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German Pages 144 [168] Year 1959
SAMMLUNG
GÖSCHEN
BAND
1109
ELEMENTE DER FUNKTIONENTHEORIE von
DR. K O N R A D
KNOPP
f
ehem. Professor der Mathematik an der Universität Tübingen
Mit 23 Figuren Fünfte Auflage
WALTER DE GRUYTER & CO. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung · J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer Karl J . Trübner Veit & Comp.
BERLIN
1959
©
Copyright 1959 by Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35. - Alle Rechte, einecbl. der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, von der Verlagehandlung vorbehalten. —• Archiv-Nr. 11 11 09. — Druck : Lindemann & Lüdecke, Berlin SO 36. — Printed in Germany.
Inhaltsverzeichnis. Erster Abschnitt.
Die komplexen Zahlen und ihre geometrische Darstellung.
Seite 1. Kapitel. Grundlagen. § 1. Einleitung β § 2. Das System der reellen Zahlen 8 i 3. Punkte und Vektoren der Ebene 13 2. Kapitel. D a s S y s t e m der k o m p l e x e n Z a h l e n u n d d i e GrauBsche Z a h l e n e b e n e . s 4. Geschichtliches 19 $ 5. Einführung der komplexen Zahlen. Bezeichnungen . . . . 21 { β. Gleichheit und Ungleichheit 26 S 7. Addition und Subtraktion 26 f 8. Multiplikation und Division 28 $ 9. Abgeleitete Regeln. Potenzen 31 $ 10. Das System der komplexen Zahlen als Erweiterung des Systems der reellen Zahlen 32 i 11 Trigonometrische Darstellung der komplexen Zahlen 34 i 12. Geometrische Darstellung von Multiplikation und Division 37 i 13. Ungleichungen und Betrftge.· Beispiele 39 3. Kapitel. D i e R i e m a n n s c h e Z a h l e n k u g e l . I 14. Die stereographlsche Projektion 41 S 15. Die Blemannsche Zahlenkugel. Der Punkt a>. Beispiele 4Í Zweiter Abschnitt.
Lineare Funktionen und Kreisverwandtschaft. 4. Kapitel. A b b i l d u n g d u r c h l i n e a r e F u n k t i o n e n . i 16. Abbildung durch ganze lineare Funktionen i 17. Abbildung durch die Funktion to = - ί
48 SI
S 18. Abbildung durch beliebige lineare Funktionen 6. Kapitel. N o r m a l f o r m e n u n d b e s o n d e r e l i n e a r e Abbildungen. { 19. Die Gruppeneigenschaft der linearen Abbildungen { 20. Fixpunkte und Normalformen { 21. Besondere lineare Abbildungen. DoppelverhMtnlsse i 22. Weitere Beispiele
1·
67
69 61 66 68
4
Inhaltsverzeichnis. Dritter Abschnitt.
Mengen und Folgen. 6. Kapitel.
Potenzreihen.
Punkt- und Zahlenmengen.
Seite
§ 23. Punktmengen { 24. Reelle Zahlenmengen S 25. Der Bolzano-WeierstraCsche Satz
7. Kapitel.
Zahlenfolgen.
Unendliche
71 73 76
Reihen.
§ 26. Zahlenfolgen mit komplexen Gliedern § 27. Zahlenfolgen mit reellen Gliedern § 28. Unendliche Beihen
Kapitel.
77 81 88
Potenzreihen.
§ 29. Der Konvergenzkreis § 30. Das Rechnen mit Potenzreihen
89 92
Vierter Abschnitt.
Analytische Funktionen und konforme Abbildung. 9. Kapitel. F u n k t i o n e n lichen. § § § § §
31. 32. 33. 34. 36.
einer k o m p l e x e n
Veränder-
Begriff der Funktion einer komplexen Veränderlichen... Grenzwerte von Funktionen Stetigkeit Dlfferenzierbarkeit Eigenschaften der durch Potenzreihen dargestellten Funktionen
10. Kapitel. A n a l y t i s c h e F u n k t i o n e n und Abbildung.
96 96 99 100 102
konforme
i 36. Analytische Funktionen § 37. Konforme Abbildung
106 108
Fünfter Abschnitt.
Die elementaren Funktionen. 11. Kapitel. P o t e n z und Wurzel. Die rationalen Funktionen. S 38. Potenz und Wurzel § 39. Die ganzen rationalen Funktionen i 40. Die gebrochenen rationalen Funktionen
111 115 116
12. Kapitel. Die E x p o n e n t i a l f u n k t i o n , die trigonomet r i s c h e n und die h y p e r b o l i s c h e n Funktionen. S § § 5
41. 42. 43. 44.
Die Exponentialfunktion Die Funktionen cos ζ und Sinz Die Funktionen tgz und ctg ζ Die hyperbolischen Funktionen
118 124 128 181
5
Inhaltsverzeichnis. — Literatur.
Seite
13. Kapitel. Der Logarithmus, die z y k l o m e t r i s c h e n F u n k t i o n e n und die Binomialreihe. 5 45. i 46. I 47.
Der Logarithmtie Die zyklometriachen Funktionen Die Binomialreihe and die allgemeine Potenz
Register
132 130 139
"2
Literatur. 1 . B i e b e r b a c h , E i n f ü h r u n g In dteFunktionentheorle,2. Aufl. Bleiefeld 1952. H- B u r k h a r d t , Funktlonentheoretische Vorlesungen. Neu hrsg. von G. F a b e r . Bd. 1 , 1 : Algebraische Analysis; Bd. I, 2: Einfahrung In die Theorie der analytischen Funktionen einer komplexen Veränderlichen. Berlin u. Leipzig 1920/21. C. C a r a t h é o d o r y , Funktionentheorie I, Basel 1950. H. H o r n l c l i , Lehrbuch der Funktionentheorie, Wien 1950. H. F a l c k e n b e r g , Komplexe Reihen. Durchgeseh. Neudruck. Berlin 1944. (8ammlung Göschen Nr. 1027). K. K n o p p , Theorie und Anwendung der unendlichen Reihen, 4. Auflage. Berlin 1947. H. V. M a n g o l d t u. K . K n o p p , Einführung In die höhere Mathematik, Bd. I u. I I , 9. Aufl., S t u t t g a r t 1948. N. N i e l s e n , Elemente der Funktionentheorie. Leipzig 1911. A. P r l n g s h e l m u. G. F a b e r , Algebraische Analysis. Enzyklopädie d. math. Wissenschaften, Bd. I I , C, 1. Leipzig 1909.
Erster Abschnitt.
Die komplexen Zahlen und ihre geometrische Darstellung. 1. Kapitel.
Grundlagen.
§ 1. Einleitung. Unter dem Namen „ F u n k t i o n e n t h e o r i e " faßt man all die Untersuchungen zusammen, die sich ergeben, wenn man die Fragestellungen und Methoden der reellen Analysis (d. h. der gewöhnlichen Differential- und Integralrechnung und der mit diesen zusammenhängenden Gebiete) auf den Fall zu übertragen versucht, daß man für alle auftretenden Zahlengrößen (Konstante, unabhängige und abhängige Veränderliche) komplexe Zahlen zuläßt, also Zahlen von der Form α + b j/— 1. Solche Untersuchungen drängten sich schon früh bei verschiedenen Problemen der reellen Analysis ganz von selbst auf und sind zugleich mit der Überwindung dieser im Laufe der Jahrhunderte erst zaghaft, bald mit immer schönerem Erfolge durchgeführt worden (Näheres s. § 4). Heute bildet die Funktionentheorie eines der ausgedehntesten und wichtigsten Gebiete der höheren Mathematik. In diesen „ E l e m e n t e n der Funktionentheorie" soll nur das Einfachste, aber für den weiteren Ausbau der Theorie Wichtigste 1 ) behandelt werden. Dazu gehört zunächst eine Einführung in das System der komplexen Zahlen und das Rechnen mit diesen. Dazu gehört ferner die Übertragung ') Dieser Ausbau findet sich dargestellt In den beiden Bändchen des Verfassers: Funktionentheorie, Erster Teil: Grundlagen der allgemeinen Theorie der analytischen Funktionen, 8. Auflage 1954. Sammlung Göschen Nr. 668, und Funktionentheorie, Zweiter Teil: Anwendung und Weiterführung der allgemeinen Theorie, 8. Auflage 1954, Sammlung Göschen Nr. 703. Diese Bändchen werden Im folgenden kurt als „Fktth. I " und ,,Fktth. I I " iltiert.
§ 1 . Einleitung.
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des Begriffes der Zahlenmengen, des Grenzbegriffes und der eng damit zusammenhängenden Dinge, insbesondere der Lehre von den unendlichen Reihen, auf den Fall komplexer Größen oder, wie man kurz sagt, „ins Komplexe". Weiter gehört dazu die Übertragung des Begriffes der Funktion und ihrer wichtigsten Eigenschaften auf den Fall, daß unabhängige und abhängige Veränderliche komplex sind. In Verbindung mit dem Grenzbegriff liefert dies die Grundlagen einer Differentialrechnung der Funktionen einer komplexen Veränderlichen. Schließlich gehört dazu ein genaueres Studium der sogenannten elementaren Funktionen, also der rationalen, insbesondere der linearen Funktionen, der Exponentialfunktion, der trigonometrischen und einiger anderer Funktionen sowie von deren Umkehrungen, also des Logarithmus und der zyklometrischen Funktionen. Die Übertragung der Integralrechnung ins Komplexe dagegen rechnet man nicht zu den Elementen der Funktionentheorie. Wie wir sehen werden (s. 2. u. 3. Kap.), läßt sich das Rechnen mit den komplexen Zahlen und lassen sich weiterhin alle eben angedeuteten Untersuchungen noch eindrucksvoller als im „Reellen" in einer Z a h l e n e b e n e oder auf einer Z a h l e n k u g e l veranschaulichen. Dies bildet dann den Inhalt des Teiles unserer Theorie, den man als „ g e o m e t r i s c h e F u n k t i o n e n t h e o r i e " bezeichnet. Aus dem Gesagten geht hervor, daß zum Verständnis dieses Büchleins eine Kenntnis der Grundlagen der reellen Analysis und der Elemente der analytischen Geometrie insofern unentbehrlich ist, als nach dem Vorbild der reellen Analysis die Übertragung ins Komplexe durchgeführt wird und zur Veransehaulichung einfache geometrische Dinge benutzt werden. Um hierfür einen festen Ausgangspunkt zu haben, soll im folgenden § 2 das Wichtigste über das System der reellen Zahlen, das das Fundament für den Aufbau der reellen Analysis bildet, und soll in § 3 das
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1. Kapitel. Grundlagen.
Grundsätzliche über den Aufbau der analytischen Geometrie gesagt werden. § 2. Das System der reellen Zahlen. Das System der reellen Zahlen setzen wir, was seinen praktischen Gebrauch anlangt, natürlich als bekannt voraus. Wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung sollen aber die wesentlichen Gedanken, die zu seinem Aufbau führen, hier kurz dargelegt werden. Den Ausgangspunkt aller Betrachtungen über Zahlen bildet die Folge der n a t ü r l i c h e n Zahlen 1, 2, 3 , . . . und die beiden „Verknüpfungen" derselben, die als A d d i t i o n und M u l t i p l i k a t i o n bezeichnet werden. Das Bedürfnis, diese beiden „umzukehren", zwingt alsbald zur Einführung der 0 (Null) und der negativen Zahlen und schließlich zu der der gebrochenen Zahlen. Die Gesamtheit der ganzen und gebrochenen, positiven oder negativen Zahlen und der Null nennt man das System der (reellen) r a t i o n a l e n Zahlen. Mit diesen Zahlen, die jetzt kurz durch einen lateinischen Buchstaben bezeichnet werden sollen, kann man nach bestimmten Regeln rechnen, die man als die Grundgesetze der Arithmetik bezeichnet. Es sind die folgenden, bei denen unter „Zahlen" zunächst nur die eben genannten rationalen Zahlen zu verstehen sind: I. Grundgesetze der Gleichheit und Anordnung. 1. Die Zahlen bilden eine geordnete Menge, d, h. zwischen irgend zweien von ihnen, etwa a und b, besteht stets eine und nur eine der drei Beziehungen a b *). >) Gelesen: α kleiner als b, a gleich b, a größer als 6; a>b andere Schreibweise für b < a. — Die Negationen dieser drei schreibt man so: α à ί> (α größer oder gleich b, a mindestens gleich b, a nicht α Φ fr (α ungleich b). α i b (α kleiner oder gleich b, a höchstens gleich b, a nicht
1st nur eine Beziehungen kleiner als b). größer als 6).
