Ein Antipode Kants?: Johann August Eberhard im Spannungsfeld von spätaufklärerischer Philosophie und Theologie 9783110290745, 9783110290677

Johann August Eberhard (1739-1809) was one of the most renowned and controversial proponents of German popular philosoph

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German Pages 358 [364] Year 2012

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Table of contents :
Einleitung
1 Philosophie und Psychologie
„Ein jedes Ding muß seinen Grund haben“? Eberhards Version des Satzes vom zureichenden Grunde im Kontext der zeitgenössischen Kontroverse um das principum rationis sufficientis
Eberhards frühe Auseinandersetzung mit Kant um die Auffassung von Raum-Zeit
„Mißdeutung der Kritik“? Eberhards Vorbehalte gegen Kants kritische Philosophie
Aspekte der Eberhard-Rezeption an der Philosophischen Fakultät Tübingen (1788-1795)
Sinnlichkeit und Moral. Zur Bedeutung der Erfahrungstheorie für die „intellektuelle und moralische Bildung des Menschen“ in Eberhards Allgemeiner Theorie des Denkens und Empfindens
Johann August Eberhards Theorie des Gefühls
2 Theologie
Socrates christianus – Socrates atheus. Zur Vorgeschichte von Eberhards Neuer Apologie in der Frühen Neuzeit
Von der Religion zur Theologie. Schleiermacher als Schüler Eberhards?
Johann August Eberhard und Karl Friedrich Bahrdt – Zwei Aufklärer im Diskurs
Briefe eines „Weltphilosophen“ – Eberhards Roman Amyntor
3 Ästhetik
Ontologischer Sensualismus als Restitution der sinnlichen Erkenntnis und dessen Kritik: Zweierlei Begründung der seelischen Empfindung durch die Sichtbarkeit (Eberhard und A. W. Schlegel)
Psychologische versus transzendentale Ästhetik. Eberhards Kant-Polemik in der Ästhetik
4 Sprachtheorie
Eberhard als Sprachtheoretiker und Lexikologe: die Preisschrift über die Universalität des Französischen und der Versuch einer allgemeinen deutschen Synonymik
Popularphilosophie und philosophische Grammatik. Eberhards Synonymwörterbuch im Kontext spätaufklärerischen Sprachbewusstseins
5 Rezeptionskontexte und Anstoßimpulse
„Noch einmahl vale“. Johann August Eberhards Briefe an Friedrich Nicolai
Wohlgeordnete Monarchie: Eberhards politische Theorie und ihre romantische Imitation in Glauben und Liebe von Novalis
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Ein Antipode Kants?: Johann August Eberhard im Spannungsfeld von spätaufklärerischer Philosophie und Theologie
 9783110290745, 9783110290677

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Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung Schriftenreihe des Interdisziplinären Zentrums für die Erforschung der Europäischen Aufklärung Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Ein Antipode Kants? Johann August Eberhard im Spannungsfeld von spätaufklärerischer Philosophie und Theologie

Herausgegeben von Hans-Joachim Kertscher und Ernst Stöckmann

De Gruyter

Herausgeber: Daniel Fulda, Ulrich Barth, Harald Bluhm, Robert Fajen, Wolfgang Hirschmann, Andreas Pecˇar, Jürgen Stolzenberg, Heinz Thoma, Sabine Volk-Birke Wissenschaftlicher Beirat: Wolfgang Adam, Roger Bartlett, Gunnar Berg, Reinhard Brandt, Lorraine Daston, Laurenz Lütteken, Jean Mondot, Alberto Postigliola, Paul Raabe, Peter Hanns Reill Redaktion: Bianca Pick Satz: Kornelia Grün

ISBN 978-3-11-029067-7 e-ISBN 978-3-11-029074-5 ISSN 0948-6070 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. 쑔 2012 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ⬁ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Inhalt

HANS-JOACHIM KERTSCHER / ERNST STÖCKMANN (Halle) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1

Philosophie und Psychologie

GIDEON STIENING (München) „Ein jedes Ding muß seinen Grund haben“? Eberhards Version des Satzes vom zureichenden Grunde im Kontext der zeitgenössischen Kontroverse um das principum rationis sufficientis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

HAGAR SPANO (Salerno) Eberhards frühe Auseinandersetzung mit Kant um die Auffassung von Raum-Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

ULRICH DIEHL (Halle) „Mißdeutung der Kritik“? Eberhards Vorbehalte gegen Kants kritische Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

LAURA ANNA MACOR (Padua) Aspekte der Eberhard-Rezeption an der Philosophischen Fakultät Tübingen (1788–1795) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

BERND OBERDORFER (Augsburg) Sinnlichkeit und Moral. Zur Bedeutung der Erfahrungstheorie für die „intellektuelle und moralische Bildung des Menschen“ in Eberhards Allgemeiner Theorie des Denkens und Empfindens . . . . . . . . . . . . . . . . . .

109

PETER GROVE (Aarhus) Johann August Eberhards Theorie des Gefühls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

119

2 Theologie BJÖRN SPIEKERMANN (Heidelberg) Socrates christianus – Socrates atheus. Zur Vorgeschichte von Eberhards Neuer Apologie in der Frühen Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

135

VI GIOVANNA D’ANIELLO (Bari) Von der Religion zur Theologie. Schleiermacher als Schüler Eberhards? . . .

165

GÜNTER MÜHLPFORDT (Halle) Johann August Eberhard und Karl Friedrich Bahrdt – Zwei Aufklärer im Diskurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

185

HANS-JOACHIM KERTSCHER (Halle) Briefe eines „Weltphilosophen“ – Eberhards Roman Amyntor . . . . . . . . . .

202

3 Ästhetik NORMAN KASPER (Halle) Ontologischer Sensualismus als Restitution der sinnlichen Erkenntnis und dessen Kritik: Zweierlei Begründung der seelischen Empfindung durch die Sichtbarkeit (Eberhard und A. W. Schlegel) . . . . . . . . . . . . . . .

227

ERNST STÖCKMANN (Halle) Psychologische versus transzendentale Ästhetik. Eberhards Kant-Polemik in der Ästhetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

251

4 Sprachtheorie GERDA HAßLER (Potsdam) Eberhard als Sprachtheoretiker und Lexikologe: die Preisschrift über die Universalität des Französischen und der Versuch einer allgemeinen deutschen Synonymik . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

279

HANS-PETER NOWITZKI (Jena) Popularphilosophie und philosophische Grammatik. Eberhards Synonymwörterbuch im Kontext spätaufklärerischen Sprachbewusstseins . .

296

5 Rezeptionskontexte und Anstoßimpulse CEM SENGÜL (Freiberg i. Br.) „Noch einmahl vale“. Johann August Eberhards Briefe an Friedrich Nicolai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

327

MATTHIAS LÖWE (Jena) Wohlgeordnete Monarchie: Eberhards politische Theorie und ihre romantische Imitation in Glauben und Liebe von Novalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336

HANS-JOACHIM KERTSCHER / ERNST STÖCKMANN (Halle)

Einleitung

Johann August Eberhard (1739–1809) zählt zu den gleichermaßen renommierten wie umstrittenen Vertretern der deutschen Popularphilosophie des späten 18. Jahrhunderts. Sein jahrzehntelanges Wirken als Universitätsdozent, Kritiker, Zeitschriften- und Lexikonherausgeber, Kompendien- und Romanautor machte ihn weit über die Grenzen seiner Wirkungsstätte Halle hinaus zu einem der öffentlichkeitswirksamsten Publizisten eines popularphilosophisch reformierten Aufklärungsbegriffs. Seine offene Polemik gegen Kants Transzendentalphilosophie steigerte seine philosophiehistorische Reputation indes nur bei den Sympathisanten jener sogenannten dogmatischen Philosophie in der Nachfolge Leibniz’ und Wolffs, als deren letzter einflussreicher Repräsentant Eberhard gelten kann. Spätestens um 1800 verdrängt der Siegeszug des Kritizismus auch diesen letzten Statthalter jener populären ‚Philosophie für die Welt‘, die ihren Erneuerungsdrang noch auf der Grundlage der überkommenen schulphilosophischen Kategorien formuliert hatte. Die Einordnung der Leistungen des Eberhardschen Werks und seines Wirkens bleibt indes auch im historischen Abstand von 200 Jahren nach seinem Todesjahr so problematisch wie anregend und bietet genügend Anknüpfungspunkte für die wissenschaftliche interdisziplinäre Auseinandersetzung. Der anthropologieorientierten Aufklärungsforschung ist Eberhard zwar als programmatischer Popularphilosoph und insbesondere auch als erfahrungskundlicher Theoretiker der Emotionen seit den 1980er Jahren wieder stärker ins Bewusstsein gerückt. Gleichwohl hat die dazu parallel verlaufende philosophiehistorische Bewertung Eberhards – als dogmatischem Hauptopponenten des Kritischen Idealismus – nicht zu einer hinreichend umsichtigen Würdigung der Positionen des Popularphilosophen geführt, im Gegenteil war sie häufig selbst polemisch orientiert. Bis heute sind zwei negative Folgeerscheinungen der dominant philosophiehistorischen Auseinandersetzung mit Eberhards Kant-kritischen Positionen zu verzeichnen. Zum einen ist durch sie das Bild von einem Popularphilosophen verfestigt worden, der mit seiner Prinzipientreue zumal gegenüber Leibniz als geradezu notorischer Modernisierungsverweigerer des ausgehenden 18. Jahrhunderts erscheint – als ein konservativer Revolutionär, dem die programmatische Traditionssicherung höher zu stehen schien als die Öffnung für die Entwicklungsdynamiken am Beginn der Moderne von 1800. Zum anderen hat die disziplinär einseitige Bewertung den Blick auf die Breite, Ergiebigkeit und durchaus breitenwirksame Relevanz seines theoretischen Gesamtwerks verstellt.

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Hans-Joachim Kertscher / Ernst Stöckmann

Anlässlich des 200. Todestages von Johann August Eberhard ist es nicht nur an der Zeit, sondern überfällig, beide Perspektivverengungen auf ihre Gültigkeit zu überprüfen und im Zuge dieser versuchsweisen Neubewertung der Leistungen Eberhards auch den Blick auf die Komplexität seines theoriegeschichtlichen Schaffens und Wirkens zu werfen. Denn so umstritten Wirkung und Geltung des Eberhardschen Philosophiebegriffs nach wie vor sein mögen, so theoriehistorisch aufschlussreich sind Eberhards disziplinübergreifende Beiträge auf den Gebieten der Erkenntnistheorie und Sprachwissenschaft, der Sittenlehre und Theologie, der Psychologie, Ästhetik und Anthropologie. Sie bieten wichtige Aufschlüsse zum Verständnis jenes theoriegeschichtlichen Umbruchs ab 1750, der sich bekanntlich durch den intensivierten Geltungszuwachs der empirischen Wissensformen (Erfahrungspsychologie, empirische und philosophische Anthropologie etc.) gegenüber der traditionellen Metaphysik auszeichnet und zu tiefgreifenden Veränderungen der philosophischen Episteme und ihrer diskursiven Vermittlungsmodelle führt. Und sie gewähren zugleich Einblicke in jene an der Halleschen Universität Fridericiana institutionalisierten Denkformen, die Eberhard als produktiver Dozent dieses Wissenschaftsstandorts über Jahrzehnte mit bestimmt und gestaltet hat. Diese Einschätzungen bildeten den Ausgangspunkt für eine Tagungskonzeption am historischen Wirkungsort Eberhards, durch die ausdrücklich die Gelegenheit gegeben werden sollte, erstmals im Rahmen einer eigenständigen Veranstaltung die Vielfalt, Eigenständigkeit und die disziplinäre Bandbreite des Eberhardschen Wirkens zu thematisieren. Die vorliegenden Beiträge sind in der überwiegenden Mehrheit das Ergebnis einer Tagung, die vom 1. bis 2. Oktober 2007 im Interdisziplinären Zentrum für die Erforschung der Europäischen Aufklärung in Halle stattfand und in Verbindung mit dem Exzellenznetzwerk „Aufklärung – Religion – Wissen“ organisiert und durchgeführt wurde. Durch die Aufnahme einiger zusätzlicher Beiträge war es darüber hinaus möglich, die internationalen Perspektiven auf Eberhards Oeuvre stärker als in der Tagungsveranstaltung einzubeziehen. In dem nun vorliegenden Themenband zu Johann August Eberhard werden zum einen vertraute Problemaspekte revidiert, zum anderen neue Gesichtspunkte durch den interdisziplinären Zugriff auf einen polyhistorischen Werkzusammenhang herausgestellt und zwischen historischen und systematischen Perspektivierungen thematisiert. Überraschende neue Einschätzungen hinsichtlich des Stellenwerts von Eberhards Wirken an der Halleschen Fridericiana ergeben sich dabei sowohl aus den einzelnen Beiträgen selbst wie aus den Bezügen, die durch die interdisziplinären Kopplungen der Einzelreferate entstanden sind und auch in der vorliegenden Textfassung kenntlich werden. Die ursprüngliche Abfolge und Zuordnung der einzelnen Beiträge ist in der vorliegenden Druckfassung der Tagung nicht identisch abgebildet. Beibehalten für die Druckfassung der Referate wurde allerdings die thematische Aufteilung der Beiträge in die disziplinären Sektionen Philosophi-

Einleitung

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sche Erkenntnistheorie und Praktische Philosophie, Theologie, Psychologie bzw. Anthropologie, Ästhetik und Sprachphilosophie. Damit liegt erstmals eine Zusammenschau und Würdigung des wirkungsreichen, in seiner polyhistorischen Breite nach wie vor faszinierenden Schaffens des Hallenser Popularphilosophen vor. Dass von den hier entfalteten Neuzugängen zu Einzelproblemen wie zur Frage der Gesamtbewertung des Eberhardschen Werkes spürbare Impulse zur weitergehenden Auseinandersetzung mit dem Popularphilosophen in der Aufklärungsforschung ausgehen werden, beschreibt wohl in gleicher Weise die Hoffnung der Herausgeber wie der Beiträger. Die Veranstalter danken dem Interdisziplinären Zentrum für die Erforschung der Europäischen Aufklärung (IZEA) in Halle für die organisatorische Unterstützung der Tagung sowie dem Exzellenznetzwerk „Aufklärung – Religion – Wissen“ für die gelungene Kooperation. Darüber hinaus gilt der Dank dem Direktorium des IZEA für die freundliche Aufnahme der Tagungspublikation in die Schriftenreihe des IZEA. Der Dr. Fritz Wiedemann-Stiftung danken wir für die rasche Bereitschaft, die Publikation mit einem Druckkostenzuschuss zu befördern. Halle, im März 2011

1 Philosophie und Psychologie

GIDEON STIENING (München)

„Ein jedes Ding muß seinen Grund haben“? Eberhards Version des Satzes vom zureichenden Grunde im Kontext der zeitgenössischen Kontroverse um das principium rationis sufficientis Der Satz des zureichenden Grundes, als ein bloß logischer Satz ist ein notwendiges Gesetz des Denkens, und in so fern kann gar nicht darüber gestritten werden, ob er aber ein objektiver, realer, metaphysischer Grundsatz sei, ist eine andere Frage. Lichtenberg, Sudelbücher, Heft J, [757]

I Einleitung Ein gewichtiger Gegenstand des vehementen Streites zwischen Johann August Eberhard und Immanuel Kant, der zwischen 1788 und 1795 über alle politischen und theoriegeschichtlichen Veränderungen hinweg leidenschaftlich ausgetragen wurde, betraf die Geltung bzw. den Geltungsumfang des Satzes vom zureichenden Grunde. Dass die Frage nach Geltung und Begründung des principium rationis sufficientis ins Zentrum dieser Kontroverse führt, hat seinen Grund darin, dass dieses von Leibniz inaugurierte Grundprinzip des Rationalismus von Kant in seiner ontologischen Geltung bestritten worden war. In der Kritik der reinen Vernunft hatte Kant nämlich die Beweisbarkeit dieses principium in Frage gestellt und auf seine Weise versucht, dessen Geltung in seiner durch Leibniz formulierten logischen und ontologischen Extension zu begrenzen. Allen Reflexionen auf einen Beweis des Satzes vom Grunde schrieb Kant den Status zu, nur den „Schein der Überzeugung, welcher auf subjektiven Ursachen der Assoziation beruht“, zu haben: Daher sind auch alle Versuche, den Satz des zureichenden Grundes zu beweisen, nach dem allgemeinen Geständnisse der Kenner, vergeblich gewesen, und ehe die transzendentale Kritik auftrat, hat man lieber, da man diesen Grundsatz doch nicht verlassen konnte, sich trotzig auf den gesunden Menschenverstand berufen, (eine Zuflucht, die jederzeit beweist, daß die Sache der Vernunft verzweifelt ist,) als neue dogmatische Beweise versuchen zu wollen.1

Dagegen musste Eberhard die schwersten Einwände erheben, verwarf diese Argumentation doch entscheidende Grundlagen seiner gesamten Philosophie. Er formulierte seinerseits aufs Deutlichste eine Kritik in der zweiten seiner Abhandlung 1

Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. Nach der ersten und zweiten Original-Ausgabe hg. von Raymund Schmidt. Mit einer Bibliographie von Heiner Klemme. Hamburg 1990, hier B 811f.

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wider die Kantische Transzendentalphilosophie. In Über logische Wahrheit oder die transzendentale Gültigkeit der menschlichen Erkenntnis liefert Eberhard gegen Kant jenen Beweis des Satzes vom Grunde,2 den Manfred Gawlina hinsichtlich seiner fundierenden Stellung im Theoriegebäude des Rationalisten zu Recht als „‚Eberhards transzendentale Deduktion‘“ bezeichnete.3 In seiner berühmten öffentlichen Auseinandersetzung mit Eberhards Kritik bezieht sich Kant an zentraler Stelle auf diesen Gegenentwurf, indem er dessen Beweiskraft in Frage stellt und damit seinem Anspruch und seiner Überzeugung nach die Möglichkeit einer ontologischen Geltung des Satzes vom zureichenden Grunde widerlegt.4 Hatte Eberhard beansprucht, die Geltung des principium rationis sufficientis auch für Realgründe nachgewiesen zu haben, so beweist Kant nicht das Gegenteil, sondern widerlegt die Beweiskraft der Eberhardschen Deduktion. Hinter dieser formalen Widerlegung steht Kants materiale Überzeugung von der ‚Absurdität‘ einer uneingeschränkten Gültigkeit des Prinzips: „nihil sine ratione“: [A]ber das Realwesen (die Natur), d.i. der erste i n n e r e Grund alles dessen, was einem gegebenen Dinge notwendig zukommt, kann der Mensch von keinem Objekte erkennen; […] Aber das Realwesen der Materie, den ersten inneren hinreichenden Grund a l l e s dessen, was n o t w e n d i g der Materie zukommt, zu erkennen, übersteigt bei weitem alles menschliche Vermögen und, ohne einmal auf das Wesen des Wassers, der Erde und jedes andern empirischen Objekts zu sehen, so ist selbst das Realwesen von Raum und Zeit und der erste Grund, worum jenem drei, dieser nur eine Abmessung zukomme, uns unerforschlich; eben darum, weil das logische Wesen analytisch, das Realwesen synthetisch und a priori erkannt werden soll, da dann ein Grund der Synthesis der erste sein muß, wobei wir w e n i g s t e n s stehen bleiben müssen.5

Damit hat Kant den Grenzen der Vernunft jenen apriorischen Status zugeschrieben, gegen den der Rationalist Eberhard Sturm laufen musste. Henry E. Allison und Manfred Gawlina haben unter systematischen Gesichtspunkten dieses wie viele weitere Momente der Kontroverse zwischen Kant und Eberhard präzise rekonstruiert.6 Dass aber trotz der weitgehend überzeugenden kantischen Einwände der Streit gerade um diesen Grundsatz aufs heftigste weitergeführt wurde,7 dass er vor 2

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Vgl. hierzu Johann August Eberhard: Über logische Wahrheit oder die transzendentale Gültigkeit der menschlichen Erkenntnis. In: Immanuel Kant: Der Streit mit Johann August Eberhard. Hg. v. Marion Lauschke u. Manfred Zahn. Hamburg 1998, S. 16–30, spez. S. 16–26. Manfred Gawlina: Das Medusenhaupt der Kritik. Die Kontroverse zwischen Immanuel Kant und Johann August Eberhard. Berlin, New York 1996, S. 142. Immanuel Kant: Über eine Entdeckung, nach der alle neue Kritik der reinen Vernunft durch eine ältere entbehrlich gemacht werden soll. In: Kant: Der Streit (wie Anm. 2), S. 111–186, spez. S. 118–124. Brief an Carl Leonard Reinhold vom 12. Mai 1789. In: Immanuel Kant: Briefwechsel. Auswahl u. Anmerkungen v. Otto Schöndörffer, bearb. v. Rudolf Malter. Hamburg 31986, S. 377– 385, hier S. 381f. Vgl. Henry E. Allison: The Kant-Eberhard Controversy. Baltimore, London 1973; Gawlina: Medusenhaupt der Kritik (wie Anm. 3), S. 142–153, 163. Vgl. hierzu u.a. die beiden unten noch eingehender zu betrachtenden Texte von Johann Gebhard Ehrenreich Maaß: Ueber den Satz des zureichenden Grundes. In: Philosophisches Magazin 2.2. Hg. v. Johann August Eberhard. Halle 1790, S. 173–204 sowie Johann August Eber-

„Ein jedes Ding muß seinen Grund haben“?

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allem eine ausgedehnte philosophie- und ideenhistorisch relevante Vorgeschichte hat, in der noch weit mehr philosophische Parteien am Gegenstand des principium rationis sufficientis eine Grundsatzdebatte um die Leistungsfähigkeiten der menschlichen Vernunft überhaupt führten – mithin um zentrale Motive der Aufklärung –, wurde bislang in der Forschung8 aufgrund methodischer Vorentscheidungen nicht berücksichtigt.9 Die folgenden kontextbezogenen Überlegungen verstehen sich als Ergänzung insbesondere zu Gawlinas Ergebnissen. Sie versuchen, mit Hilfe einer Betrachtung der Geschichte des Satzes vom Grund im 18. Jahrhundert die leidenschaftliche Energie der Streitenden wie auch die philosophiehistorische Bedeutung dieses Moments der Kontroverse deutlicher herauszuarbeiten. Dabei lässt sich zeigen, dass sowohl Kant als auch Eberhard an diesem Punkt der Auseinandersetzung mehr und anderes im Sinn hatten als den explizit benannten Gegner.

II nihil fit sine causa – Zur wechselvollen Vorgeschichte des principium rationis Beim ‚Grund‘ ging es immer schon um’s Ganze. Stets war die Gänze des Seins und Denkens betroffen, denn wenn etwas überhaupt einen Grund hatte, musste alles seinen Grund haben oder nichts; auch war das Problem Gottes zu bedenken, der Grund sein sollte und doch keinen haben durfte. Natürlich stand immer die Freiheit auf dem Spiel; und, wie schon angedeutet, fehlte, wenn ‚Alles‘ tangiert war, niemals das ‚Nichts‘: Schon in seiner – noch nicht uneingeschränkte Geltung beanspruchenden – ersten Formulierung ist eine spezifische Negativität wirksam: „nihil fit sine causa“ behauptete Cicero10 und nach ihm – wie Christian Wolff zu Recht schrieb – die „Scholastici“.11 So hält Francisco Suárez in der 12. seiner Disputationes metaphysicae, des wichtigsten und einflussreichsten Standardwerks der Metaphysik im 17. Jahrhundert, fest: „[N]ullum autem est ens quod non sit vel effectus vel causa“. Zwar schränkt der jesuitische Metaphysiker, dessen Kompendium das entscheidende Medium „der Vermittlung der Metaphysiktradition des

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hard: Nachtrag zu dem Beweise des Satzes vom zureichenden Grunde in Beziehung auf die Einwürfe, welche in dem 97. St. der Tübingischen gelehrt. Anzeigen v. Jahr gegen diesen Beweis sind gemacht worden. In: Philosophisches Archiv 1.1. Hg. v. dems. Berlin 1792, S. 55– 68. Vgl. jedoch Ansätze zu einer Ideengeschichte des Satzes vom Grunde im 18. Jahrhundert bei Dirk Effertz: Einleitung. In: Christian Wolff: Erste Philosophie oder Ontologie. Nach der wissenschaftlichen Methode behandelt, in der die Prinzipien der gesamten menschlichen Erkenntnis enthalten sind. §§ 1–78. Übers. u. hg. v. Dirk Effertz. Lateinisch – Deutsch. Hamburg 2005, S. XXIV–XXIX. Vgl. etwa Gawlina: Medusenhaupt der Kritik (wie Anm. 3), S. 4. Marcus Tullius Cicero: Über die Wahrsagung / De Divinatione. Lateinisch-Deutsch. Hg., übers. u. erl. v. Christoph Schäublin. Düsseldorf, Zürich 22002, S. 190/191 (II, 61). C. Wolff: Ontologie (wie Anm. 8), S. 158.

