Putnam: In einer kleinen Welt sehen wir nichts außer drei kleinen Kreisen [x1], [x2] und [x3]. Auf die Frage, aus wie vielen Einzeldingen diese kleine Welt bestünde, antwortet eine Person: „Aus dreien“. Eine andere Person antwortet dagegen: „Aus sieben“. Widersprechen sich die Aussagen? Nicht notwendigerweise, meint Putnam. Beide Antworten können gleichermaßen wahr sein. Die Antwort hängt nämlich von dem Begriffsschema ab, das die jeweilige Person verwendet. Die erste Person geht von dem gewöhnlichen Begriffsschema aus und zählt die drei Kreise [x1], [x2] und [x3]. Die zweite Person könnte jedoch einem anderen Begriffsschema gefolgt sein und daher zu einem anderen, genauso wahren Schluss gekommen sein, indem sie zusätzlich zu den Einzeldingen auch die jeweiligen Kombinationen aus zwei Kreisen, also [x1+x2], [x2+x3] und 10 Boghossian (Anm. 1), S. 41. 11 Ebd., S. 42.

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[x3+x1] sowie die Gesamtsumme der drei Kreise, also [x1+x2+x3], hinzuzählt. Zusammengezählt ergibt dies die Summe sieben. Putnam folgert aus diesem Gedankenspiel, dass Dinge nicht unabhängig vom Begriffsschema und daher konstruiert seien. Boghossian dagegen leitet daraus seine konträre Auffassung ab. Seiner Argumentation zufolge zeigt Putnams Beispiel nur, „dass es viele gleichermaßen wahre Beschreibungen der Welt oder eines ihrer Teile geben kann.“ 12 Diese Widerlegung des Tatsachenkonstruktivismus sowohl Goodmans als auch Putnams bei gleichzeitiger Betonung der Bedeutung von Begriffsschemata erscheint mir das Kernstück von Boghossians Plädoyer insgesamt zu sein. Auf dieser Grundargumentation ruht mutatis mutandis auch die Widerlegung des epistemischen Relativismus auf. Dieser wendet sich Boghossian im Folgenden zu. Ausgehend von der Annahme, dass es Tatsachen an sich gibt, aber dass sie unterschiedlich beschrieben werden können, kommt er nun auf einen Kernpunkt des Konstruktivismus zu sprechen. Die spannendsten Passagen des Buches beziehen sich auf die Widerlegung der Argumentation des Philosophen Richard Rorty.

6. Der epistemische Relativismus und der Berechtigungskonstruktivismus Im Gegensatz zu Tatsachenkonstruktivisten konzedierte Rorty, dass die meisten Dinge des Universums unabhängig davon seien, dass sie beschrieben würden. Entscheidender sei jedoch die Frage, ob die Dinge ein Merkmal besäßen, über das sie „intrinsisch“, also ohne den Bezug auf beschreibungsrelative Merkmale bestimmt werden könnten. Anders ausgedrückt: Lassen sich z. B. Giraffen oder alle anderen Dinge über ihre Essenz charakterisieren? Genügt es zu sagen, eine Giraffe ist ein Säugetier mit einem sehr langen Hals und ist daher das höchste Tier, das auf dem Land lebt? Rorty würde die Frage verneinen. Unsere Begriffe seien nur innerhalb eines Verweisungszusammenhangs verständlich, innerhalb dessen sie die Bedeutung erhielten, die sie haben. Die Aussage: „Dies ist eine Giraffe“ hat also nur innerhalb einer bestimmten Redeweise eine Bedeutung. Die Begründung der Wahrheit dieser Aussage bezieht sich damit auf die Geltungsregeln innerhalb des epistemischen Systems, innerhalb dessen sie geäußert wird. Sie ist normenzirkulär. Boghossian verdeutlicht die Position Rortys durch den Vergleich mit der Wahrheit in einer Fiktion. Zwar seien die Figuren eines Romans vom Autor konstruiert, aber innerhalb der Geschichte wirkten sie wie echte 12 Ebd., S. 43.

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Menschen. 13 Damit versuche Rorty erstens das Tatsachenproblem (es gibt Tatsachen jenseits von Beschreibungen, aber Begriffe sind nur innerhalb einer Redeweise verständlich) zu lösen. Zweitens betone er damit zugleich die Möglichkeit sich widersprechender Meinungen: Wenn sich zwei Fiktionen widersprächen, dann entstände dadurch kein Wahrheitsproblem. Der Satz des Widerspruchs würde nicht verletzt, da jede Fiktion nur innerhalb ihrer selbst wahr zu sein beanspruche und daher nur einen relativen Wahrheitsanspruch habe. Boghossian gesteht Rorty zu, dass dies eine auf den ersten Blick erfolgsversprechende Variante des epistemischen Relativismus sei. Dabei macht Boghossian schnell deutlich, worin seiner Meinung nach die Probleme liegen. Während bisherige relativistische Theorien sich nur auf spezifische Bereiche (wie z. B. die Wahrheit bezüglich der Moral, der Ästhetik oder der Etikette) bezogen hätten, habe Rorty den Anspruch, die relativistische Position auf alle Bereiche auszudehnen. Boghossian spricht daher von Rortys globalem Relativismus. Der Ansatzpunkt, Rorty zu widerlegen, liegt in folgender Aussage: Wenn unsere Meinungen über etwas einen Wahrheitsanspruch haben, dann haben sie den nur bezüglich einer bestimmten Redeweise oder eines bestimmten epistemischen Systems. Hinzu kommt aber eine weitere Annahme, die Rorty verteidigen muss, nämlich: „Es gibt viele alternativen Theorien, um die Welt zu beschreiben, aber keine Tatsachen, aufgrund derer eine dieser Theorien den Dingen an und für sich besser entspräche als eine andere.“ 14 Boghossians Haupteinwand basiert auf derselben Grundlage, mit der er bereits Putnams Beispiel der aus drei oder sieben Einzeldingen bestehenden sehr kleinen Welt erläutert hat: Unterschiedliche Meinungen über die Welt müssen nicht notwendigerweise zu einer Relativierung der Wahrheit führen. Wie geht Boghossian dabei vor? Zunächst rekonstruiert er die seiner Meinung nach stärkste Gegenposition. Wer Zweifel an dem eigenen epistemischen System habe, befinde sich in folgender Situation: Ich habe die berechtigte Meinung, dass p der Fall ist. Eine andere Person hat die berechtigte Meinung, dass p nicht der Fall ist. Wir begründen beide unsere Meinung mit den innerhalb unseres jeweiligen epistemischen Systems akzeptierten normenbasierten Prinzipen. Unsere Meinungen sind daher beide in Relation zu unserem jeweiligen System wahr. Dadurch werden bei mir berechtigte Zweifel an meinem epistemischen System geweckt. Ich weiß in Folge dessen nicht, welches der beiden angewandten Prinzipien absolut, also jenseits des jeweiligen Referenzsystems, wahr ist. Rorty folgert daraus, es gebe keine absolut wah13 Ebd., S. 51. Vgl. dazu auch den Beitrag von Hans-Jürgen Lüsebrink in diesem Band. 14 Ebd., S. 58.

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ren epistemischen Prinzipien. 15 Wie widerlegt Boghossian dieses starke Argument?

7. Einwände gegen den epistemischen Relativismus Boghossian erhebt drei Einwände gegen den epistemischen Relativismus. Erstens gebe es meistens gar keinen berechtigten Zweifel an dem eigenen epistemischen System, auch wenn dies auf den ersten Blick so aussehe. In der überwiegenden Mehrheit der Fälle hätten wir nämlich gute Gründe dafür, warum ein epistemisches System korrekter sei als ein anderes. Dann nämlich, wenn dieses andere System selbst nicht kohärent sei. Ein nicht kohärentes System könne keine berechtigten Zweifel provozieren. In Abwesenheit eines legitimen Zweifels dürften wir uns sehr wohl auf die Legitimität unseres Systems und die Anwendung unserer Normen verlassen. Zweitens käme kein berechtigter Zweifel auf, wenn das andere System zwar in sich kohärent sei, aber es sich bei einer genaueren Betrachtung herausstellte, es sei in Wirklichkeit gar kein anderes System. Boghossian illustriert dieses Argument mit einem uns bereits bekannten Beispiel: Man denke an die kleine Welt, die entweder aus drei oder sieben Einzeldingen besteht. Wie erwähnt, können beide Aussagen mit dem jeweils zugrundliegenden Begriffsschema kohärent sein und sie können beide gleichzeitig wahr sein. In der Rekonstruktion von Boghossians Argumentation wird allmählich deutlicher, inwiefern dieses zentrale Beispiel auch für die Klärung der Frage nach dem Wahrheitsanspruch der Geschichtswissenschaft hilfreich ist. Es führt vor, was passiert, wenn die unterschiedlichen Vorstellungsweisen der kleinen Welt ernst genommen werden, ohne eine der beiden vorschnell zu verabsolutieren. Wenn sich ein historisches Ereignis aus unterschiedlicher Perspektive unterschiedlich darstellt, dann muss dies noch kein Einspruch gegen die Tatsache sein, dass beide Darstellungen gleichzeitig wahr sein können. Vielmehr wird so allererst der Raum eröffnet, genau zu prüfen, ob sie beide wahr sind. Schließlich könnte es auch sein, dass sich eine der beiden Darstellungen in Widersprüche verwickelt oder nicht belegt werden kann. Bezüglich der kleinen Welt mit ihren drei oder sieben Einzeldingen wäre dies z. B. dann der Fall, wenn eine Person behaupten würde, die kleine Welt bestehe gleichzeitig aus fünf und nicht fünf, z. B. acht, Einzeldingen. Könnte sie für diesen logischen Widerspruch keine kohärenten Belege anführen, dann handele es sich um eine falsche Meinung und nicht 15 Ebd., S. 107.

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etwa um ein alternatives epistemisches System. Boghossian dekliniert diese Möglichkeit am Beispiel des Disputs zwischen Galileo und Bellarmin, dem Streit über die Gültigkeit der kopernikanischen und der ptolemäischen Weltsicht, erneut durch. Er sieht in den beiden Positionen keine alternativen epistemischen Systeme, da sich der Disput bei genauerer Betrachtung als ein Streit unterschiedlicher Meinungen verstehen lasse. Die Art und Weise, wie Galileo und Bellarmin diskutierten, die Prinzipien, mit denen sie Argumente untermauerten, seien dieselben gewesen. Bellarmin habe letztlich nur behauptet, wir müssten uns über Belege, die wir durch Beobachtung über den Himmel gewännen, hinwegsetzen, da die Bibel das Wort des Schöpfers sei. Damit habe Bellarmin das epistemische System, demzufolge die Beobachtung als fundamentales Prinzip gelte, nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Der Disput habe nur darin bestanden, welche Ursprünge und Beweiskraft der Bibel zukämen. Er sei jedoch innerhalb eines epistemischen Systems geführt worden. 16 Dabei habe sich gezeigt, dass nicht beide Systeme gleichermaßen wahr seien. Der dritte Einwand ist der interessanteste. Er bezieht sich auf den Fall, an dem Zweifel an dem eigenen epistemischen System auf den ersten Blick tatsächlich berechtigt sind. Dieser Fall trete ein, wenn ein epistemisches System ein anderes fundamentales, also nicht abgeleitetes Prinzip anzuwenden und bestimmte Regeln unserer Logik nicht zu akzeptierten scheine. Als Beispiel dienen ihm die von Edward E. Evans-Pritchard untersuchten Azande, einer im Norden Zentralafrikas lebenden Ethnie. Die Azande sind der Meinung, dass Hexerei an alle männlichen Nachfahren des Clans vererbt wird. Wenn von jemandem feststeht, dass er ein Hexer ist, müssten folgerichtig alle Männer, die zu diesem Clan gehören, ebenfalls Hexer sein. 17 Dem würden die Azande jedoch widersprechen. Heißt dies, sie weisen unsere Art und Weise des Schließens zurück und folgen einer anderen Logik? Boghossian ist der Auffassung, dass hier nicht eigentlich die Art des logischen Schließens in Frage gestellt werde. Ging es bei Galileo vs. Bellarmin um eine unterschiedliche Auffassung bezüglich der Beweiskraft der Bibel, geht es hier letztlich um ein begriffliches Problem. Es sei nur schwer als solches zu erkennen. Die Azande verständen nämlich wahrscheinlicherweise den logischen Ausdruck „wenn“ anders. Sie würden damit eben nicht „wenn“ in unserem Sinne meinen. Die Bedeutung des logischen Ausdrucks „wenn“ sei jedoch nicht gleichzusetzen mit der Art und Weise des Schließens. Ein anderes Verständnis des logischen Ausdrucks führe nicht notwendigerweise zu anderen inferentiellen Regeln. Als Beleg für diese Interpretation führt Boghossian Wittgensteins Versuche an, 16 Ebd., S. 110. 17 Ebd., S. 78.

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„alternative Praktiken des Folgerns und Zählens zu beschreiben“. 18 Sie alle liefen darauf hinaus, dass die Leute nur Unterschiedliches „meinen“. Wenn sie jedoch nur etwas anderes meinen, so folgert Boghossian, „dann müssen sie nichts von dem bestreiten, was wir für offensichtlich wahr halten, und der Versuch, eine genuine Alternative zu unserem epistemischen System zu entwickeln, wäre wiederum gescheitert.“ 19

8. Warum Meinungen unter Berufung auf epistemische Gründe erklärt werden können Nachdem Boghossian in Kapitel 3 und 4 den Tatsachenkonstruktivismus widerlegt und sich anschließend in den Kapiteln 5–7 gegen den Berechtigungskonstruktivismus bzw. den epistemischen Relativismus gewendet hat, diskutiert er abschließend die Frage, ob die Rationalität einer Überzeugung immer auch von pragmatischen Gründen abhängig ist. Das Kernstück der Argumentation liegt in der Auseinandersetzung mit dem Physiker, Historiker und Philosophen Thomas Kuhn und der Rede eines Paradigmenwechsels. 20 Kuhn ist der Auffassung, dass die Wissenschaftler unterschiedlicher Paradigmen inkommensurable Theorien verträten. Das bedeute, dass sie unterschiedliche Probleme behandelten, dass ihre Normen und Definitionen divergierten, ja, dass die beiden Gruppen in unterschiedlichen Welten lebten. Kuhn ist davon überzeugt, dass die beiden Gruppen verschiedene Dinge sähen, wenn sie von demselben Punkt aus in die gleiche Richtung schauten. Darauf komme ich im Fazit zurück. Die Frage, was einen Paradigmenwechsel bewirke oder warum Wissenschaftler die Seiten wechselten, könne daher nicht allein mit rationalen Argumenten beantwortet werden. Die Gegner einer Theorie würden in den seltensten Fällen überzeugt. Vielmehr würde normalerweise eine neue Generation von Wissenschaftlern mit dem neuen System und damit mit der neuen Wahrheit vertraut gemacht. Anders ausgedrückt: Kuhn zufolge gibt es keine epistemischen Gründe, die den Vorzug des einen Paradigmas hinreichend erläutern könnten. Hier bringt Boghossian die uns bereits bekannten Argumente gegen Kuhns epistemischen Relativismus und gegen den Tatsachenkonstruktivismus in Anschlag. Er besteht darauf, dass der Unterschied in der Vorstellungsweise nicht mit einem Unterschied des vorgestellten Gegenstands vermengt werden solle. Die Rede von der Inkommensurabilität zweifelt 18 Ebd., S. 113. 19 Ebd., S. 114. 20 Vgl. hierzu den Beitrag von Thomas Sandkühler im vorliegenden Band.

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er ebenfalls an. Damit zwei Theorien inkommensurabel seien, dürften sie keine geteilten Standards haben, bezüglich derer sie verglichen werden könnten. Konkurrierende Paradigmen, so Boghossian, differierten jedoch typischerweise nicht bezüglich ihrer Standards als vielmehr bezüglich der Meinungen, die sich mit ihnen belegen ließen. Die Standards oder das epistemische System – das ergaben die unterschiedlich gelagerten Beispiele der Azande und des Disputes zwischen Galileo und Bellarmin – müssen überhaupt nicht angegriffen sein, wenn es zu grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten kommt. Häufig ist es die Schrift von Thomas Kuhn, auf die Bezug genommen wird, wenn es darum geht, alternative epistemische Systeme gleichwertig zu behandeln. Dies macht ihn zu einem wichtigen Bezugspunkt der postcolonial studies. Spätestens seit Thomas Kuhn, schreibt z. B. der Politologe Julian Go, hätten Wissenschaftler realisiert, dass Wissen sozial situiert und mit Interessen und Vorbestimmungen beladen sei. 21 Wenn es gute Gründe gibt, mit Boghossian einen epistemischen Relativismus zurückzuweisen und auf der Existenz von absoluten epistemischen Tatsachen zu beharren, müssen dann auch die Anregungen der postcolonial studies über Bord geworfen werden?

9. Nach dem postcolonial turn oder gegen die Angst vor der Wahrheit Von dem überzeugenden Plädoyer gegen einen epistemischen Nichtabsolutismus lässt sich m. E. nicht ableiten, dass alle Forderungen der postcolonial studies obsolet geworden sind. Im Gegenteil: Sie lassen sich präzisieren. Die „Provinzialisierung Europas“, die Kritik an der unreflektierten Universalisierung europäischer Entwicklungsverläufe und die „Dekolonialisierung der historischen Begrifflichkeit“ stellen eine notwendige Reaktion auf eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Gegenwart dar: Wie können wir in einer globalisierten Welt so miteinander kommunizieren, dass alte Asymmetrien nicht reproduziert oder neue erzeugt werden? Für Historiker stellt sich die Frage, wie eine Welt- oder eine globale Geschichte so verfasst werden kann, dass sie die europäische Erfahrung nicht unreflektiert universalisiert. Die Charakterisierung der postcolonial studies als „modische Strömung des Multikulturalismus“ 22 greift daher zu kurz. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den postcolonial studies sollte sich m. E. nicht mit der notwendigen Kritik an dem epistemischen Relativismus begnügen. Die Lektü21 Julian Go: Postcolonial Thought and Social Theory. Oxford 2016, S. 76. 22 Markus Gabriel: Nachwort: Abgesang und Auftakt, in: Boghossian (Anm. 1), S. 135– 156, hier: S. 137.

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re von Boghossians Buch hat gezeigt, dass ein epistemischer Relativismus keine überzeugende Antwort auf die berechtigte Frage nach einer gelungenen Kommunikation in einer globalisierten Welt oder nach einer nicht-eurozentrischen Globalgeschichtsschreibung sein kann. Dennoch führen die postcolonial studies zu der grundlegenden Frage, wie Genese und Geltung wissenschaftlicher Begriffe so geschieden werden können, dass historische Studien mit berechtigten Gründen Meinungen über Tatsachen behaupten können (die dann, wenn notwendig, mit berechtigten Gründen widerlegt werden können). Boghossian macht nur allzu deutlich, dass ein globaler, aber auch ein epistemischer Relativismus dieser Problematik letztlich ausweicht. Die Betonung der Gleichwertigkeit unterschiedlicher epistemischer Systeme gibt keine Antwort darauf, wie sich bessere Argumente behaupten können. Markus Gabriel hebt in seinem Nachwort zu Boghossians Buch nochmals die Leistungen des Autors hervor: Boghossian habe überzeugend gezeigt, dass eine bestimmte, in den Geistes- und Kulturwissenschaften verbreitete Auffassung, alle Gegenstände und Gegenstandsbereiche seien sozial konstruiert, nicht haltbar sei und auf inkohärenten Prämissen beruhe. Gabriel weist zugleich auf wichtige Lücken in Boghossians Ausführungen hin: Auch im Bereich der Naturwissenschaften hat sich längst die Auffassung eines radikalen Konstruktivismus breit gemacht. Angesichts der aktuellen politischen Debatten zeigt sich die Dringlichkeit von Boghossians Anliegen. Pointiert formuliert Markus Gabriel, dass derjenige, der absolute Tatsachen, auch in Moral und Politik, zu relativen Setzungen herabstuft, sie immer auch optional macht. 23 Die postcolonial studies haben auf die gegenläufige Gefahr einer falschen Absolutierung hingewiesen. Um diese bezüglich historischer Befunde zu vermeiden, muss sich die Geschichtswissenschaft der Vielstimmigkeit historischer Erfahrungen stellen und ihre Begrifflichkeit immer wieder kritisch auf ihre Genese hin befragen. Boghossian gibt mit seiner Analyse Hinweise, wie eine Integration der überzeugenden Kritik der postcolonial studies in eine neue Form des Realismus jenseits eines naiven Tatsachenobjektivismus aufgenommen werden könnte, ohne dass die weniger überzeugende Kritik der postcolonial studies mit im Gepäck bleibt. Damit in einer globalisierten Welt eine auf Gleichwertigkeit beruhende, kultursensible Kommunikation gelingen kann, die aktuelle und historische Asymmetrien nicht in der verwendeten Begrifflichkeit verfestigt, ist eine Reflexion auf deren Genese und die damit verbundenen nicht neutralen Vorannahmen unumgänglich. Boghossians

23 Ebd.

Nach dem postcolonial turn

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argumentativer Dreischritt (Tatsachen, Berechtigung, Erklärungen) führt zu einer Präzisierung dieses Vorhabens. Wir sollten erstens davon ausgehen, dass es (neben den sozial konstruierten auch) absolute Tatsachen gibt, auf die wir uns sinnvoll beziehen können. Zweitens ist es möglich, dass diese Tatsachen unterschiedlich beschrieben werden. Das heißt nicht, dass die Tatsachen selbst beschreibungsabhängig wären, da die Beschreibung die Tatsachen nicht hervorbringt. Eine wahre Aussage ist nicht nur bezüglich einer je eigenen Redeweise wahr. Es kann divergierende Beschreibungen von Tatsachen geben, die beide gleichzeitig wahr sind. Zwei sich auf den ersten Blick widersprechende Aussagen über eine Tatsache können auch dann gleichzeitig wahr sein, wenn man nicht auf einen epistemischen Relativismus setzt. Sie sind dann beide gleichzeitig wahr, wenn sie sich bezüglich ihrer zugrunde gelegten kohärenten Begriffsschemata als wahr erweisen. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit sagen sie jedoch die Wahrheit über ein und dieselbe Tatsache aus. Und dies ist Boghossians entscheidender Punkt. Boghossian ermöglicht mit dieser Argumentation auf überzeugende Art und Weise eine Verbindung von zwei Beobachtungen A und B: A. Es gibt unterschiedliche Beschreibungen einer Tatsache vor dem Hintergrund eines je eigenen kulturell variablen Begriffsschemas. B. Die unterschiedlichen Beschreibungen können dennoch gleichzeitig bezüglich derselben Tatsache wahr sein. Aus dieser Verbindung ergibt sich für die Geschichtswissenschaft ein interessanter Weg, mit historischer oder kultureller Variabilität umzugehen. Dass auf den ersten Blick divergierende Aussagen über eine Tatsache gleichzeitig wahr sein können, eröffnet allererst einen Raum, innerhalb dessen man sich über unterschiedliche Begriffsschemata überhaupt verständigen kann. Dies erscheint mir für den Anspruch, in einer globalisierten Welt angemessen kommunizieren zu wollen, zentral. Drittens ist es sehr wohl möglich, dass die Frage nach der Wahrheit einer Aussage über eine Tatsache durch Belege entschieden wird. Belege (z. B. Bauwerke der Inka) können alleine sehr wohl rationale Erklärungen stützen (z. B. die Spanier trafen um 1500 auf eine existierende Hochkultur). Eine Integration der berechtigten Kritik bei gleichzeitiger Zurückweisung der unberechtigten Kritik der postcolonial studies vertreibt die Angst vor der Wahrheit. Dann geht es nicht mehr um Missionare und ihre mehr oder weniger gewaltvollen Bekehrungsversuche. Mit der Annahme der Existenz absoluter epistemischer Tatsachen mag das Suchen nach Gründen beginnen, die uns in die Lage versetzen, bezüglich zweier divergierender Beschreibungen zu der berechtigten Aussage zu kommen, ob sie gleichzeitig wahr sind oder ob doch eine Beschreibung die zutreffendere ist.

Hans-Jürgen Lüsebrink

Facts and Fictions Zur (Neu-)Perspektivierung eines Problemfeldes der Literatur- und Geschichtswissenschaften

1. Disziplinäre Fragen und transdisziplinäre Positionierungen Kaum einer anderer – vielleicht könnte man auch sagen: kein anderer – deutscher Historiker seiner Generation hat sich intensiver und perspektivenreicher mit dem Verhältnis von Geschichte und Fiktion sowie den unterschiedlichen Formen historischen und historiographischen Erzählens befasst wie Jörn Rüsen in zahlreichen seiner Publikationen. Stimulierende Aufsätze wie „Die vier Typen des historischen Erzählens“ entstanden in jener Atmosphäre der ebenso intellektuellen wie interdisziplinären Aufbruchstimmung, die in den 1970er bis 1990er Jahren Arbeitsgruppen wie „Theorie der Geschichte“ und „Geschichtsdiskurs“, in denen Jörn Rüsen eine herausragende Rolle spielte, sowie „Poetik und Hermeneutik“ und „Archäologie der literarischen Kommunikation“ hervorriefen. Die in ihnen diskutierten transdisziplinären Positionierungen, unter denen das Verhältnis von Geschichte und Fiktion einen wichtigen Diskussionshorizont bildete, entstanden an Orten wie dem ZiF (Zentrum für interdisziplinäre Forschung) an der Universität Bielefeld oder der Werner-Reimers-Stiftung in Bad Homburg vor der Höhe bei Frankfurt am Main, mit denen sich aus heutiger Sicht eine gewisse, nostalgische Symbolkraft verbindet. Rüsens Aufsatz „Die vier Typen des historischen Erzählens“ aus dem Jahre 1982, der aus der Arbeitsgruppe „Theorie der Geschichte“ hervorging, stellt zweifelsohne eine der aus heutiger Sicht anregendsten theoretischen Positionierungen in der Debatte der 1970er und 1980er Jahre um die narrativen Dimensionen von Geschichtsschreibung und das komplexe Verhältnis von Fiktion und Nicht-Fiktion dar. Rüsens umfangreicher, fast 100 Seiten langer Aufsatz verfolgt nichts weniger als die ambitiöse Zielsetzung, eine „allgemeine Typologie“ des historischen Erzählens zu entwerfen. Kategorien wie „Sinn“, definiert als „Handlungs- (oder allge-

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meiner: Daseins-) Orientierung durch ‚Ideen`“ 1, „Identität“, verstanden als „Dauer im Wandel der Zeit“ 2, „Historisches Erzählen“, gefasst als „eine Erzählhandlung, durch die ein bestimmtes Zeitbewußtsein sich bildet“ und das somit „Kontinuitätsvorstellungen“ 3 entwickelt, sowie die Unterscheidung von fiktionalem und nicht-fiktionalem Erzählen nehmen in Rüsens Argumentation eine zentrale Rolle ein. Hinsichtlich der Unterscheidung von Fiktion und Nicht-Fiktion, die im weiteren Verlauf der Argumentation – erstaunlicherweise – keinen wichtigen Stellenwert mehr einnimmt, beschränkt sich Rüsen vor allem auf die Feststellung, „Historiographie“ sei „ein Erzählen, das Sinn über wirkliche Zeiterfahrungen im Hinblick auf zeitliche Absichten wirklichen Handelns bildet.“ 4 „In diesem Wirklichkeitsbezug bestünde“, so Rüsen, „seine Eigenart gegenüber anderen Formen von Sinnbildung durch Erzählen. Historisches Erzählen behandelt res factae; nicht-historisches Erzählen bezieht sich auf res fictae.“ 5 Die in einem zweiten Schritt von Rüsen entwickelte Typologie von vier Typen des historischen Erzählens darf zweifellos als ein großer – und sowohl in der Geschichts- wie in der Literaturwissenschaft bisher immer noch zu wenig weiterverfolgter – theoretischer ‚Wurf` gesehen werden. Neben dem „Traditionalen Erzählen“ als einem ersten Typus, das Geschichten umfasst, die „Handeln im Fluß der Zeit orientieren, indem sie den Ursprung der (institutionalisierten) Handlungsregelungen als Sinnstiftung erneuern und bekräftigen“ 6 und durch die Erinnerung von Traditionen Handlungsregeln aufstellt und sozial verbreitet, unterscheidet Rüsen drei weitere Typen des historischen Erzählens: das „Exemplarische Erzählen“, das sich in „Geschichten formuliert, die zeitliche Veränderungen der Vergangenheit auf regelhafte Vorgänge hin durchsichtig machen“ 7 und „Analogien zwischen Gegenwart und Vergangenheit in praktischer Absicht“ 8 herstellen. Das „Genetische Erzählen“ als ein dritter Typus verbindet „Herkunft und Zukunft“ und „markiert zwischen ihnen eine qualitative Differenz.“ 9 Vergangenheit wird hier als „Versprechen von Zukunft verstanden“ 10 und eine Form historischen Erzählens gesehen, die grundlegend 1 Jörn Rüsen: Die vier Typen des historischen Erzählens. In: Reinhart Koselleck /Heinrich Lutz /Jörn Rüsen (Hrsg.): Formen der Geschichtsschreibung. Beiträge zur Historik, Band 4. München 1982, S. 514–606, hier S. 520. 2 Ebd., S. 535. 3 Ebd., S. 531. 4 Ebd., S. 525. 5 Ebd., S. 525–526. 6 Ebd., S. 545. 7 Ebd., S. 547. 8 Ebd., S. 549. 9 Ebd., S. 555. 10 Ebd., S. 556.

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teleologisch ausgerichtet ist. Sie „artikuliert“, so Rüsen, „Identität als Bildungsprozeß.“ 11 Zeit werde durch „genetisches Erzählen als Sinn verzeitlicht.“ 12 Mit dem Typus des genetischen Erzählens werden der Fortschrittsgedanke und Vorstellungen kollektiver Emanzipation verbunden, die in der Geschichtsschreibung der Aufklärungsbewegung (die Rüsen ausdrücklich erwähnt und auch in anderen Publikationen in dieser Perspektive untersucht hat 13) und des Marxismus zweifellos ihre wichtigsten modernen Ausdrucksformen gefunden haben. „Kritisches Erzählen“ schließlich „bürstet die Kontinuitätsvorstellungen des traditionalen und exemplarischen Erzählens gegen den Strich. Seine dekomponierende Kraft“ führe, so Rüsen, „notwendig zu anderen Erzählweisen, die aus den kritisch dekomponierten Kontinuitätsvorstellungen neue aufbaut.“ Kritisches historisches Erzählen impliziere „Gegengeschichten“ 14, stelle eine „Waffe im Kampf um Erinnerung“ 15 dar und sei somit eine „Triebkraft der Veränderung“ 16 und ein „Medium des Übergangs.“ 17 Rüsens Unterscheidung der vier Typen des historischen Erzählens, deren systematische Verschränkungen er in einem dritten Argumentationsschritt 18 aufzeigt, gibt ebenso viele Antworten, wie sie Fragen aufwirft. Sie impliziert einen universalen Gültigkeitsanspruch, der – ähnlich wie Gumbrechts Aufsatz im gleichen Band 19, auf den Rüsen auch mehrfach in seinem eigenen Beitrag verweist 20 – eine grundlegend anthropologische Dimension aufweist und neben den wissenschaftlichen vor allem auch die lebensweltlichen Funktionen historischen Erzählens in den Blick rückt. Eine erste weiterführende Reflexionsperspektive, die nachfolgend ausgehend von neueren theoretischen Arbeiten umrissen werden soll, betrifft die in Rüsens Aufsatz eher beiläufig behandelte, aber in einer historischen Perspektive an sich zentrale Unterscheidung zwischen Fiktion und Nicht-Fiktion. Sie stellt sich in antiken Ausdrucksformen historischen Erzählens – etwa in Caesars De Bello Gallico, das dem Typus des genetischen Erzählens 11 Ebd. 12 Ebd. 13 Vgl. vor allem: Peter Glotz /Eberhard Lämmert /Jörn Rüsen (Hrsg.): Die Zukunft der Aufklärung. Frankfurt am Main: Edition Suhrkamp 1988; Jörn Rüsen: Geschichte als Aufklärung? oder: Das Dilemma des historischen Denkens zwischen Herrschaft und Emanzipation, in: Geschichte und Gesellschaft 7 (1981) H. 2, S. 189–218 14 Vgl. Rüsen (Anm. 1), S. 551. 15 Ebd., S. 552. 16 Ebd., S. 539. 17 Ebd., S. 590. 18 Ebd., S. 577–584. 19 Hans Ulrich Gumbrecht: „Das in vergangenen Zeiten Gewesene so gut erzählen, als ob es in der eigenen Welt wäre.“ Versuch zur Anthropologie der Geschichtsschreibung, ebd., S. 480–513. 20 Rüsen (wie Anm. 1), S. 518, S. 522, S. 529.

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zugeordnet werden kann – in völlig anderer Weise als in der Literatur und Historiographie der Aufklärungsbewegung oder in postmodernen Formen des historischen Erzählens dar. Rüsen verbindet die Entstehung der „Geschichte als Wissenschaft“ mit der ebenso faszinierenden wie etwas enigmatischen These, es handele sich bei diesem Prozeß um die „Fortsetzung der Rhetorik mit den Mitteln der historischen Forschung.“ 21 Um welche ‚rhetorischen` Verfahren, die die Wissenschaftlichkeit von historischem Erzählen belegen und somit ‚Wissenschaftseffekte` produzieren, handelt es sich? Und welche Rolle spielen hierbei transnationale Übersetzungs- und Rezeptionsprozesse, deren kulturelle und wissenschaftliche Dynamik sich etwa am Beispiel der Göttinger Historikerschule um Schlözer und Mauvillon Ende des 18. Jahrhunderts und ihrer kritisch-produktiven Auseinandersetzung mit der damals noch europaweit dominierenden französischen Historiographie aufzeigen lässt? 22 In einem zweiten Schritt scheint es vielversprechend, Rüsens Typus des „kritischen Erzählens“ vertiefend weiter zu denken. Neben der Rolle der Fiktion in Formen des kritischen Erzählens erscheint die – von Rüsen nicht thematisierte – Frage interessant, inwieweit kritisches Erzählen in außereuropäischen, postkolonialen Gesellschaften eine besondere Bedeutung einnimmt und differente Funktionen aufweist. Die Formen der Geschichtsaufarbeitung in kolonialen und postkolonialen Gesellschaften und Kulturen beruhen in der Tat im Wesentlichen einerseits auf mündlichen Quellen und Erzählformen und andererseits auf schriftlichen Dokumenten der Kolonialmächte mit den ihnen eingeschriebenen Macht- und Hegemonialperspektiven, die durch kritisches historisches Erzählen, sowohl in fiktionalen als auch in nicht-fiktionalen Formen, mit wissenschaftlichem Anspruch, provokativ gegen den ‚Strich gebürstet` und radikal in Frage gestellt werden. Drittens erscheint es fruchtbar, Rüsens Überlegungen zum ‚Erzählen` weiterzuverfolgen und nach dem Stellenwert anderer, nicht narrativer Textkomponenten in der fiktionalen oder nicht-fiktionalen Aufarbeitung von Vergangenheit zu fragen. Welche Rolle spielen Argumentations- und Beschreibungsmuster und die hiermit verbundenen Gattungstraditionen in den unterschiedlichen Formen des historischen Erzählens? Wie wird, zur Unterscheidung von ‚Facts` und ‚Fake News`, mit Augenzeugenberichten und ihrer je spezifischen Rhetorik umgegangen? Und welche Rolle kann – und darf – je nach historischen Kontexten die historische Erzäh21 Vgl. Rüsen (Anm. 1), S. 597. 22 Vgl. hierzu Hans-Jürgen Lüsebrink: La figure du lecteur-traducteur. Inscriptions textuelles et médiations (inter-)textuelles. In: Roger Chartier /Alfred Messerli (Hrsg.): Lesen und Schreiben in Europa, 1500–1900. Vergleichende Perspektiven /perspectives comparées /perspettive comparate. Basel 2001, S. 577–592.

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lerfigur einnehmen? In den wichtigsten arabischsprachigen Chroniken des subsaharischen Afrikas der vorkolonialen Ära, dem Tarikh al-Fattash und dem Tarikh-al-Sudan des 17. Jahrhunderts, die in der Definition Rüsens der Traditionalen Geschichtsschreibung zuzuordnen sind, wendet sich der Erzähler nicht nur immer wieder explizit an die Leser, deren Mitgefühl und Mitdenken er pathetisch einfordert, sondern auch an die göttliche Gewalt Allahs, um dessen Einwirkung auf den Geschichtsverlauf zu erbitten und zu beschwören – eine Erzählstrategie, die in der postkolonialen (Gegen-)Geschichtsschreibung, wie in Yambo Ouologuems Roman Le Devoir de violence (1968, Das Gebot der Gewalt) wieder aufgenommen und zugleich ironisch verfremdet wurde. 23 In der Historiographie der Aufklärungsbewegung, die sich durch Zusätze wie ‚philosophisch` oder ‚politisch` und Gattungsbezeichnungen wie Essai (etwa in Voltaires universaler Kulturgeschichte Essai sur les Mœurs et l'esprit des nations, 1756) explizit von der Vielfalt zeitgenössischer fiktionaler oder semi-fiktionaler „Histoires“ abzusetzen suchte, nahm der historiographische Erzähler wiederum häufig eine engagiert-intervenierende und politisch sowie philosophisch kommentierende Rolle ein. Diese wurde in der deutschen Historiographie des ausgehenden 18. Jahrhunderts zum Teil scharf kritisiert 24 und in der sich als wissenschaftlich verstehenden Geschichtsschreibung des 19. und 20. Jahrhunderts weitgehend ausgeklammert. So fügte der deutsche Übersetzer von Guillaume-Thomas Raynals Histoire philosophique et politique des établissements et du commerce des Européens dans les deux Indes (1770, Neuausgabe 1774), der Historiker Jakob Mauvillon, in die Fußnoten seiner Übersetzung zahlreiche kritische Kommentare ein. In einer sich über mehrere Seiten hinziehenden, kritisch kommentierenden Fußnote verknüpfte er die kolonialismuskritische Position des Verfassers der Histoire des deux Indes, die mit einer gewissen Idealisierung des vorkolumbianischen Inka-Reiches einhergeht, mit einer 23 Vgl. hierzu John O. Hunwick: Timbuktu and the Songhay Empire: Al-Sadi's Tarikh al-Sudan down to 1613 and other contemporary documents [1999]. 2. Aufl. Leiden 2003; Christopher Wise / Hala Abu Taleb (Hrsg. und Übers.): The Timbuktu Chronicles, 1493–1599: Al Hajj Mahmud Kati's Tarikh al-fattash, Trenton, N. J. 2011; vgl. zu Ouologuem Hans-Jürgen Lüsebrink: De l'incontournabilité de la fiction dans la connaissance historique. Questionnements théoriques à partir de romans historiques contemporains d'Alejo Carpentier, de Yambo Ouolo guem et d'Ousmane Sembène. In: Neohelicon XVI /2 (1989), S. 107–128; Christopher Wise: Yambo Ouologuem: Postcolonial Writer, Islamic Militant, hrsg. von Christopher Wise. Boulder, Colo. 1999 24 Vgl. hierzu auch Hans-Jürgen Lüsebrink: Gallotropismus transkulturell – Aufklärungsrezeption und „Critique des philosophes français“ im Kontext von nationaler Bewusstwerdung und (post)kolonialer Distanznahme. In: Wolfgang Adam, Jean Mondot (Hrsg.): Gallotropismus im Spannungsfeld von Attraktion und Abweisung. Bd. 2: Gallotropismus und Zivilisationsmodelle im deutschsprachigen Raum (1660– 1789). Heidelberg 2016, S. 243–264.

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globalen Kritik am Denk- und Kommunikationsstil der französischen Aufklärung in seiner Gesamtheit. In ihr spielt die Unterscheidung von Fiktion und Nicht-Fiktion eine zentrale Rolle: „Romanhafte Erzählungen, unzuverlässige Nachrichten, unwahrscheinliche Muthmassungen, alles wird ergriffen, in das glänzende Licht gestellt und in ein scheinbar schönes, aber selbst nicht bestehendes Ganzes gebracht. So ist es auch mit der Geschichte der Peruaner. [...]. Es ist wirklich kein geringes Vergehen gegen das menschliche Geschlecht, wenn man seine Talente so missbraucht, die Wahrheit zu verkleiden, und Kopf und Herz der Leser durch falsche Ideen und Urtheile zu verderben. Bey den französischen Philosophen wird das so Mode: die simple Wahrheit, die doch allein dem Schriftsteller ehrsam und dem Leser ehrwürdig ist, scheint ihnen zu gemein zu seyn: sie wollen was Neues sagen, daß vor ihnen nicht gedacht worden ist und in Erstaunen setzen soll. So meynen sie Lehrer der Welt zu werden; aber der Dunst wird sich verziehen, der Nebel wird sinken und ihr Ruhm mit ihm; und die Wahrheit wird über alle untreue Verhüllung triumphiren.“ 25

2. Fiktion und Nicht-Fiktion – (post-)moderne Konzepte und Entwürfe Geht man von der von Jörn Rüsen in seinem Aufsatz „Kann gestern besser werden?“ zu Beginn getroffenen – und anschließend relativierten – Unterscheidung von „Geschichtswissenschaft“ und „Erinnerung“ im kollektiven Gedächtnis von Gesellschaften aus, so situieren sich nicht-fiktionale Formen des Erinnerungsdiskurses innerhalb der von Rüsen so genannten „‚kalten` Angelegenheit objektivierenden methodischen Denkens“ und fiktionale Formen im Bereich der „‚heißen` Lebendigkeit der Vergangenheit.“ 26 Die Arbeit der Historiker orientiert sich an „empirisch ermittelbaren Tatbeständen.“ 27 Grundlegend für diese Weise des historischen Denkens sind „Quellenkritik“ sowie das „Objektivitätsideal der historischen Forschung.“ 28 Fiktionale Erinnerungsdiskurse hingegen, die von autobiographischen Zeugnissen bis zu historischen Romanen und Filmen reichen, legten Wert auf „Sinn und nicht auf Faktizität.“ 29 Auch wenn 25 Guillaume-Thomas Raynal: Philosophische und politische Geschichte der europäischen Handlung und Pflanzörter in beyden Indien. Aus dem Französischen mit Anmerkungen. Kopenhagen und Leipzig, bey Johann Friedrich Heineck und Faber, 1774–1778, 3. Buch, S. 148, S. 150, Fußnote. 26 Jörn Rüsen: Kann Gestern besser werden? Über die Verwandlung der Vergangenheit in Geschichte. In: Geschichte und Gesellschaft, 28. Jg., Heft 2, 2002, S. 305–321, hier S. 306. 27 Ibid., S. 306. 28 Ibid., S. 306. 29 Ibid., S. 306.

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das postmoderne Denken und die mit ihm verbundenen Diskurspraktiken, sowohl in der Geschichtstheorie, etwa im Werk Hayden Whites 30, als auch in literarischen Darstellungsformen, zum Beispiel in den Essays und Romanen des karibischen Autors Édouard Glissant, diese Unterscheidungen in vielfacher Weise in Frage gestellt und aufgebrochen hat, so lassen sich weiterhin deutliche Trennlinien zwischen historischer Fiktion und Geschichtswissenschaft erkennen. Diese sind in den ausgehenden 1970er und 1980er Jahren durch französische Literaturwissenschaftler und Historiker wie Jean-Marie Goulemot, Georges Benrekassa und Emmanel Le Roy Ladurie und in den letzten Jahren, etwa durch die Studien von Robert Dion, Françoise Lavocat und Christian Jouhaud, in neuer Weise konzeptualisiert und perspektiviert worden. Die kontroverse Diskussion u. a. zwischen den Literaturwissenschaftlern J.-M. Goulemot und G. Benrekassa auf der einen Seite und dem renommierten Frühneuzeithistoriker E. Le Roy Ladurie auf der anderen kreiste vor allem um die Verwendungsformen autobiographischer Zeugnisse und literarischer Texte in der Geschichtswissenschaft. Am Beispiel der Verwendung von Texten des französischen Schriftstellers Nicolas Edme Rétif de la Bretonne, insbesondere seines Romans La Vie de mon père (1779), für die Aufarbeitung der Geschichte des ländlichen Frankeichs in der von E. Le Roy Ladurie mit verfassten Histoire de la France rurale (1975) 31 zeigten Benrekassa und Goulemot sehr eindringlich die Potentiale und Grenzen der Heranziehung literarischer Texte in einer sich als quellenkritisch und objektiv verstehenden wissenschaftlichen Geschichtsschreibung auf. 32 Sie insistierten hierbei auf der textstrukturierenden Funktion von 30 Vgl. vor allem Hayden White: The Historical Texte as Literary Artifact. In: Clio, 3, 3 (1974), S. 277–303; ders.: The Content of the Form. Narrative Discourse and Historical Representation. Baltimore, London, The Johns Hopkins University Press, 1987. Vgl. hierzu auch Hans-Jürgen Lüsebrink: Tropologie, Narrativik, Diskurssemantik. Hayden White aus literaturwissenschaftlicher Sicht. In: Wolfgang Küttler, Jörn Rüsen, Ernst Schulin (Hrsg.): Geschichtsdiskurs. Band 1: Grundlagen und Methoden der Historiographiegeschichte. Frankfurt /M., Fischer-Verlag, 1993 (Reihe „Fischer Wissenschaft“), S. 355–364. Vgl. zu H. White die scharfe – und aus unserer Sicht völlig zutreffende – Kritik von Roger Chartier, der seine Auffassung, Geschichte sei eine „form of fiction-making operation“ als einen „einen absoluten (und sehr gefährlichen) Relativismus“ („un relativisme absolu (et fort dangereux)“) ansieht. Vgl. Roger Chartier: Au bord de la falaise. L'histoire entre certitudes et inquiétude. Paris 1998, S. 108–128, hier S. 117. 31 Emmanuel Le Roy Ladurie: Du social au mental : une analyse ethnographique. In: Georges Duby et André Wallon (Hrsg.): Histoire de la France rurale, t. II, L`Âge classique des paysans (1340–1789). Paris, Éditions du Seuil, 1975, S. 443–503; ders.: Ethnographie rurale du XVIIIe siècle : Rétif, à la Bretonne. In: Ethnologie française, nouvelle série, II, 3–4 (1972), S. 215–252. 32 Georges Benrekassa: Le typique et le fabuleux: Histoire et roman dans La Vie de mon père. In: Revue des Sciences Humaines, 172 (1978), S. 31–56; Jean-Marie Goulemot

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Gattungsmodellen wie der Hagiographie, die bei Rétif de la Bretonne auf die Darstellung eines weltlichen Bereichs übertragen worden seien, und rhetorischen Mustern, die zur Idealisierung des Ich-Erzählers, der Hauptpersonen und der dargestellten ländlichen Lebenswelt dienten. Rétif de la Bretonnes Werk betrachte das ländliche Frankreich zweifellos aus einer erfahrungsbezogenen Innenperspektive heraus und stelle eine der wenigen und zudem sehr detailreichen Quellen zu ihrem Verständnis dar. Die Verwendung fiktionaler Darstellungsstrategien mache es jedoch in erster Linie zu einem Werk, das die zeitgenössische Sicht auf das ländliche Frankreich – das im Gegensatz zur „korrumpierten“ urbanen Welt und vor allem zur Metropole Paris gerückt werde – repräsentiere. Zudem seien der erinnernde Blick Rétif de la Bretonnes und die mit ihm verbundenen Schreib- und Darstellungsweisen, ebenso wie derjenige anderer plebejischer Schriftsteller wie Valentin Jamerey-Duval, grundlegend von der Erfahrung ihres sozialen Aufstiegs und des ihm verknüpften Akkulturationsprozesses verbunden. Bei der aus der Sicht des in Paris lebenden Schriftstellers Rétif de la Bretonne erinnerten bäuerlichen Welt handle es sich ebenso nicht um eine ‚realistische` Wirklichkeitsdarstellung, sondern zunächst um eine Form der Selbststilisierung des Autors; sodann um die Darstellung seiner kritischen Distanznahme (durch die Betonung seiner bäuerlichen Herkunft) zum überwiegend bürgerlich-aristokratischen Schriftsteller- und Intellektuellenmilieu der französischen Metropole; und schließlich um eine spezifische, erfahrungsbezogene Sinngebung historischer Erinnerung. Die fiktionale Darstellung von Vergangenheit dient hier dazu, um eine Formulierung von Rüsen aufzugreifen, „Geschichte als Ort des Utopischen einsichtig zu machen.“ 33 Die Fiktion, in ihren sehr unterschiedlichen Ausprägungsformen, und weniger – und nur in sehr eingeschränktem Maße – die zeitgenössische wissenschaftliche Geschichtsschreibung habe, so ließe sich auf Rüsens diesbezügliche Thesen entgegnen, eine grundlegende „Orientierungsfunktion“ 34 und verbinde die Erinnerung an Vergangenes mit Handlungsimplikationen. Jenseits der vor allem in den neueren literatur- und geschichtswissenschaftlichen Arbeiten von F. Lavocat, R. Dion und C. Jouhaud betonten Trennlinien (oder „Grenzen“ 35) zwischen Fiktion und Nicht-Fiktion las(Hrsg.): Valentin Jamerey-Duval, Mémoires. Enfance et éducation d'un paysan au XVIIIe siècle. Paris 1981, Introduction, S. 22–40. Vgl. hierzu auch Christian Jouhaud / Dinah Ribard /Nicolas Schapira: Histoire, littérature, témoignage. Écrire les malheurs du temps. Paris 2009 (Coll. Folio Histoire), S. 89–144. 33 Ibid., S. 307. 34 Rüsen: Kann Gestern besser werden?, S. 310. 35 Françoise Lavocat verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff „frontière“ (Grenze), u. a. in ihrem Buch: Fait et fiction. Pour une frontière. Paris 2018 (Coll. Poétique).

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sen sich zahlreiche Beziehungen und Interferenzen feststellen: Sie zeigen sich in der Integration von nicht-fiktionalem Material in fiktionale Texte, wie zum Beispiel von Interviewaussagen 36, autobiographischen Schriften 37 und Zeugenaussagen des polnischen Widerstandskämpfers Jan Karski in Yannick Haenels sehr kontrovers diskutierten historischen Roman Jan Karski (2009) 38, oder in der Verwendung zahlreicher historischer Dokumente und Archivmaterialien (Manuskripte, Druckwerke, Bilder, Karten) in Filmen wie in Jacques Godbouts an Originalschauplätzen gedrehtem, semi-fiktionalem Film Le sort de l'Amérique (1996) über die Niederlage Frankreichs in der Schlacht auf den ‚Plaines d'Abraham` bei Québec im Jahre 1760, die zum Verlust der Nouvelle-France an die britische Krone führte. 39

3. Kritische Gegengeschichtsschreibung und provokative Fiktionalität Das Werk der französischen, seit über 30 Jahren in Québec lebenden Historikerin und Schriftstellerin Régine Robin stellt zweifellos einer der ambitiösesten Versuche dar, die komplexe Verbindung und vielfache Verschränkung von Fiktion und Nicht-Fiktion in Texten deutlich zu machen, die sich an der Trennlinie zwischen beiden Darstellungsformen situieren und zugleich – im Sinn von Jörn Rüsen – eine Form kritischer Geschichtsschreibung darstellen. In ihrem bisher letzten Werk Un roman d'Allemagne (2016) setzt sie gezielt – und geradezu provokativ – das Wort „Roman“ in den Titel, obwohl es ganz überwiegend einen nicht-fiktionalen Charakter aufweist. In vier großen Kapiteln entwickelt sie hierin unterschiedliche Dimensionen der historischen Erinnerung: Im ersten Teil, „Biographies sur mesure“ (‚Biographien nach Maß`) überschrieben, versucht die Verfasserin und Ich-Erzählerin, auf der Grundlage fragmentarischer Erinnerungsspuren (einer auf dem Flohmarkt erworbenen Postkarte, einem Grab, diversen in einem Schrank gefundenen alten Dokumenten) Lebensschicksale soweit 36 In den Dokumentarfilmen Le rapport Karski (1978) von Claude Lanzmann, Nachrichten aus dem Untergrund (1997) von Andreas Hoessli und Karski und Herrscher der Menschheit (2015, polnisch: Karski i w adcy ludzko´sci) von S awomir Grünberg. 37 In diesem Fall das Buch von Jan Karski: Mein Bericht an die Welt. Geschichte eines Staates im Untergrund. München 2011. Zuerst 1944 unter dem Titel Story of a Secret State. Boston und Cambridge erschienen. 38 Yannick Haenel: Jan Karski (Roman). Paris 2009; vgl. hierzu Robert Dion: Des fictions sans fiction ou le partage du réel. Montréal 2017, S. 47–74. 39 Vgl. hierzu Hans-Jürgen Lüsebrink: Geschichtsaufarbeitung als dokumentarische Fiktion. Der Film Le Sort de l'Amérique (Canada 1996) von Jacques Godbout. In: Das Achtzehnte Jahrhundert, 27/1 (2003), Themenheft „Das 18. Jahrhundert im Kino“, S. 132–142.

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als möglich zu rekonstruieren. Der zweite Teil, „Les terrains minés de la transmission“ (‚Die verminten Terrains der Überlieferung`), kreist um verdrängte kollektive Erinnerungen – wie den Nationalsozialismus und die Mitschuld der Vätergeneration oder die Nostalgie der DDR-Vergangenheit –, die auch wieder anhand von Einzelschicksalen und aus einer biographischen Perspektive heraus in den Blick gerückt werden. Teil III betrifft die Formen des ‚Gegen-Gedächtnisses` („Contre-mémoire“), das auf der Grundlage von Gesprächen mit Augenzeugen die offizielle Erinnerungspolitik hinterfragt und die Ereignisse des 17. Juni 1953 (Arbeiteraufstand in der DDR), des 9. November 1989 (Fall der Mauer) und des 8. Mai 1945 (Kriegsende) sowie des 14. Januar 1919 (Ermordung von Rosa Luxemburg) aus kritischer und neuer Perspektive betrachtet. Das letzte Ereignis ist in eines der subjektivsten Kapitel des Buches eingebettet, das den Titel „Moi je reste fidèle à Rosa Luxemburg“ (‚Ich bleibe Rosa Luxemburg treu`) trägt. Die Spurensuche und die mit ihr verbundene Erinnerungsarbeit zu Rosa Luxemburg setzt ein mit dem Film Ich bin eine Terroristin (2012) von Valérie Gaudissart, in dem eine junge Französin ihre Großmutter, eine Kommunistin, verliert und in diesem Zusammenhang Rosa Luxemburgs Buch Briefe aus dem Gefängnis liest – und daraufhin beschließt, den Spuren ihrer Biographie in Berlin und ihrer Geburtsstadt Breslau (heute Wroc aw) nachzugehen. Régine Robins Buch endet mit einem sehr subjektiv geprägten Teil, „Une Ossie imaginaire“ (‚Eine imaginierte Ossie`) überschrieben, in dem die Verfasserin und Ich-Erzählerin die verschiedenen Erinnerungsschichten, die ihre eigenen persönlichen Erfahrungen betreffen, exploriert. Sie fügen sich zu einem vielschichtigen, pluralen Gedächtnis zusammen, in dem die Erinnerung an den Holocaust und die Auslöschung eines großen Teils ihrer Familie in den NS-Vernichtungslagern ebenso eine Rolle spielt wie das kommunistische und anti-faschistische Engagement, das die Erinnerung der Ich-Erzählerin mit der Biographie von Anna Seghers verbindet. Nicht nur in diesem letzten Teil – aber in besonders intensiver Weise in diesem – wird deutlich, dass vor allem die fiktionale Aufarbeitung von Erinnerung Geschichte „zum Ort des Utopischen“ zu werden lassen vermag. In ihnen wird die „Lebensdienlichkeit des Historischen“ augenfällig, „in dem die Vergangenheit nicht vergangen, sondern zukünftig ist.“ 40 So wird die an vielfältigen Alltags- und Archivspuren sowie Personen festgemachte Erinnerung an die im Dritten Reich vernichtete, jahrhundertealte „fameuse symbiose juive-allemande“ (‚berühmte jüdisch-deutsche Symbiose`) in Régine Robins Roman d'Allemagne zugleich zu einer ‚Imaginierten Identität` der Ich-Erzählerin, die sich vorstellt, die „letzte Vertreterin“ dieser „alten

40 Rüsen (Anm. 26), S. 310.

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jüdisch-deutschen Symbiose“ 41 zu sein – eine Vision, die wie viele andere in Régine Robins Werk, das sich gattungstypologisch am ehesten als eine ‚Auto-Fiktion` einordnen ließe, Vergangenheit und Zukunft miteinander verbindet. Régine Robin, die als Historikerin durch wegweisende Studien zur Französischen Revolution und zur Geschichtstheorie und -methodik wie La Société française en 1789: Saumur-en-Auxois (1970) und Histoire et linguistique (1973) hervorgetreten ist, bezeichnet Un roman d'Allemagne als ein „hybrides Buch“ („livre hybride“ 42). Es vermische „Spaziergänge, Verirrungen, Reflexionen, autobiographische und autofiktionale Fragmente, Träumereien und Analysen“ 43, und stelle ein Experiment dar, das mit den Grenzen von Fiktion und Nicht-Fiktion spiele. „Ich habe lange davon geträumt“, so schreibt sie zu Beginn, „einen experimentellen Roman zu schreiben“ 44, um am Ende ihres Buches, im Anschluss an eine Formulierung des DDR-Theaterautors Heiner Müller, das spezifische Potential von literarischer Vergangenheitsdarstellung zu betonen: „Probleme, Ideen und Träume“ 45, die jene toten Körper („ces corps“, „les morts“) einst beseelt hätten, wieder zum Leben zu erwecken, zu erfassen und zu begreifen, Wie in den von Robert Dion in seinem Buch Des fictions sans fiction ou le partage du réel (‚Fiktionen ohne Fiktion oder die Aufteilung der Wirklichkeit`) analysierten fiktionalen Biographien der in Frankreich sehr erfolgreichen Buchreihe „L'Un et l'Autre“ („Das Eine und das Andere“) im Verlag Gallimard, in dem ein Autor eine historische Biographie erzählt, indem er sie mit der eigenen Biographie verwebt 46, sind auch in R. Robins Un roman d'Allemagne die eigene Lebensgeschichte und die eigene Identität untrennbar mit den erzählten, evozierten und analysierten Personen und Ereignissen verbunden. Die Historikerin Régine Robin, die hier die Rolle der Schriftstellerin einnimmt, aber zugleich immer wieder die Referentialität, den Wirklichkeitsbezug und den prinzipiellen Wahrheitsanspruch des von ihr Erzählten unterstreicht, rückt hiermit wie einem Brennglas zentrale Funktionen fiktionaler Darstellungsformen von Lebens- und EreignisGeschichte(n) in den Blick: das Ziel, die Lücken der Überlieferung und der Archive durch plausible Vermutungen und fiktionale Annahmen zu schlie41 Ebd., S. 239: „Je me serais vue comme la dernière représentante de la vieille symbiose juive allemande.“ 42 Régine Robin: Un roman d'Allemagne. Paris 2016, S. 25. 43 Ebd., S. 25: „Il mêle déambulations, errances, réflexions, fragments autobiographiques et autofictionnels, rêveries et analyses.“ 44 Ebd., S. 18: „J'ai moi-même longtemps rêvé d'un roman expérimental où la vie de mon personnage aurait varié en fonction du pays ‚choisi` au moment de l'émigration.“ 45 Ebd., S. 274: „Il y a sans doute encore quelque chose à faire avec les problèmes, les idées et les rêves qui habitaient ces corps.“ 46 Dion (Anm. 38), S. 169–194 („Chapitre VII: Parcours de vie: la collection ‚l'Un et l'Autre`“).

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ßen; sodann die Funktion, das Vergangene und Erinnerte nicht nur – wie in der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung – mit Erklärungsmustern, sondern in erster Linie mit subjektiv geprägten Sinnbildungsmustern und hiermit verbundenen Handlungsorientierungen zu verknüpfen. Letztere spielen in R. Robins Werk eine zentrale Rolle, die sie mit rhetorischer Verve und persönlichem Engagement vertritt, indem sie – ganz im Sinn des von J. Rüsen definierten „kritischen Typs historischen Erzählens“ – Konturen einer anderen Sicht der deutschen Nachkriegsgeschichte und eines differenten kollektiven ‚Gegen-Gedächtnisses` („contre-mémoire“ 47) entwirft. Und schließlich ermöglicht die Fiktion Schreib- und Darstellungsweisen, die dem Fragmentarischen, Unabgeschlossenen, Diskontinuierlichen und Ambivalenten von Vergangenheit und Alltagswirklichkeit prinzipiell eher zu entsprechen vermögen als die strukturierte, rationale Darstellungslogik wissenschaftlicher Geschichtsschreibung. R. Robins Werk verwendet in der Tat eine ebenso fragmentarische wie offene, assoziative und experimentelle Darstellungsweise, die Archiv- und Erinnerungsspuren aus subjektiver Intuition und Leidenschaft nachgeht und neben historischen Gewissheiten und gesicherten Fakten ebenso viele Grauzonen der Quellenüberlieferung und der Interpretation offenlegt. Der frankokanadische Literaturwissenschaftler Robert Dion sieht in seinem 2017 erschienenen Buch Des fictions sans fiction ou le partage du réel („Fiktionen ohne Fiktion oder die Aufteilung der Wirklichkeit“) in zahlreichen zeitgenössischen Darstellungsformen der Vergangenheit eine „Poetik des Archivs“ 48 – des persönlichen, historischen und journalistischen Archivs –, in der die Grenzen zwischen Fiktion und Nicht-Fiktion porös geworden seien. ‚Porosität` zwischen Diskursformen bedeute jedoch im Falle des historischen Erzählens keineswegs eine völlige Verwischung der Grenzen bis hin zu der – etwa von Hayden White vertretenen – These, die Geschichtsschreibung sei in vergleichbarer Weise Fiktion wie andere Formen des historischen Erzählens etwa in den Medien Literatur und Film. Roland Barthes 49 hat 1967 ebenso wie 2017 R. Dion in seinem inspirierenden Werk über Fictions sans fiction sehr deutlich aufgezeigt, dass die Trennlinie zwischen Fiktion und Nicht-Fiktion nicht nur in den Intentionen des Historikers, Dokumentarfilmers oder Schriftstellers begründet liegt; sondern ebenso – und hiermit verknüpft – in spezifischen Textstrategien. Diese betreffen Gattungsmodelle und Gattungsbezeichnungen (wie „Roman“ im Falle von R. Robin); Strategien der Namensgebung, die 47 Robin (Anm. 42), S. 163 („Troisième partie: La contre-mémoire permanente“). 48 Dion (Anm. 38), S. 201: „poétique de l'archive.“ 49 Roland Barthes: Le discours de l'histoire (1967). In: ders.: Le bruissement de la langue. Essais critiques IV. Paris 1984, S. 153–174.

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darauf abzielen können, einem Teil oder der Gesamtheit der dargestellten Personen referentielle Namen zu geben – oder nur einem Teil unter ihnen bzw. mit verschlüsselten Namen zu arbeiten; Erzählstrategien, die dem Erzähler eine mehr oder minder objektive oder subjektiv-kommentierende Rolle verleihen kann; sowie rhetorische Strategien wie die Verwendung von Ellipse und Ekphrasis, die häufig Fiktionalitätsmerkmale darstellen, wie R. Dion am Beispiel von drei historischen Biographien des Québecer Schriftstellers Eric Plamondon über Johnny Weismüller (Tarzan-Darsteller), Richard Brautigam (US-amerikanischer Schriftsteller) und Steve Jobs (Gründer von Apple) herausgearbeitet hat. 50 Hinzu kommen – in Romanen ähnlich wie in Spielfilmen – spezifische Authentizitäts- und Referentialisierungseffekte, die das dargestellte historische Geschehen in für den Leser und Zuschauer möglichst glaubhafter Weise als ‚wirklichkeitsgetreu` und ‚wahr` darzustellen beabsichtigen. Authentizitäts- und Referentialisierungseffekte können jedoch auch fiktional durchbrochen werden und somit – gezielt – beim Leser oder Zuschauer Irritationen (und möglichst auch Nachdenken) hervorrufen. Dies ist etwa der Fall in der rezenten Neuverfilmung von Anna Seghers' autobiographisch geprägtem Roman Transit (1944) durch den deutschen Regisseur Christian Petzold in seinem gleichnamigen Film aus den Jahre 2018. Hier werden zwei Zeitebenen – das Marseille der deutschen Emigranten 1940/1941, die verzweifelt versuchen, die notwendigen Ausreisepapiere für die USA oder Mexiko zu erlangen, und das heutige Marseille der Immigranten und Flüchtlinge aus dem Maghreb und dem Vorderen Orient – in irritierender Weise miteinander verknüpft. Das von Anna Seghers erzählte Geschehen wird in der Gegenwart angesiedelt, mehrere Anachronismen (wie ein Pass mit dem Aufdruck „Deutsches Reich“) sollen deutlich machen, dass es – auch – um Ereignisse und Schicksale geht, die sich 1940/1941 abgespielt haben.

4. Historische Fiktionen – Potentiale und Grenzen Die historische Fiktion stellt ein unumgängliches Mittel der Aufarbeitung von Vergangenheit und Erinnerung dar. Sie erlaubt es, Lücken der Überlieferung und des Archivs mit rhetorischen und diskursiven Strategien zu überwinden, die in der wissenschaftlichen Historiographie spätestens seit den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts nicht mehr oder nur in sehr eingeschränktem Maße und in impliziter Weise akzeptiert worden 50 Vgl. Dion (Anm. 38), S. 123–146, insb. S. 144. Es handelt sich um folgende Romane von Eric Plamondon: Hongrie-Hollywood Express. Montréal 2011; Mayonnaise. Montréal 2012; Pomme S. Montréal 2013.

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sind. Genau hierauf zielen auch Reinhart Kosellecks Reflexionen in seinem Buch Vergangene Zukunft (1979), wenn er betont, keine „historische Quelle reicht aus, um das Risiko einer historischen Wirklichkeitsaussage aufzuheben“, und in diesem Zusammenhang auf Goethes Aussagen zum Verhältnis von Fiktion und Nicht-Fiktion in seiner Autobiographie verweist: „Deshalb folgerte Goethe aus seiner Beobachtung, daß seine Autobiographie eine Art von Fiktion, ‚Dichtung` sei, in der allein sich die Wahrheit seines Lebensweges wiederfinde. Nicht weil er Täuschung oder Erfindung in seinen Bericht einfließen lassen wollte, berief er sich auf die Fiktion: es war der temporale Aspekt, der die vergangene Faktizität an die Fiktion ihrer Verarbeitung zurückband.“ 51 Die Trennlinien zwischen Historiographie und fiktionalen Formen des historischen Erzählens sind kulturraumspezifisch und einem starken historischen Wandel unterworfen. Sie haben sich vor allem in der sogenannten ‚Sattelzeit` (Koselleck) zwischen 1780 und 1830 in okzidentalen Kulturen entscheidend verändert und verschoben. Die historische Fiktion in unterschiedlichen Medien und Ausdrucksformen ermöglicht, Orientierungs- und Handlungsmuster zu vermitteln und mit sozialem und politischem Engagement zu verbinden, d. h. jene herausragende Funktion historischen Erzählens als ‚Lehrmeisterin des Lebens` („Magistra vitae“) 52 zu erfüllen, die die wissenschaftliche Geschichtsschreibung seit dem Ende des 18. Jahrhunderts und im Laufe des 19. Jahrhundert zunehmend aufgegeben hat. Den Leser aufzurütteln, ihn zum Nachdenken, aber auch mit pathetischen Worten zum politischen Handeln zu bewegen und zum Engagement für die Abschaffung von Negersklaverei und Sklavenhandel aufzufordern, wie dies die Erzählerstimme in Raynals Geschichte beider Indien (1770/1780), der ersten, umfassenden Geschichte der europäischen Expansion nach Übersee, vornahm, galt zuerst den deutschen Kritikern des Werkes in den 1770er und 1780er Jahren und dann sukzessive der gesamten Historikerzunft europäischer Universitäten des 19. Jahrhunderts als unpassend, subjektiv, unwissenschaftlich und mit den Kriterien historiographischer Objektivität unvereinbar. 53

51 Reinhart Koselleck: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. Frankfurt /Main. 1979, S. 282. 52 Vgl. hierzu ebd.: Historia Magistra Vitae. Über die Auflösung eines Topos im Horizont neuzeitlich bewegter Geschichte. In: ders.: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. Frankfurt /Main. 1979, S. 38–66. 53 Vgl. hierzu Lüsebrink (Anm. 22 und 24) sowie: Hans-Jürgen Lüsebrink: Kulturtheorie und Geschichtsdiskurs im Werk Diderots und Raynals. In: Horst Dippel / Helmut Scheuer (Hrsg.): Georg- Forster-Studien II (199), S. 109–134.

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In außereuropäischen, postkolonialen Gesellschaften und Kulturen ist das Verhältnis von Fiktion und Nicht-Fiktion im historischen Erzählen wiederum anders zu periodisieren und einzuordnen. Orale Traditionen der historischen Überlieferung spielen hier eine ungleich größere Rolle als in okzidentalen Gesellschaften, galten doch bis zur kolonialen Eroberung mündliche Geschichtenerzähler (Griots) als die Wahrer des historischen Gedächtnisses ihrer Gesellschaften. Die Grenzen zwischen wissenschaftlicher Historiographie und literarischen Formen des historischen Erzählens sind ein Erbe des Kolonialismus und der im Zuge der kolonialen Eroberung erfolgten Akkulturation. Sie erscheinen in vielen postkolonialen außereuropäischen Kulturen, vor allem Afrikas und der Karibik, jedoch als deutlich durchlässiger, poröser und problematischer als in okzidentalen Gesellschaften und den durch jahrhundertelange Schrifttraditionen geprägten Gesellschaften Asiens und des Vorderen Orients. Ein Roman wie Le Devoir de Violence (1968) von Yambo Ouologuem aus Mali stellt eine Form des kritischen Erzählens im Sinne J. Rüsens dar, der – durch den Kolonialismus und dann die erste Phase der postkolonialen Ära – tradierte Geschichtsvorstellungen provokativ radikal gegen den Strich bürstet. In einer hybriden Textstruktur, in der sich der Duktus arabischer Chroniken, der Erzählgestus der Griots und die Struktur des Romans in kreativer Weise miteinander verbinden, erzählt der Roman die Geschichte Westafrika vom 13. Jahrhundert, dem Beginn der Islamisierung weiter Teile der Sahelzone, bis in die 1960er Jahre, der Ära der Unabhängigkeiten der ehemaligen Kolonien. Ouologuem erzählt diese Geschichte aus der doppelten Perspektive der Herrscher und ihrer Untergebenen und präsentiert sie mit den Mitteln der Fiktion – aber gestützt auf vielfältige historische Dokumente und Quellen, wie u. a. auch arabischsprachige Chroniken aus der Stadt Timbuktu im 17. Jahrhundert 54 – aus einem mehrfach provokativ-kritischen Blickwinkel heraus: nicht als eine Geschichte der Brüche, sondern als eine Geschichte der Kontinuitäten autokratischer Machtstrukturen; nicht als teleologisch angelegte Erzählung der Entwicklung von ursprünglicher vorkolonialer Freiheit und Gleichheit über die Ära der kolonialen Unterdrückung bis zur postkolonialen Befreiungsepoche – ein ‚genetisches Erzählen` von Geschichte in der Typologie Rüsens –, sondern als eine Geschichte der permanenten sozialen Ungleichheit und politischen Unterdrückung, in der die einheimischen Herrschenden lediglich unterschiedliche Strategien und Bündnisse eingegangen seien, auch während der Kolonialepoche. Und Ouologuem betrachtet Sklaverei und Skavenhandel als Phänomene, die nicht ausschließlich dem europäischen Kolonialismus anzulasten seien, 54 Es handelt sich vor allem um die oben erwähnten Chroniken Tarikh al-Fattah und Tarikh-al-Sudan. Vgl. Anm. 23.

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sondern er sieht – ähnlich wie spätere Historiker – hier komplexe Komplizenschaften zwischen einheimischen Herrschern und europäischen Sklavenhändlern und eine Praxis, die sich bereits durch die gewaltsame Islamisierung der westafrikanischen Gesellschaften seit dem 13. Jahrhundert im subsaharischen Afrika etabliert habe. Die Frage nach den Funktionen historischer Fiktionen, ihrer Potentiale und Grenzen, ist somit sowohl mit Blick auf (inter-)kulturelle als auch historische Alteritätshorizonte zu stellen. Sie stellt sich im frühen 18. Jahrhundert anders als in der Mitte des 19. Jahrhunderts; und sie betrifft in heutigen westafrikanischen Kulturen andere Wissens- und Diskursformen als in den okzidentalen Kulturen der Gegenwart. Auch wenn zumindest in den westlichen Kulturen seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts deutliche „Grenzen“ und Trennlinien zwischen historischen Fiktionen und nicht-fiktionaler Historiographie bestehen, die eng mit dem westlichen Verständnis von Wissenschaft und Objektivität verbunden sind, so wäre es – auch im Anschluss an die Überlegungen J. Rüsens – zweifellos sinnvoll, von einer ‚variablen Geometrie` der Potentiale und Grenzen fiktionaler historischer Erzählweisen zu sprechen und diese möglichst präzise in Text- und Gattungsstrukturen, Erzählmustern und rhetorischen Mustern festzumachen. Zwischen dem historischen Roman und der fiktionalen Biographie, die möglichst präzise alle vorliegenden Dokumente einarbeitet, dem historischen Roman, in dem nur ein Teil des Personeninventars historische Personen sind, dem ‚Schlüsselroman` (Roman à clés 55), der anonymisierte Personen- und Ortsnamen verwendet und sich auch in der Handlungsstruktur dezidiert Freiheiten gegenüber der gesicherten historischen Überlieferung erlaubt, und der realistischen, aber durch keine Referentialität gestützten Erzählung eines Fait Divers eröffnet sich eine gleitende Skala von Ausprägungsformen des historischen Erzählens, die ihrerseits den eingangs unterschiedenen Erzähltypen Rüsens zugeordnet werden können. Diese unterschiedliche Formen des historischen Erzählens mit den Mitteln der Fiktion lassen dem Erzähler unterschiedliche Freiheiten und implizieren verschiedene Formen des ‚Pakts` mit Zuschauern und Lesern: Yannick Haenel musste sich mit seiner fiktionalen Biographie Jan Karskis ebenso der Kritik aussetzen, eine falsche Sicht der Ereignisse geboten und sogar falsche Informationen (fake news) gegeben zu haben wie Régis Jauffret in seinem Buch Claustria (2012) über die monströse, mit dem Namen Josef Fritzl verbundene Inzestaffäre in Österreich, obwohl sich beide Schriftsteller relativ eng an historischen Ereignissen, Namen und Figurenkonfigurationen orientierten. 56 55 Vgl. hierzu Dion (Anm. 38), S. 98. 56 Vgl. ebd., S. 147–168.

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Bettina Wilperts 2018 erschienener Roman Nichts, was uns passiert, der um einen Vergewaltigungsfall im Studentenmilieu in Leipzig im Jahre 2014 kreist, weist einen dezidiert realistischen Erzähl- und Darstellungsduktus auf, der das Ereignis und das anschließende polizeiliche und gerichtliche Verfahren präzise und mit zahlreichen Bezügen auf real existierende Orte und Rahmenereignisse (wie die Fußballweltmeisterschaft 2014) erzählt. Der geschilderte Fall selbst ist jedoch ‚erfunden`, bezieht sich trotz des erweckten Anscheins präziser Referentialität auf keine historische belegte Affäre. Durch den gewählten Darstellungs- und Erzählfokus situiert sich die Verfasserin auf einer anderen Ebene und in einer anderen Autor-LeserKonfiguration als etwa Régis Jauffret und Yannick Haenel: nicht in Bezug zu anderen diskursiven Darstellungen des gleichen Ereignisses und des gleichen Fait Divers, zu denen der fiktionale Diskurs ebenso erweiternde wie korrigierende Funktionen einnehmen kann und sich somit den Kriterien von ‚Wahrheit` und ‚Plausibilität` stellen muss. Bettina Wilpert situiert sich, indem sie den Fiktionalisierungsgrad erhöht und die Referentialisierungsformen deutlich beschränkt, auf einer anderen Ebene. Sie interveniert mit den Mitteln der realistischen Fiktion in die aktuelle „#Me Too“-Debatte, indem sie in einer sehr dichten Erzählung von knapp 170 Seiten unterschiedlichste Sichtweisen – von ‚Opfer` und ‚Täter`, von Freunden /innen und Anwälten – zu Wort kommen lässt und auch verdeutlicht, wie stark der polizeiliche und der gerichtliche Diskurs ein komplexes und für beide Seiten traumatisches Geschehen in normierte, tendenziell entfremdende Verstehens- und Interpretationsschemata presst. Wie bei anderen, referentiellen und auf ein präzises Ereignis bezogenen Formen des historischen Erzählens liegt das spezifische Potential der Fiktion hier in den Möglichkeiten, subjektiven und zum Teil sehr widersprüchlichen, eminent kontingenten Wahrnehmungs- und Empfindungsweisen Ausdruck zu verleihen. Diese betreffen u. a. die Darstellung dessen, was die Autorin das unbewusste „Körpergedächtnis“ nennt: Als Anna, die ihren Bekannten Jonas nach zweimonatigem Zögern der Vergewaltigung beschuldigt – was er empört mit dem Argument zurückweist, es sei einvernehmlicher Geschlechtsverkehr gewesen –, zufällig in Berlin wiedersieht, ihn anspricht und er sie leicht mit der Hand an der Schulter berührt, holt sie die traumatische Erinnerung an die Vergewaltigung, die gerichtlich mangels Beweisen nicht als solche anerkannt wurde, plötzlich ein: „Dass sie die Berührung nicht aushielt. [...]. Dass seine Berührung an ihrer Schulter etwas auslöste. Wie gesagt, erzählt mir Anna, davor hatte sie ihren Verstand und auch ihr Bauchgefühl ausgeschaltet, hatte einfach gemacht, geredet, blablabla. Aber seine Hand an ihrem Körper hielt sie nicht aus, ein Zittern erfasste sie, es schnellte von den Zehen bis zum Scheitel, wanderte wieder hinunter, sackte im Bauch ab, machte sich schwer und ihr wur-

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de schlecht, sie hatte das Gefühl, sie müsste sich jeden Moment übergeben.“ 57 Bettina Wilperts Roman situiert sich im breiten Spektrum der fiktionalen Formen historischen Erzählens und zeigt zugleich in beeindruckender Weise nicht nur das Potential, sondern auch die Unumgänglichkeit der Fiktion für die historische Erkenntnis auf – wobei letztere nicht nur die Geschichte großer und zum Teil ferner Ereignisse, sondern auch die naher und sehr aktueller Alltagsereignisse (Faits Divers) umfassen kann. Zwischen Fiktion und Nicht-Fiktion existieren Trennlinien und Grenzen, aber auch vielfältige Hybridisierungsformen, Porositäten und Interferenzen. Die Postmoderne mit ihrer Valorisierung des Fragmentarischen, Diskontinuierlichen und Kontingenten hat diese transdiskursiven Kontaktzonen zweifellos verstärkt. Dies zeigt im Bereich der Geschichtswissenschaft beispielsweise Carlo Ginzburgs Pionierwerk Il formaggio e i vermi. Il cosmo di un mugnaio del '500 (1976, Der Käse und die Würmer. Die Welt eines Müllers um 1600), die experimentelle, in 62 fragmentarische Einzelkapitel aufgeteilte Untersuchung des Schicksals eines von der Inquisition wegen Häresie angeklagten und verurteilten Müllers in der norditalienischen Provinz Friaul im ausgehenden 16. Jahrhundert; und im Bereich der Fiktion etwa Régine Robins in anderer Weise experimentelles Buch Un roman d'Allemagne (2015) über die Formen kollektiver Erinnerung im zeitgenössischen Deutschland.