§ 2. Das System der reellen Zahlen.
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Diese Anordnung gehorcht weiter den Gesetzen: 2. Es ist stets a = a. 3. Aus a — b folgt b= a. 4. Aus a=b und, b = c folgt a = e. 5. Aus af¿b und b < c oder aus a (c> O die Koordinatenpaare dieser drei Vektoren, so ist bekanntlich a + b = c, a' + V = e'. Neben den kartesischen Koordinaten benutzt man in der Ebene noch die sogenannten Polarkoordinaten: Ein Punkt Ρ der Ebene bestimmt auch eindeutig seinen (nicht negativen} Abstand ρ vom Nullpunkt und im wesentlichen 0) jede der Geraden einzeln für sich. 2) Es sei jetzt e Φ 0, so daß beide Fixpunkte, wir nennen sie ζ1 und C2, im Endlichen liegen. Es sei überdies ^ Φ ζ 2 . Dann folgt aus der Kreisverwandtschaft sofort: Das Büschel der Kreise durch ζι und Cj geht als Ganzes in sich über (Fig. 16). Folgendermaßen erhalten wir darüber noch genauere Auskunft: Durch die Abbildung
§ 20. Fixpunkte und Normalformen.
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8=
(6>
die ζ 1 nach 0 und ζ 2 nach oo bringt, wird das Büschel der Fig. 16 auf das Geradenbüschel der Fig. 17, die Kreise durch 0 und oo, abgebildet. Hierbei liege das erste in der z-, das zweite in deT }-Ebene. Denken wir uns aber das erste in der w-, das zweite in einer tt>-Ebene, so wird analog durch O
» = ^
=
die Fig. 16 auf die Fig. 17 abgebildet. Wegen der Gruppeneigenschaft der linearen Funktionen 8 " 17. ist hierdurch und durch die Abbildung (1) eine lineare Abbildung der j- auf die tn-Ebene vermittelt, nämlich die Abbildung
(8) i» = V r ( i ) · Da diese aber 0 und oo zu Fixpunkten hat, ist es nach 1) eine Drehstreckung mit dem Zentrum 0, hat also die einfache Form to = α j, wo α eine gewisse komplexe Zahl bedeuten soll. Mit Benutzung der Fixpunkte kann also (1) auf folgende Normallorm gebracht werden ω - C, _ β g —Cl (9)
Den Wert von α findet man sofort, indem man z = oo setzt, was — liefert.
Es ist also
e-cf, o = ' a — c f," Die durchgeführte Betrachtung lehrt aber gleich noch mehr: Da es zum Geradenbüschel der Fig. 17 eine Schar von Orthogonalkreisen gibt, nämlich die Schar der Kreise um 0, so gibt es auch in Fig. 16 zu dem Büschel der „Kreise durch und f s " eine Schar von Orthogonalkreisen, die wir kurz die Schar der „Kreise um f , und £ s " nennen wollen. Auch diese Schar, also die vollständige Fig. 16, geht bei der Abbildung (1) als Ganzes in sich über. Wir können darüber hinaus noch genauer sagen: a) Ist I α I = 1, so ist ro = o j eine reine Drehung, und folglich geht'jeder der Kreise der zweiten Schar als Ganzes in sich über, (10)
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6. Kapitel. Normalformen und besondere lineare Abbildungen.
wahrend die der ersten Schar unter sich vertauscht werden. Die Abbildung (1) heifit dann elliptiscli. b) Ist α positiv-reell, so ist es gerade umgekehrt. Die Abbildung (1) heißt dann hyperbolisch. c) Ist |a¡ ^ 1 und α nicht positiv-reell, so heißt die Abbildung loxodromisoh. Man erhält sie, indem man die Schritte a) und b) nacheinander ausführt 1 ). 3) Es sei jetzt wieder c Φ 0, aber nun f , = ζν Die Abbildung heißt dann parabolisch 1 ). Die Gesamtheit aller Kreise durch den ' Fixpunkt — wir nennen ihn ξ — geht als Ganzes in sich über. Eine Schar von Kreisen durch ζ, die dort eine gemeinsame Tangente haben (s. Fig. 18), bleibt ebenfalls als Ganzes ungeändert. Dies und weitere Einzelheiten erkennt man wieder deutlicher, wenn man Fig. 18. den Fixpunkt (aus der z-Ebene und aus der ω-Ebene) durch die Hilfsabbildungen (11)
bzw. W =
nach oo wirft. Die genannten Kreise gehen dann in die Geraden der Ebene über, bei gemeinsamer Tangente in eine Schar von Parallelen. Wieder sind und ιυ-Ebene linear aufeinander abgebildet. Da hierbei aber oo der einzige Fixpunkt ist, so gehen sie durch eine T r a n s l a t i o n TO = j + 6 auseinander hervor. Im parabolischen Falle kann also (1) auf die Form
(12)
_L_-J_ + &
*· '
tv —ζ
z —ζ
gebracht werden. Und weil z — oo und w = mufi
: — zusammengehören, c
') Benutrt man die Hilfeebene der Fig. 17, so kann man die einzelnen Schritte noch genauer verfolgen. ') Bei den ganzen linearen Abbildungen gebraucht man natürlich dieselben Beieichnungen: Ist sie eine Translation, so heißt sie p a r a b o l i s c h ; ist sie eine Drehstreckung aus dem Fixpunkt ( vgl. ( 5)), so heißt sie 1 οχ o d r o m i s c h, bei reiner Streckung h y p e r b o l i s c h und bei reiner Drehung e l l i p t i s c h .
§21. Besondere lineare Abbildungen. Doppelverhältnisse. 6 5 (13) sein. Die Schar von Kreisen in der z-Ebene durch ζ, die dort eine gemeinsame Tangente haben, geht durch (11) in eine Schar von Parallelen der j-Ebene über. Diese bleibt bei der Translation (b) als Ganzes ungeändert und führt also vermöge (11) zu der Ausgangsschar zurück.
§ 21,
Besondere lineare Abbildungen. Doppelverhältnisse. Das Wichtigste von allem bisherigen bleibt der Satz 1 des § 18, insbesondere also, daß durch lineare Abbildungen Kreise immer auf Kreise abgebildet werden. Es soll nun genauer untersucht werden, in welcher Weise dies geschieht. Wir beweisen dazu zunächst den Satz 1. Drei gegebene getrennte Punkte zv z2, z3 können stets durch eine und nur eine lineare Abbildung w = i(z) in drei vorgeschriebene getrennte Punkte w-¡, w2, w3 übergeführt werden1). Beweis. Die Gleichung w — w1 w2 — W1 Ζ — Zj z2 — Zj (1) w — w3'w2 — w3 z — z3'z2 — z3 definiert eine ganz bestimmte lineare Funktion w = l{z). Denn links steht eine lineare Funktion von w, rechts eine solche von z. Nennen wir sie ^(w) und ^(z), so ist w=l(z)= ζ - 1 li(z). Gemäß § 18 (4) ist dabei zu vereinbaren, daß man, wenn einer der Punkte z, oder w, der Punkt oo ist, den Quotienten derjenigen beiden Diöerenzen, die ihn enthalten, durch 1 zu ersetzen hat. Diese Funktion w = l ( z ) leistet aber das Verlangte. Denn l2(z) hat für z — zv z2, z3 der Keihe nach die Werte 0,1, oo, und l t (w) erhält diese Werte wiederum für w = w v w 2 , w 3 . Also ist l (z,) = w„ ') Unter den Punkten zy und u>,, (r - 1', 2,3) darf auch Je einmal der Funkt od auftreten. K n o p p , Elemente der Funktionentheorie. 3
66 6. Kapitel. Normalformen und besondere lineare Abbildungen (v— 1, 2, 3). Leistet die lineare Funktion w = L(z) das gleiche, so hat die lineare Funktion L~1l{¿) offenbar die drei getrennten Fixpunkte z v z2, z3, ist also nach § 20, Satz 1 die Identität. Also ist L ( z ) = l(z). Damit ist alles bewiesen. Durch drei in bestimmter Reihenfolge gegebene (getrennte) Punkte ist nun eine orientierte Kreislinie (bezw. eine orientierte Gerade) eindeutig bestimmt. Aus Satz 1 folgt also sofort weiter der Satz 2. Eine gegebene orientierte Kreislinie der z-Ebene oder -Kugel kann stets auf eine und nur eine Weise auf eine gegebene orientierte Kreislinie c1er w-Ebene so abgebildet werden, daß dabei drei gegebene Punlcte des z-Kreises in drei gegebene Punkte des w-Kreises übergehen, wofern auf beiden Kreisen die Punkte im Sinne der Orientierung aufeinander folgen. Die Zahlenkugel wird durch eine Kreislinie in zwei Kugelkappen zerlegt. Wir wollen diejenige als „das I n n e r e " des Kreises bezeichnen, die zur Linken der Orientierung liegt, die andere als „das Außere" des Kreises — und wollen die entsprechende Vereinbarung auch auf die Ebene übertragen1). Da nun die Abbildung der Vollkugeln durch lineare Funktionen umkehrbar eindeutig und überdies winkeltreu ist, BO folgt jetzt in Ergänzung zu Satz 2: Satz 3. Die in Satz 2 genannte lineare Funktion bildet das Innere des z-Kreises umkehrbar eindeutig auf das Innere des w-Kreises ab. Ebenso natürlich auch das Äußere des ersten auf das Äußere des zweiten. Die hierdurch festgestellte Eigenschaft der linearen Funktionen, daß, wenn sie zwei orientierte Kreislinien aufeinander abbilden, sie auch deren Innengebiete (und ebenso deren Außengebiete) umkehrbar-eindeutig aufeinander abbilden, nennt man ihre Gebietstreue. >) Wird also z. B. die imaginäre Achse von unten nach oben orientiert, so Ist die linke Halbebene das Innere, die rechte das Äußere.
§ 21. Besondere lineare Abbildungen. Doppelverhältnisse. 67 Beispiele für diese und die weiterhin genannten Abbildungen folgen in § 22. Die eigentümlichen in (1) auftretenden Ausdrücke nennt man Doppelverhältnisse. Es gilt genauer die Erklfirang. Sind zv z2, z3, zt vier getrennte Punkte der Kugel, so soll der Ausdruck (2)
D { z m ) =
z
A ^ 1 l
i
3
2
3
als ihr Doppelverhältnis bezeichnet werden. Liegt einer c1er Punkte in co, so tritt die oben gemachte Vereinbarung in Kraft *). Aus dem Beweis des Satzes 1 folgt nun unmittelbar der Satz 4. Das Doppelverhältnis von vier Punkten bleibt linearen Abbildungen gegenüber invariant. — Das soll heißen: Gehen die vier Punkte zv durch die Abbildung w = l(z) in die Punkte wr, (v= 1, 2,3,4), über, so ist D (wxwzw3w^ = D (z1z2z3z4). Da nämlich w= l(z) das leistet, was in Satz 1 gefordert ist, so ist es die durch (1) gegebene Funktion. Da sie auch z4 in wi überführt, so liefert (1) für z= z4, ie = u>4 unmittelbar die Behauptung. Statt durch drei Punkte der Peripherie kann man einen orientierten Kreis auch durch einen Punkt derselben und durch ein Paar in bezug auf den Kreis spiegelbildlicher Punkte geben. Das liefert im Anschluß an Satz 1 den Satz 5. Ein orientierter z-Kreis kann stets auf eine und, nur eine Weise au) einen orientierten io-Kreis so abgebildet werden, daß dabei ein gegebener Randpunkt z1 und ein gegebener innerer Punkt z0 des z-Kreises in entsprechend gelegene vorgeschriebene Punkte wt und w0 übergehen. 1 ) Die Reihenfolge der vier Funkte 1st hierbei nicht sehr wesentlich, doch muß die einmal gewählte natürlich festgehalten werden. Permutiert man die vier Funkte auf alle möglichen Arten, so erhält man nicht 24 verschiedene Werte des Doppelverhältnisees, sondern höchstens 6. Ist einer der Werte 1 1 , 6 und i — 1. Diese Werte = ò, so sind die andern -.-, 1 — i,
β
können teilweise (ibereinstimmen.