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Mittelalters an die Philosophie der Neuzeit“ darstellte,12 die Geltung dieses Grundsatzes im Hinblick auf die Gottesinstanz ein, „nam Deus causam non habet“. Doch es bleibt schon durch den nachfolgenden Halbsatz bei dem grundlegenden und ansonsten uneingeschränkten Axiom, „tamen omnia alia praeter ipsum causam habent“.13 Diese Kausalitätskonzeption steht noch auf der Grundlage des umfassenden und ausdifferenzierten Ursachebegriffs der aristotelischen Metaphysik.14 Doch schon einige Zeit nach der Veröffentlichung dieser bis Christian Wolff15 und über Umwege gar bis Artur Schopenhauer16 wirksamen Disputationes metaphysicae (1597) konkretisierte sich eine philosophische Begründungslehre, die auf der Grundlage neuzeitlicher Naturforschung und für deren methodische Erfordernisse eine Reduktion des Begriffs der Ursache auf eine causa efficiens für erforderlich hielt. In De corpore (1658) führt Thomas Hobbes – die Entwicklung bündelnd – unmissverständlich aus: Praeter causam efficientem et materialem duas causas numerant metaphysici, nimirum essentiam (quam appelant aliqui causam formalem) et finem sive causam finalem. Sunt tamen ambae causae efficientis. Dicitur enim essentia rei causa ejus, tanquam esse rationale esset causa hominis, quod intellegi non potest; idem enim est, ac si esse hominem diceremus esse hominis causam, quod non recte dicitur. Attamen cognitio essentiae est causa cognitionis rei – si enim prius cognoverim aliquid esse rationale, cognosco inde idem esse hominem –, sed ita causa est, ut alia non sit quam efficiens. Finalis causa locorum non habet nisi in iis rebus, quae habent sesum et voluntatem, quam efficientem quoque esse suo loco ostendemus.17

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Ludger Honnefelder: Scientia transcendens. Die formale Bestimmung der Seiendheit und Realität in der Metaphysik des Mittelalters und der Neuzeit. Hamburg 1990, S. 200. Alle Zitate aus Francisco Suárez: Disputationes metaphysicae (12. Prooemium). In: Ders.: Opera Omnia, hg. v. Carolo Berton, 26/2 Bde. Paris 1856–1878, [Bd. 25–26, Paris 1877), hier Bd. 25, S. 423ff. Vgl. hierzu u.a. Steven Nadler: Doctrines of Explanation in late Scholasticism and in the Mechanical Philosophy. In: The Cambridge History of Seventeenth Century Philosophy, ed. by Daniel Garber, Michael Ayers, Cambridge 1998, vol. I, p. 513–552. Vgl. hierzu u.a. Oliver P. Rudolph: Wolffs Psychologie und die scholastische Tradition. In: Oliver-Pierre Rudolph u. Jean-François Goubet (Hg.): Die Psychologie Christian Wolffs. Systematischer Ort, Konstitution und Wirkungsgeschichte. Tübingen 2004 (Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung 22), S. 237–248. Vgl. Artur Schopenhauer: Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde (1847). In: Ders.: Kleinere Schriften. Werke in fünf Bänden, Bd. 3. Hg. v. Ludger Lütkehaus, Zürich 1991, S. 7–167, spez. S. 20, wo Schopenhauer die Disputationes metaphysicae als „wahres Kompendium der Scholastik“ bezeichnet. Thomas Hobbes: De Corpore. Elementorum Philosophiae Sectio Prima. Édition critique, notes, appendices et index par Karl Schuhmann, Paris 1999, hier S. 103. „Außer der Wirk- und der Materialursache führen die Metaphysiker noch zwei Ursachen auf, nämlich die Wesenheit (die manche die Formalursache nennen) und das Ziel bzw. die Zweckursache. Beide sind indessen Wirkursachen. Man nennt das Wesen eines Dings nämlich seine Ursache, ganz als wäre die Vernunftbegabtheit die Ursache des Menschen. Das ist aber unverständlich; bedeutet es doch soviel, als wenn man sagte, das Menschsein sei die Ursache des Menschen, was eine inkorrekte Redeweise ist. Indessen ist die Kenntnis der Wesenheit Ursache für die Kenntnis des Dings (habe ich nämlich erst erkennt, daß etwas vernunftbegabt ist, so erkenne ich daraus, daß das-

„Ein jedes Ding muß seinen Grund haben“?

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Es scheint aber diese qualitative Eingrenzung des Ursachenbegriffs, die unter ideen- und wissenschaftsgeschichtlicher Perspektive auch als Präzisierung und Befreiung von metaphysischem Ballast zu betrachten ist, eine entscheidende Voraussetzung für die erneute Universalisierung eines zunächst mechanistischen Begründungsprogramms abzugeben.18 Schon Christian Wolff hat im Zusammenhang der Geschichte des Satzes vom zureichenden Grunde zu Recht darauf hingewiesen,19 dass Descartes im ‚Anhang zu den zweiten Erwiderungen auf die Einwände (Mersennes) zu seinen Meditationen‘ die universelle Geltung eines Begründungsprogramms als Kausalitätskonzeption formuliert hatte, wenn er schreibt: Nulla res existit de qua non possit quaere quaenam sit causa cur existat. Hoc de ipso Deo quaeri potest, non quod indignat ulla cuasa ut existat, sed quia ipsa ejus naturae immensitas est cuausa sive ratio, propter quam nulla causa indigent ad existendum.20

Die mechanistische Metaphysik der Neuzeit in dieser ihrer ambitioniertesten Form reduziert nicht nur den Ursachebegriff des Aristoteles auf die causa efficiens, sie universalisiert diese Wirkursache zugleich und erhebt sie damit zu einer wesentlichen Bestimmung des ens a se. Diese streng mechanistische Ontologie ist auch in der Metaphysik Spinozas verwirklicht, der – in Anlehnung an diesen synthetischen Systementwurf Descartes’ im ‚Anhang zu den zweiten Erwiderungen‘ – in seiner Ethica festhält: Cujuscunque rei assignari debet causa seu ratio, tam cur existit quam cur non existet.21 Nihil existet, ex cujus natura aliquis effectus non sequatur.22

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selbe ein Mensch ist). Sie ist aber in der Weise Ursache, daß sie nichts anderes ist als die Wirkursache. Die Zweckursache findet sich nur bei denjenigen Dingen, die Sinneswahrnehmung und Willen besitzen; und wir werden an geeigneter Stelle darlegen, daß auch sie eine Wirkursache ist.“ An einer unzureichenden Differenzierung der Veränderungen des Begriffs der Ursache, des Grundes und desjenigen ihrer jeweiligen Korrelation krankt einzig die ansonsten luzide Studie von Heiner F. Klemme: Causality. In: Knud Haakonssen (Hg.): The Cambridge History of Eighteens Century Philosophy. Cambridge 2006, S. 368–388; bei einer angemesseneren Differenzierung hätte der Titel des Kapitels wohl auch eher principium rationis sufficientis lauten müssen. C. Wolff: Ontologie (wie Anm. 8), S. 160. René Descartes: Ouevres des Descartes. Publiées par Charles Adam et Paul Tannery. Paris 1964–76, vol. VII, S. 164f.; dt. Übersetzung nach René Descartes: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, mit sämtlichen Einwänden und Erwiderungen. Hg. v. Artur Buchenau, Hamburg 1972, S. 149: „Kein Ding existiert, bei dem man nicht fragen könnte, was denn die Ursache seiner Existenz sei. Denn bei Gott selbst kann man hiernach fragen, nicht weil er einer Ursache bedürfte, um zu existieren, sondern weil die Unermeßlichkeit seiner Natur die Ursache oder der Grund ist, weshalb er keiner Ursache bedarf, um zu existieren.“ Baruch de Spinoza: Ethik in geometrischer Ordnung dargestellt. Lateinisch – Deutsch, neu übersetzt, hg. u. mit einer Einl. versehen v. Wolfgang Bartuschat. Hamburg 1999, S. 22 (Eth. I, prop. 11, demo. 2): „Von jedem Ding muß sich eine Ursache oder ein Grund angeben lassen, weshalb es existiert, wie auch weshalb es nicht existiert.“ (Ebd., S. 23). Ebd., S. 78 (Eth. I, prop. 36): „Nichts existiert, aus dessen Natur nicht irgendeine Wirkung erfolgt.“ (Ebd., S. 79); zur Form und Stellung des principium rationis sufficientis in Spinozas

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Positiv formuliert bedeutet dies, dass alles, was ist, Ursache und/oder Wirkung ist.23 Dass dieser Universalität der Kausalität Ausschließlichkeit zukommt, somit der im entsprechenden Grundsatz des „a nihilo nihil fit“24 wirksame Begriff des Werdens bzw. Folgens (fieri und sequi) ausschließlich durch das Kausalitätsverhältnis ausgemacht wird und daher die Struktur alles Seienden bestimmt, zeigt sich an der folgenden Passage: [E]t ideo sive naturam sub attributo Extensionis, sive sub attributo Cogitationis, sive sub alio quacunque concipiamus, unum eundemque ordinem sive unam eandemque causarum connexionem, hoc est, easdem res invicem sequi reperiemus.25

Der ordo naturae wird also durch den connexus causarum ausgebildet, das heisst: er ist mit diesem identisch; und beides ist erneut identisch mit dem begrifflichen Folgen der Vorstellungen, dem connexus idearum. Aus diesem Grundsatz resultiert zudem, dass die Erkenntnis eines Dinges durch die Erkenntnis der Ursache dieses Dinges bestimmt wird: Ex data causa determinata necessario sequitur effectus, et contra, si nulla detur determinata causa, impossibile est, ut effectus sequatur. Effectus cognitio a cognitione causae dependet et eandem involvit.26

Zu Recht hat Detlev Pätzold festgehalten, dass philosophiehistorisch mit diesen Passagen der „Übergang vom Kausalitätsprinzip zum Kausalgesetz“ vollzogen

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Metaphysik vgl. Gideon Stiening: Substanz und Grund bei Spinoza. In: Societas rationis. Festschrift für Burkhard Tuschling zum 65. Geburtstag. Hg. v. Dieter Hüning, Gideon Stiening u. Ulrich Vogel. Berlin 2002, S. 61–82 sowie Michael Della Rocca: Explaining Explanation and the Multiplicity of Attributes. In: Michael Hampe u. Robert Schnepf (Hg.): Baruch de Spinoza: Ethik. Berlin 2006 (Klassiker Auslegen 31), S. 17–35. Vgl. auch Baruch de Spinoza: Briefwechsel. Hg. v. Manfred Walther. Hamburg 1986, S. 155: „3. daß es von jedem existierenden Ding eine positive Ursache geben muß, durch die es existiert.“ René Descartes: Prinzipien der Philosophie. Lateinisch-Deutsch. Übersetzt und hg. v. Christian Wohlers. Hamburg 2005, S. 54/55: „Wenn wir aber einräumen, daß es unmöglich ist, daß aus dem Nichts etwas entsteht, dann wird der Satz Aus dem Nichts entsteht nichts weder gleichsam als irgendwie existierendes Ding, noch als Zustand eines Dinges angesehen, sondern gewissermaßen wie eine ewige Wahrheit, die in unserem Geist ihren Sitz hat und als allgemeiner Grundbegriff bzw. Axiom bezeichnet wird.“ Spinoza: Ethik (wie Anm. 21), S. 110 (Eth. II, prop. 7, schol.): „Mögen wir somit die Natur unter dem Attribut Ausdehnung oder unter dem Attribut Denken oder unter irgendeinem anderen begreifen, immer werden wir ein und dieselbe Ordnung, anders formuliert ein und dieselbe Verknüpfung von Ursachen finden, d.h. daß es dieselben Dinge sind, die unter diesen Aspekten erfolgen.“ (Ebd., S. 111). Ebd., S. 8 (Eth. I, ax. 3 u. ax. 4): „Aus einer gegebenen bestimmten Ursache erfolgt notwendigerweise eine Wirkung; und umgekehrt, wenn keine bestimmte Ursache gegeben ist, ist es unmöglich, daß eine Wirkung erfolgt. Die Erkenntnis einer Wirkung hängt von der Erkenntnis der Ursache ab und schließt diese ein.“ (Ebd., S. 9).

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sei,27 denn Realgrund und Erkenntnisgrund, die Spinoza methodisch durchaus unterscheidet, fallen zugleich systematisch begründet zusammen. Für die nachfolgenden Debatten prägend – und zwar affirmativ wie kritisch – ist darüber hinaus, dass Spinoza den bei Descartes angelegten Begriff der causa sui vollständig entwickelt, und zwar um der Universalität des Kausalitätsprinzips gerecht zu werden. Auch und gerade die unabdingbare causa prima durfte vom Kausalgesetz nicht ausgenommen sein, d.h. auch nicht die Gottesinstanz: „Per causam sui intellego id, cujus essentia involvit existentiam, sive id, cujus natura non potest concipi nisi existent.“28 Dennoch bleiben sowohl in der aristotelischen Kausalitätskonzeption eines Suarez’ als auch in den mechanistischen Metaphysiken Descartes’ oder Spinozas deren Notwendigkeit und Allgemeinheit unreflektiert bzw. unbegründet. Zur zentralen Kategorie eines allgemeinen Begründungsprogramms wird eine – allerdings nicht mehr mechanistisch eingeschränkte – causa sive ratio erst in der Prinzipiierung durch Leibniz.

III Principium rationis sufficientis – Zwischen Leibniz und Wolff Tatsächlich ist es erst Gottfried Wilhelm Leibniz, der das principium rationis sufficientis als allgemeines Prinzips der Metaphysik entwickelt und in einer Weise formuliert, die zeigt, dass sie nicht nur mechanistischer Provenienz ist bzw. sein kann.29 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der in der Wissenschaft der Logik eine erweiterte, eigenständige Form des Grund-Begriffes entwickelte,30 erkannte – trotz einer langen historiographischen Interpretationsgeschichte schon im 18. Jahrhundert31 – als einer der ersten diese philosophiehistorische und systematische Stellung des principium rationis sufficientis bei Leibniz; in einer historischen Anmerkung zur Kategorie des Grundes hebt Hegel hervor: 27

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Detlev Pätzold: Wandlungen des Kausalitätsbegriffs. In: Brigitte Falkenburg u. Detlev Pätzold (Hg.): Verursachung. Repräsentationen von Kausalität. Hamburg 1998 (Dialektik 1998/2), S. 9-26, hier S. 17. Spinoza: Ethik (wie Anm. 21), S. 4 (Eth. I, def. 1): „Unter Ursache seiner selbst verstehe ich das, dessen Essenz Existenz einschließt, anders formuliert das, dessen Natur nur als existierend begriffen werden kann.“ Vgl. hierzu u.a. Hans-Jürgen Engfer: Art. Principium rationis sufficientis. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hg. v. Joachim Ritter u. Karlfriedrich Gründer. Bd. 7: P–Q, Basel 1989, Sp. 1325–1336. Vgl. hierzu insb. Michael Wolff: Der Satz vom Grund, oder: Was ist philosophische Argumentation? In: Neue Hefte für Philosophie 26 (1986), S. 89–114. Vgl. u.a. schon C. Wolff: Ontologie (wie Anm. 8), S. 158/159–161/62: „Definition und Geschichte des Prinzips des zureichenden Grundes“; Art. Zureichenden Grundes (Satz des). In: Johann Heinrich Zedler (Hg.): Großes, vollständiges Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste, 64 Bde., 4 Supplementbände, Halle 1732–64, Bd. 64 (1750), Sp. 395–430, hier Sp. 405ff.: „Historie und Schrifften von dem Satze des zureichenden Grundes.“

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Gideon Stiening Allein Leibniz, dem das Prinzip des zureichenden Grundes vornehmlich am Herzen lag und der es sogar zum Grundsatz seiner ganzen Philosophie machte, verband damit einen tieferen Sinn und wichtigeren Begriff, als gewöhnlich damit verbunden wird […]. Leibniz stellte das Zureichende des Grundes vornehmlich der Kausalität in ihrem strengen Sinne, als der mechanischen Wirkungsweise, entgegen. […] Unter dem zureichenden Grunde hat Leibniz daher einen solchen [d.i. einen Zweck als die Einheit der Bestimmungen] verstanden, der auch für diese Einheit zureichte, daher nicht die bloßen Ursachen, sondern die Endursachen in sich begriffe.32

Dass „der Satz vom Grunde […] in seiner Leibnizschen Formulierung sowohl ein Kausalprinzip (selbst Spezialfall eines allgemeinen Begründungsprinzips) als auch ein Finalprinzip einschließt,33 wird sich im folgenden insbes. im Hinblick auf die Vermittlung dieses Prinzips mit einem systematisch haltbaren Freiheitsbegriff noch als wichtig erweisen. Tatsächlich ist diese gegenüber dem mechanistischen Ursachebegriff Descartes’ erfolgte systematische Ausweitung des Grund-Begriffs für dessen allgemeine Prinzipiierung unerlässlich. Bevor diese begriffliche Entwicklung näher zu betrachten ist, seien einige wichtige Fassungen dieses Prinzips vorgestellt.34 Am fundiertesten und konsequenzenreichsten entwickelt Leibniz sein ‚großes Prinzip‘ in der Monadologie, in der es in den §§ 31 und 32 heißt: Nos raissonemens sont fondés sur deux P r i n c i p e s , c e l u y d e l a C o n t r a d i c t i o n , en vertu duquel nous jugeons f a u x ce qui en enveloppe, et vray ce qui est opposé ou contradictoire au faux. Et c e l u y d e l a R a i s o n s u f f i s a n t e , en vertu duquel nous considerons qu’aucun fait ne sauroit se trouver vray ou existant, aucune Enontiation veritable, sans qu’il y ait une raison suffisante, pourquoy il en soit ainsi et non pas autrment, quoyque ces raisons le plus souvent ne puisent point nous être connues.35

Schon an dieser Stelle ist deutlich zu erkennen, dass Leibniz keinerlei Ableitungsverhältnis zwischen seinen beiden Prinzipien behauptet, sondern ihnen ganz offenkundig eine Gleichursprünglichkeit zuschreibt. Erkennbar ist auch, dass die Kategorie des Grundes für Leibniz einen sowohl logischen als ontologischen Status hat. Zudem lässt sich ersehen, warum Eberhard gegen die Kantischen Grenzziehungen angehen musste, war doch schon für Leibniz die weitgehende Unkenntnis des Menschen in Bezug auf die Gründe des Seins (in Essenz und Existenz) kein Anlass deren apriorische Unerforschlichkeit bzw. Unerkennbarkeit festzuschreiben oder zu postulieren. Vielmehr – und das wird erhebliche Auswirkungen auf die 32 33

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Wissenschaft der Logik II. In: Ders.: Werke in 20 Bden. Hg. v. Eva Moldenhauer u. Karl Markus Michel. Frankfurt a.M. 1986, Bd. 6, S. 83. So – auf der Grundlage der Ausführungen Hegels – Jürgen Mittelstrass: Neuzeit und Aufklärung. Studien zur Entstehung der neuzeitlichen Wissenschaft und Philosophie. Berlin, New York 1970, S. 453–477, spez. S. 467. Zum Folgenden vgl. auch u.a. Gertrud Kahl-Furthmann: Der Satz vom zureichenden Grund von Leibniz bis Kant. In: Zeitschrift für philosophische Forschung 30 (1976), S. 107–122 sowie die exzellenten Ausführungen bei M. Wolff: Satz vom Grund (wie Anm. 29), S. 90–99. Gottfried Wilhelm Leibniz: Monadologie. In: Die philosophischen Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz, 7 Bde. Hg. v. Carl I. Gerhardt. Berlin 1875ff. [ND Hildesheim 1961], Bd. 6, S. 607–623, hier S. 612.

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Naturforschung des 18. Jahrhunderts zeitigen – ist eine aktuelle Unkenntnis prospektiv zu überwinden. So stellt der sich als Locke- und Leibnizschüler verstehende Arzt und Philosoph Ernst Platner in seiner einflussreichen Anthropologie für Ärzte und Weltweise von 1772 unmissverständlich fest: Nichts ist an und für sich unbegreiflich. Denn alles Mögliche hat Bestimmungen, aus denen sich der Grund der äußern oder innern Möglichkeit einsehen läßt. Was an und für sich unbegreiflich ist, ist unmöglich.36

Wie es dem Anthropologen Platner gelingt, eine empiristische Epistemologie mit dem principium rationis sufficientis zu verbinden, wird sich erst vor dem Hintergrund der Wolffschen Innovationen aufzeigen lassen. Bleiben wir zunächst noch bei Leibniz’ Versionen des Satzes vom zureichenden Grunde: Ungleich einflussreicher als durch die Monadologie wurden nämlich Gehalt und Geltung beider Prinzipien durch die populärere Text-Fassung seiner Philosophie: die Theodizee. Hier hatte Leibniz auch erklärt und begründet, dass alle Versuche, die notwendig universelle Geltung des Satzes vom zureichenden Grunde einzuschränken, in Inkohärenzen führen müssen. Im Zusammenhang einer systematischen Apologie des Zufälligen führt Leibniz daher aus: Pour nieux entendre ce ppoint, il fuat considerer qu’il y a deux grands principes de nos raisonnemens; l’un est le principe de la contradiction, qui porte que de deux propositions contradictoires, l’une est vray; l’autre fausse; l’autre pcincipe est celuy de la raison dterminante: c’est que jamais rien n’arrive, sans qu’il y ait une cause ou du moins une raison dterminante, c’est à dire quelque chose qui puisse servir à rendre raison a priori, pourquoy cela est existant plustost que non existant, et pourquoy cela est ainsi plustost que de toute autre façon. Ce grande principe a lieu dans tous les evenemens, et on ne donnera jamais un exemple contraire: et quoyque le plus souvent ces raisons dterminantes ne nous soyent pas assés connues, nous ne laisons pas d’entrevoir qu’il en a. Sans ce grand principe, nous ne pourrions jamais prouver l’existence de Dieu, et nous perdrions une infinité de raisaonnenemts tres justes et tres utiles, dont il est le fondament: et il ne souffre aucune exception, autrment da force seroit affoiblie.37

Auch aus dieser Passage ist ersichtlich, dass Leibniz dem principium rationis sufficientis sowohl ontologischen als auch logischen Status zuschreibt, weil es – wie er in einem der Schreiben gegen Samuel Clarke festhält – darauf zutrifft, „daß ein Ding existiert, daß ein Ereignis eintritt, daß eine Wahrheit stattfindet“.38 Klar wird aus diesem berühmten § 44 der Theodizee darüber hinaus, dass jenes Prinzip universell gilt, d.h. ohne Ausnahme und nur in dieser Kontur einen Beweis der Existenz Gottes ermöglicht (keineswegs einschließt). Letztlich wird aus dem einleitenden Kontext der Theodizee-Passage erkennbar, dass im Rahmen dieser Konzeption 36 37 38

Ernst Platner: Anthropologie für Aerzte und Weltweise. Erster Theil. Leipzig 1772, S. 189, (§ 563). Gottfried Wilhelm Leibniz: Essais de Theodicée (§ 44). In: Die philosophischen Schriften (wie Anm. 35) Bd. 6, S. 1–374, hier S. 127. Zitiert nach Gottfried Wilhelm Leibniz: Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie. Hg. v. Ernst Cassirer. Hamburg 31966, Bd. I, S. 212f.

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die Realität des Kontingenten dem Satz des Grundes nicht widerspricht. Tatsächlich ist Leibniz davon überzeugt, dass seine auf den Prinzipien des ausgeschlossenen Widerspruchs und des zureichenden Grundes basierende Variante des Rationalismus weder einen Freiheits- noch einen Kontingenzbegriff verunmöglicht. Im Gegenteil behauptet er, dass beide Begriffe erst auf der Grundlage seiner Philosophie wirklich und angemessen zu bestimmen seien; noch im Jahre 1794 wird Johann August Eberhard auf den in diesem Zusammenhang entscheidenden § 320 der Theodizee hinweisen;39 dort heißt es nämlich: La pleine indifference est de cette nature: l’accorder à la vontonté, c’est luy donner un privilege semblable à celuy que quelques Cartesiens et quelques Mystique trouvent dans la nature Divine, de pouvoir faire l’impossible, de pouvoirs produire des absurdités, de pouvoir faire que deux propositions contrdictioires soyent vrayes en même temps. Vouloir qu’une determination vienne d’une pleine indifference absolument indterminée, est vouloir qu’elle vienne naturellement de rien. L#on suppose que Dieu mne donne pas cette determination: elle n’a done point de source dans l’ame, ny dans le corps, ny dans les circumstances, puisque tout est supposé indeterminé; […]. C’est non seulment sortir de rien, mais même c’est en sortir par soy même.40

Auch der vorkritische Kant wird sich in der Nova dilucidatio von 1755 an diese – mehr prätendierte als realisierte – Vermittlung von Freiheit und principium rationis sufficientis zur Abwehr von Beliebigkeit und unbestimmter Willkür anlehnen.41 Die Freiheitsvorstellung Leibnizens widerspricht deshalb in dessen eigener Interpretation nicht dem Satz des zureichenden Grundes in seiner postulierten universellen Geltung, weil alle Versuche der Erfassung der Freiheit als unbestimmter Indifferenz dem Satz des Widerspruchs widersprechen und zur Annahme einer nur dem Schöpfergott zuzuschreibenden creatio ex nihilo für den Menschen führten. Auch der freie Wille des Menschen entscheidet laut Leibniz mithin nach zureichenden Gründen (ohne determiniert zu sein), weil eine davon differierende Annahme in logische, ontologische und theologische Inkohärenzen führte. In einem der Schreiben an Samuel Clarke zeigt sich allerdings, dass Leibniz von einer axiomatischen Gültigkeit seines Prinzips, d.h. von dessen Beweisunmöglichkeit und -unnötigkeit, überzeugt war, fragt er doch rhetorisch: „Ist das ein Prinzip, das des Beweises bedürfte?“42 Schon nach Aristoteles, dessen Ursachensystem von Leibniz zumindest teilweise rekonstituiert wird,43 war die Forderung nach Beweisen in allen Bereichen des Denkens Ausdruck mangelnder Bildung; diese polemische Abwehr eines Beweises bezog sich bei dem Stagiriten allerdings auf den

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Johann August Eberhard: Kurzer Abriß der Metaphysik mit Rücksicht auf den gegenwärtigen Zustand der Philosophie. Halle 1794, S. 12f. (§ 16). Leibniz: Theodicée (wie Anm. 37), S. 341f. Immanuel Kant: Principium primorum cognitionis metaphysicae nova dilucidatio. In: Ders.: Werke, 10 Bde. Hg. v. Wilhelm Weischedel, Darmstadt 1983, Bd. I, S. 454/455 ff. Leibniz: Hauptschriften (wie Anm. 38), Bd. I, S. 213. Vgl. hierzu Engfer: Principium (wie Anm. 29), Sp. 1326.