57 Bettina Wilpert: Nichts, was uns passiert. Roman. Leipzig 2018, S. 158 f.

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Jörn Rüsens „disziplinäre Matrix“ Ein Beitrag zur Wissensgeschichte der Historik

1. Erinnerung und Historisierung Sommersemester 1983 an der Ruhr-Universität Bochum, die Vorlesung zur Geschichte der Menschen- und Bürgerrechte 1: meine erste bewusste Begegnung mit Jörn Rüsen. In Erinnerung behalten habe ich die Grundlinien von Rüsens Interpretation dieses Themas, der Menschenrechte im Systemkonflikt, das damals noch wenige Historiker interessierte. 2 Und natürlich Rüsens Vortragsstil. Dieser Professor war charismatisch, geltungsbewusst, mit einer seine Zuhörer und bisweilen ihn selbst erfreuenden Redekunst begabt, die alle Register zwischen eindrucksvollem Pathos und den sprichwörtlichen „Dönekes“ 3 zog. An eine dieser lehrhaften Kurzgeschichten erinnere ich mich noch: Bauern schlossen sich der Forderung nach der „Pressfreiheit“ entschieden an, verstanden darunter aber nicht die Freiheit des gedruckten Wortes, sondern das Ende der vermeintlichen Bedrückung durch die Juden. Hier blieb einem das Lachen im Halse stecken; darin lag seine didaktische Qualität. Aber nicht von Jörn Rüsens Rhetorik soll hier die Rede sein, sondern von der „disziplinären Matrix der Geschichtswissenschaft“, die zu ebendieser Zeit das Licht der wissenschaftlichen Welt erblickte. Sie wurde seitdem so häufig kommentiert, erweitert und verändert, dass sie eine Art Eigenleben entwickelt hat, vor allem in ihrer grafischen Fassung. 4 Da auch Rüsen 1 Donnerstag 10 c. t., Hörsaal GC 30. Freundliche Auskunft des Universitätsarchivs der Ruhr-Universität Bochum. 2 Menschenrechte im Prozess der Geschichte. Historische Interpretationen, didaktische Konzepte, Unterrichtsmaterialien (Geschichtsdidaktik. Studien, Materialien. Neue Folge, Bd. 6). Pfaffenweiler 1990. 3 Es handelt sich um ein schwer übersetzbares Wort aus dem Ruhrgebiet, vgl. http:// www.ruhrgebietssprache.de/lexikon/doeneken.html (aufgerufen am 21. 2. 2018). 4 Stefan Jordan: Geschichtstheorie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Schwellenzeit zwischen Pragmatismus und Klassischem Historismus. Frankfurt a. M.

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selbst Matrixarbeit geleistet hat, inhaltlich wie grafisch, 5 lässt sich wohl sagen, dass diese kollektive Arbeit einen roten Faden in seinem Œuvre und dessen Rezeption darstellt, deren sich verändernde Prämissen und Zielsetzungen aus dem zeit- und werkgeschichtlichen Kontext erschlossen werden können. Diese Einkleidung in ein „historisches Gewand“ versteht Rüsen unter dem Begriff Historisierung, oder besser: Sie ist die einzige Historisierung, die er für sein Werk gelten lassen möchte. 6 Die disziplinäre Matrix als solche, darauf hat Rüsen mit stupendem Selbstbewusstsein insistiert, sei hingegen nicht historisierbar, weil es sich um eine Metatheorie der Geschichte handle und diese nur durch eine andere Metatheorie widerlegt werden könne. Andernfalls führe die zeitliche Relativierung der Geschichtstheorie in immer neue Historisierungsschleifen ad infinitum. 7 Die Systematik trägt, so argumentiert, noch stets den Sieg davon. Rüsen hat für seine disziplinäre Matrix universelle, ja universalgeschichtliche Geltung beansprucht. Diesen Anspruch möchte ich mit wissenschaftsgeschichtlichen Mitteln hinterfragen und einen anderen Blickwinkel auf die disziplinäre Matrix einnehmen.

2. Genesis und Begründung der „disziplinären Matrix“ Hans Blumenberg hat darauf aufmerksam gemacht, dass die Wissenschaften häufig mit vieldeutigen Metaphern arbeiten, die gleichwohl präzise Begrifflichkeit sein sollen. 8 Eine dieser Metaphern, das „Paradigma“, interessiert hier besonders, weil sie eine prominente Rolle in der Wissenschaftstheorie Thomas S. Kuhns spielt, auf die sich Jörn Rüsen bezogen hat. Aber auch der Begriff „Matrix“ würde hier Beachtung verdienen, weil er organisches in technisches Wissen überführte, vom etymologischen „Muttertier“ in das nichtlineare Darstellungsmittel eines Geflechts kreuztabellarisch angeordneter Faktoren, das zeitübergreifende oder überzeitliche Zusammenhänge erschließen sollte. Rüsen hat mit solchen Tabellen wie-

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1999, S. 37, ignoriert mit seiner Aussage, nur Rüsen und der Berliner Wissenschaftstheoretiker Wolfgang Wächter (vgl. Anm. 125) hätten disziplinäre Matrizen entwickelt, das geschichtsdidaktische Schrifttums souverän, vgl. Anm. 142. Horst Walter Blanke: Geschichtstheorie und Wissenschaftsgeschichte. Vier Anmerkungen zu Rüsens Historik-Konzeption. In: Erwägen – Wissen – Ethik. Streitforum für Erwägungskultur 22 (2011) H. 4, S. 501–503, hier S. 502, zählt sieben verschiedene Fassungen der Matrix allein aus Rüsens Feder. Jörn Rüsen: Diskursive Bewegungen in der Historik – Versuch einer Antwort an meine Kritiker. In: Erwägen – Wissen – Ethik (Anm. 5), S. 604–619, hier S. 612. Ebd., S. 608, 612. Hans Blumenberg: Paradigmen zu einer Metaphorologie. Frankfurt a. M. 1997.

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Abb. 1: Die „disziplinäre Matrix der Geschichtswissenschaft“ (1983)

derholt gearbeitet, ohne sie als Matrix zu bezeichnen. Seine „disziplinäre Matrix“, das Modell eines dynamischen Regelkreises, ist jedenfalls auch optisch von solchen Darstellungsformen abgegrenzt. 9 1906 hatte Max Weber die Funktion der Methodologie darauf beschränkt, zur Lösung sachlicher Probleme beizutragen. Hiervon unterschied er jedoch Phasen der „Unsicherheit über das ‚Wesen` der eigenen Arbeit“, in denen „infolge starker Verschiebungen der ‚Gesichtspunkte`, unter denen ein Stoff Objekt der Darstellung wird, die Vorstellung auftaucht, daß die neuen ‚Gesichtspunkte` auch eine Revision der logischen Formen bedingen, in denen sich der überkommene ‚Betrieb` bewegt hat“. 10 Methodische Fragen konnten nun größere Aufmerksamkeit beanspruchen als üblich. 9 Jörn Rüsen: Historische Vernunft. Grundzüge einer Historik I: Die Grundlagen der Geschichtswissenschaft. Göttingen 1983, S. 29, hier nach der optisch leicht abweichenden Fassung bei Horst Walter Blanke: Historiographiegeschichte als Historik. Stuttgart-Bad Canstatt 1991, S. 37. 10 Max Weber: Kritische Studien auf dem Gebiet der kulturwissenschaftlichen Logik. In: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, hrsg. v. Johannes Winckelmann. Tübingen 6. Aufl. 1985, S. 214–290, zit. S. 213 f.

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Ähnlich wie Anfang des 20. Jahrhunderts geriet die (west)deutsche Geschichtswissenschaft in eine Krise, als eine jüngere Generation von Historikern den Rückstand des nach wie vor dominierenden Historismus gegenüber den systematischen Sozialwissenschaften brandmarkte. Die Erweiterung oder Ersetzung der vorrangig politischen Geschichte durch eine theoriegeleitete kritische Geschichte der deutschen Gesellschaft seit dem 19. Jahrhundert hielt nicht nur Jörn Rüsen für einen unhintergehbaren Fortschritt. 11 Es drängte sich in dieser Situation geradezu auf, Webers Wissenschaftslehre mit dem vielzitierten „Paradigmenwechsel“ Thomas Kuhns in Verbindung zu bringen, der die zeitgenössische Erfahrung eines tiefgreifenden Umbruchs der Geschichtswissenschaft auf den Begriff zu bringen schien. Ein Paradigma als das Insgesamt „allgemein anerkannte[r] wissenschaftliche[r] Leistungen, die für eine gewisse Zeit einer Gemeinschaft von Fachleuten maßgebende Probleme und Lösungen liefern“ 12, ist beobachtungsleitende implizite Theorie und stillschweigendes Wissen über das, was und wie in einem Fach wie Physik gedacht und geforscht werden kann. Über teils sehr lange Zeiträume wird unter diesen Vorzeichen einer gut funktionierenden „Normalwissenschaft“, eines „Betriebs“ im Sinne Webers, Forschung und Lehre betrieben, bis nach einer Phase der Verunsicherung und Krise das bisherige Denkgebäude in einem abrupten, quasirevolutionären Vorgang durch ein innovatives neues ersetzt wird. Der Grund dieses Umsturzes liegt darin, dass das bisherige Paradigma in immer größere Widersprüche zu Einsichten gerät, die mit ihm unvereinbar sind. Schließlich tritt das anfänglich marginalisierte und durch allerlei apologetische Winkelzüge bekämpfte neue Denksystem an die Stelle des alten und verfestigt sich seinerseits zum Paradigma, bis der ganze Prozess wieder von vorn beginnen kann. Für Kuhn folgt der wissenschaftliche Fortschritt also nicht dem Muster einer lang andauernden genetischen Entwicklung, sondern eher demjenigen einer Spirale. Die Existenz gleichzeitiger Paradigmen über längere Zeiträume hinweg hielt er für ein Krisensymptom, weil Paradigmen untereinander notwendigerweise unverträglich seien. 13

11 Rüsen hat gelegentlich Thomas Nipperdeys berühmte Eingangssentenz „Am Anfang war Napoleon“ als rhetorische Taschenspielerei verspottet und sah Nipperdeys wesentliche Bedeutung darin, Hans-Ulrich Wehlers Kontrahent gewesen zu sein. Vgl. jetzt aber Paul Nolte: Lebens Werk. Thomas Nipperdeys Deutsche Geschichte. München 2018. 12 Thomas S. Kuhn: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen (1962, dt. 1967). 2. Aufl. Frankfurt a. M. 1976, S. 10. 13 Blanke (Anm. 9), S. 23–36.

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Die intensive Debatte um Kuhns Wissenschaftstheorie muss hier nicht nachgezeichnet werden. Kontrovers beurteilt wurde u. a. sein Verständnis von Diskontinuität, das eine nicht explizierte Vorstellung von Kontinuität zur logischen Voraussetzung hatte, und die fehlende Berücksichtigung soziologischer Ursachenfaktoren für Paradigmenwechsel, die Kuhn für „paradigmatische Wissenschaften“ wie die Physik meinte ausschließen zu können. In der Anwendung seiner Theorie auf die Geschichte anderer Disziplinen tat sich das Problem auf, dass Paradigmen sich mit den gängigen Großepochen eines Fachs decken konnten, sodass der empirische Nutzen seiner Theorie infrage stand. 14 Kuhn hat sich daraufhin bemüht, die verwirrende Vieldeutigkeit seines Paradigma-Begriffs zu beseitigen. Er führte in der zweiten Auflage seines Buchs u. a. den Begriff „disziplinäre Matrix“ als Synonym zu Paradigma ein und definierte diese als „Konstellation von Meinungen, Werten, Methoden usw., die von den Mitgliedern einer gegebenen Gemeinschaft geteilt werden“. 15 Indem Kuhn in dieser Definition stärker auf die Konstitutionsbedingungen der wissenschaftlichen Problemlösung als auf die Gründe ihrer Krise abstellte, rückte er das Paradigma an den Begriff des „Denkstils“ heran, den drei Jahrzehnte zuvor der polnische Philosoph Ludwik Fleck geprägt hatte. 16 Beide Wissenschaftler verband die erkenntnistheoretische Skepsis gegenüber einem naiven Realismus, demzufolge die äußere Welt dem Menschen als solche zugänglich sei und die Qualität von Wirklichkeitsaussagen am Ausmaß ihrer Übereinstimmung mit dieser äußeren Welt bemessen werden könne. 17 Jörn Rüsen hat Kuhns Thesen nicht erkenntnistheoretisch, sondern als Aktualisierung der Wissenschaftslehre Max Webers gelesen. Unter einem Paradigma verstand er anfänglich ein „System von Theorien, Methoden und Normen“, das dem Wandel unterworfen sei. In dem historischen Forschungsprogramm, das Rüsen Anfang der 1970er Jahre mit leichter Hand skizzierte, gab er seiner Überzeugung Ausdruck, der Ablösung des historistischen Paradigmas beizuwohnen. 18 Seit 1976 verwendete Rüsen den Begriff der „disziplinären Matrix“, definierte diesen aber abweichend von Kuhn als „Theorie der paradigmatischen Verfassung“, also synonym 14 Werner Diederich (Hrsg.): Theorien der Wissenschaftsgeschichte. Beiträge zur diachronischen Wissenschaftstheorie. Frankfurt a. M. 1974. 15 Kuhn (Anm. 12), S. 462 f. 16 Ludwik Fleck: Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache. Einführung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollektiv (1935), hrsg. v. Lothar Schäfer / Thomas Schnelle. Frankfurt a. M. 1980. 17 Hans Jörg Sandkühler: Kritik der Repräsentation. Einführung in die Theorie der Überzeugungen, der Wissenskulturen und des Wissens. Frankfurt a. M. 2009, S. 164 f. 18 Jörn Rüsen: Rezension zu Thomas S. Kuhn: The Structure of Scientific Revolution. 2. Aufl. Chicago 1970, in: Historische Zeitschrift 219 (1973), S. 612–614, hier S. 612, 614.

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zur „Historik“, die Rüsen erneuern wollte. 19 Denn die „historische Rekonstruktion der Entwicklung von Geschichtswissenschaft“ müsse sich „fluchtpunktartig an deren gegenwärtiger Matrix“ orientieren. Die Historik als „Theorie der Matrix“ 20 müsse umso intensiver betrieben werden, je höher das Gebäude des Fachs emporwachse, so Rüsen in einer von Ernst Cassirer entlehnten Metapher. 21 Keineswegs zwangsläufig war vor diesem fortschrittsoptimistischen Hintergrund, dass Rüsen Basisfaktoren der disziplinären Matrix definierte, die wesentlich der „Historik“ Johann Gustav Droysen verpflichtet waren, also eine behutsame Modernisierung der historistischen Tradition anzeigten. Diese Variablen waren seinerzeit „lebensweltliche Voraussetzungen und Absichten“, ein allgemeiner Geschichtsbegriff, Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft sowie die „Bewußtseinsorientierung gesellschaftlich Handelnder“ durch Geschichtsschreibung. 22 In der Beschreibung ihres inneren Zusammenhangs zeichnete Rüsen bereits das Vollbild der disziplinären Matrix-Faktoren vor, das er im ersten Teil seiner „Historik“ ausfüllte, 23 dort aber weitgehend unabhängig von der Wissenschaftsgeschichte. Unter einer disziplinären Matrix verstand Rüsen 1983 „die für die Geschichte als Fachdisziplin maßgeblichen Faktoren oder Prinzipien des historischen Denkens in ihrem systematischen Zusammenhang“. 24 Der

19 Ders.: Der Strukturwandel der Geschichtswissenschaft und die Aufgabe der Historik. In: Ders.: Für eine erneuerte Historik. Studien zur Theorie der Geschichtswissenschaft. Stuttgart-Bad Canstatt 1976, S. 45–54, zit. S. 46. 20 Ebd., S. 53. Vgl. auch Ders.: Grundlagenreflexion und Paradigmawechsel in der westdeutschen Geschichtswissenschaft, in: Geschichtsdidaktik 11 (1986) H. 4, S. 388–405. 21 Rüsen (Anm. 19), S. 54. Rückblickend hat Rüsen seine Absicht dargelegt, „das Innovationspotenzial des sozialgeschichtlichen Denkens und seine Anregungen durch die systematischen Sozialwissenschaften [...] aufzugreifen und geschichtstheoretisch und forschungsmethodologisch zur Geltung zu bringen.“ Historik. Theorie der Geschichtswissenschaft. Köln /Weimar /Wien 2013, S. 17; das Zitat: Rüsen (Anm. 19), S. 54. 22 Ebd., S. 47 f. 23 „Aufgrund ihrer lebensweltlichen Voraussetzungen und Absichten nimmt die Geschichtswissenschaft allgemeine vor- und außerwissenschaftliche Erfahrungen von gesellschaftlichem Wandel auf. Sie verarbeitet sie in einen allgemeinen Geschichtsbegriff, der als Bezugsrahmen der historischen Forschung und als Leitfaden der Geschichtsschreibung ausgearbeitet wird. Der Bezugsrahmen wiederum entscheidet darüber, nach welchen Methoden seine Inhalte aus den empirischen Befunden menschlicher Vergangenheit gewonnen werden. Umgekehrt ist schon die Regularität des Umgangs mit der Überlieferung ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Erstellung des Bezugsrahmens, und dieser wiederum wirkt, durch methodische Forschung empirisch gehaltvoll geworden, durch Geschichtsschreibung als Bewußtseinsorientierung gesellschaftlich Handelnder auf die Lebenswelt zurück, deren Erfahrungen in ihm verarbeitet worden sind.“ Ebd., S. 48. 24 Rüsen (Anm. 9), S. 24.

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wichtigste Unterschied zu den Geschichtstheorien des Historismus bestand in der Rückbindung der Disziplin an lebensweltliche „Funktionen der Daseinsorientierung“. Rüsen warf indes nicht die Frage auf, wie das Geschichtsbewusstsein von Individuen und Gruppen an der gesellschaftlichen Konstruktion von Alltagswelten und /oder wissenschaftlicher Paradigmen im Sinne Kuhns beteiligt sein könnte. Bei ihm findet sich keine Nobilitierung der Alltagserfahrung, aber die These, dass mit der disziplinären Matrix schlechthin jede kognitive Tätigkeit des menschlichen Geschichtsbewusstseins verstanden werden könne. 25 Im Mittelpunkt der disziplinären Matrix stand der Methodenfaktor als Inbegriff derjenigen Operation, die menschliches historisches Denken in Wissenschaft transformierte. „Methodisierung“ machte aus gesellschaftlichen Orientierungsbedürfnissen Erkenntnisinteressen, aus „leitenden Hinsichten“ auf die Vergangenheit historische Erkenntnistheorien, aus historischer Erfahrung eine historische Methode, aus Darstellungsformen „Vehikel einer diskursiven Argumentation“, aus Funktionen der Daseinsorientierung „Strategien in der Konsensbildung im sozialen Kampf um die Formierung und Anerkennung historischer Identität.“ 26 Unklar blieb jedoch, was Rüsen unter der „zeitliche[n] Bewegtheit“ 27 der Historik verstand und welchem Erkenntnisinteresse die Feststellung dieser Dynamik dienen sollte. In seinen empirischen Arbeiten hat Rüsen im Wesentlichen den „Strukturwandel des historischen Denkens“ als Paradigmatisierung der Geschichtswissenschaft bis zu ihrem geschichtstheoretischen Höhepunkt Mitte des 19. Jahrhunderts nachgezeichnet, also die Genese der Basisfaktoren erklärt. Die vier Typen des historischen Erzählens, neben der Matrix sicher der einflussreichste Teil seiner Geschichtstheorie (und Kernstück des dritten Teils seiner „Historik“), exemplifizierte Rüsen an der Geschichte der Geschichtsschreibung seit der Antike, ohne auf Paradigmenwechsel zu rekurrieren. Und auch dort, wo er einen solchen Paradigmenwechsel ausdrücklich sah, wie etwa in der Entstehung der Geschichtsdidaktik in der Bundesrepublik der 1970er Jahre, griff Rüsen nicht auf die Theorie der disziplinären Matrix zurück, sondern argumentierte zeitgeschichtlich und politisch. 28 25 Ebd., S. 23–25. 26 Jörn Rüsen: Rekonstruktion der Vergangenheit. Grundzüge einer Historik II: Die Prinzipien der historischen Forschung. Göttingen 1986, hier zusammengefast nach Ders./Zdenek Vašícek: Geschichtswissenschaft zwischen Ideologie und Fachlichkeit. Zur Entwicklung der Historik in der DDR (1985). In: Alexander Fischer /Günther Heydemann: Geschichtswissenschaft in der DDR, Bd. 1: Historische Entwicklung, Theoriediskussion und Geschichtsdidaktik. Berlin 1989, S. 307–331, hier S. 310. 27 Rüsen (Anm. 9), S. 31. 28 Jörn Rüsen: Lebendige Geschichte. Grundzüge einer Historik III: Formen und Funktionen des historischen Wissens. Göttingen 1989, S. 15–75; Ders.: The Didactics of

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Rüsens Schüler Horst Walter Blanke verwendete seine disziplinäre Matrix, um Paradigmen in der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft seit der Aufklärung geschichtstheoretisch und empirisch zu rekonstruieren. 29 Blankes Forschungsansatz war von dem Bemühen gekennzeichnet, Rüsens Historik mit Thomas Kuhns Wissenschaftstheorie zu versöhnen. Er folgte dessen Lesart von Kuhn, indem er Rüsens disziplinäre Matrix mit dem ursprünglichen Begriff des Paradigmas bei Kuhn gleichsetzte und von Paradigmen im engeren Sinne abgrenzte, unter denen Blanke mit Kuhn „exemplarische Problemlösungen“ verstand, die auch nebeneinander existieren könnten. 30 Solche Problemlösungen waren aus der Perspektive von Zeitgenossen und Akteuren langfristigen Transformationsprozessen unterworfen. Der Historiker konnte demgegenüber idealtypisch verdichtete Paradigmenwechsel erkennen, indem er Veränderungen der Basisfaktoren der disziplinären Matrix im Sinne Rüsens vergleichend (re)konstruierte. Ungeachtet dieser begrifflichen Abgrenzung beschrieb Blanke „drei Matrizes“, die hinsichtlich des Theoriefaktors bereits im Horizont der Zeitgenossen „scharf und entschieden“ voneinander abgegrenzt (gewesen) seien: Aufklärungshistorie, Historismus und Historische Sozialwissenschaft. 31 Offen blieb, was Paradigmen und Matrizen letztlich voneinander unterschied. In Anlehnung an Blanke verstand Rüsen Ende der 1980er Jahre unter der „Historisierung der Historik“ zunächst eine Geschichte der Historik als einer spezifischen Textgattung, sodann die Veränderung der für die Geschichte als Fachwissenschaft maßgeblichen Prinzipien im Zeitablauf, schließlich Entwicklungsschübe einer „genetisch gefassten disziplinären Matrix der Geschichtswissenschaft“ von der Aufklärung über den Historismus bis zur „modernen“ Geschichtswissenschaft, die inzwischen von der „Post-Moderne“ in Frage gestellt werde. 32 Mit wenigen Ausnahmen, von denen eine im nächsten Abschnitt diskutiert werden soll, hat Rüsen seit der Mitte der 1980er Jahre keine Wissenschaftsgeschichte mehr geschrieben. Die von ihm selbst im Spannungsverhältnis von Moderne und Postmoderne situierte Historisierung der disziplinären Matrix unterblieb.

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History in West Germany: Towards a New Self-Awareness of Historical Studies, in: History and Theory 26 (1987) H. 3, S. 275–286. Blanke (Anm. 9). Ebd., S. 33. Ebd., S. 47. Jörn Rüsen: Die Entwicklung der disziplinären Matrix und des theoretisch-methodologischen Instrumentariums der Geschichtswissenschaft, in: Herbert Hörz (Hrsg.): Historiographiegeschichte als Methodologiegeschichte. Zum 80. Geburtstag von Ernst Engelberg (Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Berlin 1991, Nr. 1). Berlin 1991, S. 53–67, hier S. 53–59.

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Es war wohl kein Zufall, dass der Zeitfaktor in dem Maße hinter die Systematik der Historik zurücktrat, wie in einer ganz gegenläufigen Tendenz die Re-Historisierung die historische Orientierung auf die öffentliche Bühne beider deutscher Staaten zurückkehren ließ. Diese rückwärtige Vertiefung politischer Legitimationsbedürfnisse ging mit einem spürbaren Verlust von Utopie und Zukunftsgewissheit einher. Rüsen hat die grundsätzliche Bedeutung dieses Vorgangs früh erkannt und durch die Profilierung des Begriffs „Geschichtskultur“ sowohl kritisch reflektiert als auch vorangetrieben. 33 Geschichtskultur war im dritten Teil seiner „Historik“ noch Teil der Geschichtsdidaktik, wies aber bereits über sie hinaus, indem Rüsen die Frage aufwarf, ob es neben der kognitiven Vernunft der Geschichtswissenschaft eine ästhetische und eine politische historische Vernunft geben könne. 34 Die disziplinäre Matrix begann aufzubrechen.

3. „Zur Entwicklung der Historik in der DDR“ 3.1 Matrix oder Paradigma? Der politische Umbruch der Jahre 1989–1991 konfrontierte die Zeitgeschichtsschreibung mit einem methodologischen Problem: Wie konnte die Geschichte der Geschichtswissenschaft der untergegangenen DDR geschrieben werden? Geschichtsforschung und Historiographie standen vor der undankbaren Alternative, entweder die Handlungsmaximen des zweiten deutschen Staates als politisch legitim vorauszusetzen und damit unter Umständen den diktatorischen Charakter der SED-Herrschaft zu verfehlen, oder aber die Bundesrepublik zum Maß aller Dinge zu machen, auf die Gefahr hin, dass der „Eigensinn“ der ostdeutschen Historie aus dem Blick geriet und Sachaufklärung über die marxistisch-leninistische Geschichtswissenschaft erschwert wurde. 35

33 Erstmals 1987: Für eine Didaktik historischer Museen – gegen eine Verengung im Streit um die Geschichtskultur, in: Geschichtsdidaktik 12 (1987) H. 3, S. 267–276, sodann in Ders.: Vernunftpotentiale der Geschichtskultur. In: Ders./Eberhard Lämmert / Peter Glotz. Die Zukunft der Aufklärung. Frankfurt a. M. 1988, S. 105–188, systematisch entfaltet in Ders.: Was ist Geschichtskultur? Überlegungen zu einer neuen Art, über die Geschichte nachzudenken. In: Ders./Klaus Füßmann /Heinrich Theodor Grütter (Hrsg.): Historische Faszination. Geschichtskultur heute. Köln /Weimar / Wien 1994, S. 3–26. Vgl. hierzu auch den Beitrag von Holger Thünemann in diesem Band. 34 Rüsen 1985 (Anm. 28), S. 110. 35 Martin Sabrow: Die Historikerdebatte über den Umbruch von 1989. In: Ders./Ralph Jessen /Klaus Große Kracht (Hrsg.): Zeitgeschichte als Streitgeschichte. Große Kontroversen seit 1945. München 2003, S. 114–137, hier S. 123–126, 130 f.

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Der Zeithistoriker Martin Sabrow hat daher vorgeschlagen, die Geschichtswissenschaft der DDR als eigenständiges Paradigma einer „beherrschten“ Normalwissenschaft zu betrachten, dessen Entwicklung Sabrow im Wesentlichen bis 1969 verfolgte. Dieses Paradigma wurde ihm zufolge in einer ersten Phase bis 1957 konstituiert, konsolidierte sich bis zum Ende der Ära Ulbricht 1969/70, geriet anschließend in eine defensive Krise und erodierte seit Mitte der 1980er Jahre, um nach dem Ende der SED-Herrschaft als historischer Herrschaftsdiskurs „geräuschlos“ von der Bildfläche der Geschichtswissenschaft zu verschwinden. 36 Sabrows Intention, Wissenschaftsgeschichte als Prozessgeschichte der Paradigmatisierung und des Paradigmenverfalls zu schreiben, ähnelte Rüsens Forschungsansatz. Sabrow folgte jedoch Kuhns Auffassung, dass wissenschaftliche Paradigmen untereinander nicht kompatibel seien, und rekonstruierte die fremde Welt der zweiten deutschen Geschichtswissenschaft mit Mitteln der Kulturgeschichte und Diskursanalyse. 37 Der geschichtstheoretische Dreh- und Angelpunkt dieses Herrschaftsdiskurses war das Dogma der „objektiven Parteilichkeit“, demzufolge Objektivität und Parteilichkeit in der Geschichtswissenschaft „wie in jeder marxistisch-leninistische[n] Gesellschaftswissenschaft [...] eine untrennbare Einheit“ bildeten. Die „organische Verknüpfung von Geschichte und Politik“, hieß es weiter, „in der die Parteilichkeit der marxistisch-leninistischen Geschichtsbetrachtung Ausdruck findet, entspricht zugleich der wissenschaftlichen Objektivität.“ 38 Gehorsam gegenüber der Partei gefährdete demnach nicht die Wahrheitsfähigkeit der erzielten Forschungsergebnisse, sondern ermöglichte sie überhaupt. 39 Ein „Vetorecht der Quellen“ gab es in der Geschichtswissenschaft der DDR nicht, im Gegenteil: Wer Geschichte allein aus den Quellen schrieb, sah sich dem Vorwurf einer vormarxistischen „Faktologie“ und / oder des „Objektivismus“ ausgesetzt, der ernsthafte berufliche Folgen nach sich ziehen konnte. 40 Der DDR-Geschichtsdiskurs enthielt eine überschaubare Anzahl von Diskursregeln, die man aus Veröffentlichungen der 1960er und 70er Jahre ohne Weiteres entnehmen konnte. Diese bestanden in der Verpflichtung des Historikers auf die „historische Verantwortlichkeit“ gegenüber seinem 36 Ders.: Das Diktat des Konsenses. Geschichtswissenschaft in der DDR 1949–1969 (Ordnungssysteme. Studien zur Ideengeschichte der Neuzeit, Bd. 8). München 2001, S. 27–38, 427–441, zit. S. 441. 37 Ebd., S. 27–38. 38 Ebd., S. 395. 39 Helmut Rumpler: Parteilichkeit und Objektivität als Theorieproblem der Historie in der DDR (1977). In: Fischer /Heydemann (Anm. 26), S. 333–362. 40 Sabrow (Anm. 36), S. 401.

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parteilichen Erziehungsauftrag, in der formalen Verpflichtung zur ausgewogenen Repräsentation von Freund und Feind, in der funktionalen Vollständigkeit der per se auf (wechselnde) Gegenwartsinteressen von Staat und Partei ausgerichteten, präsentistischen Geschichtsdarstellung, zuletzt auch in dem, was Sabrow als „kanonische Konkordanz“ bezeichnet hat: Die Interpretation der Befunde musste zwingend durch Zitate aus den Werken der „Klassiker“ beglaubigt werden. 41 Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der wissenschaftsgeschichtlichen Ansätze von Rüsen und Sabrow werfen die Fragen auf, welche Phänomene die disziplinäre Matrix in den Blick bringt und welche das Paradigma der „beherrschten Normalwissenschaft“, welcher Ansatz geeigneter ist, die empirische Forschung anzuleiten und welche Schlussfolgerungen die Beantwortung der beiden ersten Fragen nahe legt. Als Fallstudie beziehe ich mich hierbei auf einen Aufsatz, in dem Jörn Rüsen und sein tschechischer Kollege Zdenek Vašícek Rüsens disziplinäre Matrix verwendeten, um die Geschichte der Geschichtstheorie in der DDR von der Staatsgründung bis Mitte der 1980er Jahre zu analysieren. 42 Bevor die Argumentation der Autoren untersucht wird, gilt es, den zeitgeschichtlichen Forschungsstand vor und nach der „Wende“ zu rekapitulieren und damit bereits einen wesentlichen Teil der Problemstellung in den Blick zu nehmen: die wechselseitigen Wahrnehmungen von Ost und West und die für wahr gehaltenen Überzeugungen, die diese Wahrnehmungen als wirklichkeitsadäquat erscheinen ließen.

3.2 Außen- und Innensichten Die Erforschung der DDR-Geschichtswissenschaft musste sich unter den Bedingungen des Kalten Krieges auf offizielle Verlautbarungen, Fachbücher und Zeitschriften stützen. Die so gewonnene Außensicht auf die andere deutsche Geschichtswissenschaft war unvermeidlich von politischen Rahmenbedingungen und in der Regel nicht artikulierten Erwartungshaltungen geprägt. Umgekehrt war die DDR-interne Wahrnehmung „des“ westlichen Gegners über weite Strecken eine Projektion der eigenen Praxis auf das, was man von der anderen Seite erwartete und befürchtete. 43 Die Entspannungspolitik der 1960er und 70er Jahre führte dazu, dass die vorherrschende pauschale Ablehnung der marxistisch-leninistischen Historie in der Bundesrepublik allmählich einer differenzierteren Beur-

41 Ebd., S. 206–210. 42 Rüsen /Vašícek (Anm. 26). 43 Sabrow (Anm. 36), S. 412 f.

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teilung wich. Die Geschichtswissenschaft der DDR schien sich seit dem Sturz Walter Ulbrichts von den Zumutungen politischer Parteilichkeit zu emanzipieren und dem Standard der westlichen Geschichtswissenschaft anzunähern, die recht unbefangen als Maßstab verwendet wurde – Akten gab es ja nicht. Die Gründung eines „Rats für Geschichtswissenschaft“ 1969 fand in der Bundesrepublik starke Beachtung, gestand doch hier die Politik, so schien es, der Wissenschaft größeren Spielraum zu. 44 Der Historiker Günter Heydemann sah die ostdeutsche Disziplin auf dem Weg ihrer „Verwissenschaftlichung“ und ging sogar von konvergierenden Problemstellungen in der Geschichtsforschung beider deutscher Staaten aus. 45 Die in der Geschichtswissenschaft der DDR seit den 1970er Jahren geführte öffentliche Debatte über Tradition und Erbe gab weiteren Anlass zu optimistischen Prognosen über die „Re-Historisierung“ der DDR-Geschichtswissenschaft, die einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen West und Ost den Weg zu bahnen schien. Karl Dietrich Erdmanns Diktum von der systemübergreifenden „Ökumene der Historiker“ brachte ein für die DDR neues Wort und ein Verständigungsangebot in die innerdeutsche Auseinandersetzung, das auf der östlichen Seite der Berliner Mauer allerdings als subtile Aggression bewertet wurde. 46 Solche Blicke auf das Innenleben der SED-Diktatur wurden natürlich erst dann möglich, als man nach 1989 ihre papiernere Hinterlassenschaft einsehen konnte. Das Ergebnis war ernüchternd. Von Liberalisierungstendenzen konnte kaum und von einer Geschichtswissenschaft im westlichen Sinne noch weniger die Rede sein. Allerdings gelang in der Ära Honecker das Kunststück, die politische Dominanz der SED in die Gremien und Diskurse der Geschichtswissenschaft zu verlegen – eben durch den Rat für Geschichtswissenschaft –, sodass nach außen hin der Eindruck größe-

44 Ebd., S. 154 f. mit der weiteren Literatur. 45 Günther Heydemann: Geschichtswissenschaft im geteilten Deutschland. Entwicklungsgeschichte, Organisationsstruktur, Funktionen, Theorie- und Methodenprobleme in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR. Frankfurt a. M. u. a. 1980. 46 „Die Position der offiziellen bürgerlichen Geschichtswissenschaft der BRD und ihre Ziele treten am deutlichsten im Referat Erdmanns über ‚Die Ökumäne (sic!) der Historiker` anläßlich der Eröffnung des Kongresses hervor. [...] Nur scheinbar steht im Widerspruch zu dieser flexiblen Taktik, daß BRD-Vertreter wie Jeismann und Beier eine sowjetische Kritik an Darstellungen in amerikanischen und BRD-Schulbüchern zu zugespitzten Ausfällen gegen die Sowjetunion nutzten.“ Bericht über die Teilnahme einer Historiker-Delegation der DDR am XV. Internationalen Kongress für Geschichtswissenschaften in Bukarest, 10.–17. 8. 1980, S. 3 f. Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (künftig: ABBAW), Forschungsbereich Gesellschaftswissenschaften (künftig: FOB Gewi) 455. – Zur Diskussion um Erbe und Tradition vgl. Walter Schmidt u. a.: Studie zur Erbeerschließung und Traditionspflege in der Geschichtswissenschaft der DDR. Bilanz der zweiten Hälfte der 80er Jahre, Probleme und Aufgaben der 90er Jahre, Mai 1989. ABBAW, FOB Gewi 96.

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rer Sachlichkeit und Wissenschaftsspezifik entstehen konnte. Die Politik herrschte jetzt nicht mehr über die Geschichtswissenschaft, sondern in ihr. 47

3.3 Geschichtstheorie in der DDR Schon Mitte der 1960er Jahre stand für den in dieser Hinsicht besonders empfindlichen führenden Historiker der DDR, Ernst Engelberg, eine Offensive gegen die Geschichtswissenschaft der Bundesrepublik auf der geschichtspolitischen Agenda, nicht etwa obwohl, sondern weil sie sich verjüngte und modernisierte. Diese Forderung wurde mit der Gründung des Rats für Geschichtswissenschaft Programm. Die Historiker der DDR sollten „auf dem Gebiet einer offensiven und wirkungsvollen Auseinandersetzung“ mit den Historikern der BRD qualifiziert werden, wie es im Protokoll der konstituierenden Sitzung vom 20. Juni 1969 hieß. 48 Gerhard Lozek, Professor und Leiter des Forschungsbereichs „Bürgerliche Historiographie und geschichtsideologische Auseinandersetzung“ am Institut für Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee der SED, ein Kenner der westdeutschen Historiographie einschließlich der um die Zeitschrift „Geschichte und Gesellschaft gruppierten bürgerlichen BRD-Historiker“ 49, Lothar Berthold, Professor an der Leipziger Universität und Hauptherausgeber des mehrfach aufgelegten Buches „Unbewältigte Vergangenheit. Kritik der bürgerlichen Geschichtsschreibung in der BRD“ 50, und vermutlich Heinrich Angermüller, Experte für die bundesdeutsche Gegnerlage im Institut für Internationale Politik und Wirtschaft 51, erhielten den Auftrag, eine geeignete Arbeitsgruppe bis Jahresende zusammenzustellen. 52 47 Sabrow (Anm. 36), S. 146, 156 f. 48 Kurzprotokoll der konstituierenden Sitzung des Rats für Geschichtswissenschaft im Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, 20. 6. 1969, S. 3. ABBAW, Zentralinstitut für Geschichte (künftig: ZIG) 220. 49 Lothar Mertens: Rote Denkfabrik? Die Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED (Studien zur DDR-Gesellschaft, Bd. 10). Münster 2004, S. 77 f., das Zitat: Lozeks Mitarbeiter Konrad Irmschler, S. 77, Anm. 111. – Die Akademie firmierte bis Ende 1976 als Institut für Gesellschaftswissenschaften. 50 Berthold, Lothar. In: Wer war wer in der DDR? Online-Ausgabe https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B – 1424.html?ID=244 (aufgerufen am 12. 3. 2018). – Lothar Berthold u. a. (Hrsg.): Unbewältigte Vergangenheit. Kritik der bürgerlichen Geschichtsschreibung in der BRD. Berlin 1970 u. ö. 51 Zur Person: Hans Heinrich Angermüller 60 Jahre. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 36 (1988), S. 237. Sabrow (Anm. 36), S. 163, Anm. 190, zitiert allerdings einen IM des Staatssicherheitsdienstes „Heinrich Angermüller“, der im März 1958 über den vom MfS intensiv bespitzelten Hallenser Historiker Leo Stern berichtet hatte. 52 Kurzprotokoll (Anm. 48).

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Daraus ging in der ersten Novemberwoche 1969 der „Problemrat Methodologie und Geschichte der Geschichtswissenschaft“ hervor. Dem Gremium gehörten Lozek und Berthold, Hubert Mohr von der Pädagogischen Hochschule Potsdam als Mitherausgeber der DDR-Einführung in die Geschichtswissenschaft 53, der SED-Hardliner Ernst Hoffmann, Professor für „Geschichte der Geschichtsschreibung der neueren und neuesten Zeit“ an der Berliner Humboldt-Universität 54, der Jenaer Faschismusexperte Manfred Weißbecker und Kurt Zeisler vom Deutschen Institut für Zeitgeschichte an. Der in Leipzig promovierte Historiker Wolfgang Küttler war als enger Mitarbeiter Engelbergs Sekretär des Problemrats. 55 Zu diesem stießen später weitere Personen, unter ihnen Professor Helmut Meier, der als Leiter des Forschungsbereichs „sozialistische Nation und Geschichtsbewusstsein“ im Institut für Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED für die Erforschung des Geschichtsbewusstseins in der DDR zuständig war. 56 Die Debatte über das „Geschichtsbewusstsein in der sozialistischen Gesellschaft“ wurzelte darin, dass Ulbrichts „nationale Grundkonzeption“ unter Honecker durch eine internationalistische Konzeption ersetzt wurde, die einzelne ideologische Barrieren beiseite räumte. Eine empirisch abgesicherte Geschichtspropaganda sollte im Gegenzug dafür sorgen, mögliche Legitimationsverluste des Staates zu kompensieren. 57 Der Problemrat sollte sich mit der bürgerlichen Historiographie seit der Aufklärung befassen, „weil sich dadurch unsere marxistische Geschichtswissenschaft als konsequente Weiterführung der progressiven antifeudalen Geschichtsideologie erweist, sich dabei Waffen im Kampf gegen die imperialistische Geschichtsschreibung aneignen kann.“ Einer zu gründenden Forschungsstelle „Methodologie und Geschichte der Geschichtswissenschaft“ im Zentralinstitut für Geschichte der Akademie der Wissen53 Walter Eckermann /Hubert Mohr (Hrsg.): Einführung in das Studium der Geschichte. Berlin 1966 u. ö. 54 Hoffmann war auch einer der Autoren des Lehrbuchs der deutschen Geschichte (vgl. Anm. 58). Sabrow (Anm. 36), S. 270. 55 Beschlussprotokoll der konstituierenden Sitzung des Problemrats für Methodologie und Geschichte der Geschichtswissenschaft, 6. 11. 1969. ABBAW, ZIG 220. 56 Sitzungsprotokoll des Problemrats für Methodologie und Geschichte der Geschichtswissenschaft, 25. 5. 1971, S. 1. Ebd. 57 Sabrow (Anm. 36), S. 432, vgl. Helmut Meier /Walter Schmidt (Hrsg.): Geschichtsbewußtsein und sozialistische Gesellschaft. Beiträge zur Rolle der Geschichtswissenschaft, des Geschichtsunterrichts und der Geschichtspropaganda bei der Entwicklung des sozialistischen Geschichtsbewußtseins. Berlin 1970, sowie Marko Demantowsky: Der Beginn demoskopischer Geschichtsbewusstseins-Forschung in Deutschland. Die Forschungsgruppe ‚Sozialistisches Geschichtsbewusstsein` am Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED. In: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik 4 (2005), S. 146–175.

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schaften der DDR stellte der Problemrat die Aufgabe „Durchforschung des methodologischen Erbes der Klassiker des Marxismus-Leninismus [...] unter dem Themenaspekt ‚die Gesetzmäßigkeit der Entwicklung und Entwicklungsfolge der Gesellschaftsformationen`“. Abschließend konkretisierten Engelberg und Küttler „die weiteren Aufgabenstellungen anhand der ZK-Beschlüsse über die Gesellschaftswissenschaften und über die Geschichte des deutschen Volkes.“ 58 Das Arbeitsprogramm der inzwischen gegründeten Forschungsstelle lag dem Rat für Geschichtswissenschaft im Oktober 1970 vor. 59 In der Diktion der DDR-Wissenschaftsverwaltung waren auch die ehrgeizigsten Pläne gleichbedeutend mit der vorweggenommenen Planerfüllung. So hieß es in den Vorgaben für die Forschungsstelle, es sei Aufgabe der Methodologie, Entscheidungsgrundlagen für die „Strategie und Taktik der Partei, für die Prognose gesellschaftlicher Entwicklungen im Sozialismus und für die Systemauseinandersetzung mit dem Imperialismus“ zu schaffen. Ferner übernehme sie Aufgaben bei der sozialistischen Bewusstseinsbildung und in der Formung des marxistisch-leninistischen Weltbildes. 60 Als (westliche) Gegner dieser Methodologie bezeichneten der oder die Verfasser Historismus und Positivismus. Die DDR-Historie habe vor allem die „Einheit von Geschichtswissenschaft und Politik“ zu gewährleisten. Die Formationstheorie sollte die Richtigkeit der Lehre von der gesetzmäßigen Unvermeidlichkeit des Sozialismus nachweisen. Erstrangige Arbeitsaufgabe der Zukunft sei daher die systematische Durchforschung der Werke der „Klassiker“ mit dem Ziel, „die Einheit von Geschichtswissenschaft und Politik, von Objektivität und Parteilichkeit als methodische Grundprinzipien wissenschaftlichen Forschens und das gesellschaftliche Systemdenken durchzusetzen zu helfen.“ 61 Der Leipziger Wissenschaftshistoriker Hans Schleier sollte in zehnjähriger Arbeit unter fachlicher Federführung des Instituts für Gesellschaftswissenschaften ein marxistisch-leninistisches Standardwerk über „Die Geschichte der Geschichtswissenschaft seit ihren Anfängen bis zur Gegenwart“ abfassen. Bis Frühjahr 1974 war ferner eine Gemeinschaftsmonogra58 Beschlussprotokoll (Anm. 55), S. 2. Die „Geschichte des deutschen Volkes“ (vorgesehen: 12 Bde.) wurde nicht fertiggestellt. Gemeint ist wohl das „Lehrbuch der deutschen Geschichte“ (12 Bde., 1959–1969), das eine ungleich größere Rolle bei der inhaltlichen Homogenisierung der DDR-Geschichtswissenschaft gespielt hatte. Zur Zeit der Gründung der Forschungsstelle wurde sie durch eine dreibändige Zusammenfassung abgeschlossen: Sabrow (Anm. 36), S. 183–252. 59 Aufzeichnung vermutlich Ernst Engelbergs: Schwerpunkte und Aufgaben der Methodologie und Geschichte der Geschichtswissenschaft in der DDR, Oktober 1970. ABBAW, ZIG 060. 60 Ebd., S. 1. 61 Ebd., S. 2, 4 f.

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phie über „die Methode des marxistisch-leninistischen Historismus bei der Erforschung der Gesetzmäßigkeit im Ablauf und in der Abfolge der ökonomischen Gesellschaftsformationen – unter besonderer Berücksichtigung der Werke der Klassiker des Marxismus-Leninismus“ fertigzustellen. 62 Vergleicht man diesen Katalog mit den Gründungsintentionen der Forschungsstelle, hatte die theoretisch-methodologische Erweiterung des Geschichtsdiskurses, bei gleichzeitiger Betonung der „kanonischen Konkordanz“, die Offensive nach Westen weitgehend abgelöst. Dem mag die Einsicht zu Grunde gelegen haben, dass die Methodologie der DDR der bundesdeutschen Seite vorerst nichts Adäquates entgegensetzen konnte. Im Übrigen beschwor eine allzu enge Fühlungnahme mit den gegnerischen Positionen stets die Gefahr der eigenen Kontamination und Aufweichung herauf. Der Versuch der Forschungsstelle, strikte Abgrenzung und Offensive miteinander zu vereinbaren, glich einer Quadratur des Kreises, wie im Begriff der „objektiven Parteilichkeit“. In der Praxis schwankte man zwischen Defensive und Offensive hin und her. Die Pläne vom Oktober 1970 konnten nur teilweise realisiert werden, weil die mit nur acht Wissenschaftlern besetzte Forschungsstelle außer Schleier keinen Experten für die Geschichte der Geschichtswissenschaft in ihren Reihen hatte. Dieses Manko wurde wiederholt beklagt, aber erst Mitte der 1980er Jahre beseitigt. Immerhin erschien 1972 der von Engelberg herausgegebene Sammelband „Probleme der Geschichtsmethodologie“ mit einer einleitenden Berufung auf die Historik Johann G. Droysens. 63 Es folgte „Geschichtsmethodologische Aspekte der Kategorie Gesellschaftsformation“, herausgegeben von Wolfgang Küttler (1974). 64 Beide Bände gingen aus Konferenzen hervor, mit denen sich die Forschungsstelle gezielt auf Internationale Historikerkongresse vorbereitete. Nach Moskau 1970 zielte der Band über die Gesellschaftsformationen auf den Kongress in San Francisco 1975, wo Engelberg erstmals die DDR-Geschichtswissenschaft vor einem großen westlichen Publikum repräsentieren sollte. 65 62 Ebd., S. 7 f. 63 Ernst Engelberg (Hrsg.): Probleme der Geschichtsmethodologie. Berlin 1972, S. 8 (Vorwort). Weitere positive Bezugnahmen auf Droysen ebd., S. 85, 99, 232, 345; ferner auch das Kapitel 1 „Marxistisch-leninistischer Historismus“. 64 Wolfgang Küttler (Hrsg.): Geschichtsmethodologische Aspekte der Kategorie Gesellschaftsformation. Ernst Engelberg zum 65. Geburtstag. Berlin 1974. 65 Zu Moskau vgl. Beschlussprotokoll (Anm. 55), S. 1, zu San Francisco rückblickender Bericht des Nationalkomitees der Historiker der DDR über die Teilnahme am 16. Internationalen Kongress für Geschichtswissenschaften in Stuttgart v. 25.8.–1. 9. 1985, S. 11, 26. ABBAW FOB Gewi 455. Zu den Internationalen Historikertagen vgl. KarlDietrich Erdmann: Die Ökumene der Historiker: Geschichte der Internationalen Historikerkongresse und des Comité International des Sciences Historiques (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse, Folge 3, Nr. 158). Göttingen 1987.

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Ende 1974 gab der Problemrat als Schwerpunkte der nächsten vier Jahre erneut die Auswertung der Klassiker des Marxismus-Leninismus, Vorarbeiten zu einer Gesamtdarstellung der marxistisch-leninistischen Geschichtsmethodologie und die Mitarbeit an Forschungsvorhaben anderer Arbeitsbereiche vor. In der diesbezüglichen Handreichung Engelbergs und Küttlers wurde als wesentliches Ziel der nächsten Jahre die Erforschung eines „marxistisch-leninistischen Historismus“ 66 bezeichnet. Er hatte allerdings mit dem historischen Historismus so gut wie nichts zu tun. 67 1976 übernahm Wolfgang Küttler die Leitung der Forschungsstelle. Er gehörte nun zur privilegierten Gruppe der „Reisekader“, denen es oblag, die Positionen der marxistisch-leninistischen Geschichtswissenschaft im westlichen Ausland zu vertreten und die Gegnerlage zu erkunden, aber auch Archive zu besuchen und Kontakte zu knüpfen. 68 In einer Vorlage der Forschungsstelle für das Präsidium der Akademie der Wissenschaften hieß es seinerzeit: „Der materialistische Historismus ist ein wesentlicher Grundzug des Marxismus-Leninismus, der Weltanschauung und Politik der Arbeiterklasse. Historische Forschung und Propaganda, Geschichtsbewußtsein und Geschichtsbild sind maßgeblich an der wissenschaftlich begründeten Planung und Leitung der sozialistischen Gesellschaft, an der sozialistischen Bewußtseinsbildung und Erziehung und am ideologischen Klassenkampf gegen den Imperialismus beteiligt.“ 69

Es erschienen „Probleme der geschichtswissenschaftlichen Erkenntnis“ (1977) und „Formationstheorie und Geschichte“ (1978), beide herausgegeben von Engelberg und Küttler, sowie Küttlers Habilitationsschrift über „Lenins Formationsanalyse der bürgerlichen Gesellschaft in Russland vor 1905“ (1978). Ferner wurde ein unter seiner Leitung erarbeitetes Kapitel über die „Bedeutung und die Leistungen der Klassiker für die marxistisch66 Ernst Engelberg /Wolfgang Küttler: Material zur Vorbereitung der Sitzung des Problemrates für Methodologie und Geschichte der Geschichtswissenschaft am 17. 12. 1974, 5. 12. 1974, zit. S. 1. ABBAW, ZIG 220. 67 Vgl. Anm. 63. Wolfgang Küttler: Das Historismusproblem in der Geschichtswissenschaft der DDR. In Otto G. Oexle /Jörn Rüsen (Hrsg.): Historismus in den Kulturwissenschaften. Geschichtskonzepte, historische Einschätzungen, Grundlagenprobleme (Beiträge zur Geschichtskultur, Bd. 12). Köln /Weimar /Wien 1996, S. 239–262, hier S. 252, konzediert, der Begriff habe nach sowjetischem Vorbild eigentlich nichts anderes bezeichnet als „das Prinzip des Historischen im dialektischen und historischen Materialismus“, macht aber eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Historismus in der DDR seit Ende der 1970er Jahre geltend, sodass man von zwei gleichberechtigten und einander ergänzenden Historismus-Konzeptionen in den beiden deutschen Staaten sprechen könne (S. 258–262). 68 Sabrow (Anm. 36), S. 383, 418. 69 Präsidiumsvorlage der Forschungsstelle Methodologie, Teil I (Entwurf), 20. 9. 1976. ABBAW, ZIG 213, Bd. 2.

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leninistische Geschichtswissenschaft“ in die Neuauflage der „Einführung in das Geschichtsstudium“ (1978) aufgenommen. 70 Die SED-Akademie für Gesellschaftswissenschaften meinte nun, in die Offensive gehen zu können. Gemeinsam mit der Forschungsstelle Methodologie wollte sie sich fortan auf die „Auseinandersetzung mit den vorherrschenden Tendenzen in der bürgerlichen Geschichtstheorie und -methodologie“ konzentrieren (etwa durch die Mitwirkung an der bevorstehenden 4. Auflage der „Unbewältigten Vergangenheit“) und die wichtigsten Strömungen und Tendenzen der bürgerlichen Historiographie und Geschichtsideologie „sowohl von konservativer und neofaschistischer als auch von pseudoliberaler und reformistischer Seite“ kontinuierlich im Blick behalten. 71 Nachdem die Intention, die Historiker der DDR fachlichpropagandistisch auf die Auseinandersetzung mit der westdeutschen Geschichtswissenschaft vorzubereiten, 1969/70 noch nicht realisiert werden konnte, wurde nunmehr eine von beiden genannten Gremien (Akademie für Gesellschaftswissenschaften und Forschungsstelle Methodologie) geführte „Fachkommission für Theorie, Methodologie und Geschichte der Geschichtswissenschaft“ bei der Historiker-Gesellschaft der DDR eingerichtet. 72 Das Jahr 1982 stand im Zeichen des von Küttler herausgegebenen Studienbands „Das geschichtswissenschaftliche Erbe von Karl Marx“. 73 1983 gaben Küttler und der Vizedirektor des Akademieinstituts, Heinz Heitzer (IM „Werner“), einen Band „Eine Revolution im Geschichtsdenken“ über Marx, Engels und Lenin heraus. 74 1985 erschienen „Gesellschaftstheorie und geschichtswissenschaftliche Erklärung“, herausgegeben von Wolfgang 70 Ernst Engelberg /Wolfgang Küttler (Hrsg.): Probleme der geschichtswissenschaftlichen Erkenntnis. Berlin 1977. Dies. (Hrsg.): Formationstheorie und Geschichte. Berlin 1978; Wolfgang Küttler: Lenins Formationsanalyse der bürgerlichen Gesellschaft in Russland vor 1905. Berlin 1978. – Wolfgang Küttler /Gerhard Lozek: Bericht über die Forschungs- und Publikationstätigkeit im Bereich des Problemrates 1976/77 sowie Probleme und Vorhaben in der Weiterführung der Arbeit, 15. 1. 1978, S. 1 f. ABBAW, ZIG 220. 71 Ebd., S. 5. 72 Die Leitung des im Februar 1978 gegründeten Gremiums (vgl. die Mitteilungen in der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 25 [1977], S. 343 und 26 [1978], S. 916) übernahm Gerhard Lozek, von dem anscheinend auch die Initiative ausgegangen war; Wolfgang Küttler war sein Stellvertreter, Vermerk ebd. Die Darstellung von Rüsen / Vašícek (Anm. 26), S. 320, die Einrichtung der Fachkommission habe zum Zweck gehabt, Forschungen über die Theorie und Methodologie der Geschichte „einem breiten Publikum von Fachleuten bekanntzumachen“, blendet diesen geschichtsideologischen Hintergrund aus. 73 Wolfgang Küttler (Hrsg.): Das geschichtswissenschaftliche Erbe von Karl Marx. Berlin 1983, vgl. seinen Jahresbericht über die Forschungsstelle Methodologie und Geschichte der Geschichtswissenschaft für 1982, 1. 12. 1982, S. 1–5. ABBAW, ZIG 218, Bd. 2. 74 Heinz Heitzer /Wolfgang Küttler (Hrsg.): Eine Revolution im Geschichtsdenken. Marx, Engels, Lenin und die Geschichtswissenschaft. Berlin 1983. Heitzer war seit

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Küttler, und der Ertrag einer Ost-Berliner Tagung über Max Weber im Jahr 1984 – dazu gleich mehr –, der im ebenfalls von ihm herausgegebenen Band „Marxistische Typisierung und idealtypische Methode in der Geschichtswissenschaft“ (1986) dokumentiert wurde. 75 Günther Heydemann führte diesen geschichtswissenschaftlichen „Theorieboom“ in der DDR der 1970er Jahre auf den Aufschwung von Systemtheorie und kybernetischem Denken seit dem VII. Parteitag der SED, auf die Verhärtung des Kalten Kriegs seit dem Prager Frühling 1968 und die wachsende Konkurrenz durch die bundesdeutsche Geschichtstheorie zurück. 76 Die Theorie der ökonomischen Gesellschaftsformation, auf die Heydemann seinen Schwerpunkt legte, wurde in den 1970er Jahren weitgehend von Ernst Engelberg und Wolfgang Küttler ausgearbeitet. Sie fand in der damaligen Bundesrepublik starke Beachtung. 77 Nach Heydemanns Auffassung war die Formationstheorie nach außen eine Antwort auf die westdeutsche Theorie der Industriegesellschaft, nach innen ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem zuvor dominierenden marxistisch-leninistischen Dogma. Durch die Berufung auf die „Klassiker“ und die Inkorporierung des Marxismus-Leninismus hinreichend ideologisch abgesichert, habe der Begriff der ökonomischen Gesellschaftsformation „der Geschichtswissenschaft eine größere Bandbreite“ verschafft, die sich nun auf alle Geschichtsepochen und ein ausdifferenziertes Methodenarsenal habe stützen können. 78 Heydemann sah also im MarxismusLeninismus und der „kanonischen Konkordanz“ Mittel der Selbstbehauptung gegenüber genau denjenigen politischen Vorgaben, die sie zu befestigen vorgaben. Er mochte allerdings nicht ausschließen, dass das hohe Argumentationsniveau der geschichtswissenschaftlichen Theorie und Methodologie in der DDR

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1965 Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, das im Zentralinstitut für Geschichte sogar ein eigenes Büro unterhielt, und wurde 1970, dem Jahr seiner Berufung zum stellvertretenden Direktor, zum Gesellschaftlichen Mitarbeiter für Sicherheit (GSM) befördert. Dieser Elite der MfS-Informanten gehörte auch der Direktor des Instituts, Horst Bartel, an: Sabrow (Anm. 36), S. 172 f. Wolfgang Küttler (Hrsg.): Gesellschaftstheorie und geschichtswissenschaftliche Erklärung. Berlin 1985. Ders. (Hrsg.): Marxistische Typisierung und idealtypische Methode in der Geschichtswissenschaft. Berlin 1986. Günther Heydemann: Der Theorieboom in der marxistisch-leninistischen Geschichtswissenschaft der DDR seit 1967. Ursachen – Entwicklung – Perspektiven. In: Fischer /Heydemann (Anm. 26), S. 289–306, hier S. 292 f., 296 f. Jürgen Kocka: Zur jüngeren marxistischen Sozialgeschichte. Eine kritische Analyse unter besonderer Berücksichtigung sozialgeschichtlicher Ansätze in der DDR (1972), S. 398 f., 418 f.; aus marxistischer Sicht Klaus Naumann: Ökonomische Gesellschaftsformation und historische Formationsanalyse. Köln 1983. Heydemann (Anm. 76), S. 295 f., 301–304.

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„die Funktion eines Aushängeschilds für den Leistungsstandard der marxistisch-leninistischen Historiographie in der DDR ausüben und den Beweis dafür erbringen soll, daß marxistische Geschichtswissenschaft durchaus flexibel ist bzw. sein kann – von der die praktische Geschichtsforschung und Geschichtspropaganda jedoch weitgehend unberührt bleibt oder bleiben soll.“ 79

Der empirische Befund bestätigt diesen funktionalen Vorbehalt. Der „Theorieboom“ schlug nicht auf die praktische Forschung durch – und sollte es wohl auch nicht. Auch war die Forschungsstelle Methodologie durch den vorgesetzten Problemrat, gemeinsame Projekte und die Person Gerhard Lozeks eng mit der Akademie für Gesellschaftswissenschaften verbunden, die ihrerseits direkt an die SED angebunden war. 80 Die Forschungsstelle schrieb den ostdeutschen Geschichtsdiskurs fort, vor allem durch die beständige Auswertung der „Klassiker“, die als zentrale Legitimationsinstanz die Institution politisch absicherte und den Führungsanspruch der Partei unterstrich. Die anfänglich schroffe Gegnerschaft gegen vermeintliche Aufweichungserfolge des Westens, für die Ernst Engelberg stand, wich seit Ende der 1970er Jahre flexibleren Positionen, die unschwer als defensive Haltung erkennbar sind, nach außen hin aber als marxistisch-leninistische Offensive vorgetragen wurden. Die Publikationen der Forschungsstelle avancierten nun zu einer auf die Außenwirkung bedachten Leistungsschau der Formationstheorie, die ihre Wirkung nicht verfehlte.

3.4 Über Grenzen Seit den Ostverträgen der sozialliberalen Koalition nahmen Kontakte zwischen Historikern der beiden deutschen Staaten zu. Als wahrer Pontifex der Geschichtswissenschaft wirkte in dieser Zeit der deutsch-jüdische Historiker Georg Iggers. 81 Er suchte schon Mitte der 1960er Jahre das Gespräch mit DDR-Historikern. Iggers' Empfehlung an die Kollegen der Akademie der Wissenschaften, sich mit der Soziologie Max Webers zu beschäftigen, rief sogleich das Ministerium für Staatssicherheit auf den Plan, das „Weber“ mit dem Versuch gleichsetzte, die Front der DDR-Geschichtswissenschaft ideologisch aufzuweichen. 82 79 Ebd., S. 305. 80 Mertens (Anm. 91). 81 Wilma und Georg Iggers: Zwei Seiten der Geschichte. Lebensbericht aus unruhigen Zeiten. Göttingen 2002. 82 Alexander Thomas: Materialistischer Historismus? Geschichtswissenschaften an der Berliner Humboldt-Universität nach 1945. Diss. phil. HU Berlin 2017, S. 267, der den Vorgang auf 1967 datiert.

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Mit Blick auf den Historikerkongress in Bukarest, zugleich als Ehrenkolloquium zum 70. Geburtstag Ernst Engelbergs, organisierte Wolfgang Küttler im Mai 1979 eine Tagung über „Subjekt-Objekt-Dialektik und Gesetzesproblematik in Geschichte und Geschichtserkenntnis“, an der als prominente westdeutsche Gäste der Bielefelder Sozialhistoriker Jürgen Kocka und sein Münsteraner Kollege Karl-Georg Faber teilnahmen. Küttlers Bericht über diese Tagung war doppelbödig, wie solche Texte in der DDR zu sein pflegten. Er hob hervor, es sei gelungen, die unter dem Leitbegriff „Pluralismus von Theorien und Ideologien“ vorgetragenen Angriffe der Gegenseite, namentlich Fabers, zurückzuweisen. Das betont sachliche Auftreten der bundesdeutschen Historiker sei eine „flexible politische Reaktion des Gegners auf offensives Auftreten der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaftler“, denen es gelungen sei, gegenüber der bürgerlichen Geschichtstheorie Boden zu gewinnen. 83 Kockas wohlwollende Rezension des Buches „Formationstheorie und Geschichte“ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schien diese Einschätzung zu bestätigen. 84 Das Jahr 1982 brachte den Erfolg von Küttlers Teilnahme an einer internationalen Tagung in Turin, die der Geschichtstheoretiker und Max Weber-Experte Pietro Rossi ausrichtete, und einer weiteren Tagung in El Paso, zu der Georg Iggers namens der späteren German Studies Association eingeladen hatte. 85 Bei diesen Konferenzen auf ausländischem Terrain traf Jörn Rüsen erstmals mit Wolfgang Küttler zusammen. Rüsens Kontakte in die DDR, die den Fußspuren von Iggers und Kocka folgten, begannen in einer Phase defensiver Anpassung der ostdeutschen Geschichtswissenschaft und intensivierten sich nachhaltig, als diese verfiel. Wie wir noch sehen werden, glaubte Rüsen jedoch, Zeuge einer Paradigmatisierung der Historik im anderen deutschen Staat zu sein, die das genaue Gegenteil von Verfall erbringen würde, nämlich Gleichwertigkeit mit der westdeutschen Geschichtstheorie und eine grenzüberschreitende Debatte über Probleme von Objektivität und Parteilichkeit. 83 Bericht Wolfgang Küttlers über das Kolloquium „Subjekt-Objekt-Dialektik und Gesetzesproblematik in Geschichte und Geschichtserkenntnis“, 5./6. 6. 1979, o. D., S. 5 f. ABBAW, ZIG 217, Bd. 1. 84 Kocka an Küttler, 21. 8. 1980: Übersendung einer Kopie seiner Besprechung in der FAZ v. 19. 8. 1980. ABBAW, ZIG 214, Bd. 4. 85 Iggers (Anm. 81), S. 204–206; zu Turin vgl. den Tagungsband von Pietro Rossi (Hrsg.): Theorie der modernen Geschichtsschreibung. Frankfurt a. M. 1987, mit den aufeinander folgenden Beiträgen von Jörn Rüsen („Narrativität und Modernität in der Geschichtswissenschaft“) und Wolfgang Küttler („Geschichte als spezifisch historischmaterialistische Gesellschaftswissenschaft“), S. 230–247. – Iggers, S. 204 f., berichtet von Küttlers Erstaunen, dass der postmoderne Geschichtstheoretiker Hayden White, dessen Thesen zur literarischen Qualität der Geschichtsschreibung im Mittelpunkt der Tagung standen, nach eigenem Selbstverständnis ein Linker und kein Irrationalist in der Tradition der deutschen Neokonservativen war.

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Im Spätherbst 1982 übersandte Rüsen Küttler seine Schriften und lud ihn zum Vortrag an die Ruhr-Universität ein. Sein geschichtstheoretischer Ansatz sei in Küttlers Augen „sicher recht bürgerlich-subjektivistisch“, womit er die Wahrnehmung der anderen Seite treffend antizipierte, doch hoffe er auf eine faire Auseinandersetzung über konträre Positionen. Diese sollte Küttler durch Rezensionen von Rüsens Werken in der Fachpresse der DDR initiieren. 86 Diesbezüglich überschätzte Rüsen allerdings die Liberalität der gebundenen DDR-Fachöffentlichkeit. Küttler besprach Rüsens „Historik“ wohlweislich in der internationalen Fachzeitschrift „Storia della Storiografia“, nicht in der offiziösen „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“. 87 Unterdessen warf der XVI. Internationale Historikerkongress in Stuttgart 1985 seine Schatten voraus. Es war die hohe Zeit der Weber-Renaissance in der durch Postmoderne und Kulturalismus herausgeforderten Geschichtswissenschaft der Bundesrepublik. 88 Das Angebot Jürgen Kockas an Wolfgang Küttler, einen Vortrag über Max Weber zu halten 89, führte in der DDR zu strategischen Aktivitäten. Gemeinsam mit anderen Delegationen des Ostblocks hatte man im Vorfeld zu verhindern versucht, dass der Stuttgarter Kongress Weber zum Thema machte, der seit den 1960er Jahren als bedrohlicher bürgerlicher Antipode zum Marxismus wahrgenommen wurde. Da man Weber nun nicht mehr verhindern konnte, wollten die Leitungsorgane, wie immer bei solchen prestigeträchtigen Gelegenheiten, die Chance ergreifen, die Leistungsfähigkeit der DDR-Geschichtswissenschaft auf internationalem Parkett und westdeutschem Boden unter Beweis zu stellen. 90 86 Rüsen an Küttler, 29. 11. 1982, ABBAW, ZIG 214, Bd. 4. 87 Wolfgang Küttler: Rezension von Rüsen, Historische Vernunft (Anm. 9). In: Storia della Storiagrafia (1986) H. 9, S. 156–159. 88 Jürgen Kocka: Vorwort. In: Ders. (Hrsg.): Max Weber, der Historiker (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Bd. 73). Göttingen 1986, S. 7–11; Blanke (Anm. 9), S. 697; Erdmann (Anm. 65), S. 421–424. 89 Von der Einladung bis zur Zusage vergingen rund vier Wochen: Küttler an Kocka, 31. 3. 1983, mit Bezug auf dessen Schreiben v. 28. 2. 1983. ABBAW, ZIG 214, Bd. 4. 90 Bei einer Präsidiumssitzung des Congrès International des Sciences Historiques in Paris sei das Max Weber-Thema von den Delegationen der sozialistischen Staaten „heftig attackiert [worden], aber es besteht angesichts der BRD-Präsenz und der Wahl des Kongreßortes [Stuttgart] keine Chance, es zu verdrängen. Wohl aber sollte es gefüllt werden.“ Bericht über die Teilnahme an der Generalversammlung des CISH in Paris v. 17.–20. 9. 1982, 23. 9. 1982, zit. S. 5. ABBAW, FOB Gewi 455. Der Berichterstatter, Joachim Herrmann, meinte, um Weber käme man vielleicht mit einem Hegel-Vortrag herum, der zudem den Vorteil hätte, dem Stuttgarter Ordinarius Eberhard Jäckel zu missfallen. Dieser hatte Herrmann gesagt, von Hegel zu Marx sei es nur ein kleiner Schritt, was Herrmann zum Grund seines Vorschlags nahm, statt über Weber über Hegel zu sprechen. Über Jäckel wusste er weiter zu berichten, dieser habe nachhaltig seine Besorgnis über den bevorstehenden Regierungswechsel in Bonn ausgedrückt.

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Daher fand im Mai 1984 eine kleine Sensation im Magnus-Haus unweit des Pergamon-Museums statt: Erstmals konnte in der DDR offiziell über den so lange als Erzfeind gebrandmarkten Max Weber diskutiert werden. 91 Dies geschah bei einer Tagung „mit internationaler Beteiligung“ zum Thema „Probleme der Typisierung historischer Prozesse“, mit der offiziell der 75. Geburtstag Ernst Engelberg gefeiert wurde. Der eigentliche Zweck der Konferenz bestand jedoch darin, zu erkunden, wie in Westdeutschland über Weber gedacht wurde und ob man einer Auseinandersetzung mit den bereits eingearbeiteten Historikern der anderen Seite standhalten würde. Küttler und seine Kollegen bereiteten diese Generalprobe für Stuttgart langfristig vor. Die Tagungsleitung hatte Gerhard Lozek inne, der die SED-Gesellschaftswissenschaften repräsentierte. 92 Zu den Eingeladenen zählten u. a. Georg Iggers, der kanadische Geschichtstheoretiker William Dray, der britische Sozialhistoriker Eric Hobsbawm, Pietro Rossi, Jürgen Kocka und der Weber-Experte Wolfgang J. Mommsen. Jörn Rüsen sagte einen Vortrag über „Typenbildung und narrative Erklärung in der Geschichtswissenschaft“ zu. Küttler stellte Rüsen der Historiker-Gesellschaft der DDR, die die Konferenz mitorganisierte, als „Leiter eines Projekts ‚Neue Historik`“ und „Fachmann für Theorie und Methodologie“ vor, politisch „sozialdemokratisch engagiert, tritt für die Friedensbewegung und für die Fortsetzung der Entspannung ein, politive (sic!) Kontakte bestehen seit 1982.“ 93 Küttler war mit dem Ertrag der Tagung sehr zufrieden. Es sei deutlich geworden, dass man mit den theorieanwendenden Historikern der Bundesrepublik zu einem konstruktiven Meinungsstreit über Spezialprobleme der geschichtswissenschaftlichen Theorie und Methode gelangen könne. Die marxistisch-leninistischen Historiker seien bei „gründlicher Vorbereitung in der Lage [...], die Diskussion überzeugend zu führen und in den wesentlichen Linien zu bestimmen.“ Der Berichterstatter gab pflichtgemäß auch politische Einschätzungen nach oben weiter. Rüsen, der „engagierte Sozialdemokrat“, stehe „uns“ besonders in der Friedensfrage am nächsten. Kocka, der wissenschaftlich die fundierteste Position vertrete, habe sich

„Er fürchtete – als ‚linker Sozialdemokrat der auf Brandt` halte, wie er mir sagte – um den nur in ‚Millimeterarbeit` erreichbaren Fortschritt der Entspannungspolitik. Erdmann hingegen, der ‚CDU-Mann` (so Jäckel), drückte mir gegenüber offen seine Befriedigung über den Wechsel in Bonn aus.“ Ebd., S. 10. Lozeks spätere Kritik des „Neohistorismus“ war ein Argumentum ad hominem Erdmann: Gerhard Lozek: Zum Konzept des Neohistorismus. In: Hörz (Anm. 32), S. 208–212. 91 Iggers (Anm. 81), S. 209. 92 Vgl. Anm. 49. 93 Planungsskizze Küttlers für die Tagung „Probleme der Typisierung historischer Prozesse“ im Mai 1984, 23. 6. 1983. ABBAW, Historiker-Gesellschaft der DDR 62.

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politisch zurückgehalten, allerdings sei „ein Standpunkt auf der Linie der früheren sozialliberalen Regierung zu erkennen.“ 94 Beim Stuttgarter Historikerkongress hielten Küttler und Lozek einen kontrovers diskutierten Vortrag über die Klassentheorien von Karl Marx und Max Weber. 95 Im nicht weniger als einunddreißig Seiten umfassenden Bericht der DDR-Delegation über die Tagung wurde dieses Referat als „gleichermaßen prinzipienfeste und flexible Position“ charakterisiert, die eine „ausgewogene Wertung der Möglichkeiten und Grenzen von Max Webers Methodologie gegeben, entstellende Auffassungen über die marxistisch-leninistische Klassentheorie abgewiesen und die Bereitschaft zum konstruktiv-kritischen Dialog mit den nichtmarxistischen Geschichtswissenschaftlern zum Ausdruck gebracht“ habe. 96 Nichts war in diesem Bericht darüber zu lesen, dass der Bielefelder Historiker Hans-Ulrich Wehler Küttler als dogmatischen Marxisten angegriffen hatte. 97 Wehlers Name fiel fast nebenbei, als sei er nur anwesend gewesen. Die „Genossen Historiker“, die als Delegation stets mit einer Stimme sprechen mussten, zeigten sich ehrlich überrascht, dass die bundesdeutschen Historiker dies nicht taten und über Webers Bedeutung unterschiedlicher Auffassung waren. Das konnte, so meinte man, nur unlautere Gründe haben. Der Methodenpluralismus der BRD-Historiker, hieß es im Bericht, sei ein weiterer Versuch gewesen, die marxistisch-leninistische Geschichtswissenschaft auszuhöhlen, den man allerdings glücklich abgewehrt habe: „Der Versuch, unter diesen neuen Bedingungen der bürgerlichen Geschichtsforschung antimarxistische Leitlinien zu setzen, vor allem ausgehend von Max Weber, ist in Stuttgart nicht gelungen.“ 98 Solche Delegations- und Reiseberichte waren Texte im Graubereich zwischen Fakten und Fiktionen. Sie reproduzierten vor allem ideologisches Wunschdenken. Im besten Fall nutzten sie den spezifischen Konsenszwang der ostdeutschen Disziplin, um durch eine passende Adressierung der Obrigkeit eigene Interessen zu sozialisieren. Der seit 1982 immer wieder, auch von Küttler, bemühte Topos vom friedensbewegten westlichen Historiker, den es gegen den Hochrüstungskurs des amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan und /oder die konservative Politik des Bundeskanzlers Helmut Kohl in Schutz zu nehmen gelte, konnte den Versuch dokumentieren, 94 Bericht Wolfgang Küttlers über das Kolloquium „Probleme der Typisierung historischer Prozesse“ mit internationaler Beteiligung, 22./23. 5. 1984, o. D., zit. S. 5. Ebd. 95 Wolfgang Küttler /Gerhard Lozek: Der Klassenbegriff im Marxismus und in der idealtypischen Methode Max Webers. In: Kocka (Anm. 88), S. 173–192. 96 Bericht des Nationalkomitees (Anm. 65), S. 12. 97 Iggers (Anm. 81), S. 205. Wehler hatte gleich anschließend an Küttler und Lozek vorgetragen: Hans-Ulrich Wehler: Max Webers Klassentheorie und die neuere Sozialgeschichte. In: Kocka (Anm. 88), S. 193–203. 98 Bericht (Anm. 65), zit. S. 27.

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durch Appelle an das übergeordnete Interesse am Weltfrieden Einbrüche in das gegnerische Lager zu erzielen. Er konnte aber auch die Fortsetzung von ideologisch verdächtigen Kontakten im Westen rechtfertigen und die zunehmende Brüchigkeit des vorgegebenen Konsenses dokumentieren. 99 Küttlers Berichterstattung fällt eher in die letztgenannte Kategorie. 100 Seit der Stuttgarter Konferenz standen Rüsen und sein Ost-Berliner Kollege in intensivem Kontakt. 101 Man unterhielt einen umfangreichen Briefwechsel, lud sich gegenseitig zu Vorträgen ein, publizierte in denselben Sammelbänden, traf bei Tagungen zusammen und arbeitete gemeinsam an einer Festschrift für Georg Iggers. 102 Küttlers Netzwerke im Westen waren so dicht geknüpft, dass er zu Zeiten daran gehindert war, seine Leitungsaufgaben im Osten zu erfüllen. 103 Wolfgang Küttler, ein ungewöhnlich produktiver Wissenschaftler, war unter den Historikern der DDR eine geschichtstheoretische Ausnahmeerscheinung. Zuletzt leitete er das Zentralinstitut für Geschichte. Es gelang Küttler als einem der wenigen prominenten Historiker der DDR, seine berufliche Laufbahn auch nach der Wiedervereinigung fortzusetzen. Die von Jörn Rüsen, Küttler und Ernst Schulin herausgegebene fünfbändige Buchserie „Geschichtsdiskurs“ trat 1993 mit dem Anspruch an, als Gemeinschaftswerk von West und Ost Antworten auf die „Orientierungskrise der östlichen Welt“ 104 zu formulieren. Bald wandte sich der Geschichtsdiskurs jedoch globalgeschichtlichen Themen zu. Die Systemkonkurrenz war vorbei. Nun standen andere Fragen auf der Tagesordnung. 105 Die dis99 Sabrow (Anm. 36), S. 436–438; Ders.: Zwischen Ökumene und Diaspora. Die Westkontakte der DDR-Historiographie im Spiegel ihrer Reiseberichte. In: Berliner Debatte Initial 1996, H. 3, S. 86–97. 100 Das zeigt der Vergleich von Küttlers Berichten über Jörn Rüsen mit seinen bei Iggers (Anm. 81), S. 206–208, zitierten Berichten über diesen amerikanischen Kollegen. Iggers urteilt, es sei Küttler darum gegangen, „die Kontakte zur GSA zu fördern und mich weiter einladen zu können“ (S. 207 f.). 101 Ebd., S. 221, ferner der Schriftwechsel zwischen Küttler und Rüsen in ABBAW, ZIG 214, Bd. 4–5 und ZIG 217, Bd. 2. Die Intensivierung des Kontakts seit 1985 dürfte nicht zuletzt an der positiven Würdigung der DDR-Historik durch Rüsen und Vašícek (Anm. 26) gelegen haben. 102 Konrad Jarausch /Jörn Rüsen /Hans Schleier: Geschichtswissenschaft vor 2000. Perspektiven der Geschichtstheorie, Historiographiegeschichte und Sozialgeschichte. Festschrift für Georg G. Iggers zum 65. Geburtstag (Beiträge zur Geschichtskultur, Bd. 5). Hagen 1991, vgl. Iggers (Anm. 81), S. 267. 103 Laut dem Jahresbericht der Forschungsstelle Methodologie und Geschichte der Geschichtswissenschaft für 1984 (o. D.), S. 9, nahm Küttler allein im letzten Quartal an acht Konferenzen mit eigenen Beiträgen teil. Er beklagte seine Überlastung. ABBAW ZIG 218, Bd. 2. 104 Wolfgang Küttler /Jörn Rüsen /Ernst Schulin (Hrsg.): Geschichtsdiskurs. 5 Bde. Frankfurt a. M. 1993–1999, zit. das Vorwort zu Bd. 1: Grundlagen und Methoden der Historiographiegeschichte (1993), S. 11. 105 Iggers (Anm. 81), S. 275.