1 — ί' ί — 1
6
3*
68
6. Kapitel. Normalformen und besondere lineare Abbildungen
Beweis. Sind z'0 und w'0 die Spiegelbilder von z0 bzw. wQ je an ihrem Kreis, so müß eine lineare Funktion, die das Verlangte leistet, nach § 18, Satz 2 auch z'0 in w'Q überführen. Nur die aus
(3)
D (wlt w0, w'0, w)=D[zl, z„, z'0, z)
sich ergebende lineare Punktion kann also das Verlangte leisten, und nach der Vorbemerkung ist dies auch der Fall.
§ 22. Weitere Beispiele.
1. Abbildung der oberen Halbebene (OH) auf den Einhe (.EK).
a) Fordern wir etwa, daß der innere Punkt t der OH in den Mittelpunkt des EK und der Randpunkt 0 der OH in den Randpunkt — 1 des EK übergeht, so ist die Abbildung nach § 21, Satz 5 eindeutig bestimmt. Da sie — t nach oo wirft, gehen also die Punkte ζ = t, 0, — i der Reihe nach in w = 0, — 1, oo über 1 ). Nach § 21, Satz 1 ist also . to*— 0 ζ—i 0 —i , ζ— i (1) —ñ = ——. : ¿r—. oder w = ——. ' — Λ1 — 0 z + t 0 + t z+t die gesuchte Abbildung. Für jedes reelle ζ wird | w \ = 1, wie man leicht verifiziert. Durch die inverse Funktion (2)
w—1 wird umgekehrt der EK der to-Ebene auf die obere w-Halbebene abgebildet. Die weiteren Einzelheiten der Abbildung werden noch lebendiger, wenn man sich fragt, welche Kurven der OS in die Radien des EK und welche in die zum EK konzentrischen kleineren Kreise übergehen. Wegen der Kreisverwandtschaft folgt sofort: Die Teile der durch + » und — i gehenden Kreise, die in der OH liegen, werden zu den Radien, die dort liegenden Orthogonalkreise „um +· i und — i " werden zu den zum EK konzentrischen kleineren Kreisen. Durch diese Abbildung wird übrigens der erste Quadrant der l
) Wir ordnen absichtlich dl· drei Punkte so an, daB », = o> lat. Denn W — Wtund enthält aleo die Vadann hat Β(ιο,κ,κ,α>) dl« einfache Form in, — — w, riable w, nach der zum SchluS aufzulesen 1st, nur im Zitier.
§ 22. Weitere Beispiele.
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«-Ebene auf die untere Hälfte des EK, also eine Viertelebene auf einen Halbkreis abgebildet1). b) Fordern wir etwas allgemeiner, daß der in der OH gelegene Punkt 20, (3(2 0 ) > 0), in den Nullpunkt und der Randpunkt α, (α reell), in den Randpunkt — 1 übergeht, so leistet (3)
= = (|e| = l), a — z0 z — zB z — z0 das Verlangte. Die übrigen Einzelheiten sind ganz ähnlich wie unter a).· c) Auch die Forderung, daß die drei Randpunkte 0,1, oo der Off in die Randpunkte i, — 1, — i des EK übergehen sollen, bestimmt die Abbildung eindeutig. Man findet (und kann es durch Einsetzen der z-Werte nachträglich bestätigen): m\ .z — i υ
2. Die Off der z-Ebene soll so auf die obere ff albebene der w-Ebcuc abgebildet werden, daß die Punkte ζ = oo, 0 , 1 in die Punkte w = 0,1, oo übergehen. Die Abbildung ist hierdurch eindeutig bestimmt. Man findet ähnlich wie in 1.: (5)
—
¿ ¿ V
Was wird bei dieser Abbildung aus den Parallelen zur reellen, was aus denen zur imaginären Achse? Was aus den beiden Quadranten der Halbebene ? Wie lauten die Antworten auf die „inverse" Frage ? 3. Es soll das Äußere des EK auf die rechte ffalbebene abgebildet werden. Werfen wir etwa die Punkte 2 = 1 , — » , — 1 nach w = i, 0, oo, so liegen die betrachteten Gebiete in beiden Ebenen zur Linken der dadurch gegebenen Orientierung. Also leistet die Abbildung Ύ 2 + 1 2 + 1 das Verlangte. Man mache sich weiter klar, was hierbei aus den zum EK konzentrischen (größeren) Kreisen und was aus den außerhalb des EK gelegenen Teilen der Halbstrahlen aus 0 wird. 4. Es soll der EK so auf sich selbst abgebildet werden, daß der innere Punkt zB, (| z0 | < 1), zum Mittelpunkt wird.
') Es sei dem Leser dringend empfohlen, sich für alle besprochenen Abbildungen einfache Zeichnungen zu muhen und dabei entsprechende Funkte, Rand- oder Gebietsteile durch gleiche Farben oder Strichelungen deutlich werden zu lassen.
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ö.Kapitel. Normalformen und besondere lineare Abbildungen. Soll z0 nach 0 kommen, so muß (nach § 18, Satz 2) der zu z0
bezüglich des Einheitskreises spiegelbildliche Punkt z¡¡= e nachoo o geworfen werden. Die gesuchte lineare Funktion hat daher notwendig die Form 1
oder
— c' îz„2 -
Der Radius des Bildkreises wird aber dann und nur dann wieder = 1 sein, wenn das Bild des Punktes 4- 1 den Betrag 1 hat, wenn also e'.1"2" ! = i-i in-1 ist. Insbesondere leistet also die Funktion t»= , zo0 — 1
das Verlangte. 5. Durch lineare Abbildung lassen sieh stets zwei Kreise, die keinen gemeinsamen Punkt haben, in zwei konzentrische Kreise verwandeln. Denn zwei solche Kreise (mögen sie einander umschließen oder nicht) lassen sich stets (und auf genau eine Art) als zwei Kreise aus einer Schar der bei Fig. 16 beschriebenen Art auffassen, d. h. es gibt genau ein Paar von Punkten und ζ2, so daß die gegebenen Kreise zu der Schar der „Kreise um ζ1 und gehören 1 ). Die Abbildung ii>= « - C i a leistet dann offenbar das Verlangte. — Endlich beweisen wir noch den Satz: 6. Das DoppelverhäUnis von vier Punkten ist dann und nur dann reell, wenn die Punkte auf einem Kreise (oder einer Geraden) liegen. Soll es nämlich reell sein, so müssen Ζ Λ Zi 1 Za Z-t arc * und arc Z— - 2 1 Si — Z3 i— 3 entweder gleich sein oder sich nur um Fig. 19. i π unterscheiden. Da aber der erste >) Man findet die ,, Grundpunkt«" Í, und Î , der Schar, indem man die Zentrale der Kreise zieht. {, und {, teilen dann d&e Paar der Schnittpunkte jedes der Kreise mit ihr harmonisch.
§23. Punktmengen.
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arc den Winkel bedeutet, um den man die von z3 nach zt führende Richtung im positiven Sinne drehen muß, bis sie in die von zi nach z4 führende übergeht, und da der zweite arc eine analoge Bedeutung hat, lehren die elementaren Sätze über Umfangswinkel die Richtigkeit des Satzes (s. Fig. 19), — mag das Punktepaar z2, z4 durch das Paar z„ z3 getrennt werden oder nicht. Dritter Abschnitt.
Mengen und Folgen. Potenzreihen. 6. Kapitel.
Punkt- und Zahlenmengen. § 23.
Punktmengen.
Wenn man aus der Gesamtheit aller komplexen Zahlen nach irgendeinem Gesichtspunkt endlich oder unendlich viele aussondert, so bilden diese eine Zahlenmenge, die entsprechenden Punkte eine P u n k t m e n g e 1 ) . Eine solche Menge 2JI sieht man als gegeben oder definiert an, wenn der aussondernde Gesichtspunkt so gefaßt ist, daß von jeder Zahl feststeht, ob sie zur Menge gehört oder nicht, und wenn nur das eine oder das andere möglich ist. Die einzelnen Zahlen (Punkte) der Menge werden ihre Elemente genannt. Dabei ist zugelassen, daß der aussondernde Gesichtspunkt so gefaßt ist, daß es keine Zahl der betreffenden Art gibt — man spricht dann von der l e e r e n M e n g e — oder daß a l l e Zahlen dazugehören. — Einfache B e i s p i e l e von solchen Mengen sind die folgenden: 2JI,. Alle komplexen Zahlen, bei denen R«al- und Imaginärteil ganzzahlig sind. Die Punkte dieser Menge nennt man die Gitterpunkte der Ebene. 2Rj. Alle komplexen Zahlen, bei denen Real- und Imaginärteil rational sind. ro3. Alle reellen Zahlen. ' ) Z u Ver&iiBchaulichung benutzen wir In diesem Kapitel nur die E b e n e · Der Punkt OD BOU einstweilen nicht benutzt werden.
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G.Kapitel. Punkt-und Zahlenmengen.
5DI-. Alle Zahlen der Form 1 4- i , bei der » eine natürliche * M Zahl ist.
1 m
i η
SK«. Alle Zahlen der Form — | — . b e i der m und η natürliche Zahlen sind. 2JI,. Alle komplexen Zahlen z, für die | ζ | < 1 ist. Die in § 13,4. bis 8. behandelten Beziehungen definieren je eine bestimmte Punktmenge.
Eine Menge 2JI heißt beschränkt, wenn es eine positive Zahl Κ gibt, so daß „für alle ζ der Menge" (d. h. für jede Zahl z, die zu 2S gehört) ist. Eine solche Zahl Κ heißt dann eine S c h r a n k e für die (Beträge der Zahlen der) Menge. Andernfalls heißt SDÌ nicht beschränkt. Die 4., 5. und 6. der als Beispiel gegebenen Mengen ist beschränkt, die andern sind es nicht. Die Gesamtheit der Punkte, die nicht zu 9JI gehören, bilden die K o m p l e m e n t ä r m e n g e zu SR. Hat ein Punkt ζ der Ebene die Eigenschaft, daß in jeder ε-Umgebung (s. § 13, 6.) von ihm unendlich viele Punkte der Menge 2JI liegen, so heißt ζ ein Häufungspunkt von SR. SOtj hat keinen Häufungspunkt, für 2JL, ist j e d e r Punkt der Ebene Häufungspunkt. 2R4 hat den Punkt -f- 1 als Häufungst 1 punkt; 9Jl£ den Punkt O und alle Punkte der Formen — und — m η (m, η natürliche Zahlen). Für SDtg ist jeder Punkt ζ mit | ζ 1 1 ein Häufungspunkt. In §§24 und 25 werden wir den wichtigen Bolzano· Weierstraßschen Satz beweisen: Satz. Jede beschränkte unendliche (d. h. aus unendlich vielen Punkten bestehende) Punktmenge hat mindestens, einen Häufungspunkt. Ein zu 9R gehöriger Punkt heißt „ i s o l i e r t " , wenn in einer ε-Umgebung desselben kein weiterer Punkt von 9JI liegt.
§ 24. Reelle Zahlenmengen.
73
Er heißt ein innerer Punkt von 2K, wenn eine ε-Umgebung desselben ganz zu 2Jt gehört. SDtj, 3R4 und S0?5 bestehen nur au,8 isolierten, bestellt nur aus inneren Punkten. Ein Punkt ζ der Ebene (er mag zu 9)1 gehören oder nicht) heißt ein Randpunkt von 2R, wenn in jeder ε-Umgebung von ihm mindestens ein Punkt liegt, der zu 9ft gehört, und mindestens einer, der nicht zu SDl gehört. Alle als Beispiele gegebenen Mengen, außer SR,, bestehen nur aus Randpunkten. Für 2Rg sind die Punkte ζ mit | ζ | = 1 Randpunkte und nur diese. Eine Menge heißt abgeschlossen, wenn alle ihre Häufungspunkte zu ihr gehören; sie heißt offen, wenn sie nur ails· inneren Punkten besteht. 3Rj und SDÎ3 sind abgeschlossen, die übrigen Beispielmengen sind es nicht ; 9J?„ ist offen. § 24. Reelle Zahlenmengen. Beschränkt man sich bei den Betrachtungen des vorigen Paragraphen auf die Gesamtheit der reellen Zahlen, so gelangt man entsprechend zu dem Begriff der reellen Zahlenoder Punktmengen. Die Definitionen bleiben wesentlich dieselben. Es ist nur zu beachten, daß unter der Komplementärmenge von 2JI nur die Menge aller reellen Zahlen zu verstehen ist, die nicht zu 3)1 gehören, und daß unter der ε-Umgebung einer reellen Zahl ξ nur die reellen Zahlen χ zu verstehen sind, für die | χ — ξ \ < ε ist. Hiervon abgesehen bleiben alle Erklärungen genau dieselben1). Doch ergeben sich einige neue Einzelheiten, weil die reellen Zahlen eine geordnete. Menge bilden: Eine reelle Menge heißt nach links beschränkt, wenn es eine Zahl Kt gibt 2 ), so daß für alle χ der Menge χ S: K¡ ist. Sind alle χ^ Kr, so heißt die Menge nach rechts be') metige plexen ')
Doch ist za beachten, daß jede reelle Menge auch als komplexe Zahlenaufgefaßt werden k a n n , da die reellen Zahlen Im System der komZahlen enthalten sind. Die „Zahlen" sollen in diesem Paragraphen stets reelle Zahlen sein.