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Satz des Widerspruchs.44 Leibniz schließt in Bezug auf den Satz des Grundes in diesem Punkte an Aristoteles an. Nun hat Michael Wolff in einer bedeutenden Studie zwar gezeigt, dass der Satz des zureichenden Grundes – wenn auch nicht abgeleitet oder indirekt bewiesen,45 so doch – in einem engen Begründungzusammenhang mit Leibniz’ analytischer Urteilstheorie steht, deren Grundsatz praedicatum inest subjecto sowohl für die Logik als auch für die Ontologie entscheidende Konsequenzen bereithält.46 Für die philosophischen Zeitgenossen des 18. Jahrhunderts galt jedoch als ausgemacht, dass Leibniz für das principium rationis sufficientis keinerlei Beweis geliefert habe, weil er dies für unmöglich und unnötig erachtet habe. So heißt es im Artikel Zureichender Grund des Zedlerschen Universal-Lexikons aus dem Jahre 1750: Leibnitz selbst hat ihn [d.i. den Satz des zureichenden Grundes] nicht zu erweisen gesuchet; er meynte aber, daß die Erfahrung solchen ohne Unterlaß bekräfftige, und noch kein Exempel, alles Nachsuchens ohnerachtet, aufgestoßen wäre, wo es an einem zureichenden Grunde gefehlet hätte.47

Schon Christian Wolff hatte in seiner Ontologie von 1730 (21736) kritisch darauf hingewiesen, dass Leibniz dem „Prinzip des zureichenden Grundes ohne Erweis als Axiom“ Geltung zugeschrieben habe, und dies, obwohl Samuel Clarke einen Beweis eingefordert habe: Er [d.i. Leibniz] berief sich nämlich auf eine in jedem Fall naheliegende Erfahrung und verneinte, daß ein Beispiel für das Gegenteil vorgebracht werden könne, wobei er passenderweise daran erinnerte, daß, auch wenn es Beispiele gebe, bei denen der zureichende Grund verborgen sei, es dennoch keines gebe, bei dem es nicht klar sei, daß ein Grund vorhanden sein müsse.48

Auch Christian August Crusius betont, „daß er [d.i. Leibniz] sich nicht einmal unterstanden hat, diesen Satz zu erweisen“,49 und noch Eberhard macht im Jahre 1794 auf eine fehlende Deduktion bei Leibniz aufmerksam: „Leibnitz hat […] nie einen Beweis von dem Satzes des Grundes gegeben.“50 An dieser Frage der Be44

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Vgl. Aristoteles: Metaphysik IV, 4, 1006a5ff. In: Ders.: Metaphysik. Schriften zur Ersten Philosophie. Übers. u. hg. v. Franz F. Schwarz. Stuttgart 1987, S. 90. „Einige allerdings verlangen – aufgrund ihrer mangelhaften philosophischen Ausbildung –, auch dies [das Gesetz des ausgeschlossenen Widerspruchs, G.S.] solle bewiesen werden. Denn es zeigt mangelhafte Ausbildung, wenn man nicht weiß, wofür man einen Beweis zu suchen hat und wofür nicht.“ Zu einem zu Lebzeiten unpublizierten Deduktionsversuch durch Leibniz vgl. Wolfgang Röd: Die Philosophie der Neuzeit 2. Von Newton bis Rousseau, München 1984 (Geschichte der Philosophie Bd. 8), S. 87f. M. Wolff: Satz vom Grund (wie Anm. 30), S. 92ff. Zedler: Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste (wie Anm. 31), Sp. 397f. C. Wolff: Ontologie (wie Anm. 8), S. 175 (§ 75). Christan August Crusius: Ausführliche Abhandlung von dem rechten Gebrauche und der Einschränkung des sogenannten Satzes vom zureichenden oder besser determinierenden Grunde. Aus dem Lateinischen des Hrn. M. Christian August Crusii […] Übersetzt und mit Anmerkungen nebst einem Anhange begleitet von Christian Friedrich Krausen. Leipzig 1744, S. 36. Eberhard: Abriß (wie Anm. 39), S. 12.

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weisbarkeit bzw. beweisunabhängigen Axiomatik des Satzes vom zureichenden Grunde, die noch im Streit zwischen Kant und Eberhard von tragender Bedeutung sein wird, lassen sich einige grundlegende Differenzen zwischen Wolff und seinem ‚Lehrer‘ Leibniz feststellen, die auf allgemeine Unterschiede zwischen den Begründungsprogrammen der Aufklärung im Hinblick auf die Rationalisierbarkeit des menschlichen Denkens und Handelns sowie der Welt überhaupt hindeuten. Wolff ist nämlich gegen Leibniz der Ansicht, dass „das Prinzip des zureichenden Grundes […] erwiesen“ werden könne.51 Er führt diese Ansicht in der Ontologie und – leicht abweichend im Beweisgang – in der Deutschen Metaphysik auch durch, und zwar anhand einer Ableitung des Satzes vom zureichenden Grunde aus dem als ursprüngliche Wahrheit gesetzten Satz des Widerspruchs.52 Diese – misslingende – Deduktion Wolffs ist in der Forschung so häufig und so präzise rekonstruiert worden,53 dass sich eine ausführliche Betrachtung der Argumentation an dieser Stelle erübrigt. Als wichtigste argumentative Momente der Ableitung müssen gelten: 1. die vorausgesetzten, durch strenge Kontradiktion korrelierten Definitionen von Etwas und Nichts nach dem Satz des Widerspruchs und dem des ausgeschlossenen Dritten; 2. die – unzulässige – Identifizierung des Nicht-Vorhandenseins eines Grundes für die Existenz eines Dinges bzw. die Wahrheit eines Satzes mit dem Nichts als Grund beider; 3. die auf der Geltung des Satzes des Widerspruches basierende Anwendung der metaphysischen Maxime, a nihilo nihil fit, auf die These vom Nichts als Grund; 4. die mit dem Nachweis der Unmöglichkeit des Nichts als Grund eines Dinges / einer Wahrheit erbrachte These von der Notwendigkeit eines Grundes in logischer und ontologischer Hinsicht für jedes Etwas.

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C. Wolff: Ontologie (wie Anm. 8), S. 151f (§ 70). Vgl. hierzu die exzellente Studie von Vitali Ivanov: Principium omnium primum. Zur Frage nach der Stellung des Widerspruchsprinzips in der Ordnung der Explikation des Begriffs des Seienden in der Wissenschaft der Ontologie. In: Christian Wolff und die europäische Aufklärung. Akten des 1. Internationalen Christian-Wolff-Kongresses, Halle (Saale), 4.-8. April 2004. Hg. v. Jürgen Stolzenberg und Oliver-Pierre Rudolph. Hildesheim, Zürich, New York 2007, Teil 2, S. 273–289. Vgl. hierzu u.a. Ernst Cassirer: Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit. Berlin3 1922 [ND Darmstadt 1991], Bd. 2, S. 546f.; Röd: Philosophie der Neuzeit 2 (wie Anm. 45), S. 242–245; Engfer: Principium (wie Anm. 29), Sp.1327f. Lothar Kreimendahl: Christian Wolff. Einleitende Abhandlung über Philosophie im allgemeinen (1728). In: Ders.: Hauptwerke der Philosophie. Rationalismus und Empirismus. Stuttgart 1994, S. 215–246; Hans-Jürgen Engfer: Rationalismus versus Empirismus? Kritik eines philosophischen Schemas, Paderborn 1996, S. 281f.; am präzisesten und vollständigsten Honnefelder: Scientia transzendens (wie Anm. 12), S. 328–333, dort auch Angaben zur älteren Literatur; sowie letzthin Effertz: Einleitung In: Christian Wolff: Erste Philosophie oder Ontologie (wie Anm. 8), S. XXIVf.

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Zusammenfassend resümiert Wolff das Ergebnis seines Apriorität beanspruchenden Beweises für die Geltung des principium rationis sufficientis mit der folgenden Definition: „Der Satz, daß nichts ohne zureichenden Grund ist, warum es eher ist als nicht, wird Prinzip des zureichenden Grundes genannt.“54 In der Deutschen Metaphysik, die eine neuerliche Ausführung der Prima Philosophia bietet, wird dieser Beweis im § 30 leicht modifiziert wie folgt reproduziert: Wo etwas vorhanden ist, woraus man begreiffen kann, warum etwas ist, das hat einen zureichenden Grund. Derowegen wo keiner vorhanden ist, da ist nichts, woraus man begreiffen kann, warum etwas ist, nehmlich warum es würcklich werden kann, und also muß es aus Nichts entstehen. Was demnach nicht aus Nichts entstehen kann, muß einen zureichenden Grund haben, warum es ist, als es muß an sich möglich seyn und eine Ursache haben, die es zur Würcklichkeit bringen kann, wenn wir von Dingen reden, die nicht nothwendig sind. Da nun unmöglich ist, daß aus Nichts etwas werden kann; so muß auch alles, was ist, seinen zureichenden Grund haben, warum es ist, das ist, es muß allezeit etwas seyn, daraus man verstehen kann, warum es würcklich werden kann.55

Zu Recht hat Dirk Effertz darauf aufmerksam gemacht, dass die Differenz zwischen beiden Beweisgängen darin besteht, dass „im ersten Fall […] dem Nichts die absurde Funktion einer causa efficiens zu[komme], im anderen Fall gleichsam die Funktion einer causa materialis“,56 wobei es zum Beweisgang gehört, beide Annahmen zurückzuweisen. Aus der These aber, dass das Nichts in keiner Form als Ursache fungieren könne, folgt keineswegs, dass etwas nicht grundlos sein könne. Diese Kritik wird sich Wolff schon früh – u.a. von Crusius – anhören müssen. Bevor jedoch diese, für die Stellung des Streites zwischen Kant und Eberhard bestimmenden Formen der Kritik zu betrachten sind, sei darauf verwiesen, dass Wolff ausdrücklich von einem ontologischen Principium spricht, „weil wir dasselbe nicht weniger als das Widerspruchsprinzip dazu gebrauchen werden, um die Grundlagen aller Erkenntnis sicher und unerschütterlich zu befestigen“.57 Darüber hinaus weist Wolff – Leibniz hierin folgend – darauf hin, dass „Grund und Ursache sich beträchtlich voneinander unterscheiden“, weil auch für ihn der Wille weder Chimäre (wegen eines universalistischen Kausalitätskonzepts) sei noch durch Indifferenz konstituiert würde.58 Überraschenderweise entwickelt Wolff in der Folge des Argumentationsganges der Ontologie einen eigenständigen aposteriorischen, auf Erfahrung gründenden Beleg der Geltung des principium rationis sufficientis59 sowie die These vom Satz 54 55 56 57 58

59

C. Wolff: Ontologie (wie Anm. 8), S. 159 (§ 71). C. Wolff: Vernünfftige Gedancken von Gott, der Welt und auch der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt [Deutsche Metaphysik], Halle 1751, S. 16 (§ 30). Effertz: Einleitung. In: Christian Wolff: Erste Philosophie oder Ontologie (wie Anm. 8), S. XXVII. C. Wolff: Ontologie (wie Anm. 8), S. 159 (§ 71). Ebd., S. 159ff. (§ 71) u. 163 ff. (§ 72); vgl. hierzu auch Dieter Hüning: Die Debatte um das Verhältnis von Willensfreiheit und Strafrecht in der Strafrechtsphilosophie der Aufklärung. In: Jahrbuch für Recht und Ethik 16 (2008), S. 401–430, spez. S. 408ff. Ebd., S. 163ff. (§ 72).

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des zureichenden Grundes als anthropologischer Konstante, weil er der Natur des menschlichen Geistes entspräche.60 Es scheint, als wolle der Universalitätstheoretiker und Systematiker keine Beweisform auslassen, um die uneingeschränkte Geltung des Prinzips vom zureichenden Grunde nachzuweisen. Letztlich konzediert er gar Leibniz, man könne den Satz auch als Axiom ohne Erweis in seinen fundierenden Status einfügen.61 Mit seinen diversen Beweisgängen dürfte Wolff aber den Versuch unternommen haben, dem Principium rationis im Hinblick auf es selbst eine begründete Geltung zu verschaffen. Schon in Bezug auf Descartes’ Ausweitung des Kausalitätskonzepts auf die Gottesinstanz hatte er festgestellt, dass hier kausale Universalität als strenge Ausnahmslosigkeit bestimmt wurde und diese konsequenterweise auch auf alle allgemeinen Prinzipien auszudehnen ist. In diesem Ansinnen einer lückenlosen Begründung des eigenen universellen Begründungsprogramms sind ihm eine Reihe von Schülern gefolgt, so Baumgarten, Bülffinger, Darjes, Reimarus, Mendelssohn und – wie sich zeigen soll – noch Platner und Eberhard62; andere, wie sein berühmtester Propagator, Johann Christoph Gottsched, haben ihm gerade in diesem Punkte ostentativ die Gefolgschaft verweigert.63 Dass Wolff für diesen reflexiven Beweisstatus des principium rationis sufficientis zu spekulativen Instrumenten hätte greifen müssen, konnte ihm nicht bewusst sein und so endet sein Versuch in der schon bald von Kritikern nachgewiesenen petitio principii. Dennoch ist sein Beweisversuch nicht rationalistischer Hybris geschuldet, sondern der strengen Notwendigkeit und daher Universalität des Satzes vom zureichenden Grunde;64 sein Beweis ist letztlich auch der

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64

Ebd., S. 169ff. (§ 74). C. Wolff: Ontologie (wie Anm. 8), S. 173ff. (§ 75). Zu den ersten Autoren vgl. Cassirer: Erkenntnisproblem (wie Anm. 54), S. 547, Anm. 2 sowie Engfer: Principium (wie Anm. 29), Sp. 1328; zu Platners Ableitung des principium rationis aus dem Satz des Widerspruches vgl. Gideon Stiening: Platners Aufklärung. Das Theorem der angeborenen Ideen zwischen Anthropologie, Erkenntnistheorie und Metaphysik. In: Aufklärung 19 (2007), S. 105–138; zu Eberhard vgl. weiter unten. Vgl. hierzu Johann Christoph Gottsched: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit. Darinn alle philosophischen Wissenschaften in ihrer natürlichen Verknüpfung abgehandelt werden. Zum Gebrauch Academischer Lectionen. Leipzig 1733, Bd. I, S. 112f. (§§ 213–216); zu Gottscheds selbständigem Wolffianismus vgl. u.a. Benno Erdmann: Martin Knutzen und seine Zeit. Ein Beitrag zur Geschichte der Wolfischen Schule und insbesondere zur Entwicklungsgeschichte Kants. Leipzig 1876 [ND Hildesheim 1973], S. 18 u. S. 79ff.; Eric Watkins: The Development of Physical Influx in Early Eighteenth-Century Germany: Gottsched, Knutzen, and Crusius. In: The Review of Metaphysics XLIX.2 (1995), p. 295–339, esp. p. 300–307 sowie in Bezug auf das Verhältnis von principium rationis und principium contradictionis Gideon Stiening: „[D]arinn ich noch nicht völlig seiner Meynung habe beipflichten können.“ Gottsched und Wolff. In: Eric Achermann (Hg.): Gottsched. Aufklärer. Tübingen 2013, [i.D.]. So auch Cassirer: Erkenntnisproblem (wie Anm. 54), S. 546f.: „Wenn bei Wolff anfangs der S a t z d e s W i d e r s p r u c h s und der S a t z v o m G r u n d e als selbständige Wahrheiten einander gegenüberstehen, so drängt doch die Tendenz seines Systems immer stärker auf eine Aufhebung dieser fundamentalen Unterscheidung. Erst wenn es gelungen ist, das Prinzip der Tatsachenwahrheiten aus dem höchsten konstitutiven Grundsatz des Denkens überhaupt abzuleiten, scheint das Ziel des Rationalismus erreicht. Soll der Satz vom Grunde sich als notwen-

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Versuch, die spinozanische Gegenstandskategorie der causa sui wissenschaftsmethodisch einzuholen.

IV Gott, Freiheit und Erfahrung – philosophische Instrumente wider das principium Wie mehrfach erwähnt, wurde der Satz vom zureichenden Grunde sowohl in seiner Leibnizianisch-axiomatischen als auch in seiner Wolffianisch-demonstrativen Variante, und zwar in seinem logischen ebenso wie in seinem ontologischen Geltungsstatus, schon früh einer vehementen Kritik unterzogen. Erst eine angemessene Beachtung auch dieser kritischen Positionen kann eine vollständige historische Kontextualisierung des Streitpunktes um das principium rationis sufficientis zwischen Eberhard und Kant gewährleisten. Dass in diesem kritischen Zusammenhang Christian August Crusius mit seiner Ausführlichen Abhandlung von dem rechten Gebrauche und der Einschränkung des sogenannten Satzes vom zureichenden oder besser determinierenden Grunde eine prominente Rolle spielte,65 ist schon den Zeitgenossen bekannt.66 Doch auch vor dieser von gegenaufklärerischen Motiven geleiteten, letztlich theonomen Kritik führte David Hume, dessen Rezeption in den deutschsprachigen Landen erst in den 1750er Jahren einsetzte,67 in seinem Treatise of Human Nature (1740) die kritische Analyse eines Lockeschen Gottesbeweises durch,68 der aufgrund seiner Argumentationsbewegung als Analogie zum Wolffschen Beweisgang für die Geltung des principium rationis sufficientis bestimmt werden kann; Humes Widerlegung trifft daher ebenso Lockes Gottes- wie Wolffs Grundbeweis.69 Hume beschäftigt sich im Kapitel Why a cause is allways necessary (1.1.3.) mit der Frage, ob die als Grundsatz angenommene Regel, „whatever begins to exist, must habe a cause of existence“,70 Geltung beanspruchen könne. Bekanntermaßen

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68

69 70

dige Vernunftwahrheit behaupten, so muß sich zeigen lassen, daß seine Aufhebung einen W i d e r s p r u c h einschließen würde.“ Crusius: Abhandlung (wie Anm. 49). Vgl. u.a. Zedler: Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste (wie Anm. 31), Sp. 420. Vgl. hierzu u.a. Cassirer: Erkenntnisproblem (wie Anm. 54), S. 551f.; Günther Gawlick u. Lothar Kreimendahl: Hume in der deutschen Aufklärung. Stuttgart-Bad Cannstatt 1987; Manfred Kühn: Scottish Common Sense in Germany: 1768-1800. Kingston 1987; Falk Wunderlich: Ernst Platners Auseinandersetzung mit David Hume. In: Aufklärung 19 (2007), S. 163–180 sowie Annette Meyer: Von der Wahrheit zur Wahrscheinlichkeit. Die Wissenschaft vom Menschen in der schottischen und deutschen Aufklärung. Tübingen 2008, S. 215ff. Vgl. hierzu John Locke: An Essay concerning Human Understanding. Edited with an Introduction, Critical Apparatus and Glossary by Peter H. Nidditch. Oxford 1979, S. 378f. (4.10.2.ff.) Vgl. hierzu – allerdings ideengeschichtlich undifferenziert – Cassirer: Erkenntnisproblem (wie Anm. 54), S. 547. David Hume: A Treatise of Human Nature. Ed. by David Fate Norton, Mary J. Norton. Oxford 2000, S. 56–58, spez. S. 56.

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weist er diese These zurück, weil die Überzeugung von der Notwendigkeit einer Ursache für alles Neuhervorgebrachte weder durch unmittelbares noch durch wissenschaftliches Wissen zu begründen sei. Einzig durch Beobachtung und Erfahrung sowie – darin besteht die Pointe – nur als Erfahrung kann Kausalität Bestand haben; und so transformiert Hume das genannte Problem in die Frage, wie es dazu kommt, dass der erkennende Mensch der Überzeugung ist, dass was immer existiert eine Ursache für diese Existenz haben muss. Die Legitimation für diese Transformation bezieht Hume aus der Widerlegung einiger Argumente für die These einer notwenigen Kausalität, dessen drittes wie folgt präsentiert und widerlegt wird: Tis [i.e. you suppose the very point in the question] exactly the same case with the third argument, which has been employ’d to demonstrate the necessity of a cause. Whatever is produc’d without any cause, is produc’d by nothing; or in other words, has nothing for its cause. But nothing can never be a cause, no more than it can be something, or equal to two right angles. By the same intuition, that we perceive nothing not to be equal to two right angles, or not to be something, we perceive, that it can never be a cause; and consequently must perceive, that every object ha a real cause of its existence. I believe it will not be necessary to employ many words in showing the weakness of this argument, […] If every thing must a cause, it follows, that upon the exclusion of other causes we must accept of the object itself or of nothing as causes. But ‘tis the very point in question, whether every thing must have a cause or not; and therefore, according to all just reasoning, it ought never to be taken for granted.71

Dieser Nachweis einer petitio principii72 ist ebenso sachlich richtig wie historisch einflussreich, auch wenn er sich zunächst nicht als Argument gegen Wolffs Beweis für die Geltung des Principium rationis sufficientis ausbreitete und durchsetzte. Der Sache nach – wenn auch aus anderen Motiven und unter anderen Prämissen – führte diesen Nachweis auch Christian August Crusius, dessen Einwände weithin, so auch von Immanuel Kant, wahr- und aufgenommen wurden.73 Im Hinblick auf die Stellung der Humeschen Argumente in der Philosophiegeschichte des Satzes vom zureichenden Grunde ist jedoch vor einer genaueren Betrachtung der Position des Crusius’ zu berücksichtigen, dass der schottische Philosoph erstens von der spätestens durch Hobbes inaugurierten Ausschließlichkeit der causa efficiens ausgeht, sodass er die von Leibniz für die Ausweitung des Geltungsbereichs des principium rationis reaktualisierte causa finalis gar nicht in Betracht zieht.74 Zweitens begreift Hume das Ursache-Wirkungsverhältnis – entgegen der durch Descartes anhebenden rationalistischen Interpretation – nicht als eine analytische Relation, d.h. er bestimmt das Urteil über solcherart Ursache-Wirkungs-Beziehung nicht als eine analytisches. Hatte der späte Leibniz die für die Vernunftwahrheit stets postu71 72 73 74

Ebd., S. 57. Vgl. hierzu auch – allerdings ohne Bezug zu Wolffs Beweisgang – Klemme: Causality (wie Anm. 18), S. 376. Vgl. hierzu Kant: Nova dilucidatio (wie Anm. 41), S. 438/439. So auch Röd: Philosophie der Neuzeit 2 (wie Anm. 45), S. 326.