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ziplinäre Matrix verlor bei dieser Überschreitung der nationalen Grenzen allerdings an Relevanz und Kontroversität.

3.5 Eine „disziplinäre Matrix“ für die DDR? Jörn Rüsen und Zdenek Vašícek nahmen Mitte der 80er Jahre in der DDR begrüßenswerte Bemühungen um eine marxistisch-leninistische Historik wahr, weil Ernst Engelberg diese 1972, wie gesehen mit ausdrücklichem Bezug auf Droysen, eingefordert hatte. 106 Mit den Realitäten hatte diese Wahrnehmung wenig gemein. Rüsen und sein Koautor missverstanden als Anzeichen für Entspannung und Annäherung, was eher gegenteilige Zwecke verfolgte. So standen hinter der Gründung der Forschungsstelle Methodologie geschichtsideologische Interessen Engelbergs an einer Verschärfung der Auseinandersetzung mit der bundesdeutschen Geschichtswissenschaft, wie bereits gezeigt wurde. Der Grund solcher Fehlperzeptionen mag u. a. darin gelegen haben, dass die Terminologie der DDR-Geschichtswissenschaft Wahrnehmungsfallen auslegte, darunter die im Westen vertrauten Begriffe „Historik“ und „Historismus“. Allerdings hatte der Historiker Arnold Sywottek schon in den 1970er Jahren herausgearbeitet, dass man gut daran tat, solche Begriffsverwendung kritisch zu hinterfragen, weil sie durchaus rückwärtsgewandten Geschichtsauffassungen verpflichtet sein konnte. 107 Ernst Engelbergs vielzitierte Droysen-Reverenz, die auf Rüsen und Vašícek so sympathisch wirkte, war eine Nebelkerze. Sieht man vom Schriftwechsel zwischen Küttler und Rüsen ab, spielte der Begriff „Historik“ intern gar keine Rolle. Die Autoren übersahen hingegen, wie oft auch im offiziellen Schrifttum vom „materialistischen“ oder „marxistisch-leninistischen Historismus“ die Rede war. 108 Ähnlich wie später Sabrow ging es Rüsen und Vašícek darum, die Charakteristika der Historik in der DDR induktiv zu ermitteln, indem sie das „Selbstverständnis der Reflexionsarbeit der Historiker der DDR“ in den 106 Rüsen /Vašícek (Anm. 26), S. 309. 107 Arnold Sywottek: „Marxistische Historik“: Probleme und Scheinprobleme (1974). In: Fischer /Heydemann (Anm. 26), S. 255–268, machte darauf aufmerksam, dass die Historismus-Anleihen sowie der herausgehobene Stellenwert des „sozialistischen Geschichtsbewusstseins“ mit dem inhärenten Nationalismus der DDR-Geschichtswissenschaft durchaus vereinbar waren. Ernst Engelberg war ab 1964 eine Nemesis in Gestalt des damals jungen Zeithistorikers Hans Mommsen erwachsen, der ausgerechnet bei einem von der Akademie der Wissenschaften organisierten klandestinen Historikertreffen die „nationale Grundkonzeption“ der DDR-Geschichtswissenschaft als Nationalismus und antieuropäisches Denken verurteilt hatte: Sabrow (Anm. 36), S. 310, 315, 318–323. 108 Vgl. Anm. 67.

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Mittelpunkt stellten. 109 Anfang 1985 bat Rüsen Wolfgang Küttler, ihm gedrucktes Material zukommen zu lassen, das repräsentativ für die Historik in der DDR sei. 110 Hierfür gab es pragmatische Gründe in Rüsens chronischer Arbeitsüberlastung. Aber auch methodisch schien es konsequent, Quellen für dieses Selbstverständnis bei denjenigen anzufordern, die es formulierten. Daher folgte der Aufsatz über weite Strecken Forschungsberichten, Büchern und Aufsätzen Wolfgang Küttlers und seines Kollegen Hans Schleier. 111 Die einfachste Erklärung hierfür ist das Vertrauen in Küttlers persönliche und fachliche Integrität. Rüsen sah in ihm offenbar einen Geistesverwandten auf der anderen Seite der Mauer. Umgekehrt sah Küttler in Rüsen, jedenfalls ausweislich seiner internen Berichte, einen westdeutschen Kollegen, der gleichermaßen als Geschichtstheoretiker und (vermeintlicher oder vorgeblicher) Anhänger des linken SPD-Flügels von Interesse war. Rüsen und Vašícek unterschieden vier Phasen von Geschichtstheorie und -methodologie in der DDR: die Schaffung ihrer Ausgangslage bis Ende der 1950er Jahre (bei Sabrow als Konstituierung der DDR-Geschichtswissenschaft als historischen Herrschaftsdiskurs charakterisiert), eine Vorbereitungsphase in den 1960er Jahren, die weitgehend mit der Konsolidierung der Disziplin im Sinne Sabrows zusammenfällt, eine „Ausarbeitungsphase“ etwa bis Ende der 1970er Jahre – bei Sabrow durch defensive Anpassung gekennzeichnet – und eine nicht näher datierte „aktuelle Situation“ bis zur damaligen Gegenwart, die durch die Ausdifferenzierung von drei Basisfaktoren der disziplinären Matrix gekennzeichnet sei: Forschungsmethodologie, Geschichtsschreibung und Funktionen der Daseinsorientierung. 112 Rüsen und Vašícek erkannten viel klarer als manche westdeutschen Kollegen die politische Beherrschung der DDR-Geschichtswissenschaft und nannten sie unverblümt beim Namen: In den 1950er und 60er Jahren seien die leitenden Hinsichten auf die Vergangenheit schlicht und einfach durch die Ideologie von Staat und Partei ersetzt worden, die hier über die Geschichtswissenschaft herrschte. Im „Rat für Geschichtswissenschaft“ von 1969 und dem ihm angegliederten „Problemrat“ habe am Ende dieser Pha-

109 Rüsen /Vašícek (Anm. 26), S. 309. 110 „Ich würde mich sehr darum bemühen, dem Selbstverständnis der Geschichtstheorie in der DDR Rechnung zu tragen, und dafür wären mir Hinweise darauf sehr nützlich, was Sie für repräsentativ und programmatisch halten.“ Rüsen an Küttler, 31. 1. 1985. ABBAW, ZIG 214, Bd. 5. Küttler kam dieser Bitte in Sendungen v. 26.2. (ebd.) und 13. 3. 1985 (ABBAW, ZIG 177) nach. 111 Rüsen /Vašícek (Anm. 26), S. 319, Anm. 31, sowie die hierauf folgenden Nachweise für die „Ausarbeitungsphase“ der DDR-Historik. 112 Für die letzte Phase vgl. ebd., S. 324–331.

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se eine „fachspezifische Internalisierung“ der Ideologie stattgefunden. 113 Treffender konnte man es kaum formulieren. In Anbetracht des geschichtstheoretischen Stellenwerts, den die disziplinäre Matrix anthropologischen Orientierungsbedürfnissen zumisst, überrascht gleichwohl, wie wenig sich die Verfasser bei den lebensweltlichen Grundierungen der DDR-Geschichtstheorie aufhielten und gleich zur wissenschaftlichen Hälfte des Regelkreises fortschritten. 114 Selbstverständlich war unter den Bedingungen einer Diktatur davon auszugehen, dass das Geschichtsbewusstsein entweder von den offiziellen Vollzügen der Wissenschaft abgekoppelt oder mit diesen kurzgeschlossen war. Der eigentliche Grund des Zurücktretens lebensweltlicher Basisfaktoren dürfte aber darin liegen, dass die empirische Verwendung der Matrix eine liberale Verfassungs- und Gesellschaftsordnung implizit voraussetzte und den Faktor politischer Einflussnahmen auf die Geschichtswissenschaft methodisch nicht in Rechnung stellte. Das war nicht unproblematisch. Denn obwohl die Gründung der von Wolfgang Küttler geleiteten Forschungsstelle in dieselbe Phase fällt und denselben Absichten verpflichtet war, stellten die Autoren keinen Zusammenhang zwischen dieser Institution und der Selbstideologisierung der Geschichtswissenschaft her. Fast schon neidvoll wiesen sie vielmehr darauf hin, dass unter Küttlers Ägide die „metatheoretischen Reflexionen der Historie der DDR [...] systematisch und kontinuierlich“ betrieben worden seien, „im Unterschied zur Bundesrepublik Deutschland“. 115 Rüsen und Vašícek teilten Heydemanns Sicht, dass die Ideologie ungewollt für die Verwissenschaftlichung der ostdeutschen Geschichtswissenschaft gesorgt habe. Sie zogen jedoch nicht die von Heydemann vermutete Funktionalisierung der Formationstheorie in Betracht. Vielmehr gingen die Autoren davon aus, die Geschichtswissenschaft der DDR habe sich seit 1967 der Realkonkurrenz von Kybernetik und Sozialwissenschaften erwehren müssen. 116 Das sei ihr gelungen: durch die Historisierung des marxistisch-leninistischen Gesetzesbegriffs in den Arbeiten von Peter Bollhagen, 113 114 115 116

Ebd., S. 315. Ebd., S. 311 f. Ebd., S. 319, 308. Ebd., S. 316, unter Berufung auf eine Stellungnahme des Kybernetikers Georg Klaus und Hans-Georg Wolf: Die Geschichtswissenschaft in der DDR im Rahmen der Gesellschaftswissenschaften. Eine Bestandsaufnahme in Selbstzeugnissen. In: Fischer / Heydemann (Anm. 26), S. 179–253. – Wolfs Vorbehalte gegen die Gesellschaftswissenschaften in der Bundesrepublik trübten offenkundig den Blick des Interpreten. Die Geschichtswissenschaft war als Legitimationsinstanz für Staat und Partei in der DDR so unentbehrlich, dass ihre Subsumtion unter die Gesellschaftswissenschaften nicht zur Debatte stand. Bei Rüsen und Vašícek drängt sich der Eindruck auf, dass sie infolge der beeindruckenden Erfolge von Sozialgeschichte und Geschichtsdidaktik in der Bundesrepublik vergleichbare Prozesse (Abwehr eines „Hegemonieanspruch[s]

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mittels dessen sich die Geschichtswissenschaft „in ihrer fachlichen Eigenständigkeit ideologisch zur Geltung bringen konnte“, sowie durch eine lebhafte Debatte über die Rolle des Geschichtsbewusstseins in der sozialistischen Gesellschaft, die das Prestige der Geschichtswissenschaft nachhaltig erhöht habe. 117 Die unter Honecker beginnende GeschichtsbewusstseinForschung mit demoskopischen Methoden oblag jedoch, wie gesehen, dem Institut (seit Ende 1976 Akademie) für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED. 118 Sie war also kaum geeignet, das Prestige der Geschichtswissenschaft zu verbessern, sofern diese auf eine solche Statuserhöhung überhaupt angewiesen war. Rüsen und Vašícek hoben die „kontinuierliche Arbeit der Geschichtswissenschaft der DDR an einer spezifisch marxistisch-leninistischen Historik“ seit Anfang der 1970er Jahre positiv hervor. Die Rationalisierung der theoretischen Grundlagen habe sich inhaltlich durch die Formationstheorie und funktional durch eine Disziplinierungsleistung von oben und unten vollzogen: Es sei „erreicht“ worden, dass die historische Forschung „in die Zucht des historischen Materialismus genommen“ wurde, während sich der Wahrheitsanspruch der erzielten Forschungsergebnisse künftig an fachwissenschaftlichen Kriterien habe messen lassen müssen. 119 Ferner sei durch die „Neuinterpretation“ der marxistischen Klassiker Marx, Engels und Lenin der Historische Materialismus seiner starren Dogmatik entkleidet und die geschichtstheoretische Leistung der Stammväter durch ein genetisches Fortschrittsnarrativ gewürdigt worden. Weitere Leistungen sahen Rüsen und Vašícek, übereinstimmend mit Heydemann, im Ausbau der Forschungsmethode der Formationstheorie, im wachsenden Stellenwert der Geschichte der Geschichtswissenschaft, etwa durch die „Unbewältigte Vergangenheit“, sowie letztlich in der „strikte[n] kritische[n] Abgrenzung von der Diskussion, die im Umkreis einer Historik in der Bundesrepublik geführt wurde und wird.“ Gleichwohl gaben die Autoren ihrer Hoffnung Ausdruck, „daß produktive Kontroversen möglich werden, und zwar in dem Maße, in dem fachspezifische Gesichtspunkte einer Historik die Ideologiekritik bestimmen.“ 120 Was die die aktuelle Situation anbelangte, schob sich notgedrungen das Prinzip Hoffnung vor die Empirie. Das von Küttler konstatierte Manko

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der systematischen Sozialwissenschaften“, ebd., S. 319) in der DDR für plausibel hielten. Eine solche Parallele kam jedoch schon deshalb nicht in Betracht, weil ergebnisoffene Diskussionen über den Status einer Wissenschaft in der DDR nicht geführt werden konnten. Rüsen /Vašícek (Anm. 26), S. 318. Vgl. Anm. 57. Rüsen /Vašícek (Anm. 26), S. 321. Ebd., S. 321–324, zit. S. 324.

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einer Methodologie der Geschichtsinterpretation sollte „in den nächsten Jahren“ beseitigt werden. Die Geschichtsschreibung der DDR werde sich künftig ihres Erkenntnis- und Formcharakters bewusst werden, den Küttler immerhin schon als Problemstellung adressiert hatte. 121 Bezüglich der gesellschaftlichen Funktionen der Historie musste es bei Appellen an die andere Seite bleiben, auf dem eingeschlagenen Weg fortzuschreiten. 122 Im April 1989 nahm Rüsen an einer von Küttler mitorganisierten Tagung unter dem programmatischen Titel „Historiographiegeschichte als Methodologiegeschichte“ teil. Das Tagungsthema ließ nicht darauf schließen, dass diese Konferenz in Ost-Berlin stattfand und nicht, beispielsweise, in Bielefeld. 123 Rüsen referierte beim Engelberg-Kolloquium über die Entwicklung der disziplinären Matrix. Wolfgang Wächter, Wissenschaftstheoretiker an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften, antwortete ihm unter einem fast identischen Titel. Die Tagung verdeutlichte, wie sehr man unter demselben begrifflichen Dach aneinander vorbeireden konnte und erprobte Denkmuster die fachliche Diskussion verhinderten. Rüsen zeichnete die Rationalisierung der disziplinären Matrix nach, indem er zwischen Aufklärung, Historismus und „moderner“ Geschichtswissenschaft unterschied, zu der er am gegebenen Ort den Marxismus und die Gesellschaftsgeschichte zählte. Er setzte sich kritisch mit der postmodernen Infragestellung (nicht nur dieses) Fortschrittsprozesses auseinander, benannte den von der Postmoderne-Debatte generierten Forschungsbedarf zur Rhetorik der Geschichtsschreibung, sprach von der Utopie einer nur noch vernunftbestimmten Funktion der Geschichtswissenschaft im öffentlichen Leben und appellierte an seine Zuhörer, einen gleichberechtigten Diskurs über die Stärken und Schwächen von Marxismus und Nichtmarxismus zu ermöglichen. 124 Wolfgang Wächter diskutierte Thomas Kuhns Wissenschaftstheorie und kritisierte dessen Blindheit gegen die Gesellschaftswissenschaften. Wächter hielt Rüsens Topos der Verwissenschaftlichung für sachfremd, da beispielsweise die Geschichtsschreibung als „Repräsentationsform des historischen Denkens in allen seinen Elementen“ das Paradigma sprenge. Dieses habe sich auf kognitive Faktoren allein zu beschränken, auf ein „sich entwickelndes System“ von über dreißig „Voraussetzungen wissenschaftlicher Tätigkeit auf dem Gebiet der Geschichte“. Wächter verteidigte 121 Ebd., S. 328–330. 122 Ebd., S. 330 f. 123 Darauf wiesen die Herausgeber der Serie „Geschichtsdiskurs“ selbst hin: Vorwort (Anm. 104), S. 13. 124 Jörn Rüsen: Die Entwicklung der disziplinären Matrix und des theoretisch-methodologischen Instrumentariums der Geschichtswissenschaft. In: Hörz (Anm. 32), S. 53– 67.

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das Konzept der „objektiven Parteilichkeit“, indem er umstandslos Rankes Objektivitätsideal und Droysens Historik mit den Aufgaben der Gesellschaftswissenschaften kurzschloss, und stellte die marxistische Formationstheorie als methodologisch überlegen dar. 125 Über alles das hätte sich der Streit gelohnt, zumal hier Ansätze einer tatsächlichen Kontroverse zwischen Geschichte und Gesellschaftswissenschaften sichtbar wurden, die in der Argumentation von Rüsen und Vašícek eine so wichtige Rolle gespielt hatte. Aber entweder wurde sie nicht geführt, oder der interne Tagungsbericht blendete in der üblichen Manier aus, was nicht sein sollte, weil der frühere Gegner bis zur Unkenntlichkeit an Kontur verloren hatte. Lakonisch konstatierte der Berichterstatter, beide Vorträge hätten „eine weitgehende Übereinstimmung“ dahingehend erkennen lassen, „daß die bewußte Reflexion der theoretischen und methodologischen Ausgangspunkte die Wissenschaftlichkeit historischen Arbeitens befördert.“ 126

3.6 Das Eigene im nächsten Fremden Die dialektische Gedankenfigur, die Rüsen und Vašícek im Anschluss an Heydemann entwickelt hatten, war auf den ersten Blick bestechend. Demnach betrieb die marxistisch-leninistische Ideologie ihre Selbstauflösung in dem Maße, wie sie mit den anerkannten fachlichen Prinzipien der Geschichtswissenschaft in Berührung kam. Allerdings blieb das Bild der Spezifika, die die DDR-Geschichtswissenschaft von ihrer bundesdeutschen Gegenwissenschaft unterschieden, blass. Die niemals in Frage

125 Wolfgang Wächter: Voraussetzungen wissenschaftlicher Geschichtsschreibung. Zur Entwicklung der disziplinären Matrix der Geschichtswissenschaft. Ebd., S. 68–80. 126 Bericht von Konrad Irmschler (vgl. Anm. 49) über das Kolloquium „Historiographiegeschichte als Methodologiegeschichte“ v. 18.–20. 4. 1989, o. D., zit. S. 2. ABBAW, ZIG 217, Bd. 2. Wächter hatte jedoch als Gegner auf der anderen Seite Historismus und Positivismus benannt, wie vor ihm der geehrte Ernst Engelberg (vgl. Anm. 61). Die Sozialgeschichte der Bundesrepublik erwähnte Wächter nicht, obwohl (oder weil) sie beim Engelberg-Kolloquium durch Jürgen Kockas erstmalige Kritik an der nationalsozialistischen „Volksgeschichte“ – ausgerechnet in der Hauptstadt der DDR – politisches Geschick und fachliche Eigenständigkeit gleichermaßen unter Beweis gestellt hatte: Jürgen Kocka: Ideologische Regression und methodologische Innovation. Geschichtswissenschaft und Sozialwissenschaften in den 1930er und 40er Jahren. In: Hörz (Anm. 32), S. 182–187. Kocka nahm hier auf erste Ergebnisse seines Promovenden Willi Oberkrome Bezug: Volksgeschichte. Methodische Innovation und völkische Ideologisierung in der deutschen Geschichtswissenschaft 1918–1945 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Bd. 101). Göttingen 1993. Kocka hatte den Beitrag übrigens zunächst nicht zur Publikation freigeben wollen (Kocka an Küttler, 18. 7. 1989. ABBAW, ZIG 214, Bd. 5). Möglicherweise wurde er von Küttler überredet, der die Brisanz des Themas erkannte.

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gestellte Dominanz der Politik erschien im Aufsatz nicht als Belastung, sondern nachgerade als Bedingung der Möglichkeit einer marxistisch-leninistischen Historik, die sich inhaltlich nur durch ihre Berufung auf Marx, Engels und Lenin von der bundesdeutschen Historik unterschied. Ironischerweise versuchten die Autoren ihren zwischen den Zeilen adressierten Gesprächspartnern die Einsicht nahezubringen, dass die Geschichtsschreibung ein „produktiver Erkenntnisakt“ sei, der sich „nicht hinreichend zweckrational in Abhängigkeit von theoretischen Vorgaben und politisch-praktischen Intentionen“ bestimmen lasse. 127 Genau das war aber der Fall: Nirgendwo war der Herrschaftsdiskurs der ostdeutschen Geschichtswissenschaft rigider als in ihrer Historiographie. Ihr „Erkenntnisakt“ bestand gerade darin, solche Vorgaben und Intentionen zu bekräftigen. 128 Rüsen und Vašícek waren anscheinend davon überzeugt, es diesbezüglich mit einem rhetorischen Oberflächenphänomen zu tun zu haben, hinter dem sich die tieferen Strukturen einer den Maßstäben westlicher Geschichtswissenschaft entsprechenden Historie verbargen. Die Parteilichkeit der zweiten deutschen Geschichtswissenschaft wurde als staatliche Aufforderung zu rhetorischen Lippenbekenntnissen missverstanden, deren sich Historiker mehr oder weniger geschickt entledigten, um die Qualität ihrer Arbeit vor politischen Eingriffen zu schützen. Das mag im einen oder anderen Fall von Historiker-Dissidenz auch tatsächlich der Fall gewesen sein. Im Allgemeinen gilt jedoch, dass die Sprache der DDR-Geschichtswissenschaft ihre politische Funktion nicht verdeckte, sondern als alltägliche kulturelle Praxis fortschrieb und damit ein Teil der Geschichtskultur in der SED-Diktatur war. 129 Insofern war die umstandslose Subsumtion der marxistisch-leninistischen Geschichtstheorie unter den Begriff „Historik“ methodisch heikel. Entgegen den Intentionen der Paradigmentheorie wurden nicht zwei besondere Fälle wissenschaftlicher Problemlösung unter dem Gesichtspunkt ihrer jeweiligen Genesen und Denkstile verglichen, sondern der Universalitätsanspruch der disziplinären Matrix wurde dazu verwendet, das Paradigma der DDR-Geschichtswissenschaft am Maßstab westlicher Geschichtswissenschaft zu messen. Dabei gerieten diejenigen Unterschiede aus dem Blick, die die „beherrschte Normalwissenschaft“ als Wissenschaft in der SED-Diktatur auswiesen. 130 127 Rüsen /Vašícek (Anm. 26), S. 329. 128 Wie Anm. 41. 129 Martin Sabrow (Hrsg.): Verwaltete Vergangenheit. Geschichtskultur und Herrschaftslegitimation in der DDR. Leipzig 1997. 130 Ders.: Einleitung: Geschichtsdiskurs und Doktringesellschaft. In: Ders. (Hrsg.): Geschichte als Herrschaftsdiskurs. Der Umgang mit der Vergangenheit in der DDR

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Rüsen und Vašícek zogen nicht den an sich nahe liegenden Schluss, die wesentliche Aufgabe der „gebundenen“ Geschichtswissenschaft könne darin bestehen, einen diktatorischen Herrschaftsdiskurs zu legitimieren. Für diese Haltung der westdeutschen Historiker gab es natürlich nachvollziehbare Gründe: politische Vernunft, die sich der Konfrontation des Kalten Krieges entziehen wollte, fehlende Kenntnis der Interna marxistischleninistischer Geschichtswissenschaft, vor allem aber die stillschweigende Unterstellung, die andere Seite sei im Grunde wie man selbst. Die Autoren beschrieben das Paradigma der Geschichtswissenschaft in der DDR folglich mit großer Eloquenz, konnten es aber gleichsam nicht erkennen, weil sie in den Kategorien einer vermeintlich universalen – und das hieß hier: systemübergreifenden – Matrix der Geschichtswissenschaft befangen waren. Diese brachte aber vor allem eines in den Blick: die Spiegelung des eigenen Denkens in einem idealisierten Bild der DDR-Geschichtstheorie. Die Geschichtswissenschaft der DDR geriet in dem Moment in eine existenzielle Krise, als sich die Fremdwahrnehmung mit der Eigenwahrnehmung zu decken begann. Hieran hatten die „ökumenische“ Verständigungsbereitschaft von Historikern wie Jörn Rüsen und produktive Missverständnisse in den deutsch-deutschen Wissenschaftsbeziehungen beträchtlichen Anteil. Methodisch wirft der Befund jedoch weiterführende Fragen auf, die ich abschließend kurz diskutieren möchte.

4. Die disziplinäre Matrix als Repräsentation Im vorliegenden Aufsatz habe ich versucht, Jörn Rüsens disziplinäre Matrix zu historisieren und kulturgeschichtlich zu interpretieren. Aus einer von Max Webers Wissenschaftslehre inspirierten Lektüre der Wissenschaftstheorie Thomas Kuhns gedanklich und begrifflich entstanden, stand Rüsens Matrix in den 1970er Jahren ganz unter dem Eindruck eines wahrgenommenen Paradigmenwechsels vom Historismus zur Historischen Sozialwissenschaft. Als Rüsen seine Geschichtstheorie Anfang der 1980er Jahre als „Historik“ systematisierte, vollzog er, bei weitgehend unveränderter Begrifflichkeit ihrer grundlegenden Faktoren, einen Schritt von der Objekttheorie in die Metatheorie, zugleich von der Sozialgeschichte in einen sozialgeschichtlich modernisierten Historismus, der Rüsens Werk fortan prägte.

(Zeithistorische Studien, Bd. 14). Köln /Weimar /Wien 2000, S. 9–36, hier S. 21–30 („Konturen der historischen Sinnenwelt im Realsozialismus“).

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Die disziplinäre Matrix von 1976 erzählte lebhaft die Geschichte eines geschichtstheoretischen und historiographischen Fortschritts, der auf ein benennbares Telos zulief. Die Matrix von 1983 war geschichtstheoretischbegrifflich identisch mit Rüsens Verständnis einer erneuerten Historik, sah sich wissenschaftsgeschichtlich durch den „Strukturwandel des historischen Denkens“ von der Aufklärung zum Historismus beglaubigt 131, verzichtete auf Fortschrittsgeschichten und wandte sich fortan der Geschichtskultur zu. Die Empirie der Wissenschaftsgeschichte gehörte seit der zweiten Hälfte der 1980er Jahre nicht mehr zu Rüsens bevorzugten Forschungsgegenständen. Der Aufsatz über die Historik in der DDR, den er damals zusammen mit Zdenek Vašícek schrieb, war eine seiner letzten größeren Arbeiten auf diesem wissenschaftlichen Terrain 132, zugleich ein Vorstoß in das Rüsen wenig vertraute Feld der DDR-Forschung, die seinerzeit auf dem Höhepunkt eines „ökumenischen“ Blicks auf das Verbindende zwischen den Geschichtswissenschaften der beiden deutschen Staaten war. Sie hatte damit gar nicht einmal Unrecht: Die Geschichtswissenschaft in der DDR verlor zu dieser Zeit tatsächlich rapide an Boden und hatte beträchtliche Schwierigkeiten, die für ihre Selbstlegitimation unentbehrliche Abgrenzung zum westdeutschen Gegner aufrechtzuerhalten. Diese Krisensymptome wurden in der Bundesrepublik jedoch fälschlicherweise als Zeichen der Stärke interpretiert, mit der sich die Geschichtswissenschaft von den ideologischen Gängelungen der SED emanzipierte und zu einem gleichberechtigten Gesprächspartner heranwuchs. Rüsen und Vašícek machten von solchen Fehldeutungen keine Ausnahme. Im Grunde war der gesamte Aufsatz eine Eloge auf Wolfgang Küttler. Sie wurde seinen wissenschaftlichen Verdiensten gerecht, doch ist zweifelhaft, ob Küttler für „die“ Geschichtstheorie der DDR repräsentativ war. 133 131 Jörn Rüsen: Von der Aufklärung zum Historismus. Idealtypische Perspektiven eines Strukturwandels. In: Ders./Horst Walter Blanke (Hrsg.): Von der Aufklärung zum Historismus. Zum Strukturwandel des historischen Denkens (Historisch-politische Diskurse, Bd. 1). Paderborn 1984, S. 15–56. 132 Als Originalbeitrag publizierte Rüsen: Kontinuität, Innovation und Reflexion im späten Historismus: Theodor Schieder. In: Ders.: Konfigurationen des Historismus. Studien zur deutschen Wissenschaftskultur. Frankfurt a. M. 1993, S. 357–397. 133 Für Küttler wurde dieser Aufsatz bedeutsam, weil er die Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Karriere nach dem Ende der DDR zumindest mit ermöglicht hat. Vgl. Strukturspiegel des Wissenschaftsbereichs Methodologie und Geschichte der Geschichtswissenschaft, o. D. [wohl 1989], in dem ein Forschungsprojekt zur Geschichte der Geschichtsmethodologie von der Spätaufklärung bis zur Gegenwart für die Jahre 1990–1995 projektiert wurde; als Kooperationspartner waren Jörn Rüsen, Georg Iggers und der amerikanische Aufklärungshistoriker Peter Reill vorgesehen. ABBAW, ZIG 213, Bd. 2. Im Juli 1990 kündigte Küttler Rüsen die bevorstehende Evaluierung des Akademieinstituts an und bat ihn, mit ausdrücklichem Bezug auf den

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Dies war indes nicht in erster Linie ein empirisches, sondern ein methodisches Problem. Als Metatheorie der Geschichtswissenschaft war Rüsens disziplinäre Matrix einem universalistischen Denkstil verpflichtet, der seine westlichen Wurzeln weder verleugnen konnte noch wollte. Dadurch wurde die Matrix geradezu unausweichlich zu einem Vergleichsmaßstab, während Kuhn unter Bezugnahme auf Ludwik Fleck Kommunikations- und Verständnisprobleme zwischen Paradigmen und Denkstilen hervorgehoben hatte. Die Interpretation der Geschichtswissenschaft in der SED-Diktatur, besonders ihrer Sprach- und Diskursmuster, als eigenständiges Paradigma einer „beherrschten Normalwissenschaft“ führt deutlich weiter. Die naheliegende Schlussfolgerung lautet, dass die disziplinäre Matrix ‚re-paradigamtisiert`, also auf ihre Ursprünge in der Wissenschaftsgeschichte zurückgeführt werden müsste, um als Theorie mittlerer Reichweite empirisch anschlussfähig zu bleiben. 134 Der Preis wäre jedoch hoch, und ich bin mir sicher, dass Rüsen ihn nicht zu zahlen bereit ist: Die disziplinäre Matrix als Metatheorie könnte entfallen. Jedenfalls müsste sie ihren universellen Geltungsanspruch revidieren, der im Fall der DDR-Historik eher kontraempirisch gewirkt hatte. Um die disziplinäre Matrix fortzuschreiben, könnte das Konzept der Repräsentation weiterhelfen. Jörn Rüsen hat in der Neuauflage seiner „Historik“ diesen in der postmodernen Geschichtstheorie prominent vertretenen Begriff aufgenommen und darauf hingewiesen, „dass die innere Rationalität historischer Erkenntnis in ihrer narrativen Repräsentation nicht verschwindet, sondern geradezu erscheint.“ 135 Der Begriff ist allerdings

Aufsatz von 1985, um ein Gutachten über die dort betriebene Forschung zur Theorie, Methodologie und Historiographie. In späteren Aufsätzen zu diesem Thema hat Küttler die Argumentation des Beitrags von Rüsen und Vašícek (einschließlich ihrer Periodisierung) übernommen und weiter ausdifferenziert, vgl. etwa Wolfgang Küttler: Geschichtstheorie und -methodologie in der DDR. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 42 (1994), S. 8–20, bes. Seite 11–14, 16–20, hier S. 19, mit einer eigenwilligen „ökumenischen“ Interpretation des Aufsatzes von Rüsen und Vašícek. 134 Dies deckt sich mit der Intention von Blanke (Anm. 9), vgl. Anm. 30–32. Die scharfe Kritik von Otto G. Oexle: Geschichtswissenschaft im Zeichen des Historismus. Studien zu Problemgeschichten der Moderne (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Bd. 116). Göttingen 1996, S. 98–100, an Rüsen und Blanke richtet sich gegen deren Versuch, den Historismus als abgegrenzte Epoche der Wissenschaftsgeschichte zu profilieren und die Aufklärungshistorie zu rehabilitieren, geht aber auf die wissenschaftstheoretischen Grundlagen der gegnerischen Position nicht ein. 135 Rüsen 2013 (Anm. 21), S. 82. Vgl. ähnlich Frank R. Ankersmit: Historical Representation. Stanford 2001, S. 262–280, der im Unterschied zur hier vorgetragenen Interpretation Rüsens Begriff der Repräsentation in enger Verwandtschaft zur politischen Vertretung sieht und das Utopiepotential seiner Geschichtstheorie betont, ferner Jörn Rüsen (Hrsg.): Meaning and Representation in History (Making Sense of History. Studies in Historical Cultures, Bd. 7). New York /Oxford 2006.

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außerordentlich vieldeutig. In der Erkenntnistheorie und Wissenschaftstheorie wird die uns hier stärker interessierende Frage aufgeworfen, wie in voneinander unterschiedenen Wissenschaftskulturen die äußere Wirklichkeit sprachlich-begrifflich repräsentiert wird und wie diese Repräsentation mit für wahr gehaltenen Überzeugungen zusammenhängt. 136 Gegen die von Rüsen gelegentlich mit Nachdruck vertretene These, es gebe eine Wahrheit in den Kulturwissenschaften, wird in der Theorie der Repräsentation der Pluralismus von Wissenskulturen hervorgehoben, der in der gegenwärtigen Diskussion um Interkulturalität und Universalismus Aufmerksamkeit verdient. 137 Die Anwendung der disziplinären Matrix auf die Historik in der DDR hat gezeigt, welche impliziten Überzeugungen Rüsen und seinen Koautor dazu bewegten, universelle Geltung bestätigt zu finden. Ich habe den Versuch gemacht, den so verstandenen Begriff der Repräsentation auf die Wissenschaftsgeschichte der Geschichtsdidaktik anzuwenden; der vorliegende Aufsatz setzt diese Bemühungen fort. 138 Als vorrangige Aufgabe wäre künftig zu klären, wie Repräsentation und Paradigma voneinander abgegrenzt werden können und welche Schlussfolgerungen sich daraus für die praktische Geschichtsschreibung ergeben. 139 Unter einer Repräsentation kann man aber auch die grafische Darstellung eines wissenschaftlichen Sachverhalts verstehen, die ihn zugleich auch interpretiert. Der Wissenschaftsgeschichte sind solche Phänomene vertraut. Wer kennt nicht, beispielsweise, das Zwiebel-Modell der bundesdeutschen Gesellschaftsschichtung? Mit diesem Modell wollte der Soziologe Karl Martin Bolte zum Ausdruck bringen, dass sich herkömmliche Schichtungs-Visualisierungen nach Art einer Pyramide überlebt hätten. In der hier gezeigten Erstfassung legte der Verfasser das neue Bild der westdeutschen Stratifikation über die ältere Darstellungskonvention. 140 Die „bildhafte Eindringlichkeit

136 Sandkühler (Anm. 17). 137 Vgl. den Beitrag von Angelika Epple im vorliegenden Band. 138 Thomas Sandkühler: Geschichtsdidaktik als gesellschaftliche Repräsentation. Diskurse der Disziplin im zeitgeschichtlichen Kontext um 1970. In: Michael Sauer u. a. (Hrsg.): Geschichtslernen in biographischer Perspektive. Nachhaltigkeit – Entwicklung – Generationendifferenz (Beihefte zur Zeitschrift für Geschichtsdidaktik, Bd. 9). Göttingen 2014, S. 313–332. 139 Der Band von Silja Freudenberger /Hans Jörg Sandkühler (Hrsg.): Repräsentation, Krise der Repräsentation, Paradigmenwechsel (Philosophie und Geschichte der Wissenschaften. Studien und Quellen, Bd. 54). Frankfurt a. M. u. a. 2003, fordert einen Paradigmenwechsel hin zur Theorie der Repräsentation, erläutert aber nicht, was Paradigma und Repräsentation voneinander unterscheidet. 140 Martin Bolte: Sozialer Aufstieg und Abstieg. Eine Untersuchung über Berufsprestige und Berufsmobilität, hrsg. mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Soziologische Gegenwartsfragen, Neue Folge, H. 5). Stuttgart 1959, S. 110.

Jörn Rüsens „disziplinäre Matrix“

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Abb. 2: Die „Bolte-Zwiebel“ (1959)

und Suggestivkraft“ der Bolte-Zwiebel, so der Zeithistoriker Paul Nolte, verdankte sich günstigen Rezeptionsbedingungen: Ihre „weich gerundeten, harmonisch in sich zurücklaufenden Linien“ machten das Wunschbild einer „konfliktfreien, ausbalancierten und zur Ruhe gekommenen Gesellschaft“ sinnfällig und erzählten in nuce die Geschichte einer erfolgreichen Überwindung von Klassenkampf und Konflikt, so unklar auch blieb, was genau unter der „Mitte“ zu verstehen sei. 141 Betrachtet man die grafische Darstellung der disziplinären Matrix (vgl. Abb. 1) mit ähnlichen kulturhistorischen Augen, scheint die ästhetische Formung den fachlichen Wandel still zu stellen, obwohl die ihn bildenden Pfeile eine entgegengesetzte Symbolwirkung intendieren: Repräsentation ohne Narration. Es scheint bei aller optischen Dynamik kein Paradigmenwechsel denkbar, der die Basisfaktoren der Matrix als solche in Mitleidenschaft ziehen oder gar ersetzen könnte. Ähnlich wie die Bolte-Zwiebel durch ihre weichen Rundungen, beruhigt die Grafik durch die vermeintliche Gewissheit, dass im Reich des historischen Denkens nichts geschehen könne, was sich nicht durch die tätige Besinnung auf die historische Vernunft gütlich regeln ließe. Dieses Diskursverständnis war sehr „modern“

141 Paul Nolte: Die Ordnung der deutschen Gesellschaft. Selbstentwurf und Selbstbeschreibung im 20. Jahrhundert. München 2000, S. 349–351, zit. S. 349, 350.

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Thomas Sandkühler

Abb. 3: Die „disziplinäre Matrix der Geschichtswissenschaft“ (2013)

und bezüglich der in ihm eingelagerten historischen Erfahrungen sehr westdeutsch. 142 Und überhaupt: Wer kennt ihn nicht, Rüsens Regelkreis? Fast hat man den Eindruck, dass er durch die erstaunliche Rüsen-Renaissance des letzten Jahrzehnts geradezu ubiquitär geworden ist. Die Matrix – das Schaubild – ist übersetzt, kommentiert, erweitert, variiert und sogar in andere Fächer übertragen worden. 143 In der Neufassung seiner Geschichtstheo142 Die Interpretation von Rüsens Verhältnis zur Nation könnte von der Anwendung eines auf die Darstellungsform bezogenen Repräsentationsbegriffs profitieren: Stefan Berger /Linas Eriksonas /Andrew Mycock: Narrating the Nation: Representations in History, Media and the Arts (Making Sense of History. Studies in Historical Cultures, Bd. 11). New York /Oxford 2008, 2. Aufl. 2011. 143 Ich erwähne nur einige dieser Modifikationen und Anwendungen: Waltraud Schreiber u. a.: Historisches Denken. Ein Kompetenz-Strukturmodell. In: Andreas Körber / Waltraud Schreiber /Alexander Schöner (Hrsg.): Kompetenzen historischen Denkens. Ein Struktur-Modell als Beitrag zur Kompetenzorientierung in der Geschichtsdidaktik (Kompetenzen. Grundlagen – Entwicklung – Förderung, Bd. 2). Neuried 2006, S. 17–53; Wolfgang Hasberg: Unde venis? Betrachtungen zur Zukunft der Geschichtsdidaktik. In: Tobias Arand /Manfred Seidenfuß (Hrsg.): Neue Wege – neue Themen – neue Methoden? Ein Querschnitt aus der geschichtsdidaktischen Forschung des wissenschaftlichen Nachwuchses (Beihefte zur Zeitschrift für Geschichtsdidaktik, Bd. 7). Göttingen 2014, S. 15–64; Peter Seixas: A History /Me-

Jörn Rüsens „disziplinäre Matrix“

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rie hat auch Rüsen selbst frühere eigene Fassungen seiner disziplinären Matrix erheblich erweitert und mit neuen Begriffen versehen. Aus dem übersichtlichen Modell von 1983 ist inzwischen eine mehrdimensionale Kombination aus Faktoren, Praktiken und Ebenen geworden, die wieder stärker einer Tabelle gleicht, dem ebenfalls „Matrix“ genannten Darstellungsmittel. 144 Es mag das Schicksal eines zum ‚Klassiker` avancierten Gelehrten sein, dass seine Thesen allmählich bekannter sind als die ihnen zugrunde liegenden Schriften. Jörn Rüsens disziplinäre Matrix hatte ursprünglich den Bruch mit der historiographischen Vergangenheit anzeigen sollen. Dieser Impetus ist inzwischen sich selbst historisch geworden. Damit ist aber die disziplinäre Matrix nicht ‚erledigt`. Liest man sie als Repräsentation einer inzwischen weitgehend akzeptierten Geschichtstheorie, stellen sich grundlegende Fragen an die Entstehung und Geltungsansprüche geschichtswissenschaftlicher Theorien und Denkstile. Wenn nicht alles täuscht, werden solche Fragen die Geschichtswissenschaft noch lange beschäftigen.

mory Matrix for History Education. In: Public History Weekly 4 (2015) 6, DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2016-5370 (aufgerufen am 12. 4. 2018). 144 Rüsen 2013 (Anm. 21), S. 68.

Holger Thünemann

Geschichtskultur revisited Versuch einer Bilanz nach drei Jahrzehnten

1. Einleitung Auch drei Jahrzehnte nachdem Jörn Rüsen den Begriff der Geschichtskultur erstmals als geschichtstheoretische und geschichtsdidaktische Kategorie profiliert hat, ist seine Konjunktur ungebrochen. Geschichtskultur ist omnipräsent, und zwar ebenso als wissenschaftlicher Forschungsgegenstand wie als Phänomen der menschlichen Lebenspraxis. Unterschiedliche Institutionen, Medien und performative Praktiken der Geschichtskultur – von historischen Museen, Gedenkstätten und Denkmälern über Film, Fernsehen und Internet bis hin zu Reenactment-Veranstaltungen – konfrontieren uns tagtäglich mit Themen der Geschichte und prägen so unsere Vorstellungen von und Einstellungen zur Vergangenheit. Geschichtskultur umfasst jedoch nicht nur die vielfältigen Formen außerakademischer Vergangenheitsbezüge, sondern ebenso den spezifisch wissenschaftlichen Umgang mit Geschichte. Beides ist in diesem Konzept systematisch aufeinander bezogen. Anders als der Begriff der Geschichtskultur, der erstmals Ende der 1970er Jahre im Œuvre des französischen Mediävisten Bernard Guenée als Titel einer wissenschaftlichen Publikation 1 Verwendung fand und der dann seit den 1980er Jahren in unterschiedlichen Diskursen – besonders in der deutschsprachigen Geschichtstheorie und Geschichtsdidaktik – eine immer größere Rolle spielte, 2 ist das Phänomen als solches so alt wie 1 Bernard Guenée: Histoire et Culture historique dans l'Occident médiéval. Paris 1980, hier u. a. S. 16: „Je suis intéressé par l'historien, mais plus encore par son public; par l'œuvre historique, mais plus encore par son succès; par l'histoire, mais plus encore par la culture historique.“; vgl. S. 371, wo Guenée einen eigenen Aufsatztitel aus dem Jahr 1976 zitiert, in dem ebenfalls bereits von „culture historique“ die Rede ist. 2 Vgl. Karl Pellens /Siegfried Quandt /Hans Süssmuth (Hrsg.): Geschichtskultur – Geschichtsdidaktik. Internationale Bibliographie. Paderborn u. a. 1984 (Geschichte, Politik: Studien zur Didaktik, Bd. 3) und vor allem Bernd Schönemann: Geschichtsdi-

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die Historie selbst. „Geschichtskultur“, so eine allgemeine Definition, „ist die Art und Weise, wie eine Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit und ihrer Geschichte umgeht.“ 3 Diese Definition gilt trotz einiger Vorbehalte nicht nur für geschichtskulturelle Repräsentationen der Moderne, sondern sie trifft beispielsweise auch auf vergangenheitsbezogene Phänomene der Antike zu: Pompae funebres, also öffentliche Leichenzüge der römischen Nobilität, bei denen Schauspieler aus Bienenwachs gefertigte Ahnenmasken (imagines) verstorbener Staatsmänner trugen, um auf diese Weise die Vergangenheit der res publica zu vergegenwärtigen; Triumphbögen und Triumphzüge; Vergils Aeneis oder Livius' Römische Geschichte – dies sind nur wenige Beispiele dafür, dass Gesellschaften bereits vor über zwei Jahrtausenden mehr oder weniger weit zurückliegende, teils eher mythische, teils eher faktuale Vergangenheiten zu gegenwärtigen Zwecken medial zu repräsentieren oder zu inszenieren versuchten. 4 Als historische Kategorie dagegen konnte sich Geschichtskultur erst im Kontext eines seit den 1980er Jahren verstärkt einsetzenden geschichtswissenschaftlichen Paradigmenwechsels von den Historischen Sozialwissenschaften zur (Neuen) Kulturgeschichte etablieren. Wolfgang Hardtwig veröffentlichte 1990 seine Publikation „Geschichtskultur und Wissenschaft“. Und bereits ein Jahr zuvor widmete Jörn Rüsen dem Begriff der Geschichtskultur im dritten Band seiner Historik mit dem programmatischen Titel „Lebendige Geschichte“ ein eigenes Kapitel, in dem er sein Konzept erstmals differenziert entfaltet hat. Während Hardtwig Geschichtskultur primär aus einer fachwissenschaftlich-kognitiven Perspektive modelliert und „als prinzipiell reflexives Verhältnis zur Vergangenheit“ definiert, 5 zeichnet sich Rüsens Definition durch einen integralen Charakter aus, weil er Fachwissenschaft und Lebenspraxis – seiner Matrix des historischen

daktik und Geschichtskultur. In: Bernd Mütter /Bernd Schönemann /Uwe Uffelmann (Hrsg.): Geschichtskultur. Theorie – Empirie – Pragmatik. Weinheim 2000 (Schriften zur Geschichtsdidaktik, Bd. 11), S. 26–58, hier S. 28–42. 3 Hans-Jürgen Pandel: Geschichtsdidaktik. Eine Theorie für die Praxis. Schwalbach / Ts. 2013, S. 164; vgl. Johan Huizinga: Im Bann der Geschichte. Betrachtungen und Gestaltungen. Basel 1943, S. 104, der Geschichte definierte als „die geistige Form, in der sich eine Kultur über ihre Vergangenheit Rechenschaft gibt.“ 4 Vgl. die Beiträge von Karl-Joachim Hölkeskamp (Triumph), Harriet I. Flower (Leichenzug), Reinhold F. Glei (Vergil) und Werner Dahlheim (Livius) in Elke SteinHölkeskamp /Karl-Joachim Hölkeskamp (Hrsg.): Erinnerungsorte der Antike. Die römische Welt. München 2006. 5 Wolfgang Hardtwig: Geschichtskultur und Wissenschaft. München 1990, S. 9; vgl. auch die Definition auf S. 8: „Die Gesamtheit der Formen, in denen Geschichtswissen in einer Gesellschaft präsent ist, läßt sich in dem Begriff der Geschichtskultur zusammenfassen.“ Meine Hervorhebung.

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Denkens 6 entsprechend – bewusst aufeinander bezieht. „Mit dem Thema ‚Geschichtskultur`“, so Rüsen, „kehrt die Historik zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen zurück: zum Ursprung des historischen Denkens in der menschlichen Lebenspraxis.“ 7 Zugleich soll durch diesen Begriff „die von der Wissenschaft kultivierte kognitive Seite der historischen Erinnerungsarbeit systematisch mit der politischen und ästhetischen Seite der gleichen Arbeit verbunden werden“. 8 Dementsprechend umfassend definiert Rüsen Geschichtskultur als „Inbegriff der Sinnbildungsleistungen des menschlichen Geschichtsbewusstseins“. 9 In diesem Sinne ist Geschichtskultur für Rüsen eine anthropologische Konstante von interkultureller Qualität und universalhistorischer Reichweite. 10 Hardtwig dagegen schlägt vor, den Begriff frühestens für die Epoche „seit der Aufklärung“ oder „seit dem Durchbruch zum ‚Revolutionszeitalter` ab 1789“ anzuwenden, weil sich erst seither ein Übergang „von einem primär tradierenden zu einem primär reflektierenden Verhältnis zur Geschichte“ angebahnt habe. 11 Rüsens Theorie der Geschichtskultur, die eine weit verbreitete, aber empirisch nicht triftige und schon von Friedrich Nietzsche in seiner Schrift „Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben“ 12 kritisierte Dichotomisierung zwischen Fachwissenschaft und Lebenspraxis im Prozess des historischen Denkens systematisch zu überwinden versucht, hat gerade in jüngster Zeit eine bemerkenswerte Rezeption erfahren. Diese Rezeption beschränkt sich nicht auf die deutschsprachige Geschichtsdidaktik, in der die Kategorie seit mindestens zwei Jahrzehnten eingehend diskutiert 13 und

6 Jörn Rüsen: Historische Vernunft. Grundzüge einer Historik I: Die Grundlagen der Geschichtswissenschaft. Göttingen 1983, hier S. 29; vgl. dazu den Beitrag von Thomas Sandkühler in diesem Band. 7 Jörn Rüsen: Historik. Theorie der Geschichtswissenschaft. Köln u. a. 2013, S. 221. 8 Jörn Rüsen: Lebendige Geschichte. Grundzüge einer Historik III: Formen und Funktionen des historischen Wissens. Göttingen 1989, S. 110. 9 Rüsen, Historik (Anm. 7), S. 221. Im Original kursiv hervorgehoben. 10 Vgl. Jörn Rüsen: Was ist Geschichtskultur? Überlegungen zu einer neuen Art, über Geschichte nachzudenken. In: Klaus Füßmann /Heinrich Theodor Grütter /Jörn Rüsen (Hrsg.): Historische Faszination. Geschichtskultur heute. Köln u. a. 1994, S. 3–26, hier S. 23 ff. 11 Hardtwig, Geschichtskultur und Wissenschaft (Anm. 5), S. 9. 12 Friedrich Nietzsche: Unzeitgemäße Betrachtungen. Zweites Stück. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben (1874). In: Werke in drei Bänden. Hrsg. von Karl Schlechta. Neuaufl. Bd. 1. Darmstadt 1997, S. 209–285. 13 Vgl. Bernd Schönemann: Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur. In: Wolfgang Hasberg /Holger Thünemann (Hrsg.): Geschichtsdidaktik in der Diskussion. Grundlagen und Perspektiven. Frankfurt a. M. u. a. 2016 (Geschichtsdidaktik diskursiv – Public History und Historisches Denken, Bd. 1), S. 41–61; Béatrice Ziegler: Einleitung [zum Themenschwerpunkt Geschichtskultur]. In: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik 16 (2017), S. 5–16.

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als heuristisches Konzept empirischer Studien intensiv genutzt wird, 14 sondern sie lässt sich inzwischen auch für die Geschichtswissenschaft insgesamt beobachten. 15 Darüber hinaus gewinnt diese Rezeption in den letzten Jahren eine zunehmend ausgeprägte internationale Dimension. 16 Ausgehend von Rüsens Theoriebildung soll im Folgenden zunächst der aktuelle Forschungsstand zur Kategorie der Geschichtskultur profiliert werden. Anschließend wird in einem vergleichenden Zugriff diskutiert, in welchem Verhältnis die jüngeren Ansätze der Erinnerungskultur, der Public History und der Angewandten Geschichte zum Konzept der Geschichtskultur stehen. In einem dritten Schritt werden schließlich Perspektiven geschichtskultureller Theoriebildung und empirischer Forschung skizziert.

2. Geschichtskultur – Konzeption und Kontroversen Jörn Rüsen hat die Rezeption seines Geschichtskultur-Konzepts möglicherweise ebenso erleichtert wie erschwert. Insgesamt gewinnt man bei der Lektüre seiner zahlreichen diesbezüglichen Publikationen jedenfalls den Eindruck, dass es ihm nicht primär darum geht, „Geschichtskultur“ im Modus einer endgültigen Definition begrifflich zu fixieren, sondern seine kategorialen Überlegungen diskursiv offenzuhalten. Gleichwohl beruht sein Konzept auf fünf theoretischen Prämissen, die während der vergangenen drei Jahrzehnte weitgehend konstant geblieben sind und die im Folgenden systematisch dargelegt werden sollen. Vergleicht man Rüsens Definitionen, dann stellt man zunächst fest, dass Geschichtskultur sehr allgemein und zugleich umfassend als „Gesamtbereich der Aktivitäten“ oder „Inbegriff der Sinnbildungsleistungen

14 Vgl. z. B. Holger Thünemann: Holocaust-Rezeption und Geschichtskultur. Zentrale Holocaust-Denkmäler in der Kontroverse. Ein deutsch-österreichischer Vergleich. Idstein 2005 (Schriften zur Geschichtsdidaktik, Bd. 17) oder Martin Schlutow: Das Migrationsmuseum. Geschichtskulturelle Analyse eines neuen Museumstyps. Berlin 2012 (Geschichtskultur und historisches Lernen, Bd. 10). 15 Vgl. etwa Juliane Tomann: Geschichtskultur im Strukturwandel. Öffentliche Geschichte in Katowice nach 1989. Berlin /Boston 2017 (Schriften des Imre Kertész Kollegs Jena, Bd. 6) und ebenso mit Bezug auf Rüsen: Wolfgang Hardtwig: Geschichtskultur. In: Stefan Jordan (Hrsg.): Lexikon Geschichtswissenschaft. Hundert Grundbegriffe. Stuttgart 2002, S. 112–115. 16 Vgl. beispielsweise Maria Grever /Robbert-Jan Adriaansen: Historical Culture: A Concept Revisited. In: Mario Carretero /Stefan Berger /Maria Grever (Eds.): Palgrave Handbook of Research in Historical Culture and Education. London 2017, S. 73–89 und Robert Traba /Holger Thünemann (Hrsg.): My´slenie historyczne. 2 Bde. Pozna´n 2015 (Pozna´nska Biblioteka Niemiecka, Bd. 39/I u. II).

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des menschlichen Geschichtsbewusstseins“ beschrieben wird. 17 Wie sich an diesen Formulierungen („Gesamtbereich“, „Inbegriff “) zeigt, ist Geschichtskultur für Rüsen also kein ausschließlich akademisches Phänomen, sondern bezieht sich auf das gesamte Feld möglicher Vergangenheitsbezüge: „Fachwissenschaft, schulischer Unterricht, Denkmalpflege, Museen und andere Institutionen“, so Rüsen 1994, „werden über ihre wechselseitigen Abgrenzungen und Unterschiede hinweg als Manifestationen eines übergreifenden gemeinsamen Umgangs mit der Vergangenheit in Augenschein genommen und diskutiert. ‚Geschichtskultur` soll dieses Gemeinsame und Übergreifende bezeichnen. Sie rückt die unterschiedlichen Strategien der wissenschaftlichen Forschung, der künstlerischen Gestaltung, des politischen Machtkampfes, der schulischen und außerschulischen Erziehung, der Freizeitanimation und anderer Prozeduren der öffentlichen historischen Erinnerung so in den Blick, daß sie alle als Ausprägungen einer einzigen mentalen Kraft begriffen werden können. So synthetisiert sie auch Universität, Museum, Schule, Verwaltung, die Massenmedien und andere kulturelle Einrichtungen zum Ensemble von Orten der kollektiven Erinnerung und integriert die Funktionen der Belehrung, der Unterhaltung, der Legitimation, der Kritik, der Ablenkung, der Aufklärung und anderer Erinnerungsmodi in die übergreifende Einheit der historischen Erinnerung.“ 18 Die erste Prämisse, auf der Rüsens Konzept von Geschichtskultur beruht, besteht also in einer systematischen Integration von Wissenschaft und Lebenspraxis, wie sie in seiner bereits erwähnten Matrix des historischen Denkens modellhaft vorgezeichnet ist. Historische Orientierungsbedürfnisse sind lebenspraktisch motiviert, sie werden als historische Fragen im Prozess historischer Forschung zu wissenschaftlichen Erkenntnisinteressen, und aus diesem Forschungsprozess geht historisches Wissen hervor, dem wiederum eine lebenspraktische Orientierungsfunktion zukommt oder zumindest zukommen kann. Auf der Basis dieses Modells versucht Rüsen nicht nur, die von Nietzsche kritisierte Trennung zwischen „Historie“ und „Leben“ zu überwinden und übergreifende Gemeinsamkeiten zwischen wissenschaftlichen sowie außerwissenschaftlichen Artikulationen historischen Denkens 19 plausibel zu machen, sondern er stellt im Gegensatz zu Nietzsche auch ein konzeptionelles Gleichgewicht zwischen 17 Rüsen, Historik (Anm. 7), S. 221. Im Original kursiv; vgl. ders.: Geschichtskultur. In: Klaus Bergmann u. a. (Hrsg.): Handbuch der Geschichtsdidaktik. 5., überarb. Aufl. Seelze-Velber 1997, S. 38–41, hier S. 38. 18 Rüsen, Was ist Geschichtskultur? (Anm. 10), S. 4. 19 Vgl. Holger Thünemann /Johannes Jansen: Historisches Denken lernen. In: Sebastian Bracke u. a.: Theorie des Geschichtsunterrichts. Frankfurt a. M. 2018 (Geschichtsunterricht erforschen, Bd. 9), S. 71–106.

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beiden Formen des Vergangenheitsbezugs her. Wenn Hans-Jürgen Pandel an Rüsens Konzeption kritisiert, sie sei zu eng, weil es nicht um Geschichtskultur im Allgemeinen, sondern primär um „Geschichtswissenschaftskultur“ gehe, dann ist diese Kritik also unbegründet. 20 Und wenn Bernd Schönemann die Auffassung vertritt, es handele sich bereits bei Nietzsches typologischer Trias eines lebensdienlichen Geschichtsgebrauchs (monumentalisch, antiquarisch, kritisch) um „eine erste Theorie der Geschichtskultur“, 21 dann muss man das wohl als eine scharfe Zuspitzung verstehen, weil es Rüsen im Unterschied zu Nietzsche ja gerade auf den Ausgleich von Wissenschaft und Lebenspraxis ankommt, nicht auf eine Marginalisierung des einen Bereiches zugunsten des anderen. 22 Zweitens stellt Rüsen eine ausdrückliche Relation zwischen Geschichtskultur und der geschichtsdidaktischen Zentralkategorie des „Geschichtsbewußtsein[s] in der Gesellschaft“ 23 her. Geschichtsbewusstsein, so Rüsen, „hat in der Geschichtsdidaktik bereits eine kategoriale Bedeutung zur fachlichen Selbstverständigung gewonnen, zur Identifikation eines besonderen Gegenstandsbereichs und ihm entsprechender Erkenntnismethoden und schließlich auch zur Heuristik empirischer Forschungen. [...] Vom Geschichtsbewußtsein ist es nur ein kleiner Schritt zur Geschichtskultur. [...] Geschichtskultur läßt sich also definieren als praktisch wirksame Artikulation von Geschichtsbewußtsein im Leben einer Gesellschaft.“ 24 Folgt man Karl-Ernst Jeismann, auf den Rüsen sich bezieht, dann umfasst Geschichtsbewusstsein nicht nur „bloßes Wissen oder reines Interesse an der Geschichte“, sondern den Gesamtzusammenhang von „Vergangenheitsdeutung, Gegenwartsverständnis und Zukunftsperspektive“. 25 Außerdem lassen sich Jeismann zufolge vier verschiedene Komplexitätsgrade von Geschichtsbewusstsein unterscheiden, die von einem vorreflexiven „Geschichtsverlangen“ und einem stärker strukturierten, aber monoper20 Hans-Jürgen Pandel: Der Weg der Historik von der Quellenkritik zur Sinnbildung. In: Erwägen – Wissen – Ethik 22 (2011) H. 4, S. 567–570, Zitat S. 569; vgl. Jörn Rüsen: Replik. Diskursive Bewegungen in der Historik – Versuch einer Antwort an meine Kritiker. In: ebd., S. 604–619, hier S. 618. 21 Bernd Schönemann: Erinnerungskultur oder Geschichtskultur? In: Eugen Kotte (Hrsg.): Kulturwissenschaften und Geschichtsdidaktik. München 2011 (Kulturwissenschaft(en) als interdisziplinäres Projekt, Bd. 4), S. 53–72, hier S. 54. 22 Vgl. Rüsen, Historik (Anm. 7), S. 206 f. 23 Karl-Ernst Jeismann: Didaktik der Geschichte. Die Wissenschaft von Zustand, Funktion und Veränderung geschichtlicher Vorstellungen im Selbstverständnis der Gegenwart. In: Erich Kosthorst (Hrsg.): Geschichtswissenschaft. Didaktik – Forschung – Theorie. Göttingen 1977, S. 9–33, hier S. 12. 24 Rüsen, Was ist Geschichtskultur? (Anm. 10), S. 5. 25 Karl-Ernst Jeismann: Geschichtsbewußtsein – Theorie. In: Klaus Bergmann u. a. (Hrsg.): Handbuch der Geschichtsdidaktik. 5., überarb. Aufl. Seelze-Velber 1997, S. 42–44, hier S. 42.

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spektivischen „Geschichtsbild“ über das „historische Verstehen“ als „Akt der methodischen Selbstentäußerung von gegenwärtigen Legitimationsund Selbstbehauptungswünschen“ bis hin zum „reflektierten Geschichtsbewußtsein“ reichen. Erst auf der Ebene des reflektierten Geschichtsbewusstseins, so Jeismann, wird das „Geschichtsverlangen aus der Subjektivität und Unmittelbarkeit des persönlichen Betroffenseins“ gelöst, werden „Geschichtsbilder durch die Reflexion auf deren Voraussetzungen und Funktionen“ verflüssigt und Prozesse des historischen Verstehens „wieder zurück[gebunden] an das Bewußtsein der Gegenwart, durch das Vergangenheit rekonstruiert wird“. 26 Auch wenn die Relation von Geschichtskultur und Geschichtsbewusstsein auf der Basis dieses weiten Begriffsverständnisses insgesamt plausibel ist, hat sie zu Missverständnissen geführt. Martin Sabrow beispielsweise wirft Rüsens Konzeption eine „fatale Einengung“ vor, nämlich „die Engführung von Geschichtskultur und Bewußtsein, Zielorientierung, Intention“, und plädiert stattdessen für „einen alternativen Begriff von Geschichtskultur“, der „in bewußtem Kontrast die Differenz von Intentionalität und Wirkung, von Bewußtsein und vorbewußter Sinnwelt in den Mittelpunkt stellt“. 27 Rüsen selbst hat solche Missverständnisse allerdings argumentativ antizipiert. Der Begriff des Geschichtsbewusstseins, so Rüsen bereits 1994, könne möglicherweise zu Unrecht ablenken von den „un- und vorbewußte[n] Dispositionen menschlichen Verhaltens“, die ebenfalls „durch eine in bestimmter Weise vergegenwärtigte Vergangenheit geprägt“ seien. 28 Um das Konzept der Geschichtskultur kognitiv nicht zu verengen, tritt neben die Relation zwischen Geschichtskultur und Geschichtsbewusstsein daher eine weitere Grundannahme. Diese dritte Prämisse besteht in der Zurückweisung einer grundsätzlichen Dichotomie von Erinnerung und Geschichte bzw. Geschichtskultur. Indem Rüsen die Aktivitäten des Geschichtsbewusstseins an die „anthropologische Grundlage“ historischer Erinnerung zurückbindet, öffnet er sein Geschichtskulturkonzept ausdrücklich auch für nicht primär kognitive und für unreflektierte Sinnbildungsleistungen. 29 Zugleich wendet er sich gegen die vor allem im fran26 Karl-Ernst Jeismann: Geschichtsbewußtsein als zentrale Kategorie der Geschichtsdidaktik. In: Gerhard Schneider (Hrsg.): Geschichtsbewußtsein und historisch-politisches Lernen. Pfaffenweiler 1988 (Jahrbuch für Geschichtsdidaktik, Bd. 1), S. 1–24, Zitate S. 12–14. 27 Vgl. Holger Thünemann: Geschichtskultur als Forschungsansatz zur Analyse des Umgangs mit der NS-Zeit und dem Holocaust. Konzeptionelle Standortbestimmung und ein Vorschlag zur kategorialen Differenzierung. In: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik 4 (2005), S. 230–240, hier S. 235; dort auch das Sabrow-Zitat. 28 Rüsen, Was ist Geschichtskultur? (Anm. 10), S. 5. 29 Rüsen, Geschichtskultur (Anm. 17), Zitat S. 38; vgl. Rüsen, Was ist Geschichtskultur? (Anm. 10), S. 7.

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zösisch- und deutschsprachigen Gedächtnisdiskurs lange Zeit weit verbreitete Annahme, Gedächtnis und Geschichte seien „in jeder Hinsicht Gegensätze“. 30 Ähnlich wie beispielsweise Lutz Niethammer, der die Geschichtswissenschaft einmal sehr prägnant als einen spezifischen „Operationszustand“ des kulturellen Gedächtnisses bezeichnet hat, 31 plädiert Rüsen 2013 in seiner Historik daher dezidiert für einen komplementären Umgang mit verschiedenen Diskurstraditionen: „Die unterstellte Entgegensetzung zwischen Erinnerung und Geschichte war diskursstrategisch recht erfolgreich, aber geschichtstheoretisch wenig überzeugend. (Das wäre auch schnell klar geworden, wenn der Erinnerungsdiskurs den älteren Diskurs zum Thema Geschichtsbewusstsein überhaupt wahrgenommen hätte.) Das Sinngebilde ‚Geschichte` macht grundsätzlich von den gleichen Sinnkriterien Gebrauch, die in der Erinnerung die Vergangenheit festhalten und ihr Bedeutung verleihen. Rein logisch lässt sich eine scharfe Trennung von Erinnerung und Geschichte nicht aufrechterhalten. Das heißt nicht, dass beides ineinanderfiele und gar nicht unterschieden werden könnte. Das Phänomen ‚Geschichte` [...] zeichnet sich primär durch kognitive Leistungen aus, die nicht notwendig zur Erinnerung gehören. Die nichtkognitiven Kräfte der Erinnerung sind in diesem Diskurs unterbelichtet geblieben. Umgekehrt hat der Erinnerungsdiskurs den Zukunftsbezug des Geschichtsbewusstseins und die kognitiven Elemente einer rationalen Kritik unterbelichtet. Entscheidend aber ist, dass Erinnerung und Geschichte von der gleichen Quelle der kulturellen Sinnbildung Gebrauch machen, wenn es darum geht, Vergangenheit als Größe der kulturellen Orientierung zur Geltung zu bringen.“ 32 Mit anderen Worten: Geschichtskultur setzt bestimmte Formen der Erinnerung – vor allem aber historische Erinnerung, 30 So Pierre Nora: Zwischen Geschichte und Gedächtnis. Aus dem Französischen von Wolfgang Kaiser. Frankfurt a. M. 1998, S. 13; vgl. mit anderer Auffassung beispielsweise Paul Ricœur: Zwischen Gedächtnis und Geschichte. In: Transit. Europäische Revue 22 (2002), S. 3–17. 31 Lutz Niethammer: Postskript zu Geschichte und Gedächtnis. In: Ulrich Borsdorf / Heinrich Theodor Grütter (Hrsg.): Orte der Erinnerung. Denkmal, Gedenkstätte, Museum. Frankfurt a. M. 1999, S. 101–109, Zitat S. 106; vgl. Jan Assmann: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. 4. Aufl. München 1999. 32 Rüsen, Historik (Anm. 7), S. 227. Inwieweit im Erinnerungsdiskurs die Zukunftsdimension „unterbelichtet“ bleibt, müsste genauer untersucht werden. Rüsen hat diese Auffassung bereits früher vertreten, aber nicht im Einzelnen belegt. Vgl. Rüsen, Replik (Anm. 20), S. 610; vgl. ebenso, aber ohne Belege, Wolfgang Hasberg: Erinnerungsoder Geschichtskultur? Überlegungen zu zwei (un-)vereinbaren Konzeptionen zum Umgang mit Gedächtnis und Geschichte. In: Olaf Hartung (Hrsg.): Museum und Geschichtskultur. Ästhetik – Politik – Wissenschaft. Bielefeld 2006 (Sonderveröffentlichungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Bd. 52), S. 32–59, hier S. 55 und Tomann, Geschichtskultur im Strukturwandel (Anm. 15), S. 87. Scharfe Kritik an Hasberg übt Marco Dräger: Deserteur-Denkmäler in der Geschichtskultur der Bun-

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die „in zeitlicher Perspektive grundsätzlich die Grenzen der Lebenszeit der sich erinnernden Subjekte überschreitet“ 33 – immer schon voraus. Zugleich erhält diese Erinnerung, für die Rüsen jüngst eine Typologie unterschiedlicher Stadien und Modi vorgelegt hat, 34 eine neue Qualität, wenn sie in einen größeren gesellschaftlichen Kontext geschichtskultureller Diskurse, Praktiken und Institutionen sowie materieller Repräsentationen der Vergangenheit integriert wird. In diesem Zusammenhang, so Rüsens vierte Prämisse, lässt sich Geschichtskultur als komplexe mehrdimensionale Struktur modellieren, wobei der innere Zusammenhang dieser Dimensionen „durch ein spannungsreiches Verhältnis von Gegensätzlichkeit und Angewiesenheit“ sowie von „Instrumentalisierungstendenzen und Ausgewogenheitsbemühungen“ bestimmt sei. 35 Während Rüsen Mitte der 1990er Jahre eine „ästhetische, politische und kognitive Dimension der Geschichtskultur“ 36 vorgeschlagen hat, knüpft er 2013 in differenzierender Absicht an Überlegungen aus den 1980er Jahren an 37 und stellt ein fünfdimensionales Modell zur Diskussion. Neben die kognitive, ästhetische und politische treten in diesem Modell eine religiöse und eine moralische Dimension. Diese Dimensionen beruhen Rüsen zufolge auf den anthropologischen Grundlagen des Denkens, Fühlens, Wollens, Glaubens sowie Wertens und korrespondieren mit den Sinnkriterien der Wahrheit, Schönheit, Legitimität und Erlösung sowie der Unterscheidung zwischen Gut und Böse. 38 Rüsen belässt es allerdings nicht bei einer deskriptiven Fassung dieses Strukturmodells, sondern er geht in normativer Hinsicht darüber hinaus: „Die verschiedenen Dimensionen der Geschichtskultur sollten so ineinander verschränkt werden, dass die Menschlichkeit des Menschen voll zur Entfaltung kommt. Wie geschieht das? Die jeweils unterschiedlichen Sinnkriterien müssen (1) in relativer Autonomie und (2) wechselseitiger Anerkennung und Vervollständigung in den Deutungsleistungen des Geschichtsbewusstseins wirksam gemacht werden. Sie müssen dabei (3) in der sozialen Realität ihre Orientierungsfunktion entfalten und zur Geltung bringen. (4) In diesem produktiven Zusammenhang begrenzen die

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desrepublik Deutschland. Frankfurt a. M. u. a. 2017 (Geschichtsdidaktik diskursiv – Public History und Historisches Denken, Bd. 4), S. 99 mit Anm. 492. Rüsen, Geschichtskultur (Anm. 17), S. 38. Einerseits unterscheidet Rüsen, Historik (Anm. 7), S. 229 ff. in Anlehnung an Aleida Assmann kommunikative, soziale und kulturelle Erinnerung, andererseits differenziert er zwischen einem rezeptiv-unbewussten und einem produktiv-absichtsvollen Erinnerungsmodus. Ebd., S. 241. Rüsen, Was ist Geschichtskultur? (Anm. 10), S. 11–17. Rüsen, Lebendige Geschichte (Anm. 8), S. 109. Rüsen, Historik (Anm. 7), S. 234–246.

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Sinnkriterien zugleich ihre Reichweite, und (5) kritisieren die instrumentalisierenden Übergriffe in den jeweils anderen Bereich.“ 39 Ausgehend von dieser Argumentation lässt sich schließlich noch eine fünfte Prämisse in Rüsens Theoriebildung identifizieren. Geschichtskultur ist demzufolge nämlich ein Konzept mit dreifachem kategorialem Anspruch: es geht um Geschichtskultur als anthropologische Größe, als deskriptiv-heuristisches Forschungsinstrument und als Norm kultureller Praxis im Umgang mit der Vergangenheit. Soweit der Versuch, Rüsens Konzeption in ihren Grundannahmen zu skizzieren. Während diese Konzeption insgesamt auf eine breite Resonanz gestoßen ist, gab und gibt es natürlich auch kritische Stimmen und Vorschläge zur kategorialen Differenzierung. Zu den grundlegenden Einwänden zählt sicherlich die Kritik an Rüsens anthropologischer Fundierung sowohl seiner Historik im Allgemeinen als auch besonders seines Geschichtskultur-Konzepts. In diesem Sinne stellt beispielsweise der schwedische Historiker Rolf Torstendahl die Frage: „How does Rüsen know this? Does the ‚anthropological foundation` exist and is it generally true?“ 40 Und mit ähnlicher Skepsis spricht sich Bernd Schönemann dafür aus, Geschichtskultur primär als heuristische Kategorie zu profilieren. In diesem Zusammenhang steht auch sein konzeptioneller Erweiterungsvorschlag, der vor allem in forschungspraktischer Hinsicht relevant ist. Schönemann regt an, „vier weitere Dimensionen ins Auge zu fassen: erstens die institutionelle, zweitens die professionelle, drittens die mediale und viertens die adressaten- oder publikumsspezifische Dimension.“ 41 Auf diese Weise verbessert sich nicht nur das geschichtskulturelle „Suchraster“, sondern Geschichtskultur wird durch diese dimensionale Erweiterung auch enger an die Gesellschaft und das Geschichtsbewusstsein in ihr zurückgebunden. Deutlich weiter als die Kritik an Rüsens anthropologischer Fundierung von Geschichtskultur reicht Hans-Jürgen Pandels Vorwurf der historischen „Entgrenzung von Begriff und Gegenstand der Geschichtskultur“. Pandel zufolge ergibt es „wenig Sinn [...], Geschichtskultur auf alle Epochen zu beziehen. Dem vormodernen Geschichtsbegriff fehlte noch der Charakter des Kollektivsingulars wie auch der Verzeitlichungsschub. Insofern ist es geschichtswissenschaftlich und geschichtstheoretisch verfehlt, in der Vormoderne eine Geschichtskultur anzunehmen.“ 42 Und Pandel geht noch einen Schritt darüber hinaus, wenn er behauptet, Geschichts39 Ebd., S. 245; meine Hervorhebungen. 40 Rolf Torstendahl: A Critical Reading of Rüsen's Overview of Historical Theory. In: Erwägen – Wissen – Ethik 22 (2011) H. 4, S. 585–588, hier S. 585; vgl. mit allgemeiner kulturtheoretischer Argumentation Rüsen, Replik (Anm. 20), S. 610. 41 Schönemann, Geschichtsdidaktik und Geschichtskultur (Anm. 2), S. 46. 42 Pandel, Geschichtsdidaktik (Anm. 3), S. 166.

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kultur umfasse nur diejenigen „Präsentationen und Verarbeitungen von Geschichte, die uns heute umgeben“. 43 Hinsichtlich dieser präsentistischen Verengung von Geschichtskultur ist die scientific community Pandel „dezidiert nicht gefolgt“. 44 In Anlehnung an Reinhart Koselleck hat Schönemann Pandels Position als ein „groteskes Missverständnis der begriffsgeschichtlichen Methode“ 45 mit gutem Grund zurückgewiesen, stattdessen die „diachrone Tiefenstruktur“ von Geschichtskultur betont und zu deren empirischer Erforschung die geschichtskulturellen Leitmuster des historischen Nutzens (historia magistra vitae), der Bildung und des Erlebnisses vorgeschlagen. 46 Schließlich gibt es noch einen dritten konzeptionellen Vorschlag, der sich auf Rüsens geschichtskulturelle Dimensionierung bezieht. Während die ursprünglich nur beiläufig thematisierte religiöse Dimension mittlerweile ein konstitutives Theorieelement darstellt, 47 ist Rüsen der vielfach geäußerten Anregung, sein Geschichtskulturkonzept um eine ökonomische Dimension zu erweitern, 48 bislang nicht gefolgt. Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass der ökonomischen Dimension aus Rüsens Sicht die anthropologische Substanz fehlt. Dennoch lässt sich aus gegenwärtiger Perspektive die Existenz geschichtskultureller Wettbewerbsstrukturen kaum leugnen, auch Geschichte wird vermarktet, ihr Warencharakter ist unverkennbar. Mit anderen Worten: „History sells!“, manchmal ist sogar von „Vergangenheitsbewirtschaftung“ die Rede. 49 Das dominante Sinnkriterium, das sich dieser Dimension der Geschichtskultur zuordnen lässt, ist der Gewinn. Die – wenn auch nicht anthropologischuniverselle – Grundlage, auf der diese Dimension beruht, ist das wirtschaftliche Handeln.

43 Ebd., S. 165; Hervorhebung im Original. 44 Ziegler, Einleitung (Anm. 13), S. 7 mit Anm. 10. 45 Schönemann, Erinnerungskultur oder Geschichtskultur? (Anm. 21), S. 66 f. mit Anm. 46; vgl. Reinhart Koselleck: Begriffsgeschichte und Sozialgeschichte. In: ders.: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. 2. Aufl. Frankfurt a. M. 1979, S. 107–129, hier S. 127. 46 Vgl. zuletzt Schönemann, Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur (Anm. 13), S. 55–57, Zitat S. 55. 47 Rüsen, Historik (Anm. 7), S. 240 f. 48 Vgl. mit weiterer Literatur Thünemann, Geschichtskultur als Forschungsansatz (Anm. 27), S. 234. 49 Wolfgang Hardtwig /Alexander Schug (Hrsg.): History Sells! Angewandte Geschichte als Wissenschaft und Markt. Stuttgart 2009; Christoph Kühberger /Andreas Pudlat (Hrsg.): Vergangenheitsbewirtschaftung. Public History zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Innsbruck u. a. 2012.