74
6. Kapitel. Punkt- und Zahlenmengen.
s c h r ä n k t . K{ heißt eine linke oder u n t e r e , KT eine r e c h t e oder obere Schranke. Jene kann durch jede kleinere, diese durch jede größere Zahl ersetzt werden, aber nicht umgekehrt. Unter allen unteren Schranken gibt es aber eine größte, d. h. es gibt eine Zahl γ mit den beiden Eigenschaften: 1. Links von γ liegt kein Punkt der Menge; kurz: es ist kein x < y . 2. Links von jeder größeren Zahl liegt m i n d e s t e n s ein Punkt der Menge; oder also: Für jedes ε > 0 ist m i n d e s t e n s ein χ < γ + ε. Diese Zahl γ heißt die untere Grenze der Menge (abgekürzt: fin inf, d. h. finis inferior, oder fin). Wir beweisen also den Satz 1. Jede nach links beschränkte (nicht leere) Menge 3JÌ besitzt eine wohlbestimmte untere Grenze γ — fin SR. Beweis. Man teilt die Gesamtheit aller reellen Zahlen in zwei Klassen 9t, 9Γ. In die Klasse 3t tut man alle reellen Zahlen a, für die kein χ < α, in die Klasse 9t' dagegen jede Zahl a', für die m i n d e s t e n s ein x < a ' ist. Nach Voraussetzung sind beide Klassen nicftt leer. Es ist auch immer a < a', weil andernfálls ein χ < a wäre. Ist γ die durch diesen Schnitt definierte reelle Zahl, so ist y die untere Grenze von 2JÌ. Denn eine reelle Zahl y 0, so gehört γ + e zu 2t', und es gibt daher m i n d e s t e n s ein x< γ + ε, w. ζ. b. w. Entsprechend definiert man als die obere Grenze einer Menge (fin eup, d. h. finis superior, oder fin) die Zahl y mit den beiden Eigenschaften: 1. Es ist k e i n χ ~>y'. 2. Wie auch ε > 0 gewählt wird, es ist m i n d e s t e n s ein χ > γ' — ε. — Über sie gilt der analog zu beweisende
§ 24. Reelle Zahlenmengen. Satz 2.
75
Jede nach rechts beschränkte (nicht leere) Menge
3)1 besitzt eine bestimmte
obere Grenze y' — fin 3JÎ.
Eine beiderseits beschränkte Menge besitzt also eine bestimmte untrere und eine bestimmte obere Grenze. Beide Zahlen brauchen nicht selbst Punkte der Menge zu sein. Ist eine Menge nach links nicht beschränkt, so sagt man auch, ihre untere Grenze sei —oo; ist sie nach rechts nicht beschränkt, so sagt man entsprechend, ihre obere Grenze sei + 0 0 . Wir können jetzt im Reellen den schon in § 23 genannten B o l z a n o - W e i e r s t r a ß s c h e n Satz beweisen. Der Beweis verläuft ganz ähnlich wie der eben durchgeführte: Man teile wieder die Gesamtheit aller reellen Zahlen in zwei Klassen 3t, 2t'. In die Klasse 91 tue man jede Zahl a, links von der keine oder höchstens endlich viele Punkte der Menge liegen: höchstens endlich v i e l e a ; < a . In die Klasse 31' tue man jede Zahl a', links von der unendlich viele Zahlen der Menge liegen: u n e n d l i c h viele x < a ' . Man überzeugt sich sofort, daß diese Einteilung wieder einen Dedekindschen Schnitt darstellt. Es sei μ die dadurch definierte Zahl. Dann gehört aber μ— ε zu 3t; es liegen also links von μ — ε höchstens endlich viele Punkte der Menge. Dagegen gehört μ + ε zu 2t', und es sind daher unendlich viele χ der Menge < μ + ε. Also müssen zwischen μ — ε und μ + ε unendlich viele χ der Menge liegen, d. h. μ ist ein Häufungspunkt der Menge. Da links von μ — ε höchstens endlich viele Punkte der Menge liegen, so liegt dort sicher kein weiterer Häufungspunkt mehr, d. h. μ ist der am w e i t e s t e n links gelegene (der k l e i n s t e ) Häufungspunkt der Menge und wird darum als u n t e r e H ä u f u n g s g r e n z e , kürzer als unterer Limes (limes inferior; abgekürzt: lim inf oder lim) bezeichnet.
76
6. Kapitel. Punkt- und Zahlenmengen.
Ganz ebenso beweist man, daß es einen am weitesten rechts gelegenen (größten) Häufungspunkt μ' gibt, den man die obere H ä u f u n g s g r e n z e oder den oberen Limes (limes superior, lim sup, lim) nennt. Ër hat die beiden ihn charakterisierenden Eigenschaften: 1) Es gibt höchstens endlich viele χ > μ' + ε. wie auch die 2) Es gibt unendlich viele χ>μ'—ε, positive Zahl ε gewählt werden mag. Es ist ersichtlich stets μ s ï μ'. Beide Punkte brauchen nicht zur Menge zu gehören. Sie heißen zusammen d i e H a u p t l i m i t e s d e r Menge. Ist eine Menge nach links nicht beschränkt, so bezeichnet man —oo als ihren unteren Limes; ebenso + o o als ihren oberen Limes, wenn sie nach rechts nicht beschränkt ist. Ist schließlich die Menge zwar nach rechts, aber nicht nach links beschränkt und hat sie im Endlichen ü b e r h a u p t k e i n e n Häufungspunkt, so wird man sinngemäß — oo auch als ihren lim sup und in dem „spiegelbildlichen" Falle + oo als ihren liminf ansprechen. Die Menge der reellen Zahlen, die zwischen zwei reellen Zahlen a und b, (α < i), liegen — sie erfüllen eine Strecke der Zahlengeraden —, nennt man das Intervall α . . . b. Es heißt a b g e s c h l o s s e n oder o f f e n , je nachdem die Endpunkte ihm zugerechnet werden oder nicht. Das erstere bezeichnet man mit 0 für unendlich viele ζ der Menge ξ — ε 0 beliebig gegeben, so gehört η + ε zur Klasse SB'; es gibt also einen ε'-Streifen um ξ mit 0 < ε' < ε, so daß in ihm nur endlich viele ζ der Menge einen imaginären Teil 3(2) > »7 + ε haben. Da aber η —ε zu SB gehört, gibt es dort unendlich viele 2 mit 3(2) > η—ε. Daher liegen unendlich viele ζ der Menge in dem Bechteck Í — e ' < R ( e ) < f + e', η —ε < 3(e) n^ \tn — ? » J < 1 und also | zn | < | zni | + 1 ist. Die größte der Zahlen K l , ¡ s2U • · -, I ^ - í l , |« n J + 1 ist also eine Schranke für die Menge. Nach dem BolzanoWeierstraßschen Satz hat also (zn) mindestens einen Häufungspunkt ζ. Hätte sie nun noch einen zweiten Häufungspunkt ζ' Φ ζ, so wäre ε = | ζ' — ζ \ eine positive Zahl, ö und es lägen unendlich viele zn in der ε-Umgebung von ζ, unendlich viele andere in der ε-Umgebung von ζ'. Oberhalb j e d e r Zahl n0 gäbe es also noch ein η und ein w+p, so daß I zn+p—zn I > ε wäre, entgegen der Voraussetzung. Also ist ζ der einzige Häufungspunkt. Bei beliebigem ε > 0 gilt daher I zn — CI < ε für fast alle w, es strebt zn~* ζ, w. z. b. w. Jede Zahlenfolge, die n i c h t konvergiert, wird divergent genannt. Konvergiert eine Zahlenfolge gegen 0, ?„-»• 0, so nennt man sie eine Nullfolge. Über das Rechnen mit konvergenten Zahlenfolgen gelten die folgenden einfachen, aber wichtigen Sätze, die genau wie im Reellen bewiesen werden: Satz 2. Strebt die Folge ?„->· ζ, die Folge z^—· ζ' und sind e, c' zwei beliebige komplexe Zahlen, so ist auch, die Folge (w„) mit den Gliedern wn = czn-\-c'z'n konvergent, und es strebt Wn^cC + c'?. Satz 3. Unter denselben Voraussetzungen wie heim vorigen Satz ist auch die Folge (wn) mit den Gliedern wn = znz'n konr vèrgetti, und es strebt υ:η->ζζ'. Satz 4. Strebt zn~* ζ, sind alle zn φ 0 und ist auchζ φ 0,
§ 27. Zahlenfolgen mit reellen Gliedern.
81
so ist auch die Folge (icM) mit den Gliedern w„ = — konvergent, und es strebt wn~* —. Satz 5. Streit ζ„-*ζ und ist (ζή) eine Teüfolge1) Folge (zn), so strebt auch ζή~>·ζ·
der
§ 27. Zahlenfolgen mit reellen Gliedern. Sind alle Glieder einer Zahlenfolge reell, so nennt man sie kurz eine reelle Zahlenfolge. Da diese als Sonderfall unter den „komplexen" Zahlenfolgen enthalten sind, so sind die Betrachtungen des vorigen Paragraphen auch für diese reellen Zahlenfolgen (xn) gültig. Im Anschluß an § 24 ergeben sich hier aber einige weitere Einzelheiten: Eine nach links beschränkte Zahlenfolge (z n ) hat eine wohlbestimmte untere Grenze γ, die durch die beiden Bedingungen charakterisiert ist, daß kein xn < γ, aber bei beliebigem ε > 0 mindestens ein χ* < γ + ε ist. Entsprechendes gilt für die obere Grenze γ'. Ebenso hat sie einen wohlbestimmten unteren Limes μ, in Zeichen lim inf xn = μ oder lim x^ = μ, der die beiden Bedingungen erfüllt, daß bei jedem e > 0 höchstens endlich viele x n < μ — ε, aber unendlich viele xn < μ + ε sind. Und Entsprechendes gilt für den lim sup x n oder lim xn = μ'. Auch wann eine der vier nun genannten Zahlen = i oo zu setzen ist, ist nach § 24 ohne weiteres verständlich. Die reelle Zahlenfolge (xn) ist offenbar dann und nur dann konvergent, wenn μ = μ' und der gemeinsame Wert endlich ist; dieser bildet den Grenzwert der Folge. >) Ist *„ t, in,... Irgendeine wachsende Folge natürlicher Zahlen e i ne Te i I folge von (2 ). eoheiDt die Folge (z' ) mit den Gliedern z' = η η κn η