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lierte Analytizität des Prädikats im Subjekt auch auf die Tatsachenwahrheiten ausgeweitet75 und damit jene Analytizität von Folgen in ihren Gründen sowohl für Erkenntnis- als auch für Realgründe demonstriert, so entfaltet der strenge Empirismus Humes das Ursache-Wirkungsverhältnis aufgrund der empirisch einzig nachweislichen zeitlichen Sukzession zwischen zwei Gegenständen A und B als synthetisches Urteil. Gegen die „Radikalität des Leibnizschen Rationalismus“76 und unter Aufnahme der Humeschen Argumente wird Kant an dieser Auffassung der „Nicht-Analytizität von Kausalaussagen“ festhalten.77 Drittens aber basiert Humes Depotenzierung des Kausalitätsprinzips (als allgemeines und besonderes) zu einem subjektiven Prinzip von Erfahrung auf seiner grundsätzlichen Skepsis gegenüber dem Erkenntnisvermögen des Menschen überhaupt: „We are placed in this world, as in a great theatre, where the true springs and causes of every are entirely concealed from us.“78 Humes konsequenter und facettenreicher Skeptizismus und Empirismus ist wohl am weitesten entfernt von demonstrativen oder axiomatischen Begründungen für das principium rationis sufficientis und sein Einfluss macht sich in dieser antirationalistischen Hinsicht bis in unsere Tage nicht nur in der angelsächsischen Philosophie bemerkbar. In der deutschsprachigen Philosophie des 18. Jahrhunderts wurde seine Position jedoch vor Tetens und Kant kaum eingehend geprüft – geschweige denn produktiv rezipiert.79 Dennoch wird sein Einfluss noch die Auseinandersetzung zwischen Kant und Eberhard prägen. Wenn auch nicht philosophie-, so doch ideengeschichtlich am einflussreichsten wirkten in der deutschsprachigen Debatte um das pincipium rationis sufficientis die Einwände Christian August Crusius’ gegen den Wolffschen Beweisgang.80 Dabei geht es Crusius erklärtermaßen nicht um eine vollständige Verwerfung eines allgemeinen Begründungsprinzips, vielmehr zielt der Leipziger Theologe und Philosoph auf eine Einschränkung des Geltungsumfangs des principium rationis sufficientis ab und sieht sich allein schon bei der Kritik seiner Benennung, das eher determinierender als zureichender Grund heißen solle, als Fackelträger vernünftigen

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Vgl. hierzu Engfer: Empirismus versus Rationalismus (wie Anm. 54), S. 162f. So zu Recht ebd., S. 162. Vgl. hierzu Bernhard Rang: Kants Antwort auf Hume. In: Jens Kulenkampff: David Hume. Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand. Berlin 1997 (Klassiker auslegen 8), S. 95–113. David Hume: The Natural History of Religion. In: D. H.: The Philosophical Works in 4 vol. Ed. by Thomas Hill Green a. Thomas Hodge Grose. London 1882 [ND Aalen 1964], vol. IV, S. 316. Zu Tetens Hume-Bezügen vgl. Manfred Kühn: Hume and Tetens. In: Hume Studies 15 (1989), S. 356–375; zu Kants Hume-Rezeption und -Verständnis vgl. u.a. Lothar Kreimendahl: Kant – Der Durchbruch von 1769. Köln 1990; Eric Watkins: Kant and the Metaphysics of Causality. Cambridge 2005. Zur pietistischen, thomasianischen und empiristischen Fronde gegen das Principium rationis sufficientis in seiner Wolffschen Variante vgl. Engfer: Principium (wie Anm. 29), Sp.1328.

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Lichts.81 Denn durch die verfälschende Bezeichnung werde „redlichen Gemüthern eine [sic] blaue Dunst“82 gemacht, weil sie die Forderung nach einem zureichenden Grund für alles, was ist, als gleichsam selbstverständlich akzeptierten: Derowegen wird es zur Deutlichkeit mehr beförderlich seyn, wenn wir diesen Satz lieber den Satz des Determinierenden Grundes nennen. Denn determinieren heißt, nicht mehr als eine einzige Möglichkeit übriglassen, wie ein Ding bey diesen Umständen beschaffen seyn oder beschaffen seyn könne.83

Crusius geht seinem Ziel des Nachweises einer nur eingeschränkten, in diesen Schranken aber ausdifferenziert wirksamen Geltung des Satzes des determinierenden Grundes in drei Schritten nach84: Zum einen ist Crusius – trotz der Argumentationen Leibnizens und Wolffs – davon überzeugt, dass durch die Annahme einer uneingeschränkten Geltung des Satzes vom determinierenden Grunde die Freiheit, und zwar sowohl die Freiheit Gottes als auch die des Menschen, verunmöglicht, damit aber jede Macht und Moralität zerstört würde. Trotz der von Wolff eingeführten Unterscheidung von hypothetischer und absoluter, unmittelbarer und mittelbarer Notwendigkeit – deren Leistungsfähigkeiten gegen einen lückenlosen Determinismus er allerdings unterschätzt, weshalb sie nur unzureichend widerlegt wird – sieht Crusius die moralischen und theologischen Konsequenzen eines nicht eingeschränkten Satzes vom determinierenden Grunde als höchst bedenklich an: Wenn ich dieses bey mir überlege [d.i., daß die Ausdifferenzierungen des Notwendigkeitsbegriffes nicht hilft], so finde ich, daß diejenigen keinen ungegründeten Einwurf gemachet, welche behauptet haben, es werde durch den Satz des Determinierenden Grundes ein Schicksal oder Fatum gleichsam durch die Hinterthüre wiederum eingeführet. Denn das F a t u m besteht in einer u n v e r ä n d e r l i c h e n V e r w i c k l u n g a l l e r D i n g e .85

Von diesem – auf Friedrich Heinrich Jacobis Skandalisierung der philosophischen Auseinandersetzung in den 1780er Jahren voraus weisenden86 – Vorwurf des Fatalismus wird ausdrücklich auch Leibniz nicht ausgenommen; und er mündet in eine energische Kritik an der aus der Negation des freien Willens resultierenden Aufhebung der „Tugend“ und des „Lasters“, mithin der Unterscheidung von gut und 81

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85 86

Vgl. hierzu die ebenso präzisen wie eleganten Ausführungen bei Sonia Carboncini: Transzendentale Wahrheit und Traum. Christian Wolffs Antwort auf die Herausforderung durch den Cartesianischen Zweifel. Stuttgart Bad-Cannstatt 1991, S. 200–207. Crusius: Abhandlung (wie Anm. 48), S. 7f. (§ 2). Ebd., S. 9 (§ 3). Vgl. ebd., S. 14ff. (§ 4), zu diesen Nachweis in drei, voneinander unabhängigen, also systematisch unvermittelten Teilen vgl. Cassirer: Erkenntnisproblem (wie Anm. 51), S. 548ff.; KahlFurthmann: Satz vom zureichenden Grund (wie Anm. 34), S. 114f.; Röd: Philosophie der Neuzeit 2 (wie Anm. 44), S. 263; Engfer: Principium (wie Anm. 29), Sp. 1328f.; Klemme: Causality (wie Anm. 18), S. 372f., der allerdings nur auf zwei der Argumente eingeht. Crusius: Abhandlung (wie Anm. 49), S. 24. Zur begrifflichen Entwicklung des jacobischen Fatalismusvorwurfes gegen Spinoza und Lessing vgl. Hermann Timm: Gott und die Freiheit. Studien zur Religionsphilosophie der Goethezeit. Frankfurt a.M. 1974, S. 185–197.

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böse, und weiterer Konsequenzen, wie der Depotenzierung der Furcht vor postmortaler Aburteilung in „Strafe und Belohnung“.87 Vor allem die Einschränkung der Allmacht Gottes, weil in dem von ihm geschaffenen lückenlosen Determinationszusammenhang „keine Sünde GOtt mißfallen kann“,88 fordert Crusius’ Polemik heraus; im Rahmen des von ihm skizzierten Determinismus käme etwaigen Befehlen Gottes zu tugendhaftem Handeln nur noch folgender Status zu: Daher ist ein solcher Befehl der Vernunft eben so wenig gemäß, als wenn einer dem Steine, den er in den Fluß wirfft, mit einer hohen und ernsthaften Mine den Befehl ertheilte, er solle ja zu Boden sinken, oder, wenn einer bey Anschauung des Regens den herabfallenden Regentropfen dieses Gesetz einschärfte, sie sollten sich ja in acht nehmen, damit sie nicht abwärts steigen möchten, weil sie fein auf die Erde herunter fallen müsten.89

Es sind die dieser Polemik zugrundeliegenden theologischen Prämissen, die Crusius eigentliches Interesse an der Auseinandersetzung befördern und die in der Behauptung gipfeln, die Gerechtigkeit Gottes werde durch das System des determinierenden Grundes unterminiert.90 Deshalb ist der anschließende Nachweis einer petitio principii im Wolffschen Beweisgang für die Geltung des principium rationis sufficientis nicht ausschließlich kohärenztheoretisch interessiert, wie in der gleichlautenden Analyse Humes’, sondern Instrument der letztlich theologischen Intentionen des Autors. Gleichwohl gelingt Crusius dieser kritische Nachweis nach allen Regeln der logischen Kunst und er resümiert zu Recht: Denn wer den Satz des Zureichenden Grundes leugnet, der muß deswegen nicht behaupten, daß das Nichts die Ursache von einem existierenden Dinge sey, sondern er sagt nur so viel, daß zu einem existierenden Dinge gar keine Ursache vorhanden sey.91

Zusammenfassend hält Crusius fest, dass der Versuch der Ableitung des Satzes vom zureichenden Grunde aus dem Satz des Widerspruchs gescheitert sei.92 Dabei zielt seine Argumentation keineswegs auf eine vollständige Negation des pincipium rationis ab, sondern vielmehr auf eine Einschränkung seiner Geltung auf endliche Dinge des Naturzusammenhangs; Gott und die Freiheit müssen aber aus diesem Geltungsbereich ausgenommen werden.93 Und so erhält der Satz des determinierenden Grundes bei Crusius die folgende Formel:

87 88 89 90 91 92

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Beide Zitat Crusius: Abhandlung (wie Anm. 49), S. 29. Ebd., S. 31. Ebd., S. 32. Ebd., S. 32ff. Ebd., S. 43. Ebd., S. 55f. (§ 14), vgl. auch Christian August Crusius: Entwurf der notwendigen Vernunftwahrheiten, wiefern sie den zufälligen entgegengestellt werden. Leipzig 21753, S. 51 (§ 31). Crusius: Abhandlung (wie Anm. 49), S. 71 (§ 25).

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Gideon Stiening [A]lles, was nicht eine Grundthätigkeit der Freyheit ist, das hat wenn es entstehet, einen determinierenden Grund, das ist, einen solchen, bey dessen Setzung es nicht unterbleiben, auch nicht anders seyn oder geschehen kann.94

Für den Geltungsbereich innerhalb dieser Grenzen aber ist Crusius um die Entwicklung einer gegenüber Leibniz und Wolff erheblich ausdifferenzierten Systematik von Gründen bemüht, die ihm mit weitreichenden Konsequenzen (bis zu Schopenhauer) gelingt.95 Insbesondere die Unterscheidung zwischen Real- und Erkenntnisgrund, die zwar der Sache nach schon bei Suarez, Spinoza, Leibniz und Wolff entwickelt worden war, in dieser Form ihres systematischen unaufhebbaren Unterschiedenseins aber neu war, wird die weiteren Debatten prägen.96 Mit den kritischen Positionen Crusius’ und Humes liegen prominente Beispiele für die philosophiehistorisch bedeutenden Argumente derjenigen Konzeptionen vor, von denen aus das principium rationis sufficientis im 18. Jahrhundert wirksam angegriffen wurde: Entweder ist es eine empiristische Epistemologie, deren phänomenologische Konsequenzen der Erklärungsmöglichkeit der menschlichen Vernunft – u.a. aufgrund der Leugnung jeglicher Apriorität – so enge Grenzen setzt, dass ein rationales Prinzip nicht zu verwirklichen ist. Oder aber eine voluntaristische Metaphysik erhebt Einsprüche, weil die Macht Gottes und die Freiheit – und d.h. vor allem die Moralitätsfähigkeit – des Menschen durch den Satz des zureichenden Grundes beeinträchtigt scheinen. Dass sich solcherart Empirismus und Voluntarismus nicht ausschließen, sondern eine antirationalistische Liaison dangereuse eingehend können, beweisen (nach William of Ockham97) noch im 18. Jahrhundert Thomasius und seine Schule.98 Gemeinsam ist allen diesen Fraktionen die energische Ziehung enger Grenzen der Vernunft.

V Vermittlungsversuche: Von Baumgarten und Meier über Lambert und Tetens bis zu Platner und Jacobi Für die weiteren Debatten um die Geltung des Satzes vom Grunde, die seit 1750 unvermindert, durch den zunehmenden Einfluss des Empirismus gar verschärft geführt wurden, ist zu beachten, dass Crusius’ Einwände zwar weithin Gehör fanden,99 gleichwohl große Teile der Schulphilosophie, aber auch der akademisch nicht gebundenen Aufklärungsphilosophie ohne wesentliche Änderungen nach 94 95 96 97 98 99

Crusius: Entwurf (wie Anm. 93), S. 154f. (§ 85). Ebd., S. 58ff. (§ XVI ff.). Vgl. hierzu auch Engfer: Principium (wie Anm. 29), Sp. 1329. Vgl. hierzu u.a. Stefan Hessbrüggen-Walter: Die Seele und ihre Vermögen. Kants Metaphysik des Mentalen in der „Kritik der reinen Vernunft“. Paderborn 2004, S. 91ff. Vgl. hierzu u.a. die kritische Darstellung bei Hubert Schröcker: Das Verhältnis der Allmacht Gottes zum Kontradiktionsprinzip bei Wilhelm von Ockham. Berlin 2003. Vgl. hierzu Röd: Philosophie der Neuzeit 2 (wie Anm. 45), S. 258–265. Vgl. Cassirer: Erkenntnisproblem (wie Anm. 54), S. 551f.

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Wolffischen Grundlagen lehrte und schrieb. Am wirksamsten zeigte sich dieser ungebrochen wolffianische Rationalismus in der Metaphysik Gottlieb Alexander Baumgartens (EA 1739), dessen Kompendium noch bis in die 1790er Jahren als Handbuch für Vorlesungen Verwendung fand (u.a. durch Kant100) und daher nicht zufällig 1783 von Eberhard – in der Meierschen Übersetzung und mit eigenen Anmerkungen versehen – erneut herausgegeben wurde.101 Als ob es keinerlei Humesche oder Crusianische Einwände gegen die petitio principii der Wolffschen Deduktion des principium rationis sufficientis aus dem Satz des Widerspruchs gegeben habe, schreibt Baumgarten: Alles, was möglich ist, hat entweder einen Grund, oder nicht. § 10. Wenn es einen Grund hat, so ist Etwas sein Grund. § 8. Wenn es aber keinen Grund hat, so ist sein Grund Nichts. § 7. Folglich ist der Grund alles dessen, was möglich ist, entweder Etwas oder Nichts. § 10. Wenn Nichts der Grund von einer Sache wäre: so könnte aus Nichts erkennt werden, warum sie wäre § 14. folglich könnte das Nichts selbst vorgestellt we4den, und wäre Etwas § 8. und einiges Unmögliche wäre möglich § 7.8. welches ungereimt ist. § 9. Folglich hat alles Mögliche Etwas zu seinem Grunde, alles Mögliche ist gegründet, N i c h t s i s t o h n e G r u n d , und so bald etwas gesetzt wird, muß auch Etwas als sein Grund gesetzt werden. Dieser Satz wird, d e r S a t z d e s G r u n d e s , genennet.102

Der Einfluss dieses Festhaltens am Wolffschen Ableitungsprogramm, das Baumgarten – nach Kant der „vorzüglichste der Metaphysiker“103 – methodisch konsequenter noch als Wolff aus den Grundbegriffen der Möglichkeit und der Verknüpfung leistet, kann kaum überschätzt werden. Zwar weist schon der vorkritische Kant, der durchgehend – also mit Crusius – vom „bestimmenden Grunde“ spricht,104 in Jahre 1755 diesen Beweisgang mit den Argumenten des „berühmten Crusius“ zurück: Schließlich will ich kurz darlegen, warum ich glaubte ablehnen zu müssen, mich bei dem vom berühmten Wolff und seinen Nachfolgern ausgeführten Beweis zu beruhigen. Der Beweis dieses berühmten Mannes, wie man ihn von dem scharfsinnigen Baumgarten deutlicher dargelegt findet, läuft, um vieles kurz zusammenzufassen, auf folgendes hinaus. Wenn etwas keinen Grund hätte, so wäre nichts sein Grund; also wäre nichts etwas, was widersinnig ist.105

Und das ist noch in den gegebenen Beispielen vollends von der Crusianischen Analyse abhängig, auch wenn sich Kant bei der in diesem Zusammenhang chro100

Vgl. hierzu u.a Michael Albrecht: Vorwort. In: Georg Friedrich Meier: Metaphysik. Erster Teil. Mit einem Vorwort v. Michael Albrecht. Hildesheim u.a. 2007, S. 6*: „In nicht weniger als 46 Semestern legte Immanuel Kant Baumgartens Metaphysica seinen Vorlesungen zugrunde.“ 101 Gottlieb Alexander Baumgarten: Metaphysik. Übers. v. Georg Friedrich Meier. Anmerkungen v. Johann August Eberhard. [Halle 1783]. Hg. v. Dagmar Mirbach. Jena 2004. 102 Ebd., S. 10 f. (§ 18); Hervorh. im Text. 103 Kant: Nova dilucidatio (wie Anm. 41), S. 482/483. 104 Ebd., S. 426f.: „Ebenso habe ich es für besser gehalten, anstelle des Ausdrucks zureichender Grund das Wort bestimmender Grund zu wählen, wobei ich die Zustimmung des berühmten Crusius habe.“ 105 Ebd., S. 442f.

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nischen Freiheitsproblematik eher an Leibnizsche Lösungen anzuschließen scheint. Dennoch zeigt der im gleichen Jahre 1755 erschienene erste Band der Metaphysik Georg Friedrich Meiers die ungebrochene und gegenüber der kantisch-crusianischen Kritik ungleich mächtigere Wirksamkeit der über Baumgarten vermittelten Wolffschen Konzeption. Meier liefert nämlich eine im Vergleich zu den Modellen seiner beiden Lehrer erheblich differenziertere analytische Darstellung und Begründung für das principium rationis sufficientis, das er als „eine von den wichtigsten und fruchtbarsten Wahrheiten der Metaphysik“ bezeichnet.106 Einen Grund für die erhebliche Ausweitung des ganz in Wolffischen Bahnen aus dem Satz des Widerspruchs bewiesenen Satzes vom zureichenden Grunde107 benennt Meier selbst damit, dass man diesen Grundsatz des Rationalismus „mit Recht zu denjenigen philosophischen Wahrheiten rechnen [kann], welche sehr heftig bestritten worden“108 seien. Gegenüber den Bedingungen bei Veröffentlichung der Baumgartenschen Metaphysik (1739) hat sich die epistemische Situation109 1755 grundlegend gewandelt: Diese ist der so berühmte und bestrittene Grundsatz, worüber die Weltweisen noch nicht einig werden können. Die Gegner dieser Wahrheit leugnen sie nicht ganz. Sie würden verrückt seyn, wenn sie sagen wollten, daß gar nichts einen Grund habe. […] Allein man streitet, über die Allgemeinheit dieser Wahrheit. Man will nicht zugestehen, daß nichts ohne Grund sey, und man behauptet, es könne etwas möglich seyn, ob es gleich keinen Grund habe. Wir behaupten diese Wahrheit ganz allgemein. Wir schließen nichts aus, und sagen: alles hat seinen Grund. Alle, Gott und die göttlichen Dinge, endliche Dinge, alle Veränderungen, alle freye Handlungen, die nothwendigen Wahrheiten, die Wesen der Dinge, alles, was möglich ist, es mag nun würklich seyn oder nicht, alles ohne Ausnahme hat einen Grund.110

Damit hat Meier die wesentlichen Differenzpunkte zu Crusius, aber auch zum Kantischen Gegenentwurf herausgearbeitet. Denn es geht Kant in diesem frühen Text ebenfalls um die Einschränkung des Geltungsumfangs des principium rationis sufficientis, und zwar hier in Bezug auf die Gottesinstanz, für die der Begriff einer causa sui als absurd zurückgewiesen wird.111 Im Rahmen der Auseinandersetzung um den Satz des zureichenden Grundes, die seit den Definitionen und Beweises Wolffs unverminderte tobte, muss schon der frühe Kant dem Lager der antira-

106 107

Meier: Metaphysik (wie Anm. 101), S. 56. Vgl. ebd., S. 56f. 108 Ebd., S. 62. 109 Zur leitenden historiographischen Funktion des Begriffs der ‚epistemischen Situation‘ für eine weder historistische noch teleologische und doch kontinuitätskonstituierte Wissens- und Wissenschaftsgeschichte vgl. Lutz Danneberg: Epistemische Situationen, kognitive Asymmetrien und kontrafaktische Imaginationen. In: Lutz Raphael, Heinz-Elmar Tenorth (Hg.): Ideen als geschichtliche Gestaltungskraft im Europa der Neuzeit. Beiträge für eine erneuerte Geistesgeschichte. München 2006, S. 193–221. 110 Meier: Metaphysik (wie Anm. 101), S. 55. 111 Kant: Nova dilucidatio (wie Anm. 41), S. 430/431: „Daß etwas den Grund seines Daseins in sich selbst habe, ist ungereimt.“

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tionalistischen Gegner zugerechnet werden.112 Meier hingegen lieferte eine derart differenzierte Deduktion, dass sich Gegner wie Befürworter noch bis in die 1790er Jahre darauf beziehen mussten.113 Demgegenüber bemüht sich Johann Heinrich Lambert in den 1760er Jahren an die systematische Unterscheidung des Crusius zwischen Real- und Erkenntnisgrund anknüpfend114 die Grenzen der Zuständigkeit der Kategorie des Grundes zu ziehen, wenn er seine Auseinandersetzung mit dem Satz des zureichenden Grundes115 resümiert: Wenn nichts Mögliches für sich erkennbar ist, so hat alles Mögliche notwendig einen Grund. […] Was nicht unbedingt noch allgemein möglich ist, hat einen Grund seiner Möglichkeit und deren Gränzen.116

Lambert geht es bei seinem Unternehmen, „die Grundlegriffe der Logik […] als Grundbegriffe der Metaphysik zu erweisen“,117 u.a. um eine für die Naturwissenschaften der Zeit anwendbare allgemeine Wissenschaftstheorie, die die epistemologischen Errungenschaften des Empirismus mit einigen logischen und methodischen Grundzügen des Wolffianismus vermittelt – auch deshalb seine Anwendung des Möglichkeitsbegriffs. Trotz der eindeutig antirationalistischen Momente wird jedoch weder bei Kant noch bei Lambert die bestimmende Bedeutung des principium rationis – wenn auch in eingeschränkter Form – bestritten, darauf hatte schon Meier aufmerksam gemacht. Von Humes Skeptizismus sind sie weiter entfernt als von Cruisus’ Rationalismuskritik, obwohl sie des letzteren allgemeine Begründungtheorie nicht teilen und in vielfacher Hinsicht auf Wolffianischen Boden verbleiben.118 Weder hätte eine vollständige Zurückweisung des principium rationis ihren theoretischen Intentionen entsprochen noch hätten sie sich damit in ihrer Zeit Gehör verschaffen können. Deren philosophische ‚Leitkultur‘ zeigt sich paradigmatisch 1763: In diesem Jahr gewinnt Moses Mendelssohn das Preisausschreiben der Berliner Akademie der Wissenschaften mit der Abhandlung über die

112

Wobei darauf zu achten ist, dass Kant vor allem Wolff-kritische und weniger „Leibniz-kritische“ Lesarten vorträgt; vgl. aber Brigitte Falkenburg: Kants Kosmologie. Die wissenschaftliche Revolution der Naturphilosophie im 18. Jahrhundert. Frankfurt a.M. 2000, S. 89–95. 113 Vgl. hierzu u.a. Riccardo Pozzo: Georg Friedrich Meiers „Vernunftlehre“. Eine historischsystematische Untersuchung. Stuttgart-Bad Cannstatt 2000. 114 Vgl. Johann Heinrich Lambert: Neues Organon oder Gedanken über Erforschung des Wahren und dessen Unterscheidung vom Irrtum und Schein. 3 Bde. Hg. v. Günter Schenk Berlin. 1990, Bd. I, S. 440 (§ 220). 115 Ebd., Bd. I, S. 440ff. (§ 220ff.). 116 Ebd., S. 441 (§ 227) u. S. 447 (§ 238). 117 Röd: Philosophie der Neuzeit 2 (wie Anm. 45), S. 271. 118 Zu Kants dezidiertem Anti-Crusianismus während der späten 1750er Jahre vgl. Manfred Kühn: Immanuel Kant. Eine Biographie. München 2007, S. 150ff.; zu Lamberts Vermittlungsversuchen zwischen Wolff und Newton vgl. Röd: Philosophie der Neuzeit 2 (wie Anm. 45), S. 269–277.