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3. Geschichtskultur – Erinnerungskultur – Public History – Angewandte Geschichte Mit den beiden gerade zitierten Publikationen geraten bereits zwei andere Ansätze in den Blick, und zwar die Public History und die Angewandte Geschichte. Beide sollen im Folgenden ebenso wie das Konzept der Erinnerungskultur kurz mit der Kategorie Geschichtskultur verglichen werden. 50 Für alle drei Ansätze gilt, dass sie ursprünglich aus anderen Forschungstraditionen als denen der Historik und Didaktik hervorgegangen sind und dass sie daher die für Rüsens Theorie konstitutive Integration von Wissenschaft und Lebenspraxis nicht systematisch berücksichtigen. Außerdem ist ihr Anspruch primär heuristischer, nicht normativer oder anthropologischer Natur. Zunächst zum Konzept der Erinnerungskultur, das „erst im Laufe der 1990er-Jahre Eingang in die Geschichtswissenschaft“ 51 gefunden hat, bei dem es sich also gewissermaßen um einen konzeptionellen Import handelt. Die Konjunktur dieses vor allem in der Tradition von Aby Warburg und Maurice Halbwachs stehenden Ansatzes hängt eng mit einer in den 1980er Jahren zunächst in Frankreich durch die Schriften Pierre Noras einsetzenden Renaissance des Erinnerungsbegriffs zusammen. Seither erlebt der Erinnerungsbegriff besonders im Kontext des Holocaust-Gedenkens einen derartigen Boom, 52 dass er zu einem interdisziplinären Forschungsparadigma im Bereich der Kultur- und Naturwissenschaften geworden ist. 53 Dieser Prozess hat jedoch auch konzeptionelle Probleme aufgeworfen, weil er zu einer erheblichen „terminologische[n] Unschärfe“ geführt hat. 54 Einerseits ist nämlich von Erinnerung im Sinne eines persönlichen Erfahrungsbezugs die Rede (episodische Erinnerung), andererseits kann sich der Begriff auch auf kognitiv angeeignete Wissensbestände beziehen (semantische Erinnerung). Teils wird Erinnerung in Anlehnung an Maurice Halbwachs als individuelles, wenn auch sozial gerahmtes Phänomen be-

50 Zu den Differenzen zwischen Geschichtskultur sowie Geschichts- und Vergangenheitspolitik vgl. mit weiterer Literatur Thünemann, Geschichtskultur als Forschungsansatz (Anm. 27), S. 231–234. 51 Christoph Cornelißen: Was heißt Erinnerungskultur? Begriff – Methoden – Perspektiven. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 54 (2003), S. 548–563, Zitat S. 551. 52 Vgl. Jay Winter: Die Generation der Erinnerung. In: Werkstatt Geschichte 10 (2001) H. 30, S. 5–16. 53 Vgl. Nicolas Pethes /Jens Ruchatz (Hrsg.): Gedächtnis und Erinnerung. Ein interdisziplinäres Lexikon. Reinbek 2001 und Astrid Erll: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. Eine Einführung. 3., aktual. u. erw. Aufl. Stuttgart 2017. 54 Schönemann, Erinnerungskultur oder Geschichtskultur? (Anm. 21), S. 60–63, Zitat S. 60.

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griffen, 55 teils findet ein metaphorischer Gedächtnisbegriff Verwendung, der wiederum als „Kollektivbegriff für angesammelte Erinnerungen“ 56 verstanden wird. Angesichts dieser Unschärfe hat sich vor allem Christoph Cornelißen darum bemüht, Erinnerungskultur als geschichtswissenschaftliches Forschungskonzept klarer zu profilieren. In Abgrenzung zu einer engeren, von Hans Günter Hockerts vorgeschlagenen Definition, der zufolge Erinnerungskultur als „lockerer Sammelbegriff für die Gesamtheit des nicht spezifisch wissenschaftlichen Gebrauchs der Geschichte in der Öffentlichkeit – mit den verschiedensten Mitteln und für die verschiedensten Zwecke“ 57 dienen könne, plädiert Cornelißen für ein deutlich breiteres Begriffsverständnis. In diesem Sinne ist Erinnerungskultur laut Cornelißen als ein formaler „Oberbegriff für alle denkbaren Formen der bewussten Erinnerung an historische Ereignisse, Persönlichkeiten und Prozesse zu verstehen, seien sie ästhetischer, politischer oder kognitiver Natur. Der Begriff umschließt also neben Formen des ahistorischen oder sogar antihistorischen kollektiven Gedächtnisses alle anderen Repräsentationsmodi von Geschichte, darunter den geschichtswissenschaftlichen Diskurs sowie die nur ‚privaten` Erinnerungen, jedenfalls soweit sie in der Öffentlichkeit Spuren hinterlassen haben. Als Träger dieser Kultur treten Individuen, soziale Gruppen oder sogar Nationen und Staaten in Erscheinung, teilweise in Übereinstimmung, teilweise aber auch in einem konfliktreichen Gegeneinander. Versteht man den Begriff in diesem weiten Sinn, so ist er synonym mit dem Konzept der Geschichtskultur, aber er hebt stärker als dieses auf das Moment des funktionalen Gebrauchs der Vergangenheit für gegenwärtige Zwecke, für die Formierung einer historisch begründeten Identität ab. [...] Weiterhin signalisiert der Terminus Erinnerungskultur, dass alle Formen der Aneignung erinnerter Vergangenheit als gleichberechtigt betrachtet werden, wohingegen der Terminus Geschichtskultur stärker auf die kognitive Dimension des Geschichtswissens abhebt.“ 58 Wenn Cornelißen von den ästhetischen, politischen und kognitiven Formen der Erinnerung spricht, dann wird deutlich, dass seine Definition in enger, wenn auch nicht explizit ausgewiesener Beziehung zu Rüsens 55 Maurice Halbwachs: Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen. Berlin 1966 [frz. Originalausgabe 1925]. 56 Aleida Assmann: 1998 – Zwischen Geschichte und Gedächtnis. In: dies./Ute Frevert: Geschichtsvergessenheit – Geschichtsversessenheit. Vom Umgang mit deutschen Vergangenheiten nach 1945. Stuttgart 1999, S. 21–52, hier S. 35. 57 Hans Günter Hockerts: Zugänge zur Zeitgeschichte: Primärerfahrung, Erinnerungskultur, Geschichtswissenschaft. In: Konrad H. Jarausch /Martin Sabrow (Hrsg.): Verletztes Gedächtnis. Erinnerungskultur und Zeitgeschichte im Konflikt. Frankfurt a. M. /New York 2002, S. 39–73, Zitat S. 41. 58 Cornelißen, Erinnerungskultur (Anm. 51), S. 555.

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Theorie der Geschichtskultur steht. Insofern ist es naheliegend, dass Cornelißen einerseits von einer Synonymie beider Konzepte ausgeht, auch wenn er anders als Rüsen aus seiner Definition unbewusste Vergangenheitsbezüge ausdrücklich ausschließt. Andererseits schränkt er die inhaltliche Übereinstimmung beider Begriffe jedoch umgehend wieder ein, indem er die Kategorie der Geschichtskultur tendenziell auf ihre kognitive Dimension zu verengen versucht 59 und für sein eigenes Konzept stärker die Aspekte der Vergangenheitsfunktionalisierung und der Identitätsformierung akzentuiert. Nimmt man diese Akzentuierung ernst, dann ist es wenig überzeugend, Erinnerungskultur und Geschichtskultur als weitgehend identische Konzepte zu betrachten oder Erinnerungskultur in epochenspezifischer Abgrenzung als „zeitgeschichtliche Geschichtskultur“ 60 zu modellieren, wie dies von verschiedener Seite vorgeschlagen wird. 61 Vielmehr spricht einiges dafür, dass hinsichtlich der erkenntnistheoretischen Prämissen und kritischen Rationalitätspotenziale beider Konzepte durchaus Differenzen bestehen. Wenn Erinnerungskultur, wie Cornelißen betont, im Unterschied zu Geschichtskultur stärker auf die Aspekte der Vergangenheitsfunktionalisierung und der Identitätsformierung abhebt, dann kann dies für das fragile Gleichgewicht unterschiedlicher Vergangenheitsbezüge akademischer und außerwissenschaftlicher, kognitiver und politischer Natur nicht irrelevant sein. Insofern ist es durchaus nachvollziehbar, dass sich mit dem teilweise inflationären Gebrauch des Erinnerungskulturparadigmas zunehmend Kritik an einem als hegemonial-instrumentell empfundenen Vergangenheitsbezug verbindet. Durch den Erinnerungskulturdiskurs, so der Vorwurf, solle „das Geschichtsbewusstsein der Individuen im Interesse einer shared history als eine Grundlage kollektiver Identität bearbeitet“ und geformt werden. 62 Cornelißen hat auf diese Kritik in einem seiner neueren 59 Dass es sich hier um eine Fehlrezeption von Rüsens Geschichtskultur-Theorie handelt, ist offensichtlich; vgl. dazu bereits Marko Demantowsky: Geschichtskultur und Erinnerungskultur – zwei Konzeptionen des einen Gegenstandes. Historischer Hintergrund und exemplarischer Vergleich. In: Geschichte, Politik und ihre Didaktik 33 (2005), S. 11–20, hier S. 17. In einem jüngeren Beitrag hat Cornelißen auf diesen Abgrenzungsversuch verzichtet; vgl. Christoph Cornelißen: Erinnerungskulturen, Version: 2.0. In: Docupedia-Zeitgeschichte, 22. 10. 2012: http://docupedia.de/zg/cornelissen_erinnerungskulturen_v2_de_2012 (aufgerufen am 04. 04. 2018). 60 Marko Demantowsky: „Public History“ – Sublation of a German Debate? In: Public History Weekly 3 (2015) 2: DOI: dx.doi.org/10.1515/phw-2015-3292 (aufgerufen am 04. 04. 2018). 61 Vgl. Pandel, Geschichtsdidaktik (Anm. 3), S. 164; vgl. zum Profil beider Konzepte außerdem Hasberg, Erinnerungs- oder Geschichtskultur? (Anm. 32), v. a. S. 55 f. 62 So Béatrice Ziegler: „Erinnert euch!“ – Geschichte als Erinnerung und die Wissenschaft. In: Peter Gautschi /Barbara Sommer Häller (Hrsg.): Der Beitrag von Schulen und Hochschulen zu Erinnerungskulturen. Schwalbach /Ts. 2014, S. 69–89, Zitat S. 71;

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Beiträge allerdings reagiert und sich in enger Anlehnung an Volkhard Knigge dafür ausgesprochen, dass an „die Stelle eines vielerorts leerlaufenden Erinnerungsimperativs [...] letztlich das Ziel der Bildung eines reflektierten Geschichtsbewusstseins“ treten müsse. 63 Ohne dies explizit zu reflektieren, stellt Cornelißen sich damit in die Tradition der für die Geschichtsdidaktik seit über vier Jahrzehnten grundlegenden und für Rüsens Geschichtskulturkonzept konstitutiven Kategorie des Geschichtsbewusstseins. Ebenso wie für den Diskurs über Erinnerungskulturen lässt sich auch für die Diskussion (zumindest für die deutschsprachige) über die äußerst eng verflochtenen Ansätze der Public History und der Angewandten Geschichte in jüngster Zeit ein zunehmender Bezug auf die Theorieangebote der Historik und Didaktik feststellen. 64 Folgt man Irmgard Zündorf, dann „fehlt es der Public History ebenso wie der Angewandten Geschichte an eigener Theoriebildung“. 65 Insofern ist es wenig überraschend, dass für beide Ansätze nicht nur enge Bezüge zum Erinnerungskulturparadigma, sondern vor allem auch zum Konzept der Geschichtskultur hergestellt werden, wobei laut Zündorf besonders „die starke Einbeziehung der Geschichtsdidaktik“ charakteristisch ist. 66 Ähnlich argumentiert auch Juliane Tomann, wenn sie feststellt, dass „sich eine theoretisch reflektierte Angewandte Geschichte an Modellen der Geschichtsdidaktik orientiert [...], um

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Hervorhebung im Original; vgl. mit ähnlicher Argumentation bereits Schönemann, Erinnerungskultur oder Geschichtskultur? (Anm. 21), S. 62 f. und Volkhard Knigge: Erinnerung oder Geschichtsbewusstsein? Warum Erinnerung allein in eine Sackgasse für historisch-politische Bildung führen muss. In: Gedenkstättenrundbrief 172 (2013), S. 3–15. Christoph Cornelißen: Der Beitrag von Schulen und Universitäten zu Erinnerungskulturen. In: Peter Gautschi /Barbara Sommer Häller (Hrsg.): Der Beitrag von Schulen und Hochschulen zu Erinnerungskulturen. Schwalbach /Ts. 2014, S. 25–36, Zitat S. 33; vgl. ebenso Volkhard Knigge: Zur Zukunft der Erinnerung. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 25–26/2010, S. 10–16, hier S. 14, der im Unterschied zu Cornelißen jedoch ausdrücklich „für einen bewussten Abschied vom Erinnerungsparadigma“ plädiert (ebd., S. 10). Vgl. Jaqueline Nießer /Juliane Tomann: Einleitung. In: dies. (Hrsg.): Angewandte Geschichte. Neue Perspektiven auf Geschichte in der Öffentlichkeit. Paderborn u. a. 2014, S. 7–14 sowie das ebd., S. 58–62, abgedruckte Gespräch zwischen Jörn Rüsen und Juliane Tomann; vgl. auch Irmgard Zündorf: Public History und Angewandte Geschichte – Konkurrenten oder Komplizen? In: ebd., S. 63–76 sowie dies.: Zeitgeschichte und Public History, Version: 2.0. In: Docupedia-Zeitgeschichte, 06. 09. 2016: DOI: http://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok.2.699.v2 (aufgerufen am 04. 04. 2018) und Martin Lücke /Irmgard Zündorf: Einführung in die Public History. Göttingen 2018, hier u. a. S. 29–59. Zündorf, Public History und Angewandte Geschichte (Anm. 64), S. 74; vgl. ebenso Tomann, Geschichtskultur im Strukturwandel (Anm. 15), S. 64. Zündorf, Public History und Angewandte Geschichte (Anm. 64), S. 74.

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ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein in der Bevölkerung zu fördern.“ 67 Auch in diesem Fall zeigt sich also ein expliziter Rekurs auf die für die Geschichtsdidaktik und für Rüsens Geschichtskulturkonzept seit mehreren Jahrzehnten grundlegende Kategorie des Geschichtsbewusstseins. Obwohl sich die Public History nach ihren Anfängen als US-amerikanische „Gegenbewegung zur institutionalisierten Geschichtswissenschaft“ 68 inzwischen zunehmend als akademische Disziplin zu etablieren beginnt, 69 weist sie nach wie vor ein relativ heterogenes Profil auf. Ebenso wie bei der Angewandten Geschichte erschwert das gerade auch in internationaler Perspektive klare oder gar verbindliche Definitionsversuche. Darauf hat vor einiger Zeit beispielsweise Serge Noiret ausdrücklich hingewiesen. 70 Eine Definition der Public History, wie Charles Cole sie noch vor zwanzig Jahren vorschlug – nämlich „history for the public, about the public, and by the public“ 71 – kann inzwischen sicher als überholt gelten. Und auch eine epochenspezifische Eingrenzung, wie sie Paul Nolte offenbar favorisierte, als er von einem „zeitgeschichtliche[n] Gravitationszentrum“ der Public History sprach, 72 ist heute kaum mehr anschlussfähig. 73 Wesentlich konsensfähiger scheint es dagegen zu sein, einem Vorschlag von Frank Bösch und Constantin Goschler zu folgen und den Begriff der Public History als Sammelbegriff für alle Formen von „öffentlicher Geschichtsdarstellung“ zu verwenden, „die außerhalb von wissenschaftlichen Institutionen, Versammlungen oder Publikationen“ angesiedelt sind. 74 Ähnlich, aber deut67 Tomann, Geschichtskultur im Strukturwandel (Anm. 15), S. 64. 68 Zündorf, Public History und Angewandte Geschichte (Anm. 64), S. 64; vgl. auch Simone Rauthe: Public History in den USA und der Bundesrepublik Deutschland. Essen 2001. 69 Vgl. beispielsweise Christine Gundermann: Öffentliche Geschichte – Public History an der Universität zu Köln. In: Geschichte in Köln. Zeitschrift für Stadt- und Regionalgeschichte 63 (2016), S. 259–269. 70 Serge Noiret: L'internationalisation de l'Histoire Publique. In: Public History Weekly 2 (2014) 34: DOI: http://dx.doi.org/10.1515/phw-2014-2647 (aufgerufen am 05. 04. 2018). Noiret stellt fest: „Néanmoins, une définition universelle du domaine de l'histoire publique reste ambigue et contradictoire.“ 71 Charles C. Cole: Public History: What Difference has it made? In: The Public Historian 16 (1994) H. 4, S. 9–35, hier S. 11. 72 Paul Nolte: Öffentliche Geschichte. Die neue Nähe von Fachwissenschaft, Massenmedien und Publikum: Ursachen, Chancen und Grenzen. In: Michele Barricelli /Julia Hornig (Hrsg.): Aufklärung, Bildung, „Histotainment“? Zeitgeschichte in Unterricht und Gesellschaft heute. Frankfurt a. M. u. a. 2008, S. 131–146, hier S. 136. 73 Vgl. Stefanie Samida: Kommentar: Public History als Historische Kulturwissenschaft: Ein Plädoyer. In: Docupedia-Zeitgeschichte, 17. 06. 2014: DOI: http://dx.doi.org/10. 14765/zzf.dok.2.575.v1 (aufgerufen am 04. 04. 2018). 74 Frank Bösch /Constantin Goschler: Der Nationalsozialismus und die deutsche Public History. In: dies. (Hrsg.): Public History. Öffentliche Darstellungen des Nationalsozialismus jenseits der Geschichtswissenschaft. Frankfurt a. M. /New York 2009, S. 7–23, hier S. 10.

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lich systematischer argumentiert auch Habbo Knoch, dem zufolge Public History „als Teildisziplin der Geschichtswissenschaft verstanden werden [kann], die öffentliche Repräsentationen von Vergangenheit außerhalb von Fachwissenschaft, Schule und Familie sowie die damit einhergehenden Deutungen zusammen mit ihren Akteuren, Medien, performativen Praktiken und materiellen Objekten daraufhin untersucht, was, für wen, wie, mit welcher Bedeutung und zu welchem Zweck als ‚Geschichte` konstatiert und verhandelt wird.“ 75 Bilanziert man derartige Definitionsansätze, die in ähnlicher Form auch für die Angewandte Geschichte vorliegen, 76 dann kann man sie einerseits als Versuche der theoretischen Positionierung und Profilierung neuer Teildisziplinen verstehen, die sich in einer wissenschaftspolitischen Diskursarena vollziehen, in der es immer auch um Fragen der akademischen Deutungshoheit und Ressourcensicherung geht. In diesem Kontext könnten sich Public History und Angewandte Geschichte als Teilbereiche geschichtskultureller Forschung dann auf die Analyse derjenigen Vergangenheitsrepräsentationen, historischen Diskurse, Praktiken, Akteure und Institutionen spezialisieren, die außerhalb der akademischen Sphäre der Geschichtswissenschaft angesiedelt sind. Andererseits besteht jedoch die Gefahr, auf diese Weise die für Rüsens Matrix der Geschichtswissenschaft und seine Theorie der Geschichtskultur konstitutive Integration von Wissenschaft und Lebenspraxis aus dem Blick zu verlieren und damit längst überwundene Dichotomien ungewollt zu reproduzieren. Insofern wäre es für die Ansätze der Public History und der Angewandten Geschichte theoretisch und forschungsstrategisch möglicherweise wesentlich überzeugender, vor allem auf die Schnittstellen zwischen Fachwissenschaft und Lebenspraxis zu fokussieren und wechselseitige Transformationsvorgänge historischer Denkprozesse, Sinnbildungsleistungen und Orientierungsangebote auf verschiedenen Strukturebenen systematisch zu untersuchen. 77

75 Habbo Knoch: Wem gehört die Geschichte? Aufgaben der „Public History“ als wissenschaftlicher Disziplin. In: Wolfgang Hasberg /Holger Thünemann (Hrsg.): Geschichtsdidaktik in der Diskussion. Grundlagen und Perspektiven. Frankfurt a. M. u. a. 2016 (Geschichtsdidaktik diskursiv – Public History und Historisches Denken, Bd. 1), S. 303–345, Zitat S. 304. 76 Vgl. Wolfgang Hardtwig /Alexander Schug: Einleitung. In: dies., History Sells (Anm. 49), S. 9–17, hier S. 12. 77 Vgl. Holger Thünemann: Public History – 9 Theses. In: Public History Weekly 3 (2015) 2: https://public-history-weekly.degruyter.com/3-2015-2/public-history-sublation-german-debate/#comment-2240 (aufgerufen am 04. 04. 2018). Vor diesem Hintergrund müsste man genauer diskutieren, ob es wirklich tragfähig ist, Public History als „umbrella-concept“ zu verstehen. Vgl. zu diesem Vorschlag Demantowsky, Public History (Anm. 60).

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4. Perspektiven geschichtskultureller Theoriebildung und empirischer Forschung Da das Konzept der Geschichtskultur zunehmend intensiv rezipiert wird, soll es abschließend darum gehen, anschlussfähige Perspektiven geschichtskultureller Theoriebildung und empirischer Forschung zu skizzieren. Zunächst zur Theoriebildung: Eine Prämisse in Rüsens Theorie, deren genauere Modellierung offenbar nach wie vor Fragen aufwirft, ist die Relation zwischen Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur. So ist etwa Béatrice Ziegler der Auffassung, es bedürfe „einer erneuten Klärung des Zusammenhanges von individuellem Geschichtsbewusstsein und gesellschaftlicher Diskursivierung von Geschichtskultur“. 78 Maria Grever und RobbertJan Adriaansen meinen, die bisherige Fokussierung auf geschichtskulturelle Dimensionen und Repräsentationen habe dazu geführt, dass Fragen nach der Genese und darüber hinaus nach der Wahrnehmung von Geschichtskultur und nach den Methoden ihrer Erforschung vernachlässigt worden seien. 79 Und Martin Lücke zufolge hält „die Geschichtsdidaktik bisher keine Theorie vorrätig“, mit der der Zusammenhang von Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur „regelhaft beschrieben werden“ könne. 80 In der Tat hat Rüsen selbst diesen Zusammenhang nicht eingehend thematisiert, sondern sich darauf beschränkt, „eine äußere und innere Seite“ historischen Lernens zu unterscheiden, wobei er die äußere Seite, zu der beispielweise Schule, Kultusbürokratie, Museen, Ausstellungen, Gedenkfeiern sowie Massenmedien zählen, unter der Kategorie der Geschichtskultur zusammenfasst. 81 Im Anschluss an Rüsen und Jeismann hat Schönemann die These vertreten, man könne Geschichtskultur und Geschichtsbewusstsein „widerspruchsfrei unter dem Dach der Zentralkategorie ‚Geschichtsbewußtsein in der Gesellschaft`“ ansiedeln und daher von „zwei Seiten einer Medaille“ sprechen, 82 eine Metapher, die zwar nach wie vor auf Kritik stößt, 83 sich aber doch weitgehend durchgesetzt hat. Außerdem hat Schönemann sich zur konzeptionellen Beschreibung des Verhältnisses 78 Ziegler, Einleitung (Anm. 13), S. 13. 79 Grever /Adriaansen, Historical Culture (Anm. 16), S. 77 und 83. 80 Martin Lücke: Fühlen – Wollen – Wissen. Geschichtskulturen als emotionale Gemeinschaften. In: Juliane Brauer /Martin Lücke (Hrsg.): Emotionen, Geschichte und historisches Lernen. Geschichtsdidaktische und geschichtskulturelle Perspektiven. Göttingen 2013 (Eckert. Die Schriftenreihe, Bd. 133), S. 93–106, Zitat S. 97. 81 Jörn Rüsen: Geschichtsdidaktik heute – Was ist und zu welchem Ende betreiben wir sie (noch)? In: Ernst Hinrichs /Wolfgang Jacobmeyer (Hrsg.): Bildungsgeschichte und historisches Lernen. Symposium aus Anlaß des 65. Geburtstages von Prof. Dr. Karl-Ernst Jeismann. Braunschweig, 19.–21. September 1990. Frankfurt a. M. 1991 (Studien zur Internationalen Schulbuchforschung, Bd. 67), S. 9–23, hier S. 17. 82 Schönemann, Geschichtsdidaktik und Geschichtskultur (Anm. 2), S. 44. 83 Vgl. zuletzt Ziegler, Einleitung (Anm. 13), S. 6.

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von Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur auf Peter L. Bergers und Thomas Luckmanns „Theorie der Wissenssoziologie“ bezogen und vorgeschlagen, diese Theorie in den Bereich der Geschichte zu übertragen. Folgt man diesem Ansatz, dann ergibt sich ein drei Phasen umfassender, dialektischer und zugleich kreislaufförmiger Prozess, der aus Vorgängen der „Externalisierung“, verstanden als „Entäußerung von subjektiv gemeintem Sinn“, der „Objektivation“ und der „Internalisierung“ besteht. Mit anderen Worten: Gesellschaften konstruieren bestimmte Vergangenheiten, die dann als „Produkte tätiger menschlicher Selbstentäußerung objektiven Charakter gewinnen“ und damit zu geschichtskulturellen Realitäten werden, bevor sie als solche „mit Hilfe eines Zeichensystems“, d. h. bestimmter non-verbaler oder verbaler Medien, wieder auf das Geschichtsbewusstsein ihrer Konstrukteure zurückwirken können. Das „wichtigste Medium, durch das die vergegenständlichten und zu Objekten gewordenen Sedimente als Tradition der jeweiligen Gemeinschaft überliefert werden“, ist Berger und Luckmann zufolge die Sprache. „Sprache vergegenständlicht gemeinsame Erfahrung und macht sie allen zugänglich, die einer Sprachgemeinschaft angehören.“ 84 Neben diesem – manchmal wohl übersehenen – wissenssoziologischen Theoriebezug kann man außerdem auf kulturwissenschaftliche sowie auf systemtheoretische Ansätze zurückgreifen, um den Zusammenhang von Geschichtskultur und Geschichtsbewusstsein theorieförmig zu beschreiben. Folgt man zunächst der kulturwissenschaftlichen Gedächtnisforschung, dann lassen sich in Anlehnung an Jan Assmanns bekannte Differenzierung zwischen einem kommunikativem und einem kulturellem Gedächtnis zwei verschiedene Modi 85 der medialen Externalisierung von Geschichtsbewusstsein unterscheiden, und zwar einerseits eher ephemere, informelle, oft diskursive und zumeist immaterielle Artikulationen von Geschichtsbewusstsein, die vor allem auf alltäglicher Interaktion oder mündlicher Kommunikation beruhen, andererseits – von diesen Artikulationen ausgehend und sich aus ihnen entwickelnd – dauerhaftere, symbolisch stärker formalisierte und ritualisierte, oft an spezifische materielle Objektivationen (z. B. Denkmäler) gebundene Ausprägungen von 84 Peter L. Berger /Thomas Luckmann: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. Mit einer Einleitung zur deutschen Ausgabe von Helmuth Plessner. Übersetzt von Monika Plessner. 18. Aufl. Frankfurt a. M. 2001, Zitate S. 53, 64 f. und 72 f.; vgl. Schönemann, Geschichtsdidaktik und Geschichtskultur (Anm. 2), S. 44; vgl. außerdem Erll, Kollektives Gedächtnis (Anm. 53), S. 48. 85 Assmann, Das kulturelle Gedächtnis (Anm. 31), S. 48–56, v. a. S. 51 f. und 56. Assmann, S. 51, zufolge „handelt [es] sich hier um zwei Modi des Erinnerns [...], die man zunächst einmal sorgfältig unterscheiden muß, auch wenn sie in der Realität einer geschichtlichen Kultur sich vielfältig durchdringen“. Das kulturelle Gedächtnis geht aus dem kommunikativen hervor, das kommunikative ist kulturell durchformt.

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Geschichtskultur, die einen deutlich höheren Grad gesellschaftlicher Institutionalisierung und Standardisierung aufweisen und die man auch als geschichtskulturelle Infrastruktur bezeichnen könnte. 86 Wenn man diese Unterscheidung beispielweise an der Genese des Berliner „Denkmals für die ermordeten Juden Europas“ zu verdeutlichen versucht, 87 dann kann man das Denkmal selbst als materielles Element einer komplexen geschichtskulturellen Infrastruktur zur historischen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit verstehen. Zu dieser Infrastruktur gehören darüber hinaus vor allem Gedenkstätten an den historischen Orten der NS-Verbrechen und entsprechende Museen, ebenso Schulbücher und wissenschaftliche Publikationen, soweit sie sich mit dem Thema der NS-Vergangenheit befassen. Im Unterschied dazu sind die vorausgegangenen Kontroversen immaterielle Bestandteile von Geschichtskultur, in denen sich zunächst ausgesprochen vielfältige, einander überlagernde oder widerstreitende Formen individuellen Geschichtsbewusstseins externalisieren. Aus dieser diskursiven Formation gehen dann im Laufe eines gesellschaftlichen Diskussions- und politischen Entscheidungsprozesses diejenigen geschichtskulturellen Objektivationen hervor, die auf möglichst breite gesellschaftliche und politische Akzeptanz stoßen und daher Bestandteil einer relativ stabilen geschichtskulturellen Infrastruktur werden können. Die getroffene Unterscheidung kann dazu beitragen, den Blick auf die Relation zwischen Geschichtskultur und Geschichtsbewusstsein zu schärfen. Während man Geschichtskultur im Sinne eines kulturellen Gedächtnisses wohl nur als mehrfach gebrochenes Spiegelbild gesellschaftlichen Geschichtsbewusstseins auffassen darf, ist das Verhältnis zwischen Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur im Sinne eines kommunikativen Gedächtnisses wesentlich unmittelbarer. Wer Geschichtskultur als Artikulation von Geschichtsbewusstsein analysieren will, muss sich über die tatsächliche Aussagekraft bestimmter geschichtskultureller Objektivationen also stets genau Rechenschaft ablegen. Denn der Genese geschichtskultureller Infrastrukturen gehen in der Regel intensive historische Diskussions- und politische Entscheidungsprozesse voraus, die es genau zu untersuchen gilt, wenn man belastbare Aussagen zum Geschichtsbewusstsein in der Gesellschaft treffen möchte. Dies gilt umso mehr, je größer der institutionelle Rahmen und die politische Reichweite bestimmter geschichtskultureller Manifestationen sind.

86 Zum Begriff der Infrastruktur vgl. Grever /Adriaansen, Historical Culture (Anm. 16), S. 79–81. 87 Vgl. zum Folgenden Thünemann, Geschichtskultur als Forschungsansatz (Anm. 27), S. 236 f.

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Die dritte Option zur Beschreibung des Zusammenhangs von Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur eröffnen systemtheoretische Ansätze. Bezieht man Niklas Luhmanns systemtheoretischen Ansatz auf diesen Zusammenhang, dann verhalten sich Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur zueinander wie System und Umwelt. Geschichtsbewusstsein als individuell-psychisches System ist zwar gesellschaftlich gerahmt, aber zugleich operativ geschlossen. Trotzdem gibt es kommunikative Beziehungen zwischen dem psychischen System des Geschichtsbewusstseins und dem sozialen System der Geschichtskultur. Diese Beziehungen, eine „schmale Bandbreite von Einwirkungsmöglichkeiten“, kann man im Anschluss an Luhmann „mithilfe des Begriffs der strukturellen Kopplung“ beschreiben, wobei Luhmann davon ausgeht, dass der „Kopplungsmechanismus“ bzw. das Medium der Kopplung die Sprache ist. 88 Fasst man die Anregungen wissenssoziologischer, kulturwissenschaftlicher und systemtheoretischer Ansätze vergleichend zusammen, dann sind es vor allem die vielfältigen Medien, denen für die Erklärung des Zusammenhangs zwischen Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur eine besondere Bedeutung zukommt. Eine zentrale Rolle spielt in diesem Kontext – gerade für die in mehrfacher Hinsicht sprachbezogene Disziplin der Geschichte – das Medium Sprache. 89 Im Sinne sprachlich verfasster struktureller Kopplungen sind Medien sozusagen die kommunikativen Schnittstellstellen zwischen individuellem Geschichtsbewusstsein und gesellschaftlicher Geschichtskultur. Dabei übernehmen sie nicht nur Funktionen der Speicherung und der Tradierung historischen Wissens, sondern können auch dazu beitragen, individuelles Geschichtsbewusstsein zu transformieren. Ein gutes Beispiel für solche Transformationsprozesse ist die Berichterstattung über den Prozess gegen Adolf Eichmann 1961 in Jerusalem. In der Bundesrepublik strahlte das Fernsehen unter dem Titel „Eine Epoche vor Gericht“ damals 36 Sondersendungen aus, die bei den Zuschauern auf enormes Interesse stießen. In einer dieser Sendungen 88 Niklas Luhmann: Einführung in die Systemtheorie. Hrsg. von Dirk Baecker. 4. Aufl. Heidelberg 2008, Zitate S. 119, 122 und 124. 89 Relevant ist in diesem Zusammenhang sicher ebenso Jürgen Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns. 2 Bde. 9. Aufl. Frankfurt a. M. 2014, hier u. a. Bd. 2, S. 388. Habermas betont hier ebenfalls die Relevanz der Medien, vor allem der Sprache, für den „Austausch zwischen System und Umwelt“; vgl. dazu auch den knappen Hinweis bei Lücke, Geschichtskulturen (Anm. 80), S. 97 mit Anm. 16. Zum Zusammenhang von Medien, Sprache und Geschichtskultur vgl. Manuel Köster: Echt wahr! Geschichtskulturelle Medien als sprachliche Konstruktionen mit Anspruch auf „Authentizität“. In: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik 16 (2017), S. 32–47 und Vadim Oswalt: Die Sprache der Geschichtskultur. In: Michele Barricelli /Axel Becker /Christian Heuer (Hrsg.): Jede Gegenwart hat ihre Gründe. Geschichtsbewusstsein, historische Lebenswelten und Zukunftserwartung im frühen 21. Jahrhundert. Hans-Jürgen Pandel zum 70. Geburtstag. Schwalbach /Ts. 2011, S. 123–139.

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berichtete eine deutsche Austauschstudentin dem aus Israel berichtenden NDR-Korrespondenten Peter Schier-Gribowsky sichtlich aufgewühlt, es sei die mediale Berichterstattung über den Eichmann-Prozess, die sie dazu veranlasst habe, erstmals mit ihrer israelischen Zimmernachbarin über die NS-Verbrechen zu sprechen. 90 Geschichtskultur, als medial-sprachlich verfasste Thematisierung von Vergangenheit, wird hier also zum direkten Auslöser für individuelle historische Bewusstseinsprozesse. Fragt man abschließend nach Perspektiven empirischer Forschung, so muss die Dimension der Medien auch in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle spielen. Zwar gibt es mittlerweile zahlreiche Studien zu den mehr oder weniger klassischen Medien und Institutionen der Geschichtskultur, beispielsweise zu Museen und Denkmälern oder zu Film und Fernsehen, 91 aber wie sich das Verhältnis zwischen Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur im Zeitalter der Digitalisierung und partizipativer Medienkulturen 92 verändert und inwieweit die Adressaten der Geschichtskultur in diesem Zusammenhang zu zentralen geschichtskulturellen Akteuren werden, die aufhören, eher passive Konsumenten zu sein, und stattdessen etablierte institutionelle und professionelle Strukturen zunehmend herausfordern, ist bislang eine empirisch weitgehend offene Frage. Eine zweite Forschungsperspektive, die bisher nur wenig Aufmerksamkeit erfahren hat, bezieht sich auf die vor allem durch ihre ephemere Gestalt und ihren Eventcharakter geprägten performativen Praktiken der Geschichtskultur, die für den Umgang mit Geschichte eine immer größere Rolle spielen. 93 Eine dritte Perspektive oder besser Strategie, die unbedingt weiter verfolgt werden sollte, um die Mikroprozesse des Zusammenspiels zwi90 Peter Schier-Gribowsky: Fernseh-Interview mit deutschen Studenten in Jerusalem zum Eichmann-Prozess. NDR, „Eine Epoche vor Gericht“, Folge 5, 02. 05. 1961; vgl. dazu Holger Thünemann: Eichmann in Jerusalem – Überlegungen zur Zeitgeschichte. In: Barbara Hanke (Hrsg.): Zugänge zur deutschen Zeitgeschichte (1945–1970). Geschichte – Erinnerung – Unterricht. Schwalbach /Ts. 2017, S. 125–138, hier S. 128. 91 Vgl. Mischa Meier /Simona Slanicka (Hrsg.): Antike und Mittelalter im Film. Konstruktion – Dokumentation – Projektion. Köln u. a. 2007 (Beiträge zur Geschichtskultur, Bd. 29); Saskia Handro: Fernsehen. Plädoyer für die Neuentdeckung einer Institution der Geschichtskultur. In: Michele Barricelli /Axel Becker /Christian Heuer (Hrsg.): Jede Gegenwart hat ihre Gründe. Geschichtsbewusstsein, historische Lebenswelten und Zukunftserwartung im frühen 21. Jahrhundert. Hans-Jürgen Pandel zum 70. Geburtstag. Schwalbach /Ts. 2011, S. 88–105. Zu Museen und Denkmälern vgl. oben Anm. 14 und 32. 92 Vgl. Ralf Biermann /Johannes Fromme /Dan Verständig (Hrsg.): Partizipative Medienkulturen. Positionen und Untersuchungen zu veränderten Formen öffentlicher Teilhabe. Wiesbaden 2014 (Medienbildung und Gesellschaft, Bd. 25). 93 Vgl. Sarah Willner /Georg Koch /Stefanie Samida (Hrsg.): Doing History. Performative Praktiken in der Geschichtskultur. Münster /New York 2016 (Edition Historische Kulturwissenschaften, Bd. 1). Der Begriff der Geschichtskultur bleibt in dieser Publikation definitorisch allerdings weitgehend unscharf.

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schen Geschichtskultur und Geschichtsbewusstsein genauer zu erkunden, ist die interdisziplinäre Kooperation zwischen Geschichts- und Neurowissenschaften. 94 Von einer solchen Kooperation würden zweifelsohne auch geschichtskulturelle Rezeptionsstudien profitieren, die bisher nur sehr vereinzelt vorliegen – und wenn überhaupt, dann vor allem für Schülerinnen und Schüler, kaum jedoch für andere Zielgruppen. 95 Und nicht zuletzt bedarf es – neben weiterhin notwendigen transnationalen Untersuchungen – dringend geschichtskultureller Forschungen, die in vergleichender Absicht über den westlichen Kulturkreis hinausblicken. Auch solche Studien stellen bislang seltene Ausnahmen dar. 96 Sie könnten vor allem den Blick weiten für verschiedene Konzepte von Zeit, Geschichte und historischem Denken, 97 für unterschiedliche Grade der Institutionalisierung und Professionalisierung, der Verfestigung und Verflüssigung, der Diskursivität und Reflexivität sowie der historischen Tiefenstrukturen und politischen Geltungsansprüche von Geschichtskultur(en) in synchroner, diachroner oder anachroner Perspektive. 98

94 Vgl. Dieter Langewiesche /Niels Birbaumer: Neurohistorie. Ein neuer Wissenschaftszweig? Berlin 2017 (Reihe Pamphletliteratur, Bd. 6). 95 Vgl. etwa Marion Klein: Schülerinnen und Schüler am Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Eine empirisch-rekonstruktive Studie. Wiesbaden 2012; Christoph Kühberger (Hrsg.): Geschichte denken. Zum Umgang mit Geschichte und Vergangenheit von Schüler /innen der Sekundarstufe I am Beispiel „Spielfilm“. Empirische Befunde – Diagnostische Tools – Methodische Hinweise. Innsbruck u. a. 2013 (Österreichische Beiträge zur Geschichtsdidaktik. Geschichte – Sozialkunde – Politische Bildung, Bd. 7); Christian Kohler: Schülervorstellungen über die Präsentation von Geschichte im Museum. Eine empirische Studie zum historischen Lernen im Museum. Berlin 2016 (Geschichtskultur und historisches Lernen, Bd. 16). 96 Vgl. z. B. Vivian Wagner: Erinnerungsverwaltung in China. Staatsarchive und Politik in der Volksrepublik. Köln u. a. 2006 (Beiträge zur Geschichtskultur, Bd. 31). 97 Um beim Beispiel China zu bleiben, vgl. Chun-chieh Huang: The Defining Character of Chinese Historical Thinking. In: History and Theory 46 (2007) H. 2, S. 180–188. 98 Vgl. die Überlegungen zur „Zeitschaft“ bei Achim Landwehr: Die anwesende Abwesenheit der Vergangenheit. Essay zur Geschichtstheorie. Frankfurt a. M. 2016, S. 281– 316, u. a. S. 303, wo Landwehr plausibel zu machen versucht, dass „Zeit nicht diachron, sondern anachron ist“.

Wulf Kansteiner

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1. Die Herausforderung der Narration Trotz oder vielleicht gerade wegen des ‚linguistic turns` in den Geisteswissenschaften seit der Mitte des 20. Jahrhunderts ist die genaue sprachwissenschaftliche und insbesondere die genaue narratologische Erforschung nicht-fiktionaler Erzähltexte weiterhin ein unterentwickelter akademischer Forschungsbereich. Die Forschungslücke wird langsam gefüllt, hat aber weiterhin entscheidende Folgen für die Wahrnehmung wissenschaftlicher und populärwissenschaftlicher historischer (Medien)Texte, die in der Regel Erzähltexte sind, aber deren spezifische narrative Konstruktionsprinzipien und nicht-narrative Textanteile selten im Detail und in ihrer Beziehung zueinander erfasst werden. 1 Über viele Jahre hat sich einfach keine Disziplin so richtig zu dieser Aufgabe berufen gefühlt. Das relativ kleine Forschungsgebiet der Geschichtstheorie, das für eine solche selbstreflexive Detailanalyse prädestiniert scheint, beschäftigte sich zumeist mit theoretischen Grundsatzfragen. Eine Fraktion der Theoretiker verwendete erhebliche Energie auf den Versuch, ihre Historikerkollegen im Sinne des linguistic turns von der epistemologischen Relativität ihrer erzählerischen Interpretationsleistungen zu überzeugen, 2 während andere Theoretiker geschichtsphilosophisch angelegte kritische Antworten auf die narrativistische Herausforderung formulierten. 3

1 Daniel Fulda: Historiographic Narration. In: Hühn, Peter et al. (Hrsg.) The Living Handbook of Narratology. Hamburg 2014. http://www.lhn.uni-hamburg.de/article/ historiographic-narration (aufgerufen am 18. 5. 2018). 2 Keith Jenkins: At the Limits of History. Essays on Theory and Practice. London 2009; Alun Muslow. Narrative and History. Basingstoke 2007. 3 Jörn Rüsen. Historik. Theorie der Geschichtswissenschaft. Köln 2013; Chris Lorenz. Konstruktion der Vergangenheit. Eine Einführung in die Geschichtstheorie. Köln 1997.

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Beiden Gruppen ist es letztendlich nicht gelungen mit Historikern in einen konstruktiven Dialog über geschichtswissenschaftliche Arbeitspraxis einzutreten. Die provokativ aufgeladene Frontstellung zwischen Geschichtstheoretikern und sogenannten arbeitenden Historikern hat zu einigen unterhaltsamen intellektuellen Scharmützeln geführt, aber ein detailliertes Verständnis geschichtswissenschaftlicher Erzählstrategien und -strukturen eher behindert als befördert. 4 So stand Hayden Whites bahnbrechende, aber recht ideosynkratische strukturalistische Analyse geschichtswissenschaftlicher Tiefenstrukturen für viele Jahre fast allein auf weiter Flur, nur flankiert von wenigen Publikationen ähnlicher Ausrichtung. 5 Und den Historikern, ohnehin selten gewillt, die Aura geschichtswissenschaftlicher Faktizität zu hinterfragen, war kein analytisches Instrumentarium an die Hand gegeben, um ihre erzählerische Arbeitspraktiken selbstreflexiv zu durchleuchten. 6 Diese Hilfestellung kam auch nur zögerlich von Seiten der Literaturwissenschaftler und der Narratologen, die prinzipiell über besonders vielversprechende Mittel verfügen, um die Bestandteile und Strukturen nichtfiktionaler Erzählungen aufzudecken, die sich aber verständlicherweise in erster Linie für die Analyse auch schon auf den ersten Blick aufregend komplexer fiktionaler Erzählungen zuständig fühlten. Zudem unterlagen Literaturwissenschaftler und Narratologen über viele Jahre einem Trugschluss, dem hier einmal mehr vorsichtig widersprochen sein soll. Sie vermuteten, dass bei nicht-fiktionalen Erzählungen wie z. B. geschichtswissenschaftlichen Texten von einer Identität von Autor und Erzähler auszugehen ist und dass folglich ein wichtiger Teil des im 20. Jahrhundert entwickelten narratologischen Analyseinstrumentariums auf diese Textsorte keine Anwendung findet. 7

2. Von Autoren, Erzählern und Textern Hier soll eine andere, vielseitigere analytische Strategie verfolgt werden, die das Analyseobjekt Geschichtstext von verschiedenen konzeptionellen Perspektiven beleuchtet, ja, die sogar davon ausgeht, dass geschichtswis4 Saul Friedländer (Hrsg.): Probing the Limits of Representation: Nazism and the „Final Solution.“ Cambridge, MA. 1992. 5 Hayden White. Metahistory: The Historical Imagination in Nineteenth-Century Europe. Baltimore 1973; Ann Rigney. The Rhetoric of Historical Representation. Three Narrative Histories of the French Revolution. Cambridge 1990. 6 Diese Selbstreflexion wurde auch nicht von Abwehrversuchen gestandener Historiker befördert, siehe zum Beispiel Richard Evans. In Defense of History. London 1997. 7 Gérard Genette: Fiction and Diction. Ithaca 1993.

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senschaftliche Texte von einer grundlegenden strukturellen Ambivalenz geprägt sind, die sich am besten über den Einsatz vielfältiger und auch vermeintlich gegensätzlich ausgerichteter Analysekategorien erfassen lässt. Wir wollen also keineswegs die besondere Nähe zwischen geschichtswissenschaftlichem Autor und geschichtswissenschaftlichem Erzähler oder geschichtswissenschaftlicher Erzählerin negieren, aber trotzdem von der Annahme ausgehen, dass jeder narrative Text eine textimmanente, konstruierte, also erfundene Erzählerperson besitzt, die dem Text Perspektive und Kohäsion verleiht und in einer komplizierten Verbindung zum Autor oder der Autorin steht, deren Ansichten, bewusste und unbewusste Motive und interpretative und ästhetischen Vorlieben im Text in wechselnden Kombinationen und Ausschnitten widergespiegelt und auch einmal deutlich konterkariert werden. 8 Der Erzähler, die Erzählerin, verbleibt im Text, während die Autorin, der Autor, im Laufe eines Wissenschaftlerlebens eine Fülle von sich z. T. auch widersprechender Erzählhaltungen kreiert. Im Unterschied zum fiktionalen textimmanenten Erzähler, der in einem sehr flexiblen Rahmen sein Verhältnis zur erfundenen Geschichte klärt und Figuren und Ereignisse in eine zielgerichtet Konstellation einbettet, 9 sind der textimmanenten geschichtswissenschaftlichen Erzählperson die Auseinandersetzung mit drei ungleichen Erzählsträngen mehr oder weniger vorgegeben. Ihr obliegt die Aufgabe, die Geschichte der zu analysierenden historischen Ereignisse mit der Geschichte der einschlägigen fachwissenschaftlichen Literatur und der Geschichte des vorliegenden Texts auf plausible Weise zu integrieren. 10 Aus der Sicht der immanenten Erzählerin oder des immanenten Erzählers handelt es sich bei dieser Integrationsaufgabe um textuelle Beglaubigungsstrategien, die im Prinzip auch jede fiktionale textimmanente Erzählperson vollführen kann. Aus der Sicht der geschichtswissenschaftlichen Autorin oder des Autors enthalten die drei Erzählstränge eine Vielzahl inter- und extratextueller Verweise, die die referentielle Funktion des Textes ausmachen und über die Autorin und Autor in epistemologischer Hinsicht und im Zweifelsfall auch in rechtlicher Hinsicht Rechenschaft ablegen müssen. Folglich sollten beide Perspektiven in Anschlag gebracht werden, d. h., sowohl der narratologische analytische Blickwinkel, der die Erzählperson in den Fokus stellt, die als Textelement den Unterschied zwischen einem 8 Axel Rüth: Erzählte Geschichte. Narrative Strukturen in der französischen AnnalesGeschichtsschreibung. Berlin 2005. 9 Wolf Schmid: Narratology. An Introduction. Berlin 2010. 10 Wulf Kansteiner: Sense and Sensibility: The Complicated Holocaust Realism of Christopher Browning. In: Claudio Fogu /Wulf Kansteiner /Todd Presner (Hrsg.): Probing the Ethics of Holocaust Culture. Cambridge, MA. 2016. S. 19–103.

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fiktionalen und einem nicht-fiktionalen Text nicht benennen kann, aber den Schlüssel für ein genaueres Verständnis der Textstrukturen und ihrer Entwicklungsdynamiken bereithält, und der Blickwinkel der Autorperson, die in fachhistorische, politische und autobiographische Kontexte eingebunden ist und diese vielfältigen Einflüsse selektiv und nur teils bewusst in eine Erzählkomposition einfließen lässt. Während die erste Perspektive dem linguistic turn verpflichtet ist, wird die zweite Perspektive hier durch die geschichtsphilosophischen Argumente Jörn Rüsens unterstützt, der in seiner Historik die Kontextabhängigkeit und ästhetischen Komponenten geschichtswissenschaftlicher Arbeitsweisen beschreibt, aber gleichzeitig „die universellen Geltungsansprüche fachwissenschaftlicher Erkenntnisleistungen“ unterstreicht, die „auf Prinzipien der empirischen Überprüfbarkeit und der theoretischen Stimmigkeit“ beruhend wissenschaftliche Wahrheit reflektieren. 11 Der Dialog zwischen geschichtstheoretisch-relativistischen und geschichtstheoretisch-realistischen Positionen, hier vertreten durch die beiden prominenten Repräsentanten White und Rüsen, wird ausgetragen auf der empirischen Grundlage zentraler Texte der Holocaustgeschichtsschreibung, damit wir im Eifer der geschichtstheoretischen Diskussion nicht, wie so oft geschehen, die konkreten Texte aus den Augen verlieren. Die vorliegende Fallstudie will aber auch beide theoretische Positionen ein Stück weit transzendieren. Um die kognitiven und textuellen Leistungen von Historikern besser erfassen zu können, soll zwischenzeitlich das Axiom des Primats des Erzählens in der geschichtswissenschaftlichen Arbeit in Frage gestellt werden. Denn aus textanalytischer Perspektive betrachtet weist die Schaltstelle an der Schnittstelle mindestens dreier verschiedener Erzählstränge der nicht-fiktionalen Erzählerin auch die Aufgabe zu, unterschiedliche Textsorten in einem geschichtswissenschaftlichen Text zu integrieren. Im Regelfall bedeutet das die Verbindung beschreibender, argumentierender und erzählender Textpassagen zum Zweck der historischen Erzählung. 12 Aber in Ausnahmefällen ist es durchaus denkbar, dass ein geschichtswissenschaftlicher Text primär beschreibende und insbesondere argumentative Zwecke verfolgt und sich aus diesem Grund erzählerischer Mittel bedient, z. B. wenn eine kritische Buchbesprechung die Nicht-Existenz eines Ereignisses oder eines Kausalfaktors zu belegen sucht. In diesem Fall hätten wir es gar nicht mehr mit einer Erzählerin, einem Erzähler, sondern einer Argumentiererin, einem Argumentierer oder einer Beschreiberin, 11 Vgl. Rüsen (Anm. 3), S. 19, 56. 12 Seymour Chatman: Coming to Terms. The Rhetoric of Narrative Fiction and Film. Ithaca 1990.

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einem Beschreiber, zu tun und primär narratologisch ausgerichtete Analysestrategien wären vielleicht fehl am Platz. Das Beispiel verdeutlicht, dass geschichtswissenschaftliche Texte immer verschiedenen Konstruktionsprinzipien folgen. Der Versuch einer möglichst überzeugenden erzählerische Wiedergabe vergangener Ereignisse ist mit dem Argument verbunden, dass die vorliegende Erzählung anderen konkurrierenden Erzählungen überlegen ist und dass die beschreibende Charakterisierung der Ereignisse und Handlungsträger und deren narrative Einbettung der Wahrheit entspricht. Die Arbeit des erfolgreichen Erzählens ist immer mit Beschreibungs-, Analyse- und Argumentationsaufgaben verbunden, deren Resultate während verschiedener Arbeitsphasen erst semantisch angeglichen und priorisiert werden müssen. Geschichtswissenschaftliches Forschen und Schreiben gleicht einem semantischen Balanceakt, den es sich im Detail zu analysieren lohnt, weil er fiktionalen Texten an Komplexität kaum nachsteht. Im Hinblick auf die in einem geschichtswissenschaftlichen Text verwendeten Textsorten sollte man sich nicht a priori auf eine Analysestrategie festlegen, d. h., man sollte nicht apodiktisch entscheiden, dass geschichtswissenschaftliche Texte argumentative Texte sind und deshalb streng genommen außerhalb des Forschungsbereiches der Narratologie liegen, 13 oder dass geschichtswissenschaftliche Texte vom Primat der Erzählung geprägt sind und ihre semantische Leistung erschöpfend auf ihre Erzählmittel und -strukturen zurückgeführt werden könne (White). Wie auch andere nicht-fiktionale Texte verdienen geschichtswissenschaftliche Publikationen eine Detailanalyse, weil sie in unterschiedlichem Maße und mit weitreichenden Folgen durch die Spannungsverhältnisse zwischen Erzähler und Autor; zwischen Erzählung, Argumentation und Beschreibung; und zwischen Referenzfunktion und dynamischen textimmanenten Strukturprinzipien geprägt sind. Diese Spannungsverhältnisse gilt es mit dekonstruktivistischem Eifer und Toleranz für ein gewisses Maß an analytischer Ambivalenz aus zu sondieren. Vielleicht sollten wir also statt von einer Erzählerin von einer textimmanenten Texterin sprechen, die nicht nur mit verschiedenen Erzählstrategien sondern auch verschiedenen Textsorten jongliert und diese manchmal gegeneinander ausspielt. Natürlich haben auch die Leser in dieser Frage ein gewichtiges Wort mitzureden, denn sie können Ambivalenzen im Verhältnis der Textsorten und Ambivalenzen in Hinblick auf die Referenzfunktion des Textes und das genaue Verhältnis zwischen Autorin und Erzählerin für ihre eigenen Zwecke nutzen und einen geschichtswissenschaftlichen Text in erster Linie als eine wahrheitsgetreue

13 Monika Fludernik: Einführung in die Erzähltheorie. Darmstadt 2006.

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erzählende Beschreibung vergangener Realität, eine spannende Erzählung oder als überzeugende erzählende Argumentation für ein bestimmtes Kausalmodell schätzen. Sowohl White als auch Rüsen betonen die Bedeutung argumentativer Verfahren in der geschichtswissenschaftlichen Praxis. Für White reflektieren die grundlegenden Argumentationsmuster eines geschichtswissenschaftlichen Textes die bewussten oder unbewussten Annahmen des Autors über die Kausalbezüge, die den behandelten geschichtlichen Ereignissen und Prozessen zugrunde liegen, wobei diese Argumentationsmuster eine Frage des wissenschaftlichen Geschmacks sind und nicht unterschiedliche Grade wissenschaftlicher Integrität oder Wahrheitsgeltung widerspiegeln 14 Für Rüsen ist die auf logische Stimmigkeit ausgerichtete Argumentation zusammen mit der fachspezifischen Begrifflichkeit und dem Erfahrungsbezug eine entscheidende Komponente historischer Forschung, die diese erst in den Rang einer wissenschaftlichen Methode erhebt, die intersubjektiver Überprüfbarkeit standhalten kann. 15 White und Rüsen haben folglich unterschiedliche Vorstellungen von geschichtswissenschaftlicher Argumentation, genau wie sie auch die Bedeutung und die Eigenschaften geschichtswissenschaftlichen Erzählens unterschiedlich einordnen, obwohl sie beide davon ausgehen, dass Geschichtswissenschaft erst im Akt des Erzählens entsteht. Rüsen wählt in diesem Kontext die Formulierung der „Sinnbildung über Zeiterfahrung durch Erzählen“, das nach den Regeln der Fachdisziplin entstanden sei, und für White stellt sich die Situation noch einfacher dar: „I treat the historical work as what it most manifestly is: a verbal structure in the form of a narrative prose discourse.“ 16

3. Erzählende Beschreibung Der Erzähler in Saul Friedländers The Years of Extermination bringt sich gleich zu Beginn des Buches in eine schwierige Lage, wenn er erklärt, dass der Text auch den Zweck verfolgt, das Gefühl der Unfassbarkeit der Holocaust-Opfer im Angesicht ihrer Verfolgung zum Ausdruck zu bringen und dass sich das Buch mit dieser Absicht ein Stück weit gegen den normalisierenden und kontrollierenden Duktus konventionellen geschichts-

14 Vgl. White (Anm 5), S. 21. 15 Vgl. Rüsen (Anm. 3), S. 168 f. 16 Vgl. Rüsen (Anm. 3), S. 53; White (Anm 5), S. ix.

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wissenschaftlichen Erzählens richtet. 17 Der Text soll also sowohl erklären als auch verstören und ist so zwangsläufig gegen sich selbst gerichtet. Der Erzähler kündigt gleichzeitig an, dass die Geschichte des Holocaust nur als umfassende transnationale Geschichte konzipiert und verfasst werden kann und er folglich mit einer Vielzahl von Schauplätzen, Handlungssträngen und Handlungsniveaus jonglieren muss. Diese Grundsatzentscheidungen spiegeln die Verlagerung geschichtswissenschaftlichen Arbeitens von nationalen zu inter- und transnationalen Fragestellungen und die Lebenserfahrung des Autors wider, der selbst Holocaust-Überlebender ist. 18 Diese Grundsatzentscheidungen setzen aber auch eine widersprüchliche textuelle Eigendynamik in Gang, die in einer unübersichtlichen Erzählsituation mündet und eine gewisse Distanz zwischen Autor und Erzähler markiert. Einerseits schlägt der Erzähler tatkräftig Wegweiser ein, zum Beispiel indem er explizit die antisemitische Verblendung der Nationalsozialisten im Besonderen und der europäischen Gesellschaften im Allgemeinen als Ursache des Holocaust identifiziert. Aber diese konventionelle, moderat intentionalistische Erzählabsicht, für die das Forschungsgebiet zahlreiche Vorbilder bietet, wird dann immer wieder von einer Vielzahl sich rasch ablösender Schauplätze und Erzählvignetten ins textuelle Abseits gedrängt. Zum einen befinden sich unter den vielen über ganz Europa verstreuten Tätern zahlreiche Gruppen und vielleicht sogar eine Mehrheit von Tätern, die primär aus nicht-ideologischen Motiven heraus zu handeln scheinen. Zum anderen kehrt der Text immer wieder ausführlich zur Wahrnehmung der Opfer zurück, die wenige verwertbare Informationen über die Ursachen des Genozids beitragen können und deren Aussagen sich deshalb nicht funktional in eine schlüssige Kausalkette eingliedern. Außerdem führt die Vielzahl von Schauplätzen und Handlungsträgern und die damit verbundene lineare Abfolge parallel stattfindender Ereignisse zu einer geographischen und chronologischen Unübersichtlichkeit, die den Text schwer kalkulierbar machen. Die Leser wissen natürlich, wie die Geschichte ausgeht, aber können nicht absehen, in welche Richtungen sie sich geographisch und chronologisch auf den nächsten Buchseiten bewegen wird. Das vom Erzähler explizit identifizierte Erzählprogramm wird von ihm in der Textpraxis implizit immer wieder relativiert und sogar konterkariert. Das hat wichtige Konsequenzen für das Verhältnis von Erzählung, Beschreibung und Argument in Friedländers Buch und macht den Erzähler 17 Saul Friedländer: The Years of Extermination. Nazi Germany and the Jews, 1939– 1945. New York 2007. 18 Saul Friedländer: Saul. When Memory Comes. New York 1979.

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ein Stück weit undurchschaubar, vielleicht sogar unzuverlässig. Der Erzähler verliert die Verfolgung typischer geschichtswissenschaftlicher Argumente, z. B. bezüglich der herausragenden Bedeutung der NS-Führungsriege für den Entscheidungsprozess, der zum Holocaust führte, oder bezüglich des genauen Zeitpunktes der Entschlussbildung, immer wieder aus den Augen und widmet sich enigmatischen, atmosphärisch dichten Geschichten des Entsetzens. Das Resultat ist ein fragmentarischer, emotionalisierender Text, der das ethische Prinzip der Empathie mit den Opfern über das analytische Interesse einer stringenten Erklärung der Ursachenzusammenhänge stellt. 19 Wenn man den Text primär aus dem Blickwinkel dieses ethischen Prinzips betrachtet, ließe sich sogar schlussfolgern, dass der Erzähler in Years of Extermination besonderen Wert auf die erzählende Beschreibung legt, die über die Aussagen der Opfer und die genaue minimalistische Beschreibung absurder Momente der Unmenschlichkeit den Leser an seine Menschlichkeit erinnern möchte. An diesem Punkt stellt sich die Frage, ob die erzählerischen Grundsatzentscheidungen (Multiperspektivität, transnationale Geschichtsschreibung, Opferfokussierung) in einem Prozess kumulativer Radikalisierung einen komplexen und widersprüchlichen Erzähler ins Leben gerufen haben, der von dem geschichtswissenschaftlichen Autor so gar nicht beabsichtigt war. 20 Sowohl Rüsen als auch White haben sich in ihren geschichtstheoretischen Überlegungen explizit auf Friedländers The Years of Extermination bezogen. White kommt nach einer detaillierten Analyse der Eingangspassagen des Buches zu dem Schluss, dass Friedländer eine innovative modernistische Darstellung des Holocaust vorgelegt habe, die durch die Benutzung verschiedener Stilmittel wie z. B. Anekdote, Ekphrase und Epigraph an die Verfremdungseffekte moderner, avantgardistischer Literatur erinnert und das moderne Ereignis der „Endlösung“ in eine dem Gegenstand besonders angemessenen und konventioneller Geschichtsschreibung überlegenen textuellen Form ausdrückt. Interessanterweise konzediert auch White dem Text eine Tendenz zur Entnarrativisierung, die ihn an Proust, Woolf, Kafka und Benjamin erinnert: „Friedländer effectively denarrativizes and destorifies the series of events he relates“. 21 White meint natürlich nicht, dass Years of Extermination keine Erzählungen enthält, sondern dass sein Erzähler systematisch versucht, die Ent19 Wulf Kansteiner: Success, Truth, and Modernism in Holocaust Historiography. Reading Saul Friedländer Thirty-five Years after the Publication of Metahistory. In: History & Theory 47 (2009). S. 25–53. 20 Saul Friedländer: Epilogue. Interview with Saul Friedländer. In: Fogu /Kansteiner / Presner (Anm. 10), S. 411–425. 21 Hayden White: Historical Truth, Estrangement, and Disbelief. In: Fogu /Kansteiner / Presner (Anm. 10), S. 53–71, hier S. 57.

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stehung einer ‚master narrative` zu umgehen. Rüsen nimmt Years of Extermination ähnlich positiv wahr, und sein Lob deckt sich in weiten Teilen mit Whites Argumenten. Für Rüsen ist das Buch ein seltenes Beispiel für ein geschichtswissenschaftliches Werk, das traumatische Erfahrungen erfolgreich einfängt, indem es „an der Sinnlosigkeit des Gedachten“ festhält und „der Sinnkategorie selber eine Ambivalenz“ abverlangt. 22 Damit hat Friedländer für Rüsen die zentrale Antriebsfeder allen historischen Denkens exemplarisch verdeutlich, das sich an der menschlichen Grunderfahrung von Kontingenz abarbeitet. Rüsen ist davon überzeugt, dass Years of Extermination trotz seiner ambivalenten Sinnkategorie Kontingenz erfolgreich in lebensdienliche Interpretationen der Kontinuität zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft überführt, die er für die zentrale Aufgabe historischen Denkens hält. 23 An diesem Punkt trennen sich Rüsens und Whites intellektuelle Pfade. Rüsen hält die Entwicklung der modernen Geschichtswissenschaft trotz gelegentlicher ideologischer Fehltritte und einem gewissen Mangel an Experimentierfreudigkeit für eine Erfolgsgeschichte, weil die Professionalisierung der historischen Forschung der Geschichtskultur wichtige Wahrheitskriterien und Strategien der Selbstreflexion zur Verfügung gestellt hat. White begegnete dagegen seinen Kollegen Zeit seiner Karriere mit deutlich größerer Skepsis. Er war überzeugt, dass die Standarisierung historischer Forschung eine konservative Grundhaltung mit bedenklichen politischen Folgen im akademischen Betrieb etabliert habe. 24 Friedländers Erzählung ist für den einen ein besonders kreativer Arbeitsnachweis einer erfolgreichen Innung und für den anderen eine Ausnahmeerscheinung, die eventuell helfen könnte diese Innung endlich auf progressivere Pfade zu lotsen. In direkter Anknüpfung und leichter Übersteigerung von Whites und Rüsens Lob stellt sich allerdings die Frage, ob Years of Extermination nicht vielleicht besonders aufgrund seiner nichtnarrativen Qualitäten geschätzt wird. Vielleicht fühlen sich die Leser von Years of Extermination angesprochen, weil der Text durch Komposition und Gegenschnitt Meinungen, Selbstreflexionen und Gefühle der Opfer und Täter begreifbar macht, die in anderen Fachpublikationen einfach nicht auf ähnlich überzeugende, plastische und ergreifende Weise thematisiert werden. Die Leser mögen an den empathischen und originellen Beschreibungen von komplexen Stimmungslagen und der Zusammenschau verschiedener Schauplätze und Perspektiven Gefallen finden und sich an-

22 Vgl. Rüsen (Anm. 3), S. 289. 23 Ebd., S. 30. 24 Hayden White: The Burden of History. In: History & Theory 5/2 (1966), S. 111–134.

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deren einschlägigen Büchern zuwenden, wenn sie an übersichtlich präsentierten und stringent umgesetzten Kausalerzählungen interessiert sind. Kurzum, sind es vielleicht die aus narrativen Vignetten zusammengesetzten beschreibenden Konstellationen, die faszinieren, und nicht die schwer zu identifizierenden, durch rasche Szenenwechsel und systematisches konzeptionelles Understatement ohnehin verstellten übergeordneten Erzählstränge?

4. Erzählende Argumentation In The Origins of the Final Solution legte der bekannte Holocaustforscher Christopher Browning nach wegweisenden Monographien und Aufsatzsammlungen zum ersten Mal eine Überblicksdarstellung über die Geschichte des Holocaust vor, die als Teil einer Buchreihe konzipiert war und deshalb einen relativ engen chronologischen Fokus aufweist. 25 Browning beschränkt sich in seinen Ausführungen auf den Zeitraum von Herbst 1939 bis Frühjahr 1942 und stellt mit großer Übersicht und viel Detailwissen die Handlungsverläufe dar, die zur systematische Ermordung der europäischen Juden führten. Der Erzähler der Origins baut eine gleichmäßig und klar strukturierte Erzählwelt auf, die dem Leser eindeutige und gut nachvollziehbare Einschätzungen der wichtigen Wendepunkte und Kausalfaktoren an die Hand gibt. Wie schon in anderen Texten desselben Autors betont der Erzähler der Origins, dass der Beginn der umfassenden Ermordung aller Juden im Herbst 1941 auf den Enthusiasmus und Optimismus der Nazis zurückzuführen sei, mit denen sie auf die rasche Landnahme und riesigen sowjetischen Kriegsgefangenenzahlen reagierten, die die erste Phase des Überfalls auf die Sowjetunion kennzeichneten. Im Gegensatz zu früheren Erzählperspektiven und Erzähleinsichten desselben Autors präsentiert der Erzähler der Origins allerdings einen homogen, effizienten und hierarchisch aufgebauten NS-Verwaltungsapparat, in dem die Hitler-Vertrauten Himmler und Heydrich die Vorgaben ihres Chefs zeitnah umsetzen und in ausgedehnten Reisen an die Front dafür Sorge tragen, dass die Einsatzgruppen in Laufe des Herbstes 1941 ihre Verbrechen von der Ermordung männlicher Juden im wehrfähigen Alter auf die Ermordung der gesamten jüdischen Bevölkerung ausdehnen. In dieser Erzählwelt werden keine wichtigen Entscheidungen ohne Hitlers 25 Christopher Browning (with contributions by Jürgen Matthäus): The Origins of the Final Solution. Lincoln, Nebraska. 2004; Christopher Browning: Ordinary Men. New York 1992.

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Wissen und ohne seine Zustimmung getroffen. Der Erzähler der Origins ist ein moderater Intentionalist während z. B. der Erzähler der Ordinary Men ein moderater Funktionalist ist. Aber die wohlgeordnete Erzählwelt der Origins gerät plötzlich aus den Fugen. Der Autor Browning hatte im Vorfeld beschlossen, sich für einen Kernabschnitt des Buches, der die Ereignisse des Herbstes 1941 abdeckt, des Wissens eines weiteren Fachmannes zu versichern und konnte Jürgen Matthäus als Mitarbeiter gewinnen. Dadurch entsteht im Zentrum des Buches im siebenten Kapitel eine alternative Erzählwelt mit einem eigenen Erzähler, der auch schnell mit seinem Gegenüber aneinandergerät. Es kommt zu einem für den aufmerksamen Leser sehr spannenden, aber vielleicht auch etwas verunsichernden indirekten argumentativen Schlagabtausch. Die beiden Welten sind z. T. mit denselben Figuren bevölkert, aber diese Figuren verhalten sich plötzlich völlig anders und spielen eine ganz andere Rolle für den Ablauf der Ereignisse als das in den vorherigen Kapiteln der Fall war. In dem alternativen Universum, das durch und durch funktionalistisch strukturiert ist, hat die Hitlerfigur kein großes Interesse an der Judenpolitik des Reiches und keine Ahnung, was an der Front genau vor sich geht. Hitler beschäftigt sich lieber mit utopischen weltpolitischen Plänen für die Zeit nach dem baldigen Ende des Krieges. Die Himmler- und Heydrich-Figuren stehen dem verbrecherischen Wirken der Einsatzgruppen ähnlich hilflos gegenüber. Sie reisen hektisch zwischen Berlin und den verschiedenen Tatorten hin und her, ohne eine klare Handlungslinie entwickeln geschweige denn umsetzen zu können. An die Stelle dieser Führungsfiguren tritt im Alternativuniversum eine ganz andere Gruppe von Handlungsträger. Es sind die NS-Satrapen vor Ort, die dezentral und aus unterschiedlichen Motiven heraus handelnd die Mordkampagne radikalisieren und später koordinieren. Die beiden Erzähler entwickeln sehr unterschiedliche Haltungen gegenüber Aussagen ihrer Protagonisten und komponieren unterschiedliche Verweis- und Beglaubigungsgerüste. Beide Welten enthalten oft dieselben Fakten, z. B. bezüglich der Reisen und Treffen der Naziführung, aber der Alternativerzähler nimmt eine dispersive Erzählhaltung an. Er betont unter Einsatz vieler Details die Unterschiede und Spannungen zwischen verschiedenen Schauplätzen und Akteuren, während sein Kollege diese Unterschiede ‚verwischt` und ‚verschweigt`, um eine homogen gestaltete Erzählwelt darzubieten. 26

26 Wulf Kansteiner: Gefühlte Wahrheit und ästhetischer Realismus. Über die Annäherung von Holocaust-Geschichtsschreibung und Geschichtstheorie. In: Norbert Frei /

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Vielleicht steht hinter diesen Erzählern noch eine übergeordnete Erzählinstanz, die im Hintergrund die Strippen zieht und die Konfrontation koordiniert. Ganz bestimmt spiegeln diese beiden Erzähler aber zwei verschiedene Wissenschaftler wider, die unterschiedliche Argumentationsstrategien und Quellenauslegungen verfolgen. Der Autor der Alternativerzählung kann sich eng an die widersprüchliche sprachliche Vielfalt der Quellen anlehnen, um diese Vielfalt an den Erzähler weiterzureichen, der damit leichtens eine dispersive Erzählwelt kreieren kann. Der Autor der Haupterzählung verschweigt diese Vielfalt und setzt seinem Erzähler eine sauber geschliffene intentionalistische Brille auf, mit dessen Hilfe letzterer eine homogen konstruierte intentionalistische Welt erfinden kann. Matthäus befindet sich folglich, in einem wortwörtlichen Sinne, näher an den Quellen, was allerdings nicht bedeutet, dass seine Darstellung größere argumentative Integrität aufweist, weil es ja oft gerade der effektive Einsatz eines Interpretationsfilters ist, der im Wettstreit der Erzählungen argumentative Vorteile verschafft. Das Beispiel zeigt deutlich, wie kausale Grundannahmen und Zielrichtungen den Erzählverlauf bis auf die Ebene der detaillierten Wortwahl beeinflussen. Die intentionalistische Geschichte gewinnt dadurch an Glaubwürdigkeit, dass der Erzähler die Beschreibung von Charakteren und Ereignissen, den Gebrauch von Metaphern und Chronologie und die Benennung und narrative Umsetzung von Ursache-Wirkung-Zusammenhängen systematisch aneinander anpasst und alternative Lesarten ausschließt. Die Erzählung ist zielsicher auf den vermeintlichen Erkenntnisgewinn über die Existenz eines zentralen kausalen Ursprunges hin durchkomponiert. Der alternative Erzähler verleiht dagegen seiner Geschichte über den Primat der NS-Peripherie Durchschlagskraft, indem er relevante Schauplätze und Handlungsträger vervielfacht und die bekannten Zentralfiguren durch die Betonung von Widersprüchen und Ambivalenzen in ihren Aussagen und Handlungen ihrer Handlungskraft beraubt. Auf jeden Fall bedeutet der Ausbruch des Streites an zentraler Stelle in Origins, dass die Erzählung einen deutlich argumentativeren Charakter annimmt, als das in einem weniger dialogisch verfassten Text der Fall wäre. Hier werden auf engstem Raum konkurrierende narrative Zugriffe auf die Geschichte der „Endlösung“ miteinander abgeglichen. Auch in diesem Fall scheint der Autor Browning sich der weitreichenden erzählerischen Folgen seiner Entscheidungen nur bedingt bewusst gewesen zu sein. 27

Wulf Kansteiner (Hrsg.): Den Holocaust erzählen. Historiographie zwischen wissenschaftlicher Empirie und narrative Kreativität. Göttingen 2013, S. 12–50. 27 Christopher Browning: A Reply to Wulf Kansteiner. In: Fogu /Kansteiner /Presner (Anm. 10), S. 104–112.

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Die sorgfältige konstruierte Multiperspektivität in Years of Extermination und die weniger zielgerichtete Multiperspektivität in The Origins of the Final Solution lösen eine zentrale Forderung bezüglich zukünftiger Geschichtsschreibung ein, die Rüsen in seiner Historik anmahnt: „Würde man zum Beispiel in der Historiographie sehr viel mehr multiperspektivisch verfahren, dann nähme der Reiz der Lektüre zu, und zugleich die Ansprache an die Leser, sich in der Divergenz der Perspektiven selber zu verorten.“ 28

Rüsens Plädoyer für experimentelle und offene Erzählformen in der Geschichtswissenschaft lässt sich wiederum an Whites Kritik an geschichtswissenschaftlichen Meistererzählungen und seine Interesse an größerer narrativer Fantasie und Formenvielfalt in der geschichtswissenschaftlichen Praxis anknüpfen. 29 Aber White verbindet dieses Interesse mit einer dezidierten Abkehr vom konventionellen Verständnis historischer Wahrheit, während Rüsen solche Reformen als eine graduelle Verbesserung eines schon ausreichend professionalisierten und auf die Produktion intersubjektiver Wahrheiten spezialisierten akademischen Arbeitsbereich betrachtet. Die Origins deuten darüber hinaus an, dass konsequente kausale Multiperspektivität mit einer Schwerpunktverlagerung von primär narrativ zu primär argumentativ ausgerichteten Texten einhergehen kann. Gerade für den versierten Leser hat der argumentative Schlagabtausch zwischen den beiden Erzählern großen Informations- und Unterhaltungswert. Man kann sich leicht eine Fachpublikation vorstellen, in der viele verschiedene Positionen zur Genese des Holocaust als jeweils eigene Erzählwelten mit eigener Erzählperspektive enthalten sind und in der die Autoren der einzelnen Kapitel aufgefordert werden, ihre besten Argumente für ihren Erklärungsansatz zu präsentieren. Die Leser wären so eingeladen, sich in der argumentativen Vielfalt zu orientieren und je nach Interessenlage die überzeugendste Version auszuwählen oder zu konstruieren. Sind in diesem Fall nicht sowohl auf der Ebene der übergeordneten Texterin als auch auf der Ebene der impliziten Leserin die geschichtswissenschaftlichen Erzählungen dem übergeordneten Anliegen der fachwissenschaftlichen argumentativen Auseinandersetzung untergeordnet? 30

28 Vgl. Rüsen (Anm. 3), S. 203. 29 Hayden White: Historical Discourse and Literary Theory. On Saul Friedländer's Years of Extermination. In Frei /Kansteiner (Anm. 26), S. 51–78. 30 Ein Beispiel für eine argumentativ ausgerichtete Zusammenschau verschiedener Erzählwelten ist z. B. Alan Rosenbaums einschlägiger Sammelband zur Frage der Einzigartigkeit des Holocaust: Is the Holocaust Unique? Perspectives on Comparative Genocide. Colorado 2001.