82
7. Kapitel. Zahlenfolgen. Unendliche Reihen.
Eine reelle Zahlenfolge (a;„) heißt monoton wachsend, wenn stets xn 5Ξ Xn+i ist, monoton fallend, wenn stets xn x n +i ist· Für diese gilt der wichtige Satz 1. Eine monoton wachsende Zahlenfolge ist dann und nur dann konvergent, wenn sie nach rechts beschränkt ist; eine monoton fallende dann und nur dann, wenn sie nach links beschränkt ist. Denn ihr lim sup bzw. ihr lim inf ist offenbar ihr einziger Häufungswert. Er gibt also auch den Grenzwert an. Nunmehr können wir auch dem Dedekindschen Schnitt eine für die Anwendungen oft handlichere Form geben: Es sei (an) eine reelle, monoton wachsende Zahlenfolge und (o¿) eine reelle, monoton fallende Zahlenfolge. Überdies sei stets an< a'n. Endlich strebe a'n — an — £„-» 0. Da dann das Intervall (a n , a'n) das nächste Intervall enthält, so sagt man kurz, es liege eine Intervallschachtelung vor. (Die Längen ln ihrer Intervalle bilden eine Nullfolge.) Von ihr gilt das folgende Prinzip der Intervallschactatelung : Satz 2. Es gibt stets einen und nur eimn Punkt, der allen Intervallen einer Intervallschachtelung angehört. Denn nach dem vorigen Satz sind die Folgen (a„) und (a'n) konvergent. Sind λ und λ' ihre Grenzwerte, so ist λ λ' (warum ?) und überdies für jedes η On ig λ 5g λ' :g αή und λ' — λ^ ln. Also ist λ' = A, und dieser Punkt gehört allen Intervallen an. Eine von λ verschiedene Zahl λ* kann aber nicht auch allen Intervallen angehören, weil sonst die Länge aller Intervalle mindestens gleich dem (positiven) Abstand von λ und λ* sein müßte, während doch die Längen ^- S l ~ C0 Cl> S2 = e0 CJ "I" C2 und allgemein (1) s«=Co + c iH Hc„, (w=0,l,2,...), eine neue Zahlenfolge (s„) hergeleitet wird. Diese bezeichnet man dann kurz durch das Symbol OD (2) Σ cn oder einfach 2¡cn n=0 und nennt sie eine unendliche Reihe, die c„ ihre Glieder, die s n ihre Teilsummen. Das Symbol (2) bedeutet also die Folge der Teilsummen (1). Ist diese letztere konvergent (bzw. divergent), so nennt man auch die Reihe (2) konvergent (bzw. divergent). Im ersten Falle wird der Grenzwert s von s„ als der Wert oder als die Summe der Reihe (2) bezeichnet. Das Zeichen (2) wird dann auch als Zeichen für die Zahl s selbst benutzt: (3)
Í c „ = s. n—0 Das Cauchyscke Konvergenzprinzip des § 26 liefert hier sofort den Satz 1. Die Reihe Σ cn ist dann und nur dann konvergent, wenn nach Wahl von ε sich stets eine Stelle n0 = Μ0(ε) so angeben läßt, daß für alle η > n0 und alle ρ > 0 (4) |C»+i + Cb+2H Μ»+Ρ| ν > 1 ist oder wenn lim λ > 1 ist. (6) ?" ~~ 4. 2cn ist absolut konvergent, wenn für ein festes positives γ < 1 von einer Stelle ab η η (7) y K l ^ y < ι ist oder wenn lim j / 1 cn | = A < 1 ¿sí. Dagegen ist Σ cn divergent, wenn für unendlich viele η (8) / I cn I S; 1 oder wenn lim j/ | cn | = λ > 1 ist. Denn in beiden Fällen bilden die en keine Nullfolge. — Die Kriterien 3. nennt man Quotientenkriterien, die Kriterien 4. Wurzelkriterien. II. Auch die Regeln für das Rechnen mit konvergenten Reihen sind formal die gleichen wie im Reellen und folgen wie diese aus den entsprechenden Regeln für das Rechnen mit konvergenten Zahlenfolgen: 1. Sind Σ c„ und Σ c* zwei konvergente Reihen mit dm Summen s und s' und sind c und e' zwei beliebige komplexe Zahlen, so ist auch die Reihe
Σ sowie die ohne Klammern
(cc« + C'c'J angesetzte Reihe
cc 0 +c'ci+cc 1 +c'ci+cc 2 + . . . konvergent und beide haben die Summe cs-\-c's'. (Beweis nach § 26, Satz 2 und § 28, Satz 2.) Man sagt, daß man konvergente
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7. Kapitel. Zahlenfolgen. Unendliche Reihen.
Reihen gliedweise mit einer K o n s t a n t e n m u l t i p l i zieren und daß man sie gliedweise a d d i e r e n darf. Ist (kn) eine Folge natürlicher Zahlen, in der jede natürliche Zahl (evtl. auch die 0) ein- und nur einmal vorkommt, so nennt man die Reihe J£c'n mit = ckn eine Umordnung der Reihe Σ ο η . Über diese gilt 2. 1st die Reihe J£c n absolut konvergent mit der Summe s, so ist auch jede Umordnung Σc'n derselben absolut konvergent und hat dieselbe Summe s1). Beweis. Wird ε > 0 beliebig gegeben, so läßt sich nach Voraussetzung m so wählen, daß für jedes ρ (9) l n 0 ist also | s„ —sn | < ε. Es strebt (s'„—s„)->· 0 und folglich s n = s„+(s^—s„) s, d. h. auch Σc'n ist konvergent und hat die Summe s. Ebenso ist mit Σ Kl auch Σ\ε'η\ konvergent, also Σο'„ absolut konvergent. 2a. Ist Σ^η absolut konvergent, so ist auch jede Teilreihe e,¿-\-ev + ... +c,,n+ ... , (0 vB < V]_ < ... ), absolut konvergent. 3. Es seien jetzt Σΐη und Σο'η irgend zwei unendliche Reihen. Wir bilden die Produkte ckc\, (i = 0,1, 2 , . . . , I = 0 , 1 , 2 , . . . ) , je eines Gliedes der ersten mit je einem Gliede der zweiten Reihe. Diese Produkte kann man in der mannigfachsten Weise zu einer einfachen Folge (pn) anordnen. Dazu ordne man die Produkte zunächst wie bei einer Determinante ') Ohne Beweis sei hinzugefügt, daß f ü r Reihen, die nur bedingt konvergieren, dieser Satz n i c h t gilt.
§28. Unendliche Reihen.
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{k = Zeilennummer, l— Spaltennummer) an: CjCQ, CJCJ, CJCJ, . . . ·
·
·
Die A n o r d n u n g n a c h S c h r ä g l i n i e n erhält man dann, indem man die Produkte hinschreibt, für die k + l der Reihe nach die Werte 0,1, 2 , . . . hat, jede Schräglinie etwa von oben nach unten durchlaufend. Die A n o r d n u n g n a c h Q u a d r a t e n bekommt man, indem man die diesen Schräglinien entsprechenden Quadrate der Reihe nach heranzieht, d. h. die Produkte, für die k u n d t= 0, 1, 2 , . . . sind. Jede so erhaltene Reihe Σ ρ η heißt eine Produktreihe der beiden Reihen Σ cn und Σο'η. Von diesen gilt: Sind die Reihen Σ cn wnd Σο'η leide absolut konvergent und sind s und s' ihre Summen, so ist auch jede Produktreihe derselben absolut konvergent und hai die Summe ss'. B e w e i s . Es ist offenbar iPol + IPxl + · · · + |p„| ^ ( l g + · · • + k j ) (|c¿¡ + . · . + 1 4 1 ) , wenn nur m groß genug genommen wird. Die Folge der Teilsummen von Σ |p n | ist also beschränkt und folglich Σ pn absolut konvergent. Wegen 2. hat also jede Produktreihe dieselbe Summe S, da sie voneinander nur Umordnungen sind. Bedeutet aber (p n ) insbesondere die Anordnung nach Quadraten, so ist ( c „ + c i + • · · + *») W + C Í + - - - + 0 = Po + Pl Η l· P(n+1)'-1Für η -*co folgt hieraus (unter Benutzung der Sätze 3 und 5 aus § 26) S= ss'. 4. Faßt man bei einer konvergenten unendlichen Reihe Σ cn mit der Summe s aufeinanderfolgende Glieder in beliebiger Weise durch eine Klammer zu je einem neuen Gliede zusammen, bildet also etwa die Reihe
88
7. Kapitel. Zahlenfolgen. Unendliche Reihen.
(c0 + r, im Falle / i = + o o auch nur ζφζ 0 , so ist der in Rede stehende lim > 1 bzw. + 0 0 ;
es ist also sicher unendlich oft \a„(z—z0)"\
> 1, unsere Potenzreihe folglich divergent. *) H i e r wird d e r f a s t s e l b s t v e r s t ä n d l i c h e S a t z b e n u t z t , d a ß f ü r j e d e reelle Z a h l e n f o l g e ( x n ) u n d j e d e s reelle γ > 0 s t e t s l i m γ z der rechten Seite für lim x
n
=
+
n
=
γ l i m xn i s t , wofern
m ebenfalls der W e r t +
® gegeben wird.
92
8. Kapitel. Potenzreihen.
Da die behandelten drei Fälle » sich gegenseitig ausschließen und weitere Falle (wegen Jf\ä^\ 0) nicht möglich sind, so folgt noch, daß die für ihr Eintreten genannten Bedingungen nicht nur hinreichend, sondern auch notwendig sind. Die Potenzreihe (6) »! + 2oj(2 = i
z0) + • • • + na„(z
- z 0 ) n_1 + · • ·
= Σ (η + 1)α η+1 (ζ - ζ0)η η—Ο nennt man die (formal) abgeleitete Eeihe zu Σ α„(ζ— ζΛ)". It Wegen γη - 1 hat sie denselben Radius wie diese. Dasselbe gilt auch von der (formal) integrierten Reihe η—1
(7)
%
( ζ - ζ
0
% 30.
nan (ζ - ^ f -
)+ ^ ( ζ - ζ
ΰ
1
γ + · · · + - ^
ί
( ζ - ζ
0
)
η + 1
+
Das Rechnen mit Potenzreihen.
Bei den weiteren Betrachtungen wollen wir annehmen, daß z 0 = 0 ist, was offenbar keine Einschränkung bedeutet1). Nach der Regel II, 1 in § 28 folgt dann unmittelbar, daß man eine Potenzreihe gliedweise mit einer Konstanten multiplizieren und daß man zwei Potenzreihen gliedweise addieren darf, (1) ÜOnif + Hbn2» = ¿{0* + &n)2», wenn nur e für jede der Reihen im Innern des Konvergenzkreises liegt. Unter derselben Bedingung darf man auch ihr Cauchysches Produkt bilden (§ 28, II, 6): >) Denn man kann Ja (2 —t,) — z' setien und hernach den Akient wegIm teil.
§ 30. Das Rechnen mit Potenzreihen.
93
und man erkennt, daß diese Form der Produktbildung gerade für die Potenzreihen von besonderer Bedeutung ist. Durch wiederholte Anwendung ergibt sieh, daß die Potenzen einer Potenzreihe (2¡On¡^f usw. als Potenzreihen dargestellt werden können, solange ζ im Innern des Konvergenzkreises liegt. Wir setzen etwa 1 ) (3) (2 anzn)k = Σ {k= 1,2,3,... ). Um die Division von Potenzreihen zu beherrschen, genügt es, den reziproken Wert einer Potenzreihe 1 1 a0 + a^z + α,* + · · ·_ α0 χ Οχ g 5, ^ + % «0 wieder als Potenzreihe darzustellen und dabei »o=f=0 vora_ auszusetzen. Setzen wir noch — = — i n , so handelt ee
%
sich um die Aufgabe, (4)
1
als Potenzreihe darzustellen.
(5)
Setzt man
\h1z\ + \biz>\+-» = w
und i s t \ W |= c0 + ß1w + ß2w*+··· eine weitere Potenzreihe mit dem positiven Radius R, so darf man für alle z, die ihrem Beirage nach < r sind und für die noch (5") I \z I + I &2z21 + · · · < « 1 ist ), die erste Reihe in diezweite „einsetzen". Das soll heißen: Wenn man, wie eben, die Gleichungen (7) bildet, diese der Reihe nach mit ßv ßt,... multipliziert, so sind die Spaltenreihen des so entstehenden Schemas (7) wiederum konvergent. Und setzt man ihre Summen wieder = clz, c2z2,..., so ist auch die Potemreihe *) Auch dies ist f ü r alle' h i n r e i c h e n d n a h e bei 0 g e l e g e n e n P u n k t e ζ von a d bat d e r FalL
§ 31. Funktionen einer komplexen Veränderlichen.
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2
(8') c0 + cxz + C22 h für die genannten ζ konvergent. Mit Benutzung der im nächsten Kapitel genauer erläuterten Begriffe kann überdies hinzugefügt werden: Stellt (5') die Funktion f(z), (6') die Funktion g(w) dar, so stellt die Potenzreihe (8') die mittelbare Funktion g{j(z)) dar. Vierter Abschnitt.