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Evidenz in den metaphysischen Wissenschaften. Hier heißt es in einer erneut von den Einwänden Humes oder Crusius vollkommen unerschütterten Weise: Dieser Satz des zureichenden Grundes gründet sich, wie man gesehen, allerdings auf den Satz des Widerspruchs. Es ist schlechterdings unmöglich, daß meine Bestimmung wahr und unbegreiflich sein sollte. […] Aber wie? Ist dieser Satz des zureichenden Grundes allgemein, und leidet er in Ansehung der freiwilligen Entschließung vernünftiger Wesen keine Ausnahme?119

Mendelssohn verneint in der Folge die letzte Frage und begründet dies in Anknüpfung an Leibniz und Wolff damit, dass auch der freie Wille Gewissheiten haben müsse, um überhaupt Wille zu sein. In einer durch die intensiven, seit 1730 geführten Debatten nur äußerlich tangierten Weise120 wird mithin diesem „herrlichen Grundsatz“ und seinem Beweis aus dem Satz des Widerspruchs uneingeschränkte Geltung zugeschrieben. Auch zwanzig Jahre später, mithin in unmittelbarer kontextueller Umgebung zur Kant-Eberhard-Kontroverse, wird Mendelssohn diese Überzeugung wiederholen. Zwar beweist er in seinen Morgenstunden von 1785 das principium rationis sufficientis nicht mehr aus dem Satz des Widerspruches und belegt damit die nachlassende Wirkung der Wolffschen Philosophie bei anhaltender Wirkung des leibnizschen Rationalismus. Der in einen kosmologischen Gottesbeweis eingebettete Geltungsnachweis des Satzes vom Grunde bleibt aber ein essentielles Element seiner ebenso gegen Crusius wie gegen Jacobi entwickelten Systematik: Die Leibnizianer [zu denen er sich nach wie vor rechnet] nennen dieses den Satz des zureichenden Grundes, und sagen daher, alles, was würklich ist, muß einen zureichenden Grund haben, d.h. es muß sich begreiflich machen und vernünftig erklären lassen, warum es überall zur Würklichkeit gekommen, und warum es vielmehr so, als auf eine andere Weise würklich ist.121

Zwar ist dieser Grundsatz für Mendelssohn nunmehr ausschließlich durch die Annahme eines allervollkommensten, und daher Grund seiner selbst sein könnenden Wesens möglich, womit er die für jeden Empirismus ebenso problematische wie für den Rationalismus konstitutive Funktion einer rationalen Gottesinstanz deutlich herausarbeitet. Aber es zeigt sich auch, dass Mendelssohn, den Manfred Kühn zu Recht als die bedeutendste Stimme der deutschsprachigen Philosophie zwischen 1755 und 1785 charakterisierte,122 über die Jahrzehnte und die erheblichen Veränderungen der philosophischen Landschaft hinweg, die er bekannterma-

119

Zit. nach: Moses Mendelssohn: Schriften über Religion und Aufklärung. Hg. u. eingel. v. Martina Thom. Darmstadt 1989, S. 143. 120 Vgl. ebd., S. 147: „Manche Weltweise haben sich in dieser Verwirrung nicht zu helfen gewußt und daher in der Anwendung dieses Grundsatzes unsägliche Schwierigkeiten zu finden geglaubt.“ 121 Moses Mendelssohn: Morgenstunden oder Vorlesungen über das Dasein Gottes. Hg. v Dominique Bourel. Stuttgart 1979, S. 109. 122 Manfred Kühn: Skepticism: Philosophical Disease or Cure? In: John van der Zande u. Richard H. Popkin (Hg.): The Skeptical Tradition around 1800. Dordrecht 1998, S. 81–100.

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ßen im Vorwort seiner letzten Schrift beklagt,123 am logisch und ontologisch gültigem principium rationis sufficientis als fundamentum inconcussum des Rationalismus festhalten konnte. Bei allem Beklagen des empiristischen „Betasten[s] und Begucken[s]“124 scheint dieses Festhalten an einem der fundierenden Prinzipien des Rationalismus auch nicht problematisch. Betrachtet man nämlich die Arbeiten der von Mendelssohn als Empiristen genannten Tetens und Platner in den 1770er und 1780er Jahren, dann eröffnet sich im Hinblick auf deren Umgang mit dem erzrationalistischen Grundsätzen, jenen zwei großen Prinzipien des Leibnizschen Rationalismus, die Wolff auseinander ableiten wollte, ein irritierendes Bild: Zwar weist Johann Nicolaus Tetens ausdrücklich die Möglichkeit der Ableitung des Satz vom Grund aus dem Satz des Widerspruchs zurück; schon 1775 behauptet er auf der Grundlage einer soliden Hume- und Crusius-Rezeption: Wenn die Philosophen alle übrigen Grundsätze aus dem Satz Grundsatz des Widerspruchs ableiten könnten; so würde alles [d.i. Beweisgeschäft] auf einmal geschehen seyn. […] Ich glaube so wenig, daß solches geschehen sey, daß ich nicht einmal begreife, wie es möglich sey, und es für unmöglich erklären muß, wenn ich auf die Natur unsrer Folgerungen und Schlüße zurücksehe.125

Dennoch schreibt er ausdrücklich der Natur des menschlichen Verstandes das Axiom, „Nichts entstehet ohne eine Ursache“, zu.126 Er führt gar einen psychologischen Beweis der Geltung dieses Axioms aus, das er seinem – keineswegs strengen127 – Empirismus gemäß wie folgt definiert: Es gehöret zu den natürlich nothwendigen Denkarten, sich ein entstehendes Ding, als ein verursachtes von einem andern, vorzustellen, oder, zu einem Dinge, welches wird, sich eine Ursache zu gedenken, von der es hervorgebracht wird.128

Dass Tetens mit dieser Begründung eines allgemeinen Kausalitätsgesetzes einen – nämlich den anthropologischen – Beweis für die Geltung des principium rationis sufficientis Christian Wolffs aufnimmt,129 erwähnt er allerdings nicht. Gegen Hume hält Tetens mithin an einem erneut auf Wirkursächlichkeit reduzierten Satz des 123 124 125

Mendelssohn: Morgenstunden (wie Anm. 122), S. 7. Ebd. Johann Nicolaus Tetens: Über die allgemeine speculative Philosophie. In: Ders.: Über die allgemeine speculative Philosophie / Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwicklung. Erster Band. Hg. v. Wilhelm Uebele. Berlin 1913, S. 1–72, hier S. 32; Tetens wiederholt seine Zurückweisung der Ableitung von allgemeinen Grundsätzen aus dem Satz des Widerspruchs in: Philosophische Versuche über die menschliche Natur. In: Ebd., S. 502. 126 Ebd., S. 488f. 127 Vgl. hierzu u.a. Christian Hauser: Selbstbewußtsein und personale Identität. Positionen und Aporien ihrer vorkantischen Geschichte. Locke, Leibniz, Hume und Tetens. Stuttgart-Bad Cannstatt 1994, S. 124–151. 128 Tetens: Versuch (wie Anm. 126), S. 495. 129 Vgl. C. Wolff: Ontologie (wie Anm. 8), S. 169ff., (§ 74).

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Grundes in einem objektiven, d.h. die äußeren Dinge betreffenden Status fest.130 Kants Kritik wird sich vor allem gegen die „objektivische“ Ausweitung des Geltungsstatus, den Tetens durch „Substitution“ erzielen will,131 richten. In gänzlich anderer Weise verbindet der schon erwähnte Ernst Platner eine empiristische Epistemologie mit der Annahme der Geltungsweisen der rationalistischen Grundprinzipien; in seiner berühmten Anthropologie für Ärzte und Weltweise von 1772 führt er aus: Alle Ideen entstehen zuerst durch die sinnliche Empfindung. Die Seele hat in sich selbst weder angebohrene Begriffe, noch Gedanken. Alles dieses erwirbt sie sich durch die Erfahrung. Die ewigen Vernunftwahrheiten, der Satz des Widerspruches, von der Ursache und Wirkung, sind keine angebohrnen Begriffe. Die Einsicht der Einstimmung und des Widerspruchs entsteht aus der Erfahrung, indem der Mensch wahrnimmt, daß das was ist, wirklich ist, und eben deswegen nicht auch zugleich nicht ist.132

Die These von der Erfahrungsgenerierung des Satzes vom Widerspruch und des als Kausalitätsprinzip gefassten Satzes vom Grunde, gegen dessen Lockesche Version schon Wolff133 argumentiert hatte und noch Eberhard und sein Kollege und Kombattant Johann Gebhard Ehrenreich Maaß im Zusammenhang der Kant-Kontroverse ausdrücklich zu Felde ziehen werden,134 wird in der Folge insofern erschwert (oder konterkariert), als Platner beide Prinzipen als allgemeine Grundsätze der Vernunft ausweisen wird. So heißt es u.a.: „Wer einen Grund setzt der sezt das Gegründete, dergestalt, daß das Gegentheil unmöglich ist. […] Ohne innern oder äußern zureichenden Grund ist nichts möglich.“135 Die Universalität der Kategorie des Grundes und damit die Allgemeinheit des principium rationis sufficientis wird jedoch in der Folge ganz Wolffianisch aus dem als „obersten Grundsatz der Vernunft“ gesetzten Satz des Widerspruches demonstriert. Platners epistemologischer Empirismus führt – anders als bei seinem langjährigen Konkurrenten auf dem Felde der Anthropologie, Johann Karl Wezel136 – nicht zu einem wissenschaftstheoretischen Phänomenalismus, sondern wird, allerdings ohne zwingende Kohärenz, mit der schon zitierten erzrationalistischen These von einer lückenlosen Erklärbarkeit der Welt kombiniert: Nichts ist an und für sich unbegreiflich. Denn alles Mögliche hat Bestimmungen, aus denen sich der Grund der äußern oder innern Möglichkeit einsehen läßt. Was an und für sich unbegreiflich ist, ist unmöglich.137 130

Vgl. hierzu auch Engfer: Principium (wie Anm. 29), Sp. 1329. Tetens: Versuch (wie Anm. 126), S.494f. Platner: Anthropologie 1772 (wie Anm. 36), S. 50 (§§ 180-183). C. Wolff: Deutsche Metaphysik (wie Anm. 56), S. 6 (§ 10). Vgl. Eberhard: Logische Wahrheit (wie Anm. 2), S. 23: „Nun kann dieser Satz [des zureichenden Grundes, G.S.] nicht anders als a priori bewiesen werden; denn ein Beweis durch Induktion ist unmöglich.“ Sowie Maaß: Satz des zureichenden Grundes (wie Anm. 7), S. 174. 135 Platner: Anthropologie (wie Anm. 36), S. 188 (§ 560). 136 Vgl. hierzu Hans-Peter Nowitzki: Der wohltemperierte Mensch. Aufklärungsanthropologien im Widerstreit. Berlin, New York 2003, S. 282f. 137 Platner: Anthropologie (wie Anm. 36), S. 189, (§ 563).

131 132 133 134

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Mit der Inauguration der Anthropologie als doktrinaler, systematischer Erweiterung des epistemologischen Empirismus und damit anti-ontologischer Fundamentalwissenschaft138 wird die Lage mithin kompliziert: Gerade weil die Anthropologen die Ergebnisse der naturwissenschaftlichen Methodologie und Dogmatik in die Debatte um die philosophischen Grundlagen des menschlichen Denkens, Handelns und Seins einbringen wollen, müssen sie zugleich erkenntnistheoretische Empiristen und metaphysische Rationalisten sein und halten ihres szientifischen Erklärungsanspruches wegen am principium rationis fest.139 Dabei geht Platner bis 1784 soweit, die Wolffianische Demonstrierbarkeit des Satz vom zureichenden Grunde aus dem Satz des Widerspruchs zu behaupten.140 In dieser erzrationalistischen Deduktion wird ihm selbst der erkenntnistheoretisch ungleich behutsamere, d.h. empiristisch konsequentere Johann Georg Feder zustimmen: In seiner Logik und Metaphysik, einem seit den 1770er Jahren viel gebrauchten Kompendium, wird der auf eines der beiden fundamentalen Denkgesetzte restringierte Satz des Grundes als aus dem Satz des Widerspruchs „begreiflich“ erklärt.141 Gleichwohl monierte Feder schon 1777 in einer Rezension der zweiten Auflage des ersten Teils der Philosophischen Aphorismen die auch bei Wolff vorausgesetzte These: „Der Schluß, mittelst dessen § 714 bewiesen wird, daß alles Mögliche nothwendig, dürfte wohl die genaue Prüfung nicht aushalten.“142 Dennoch: Der zur Anthropologie doktrinal erweitere Empirismus wird somit in der deutschsprachigen Debatte der 1770er und 1780er Jahre nicht zum Gegenpart, sondern zum Bewahrer des Wolffianismus. Noch ein letztes Beispiel aus den 1780er Jahren mag dokumentieren, in welch komplexe und kontroverse Problemlage der Streit zwischen Kant und Eberhard um das pincipium rationis sufficientis einzubetten ist. Denn kein Geringerer als der sich zum eigentlichen Gegner des Rationalismus und Erretter der christlichen Religion stilisierende Friedrich Heinrich Jacobi gab in seiner Gefühlsphilosophie143 eine Interpretation des Satzes vom zureichenden Grunde, die keineswegs auf eine 138

Vgl. hierzu u.a. Gideon Stiening: Ein „Sistem“ für den „ganzen Menschen“. Zum anthropologischen Argument bei Johann Karl Wezel. In: Dieter Hüning, Karin Michel u. Andreas Thomas (Hg.): Aufklärung durch Kritik. Festschrift für Manfred Baum. Berlin 2004, S. 113–139. 139 Vgl. hierzu Stiening: Platners Aufklärung (wie Anm. 63), S. 118f u. S. 136ff. 140 Vgl. Ernst Platner: Philosophische Aphorismen nebst einigen Anleitungen zur philosophischen Geschichte. Erster Theil. Neue durchaus umgearbeitete Ausg. Frankfurt, Leipzig 1784, S. 272f. (§ 843). 141 Vgl. Johann Georg Heinrich Feder: Grundsätze der Logik und Metaphysik. Göttingen 1794, S. 111 (§ 84). 142 Vgl. [Johann Georg Heinrich Feder], [Rez.] Ernst Platners philosophische Aphorismen. In: Göttingische Anzeigen von Gelehrten Sachen (1777), 153–158, hier 156. 143 Zu deren antirationalistischen und gegenaufklärerischen Ausrichtungen vgl. Isaiah Berlin: Hume und die Quellen des deutschen Antirationalismus. In: Ders.: Wider das Geläufige. Aufsätze zur Ideengeschichte. Frankfurt a.M. 1994, S. 259–290 sowie Rolf-Peter Horstmann: Die Grenzen der Vernunft. Eine Untersuchung zu Zielen und Motiven des Deutschen Idealismus. Frankfurt a.M., S. 53–68.

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Einschränkung des Geltungsumfangs hinauslief, sondern vielmehr auf eine Integration seiner Glaubenskategorie in die zugleich behauptete Universität dieses Prinzips. So schreibt er in der 1787 publizierten Schrift David Hume über Glauben und Wissen zum Satz des Grundes: Der Satz des Grundes läßt sich leicht erklären und beweisen; er sagt nichts weiter aus als das totum parte prius esse necesse est des Aristoteles, und dieses totum parte prius esse necesse est heißt, in dieser Beziehung, wieder nichts anderes als idem est idem.144

Zwei Jahre später, in der zweiten Auflage seiner Spinozabriefe, wird Jacobi diese Definition näherhin begründen, um die für seine Konzeption essentielle Unterscheidung zwischen Ursache und Grund zu legitimieren.145 Gegen die Versuche, die Kategorie des Grundes zu einem „bloß logischen Wesen“ zu restringieren, entwickelt er vielmehr auf der Grundlage einer für alle endlichen Dinge ausnahmslos gültigen Kausalität als Erfahrungsbegriff die zugleich umfassendere und ontologisch gültige Kategorie des Grundes: Eine Vereinigung von beiden [d.i. Ursache und Grund], wie in dem Satze des zureichenden Grundes, ist darum nicht unzulässig; wenn nur keinen Augenblick vergessen wird, was jedem ins besondere zum Grunde liegt, und ihn zu einem möglichen Begriffe machte. So heißt der Satz des Grundes: Alles Abhängige ist von Etwas abhängig: Der Satz der Ursache: alles was getan wird, muß durch Etwas getan werden. Bei dem Grunde ist in dem Worte abhängig, das von Etwas schon gegeben; und eben so bei der Ursache in dem Worte getan, das durch Etwas. Beide sind identische Sätze, und haben daher allgemeine apodiktische Gültigkeit. Ihre Vereinigung aber geschieht durch den Satz: daß alles Bedingte eine Bedingung haben müsse, welcher eben so identisch, folglich eben so allgemein und notwendig ist.146

Mit Aristoteles oder Mendelssohn147 ist Jacobi nun aber bei aller Allgemeinheit des bedingenden Grundes davon überzeugt, dass die Reihe von endlichen Bedingungen in einem Unbedingten gründen muss. Dieser Überstieg ist aber auf der Grundlage der Universalität der Grundkategorie nach Jacobi als rationaler nicht zu leisten – weshalb es zum berühmten ‚salto mortale‘ in den Glauben kommt. Wir können ihn nur fühlen bzw. glauben. In seiner vollständigen Identifizierung des Satzes vom Widerspruch mit dem Satz des Grundes, durch die ganz antihumesche Interpretation beider Urteile als analytischer, imputiert Jacobi aber dem principium rationis sufficientis ein Moment des Glaubens. Weil der Satz des zureichenden Grundes in seinem ontologischem und allgemeinen Status sowohl die Gottesinstanz als auch die Fähigkeit des Menschen zur Freiheit umfassen können muss, der Mensch beide 144

Friedrich Heinrich Jacobi: David Hume über Glauben und Wissen oder Idealismus und Realismus. Ein Gespräch. Breslau 1787, S. 93f. 145 Vgl. hierzu die präzisen Ausführungen v. Birgit Sandkaulen: Grund und Ursache. Die Vernunftkritik Jacobis. München 2000, spez. S. 171–228. 146 Friedrich Heinrich Jacobi: Über die Lehre des Spinoza in Briefen an Herrn Moses Mendelssohn. Auf der Grundlage der Aus. v. Klaus Hammacher u. Imgard-Maria Piske bearb. v. Marion Lauschke. Darmstadt 2000, S. 282f. 147 Vgl. hierzu Mendelssohn: Morgenstunden (wie Anm. 122), S. 110.

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alles Denken und Handeln fundierenden Instanzen aber nicht zu erklären vermag, müssen wir an ihre unbezweifelbare Existenz schlicht glauben. In einer nie wieder erreichten Präzision hat Hegel Jacobis eigentümliche Verbindung von Wolff und Crusius bezüglich des Satzes vom Grunde wie folgt interpretiert: Jacobi erkennt im Satze des Grundes seine Bedeutung als Prinzip der vernünftigen Erkenntnis, toutum parte prius esse necesse est […] oder das Einzelne ist nur im Ganzen bestimmt; es hat seine Realität nur in der absoluten Identität, die, insofern Unterscheidbares in ihr gesetzt ist, absolute Totalität ist. In einer Beziehung, sagt Jacobi, sei das totum parte prius esse necesse est nicht anderes als idem est idem, in anderer aber nicht, und hiervon, daß beide Beziehungen wesentlich unterschieden, absolut auseinandersgehalten werden sollen, fängt sogleich dieser Grunddogmatismus an. Jacobi begreift nämlich den Satz des Grundes als reinen Satz des Widerspruchs […]. Die Art wie er dies dartut […] ist ein merkwürdiges Stück des Lockeschen und Humeschen Empirismus, in welchem ein eben so grelles Stück von deutschem analysierenden Dogmatismus […] hineingeknetet ist, von welchem befreit worden zu sein die Welt den Göttern, nächst Kant, nicht genug danken kann.148

VI Fin de partie: Kant und Eberhard zum principium rationis sufficientis Erst vor dem Hintergrund dieser nur an wenigen Beispielen dokumentierten epistemischen Situation im Hinblick auf die Geltung des principium rationis sufficientis, dessen Demonstrierbarkeit und – wenigstens – logische Geltung von kaum einem deutschsprachigen Philosophen der 1770er und 1780er Jahre bestritten wurde, wird die Wucht des kantischen Vorschlags deutlich erkennbar. Denn nicht nur hatte Kant, wie schon eingangs zitiert, die Demonstrierbarkeit des Satzes vom Grunde vehement bestritten, auch seinen Geltungsumfang hatte er auf Gegenstände der Erscheinung strengsten begrenzt. Im Abschnitt über die zweite Analogie der Erfahrung hält er daher in der Kritik der reinen Vernunft fest: Also ist der Satz vom zureichenden Grunde der Grund möglicher Erfahrung, nämlich der objektiven Erkenntnis der Erscheinungen, in Ansehung des Verhältnisses derselben, in Reihenfolge der Zeit.149

Präzise bringt Conrad Cramer die mit diesem Konzept verbundene Konfliktlinie auf den Begriff: Das Angriffsziel, das Kant mit Hume teilt, ist dabei der Versuch Wolffs, den Satz vom zureichenden Grunde aus dem Satz des Widerspruchs abzuleiten (Prima philosophia § 70) und in der Folge das Kausalitätsprinzip in der Form „Alles, was existiert, hat einen zureichenden

148

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Glauben und Wissen oder die Reflexionsphilosophie der Subjektivität in der Vollständigkeit ihrer Formen als Kantische, Jacobische und Fichtesche Philosophie. In: Ders.: Werke (wie Anm. 32), S. 287–432, hier S. 335f.; Hervorh. G.S. 149 Kant: Kritik der reinen Vernunft (wie Anm. 1), B 246.

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Gideon Stiening Grund seiner Existenz, d.h. eine Ursache“, zu einem analytischen Satz zu machen (Prima philosophia § 908ff mit Bezug auf § 310 und § 70). Kant stimmt hier dem Nachweis Humes, daß dieser Versuch scheitern muß, zu.150

Ohne das Kantische Begründungsprogramm in Gänze rekonstruieren zu müssen (bzw. aus Umfangsgründen zu können),151 wird doch ersichtlich, warum Eberhard gerade in diesem Punkte zu einem Gegenentwurf ausholen musste, und warum er das mit dem bekannten Aufwand bis 1795 betrieb.152 Keiner der oben aufgerufenen deutschsprachigen Philosophen hatte nämlich sowohl die Beweisbarkeit des Principium rationis sufficientis bestritten als auch dessen Geltungsstatus auf den Bereich möglicher Erfahrungen eingeschränkt. Kant tut genau dies, und zwar auf der Grundlage eines ganz Humeschen Verständnisses von der Nicht-Analytizität der Kausalitätsrelation und damit des Satzes vom zureichenden Grunde. Den Satz des zureichenden Grundes zum obersten Grundsatz aller synthetischen Urteil zu machen und so zu beschränken,153 wie Kant dies tat, musste aus der Sicht Eberhards als der bislang wuchtigste Versuch verstanden werden, Humes Empirismus weiterzuentwickeln und gegen den Rationalismus in Stellung zu bringen. Aus dem Kontext des Streits um das principium rationis sufficientis bestätigt sich daher Manfred Kühns Urteil: „Für sie [die Zeitgenossen] war er [Kant] ein Humeaner.“154 Die wahrnehmbaren sukzessiven Erfolge des transzendentalphilosophischen Programms während der 1780er Jahre155 musste aber von den Rationalisten nicht nur als ernstzunehmender Angriff auf ihre Schule, es musste – weil als Filiation des Humeschen Skeptizismus missverstanden – als Angriff auf das Programm einer Aufklärung wahrgenommen werden, die die lückenlose Erklärbarkeit der Welt zur Grundlage ihre optimistischen Wissenschafts- und Gesellschaftsprogramms erhoben hatte.156 Auch aus diesem Grunde – so scheint es – verwirft Eberhard die Leibnizsche Variante des axiomatischen Geltungsstatus des Satzes vom zureichenden Grunde als ein der Philosophie unangemessenes mathematisches Verfahren, denn Die Philosophie muß gefälliger sein: So bald eines ihrer Axiome in Zweifel gezogen, oder gar geleugnet wird, so muß sie es, wofern sie es anders gebrauchen will, mit beweisen unterstüt150

Conrad Cramer: Die Einleitung. (A1/B1–A16/B30). In: Georg Mohr u. Marcus Willaschek (Hg.): Immanuel Kant. Kritik der reinen Vernunft. Berlin 1998 (Klassiker auslegen 17/18), S. 57–79, hier S. 73. 151 Vgl. u.a. Bernhard Thöle: Die Analogien der Erfahrung. In: Mohr Willaschek (Hg.) (wie Anm. 151), S. 267–296, spez. S. 281ff. 152 Zur von Kant nicht weitert verfolgten Kontroverse von Seiten der Eberhardianer vgl. Gawlina: Medusenhaupt der Kritik (wie Anm. 3), S. 323ff. 153 Zur Problematik dieses Verfahren vgl. M. Wolff: Satz vom Grund (wie Anm. 30), S. 99. 154 Kühn: Kant (wie Anm. 119), S. 294. 155 Vgl. u.a. die aufschlußreiche ideengeschichtliche Studie v. Horst Schröpfer: Kants Weg in die Öffentlichkeit. Christian Gottfried Schütz als Wegbereiter der kritischen Philosophie. StuttgartBad Cannstatt 2003. 156 Vgl. hierzu u.a. Stefan Lorenz: De Mundo optimo. Studien zu Leibniz’ Theodizee und ihrer Rezeption in Deutschland (1710–1791). Stuttgart 1997.