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5. Meistererzählung Origins und Extermination sind Ausnahmetexte, die bewusst oder unbewusst Nahtstellen und Spannungen zwischen verschiedenen Textsorten und konkurrierenden Erzählperspektiven für die Kommunikation mit den Lesern nutzen. Solche Texte sind wahrscheinlich Ausdruck eines etablierten, langfristig aufgebauten Forschungsgebietes, das sich ein umfangreiches Grundwissen über einschlägige historische Ereignisse erarbeitet hat und zunehmend Wert darauf legt, auf dieser Basis alternative Erklärungsund Erzählmodelle auszutesten. Deshalb unterscheiden sich die Bücher Friedländers und Brownings zum Beispiel deutlich von der klassischen Überblicksdarstellung der Geschichte der „Endlösung“, Die Vernichtung der europäischen Juden, die der Politikwissenschaftler Raul Hilberg (1926– 2007) in drei zunehmend umfangreicheren Ausgaben in den Jahren 1961, 1985 und 2003 veröffentlichte. 31 Hilberg, der die Holocaustforschung mitbegründete und die Quellen besser kannte als die meisten Kollegen, gab seinem Erzähler schon in den 1960er Jahren die Metapher der Vernichtungsmaschinerie an die Hand mit der letzterer dann eine äußerst homogene Erzählwelt entwarf, in der alle Elemente als Teil eines übergeordneten, komplexen Systems an der Vernichtung der europäischen Juden mitwirkten. Der Text spannt einen weiten Erzählbogen von der Verfolgung der Juden im europäischen Mittelalter bis zur „Endlösung“ und identifiziert vier Stadien des Vernichtungsprozesses, der über die Definition der Opfer und deren Enteignung und Konzentration bis hin zum Massenmord führt. Der Erzähler betont wiederholt, dass nur der letzte Schritt eine genuine Erfindung des modernen Nazi-Verwaltungsapparates war, aber dass dieser letzte Schritt in der Logik des Verfolgungssystems immer schon angelegt war: „Ein Urtrieb war unter den westlichen Nationen plötzlich aufgetaucht; er war durch ihre Maschinen freigesetzt worden“. 32 Der Erzähler gibt sich in der konsequenten Umsetzung dieses an Adorno und Horkheimer erinnernden Argumentations- und Erzählmusters keine Blöße. Sogar das Verhalten der Opfer wird passgenau in das Modell eingefügt, weil jene angeblich durch ein über Jahrhunderte eingeübtes Verhalten des Ausweichens und Nachgebens an ihrer eigenen Ermordung mitwirkten. Natürlich lassen sich mit etwas dekonstruktivistischem Eifer auch in den Seiten der Vernichtung bedeutsame Ambivalenzen und Widersprüche identifizieren. So changiert der Erzähler z. B. beständig zwischen zwei völ31 Raul Hilberg. Die Vernichtung der europäischen Juden. 3 Bde., Frankfurt 1990. 32 Ebd., S. 1267.

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lig verschiedenen Kategorien von historischen Akteuren hin und her, ohne dass deren Verhältnis zueinander geklärt wird: „Nun hielt Heydrich die Fäden des Vernichtungsprozesses fest in der Hand. Bald schon sollte er imstande sein, von seiner Vollmacht Gebrauch zu machen. Über Jahre hinweg hatte die Vernichtungsmaschinerie ihre Verstöße und Beutezüge Schritt um Schritt unternommen. Im Verlauf dieser Entwicklung war eine Richtung festgelegt und ein Schema etabliert worden.“ 33

Wer besitzt in dieser Erzählwelt den Schlüssel zur Macht? Sind es die Nazis oder die Maschine, die den Prozess vorantreiben? Wer hätte auf welche Weise den Prozess stoppen können? Und zuletzt stellt sich noch eine gewichtigere Frage: Führt die Entscheidung des Erzählers, Maschine und Nazis gleichzusetzen und die Geschichte konsequent aus der Perspektive der Täter zu erzählen, zu einer bedenklichen Komplizenschaft zwischen Erzähler und Hauptcharakteren? Es ist schon erstaunlich, dass der Autor Hilberg im Laufe von über vierzig Jahren sich nie genötigt fühlte die Erzählperspektive in seinem magnum opus zu verändern. So gründlich wie kein anderer hat er die Faktizität der Geschichte der Endlösung festgehalten, aber fast ausschließlich aus der Perspektive der Täter, mit Hilfe der Quellen der Täter und einer Schlüsselmetapher, die die Täterperspektive eher bestätigt als bricht. Schließlich sahen sich die Nazis selbst als machtvolle, moderne Vollstrecker einer jahrhundertealten Judenfeindschaft. Da verwundert es dann auch nicht, wenn der Erzähler schon in den ersten Zeilen der Vernichtung mit großer Konsequenz und Rücksichtslosigkeit verkündet: „Der jüdische Zusammenbruch unter dem deutschen Ansturm war eine Manifestation des Scheiterns.“ 34 Ob der Autor Hilberg, selbst jüdischer Flüchtling aus Wien, wirklich immer eine harmonische Beziehung zu diesem rigiden Erzähler pflegte? Es ist natürlich unfair, wenn der Texter dieses Artikels den Autor Hilberg und seinen Erzähler auf diese Weise vorführt, weil die Wahl eindimensionaler Erzählperspektiven (oft aus dem Blickwinkel der Machthabenden) und die möglichst nahtlose, geradezu tautologische Verknüpfung von Erzählung, Argumentation und Beschreibung für viele Jahrzehnte die hohe Schule des geschichtswissenschaftlichen Schreibens ausmachte. Aber in vielen Unterdisziplinen, so offensichtlich auch in der Holocaustforschung, arbeiten Historiker mittlerweile mit bewusst selbst-reflexiven und selbst-kritischen Erzählmodellen, in denen verschiedene Textsorten und Autor- und Erzählinstanzen deutlicher auseinandertreten und die Reichweite der referentiellen Funktion nicht-fiktionaler Texte bewusst thematisiert wird. Gerade weil die Historiker ihr Handwerk so gut verstehen, ist 33 Ebd., S. 420. 34 Ebd., S. 9.

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es ihnen lange gelungen, die Erzähler in ihren Texten vor einem kritischen analytischen Zugriff zu verstecken – was die Aufgabe, diese in ein klares narratologisches Licht zu rücken, umso reizvoller macht.

6. Geschichtswissenschaftliche Post-Narratologie Aus meiner Perspektive entsteht sowohl bei White als auch bei Rüsen an einem entscheidenden Punkt eine folgenreiche Lücke in ihrer relativistischen und geschichtsphilosophisch-optimistischen Argumentationsführung. White hat in Metahistory den Beweis geführt, dass die geschichtswissenschaftlichen Stars des 19. Jahrhunderts in der Wahl ihrer Erzählmittel und Erzählverläufe von geschichtsphilosophischen Annahmen geleitet waren, die auf einer strukturellen Ebene den Gedankengängen und Überzeugungen ähneln, die in den Texten ihrer philosophischen Kollegen zum Ausdruck kommen. Trotz unterschiedlicher Oberflächenstrukturen sind die klassischen geschichtswissenschaftlichen und geschichtsphilosophischen Texte des 19. Jahrhunderts von vergleichbaren intellektuellen Strategien für die Aggregation und Synthese von Geschichte geprägt. Aber Whites Rekonstruktion des Dialogs zwischen Geschichtswissenschaft und Geschichtsphilosophie beschäftigt sich nicht mit den kognitiven Details geschichtswissenschaftlicher Praxis, um z. B. zu zeigen, welche ästhetische oder gar epistemologische Bedeutung geschichtswissenschaftlichen Fußnoten zuzuschreiben ist. Die relativistischen Implikationen von Metahistory sind axiomatisch gesetzt und nicht argumentativ unterfüttert. Rüsens noch weiter ausgreifende Historik, die die Prinzipien historisches Denkens in Alltag und Wissenschaft, in Geschichtskultur und Geschichtsdidaktik darlegt, enthält auch keine detaillierte Illustration der Genese historischer narrativer Wahrheiten und des kognitiven Prinzips der intersubjektiven Überprüfbarkeiten dieser Wahrheiten. Auch Rüsens Glaube an die kognitiven Leistungen der Geschichtswissenschaft qua Narration sind axiomatisch gesetzt und nicht im Einzelnen argumentativ dokumentiert. Rüsen benennt diese Forschungslücke mit entwaffnender Offenheit an verschiedenen Stellen in der Historik, z. B. in einem Exkurs über die mangelnde Erforschung der kognitiven Funktion von Fußnoten (die sich seiner Meinung nach eben nicht auf ihre intertextuellen Effekte reduzieren lassen), oder wenn er schlussfolgert, dass „[d]ie methodische Form interpretierenden Theoriegebrauchs und theoriegeleiteter Historisierung von Tatsachen der Vergangenheit im Einzelnen noch

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nicht auf ihre zu Grunde liegenden Regulative hin systematisch durchsichtig gemacht worden“ ist. 35

Ohne eine solche komplexe detailgesättigte Demonstration werden wir nicht belegen können, dass geschichtswissenschaftliche Erzählungen ihrem Anspruch genügen können, „dass das, was sie erzählend vergegenwärtigen, tatsächlich so geschehen ist, wie es erzählt wird“. 36 Ohne diese Demonstration besteht weiterhin die Möglichkeit, dass geschichtswissenschaftliches Erzählen ‚nur` politische, strategische oder rhetorische Wahrheiten und keine auf empirischer Überprüfbarkeit und theoretische Stimmigkeit beruhende wissenschaftliche Wahrheiten verkündet; 37 oder, anders ausgedrückt, ohne diese Demonstration besteht immer noch die Möglichkeit, dass White doch recht gehabt hat. Wenn Rüsen mit seinen attraktiven Axiomen richtig liegt, dann sollte sich gerade im Fall eines so gründlich erforschten Ereignisses wie dem Holocaust eine Antwort auf die Frage finden lassen, ob eine geschichtswissenschaftliche Erzählung über die Entschlussbildung zur „Endlösung“ einen höheren wissenschaftlichen Wahrheitsanspruch für sich reklamieren kann als konkurrierende Erzählungen, die mit ähnlichen theoretischen Annahmen operieren. Selbst wenn sich eine solche kognitive Hierarchisierung vornehmen lässt, bleibt die Frage, ob die verschiedenen Erzählwelten der betreffenden Bücher sich in ihrer Gesamtheit durch einen unterschiedlichen, intersubjektiv dokumentierbaren Wahrheitsgehalt auszeichnen. Und zu guter Letzt wollen wir noch einmal die Möglichkeit in Erwägung ziehen, dass in der Geschichtswissenschaft des 21. Jahrhunderts beschreibende, argumentative und narrative Textanteile in Konstellationen auftauchen, die Autoren, Erzähler oder Konsumenten nicht in erster Linie wegen der erzielten erzählerischen Leistungen, sondern der ansprechenden Beschreibungen oder der argumentativen Abwägung komplexer Kausalbeziehungen schätzen. Eine solche post-narratologische Perspektive ist übrigens auch für unsere geschichtstheoretischen Vorbilder relevant. Der Texter in Metahistory, ein großer Kenner weitausgreifender historischer Erzählungen, präsentiert die Entwicklungslinien der Geschichtsschreibung und – philosophie des 19. Jahrhunderts in ähnlich weitausholenden narrativen Gesten, die sich gelegentlich an den strukturalistischen Vorgaben seines eigenen analytischen Ansatzes reiben. Der Texter in der Historik wartet mit vielen Erzählungen über die in die Entwicklung von Geschichtsbewusstsein und Geschichtswissenschaft auf, aber er will doch angesichts ausufernder Skep35 Vgl. Rüsen (Anm. 3), S. 187. 36 Ebd., S. 58. 37 Ebd., S. 56.

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sis besonders über die zeitlose Bedeutung des historischen Denkens „als Quellgrund des Menschseins“ aufklären. 38 Oder, anders formuliert, der geschichtsphilosophische strukturalistische Provokateur, von dem man erwarten würde, dass er die Argumentation in den Vordergrund stellt, gefällt sich als Erzähler und der Verteidiger wissenschaftlicher Erzählleistungen versagt sich den Genuss des Erzählens und antwortet auf die Provokation mit einem dezidiert argumentativen Text. Diese Argumente Rüsens gilt es in textanalytische Praxis umzusetzen, um das genaue Verhältnis zwischen Erzählung, Argumentation und Beschreibung zu klären – und je erfolgreicher diese Umsetzung gelingt, desto mehr werden wir uns vom Primat des geschichtswissenschaftlichen Erzählens entfernen, auf den sich Rüsen und White trotz aller Meinungsunterschiede verständigen konnten.

38 Ebd., S. 20.

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Mehr Licht Ein Lehrer virtuoser Interkulturalität

„Die Aufgabe des Menschen, um seine Unabhängigkeit zu ringen, hört nicht auf. [...] Der Humanismus seinerseits lebt nur auf dem Grunde menschlicher Unabhängigkeit.“ Karl Jaspers, 1949

1. Dunkelheit im Gängelwagen Kleiner Finsternis-Handel Zum Einstieg eine Frage: „Was hat Sie während Ihres Studiums am meisten fasziniert? Was war Ihnen wichtig?“ Zu Beginn unserer gemeinsamen Seminararbeit erkundige ich mich bei Referendarinnen und Referendaren gern danach, welche prägenden Erfahrungen sie aus ihrem jüngst abgeschlossenem Studium, also unserem gemeinsamen Studienfach, mitbringen. Welche intellektuellen Dimensionen, so mein Interesse, wünschen sich die jungen Berufseinsteiger ebenfalls für ihre künftigen Schülerinnen und Schüler? In welcher persönlichen Handschrift möchten sie als Lehrerin oder Lehrer demnächst gern ihr Fach ausüben? Ihre Reaktion, manchmal: Ratlosigkeit, Bestürzung, Panik. Was ich denn „ganz konkret“ meine, erkundigen sich die so von mir Befragten, sobald sie sich ein wenig gefasst haben. Dies wollen sie meistens zu allererst wissen – um in Erfahrung zu bringen, wohin die Reise geht. Es ist diese Frage, die sie zunächst einmal beschäftigt. Naheliegenderweise vielleicht, denn jetzt wollen sie nur nichts falsch machen, bloß nichts Falsches sagen, – immerhin geht es um ihren Berufseinstieg, und den wollen sie nicht durch womöglich unbedachte Äußerungen verpatzen.

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Die persönliche Frage nach der intellektuellen Dimension ihres eigenen Fachstudiums trifft sie vollkommen unvorbereitet – dementsprechend irritiert sind sie. In ihren verschreckten Reaktionen signalisieren mir die jungen Lehramtsanwärter vor allem eines: die Unklarheiten ihres Studiums wähnten sie hinter sich und hoffen nun, in ein Reich eindeutiger Sicherheiten eingetreten zu sein. Dazu gehört für sie in erster Linie wohl Statussicherheit, genauso aber auch – so mein Eindruck – die Sicherheit vor der Zumutung, sich mit Ambivalenzen, Mehrdeutigkeiten und offenallzu offenen Fragen auseinandersetzen zu müssen. Im weiteren Verlauf unserer gemeinsamen Arbeit ist es dann allerdings oft an mir, verblüfft und irritiert zu sein: Denn dieselben jungen Lehrerinnen und Lehrer wissen sich vehement, unbeirrt und unerbittlich in Szene zu setzen, sobald es für sie darum geht, religiöse, ethnische oder sexuelle Diskriminierungen zu identifizieren. Virtuos empörungsbereit jonglieren sie souverän mit Begriffen und Schlüsselwörtern, die sie in universitären Gleichbehandlungsgremien als „korrekte“ kennen gelernt haben. Zwar entwickeln sie kaum Fragen, kennen dafür aber viele Antworten. Mit hohem, ihnen durchaus bewusstem Distinktionsgewinn, bewegen sie sich im hierarchisch strukturierten Feld der Opfer- und Interessensdiskurse. Aus diesem Horizont ziehen sie später mit sicherer Hand, wie etliche ihrer etablierten Kolleginnen und Kollegen auch, ihren Unterrichtsstoff.

Gefahren in Lummerland Mir scheint, hier tut sich ein Phänomen auf, das sich auch in der Lehrerbildung, aber nicht nur dort, dokumentiert. Die westliche Welt, so scheint es, hat sich zu einem Land der Hypersensitivität gewandelt. 1 Kaum ein – reales, gefühltes oder auch nur eingebildetes – Unrecht, das nicht öffentlich 1 Vgl. Robert Pfaller: Erwachsenensprache. Über ihr Verschwinden aus Politik und Kultur. Frankfurt am Main 2017, S. 47 ff. Im Abschnitt mit der Überschrift „Reaktionäre Mimosen: Größtes Pathos für kleinstes Pipifax“ beschreibt der österreichische Professor für Philosophie Robert Pfaller seine Beobachtungen, wie an US-amerikanischen und britischen Eliteuniversitäten und Kunsthochschulen bereits „Faschingskostüme als Angriff auf verfolgte Minderheiten bekämpft“ werden. Dort werde „jede Gelegenheit, eine Empfindlichkeit zu kultivieren und sich selbst zum Opfer zu stilisieren“ wahrgenommen. „Alles, was unter sieben Matratzen immer noch eine Erbse schmerzlich zu verspüren vermag, wird bekanntlich gern für eine Prinzessin gehalten.“ Diesen Trend beobachtet er seit Jahren auch in Österreich und Deutschland. „Jeder literarische Text, der für irgendjemanden irgendetwas Befremdliches enthält, kann als Bedrohung für den angeblich erforderlichen safespace der Studierenden betrachtet werden. Jede künstlerische Arbeit und jede philosophische Abhandlung zu irgendeinem problematischen Thema wie Holocaust, Gewalt oder Sexualität könnte Studierende angeblich traumatisieren – darum fordern Studierendenverbände sogenannte triggerwarnings: Man soll den Studierenden im Vorhinein bekanntgeben, ob

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debattiert, in den Medien des Landes entfaltet und ausführlich erörtert würde. Deutschland hat seine Minderheiten entdeckt, denen es gerecht zu werden versucht: ethnische, sexuelle, konfessionelle Minderheiten – den Bedürfnissen sämtlicher Gruppen scheint das Land entsprechen zu wollen. Die derzeitige Diskussion um die Frage, wie viele Geschlechter es gebe, welchen Stellenwert die Scharia in Deutschland haben solle, ob importierte Sitten wie die Polygamie in Deutschland zu akzeptieren seien. Längst hat sich dieser Diskurs auch in das denkbar offenste Feld des „wilden“, zumindest aber experimentellen Denkens fortgesetzt. Ist ein Gedicht wie jenes von Eugen Gomringer an der Fassade der Berliner Alice-SalomonHochschule wirklich so unerträglich sexistisch, dass es entfernt gehört? Und müssen, um ein anderes Beispiel zu erwähnen, Besucher einer Kunstausstellung vor den Exponaten gewarnt werden, da diese ihre Sensibilität verletzen könnte? So las ich beispielsweise in der Bielefelder Kunsthalle (am Eingang zu einer Ausstellung mit Bildern des Expressionismus) den Warnhinweis, die folgenden Kunstwerke könnten womöglich die Gefühle der Besucher verletzen und seien darum nur auf eigene Gefahr anzuschauen. 2 Explizit war dieses Schild nicht Teil einer begleitenden Aktionskunst. Offenbar sorgte man sich tatsächlich um sensible Reaktionen der Kunstbesucher, wollte mit diesem Hinweis etwaigen Verstörungen durch die Kunst vorbeugen. In der gleichen Art und Weise sorgt man sich um Tabakund Alkoholkonsumenten, um die Anzahl der zur Verfügung stehenden Toilettentüren, um die Gefahren beim Tragen von Stöckelschuhen, um die Diskriminierung bei geschlechtsspezifischen Berufstiteln oder um die implizite Herabwürdigung bei elementaren Gesten der Höflichkeit. Auch altangestammte Namen von Torten, Gebäck oder Apotheken haben sich auf Druck der allüberall wirkenden Beiräte umzubenennen, weil man mittlerweile für diskriminierende Botschaften mancher Namensworte ein sensibleres Gespür hat. 3 und inwiefern das zu behandelnde Material mögliche Auslöser (triggers) für Traumatisierungen beinhaltet.“ Ebd., S. 48. 2 Vgl. Ausstellung „Der böse Expressionismus. Trauma und Tabu“ vom 11. November 2017 bis 11. März 2018 in der Kunsthalle Bielefeld. Dazu auch der Ausstellungskatalog: Jutta Hülsewig-Johnen /Henrike Mund (Hrsg.): Der böse Expressionismus. Trauma und Tabu. Köln 2017. 3 Dazu Robert Pfaller in einem Streitgespräch mit der Soziologin Paula-Irene Villa und dem Philosophie Magazin: „Nicht alles, was irgendjemand für ein Problem hält, verdient ernst genommen zu werden. Gerade um den anderen als Subjekt ernst zu nehmen, muss man ihm zugestehen, sich in seiner Verletztheit auch irren zu können. In Wien begegnet mir das bei der Debatte über die Mehlspeise „Mohr im Hemd“. Manche meinten, dass amerikanische Touristen sich verletzt fühlen könnten. Man könnte Letzteren aber sagen: ‚Sie irren sich, denn Sie sind in einem Land, das keine schwarzen Sklaven hatte; in einer Stadt, die von Fremden belagert wurde und ein positives Verhältnis zu diesem ehemaligen Feind fand, indem sie eine Mehlspeise

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Das Feld der wachen Vorsichtsmaßnahmen gegenüber drohenden Gefahren weitet sich immer mehr aus. Besonders heftige Sorgen macht man sich um lesende Kinder, deren Gemüter bedroht scheinen, falls sie ihren klassischen Helden wie Pippi Langstrumpf, Jim Knopf, der Biene Maja oder dem Sams im Original begegnen sollten. 4 Deshalb forderte man für klassische Kinderbuch-Figuren eine dringliche Rundumerneuerung. In deutschen Feuilletons debattierte man im Jahr 2015 heftig, in welcher Weise sowohl die Erscheinungsbilder als auch die Sprache verändert werden müssten, damit das Auftreten der klassischen Helden nicht allzu deutlich in Spannung zu den ästhetischen und moralischen Erziehungsmaßstäben der gegenwärtigen Zeit gerieten, auf die so viel pädagogische Sorgfalt verwendet werde: „Als das ZDF vor fünf Jahren in der neuen 3-D-Verfilmung aus der pummeligen Biene Maja und ihrem noch pummeligeren Freund Willi zwei Hungerhaken mit Flügeln machte, lautete die Begründung: Übergewichtige Bienen entsprächen nicht mehr dem Zeitgeist. Die Sehgewohnheiten hätten sich geändert.“ 5

Pippi Langstrumpf wurde mittlerweile ebenfalls einer ästhetischen und charakterlichen Gesamtüberholung unterzogen: Statt wirrer Zöpfe, hängender Strümpfe, verschiedenfarbiger Schuhe und eines viereckigen Gesichts hat Pippi sich zu einem niedlichen Mädchen gewandelt. Pippis Vater Efraim Langstrumpf aus dem „Taka-Tuka-Land“ heißt jetzt auch nicht mehr „Negerkönig“, sondern „Südseekönig“, in dessen Land man die „Taka-Tuka-Sprache“ spricht. In deutschen Feuilletons stritt man heftig darüber, ob Kindern der Kinderbuchklassiker „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ überhaupt noch unverändert zugemutet werden dürfe. Vielleicht, so der jugendsensible Vorschlag, solle man einige Textstellen umschreiben oder besser noch streichen? Denn den legendären Kommentar des notorischen Besserwissers auf Lummerland, Herrn Ärmel, mit dem dieser auf den Inhalt des ausgelieferten Postpakets, das schwarze Baby Jim, reagiert, könne man gegenüber jungen Lesern heutzutage wirklich nicht mehr verantworten. Bildungseinrichtungen wie Verlage, Kunstmuseen, Fernsehanstalten oder Schulen machen sich offenbar fortwährend umfassende Gedanken, wie sie die Vorstellungswelt ihrer jeweiligen Zielpersonen schützen und nach ihm benannte. Das ist doch eine interessante Kulturleistung.`“ Paula Irene Villa / Robert Pfaller /Nils Markwart: Wo liegt die Grenze des Sagbaren? In: Philosophie Magazin, Nr. 03/2018 (April /Mai), S. 40. 4 Vgl. Stefanie Flamm: „Die alten Kinderbuchbilder zeigten fantastische Wesen. Die neuen vermitteln den Kindern die sozialen Zwänge unserer Zeit“. In: Die Zeit, 11. Januar 2018, Nr. 3, S. 54, a–d. 5 Ebd., S. 54, b.

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zum Besseren hin beeinflussen können. Ständig wähnen sie ihr zu behütendes Publikum nämlich bedroht durch die Gefahren falscher Worte. Eigenständige Urteile, klare Blicke oder Wehrhaftigkeiten trauen sie ihren Schutzbefohlenen offenbar nicht zu. Werden auf diese Weise nicht auch Entmündigte umsorgt? Wenn nichts anderes mehr zählt als die Empfindung der Umhegten? Welche Gründe mögen die Aufpasser dazu bewegen, mit derart viel Mühen die umfassenden Schutzvorkehrungen zu errichten? Welchen Gewinn mögen sie davon haben, die Sprache und Gedanken ihres Publikums zu umhegen? Es ist nicht auszuschließen, dass diese hochsensible Pädagogik – die mittlerweile auch die Erwachsenen als Zielgruppe entdeckt hat – zunächst einmal auch darum so gut ankommt, weil sie, ohne allzu hohe reale Anforderungen an die Lehrenden zu stellen, das pädagogische Arbeitsfeld bereichert: Sozialarbeiter, Diversivitätsbeauftragte, Mädchenbeauftragte – und ständig kommen neue „Beauftragte“ hinzu. Die Anforderungen, die sich mit diesen Stellen verbinden, sind überschaubar: In erster Linie erfordern sie den souveränen Umgang mit dem Diskurs der Hypersensitivität und der „Sorge“. Die Überempfindlichkeit wirkt aber nicht nur belebend auf den Arbeitsmarkt und die damit verbundenen Möglichkeiten, sich qua Selbstinszenierung in Stellung für neue Positionen zu bringen. Sie wirken auch – und vor allem – zurück auf jene, die sich den Vorgaben unterwerfen. Der Diskurs der Hochsensibilität, so meine Vermutung, hat längst eine Eigendynamik entfaltet, der dem Erbe dessen, was wir „Aufklärung“ nennen, diametral entgegensteht. 6

Lichtloses Scheitern In den bisherigen Ausbildungsstationen der Lehramtsanwärter leuchteten hohe Worte des pädagogischen Wertehimmels, wie beispielsweise „Interkulturalität“, „Heterogenität“, „Kompetenz“, „Inklusion“ oder „Teilhabe“. Die positiven Konnotationen infrage zu stellen, wäre den jungen Nachwuchskräften bisher nicht in den Sinn gekommen. Nun plötzlich jedoch, ohne erkennbare Brücken zu den haltgebenden Worten, sehen sie sich mitten in einer lichtlosen Realität gelandet, in der sie täglich ihren Unterricht zum Gelingen entfalten sollen, ohne auf die banalen Hindernisse ge-

6 In diese Richtung argumentiert auch Konrad Paul Liessmann in: Geisterstunde. Die Praxis der Unbildung. Eine Streitschrift. Wien 2014, S. 108. „Die Infantilisierung und selbstgewählte Teilentmündigung junger Erwachsener scheint in vollem Gange. Das ist nicht ausschließlich deren Schuld, sondern entspricht dem Charakter unserer Konsumgesellschaft und der zunehmenden Pädagogisierung des Alltags. In diesem wimmelt es nur so von besorgten Begleitpersonen aller Art: Berater, Coaches, Trainer, Mentoren, Guides, Councellors, Therapeuten.“

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danklich und sprachlich vorbereitet zu sein, banale Hindernisse, wie zum Beispiel die, dass die Deutschkenntnisse vieler Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund so gering sind, dass eine Verständigung nicht möglich ist. Oder auch, dass die häuslich gelebten Werte einer fernen (Krieger)Kultur sich allzu leicht in den Klassenraum fortsetzen können. In einem solchen Rahmen kann die Unterrichtsgestaltung schneller gescheitert sein, als sie überhaupt entworfen wurde. Unvorbereitet mitten in einer solchen Dunkelkammer festzusitzen, nicht zu wissen, wie nun angemessen zu agieren sei, weil dieses Szenario in der bisherigen Ausbildung glattweg als unrealistisch erklärt wurde – das kann so manchem Lehramtsanwärter schon die Sprache verschlagen. Wenn er bislang noch so gar nicht darin geübt ist, sich in unbekanntem Gelände mit Worten zu erproben, seinen eigenen Worten zu trauen, eigene Worte, mit denen er die gesehenen, gehörten und erlebten Ungeheuerlichkeiten beschreiben könnte, dann ist für ihn diese Situation eine Katastrophe. Wenn jemand die eigenständige Suche nach erhellenden Worten gar nicht kennt, dann ist er hilflos, sobald er plötzlich auf dieses Selbst-Wahrnehmen und Selbst-Denken angewiesen wäre, um wenigstens zu verstehen, was um ihn herum passiert. Und diese Erfahrung macht er oder sie ausgerechnet in einem Moment, in dem er oder sie eine Klasse mit rund 30 Schülerinnen und Schülern vor sich hat. Man kann sich vorstellen, welchen Eindruck weite Teile des Publikums auf den Schulbänken vom Standing des Lehrers oder der Lehrerin hat. Man kann es sich vorstellen: Einem gedeihlichen Unterricht tut das kaum gut.

Spanische Stiefel Die dezidierte Zurückhaltung der angehenden Lehrerinnen und Lehrer, als sie von mir nach ihren persönlichen Motiven für ihre Studienfachwahl befragt wurden und ich mein Interesse bekundete, etwas über die für sie bedeutungsvollen intellektuellen Dimensionen, die sie aus dem Studium mitbringen, zu erfahren, erstaunt mich. Und sie wirft eine Reihe von Fragen auf: Was hemmt die – mir eigentlich hoch motiviert scheinenden – Neueinsteiger, ihre Studienerfahrungen mit dem neuen Fachseminar zu teilen? Warum wollen sie nichts über ihre Begeisterung (dass diese existiert, setze ich voraus) für ihr Studienfach artikulieren? Könnte es sein, so meine weiteren Überlegungen, dass ihre verhaltenen Reaktionen weniger mit ihnen selbst zu tun haben als mit dem Ausbildungssystem von Schule und Universität? Ist es möglich, dass sie in diesen durchorganisierten Strukturen einen Verhaltenskodex erlernt und verinnerlicht haben, der sie bislang sicher von einer Ausbildungsstufe zur nächsten getragen hat? Haben sie, die Absolventen kulturwissenschaftlicher Fächer, möglicherweise

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gute Gründe für ihre Vorsicht? Leben sie ihre Kreativität, ihre Neugier und intellektuelle Orientierung vielleicht an ganz anderen Orten aus als an ihren beruflichen Ausbildungsstätten? Schließlich treffen sie überall auf Sprachregelungen, nicht nur in der Schule. Vorgaben korrekten Sprechens sprießen so zahlreich und kräftig wie nie zuvor. – Kaum ein Themenfeld, das nicht durchsetzt ist von Tabus, Unwörtern und verfemten Begriffen. Allesamt erschweren sie das freie Sprechen, lassen es schwierig, ja sogar gefährlich werden. Am Ende, muss man fürchten, steht das Schweigen, das Ende des Gesprächs. Womöglich fürchten die Referendare, ihre gerade beginnende Laufbahn könnte an diesen oft unsichtbaren Barrieren und Untiefen vorzeitig zerschellen. Schulen und Universitäten, das haben sie begriffen, sind verbal verminte Gelände, in denen man sich mit eigenen Meinungen und Einschätzungen am besten zurückhält. Denn wer schweigt, macht immerhin keinen Fehler, verstößt nicht gegen die zahllosen – oft ungeschriebenen – aber ständig erweiterten Vorgaben und Prinzipien. Das würde aber auch bedeuten: Universitäten und Schulen fallen als Orte des freien Sprechens, des Ringens um bessere Einsichten aus. Hier wird, um Goethe zu variieren, der Geist nicht mehr trainiert – er wird dressiert, in spanische Stiefel eingeschnürt. 7 Warum ist es für die getreue Gefolgschaft oft so außerordentlich schwer, sich den vorgedachten Meinungen und Urteilen zu entziehen und sich gedanklich auf eigene Beine zu stellen? Warum ist es für die Entmündigten meist so mühsam, sich der an sie adressierten Bevormundung zu entziehen? Warum gelingt es so selten und dann nur mit allergrößten Anstrengungen, sich von den „Fußschellen der Unmündigkeit“ zu befreien?

Dunkelheit lässt sich nicht sehen Für Immanuel Kant, der ein sorgfältiger Beobachter der Menschen, ihrer Möglichkeiten, Grenzen und Freiheiten war, lag die Antwort auf der Hand. Lakonisch stellte Kant 1784 in seinem Essay „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“ zu den „Vormündern“ fest: „Nachdem sie ihr Hausvieh zuerst dumm gemacht haben, und sorgfältig verhüteten, daß diese ruhigen Geschöpfe ja keinen Schritt außer dem Gängelwagen,

7 Vgl. dazu: Johann Wolfgang von Goethe: Faust. Der Tragödie Erster Teil (1808). In Fausts Studierzimmer: „Mein teurer Freund, ich rat Euch drum /Zuerst Collegium Logicum./Da wird der Geist Euch wohl dressiert,/In spanische Stiefel eingeschnürt,/Daß er bedächtiger so fortan /Hinschleiche die Gedankenbahn,/Und nicht etwa, die Kreuz und Quer,/Irrlichteriere hin und her.“ – „Spanische Stiefel“ wurden in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen „peinlichen Befragungen“ als Folterinstrument verwendet.

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darin sie sie einsperreten, wagen durften: so zeigen sie ihnen nachher die Gefahr, die ihnen drohet, wenn sie es versuchen, allein zu gehen. Nun ist diese Gefahr zwar eben so groß nicht, denn sie würden durch einigemal Fallen wohl endlich gehen lernen; allein ein Beispiel von der Art macht doch schüchtern, und schreckt gemeiniglich von allen ferneren Versuchen ab.“ 8

Die unübersehbare Unterwerfungsbereitschaft der Bevormundeten sieht Kant dabei als den entscheidenden Dreh- und Angelpunkt. Das zentrale Übel, das den Menschen daran hindert, selbst zu denken, liegt für ihn in der menschlichen Bequemlichkeit. Trägheit, so wusste er, verträgt sich auf das Beste mit der Bereitschaft, sich selbst das eigene Leben von anderen diktieren, sie darüber befinden zu lassen, was gut sei und was schlecht, was angemessen und was überzogen, was richtig und was falsch sei. Der Mensch habe zwar einen Verstand –, aber er habe auch die Freiheit, ihn nicht zu benutzen. „Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt, u. s. w.: so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen. Daß der bei weitem größte Teil der Menschen (darunter das ganze schöne Geschlecht) den Schritt zur Mündigkeit, außer dem daß er beschwerlich ist, auch für sehr gefährlich halte: dafür sorgen schon jene Vormünder, die die Oberaufsicht über sie gütigst auf sich genommen haben.“ 9

Schweigen heißt, geurteilt zu haben Kants Erbe, das mutige Engagement für unabhängiges Denken und freies Reden, hat sich bis heute erhalten. Auf vielfache Weise wird dieses Erbe gepflegt, setzt sich an ganz unterschiedlichen Orten fort, wird auf oft ganz eigene Weise variiert und praktiziert. Die Filmemacherin und Kriegsberichterstatterin Düzen Tekkal, mit familiären Wurzeln in der Türkei, setzt sich in ihren Filmen ebenfalls mit den Folgen hyperfokussierter Fürsorge auseinander. 10 Diese, hat sie beobachtet, bringt neben vielen Worten auch und vor allem ein fatales Schweigen hervor. Um dies zu erklären, schaut sie zurück in ihre eigene Familiengeschichte. 8 Immanuel Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (1784) In: Wilhelm Weischedel (Hrsg.): Immanuel Kant: Werke in zehn Bänden. Darmstadt 1983, Bd. 9, S. 53–54. 9 Ebd., S. 53. 10 Düzen Tekkal, aufgewachsen in einer jesidisch-kurdischen Familie, hat zahlreiche Preise für ihre Arbeiten erhalten, unter anderem 2010 den „Bayerischen Fernsehpreis“.

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„Als mein Vater ganz neu war in Deutschland, stand er mit sehr vielen Muslimen zusammen am Fließband, und die waren durchaus fromm, sie beteten fünfmal am Tag. Aber ihre Religiosität war kein Problem. Das Problem entstand erst, als Verbände und Importimame das Thema Religion missbrauchten für ihre Klientel-Politik. Sie gaben den Neuankömmlingen nicht Heimat, sondern ermunterten sie zur Abgrenzung. Sie sind mitverantwortlich, wenn die „dritte Generation“, also die Kindeskinder der türkischen Zuwanderer, hierzulande nicht ankommen.“ 11

Die Filmemacherin zeigt kein Verständnis dafür, wenn der deutsche Staat „Feinde der Integration“, die sie insbesondere bei Predigern in deutschen Ditib-Moscheen sieht, gewähren lässt. Sie selbst wurde im Milieu der linken Multi-Kulti-Begeisterten sozialisiert, und beobachtet gerade dort, in einer ursprünglich zutiefst liberalen Umgebung, eine auffällige Stummheit, wenn es darum geht, Missstände in zugewanderten Religionsgruppen anzusprechen. Denn trotz all der wortstarken Stellungnahmen falle Vertretern dieses Milieus zu den problematischen Moscheen nicht viel mehr ein als der Topos, dass „wir die Religionsfreiheit nicht beschneiden dürfen“. Dieser Schutz jedoch, so Tekkal weiter, werde ausgerechnet denen verwehrt, die in Deutschland Zuflucht suchen genau vor den religiös angeheizten und motivierten Konflikten. Für Düzen Tekkal ist es nicht nur naiv, sondern geradezu gefährlich, dass die deutsche Öffentlichkeit sich bei der Bewertung dieser religiös motivierten Konfliktlinien zurückhält. 12

Verlassene Einzelgänger Auf fatale Weise ignoriert die weiterhin verbreitete Begeisterung für die „bunte“, die multikulturelle Gesellschaft die oft einsamen Mühen jener, die dem hermetisch geschlossenen Fundamentalismus ihrer Umgebung zu entkommen suchen, die sich gegen ihn zu wehren versuchen. Es ist paradox: Ausgerechnet jene Kinder und Jungendliche, die ihrem hermetisch abgeschlossenen Milieu entfliehen, sich eine sozial und weltanschaulich eigenständige Existenz aufbauen wollen – ausgerechnet diese jungen Menschen lassen wir oft allein. Ausgerechnet sie können auf keine Hilfe rechnen, müssen sich allzu oft damit abfinden, ganz auf sich allein gestellt zu sein, keinen Schutz, zumindest keinen institutionellen, zu finden. Denn die lokal ansässig „Beauftragten“ arbeiten in der Regel eng mit 11 Düzen Tekkal: Ich wünsch mir mehr Bekenntnis zur Freiheit ... In: Die Zeit, 1. Februar 2018, S. 50, a–d. 12 Vgl. DüzenTekkal: Deutschland ist bedroht. Warum wir unsere Werte jetzt verteidigen müssen. Berlin 2016.

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den Verbandsvertretern der Religionsgemeinschaften zusammen. Und so geraten jugendliche „Aufbrecher“, die den Liberalismus dieser Gesellschaft für bare Münze genommen haben, nicht selten in eine fatale Sackgasse, weil ihnen nach den ersten Schritten des Aufbruchs die Kraft für die nächsten Schritte fehlen. 13 Jeder aufmerksame Lehrer hat während seiner Berufstätigkeit junge Männer und Frauen kennen gelernt, die auf die integrierende Kraft dieser Gesellschaft vertrauten, ihre Herkunftsmilieus mutig verließen, dann aber von ihren jeweiligen Vormündern und deren Spionen (im Stadtteil) hart zurückgepfiffen wurden. Von den Mitgliedern ihrer Gruppe werden solche „Aufbrecher“ oft scharf angegangen und dafür sanktioniert, dass sie die Sprachspiele und Verhaltensvorgaben ihres Milieus nicht mehr einhalten, sondern sich anschicken, mit den Vorgaben ihrer Herkunft zu brechen. Entsprechende Sanktionen greifen bereits in denkbar frühen Stadien. Am Anfang kann es schon genügen, wenn sie in den Pausen deutsch sprechen oder Freundschaften quer zu den etablierten Gruppengrenzen schließen wollen. Jedes Zeichen, mit dem sie andeuten, dass sie in ihrem Leben eine ganz andere Richtung einschlagen, ihre konfessionelle oder ideologische Herkunft hinter sich lassen wollen, wird von ihren Aufpassern als Skandal, ja oft als mehr noch empfunden: Als Kriegserklärung an die eigene Gruppe. Entsprechend hart und unnachgiebig sind die Sanktionen, mit denen sie rechnen müssen, und die sie allzu oft eben auch erleiden. 14

Regionen tiefer Finsternis Wir professionellen Akteure im Bildungssystem „verstehen“ vor lauter Ignoranz viel zu viele Dinge, üben Nachsicht noch für die teils fragwürdigsten, rohesten und zynischsten Verhaltensweisen und lassen jene, die unseren Schutz brauchen, auf tragische Weise allein. Es ist paradox: Im Geist einer falsch verstandenen Toleranz überlassen wir diese einsamen, suchenden Menschen jenen, denen jegliche Toleranz fremd ist, die mit 13 Als Lehrer begegnen einem regelmäßig solche jungen Einzelgänger, die in der Bildung nach existentiellen Rettungsankern suchen, um dort Schutzmauern gegen beengende Lebensverhältnisse und Vorschriften zu finden. 14 Mühsame Aufbrüche mit empfindlichen Sanktionen haben etliche Autoren und Autorinnen in ihren Büchern thematisiert. Als Beispiele seien hier genannt: SeyranAte¸s: Große Reise ins Feuer. Die Geschichte einer deutschen Türkin. Berlin 2003. – In diesem Buch erinnert sich Ate¸s an die beengten Verhältnisse, aus denen sie sich persönlich befreit hat. Eine ebenfalls äußerst mühsame Befreiung beschreibt Deborah Feldmann, die in New York in eine jüdische Sekte hineingeboren wurde, deren Sinnbildungen allein um die Erinnerungen an den Holocaust kreisen. Deborah Feldmann: Unorthodox. Eine autobiographische Erzählung. München 2016.

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Toleranz nicht nur nichts anzufangen wissen, sondern die sie sogar verachten, sie als Schwäche oder Naivität auslegen. Zugleich ist den Verächtern des Liberalismus aber auch eines klar: Dieser Liberalismus bedroht ihr geschlossenes Milieu bis auf das Fundament. Sie spüren oder ahnen es: Greift eine offenere Lebensart Fuß, unterminiert sie etablierte Traditionen, Vorgaben und Verbote, die für dieses Milieu so typisch sind. Die von den Aufpassern und Spionen repräsentierten Welten drohen aufzuplatzen, ihre Grenzen und Zäune zu fallen. Eben darum ächten und verfolgen sie alle Divergenz – alle Dissidenz – so konsequent und brutal. Es ist merkwürdig: Im Namen einer – fragwürdigen kulturellen „Identität“ – als wären Identitäten zeitlos und gegen jede Veränderung gefeit, ja als wäre jeglicher Gedanke an Veränderung geradezu Verrat – stehen wir politisch loyal zu diesen Gruppen, insbesondere ihren Verbandsvertretern, die Veränderung und Kompromiss entschieden von sich weisen. Zugleich verweigern wir uns jenen, die der psychischen, intellektuellen und durchaus auch physischen Kontrolle durch ihre Gruppen oft hilflos ausgeliefert sind. Wollen die Betroffenen sich aus ihrer Gruppe lösen – ein im Grunde selbstverständlicher Vorgang jeder Emanzipation, ein Akt, auf den die europäische Kultur zu ganz großen, wenn nicht zu allergrößten Teilen ihre Identität gründet – und werden daran massiv gehindert, bleiben wir Lehrerinnen und Lehrer oft stumm. Wir bleiben stumm gegenüber einer Altersklasse, die so abhängig und verletzlich ist wie wenig andere sonst. In der Schule haben wir es vor allem mit jungen Menschen in der Pubertät zu tun, mit Personen also, die intensiv mit sich ringen, ihren Platz in der Welt suchen – und an ihrer freien Entscheidung teils massiv gehindert werden. Befreiung und Emanzipation scheitern vor unseren Augen, wertvolle liberale Energien werden vor unseren Augen aufgerieben – ohne dass uns das dazu bewegen würde, einzuschreiten, den jungen Leuten zumindest ideell zur Seite zu stehen. Stattdessen berufen wir uns auf die „kulturellen Besonderheiten“ jener, die diese jungen Leute brüsk und brutal in die Schranken weisen. Es ist wahr: Jede Gemeinschaft, jede Gesellschaft auch zeichnet sich durch „kulturelle Besonderheiten“ aus. Aber niemals in der Geschichte hatte eine Gruppe Anspruch darauf, diese Besonderheiten unbeschadet durch alle Zeiten zu bringen. Veränderung ist aller Entwicklung inhärent. Verbannen wir Veränderung, schaffen wir erstarrte, dogmatische, verkrustete Gesellschaften – Gesellschaften, die das exakte Gegenbild jener kulturellen Dynamiken darstellen, zu denen sich der Westen seit der Renaissance und in noch größerer Intensität seit der Aufklärung bekennt. Wenn sich der Westen durch eines auszeichnet, dann ist es dieses: Aufbruch, Dynamik, Veränderung – verbunden mit jeder Menge Zweifel. Oft sehr produktivem

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Zweifel, der den westlichen Gesellschaften einen zivilisatorischen Schub nach dem anderen verschafft hat. Verstehen wir uns weiterhin als Erben von Renaissance und Aufklärung, können wir nicht anders als dieses Prinzip auch in der Schule zu pflegen, in der Sorge um Menschen, die, einmal in Bewegung geraten, Veränderung als womöglich lebensrettenden Wert empfinden könnten, dem sie auf alle Zeiten verpflichtet wären. Dezidiert könnten wir in unseren Bildungsinstitutionen kreative, wache Menschen unterstützen, solche, die hohe Erwartungen an sich und ihre Umwelt stellen, die von sich selbst sehr viel verlangen, ihre Entscheidungen bewusst treffen und auf dieser Grundlage sich und die Welt verändern – man darf hoffen: Zum Positiven hin. Wir „könnten“. Derzeit scheint es oft genug, als täten wir das Gegenteil. Wir meiden die Kultur des offenen Austauschs, scheuen die öffentliche Kontroverse darüber, wie wir unsere Gesellschaft künftig gestalten – und in ihrer Dynamik durchaus auch erhalten – wollen. Mit unserer oft bornierten Ignoranz bereiten wir im Bildungsbereich eine Atmosphäre, die vieles fördert, nur viel zu wenig jene „aufbrechende Weltenwechsler“, auf die es doch sehr ankäme. Ohne unseren Beistand drohen sie vor unseren Augen zu verkümmern, ohne jene Sprache zu bleiben, die für sie doch so wichtig wäre, – eine Sprache, die ihnen hülfe, die Welt zu verstehen, zu interpretieren – und vor allem, um mit Marx zu sprechen, sie auch zu verändern. Tatsächlich aber haben wir ihnen kaum etwas anzubieten, fangen sie in unseren Bildungseinrichtungen viel zu selten auf, verzichten darauf, sie zu ermutigen auf dem stolprigen Weg, auf dem sie viel zu oft scheitern. Kann, darf das die Schule der Gegenwart sein? 15

15 Ein weiteres Problem übersteigerter Fürsorge, die sich ganz auf einen Aspekt konzentriert, dafür aber bei vielen anderen Problemlagen einfach wegschaut, schlägt sich im Antisemitismus unter Jugendlichen nieder. Das Beispiel eines Berliner Schülers wurde in der überregionalen Presse ausgiebig besprochen und untersucht. Der fünfzehnjährige Oskar Michalski erzählt, dass er, nachdem im Ethikunterricht durch einen Zufall bekannt wurde, dass er Jude sei, von türkischen Mitschülern regelrecht „hingerichtet“ wurde. Der eine Mitschüler „hatte eine Pistole in der Hand, sie sah sehr echt aus. Er hob den Arm und drückte ab. Für einen Moment hatte ich unglaubliche Angst. Es war eine Softair-Pistole mit Plastikmunition. Die Kugel traf mich. Aber ich hatte eine dicke Jacke an, deshalb hat es nicht so wehgetan, da hatte ich Glück.“ Die Eltern, die sich umgehend an die Lehrer und die Schulleitung gewendet hatten, waren besonders schockiert darüber, dass sie weder von der Schule noch den Behörden Unterstützung erhielten. Der Vater des „hingerichteten“ Jungen, Wenzel Michalski, schilderte bei „Anne Will“ die Reaktion von Schule und Behörden, die bisweilen mehr Verständnis für die Angreifer zeigten, statt schlicht durchzugreifen. Als das ganze dann doch zum Politikum wird, schlägt Sawsan Chebli, Bevollmächtigte des Landes Berlin und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales, vor, Pflichtbesuche in KZ-Gedenkstätten anzuordnen. Was sie bei dieser Talkrunde nochmals

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Im Grunde ist ein solches Vorgehen zutiefst reaktionär: denn es belässt und bestätigt die Schüler in genau jenen sozialen Identitäten, in die sie hineingeboren wurden, ohne Anteilnahme für jene, die sich vielleicht nichts sehnlicher wünschen, als sich von ihrem Herkunftsmilieu lossagen zu können, ihm zu entkommen. Autonomie, Mündigkeit, Aufbruch – sollten diese zentralen europäischen Werte womöglich nicht für alle gelten? Sind manche junge Menschen wirklich dazu verurteilt, exakt an dem Ort zu bleiben, an dem die Laune des Schicksals, – sprich die Geburt – sie hingestellt hat, nur weil ihre Familien sie an einem Aufbruch hindern? Was hemmt uns wahrzunehmen und zu verstehen, was wir in unseren Klassenzimmern sehen und hören? Sind wir vielleicht gar nicht so frei, wie wir alle glauben? 16

wiederholt. Was für eine eigenwillige Vorstellung vom „Lernen aus der Geschichte“, dass sich gleichsam von unsichtbarer Hand in den Köpfen der Täter im Wahrnehmen von Leid Mitleid entwickeln werde, auch wenn ihr sonstiger Alltag durchgehend von Hass und Gewalt geprägt ist, gerade ihretwegen junge Juden davor gewarnt werden, in der Öffentlichkeit religiöse Symbole zu tragen, weil es für sie zu gefährlich sei. Im Alltagsleben (westlich geprägter Demokratien) ist es schon schwierig genug, sich dem Mainstream kritisch zu entziehen. Jedoch noch weitaus schwieriger ist es für Mitglieder einer „hermetisch geschlossenen“ Umgebung oder Weltanschauungsgruppe, zu einem eigenständigen Denken und Urteilen zu gelangen. Denn mit allen nur erdenklichen Mitteln versuchen die jeweiligen bevormundenden Vordenker, die Aufbrechenden oder kritisch Fragenden unter Druck zu setzen und am Ausbrechen zu hindern, möglicherweise sogar mit perfiden Formen der Gewalt: Über Furcht einflößende Drohungen bei Aufbrüchen aus fundamentalistisch-geschlossenen (also extrem bevormundenden) Umgebungen. Über tapferes Durchhalten der Aufbrechenden und die erforderlichen Tugenden, um auf den mühseligen Pfaden geistiger Befreiung weiterwandern zu können. Für bedrohte Minderheiten wie jüdische Schüler in Berlin wäre es wichtig, dass offiziell Zuständige klar reagieren, egal ob es Lehrer, Polizisten, Schulbehörden oder „nur“ umherstehende Erwachsene sind. Betroffene Kinder und Jugendliche wünschen sich: Macht den Mund auf! Wenn etwas passiert, dann schaut nicht weg, sondern mischt euch ein! Hört zu! Und zwar allen, die sich gegen Antisemitismus stark machen. Vielleicht weist ihre Erfahrung neue Wege. Denn wenn es mit dem Inhumanitätspotential des 20. Jahrhunderts keinen angemessenen Umgang gibt, wenn diese schreckliche Möglichkeit menschlicher Gewaltfähigkeit und Bereitschaft von uns nicht im vollen Umfang gedacht und wahrgenommen wird, dann können wir auch keine Kultur des Humanismus gestalten, sind dazu verdammt, endlos in unserer „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ zu verharren. 16 Auf dem Hintergrund der vielschichtigen Problemlagen stellen sich zahlreiche Fragen, die nicht nur innerhalb des Bildungssystems von Bedeutung sind: Wie können Lehrerinnen und Lehrer junge Menschen auf ihren individuellen Wegen zum SelberDenken unterstützen? Wie können sie Selbstbildungsprozessen Impulse geben? Wie können sie junge Menschen dazu ermutigen, sich Räume für Freiheit, für Risiko, für Neugier, für ästhetische Erfahrungen, für Nutzloses, für Seitensprünge zu suchen? Kurz: Wie können sie Bildung unterstützen? Denn gewiss können Freiheit, Würde oder Emanzipation nicht gelernt oder gelehrt werden wie Rechnen und Schreiben, dennoch aber basiert unsere Gesellschaft darauf, dass Menschen diese Haltung ausbilden. – Die folgenden beiden Abschnitte skizzieren Überlegungen und Vorschläge, wie

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2. „Auf den Lehrer kommt es an“ Auf empirischem Grund „Auf den Lehrer kommt es an!“ Schon seit etlichen Jahren hallt dieser Ruf durch die bildungspolitischen Debatten. Das Ganze hat etwas latent Sensationsheischerisches: Der Unterton färbt den Ruf so, als wäre hier eine völlig neue Einsicht zu Gehör gebracht worden. Dabei liegt es auf der Hand: Lehrer spielen im Unterricht eine zentrale Rolle – wer auch sonst? Und jeder Schüler, jede Schülerin wird sich in späteren Jahren mit besonderer Dankbarkeit an diesen oder jenen Lehrer erinnern, dem er oder sie Entscheidendes verdankt: diese oder jene Erkenntnis, vielleicht aber auch die Liebe zum Fach überhaupt. Denn der Geist eines Faches, wie sollte er sich anders mitteilen, als zunächst einmal über den Geist des Lehrers? Darum ist es so unendlich wichtig, wer da vor einer Klasse steht, wie er mit Schülerinnen und Schülern ins Gespräch kommt, wie er auch sie zum Denken, Sprechen, Argumentieren bringt. So sehr es uns allen bewusst ist – so sehr geht es in vielerlei Hinsicht dennoch darum, den Verantwortlichen diese, wie man meinen könnte, Selbstverständlichkeit, nahe zu bringen. Denn die deutsche Bildungspolitik der vergangenen zwei bis drei Jahrzehnte hat sich, vielleicht darf man es sagen, verrannt. Sie hat vor allem auf Strukturreform, Methodenglauben, offene Lernformen, Heterogenität, kurz „lehrerneutrale Maßnahmen“ gesetzt – alle jene Unterrichtsdimensionen also, die die Persönlichkeit des Lehrers so weit wie möglich aus dem Unterricht zu nehmen versuchen, ihn geradezu „unschädlich“ machen wollen. Gewiss, es ist etwas daran: Es gibt Lehrer, die in der Interaktion mit den Schülern nicht immer ein glückliches Händchen haben. Seit geraumer Zeit (genauer: seit „Visible Learning“ von John Hattie 2009 17) besinnt man sich nun wieder vorsichtig darauf, dass Schule und Unterricht ohne Lehrer kaum durchzuführen sind. In seiner umfangreichen Metastudie weist der australische Bildungsforscher auf eindringliche Weise nach, was wir intuitiv doch längst wissen: dass die Wirksamkeit des Unterrichts maßgeblich vom Lehrer beeinflusst wird, genauer von den Herausforderungen und Zielen, die er seinen Schülern stellt. Es komme, so Hattie, ganz wesentlich auf den Habitus, den Auftritt, die performance des sich Lehrerinnen und Lehrer der historisch-politischen und kulturwissenschaftlichen Fächer auf diese Herausforderungen einstellen und in den erforderlichen Künsten üben können. 17 Vgl. John Hattie: Lernen sichtbar machen. Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von Visible Learning. Übersetzt von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer. Baltmannsweiler 2013.

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Lehrers an. Mit überraschender Deutlichkeit betont er die entscheidende Wirkung, die Emotionen – emotionale Qualitäten – im Unterricht spielen. Das sichtbare Engagement des Lehrers für die Lernprozesse, seine Beziehung zu den Schülern, die Verantwortung, die er für die Unterrichtsgestaltung übernimmt, durch die Art und Weise, wie er die Lerngegenstände konzeptionell einbindet: All dies ist für den Unterrichtserfolg von kaum zu überschätzendem Einfluss. Im Unterricht, daran erinnert uns Hattie, stehen Menschen im Mittelpunkt. Menschen aber sind verschieden. Sie sind eigenwillig, haben unterschiedliche Temperamente, weichen voneinander ab in der Art, intellektuelle Herausforderungen anzugehen. Eben darum ist der Unterricht – ist jede Unterrichtsstunde – eine höchst eigenwillige Reise mit ungewissem Ausgang. Reisefieber könnte diesen Einlassungen immer wieder neue Spannung vermitteln. Die Fähigkeiten des Lehrers, seine Persönlichkeit, sein Verstehen, seine Umsicht und seine Ermutigungen seien also der wirkungsvollste Einflussfaktor für erfolgreiches Lernen von Schülerinnen und Schülern. Das klingt – meint man – banal. Das wisse doch jeder – glaubt man. Die tägliche Erfahrung lehrt aber: Trotz seiner hohen Evidenz bleibt dieser Satz seltsam unberücksichtigt, in der Theorie, darum auch in der Praxis.

Was ist der Mensch? Die Frage nach dem Menschen bildete bereits das Leitmotiv der Philosophie Immanuel Kants. Auch Lehrer werden sich bei ihrer Berufswahl diese Frage in der einen oder anderen Weise gestellt haben. Die Frage, was der Mensch sei, mag sich einer endgültigen Antwort entziehen. Das hindert nicht, sie immer wieder zu stellen. Denn ohne eine, wenn vielleicht auch erst einmal provisorische Beantwortung dieser Frage, wäre der Schulalltag gar nicht denkbar, nicht durchzuführen, nicht zu handhaben: Was haben wir mit anderen Menschen gemeinsam? Was sind unsere Unterschiede? Welche Bedeutung räumen wir den Unterschieden unserer Traditionen, Haltungen und Einstellungen ein? Der Alltag spült Fragen dieser Art unablässig heran, in vielfacher Weise, immer wieder anders, immer wieder neu. Tagaus tagein verlangt diese Frage zwar nicht nach endgültigen, wohl aber provisorischen Antworten. Bleiben sie aus, drohen die Konflikte an einer Schule zu eskalieren. Es liegt auf der Hand: Erste Antworten auf die Frage, was der Mensch sei, reichen für ein langes Lehrerleben kaum aus. Sie stellt sich nicht nur Berufsanfängern, sondern auch altgedienten „Hasen“. Denn die Schule ist zwar ein Ort des Lernens. Sie ist aber auch eine Bühne, ein Marktplatz der

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Nation, auf dem die großen Konflikte in besonderer – eben jugendspezifischer – Form zur Austragung drängen. Die Vorstellung von der Schule als „geschütztem Raum“ ist ein hohes und durchaus ernst zu nehmendes, verpflichtendes Ideal, das sich aber umfassend nie erfüllen lässt. Die Schule, und in ihr besonders das Klassenzimmer, ist auch eine Arena der Ideen, der Weltanschauungen. Und die Aufgabe von uns Lehrern ist es, die Ringkämpfe in zivilisierten Formen zu halten, sie nicht in rohe Gewalt abgleiten zu lassen, sei es körperliche, sei es verbale. Vielmehr müssen wir die Schüler dazu bringen, sich Diskussion, Verständigung und Austausch zu stellen – Fähigkeiten also, die sie zunächst vielleicht als Zumutung wahrnehmen. Ohne entsprechende Zumutungen unsererseits kann es allerdings in der Tat nicht gehen. Das Klassenzimmer: Es ist auch die hohe Schule der Zivilität. Diese wiederum ist die Grundbedingung einer funktionierenden Bürgergesellschaft. Diesen gesellschaftlichen Lernort gestalten Lehrerinnen und Lehrer maßgeblich mit. In der schulischen Lebenswelt steht jeder dem „Anderen als Fremden gegenüber und ist selber für den Anderen ein Fremder“ 18. Damit daraus ein gedeihliches Miteinander werden kann, bedarf es zahlreicher Voraussetzungen und Einsichten. Und allen Beteiligten ist klar, dass dieses alles andere als selbstverständlich ist.

In interkulturellen Klassenzimmern Unsere Zukunft ist schon lange nicht mehr monokulturell. Im interkulturellen Klassenzimmer stehen daher Sinn- und Wertfragen, Selbst- und Weltverhältnisse noch einmal in besonderer Weise „im Feuer“ und stellen spezifische Anforderungen an die Lehrerinnen und Lehrer. Die Konflikte dieser Welt werden zum Teil auch auf unseren Schulhöfen ausgetragen. Die Migration der letzten zwei bis drei Jahre spitzt all die aufgeworfenen Fragen nach dem Menschen nochmals weiter zu. In bisher nicht gekannter Weise gerät der konkrete Schulalltag in Bewegung. Allen Beteiligten fordert er das Äußerste ab. Tag für Tag gilt es, im Unterricht sämtlicher Schulformen und Fächer bislang unbekannte Herausforderungen zu lösen. Mit jedem Schuljahr werden an fast allen Schulen neue Klassen für Kinder und Jugendliche eingerichtet, die die vertraute Umgebung ihrer Herkunftsländer verlassen haben, um nun in einer fremden, neuen Welt irgendwie Fuß zu fassen – eine gewaltige Herausforderung, bei der die stabile Umgebung des deutschen Schulsystems sie so gut wie möglich unterstützen soll.

18 Jörn Rüsen: Einleitung. In: Henner Laass u. a. (Hrsg.): Lesebuch Interkultureller Humanismus. Texte aus drei Jahrtausenden. Schwalbach /Ts. 2013, S. 10.

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Damit gerät das System auch selbst unter Druck: Nach dem verstärkten Zuzug der letzten Jahre gilt es, Kinder und Jugendliche zu integrieren, die größtenteils noch kein Deutsch sprechen, manchmal nicht einmal alphabetisiert sind, deren Familien bis jetzt ohne Schrift ausgekommen sind und die sehr oft auch ganz andere Vorstellungen von den Fundamenten eines Gemeinwesens und den üblichen Umgangsweisen im Schulbetrieb mit sich tragen. Dies stellt allerhöchste Anforderungen an die Konfliktfähigkeit aller beteiligten Personen, lässt das tägliche Miteinander in all seinen Höhen und Tiefen doch keinen Beteiligten gleichgültig, weder auf Seiten der Lehrer noch der der Schüler. In dieser Situation werden viele neue Ideen entworfen, teils mit Feuereifer umgesetzt – und bisweilen auch rasch wieder fallen gelassen. Wir befinden uns in einer Situation, die uns erhebliche Improvisationskunst abverlangt, in der Praxis ebenso wie in der Theorie. Wie geht man um mit Menschen, die „wir“ – die Lehrer – noch kaum kennen, von deren Weltbildern und Überzeugungen wir noch keinen hinreichenden Eindruck haben? Wie reagieren wir auf Vorstellungen, die uns nicht nur fremd sind, sondern an deren Normen und Werten wir möglicherweise erheblichen Zweifel haben? Es gibt Konflikte, und man geht wohl nicht falsch in der Annahme, dass sie in Zukunft noch zunehmen werden. Immer deutlicher zeigt sich, dass das interkulturelle Klassenzimmer vor allem dies ist: eine Bühne für weltanschauliche Konflikte. Wie sich Aufnahme- und Zuwanderergesellschaft zueinander verhalten, welche Normen sich die derzeit entstehende neue Gesellschaft gibt, wer sich wie „integriert“ – über all dies herrscht auch in der Bildungspolitik alles andere als Einvernehmen. Kurzum: „Die Heftigkeit der Kontroversen zeigt, dass die Migrationen an den Grundlagen des Selbstverständnisses aller Betroffenen rütteln. Hoffnungen und Ängste, kluge Projekte und bittere Konflikte stehen sich gegenüber. Jede Seite richtet Vorwürfe, Anklagen und Forderungen gegen die andere und bemüht sich zugleich, Möglichkeiten der Verständigung zu finden und eine gemeinsame Basis nicht nur der Toleranz, sondern der Bürgergesellschaft zu finden.“ 19

Eines lässt sich aus bildungspolitischer Sicht jetzt bereits sagen: Gebraucht werden Lehrerinnen und Lehrer, die den Mut haben und in der Lage sind, Konflikte in geordneten Bahnen auszutragen. Gebraucht werden Lehrer, die in einem interkulturellen Kontext zu einem gegenseitigen Verstehen motivieren können. Mitglieder unterschiedlicher Kulturen haben unterschiedliches Konfliktverhalten, unterschiedliche Wertvorstellungen von Bildung, von Religion. Dies macht ein Miteinander störanfällig: Sitten, 19 Ebd., S. 9.

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Sprache, Gebräuche, Traditionen, Zeitgefühl, Ehrgefühl, Hierarchien, Entscheidungsgepflogenheiten sind stark durch kulturelle Identitäten geprägt.

Was tun? Gebraucht werden darum auch Lehrer, die in der Lage sind, diese Spannungen nicht nur zu ertragen, sondern sie in Dialoge münden zu lassen, die den Widerstreit als Rohstoff des Gesprächs sehen. Um das aber in der nötigen Entschiedenheit tun zu können, brauchen sie auch eine entschiedene Politik, einen entschiedenen politischen Bildungsauftrag im Rücken, der die Probleme nicht nur organisatorisch oder „sensibel“ verwaltet, sondern sich auch auf inhaltliche Kontroversen – wie den Streit über demokratische Werte – einlässt, ohne Konflikte zu scheuen. Die Erwartungen der Gesellschaft und Politik an die Lehrer sind also hoch. Sie stehen erheblich unter Druck, denn die Kultusbürokratie hält sie an, sich zusammen mit ihren Schulleitungen zügig etwas einfallen zu lassen, um eine produktive Bewältigung all der interkulturellen Begegnungen zu gewährleisten – und zwar ungeachtet des Umstands, dass eine begleitende oder orientierende Debatte nicht stattfindet. Doch wie können Lehrer, auf die es nach Hattie ja „ankommt“, ihre Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, mit Paradoxien und Komplexitäten umzugehen? Wie sollen sie sie anleiten, Konflikte auszuhalten und zu gestalten, und bei alledem noch ihre Handlungen und Gefühle selbstkritisch zu reflektieren? Wie kann es weiter gehen in einer Zeit „konzeptioneller Ratlosigkeit und Verwirrung“, in der bildungspolitische Debatten über die Grundlagen unseres Gemeinwesens derart ambitionslos geführt werden wie derzeit? „Demokratie“, „Menschenrechte“, „Pluralismus“ oder „Toleranz“: Normen wie diese brauchen Demokraten, – also Personen, die sich der Tragweite der normativen Anforderungen hinreichend bewusst sind, die sie verstehen und immer wieder neu mit Leben zu füllen vermögen. Nebenbei: Man sieht, dass diese Aufgabe unendlich ist. Schüler wachsen nach, Lehrer wachsen nach: Die einen müssen sich mit den Normen vertraut machen, die anderen sie weitergeben. Der Prozess der Aufklärung, mit dem wir unsere Überlegungen ja begannen, ist, ebenso wie die Moderne generell, ein unvollendeter, unvollendbarer. Mündigkeit ist kein Zustand, sondern ein anzustrebendes Ideal, ein Ziel – und zwar eines, das uns tagtäglich neue Anstrengungen abverlangt. Anders gesagt: Was ist die Aufforderung zur Mündigkeit, wenn nicht eine Zumutung? Und so wird die Kunstfertigkeit, mit kulturellen Differenzen produktiv und gewaltfrei umzugehen, zu einer basalen Kulturtechnik wie Rechnen, Schreiben, Lesen.

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„Einen wichtigen Ort der Diskussion und Verständigung, der zur Bürgergesellschaft erziehen soll, bieten die Schulen. Der soziale Alltag aller Schulen und so gut wie jedes der Unterrichtsfächer sind pädagogisch ohne das Bewusstsein kultureller Differenz nicht mehr zu verstehen und zu handhaben.“ 20

3. Demokratie braucht Demokraten 21 Größtmögliche Lichtstärke Wie wäre es, wir übten uns in einer Kultur des offenen Diskurses, und des Widersprechens und des Streitens? Wie wäre es, wir leuchteten die in unseren „interkulturellen Klassenzimmern“ schwelenden Konflikte aus, und zwar in der größtmöglichen Lichtstärke? Um diese Aufgabe kommen wir langfristig wohl kaum herum. Denn schwelende Konflikte gehören zwar zu allen Schulklassen, dürften aber in demselben Maß steigen wie die Vielfalt und Unterschiedlichkeit ihrer Mitglieder. Darum sind sie – und sind wir, die Lehrer – auf Strategien erfolgreicher Konfliktbearbeitung dringend angewiesen. Einer nur scheinbar naheliegenden Reaktion müssen wir uns allerdings verweigern: dem Drang zum voreiligen Konsens. Denn so sehr er sich auf den ersten Blick anbietet, so sehr verfehlt er das Wesentliche: die Einsicht, dass es Differenzen gibt und wir mit ihnen umgehen müssen. Die friedlich ausgetragene Kontroverse ist das Fundament, auf dem unsere wertvollsten zivilisatorischen Errungenschaften aufbauen. Wie wenig selbstverständlich diese Bereitschaft zur Friedfertigkeit ist, haben wir in langen Jahrhunderten von Kriegen und Vernichtung lernen müssen. Umso mehr müssen wir nun darauf achten, Friedfertigkeit nicht mit einer voreiligen Akzeptanz problematischer Weltbilder zu verwechseln, oder gar, mit dem französischen Schriftsteller Michel Houellebecq 22 gesprochen, uns schlimmstenfalls gar den Weltbildern der Anderen zu unterwerfen. Kontroversen können nur in geschützten Räumen ausgetragen werden. Das bedeutet, dass sich sämtliche Positionen auf nichts anderes stützen dürfen als auf das argumentierende Wort. Alle anderen Ressourcen – das laute, das einschüchternde oder gar das drohende Wort sind genauso unzulässig wie entsprechende Gesten oder womöglich Gewalteinsatz. Aufgabe der Lehrer ist dabei, strikt auf die Einhaltung der Gesprächsregeln zu 20 Ebd., S. 9–10. 21 Diese Formulierung geht auf Friedrich Ebert, den ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik zurück. Der Aufbau der Demokratie war ihm ein Kernanliegen, das er besonders dadurch gefährdet sah, dass die Menschen den besonderen Anforderungen womöglich nicht gewachsen sein könnten. 22 Vgl. Michel Houellebecq: Unterwerfung. Köln 2015.

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achten. Die Schule soll ein Raum bleiben, in dem Konflikte einzig und allein auf der Grundlage friedlicher verbaler Kommunikation ausgetragen werden. Diese Voraussetzung dürfen wir auf keinen Fall preisgeben – es wäre das Ende der Schule, wie wir sie kennen, ja mehr noch: Es wäre wohl das Ende unserer politischen Kultur, wie wir sie kennen – und aus guten Gründen schätzen, ja für überlebensnotwendig halten. Deshalb ist es wichtig, Konflikte nicht nur „lösen“, sondern sie auch „austragen“ zu können. Hier haben die persönlichen Fähigkeiten der Lehrerinnen und Lehrer einen tragenden Part.

Streiten nach Regeln Die österreichische Philosophin Marie-Luisa Frick setzt sich in ihrem Buch „Zivilisiert streiten“ 23 systematisch mit der Frage auseinander, wie man in Demokratien mit seinen Konfliktgegnern umgehen sollte und wie man diesen Umgang trainieren kann. Sie betont, dass es bereits für Kinder und Jugendliche dringend geboten sei, sich in einer Kultur des offenen Denkens zu üben, Konflikten und ihrer Bearbeitung den erforderlichen Raum zu geben, die sie brauchen, die Existenz unterschiedlicher Positionen anzuerkennen – und eben nicht zu leugnen. Denn erst im Kontrast oder Vergleich mit anderen Standpunkten lassen sich die jeweiligen Positionen wirklich überzeugend herausarbeiten, erweisen sie ihre Stärken – und unter Umständen auch ihre Schwächen. „Sich auf andere Meinungen einzulassen, das gute Argument auch auf der Gegenseite zu erkennen, Andersdenkenden zuzuhören und sie ernst zu nehmen, ist mit Schwierigkeiten und einiger Selbstüberwindung verbunden. Die Bereitschaft, die eigene Perspektive zu überschreiten und mit anderen in echte Begegnungen zu treten, ist in Zeiten von digitaler Abschottung und ‚Filterblasen`, Radikalisierung und Erosion politischer Kultur weniger selbstverständlich denn je.“ 24

Das heißt auch: Der schulische Dialog der Zukunft, wie hier umrissen, mündet mitnichten in eine Einbahnstraße. Wo sich das argumentative Wort entfalten kann, da sind die Lösungen zunächst unabsehbar. Denn selbstverständlich lassen sich als selbstverständlich erachtete Positionen auch revidieren. Der offene Dialog ist ein Wagnis – eben darum braucht es Mut, Entschiedenheit und eine reflektierte Auseinandersetzung mit den eigenen Positionen. Wenn es heißt, Vielfalt mache uns stärker – dann ganz 23 Marie-Luisa Frick: Zivilisiert streiten. Zur Ethik der politischen Gegnerschaft. Stuttgart 2017. 24 Ebd., S. 7.

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gewiss in dem Sinn, indem sie uns zwingt, unsere Positionen besser zu überdenken, besser zu begründen – und, wenn es sein muss, eben auch zu revidieren. Wir gäben dem besseren, dem klügeren Argument nach – und würden dadurch, als Individuen, als Lehrer wie auch als Gesellschaft klüger. Dies allerdings unter einer ehernen Voraussetzung, nämlich der zivilisierten Kontroverse im oben beschriebenen Sinne. Wenn es Lehrern als den Moderatoren interkultureller Konflikte gelingt, subtile Diskursbeschränkungen zu erkennen und diese zu beseitigen, dann sollte es auch gelingen, die Schülerinnen und Schüler Worte des Verstehens und der Orientierung finden zu lassen. Ein Anfang wäre gemacht. Diesen gilt es dann fortzuführen. Für Lehrer und Schüler wäre das ein eindrückliches, vielleicht kann man auch sagen: bewegendes Erlebnis: Im besten Fall sehen sie, wie allgewohnte Positionen sich verschieben und entwickeln. Wichtig bei den Suchbewegungen der Gedanken wäre es, dass Angst oder Furcht vor sozialen Sanktionen in den Hintergrund treten. Denn eigenständige Meinungen können sich nur entwickeln, wenn sie im Licht des argumentativen Austauschs sichtbar und beweglich bleiben. Denken macht nur frei, wenn man es selbst tut. Für Lehrer ist es bedeutsam, die „konzeptuellen Spannungen“ der Konflikte auszuhalten. Denn: Streiten will gelernt sein! Für Marie-Luisa Frick gehören Konflikte „wesenhaft zum Politischen“. Sie kritisiert deliberative Modelle – wie beispielsweise das Modell von Jürgen Habermas zum „herrschaftsfreien Diskurs“. 25 Diese, ist sie überzeugt, idealisierten des Konsens und drohten damit die Demokratie, verstanden als friedliche Streitkultur, auszuhöhlen. Die Idealisierung des „herrschaftsfreien Diskurses“ bereite nämlich einer Fehlentwicklung den Boden: Erklärten Konsens-Idealisten einen Vorschlag für unvernünftig, dann stehe er nicht mehr zur Debatte. Moralische „Autorität“ – man muss das Wort in Anführungszeichen setzen – tritt an die Stelle des Widerspruchs. Dieser ist damit ausgehebelt – und die Demokratie um eines ihrer wichtigsten Instrumente beraubt.

Schmerzkünstler Nach Fricks Demokratieverständnis hingegen müssten sich politische Konflikte gar nicht in Konsens auflösen, ja mehr noch: Sie müssen sich überhaupt nicht auflösen. Ohne gegenseitige Bevormundung sei unter gleichermaßen souveränen Bürgern nämlich ohnehin stets mit unvereinbaren Interessen zu rechnen. Deren Existenz dürfe aber nicht verschwiegen werden, im Gegenteil: Es komme zwingend darauf an, sie öffentlich aus25 Ebd., S. 25–26.

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zutragen. Konflikte, so ist Frick überzeugt, müssen sichtbar bleiben. Nur dann bestehe die Möglichkeit, sie nach festen Spielregeln auszutragen. Wie, fragt Frick, gehen wir eigentlich damit um, dass Meinungen keine absolute Wahrheit kennen, dass jeder auf seine Weise recht hat? Vor dieser Zumutung der Relativität nennt sie zwei Prinzipien, die jeder Konfliktteilnehmer in einer demokratischen Auseinandersetzung anerkennen soll: 1. Meinungen sollen so vertreten werden, dass sie die gleiche Souveränität möglichst aller achten (Demokratisches Prinzip). 26 2. Meinungen sollten so vertreten werden, dass sie das geteilte Menschsein aller achten (Menschenrechtliches Prinzip). 27 Vielfalt unter den Bedingungen der Fairness aushandeln: So könnte man das zivilisatorische Prinzip multikultureller Gesellschaften umreißen. Die eigenen Überzeugungen zu vertreten heißt nicht, die anderen für ungültig zu erklären – jedenfalls da nicht, wo sie nicht die grundlegenden Prinzipien des Zusammenlebens berühren. Vielfalt ist Zumutung. Sie gilt es zu ertragen. Auch der Jurist Volker Kitz hält nichts von Konsensidealen. 28 Diese, so sein Argument, würden alle anderen Positionen, die nicht in das jeweilige Weltbild passen, schlicht aussperren. Wahre Vielfalt, so betont er, schmerzt. Ein wahrer Demokrat ist für ihn daher „ein Schmerzkünstler“. Schmerzen gelten ihm darum „nicht als Krankheit, sondern als Lebenszeichen einer Gesellschaft, in der es höhere Werte gibt als kleinkarierte Rechthaberei: wahre Freiheit, wahre Vielfalt und wahre Toleranz. Diese Gesellschaft schmerzt nicht nur. Sie nährt auch eine aufgeklärte Gelassenheit, die uns durch turbulente Zeiten lotst.“ 29

Es liegt auf der Hand: Sowohl für Marie-Luisa Frick als auch für Volker Kitz ist der Dissens ein entscheidendes, vielleicht sogar das zentrale Element eines demokratischen Gemeinwesens. Darum kommt es für beide darauf an, eine Ethik demokratischer Haltungen zu entwickeln, die die Menschen dazu anhält, sich von fremden Meinungen nicht irritieren – im Wortsinn: „entzürnen“ – zu lassen, sich nicht gleich abzuwenden, sondern trotz aller Schwierigkeiten im Gespräch zu bleiben. Für beide Autoren ist es durchaus denkbar, sich auch mal zu überwinden, dem Anderen zuzuhören, beim Gespräch nicht nur der eigenen Intuition zu folgen, sondern – zunächst – über sich selbst hinauszugehen, sich dem Argument des Gegenübers zu öffnen und versuchsweise darauf einzulassen. Das heißt auch: 26 Ebd., S. 49. 27 Ebd., S. 72. 28 Vgl. Volker Kitz: Meinungsfreiheit. Demokratie für Fortgeschrittene. Frankfurt am Main 2018. 29 Volker Kitz: „Wir lernen den Umgang mit anderen Religionen und Kulturen, nicht aber mit anderen Meinungen“. In: Die Zeit, 8. März 2018, S. 56.