Analytische Funktionen und konforme Abbildung. 9. Kapitel. Funktionen einer komplexen Veränderlichen. § 31. Begriff der Funktion einer komplexen. Veränderlichen. Auch der Begriff der Funktion wird im Komplexen formal genau so wie im Reellen erklärt: Ist 9K eine beliebige Punktmenge und darf ζ einen beliebigen Punkt derselben bedeuten, so heißt ζ eine (komplexe) V e r ä n d e r l i c h e oder V a r i a b l e und Sii ihr V a r i a b i l i t ä t s bereich. Besteht dann weiter eine Rechenvorschrift, auf Grund deren jedem Punkte ζ aus 2JÎ ein bestimmter neuer Zahlenwert w zugeordnet wird, so heißt w eine ( e i n d e u t i g e ) Funktion der ( k o m p l e x e n ) V e r ä n d e r l i c h e n ζ; in Zeichen (l) «=/(«), indem / (oder ein anderer geeigneter Buchstabe wie F, g, h usw.) symbolisch für die irgendwie gegebene Rechenvorschrift gesetzt wird. SDÌ heißt der D e f i n i t i o n s b e r e i c h der Funktion, ζ ihr A r g u m e n t , die Gesamtheit der den Punkten ζ zugeordneten Werte w ihr W e r t e v o r r a t . Im folgenden werden wir nur den Fall betrachten, daß 2ΪΪ
96 9. Kapitel. Funktionen einer komplexen Veränderlichen. ein Kreisgebiet oder die ganze Ebene ist (manchmal mit Ausnahme einzelner Punkte) und daß der Funktionswert w = f(z) durch einen einfachen Rechenausdruck oder als Summe einer Potenzreihe gegeben wird. Im IL Abschnitt lernten wir schon die l i n e a r e n F u n k t i o n e n kennen. Eine naheliegende Verallgemeinerung bilden die r a t i o n a l e n F u n k t i o n e n , d. h. diejenigen, bei denen die Rechenvorschrift die Variable ζ mit irgendwelchen Konstanten durch die r a t i o n a l e n Rechenoperationen verbindet und die daher auf die Form (2)
+ · · · + >,«* a0 + a i H l" a P z P gebracht werden können. Werden nur die g a n z e n Operationen benutzt, so heißt der Ausdruck eine g a n z e rationale Funktion und kann auf die Form (3) Oo + a^z + OgZ2 Η h OpZP gebracht werden. (Im V. Abschnitt werden diese und die anderen sogenannten „elementaren Funktionen" etwas näher besprochen). Jede Potenzreihe definiert in ihrem Konvergenzkreise eine Funktion der komplexen Veränderlichen z. Die geometrische Veranschaulichung einer solchen Funktion komplexen Argumentes wird im nächsten Kapitel behandelt.
§ 32. Grenzwerte von Funktionen. Ist ζ ein Häufungspunkt für die Punkte des Definitionsbereiches 2JI einer Funktion to=f(z), so sagt man — formal genau wie im Reellen —, es strebe (1) f(z)-*œ oder w-- œ für z—ζ (z auf SM) oder es sei (2) lim/(«) = « , 2—C wenn die eine oder andere der beiden folgenden Bedingungen
§ 32. Grenzwerte von Funktionen.
97
erfüllt i s t 1 ) : 1) Nach Wahl von ε > 0 läßt sich ein 5 = O so angeben, daß für alle dem Definitionsbereich von /(z) angehörenden und der Bedingung 0 < | ζ — ζ \ < δ genügenden Werte von ζ stets (3) |/(ζ)-ω| gleich ein und derselben Konstanten e setzt, so sagt man, es sei f(z) i d e n t i s c h gleich e oder i d e n t i s c h k o n s t a n t . Für diese Funktion ist natürlich auch lim f(z) = c für ζ -*ζ und dies an jeder Stelle f . 2) Ist f(z) = z für jedes z, so ist für diese Funktion offenbar lim = C an jeder Stelle ζ. 3) Durch mehrmalige Anwendung von II folgt nun, daß auch die ganzzahlige Potenz a* an jeder Stelle ζ für z-* ζ den Grenzwert {*hat: für ζ - * ς . 4) Durch Anwendung von I und II folgt aus diesen Beispielen weiter, daß, wenn f(z) = α, + o t « Η + ap zp eine beliebige ganze rationale Funktion ist, für jedes ζ die Beziehung gilt um ( m = m . Z-+ 6) Durch Anwendung von III folgt hieraus schließlich, daß, wenn g(z) = i 0 + Η eine zweite ganze rationale Funktion ist, für jedes ζ, f ü r das {(ζ) Φ 0 i s t , die Beziehung gilt lim o M 9(£) m mr
99
§33. Stetigkeit.
Eine rationale Funktion hat also bei Annäherung von ζ an jede Stelle ζ, an der ihr Nenner nicht verschwindet, den dortigen Funktionswert zum Grenzwert.
§ 38.
Stetigkeit.
Der bei dem letzten Beispiel angetroffene Fall ist besonders wichtig. Wir legen ihn durch eine besondere Erklärung fest: Erklärung. 1) Eine Funktion f(z) heißt an einer inneren Stelle ζ ihres Definitionshereiches stetig, wenn lim/(«)=/(£) Z-+Í
ist. — Benutzt man die beiden Erklärungen des Grenzwertes aus § 32, so kann man auch sagen, daß /(z) an der Stelle ζ stetig heißt, wenn die eine oder die andere der beiden folgenden (äquivalenten) Bedingungen erfüllt ist: 2) Jedem ε > 0 läßt sich ein δ — δ (ε) > 0 so zuordnen, daß für alle ζ mit | z— ζ \ < δ stets I/(*)-/(£) 1 < ε ist 1 ). 3) Für j e d e dem Definitionsbereich von /(z) entnommene Zahlenfolge (z„) mit ζη-+ζ streben die zugehörigen Funktionsweise / ( z „ W ( C ) . Auf Grund der Beispiele des vorigen Paragraphen können wir sofort sagen: Die rationalen Funktionen sind an jeder Stelle stetig, an der ihr Nenner nicht verschwindet. Die ganzen rationalen Funktionen sind überall stetig. Ebenso folgt aus den Regeln I bis I I I (§ 32) sofort: Sind die beiden Funktionen / t (z) und / a (z) an der Stelle ζ stetig, so sind auch die Funktionen < * / i W + */.(«).
/i(*)·/*(*)
und
m
an dieser Stelle ζ stetig, — die letzte jedoch nur dann, wenn /2(0=Mist.
1 ) D. h. also: Für ein z, dea (hinreichend) nahe bei ζ liegt, unterscheiden Bich die Funktionawert« /(z) und /({) um beliebig wenig. 4*
100 9. Kapitel. Funktionen einer komplexen Veränderlichen. § 84. Diiïerenzierbarkeit. Als in vieler Beziehung wichtigsten Begriff übertragen wir schließlich den der D i f f e r e n z i e r b a r k e i t auf die Funktionen komplexen Argumentes: Erklärung. 1) Eine Funktion w= f(z) heißt an einer inneren Stelle ζ ihres Definitionsbereiches differenzierbar, wenn der Grenzwert (1)
lim 0(fer (tü=/(C)), z-+{ 2 — ζ ζ-*ζ ζ —ς existiert. Semen Wert nennt man die Ableitung oder den Differentialquotienten der Funktion f(z) an der Stelle ζ und bezeichnet ihn mit
ϊ · !")· Unter Benutzung der beiden Bedingungen für die Existenz eines Grenzwertes aus § 32 können wir auch sagen, eine Funktion w = f(z) heißt an der Stelle ζ diöerenzierbar, wenn die eine oder andere der beiden folgenden Bedingungen erfüllt ist: 2) Es existiert eine Zahl ω', so daß jedem ε > 0 ein ó = ò (ε) > 0 so zugeordnet werden kann, daß für alle z mit 0 < \ ζ — ζ \ < δ stets m - m •ω < ε ' - ζ ausfällt. 3) Es existiert eine Zahl ω', so daß für j e d e dem Definitionsbereich von f(z) entnommene und gegen ζ strebende Zahlenfolge (z n ), deren Glieder alle Φ ζ sind, die Folge der Differenzenquotienten wn — ω rω *» — ζ strebt. ') Bei den letzten drei Becelchnungen muS die Stelle ? = { dann noch hinzugefügt werden oder aus dem Zusammenhang heraus bekannt sein.
§ 34. Differenzierbarkeit.
101
Da diese Erklärung der Differenzierbarkeit formal genau dieselbe ist wie im Reellen und weil das Rechnen mit Zahlenfolgen und Grenzwerten sich genau wie dort vollzieht, so ist auch der Beweis für die folgenden Grundregeln der Differentialrechnung genau der gleiche wie im Reellen: Sind die beiden Funktionen / x (z) und / 2 (z) an der Stelle ζ differenzierbar, so ist auch I. die Funktion f ( z ) = c 1 f 1 ( z ) + c2 / 2 (a) an der Stelle ζ differenzierbar, und es ist /'(0=«ι/ί(0 + also (5) / ( « ) =
=
i a ^ - H s - ^ r >o OB
Σα, i + r k -
n=0
1
+
Denkt man sich die Glieder dieser Beihe so untereinander geschrieben, daß die dieselbe Potenz von (z—zj enthaltenden Summanden untereinander stehen, so erhält man ein Schema wie in § 28, II, 6, dessen Zeilensummen dann eben die Glieder der Beihe (5) sind. Die ic-te Spaltenreihe aber hat gerade die Summe 6j(z — Zj)*, wofern b¡, die in (4) angegebene Bedeutung hat. Der angeführte Satz aus § 28
§ 86. Durch Potenzreihen dargestellte Funktionen.
105
würde also unmittelbar die behauptete Gleichung f(t)=¿h(z-zl)k
(6)
beweisen, falls die Voraussetzungen zur Anwendung jenes Satzes erfüllt sind. Das ist aber der Fall. Denn ersetzt man in dem erhaltenen Schema alle Elemente durch ihre Beträge, so ist die η-te Zeilensumme = | a n \ [\z1\ + | ζ — z1 []". Die Summe über diese Zeilensummen, also die Reihe ist aber noch konvergent, wenn nur \zi\-\- \ z — zx\ < r oder I ζ — z11 < r — | ζτ \ ist. Damit ist alles bewiesen, einschließlich des Zusatzes, daß die Entwicklung (6) einen Radius rx ^ r — | zl | hat. Satz 4. Die durch (2) dargestellte Funktion ist an jeder (inneren) Stelle zx ihres Konvergenzkreises stetig. Beweis. In einer Umgebung von z1 wird f(z) auch durch die Reihe (6), also wieder durch eine Potenzreihe dargestellt. Da diese nach Satz 1 eine in ihrem Mittelpunkt zx stetige Funktion darstellt, so ist f(z) in z1 stetig. Satz δ. Die durch (2) dargestellte Funktion ist an jeder Stelle zx ihres Konvergenzkreises differenzieriar, und die dortige Ableitung kann durch gliedweise Differentiation geivonnen werden, d. h. es ist (7)
fM
= Σηαηζ\~Χ n=l
= J (η + 1 )an+1zn1. n=0
Beweis. Nach (6) ist z — zx Hieraus folgt, da die rechts stehepde Potenzreihe eine in ζΎ stetige Funktion darstellt, unmittelbar die Behauptung: ®
f ( h ) = h = «bQ ·ΣΛ η + i K + i 2 " ·
106 10. Kapitel. Analytische Funktionen und konforme Abbildung. Satz 6. Die durch (2) dargestellte Funktion ist an jeder Stelle 2j ihres Konvergemkreises beliebig oft differenzierbar und es tst für k = 1, 2 , 3 , . . . /»>(*) = klbt = i Ί η + 1) (η + 2) . · · ( « + i ) Β—O oder, übersichtlicher geschrieben,
(8) Beweis. Für jedes | ζ | < r ist nach Satz 5 / ' ( * ) = η—0 i>-f-l)an+l2«. Die Ableitung f (z) wird also wieder durch eine Potenzreihe mit demselben ELadius dargestellt. Nach demselben Satz 5 ist also / " (2) = J o ( « + 1) (» + 2) a n + 2 z», usw. Setzt man schließlich die in (8) erhaltenen Werte für in die Reihe (6) ein, so erhält man die sogen. Taylorsche Reihe, d. h. den Satz 7. Die durch (2) dargestellte Funktion läßl sich für eine Umgebung jedes (inneren) Punktes zx ihres Konvergemkreises durch die Potemreihe
/ M - á ^ f r - t f
darstellen. — Die bedeutsamsten Beispiele zu diesen Sätzen bringt der V. Abschnitt.