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zen, zumal wenn es in allen physischen und moralischen Wissenschaften von so weitem Umfange ist, als der Satz des zureichenden Grundes.157

Und dann verfährt er – keineswegs nach Prinzipien der „Leibnizschen Vernunftkritik“, wie er eingangs behauptet,158 sondern – nach streng Wolffschem (bzw. Baumgartschem oder Meierschem) Muster, wenn er schreibt: Nun kann der Satz nicht anders als a priori beweisen werden; denn ein Beweis durch Induktion ist unmöglich […] Wenn also der Satz des zureichenden Grundes a priori soll bewiesen werden: so müssen wir ihn aus einem höhern Grundsatze herleiten. Nun gibt es kein höheres Axiom, als den Satz des Widerspruchs: Die allgemeine Wahrheit des Satzes des zureichenden Grundes kann daher nur aus diesem demonstriert werden; und das kann; glaub ich, am deutlichsten so geschehen.159

Die Durchführung dieses Beweises erfolgt dann in deutlicher Anbindung an Baumgarten, womit Eberhard die längst bekannte petitio principii ungerührt wiederholt. Den entscheidenden Grund der Notwendigkeit dieses Beweises für die allgemeine, d.h. logische und ontologische Geltung des principium rationis dokumentiert Eberhard in wünschenswerter Deutlichkeit einige Zeilen später: Es muß also nicht bloß von meinen Gedanken gelten, es muß eine allgemeine Gültigkeit haben, ich muß es von meinen Vorstellungen auf die Gegenstände übertragen. Der Grundsatz des Widerspruchs ist also ein objektiver Grundsatz und, der Satz des Grundes, wenn er von ihm seine Gewißheit erhält, muß es auch sein.160

Der Beweis errettet mithin, so Eberhards Argumentation, vor den Gefahren des Idealismus – und genau diese Rettung hatte Kant als Illusion verworfen. Dagegen musste Eberhard sich wenden, doch er tat es mit Instrumenten, die nicht nur das tiefe Unverständnis des Kantischen Programms offenbarten, sondern auch gegenüber der Tradition seit Baumgarten und Meier keinerlei Innovationen bereitstellte. Kant dagegen schienen die Insinuationen, dem Humeschen Skeptizismus bzw. dem Berkeleyschen Idealismus zugerechnet zu werden, so bedrohlich, dass er sich der „ekelhaften Arbeit“,161 wie er in Aufnahme einer Meierschen Formel162 für die Beschäftigung mit den Gegnern des principium rationis sufficientis schreibt, unterwarf, eine Widerlegung der Vorwürfe zu verfassen. Darin weist Kant zunächst auf die grundlegenden erkenntnistheoretischen Differenzen hin, die zeigten, dass Eberhard das transzendentale Programm in seinen Grundsätzen nicht teilte. Nachdem er konzediert hat, dass der Grundsatz, „Ein 157 158 159 160 161 162

Eberhard: Logische Wahrheit (wie Anm. 2), S. 23. Ebd., S. 16. Ebd., S. 23. Ebd., S. 25. Kant: Briefwechsel (wie Anm. 5), S. 385. Vgl. Meier: Metaphysik (wie Anm. 101), S. 62: „Nun würde es eine ekelhafte Arbeit seyn, wenn man alle einzelne Einwürfe, die man wider diese Wahrheit aufgebracht hat, besonders beantworten wollte.“

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jeder Satz muß einen Grund haben“, als logisches Prinzip Geltung beanspruchen kann, dessen transzendentale Vatiante, „Eine jedes Ding muß seinen Grund haben“, aber keineswegs,163 weist er auf das entscheidende Defizit des Eberhardschen Beweises hin. Daß er aber darauf dringt, diesen transzendentalen Grundsatz ja aus dem Satze des Widerspruchs zu beweisen, das tut er gleichfalls nicht ohne reife Überlegung, und mit einer Absicht, die er doch dem Leser gern verbergen möchte. Er will den Begriff des Grundes (mit ihm auch unvermerkt den Begriff der Kausalität) für alle Dinge überhaupt geltend machen, d.i. seine objektive Realität beweisen, ohne bloß auf Gegenstände der Sinne einzuschränken, und so der Bedingung ausweichen, welche die Kritik hinzufügt, daß er nämlich noch einer Anschauung bedürfe, wodurch diese Realität allererst erweislich sei.164

Tatsächlich hätte Eberhard diese ‚Hinzufügung der Kritik‘ grundsätzlich bestritten. Kant fügt in der Folge vier Argumente für das Misslingen des Eberhardschen Beweises an, die z.T. Argumente aus der Nova dilucidatio von 1755 wieder aufnehmen165: Erstens habe Eberhard nicht angemessen zwischen logischer und transzendentaler Bedeutung des zu beweisenden Satzes, „Alles hat einen Grund oder nicht alles hat einen Grund“. Zweitens weist Kant nach, dass es sich bei Eberhards Versuch um den bekannten Baumgartenschen Beweis handele, „auf den sich“, so Kant, „jetzt wohl niemand mehr berufen wird“.166 Tatsächlich hatte Kant schon 1755 mit Crusius die Haltlosigkeit dieses ‚Beweises‘ analysiert und es gehört zu den Eigentümlichkeiten der Geschichte des Rationalismus im 18. Jahrhundert, dass sich keiner seiner Vertreter (einschließlich Meiers) mit der seit 1743 vorliegenden Widerlegung durch Crusius beschäftigte, sondern diese schlicht ignorierte.167 Drittens aber weist Kant einen misslungenen Syllogismus nach und wiederholt viertens seine schon 1755 vorgetragene Kritik an dem Begriff der causa sui, den er nunmehr verstärkt durch die Humesche Prämisse von der Synthetizität des realen Grund-Folge-Verhältnisses zurückweisen muss. Gegen die als antitheologische Volte zu begreifende Unterwerfung der Gottesinstanz unter die Allgemeinheit des rationalistischen Begründungsprogramms168 muss Kant mithin am Begriff eines Unbedingten festhalten: Viertens ist der Satz selber, in der unbeschränkten Allgemeinheit, wie er da steht, wenn er von Sachen gelten soll, offenbar falsch; denn nach demselben würde es schlechterdings nichts Unbedingtes geben; dieser Ungemächlichkeit aber dadurch ausweichen zu wollen, daß man vom 163

Kant: Über eine Entdeckung (wie Anm. 4), S. 119. Ebd., S. 120. Zum Folgenden vgl. die allerdings stark kantianisierende Darstellung bei Gawlina: Medusenhaupt der Kritik (wie Anm. 3), S. 142ff. 166 Kant: Über eine Entdeckung (wie Anm. 4), S. 122. 167 Erst der sich selbst historisch gewordenen Leibnizianismus vermag auf die Einwände Crusius’ einzugehen, allerdings nur, um sie als verworrenes Gebräu aus dogmatischer Theologie und Sensualismus zu verwerfen; vgl. Wilhelm Ludwig Gottlob Freyherr von Eberstein: Versuch einer Geschichte der Logik und Metaphysik bey den Deutschen von Leibniz bis auf die gegenwärtige Zeit. 2 Bde. Halle 1794, Bd. I, S. 245–268. 168 Vgl. hierzu erneut die Ausführungen bei Meier: Metaphysik (wie Anm. 101), S. 55. 164 165

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Urwesen sagt, es habe zwar einen Grund seines Daseins, aber der liege in ihm selber, ist ein Widerspruch: weil der Grund des Daseins eines Dinges, als Realgrund, jederzeit von diesem Dinge unterschieden sein, und dieses alsdann notwendig als von einem anderen abhängig gedacht werden muß.169

Das kommt Jacobi weiter entgegen, als Kant lieb sein konnte, doch konnte er darauf im Furor seiner Auseinandersetzung keine Rücksicht nehmen; entscheidend bleibt die eingangs zitierte, hier unausgeführte Prämisse, dass „das Realwesen (die Natur), d.i. der erste i n n e r e Grund alles dessen, was einem gegebenen Dinge notwendig zukommt, der Mensch von keinem Objekte erkennen“ kann170, denn: „Das nihil est sine ratione, welches eben so viel sagt, als alles existiert nur als Folge, ist an sich absurd.“171 Diese nur gegenüber Reinhold geäußerte Prämisse konnte den Gegnern Kants nicht bewusst sein. Doch durch eine letzte polemische Volte ließ Kant die Stoßrichtung seiner Kritik erneut deutlich aufscheinen: Gegen die Behauptung Eberhards, er reproduziere nur die Prinzipien des Leibnizschen Rationalismus, weist Kant in Bezug auf den Beweis der Geltung des Satz von Grunde auf die innerationalistischen Differenzen hin, wenn er schreibt: Vorher hatte er die ganze Metaphysik an zwei Türangeln gehänget: den Satz des Widerspruchs; und den des zureichenden Grundes [….]. So [durch den Beweis] hängt aber alsdenn die gesamte Metaphysik wiederum nur an einem Angel, da es vorher zwei sein sollten;

Kant beweist damit dem bekennenden Leibnizaner Eberhard, mit einiger Süffisanz, dass er in Wahrheit Wolffianer ist. Konnte das überzeugen? Für die Philosophiegeschichtsschreibung scheint dies – auch in ideengeschichtlicher Hinsicht – zu gelten; schon Karl Vorländer meinte: „Kant trug auch äußerlich den Sieg davon.“172 Und auch Manfred Kühn schreibt in seiner bahnbrechenden Kant-Biographie: Kants Angriff auf Eberhard war wirksam. Er überzeugte, wenn es dessen überhaupt bedurfte, die jüngere Generation davon, daß ihnen die Leibnizianer nichts mehr zu bieten hatten.173

Und das trifft ganz sicher auf jene Jüngeren zu, die es wieder mit dem Unbedingten hatten,174 von dem sie sich erst allmählich wieder befreiten. Die direkten Zeitgenossen der Kontroverse jedoch setzten erneut an eben dem hier betrachteten, grundlegenden Theoriemoment des Streites an: am principium rationis sufficientis.

169 170 171 172 173 174

Kant: Über eine Entdeckung (wie Anm. 4), S. 124. Kant: Briefwechsel (wie Anm. 5), S. 382. Ebd., S. 381. Karl Vorländer: Immanuel Kant. Der Mann und das Werk. Hamburg 31992, Bd. I, S. 342. Kühn: Kant (wie Anm. 119), S. 410. Vgl. hierzu u.a. Birgit Sandkaulen-Bock: Ausgang vom Unbedingten. Über den Anfang der Philosophie Schellings. Göttingen 1990.

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VII Nachspiel auf den unteren Rängen: Eberhard und Maaß gegen Kant Abschließend soll daher ein kurzer Blick auf Johann Gebhard Ehrenfried Maaß’ Aufsatz Ueber den Satz des zureichenden Grundes geworfen werden, der im Jahre 1790 im Philosophischen Magazin erschien und die Kontroverse um das principium rationis sufficientis mit neuen Angriffen auf Kant fortsetzte.175 Dieser – wenn ich richtig sehe – in der Forschung bisher übersehene Text setzt sich zweierlei zum Ziel: Erstens geht es Maaß um den Nachweis der „Untauglichkeit des Kantischen Beweises von dem Satze der Causalität“176 in der Kritik der reinen Vernunft; und zweitens bemüht sich der Autor darum, den Eberhardschen Beweis des Satzes vom zureichenden Grunde durch eine minutiöse Widerlegung der Kantischen Einwürfe zu bestätigen. Ergänzt wird die Studie um eine Nachschrift Eberhards, die verdeutlicht, dass der Streit um den Satz des Grundes ins Zentrum der gesamten Kontroverse zwischen Kant und Eberhard führt. Dabei weist Maaß im ersten Teil seiner Ausführungen auf ein auch in der aktuellen Kant-Forschung debattiertes Problem hin,177 wenn er moniert, dass es Kant nicht gelungen sei, die intendierte Verknüpfung der empirischen Zeitreihe zweier Erscheinungen mit der im Kausalitätsgesetz enthaltenen Notwendigkeit ihrer Folge zu verknüpfen. Im Hinblick auf den Kantischen Beweis der zweiten Analogie der Erfahrung verteilt Maaß gar die Höchststrafe: Hier ist die Nothwendigkeit der Succession in der Wahrnehmung verwechselt mit der nothwendigen Folge und der Abhängigkeit des Mannigfaltigen von dem, was vor ihm vorhergeht, in der Erscheinung selbst.178

Das trifft zwar durchaus nicht vollständig zu, weist jedoch im Hinblick auf den zweiten Beweis der zweiten Analogie zutreffend auf Probleme hin.179 Im zweiten Teil seiner Abhandlung, der sich der Widerlegung der kantischen Einwände gegen Eberhards Beweis des principium rationis sufficientis zuwendet, geht es Maaß vor allem darum, die Kantische Trennung zwischen logischer und transzendentaler Geltung des Satzes vom Grunde dadurch zu unterminieren, dass er – gegen Kant und dessen Vorwürfe an Eberhard, dieser habe die objektive Geltung erschlichen – deren gegenseitige Abhängigkeit nachzuweisen sucht: „Aber das formelle Princip setzt das materielle voraus. Daß jeder Satz einen Grund haben müsse, ist nur wahr, wofern überhaupt kein Ding ohne Grund seyn kann.“180 175 176 177 178 179

Vgl. Maaß: Satz des zureichenden Grundes (wie Anm. 7). Ebd., S. 173. Vgl. Thöle: Analogien der Erfahrung (wie Anm. 152), S. 290f. Maaß: Satz des zureichenden Grundes (wie Anm. 7), S. 179. Vgl. hierzu u.a. Burkhard Tuschling: Widersprüche im transzendentalen Idealismus. In: Probleme der Kritik der reinen Vernunft. Hg. v. Burkhard Tuschling, Berlin 1984, S. 227–310. 180 Maaß: Satz des zureichenden Grundes (wie Anm. 7), S. 183.

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Der Nachweis gelingt Maaß allerdings nur dadurch, dass er jeden Satz sowohl in seiner logischen Semantik als auch in seiner ontologischen Dignität als „wirkliches Urtheil in einem vorstellenden Subjekte“181 bestimmt und so die Abhängigkeit beider Dimension dekretieren kann. Überzeugt dieses Argument weniger, so weckt Maaßens Reaktion auf den Kantischen Vorwurf, Eberhard habe sich durch seinen Beweis des pincipium rationis sufficientis als strammer Wolffinaer erwiesen, Überraschung: Diese Bemerkung [ein oder zwei Türangeln des metaphysischen Systems] betrifft eine bloße Nebensache. Es ist für die Metaphysik völlig gleichgültig, ob der Satz des z. Gr dem Satze des Widerspruchs als ein neues Princip beygesellet, oder ihm als etwas Abgeleitetes untergeordnet werde. Die objektive und transzendentale Gültigkeit desselben ist es, warum es in der Metaphysik zu thun ist.182

Diese lakonisierende These ist allerdings vor dem Hintergrund der Geschichte des pincipium rationis sufficientis im 18. Jahrhundert schlicht falsch. Keineswegs berührt dieser Punkt eine Nebensache, sondern als Differenzpunkt zwischen Wolff und Leibniz die Möglichkeiten und Grenzen der Rationalisierbarkeit allen Seins. Leibniz hatte hier engere Grenzen gezogen als Wolff; unter dem Druck des Kantianischen Empirismus, als den sie die Transzendentalphilosophie verstehen, ziehen sich die Rationalisten – zumindest für eine Zeitlang – hinter die Leibnizschen Grenzlinien zurück und akzeptieren den axiomatischen Status des Satzes vom zureichenden Grunde, den zu beweisen eine der wichtigen Anstrengungen des Rationalismus zwischen Wolff und Eberhardt ausgemacht hatte.183 Doch sollte dieser Rückzug nicht lange andauern. Während Kant die weitere Auseinandersetzung mit der Eberhard-Partei seinen Schülern und Gefolgsleuten überließ, bündelte Eberhard seine in der Auseinandersetzung differenzierte Metaphysik in ein 1794 veröffentlichtes Handbuch: Kurzer Abriß der Metaphysik. Während also in Jena schon die ersten Ansätze zu nachkantischen Idealismen, die einen Grund nur mehr im Bewusstsein suchten, und frühromantischen Konzepten, die sich nicht nur vom Satz des Grundes, sondern auch von dem des Widerspruchs grundsätzlich verabschieden wollten, entwickelt werden, schreibt Eberhard in Leipzig scheinbar ungerührt: Das Mögliche enthält keinen Widerspruch und seine Möglichkeit wird daraus erkannt, daß es nicht widersprechend ist. Es ist also Etwas, woraus das Mögliche erkennt wird. Das woraus etwas erkannt werden kann, ist sein Grund. Alles Mögliche muß also einen Grund haben. Hätte einiges Mögliche keinen Grund: so wäre Nichts sein Grund, es wäre also einiges möglich und doch widersprechend, und einiges Widersprechende könnte gedacht werden. Es kann daher keinem Dinge ein Prädikat ohne innern oder äußern Grund zukommen. Könnte ihm das Prädi-

181 182 183

Ebd. Ebd., S. 187. Vgl. hierzu auch die die Differenz zwischen Axiom und Demonstration marginalisierenden Bemerkung Eberhards zu diesem Punkt in seiner Nachschrift (Ebd., S. 199f.).

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Gideon Stiening kat A ohne Grund zukommen: so könnte es auch zugleich das Prädikat Nicht A; es könnte ihm also zwey widersprechende Prädikate zugleich zukommen; es wäre folglich nicht möglich. Der Satz: Alles Mögliche hat einen Grund ist der Satz des Grundes.184

Das kann man als „unbelehrbar“ bezeichnen185 oder aber als Konsequenz einer Auseinandersetzung, in der sich Eberhard keineswegs – weder in wissenschaftstheoretischer noch in politischer Hinsicht – als Verlierer betrachtete, sondern die kantischen Einwände gegen den eigenen strengen Rationalismus als widerlegt ansah. Dass es in der Auseinandersetzung ums principium rationis sifficientis zwischen Kant und Eberhard immer um mehr ging als einen Streit philosophischer Schulen um Diskurshoheiten zeigt der Abschluss der Eberhardschen Nachschrift zu Maaß Abhandlung, wo sich der Leipziger zu der Dimension von Polemik durchringt, die auch Kant in seiner Streitschrift kultiviert hatte: Je mehr ich auf die Gründe, die Herr Kant dem Satz des zur. Grundes als einem transcendentalen Prinzip und meinem Beweise desselben entgegensetzt, zurücksehe, desto mehr leuchtet es mir ein, daß seine Erklärung, sich auf keinen Streit über seine Vernunftkritik einzulassen, sehr gut berechnet war. Denn gewiß, wenn er ihr mit keinen bessern Waffen zu Hülfe kommen kann, als die sind, womit er den Beweis von dem Satze des zur. Grundes angefochten hat, so war es allerdings besser gethan, sie ihrem Schicksal zu überlassen. Als ich die erste Nachricht von seiner Streitschrift erhielt, erwartete ich etwas gründlicheres und seine Ruhmes würdigeres darin zu finden; ich nahm sie mit aller möglichen Lehrbegierde in die Hand, allein meine Ueberraschung über die Unanständigkeit seiner Disputiermethode konnte kaum der Ueberraschung über die Schwäche der Gründe gleichen, die er darin dem Realismus entgegensetzt.186

Es sind eben nicht nur oder vor allem abstrakte Grundsatzentscheidungen zwischen „Ontologie und Epistemologie“,187 die den Streit zwischen Eberhard und Kant hervorrufen sowie dessen Schlichtung verhindern; es sind auch Fragen der Reichweite der Vernunft und somit des entscheidenden Instruments einer allgemeinen Aufklärungsauffassung. Für Leibniz und Wolff, Baumgarten, Meier und Eberhard sowie auch für Naturforscher, die sich in ihrer Tradition sahen, konnte und durfte es keine prinzipiellen Schranken oder Grenzen der Vernunft geben; für Kant dagegen musste es sie geben, um die Inseln des (falschen) Scheins zu umschiffen.

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Eberhard: Abriß (wie Anm. 39), S. 11 (§ 16). Vorländer: Kant (wie Anm. 172), S. 342. Maaß: Satz des zureichenden Grundes (wie Anm. 7), S. 204. So aber Gawlina: Medusenhaupt der Kritik (wie Anm. 3), S. 326.

HAGAR SPANO (Salerno)

Eberhards frühe Auseinandersetzung mit Kant um die Auffassung von Raum-Zeit Die Fragestellung Der Ursprung des berühmten Streits über die Vernunftkritik, der seit dem Ende der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts Johann August Eberhard beschäftigt hat und eines der wichtigsten Kapitel seines gesamten Denkweges bildet, geht auf ein anonymes Dokument zurück, das ihm erst vor kurzem zugeschrieben worden ist.1 Diese Schrift besteht nur aus zwei Blättern und betrifft die Lehre von Raum und Zeit, wie sie von Kant2 in der Dissertatio pro loco professionis, d.h. in De mundi sensibilis atque intelligibilis forma et principiis3 vom August 1770, noch vor ihrem Auftauchen in der Kritik der reinen Vernunft (KrV) dargestellt wurde. Der dritte Abschnitt dieses Textes, De Principiis formae mundi sensibilis, mit der man gewöhnlich die kritische Phase der Kantischen Philosophie anheben lässt, enthält einige sehr zusammengedrängte Absätze über die idea temporis4 und den conceptus spatii,5 die eine Antizipation der nachherigen transzendentalen Ästhetik bilden. In jenem angeführten Dokument nimmt Eberhard gerade die Dissertatio aus dem Jahre 1770 in den Blick, mit welcher Kant die Grundlage für die nachfolgende Reflexion auflegt, indem er – mit Bezug auf die Lehre von Hume – sowohl jene Unterscheidung zwischen sinnlichem und intelligiblem Wissen als auch die 1

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Vgl. Alexander Altmann: Eine bisher unbekannte frühe Kritik Eberhards an Kants Raum- und Zeitlehre. In: Kant-Studien 79 (1988), S. 329–341. Der Text von Eberhard, Gutachten gegen Kants Raum-Zeit-Lehre (im Folgenden mit der Abkürzung Gutachten, Blattangabe und Zeile), findet sich auf den Seiten 332–334; zum Thema siehe Manfred Gawlina: Das Medusenhaupt der Kritik. Die Kontroverse zwischen Immanuel Kant und Johann August Eberhard. Berlin, NewYork 1996, S. 270–274. Ich zitiere Kants Werke nach der Akademie-Ausgabe (AA = Kants gesammelte Schriften, hg. v. der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 1–23, Berlin 1900ff.) und verwende die folgenden Abkürzungen: MSI = De Mundi sensibilis atque intelligibilis forma et principiis; GUGR = Von dem ersten Grunde des Unterschiedes der Gegenden in Raume; MAN = Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft; ÜE = Über eine Entdeckung, nach der alle neue Kritik der reinen Vernunft durch eine ältere entbehrlich gemacht werden soll; KrV = Kritik der reinen Vernunft (gefolgt von dem Sigle A oder B für die Erst- oder Zweitausgabe, der Seitenanzahl und der Zeilenangabe). Kant: MSI. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 2, S. 385–419. Es wurde richtig bemerkt, dass die Untersuchung über die Natur und den Ursprung der Vorstellungen von Raum und Zeit gegen Ende des 18. Jahrhunderts „eine lebhafte und ausgiebige Debatte zwischen den Anhängern von Leibniz und Kant“ förderte, die damit zu einem der Schauplätze der Auseinandersetzung zwischen dogmatischem Rationalismus und Kritizismus werden sollte. (Raffaele Ciafardone: La „Critica della ragion pura“ nella Aetas Kantiana. L’Aquila 1987, Bd. 1, S. XIff.) Kant: MSI. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 2, S. 398ff. Ebd., S. 402ff.