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Diskussionsverweigerung, Sanktionierung von Diskussionsbeiträgen, Gesprächsabbrüche, oder auch Dämonisierungen sollten wir nicht hinnehmen. „Dass Menschen sich auch dort, wo sie vielleicht von anderen und ihren Meinungen irritiert sind, nicht gleich abwenden, sondern versuchen, trotzdem ein Gespräch zu führen, auch mal einen Schritt mehr auf das Gegenüber zuzugehen, als man es sonst machen würde. Dass man seine Frustrationstoleranz erweitert und dass wir Gespräche nicht gleich abbrechen, wenn bestimmte Begriffe fallen und wir den anderen mit seinen Einstellungen unangenehm finden.“ 30

Wie aber kann man die hohe Kunst des Streitens lernen? Niemandem ist es gegeben, über Nacht oder durch plötzliche Eingebung zum Meister dieser Disziplin zu werden. Denn neben einem differenzierten Regelwissen braucht es auch langjährige Übung, dazu Stil, Haltung und eine persönliche Handschrift – sowohl des Streitmoderators, als auch der Teilnehmer am Streitprozess. Sollten künftige Lehrer das Glück haben, auf ihrem individuellen Bildungsweg einem Künstler dieser Disziplin zu begegnen, bekämen sie möglicherweise eine – wenn vielleicht auch schwache – Ahnung davon, wie voraussetzungsreich dieses Unterfangen ist. Denn es ist eine Kunst, sich mutig und neugierig auf das Risiko des Streitens und das Moderieren von Streitfällen einzulassen. Vielleicht wäre es ihnen dann sogar möglich, auf die produktiven Dynamiken eines Streites zu vertrauen. Denn zu Beginn weiß man ja nie, wie das Wagnis ausgeht.

4. Kreise mit Meister Streiten mit Stil Jörn Rüsen ist ein solcher Stilist des Streitens, ein Streitkünstler. Wer das Glück hatte, ihn in den Bielefelder Universitätsseminaren als Lehrer zu erleben, der absolvierte zugleich auch noch ein Intensivtraining in humaner Streitkultur. Denn sowohl in kleinen Seminarkreisen als auch in Veranstaltungen mit Hunderten von Besuchern kristallisierten sich nach kurzem Anlauf meist zügig Kontroversen heraus, in denen es um nicht weniger als „das Ganze“ ging: um das Menschsein in der Zeit, um die

30 Deutsche Welle: Streitkultur: Digitalisierung gefährdet Meinungsvielfalt. Die Philosophin Marie-Luisa Frick spricht im DW-Interview über die Parallelen von Demokratie und sportlichen Wettkampf und den Wert von echten Begegnungen in einer digitalisierten Welt. 4. Dezember 2017.http://www.dw.com/de/streitkultur-digitalisierunggef.

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Vielfalt der kulturellen Orientierungen in der menschlichen Lebenspraxis, um die Deutungen des Menschseins in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. In Rüsens Seminaren und Kolloquien trafen sich Menschen, die engagiert und offen für Kontroversen über Gegenwartsfragen im Spiegel der Vergangenheit nachdenken wollten, sich manchmal bei ihren Gedanken über die Zukunft auch sorgten. Weiter kam man aber auch zu seinen Seminaren, um „Rüsen zu erleben“, um dabei zu sein, wenn sich in der Auseinandersetzung um das jeweilige historische Thema ganz unerwartet neue Weltorientierungen auftaten, in so manches Dunkel erhellende Schweinwerfer der Reflektion leuchteten. Über Rüsens performance wurde auch in den Cafés und Salons der Stadt diskutiert. Seine Veranstaltungen waren ein kulturelles Ereignis. Nachdem ihn auch noch die Senior-Studierenden als virtuosen Denker entdeckt hatten, wurde in vielen Familien und Freundeskreisen heftig über den „Balanceakt des Menschen auf dem Drahtseil der Zeit zwischen dem ‚nicht mehr` und dem ‚noch nicht`“ debattiert. Den Studierenden stellte Rüsen oft recht präzise Fragen: „Was genau heißt das?“ „Woher wissen wir, dass es so ist?“ Blinde Gewohnheiten des Denkens und Redens, modischer Unijargon wurden von ihm unerbittlich hinterfragt. Nach und nach vertiefte sich den Seminarteilnehmern ein Verständnis dafür, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, das menschliche Leben zu führen. In den „Nachspielzeiten“ seiner Seminarveranstaltungen dynamisierten sich die Sitzungsthemen oft noch in ihren brisanten Dimensionen, so dass kein Seminarteilnehmer mit Blick auf die Uhr auf die Idee gekommen wäre, womöglich den Raum zu verlassen, um anderen Terminen entgegen zu eilen. Neben manchmal erschütternden Prozessen der Selbst- und Welterkenntnis ging es oft auch um Balancen der moralischen Sensibilität, der ästhetischen Erfahrung. Vielfältige Perspektiven prallten aufeinander. Nicht selten kam man später und in ganz anderen Kontexten wieder darauf zurück.

Hoch belichtet Denken Rüsens meisterhafter Stil des Streitens hatte allerdings zugleich auch programmatischen Charakter. Nicht nur rein phänomenologisch hielt er sich an die Normen und Konventionen einer zivilisierten Streitkultur, die seinem ästhetischen und ethischen Empfinden entsprechen. Vielmehr führte er im Streiten zugleich auch leibhaftig vor, wie er sich die Mühen am „Geschichtsbewusstein“ – den „Inbegriff der mentalen (emotionalen und kognitiven, unbewussten und bewussten) Operationen, durch die die Er-

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fahrung von Zeit im Medium der Erinnerung zu Orientierungen in der Lebenspraxis verarbeitet werden“ – eigentlich vorstellte. Sein streitbarer Verhaltensstil illustrierte den Seminarteilnehmern eindrücklich, welche Bedeutungen er in den einzelnen Denkweisen über die Vergangenheit sah, die er in seiner „Typologie des historischen Erzählens“ unterscheidet. Denn so „richtig in Fahrt“ kam Jörn Rüsen meist erst dann, wenn historische Deutungen im Medium der beiden Erzählweisen in Bewegung, dem „kritischen“ und dem „genetischen“ Erzählen, verhandelt wurden. 31

5. Humanismus kontrovers – ein „Geschichtszeichen“? Weit hinaus Sind wir wirklich dazu aufgerufen, von unserem Denken Gebrauch zu machen und uns in kontroverse Debatten zu begeben, wie in den vorhergehenden Passagen umrissen? Immanuel Kant jedenfalls würde es so sehen. Nach seinen beiden geschichtsphilosophischen Schriften ‚Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht` (1784) und ‚Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte` (1786) nahm der Königsberger Philosoph 1798 in seiner dritten Ausarbeitung zur Geschichtsphilosophie die Schrecken der Französischen Revolution zum Anlass, seine anfangs noch verhalten optimistische Sicht zum Geschichtsverlauf zu modifizieren und sich entschieden gegen jeden ‚naiven` Aufklärungsoptimismus zu wenden. In seiner 1798 erschienen Schrift ‚Streit der Fakultäten` stellt er die Frage: „Ob das menschliche Geschlecht im beständigen Fortschreiten zum Besseren sei?“ 32 Das Ergebnis, zu dem er kam, war ernüchternd: Alle empirische Erfahrung spreche gegen eine schwärmerische Fortschrittsgewissheit. Fortschritt müsste von „freihandelnden“ Wesen verwirklicht werden, daher drohe auch ständig die Gefahr des Rückfalls „in alte Rohigkeit“. Denn der Gebrauch seiner Vernunftanlagen stehe dem Menschen frei und das heiße auch: er müsse nicht zwingend auf sie zurückgreifen. Anders gesagt: Nach Kant kann der Mensch durchaus unterhalb seiner eigenen Ansprüche oder Möglichkeiten agieren – eine Option, die jederzeit möglich ist, auch wenn wir sie uns kaum mehr leisten können. 31 Vgl. Jörn Rüsen: Historisches Lernen. In: Klaus Bergmann u. a. (Hrsg.): Handbuch der Geschichtsdidaktik, 3. Auflage. Düsseldorf 1985, S. 224–229. 32 Vgl. Immanuel Kant: Der Streit der Fakultäten (1798). Zweiter Abschnitt: Der Streit der philosophischen Fakultät mit der juristischen. Erneuerte Frage: Ob das menschliche Geschlecht im beständigen Fortschreiten zum Besseren sei? In: Kant 1983 (Anm. 8), Bd. 9, S. 351–368.

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Allerdings müsse es doch, so meinte Kant, irgendeine Erfahrung geben, die zeige, dass es in der Menschengattung eines gebe: ein Fortschreiten zum Besseren. Diese Erfahrung nennt er ein Geschichtszeichen. Im Geschichtszeichen liegen für ihn „schwache Spuren der Erfahrung“, die ihm als Indiz für einen erwartbaren Endzustand der Geschichte gilt. Geschichtszeichen sind demnach nicht einzelne politische Fakten, nicht einzelne vom Menschen verrichtete Taten oder Untaten, sondern vielmehr Tatsachen, die auf dem Menschengeschlecht als solchem zuschreibbare Eigenschaften hinweisen können: auf seine „Teilnehmung dem Wunsche nach“, in der sich die moralische Anlage des Menschen als Fähigkeit zur Anteilnahme manifestiert. Damit Fortschritt möglich sei, müsse in einem Staat Publikationsfreiheit herrschen. Denn die Philosophen – sie könnten diesem Prozess wesentliche Impulse zum Besseren hin geben – sollen sich wirkungsvoll und unter Anteilnahme des lesenden Publikums austauschen können. Hier taucht er wieder auf, Kants Appell an jeden Menschen, von seiner Freiheit Gebrauch zu machen, selbst zu denken und die eigene Meinungsbildung nicht den Vormündern zu überlassen, „Faulheit“ und „Bequemlichkeit“ zu überwinden. In der öffentlichen Debatte vor Publikum sah er eine vielversprechende Chance, die moralische Urteilsfähigkeit zu stärken, brachte aber noch weitere Vorschläge in Stellung, um die Entwicklung zum Besseren wahrscheinlicher zu machen. So sah er neben einer gesetzmäßigen bürgerlichen Verfassung vor allem in einer staatlich gesicherten Erziehung des Menschen den gesellschaftlich zu beeinflussenden Schutz vor der ständig drohenden Gefahr des Rückfalls in barbarische ‚Wildheit`. 33 Junge Menschen müssten durch Erziehung dazu angehalten werden, von ihrer menschlichen Vernunft Gebrauch zu machen, um ihre Generationenaufgabe darin zu erkennen, die Entwicklung von einer niederen zu einer höheren Kulturform zu unterstützen. Immerhin gibt es, seiner Vorstellung

33 Ebd., S. 366 f.: „In welcher Ordnung allein kann der Fortschritt zum Besseren erwartet werden? Die Antwort ist: nicht durch den Gang der Dinge von unten hinauf, sondern von oben herab. – Zu erwarten, daß durch die Bildung der Jugend in häuslicher Unterweisung und weiterhin in Schulen, von den niedrigen ab bis zu den höchsten, in Geistes- und moralischer, durch Religionslehre verstärkter Kultur, es endlich dahin kommen werde, nicht bloß gute Staatsbürger, sondern zum Guten, was immer weiter fortschreiten und sich erhalten kann, zu erziehen, ist ein Plan, der den erwünschten Erfolg schwerlich hoffen läßt. Denn nicht allein, daß das Volk dafür hält, daß die Kosten der Erziehung seiner Jugend nicht ihm, sondern dem Staat zu Lasten kommen müssen, der Staat aber dagegen seinerseits zu Besoldung tüchtiger und mit Lust ihrem Amte obliegende Lehrer kein Geld übrig hat, weil er alles zum Kriege braucht: sondern das ganze Maschinenwesen dieser Bildung hat keinen Zusammenhang, wenn es nicht nach einem überlegten Plane der obersten Staatsmacht, und nach dieser ihrer Absicht entworfen, ins Spiel gesetzt, und darin auch immer gleichförmig erhalten wird; wozu auch gehören möchte, daß der Staat sich von Zeit zu Zeit auch selbst reformiere, und, statt Revolution, Evolution versuchend, zum Besseren ständig fortschreite.“

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nach, zumindest ein Grundinteresse der Menschen, vernünftige Rechtsverhältnisse einzurichten. Das hindert nicht, dass die Arbeit am Fortschritt für ihn immer störanfällig bleibt: Denn sämtliche Mühen bleiben grundsätzlich und unaufhebbar vom Scheitern bedroht. In der Erziehung des Menschen und in seiner Arbeit an einer bürgerlichen Verfassung erkennt Kant jedoch Aussichten für den Menschen, den Rückfall in alte Gewaltverhältnisse zu verhindern. Klar ist: Zivilität ist ein niemals endender Auftrag, sie zu erhalten und zu schützen eine tägliche Herausforderung. Grund zum Ausruhen, so können wir Kant verstehen, haben wir nicht – niemals.

Heilige Schirmstätte Im Reformethos der gelehrten Schulmänner Preußens erhalten Kants Überlegungen einen starken Resonanzraum. 34 Die Schrecken der Französischen Revolution und des Jakobinismus hatten die preußischen Pädagogen aus der Ferne beobachtet. Die Ereignisse zeigten ihnen, dass ein naiver Fortschrittsoptimismus – wie er noch Jahrzehnte zuvor in Frankreich populär gewesen war 35 und wie man ihn in preußischen Salons ebenfalls gern gepflegt hätte – mitnichten von selbst und garantiertermaßen zu einer stetigen Verbesserung der Lebensverhältnisse und einer unbegrenzten Leistungsfähigkeit der menschlichen Vernunft führte. Ganz im Sinne von Kant versuchten die ambitionierten Schulmänner darum, das höhere Schulwesen nach ihren Bildungsvorstellungen neu einzurichten. Einer ihrer Ansprüche war, auch im Klassenzimmer auf die realen Schrecken ihrer Zeit einzugehen und ihnen pädagogisch etwas entgegen zu setzen. Sie muteten sich zu, im Rahmen staatlich gestützter Erziehung Verantwortung zu übernehmen. Um dieses Zieles Willen scheuten sie auch keine Konflikte mit anderen Personengruppen, die weniger friedliche Anliegen im Sinn hatten. Im Ideal der ‚allgemeinen Menschenbildung` sahen sie die Möglichkeit, die Anlagen des Menschen hin zu einem Besseren wirkungsvoll zu fördern. Bildung – und damit auch die Aufgabe der Schule – begriffen die neuhumanistischen Bildungsreformer vor allem als Selbstzweck. Auf keinen Fall dürfe Bildung durch vordergründig ökonomische Verwertungsinteressen instrumenta34 Vgl. dazu ausführlich Karl-Ernst Jeismann: Friedrich Kohlrausch (1780–1867). In: Siegfried Quandt: Deutsche Geschichtsdidaktiker des 19. und 20. Jahrhunderts: Wege, Konzeptionen, Wirkungen. Paderborn u. a. 1978, S. 41–83. 35 Besonders populär war der französische Mathematiker, Geschichtsphilosoph und Enzyklopädist Marie Jean Antonie Condorcet (1743–1794), der nach dem Vorbild der glanzvollen Erfolge der Naturwissenschaften und Technik von einer nahezu unbegrenzten Vervollkommnungsfähigkeit der Menschen und der Menschheit ausging, sofern sie nur ihre Vernunft walten ließen.

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lisiert werden. Denn nur so habe die Menschheit die Möglichkeit, sich entsprechend ihrer reichhaltigen Anlagen zu entfalten. 36 Wie eine zeitgenössische Lehranstalt nach dem preußischen Reformideal aussehen sollte, umriss C. W. Chr. Kortüm, der Gründer und ambitionierte Leiter des Düsseldorfer Gymnasiums, 1814 in seinem Schulprogramm so: „Die Schule soll weder eine Copie der gemeinen Welt seyn, noch Überhaupt im Dienst der Welt stehen, und ihre Schüler für den gemeinen Weltdienst abrichten, sondern sie soll eine heilige Schirmstätte seyn, in welcher die aufblühende Generation, vor den Zerstreuungen und Gefahren der Welt gesichert, an der Wissenschaft, Natur und Kunst ihre noch bildsame Geistesund Körperkraft entwickelt, nährt und vervollkommnet, und sich zu einem selbständigen und selbstthätigen Vernunftleben ausbildet, damit sie nach vollendeter Schulzeit reich an Kenntnissen und Geschicklichkeiten, vertraut mit den höheren Zwecken des menschlichen Lebens, aufgelegt zu edlen und großen Thaten, auf dem Schauplatze der öffentlichen Welt, in einem nach Vernunft und Neigung gewählten Wirkungskreise zum Wohl des Vaterlandes und der Menschheit selbstständig und mit sich übereinstimmend zu handeln im Stande sei.“ 37

Mit Nachdruck legt der Düsseldorfer Schuldirektor vor allem eines dar: Eltern, Lehrer und Schulbehörden dürfen keinerlei Kraftanstrengungen scheuen, um eine allgemeine Menschenbildung wirkungsvoll zu fördern. Entscheidend für die preußischen Schulmänner, die Wilhelm Humboldts Reformgeist umzusetzen suchten, war Bildung. Nachdrücklich wiesen sie darauf hin, dass gerade junge Menschen auf Unterstützung und Anleitung angewiesen seien. Mit Johann Gottfried Herder sahen sie ihre Aufgabe darin, den „Schatz und die Ausbeute aller menschlichen Bemühungen, gleichsam die Kunst unseres Geschlechts“ 38 an nachfolgende Generationen weiter zu geben. In ihrem Tätigkeitsfeld bekannten sie sich zu durchaus persönlich empfundener Verantwortung, lehnten es ab, diese an höhere Mächte oder Autoritätspersonen abzuwälzen. Sich selbst und andere nahmen sie in die Pflicht, an einer Entwicklung zum Besseren tatkräftig mitzuwirken. Nach Herder müsse dieses Werk „unablässig fort36 Ausführlicher dazu Karl-Ernst Jeismann: Das preußische Gymnasium in Staat und Gesellschaft, Bd. 1: Die Entstehung des Gymnasiums als Schule des Staates und der Gebildeten 1787–1817. Stuttgart 1996, S. 219–220. 37 Carl Wilhelm Christian Kortüm: Nachrichten über das Gymnasium zu Düsseldorf. Düsseldorf 1814.–Kortüm (1787–1859) war Gründer und Leiter des Düsseldorfer Gymnasiums und machte später eine beeindruckende Karriere im preußischen Kultusministerium. Zur Gründung des Gymnasiums gelang es ihm, begabte und ehrgeizige Schulmänner zu gewinnen. 38 Johann Gottfried Herder: Briefe zur Beförderung der Humanität. 1793/1797. Kapitel 5, dritte Sammlung.

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gesetzt“ werden, oder „wir sinken, höhere und niedere Stände, zur rohen Tierheit, zur Brutalität zurück.“ 39 In diesem Sinne versuchten die gelehrten Bildungsreformer, selbst Geschichtszeichen zu sein.

Durch die Wand Sich ohne naive Illusionen den Problemen der eigenen Zeit, ihrer Vergangenheit und Zukunft zu widmen: Das zeichnet auch die weit gespannten geschichtstheoretischen und geschichtspragmatischen Arbeiten von Jörn Rüsen aus. Sein Leben lang scheute er keine Mühen, Beiträge zur allgemeinen Menschenbildung zu entwerfen. Im Blick hat er einen zukunftstauglichen Humanismus, gewissermaßen einen Humanismus unter der „condition globale“. Die Frage, was den Menschen ausmacht, beantwortet er mit Menschenwürde. Dabei käme dem Menschen und der Menschheit als Ganzes die Aufgabe zu, sich gemeinsam um eine Humanisierung zu bemühen. Kulturelle Differenzen sind Rüsen dabei Inspirationsquellen und nicht Grenzen. Differenzen zwischen dem Eigenen und dem Fremden, dem Selbst und dem Anderen sollen nicht aufgelöst, sondern durch die Gegenüberstellung, durch die Wahrnehmung der Unterschiede „überhaupt erst wahrhaft menschlich“ werden. Mit seiner Theorie historischen Denkens hat Rüsen sich ein hohes Ziel gesetzt: „Es geht darum, die universellen Deutungsmuster des Menschseins und damit auch unseren eigenen Humanismus universalistischer, menschheitlicher und damit auch humaner zu machen, als sie es je waren. Das ist das Gebot der Stunde. [...] Uns allen steht eine neue Renaissance, oder um die geschichtsphilosophische Kategorie von Karl Jaspers zu verwenden, eine neue Achsenzeit bevor. Es ist die Aufgabe von allen problembewussten Intellektuellen im Globalisierungsprozess, die verschiedenen Traditionen, in denen das Menschsein des Menschen unterschiedlich bedacht wurde, neu anzueignen und gegenwartsnah auszulegen. Dabei werden sie natürlich verändert und zukunftsfähig gemacht. Entweder gebiert sich in unserer Gegenwart ein neuer und wahrhaft interkultureller Humanismus, oder die humane Qualität des Menschseins wird zu einem der Schlagworte, mit denen die Menschen sich in den identitätspolitischen Kämpfen des Globalisierungsprozesses gegenseitig geistig die Köpfe einschlagen.“ 40

Wenn wir mit Rüsen die humane Selbstkultivierung als Eigenwert ernst nehmen und den Humanismus ins Zentrum sämtlicher Bildungsbemü-

39 Ebd. 40 Jörn Rüsen: Humanismus in einer trostlosen Zeit (2011). In: Laass u. a. 2013 (Anm. 18), S. 348–349.

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hungen stellen, dann könnte gewissermaßen ein Schwungrad für die Menschenbildung gewonnen werden. Welche Denkanstöße erhalten Schulmänner und -frauen der Gegenwart daraus? Welche Aufforderungen an sie verbinden sich mit Rüsens Überlegungen? Nicht weniger, als über eine Theorie historischen Denkens nachzudenken. Dass ein solches Nachdenken nicht ohne Rüsens Typologie des historischen Denkens auskommen kann, ist naheliegend. Mit seinen Impulsen, wie wir uns in der Zeit orientieren, könnten sie eine kritische Debatte über den angestammten Kanon der Unterrichtsgegenstände eröffnen. Die „Sinnsprache“ der Vergangenheit wahrzunehmen, fundamentale Herausforderungen anzuerkennen, den Versuchungen einer „präsentistischen Beliebigkeit“ zu widerstehen, sich in engeren berufsbezogenen, aber auch öffentlichen Kreisen ständig weiter darüber auszutauschen, welche Inhalte in Bildungsprozessen bedacht werden sollen, stellt große Herausforderungen an alle Verantwortlichen. Da sich das Dasein stetig wandelt, wodurch auch immer wieder „neue Flanken der Sinnlosigkeit“ entstehen, müssen auch immer wieder neue Orientierungen entworfen werden. Diese Tätigkeit nennt Rüsen „reflexive Sinnbildung“. Eine solche Sinnbildung transzendiere die Gegenwart durch einen Blick in die Vergangenheit und öffne sich so für eine Zukunft, die sich von dem, was war und ist, unterscheidet. Entscheidend in dem Orientierungsprozess der Lehrerinnen und Lehrer ist es, die Erfahrungen des 20. Jahrhunderts mit ihrem „drastisch zutage getretenen Inhumanitätspotential“ konzeptionell mit einzubeziehen. Für ihre Vorstellungen vom Menschen sei außerdem erforderlich, auf dem universellen Geltungsanspruch der Menschen- und Bürgerrechte zu bestehen. Möglich wäre dies durch deren Historisierung in einen offenen Entwicklungsprozess hinein. 41 Ethnozentrische Elemente gilt es zu überwinden. Dies wäre aber nur durch ein gewisses Paradox zu leisten: Zunächst müssten Lehrerinnen und Lehrer die Vielfalt der Traditionen und der kulturellen Verschiedenheiten kritisch anerkennen, um auf dieser Grundlage dann für einen gewissermaßen entspannten Relativismus zu plädieren, in dem sich sämtliche Kulturen, angesichts der Vielfalt der Traditionen weltweit, in einer gewissen Selbstbescheidung übten. Dass absolute Geltungsansprüche für niemanden haltbar sind, dass das globale (oder auch nur regionale oder lokale) Miteinander durch Ignoranz oder Mutlosigkeit in höchstem Maß gefährdet ist, legt nahe, wie dringlich ein interkulturelles Fragen und Nachdenken ist. Damit sich an diesem

41 „Zukunftsfähig“ ist für Rüsen ein Humanismus nur, „wenn er die traumatische Erfahrung von Unmenschlichkeit (Holocaust, Gulag, chinesische Kulturrevolution, PolPot-Regime etc.) verarbeitet, die z. T. im 20. Jahrhundert unter der Devise des ‚realen` Humanismus gestanden hat (wie z. B. der Stalinismus).“ Ebd., S. 13.

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Nachdenken ein möglichst breites Publikum beteiligen kann, ist der Mut erforderlich, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Denn es gibt viel zu verteidigen. Man versteht die Anregungen für einen Brückenschlag zu bildungstheoretischen Konzepten der Zukunft: Miteinander sprechen unter den Bedingungen der Freiheit – einer Freiheit, die immer auch Mahnung und Selbstanspruch ist, dass, so scheint es, ist die einzige Möglichkeit, unter der künftige Bildungsanstrengungen gelingen können. Hier läge eine Chance, die Schattenseiten des Menschseins schonungslos wahrzunehmen, in die Höllen zu schauen, die sich die Menschen gegenseitig bereiten. Höllen gehorchen Regeln, Ritualen, Zwängen und Wiederholungen. Sie existieren in Familien, in Kriegen, in politischer Repression, im Cybermobbing, bei Naturkatastrophen, im Terror. In diese Höllen zu schauen, sie auszuleuchten, sie in Worte zu fassen und miteinander Wege aus ihnen heraus zu suchen, wäre ein Geschichtszeichen, ist wahre Aufklärung, bedeutet: Licht.

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017 Zusammengestellt von Horst Walter Blanke und Thomas Sandkühler 1

Vgl. das Schriftenverzeichnis Jörn Rüsens 1962–1998 in: Dimensionen der Historik. Geschichtstheorie, Wissenschaftsgeschichte und Geschichtskultur heute. Jörn Rüsen zum 60. Geburtstag, hg. v. Horst Walter Blanke, Friedrich Jaeger und Thomas Sandkühler. Köln /Weimar /Wien: Böhlau 1998, S. 427–448 Fortsetzung als Teil II, 1998–2008, in: Historie und Historik. 200 Jahre Johann Gustav Droysen. Festschrift für Jörn Rüsen zum 70. Geburtstag, hg. v. Horst Walter Blanke. Köln /Weimar /Wien: Böhlau 2009, S. 200–233

Inhalt 1. Monographien und Aufsatzsammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Herausgegebene Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Herausgegebene Zeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schriftenreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Aufsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Lexikonartikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Diskussionsbemerkungen und kleinere Beiträge . . . . . . . . . . . . . . 8. Rezensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Interviews, Diskussionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Online-Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Festschriften für Jörn Rüsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Konkordanz zu den Abschnitten 1, 5 und 6 des Schriftenverzeichnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1 Die vorliegenden Schriftenverzeichnisse wurden gründlich überarbeitet und berichtigt. Für seine Unterstützung bei der Informationsbeschaffung danken wir Herrn Oskar de Wolf, für die Korrektur fremdsprachlicher Literaturangaben geht unser Dank an Frau Eva Buchholz, Herrn Aurel Eschmann, Herrn Dr. Vito Gironda, Frau Dr. Andrea Greiner-Petter, Frau Dr. Sonja Heyl, Herrn Professor Dr. Estevão de Rezende Martins, Herrn Dr. Tomas Milosch, Frau Julia Wasserfall und Herrn Dr. Fernando Zamola.

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1. Monographien und Aufsatzsammlungen Von Rüsen (mit)verfasste Vorworte zu diesen Bänden sind in Abschnitt 7 nachgewiesen. 1.1

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Begriffene Geschichte. Genesis und Begründung der Geschichtstheorie Johann Gustav Droysens. Paderborn: Schöningh 1969, 2. Aufl. Frankfurt am Main: Humanities Online 2008 Für eine erneuerte Historik. Studien zur Theorie der Geschichtswissenschaft. Stuttgart-Bad Canstatt: Frommann-Holzboog 1976 – Nr. 5.2, 5.4, 5.7, 5.11, 5.13, 5.16, 5.19, 5.24 – Ästhetik und Geschichte. Geschichtstheoretische Untersuchungen zum Begründungszusammenhang von Kunst, Gesellschaft und Wissenschaft. Stuttgart: Metzler 1976, 2. Aufl. Frankfurt am Main: Humanities Online 2008 – Nr. 5.3, 5.10, 5.14, 5.15, 5.17 – Historische Vernunft. Grundzüge einer Historik I: Die Grundlagen der Geschichtswissenschaft. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1983 a) portugiesische Übersetzung: Razão Histórica. Teoria da história: os fundamentos da ciência histórica, übersetzt von Estevão de Rezende Martins. Brasilia: Editora Universidade de Brasilia 2001 b) italienische Übersetzung: La ragione storica. Lineamenti di un'istorica 1: I fondamenti della scienza storica, übersetzt von M. Cotti. Firenze: Aletheia 2001 c) englische Übersetzung: Reason and History. An Essay on Metahistory, übersetzt von Anne Cordero, https://www.academia.edu/14081879/Reason_and_History, 2015 [nur online] Rekonstruktion der Vergangenheit. Grundzüge einer Historik II: Die Prinzipien der historischen Forschung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1986 a) italienische Übersetzung: La ricostruzione del passato. Lineamenti di un'istorica 2: I principi della ricerca storica, übersetzt von L. Ragazzoni. Firenze: Aletheia 2001 b) portugiesische Übersetzung: Reconstrução do Passado – Teoria da História II: os princípios da pesquisa histórica, übersetzt von Asta-Rose Alcaide und Estevão de Rezende Martins. Brasília: Editora Universidade de Brasilia 2007 Lebendige Geschichte. Grundzüge einer Historik III: Formen und Funktionen des historischen Wissens. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1989 a) isländische Übersetzung: Lifandi saga. Framsetning og hlutverk sögulegrar þekkingar, übersetzt von Loftur Guttormsson (= Ritsafn Sagnfræðistofnunar, Bd. 34). Reykjavik 1994 b) italienische Übersetzung: Storia viva. Lineamenti di un'istorica 3: Forme e funzioni del sapere storico, übersetzt von D. Messina. Firenze: Aletheia 2001 c) brasilianische Übersetzung: História Viva – Teoria da História III: formas e funções do conhecimento histórico, übersetzt von Estevão de Rezende Martins. Brasília: Editora Universidade de Brasilia 2007

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Zeit und Sinn. Strategien historischen Denkens. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch 1990, 2. Aufl. Frankfurt am Main: Humanities Online 2012 – Nr. 5.31–5.32, 5.40–5.41, 5.43, 5.67, 5.84 – (mit Friedrich Jaeger) Geschichte des Historismus. Eine Einführung. München: C. H. Beck 1992 Konfigurationen des Historismus. Studien zur deutschen Wissenschaftskultur. Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 1993 – Nr. 5.6, 5.9, 5.23, 5.27–5.28, 5.38–5.39, 5.42, 5.57, 5.62, 5.64, 5.94, 5.103, 6.2 – Studies in Metahistory, hg. v. Pieter Duvenage. Pretoria: Human Science Research Council 1993 – Nr. 5.53, 5.60, 5.67, 5.76–5.77, 5.79, 5.84, 5.89, 5.91, 5.94, 5.112–5.113 – Historische Orientierung. Über die Arbeit des Geschichtsbewusstseins, sich in der Zeit zurechtzufinden. Köln /Weimar /Wien: Böhlau 1994, 2. überarbeitete Auflage Schwalbach im Taunus: Wochenschau 2008 – Nr. 5.48, 5.72, 5.82–5.83, 5.86, 5.91–5.93, 5.97, 5.104–105, 5.117 – a) Auszug von S. 3–24 u. d. Stichwort „Geschichtsbewusstsein“, in: Zeiten und Menschen. Geschichtswerk für die gymnasiale Oberstufe in Niedersachsen, hg. Hans-Jürgen Lendzian, Bd. 4: Mythen – Geschichtsund Erinnerungskultur. Paderborn: Schöningh o. J. [2017], S. 14 Historisches Lernen. Grundlagen und Paradigmen. Köln /Weimar /Wien: Böhlau 1994, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage Schwalbach im Taunus: Wochenschau 2008 – Nr. 5.45, 5.59/5.70, 5.74–5.75, 5.78, 5.85, 5.98, 5.106, 5.113, 5.150, 5.160, 5.173 – a) portugiesische Übersetzung: Aprentizagem Histórica – Fundamentos e Paradigmas. Curitiba: W. A. Editores 2012 Das Andere denken. Herausforderungen der modernen Kulturwissenschaften (= Bausteine zur Philosophie. Interdisziplinäre Schriftenreihe des Humboldt-Studienzentrums der Universität Ulm, Bd. 15). Ulm 2000 – Nr. 5.135, 5.137, 5.140, 5.159 – Zerbrechende Zeit. Über den Sinn der Geschichte. Köln /Weimar /Wien: Böhlau 2001 – Nr. 5.116, 5.130, 5.133–5.134, 5.137, 5.139, 5.145, 5.155, 5.161, 5.165 – Geschichte im Kulturprozess. Köln /Weimar /Wien: Böhlau 2002 – Nr. 5.109, 5.119–5.120, 5.125/5.126, 5.129, 5.140, 5.144, 5.184 – Kann Gestern besser werden? Essays über das Bedenken der Geschichte (= Kulturwissenschaftliche Interventionen, Bd. 2). Berlin: Kulturverlag Kadmos 2003 – Nr. 5.153, 5.158, 5.163, 5.170 – Berättande och förnuft. Historieteoretika texter [Geschichte und Vernunft. Geschichtstheoretische Texte]. Göteborg: Daidalos 2004 – Nr. 5.32, 5.82, 5.117, 5.130, 5.133, 5.170 –

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History. Narration – Interpretation – Orientation (= Making Sense of History. Studies in Historical Cultures, Bd. 5). New York /Oxford: Berghahn Books 2005 – Nr. 5.74, 5.89, 5.91, 5.94, 5.129, 5.132–5.133, 5.152, 5.161, 5.184 – Lishi sikao de xin tujing [Neue Wege des historischen Denkens] Shanghai: Shiji Chuban Jituan & Shanghai Renmin Chubanshe 2005 – Nr. 5.97, 5.117, 5.139–5.140, 5.153, 5.155, 5.158, 5.163, 5.165, 5.170 – Kultur macht Sinn. Orientierung zwischen Gestern und Morgen. Köln / Weimar /Wien: Böhlau 2006 – Nr. 5.149, 5.164, 5.172, 5.176–179, 5.181, 5.186, 5.192–5.193, 5.195, 7.101 – a) portugiesische Übersetzung: Cultura faz Sentido. Orientações entre o ontem e o amanhã. Petropolis: Editora Vozes 2014 Istorika. Istorikos darbu rinktine [Historik: Sammlung von Arbeiten des Historikers [Jörn Rüsen]], hg. v. Zenonas Norkus. Aus dem Deutschen von Ar¯unas Janauskas. Vilnius: Margi raštai 2007 – Nr. 5.79, 5.92, 5.109, 5.116–5.118, 5.120, 5.129, 5.131, 5.140, 5.144, 5.153, 5.158, 5.163, 5.165, 5.170 – Jörn Rüsen e o Ensino de História [Jörn Rüsen und der Geschichtsunterricht], hg. v. Maria Auxiliadoria Schmidt, Isabel Barca und Estevão de Rezende Martins. Curitiba: Editora Universidade Federal do Parana 2010 – Nr. 5.76, 5.89, 5.113, 6.10, 6.14 – Novi šljachy istorycnoho myslennja [Neue Wege des historischen Denkens]. L'viv: Litopys 2010 – Nr. 5.54, 5.97/5.117, 5.134, 5.140, 5.153, 5.155, 5.158, 5.161/5.165, 5.163, 5.170 – Tiempo en ruptura [Zerbrechende Zeit], übersetzt von Christian Sperling, hg. v. Silva Pappe, Miguel Angel Hernandes und Christian Sperling. México: Universidad Autónoma Metropolitana-Azcapotzalco 2014 – Nr. 5.91/5.97, 5.113, 5.116, 5.130, 5.132–5.134, 5.144, 5.165 – Historik. Theorie der Geschichtswissenschaft. Köln /Weimar /Wien: Böhlau 2013 a) portugiesische Übersetzung Curitiba: Editora da Universidade Federal do Paraná 2015 b) spanische Übersetzung von Teilen des Kapitels III.5 u. d. T. „La sciencia historica como cultural historica“, in: A Vueltas con el Pasado. Historias, Memoria y Vida, hg. v. Joan Lluis Palos und Fernando SanchezCosta. Barcelona: Publicacions i Editions de la Universitat de Barcelona o. J., S. 81–109 c) chinesische Übersetzung der Abschnitte 5–8 des Kapitels IV u. d. T. „A Few Points on My Philosophy of History“, in: Lishi yanjiu [Historical Research] 3 (2016) S. 149–165 d) englische Übersetzung: Evidence and Meaning. A Theory of Historical Studies. New York /Oxford: Berghahn Books 2017

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Nadawanbie historycznego sensu [Historische Sinngebung], hg. v. Robert Traba und Holger Thünemann (= My´slenie historyczne, Bd. 1). Pozna´n: Wydawnictwqo Nauka Innowacje 2015 – Nr. 5.59/5.70, 5.97/5.117, 5.113, 5.129, 5.138, 5.155, 5.158, 5.160–5.161, 5.163, 5.165, 5.170, 5.238–5.239 – Humanismo e Didática da História [Humanismus und Geschichtsdidaktik], hg. u. übersetzt von Maria Auxiliadora Schmidt u. a. Curitiba: W. A. Editores 2015 – Nr. 5.221, 5.223, 5.236–5.238, 5.244, 5.248, 5.260 – Contribuições para uma teoria da didática da história [Beiträge zu einer Theorie der Geschichtsdidaktik], hg., übersetzt u. eingeleitet v. Maria Auxiliadora Schmidt und Estevão de Rezende Martins, mit einem Essay von Estevão de Rezende Martins. Curitiba: W. A. Editores 2016 – Nr. 5.117, 5.263, 6.14–6.15 –

2. Herausgegebene Schriften Von Rüsen (mit)verfasste Vorworte zu diesen Bänden sind in Abschnitt 7 nachgewiesen. 2.1 2.2 2.3 2.4

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2.8 2.9

(im Auftrag der Studienstiftung des Deutschen Volkes) Beiträge zur Reform des Studiums an der Technischen Hochschule. Bonn 1967 (mit Günter Birtsch) Johann Gustav Droysen: Texte zur Geschichtstheorie. Göttingen 1972 Historische Objektivität. Aufsätze zur Geschichtstheorie. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1975 (mit Hans Michael Baumgartner) Seminar: Geschichte und Theorie. Umrisse einer Historik. Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschennbuch Wissenschaft 1976, 2. Aufl. 1982 (mit Reinhart Koselleck, Wolfgang J. Mommsen) Objektivität und Parteilichkeit in der Geschichtswissenschaft (= Theorie der Geschichte. Beiträge zur Historik, Bd. 1). München: dtv 1977 (mit Klaus Bergmann) Geschichtsdidaktik. Theorie für die Praxis (= Geschichtsdidaktik. Studien, Materialien, Bd. 4). Düsseldorf: Schwann 1978 (mit Klaus Bergmann, Annette Kuhn, Gerhard Schneider) Handbuch der Geschichtsdidaktik. 2 Bde., Düsseldorf: Schwann 1979 a) 2. unveränderte Aufl. 1982 b) 3. überarbeitete u. erweiterte Aufl., jetzt in 1 Bd., 1985 c) 4. unveränderte Aufl. Seelze-Velber: Kallmeyer 1992 d) 5. überarbeitete und erweiterte Aufl. 1997 (mit Hans Süssmuth) Theorien in der Geschichtswissenschaft. Düsseldorf: Schwann 1980 (mit Heinrich Lutz und Reinhart Koselleck) Formen der Geschichtsschreibung (= Theorie der Geschichte. Beiträge zur Historik, Bd. 4). München: dtv 1982

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(mit Annette Kuhn) Frauen in der Geschichte II. Fachwissenschaftliche und fachdidaktische Beiträge zur Sozialgeschichte der Frauen vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart (= Geschichtsdidaktik. Studien, Materialien, Bd. 8). Düsseldorf: Schwann 1982, 2. Aufl. 1986 (mit Annette Kuhn) Frauen in der Geschichte III. Fachwissenschaftliche und fachdidaktische Beiträge zur Geschichte der Weiblichkeit vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart (= Geschichtsdidaktik. Studien, Materialien, Bd. 13). Düsseldorf: Schwann 1983 (mit Bodo von Borries und Annette Kuhn) Sammelband Geschichtsdidaktik: Frau in der Geschichte I/II/III. Düsseldorf: Schwann 1984 (mit Horst Walter Blanke) Von der Aufklärung zum Historismus. Zum Strukturwandel des historischen Denkens (= Historisch-politische Diskurse, Bd. 1). Paderborn: Schöningh 1984 (mit Gustav Schmidt) Gelehrtenpolitik und politische Kultur in Deutschland 1830–1930. Referate und Diskussionsbeiträge. Bochum: Brockmeyer 1986 (mit Christian Meier) Historische Methode (= Theorie der Geschichte. Beiträge zur Historik, Bd. 5). München: dtv 1988 (mit Eberhard Lämmert und Peter Glotz) Die Zukunft der Aufklärung. Frankfurt am Main: Edition Suhrkamp 1988 (mit Ursula A. J. Becher) Weiblichkeit in historischer Perspektive. Fallstudien und Reflexionen zur historischen Frauenforschung. Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 1988 (mit Wolfgang Ernst und Heinrich Theodor Grütter) Geschichte sehen. Beiträge zur Ästhetik historischer Museen (= Geschichtsdidaktik. Studien, Materialien. Neue Folge, Bd. 1). Pfaffenweiler: Centaurus 1988 (mit Jörg Calließ und Meinfried Striegnitz) Mensch und Umwelt in der Geschichte (= Geschichtsdidaktik. Studien, Materialien. Neue Folge, Bd. 5). Pfaffenweiler: Centaurus 1989 (mit Klaus Fröhlich) Menschenrechte im Prozess der Geschichte. Historische Interpretationen, didaktische Konzepte, Unterrichtsmaterialien (= Geschichtsdidaktik. Studien, Materialien. Neue Folge, Bd. 6). Pfaffenweiler: Centaurus 1990 (mit Bodo von Borries und Hans-Jürgen Pandel) Geschichtsbewusstsein empirisch (= Geschichtsdidaktik. Studien, Materialien. Neue Folge, Bd. 7). Pfaffenweiler: Centaurus 1991 (mit Konrad Jarausch und Hans Schleier) Geschichtswissenschaft vor 2000. Perspektiven der Geschichtstheorie, Historiographiegeschichte und Sozialgeschichte. Festschrift für Georg G. Iggers zum 65. Geburtstag (= Beiträge zur Geschichtskultur, Bd. 5). Hagen: Rottmann 1991 (mit Hildegard Vörös-Rademacher) Südafrika: Apartheid und Menschenrechte in Geschichte und Gegenwart (= Bibliothek der historischen Forschung, Bd. 4). Pfaffenweiler: Centaurus 1992 (mit Klaus Fröhlich und Heinrich Theodor Grütter) Geschichtskultur (= Jahrbuch für Geschichtsdidaktik, Bd. 3 [1991/92]). Pfaffenweiler: Centaurus 1992

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(mit Wolfgang Küttler und Ernst Schulin) Geschichtsdiskurs, Bd. 1: Grundlagen und Methoden der Historiographiegeschichte. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Wissenschaft 1993, 2. Aufl. Frankfurt am Main: Humanities Online 2003 (mit Klaus Füßmann und Heinrich Theodor Grütter) Historische Faszination. Geschichtskultur heute. Köln /Weimar /Wien: Böhlau 1994 (mit Bodo von Borries) Geschichtsbewusstsein im interkulturellen Vergleich. Zwei empirische Pilotstudien (= Geschichtsdidaktik. Studien, Materialien. Neue Folge, Bd. 9). Pfaffenweiler: Centaurus 1994 (mit Wolfgang Küttler, Ernst Schulin) Geschichtsdiskurs, Bd. 2: Anfänge modernen historischen Denkens. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Wissenschaft 1994, 2. Aufl. Frankfurt am Main: Humanities Online 2003 (mit Otto Gerhard Oexle) Historismus in den Kulturwissenschaften. Geschichtskonzepte, historische Einschätzungen, Grundlagenprobleme (= Beiträge zur Geschichtskultur, Bd. 12). Köln /Weimar /Wien: Böhlau 1996 (mit Wolfgang Küttler, Ernst Schulin) Geschichtsdiskurs, Bd. 3: Die Epoche der Historisierung. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Wissenschaft 1997, 2. Aufl. Frankfurt am Main: Humanities Online 2003 (mit Klaus E. Müller) Historische Sinnbildung – Problemstellungen, Zeitkonzepte, Wahrnehmungshorizonte, Darstellungsstrategien. Reinbek bei Hamburg: Rowohlts Enzyklopädie 1997 (mit Wolfgang Küttler, Ernst Schulin) Geschichtsdiskurs, Bd. 4: Krisenbewusstsein, Katastrophenerfahrungen und Innovationen 1880–1945. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuchverlag 1997, 2. Aufl. Frankfurt am Main: Humanities Online 2003 (mit Jürgen Straub) Die dunkle Spur der Vergangenheit. Psychoanalytische Zugänge zum Geschichtsbewusstsein (= Erinnerung, Geschichte, Identität, Bd. 2). Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 1998, 2. Aufl. 2002 a) Teilübersetzung als Nr. 2.64 Westliches Geschichtsdenken – eine interkulturelle Debatte. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1999 a) englische Übersetzung: Western Historical Thinking: An Intercultural Debate. New York /Oxford: Berghahn Books 2002 b) chinesische Übersetzung: Kuawenhua de zhenglun: Dong-Xifang mingjia lun Xifang lishi sixiang. Jinan: Shan-dong University Press 2009 (mit Michael Gottlob, Achim Mittag) Die Vielfalt der Kulturen (= Erinnerung, Geschichte, Identität, Bd. 4). Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 1998 (mit Ursula A. J. Becher, Alfredas Bumblauskas) Istoriografija ir atvira visuomene /Geschichtswissenschaft und offene Gesellschaft. Tarptautines mokslines konferencijos Vilniaus universiteto Istorijos fakultete med iaga 1996 09 24–29. Vilnius: Vaga 1998 (mit Wolfgang Küttler, Ernst Schulin) Geschichtsdiskurs, Bd. 5: Globale Konflikte, Erinnerungsarbeit und Neuorientierungen. Frankfurt am Main:

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Fischer Taschenbuch Wissenschaft 1999, 2. Aufl. Frankfurt am Main: Humanities Online 2003 (mit Hanna Leitgeb, Norbert Jegelka) Zukunftsentwürfe. Für eine Kultur der Veränderung. Frankfurt am Main: Campus 1999 (mit Saul Friedländer) Richard Wagner im Dritten Reich. Ein Schloss Elmau-Symposion. München: C. H. Beck 2000 Geschichtsbewusstsein. Psychologische Grundlagen, Entwicklungskonzepte, empirische Befunde (= Beiträge zur Geschichtskultur, Bd. 21). Köln / Weimar /Wien: Böhlau 2001 (mit Burkhard Liebsch) Trauer und Geschichte (= Beiträge zur Geschichtskultur, Bd. 22). Köln /Weimar /Wien: Böhlau 2001 (mit Ute Canaris) Kultur in Nordrhein-Westfalen. Zwischen Kirchturm, Förderturm und Fernsehturm. Stuttgart: Kohlhammer 2001 (mit Attila Pok und Jutta Scherrer) European History: Challenge for a Common Future. Hamburg: Edition Körber-Stiftung 2002 Western Historical Thinking. An Intercultural Debate (= Making Sense of History. Studies in Historical Cultures, Bd. 1). New York /Oxford: Berghahn Books 2002 (mit Karl-Joachim Hölkeskamp, Elke Stein-Hölkeskamp und Heinrich Theodor Grütter) Sinn (in) der Antike. Orientierungssysteme, Leitbilder und Wertkonzepte im Altertum. Mainz: Philipp von Zabern 2003 Zeit deuten. Perspektiven – Epochen – Paradigmen. Bielefeld: Transcript 2003 (mit Friedrich Jaeger) Handbuch der Kulturwissenschaften, Bd. 3: Themen und Tendenzen. Stuttgart: Metzler 2004 (mit Michael Fehr und Annelie Ramsbrock) Die Unruhe der Kultur. Potentiale des Utopischen. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2004 (mit Ulrich Borsdorf und Heinrich Theodor Grütter) Die Aneignung der Vergangenheit. Musealisierung und Geschichte. Bielefeld: Transcript 2004 (mit Hans-Klaus Keul und Adrian-Paul Iliescu) Drepturile Omului la

nt alnirea /Menschenrechte in der Begegnung der Kulturen. Pitesti: Paralela 45 2004 (mit Helwig Schmidt-Glintzer und Achim Mittag) Historical Truth, Historical Criticism and Ideology. Chinese Historiography and Historical Culture from a New Comparative Perspective. Leiden: Brill 2005 (mit Michael Fehr und Thomas W. Rieger) Thinking Utopia. Steps into Other Worlds (= Making Sense of History. Studies in Historical Cultures, Bd. 4). New York /Oxford: Berghahn Books 2005 a) chinesische Übersetzung: Sikao wutuobang. Jinan: Shan-dong University Press 2010 (mit Mircea Flonta und Hans-Klaus Keul) Religia ¸si societatea civilâ/Religion und Zivilgesellschaft. Pitesti: Paralela 45 2005 (mit Michael Hofmann, und Mirjam Springer) Schiller und die Geschichte. München: Wilhelm Fink 2006 Meaning and Representation in History (= Making Sense of History. Studies in Historical Cultures, Bd. 7). New York /Oxford: Berghahn Books 2006

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2.71

209

Chinese and Western Historical Thinking. Forum in History and Theory 46 (2007) H. 2, S. 180–232 History and Utopia, in: Historein. A Review of the Past and Other Stories 7 (2007), S. 5–113 Time and History: The Variety of Cultures (= Making Sense of History. Studies in Historical Cultures, Bd. 10). New York /Oxford: Berghahn Books 2007 (mit Henner Laass) Interkultureller Humanismus. Menschlichkeit in der Vielfalt der Kulturen. Schwalbach im Taunus: Wochenschau 2009 (mit Henner Laass) Humanism in Intercultural Perspective – Experiences and Expectations (Der Mensch im Netz der Kulturen – Humanismus in der Epoche der Globalisierung, Bd. 1). Bielefeld: Transcript 2009 (mit Mamadou Diawara und Bernhard Lategan) Historical Memory in Africa. Dealing with the Past, Reaching for the Future in an Intercultural Context (= Making Sense of History. Studies in Historical Cultures, Bd. 12). New York /Oxford: Berghahn Books 2010 Perspektiven der Humanität. Menschsein im Diskurs der Disziplinen (= Der Mensch im Netz der Kulturen – Humanismus in der Epoche der Globalisierung, Bd. 8). Bielefeld: Transcript 2010 The Interaction between Self and the Others in the Age of Globalization (= Taiwan Journal of East Asian Studies [Institute for Advanced Studies in Humanities and Social Sciences, National Taiwan University] Special Issue 7 [2010] Nr. 2) (mit Jürgen Straub) Dark Traces of the Past. Psychoanalysis and Historical Thinking [Teilübersetzung von Nr. 2.33] (= Making Sense of History. Studies in Historical Cultures, Bd. 12). New York: Berghahn Books 2010 (mit Stefan Reichmuth und Aladdin Sarhan) Humanism and Muslim Culture: Historical Heritage and Contemporary Challenges (= Reflections on [In-]Humanity, Bd. 2). Göttingen: V&R unipress 2012 (mit Michael O. Eze): Humanism in World History (= Taiwan Journal of East Asian Studies [Institute for Advanced Studies in Humanities and Social Sciences, National Taiwan University] Special Issue 8 [2011] Nr. 2) (mit Oliver Kozlarek und Ernst Wolff) Shaping a Humane World. Civilizations – Axial Times – Modernities – Humanisms (= Der Mensch im Netz der Kulturen – Humanismus in der Epoche der Globalisierung, Bd. 15). Bielefeld: Transcript 2012 (mit Mihai I. Spariosu) Exploring Humanity – Intercultural Perspectives on Humanism (= Reflections on [In-]Humanity, Bd. 3). Göttingen: V&R unipress und Taibei: National Taiwan University Press 2012 Approaching Humankind. Towards an Intercultural Humanism (= Reflections on [In-]Humanity, Bd. 6). Göttingen: V&R unipress und Taibei: National Taiwan University Press 2013 (mit Henner Laass, Herbert Prokasky, Angelika Wulff) Lesebuch Interkultureller Humanismus. Texte aus drei Jahrtausenden. Schwalbach im Taunus: Wochenschau 2013 (mit Günter Dux) Strukturen des Denkens. Studien zur Geschichte des Geistes. Wiesbaden: Springer VS 2014

210 2.72

2.73

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

Chinese Historical Thinking: Tradition and Transformation (= Taiwan Journal of East Asian Studies [Institute for Advanced Studies in Humanities and Social Sciences, National Taiwan University]) 11 [2014] Nr. 2) (mit Chun-chieh Huang) Chinese Historical Thinking. An Intercultural Discussion. Göttingen: V&R unipress und Taibei: National Taiwan University Press 2015

3. Herausgegebene Zeitschriften 3.1

3.2

3.3

(mit Klaus Bergmann, Annette Kuhn, Gerd Schneider und Rolf Schörken) Geschichtsdidaktik. Probleme, Projekte, Perspektiven. Düsseldorf: Schwann 1976–1987 (folgende Hefte konzipiert und redaktionell betreut:) 4/1977: Geschichtswissenschaft und Geschichtsdidaktik (mit Klaus Bergmann) 2/1978: Geschichtsdidaktik und Geschichtsmethodik (mit Klaus Bergmann) 4/1980: Medien im Geschichtsunterricht (mit Hans-Jürgen Pandel) 3/1981: Frau in der Geschichte III (mit Annette Kuhn) 1/1983: Geschichtsbewusstsein – Formen, Funktionen, Prozesse (mit Ursula A. J. Becher) 1/1984: Geschichte im Museum (mit Detlef Hoffmann) 3/1985: Historisches Lernen I (mit Hans-Jürgen Pandel) 4/1986: Praxis Geschichte neben Schule und Universität (mit Jochen Huhn) 1/1987: Historisches Lernen II (mit Hans-Jürgen Pandel) 3/1987: Kritik (mit Klaus Bergmann) (mit Klaus Bergmann, Bodo von Borries u. a.) Geschichte Lernen. Geschichtsunterricht heute, 1987–1994 (folgende Hefte konzipiert und redaktionell betreut:) H. 6/1988: Menschenrechte H. 14/1990: Geschichte im Museum Jahrbuch für Geschichtsdidaktik, ab 1988 (folgende Bände konzipiert und redaktionell betreut): Bd. 3, 1992: Geschichtskultur (mit Klaus Fröhlich)

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

211

4. Schriftenreihen 4.1

(mit Richard van Dülmen und Winfried Schulze) Neuzeit im Aufbau. Stuttgart-Bad Cannstatt: Fromann-Holzboog 1974–1980 Bd. 1: Richard van Dülmen: Der Geheimbund der Illuminaten. 1974 Bd. 3: Wolfgang Benz /Günter Plum /Werner Röder: Einheit der Nation. Diskussionen und Konzeptionen zur Deutschlandpolitik der großen Parteien seit 1945. 1978 Bd. 4: Religiöse Toleranz. Dokumente zur Geschichte einer Forderung, hg. v. Hans R. Guggisberg. 1984 Bd. 5: Friedrich Wilhelm Graf: Die Politisierung des religiösen Bewusstseins. Die bürgerlichen Religionsparteien im deutschen Vormärz: Das Beispiel des Deutschkatholizismus. 1978 Bd. 6: Winfried Schulze: Bäuerlicher Widerstand und freudale Herrschaft in der frühen Neuzeit. 1980

4.2

(mit Klaus Bergmann u. a.) Geschichtsdidaktik. Studien, Materialien. Düsseldorf: Schwann 1977–1987 2 Bd. 1: Persönlichkeit und Struktur in der Geschichte. Historische Bestandsaufnahme und didaktische Implikationen, hg. v. Michael Bosch. 1977 Bd. 2: Geschichte Lernen im Museum, hg. von Annette Kuhn und Gerhard Schneider. 1978 Bd. 4: Geschichtsdidaktik. Theorie für die Praxis, hg. von Klaus Bergmann und Jörn Rüsen. 1978 (= Nr. 2.6) Bd. 6: Frauen in der Geschichte. Frauenrechte und gesellschaftliche Arbeit der Frauen im Wandel. Fachwissenschaftliche und fachdidaktische Studien zur Geschichte der Frauen, hg. v. Annette Kuhn und Gerhard Schneider. 1979 Bd. 7: Geschichte im Alltag – Alltag in der Geschichte, hg. v. Klaus Bergmann und Rolf Schörken. 1982 Bd. 8: Frauen in der Geschichte II. Fachwissenschaftliche und fachdidaktische Beiträge zur Sozialgeschichte der Frauen vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart, hg. v. Jörn Rüsen und Annette Kuhn. 1982, 2. Aufl. 1986 (= Nr. 2.10) Bd. 9: Annette Kuhn und Valentine Rothe: Frauenpolitik im NS-Staat. 1982 Bd. 11: Gegen den Krieg, hg. v. Klaus Bergmann und Gerhard Schneider, Bd. 1: Gewöhnung an Krieg. Dokumente und Materialien. 1982 Bd. 12: Gegen den Krieg, hg. v. Klaus Bergmann und Gerhard Schneider, Bd. 2: Nie wieder Krieg. Dokumente und Materialien. 1982 Bd. 13: Frauen in der Geschichte III. Fachwissenschaftliche und fachdidaktische Beiträge zur Geschichte der Weiblichkeit vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart, hg. v. Jörn Rüsen und Annette Kuhn. 1983 (= Nr. 2.11)

2 Es erschienen weitere Bände in dieser Reihe, doch nahm Rüsen seine Herausgeberfunktion de facto nicht mehr wahr, so dass sie hier nicht aufgeführt sind.

212

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

4.2a

(mit Bodo von Borries u. a.) Geschichtsdidaktik. Studien, Materialien, Neue Folge. Pfaffenweiler: Centaurus 1988–1994 Bd. 1: Geschichte sehen. Beiträge zur Ästhetik historischer Museen, hg. v. Jörn Rüsen, Wolfgang Ernst und Heinrich Theodor Grütter. 1988 (= Nr. 2.18) Bd. 3: Volkhard Knigge: „Triviales“ Geschichtsbewusstsein und verstehender Geschichtsunterricht. 1988 Bd. 4: Erziehung nach Auschwitz, hg. v. Hanns-Fred Rathenow und Norbert Weber. 1989 Bd. 5: Mensch und Umwelt in der Geschichte, hg. v. Jörn Rüsen, Jörg Calließ und Meinfried Striegnitz. 1989 (= Nr. 2.19) Bd. 6: Menschenrechte im Prozess der Geschichte. Historische Interpretationen, didaktische Konzepte, Unterrichtsmaterialien, hg. v. Jörn Rüsen und Klaus Fröhlich. 1990 (= Nr. 2.20) Bd. 7: Geschichtsbewusstsein empirisch, hg. v. Jörn Rüsen, Bodo von Borries und Hans-Jürgen Pandel. 1991 (= Nr. 2.21) Bd. 8: Bodo von Borries: Kindlich-jugendliche Geschichtsverarbeitung in West- und Ostdeutschland 1990. Ein empirischer Vergleich. 1992 Bd. 9: Geschichtsbewusstsein im interkulturellen Vergleich. Zwei empirische Pilotstudien, hg. v. Jörn Rüsen und Bodo von Borries. 1994 (= Nr. 2.27)

4.3

(mit Jörg Calließ) Historisch-politische Diskurse. Paderborn: Schöningh 1984–1988 Bd. 1: Von der Aufklärung zum Historismus. Zum Strukturwandel des historischen Denkens, hg. v. Horst Walter Blanke und Jörn Rüsen. 1984 (= Nr. 2.13) Bd. 2: Der West-Ost-Konflikt. Geschichte – Positionen – Perspektiven, hg. v. Jörg Calließ. 1988

4.4

Beiträge zur Geschichtskultur. Bd. 1–9: Hagen: Margit Rottmann, ab Bd. 10: Köln /Weimar /Wien: Böhlau 1990 ff. 3 Bd. 1: Hans-Jürgen Pandel: Mimesis und Apodeixis. Mimetische und diskursive Erkenntnis in den Theorien der deutschen Geschichtsschreibung im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts. 1990 Bd. 2: Katherina Oehler: Geschichte in der politischen Rhetorik. Historische Argumentationsmuster im Parlament der Bundesrepublik Deutschland. 1989 Bd. 3: Bodo von Borries: Geschichtsbewusstsein als Identitätsgewinn? Fachdidaktische Programmatik und Tatsachenforschung. 1990 Bd. 4: August Ludwig Schlözer: Vorstellung seiner Universalhistorie (1772/73). Mit Beilagen, hg. v. Horst Walter Blanke. 1990 Bd. 5: Geschichtswissenschaft vor 2000. Perspektiven der Geschichtstheorie, Historiographiegeschichte und Sozialgeschichte. Fest-

3 Ab Bd. 39 hg. außer v. Jörn Rüsen v. Stefan Berger, Angelika Epple, Thomas Sandkühler, Holger Thünemann und Marcus Ventzke

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

Bd. 6: Bd. 7:

Bd. 8: Bd. 9: Bd. 10: Bd. 11: Bd. 12:

Bd. 13: Bd. 14: Bd. 15: Bd. 16: Bd. 17: Bd. 18: Bd. 20: Bd. 21: Bd. 22: Bd. 23: Bd. 24: Bd. 25:

Bd. 26:

Bd. 27:

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schrift für Georg G. Iggers zum 65. Geburtstag, hg. v. Konrad Jarausch, Jörn Rüsen und Hans Schleier. 1991 (= Nr. 2.22) Wolfgang Ernst: Historismus im Verzug. Museale Antike(n)rezeption im britischen Neoklassizismus (und jenseits). 1992 Die Universalgeschichte des Pompejus Trogus. Herculea Audacia Orbem Terrarum Adgressus, hg. v. Bernard R. van Wickefort Crommelin. 1993 Politische Sozialisation und Geschichte. Festschrift für Rolf Schörken zum 65. Geburtstag, hg. v. Angela Schwarz. 1993 Der Blick zurück nach vorn. Geschichtsdenken im osteuropäischen Umbruch, hg. v. Wolfgang Bialas und Ralf Possekel. 1994 Mike Seidensticker: Werbung mit Geschichte. Ästhetik und Rhetorik des Historischen. 1995 Bodo von Borries: Imaginierte Geschichte. Die biografische Bedeutung historischer Fiktionen und Phantasien. 1996 Historismus in den Kulturwissenschaften. Geschichtskonzepte, historische Einschätzungen, Grundlagenprobleme, hg. v. Otto-Gerhard Oexle und Jörn Rüsen. 1996 (= Nr. 2.29) Chris Lorenz: Konstruktion der Vergangenheit. Eine Einführung in die Geschichtstheorie. 1997 Ulrich Brieler: Die Unerbittlichkeit der Historizität. Foucault als Historiker. 1998 Aleida Assmann: Zeit und Tradition. Kulturelle Strategien der Dauer. 1999 Jan-Holger Kirsch: „Wir haben aus der Geschichte gelernt“. Der 8. Mai als politischer Gedenktag in Deutschland. 1999 Dietrich Schubert: „Jetzt wohin?“ Heinrich Heine in seinen verhinderten und errichteten Denkmälern. 1999 Thomas H. von der Dunck: Das deutsche Denkmal. Eine Geschichte in Bronze und Stein vom Hochmittelalter bis zum Barock. 1999 Bruchlinien. Tendenzen der Holocaustforschung, hg. v. Gertrud Koch. 1999 Geschichtsbewusstsein. Psychologische Grundlagen, Entwicklungskonzepte, empirische Befunde, hg. v. Jörn Rüsen. 2001 (= Nr. 2.40) Trauer und Geschichte, hg. v. Burkhard Liebsch und Jörn Rüsen. 2001 (= Nr. 2.41) Stefan Krankenhagen: Auschwitz darstellen. Ästhetische Positionen zwischen Adorno, Spielberg und Walser. 2001 Thomas Prüfer: Die Bildung der Geschichte. Friedrich Schiller und die Anfänge der modernen Geschichtswissenschaft. 2002 Jan-Holger Kirsch: Nationaler Mythos oder historische Trauer? Der Streit um ein zentrales „Holocaust-Mahnmal“ für die Berliner Republik. 2003 Angelika Epple: Empfindsame Geschichtsschreibung. Eine Geschlechtergeschichte der Historiographie zwischen Aufklärung und Historismus. 2003 Nordlichter. Geschichtsbewusstsein und Geschichtsmythen nördlich der Elbe, hg. v. Bea Lundt. 2004

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Bd. 28: Michaela Hänke-Portscheller: Berufswerkstatt Geschichte. Lernorte für die Erinnerungskultur. 2003 Bd. 29: Antike und Mittelalter im Film. Konstruktion – Dokumentation – Projektion, hg. v. Mischa Meier und Simona Stanicka. 2006 Bd. 30: Andrea Brockmann: Erinnerungsarbeit im Fernsehen. Das Beispiel des 17. Juni 1953. 2006 Bd. 31: Vivian Wagner: Erinnerungsverwaltung in China. Staatsarchive und Politik in der Volksrepublik. 2006 Bd. 32: Olaf Hartung: Museen des Industrialismus. Formen bürgerlicher Geschichtskultur am Beispiel des Bayerischen Verkehrsmuseums und des Deutschen Bergbaumuseums. 2007 Bd. 33: Philipp Müller: Erkenntnis und Erzählung. Ästhetische Geschichtsdeutung in der Historiographie von Ranke, Burckhardt und Taine. 2008 Bd. 34: Martin Nissen: Populäre Geschichtsschreibung. Historiker, Verleger und die deutsche Öffentlichkeit (1848–1900). 2009 Bd. 35: Falko Schnicke: Prinzipien der Entindividualisierung. Theorie und Praxis biographischer Studien bei Johann Gustav Droysen. 2010 Bd. 36: Morten Kansteiner: Die Sagbarkeit der Heldin. Jeanne d'Arc in Quellen des 15. und Filmen des 20. Jahrhunderts. 2011 Bd. 37: Christian Weiß: Geschichte /n zwischen den Zeilen. Nationale Identität in Geschichtsbüchern für deutsche und französische Volksschulen (1900–1960). 2015 Bd. 38: Rolf Schörken: Demokratie lernen. Beiträge zur Politik- und Geschichtsdidaktik, hg. v. Thomas Sandkühler. 2017 Bd. 39: Historisierung der Historik. Jörn Rüsen zum 80. Geburtstag, hg. v. Thomas Sandkühler und Horst Walter Blanke. 2018 (= Nr. 11.5) 4.5

(mit Georg G. Iggers, Peter Hanns Reill, Hans Schleier) Fundamenta Historica – Texte und Forschungen. Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog Bd. 1: Theoretiker der deutschen Aufklärungshistorie, hg. v. Horst Walter Blanke und Dirk Fleischer. 1990 1. Teilband: Die theoretische Begründung der Geschichte als Fachwissenschaft 2. Teilband. Elemente der Aufklärungshistorik Bd. 2: Hans-Jürgen Pandel: Historik und Didaktik. Das Problem der Distribution historiographisch erzeugten Wissens in der deutschen Geschichtswissenschaft von der Spätaufklärung zum Frühhistorismus (1765–1830). 1990 Bd. 3: Horst Walter Blanke: Historiographiegeschichte als Historik. 1991 Bd. 4: Martin Gierl: Geschichte als präzisierte Wissenschaft. Johann Christoph Gatterer und die Historiographie des 18. Jahrhunderts im ganzen Umfang. 2012

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

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4.6

Essener Kulturwissenschaftliche Vorträge. Göttingen: Wallstein Bd. 1: Friedrich Kambartel: Philosophie und Politische Ökonomie. 1998 Bd. 2: Paul Ricoeur: Das Rätsel der Vergangenheit. Erinnern – Vergessen – Verzeihen. 1998, 4. Aufl. 2004 Bd. 3: Klaus E. Müller: Die fünfte Dimension. Soziale Raumzeit und Geschichtsverständnis in primordialen Kulturen. 1999 Bd. 4: Jürgen Straub: Verstehen, Kritik, Anerkennung. Das Eigene und das Fremde in der Erkenntnisbildung interpretativer Wissenschaften. 1999 Bd. 5: Burkhard Liebsch: Moralische Spielräume. Menschheit und Andersheit, Zugehörigkeit und Identität. 1999 Bd. 6: Helwig Schmidt-Glintzer: Wir und China – China und wir. Kulturelle Identität und Modernität im Zeitalter der Globalisierung. 2000 Bd. 7: Hans Schleier: Historisches Denken in der Krise der Kultur. Fachhistorie, Kulturgeschichte und Anfänge der Kulturwissenschaften in Deutschland. 2000 Bd. 8: Martin Warnke: Bildwirklichkeiten. 2005 Bd. 9: Rolf Wiggershaus: Wittgenstein und Adorno. Zwei Spielarten modernen Philosophierens. 2000 Bd. 10: Bernhard Waldenfels: Verfremdung der Moderne. Phänomenologische Grenzgänge. 2001 Bd. 11: Hans Ulrich Wehler: Historisches Denken am Ende des 20. Jahrhunderts. 1945–2000. 2001 Bd. 12: Ludwig Ammann: Die Geburt des Islam. Historische Innovation durch Offenbarung. 2001 Bd. 13: Jutta Scherrer: Kulturologie. Russland auf der Suche nach einer zivilisatorischen Identität. 2003 Bd. 14: Georg Essen: Sinnstiftende Unruhe im System des Rechts. Religion im Beziehungsgeflecht von modernem Verfassungsstaat und säkularer Zivilgesellschaft. 2004 Bd. 15: Wilhelm Voßkamp: „Ein anderes Selbst“. Bild und Bildung im deutschen Roman des 18. und 19. Jahrhunderts. 2004

4.7

Making Sense of History. Studies in Historical Cultures. New York /Oxford: Berghahn Books 2002–2013 Bd. 1: Western Historical Thinking. An Intercultural Debate, hg. v. Jörn Rüsen. 2002 (= Nr. 2.44) Bd. 2: Heidrun Friese: Identities. Time, Difference, and Boundaries. 2002 Bd. 3: Narration, Identity, and Historical Consciousness, hg. v. Jürgen Straub. 2005 Bd. 4: Thinking Utopia. Steps into Other Worlds, hg. v. Jörn Rüsen, Michael Fehr und Thomas W. Rieger. 2005 (= Nr. 2.52) Bd. 5: Jörn Rüsen: History: Narration – Interpretation – Orientation. 2005 (= Nr. 1.18) Bd. 6: Werner Abelshauser: The Dynamics of German Industry: Germany's Path toward the New Economy and the American Challenge. 2005

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Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

Bd. 7: Meaning and Representation in History, hg. v. Jörn Rüsen. 2006 (= Nr. 2.55) Bd. 8: Mihai I. Spariosu: Remapping Knowledge. Intercultural Studies for a Global Age. 2006 Bd. 9: Cultures of Technology and the Quest for Innovation, hg. v. Helga Nowotny. 2006 Bd. 10: Time and History: The Variety of Cultures, hg. v. Jörn Rüsen. 2007 (= Nr. 2.58) Bd. 11: Narrating the Nation: Representations in History, Media and the Arts, hg. v. Stefan Berger, Linas Eriksonas und Andrew Mycock. 2008, 2. Aufl. 2011 Bd. 12: Historical Memory in Africa: Dealing with the Past, Reaching for the Future in an Intercultural Context, hg. v. Mamadou Diawara, Bernard Lategan und Jörn Rüsen. 2009 (= Nr. 2.61) Bd. 13: New Dangerous Liaisons: Discourses on Europe and Love in the Twentieth Century, hg. v. Luisa Passerini, Liliana Ellena und Alexander C. T. Geppert. 2010 Bd. 14: Dark Traces of the Past. Psychoanalysis and Historical Thinking, hg. v. Jürgen Straub und Jörn Rüsen. 2010 (= Nr. 2.64) Bd. 15: Ranjan Ghosh: A Lover's Quarrel with the Past. Romance, Representation, Reading. 2012 Bd. 16: The Holocaust and Historical Methodology, hg. v. Dan Stone. 2012 Bd. 17: Arthus Alfaix Assis: What is History for? Johann Gustav Droysen and the Function of Historiography. 2014 Bd. 18: Tomas Sniegon: Vanished History: The Holocaust in Czech and Slovak Historical Culture. 2014 4.8

Krupp-Vorlesungen zur Politik und Geschichte. München: C. H. Beck 2001 ff. – Neville Alexander: Südafrika. Der Weg von der Apartheid zur Demokratie. 2001 – Christian Meier: Von Athen nach Auschwitz. Betrachtungen zur Lage der Geschichte. 2002 – Ralf Dahrendorf: Auf der Suche nach einer neuen Ordnung. 2003 – Jutta Limbach: Die Demokratie und ihre Bürger. 2005 – Adolf Muschg: Was ist europäisch? Reden für einen gastlichen Erdteil. 2005 – Aleida Assmann: Geschichte im Gedächtnis. Von der individuellen Erfahrung zur öffentlichen Inszenierung. 2007

4.9

(mit Sebastian Manhart) Geschichtsdenken der Kulturen – Eine kommentierte Dokumentation. Frankfurt am Main: Humanities Online – Südasien – Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. II: Die muslimische Sicht, hg. v. Stephan Conermann. 2002 – Südasien – Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bd. III: Historisches Denken im modernen Südasien (1786 bis heute), hg. v. Michael Gottlob. 2002

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4.10

Kulturwissenschaftliche Interventionen. Berlin: Kulturverlag Kadmos 2003– 2007 Bd. 1: Slavoj Zizek: Der zweite Tod der Oper. 2003 Bd. 2: Jörn Rüsen: Kann Gestern besser werden? Essays zum Bedenken der Geschichte. 2003 (= Nr. 1.16) Bd. 3: Frederic Jameson: Mythen der Moderne. 2004 Bd. 4: Werner Abelshauser: Kulturkampf. Der deutsche Weg in die Neue Wirtschaft und die amerikanische Herausforderung. 2003 Bd. 5: Helga Nowotny: Unersättliche Neugier. 2005 Bd. 6: Jan Assmann: Erinnertes Ägypten. Pharaonische Motive in der europäischen Religions- und Geistesgeschichte. 2006 Bd. 7: Ludger Heidbrink: Handeln in der Ungewissheit. Paradoxien der Verantwortung. 2007

4.11

(mit Egon Flaig, Daniel Fulda, Petra Gehring, Friedrich Jaeger und Jürgen Straub) Zeit – Sinn – Kultur. Bielefeld: Transcript 2004 ff. – Carlos Kölbl: Geschichtsbewusstsein im Jugendalter. Grundzüge einer Entwicklungspsychologie historischer Sinnbildung. 2004 – Ortsgespräche. Raum und Kommunikation im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Alexander C. T. Geppert, Uffa Jensen und Jörn Weinhold. 2005 – Elfriede Müller und Alexander Ruoff: Histoire noire. Geschichtsschreibung im französischen Kriminalroman nach 1968. 2007 – Chun-chieh Huang: Konfuzianismus: Kontinuität und Entwicklung. Studien zur chinesischen Geistesgeschichte. 2009

4.12

(mit Zang Wenjie, Chen Xin, Stefan Jordan und Peng Gang) Li Shi De Guan Nian Yi Cong [Ideas of History. A Series of Translations]. Beijing: Peking University Press 2006 ff. Chinesische Übersetzungen folgender Titel: Bd. 1: Johann Gustav Droysen: Historik, Auswahl, hg. v. Jörn Rüsen und Chang-Tse Hu. 2006 Bd. 2: Maria Lucia Pallares-Burke: The New History. Confessions and Conversations. 2006 Bd. 3: Heinrich Rickert: Geschichtsphilosophie. 2007 Bd. 4: Das soziale Gedächtnis. Geschichte, Erinnerung, Tradierung, hg. v. Harald Welzer. 2007 Bd. 5: Jacob Burckhardt: Weltgeschichtliche Betrachtungen. 2007 Bd. 6: Francis H. Bradley: The Presuppositions of Critical History. 2007 Bd. 7: Ewa Doma´nska: Encounters – Philosophy of History after Postmodernism. 2007 Bd. 8: William H. Walsh: An Introduction to Philosophy of History. 2008 Bd. 9: Jakob Tanner: Historische Anthropologie zur Einführung. 2008 Bd. 10: Fernand Braudel: Ecrits sur l'Histoire I. 2008 Bd. 11: Robin G. Collingwood: The Idea of History. With Lectures 1926– 1928. 2010 Bd. 12: Leopold von Ranke: Selected Texts, Bd. 1: Über die Epochen der neueren Geschichte. 2012 Bd. 13: Frank R. Ankersmit: Historical Representation. 2012

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Bd. 14: Maurice H. Mandelbaum: The Problem of Historical Knowledge. An Answer to Relativism. 2012 Bd. 15: Lexikon Geschichtswissenschaft, hg. v. Stefan Jordan Bd. 16: Carl L. Becker: Everyman His Own Historian. Essays on History and Politics. 2013 Bd. 17: Condorcet: Esquisse d'un Tableau Historique des Progrès de L'Esprit Humain. 2013 Bd. 18: Carl L. Becker: The Heavenly City of the Eighteenth Century Philsosophers. 2013 Bd. 19: Jan Assmann: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. 2015 Bd. 20: Chris Lorenz: Bordercrossings. Explorations between History and Philosophy. 2015 Bd. 21: Aleida Assmann: Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses. 2016 Bd. 22: Leopold von Ranke: Zur Kritik neuerer Geschichtsschreiber. 2017 4.13

(mit Jürgen Straub) Reden über den Humanismus. Menschlichkeit in den Konflikten der Gegenwart. Eine Vortragsreihe im Rahmen des von der Stiftung Mercator geförderten Projekts „Humanismus in der Epoche der Globalisierung. Ein interkultureller Dialog über Kultur, Menschheit und Werte“ am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen. München: C. H. Beck 2009 ff. Bd. 1: Friedrich Wilhelm Graf: Missbrauchte Götter. Zum Menschenbilderstreit in der Moderne. 2009

4.14

(mit Chun-chieh Huang, Oliver Kozlarek und Jürgen Straub) Der Mensch im Netz der Kulturen – Humanismus in der Epoche der Globalisierung / Being Human: Caught in the Web of Cultures – Humanism in the Age of Globalization. Bielefeld: Transcript 2009 ff. Bd. 1: Humanism in Intercultural Perspective. Experiences and Expectations, hg. v. Jörn Rüsen und Henner Laass. 2009 (= Nr. 2.60) Bd. 2: Humanismus polyphon. Menschlichkeit im Zeitalter der Globalisierung, hg. v. Gala Rebane, Katja Bendels und Nina Riedler. 2009 Bd. 3: Buddhist Approaches to Human Rights. Dissonances and Resonances, hg. v. Carmen Meinert und Hans-Bernd Zöllner. 2010 Bd. 4: Helmut Johach: Von Freud zur Humanistischen Psychologie. Therapeutisch-biographische Profile. 2009 Bd. 5: Octavio Paz. Humanism and Critique, hg. v. Oliver Kozlarek. 2009 Bd. 6: Traces of Humanism in China. Tradition and Modernity, hg. v. Carmen Meinert. 2010 Bd. 7: Hubert Cancik: Europa – Antike – Humanismus. Humanistische Versuche und Vorarbeiten. 2011 Bd. 8: Perspektiven der Humanität – Menschsein im Diskurs der Disziplinen, hg. v. Jörn Rüsen. 2010 (= Nr. 2.62) Bd. 9: Chun-chieh Huang: Humanism in East Asian Confucian Contexts. 2010 Bd. 10: Christoph Antweiler: Mensch und Weltkultur. Für einen realistischen Kosmopolitismus im Zeitalter der Globalisierung. 2011