10. Kapitel. Analytische Funktionen und konforme Abbildung. § 36. Analytische Funktionen. Während die vorangehenden Dinge eine genaue Übertragung der entsprechenden Betrachtungen im Reellen dar-
§36. Analytische Funktionen.
107
stellen, tritt nach Einführung der Differenzierbarkeit ein tiefgehender Unterschied zwischen den Funktionen reellen und denen komplexen Argumentes auf: Während bei Funktionen f(x) einer reellen Veränderlichen aus der Tatsache, daß sie differenzierbar ist, gar nichts über die etwaigen höheren Ableitungen zu folgen braucht — die erste Ableitung f (a;) braucht bekanntlich nicht wiederum differenzierbar, ja nicht einmal stetig zu sein —, zeigt sich bei Funktionen f(z) einer komplexen Veränderlichen, daß aus der Existenz einer ersten Ableitung ganz von selbst die E x i s t e n z aller h ö h e r e n Abl e i t u n g e n folgt. Genauer formuliert, gilt der Satz. Wenn eine Funktion f(z) in einem Gebiete erklärt ist und wenn sie dort eine Ableitung f ( z ) hat, so besitzt sie dort auch alle höheren Ableitungen f" (z), / " ' (z), (Unter einem G e b i e t e versteht man dabei eine offene und z u s a m m e n h ä n g e n d e Punktmenge, d.h. eine offene Punktmenge, bei der man je zwei ihrer Punkte durch einen Streckenzug verbinden kann, der ganz in der Punktmenge verläuft.) Diesen Satz können wir hier nicht beweisen. Er liegt ziemlich tief und kann erst bei weiterem Ausbau der Funktionentheorie mit Hilfe ihrer Integralrechnung bewiesen werden 1 ). Er läßt es aber verständlich erscheinen, daß man die in Gebieten differenzierbaren Funktionen mit einem besonderen Namen belegt hat: Erklärung. Eine in einem Gebiete differemierbare Funktion f(z) wird eine dort reguläre analytische (oder auch nur: reguläre, oder nur: analytische) Funktion genannt. Das betreffende Gebiet heißt ein Regularitätsgebiet der Funktion. Von jedem einzelnen Punkte desselben sagt man, daß die Funktion in ihm regulär sei. Die rationalen Funktionen sind in der ganzen Ebene, von der die Nullstellen ihres Nenners ausgeschlossen sind, regulär. ') Vgl. F k t t h . I, § 19.
108 10. Kapitel. Analytische Funktionen und konforme Abbildung Jede Potenzreihe stellt im Innern ihres Konvergenzkreises eine analytische Funktion dar; dieser ist ein Regularitätsgebiet f ü r die dargestellte Funktion.
§ 37. Konforme Abbildung. Den Verlauf einer reellen Funktion y— f{x) einer reellen Veränderlichen kann man sich in bekannter Weise durch ihr geometrisches Bild in einer aiy-Ebene veranschaulichen. Bei einer Funktion komplexen Argumentes w = / ( z ) ist etwas Entsprechendes nicht ohne weiteres möglich, da ζ und w je zwei Koordinaten haben. Man behilft sich dadurch, daß man zwei Ebenen, eine ε-Ebene und eine w-Ebene, benutzt. In der ersten markiert man den Punkt ζ, in der zweiten den ihm durch die Funktion zugeordneten Punkt w = f ( z f ). Dadurch wird jedem Punkt des Definitionsbereiches SDÌ von f(z) ein B i l d p u n k t w zugeordnet, kurz: D e r B e r e i c h 2R w i r d auf d i e w - E b e n e a b g e b i l d e t . Für die linearen Funktionen ist uns diese Abbildung schon vertraut (s. II. Abschnitt). Wir wollen jetzt für beliebige Funktionen u>= f(z) feststellen, was den Eigenschaften der Stetigkeit und der Differenzierbarkeit bei der Abbildung entspricht. Die S t e t i g k e i t einer Funktion w = f(z) an einer Stelle ζ ist sehr leicht geometrisch zu deuten. Die zweite Form der in § 33 gegebenen Erklähing besagt offenbar dies: Wenn man um den Bildpunkt ω= / ( f ) des Punktes ζ einen (beliebig kleinen) Kreis mit dem Radius ε > 0 beschreibt, so kann stets ein so kleiner Kreis (sein Radius heiße δ) um den Punkt ζ beschrieben werden, daß die Bilder a l l e r P u n k t e dieses Kreises um ζ in dem gewählten Kreise um ω liegen. Das Bild ν) liegt also in v o r g e s c h r i e b e n e r Nähe von ω, wenn nur der Originalpunkt z in h i n r e i c h e n d e r Nähe von ζ liegt. In ') Oder: Man, denkt sich im Funkte 2 der z-Ebene den Funktionswert w — Hi) „angeheftet", den Punktz zum „ T r ä g e r " dee Funktionâwerteew gemacht, das Deflnitionsgebiet mit Funktionewertea ..belegt"
§37. Konforme Abbildung.
109
diesem Sinne (aber auch nur in diesem) darf man kurz sagen: Benachbarte Punkte der z-Ebene werden auf benachbarte Punkte der w-Ebene abgebildet; oder: Einer kleinen Bewegung von ζ entspricht auch eine kleine Bewegung des Bildes w. Hieraus folgt insbesondere: Ist /(z) an jeder Stelle eines Gebietes stetig, so hat jede in ihm gelegene stetige Kurve als Bild wiederum eine stetige Kurve 1 ). Etwas weniger einfach, aber von grundlegender Wichtigkeit ist die geometrische Deutung der Differenzierbarkeit. Wir erhalten sie auf folgende Weise: w = f(z) sei in einem Kreisgebiet ® mit dem Mittelpunkt ζ erklärt und in ζ differenzierbar. Die Ableitung /'(£) sei von 0 verschieden. Wir wollen weiter voraussetzen, daß zwei verschiedene Punkte z aus S auch zwei verschiedene Bildpunkte w liefern 2 ), und wollen die weiteren Betrachtungen auf ® beschränken. Es sei nun f ein beliebiges von ζ ausgehendes (orientiertes) Kurvenstück, das in ζ eine (Halb-) Tangente t besitzt. Dann zeigen wir zunächst: Die Büdkurve ΐ hat im Büdpunkte ω = /(£) auch eine Tangente t', und diese erscheint gegen t um den Winkel arc /' (ζ) im positivem Sinne gedreht. Beweis. Wir wählen auf Y eine Punktfolge (μ>„) mit wn -* co, deren Glieder aber alle φ ω sind (Fig. 20). Ist dann z„ das Urbild zu w n , so liegt die Folge (?n) auf i, es strebt ζη-+ζ, aber ihre Glie- Δ der sind alle =)= ζ. Dar her strebt (s. § 34,3) Flg. 20. •) In besonderen Fällen kann diese degenerieren; ζ. B. wenn /(z) Identisch konstant 1st. •) Bei dem weiteren Ausbau der Funktionentheorie wird gezeigt, daB die» unter der Voraussetzung f(C) Φ 0 ganz von selbst der Fall ist, wenn der fiadlus von ft nicht zu groß ist. (Vgl. Fktth. I, § 34.)
110 10. Kapitel. Analytische Funktionen und konforme Abbildung. (1)
T
=
T - / ' ( « ζ und insbesondere (bei geeigneter Bestimmung der auftretenden Winkel) (2) arc (ιοη — ω) — arc(z n — £)-> arc /'(£). Die beiden Winkel linker Hand sind die ersten Richtungswinkel der Sekante von ω nach wn bzw. von ζ nach z„. Weil nun ! in ζ eine Tangente haben soll, so strebt arc (zn — ζ ) gegen den ersten Richtungswinkel dieser Tangente t, wenn n~* oo rückt. Nennen wir ihn τ und setzen arc /' (£) = für w Φ 0 die k Werte
und
ίβί W
fri V + 2νπ , . . y> + 2νπ\ . _ , J/ρ |cos — 1- ι sin-—^ l,» = 0,1, 2 , . . . , k — 1. t i /Ö dagegen ist eindeutig = 0 zu setzen. Als Hauptwert von fa bezeichnet man denjenigen der Werte (6), den man erhält, wenn für y> der Hauptwert von arc w genommen und ν — 0 gesetzt wird. — Weiter kann hier auf das Studium der Wurzelfunktionen nicht eingegangen werden. § 39.
Die ganzen rationalen
Funktionen.
Die genaue Untersuchung der ganzen r a t i o n a l e n F u n k t i o n e n oder, wie man kurz sagt, der Polynome, also der Funktionen der Form (1) u> = a 0 + OjS + «¡¡ζ2 Η + «peP' ist der Hauptgegenetand der klassischen Algebra, auf die hier
116 11. Kapitel. Potenz und Wurzel. Die rationalen Funktionen. natürlich nicht eingegangen wird. Doch soll wenigstens der Satz genannt werden, der in ihr eine besonders wichtige Stellung einnimmt und den man deswegen den F u n d a m e n t a l s a t z der Algebra genannt hat. Die Möglichkeit, diesen Satz zu beweisen, ist es vor allem gewesen (vgl. § 4), die der allgemeinen Anerkennung der komplexen Zahlen den Weg bereitet hat. Fundamentalsatz der Algebra. Jedes Polynom in ζ (2) g (ζ) = a0 + axz -[ hα^ , Κ Φ 0), dessen „Grad" ρ 1 ist, läßt sich in genau ψ lineare Faktoren zerlegen, d. h. es gibt j> (nicht notwendig verschiedene) Zahlen hi • · ·> zP> so ^β (3) g(z)^aP(z — z1)(z — z2)..-(z — zP) ist. — Außer den Beweisen, wie sie die Algebra liefert, gibt es mehrere rein funktionentheoretische, von denen drei in Fktth. I, § 28 u. 36, und Fktth. II, § 11 zu finden sind. Die verschiedenen unter den Zahlen zv z 2 , . . z p , die wir mit f j , C 2 , . . ( 1 = ^ = p) bezeichnen wollen, nennt man kurz die Wurzeln oder Nullstellen des Polynoms (2). Tritt c„ im ganzen «,-mal unter zv . . . , zP auf, (v = 1, 2,..., k), so sagt man, ζ, sei eine Wurzel oder Nullstelle der Ordnung «,. Es ist natürlich ^ + í*¡¡ + · · · + «t = P> und statt (3) können wir schreiben (4) g(z)=ap(z(z - ζ,)", . - - ( e - * . Diese Darstellung eines Polynoms nennt man seine Produktdarstellung. § 40.
Die gebrochenen rationalen Funktionen.
Eine rationale Funktion f(z) heißt gebrochen, wenn sie nicht als ganze rationale Funktion dargestellt werden kann. Sie läßt sich dann auf die Form
§40. Die gebrochenen rationalen Funktionen.
α»
117
zw-)-®
bringen, in der g(z) und h(z) Polynome sind Und der Grad von g mindestens = 1 ist. Auch von diesen gebrochenen rationalen Funktionen soll hier nur ein Satz genannt werden, der S a t z von der T e i l b r u c h z e r l e g u n g der r a t i o n a l e n F u n k t i o n e n , der in der Algebra bewiesen zu werden pflegt, der in der Funktionentheorie aber erst nach weiterem Ausbau bewiesen werden kann. (s. Fktth. I, § 35). Eine rationale Funktion der besonders einfachen Form
bei der c Φ 0 und ζ je eine komplexe und γ eine natürliche Zahl bedeuten soll, nennt man einen Teilbruch. Mit dieser Bezeichnung gilt der Satz. Jede rationale Funktion läßt sich — und im wesentlichen nur auf genau eine Weise — als Summe evner ganzen rationalen Funktion und endlich vieler Tettòniche darstellen. Genauer: Handelt es sich um die rationale Funktion (1) und besitzt in ihr der Nenner g(z) die in § 39 (4) angegebene Produktdarstellung, so gibt es genau ein Polynom q(z) und genau ρ komplexe Zahlen c s o daß f(z) die Darstellung
C* — Cm)
(«-«"
(«-ω*
besitzt. — Über die konforme Abbildung, die durch rationale
118
12. Kapitel. Die Exponentialfunktion.
Funktionen vermittelt wird, die von den linearen Funktionen verschieden sind, lassen sich nur in besonderen Fällen einfache Aussagen machen.