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Kluft zwischen sinnlich Wahrnehmbarem und Denken feststellt, die seine späteren Schriften ausprägen. Es ist gerade der Punkt, worauf sich die Einsprüche derjenigen Autoren aus der Schulphilosophie (auf der Linie von Leibniz und Wolff) richten, die direkt in den Streit über die Vernunftkritik eingezogen sind und an der fruchtbaren Debatte über den Kantianismus teilnehmen, die die letzten beiden Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts kennzeichnet. Zum Problem der Erkenntnis stellt die Dissertatio bekanntlich eine entscheidende Unterscheidung innerhalb der Sphäre der sinnlich wahrnehmbaren Welt auf, nämlich die Unterscheidung zwischen a priori Formen und empirisch gegebenen Elementen. Ich nehme daher an dieser Stelle eine Diskussion wieder auf, die bereits mit der kurzen Schrift Von dem ersten Grunde des Unterschiedes der Gegenden im Raume (1768) entstand, worin Kant aufgrund des Arguments der „inkongruenten Gegensätze“ einen absoluten Raum thematisiert, der „unabhängig von dem Dasein aller Materie [ist] und selbst als der erste Grund der Möglichkeit ihrer Zusammensetzung eine eigene Realität habe“.6 Im Jahr 1770 fasst er Raum und Zeit zum ersten Mal nicht mehr als objektive Prinzipien der sinnlich wahrnehmbaren Welt oder Formen der Realität auf, sondern – über eine Neuformulierung des Themas der „inkongruenten Gegensätze“ – stellt er auf, dass diese formalen Prinzipien der sinnlich wahrnehmbaren Welt, d.h. Formen einer Intuition der Sinne bzw. reine als „ante omnem sensationem“7 verstandene Intuitionen sind. Bereits seit 1768 beschreibt er den Raum als „ein bloßes Gedankending“.8 In den §§ 14 und 15 der Dissertatio, die sich mit den Begriffen von Raum und Zeit auseinandersetzen, findet sich ferner ein expliziter Bezug auf Leibniz et asseclae.9 Nach Kants Feststellung, dass die Vorstellung der Zeit nicht aus den Sinnen entsteht (sondern die Sinne vielmehr die Zeit bereits voraussetzen), wird dieser einer singulären und keiner allgemeinen Natur zugesprochen. Bei ihr handelt es sich um reine Intuition, die jeder Empfindung vorausgeht. Daher ist die Zeit ein kontinuierliches Quantum. Deshalb mit Bezug auf die Idee der Zeit kommt Kant

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7 8 9

Kant: GUGR. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 2, S. 378.9–11. Es ist wichtig zu präzisieren, dass der „absolute Raum“, über den Kant im Jahr 1768 schreibt, nicht mehr der Raum im Leibnizschen Sinne der Monadologia Physica (1756), jedoch auch noch nicht der „reine Raum“ ist, also der Raum als „reines Konzept“, von dem in der Dissertatio die Rede ist. Es handelt sich tatsächlich um eine Konzeption des Raums nicht im Sinne Leibniz’, sondern Newtonscher Prägung: anders als für jenen, existiert für Newton ein leerer und ursprünglicher Raum. Zu dieser Problematik und im Allgemeinen zum Thema der „inkongruenten Gegensätze“ vgl. Luigi Scaravelli: Gli incongruenti e la genesi dello spazio kantiano. In: Giornale critico della filosofia italiana, XXXI, Terza Serie, VI, Okt.-Dez. 1952, S. 389–421; Ders.: L’analitica trascendentale. Scritti inediti su Kant. Hg. v. Mario Corsi. Firenze 1980, S. 15–48; zu diesem Punkt siehe aber auch David Walford: The Aims and Method of Kant’s 1768 „Gegenden im Raume“ Essay in the Light of Euler’s 1748 „Réflexions sur l’Espace“. In: British Journal for the History of Philosophy 7 (1999), S. 305–332. Kant: MSI. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 2, S. 399.18. Kant: GUGR. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 2, S. 383.26–27. Kant: MSI. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 2, S. 400.35.

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tatsächlich zu dem Schluss, dass „tempus non est obiectivum aliquid et reale, nec substantia, nec accidens, nec relatio, sed subiectiva condicio per naturam mentis humanae necessaria, quaelibet sensibilia certa lege sibi coordinandi, et intuitus purus“.10 Für ihn bedeutet dies zugleich, besonders von jenen Philosophen Abstand zu gewinnen, die etwa bei den englischen Philosophen einen realen objektiven Gehalt der Zeit aufstellen, doch auch von jenen Exponenten der Schulphilosophie, die – im Gefolge der Leibnizschen Philosophie – die Zeit als ein „abstractum reale a successione statuum internorum“11 begreifen. Das nämlich gilt für die Vorstellung der Idee des Raums, eines Begriffes zwar, der Kant gemäß nicht durch die äußeren Empfindungen „abstrahirt“ wird und daher „non est aliquid obiectivi et realis, nec substantia, nec accidens, nec relatio; sed subiectivum et ideale et e natura mentis stabili lege proficiscens veluti schema omnia omnino externe sensa sibi coordinandi“.12 Raum ist daher weder „absolutum et immensum rerum possibilium receptaculum“, wie die englischen Philosophen vertreten, noch „ipsam rerum exsistentium relationem“,13 also eine den Dingen auch außerhalb unserer Vorstellungskraft innewohnende Eigenschaft, wie sie Leibniz auffasst. In beiden Fällen kritisiert Kant damit, sowohl in Bezug auf die Definition der Zeit, als auch auf die des Raums, einen circulum vitiosum, der sich radikal gegen die theoretische Grundvoraussetzung der Anhänger von Leibniz wendet und sie damit vielleicht noch problematischer macht als die Thesen der englischen Denker. Und wenn er sich einige Jahre später in § 2 der transzendentalen Ästhetik die Frage stellt: Was sind nun Raum und Zeit? Sind es wirkliche Wesen? Sind es zwar nur Bestimmungen oder auch Verhältnisse der Dinge, aber doch solche, welche ihnen auch an sich zukommen würden, wenn sie auch nicht angeschaut würden, oder sind sie solche, die nur an der Form der Anschauung allein haften und mithin an der subjectiven Beschaffenheit unseres Gemüths, ohne welche diese Prädicate gar keinem Dinge beigelegt werden können?14

So hat sich die Auseinandersetzung mit der Leibnizschen Raum-Zeit-Lehre um ein weiteres Kapitel erweitert. Indem sich Kant (diesmal nur auf implizite Weise) auf Leibniz bezieht, stellt er das folgende fest: „Der Raum ist kein empirischer Begriff, der von äußeren Erfahrungen abgezogen worden“, weil „die Vorstellung des Raums nicht aus den Verhältnissen der äußern Erscheinung durch Erfahrung erborgt sein [kann], sondern diese äußere Erfahrung ist selbst nur durch gedachte Vorstellung allererst möglich“.15 10 11 12 13 14 15

Ebd. Ebd. Kant: MSI. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 2, S. 403.23–25. Ebd. Kant: KrV.. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 3, S. 52 (A31.26–32; B52.8–14). Ebd.; hinter dieser Definition steht bekanntlich die wichtige Kantische Unterscheidung zwischen der „metaphysischen“ und „transzendentalen“ Vorstellung (expositio) der Begriffe. Die „transscendentale Erörterung“ wird von ihm als die „Definition eines Konzepts als Prinzip be-

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Der Stand der Frage zwischen Leibniz und Kant In der ersten Ausgabe der KrV wird also die Idee des Raums als eine notwendige Vorstellung a priori erklärt, die also als Fundament für sämtliche äußeren Intuitionen bzw. als die Bedingung selbst für die (äußeren) Phänomene angesetzt wird. Dementsprechend wird die Zeit – in deren expositio metaphysica hält Kant fest, dass diese „kein discursiver oder, wie man ihn nennt, allgemeiner Begriff [ist], sondern eine reine Form der sinnlichen Anschauung“16 – als „a priori gegeben“ bestimmt. „In ihr allein ist alle Wirklichkeit der Erscheinungen möglich.“17 Dennoch gegen allen Anschein ist Kants Stellung nicht gänzlich der Anschauung von Leibniz entgegen. Wie Cassirer18 richtig festgehalten hat, stützen sich die Kantische Argumentation und die in Bezug darauf gegen Leibniz vorgebrachten Einwände auf eine Interpretation der Beziehung zwischen dem Realen und dem „Abstrakten“ (oder Ideal), die mehr der traditionellen Ontologie (der gemäß die Abstraktion auf einen empirischen Ursprung verweist) als dem eigentlichen Denken von Leibniz angehört. Für den Philosophen aus Leipzig bezeichnet der Begriff „abstrakt“, „das Fehlen individueller Bestimmtheit, die jedoch die unverzichtbare Basis für die Bestimmung des Individuums bildet“19 und hat sonach eine ganz andere Bedeutung als es in Kant diesem Wort beigelegt wird. In der zweiten, im Jahr 1787 herausgegebenen Ausgabe der KrV und insbesondere in der Amphibolie der Reflexionsbegriffe hat Kant dasjenige Urteil über Leibniz nicht revidiert, das er bereits sowohl in der ersten Ausgabe der KrV als auch in der Dissertatio geäußert hatte.20 Es ist jedoch sehr außergewöhnlich, dass er in der 1786 erschienene Schrift Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft seine Zielsetzung umlenkt, indem er den historischen Ursprung des Missverständ-

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schrieben, von dem aus sich die Möglichkeit weiterer synthetischer Kenntnisse a priori ableiten lassen“. (KrV B54:3–5) Im § 12 der Prolegomena (AA, Bd. 4, S. 285) hat Kant in Bezug auf diese Argumentation festgehalten, dass die Tatsache, Raum und Zeit als Basis der Mathematik zu setzen, bedeutet für diese eine authentische transzendentale Deduktion zu liefern. Zu diesem Thema vgl. auch Bernd Dörflinger: Der Fortschritt in Kants Reflexionen über den Raum. In: Studi kantiani 15 (2002), S. 11–29. Kant: KrV. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 3, S. 58 (A36.29–30; B58.15–16). Ebd., (B58.1). Vgl. Ernst Cassirer: Leibniz’ System in seinen wissenschaftlichen Grundlagen. Marburg 1902, S. 263ff. Ebd., S. 260. In seiner Einleitung zur italienischen Ausgabe der „Wiener Logik“ bemerkt Bruno Bianco hinsichtlich der Auseinandersetzung – im didaktischen Rahmen der Logikvorlesungen – zwischen Kant und dem Wolffianer Meier, wie sich anlässlich des Begriffes von Abstraktion eine weitere klare Distanzierung des Philosophen aus Königsberg gegenüber dem Dozenten aus Halle entwickelt: „Wie bereits in der Dissertatio von 1770 akzeptiert Kant [tatsächlich] die gängige Lesart nicht, die er als aliquid abstrahere aus dessen Kontext abstrahieren, sondern als ab aliquo abstrahere und damit von all dem das nicht dem Begriff zugehörig ist interpretiert“, vgl. Immanuel Kant: Logica di Vienna. Hg. v. Bruno Bianco. Milano 2000, S. LXVI. Kant: KrV. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 3, S. 217 (B217).

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nisses um die Natur des Begriffs von Raum sowie die daraus folgende Amphibolie21 nicht mehr Leibniz, sondern erst dessen Epigonen zuschreibt. Es sei ein Missverständnis, das jetzt in den Anfangsgründen für Kant nicht in der Leibnizschen Monadologie, sondern vielmehr in einer „übelverstandenen Monadologie“22 zu finden sei. Dies ist auch der Grund dafür, dass Kant in den letzten Zeilen der Entdeckung die KrV, nicht ohne eine provokante Hervorhebung, als „die eigentliche Apologie für Leibniz selbst wider seine ihn mit nicht ehrenden Lobsprüchen erhebende Anhänger“23 beschreiben kann. Auch noch im Jahr 1786 wird der Philosoph aus Leipzig von Kant als ein Vorläufer der Theorie der Idealität des Raums beschrieben, wie sie in der KrV 24 entworfen wird. Diese Vorbemerkungen erfordern einen kurzen Hinweis auf die komplizierte Rezeptionsgeschichte der Leibnizschen Philosophie und insbesondere der Interpretation der Lehre von den angeborenen Ideen und dem Ursprung der Erkenntnis. Dies erlaubt uns zu verstehen, woher es kommt, dass die Auseinandersetzung zwischen Kant und Eberhard um die Leibnizsche Raum-Zeit-Lehre zum großen Teil auf einem zweifelhaften und jedenfalls lediglich teilweisen Verständnis derselben beruht. In der Tat, wie man bemerkt hat, sind die Interpretationen von Leibniz von Beginn an und bis heute von der Tatsache beeinflusst, daß viele seiner Werke zu seinen Lebzeiten nicht veröffentlicht wurden, sondern erst nach seinem Tod und über einen Zeitraum von zwei Jahrhunderten hinweg entdeckt wurden.25 So ist – wie Dilthey gesagt hat – die Veröffentlichung seiner meisten Entdeckungen zurückgehalten worden. Auch was er selbst zu seinen Lebzeiten publizierte, verspätete sich, und das unbehagliche Gefühl, daß ihm andere zuvorkamen, lastete auf ihm. Weitaus das Meiste hinterließ er halb vollendet. Wie hätten sie „neuen Versuche uber den menschlichen Verstand“ gewirkt, wenn sie sogleich Locke entgegentreten wären? Als sie lange her nach seinem Tode erschienen, war Hume inzwischen gekommen, und sie hatten trotz ihrer Genialität etwas Vergangenes in ihren Bezügen.26

Der ungeheure Erfolg der Wolffschen Lehre hat die Rezeption des Leibnizschen Denkens noch komplizierter gemacht. Tatsächlich nahmen Christian Wolff und 21

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Cassirer: Leibniz’ System (wie Anm. 17), S. 269, überzeugend hat im Wolffschen System die eigentliche Quelle vieler Missverständnisse von Kant der Leibnizschen Philosophie gegenüber anerkannt; zu diesem Punkt siehe auch Ferdinando Marcolungo: Wolff e il possibile. Padova 1982, insbes. Kap. 2: Princìpi e sistema, S. 35ff. Kant: MAN. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 4, S. 507.32–33. Kant: ÜE. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 8 , S. 250.35–37. Vgl. Ciafardone: La „Critica della ragion pura“ (wie Anm. 3), S. XVff. Zum selben Thema siehe auch die klassischen Arbeiten v. Cassirer: Leibniz’ System (wie Anm. 18); Emile van Biéma: L’espace et le temps chez Leibniz et chez Kants. Paris 1908. Zudem sei auf Friedrich Kaulbach: Die Metaphysik des bei Leibniz und Kant. In: Kant-Studien, Ergänzungshefte 79 (1960) und Günter Wohlfahrt: Ist der Raum eine Idee? Bemerkungen zur transzendentalen Ästhetik Kants. In: Kant-Studien 71 (1980), S. 137–154 verwiesen. Vgl. Giorgio Tonelli: Da Leibniz a Kant. Saggi sul pensiero del Settecento. Hg. v. Claudio Cesa. Napoli 1987, S. 112. Vgl. Wilhelm Dilthey: Leibniz und sein Zeitalter. In: Gesammelte Schriften, Bd. 3: Studien zur Geschichte des deutschen Geistes. Hg. v. Paul Ritter. Stuttgart, Gottingen 1959ff., S. 30.

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dessen Schule sehr wohl „viele grundlegende Prinzipien des Leibnizschen Denkens“ auf, und „adaptierten diese jedoch auf eine Art und Weise, um sie den eigenen Zielen anzugleichen“,27 sodass die große Gefolgschaft, die diese Theorien fanden, dazu beitrug, die authentische Leibnizsche Tradition zu verdunkeln (oder einseitig hinzulenken), wie die Verbreitung der Leibnizschen Werke und seiner Theodizee zwischen dem Tod des Philosophen im Jahre 1717 und der posthumen Veröffentlichung der Nouveaux Essais (1765) dokumentiert. Und gerade in den Nouveaux Essais, die zwischen 1703 und 1705 verfasst und von Raspe erst ein halbes Jahrhundert später veröffentlicht wurden, sowie in der Korrespondenz mit Clarke zeigt sich die deutliche Auffassung von Leibniz über das Thema der angeborenen Ideen und des Ursprungs der Erkenntnis. Zudem wird in diesen Texten, die während der gesamten ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts völlig ignoriert wurden, die Meinung dargelegt, dass Raum und Zeit nicht bloß als reale oder zufällige Substanzen definiert werden können, sondern als „ideale Ordnungen“. Es ist dies eine Definition, die die Feststellung ermöglicht, dass „das Prinzip des Raums mit Leibniz zum ersten Mal seine ontologische Bedeutung verliert, die ihm zuerst von Descartes und später von Newton zugesprochen wurde“.28 Weit entfernt vom Verständnis, das ihm Kant dennoch unterstellt, ist der Raum für Leibniz schlicht ein ens rationis. Als Ordnung der Vielfalt und der Beziehungen der Substanzen ist der Raum eine ideale und abstrakte Entität, die der Logik vorgängig und damit unabhängig von der durch die Körper gegebenen Position ist; vielmehr bildet er die Bedingung der Möglichkeit zur Koexistenz der Körper selbst, als auch die Zeit die Möglichkeit zu deren Sukzession bedingt. Daher in der Korrespondenz mit Clarke ist es zu lesen, dass der Raum nichts anderes ist, als eine Ordnung der Existenz der Dinge, die sich in deren Gleichzeitigkeit zeigt […]. Es sind die Bilder der Philosophen und deren unvollständige Begriffe, die den Raum zu einer absoluten Realität machen.29

Er ist eine Idee „des reinen Intellekts“,30 die seiner Natur nach unabhängig von der Erfahrung ist, denn erst durch sie werden wir uns der „angeborenen Wahrheiten“ bewusst, die eben Raum und Zeit sind. Schon in den Metaphysischen Anfangsgründen muss Kant dies erkannt haben, wenn es stimmt, dass es 27 28

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Vgl. Tonelli: Da Leibniz a Kant. (wie Anm. 24), S. 117; [Hervorh. H.S.]. Vgl. Ciafardone: La „Critica della ragion pura“ (wie Anm. 3), S. XIss. Gottfried Wilhelm Leibniz: Die philosophischen Schriften. Hg. v. Carl Immanuel Gerhardt. Bd. 7, Teil 2. Berlin 1890 [anastatischer ND Hildesheim 1965], S. 395–396. Zu diesem Thema siehe auch Giorgio Tonelli: La concezione leibniziana delle idee innate. In: Ders.: Da Leibniz a Kant. (wie Anm. 24), S. 111–136; und zum möglichen Einfluss der Veröffentlichung der Nouveaux Essais von Leibniz auf die Wende, die um das Jahr 1769 im Kantischen Denken stattfand, siehe auch Giorgio Tonelli: Die Umwälzung von 1769 bei Kant. In: Kant-Studien 54 (1963), S. 369ff. Vgl. G. W. Leibniz: Die philosophischen Schriften (wie Anm. 28), Bd. 7, Teil 2, S. 395ff. Ebd., Bd. 5, Teil 2, S. 116.

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nicht Leibnizens Meinung war, so viel ich einsehe, den Raum durch die Ordnung einfacher Wesen neben einander zu erklären, sondern ihm vielmehr diese als correspondirend, aber zu einer blos intelligibeln (für uns unbekannten) Welt gehörig zur Seite zu setzen und nichts anders zu behaupten, als was anderwärts gezeigt worden, nämlich daß der Raum sammt der Materie, davon er die Form ist, nicht die Welt von Dingen an sich selbst, sondern nur die Erscheinung derselben enthalte und selbst nur die Form unserer äußern sinnlichen Anschauung sei.31

Und dennoch auch hinter dieser von Kant vollzogenen Meinungsänderung lauert eine klare Aporie, denn die Idealität im von Leibniz entworfenen (intellektuellen) Sinne deckt sich ganz und gar nicht mit der (intuitiven) Idealität auf, wie sie von Kant verstanden ist. Für den ersten zeigt die Idealität einen begrifflichen, vorgeformten und festgelegten Gehalt, den der Geist in sich trägt und mit dem sich die Relationen der Koexistenz der Substanzen ausdrücken; für den zweiten hingegen stellt sie eine Form der Intuition, eine reine Funktion dar, die in den Prozess der Konstituierung des Objekts der Erkenntnis eingreift.32 Dies ist der philosophische Boden, auf dem heftige Konflikte hermeneutischer Art entstanden sind und sich zugleich das Gutachten Eberhards, d.h. das Dokument die Raum-Zeit-Lehre betreffend, verorten lässt. Wie bereits gesagt, handelt es sich dabei um zwei kurze Seiten, die der Kantischen Dissertatio von 1770 gewidmet sind und dabei insbesondere der dritten Sektion derselben (De principiis formae mundi sensibilis). Altmann, der die Geschichte dieses kurzen Gutachtens rekonstruiert hat, schreibt dessen Urheberschaft Eberhard zu und vermutet, dass dieses einige Zeit vor dem 25. Dezember 1770 verfasst wurde. An diesem Tag schrieb Mendelssohn, der zusammen mit Nicolai den größten Einfluss auf Eberhard während dessen Berliner Zeit33 haben sollte, einen Brief an Kant zu und äußerte dabei dessen Stellungsnahme zur Dissertatio.34 In diesen Jahren war in Deutschland ein „vorübergehendes und nicht allzu nachhaltiges Erwachen des Interesses an Leibniz“35 festzustellen; das wird durch die von Raspe (1765) herausgegebene Edition und die große Ausgabe von Dutens (1768) dokumentiert und auch durch die Ausrichtung der Akademie bewiesen, die ihrerseits nach dem Affaire Maupertuis endlich den Anhängern von Wolff gegenüber eine versöhnliche Haltung beweist. Diese Tendenz setzt sich bis in die späte Aufklärung hinein fort – in der die Schul31 32

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Kant: MAN. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 4, S. 508.3–10. Zum Punkt vgl. Ciafardone: La „Critica della ragion pura“ (wie Anm. 3), S. XVII; zur allgemeinen Einführung in das Thema vgl. auch Peter Baumanns: Kants Philosophie der Erkenntnis. Durchgehender Kommentar zu den Hauptkapiteln der „Kritik der reinen Vernunft“. Würzburg 1997, S. 110ff.; Gottfried Martin: Immanuel Kant. Ontologie und Wissenschaftstheorie. Berlin 1969, insbes. Kap. 1: Das Sein des Raumes und der Zeit, S. 13ff. Friedrich Nicolai: Gedächtnißschrift auf Johann August Eberhard. Berlin, Stettin 1810. In: Ders.: Gesammelte Schriften. Hg. v. Bernhard Fabian und Marie-Luise Spieckermann. Bd. 14: Opera Minora III, Hildesheim 1994, Vorbericht, S. 9ff. Kant: Briefe. AA (wie Anm. 2). Bd. 10, S. 113–116; Vgl. auch Gawlina: Medusenhaupt der Kritik (wie Anm. 1), S. 270. Vgl. Tonelli: La concezione leibniziana delle idee innate. In: Ders.: Da Leibniz a Kant. (wie Anm. 24), S. 123.

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philosophie der Anhänger von Leibniz und Wolff sowie die Popularphilosophie von Philosophen wie Feder und Garve, die auf einer Seite aus jener hervorging und auf der anderen sich ihr widersetzte, beide dominanten Tendenzen bildeten.36 Diese waren jedoch weit davon entfernt, das Bedürfnis nach einer Wiederherstellung der authentischen Leibnizschen Lehre zu befördern, sondern wurden vielmehr vom Versuch einiger Autoren Wolffscher Prägung (darunter vielleicht auch Eberhard) geleitet, die eigene intellektuelle Reputation zu erneuern, indem sie sich gerade in einer Zeit des raschen Niedergangs des Wolffismus auf die Autorität des großen Philosophen aus Leipzig beriefen. Leibniz wird also auf eine sehr umstrittene Weise interpretiert, wie wir der „einzigen in Deutschland veröffentlichten Rezension von einer gewissen Tragweite der Ausgabe von Raspe“37 entnehmen können. Die Rezension, die gerade Eberhard für die Allgemeine deutsche Bibliothek Nicolais im Jahr 1766 verfasst hat, ist allerdings wert, „aufgrund der Vorurteile, die sie enthält, erwähnt zu werden“;38 sie beziehen sich insbesondere auf die Erkenntnislehre von Locke und Leibniz, die Eberhard durch den Wolffschen Filter rezipiert. Dieser Art war also die „Interpretation [von Leibniz], die er als Fundament des eigenen Systems setzte“39 und späterhin, zur Gelegenheit des von der Akademie über das Problem der Fähigkeiten zur Erkenntnis und des Ursprungs der Erkenntnis aufgerufenen Wettbewerbs, in der Allgemeinen Theorie des Denkens und Empfindens (1776)40 zu neuer Blüte gelangt. Noch vor der Preisschrift von 1776 zog aber die Neue Apologie des Sokrates (1772)41 in Bezug auf dieses Thema einige heftige Einwürfe auf sich, wie etwa diejenige von Lessing. Denn in beiden Schriften von 1773 – Leibniz von den ewigen Strafen und Des Andreas Wissowatius Einwürfe wider die Dreieinigkeit – hat er sowohl eine radikale Kritik der Eberhardschen Analyse (neologischen Charakters) der religiösen Dogmen ausgeübt, als auch eine durchgehende Verteidigung von Leibniz gegen den Ansprüchen derjenigen, die sich die Leibnizschen Lehre anzueignen versuchten, indem sie die spitzfindige Unterscheidung zwischen esoterischen und exoterischen Bedeutung aufstellten.42

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Siehe Karl Rosenkranz: Geschichte der Kant’schen Philosophie. Leipzig 1840. Neue Ausg. hg. v. Steffen Dietzsch. Berlin 1987, S. 293ff. Eine dritte Tendenz bildet laut Rosenkranz die Glaubensphilosophie, wovon ein Teil jedoch lediglich religiösen Charakters ist. Vgl. Allgemeine deutsche Bibliothek. Hg. v. Friedrich Nicolai. Kiel, Berlin, Stettin 1765–96, Bd. 3 (1766), S. 44ff. Vgl. Tonelli, Da Leibniz a Kant. (wie Anm. 24), S. 121ff. Ebd., S. 122. Johann August Eberhard: Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens. Eine Abhandlung, welche den von der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin den auf das Jahr 1776 ausgesetzten Preis erhalten hat. Berlin 1776. Ders.: Neue Apologie des Sokrates, oder Untersuchung der Lehre von der Seligkeit der Heiden. Berlin, Stettin 1772; 17762 [anastatischer ND Brüssel 1968]. Vgl. Henry E. Allison: Lessing and the Enlightenment. Ann Arbor 1966, S. 83–95; Ders.: The Kant-Eberhard Controversy. Baltimore, London 1973, S. 7.