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Bd. 11: Ernst Wolff: Political Responsibility for a Globalised World. After Levinas' Humanism. 2011 Bd. 12: Der sich selbst verwirklichende Mensch. Über den Humanismus der Humanistischen Psychologie, hg. v. Jürgen Straub. 2012 Bd. 13: Menschen machen. Die hellen und die dunklen Seiten humanwissenschaftlicher Optimierungsprogramme, hg. v. Anja Sieben, Katja Sabisch-Fechtelpeter und Jürgen Straub. 2012 Bd. 14: Oliver Kozlarek: Moderne als Weltbewusstsein. Ideen für eine humanistische Sozialtheorie in der globalen Moderne. 2011 Bd. 15: Shaping a Humane World. Civilizations – Axial Times – Modernities – Humanisms, hg. v. Oliver Kozlarek, Jörn Rüsen und Ernst Wolff. 2012 (= Nr. 2.67) Bd. 16: André de Melo Araújo: Weltgeschichte in Göttingen. Eine Studie über das spätaufklärerische universalhistorische Denken, 1756– 1815. 2012 Bd. 17: Alexander C. Y. Huang: Weltliteratur und Welttheater. Ästhetischer Humanismus in der kulturellen Globalisierung. 2012 Bd. 18: Humanismus in der Diskussion. Rekonstruktionen, Revisionen und Reinventionen eines Programms, hg. v. Martin Gieselmann und Jürgen Straub. 2012 Bd. 19: Ming-Huei Lee: Konfuzianischer Humanismus. Transkulturelle Kontexte. 2013 Bd. 20: Hilmar Kallweit: Zukunftsfähiger Humanismus. Präzedenzfälle und Perspektiven. 2014 4.15

(mit Sorin Antohi, Chun-chieh Huang) Reflections on (In-)Humanity. Göttingen: V&R unipress und Taibei: National Taiwan University Press 2012 ff. Bd. 1: The Concept of Humanity in an Age of Globalization, hg. v. Longxi Zhang. 2012 Bd. 2: Humanism and Muslim Culture. Historical Heritage and Contemporary Challenges, hg. v. Stefan Reichmuth, Jörn Rüsen und Aladdin Sarhan. 2012 (= Nr. 2.65) Bd. 3: Exploring Humanity – Intercultural Perspectives on Humanism, hg. v. Mihai I. Spariosu und Jörn Rüsen. 2012 (= Nr. 2.68) Bd. 4: Christoph Antweiler: Inclusive Humanism. Anthropological Basics for a Realistic Cosmopolitanism. 2012 Bd. 5: Crafting Humans. From Genesis to Eugenics and Beyond, hg. v. Marius Turda. 2013 Bd. 6: Approaching Humankind. Towards an Intercultural Humanism, hg. v. Jörn Rüsen. 2013 (= Nr. 2.69) Bd. 7: Multiple Experiences of Modernity. Toward a Humanist Critique of Modernity, hg. v. Oliver Kozlarek. 2014 Bd. 8: Christian Hogel: The Human and the Humane. Humanity as Argument from Cicero to Erasmus. 2015 Bd. 9: Hardy F. Schloer und Mihai I. Spariosu: The Quantum Relations Principle. Managing Our Future in the Age of Intelligent Machines. 2016

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(mit Dirk Fleischer) Geschichte denken. Texte über die Grundlagen der historischen Sinnbildung in der Neuzeit. Nordhausen: Traugott Bautz 2013– 2015 Bd. 1: Kaspar Royko: Einleitung in die christliche Religions- und Kirchengeschichte (1788), hg. und eingeleitet von Dirk Fleischer. 2013 Bd. 2: Johann Salomo Semler: Versuch einiger moralischen Betrachtungen [...]. 2014 Bd. 3: Johann Matthias Schroeckh: Kirchenhistorik oder Einleitung in die christliche Kirchengeschichte. 2015

5. Aufsätze 5.1 5.2

5.3

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5.8

Welt und Geschichte im Annolied, in: Heimatblätter des Sieg-Kreises 3 (1962), S. 2–12 Politisches Denken und Geschichtswissenschaft bei J. G. Droysen, in: Politische Ideologie und Nationalstaatliche Ordnung. Festschrift Theodor Schieder zum 60. Geburtstag, hg. v. Kurt Kluxen und Wolfgang J. Mommsen. München 1968, S. 171–187 a) überarbeitet in: Nr. 1.2, S. 76–91 Der Zusammenhang von Kunst und Gesellschaft als Bedingung der Erziehung, in: Erziehungswissenschaftliches Handbuch, Bd. 1: Das Erziehen als gesellschaftliches Phänomen, hg. v. Thomas Ellwein u. a. Berlin 1969, S. 187–209 a) überarbeitet in: Nr. 1.3, S. 1–29 Technik und Geschichte in der Tradition der Geisteswissenschaften. Geistesgeschichtliche Anmerkungen zu einem theoretischen Problem, in: Historische Zeitschrift 211 (1970), S. 529–555 a) überarbeitet in: Nr. 1.2, S. 55–75 b) auch in: Technikgeschichte, hg. v. Wolfgang König. Stuttgart 2010, S. 57–78 Geschichte der Technik in philosophischer Perspektive, in: Technikgeschichte 38 (1971), S. 1–16 Johann Gustav Droysen, in: Deutsche Historiker, Bd. 2, hg. v. Hans Ulrich Wehler. Göttingen 1971, S. 7–23 a) überarbeitet in: Nr. 1.9, S. 226–243 b) japanische Übersetzung in: Doitsu no rekishika, Bd. 2, hg. v. Hans Ulrich Wehler. Tokyo 1982 Wahrheit und Methode in der Geschichtswissenschaft. Philosophische Probleme der Historik, in: Philosophische Rundschau 18 (1971), S. 267– 289 a) überarbeitet in: Nr. 1.2, S. 92–113 (mit Günter Birtsch): Einleitung, in: Nr. 2.2, S. 5–10

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Jacob Burckhardt, in: Deutsche Historiker, Bd. 3, hg. v. Hans-Ulrich Wehler. Göttingen 1972, S. 7–28 a) überarbeitet in: Nr. 1.9, S. 276–299 b) japanische Übersetzung in: Doitsu no rekishika, Bd. 3, hg. v. Hans Ulrich Wehler. Tokyo 1983 Die Vernunft der Kunst – Hegels geschichtsphilosophische Analyse der Selbsttranszendierung des Ästhetischen in der modernen Welt, in: Philosophisches Jahrbuch 80 (1973), S. 292–319 a) überarbeitet in: Nr. 1.3, S. 30–62 Für eine erneuerte Historik. Vorüberlegungen zur Theorie der Geschichtswissenschaft, in: Denken über Geschichte, hg. v. Friedrich Engel-Janosi u. a. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit, Bd. 1). Wien 1974, S. 227–252 a) überarbeitet in: Nr. 1.2, S. 55–75 Überwindung des Historismus? Zur Logik historischer Erkenntnis I, in: Philosophische Rundschau 20 (1974), S. 269–286 a) überarbeitet in: Nr. 1.2, S. 114–131 Rationalität und Geschichtlichkeit. Zur Logik historischer Erkenntnis II, in: Philosophische Rundschau 21 (1974), S. 24–55 a) überarbeitet in: Nr. 1.2, S. 132–162 Über einige Beziehungen zwischen Ästhetik, Historik und Didaktik, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 49 (1975), S. 189–214 a) überarbeitet in: Nr. 1.3, S. 96–119 b) polnische Übersetzung in Opowiadanie historii w niemieckiej refleksji teoretycznohistorycznej i literaturoznawczej od o´swiecenia do wspó czesno´sci [Die Geschichtserzählung in der deutschen Geschichtstheorie und Literaturwissenschaft von der Aufklärung bis zur Gegenwart], hg. v. Jerzy Ka azny. Poznán 2003, S. 213–240 Ästhetik als Geschichtstheorie, in: Literaturwissenschaft und Geschichtsphilosophie. Festschrift für Wilhelm Emrich, hg. v. Helmut Arntzen u. a. Berlin 1975, S. 17–39 a) überarbeitet in: Nr. 1.3, S. 63–87 und gekürzt als Nr. 5.20 b) polnische Übersetzung in: Opowiadanie historii w niemieckiej ... [wie Nr. 5.13], S. 185–212 Zum Verhältnis von Theorie und Didaktik der Geschichte, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 26 (1975), S. 427–441 a) überarbeitet in: Nr. 1.2, S. 165–181 b) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.28, S. 13–42 Historismus und Ästhetik – Geschichtstheoretische Voraussetzungen der Kunstgeschichte, in: Kritische Berichte 3 (1975) H. 2/3, S. 5–11 a) überarbeitet u. d. T. „Historismus und Ästhetik – Geschichtstheoretische Voraussetzungen der Kunstgeschichte“ in: Nr. 1.3, S. 88–95 b) französische Übersetzung in: Histoire et Critique des Arts, November 1977, S. 16–21 Werturteilsstreit und Erkenntnisfortschritt. Skizzen zur Typologie des Objektivitätsproblems in der Geschichtswissenschaft, in: Nr. 2.3, S. 68–101

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Ursprung und Aufgabe der Historik, in: Nr. 2.4, S. 59–93 a) überarbeitet in: Nr. 1.2, S. 182–208 b) spanische Übersetzung in: Debates Recientes en la Teoría de la Historíografia Alemana, hg. v. Silvia Pappe. Mexico 2000, S. 37–82 Probleme und Funktionen der Historik, in: Conceptus 10 (1976) Nr. 27, S. 41–48 a) auch in: Wozu noch Geschichte?, hg. v. Willi Oelmüller. München 1977, S. 119–134 Kunst und Geschichte. Theoretische Überlegungen zur Präsentation menschlicher Vergangenheit, in: Das Museum. Lernort kontra Musentempel, hg. v. Ellen Spickernagel u. a. (= Sonderband der „Kritischen Berichte“). Gießen 1976, S. 7–17 a) gekürzte Fassung von Nr. 5.14 (mit Hans Mommsen) Alter Wein in neue Schläuche? Die Erklärung des Verbandes der Historiker Deutschlands zum Studium des Faches Geschichte, in: Geschichtsdidaktik 1 (1976) H. 1, S. 73–83 Der Historiker als „Parteimann des Schicksals“. Georg Gottfried Gervinus und das Konzept der objektiven Parteilichkeit im deutschen Historismus, in: Nr. 2.5, S. 77–124 a) überarbeitet in: Nr. 1.9, S. 157–206 Der Strukturwandel der Geschichtswissenschaft und die Aufgabe der Historik, in: Nr. 1.2, S. 45–54 a) in: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen und die Geschichte der Wissenschaften, hg. v. Alwin Diemer. Meisenheim am Glan 1977, S. 110–119 Unzeitgemäßer Gegenwartsbezug im Geschichtsdenken Jacob Burckhardts, in: Philosophisches Jahrbuch 84 (1977), S. 433–442 Historik und Didaktik – Ort und Funktion der Geschichtstheorie im Zusammenhang von Geschichtsforschung und historischer Bildung, in: Geschichtswissenschaft. Forschung – Didaktik – Theorie, hg. v. Erich Kosthorst. Göttingen 1977, S. 48–64 Die Uhr, der die Stunde schlägt. Geschichte als Kulturprozess bei Jacob Burckhardt, in: Historische Prozesse, hg. v. Karl-Georg Faber und Christian Meier (= Theorie der Geschichte. Beiträge zur Historik, Bd. 2). München 1978, S. 186–217 a) überarbeitet in: Nr. 1.9, S. 300–328 Gervinus' Kritik an der Reichsgründung. Eine Fallstudie zur Logik der historischen Urteilsbildung, in: Vom Staat des Ancien Regime zum modernen Parteienstaat. Festschrift Theodor Schieder zum 70. Geburtstag, hg. v. Helmut Berding u. a. München 1978, S. 313–329 a) überarbeitet in: Nr. 1.9, S. 206–225 Geschichte und Öffentlichkeit, in: Geschichtsdidaktik 3 (1978) H. 2, S. 96– 111 (mit Klaus Bergmann) Zum Verhältnis von Geschichtswissenschaft und Geschichtsdidaktik, in: Nr. 2.6, S. 7–13

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Wie kann man Geschichte vernünftig schreiben? Über das Verhältnis von Narrativität und Theoriegebrauch in der Geschichtswissenschaft, in: Theorie und Erzählung in der Geschichte, hg. v. Jürgen Kocka und Thomas Nipperdey (= Theorie der Geschichte. Beiträge zur Historik, Bd. 3). München 1979, S. 300–333 a) überarbeitet in: Nr. 1.7, S. 106–134 b) polnische Übersetzung in: Opowiadanie historii w niemieckiej refleksji teoretycznohistorycznej i literaturoznawczej od o´swiecenia do wspó czesno´sci [Die Geschichtserzählung in der deutschen Geschichtstheorie und Literaturwissenschaft von der Aufklärung bis zur Gegenwart], hg. v. Jerzy Ka azny. Poznán 2003, S. 315–347 Geschichte und Norm – Wahrheitskriterien der historischen Erkenntnis, in: Normen und Geschichte, hg. v. Willi Oelmüller. Paderborn 1979, S. 110–139 a) überarbeitet in: Nr. 1.7, S. 77–105, und als Nr. 5.34 b) schwedische Übersetzung in: Nr. 1.17, S. 53–85 Zur Kritik des Neohistorismus, in: Zeitschrift für philosophische Forschung 33 (1979), 243–263 Geschichtstheorie und Geschichtsdidaktik in Forschung und Lehre an den Hochschulen, in: Geschichtsdidaktik im internationalen Vergleich. Geschichtsunterricht und Geschichtslehrerausbildung, hg. v. Walter Fürnrohr. Stuttgart 1979, S. 168–184 Zum Problem der historischen Objektivität, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 31 (1980), S. 188–198 a) überarbeitete Fassung von Nr. 5.31 Cultural Identity and the Future of Art, in: Art and the Future. Collected Papers of the First International Conference on Art and the Future, hg. v. Margret Alisjahbana. Jakarta o. J. [1980], S. 24–30 Geschichtsdidaktik zwischen Unterrichtspraxis und Theoriebildung, in: Geschichtsdidaktik 5 (1980) H. 2, S. 205–211 Theorien im Historismus, in: Nr. 2.8, S. 13–33 a) überarbeitet in: Nr. 1.9, S. 95–113 Friedrich Meineckes „Entstehung des Historismus“ – eine kritische Betrachtung, in: Friedrich Meinecke heute, hg. v. Michael Erbe. Berlin 1981, S. 76–100 a) überarbeitet in: Nr. 1.9, S. 331–356 Geschichte als Aufklärung? oder: Das Dilemma des historischen Denkens zwischen Herrschaft und Emanzipation, in: Geschichte und Gesellschaft 7 (1981) H. 2, S. 189–218 a) überarbeitet in: Nr. 1.7, S. 21–49 b) überarbeitet in: Erinnerungsarbeit. Geschichte und demokratische Identität in Deutschland, hg. v. Wolfgang Ruppert. Opladen 1982, S. 173–197

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Geschichtsschreibung als Theorieproblem der Geschichtswissenschaft, in: Nr. 2.9, S. 14–35 a) überarbeitet in: Nr. 1.7, S. 135–152 b) slowenische Übersetzung in: Vsi Tukididovi mo je. Sodobne teorije zgodovinopisja: zbornik, hg. v. Oto Luthar (= Knji nica revolucionarne teorije, Bd. 70). Lubljana 1990, S. 75–93 c) spanische Übersetzung in: Debates Recientes en la Teoría de la Historíografia Alemana, hg. v. Silvia Pappe. Mexico 2000, S. 235–263 Bemerkungen zu Droysens Typologie der Geschichtsschreibung, in: Nr. 2.9, S. 192–200 a) überarbeitet in: Nr. 1.9, S. 267–275 Die vier Typen des historischen Erzählens, in: Nr. 2.9, S. 514–605 a) überarbeitet in: Nr. 1.7, S. 153–230 b) polnische Übersetzung in: Opowiadanie historii w niemieckiej refleksji teoretycznohistorycznej i literaturoznawczej od o´swiecenia do wspó czesno´sci [Die Geschichtserzählung in der deutschen Geschichtstheorie und Literaturwissenschaft von der Aufklärung bis zur Gegenwart], hg. v. Jerzy Ka azny. Poznán 2003, S. 490–575 Möglichkeit und Wirklichkeit in der Geschichte, in: Geschichtsdidaktik 7 (1982) H. 3, S. 291–304 Geschichtsdidaktische Konsequenzen aus einer erzähltheoretischen Historik, in: Historisches Erzählen. Formen und Funktionen, hg. v. Siegfried Quandt und Hans Süssmuth. Göttingen 1982, S. 129–170 a) überarbeitet in: Nr. 1.12, S. 25–60 [2. Aufl.] Erkenntnisinteresse und historische Objektivität, in: Kindlers Enzyklopädie Der Mensch, Bd. 5: Soziales und geschichtliches Verhalten des Menschen, hg. v. Herbert Wendt und Norbert Loacker. Zürich 1983, S. 458–477 Die Kraft der Erinnerung im Wandel der Kultur. Zur Innovations- und Erneuerungsfunktion der Geschichtsschreibung, in: Der Diskurs der Literatur- und Sprachhistorie. Wissenschaftsgeschichte als Innovationsvorgabe, hg. v. Hans Ulrich Gumbrecht und Bernard Cerquiglini. Frankfurt am Main 1983, S. 356–374 Geschichte und Utopie, in: Utopieforschung. Interdisziplinäre Studien zur neuzeitlichen Utopie, Bd. 1, hg. v. Wilhelm Voßkamp. Stuttgart 1982, S. 356–374, 2. Aufl. Frankfurt am Main 1986 a) überarbeitet in: Nr. 1.11, S. 60–81 b) auszugsweise bulgarische Übersetzung in: Balkanistic Forum (1996) H. 1/2, S. 12–17 Narrativita e modernita nella storia, in: La teoria della storiografia oggi, hg. v. Pietro Rossi. Milano 1983, S. 197–204 a) deutsche Übersetzung in: Theorie der modernen Geschichtsschreibung, hg. v. Pietro Rossi. Frankfurt am Main 1987, S. 230–237

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(mit Horst Walter Blanke und Dirk Fleischer) Historik als akademische Praxis. Eine Dokumentation der geschichtstheoretischen Vorlesungen an deutschsprachigen Universitäten von 1750–1900, in: Dilthey-Jahrbuch für Philosophie und Geschichte der Geisteswissenschaften 1 (1983), S. 182– 255 a) auszugsweise überarbeitet und ins Englische übersetzt als Nr. 5.53 Erklärung und Theorie in der Geschichtswissenschaft, in: Storia della Storiografia (1983) H. 4, S. 3–29 Anmerkungen zum Thema Christologie und Narration, in: Gegenwart des Absoluten. Philosophisch-theologische Diskurse zur Christologie, hg. v. Klaus Michael Kodalle. Gütersloh 1984, S. 90–96 Theory of History in Historical Lectures: The German Tradition of Historik 1750–1900, in: History and Theory 23 (1984), S. 331–356 a) Teilübersetzung von Nr. 5.50 b) auch in: Nr. 1.10, S. 97–128 c) deutsche Übersetzung in: Aufklärung und Historik. Aufsätze zur Entwicklung der Geschichtswissenschaft, Kirchengeschichte und Geschichtstheorie in der deutschen Aufklärung, hg. v. Horst Walter Blanke und Dirk Fleischer. Waltrop 1991, S. 1–32 Historische Erinnerung und menschliche Identität – Praktische Wirkungen der Historiographie, in: Universitas 39 (1984), 393–400 a) erweiterte Fassung als Nr. 5.55 b) ukrainische Übersetzung in: Nr. 1.23, S. 322–334 Geschichtsbewusstsein und menschliche Identität, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B 14/84, 13. Oktober 1984, S. 3–10 a) überarbeitete Fassung von Nr. 5.54 b) überarbeitet als Nr. 5.72 Theory of History in the Development of West German Historical Studies – A Reconstruction and Outlook, in: German Studies Review 7 (1984), S. 11– 25 Von der Aufklärung zum Historismus. Idealtypische Perspektiven eines Strukturwandels, in: Nr. 2.13, S. 15–56 a) überarbeitet u. d. T. „Von der Aufklärung zum Historismus – eine strukturgenetische These“, in: Nr. 1.9, S. 29–94 Historisches Erzählen als geschichtsdidaktisches Prinzip, in: Geschichtsdidaktik, Geschichtswissenschaft, Gesellschaft, hg. v. Göran Behre und LarsArne Norborg. Stockholm 1985, S. 63–82 Ansätze zu einer Theorie des historischen Lernens I: Formen und Prozesse, in: Geschichtsdidaktik 10 (1985) H. 3, S. 249–265 a) beide Teile (dieser Aufsatz und Nr. 5.70) überarbeitet und zusammengefasst u. d. T. „Historisches Lernen – Grundriss einer Theorie“ in: Nr. 1.12, S. 70–114 [2. Aufl.] b) polnische Übersetzung in: Nr. 1.26, S. 327–382 Jacob Burckhardt: Political Standpoint and Historical Insight on the Border of Postmodernism, in: History and Theory 24 (1985) H. 3, S. 235–246 a) auch in: Nr. 1.10, S. 147–160 b) deutsche Übersetzung in: Umgang mit Jacob Burckhardt. Zwölf Studien, hg. v. Hans R. Guggisberg. Basel /München 1994, S. 101–116

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(mit Zdenek Vašícek) Geschichtswissenschaft zwischen ideologischer Funktionalisierung und fachlicher Eigenständigkeit. Zur Entwicklung der Historik in der DDR, in: Ideologie und gesellschaftliche Entwicklung in der DDR. 18. Tagung zum Stand der DDR-Forschung in der Bundesrepublik Deutschland, 28. bis 31. Mai 1985, hg. v. Ilse Spittmann-Rühle und Gisela Helwig. Köln 1985, S. 143–157 a) überarbeitet u. d. T. „Geschichtswissenschaft zwischen Ideologie und Fachlichkeit. Zur Entwicklung der Historik in der DDR“, in: Geschichtswissenschaft in der DDR, hg. v. Alexander Fischer und Günther Heydemann, Bd. 1: Historische Entwicklung, Theoriediskussion und Geschichtsdidaktik. Berlin 1989, S. 307–331 Droysens Historik – Eine Einführung, in: Johann Gustav Droysen: Historik, hg. v. Chang-Tse Hu. Taiwan 1986 [chinesisch] a) überarbeitet in: Nr. 1.9, S. 243–266 Zur Funktionsdifferenzierung historischer Theorien, in: Marxistische Typisierung und idealtypische Methoden in der Geschichtswissenschaft, hg. v. Wolfgang Küttler. Berlin 1986, S. 141–155 Bürgerliche Identität zwischen Geschichtsbewusstsein und Utopie: Friedrich Schiller, in: German Studies Review 9 (1986), S. 11–27 a) überarbeitet in: Nr. 1.9, S. 139–156 b) auch in: Schiller. Vorträge aus Anlass seines 225. Geburtstages, hg. v. Dirk Grathoff und Erwin Leibfried. Frankfurt am Main 1991, S. 178– 193 Zukunft aus der Vergangenheit. Zeithorizont und Handlungsorientierung im historischen Denken, in: Ethik zwischen säkularer Apokalyptik und glaubensgestützter Hoffnung. Über die Handlungsrelevanz der Zukunftserwartung, hg. v. Hans May (= Loccumer Protokolle 62/84). RehburgLoccum 1986, S. 78–94 Aktuelle Herausforderungen an Theorie und Didaktik der Geschichte, in: Geschichte – Nutzen oder Nachteil für das Leben? Sammelband zum zehnjährigen Bestehen der Zeitschrift „Geschichtsdidaktik“, hg. v. Ursula A. J. Becher und Klaus Bergmann (= Geschichtsdidaktik. Studien, Materialien, Bd. 43). Düsseldorf 1986, S. 123–127 Grundlagenreflexion und Paradigmawechsel in der westdeutschen Geschichtswissenschaft, in: Geschichtsdidaktik 11 (1986) H. 4, S. 388–405 a) auch in Bilans et perspectief. Visies op de Geschiedwetenschap in Nederland. Groningen 1987, S. 31–54 b) überarbeitete Fassung in: Nr. 1.7, S. 50–76 c) portugiesische Übersetzung in: A Nova Historiografia Alemã, hg. v. Abílio Alfonso Beata Neves und René E. Gertz. Porto Allegre 1987, S. 14–40 d) englische Übersetzung in: Nr. 1.10, S. 161–186 Funktionstypologie historiographischer Narration, in: La Litterature Historiographique des Origines à 1500, Bd. 1 (= Grundriss der romanischen Literaturen des Mittelalters, Bd. XI,1), hg. v. Hans Robert Jauss u. a. Heidelberg 1986, S. 40–49

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Explicação Narrativa e o Problema dos Construtos Teóricos de Narração, in: Revista da Sociedade Brasileira da Pesquisa Historica 1 (1986/87) H. 3, S. 97–104 Ansätze zu einer Theorie des historischen Lernens II: Empirie, Normativität, Pragmatik, in: Geschichtsdidaktik 12 (1987) H. 1, S. 15–27 a) beide Teile (dieser Aufsatz und Nr. 5.59) überarbeitet u. d. T. „Historisches Lernen – Grundriss einer Theorie“ in: Nr. 1.12, S. 74–121 b) polnische Übersetzung in: Nr. 1.26, S. 327–382 Narrative und Strukturgeschichte im Historismus, in: Storia della Storiografia (1986) H. 10, S. 145–152 Potentiale historischer Sinnbildung, in: Das Geschichtsbewusstsein der Deutschen. Materialien zur Spurensuche einer Nation, hg. v. Werner Weidenfeld. Köln 1987, S. 53–64 a) überarbeitete Fassung von 5.55 b) u. d. T.: „Strukturen historischer Sinnbildung“ auch in: Nr. 1.11, S. 35– 45 [2. Aufl.] Eine Argumentationsskizze zum Thema: Die Feministische Perspektive in der historischen Orientierung, in: Frauen und Geschichte. Fragen an eine feministische Perspektive in der historischen Orientierung, hg. v. Jörg Calließ (= Loccumer Protokolle 11/1986). Rehburg-Loccum 1987, S. 129– 141 Für eine Didaktik historischer Museen – gegen eine Verengung im Streit um die Geschichtskultur, in: Geschichtsdidaktik 12 (1987) H. 3, S. 267–276 a) auch in: Nr. 2.18, S. 9–20 b) auch in: Nr. 1.12, S. 184–198 [2. Aufl.] Fortschritt. Geschichtsdidaktische Überlegungen zur Fragwürdigkeit einer historischen Kategorie, in: Geschichte lernen (1987) H. 1, S. 8–12 a) überarbeitet und erweitert in: Nr. 1.12, S. 199–213 [2. Aufl.] The Didactics of History in West Germany: Towards a New Self-Awareness of Historical Studies, in: History and Theory 26 (1987) H. 3, S. 275–286 a) auch in: Anais da VI Reunião Anual da Sociedade Brasileira de Pesquisa Histórica. São Paulo 1987, S. 209–216 b) auszugsweise auch in: International Society for History Didactics, Informations 8 (1987) H. 1, S. 17–18 c) auch in: Nr. 1.10, S. 187–201 d) litauische Übersetzung in: Istorine samone ir istorijos didaktika, hg. v. Ar¯unas Povili¯unas. Vilnius 1997, S. 14–27 e) portugiesische Übersetzung in: Práxis Educativa, hg. v. d. Universidade Estadual de Ponta Grossa 1 (2006) Nr. 2, S. 7–16 f) e) auch in: Nr. 1.22, S. 23–40 New Directions in Historical Studies, in: Proceeding of the Symposium on the History of Chinese and Western Historiography II, hg. v. Department of History, National Chung-Hsing University. Taichung 1987, S. 445–485 a) auch in: Miedzy historia a teoria: refleksje nad problematyka dziejów i wiedzy historycznej, hg. v. Marian Drozdowski. Warszawa /Poznán 1988, S. 340–355 b) auch in: Nr. 1.10, S. 203–219

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Aufklärung und Historismus – Historische Prämissen und Optionen der Geschichtsdidaktik, in: Historie – Didaktik – Kommunikation. Wissenschaftsgeschichte und aktuelle Herausforderungen, hg. v. Bernd Mütter und Siegfried Quandt. Marburg 1988, S. 49–64 a) überarbeitet in: Nr. 1.12, S. 8–24 [2. Aufl.] Historical Narration: Foundation, Types, Reason, in: History and Theory 26 (1987) H. 4 (= Beiheft: The Representation of Historical Events), S. 87–97 a) auch in: Nr. 1.10, S. 3–14 b) auch in: Nr. 1.18, S. 9–20 c) litauische Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 62–77 Functions of Historical Narration – Proposals for a Strategy of Legitimating History in School, in: Historiedidaktik i Norden 3. Nordisk Konferens om Historiedidaktik, Bergen 1987. Malmö 1988, S. 19–40 Historische Methode, in: Nr. 2.15, S. 62–80 a) u. d. T. „Was ist historische Methode?“ auch in: Poznán Studies in the Philosophy of the Sciences and the Humanities 19 (1990), S. 157–174 Vernunftpotentiale der Geschichtskultur, in: Nr. 2.16, S. 105–114 a) erweiterte Fassung in: Historyka. Studia Metodologiczne 21 (1991), S. 105–118 b) auch in: Nr. 1.11, S. 272–284 [2. Aufl.] c) schwedische Übersetzung in: Nr. 1.17, S. 179–194 ‚Schöne` Parteilichkeit – Feminismus und Objektivität in der Geschichtswissenschaft, in: Nr. 2.17, S. 517–542 a) überarbeitet in: Nr. 1.11, S. 147–167 [2. Aufl.] Historische Aufklärung im Angesicht der Post-Moderne: Geschichte im Zeitalter der „neuen Unübersichtlichkeit“, in: Streitfall Deutsche Geschichte. Geschichts- und Gegenwartsbewusstsein in den 80er Jahren, hg. v d. Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen. Essen 1988, S. 17–38 a) überarbeitet in: Nr. 1.7, S. 231–251 b) englische Übersetzung in: History and Memory 1 (1989) H. 1, S. 109– 131, so auch in: Nr. 1.10, S. 221–239 c) portugiesische Übersetzung in: Historia: Questoes & Debates, hg. v. d. Associação Paranaense de História (APAH), Juni-Dezember 1989, S. 303–328 d) spanische Übersetzung in: Debates Recientes en la Teoría de la Historíografia Alemana, hg. v. Silvia Pappe. Mexico 2000, S. 427–456 e) chinesische Übersetzung in: Dongnan xueshu [Southeast Academic Research: The Journal of the Fujian Social Sciences Society] (2005) Nr. 3, S. 44–53 Menschen- und Bürgerrechte als historische Orientierung. Vorschäge zur Interpretation und didaktischen Analyse, in: Geschichte lernen (1988) H. 6, S. 10–15 a) erweitert in: Nr. 2.20, S. 1–30 b) auch in: Nr. 1.12, S. 214–241 [2. Aufl.]

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Die Rhetorik des Historischen, in: Geschichte, Bild, Museum. Zur Darstellung von Geschichte im Museum, hg. v. Michael Fehr und Stefan Grohé. Köln 1989, S. 113–126 a) überarbeitet in: Nr. 1.11, S. 46–59 [2. Aufl.] b) auszugsweise bulgarische Übersetzung in: Balkanistic Forum (1996) H. 1/2, S. 9–12 Historisch-politisches Bewusstsein – was ist das?, in: Bundesrepublik Deutschland. Geschichte, Bewusstsein, hg. v. d. Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn 1989, S. 119–141 Eingedenken und Entsetzen – Eigenart und Funktion einer historischen Erinnerungsarbeit, in: Die Verbrechen des Krieges erinnern. Erinnerungsund Gedenkstättenarbeit für Versöhnung und Frieden, hg. v. Jörg Calließ (= Loccumer Protokolle 53/89). Rehburg-Loccum 1989, S. 18–34 The Development of Narrative Competence in Historical Learning – An Ontogenetical Hypothesis Concerning Moral Consciousness, in: History and Memory 1 (1989) H. 2, S. 35–60 a) auch in: Nr. 1.10, S. 63–84 b) u. d. T. „Narrative Competence: The Ontogeny of Historical and Moral Consciousness“ auch in: Nr. 1.18, S. 21–40 c) überarbeitet u. d. T.: „Historical Consciousness: Narrative Structure, Moral Function, and Ontogenetic Development“, in: Theorizing Historical Consciousness, hg. v. Peter Seixas. Toronto 2004, S. 63–85 d) gekürzt auch in: Proceedings of the CCU-ICP International Conference. Moral Values and Moral Reasoning in Chinese Societies. Taipei 1990, S. 277–292 e) spanische Übersetzung in: Propuesta Educativa [Buenos Aires] 4 (1992) Nr. 7 f) litauische Übersetzung in: Istorine samone ir istorijos didaktika (= Švietimo Studiju Sasiuvinis, Bd. 2). Vilnius 1997, S. 28–47 g) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.22, S. 51–78 Einleitung, in: Nr. 1.7, S. 11–20 Theorie der Geschichte, in: Fischer Lexikon Geschichte, hg. v. Richard van Dülmen. Frankfurt am Main 1990, S. 32–52, 2. Aufl. Frankfurt am Main 1994 a) englische Übersetzung in: Nr. 1.10, S. 15–47 b) überarbeitet in: Nr. 1.11, S. 82–115 [2. Aufl.] c) überarbeitete englische Übersetzung u. d. Tn.: „What is Historical Theory“ und „New History: Paradigms of Interpretation“, in: Nr. 1.18, S. 77– 108 d) ukrainische Übersetzung in: Historical Memory and Totalitarianismin: East-Central European Experience, hg. v. Volodymyr Kravchenko (= East /West Journal. The Scholarly Journal for History and Culture, Bd. 13–14: Special Issue). Kharkiv 2009, S. 275–290 e) spanische Übersetzung dieses Aufsatzes und von Nr. 5.97 zusammengefasst in: Nr. 1.24, S. 89–133

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(mit Friedrich Jaeger) Historische Methode, in: Fischer Lexikon Geschichte, hg. v. Richard van Dülmen. Frankfurt am Main 1990, S. 13–32, 2. Aufl. Frankfurt am Main 1994 a) überarbeitet in: Nr. 1.11, S. 116–146 [2. Aufl.] b) litauische Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 111–148 Der Teil des Ganzen – Über historische Kategorien, in: Teil und Ganzes. Zum Verhältnis von Einzel- und Gesamtanalyse in Geschichts- und Sozialwissenschaften, hg. v. Karl Acham und Winfried Schulze (= Theorie der Geschichte. Beiträge zur Historik, Bd. 6). München 1990, S. 299–322 a) überarbeitet in: Nr. 1.11, S. 168–187 [2. Aufl.] Rhetoric and Aesthetics of History: Leopold von Ranke, in: History and Theory 29 (1990) H. 2, S. 190–204 a) auch in: Nr. 1.10, S. 129–146 b) auch in: Nr. 1.18, S. 41–58 c) überarbeitet u. d. T. „Ranke's Historiography: A Theoretical Approach“, in: Fact and Fiction. German History and Literature 1848–1925, hg. v. Gisela Brude-Firnau und Karin J. MacHardy. Tübingen 1990, S. 41–56 d) überarbeitet und gekürzt in: Geschichte als Literatur. Formen und Grenzen der Repräsentation von Vergangenheit, hg. v. Hartmut Eggert u. a. Stuttgart 1990, S. 1–11 e) überarbeitet in: Nr. 1.9, S. 114–135 Historical Education in a Multicultural Society, in: Geskiedenisonderrig in 'n Multikulturele Samelewing, hg. v. Martin Trümpelmann. Johannesburg 1990, S. 1–14 a) auch in: Yesterday and Today. Journal for History Teaching Nr. 21, April 1991, S. 1–6 Historical Consciousness and Historical Education, in: Geskiedenisonderrig in 'n Multikulturele Samelewing, hg.v. Martin Trümpelmann. Johannesburg 1990, S. 134–146 (mit Klaus Fröhlich, Hubert Horstkötter und Hans Günter Schmidt) Untersuchungen zum Geschichtsbewusstsein vom Abiturienten im Ruhrgebiet, in: Nr. 2.21, S. 221–344 a) gekürzt u. d. T. „Was ist Geschichtsbewusstsein? Theoretische Überlegungen und heuristische Hinweise“ in: Nr. 1.11, S. 11–34 [2. Aufl] b) chinesische Übersetzung von a) in: Nr. 1.19 c) ukrainische Übersetzung von a) und von Nr. 5.117 zusammengefasst in: Nr. 1.23, S. 77–144 d) polnische Übersetzung von a) und von Nr. 5.117 zusammengefasst in: Nr. 1.26, S. 151–234 e) spanische Übersetzung von a) und von Nr. 5.91 zusammengefasst in: Nr. 1.24, S. 89–133 Geschichtsdidaktik heute – was heißt und zu welchem Ende betreibt man sie (noch)?, in: Geschichte lernen (1991) H. 21, S. 14–19 a) auch in: Bildungsgeschichte und historisches Lernen, hg. v. Ernst Hinrichs und Wolfgang Jacobmeyer. Frankfurt am Main 1991, S. 9–23 b) überarbeitet u. d. T. „Was heißt und zu welchem Ende betreiben wir heute (noch) Geschichtsdidaktik?“ in: Nr. 1.12, S. 115–130 [2. Aufl.]

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(mit Klaus Fröhlich): Menschenrechte im Systemkonflikt. Historische Überlegungen und Materialien für die Sekundarstufe II, in: Nr. 2.20, S. 209–261 Theorieprobleme einer vergleichenden Universalgeschichte der Menschenrechte, in: Was ist Gesellschaftsgeschichte? Positionen, Themen, Analysen, Hans-Ulrich Wehler zum 60. Geburtstag, hg. v. Manfred Hettling u. a. München 1991, S. 58–69 a) u. d. T. „Die Individualisierung des Allgemeinen – Theorieprobleme einer vergleichenden Universalgeschichte der Menschenrechte“ auch in: Nr. 1.11, S. 188–208 [2. Aufl.] Die Entwicklung der disziplinären Matrix und des theoretisch-methodologischen Instrumentariums der Geschichtswissenschaft, in: Historiographiegeschichte als Methodologiegeschichte. Zum 80. Geburtstag von Ernst Engelberg, hg. v. Herbert Hörz (= Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Berlin 1991, Nr. 1). Berlin 1991, S. 53–67 a) überarbeitet u. d. T. „Wissenschaftsgeschichte als Strukturgeschichte – einige Überlegungen am Beispiel der Verwissenschaftlichung des historischen Denkens in Deutschland“, in: Sozialgeschichte der Wissenschaften. Zur Methodologie einer historischen Wissenschaftsforschung, hg. v. Clemens Burrichter (= Beiträge vom XVIII. Erlanger Werkstattgespräch 1989). Erlangen 1991, S. 11–26 Zukunftschancen Südafrikas – einige Materialien zu Positionen, Strategien und Argumenten, in: Nr. 2.23, S. 98–108 Kontinuität, Innovation und Reflexion im späten Historismus: Theodor Schieder, in: Nr. 1.9, S. 357–397 a) englische Übersetzung in: Paths of Continuity. Central European Historiography from the 1930s to the 1950s, hg. v. Hartmut Lehmann und James van Horn Melton. Cambridge 1994, S. 353–388 Postmoderne Geschichtstheorie, in: Nr. 2.22, S. 27–48 a) überarbeitet in: Nr. 1.11, S. 209–232 [2. Aufl.] Geschichtskultur als Forschungsproblem, in: Nr. 2.24, S. 39–50 a) überarbeitet in: Nr. 1.11, S. 259–271 [2. Aufl.] b) estnische Übersetzung in: Tuna. Ajalookultuuri Ajakiri (2001) H. 3, S. 82–90 Das ideale Schulbuch, in: Internationale Schulbuchforschung 14 (1992), S. 237–250 a) überarbeitet u. d. T. „Das ideale Schulbuch. Überlegungen zum Leitmedium des Geschichtsunterrichts“ bzw. „Das ideale Schulbuch“ [2. Aufl.] in: Nr. 1.12. S. 156–170 b) spanische Übersetzung in: Nueveas Fronteras de la Historia (= Iber 4. Didactica de las Ciencias Sociales, Geografia e Historia (1997) H. 12, S. 79–93 c) russische Übersetzung in: Ucebnik: Desjat' raznych mnenij. Sbornik statej. Hg. v. Evaldas Bakonis. Vilnius 2000, S. 31–51 ‚Moderne` und ‚Postmoderne` als Gesichtspunkte einer Geschichte der modernen Geschichtswissenschaft, in: Nr. 2.25, S. 17–30

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5.108 Historiatiede modernin ja postmodernin välissä [Die Geschichtswissenschaft zwischen Moderne und Postmoderne], in: Tiede & Edistys [Helsinki] 17 (1992) H. 4, S. 270–282 a) spanische Übersetzung in: New History, Nouvelle Histoire: Hacia una Nueva Historia, hg. v. José Andrés-Gallego. Madrid 1993, S. 119–138 b) englische Übersetzung u. d. T. „Historical studies between modernity and postmodernity“, in: South African Journal of Philosophy 13 (1994) H. 4, S. 183–189 c) rumänische Übersetzung in: Litere, Arte, Idei. Cotidianul, Supliment cultural Nr. 35 (216), 18. September 1995, Nr. 36 (217), 25. September 1995 d) c) auch in: Modernism ¸si antimodernism: Noi perspective interdisciplinare, hg. v. Sorin Antohi. Bucures ti /Cuvântul 2008, S. 79–102 e) portugiesische Übersetzung in: Historia. Questoes & Debates 14 (1997) Nr. 26/27, S. 80–101 5.109 Human Rights from the Perspective of a Universal History, in: Human Rights and Cultural Diversity. Europe – Arabic-Islamic World – Africa – China, hg. v. Wolfgang Schmale. Goldbach 1993, S. 28–46 a) deutsche Übersetzung in: Nr. 1.15, S. 180–199 b) rumänische Übersetzung in: Nr. 2.50, S. 48–71 c) litauische Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 287–309 5.110 Demokratische Geschichtskultur – Was kann die Geschichtswissenschaft zum Aufbau ziviler Gesellschaften beitragen?, in: Politische Sozialisation und Geschichte. Festschrift für Rolf Schörken zum 65. Geburtstag, hg. v. Angela Schwarz (= Beiträge zur Geschichtskultur, Bd. 8). Hagen 1993, S. 157–174 5.111 Vom Umgang mit den Anderen – zum Stand der Menschenrechte heute, in: Internationale Schulbuchforschung 15 (1993), S. 167–178 5.112 Interests and Objectivity in Historical Studies, in: Nr. 1.10, S. 49–59 5.113 Experience, Interpretation, Orientation – Three Dimensions of Historical Learning, in: Nr. 1.10, S. 85–95 a) deutsche Übersetzung in: Nr. 1.12, S. 61–69 [2. Aufl.] b) litauische Übersetzung in: Istorine samone ir istorijos didaktika (= Švietimo Studiju Sasiuvinis, Bd. 2). Vilnius 1997, S. 48–55 c) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.22, S. 79–92 d) spanische Übersetzung in: Nr. 1.24, S. 261–273 e) polnische Übersetzung in: Nr. 1.26, S. 383–394 5.114 Die kleine und die große Geschichte. Zum Zusammenhang von Autobiographie und Geschichtswissenschaft, in: Lebenslauf und Geschichte. Zur historischen Orientierung im Einigungsprozess, hg. v. Jörg Calließ (= Loccumer Protokolle 63/92). Rehburg-Loccum 1993, S. 53–65 5.115 Der erfüllte Augenblick. Zukunftsgewissheit und Weltvertrauen – Zur Sinnbildung in pädagogischen Diskursen, in: Hibernia-Jahrbuch 1 (1993), S. 60–76

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5.116 Geschichte sehen. Zur ästhetischen Konstitution historischer Sinnbildung, in: Auf der Suche nach dem verlorenen Staat. Die Kunst der Parteien und Massenorganisationen der DDR, hg. v. Monika Flacke. Berlin 1994, S. 28–39 a) u. d. T. „Über die Sichtbarkeit der Geschichte“ überarbeitet auch in: Nr. 1.14, S. 107–129 b) überarbeitet in englischer Übersetzung in: Historein. A Review of the Past and Other Stories 5 (2005), S. 130–141 c) litauische Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 359–380 d) spanische Übersetzung in: Nr. 1.24, S. 235–260 5.117 Was ist Geschichtskultur? Überlegungen zu einer neuen Art, über die Geschichte nachzudenken, in: Nr. 2.26, S. 3–26 a) auch in: Nr. 1.11, S. 233–258 [2. Aufl.] b) gekürzt als Nr. 5.124 c) schwedische Übersetzung in: Nr. 1.17, S. 149–177 d) chinesische Übersetzung in: Nr. 1.19 e) litauische Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 78–108 f) ukrainische Übersetzung dieses Aufsatzes und von Nr. 5.97 zusammengefasst in: Nr. 1.23, S. 77–144 g) polnische Übersetzung dieses Aufsatzes und von Nr. 5.97 zusammengefasst in: Nr. 1.26, S. 151–234 h) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.28, S. 53–82 i) spanische Übersetzung in http://www.culturahistorica.es/ruesen/cultura_historica.pdf [nur online] 5.118 (mit Klaus Große-Kracht, Bernhard Hanenkamp und Hans-Günter Schmidt) Geschichtsbewusstsein von Schülern und Studenten im internationalen und interkulturellen Vergleich, in: Nr. 2.27, S. 79–206 a) litauische Teilübersetzung in: Nr. 1.21, S. 78–108 5.119 Historische Methode und religiöser Sinn – Vorüberlegungen zu einer Dialektik der Rationalisierung des historischen Denkens in der Moderne, in: Nr. 2.28, S. 344–379 a) auch in: Nr. 1.15, S. 9–41 5.120 Identität und Konflikt im Prozess der Modernisierung. Überlegungen zur kulturhistorischen Dimension von Fremdenfeindlichkeit heute, in: Universalgeschichte und Nationalgeschichten, hg. v. Gangolf Hübinger u. a. Freiburg 1994, S. 333–343 a) auch in: Nr. 1.15, S. 195–205 b) litauische Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 149–185 c) u. d. T. „Kollektive Identität und ethnischer Konflikt im Prozess der Modernisierung“ auch in: Die bedrängte Toleranz. Ethnisch-kulturelle Konflikte, religiöse Differenzen und die Gefahren politisierter Gewalt, hg. v. Wilhelm Heitmeyer und Rainer Dollase. Frankfurt am Main 1996, S. 142–152 5.121 Kulturspezifik und Universalität zivilisatorischer Standards. Überlegungen zur Entgrenzung Europas, in: Historische Orientierung nach der Epochenwende, oder: Die Herausforderungen der Geschichtswissenschaft durch die Geschichte, hg. v. Jörg Calließ (= Locccumer Protokolle Nr. 71/93). Rehburg-Loccum 1995, S. 147–163

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5.122 Social Change and the Development of Historiography – A Theoretical Approach, in: Understanding Social Change in the Nineties. Theoretical Approaches and Historiographical Perspectives, hg. v. Valentin Vazques Prada und Ignacio Olabarri. Aldershot 1995, S. 111–126 5.123 Reform des Geschichtsunterrichts – eine Fallstudie über Tradition und Innovation in der Lehrplanrevision, in: Konflikt und Reform. Festschrift für Helmut Berding, hg. v. Winfried Speitkamp und Hans-Peter Ullmann. Göttingen 1995, S. 309–328 5.124 Geschichtskultur, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 46 (1995), S. 513–521 a) überarbeitete Fassung von Nr. 5.117 b) auch in: Geschichtsunterricht heute. Grundlagen – Probleme – Möglichkeiten, hg. v. Joachim Rohlfes (= Sammelband: GWU-Beiträge der neunziger Jahre). Seelze-Velber 1999, S. 9–17 5.125 Historik – Überlegungen zur meta-theoretischen Selbstauslegung und Interpretation des historischen Denkens im Historismus (und außerhalb), in: Nr. 2.30, S. 80–99 a) zusammengefasst mit Nr. 5.126 auch in: Nr. 1.15, S. 43–76 5.126 Historismus als Wissenschaftsparadigma. Leistung und Grenzen eines strukturgeschichtlichen Ansatzes der Historiographiegeschichte, in: Nr. 2.29, S. 119–138 a) zusammengefasst mit Nr. 5.125 auch in: Nr. 1.15, S. 43–76 5.127 Auschwitz: How to Perceive the Meaning of the Meaningless – A Remark on the Issue of Preserving the Remnants, in: Jahrbuch 1994, hg. v. Kulturwissenschaftlichen Institut, S. 180–185 a) deutsche Übersetzung in: Gewerkschaftliche Monatshefte 46 (1995) H. 11, S. 657–663 5.128 Trauer als historische Kategorie. Überlegungen zur Erinnerung an den Holocaust in der Geschichtskultur der Gegenwart, in: Erinnerung, Gedächtnis, Sinn. Authentische und konstruierte Erinnerung, hg. v. Hanno Loewy und Bernhard Moltmann. Frankfurt am Main 1996, S. 57–78 5.129 Some Theoretical Approaches to an Intercultural Comparison of Historiography, in: History and Theory 35 (1996) H. 4 (Theme Issue: Chinese Historiography in Comparative Perspective), S. 5–22 a) u. d. T. „Theoretical Approaches to an Intercultural Comparison of Historiography“ auch in: Nr. 1.18, S. 109–128 b) deutsche Übersetzung in: Nr. 2.35, S. 37–73 c) diese auch in: Nr. 1.15, S. 231–266 d) chinesische Übersetzung von a) in: Zhongguo shixueshi yantaohui cong bijiao guandian chufa lunwenji, hg. v. Susanne Weigelin-Schwiedrzik und Axel Schneider. Taibei 1999, S. 151–176 e) portugiesische Übersetzung von a) in: A História Escrita. Teoria e História da Historiografia, hg. v. Murandir Malerba. São Paulo 2006, S. 115–137 f) litauische Übersetzung von a) in: Nr. 1.21, S. 219–257 g) polnische Übersetzung von a) in: Nr. 1.26, S. 92–126

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5.130 Historische Sinnbildung durch Erzählen. Eine Argumentationsskizze zum narrativistischen Paradigma der Geschichtswissenschaft und der Geschichtsdidaktik im Blick auf nicht-narrative Faktoren, in: Internationale Schulbuchforschung 18 (1996), S. 501–544 a) überarbeitet u. d. T. „Historisches Erzählen“ in: Nr. 1.14, S. 43–106 b) schwedische Übersetzung in: Nr. 1.17, S. 87–147 c) spanische Übersetzung in: Nr. 1.24, S. 135–208 5.131 Über den Umgang mit den Orten des Schreckens – Überlegungen zur Symbolisierung des Holocaust, in: Das Gedächtnis der Dinge. KZ-Relikte und KZ-Denkmäler 1945–1995, hg. v. Detlef Hoffmann. Frankfurt am Main 1997, S. 330–343 a) litauische Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 381–413 5.132 Narratividade e Objetividade, in: Textos de Historia. Revista da Pós-Graduação em Historia da UnB 4 (1996) Nr. 1, S. 75–102 a) auch in: Revista do Departamernto de Historia – Pós-Graduação em História, Pontificia Universidade Catolica do Rio Grande do Sul 34 (1998) H. 2, S. 311–335 b) deutsche Übersetzung u. d. T: „Narrativität und Objektivität in der Geschichtswissenschaft“, in: Metageschichte. Hayden White und Paul Ricoeur. Dargestellte Wirklichkeit in der europäischen Kultur im Kontext von Husserl, Weber, Auerbach und Gombrich, hg. v. Jörn Stückrath und Jürg Zbinden. Baden-Baden 1997, S. 303–326 c) gekürzt in: Wirklichkeit und Welterzeugung, hg. v. Hans Rudi Fischer und Siegfried J. Schmidt. Heidelberg 2000, S. 339–349 d) englische Übersetzung u. d. T. „Narrativity and Objectivity in Historical Studies“, in: Nr. 1.18, S. 59–76 e) litauische Übersetzung in: Nr. 2.36, S. 36–67 f) spanische Übersetzung in: Nr. 1.24, S. 209–234 5.133 The Logic of Historization – Metahistorical Reflections on the Debate between Friedländer and Broszat, in: Passing into History: Nazism and the Holocaust beyond Memory. In Honour of Saul Friedländer on His SixtyFifth Birthday, hg. v. Gulie Ne'eman Arad (= History and Memory 9 [1997], H. 1/2). Bloomington 1997, S. 113–144 a) u. d. T. „Historizing Nazi-Time: Metahistorical Reflections on the Debate between Friedländer and Broszat“ auch in: Nr. 1.18, S. 163–188 b) deutsche Übersetzung in: Bruchlinien. Tendenzen der Holocaustforschung, hg. v. Gertrud Koch (= Beiträge zur Geschichtskultur, Bd. 20). Köln 1999, S. 19–60 c) diese überarbeitet in: Nr. 1.14, S. 217–262 d) schwedische Übersetzung in: Nr. 1.17, S. 223–266 e) spanische Übersetzung in: Nr. 1.24, S. 228–265 5.134 Was heißt: Sinn der Geschichte (mit einem Ausblick auf Vernunft und Widersinn), in: Nr. 2.31, S. 17–47 a) überarbeitet u. d. T. „Geschichte als Sinnproblem“, in; Nr. 1.14, S. 7–42 b) gekürzt in: Theologie und Glaube 90 (2000), S. 64–75 c) so auch in: Geistliche und weltliche Macht. Das Paderborner Treffen 799 und das Ringen um den Sinn der Geschichte, hg. v. Josef Meyer zu Schlochtern und Dieter Hattrup. Paderborn 2000, S. 64–75

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d) italienische Übersetzung in: Discipline Filosofiche 10 (2000) H. 1, S. 11–40 e) chinesische Übersetzung in: Shandong shehui kexue (Shandong Social Sciences) (2005) Nr. 2, S. 32–45 f) englische Übersetzung in: Nr. 2.55, S. 40–64 g) ukrainische Übersetzung in: Nr. 1.23, S. 38–76 h) spanische Übersetzung in: Nr. 1.24, S. 47–88 Den Holocaust erklären – aber wie? Eine geschichtstheoretische Kritik von Daniel Goldhagens These, in: Jahrbuch 1996, hg. v. Kulturwissenschaftlichen Institut, S. 18–30 a) auch in: Theoretische Geschiedenis. Beelden, Begrippen, Ideen 23 (1996) H. 3, S. 257–268 b) portugiesische Übersetzung in: Historia. Questoes & Debates 14 (1997) H. 26/27, S. 116–131 c) auch in: Nr. 1.13, S. 49–71 d) überarbeitet als Nr. 5.137 La Floraison des Sciences Historiques en Allemagne. Historiser de l'Art et Esthétiser l'Histoire, in: Histoire de l'Histoire de l'Art, hg. v. Edouard Pommier, Bd. 2: XVIIIe et XIXe Siècles. Paris 1997, S. 177–194 Die Goldhagen-Debatte – Holocaust-Erklärung und deutsche Identität, in: Schulverwaltung. Zeitschrift für Schulleitung, Schulaufsicht und Schulkultur, Ausgabe Nordrhein-Westfalen 9 (1998) Nr. 1, S. 11–14 a) überarbeitete Fassung von Nr. 5.135 b) überarbeitet u. d. T. „Die Goldhagen-Debatte und die deutsche Identität“, in: „Wenn nicht ich, wer? Wenn nicht jetzt, wann?“ Themenheft der Gesellschaften für Christlich-jüdische Zusammenarbeit, Deutscher Koordinierungsrat, 1998, S. 70–74 c) u. d. T. „Holocaust-Erfahrung und deutsche Identität“ in: Nr. 1.13, S. 31–48 d) überarbeitet u. d. T. „Über kulturelle Identität und die Goldhagen-Debatte. Ein Beitrag zur Selbstverständigung der Deutschen“, in: Der blaue Reiter. Journal für Philosophie 1 (1998) H. 7, S. 41–45 e) überarbeitet u. d. T. „Die Goldhagen-Debatte – Holocaust-Erklärung und deutsche Identität“, in: Freie Assoziation. Psychoanalyse, Kultur, Organisation, Supervision 2 (1999) H. 1, S. 73–100 f) überarbeitet u. d. T. „Goldhagens Irrtümer“ in: Nr. 1.14, S. 263–278 Die Zukunft der Vergangenheit, in: Universitas 53 (1998) Nr. 621, S. 228– 237 a) auch in: WertSchöpfung. Maßstäbe einer neuen Ökonomie, hg. v. Franz Lehner. München 1999, S. 270–279 b) auch in: Zukunft der Geschichte. Historisches Denken an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, hg. v. Stefan Jordan. Berlin 1999, S. 175–182 c) auch in: Nr. 1.14, S. 131–141 d) chinesische Übersetzung in: Nr. 1.19 e) polnische Übersetzung in: Nr. 1.26, S. 211–222 Historical Consciousness as a Matter of Research on History Textbooks, in: Fangfalun: Lishi yishi yu lishi jiaokeshu de fenxi bianxie guoji xueshu

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yantaohui lunwenji /Historical Consciousness and History-Textbook Research. Proceedings of the International Conference on Methodologies: Historical Consciousness and History-Textbook Research, hg. v. Chang Hua und Liang-Kai Chou, o. O. 1998, S. 1–36 [Einleitung:] Für eine interkulturelle Kommunikation in der Geschichte. Die Herausforderungen des Ethnozentrismus in der Moderne und die Antwort der Kulturwissenschaften, in: Nr. 2.35, S. 12–36 a) litauische Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 261–286 b) überarbeitet u. d. T. „Ethnozentrismus und interkulturelle Kommunikation“ in: Interkulturalität – Grundprobleme der Kulturbegegnung (= Mainzer Universitätsgespräche Sommersemester 1998). Mainz 1999, S. 27–43 c) u. d. T. „Der Ethnozentrismus und seine Überwindung“ auch in: Nr. 1.13, S. 11–30 d) auch in: Nr. 1.15, S. 207–230 e) chinesische Übersetzung in: Nr. 1.19 f) litauische Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 261–286 g) ukrainische Übersetzung in: Nr. 1.23, S. 157–181 h) polnische Übersetzung in: (Kon)Teksty Pamieci Antologia, hg. v. Jorenelia Konczal. Warszawa 2014, S. 65–83 Sinnverlust und Sinnbildung im historischen Denken am Ende des Jahrhunderts, in: Nr. 2.37, S. 360–377 a) portugiesische Übersetzung in: História: Debates e Tendências (= Revista do Pós-Graduação em História) 2 (2001) Nr. 1, S. 9–22 Vom Nutzen und Nachteil der Ethnologie für die Historie. Überlegungen im Anschluß an Klaus E. Müller, in: Die offenen Grenzen der Ethnologie. Schlaglichter auf ein sich wandelndes Fach. Festschrift Klaus E. Müller, hg. v. Sylvia Schomburg-Scherff u. a. Frankfurt am Main 2000, S. 291–309 Einige Überlegungen zur ethischen Dimension des historischen Denkens, in: Die Leidenschaft der Aufklärung. Studien über Zusammenhänge von bürgerlicher Gesellschaft und Bildung, hg. v. Jürgen Oelkers und Daniel Tröhler. Weinheim 1999, S. 15–30 Über die Ordnung der Geschichte. Die Geschichtswissenschaft in der Debatte über Moderne, Postmoderne und Erinnerung, in: Orte der Erinnerung. Denkmal, Gedenkstätte, Museum, hg. v. Ulrich Borsdorf und Heinrich Theodor Grütter. Frankfurt am Main 1999, S. 79–100 a) überarbeitet als Nr. 5.152 b) überarbeitet u. d. T. „Die Ordnung der Geschichte – Moderne, Postmoderne und Erinnerung“ in: Nr. 1.15, S. 125–156 c) litauische Übersetzung von b) in: Nr. 1.21, S. 168–218 d) spanische Übersetzung von b) in: Nr. 1.24, S. 210–227 Kultur als Politikum. Überlegungen zur Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft, in: Kulturpolitik in der „Berliner Republik“. Das Verhältnis von Föderalismus, nationalen Aufgaben und europäischer Integration. 43. Kulturpolitisches Kolloquium, hg. v. Hans-Peter Burmeister (= Loccumer Protokolle 8/99). Rehburg-Loccum 1999, S. 23–36

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5.146 Viel Lärm um das Nichts der Zeit, in: Tausend Jahre Abendland. Die großen Umbrüche 1000, 1500, 2000. Frankfurt am Main 1999, S. 155–167 a) auch in: Nr. 1.14, S. 325–335 5.147 Historical Objectivity as a Matter of Social Values, in: Historians and Social Values, hg. v. Joep Leerssen und Ann Rigney. Amsterdam 2000, S. 57–66 a) russische Übersetzung in: Mo et li istorija byt' ob'ektivnoj? Materialy Me dunarodnoj naucnoj konferencii. Moskva. MGU. 2 dekabrja 2011, in: Trudy Istoriceskogo fakul'teta MGU im. Lomonosova, serija II, Istoriceskie issledovanija. Moskva 2012, S. 73–88 b) a) auch in: Novaja i novejšaja istorija (2012) H. 4, S. 115–122 5.148 Holocaust-Erinnerungen im Wechsel der Generationen. Thesen zur Entwicklung in der Bundesrepublik, in: Das Ende der Sprachlosigkeit? Auswirkungen traumatischer Holocaust-Erfahrungen über mehrere Generationen, hg. v. Liliane Opher-Cohn u. a. Gießen 2000, S. 71–84 5.149 Was heißt und zu welchem Ende studiert man Kulturwissenschaften? (= Essener Universitätsreden, H. 4). Essen 2000 a) auch in: Kultur verstehen. Zur Geschichte und Theorie der Geisteswissenschaften [Festschrift für Günther Scholtz], hg. v. Gudrun KühneBertram, Hans-Ulrich Lessing und Volker Steenblock. Würzburg 2003, S. 119–128 b) auch in: Nr. 1.20. S. 145–155 5.150 Vom Nutzen und Nachteil der Wissenschaft für das Schulbuch – am Beispiel der Geschichte, in: Internationale Verständigung. 25 Jahre GeorgEckert-Institut für internationale Schulbuchforschung in Braunschweig, hg. v. Ursula A. J. Becher und Rainer Riemenschneider (= Studien zur internationalen Schulbuchforschung, Bd. 100). Hannover 2000, S. 49–56 a) u. d. T. „Vom Nutzen und Nachteil der Wissenschaft für das Schulbuch“ auch in: Nr. 1.12, S. 174–183 [2. Aufl.] 5.151 „Wagner im Dritten Reich“ – von der Schwierigkeit, einen historischen Zusammenhang in den Blick zu nehmen, in: Nr. 2.39, S. 15–23 5.152 Lo(o)s(en)ing the Order of History: Some Aspects of Historical Studies at the Intersection of Modernity, Postmodernity and the Discussion on Memory, in: Historia. Journal of the Historical Society of South Africa 45 (2000) H. 2, S. 255–270 a) Übersetzung einer überarbeiteten Fassung von Nr. 5.144 b) chinesische Übersetzung in: Journal of Xuehai (2001) Nr. 4, S. 31–37 c) weitere chinesische Übersetzung in: Lishi de Huayu. Xiandai Xifang Lishi Zhexue Yiwenji, hg. v. Wenjie Zhang. Gulin 2002, S. 70–85 d) überarbeitet u. d. T. „Loosening the Order of History: Modernity, Postmodernity, Memory“, in: Nr. 1.18, S. 129–146 e) russische Übersetzung in: Dialog so vremenem. Al'manach intellektual'noj istorii [Moskva] (2001) H. 7, S. 8–25 f) rumänische Übersetzung in: Xenopoliana. Buletinul Fundatiei Academice „A. D. Xenopol“ din Ias i 11 (2003), S. 16–28

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5.153 „Cultural Currency“. The Nature of Historical Consciousness in Europe, in: Approaches to European Historical Consciousness: Reflections and Provocations, hg. v. Sharon Macdonald. Hamburg 2000, S. 75–85 a) u. d. T. „European historical consciousness – preconditions, visions, interventions“ auch in: Historical Consciousness and the Future of Our Past, hg. v. Johann Tempelhoff. Vanderbijlpark 2003, S. 1–12 b) deutsche Übersetzung u. d. T. „Europäisches Geschichtsbewusstsein. Vorgaben, Visionen, Interventionen“, in: Nr. 1.16, S. 91–106 c) überarbeitet als Nr. 5.173 d) chinesische Übersetzung in: Nr. 1.19 e) litauische Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 346–355 f) ukrainische Übersetzung in: Nr. 1.23, S. 145–156 5.154 Ethischer Grund und sekundäre Traumatisierung – Über einige Sinnprobleme der Geschichtswissenschaft, in: Jahrbuch 1999/2000, hg. v. Kulturwissenschaftlichen Institut, S. 61–74 5.155 Historisch trauern – Skizze einer Zumutung, in: Nr. 2.41, S. 63–84 a) gekürzt und übearbeitet u. d. T. „Trauer im Zeitbruch – Über ein neues Erfordernis der Geschichtskultur“, in: Große Gefühle. Bausteine menschlichen Verhaltens, hg. v. ZDF-Nachtstudio. Frankfurt am Main 2000, S. 121–138 b) überarbeitet in: Nr. 1.14, S. 301–324 c) chinesische Übersetzung in: Nr. 1.19 d) auszugsweise italienische Übersetzung in: Discipline Filosofiche 16 (2006) H. 1, S. 7–26 e) ukrainische Übersetzung in: Nr. 1.23, S. 269–282 f) polnische Übersetzung in: Nr. 1.26, S. 282–304 5.156 Holocaust, Erinnerung, Identität, in: Das soziale Gedächtnis. Geschichte, Erinnerung, Tradierung, hg. v. Harald Welzer. Hamburg 2001, S. 243–259 a) koreanische Übersetzung in: Korean Journal of German Studies 6 (2003) H. 12, S. 159–171 b) polnische Übersetzung in: Pamie´c o Holokau´scie a tozsamo´sc´ niemiecka, in: Pamie´c zbiorowa i kulturowa. Wspó czesna perspektywa niemiecka, hg. v. Magdalena Saryusz-Wolska [= Horyzonty Nowoczesno´sci, Bd. 80]. Kraków 2009, S. 411–433. 5.157 Einleitung: Geschichtsbewusstsein thematisieren – Problemlagen und Analysestrategien, in: Nr. 2.40, S. 1–13 5.158 Kann gestern besser werden? Über die Verwandlung von Vergangenheit in Geschichte, in: Geschichte und Gesellschaft 28 (2002) H. 2, S. 305–321 a) auch in: Divinatio. Studia culturologica series [Paris] 13 (2001), S. 55–72 b) überarbeitet u. d. T. „Kann Gestern besser werden? Essays über das Bedenken der Geschichte“ in: Nr. 1.16, S. 17–44 c) russische Übersetzung in: Dialog so vremenem. Al'manach intellektual'noj istorii, hg. v. L. P. Repina [Moskva] (2003) H. 10, S. 48–65 d) bulgarische Übersetzung in: Istorija, razkaz, pamet, hg. v. Ivaylo Znepolski u. a. Sofia 2001, S. 151–176 e) spanische Übersetzung in: Política, identidad y narración, hg. v. Gustavo Leyva. Mexico 2003, S. 477–501

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f) chinesische Übersetzung in: Nr. 1.19 g) gekürzt in: Der blaue Reiter. Journal für Philosophie 2 (2003) H. 18, S. 6–10 h) gekürzt in: Deutsch S II: Kompetenzen, Themen, Training, hg. v. Peter Bekes u. a. Braunschweig 2006, S. 375 i) litauische Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 446–468 j) gekürzt u. d. T. „Geschichte – Erfahrung und Deutung“ in: Philos – Philosophieren in der Oberstufe, hg. v. Peter Bekes u. a. Braunschweig 2010, S. 565–567 k) j) auch in Philos. Philosophieren in der Oberstufe. Lehrerband, hg. von Peter Bekes u. a. Braunschweig 2017, S. 178 f. l) j) auch in der Neubearbeitung: Philos. Qualifikationsphase. Braunschweig 2015, S. 337 f. m) ukrainische Übersetzung in: Nr. 1.23, S. 299–321 n) portugiesische Übersetzung in: Historia, Verdade e Tempo, hg. v. Marlon Salomon. Chapeco 2011, S. 259–290 o) polnische Übersetzung in: Nr. 1.26, S. 127–147 5.159 Zukunft als Kulturproblem, in: Nr. 1.13, S. 73–87 a) auch in: Theater-Zeit in Wuppertal, hg. v. Gerold Theobalt. Wuppertal 2001, S. 12–23 5.160 Auf dem Weg zu einer Pragmatik der Geschichtskultur, in: GeschichtsErzählung und Geschichts-Kultur. Zwei geschichtsdidaktische Leitbegriffe in der Diskussion, hg. v. Ulrich Baumgärtner und Waltraud Schreiber (= Münchner Geschichtsdidaktisches Kolloquium, H. 3). München 2001, S. 81–98 a) überarbeitet in: Nr. 1.12 (2. Aufl.), S. 131–143 b) polnische Übersetzung in: Nr. 1.26, S. 395–411 5.161 Holocaust-Memory and Identity-Building – Metahistorical Considerations on the Case of (West-)Germany, in: Disturbing Remains: Memory, History, and Crisis in the Twentieth Century, hg. v. Michael S. Roth und Charles S. Salas. Los Angeles 2001, S. 252–270 a) gekürzt und überarbeitet u. d. T. „Holocaust-Memory and German Identity – Three Forms of Generational Practices“, in: Memória, Identidade e Historiografia /History, Identity and Historiography (= Textos de História. Revista do Programa de Pós-graduação em História da UnB) 10 [2002], Nr. 1–2), S. 95–106 b) deutsche Übersetzung u. d. T. „Holocaust-Erinnerung und deutsche Identität“ in: Nr. 1.14, S. 279–300 c) koreanische Übersetzung von b) in: Korean Journal of German Studies 6 (2003), S. 159–172 d) a) u. d. T. „Holocaust-Memory and German Identity“ auch in: Nr. 1.18, S. 189–204 e) a) u. d. T. „Holocaust-Experience and Historical Sense Generation – A German Perspective“, in: Fortid [Universität Oslo] (2007) Nr. 2, S. 37– 47 f) a) u. d. T. „Holocaust Experience and Historical Sense Generation from a German Perspective“, in: Nr. 2.61, S. 165–184

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g) ukrainische Übersetzung von b) und von Nr. 5.165 zusammengefasst in: Nr. 1.23, S. 182–242 h) polnische Übersetzung in: Nr. 1.26, S. 305–324 Holocaust, kollektives Gedächtnis und Geschichtsbewusstsein, in: Die Gegenwart der Psychoanalyse – die Psychoanalyse der Gegenwart, hg. v. Werner Bohleber und Werner Drews. Stuttgart 2001, S. 95–106 History: Overview, in: International Encyclopedia of the Social & Behavioral Sciences, hg. v. Neil Smelser und Paul B. Balte, Bd. 10. Amsterdam u. a.: Elsevier 2001, S. 6857–6864, 2. Aufl., Bd. 11. Amsterdam u. a.: Elsevier 2015, S. 114–119. a) 1. Aufl. deutsch übersetzt und erweitert u. d. T. „Was ist Geschichte?“, in: Nr. 1.16, S. 107–139 b) a) gekürzt u. d. T. „Was ist Geschichte? Skizze einer Synthese“, in: Zeitschrift für Didaktik der Philosophie und Ethik 27 (2005) H. 4, S. 266– 272 c) a) in chinesischer Übersetzung in: Nr. 1.19 d) a) in litauischer Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 39–61 e) a) in ukrainischer Übersetzung in: Nr. 1.23, S. 15–37 f) a) in polnischer Übersetzung in: Nr. 1.26, S. 35–56 (mit Friedrich Jaeger) Erinnerungskultur, in: Deutschland TrendBuch. Fakten und Orientierungen, hg. v. Karl-Rudolf Korte und Werner Weidenfeld. Bonn 2001, S. 397–428 a) auch in: Nr. 1.20, S. 65–107 b) chinesische Übersetzung in: Writing History, hg. v. Chen Qineng and Ni Weigo (= The Frontiers of Historiography, Bd. 1). Shanghai 2003, S. 140–164 Krise, Trauma, Identität, in: Nr. 1.14, S. 145–180 a) chinesische Übersetzung in: Zhongguo Xueshu [China Scholarship] 3 (2002) Nr. 1, S. 15–38 b) chinesische Übersetzung in: Dui lishi yu lishi yanjiu de sikao [Contemporary Western Theory of History], hg. v. Chen Xin. Shanghai 2004, S. 235–251 c) a) oder b) auch in: Nr. 1.19 d) bulgarische Übersetzung in Balkanistic Forum (2001) H. 1–3, S. 48–63 e) russische Übersetzung in: Cep' vremen. Problemy istoriceskogo soznanija, hg. v. L. P. Repina [Moska] (2005) H. 10, S. 38–62 f) litauische Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 310–345 g) ukrainische Übersetzung dieses Aufsatzes und von Nr. 5.161 zusammengefasst in: Nr. 1.23, S. 182–242 h) spanische Übersetzung in: Nr. 1.24, S. 345–383 i) polnische Übersetzung in: Nr. 1.26, S. 249–281 Introduction: Historical Thinking as Intercultural Discourse, in: Nr. 2.44, S. 1–14 Against Market Fundamentalism: „The Capitalist Threat“ Reconsidered. George Soros with Andrew Brody, Olivier Giscard d'Estaing, Ferenc Rabár and Jörn Rüsen, in: Ethics and the Future of Capitalism. Praxiology, hg. v. László Zsolnai (= The International Annual of Practical Philosophy and Methodolody, Bd. 9). New Brunswick 2002, S. 23–42

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5.168 (mit Karl-Joachim Hölkeskamp) Einleitung: Warum es sich lohnt, mit der Sinnfrage die Antike zu interpretieren, in: Nr. 2.45, S. 1–15 5.169 Einleitung: Zeit deuten – kulturwissenschaftlichen Annäherungen an ein unerschöpfliches Thema, in: Nr. 2.46, S. 11–22 5.170 Responsibility and Irresponsibility in Historical Studies. A Critical Consideration of the Ethical Dimension in the Historians' Work, in: The Ethics of History, hg. v. David Carr, Thomas R. Flynn und Rolf A. Makkreel. Evanston 2004, S. 195–213 a) bulgarische Übersetzung in: Tyan a Balkanite /She on the Balkans. International Seminar for Balkan Studies, hg. v. Elena Tacheva und Ilia Nedin. Blagoevgrad 2001, S. 12–29 b) deutsche Übersetzung u. d. T. „Geschichte verantworten. Kritische Überlegungen zur ethischen Dimension der Historie“, in: Nr. 1.16, S. 47–87 c) schwedische Übersetzung in: Nr. 1.17, S. 195–221 d) chinesische Übersetzung in: Nr. 1.19 e) spanische Übersetzung in: Alcores. Revista de Historia Contemporánea (2006) Nr. 1, S. 29–45 f) litauische Übersetzung in: Nr. 1.21, S. 417–445 g) ukrainische Übersetzung in: Nr. 1.23, S. 270–298 h) polnische Übersetzung in: Nr. 1.26, S. 223–248 5.171 Comparing Cultures in Intercultural Communication, in: Across Cultural Borders: Historiography in Global Perspective, hg. v. Eckhardt Fuchs und Benedikt Stuchtey. Lanham 2002, S. 335–347 5.172 Zeitsinn. Einige Ideen zur Typologie des menschlichen Zeitbewusstseins, in: Wissenschaftsgeschichte und Geschichtswissenschaft. Aspekte einer problematischen Beziehung. Wolfgang Küttler zum 65. Geburtstag, hg. v. Stefan Jordan und Peter Th. Walther. Waltrop 2002, S. 168–186 a) englische Übersetzung in: Taida Lishi Xuebao [Zeitschrift für Geschichtswissenschaft der National Taiwan University] 29 (2002), S. 189– 205 b) auch in Notions of Time in Chinese Historical Thinking, hg. v. Chunchieh Huang und John B. Henderson. Hongkong 2004, S. 3–18 c) auch in in: Nr. 2.58, S. 7–18 d) chinesische Übersetzung in: Dangdai (Taibei) (2000) Nr. 155, S. 36–43 e) weitere chinesische Übersetzung in: Historiography Quarterly [Shixue lilun yanjiu] (2002) Nr. 1, S. 11–20 f) erweitert u. d. T. „Typen des Zeitbewusstseins – Sinnkonzepte des geschichtlichen Wandels“, in: Handbuch der Kulturwissenschaften. Bd. 1: Grundlagen und Schlüsselbegriffe, hg. v. Friedrich Jaeger und Burkhard Liebsch. Stuttgart 2003, S. 365–384 g) überarbeitet u. d. T. „Die Kultur der Zeit. Versuch einer Typologie temporaler Sinnbildungen“, in: Nr. 2.46, S. 23–53 h) überarbeitet u. d. T. „Aus Zeit Sinn machen – Versuch einer Typologie temporaler Sinnbildungen“ in: Nr. 1.20, S. 191–225 i) litauische Übersetzung in: Athena. Filosofijos studijos 8 (2012), S. 107–133

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5.173 Europäisches Geschichtsbewusstsein als Herausforderung an die Geschichtsdidaktik, in: Neue geschichtsdidaktische Positionen, hg. v. Marko Demantowsky und Bernd Schönemann. Bochum 2002, S. 57–64, 2. Aufl. 2006 a) überarbeitete Fassung von Nr. 5.153 b) auch in: Nr. 1.12 (2. Aufl.), S. 242–250 5.174 Gibt es eine europäische Leitkultur? Ein Diskussionsbeitrag, in: Europa – wohin?, hg. v. Karl Acham (= Zeitdiagnosen. Studien zur Geschichts- und Gesellschaftsanalyse, Bd. 1). Wien 2002, S. 125–133 5.175 How to Compare Cultures in an Intercultural Communication [chinesisch], in: Historiography Quarterly [Shixue lilun yanjiu] (2003) Nr. 1, S. 22–29 5.176 Utopie neu denken, in: Kulturpolitische Mitteilungen 100 (2003) H. 1, S. 34–37 a) erweitert u. d. T. „Utopie neu denken. Plädoyer für eine Kultur der Inspiration“ in: Nr. 2.48, S. 9–23 b) so auch in: Nr. 1.20, S. 241–247 5.177 Kant folgen: Europäische Idee einer allgemeinen Geschichte in interkultureller Absicht, in: Forum Supervision 11 (2003), S. 90–99 a) überarbeitet in: Nr. 1.20, S. 7–20 b) chinesische Übersetzung in: Shixue Lilun Yanjiu (2004) H. 1, S. 117–122 c) spanische Übersetzung in: Entre Cosmopolitismo y ‚Conciencia del Mundo`. Hacia una Crítica del Pensamiento Atópico, hg. v. Oliver Kozlarek. Mexico 2007, S. 82–92 d) englische Übersetzung in: Groniek. Historisch Tijdschrift (2003) Nr. 160, S. 359–368 e) so auch in: Ex /Change [Newsletter of the Centre for Cross-Cultural Studies, City University of Hong Kong] 2004 Nr. 10, S. 4–8; f) so auch in: Terror, Peace, and Universalism. Essays on the Philosophy of Immanuel Kant. 200 Years of Immanuel Kant, hg. v. Bindu Piru und Heiko Sievers. Oxford 2007, S. 111–121 5.178 Morality and Cognition in Historical Thinking: A Useful Distinction between East and West?, in: Ex /Change [Newsletter of the Centre for CrossCultural Studies, City University of Hongkong] (2004) Nr. 9, S. 4–6 a) chinesische Übersetzung in: Shan Dong She Hui Ke Xue (Shandong Social Sciences) (2004) Nr. 11, S. 19–25 b) u. d. T. „Morality and Cognition in Historical Thought: A Western Perspective“ auch in: Historically Speaking [Boston] 5 (2004) Nr. 4, S. 40– 42 5.179 Faktizität und Fiktionalität der Geschichte – Was ist Wirklichkeit im historischen Denken?, in: Konstruktionen von Wirklichkeit. Beiträge aus geschichtstheoretischer, philosophischer und theologischer Perspektive, hg. v. Jens Schröter. Berlin 2004, S. 19–32 a) überarbeitet u. d. T. „Faktizität und Fiktionalität – Sinnbewegungen des historischen Denkens in der Nachbarschaft zur Theologie“, in: Nr. 1.20, S. 119–133