12. Kapitel. Die Exponentialfunktion, die trigonometrischen und die hyperbolischen Funktionen. § 41. Die Exponentialfunktion. Die Potenzreihe Z2 en oo 2» (1) 1 + 8+ - . + . . . + _ + . 2! w! _o «I n ist, wie schon in § 29,3 festgestellt wurde, beständig konvergent. Sie definiert daher eine in der ganzen Ebene reguläre analytische Funktion oder, wie man kurz sagt, eine ganze Funktion. Da die Reihe (1) für reelles z= x, wie aus der Differential- und Integralrechnung her bekannt ist, die Exponentialfunktion ex darstellt, so nennt man auch die durch (1) in der ganzen z-Ebene dargestellte Funktion komplexen Argumentes die Exponentialfunktion und bezeichnet sie mit ez. Man definiert also für komplexe Exponenten ζ die Potenz e 1 eindeutig durch die Festsetzung » χη Zu dieser Definition ist man berechtigt, einmal, weil das Zeichen e* für komplexe ζ ja bisher überhaupt keine Bedeutung hatte, und weiter, weil die nun festgelegte Bedeutung, wie die nachfolgende Untersuchung zeigen wird, sich als zweckmäßig und sinnvoll aufdrängt. Überdies kann es nach § 36, Satz 2 außer (1) keine andere Potenzreihe mit dem Mittelpunkt 0 geben, die für die in der Nähe von 0 gelegenen reellen Werte von z = χ dieselbe Summe ex hat wie (1). Unsere Reihe s e t z t , wie man sagt, die reelle F u n k t i o n e* ins Komplexe fort. Die folgenden Feststellungen werden
§41. Die Exponentialfunktion.
119
zeigen, daß auch die Eigenschaften der reellen Funktion e* weitgehend der analytischen Funktion e* zukommen, an der wir aber wichtige neue Eigenschaften kennenlernen werden: 1. Wie im Reellen gilt auch im Komplexen das Additionstheorem (3) β'"β'|χβ''+'1. Denn da die Reihe (1) für jedes ζ absolut konvergiert, so darf man die Reihen für β*» und e1» nach der Cauchyschen Regel multiplizieren (s. § 28). Das »-te Glied der Produktreihe wird dann ¡¡n-1 , 2"-" Z' 2» 2n ι . _* I . . . _[_ ι . ι . . . _| 2 _ 1 I T x »! (»— 1)! 1! (n — r)! vi T »!
=
¿ h + (l) ^122 + " ' + 0 ^ ^ + " ' +
^ (h + *,)* n! " Daher ist in der Tat
1 5.
3=J
",
(Zl + Z2) Σ n-0 n! n=0 » ! n-0 »! ' was die Behauptung (3) beweist. 2. Die Formel (3) setzt uns jetzt instand, die Werte von e* bei gegebenem ζ wirklich zu berechnen. Ist nämlich ζ = χ + iy, so ist nach (3) e* — ex+*y= ex • e Nach (2) ist aber auf Grund von § 28, II, 1 und 2a weiter »•Ton! ' (2ky. k-o{ ' ( » + 1)1 Hier stehen aber rechter Hand zwei re eile Potenzreihen, deren Summen, wie aus der reellen Analysis bekannt ist, cos y bzw. sin y sind. Da man diese Werte sowie e* bei gegebenem χ und y aus den üblichen logarithmisch-trigonometrischen Tafeln ablesen und also als bekannt ansehen kann, so ist durch die Formel
120
12. Kapitel. Die Exponentialfunktion.
(4) ez=ex+^= ex{(iwy + ieiay) die numerische Berechnung von e* in einfacher Weise ermöglicht. 3. Aus (4) lesen wir noch ab, daß (5) |β*| = β® und arc (e*) ss $(«) ist, und weiter, daß "man den Richtungsfaktor (s. § 11) einer komplexen Zahl nun in der einfacheren Form (6) cos φ + i sin φ — e** schreiben darf. Insbesondere ist hiernach (7) = ni
ni
e"* = e—π< = — 1, e z = i , e~*——i. Ferner sieht man, daß der Funktionswert ez dann und nur dann reell ist, wenn sin y = 0, also y = $ ( z ) = k n ist, — wenn also ζ auf der hierdurch gegebenen Schar von Parallelen zur reellen Achse (oder auf ihr selbst) gelegen ist. 4. Die Formel (7) in Verbindung mit dem Additionstheorem (3) lehrt nun weiter, daß für jedes ζ gZ+Zni _ g ζ . g2ni __ g ζ ist. Die Exponentialfunktion ist also periodisch mit der Periode 2πί: Ihr Wert ändert sich nicht, wenn das Argument ζ um 2πι vermehrt wird. Allgemeiner ist nun natürlich auch für jedes ganze -k (8) e z+*k*i _ e z In Punkten der z-Ebene, die durch ein- oder mehrmalige Anwendung der Translation 2πί auseinander hervorgehen, hat e3 denselben Wert. 5. Es gilt aber auch das Umgekehrte: Wenn für zwei Stellen zx und z2 die Gleichung ez> = e*> besteht, so unterscheiden sie sich nur um ein ganzzahliges Vielfaches von 2ni, d. h. es muß (9) z2=z1 + 2kni sein. Aus e2· = e2· folgt nämlich zunächst (nach (3)), daß e?'—!> = 1 sein muß. Ist aber
§41. Die Exponentialfunktion. z
x
121
i
e = e + »= 1, so folgt nach (4) bzw. (5), daß ex= 1 und zugleich cos y—1, sin y = 0 sein muß. Das ist aber nur für χ — 0, y=2kn der Fall. Also ist notwendig (9') z2 — ζ 1 = 2 Λ π ι . Jeden Wert w, den die Exponentialfunktion w — ez überhaupt annimmt, nimmt sie also schon in einem Parallelstreifen an, dessen Ränder durch die Translation 2ni auseinander hervorgehen. Man wählt gewöhnlich den Streifen (10) als einen solchen Fundamentalbereich der Funktion e2; der obere Eand wird hinzugerechnet, der untere nicht. 6. In dem FundamerUalstreifen (10) nimmt die Exponentialfunktion jeden von 0 verschiedenen Wert w genau einmal an. Der Wert 0 aber wird nirgends angenommen. Das letztere ist nach (3) fast selbstverständlich; denn danach ist e* · e~z = e° = 1. Also kann (nach § 8, Satz) ez nicht gleich 0 sein. Ist nun w =(= 0 und wird wie früher | w \ = σ, arc w — ψ gesetzt, so sieht man nach (4) sofort, daß für (11) e = l o g e + »(y + 2i«), ( f e | 0 , ganz), oöenbar ez= w ist. Von den Werten (11) liegt aber genau einer in dem Fundamentalstreifen (10). Für einen anderen Wert ε' dieses Streifens kann aber wegen der unter 6. gemachten Feststellung e2' nicht auch = w sein. 7. Da durch gliedweise Differentiation der Reihe (1) wiederum diese Reihe (1) hervorgeht, so ist für jedes ζ Insbesondere ist die Ableitung also überall von 0 verschieden, und folglich wird die ganze z-Ebene durch die Funktion w= e* ausnahmslos konform abgebildet. 8. Diese Abbildung ist auch im einzelnen leicht zu über-
122
12. Kapitel. Die Exponentialfunktion.
sehen: Wir denken uns- in dem Fundanientalstreifen (10) der Fig. 22 die Parallelgeraden zu den Rändern gezogen und von links nach rechts orientiert; ebenso den1 z- xny ken wir uns die dazu senkrechten Strecken 0 von Rand zu Rand gezogen und von unten Τ nach oben orientiert. Fig. 22. Durchläuft ζ eine der erstgenannten Geraden von links nach rechts, so heißt dies, daß wir in ζ = χ + iy den imaginären Teil y fest wählen und χ alle reellen Zahlen wachsend durchlaufen lassen. Nach (5) hat dann der Bildpunkt w den festen Arcus y, liegt also auf dem Halbstrahl aus 0, der diesem Arcus entspricht, während sein Betrag e 1 die Werte von 0 nach -f- oo wachsend durchläuft. Der Bildpunkt durchläuft also den genannten Halbstrahl von 0 (ausschl.) nach oo (ausschl.); Strahl und Halbstrahl entsprechen sich umkehrbar-eindeutig. Durchläuft ζ eine der zu zweit genannten Strecken von unten nach oben, so heißt dies, daß wir χ fest lassen und daß y die Werte von — π (ausschl.) bis + π (einschl.) durchläuft. Nach (5) hat dann w den festen Betrag e*, läuft also auf dem Kreise mit dem Radius e® um den Nullpunkt der ω-Ebene, und zwar genau einmal im positiven Sinne herum, bei der negativreellen Achse (ausschl.) beginnend bis zu dieser (einschl.) zurück. Es wird also insbesondere das Innere des Fundamentalstreifens umkehrbar-eindeutig und ausnahmslos konform auf das Innere dèr längs der negativ-reellen Achse aufgeschnittenen w-Ebene abgebildet. 9. Von besonderem Interesse für mannigfache Untersuchungen (s. § 43) ist noch die Aufgabe, die Funktion
§ 41. Die Exponentialfunktion.
123
in eine Potenzreihe mit dem Mittelpunkt 0 zu entwickeln. Nach § 30 ist dies jedenfalls für eine gewisse Umgebung des Nullpunkts möglich. Die Koeffizienten der gewonnenen Entwicklung bezeichnen jg wir aus historischen Gründen mit —7, setzen also n! (13)
^ 7 7 - Ί Γ — -
1
+
+
+
-
Statt nun die Koeffizienten nach der allgemeinen Methode des § 30 zu berechnen, geht man hier und in allen analogen Fällen so vor: Nach (13) ist (1 + | ϊ + 3 η + · · · ) ( 1 + Β ι 2 + | ^ 2 + · · · ) = 1 . d. h. durch Ausmultiplikation der beiden links stehenden Potenzreihen muß sich eine Potenzreihe ergeben, deren konstantes Glied = 1 ist, deren übrige Koeffizienten sämtlich = 0 sind. Das liefert die unendlich vielen Gleichungen lg» 1 -Bn-1 + . . . , 1 A _ 1 _ _ = 0 1! «! 2! (» — 1)! η! 1! (M + 1 ) 1 ' (w = 1 , 2 , . . . ) . Nach Multiplikation mit (n + 1 ) ! erscheinen hier links die Binomialkoeffizienten der (« -f l)-ten Potenz. Die Gleichungen lauten also • 2 Bx + 1 =0 (14)
3Bt+
3Bt+
1
=0
4 B 3 + 6 Ba + 4 B¡ + 1 =0 5 B4 + 10 B3 + 10 B2 + 5 Bi + 1 = 0
aus denen sich der Reihe nach Bj = — h B a = Bj = 0, Bt = — B, = 0, Ββ = Λ ' · · · ergibt. Diese Zahlen werden die Bernoulllschen Zahlen genannt. Sie sind, wie die Rechnung zeigt, sämtlich r a t i o n a l e Zahlen. Sie dürfen, da die Rechnung keinerlei grundsätzliche Schwierigkeiten macht, als „bekannt" angesehen werden. Außer Bx haben alle B n mit ungeradem Index η den Wert 0. Es folgt dies (unter Anwendung des Satzes 2 in § 36) daraus, daß, wie man leicht nachprüft, e* — 1 ^ 2 eine gerade Funktion von ζ ist, d.h. für — ζ denselben Wert hat wie für z.
124
12. Kapitel. Die Exponentialfunktion. § 42.
Die Funktionen cos ζ und sin z.
Ganz entsprechende Erwägungen wie die zu Beginn des vorigen Paragraphen angestellten führen zwangsläufig dazu, die trigonometrischen Funktionen cos χ und sin χ für komplexe Argumente durch die Festsetzungen «4 α . Cl) cos ζ — 1 - — 4μ.. · = Σ ( - I r —— r 2! 4! ^ «Ξ