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5.180 Culture: Universalism, Relativism or What Else?, in: Journal of the Interdisciplinary Crossroads 1 (2004) Nr. 1, S. 1–8 a) auch in: Does Culture Make a Difference? Progress and Development in India and its Implications for International Cooperation. Conference Papers, hg. v. Martin Wälde. Calcutta 2008, S. 12–19 5.181 „Die Erziehung des Menschengeschlechts“ – ein Rückblick in die Zukunft der Vergangenheit, in: Aufklärung im 21. Jahrhundert. Vorträge, hg. v. Helwig Schmidt-Glintzer (= Wolfenbütteler Hefte, H. 18). Wiesbaden 2004, S. 67–92 a) überarbeitet in: Nr. 1.20, S. 21–38 b) überarbeitet u. d. T. „Lessing – ein Rückblick in die Zukunft der Vergangenheit“, in: Nathan der Weise von Gotthold Ephraim Lessing. Texterprobungen mit Abraumhalde von Elfriede Jelinek in Nicolas Stemmans Inszenierung am Thalia Theater Hamburg, hg. v. Ortrud Gutjahr. Würzburg 2010, S. 147–163 5.182 How to Overcome Ethnocentrism: Approaches to a Culture of Recognition by History in the 21st Century, in: Taiwan Journal of East Asian Studies (Institute for Advanced Studies in Humanities and Social Sciences, National Taiwan University) 1 (2004) Nr. 1, S. 59–74 a) auch in: History and Theory 43 (2004) H. 4 (Theme Issue: Historians and Ethics), S. 118–129 b) auch in: Demokratie – Politik – Bewusstsein. Annäherungen an ein zentrales Themenfeld der politischen Bildung, hg. v. Dirk Lange und Gerhard Himmelmann (= Oldenburger VorDrucke 546). Oldenburg 2006, S. 118–126 c) textidentisch mit: Demokratiebewusstsein. Interdiziplinäre Annäherungen an ein zentrales Thema der Politischen Bildung, hg. v. Dirk Lange und Gerhard Himmelmann. Wiesbaden 2007, S. 229–242 d) deutsche Übersetzung in: „Kultursynergien oder Kulturkonflikte? – eine interdisziplinäre Fragestellung“, hg. v. Michael Kastner, Eva-M. Neumann-Held und Christine Reick. Lengerich 2007, S. 103–117 e) estnische Übersetzung in: Vikerkaar. Eesti Kirjanike Liidu ajakiri (2007) H. 1, S. 99–110 5.183 Historical Thinking as Trauerarbeit. Burckhardt's Answer to a Question of Our Time, in: Begegnungen mit Jacob Burckhardt. Vorträge in Basel und Princeton zum hundersten Todestag. Encounters with Jacob Burckhardt. Centenary Papers, hg. v. Andreas Cesana und Lionel Gossman (= Beiträge zu Jacob Burckhardt, Bd. 4). Basel 2004, S. 337–355 a) auch in: Nr. 1.18, S. 147–162 b) deutsche Übersetzung in: Nr. 1.15, S. 73–95 5.184 „Trauma és gyász a történelmi gondolkodásban“, in: Magyar Lettre Internationale (2004) Nr. 54, S. 14–16 5.185 (mit Armin Flender): Das Ruhrgebiet im Strukturwandel [deutsch und polnisch], in: Ruhrgebiet – Oberschlesien. Stadt, Region, Strukturwandel / Zaglebie Ruhry – Gorny Slask. Miasto, Region, Przemiany Strukturalne, hg. v. Arbeitskreis Ruhrgebiet – Oberschlesien /Zaglebie Ruhry – Gorny Slask. Essen 2004, S. 13–16, 17–20

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5.186 Sinnverlust und Transzendenz – Kultur und Kulturwissenschaft am Anfang des 21. Jahrhunderts, in: Nr. 2.47, S. 533–544 a) überarbeitet in: Nr. 1.20, S. 169–187 b) überarbeitet in: Vom Ursprung der Natur, hg. v. Volker Steenblock und Hans-Ulrich Lessing. Freiburg 2014, S. 336–358 5.187 Trauma and Mourning in Historical Thinking, in: Journal of Interdisciplinary Studies in History and Archeology 1 (2004) Nr. 1, S. 10–21 5.188 Tradition and Identity: Theoretical Reflections and the European Example, in: Taiwan Journal of East Asian Studies (Institute for Advanced Studies in Humanities and Social Sciences, National Taiwan University) 1 (2004) Nr. 2, Nr. S. 135–158 5.189 Interpreting the Holocaust. Some Theoretical Issues, in: Holocaust Heritage. Inquiries into European Historical Culture, hg. v. Klas-Göran Karlsson und Ulf Zander. Malmö 2004, S. 35–62 5.190 How to Compare Cultures? The Case of Historical Thinking, in: Journal of the Interdisciplinary Crossroads 1 (2004) Nr. 3, S. 481–504 a) überarbeitet in: Koers. Bulletin vir Christelike Wetenskap 70 (2005) Nr. 2, S. 265–285 5.191 Criteria of Historical Judgment, in: Nr. 2.51, S. 133–142 5.192 Über einige Bewegungen in der Geschichtskultur – Moral, Täter, Opfer, Trauer und Verzeihung, in: Zeit-Geschichten. Miniaturen in Lutz Niethammers Manier, hg. v. Jürgen John, Dirk van Laak und Joachim von Puttkamer. Essen 2005, S. 206–213 a) auch in: Aufklärung durch Erinnerung. Selbstvergewisserung und Kritik, hg. v. Frauke A. Kurbacher, Karol Novotny und Karin Wendt. Würzburg 2007, S. 71–78 b) u. d. T. „Über einige Bewegungen in der Geschichtskultur“ auch in: Nr. 1.20, S. 109–118 c) überarbeitet als Nr. 5.197 5.193 Droysen heute – Plädoyer zum Bedenken verlorener Themen der Historik, in: Philosophische Fakultät, Historisches Institut: Droysen-Vorlesungen, 19. November 2001 bis 6. Februar 2003, hg. v. Lutz Niethammer und Stephen Paetrow. Jena 2005, S. 177–200 a) überarbeitet u. d. T. „Droysen heute – über verlorene Themen der Historik“ in: Nr. 1.20, S. 39–61 5.194 Rethinking Utopia: A Plea for a Culture of Inspiration, in: Nr. 2.52, S. 276–281 5.195 Zivilgesellschaft und Religion – Idee eines Verhältnisses, in: Religiöser Pluralismus und Toleranz in Europa, hg. v. Christian Augustin, Johannes Wienand und Christiane Winkler. Wiesbaden 2005, S. 248–259 a) u. d. T. „Zivilgesellschaft und Religion – Gleichheit, Differenz, Anerkennung aus den Tiefen der Subjektivität“ auch in: Schatten der Differenz. Das Paradigma der Anerkennung und die Realität gesellschaftlicher Konflikte, hg. v. Gerhard Kruip und Wolfgang Vögele. Hamburg 2006, S. 3–14 b) überarbeitet in: Nr. 1.20, S. 227–239 c) rumänische Übersetzung in: Nr. 2.53, S. 13–26

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5.196 Historical Memory and Democracy: Setting the Scene, in: Democracy Under Construction: Patterns from Four Countries, hg. v. Ursula van Beek. Bloomfield Hills /Opladen 2005, S. 337–349 a) auch in Dass. Pretoria 2006, S. 337–349 5.197 Erinnern als Verzeihen. Über Moral und Meta-Moral in der Geschichtskultur, in: Erwachsenenbildung. Vierteljahrsschrift für Theorie und Praxis 51 (2005) H. 3, S. 106–110 a) Überarbeitung von Nr. 5.192 b) auch in: Didaktik der Kirchengeschichte. Ein Lese- und Arbeitsbuch, hg. v. Gottfried Adam u. a. Münster 2008, S. 132–135 5.198 Strukturwandel der kulturellen Öffentlichkeit, in: Kulturpolitische Mitteilungen. Zeitschrift für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft (2005) Nr. 110, S. 35–38 a) auch in: Publikum macht Kultur. Kulturpolitik zwischen Angebot- und Nachfrageorientierung. Dokumentation des Dritten Kulturpolitischen Bundeskongresses am 23./24. Juni 2004 in Berlin, hg. v. d. Kulturpolitischen Gesellschaft. Essen 2006, S. 34–44 b) auch in: Kulturpolitik und Politik der Kultur /Cultural Politics and the Politics of Culture. Festschrift für Alexander Stephan /Essays to Honor Alexander Stephan, hg. v. Helen Fehervary und Bernd Fischer. Oxford 2007, S. 123–136 5.199 Der Funken der Utopie im Feuer der Geschichte – Schillers Beitrag zu unserer Deutung der Vergangenheit, in: Nr. 2.54, S. 13–26 a) chinesische Übersetzung in: Shan Dong She Hui Ke Xue (Shandong Social Sciences) (2006) Nr. 127, S. 35–41 5.200 Europa als Idee. Zum Verhältnis von Identität und Interesse, in: Was ist europäische Identität im Europa der Kulturen? Oder: Wozu brauchen wir europäische Kulturpolitik? 50. Loccumer Kulturpolitisches Kolloquium, hg. v. Fritz Erich Anhelm (= Loccumer Protokolle 08/06). Rehburg-Loccum 2006, S. 27–33 a) auch in: Kulturpolitische Mitteilungen. Zeitschrift für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft (2006) Nr. 114, S. 18–20 5.201 Elemente einer zukunftsfähigen europäischen Geschichtskultur, in: Kindheiten im Zweiten Weltkrieg. Kriegserfahrungen und deren Folgen aus psychohistorischer Perspektive, hg. v. Hartmut Radebold, Gereon Heuft und Insa Fooken. Weinheim 2006, S. 241–252 a) auch in: Was ist Geschichte? Aktuelle Entwicklungstendenzen von Geschichtsphilosophie und Geschichtswissenschaft, hg. v. Wolfgang Eichhorn und Wolfgang Küttler (= Abhandlungen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften, Bd. 19). Berlin 2008, S. 29–38 b) englische Übersetzung in: The Many Faces of Clio. Cross-Cultural Approaches to Historiography. Essays in Honor of Georg G. Iggers, hg. v. Q. Edward Wang und Franz L. Fillafer. New York /Oxford 2007, S. 163– 171 c) auch in: Taiwan Journal of East Asian Studies (Institute for Advanced Studies in Humanities and Social Sciences, National Taiwan University) 4 (2007) Nr. 2, S. 209–223

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5.202 Humanism and Nature – Some Reflections on a Complex Relationship, in: The Journal for Transdisciplinary Research in Southern Africa 2 (2006) Nr. 2, S. 265–276 5.203 Memory, History, and the Quest for the Future, in: History Teaching, Identities and Citizenship, hg. v. Luigi Cajani (= European Issues in Children's Identity and Citizenship, Bd. 7). Stoke on Trent 2007, S. 13–34 5.204 Die Last der Geschichte und das Versprechen der Zukunft – Historismuskritik gestern und heute, in: Feindbild Geschichte. Positionen der Architektur und Kunst im 20. Jahrhundert, hg. v. Helmut Gebhard und Willibald Sauerländer. Göttingen 2007, S. 21–53 5.205 Europäische Identitätsbildung durch Kultur; in: Jahrbuch für Kulturpolitik Bd. 7 (2007): Europäische Kulturpolitik, hg. v. Bernd Wagner und Norbert Sievers. Essen 2007, S. 33–40 a) auch in: Geschichtslernen – Innovationen und Reflexionen. Geschichtsdidaktik im Spannungsfeld von theoretischen Zuspitzungen, empirischen Erkundungen, normativen Überlegungen und pragmatischen Wendungen. Festschrift für Bodo von Borries zum 65. Geburtstag, hg. v. Jan-Patrick Bauer u. a. Herbolzheim 2008, S. 337–346 b) auch in: Die Kulturelle Integration Europas, hg. v. Johannes Wienand und Christiane Wienand. Wiesbaden 2010, S. 392–400 5.206 [chinesisch:] Clash of Civilizations or Culture of Recognition – Topical Issues of Intercultural Communication, in: Shan Dong She Hui Ke Xue (Shandong Social Sciences) (2007) Nr. 4, S. 39–42 5.207 Interkulturelle Geschichtswissenschaft, in: Handbuch interkultureller Kommunikation und Kompetenz. Grundbegriffe – Theorien – Anwendungsfelder, hg. v. Jürgen Straub und Arne Weidemann. Stuttgart 2007, S. 211–215 a) gekürzt in: Perspektiven. Zeitschrift der Universität Witten /Herdecke für Wissenschaft, Kultur und Praxis 12 (2007), S. 32–35 5.208 Europäische Identität – zwischen säkularer Lebensform und religiösem Glauben, in: Protestantismus und europäische Kultur, hg. v. Petra Bahr u. a. (= Protestantismus und Kultur, Bd. 1). Gütersloh 2007, S. 31–41 5.209 Kulturelle Identität in der Globalisierung – Über die Gefahren des Ethnozentrismus und die Chancen des Humanismus, in: Grenzen, Differenzen, Übergänge. Spannungsfelder inter- und transkultureller Kommunikation, hg. v. Antje Gunsenheimer. Bielefeld 2007, S. 49–54 a) auch in: Geschichtsdidaktik. Identität – Bildungsgeschichte – Politik. Karl-Ernst Jeismann zum 50jährigen Doktorjubiläum, hg. v. Saskia Handro und Wolfgang Jacobmeyer. Münster 2007, S. 71–80 5.210 The Horror of Ethnocentrism: Westernization, Cultural Difference, and Strife in Understanding Non-Western Pasts in Historical Studies, in: History and Theory 47 (2008) H. 2, S. 261–269

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5.211 How to Make Sense of the Past – Salient Issues of Metahistory, in: TD. The Journal of Transdisciplinary Research in Southern Africa 3 (2007) Nr. 1, S. 171–221 a) brasilianische Übersetzung in: História da Historiografia (2009) Nr. 2, S. 163–209 b) spanische Übersetzung in: University of Buenos Aires Program of Investigation in Argentinian Historiography (PIHA) Yearbook [2010] 5.212 Europäische Identitätsbildung durch Kultur? Die Rolle der Kultur für die europäische Einigung, in: Die Idee der Kulturhauptstadt Europas. Anfänge, Ausgestaltung und Auswirkungen europäischer Kulturpolitik, hg. v. Jürgen Mittag. Essen 2008, S. 215–228 5.213 Humanism in Response to the Holocaust – Destruction or Innovation?, in: Postcolonial Studies 11 (2008) Nr. 2, S. 191–200 a) auch in: Geschichte und ihre Didaktik. Ein weites Feld ... Unterricht, Wissenschaft, Alltagswelt. Gerhard Schneider zum 65. Geburtstag, hg. v. Christian Heuer und Christine Pflüger. Schwalbach im Taunus 2009, S. 285–295 b) deutsche Übersetzung in: Zeitschrift für Genozidforschung 9 (2008) H. 1, S. 134–144 5.214 Vom Geist der Geisteswissenschaften, in: Arts and Figures: GeisteswissenschaftlerInnen im Beruf, hg. v. Constantin Goschler u. a. Göttingen 2008, S. 25–31 a) erweitert in: Geschichtlichkeit von Sprache und Text. Philologien – Disziplingenese – Wissenschaftshistoriographie, hg. v. Wulf Oesterreicher und Maria Selig. Paderborn 2014, S. 265–275 5.215 Leidensverdrängung und Trostbedarf im historischen Denken, in: Über den Trost. Für Johann Baptist Metz, hg. v. Tiemo Rainer Peters und Claus Urban. Ostfildern 2008, S. 76–84 5.216 Emotional Forces in Historical Thinking: Some Metahistorical Reflections and the Case of Mourning, in: Historein. A Review of the Past and Other Stories 8 (2008), S. 41–53 a) chinesische Übersetzung in: Shan Dong She Hui Ke Xue (Shandong Social Sciences) (2010) Nr. 9, S. 44–46 5.217 Traditionsprobleme eines zukunftsfähigen Humanismus in: Humanismus und Antikerezeption im 18. Jahrhundert, Bd. 1: Genese und Profil des europäischen Humanismus, hg. v. Hubert Cancik und Martin Vöhler. Heidelberg 2009, S. 201–216 a) auch in: Humanismus. Sein kritisches Potential für Gegenwart und Zukunft, hg. v. Adrian Holderegger, Siegfried Weichlein und Simone Zurbuchen. Fribourg /Basel 2011, S. 307–324 5.218 How to Come to Terms with a Burdening Past – the German Example [koreanisch und deutsch], in: Korean Journal of Genocide Studies (2009) Nr. 2, S. 167–187

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5.219 Towards a New Idea of Humankind – Unity and Difference of Cultures as A Challenge for Education in the Globalizing Process, in: Taiwan Journal of General Education (2008) Nr. 1, S. 13–27 a) auch in: Universiteit van Amsterdam: Forschungsberichte 2009 aus dem Duitsland Instituut Amsterdam. Amsterdam 2009, S. 23–31 5.220 Einleitung: Einheitszwang und Unterscheidungswille – die kulturelle Herausforderung der Globalisierung und die Antwort des Humanismus, in: Nr. 2.59, S. 8–22 5.221 Introduction. Humanism in the Era of Globalization: Ideas on a New Cultural Orientation, in: Nr. 2.60, S. 11–19 a) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.27, S. 153–161 5.222 Intercultural Humanism: How to Do the Humanities in the Age of Globalization, in: Taiwan Journal of East Asian Studies (Institute for Advanced Studies in Humanities and Social Sciences, National Taiwan University) 6 (2009) Nr. 2, S. 1–24 5.223 Historizing Humanity – Some Theoretical Considerations on Contextualization and Understanding regarding the Idea of Humanity, in: Taiwan Journal of East Asian Studies (Institute for Advanced Studies in Humanities and Social Sciences, National Taiwan University) 7 (2010) Nr. 1, S. 1–19 a) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.27, S. 85–98 5.224 Einleitung: Menschsein – kognitive Kohärenz in disziplinärer Fragmentierung, in: Nr. 2.62, S. 11–40 a) überarbeitete englische Übersetzung in: Nr. 2.69, S. 9–20 5.225 Klassischer Humanismus – Eine historische Ortsbestimmung, in: Nr. 2.62, S. 273–316 a) gekürzte englische Übersetzung in: Nr. 2.69, S. 161–184 5.226 Universal History beyond Ethnocentrism: Problems and Chances [Koreanisch und Englisch], in: Institute of World and Global History in Ewha Womans University: Global History Beyond Eurocentrism. The Second International Conference of the Institute of World and Global History. Seoul 2010, S. 37–64 5.227 Basic Issues of Cultural Interaction – A European Perspective, in: Journal of Cultural Interaction in East Asia 2 (2011), S. 5–14 5.228 Wissenschaftskultur und Bildung, in: Einsamkeit und Freiheit. Zum Bildungsauftrag der Universität im 21. Jahrhundert, hg. v. Christoph Jamme und Asta von Schröder. München 2011, S. 17–28 5.229 Der Mutschler-Spagat. Persönliches zum Kulturvergleich der Historiographie, in: Noctes Sinenses. Festschrift für Fritz-Heiner Mutschler, hg. v. Andreas Heil, Matthias Korn und Jochen Sauer. Heidelberg 2011, S. 177–181 5.230 Verstörungen in der Geschichtskultur. Historikerstreit und HolocaustDeutung im Wechsel der Generationen, in: Singuläres Auschwitz? Ernst Nolte, Jürgen Habermas und 25 Jahre „Historikerstreit“, hg. v. Mathias Brodkorb. Banzkow 2011, S. 105–114 5.231 Topik und Methodik – Narrative Struktur und rationale Methode in der Geschichtswissenschaft, in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur (IASL) 36 (2011) H. 1, S. 119–127

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5.232 Humanism as a Basic Issue of Western Civilization, in: Shan Dong She Hui Ke Xue (Shandong Social Sciences) (2011) Nr. 5, S. 5–11 5.233 Using History: The Struggle over Traumatic Experiences of the Past in Historical Culture, in: Historein. A Review of the Past and Other Stories 11 (2011), S. 15–19 5.234 Selbstkritik des Humanismus, in: Humanistik. Beiträge zum Humanismus, hg. v. Horst Groschopp (= Schriftenreihe der Humanistischen Akademie Deutschland, Bd. 4). Aschaffenburg 2012, S. 54–63 a) auch in: Unbegrenzt. Literatur und interkulturelle Erfahrung, hg. v. Michael Hofmann. Frankfurt am Main 2013, S. 55–64 5.235 Towards a New Idea of Humankind – Unity and Difference of Cultures at the Crossroads of Our Time, in: The Concept of Humanity in an Age of Globalization, hg. v. Longxi Zhang (= Reflections on [In-]Humanity, Bd. 1). Göttingen 2012, S. 41–53 a) chinesische Übersetzung in: Shan Dong She Hui Ke Xue (Shandong Social Sciences) (2012) Nr. 1, S. 63–69 5.236 (mit Stefan Reichmuth und Aladdin Sarhan) Humanism and Muslim Culture: Historical Heritage and Contemporary Challenges, in: Nr. 2.65, S. 11–24 a) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.27, S. 123–132 5.237 Humanism: Anthropology – Axial Ages – Modernities, in: Nr. 2.67, S. 55–79 a) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.27, S. 43–56 5.238 Forming Historical Consciousness – Towards a Humanistic History Didactics, in: The Process of History Teaching. An international Symposion Held at Malmö University, Sweden, March 5th –7th 2009, hg. v. Kenneth Nordgren, Per Eliasson und Carina Rönnqvist. Karlstad 2011, S. 13–34 a) polnische Übersetzung in: Nr. 1.26, S. 412–436 b) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.27, S. 19–42 5.239 Historik – Umriss einer Theorie der Geschichtswissenschaft, in: Erwägen – Wissen – Ethik. Streitforum für Erwägungskultur (EWE) 22 (2011) H. 4, S. 477–490 a) polnische Übersetzung in: Nr. 1.26, S. 57–91 5.240 Diskursive Bewegungen in der Historik – Versuch einer Antwort an meine Kritiker, in: Erwägen – Wissen – Ethik. Streitforum für Erwägungskultur (EWE) 22 (2011) H. 4, S. 604–619 5.241 Die Menschlichkeit der Erinnerung. Perspektiven der Geschichtskultur, in: Das Unbehagen an der Erinnerung – Wandlungsprozesse im Gedenken an den Holocaust, hg. v. Margrit Frölich, Ulrike Jureit und Christian Schneider. Frankfurt am Main 2012, S. 147–160 5.242 Tradition: A Principle of Historical Sense Generation and Its Logic and Effect in Historical Culture, in: History and Theory 51 (2012) H. 4 (Theme Issue: Tradition), S. 45–59 5.243 Introduction: Enquiring about Mankind, in: Nr. 2.69, S. 9–20

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5.244 Classical Humanism – a Historical Survey, in: Nr. 2.69, S. 161–184 a) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.27, S. 57–84 5.245 Humanismus und Religion – Anmerkungen zu einem prekären Verhältnis, in: Anvertraute Worte. Festschrift Helwig Schmidt-Glintzer zum 65. Geburtstag, hg. v. Susanne Rode-Breymann und Achim Mittag. Hannover 2013, S. 85–91 5.246 Die Macht der Gefühle im Sinn der Geschichte. Theoretische Grundlagen und das Beispiel des Trauerns, in: Emotionen, Geschichte und historisches Lernen. Geschichtsdidaktische und geschichtskulturelle Perspektiven, hg. v. Juliane Brauer und Martin Lücke. Göttingen 2013, S. 27–44 5.247 What is Meta-History? Approaching a Comprehensive Theory of Historical Studies [chinesisch], in: Shixueshi Yanjiu [Journal of Historiography] (2013) Nr. 2, S. 81–90 a) auch in: Entre Filosofia, História e Relações Internacionais: Escritos em Homenagem a Estevão de Rezende Martins, hg. v. André de Melo Araújo, Arthur Alfaix Assis und Sérgio da Mata. São Paulo 2017, S. 221– 236 5.248 Intercultural Humanism – Idea and Reality, in: An Insatiable Dialectic: Essays on Critique, Modernity, and Humanism, hg.v. Robert Cantu. Newcastle 2013, S. 70–87 a) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.27, S. 133–152 5.249 Humanismus interkulturell denken, Theorie- und Methodenprobleme, in: Mythos – Geist – Kultur. Festschrift zum 60. Geburtstag von Christoph Jamme, hg. v. Kerstin Andermann und Andreas Jürgens. München 2013, S. 267–284 5.250 Introduction, in: Nr. 2.72, S. I–XXV 5.251 Die fünf Dimensionen der Geschichtskultur, in: Angewandte Geschichte. Neue Perspektiven auf Geschichte in der Öffentlichkeit, hg. v. Jacqueline Nießer und Juliane Tomann. Paderborn 2014, S. 46–57 5.252 Idealism in the German Tradition of Meta-History, in: The Impact of Idealism. The Legacy of Post-Kantian German Thought, Bd. 2: Historical, Social and Political Thought, hg. v. John Walker. Cambridge 2013, S. 331– 343 5.253 Universalgeschichte als Sinnkonzept, in: Nr. 2.70, S. 235–250 5.254 Idee einer neuen Philosophie der Geschichte, in: Entwicklungen der Menschheit. Humanwissenschaften in der Perspektive der Integration, hg. v. Gerd Jüttemann. Lengerich 2014, S. 41–48 5.255 Engagement. Metahistorical Considerations on a Disputed Attitude in Historical Studies, in: Historia [Durban] 59 (2014) Nr. 2, S. 1–9 5.256 Sinn und Widersinn der Geschichte – Einige Überlegungen zur Kontur der Geschichtsphilosophie, in: Geschichtsphilosophie. Stellenwert und Aufgaben in der Gegenwart, hg. v. Rudolf Langthaler und Michael Hofer (= Wiener Jahrbuch für Philosophie, Bd. 46). Wien 2014, S. 9–26 a) gekürzte portugiesische Übersetzung in: Intelligere. Revista de Historia Intelectual [Universität São Paulo] 3 (2017) Nr. 2, S. 1–12 5.257 Future by History: Rethinking Philosophy of History, in: History and Theory 54 (2015) H. 1, S. 106–115

252

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

5.258 Making Sense of Inhumanity: On the Treatment of an Open Wound in Our History Culture, in: Perspectives on the Entangled History of Communism and Nazism, hg. v. Klas-Göran Karlsson, Johan Stenfeldt und Ulf Zander. Lanham 2015, S. 51–59 5.259 Dimensioning Historical Culture, in: Historia vid skiljevägen: Historiekulturella sonderingar när och fjärran, hg. v. Johan Dietsch u. a. Höör 2015, S. 61–82 5.260 O Enraizamento da ordem política nos valores dos cidadãos, in: Nr. 1.27, S. 99–121 5.261 Interkultureller Humanismus, in: Der Neue Weltengarten. Jahrbuch für Literatur und Interkulturalität 2016, hg. v. Michael Hofmann, Iulia-Karin Patrut und Hans-Peter Klemme. Hannover 2016, S. 37–48 5.262 Prinzipien lernen – Geschichtsphilosophie in der Geschichtsdidaktik, in: Historisches Denken jetzt und in Zukunft. Wege zu einem theoretisch fundierten und evidenzbasierten Umgang mit Geschichte. Festschrift für Waltraud Schreiber zum 60. Geburtstag, hg. v. Katja Lehmann, Michael Werner und Stefanie Zabold. Berlin 2016, S. 19–26 5.263 Usos e abusos da História na Atualidade, in: Nr. 1.28, S. 43–52 5.264 Core Concepts of Reflecting History in Modern Western Contexts – a Step Towards a Conceptual History of Historical Thinking [chinesisch], in: Beifang luncong [Harbin] (2017) Nr. 6, S. 18–22

6. Lexikonartikel 6.1 6.2

6.3

6.4

6.5

6.6

6.7

(mit Günter Rohrmoser) Geschichtsphilosophie, in: Evangelisches Soziallexikon, hg. v. Friedrich Karrenberg. Stuttgart 4. Aufl. 1964, S. 483–486 Historismus, in: Wissenschaftstheoretisches Lexikon, hg. v. Edmund Braun und Hans Radermacher. Graz 1978, S. 244–249 a) auch in: Nr. 1.9, S. 17–28 Kapiteleinführung: Geschichte als Wissenschaft, in: Nr. 2.7, 1.–2. Auflage, Bd. 1, S. 59–75 a) 3.–4. Aufl., S. 69–82 b) 5. Aufl., S. 99–110 Historismus, in: Ebd., 1.–2. Aufl., Bd. 1, S. 89–92 a) 3.–4. Aufl., S. 102–106 b) 5. Aufl., S. 178–181 Historik, in: Ebd., 1.–2. Aufl., Bd. 1, S. 102–105 a) 3.–4. Aufl., S. 120–123 b) 5. Aufl., S. 132–135 Historische Methode, in: Ebd., 1.–2. Aufl., Bd. 1, S. 105–108 a) 3.–4. Aufl., S. 126 f. b) 5. Aufl., S. 140–144 Objektivität, in: Ebd., 1.–2. Aufl., Bd. 1, S. 123–127 a) 3.–4. Aufl., S. 151–161 b) 5. Aufl. S. 160–163

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

6.8

6.9

6.10

6.11 6.12 6.13 6.14

6.15

6.16 6.17 6.18 6.19

6.20

6.21 6.22 6.23 6.24 6.25 6.26

253

(mit Winfried Schulze) Historische Methode, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, hg. v. Joachim Ritter und Karlfried Gründer, Bd. 5. Basel 1980, col. 1345–1355 (mit Ursula A. J. Becher) Geschichtsbewusstsein, in: Handwörterbuch zur Politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland, hg. v. Martin Greiffenhagen und Sylvia Greiffenhagen. Opladen 1981, S. 180–183 Historisches Erzählen, in: Nr. 2.7, 3.–4. Aufl., S. 44–50 a) 5. Aufl., S. 57–63 b) auch in: Didaktik der Kirchengeschichte. Ein Lese- und Arbeitsbuch, hg. v. Gottfried Adam u. a. Münster 2008, S. 59–62 c) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.22, S. 93–108 Geschichte und Utopie, in: Nr. 2.7, 3.–4. Aufl., S. 50–54 a) 5. Aufl. S. 76–80 Historische Kategorien, in: Ebd., S. 130–134 a) 5. Aufl., S. 147–150 Gesetze, Erklärungen, in: Ebd., S. 140–146 a) 5. Aufl., S. 164–169 Historisches Lernen, in: Ebd., S. 224–229 a) 5. Aufl., S. 261–265 b) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.22, S. 41–50 c) b) auch in: Nr. 1.28, S. 83–92 Wissenschaftspropädeutik im Geschichtsunterricht, in: Nr. 2.7, 3.–4. Aufl., S. 246–249 a) 5. Aufl., S. 340–342 b) portugiesische Übersetzung in: Nr. 1.28, S. 93–98 Werturteile im Geschichtsunterricht, in: Nr. 2.7, 3.–4. Aufl., S. 274–279 a) 5. Aufl., S. 304–308 Geschichtsbewusstsein, in: Brockhaus Enzyklopädie Bd. 8 (1989), S. 391– 393 Geschichtskultur, in: Nr. 2.7, 5. Aufl., S. 38–41 Geschichtsbewusstsein I: in der Geschichtstheorie, in: Gedächtnis und Erinnerung. Ein interdisziplinäres Lexikon, hg. v. Nicolas Pethes und Jens Ruchatz. Reinbek bei Hamburg 2001, S. 223–226 (mit Ursula A. J. Becher und Katja Fausser) Geschichtsbewusstsein, in: Handwörterbuch zur politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland, hg. v. Martin Greiffenhagen und Sylvia Greiffenhagen, 2. Aufl. Wiesbaden 2002, S. 169–176 Disziplinäre Matrix, in: Lexikon Geschichtswissenschaft. Hundert Grundbegriffe, hg. v. Stefan Jordan. Stuttgart 2002, S. 61–64 Geschichtstheorie, in: Ebd., S. 120–124 Sinn, historischer, in: Ebd., S. 263–265 (mit Stefan Jordan) Mensch, Menschheit, in: Enzyklopädie der Neuzeit, hg. v. Friedrich Jaeger, Bd. 8. Stuttgart 2008, Sp. 327–340 Humanismus, in: Lexikon Philosophie. Hundert Grundbegriffe, hg. v. Stefan Jordan und Christian Nimtz. Stuttgart 2009, S. 126–129 Humanism, in: Encyclopedia of Global Studies, Bd. 2, hg. v. Helmut K. Anheier und Mark Juergensmeyer. Los Angeles 2012, S. 822–826

254 6.27 6.28 6.29

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

Humanity, Concepts of, in: Ebd., S. 833–838 Interkultureller Humanismus, in: Humanismus: Grundbegriffe, hg. v. Hubert Cancik, Horst Groschopp und Frieder O. Wolff. Berlin 2016, S. 39–48 Geschichte, in: Ebd., S. 187–194

7. Diskussionsbemerkungen und kleinere Beiträge 7.1 7.2 7.3

7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 7.9 7.10 7.11

7.12

7.13 7.14

7.15

7.16 7.17

Aufklärung in Kümmerform, in: Radius, H. 3, September 1969, S. 5 Sachautorität und Herrschaft in der Universität (Tagungsbericht), in: Deutsche Universitätszeitung 1969, Nr. 17/18, S. 34–36 Assistenzprofessur – verlustreicher Fortschritt, in: Deutsche Universitätszeitung 1970, Nr. 9/10, S. 35 a) auch in: Mitteilungen. Akademische Mitarbeiter der TU Braunschweig, Nr. 3, 27. 4. 1970 Literatur als Vernunft. Wilhelm Emrich 65 Jahre, in: Der Tagesspiegel, 29. 11. 1974 Forschungsprojekt „Theorie der Geschichte“, in: AHF. Jahrbuch der historischen Forschung 1975, S. 148–149 Krise und Neuorientierung der Geschichtswissenschaft, in: aspekte (1976) H. 11, S. 32–34 Vorwort, in: Nr. 1.2, S. 9 f. Einleitung, in: Ebd., S. 11–16 Vorwort, in: Nr. 1.3, S. VI–VIII (mit Klaus Bergmann) Vorwort zu H. 4 der „Geschichtsdidaktik“ 2 (1977), S. 283–284 Diskussionsbemerkungen in: Theorien in der Praxis des Historikers. Forschungsbeispiele und ihre Diskussion, hg. v. Jürgen Kocka (= Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 3). Göttingen 1977, S. 80–81, 170–172 Diskussionsbemerkungen in: Normenbegründung – Normendurchsetzung, hg. v. Willi Oelmüller (= Materialien zur Normendiskussion, Bd. 2). Paderborn 1978, S. 138, 179, 190–192, 234 (mit Klaus Bergmann u. a.) Vorwort zu Nr. 2.7, 1. Aufl., Bd. 1, S. XXVII– XXIX, auch in 2.7, 3. Aufl., S. XI–XIII Über die Verhinderung von Erkenntnis durch Interesse. Schwierigkeiten eines (männlichen) Hochschullehrers mit Lehrveranstaltungen über Frauenemanzipation, in: Journal für Geschichte 2 (1980) H. 1, S. 44 f. Geschichte als Aufklärung?, in: Bildung und Politik, 16 (1980) H. 11, S. 11–13 a) auch in: Sozialistische Praxis 3 (1980) Nr. 20, S. 20 f. Anmerkungen zum Thema: Frauengeschichte und Geschichtswissenschaft, in: Geschichtsdidaktik 6 (1981) H. 3, S. 314 f. Diskussionsbemerkungen in: Ästhetischer Schein, hg. v. Willi Oelmüller (= Kolloquium Kunst und Philosophie, Bd. 2). Paderborn 1982, S. 338–340, 375 f.

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

7.18

7.19 7.20 7.21 7.22

7.23

7.24 7.25 7.26 7.27 7.28 7.29 7.30 7.31 7.32 7.33 7.34 7.35

7.36 7.37 7.38

7.39

7.40

255

(mit Hans Michael Baumgartner) Einführung zum vierten Tage, in: Erzählforschung. Ein Symposion, hg. v. Eberhard Lämmert. Stuttgart 1982, S. 519–526 (mit Hans Michael Baumgartner) Erträge der Diskussion, in: Ebd., S. 691–701 (mit Annette Kuhn) Vorwort zu Nr. 2.10, S. 7–9 (mit Bodo von Borries und Annette Kuhn) Vorwort zu Nr. 2.12, S. 9 Diskussionsbemerkungen in: Geschichte als Legitimation? Internationale. Schulbuchrevision unter den Ansprüchen von Politik, Geschichtswissenschaft und Geschichtsbedürfnis, hg. v. Karl-Ernst Jeismann (= Studien zur Internationalen Schulbuchforschung, Bd. 39). Braunschweig 1984, S. 20 f., 29 f., 38, 62, 96 f., 118 f. Diskussionsbemerkungen in: Wiederkehr der Religion? Argumente, Fragen, hg. v. Willi Oelmüller (= Kolloquium Religion und Philosophie, Bd. 2). Paderborn 1984, S. 142–144, 181 f., 236 f., 241 (mit Horst Walter Blanke) Vorwort, in: Nr. 2.13, S. 9–11 Wissenschaftlichkeit und Rhetorik in der Historie. Identität, Widerspruch oder Transformation?, in: Ebd., S. 61–64 Verwissenschaftlichung als Entliterarisierung?, in: Ebd., S. 66–70 Historismus als Anthropologie?, in: Ebd., S. 127–130 Die Grenzen der Aufklärungshistorie und die Notwendigkeit des Historismus. Zur historischen Ideenlehre, in: Ebd., S. 162–166 Die Bedeutung der Hermeneutik für die Entwicklung der Geschichtswissenschaft, in: Ebd., S. 193–195 Dynamisierung der Geschichte und methodologische Innovation im Historismus in: Ebd., S. 197–200 Zum Stellenwert Gregoires in der Wissenschaftsgeschichte, in: Ebd., S. 222–224 Wofür ist Gervinus repräsentativ?, in: Ebd., S. 237–239 Partikularität und Allgemeinheit in der historischen Identität. Zum Modernisierungspotential des Historismus, in: Ebd., S. 275–279 Ende des Historismus? Chancen historischer Vernunft, in: Ebd., S. 305–316 Geschichtsstudium und außerschulische Berufspraxis von Historikern – zu jüngsten Empfehlungen der KMK, in: Geschichtsdidaktik 10 (1985) H. 3, S. 241–243 (mit Klaus Bergmann u. a.) Vorwort zu Nr. 2.7, 3. Aufl., S. XI–XIII (mit Annette Kuhn) Vorwort, in: 2.10, 2. Aufl., S. 10 Menschenrecht für Alle? Über die Universalität und Kulturabhängigkeit der Menschenrechte, in: Perspektiven. Zeitschrift für Wissenschaft, Kultur und Praxis 2 (1986) Nr. 7, S. 5–9 Die Lücke zwischen Machbarkeit und Sinnhaftigkeit. Geschichtsbewusstsein formen: Aufgabe, Gefahren, Grenzen der Historiographie, in: Das Parlament Nr. 20/21, 17./24. 5. 1986, S. 25 Diskussionsbemerkungen in: Frauen und Geschichte. Fragen an eine feministische Perspektive in der historischen Orientierung, hg. v. Jörg Calließ (= Loccumer Protokolle 11/1986). Rehburg-Loccum 1987, S. 166–170, 172, 176 f. 188–190, 196 f.

256 7.41

7.42

7.43 7.44 7.45

7.46 7.47 7.48 7.49 7.50 7.51 7.52

7.53 7.54 7.55 7.56

7.57

7.58

7.59 7.60

7.61 7.62

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

Ironie und historische Sinnbildung, in: Groniek. Gronings Historisch Tijdschrift, Nr. 100, 1988: Ernst & Ironie. Over Ironie, Geschiedenis, Politiek en Kunst, S. 161 f. Diskussionsbemerkungen in: Deutsches Historisches Museum. Ideen – Kontroversen – Perspektiven, hg. v. Christoph Stölzl. Frankfurt am Main 1988, S. 437–440, 443–445 Vorwort zu: Museumshandbuch Ruhrgebiet, hg. v. Heinrich Theodor Grütter. Essen 1989, S. 6 f. Vorwort zu Nr. 1.7, S. 9 Diskussionsbemerkungen in: Offene Grenzen – offenes Denken in der DDR. Sendung des Westdeutschen Rundfunks West 3, 11. 11. 1989, in: Sozialgeschichte der Wissenschaften. Zur Methodologie einer historischen Wissenschaftsforschung, hg. v. Clemens Burrichter (= Beiträge vom XVIII. Erlanger Werkstattgespräch 1989). Erlangen 1991, S. 60–67, 68 f., 73 f. Über Partizipation in der Geschichtskultur. Gedanken zum Umgang der Historiker miteinander, in: Berliner Debatte Initial (1991) H. 2, S. 203–205 Einleitung, in: Nr. 2.23, S. 11–15 Kleine Chronik Südafrikas, in: Nr. 2.23, S. 219–222 Daten zur Geschichte der Apartheid, in: Nr. 2.23, S. 223–226 (mit Wolfgang Küttler und Ernst Schulin) Vorwort zu Nr. 2.25, S. 11–13 Vorbemerkung zu Nr. 1.9, S. 11–14 Diskussionsbemerkung, in: Lebenslauf und Geschichte. Zur historischen Orientierung im Einigungsprozess, hg. v. Jörg Calließ (= Loccumer Protokolle 63/92). Rehburg-Loccum 1993, S. 297–299 Vorwort zu Nr. 1.11, S. IX f. Vorwort zu Nr. 1.12, S. 1 (mit Wolfgang Küttler und Ernst Schulin) Vorwort zu Nr. 2.28, S. 11–13 Diskussionsbemerkungen in: Understanding Social Change in the Nineties, hg. v. Valentin Vazques de Prada und Ignacio Olabarri. Aldershot 1995, S. 127 f., 130 f., 142, 144 Historische Erinnerung – zweideutig – eindeutig. Zum 5. Jahrestag der Deutschen Wiedervereinigung, in: Schulverwaltung. Zeitschrift für Schulleitung und Schulaufsicht. Ausgabe Nordrhein-Westfalen 6 (1995) Nr. 9, S. 239 f. a) auch in: Dass., Ausgabe Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, 5 (1995) Nr. 9, S. 227 f. b) auch in: Dass., Ausgabe Bayern 18 (1995) Nr. 9, S. 297 f. (mit Hans-Jürgen Pandel) Bewegung in der Geschichtsdidaktik? Zum Versuch von Rainer Walz, durch Polemik eine Bahn zu brechen, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 46 (1995), S. 322–329 (mit Hans-Jürgen Pandel): Erneute Entgegnung auf Rainer Walz, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 47 (1996), S. 93–95 Den Holocaust erklären – aber wie? Überlegungen zu Daniel J. Goldhagens Buch „Hitler's Willing Executioners“, in: Frankfurter Rundschau, 25. 6. 1996, S. 11 (mit Klaus Bergmann u. a.) Vorwort zu Nr. 2.7, 5. Aufl., S. IX f. Vorwort zu Chris Lorenz: Konstruktion der Vergangenheit. Eine Einführung in die Geschichtstheorie. Köln 1997, S. V–IX

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

7.63 7.64 7.65

7.66

7.67 7.68 7.69 7.70

7.71 7.72 7.73

7.74

7.75 7.76

7.77

7.78 7.79

7.80 7.81 7.82 7.83 7.84

257

(mit Wolfgang Küttler und Ernst Schulin) Vorwort zu Nr. 2.30, S. 11–13 (mit Wolfgang Küttler und Ernst Schulin) Vorwort zu Nr. 2.32, S. 11–15 Ästhetik und historischer Sinn in der Kunst der DDR, in: Totalitäre Kunst – Kunst im Totalitarismus? Beispiele aus dem NS-Staat und der DDR, hg. v. Andreas Beaugrand. Bielefeld 1997, S. 38–42 Kleine Antwort auf große Kritik. Zu Stefan Fischs Plädoyer, das frühneuzeitliche historische Denken nicht durch die Brille der Historik zu sehen, in: Geschichte und Gesellschaft 24 (1998) H. 1, S. 132–135 Rassismus, Modernität und Anthroposophie, in: Info3 (1998) Nr. 12, S. 11–13 Zukunft als Kulturproblem, in: Das Magazin, Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen 9 (1998) H. 4, S. 12 f. Standortsicherung Kultur: Neue kulturelle Kompetenzen nötig, in: Neue Deutsche Schule 51 (1999), S. 17–19 Industriedenkmale und Geschichtskultur im Ruhrgebiet, in: Forum Geschichtskultur an Ruhr und Emscher (1998) Nr. 2: Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur. Essen 1998, S. 4 (mit Wolfgang Küttler und Ernst Schulin) Vorwort zu Nr. 2.37, S. 9–11 (mit Hanna Leitgeb und Norbert Jegelka) Einleitung, in: Nr. 2.38, S. 12–15 Diskussionsbemerkungen in: Grenzfall Europa. Avrupa'nin Ince Esiginde. Deutsch-Türkisches Sympsium [der Körber-Stiftung] 1998. Hamburg 1999, S. 22 f., 73 f., 123 f., 129, 132 Vorwort zu: Ein Haus, das bleibt. Aus Anlass 20 Jahre Alte Synagoge in Essen (= Studienreihe der Alten Synagoge, Bd. 7), hg. v. d. Alten Synagoge. Essen 2000, S. 9 f. Vorwort zu Nr. 1.13, S. 7 f. Preußen: Erinnerung an Glanz und Elend. Geburt eines Staates: Vor 300 Jahren krönte sich Kurfürst Friedrich III. zum König von Preußen, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 21. 2. 2001 Diskussionsbemerkungen zu „Die Last der Geschichte – Ein Erbe für die nächste Generation?“, in: Erbfall Zukunft. Vordenken für und mit Nachkommen, hg. v. Franz Lehner (= Arbeit und Technik, Bd. 21). München 2001, S. 103–107, 121–126, 134–137, 379–380, 398 Vorwort zu Nr. 1.14, S. 1–3 Der Sinn der Moralkeule. Drei Generationen: Die Deutschen und die nationalsozialistische Vergangenheit, in: Frankfurter Rundschau, 18. 10. 2001, S. 21 Vorwort zu Nr. 1.15, S. 1–5 Preface to the Series, in: Nr. 2.44, S. vii Prefácio [portugiesisch] zu: Estevao de Rezende Martins: Cultura e Poder. Brasilia 2002, S. 7–11 Plädoyer für eine neue Förderungsstrategie, in: Deutsche Universitätszeitung 27/2002, 13. 9. 2002, S. 7 Vergessen oder Erinnern? Müssen wir heute noch von Auschwitz reden oder ist endlich die Zeit befreienden Vergessens gekommen? Darüber diskutieren die Historiker Dan Diner (Jerusalem /Leipzig) und Jörn Rüsen (Essen), die Journalisten Eva Menasse (FAZ) und der Philosoph Rudolf

258

7.85 7.86 7.87

7.88

7.89

7.90

7.91 7.92

7.93

7.94

7.95 7.96 7.97 7.98 7.99

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

Burger (Wien). Moderation Ursula Struppe, in: Wespennest. Zeitschrift für brauchbare Texte und Bilder [Wien] 3. Quartal 2002, S. 82–88 Vorwort zu Nr. 1.16, S. 9 f. Einleitung, in: Nr. 1.16, S. 11–14 Historische Sinnbildung als geschichtsdidaktisches Problem (Zusammenfassung), in: Traditionen – Visionen. 44. Deutscher Historikertag in Halle an der Saale vom 10. bis 13. September 2002. Berichtsband, hg. v. Andreas Ranft und Markus Meumann. München 2003, S. 205 a) erweitert in: Nr. 1.20, S. 135–142 Votum zur Neuordnung der Lehrerbildung in NRW, in: Vermittlungswissenschaften. Wissenschaftsverständnis und Curriculumentwicklung, hg. v. Ulrich Welbers. Düsseldorf 2003, S. 143–148 Zur Repräsentationslogik des Visuellen, in: Großer Ratschlag. Stellungnahmen aus der Wissenschaft zu einem Ruhrmuseum auf Zollverein. Dokumentation der Tagung am 17./18. Oktober 2003. Ruhr Museum. Natur Kultur Geschichte. Essen-Zollverein (o. J.), S. 77–80 Die Künste im Strukturwandel der Kulturpolitik. Einleitung zur gleichnamigen Podiumsdiskussion, in: Diskurs Kunst. Hearing am 13. Juni 2003 im Wilhelm Lehmbruck Museum Duisburg. Eine Veranstaltung des Kultursekretariats Nordrhein-Westfalen. Dokumentation, hg. vom Kultursekretariat Nordrhein-Westfalen. Wuppertal 2003, S. 17 Diskussionsbemerkungen, in: Ebd., S. 19, 21, 23, 25, 26, 34 f. Von der Moralisierung zur Historisierung. Überlegungen zur deutschen Geschichtskultur (Podiumsdiskussion in der Universität Hamburg unter dem Titel „Triumpf der Gesinnung? Analytische Betrachtungen zur Wehrmachtsdebatte“), in: Mittelweg 36. Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung 13 (2004) H. 3, S. 75 f., 80–82, 85–87 Einführung in die Geschichtswissenschaft, in: Studium Fundamentale. Die Semesterzeitung im Sommersemester 2004, Universität Witten /Herdecke, S. 15 Begrüßung, in: Zukunft durch ästhetische Bildung. Dokumentation des Symposions in Dortmund, 8. Mai 2004, hg. v. Kulturwissenschaftlichen Institut u. d. Deutschen Bühnenverein – Bundesverband deutscher Theater, S. 10 f. (mit Friedrich Jaeger) Einleitung, in: Nr. 2.47, S. IX–XIV Plädoyer für die Geisteswissenschaften, in: Jahrbuch 2004, hg. v. Kulturwissenschaftlichen Institut, S. 239–242 Preface zu Nr. 1.18, S. IX f. Introduction: How to Understand Historical Thinking, in: Nr: 1.18, S. 1–8 A Comment on Professor Huang's ‚Salient Features of Chinese Historical Thinking`, in: The Medieval History Journal 8 (2005) Nr. 2, S. 267–272 a) u. d. T. „Crossing Cultural Borders: How to Understand Historical Thinking in China and the West“ auch in: History and Theory 46 (2007) H. 2, S. 189–193 b) a) auch in: Historiography Quarterly [Shixue lilun yanjiu] (2013) Nr. 2, S. 134–137

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

259

7.100 Warum wir Kultur reflektieren müssen, in: Universität Witten /Herdecke: Studium Fundamentale. Die Semesterzeitung im Wintersemester 2005/06, S. 18 7.101 [zum Thema: Ende der Geschichte], in: Berliner Debatte Initial 16 (2006), S. 33–35 7.102 Europe for the Citizens, in: Inclusive Europe? Horizon 2020. Proceedings, hg. v. Péter Inkei u. a. Budapest 2006, S. 122, 125–127 7.103 Vorwort zu Nr. 1.20, S. 1–3 7.104 Möglichkeiten und Grenzen einer europäischen Erinnerungskultur, in: „Transformationen“ der Erinnerungskulturen in Europa nach 1989, hg. v. Bernd Faulenbach und Franz-Josef Jelich. Essen 2006, S. 413–414 7.105 Nachwort zu Das Erbe der Apartheid – Trauma, Erinnerung, Versöhnung. Vorwort für die deutsche Erstausgabe von Nelson Mandela, Nachwort von Jörn Rüsen, hg. v. Pumla Gobodo-Madikizela. Opladen 2006, S. 183–194 7.106 Wissenschaft und Wahrheit – Anmerkungen zum kulturellen Anspruch rationalen Denkens, in: Nr. 1.20, S. 157–167 7.107 „Wichtig ist der Charakter des Europäischen.“ Kontextbetrachtungen zur Kulturhauptstadt 2010, in: Lernwelt Essen. Magazin Sommer 2006, S. 14–16 7.108 Der Barbarei in uns widerstehen, in: Grillo, Schauspiel Essen, Spielzeit 06/07, Ausgabe 3, S. 7 7.109 Introduction: What Does „Making sense of History“ Mean?, in: Nr. 2.55, S. 1–8 7.110 Geleitwort zu Zwischen Zwangsarbeit, Holocaust und Vertreibung. Polnische, jüdische und deutsche Kindheiten im besetzten Polen, hg. v. Krysztof Ruchniewicz und Jürgen Zinnecker. Weinheim 2007, S. 9 f. 7.111 Introduction: History and Utopia, in: Nr. 2.57, S. 5–10 7.112 Gedenkrede zur Erinnerung an den Armenier-Genozid, Paulskirche Frankfurt, 22. April 2007: http://www.zentralrat.org/files/Paulskirche_ Rede_07_Ruesen (nur online) 7.113 Das Nützliche Mehr an Bildung, in: Schlüsselqualifikationen plus. Ein Wettbewerb zur Förderung von Exzellenz in der akademischen Lehre, hg. v. d. Stiftung Mercator. Essen 2008, S. 30 f. 7.114 Zeitmaschine Architektur, in: Der Architekt 4/08, S. 72–74 7.115 Vorwort zur 1. und 2. Aufl., in: Nr. 1.11, S. 8 f., 7 7.116 Vorwort zur 1. und 2. Aufl., in: Nr. 1.12, S. 7, 5 7.117 (mit Heinrich Theodor Grütter und Klaus Füßmann) Vorwort zu Nr. 2.26, S. V f. 7.118 mit Henner Laass: Vorwort, in: Nr. 2.59, S. 8–22 7.119 Vorwort zu Rastlose Brückenbauerin. Festschrift für Ilse Storb zum 80. Geburtstag, hg. v. Ulrich J. Blomann und Hans-Joachim Heßler. Duisburg 2009, S. 7 f. 7.120 Some Reflections on the Project on „Humanism in the Era of Globalisation – An Intercultural Dialogue on Humanity, Culture, and Values“, in: IHS Newsletter (Institute for Advanced Study in Humanities and Social Sciences) 5 (2010) H. 2, S. 1–5 7.121 Was heißt es, europäisch zu sein? Festvortrag zur Eröffnung der Bad Hersfelder Festspiele, Bad Hersfeld, 12. Juni 2010

260

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

7.122 Introduction, in: Nr. 2.63, S. i–vii 7.123 (mit Michael O. Eze): Introduction, in: Nr. 2.66, S. i–ix 7.124 Response to Stephan Schmidt, in: Taiwan Journal for East Asian Studies (Institute for Advanced Studies in Humanities and Social Sciences, National Taiwan University) 8 (2011) Nr. 1, S. 355–359 7.125 (mit Stefan Reichmuth und Aladdin Sarhan) Foreword, in: Nr. 2.65, S. 9 7.126 Istina v istorii [Die Wahrheit in der Geschichte], in: Mo et li istorija byt' ob'ektivnoj? Materialy Me dunarodnoj naucnoj konferencii. Moskva. MGU. 2 dekabrja 2011, in: Trudy Istoriceskogo fakul'teta MGU im. Lomonosova, serija II, Istoriceskie issledovanija. Moskva 2012, S. 67–72 7.127 Erwiderung [auf Erhard Wiersing: Aspekte einer Revision von Jörn Rüsens Historik], in: Erwägen – Wissen – Ethik. Forum für Erwägungskultur (EWE) 24 (2013) H. 1, S. 145–148 7.128 Diskussionsbemerkungen, in: Den Holocaust erzählen. Historiographie zwischen wissenschaftlicher Empirie und narrativer Kreativität, hg. v. Norbert Frei und Wulf Kansteiner. Göttingen 2013, S. 118 f., 188 f., 202–206, 237–239 7.129 Geschichtsbewusstsein und Erinnerung, in: Schauplatz Ruhr. Jahrbuch zum Theater im Ruhrgebiet 2013: Geschichte im Spiel, S. 64–67 7.130 Commenting on Chinese Historical Thinking – A Multifaceted Approach, in: Nr. 2.72, S. 135–141 7.131 Was heißt es, europäisch zu sein?, in: Europe: Where Does it Begin, Where Does It End? Oikosnet Europe – Annual Assembly and Conference 2014, hg. v. Peter Markus, Rüdiger Noll und Rüdiger Sareika. Schwerte-Villigst 2015, S. 71–75 7.132 (mit Chun-chieh Huang) Foreword, in: Nr. 2.72, S. 9–10 7.133 (mit Chun-chieh Huang): Introduction, in: Ebd., S. 11–21 7.134 (mit Chun-chieh Huang) A Final Remark, in: Ebd., S. 229–230 7.135 Deutsche Kultur – gähnende Leere oder wirksame Orientierung?, in: Neue Gesellschaft. Frankfurter Hefte 11/2017, S. 34–37 a) auch in: Nr. 10.4 7.136 Reply to /Antwort auf Peter Seixas: Culture, Civilization and Historical Consciousness /Kultur, Zivilisation und Geschichtsbewusstsein, in: Public History Weekly 5 (2017) Nr. 41 [nur online]

8. Rezensionen 8.1 8.2 8.3 8.4

Wilhelm Emrich: Polemik. Frankfurt am Main 1969, in: Deutsche Universitätszeitung 1969, Nr. 3, S. 24 Wider die Ächtung der Geschichte. Festschrift Hans-Joachim Schoeps. München 1969, in: Deutsche Universitätszeitung 1969, Nr. 4, S. 14 Yorick Spiegel: Theologie der bürgerlichen Gesellschaft. München 1968, in: Wissenschaft und Praxis in Kirche und Gesellschaft 59 (1970), S. 134–137 Pardon E. Tillinghast: The Specious Past. Historians and Others. Reading 1972, in: Historische Zeitschrift 216 (1971), S. 623 f.

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

8.5 8.6

8.7 8.8

8.9 8.10 8.11

8.12

8.13

8.14

8.15

8.16

261

Rainer Howe: Die Christenheit im Atomzeitalter. Vorträge und Studien. Stuttgart 1970, in: Radius (1972) H. 3, S. 623 f. Rainer Postel: Johann Martin Lappenberg. Ein Beitrag zur Geschichte der Geschichtswissenschaft im 19. Jahrhundert. Lübeck 1972, in: Historische Zeitschrift 219 (1973), S. 442–444 Thomas S. Kuhn: The Structure of Scientific Revolution. Chicago 21970, in: Historische Zeitschrift 219 (1973), S. 612–614 Udo Köster: Literarischer Radikalismus. Zeitbewusstsein und Geschichtsphilosophie in der Entwicklung vom jungen Deutschland zur Hegelschen Linken. Frankfurt am Main 1972, in: Historische Zeitschrift 221 (1975), S. 197 f. Soziologie und Sozialgeschichte. Aspekte und Probleme, hg. v. Peter Christian Ludz, in: Philosophy and History 12 (1979) H. 1, S. 99–102 Sozialgeschichte heute. Festschrift für Hans Rosenberg zum 70. Geburtstag, hg. v. Hans-Ulrich Wehler, in: Ebd., S. 110–114 Historische Semantik und Begriffsgeschichte, hg. v. Reinhart Koselleck (= Sprache und Geschichte, Bd. 1). Stuttgart 1978, in: The Journal of Modern History 54 (1982), S. 326–328 Joachim Rohlfes: Geschichte und ihre Didaktik. Göttingen 1986 u. d. T. „Juste milieu – geschichtsdidaktisch“, in: Geschichte lernen (1988) H. 2, S. 6 f. Günter Birtsch, Michael Trauth und Immo Meenken: Grundfreiheiten und Menschenrechte 1500–1850. Eine internationale Bibliographie. 5 Bde. Stuttgart-Bad Cannstatt 1991/92, in: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 80 (1994), S. 149–151 Wilfried Nippel: Johann Gustav Droysen. Ein Leben zwischen Wissenschaft und Politik. München 2008, u. d. T. „Ein Dämon der Machtbesessenheit. Wilfried Nippen legt die erste umfassende Biografie des Historikers Johann Gustav Droysen vor und stürzt ihn vom Sockel der Verehrung“, in: Die Welt v. 5. 4. 2008 (Literarische Welt, S. 3) David Carr: Experience and History sowie Karl-Heinz Metz: Von der Erinnerung zur Erkenntnis u. d. T. „Geschichtsphilosophie – phänomenologisch und material“, in: Neue Politische Literatur 61 (2016), S. 279–283 Jörg van Norden: Geschichte ist Zeit. Historisches Denken zwischen Kairos und Chronos – empirisch, theoretisch, pragmatisch. Berlin 2014, in: Geschichte für Heute. Zeitschrift für historisch-politische Bildung 10 (2017) H. 1, S. 97–99

9. Interviews, Diskussionen 9.1

9.2

Modernität der Historie. Jörn Rüsen zu neuen Ansätzen einer Geschichte der Historiographie [Interview], in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 2 (1991) H. 3, S. 90–95 Heikki Lempa: Jörn Rüsenin haastattelu [Interview und Kommentar], in: Tiede & Edistys 17 (1992) H. 4, S. 265–269

262

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

9.3

Wissenschaft ist eine institutionalisierte Chance der Vernunft. Ein Interview mit Fragen von Wolfgang Bialas, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 41 (1993), S. 365–375 An Interview with Jörn Rüsen (1993), in: Ewa Doma´nska: Encounters: Philosophy of History after Postmodernism. Introduction by Allan Megill, Afterword by Lynn Hunt. Charlottesville and London: University Press of Virginia 1998, S. 138–165 a) chinesische Übersetzung Beijing: Peking University Press 2007 (vgl. Nr. 4.12, Bd. 7) „Za istoricheskata kultura i strategiite na narativnoto smisloobrazuvane“, Interview Jörn Rüsen, in Balkanistic Forum (1998) H. 1–3, S. 20–29 Die Karriere eines Außenseiters. Prof. Dr. phil. Jörn Rüsen, Historiker, in: Anja Berger: Karrieren unter der Lupe: Geschichtswissenschaftler. Würzburg (Lexikaverlag) 2002, S. 28–37 Interview mit Jörn Rüsen, in: Metropole Rhein-Ruhr. Eine Region im Aufbruch, hg. v. Richard Kiessler. Oberhausen 2007, S. 198–202 Jörn Rüsen /Volker Steenblock: Bildungssinn und Humanismus – ein Gespräch mit Jörn Rüsen, in: Zeitschrift für Didaktik der Philosophie und Ethik (2009) H. 4, S. 299–306 „...Gegen jede Art von Übervater wehren“. Diskussion mit Stefan Hermes, Alexander Honold, Necla Kelek und Jörn Rüsen, moderiert von Ortrud Gutjahr, in: Nathan der Weise von Gotthold Ephraim Lessing. Texterprobungen mit Abraumhalde von Elfriede Jelinek in Nicolas Stemmans Inszenierung am Thalia Theater Hamburg, hg. v. Ortrud Gutjahr. Würzburg 2010, S. 179–188 Theory of History as Aufklärung. Interview mit Sergio da Mata und Valdei Lopez de Araujo, in: Historia da Historiografia (2013) Nr. 11, S. 339–353 Wahrheit, Sinn und Konstruktion. Über die wahre Geschichte, über Grenzen und Möglichkeiten moderner Historiographie, Globalisierung und Ethnozentrismus, im Gespräch mit Ljiljana Heise und Ivonne Meybohm, in: Der historische Roman zwischen Kunst, Ideologie und Wissenschaft, hg. v. Ina Ulrike Paul und Richard Faber. Würzburg 2013, S. 43–60 Moskalewicz, Marcin: The Old Nietzschean Question Raised Again: How Much Past Do We Need for Having a Healthy Life? [Antworten u. a. von Jörn Rüsen], in: Rethinking History: The Journal of Theory and Practice, 18:4 (2014) [Online-Zeitschrift] „Für meine Sozialisation als Historiker sind die späten Sechziger- und die Siebzigerjahre entscheidend. [...] Es war eine wirkliche Umbruchzeit.“ Interview mit Thomas Sandkühler in: Ders.: Historisches Lernen denken. Gespräche mit Geschichtsdidaktikern der Jahrgänge 1928–1947. Mit einer Dokumentation zum Historikertag 1976. Göttingen 2014, S. 251–292 Geschichtskultur und Angewandte Geschichte. Professor Jörn Rüsen im Gespräch mit Juliane Tomann, in: Angewandte Geschichte. Neue Perspektiven auf Geschichte in der Öffentlichkeit, hg. v. Jacqueline Nießer und Juliane Tomann. Paderborn 2014, S. 58–62 Li Shixushi, Li Shi Yanjiu Yu Lishi Lun Li [Historical Narrative, Historical Research and Historical Ethics]. Interview Pei Yun Yu mit Professor Jörn

9.4

9.5 9.6

9.7 9.8

9.9

9.10 9.11

9.12

9.13

9.14

9.15

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

9.16

263

Rüsen [chinesisch], in: Li Shi Jiao Xue Wen Ti [Journal of Historical Didactics] 1 (2016), S. 23–31 Historische Orientierung: Was uns wichtig war und ist. Eine kritische Bestandaufnahme. Streitgespräch mit Jörn Rüsen am 9. 5. 2016, in: Neorassismus in der Einwanderungsgesellschaft. Eine Herausforderung für die Bildung, hg. v. Bärbel Völkel und Tony Pacyna. Bielefeld 2017, S. 214–253

10. Online-Publikationen 10.1

10.2

10.3

10.4

Post-ism. The Humanities, Displaced by their Trends /Post-ismus. Die Geisteswissenschaften, verrückt durch ihre Trends, in: Public History Weekly 4 (2016) Nr. 27 Racism – A Killing Argument in Cultural Studies? /Rassismus – ein kulturwissenschaftliches Totschlagargument?, in: Public History Weekly 5 (2017) Nr. 7 The Limits of Multiperspectivity – Relativism and Leitkultur /Die Grenzen der Multiperspektivität – Relativismus und Leitkultur, in: Public History Weekly 5 (2017) Nr. 33 Deutsche Kultur – gähnende Leere oder wirksame Orientierung? Ein Meinungsbeitrag, in: L. I. S. A. Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung, 21. 9. 2017, https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/deutsche_kultur_ gaehnende_leere_oder_wirksame_orientierung?nav_id=7256 a) vgl. auch Nr. 7.135

11. Festschriften für Jörn Rüsen 11.1

11.2

11.3

11.4

11.5

Dimensionen der Historik. Geschichtstheorie, Wissenschaftsgeschichte und Geschichtskultur heute. Jörn Rüsen zum 60. Geburtstag, hg. v. Horst Walter Blanke, Friedrich Jaeger und Thomas Sandkühler. Köln /Weimar / Wien: Böhlau 1998 Was ist der Mensch, was Geschichte? Annäherungen an eine kulturwissenschaftliche Anthropologie. Jörn Rüsen zum 65. Geburtstag, hg. v. Friedrich Jaeger und Jürgen Straub. Bielefeld: Transcript 2005 Historie und Historik. 200 Jahre Johann Gustav Droysen. Festschrift für Jörn Rüsen zum 70. Geburtstag, hg. v. Horst Walter Blanke. Köln /Weimar / Wien: Böhlau 2009 Begriffene Geschichte – Geschichte begreifen. [Jörn Rüsen zu Ehren anlässlich seines 50jährigen Doktorjubiläums], hg. v. Holger Thünemann u. a. (= Geschichtsdidaktik diskursiv – Public History und Historisches Denken, Bd. 3). Frankfurt am Main u. a.: Peter Lang 2016 Historisierung der Historik. Jörn Rüsen zum 80. Geburtstag, hg. v. Thomas Sandkühler und Horst Walter Blanke (= Beiträge zur Geschichtskultur, Bd. 39). Köln/Weimar/Wien: Böhlau 2018

264

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

12. Konkordanz zu den Abschnitten 1, 5 und 6 des Schriftenverzeichnisses Wiederabdrucke, Übersetzungen und separate Überarbeitungen der Aufsätze Aufsatz

Sammelband

5.2

1.2

5.3

1.3

5.4

1.2

5.6

1.9

5.7

1.2

5.8

1.9

5.9

1.9

5.10

1.3

5.11

1.2

5.12

1.2

5.14

1.3

5.15

1.3

5.16

1.2

5.17

1.3

5.19

1.2

5.21

Überarbeitung von /als

5.21

5.15

5.23

1.9

5.24

1.2

5.27

1.9

5.31

1.7

5.32

1.7, 1.17 [schwedisch]

5.35

5.35 5.32

5.38

1.9

5.39

1.9

5.40

1.7

5.41

1.7

5.42

1.9

265

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

Aufsatz

Sammelband

5.43

1.7

5.45

1.12

5.48

1.11

5.50

Überarbeitung von /als

5.53

5.53

1.10 [englisch]

5.54

1.23 [ukrainisch]

5.55

5.55 5.54, 5.72

5.57

1.9

5.59

1.12, 1.26 [polnisch: 5.59 + 5.70]

5.60

1.10 [englisch]

5.62

1.9

5.64

1.9

5.67

1.7, 1.10 [englisch]

5.70

1.26 [polnisch: 5.59 + 5.70]

5.72

1.11

5.74

1.12, 2.18

5.75

1.12

5.76

1.10 [englisch], 1.22 [portugiesisch]

5.77

1.10 [englisch]

5.78

1.12

5.79

1.21 [litauisch]

5.82

1.11, 1.17 [schwedisch]

5.83

1.11

5.84

1.7, 1.10 [englisch]

5.85

1.12

5.86

1.11

5.55

266 Aufsatz

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

Sammelband

5.89

1.10 [englisch], 1.18 [englisch], 1.22 [portugiesisch]

5.91

1.10 [englisch], 1.11, 1.18 [englisch], 1.24 [spanisch: 5.91 + 5.97]

5.92

1.11, 1.21 [litauisch]

5.93

1.11

5.94

1.9, 1.10 [englisch], 1.18 [englisch]

5.97

1.11, 1.19 [chinesisch], 1.23 [ukrainisch: 97 + 117], 1.24 [spanisch: 5.91 + 5.97], 1.26 [polnisch: 5.97 + 5.117]

5.98

1.12

5.103

1.9

5.104

1.11

5.105

1.11

5.106

1.12

5.107

2.25

5.109

1.15, 1.21 [litauisch]

5.112

1.10 [englisch]

5.113

1.10 [englisch], 1.12, 1.14, 1.22 [portugiesisch], 1.24 [spanisch], 1.26 [polnisch]

5.116

1.14, 1.21 [litauisch], 1.24 [spanisch]

Überarbeitung von /als

267

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

Aufsatz

Sammelband

Überarbeitung von /als

5.117

1.11, 1.17 [schwedisch], 1.19 [chinesisch], 1.21 [litauisch], 1.23 [ukrainisch: 5.97 + 5.117], 1.26 [polnisch], 1.28 [portugiesisch]

5.124

5.118

1.21 [litauisch]

5.119

1.15

5.120

1.15, 1.21 [litauisch]

5.124 5.125/126

5.117 1.15

5.129

1.15, 1.18 [englisch], 1.21 [litauisch], 1.26 [polnisch]

5.130

1.14, 1.17 [schwedisch], 1.24 [spanisch]

5.131

1.21 [litauisch]

5.132

1.18 [englisch], 1.24 [spanisch]

5.133

1.14, 1.17 [schwedisch] 1.18 [englisch], 1.24 [spanisch]

5.134

1.14, 1.23 [ukrainisch], 1.24 [spanisch]

5.135

1.13

5.137

5.137

1.13, 1.14

5.135

5.138

1.14, 1.19 [chinesisch], 1.26 [polnisch]

5.139

1.14, 1.19 [chinesisch]

268 Aufsatz

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

Sammelband

5.140

1.13, 1.15, 1.19 [chinesisch], 1.21 [litauisch], 1.23 [ukrainisch]

5.144

1.15, 1.21 [litauisch], 1.24 [spanisch]

5.146

1.14

5.149

1.20

Überarbeitung von /als

5.152

5.150

1.12

5.152

1.18 [englisch]

5.144

5.153

1.16, 1.19 [chinesisch], 1.21 [litauisch], 1.23 [ukrainisch]

5.173

5.155

1.14, 1.19 [chinesisch], 1.23 [ukrainisch], 1.26 [polnisch]

5.158

1.16, 1.19 [chinesisch], 1.21 [litauisch], 1.23 [ukrainisch], 1.26 [polnisch]

5.159

1.13

5.160

1.12, 1.26 [polnisch]

5.161

1.14, 1.18 [englisch], 1.23 [ukrainisch: 5.161 + 5.165], 1.26 [polnisch]

5.163

1.16, 1.19 [chinesisch], 1.21 [litauisch], 1.23 [ukrainisch], 1.26 [polnisch]

5.164

1.20

269

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

Aufsatz

Sammelband

5.165

1.14, 1.19 [chinesisch], 1.21 [litauisch], 1.23 [ukrainisch: 5.161 + 5.165], 1.24 [spanisch], 1.26 [polnisch]

5.170

1.16, 1.17 [schwedisch], 1.19 [chinesisch], 1.21 [litauisch], 1.23 [ukrainisch], 1.26 [polnisch]

5.172

1.20

5.173

1.12

5.176

1.20

5.177

1.20

5.179

1.20

5.181

1.20

5.183

1.15, 1.18 [englisch]

5.186

1.20

5.192

1.20

5.193

1.20

5.195

1.20

5.197

Überarbeitung von /als

5.153

5.197

5.192

5.221

1.27 [portugiesisch]

5.223

1.27 [portugiesisch]

5.236

1.27 [portugiesisch]

5.237

1.27 [portugiesisch]

5.238

1.26 [polnisch], 1.27 [portugiesisch]

5.239

1.26 [polnisch], 1.27 [portugiesisch]

5.244

1.27 [portugiesisch]

5.248

1.27 [portugiesisch]

270 Aufsatz

Schriftenverzeichnis Jörn Rüsen, 1962–2017

Sammelband

5.260

1.27 [portugiesisch]

5.263

1.28 [portugiesisch]

6.2

1.9

6.10

1.22 [portugiesisch]

6.14

1.22 [portugiesisch], 1.28 [portugiesisch]

6.15

1.28 [portugiesisch]

Überarbeitung von /als

Die Beiträger

apl. Professor Dr. Horst Walter Blanke (geb. 1954) ist pensionierter Privatdozent an der Universität Bielefeld. Zu seinen Büchern gehören: Theoretiker der deutschen Aufklärungshistorie (mit Dirk Fleischer, 1990), Historiographiegeschichte als Historik (1991), Politische Herrschaft und soziale Ungleichheit im Spiegel des Anderen (1997), Johann Gustav Droysen: Historik, Bd. 2 (2007), Historie und Historik (2009). Professorin Dr. Angelika Epple (geb. 1966) lehrt Allgemeine Geschichte unter besonderer Berücksichtigung des 19. und 20. Jahrhunderts an der Universität Bielefeld und ist derzeit deren Vize-Rektorin für Internationales und Diversität. Im Zentrum ihrer Forschung stehen geschichtstheoretische, historiographiegeschichtliche und globalgeschichtliche Themen. Bücher u. a.: Empfindsame Geschichtsschreibung (2003), Gendering Historiography (mit Angelika Schaser, 2009), Das Unternehmen Stollwerck (2010), Die Welt beobachten (mit Walter Erhart, 2015). Dr. Michaela Maria Hänke (geb. 1953) ist Studiendirektorin an einem Bielefelder Gymnasium. Sie ist Fachleiterin für Geschichte und Fachleiterin für Philosophie am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) Detmold. Zu ihren Büchern und Aufsätzen gehören: Muße für die Würde des Amtes (2002), Berufswerkstatt Geschichte (2003), Senne und Mühlberg (2005), Erinnerungskultur(en) in Deutschland (2006), Kanonisierte Mobilmachung (2007), Demokratie braucht Demokraten (2013). apl. Professor Dr. Friedrich Jaeger (geb. 1956) ist Senior Fellow am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen und Geschäftsführender Herausgeber der Enzyklopädie der Neuzeit. Zu seinen Schriften zählen: Bürgerliche Modernisierungskrise und historische Sinnbildung (1994), Amerikanischer Liberalismus und zivile Gesellschaft (2001), Handbuch der Moderneforschung (mit Wolfgang Knöbl und Ute Schneider, 2015). Wulf Kansteiner, PhD (geb. 1964) ist Professor für Memory Studies und Geschichtstheorie an der Universität Aarhus. Buchveröffentlichungen: In Pursuit of German Memory (2006), The Politics of Memory in Postwar Europe (mit Ned Lebow und Claudio Fogu, 2006), Den Holocaust erzählen (mit Norbert Frei, 2012), Probing the Ethics of Holocaust Studies (mit Claudio Fogu und Todd Presner, 2016). Kansteiner ist Mitbegründer und

272

Die Beiträger

Mitherausgeber der seit 2008 erscheinenden Fachzeitschrift Memory Studies. Professor Dr. Hans-Jürgen Lüsebrink (geb. 1952) ist Seniorprofessor für Romanische Kulturwissenschaft und Interkulturelle Kommunikation an der Universität Saarbrücken. Zu seinen wichtigsten Buchpublikationen zählen: Kriminalität und Literatur im Frankreich des 18. Jahrhunderts (1983), Schrift, Buch und Lektüre in der französischsprachigen Literatur Afrikas (1990), Frankreich (2000, 4. Aufl. 2018), Die Bastille (mit Rolf Reichardt, 1990, englische Übersetzung 1997), Interkulturelle Kommunikation (2005, 4. Aufl. 2017); „Le livre aimé du peuple“ (2014). Dr. Andreas Pigulla (geb. 1957) ist ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fakultät für Ostasienwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. Zu seinen Büchern zählen: China in der deutschen Weltgeschichtsschreibung vom 18. bis zum 20. Jahrhundert (1996), Ostasien verstehen (mit Christine Moll-Murata und Iris Hasselberg, 2000) Professor Dr. Thomas Sandkühler (geb. 1962) lehrt Geschichtsdidaktik an der Humboldt-Universität zu Berlin und ist Vorsitzender des Fachverbands Konferenz für Geschichtsdidaktik. Er arbeitet über zeitgeschichtliche, wissenschaftsgeschichtliche und geschichtstheoretische Themen. Letzte Buchveröffentlichungen: Historisches Lernen denken (2014), Adolf H. (2015, chinesisch 2017), Demokratie lernen (2017). Professor Dr. Holger Thünemann (geb. 1975) ist Professor für Didaktik der Geschichte an der Universität zu Köln; zahlreiche Publikationen zu Themen der Geschichtskultur, der Schulbuchforschung und der historischen Lehr-Lernforschung. Buchpublikationen u. a.: Holocaust-Rezeption und Geschichtskultur (2005), Was können Abiturienten? (mit Bernd Schönemann und Meik Zülsdorf-Kersting, 2. Aufl. 2011), Researching History Education (mit Manuel Köster und Meik Zülsdorf-Kersting, 2014), My´slenie historyczne (mit Robert Traba, 2015).