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Abgesehen von den spezifischen Bemerkungen, hinsichtlich der Lehre von der ewigen Bestrafung der Sünden43, ist der Vorwurf gegenüber Eberhard, Leibniz missverstanden zu haben, symptomatisch. In der Tat werfen diese Vorwürfe Lessings ein bezeichnendes Licht auf die Art des Zugangs bzw. auf den Interpretationsstil Eberhards in Bezug auf die leibnizsche Philosophie, die vielleicht auch charakteristisch sind für dessen Umgang mit Leibniz in der Polemik mit Kant.44

Der Beitrag von Eberhard zur Diskussion Auch das Gutachten Eberhards ist von einer Wolffschen Lektüre von Leibniz geprägt. Dort antizipiert er einige Thesen, die später auch im Philosophischen Magazin45 dargestellt werden. Ohne Zweifel ist es sogar zu sagen, dass dies kurze Dokument den allerersten Versuch einer reductio des Kantischen Denkens auf jenes von Leibniz darstellt. Wie allgemein bekannt, ist sowohl dieser „Reduzierungsversuch“ der Kantischen Philosophie auf den „Dogmatismus“ als auch deren Auslegung „in Namen des Leibnizschen Systems“46 das wesentliche Kennzeichen der Argumentation Eberhards.47 Aber gehen wir ordnungsgemäß vor. In der im ersten Band des „Magazins“ enthaltenen Aufsatz Über den Ursprung menschlicher Erkenntnis48 vergleicht Eberhard synoptisch und deutlich die Resultate beider Kantischen und Leibnizschen Vernunftkritiken, insb. in Bezug auf den Ursprung der Kategorien. Diese Gegeneinanderstellung, wie er schreibt, „ist bestimmt, dem Leser die Entscheidung zu erleichtern, welche Theorie, die Leibniz43

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Zu diesem Thema siehe Hagar Spano: Dell’eternità delle pene infernali. Eberhard e Lessing in dialogo. In: Religioni e salvezza. La liberazione dal male tra tradizioni religiose e pensiero filosofico. Hg. v. Gerardo Cunico und Hagar Spano, Napoli 2010, S. 173–189; Ders.: Colpa e peccato. La Ethisierung illuministica e la Neue Apologie di Johann A. Eberhard. In: Filosofia e Teologia 2 (2009), S. 300–311. Vgl. Claudio La Rocca (Hg.): Introduzione, I. Kant, Contro Eberhard. La polemica sulla critica della ragion pura. Pisa 1994, S. 10. Vgl. Altmann: Kritik Eberhards an Kants Raum- und Zeitlehre (wie Anm. 1), S. 335, 336, 339. Philosophisches Magazin. Hg. v. Johann August Eberhard. Halle 1788–1792. Das Philosophische Magazin wird in den folgenden Fußnoten mit der Abkürzung PM nach Band und Stück zitiert. Vgl. PM (wie Anm. 45), Bd. 1, St. 4, (1789), S. 393. Die wohlbekannte Hauptthese Eberhards kennt zwei Formulierungen: gegen Ende der Abhandlung Über die Schranken der menschlichen Erkenntnis (vgl. PM [wie Anm. 45]. Bd. 1, St. 1, S. 26) schreibt er, dass die Grenzbestimmung „der menschlichen Erkenntniß nach der Leibnizschen Vernunftkritik noch nicht aufgegeben werden dürfe; alles was die Kantische Kritik gründliches enthält, sei in ihrem Umfange enthalten, und außerdem noch vieles, was diese ohne Grund verwirft“; die Abhandlung Über das Gebiet des reinen Verstandes (vgl. PM, Bd. 1, St. 3, S. 289) endet dagegen mit zwei Behauptungen; die zweite lautet folgenderweise: „Die Leibnizsche Philosophie kann alles Wahre der Kantschen enthalten, aber außerdem noch mehr. Zu diesem Mehr ist sie durch die gegründete Erweiterung des Gebietes des Verstandes im Stande wozu sie ihre kritische Zergliederung des Erkenntnisvermögen berechtigt“ (Ebd.). PM (wie Anm. 45), Bd. 1, St. 4 (1789), S. 369–405.

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sche oder der kritische Idealismus, uns am befriedigsten über den Ursprung unserer Erkenntnis belehre“.49 Jenseits aber von dem Vergleich stricto sensu zeigt die Argumentation eindeutig sowohl das Verständnis Eberhards der Kantischen und Leibnizschen Raum-Zeit-Lehre als auch seine besondere Überzeugung von dem Thema. Was die Kantische Vernunftkritik und insbesondere die a priori Formen der Sinnenerkenntnis betrifft, hebt er anfänglich hervor, dass die sinnliche Anschauungen einzelne Vorstellungen sind, die von der Einrichtung des vorstellenden Subjekts abhängen. Sie gehen daher nicht auf Dinge an sich – da nichts, was im Raume angeschaut wird ein Ding an sich ist – sondern auf Erscheinungen. Es handelt sich also um Erscheinungen, deren Form genau dasjenige ist, durch welches das Mannigfaltige der Erscheinung angeschaut sein kann. Raum und Zeit sind die reine Formen dieser Anschauung, d.h. der sinnlichen Anschauung. Sie sind also a priori im Gemüte, denn – sagt Eberhard – 1) sind sie die Rezeptivität des Subjekts von den Gegenständen affiziert zu werden, und diese muß notwendig vor allen Anschauungen dieser Objekte vorhergehen; allein 2) müssen sie auch als Formen aller Erscheinungen vor allen wirklichen Wahrnehmungen gegeben sein.50

Deshalb ist der Raum kein empirischer Begriff, den man von äußeren Erfahrungen abziehen kann; sondern jenen Erfahrungen muss schon die Vorstellung des Raumes zum Grunde liegen. Der Raum – so Eberhards Auslegung der Vernunftkritik von Kant – ist „die einzige Anschauung a priori“; m.a.W., sind Raum und Zeit Anschauungen, die sich ursprünglich in der Seele finden. Im Gegensatz zu der Leibnizschen Vernunftkritik, schreibt Eberhard, „haben die Vorstellungen des Einzelnen sowohl ihren Grund in dem Objekte, als auch in dem vorstellenden Subjekt“.51 Diese Vorstellungen „sind Erscheinungen und haben, als solche, mit dem Gegenstande keine bemerkbare Ähnlichkeit, weil sie die einzelnen Realitäten desselben nicht unterscheiden“. Durch den Verstand werden die allgemeinen Bestimmungen im Mannigfaltigen des Gegenstandes unterschieden, wobei doch die zu ihrer Individualität gehörigen Bestimmungen der endlichen Vorstellungskraft nicht erkennbar sind. In dieser endlichen Vorstellungskraft haben Raum und Zeit subjektive Gründe, weil sie Erscheinungen sind. Deshalb sind die Formen der Erscheinungen von Raum und Zeit Schranken der endlichen Vorstellungskraft selbst. Fernerhin mit Bezug auf die Kantische Definition von Raum und Zeit als Formen der sinnlichen Anschauung bemerkt Eberhard, dass wenn unter der Form dieser Anschauung die Rezeptivität des Subjekts verstanden wird, so ist sie der subjektive Grund der Erscheinungen, „und dieser muß in der verständlichen Erklä49 50 51

Ebd., S. 405. Ebd., S. 397ff.; [Hervorh. H.S.]. Ebd.

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rung der Erscheinung, zwar nicht mit Priorität der Zeit, aber allerdings mit Priorität des Grundes, vor der Erscheinung selbst gedacht werden“.52 Und gegenüber der These, dass kein Ding an sich im Raume angeschaut sein kann, behauptet er, dass diese These zwei verschiedene Bedeutungen haben kann: zuerst, kein ausgedehntes oder räumliches wirkliches Ding ist ein Ding an sich, „wie von Leibniz zuerst“53 gelehrt worden ist; zweitens, das ausgedehnte oder räumliche wirkliche Ding hat keine objektiven Gründe, die Dinge an sich sind, und das ist falsch: denn das ausgedehnte Ding ist, wie jede Erscheinung, ein Phaenomenon bene fundatum, d.i. hat subjektive und objektive Gründe.54

Die Unstimmigkeit zu Kant wird hier aber größer in Beziehung auf das schwierige Thema der Apperzeption, das die Frage nach dem klaren Begriff des Raumes greift. Es handelt sich um einen empirischen Begriff, der von den äußeren Erfahrungen abgezogen ist. „Denn – sagt Eberhard ferner – alle unsere sinnliche Begriffe werden durch die Empfindungen klar. Sonst müsste uns der klare Begriff davon anerschaffen sein, welches niemand behaupten wird“.55 Tatsächlich, was Eberhards Auslegung nach anerschaffen ist, sind die Gründe des Begriffs von Raum; vor aller Empfindung durch die äußeren Sinne ist dieser Begriff dunkel und muss daher erst „durch Empfindung und Abstraktion“ klar werden.56 Auf dieses Festhalten Eberhards am Begriff des Raumes werden wir später tiefer eingehen. Nun ist es sehr wichtig, auf Kants Behauptung zu verweisen, nach der Raum und Zeit Anschauungen sind, die sich ursprünglich in der Seele finden. Wobei dagegen der Philosoph aus Halle beobachtet, dass die Bilder von Raum und Zeit nach der Vernunftkritik von Leibniz ihren Ursprung in der Seele haben. Eberhard schreibt dazu: „Aber da sie Erscheinungen sind, so sind nicht in dem Verstande ursprünglich in derselben, daß sie nicht aus etwas, das nicht Raum und Zeit ist, erklärbar wären; sonst waren sie qualitates occultae“.57 Da sie Phaenomena bene fundata sind – anders gesagt: sie sind im Einfachen gegründet, aus dem die Seele erschaffen ist – sind die Bilder des Raums und der Zeit aus diesen einfachen Gründen erklärbar, „und daher können ihre allgemeinen Begriffe nichts ursprüngliches sein“.58 Gehen wir aber einen Schritt zurück. Dieses Festhalten am Begriff des Raums, von dem die Rede war, wird anderswo erklärt, und insbes. im zweiten Teil der 52 53 54 55 56

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Ebd., S. 398. Ebd., S. 399. Ebd. Ebd., S. 400. Demzufolge gibt es keinen „Widerspruch zwischen den Satzen: 1) die reinen Anschauungen, oder einfachsten Merkmale der Erkenntnis durch die Sinnen gehen vor allen Wahrnehmungen oder Empfindungen vorher, und sie sind davon abstrahiert. Denn als dunkele Begriffe gehen sie vorher, als klare sind sie von ihnen abstrahiert“. (Ebd., S. 401ff.). Ebd., S. 404. Ebd.

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Abhandlung Über die logische Wahrheit oder die transcendentale Gültigkeit der menschlichen Erkenntnis.59 Hier finden wir tatsächlich eine „kurze Zergliederung“ der Begriffe von Raum und Zeit. Hier zielt Eberhard darauf hin, die logische Wahrheit der menschlichen Erkenntnis zu retten; deshalb setzt er sich in Opposition zu den Thesen, die Kant in der transzendentalen Ästhetik der KrV ausführt, und geht von der Unterscheidung zwischen Sinnenerkenntnis und Verstandeserkenntnis aus. In der Tat ist die Frage nach Raum und Zeit, d.h. nach den Formen empirischer Anschauung, grundlegend für das Problem der Möglichkeit und der Beschränkungen der Erkenntnis selbst. Nach Eberhard sind die Formen der Erkenntnis, von denen in Kant die Rede ist, lediglich Formen der Sinnenerkenntnis, d.h. seine elementarsten Begriffe, die sich daraus von den Verstandeserkenntnissen unterscheiden. Die elementarsten Begriffe der Verstandeserkenntnis sind tatsächlich unbildlich und übersinnlich.60 Nach ihm können die sämtlichen Meinungen zu diesem Thema auf eine einzige zurückgeführt werden, nämlich auf die Behauptung, dass der Gegenstand des reinen Verstandes angeblich „ein wahrer Gegenstand“ sei, obgleich eine unmittelbar anschauende Erkenntnis desselben gar nicht möglich ist. Diejenigen, die das behaupten, berufen sich auf die Notwendigkeit, für die Bilder von Raum und Zeit, als das erste Element aller Sinnenerkenntnis, einen äußeren Grund außerhalb des Bereiches der Sinnenerkenntnis abzugeben. Mit der Absicht auf eine Widerlegung der Kantischen Auffassung, nach der Raum und Zeit als solche ‚leere Vorstellungen‘ ohne Hinweis auf einen ‚Gegenstand‘ sind, hält Eberhard für angebracht, eine kurze ‚Zergliederung‘ dieser Begriffe abzugeben. Die konkrete Zeit – also die von uns wahrgenommene bzw. empfundene Zeit – ist in der Tat nichts als eine Sukzession unserer Vorstellungen. Denn, wie er schreibt, auch die Sukzession in der Bewegung lässt sich einfach auf eine Sukzession der Vorstellungen zurückführen. Deshalb ist die konkrete Zeit etwas Zusammengesetztes und besteht demnach aus ‚einfachen Elementen‘, die als Gründe gelten. Diese ‚einfachen Elemente‘ können aber nicht einzeln empfunden werden, sondern nur insgesamt in Verbindung mit vorhergehenden und nachfolgenden Vorstellungen. Im Verknüpftsein der Vorstellungen liegt also nach Eberhard die Stetigkeit der konkreten Zeit. Der Philosoph aus Halle verweist dazu auf Leibniz, der diese Probleme „mit seinem gewöhnlichen Tiefsinne“61 behandelt habe. Trotzdem muss man sagen, dass die Auffassung von der Zeit und ihrer Stetigkeit gewinnt dadurch nur einige Plausibilität, daß man mit Leibniz ein Kontinuum unbewußter Vorstellungen annimt. In diesem Sinn könnten der Vorstellungsstrom und damit die Kontinuität der Zeit gar nicht unterbrochen werden, nur das Bewußtsein der Vorstellungen könnte schwinden.62

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PM (wie Anm. 45), Bd. 1, St. 2 (1788), S. 150–174. Ebd., S. 168. Ebd., S. 169. Vgl. Gawlina: Medusenhaupt der Kritik (wie Anm. 1), S. 156.

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Was die außerhalb des Bereiches des Sinnlichen hinweisenden Vorstellungen betrifft, muss man bemerken, dass bei Eberhard die konkrete Zeit zweierlei Gründe hat, die objektiven Gründe des Einfachen und die subjektiven Gründe der Empfindung. Daher hebt Eberhard hervor, dass sich der Verstand über den Bereich des Sinnlichen erhebt,63 indem er das unbildliche Einfache entdeckt, ohne welches das Bild der Sinnlichkeit auch in Ansehung der Zeit nicht möglich ist. Er erkennt also, daß zu dem Bilde der Zeit zuförderst etwas Objective gehöre, diese untheilbaren Elementarvorstellungen, welche zugleich mit den subjectiven Gründen, die den Schranken des endlichen Geistes liegen, für die Sinnlichkeit das Bild der concreten Zeit geben.64

Auch der konkrete Raum ist etwas Zusammengesetztes, „mit dem Zusammengesetzten zugleich da“. Dieses Zusammengesetzte ist der Körper, der als solcher ein „Aggregat einfacher Substanzen“ darstellt. Analog wie bei der Zeit müssen auch die objektiven Gründe des Raums unbildlich sein, aber nichtsdestoweniger reale „Verstandeswesen“. Die Vorstellung des Raums ist von der Vorstellung eines Körpers als „Inbegriff von Erscheinungen“ abhängig,65 demzufolge muss der Letztgrund der Körpererscheinung und der objektive Grund des Raumes zugleich sein. Eberhard stellt also die Räumlichkeit als Akzidens der einfachen Substanz dar, und das führt ihn zu der Frage, was als „Substratum der Akzidenzen“ zu bestimmen sei.66 Natürlich vermag nur der Verstand die Antwort zu geben, da die Sinne nur Veränderungen (nämlich Akzidenzien) erkennen können. Eberhard wirft die Frage auf: „Was ist […] das Substanzielle, das Substratum der Accidenzen, die von den Substanzen zu erkennen sind?“.67 Für die Sinnenerkenntnis ist es gar nichts. „Was ist es aber für den Verstand? Das Fortdauernde, wovon die Accidenzen Bestimmungen sind, die Kraft, welche ihren Grund enthält“.68 Raum und Zeit werden also von Eberhard einerseits als bloß bildlich-sinnlichen Vorstellungen zu der Sphäre der Empfindung verankert; andererseits sind die einfachen Gründe der

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PM (wie Anm. 45), Bd. 1, St. 2 (1788), S. 169–170. Wie Gawlina bemerkt, hat der Verstand nach Eberhard „keine bildlichen, aber trotzdem wesenhafte (nicht ‚begriffleere‘) Gegenstände“. (Gawlina: Medusenhaupt der Kritik [wie Anm. 1], S.156–157.). Ebd., S. 169–170. Das „unbildliche Einfache“ ist die Formulierung für den Grund der Zeit als Bild. Es gibt hier zwei Instanzen des Einfachen, sowohl die „unteilbare Elementarvorstellung“ als Grund der konkreten Zeit als auch der „Augenblick“ als Grund der abstrakten Zeit. Nach Eberhard gehören beide nicht mehr der Sinnlichkeit, sondern dem Verstand zu. Demzufolge sollen beide „anschauend“ sein. Ebd., S. 172. Vgl. Gawlina: Medusenhaupt der Kritik (wie Anm. 1), S. 158. Natürlich liegt dieses Substanzielle äußerhalb der Sphäre der Sinne und der Verstand kann sich davon keine anschauende Vorstellung machen. Trotzdem, wie Eberhard betont, „wenn also keine Form der Anschauung dabey zum Grunde liegt: so beweist das nur, daß es nicht den Sinnen erkennbar ist; denn nur fur diese sind die Formen der Anschauungen nothwendige Bedingungen der Erkenntnis, keinesweges aber für den Verstand“. (Ebd., S. 174). Ebd., S. 173.

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Bilder von Raum und Zeit reine intellektuelle Vorstellungen und „bestätige[n] als solche die selbstgenugsame Kraft des Verstandes“.69 Die Abhandlung Über den Ursprung menschlicher Erkenntnis schließt mit der Behauptung ab, dass die Begriffe von Raum und Zeit, sofern sie wahr sind, objektive Gründe haben müssen. Weiterhin hat Eberhard geschrieben, dass, insofern sie Bilder oder „sinnliche Vorstellungen“ von etwas Zusammengesetztem sind, jene letzten Gründe einfache Dinge sein müssen; darüber hinaus als Anschauungen a priori können sie nur vermöge ihrer objektiven und subjektiven Gründe in der Seele sein; endlich, aber genauso wichtig, hat der hallesche Philosoph gesagt, dass sofern Raum und Zeit nicht qualitates occultae sein sollen, sind sie aus diesen obengenannten Gründen zu erklären. Die Untersuchung zu Kants transzendentaler Ästhetik ist aber noch nicht erledigt und demzufolge einige Monate später kehrt Eberhard zu diesem Thema mit der im zweiten Band des Magazins enthaltenen Abhandlung Von den Begriffen des Raums und der Zeit in Beziehung auf die Gewißheit der menschlichen Erkenntniß70 zurück. Sie stellt eine seiner weitgehendesten und wichtigsten Beiträge zum Problem der Raum-Zeit-Lehre dar, und insb. zum Beweis der objektiven Gründe der Vorstellungen von Raum und Zeit. Darin vergleicht er nochmals die Leibnizsche Philosophie und den kritischen Idealismus. Damit beabsichtigt er die Erklärung der kosmologischen, ontologischen und psychologischen Gründe dieser Vorstellungen. Hier hebt Eberhard zuerst vor, dass bei dem Bilde der Zeit die objektiven Gründe jene aufeinanderfolgende Vorstellungen sind, „deren Ordnung in ihrer Succession das Reale in der Zeit ist“;71 bei dem Bilde des Raumes sind es dagegen die neben und außeinander seienden Substanzen, die „durch gegenseitige Einwirkung mit einander verknüpft sind“.72 Zweitens behauptet er wieder, dass Kant diese Gründe des Raumes und der Zeit nicht gelten lassen will, da er in seiner KrV die Bilder derselben für etwas hält, das sich von allem unterscheidet, was nur durch den Verstand – dessen Geschäft auf die bloße Verknüpfung diese Bilder eingeschränkt wird – erkannt werden kann. Demzufolge sind wir wieder zum Kern der Frage gekommen: der Meinung Eberhards nach, hält Kant, dass Leibniz habe, anstatt im Verstande und der Sinnlichen zwei ganz verschiedene Quellen von Vorstellungen zu suchen, sich nur an eine von beiden (nämlich den Verstand) gehalten, indeß die andere (die Sinnlichkeit) nichts thue, als die Vorstellung der ersten zu verwirren und zu ordnen.73

Es handelt sich aber um ein Missverständnis. Wie Eberhard schreibt, macht Leibniz den Verstand und die Sinnlichkeit zu zwei voneinander unterschiedenen Quel69 70 71 72 73

Vgl. Gawlina: Medusenhaupt der Kritik (wie Anm. 1), S. 156. PM (wie Anm. 45), Bd. 2, St. 1 (1789), S. 53–92. Ebd., S. 54. Ebd., S. 55. Ebd.

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len von Vorstellungen, die sowohl durch subjektive Gründe als auch durch ihre Gegenstände ganz verschieden sind. Die Vorstellungen der Sinnlichkeit sind bildliche; im Gegenteil sind die Vorstellungen des Verstandes unbildlich; gleichfalls sind die Gegenstände der Sinnlichkeit das Einzelne und diejenigen des Verstandes das Allgemeine. Wobei zu bemerken sei, dass der Meinung von Leibniz gemäß, die Bilder der Sinnenerkenntnis nicht aus der Verwirrung der Verstandesideen bestehen; das ist allerdings „eine sehr unvollständige Darstellung seines Systems“,74 die sich der Meinung Eberhards nach durchgängig bei den Verteidigern des transscendentalen Idealismus findet.75 Leibniz habe doch anders gemeint.76

Psychologische gegen transzendentale Auffassung Wie oben bemerkt, findet sich im Gutachten Eberhards der allererste Versuch einer „Reduzierung“ des Kantischen Denkens auf jenes von Leibniz. Die späteren Versuche Eberhards, „alles ,Wahre‘ bei Kant auf Leibniz zu reduzieren“,77 sind daher bereits in diesen frühen Blättern enthalten. Ich habe schon den Ursprung und Kontext dieses Dokuments erhellt, das am Anfang der 70er Jahre niedergeschrieben wurde und das die nur späterhin in die KrV78 übertragene Raum-Zeit-Lehre Kants betrifft. Zum Schluss meines Beitrages möchte ich zumindest manche in ihm enthaltene Punkte eingehender unterstreichen, die die Kontinuität mit Eberhards späteren und reiferen Arbeiten zeichnen.

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Ebd., S. 56. Man liest ferner: „Nicht aus der Verwirrung des Verstandesideen von dem Allgemeinen in den objektiven Gründen oder dem Realen des Raumes entstehet das Bild desselben, denn das ist unmöglich; sondern durch die undeutliche Vorstellung der einzelnen objektiven Gründe dieses Bildes, die in Ansehung ihrer Individualität dem endlichen Verstande nicht erkennbar sind. Mit dieser Einschrankung kann also Leibniz mit dem kritischen Idealismus sagen, die Dinge außer uns können nur als Erscheinungen erkannt werden, nämlich durch die Sinne und in Ansehung ihrer Individualität; durch den Verstand können wir allgemeine Bestimmungen an ihren erkennen. Nihil est in intellecto, quod non fuerit in sensu, excepto ipso intellectu.“ [Hervorh. H.S.], (Ebd., S. 56ff.). Nach der Theorie Leibnizens über das Reale in der Zeit und dem Raume haben die Vorstellungen von denselben kosmologische, ontologische und psychologische Gründe, schreibt Eberhard. Die kosmologische und ontologische Gründe sind objektive, die psychologischen sind subjektive. Er behauptet ferner: „Die aus diesen Grunden entstehenden Bilder von Raum und Zeit sind a priori oder vor aller klaren Empfindung und Wahrnehmung dunkel in der Seele; sie werden aber erst durch klare Empfindung oder Wahrnehmung entwickelt; der klare Begriff von Raum und Zeit ist also ein empirischer.“ (Ebd., S. 72). Vgl. Gawlina: Medusenhaupt der Kritik (wie Anm. 1), S. 271. Gawlina bemerkt, dass Altmann mit dem Ansicht übereinstimmt, dass „Eberhards frühe Bemerkungen zu Kants (kritischer) Raum-Zeit-Lehre im Einklang mit seiner Position im ,Phil. Mag.‘ stehen“. (Ebd., S. 273); Altmann: Kritik Eberhards an Kants Raum- und Zeitlehre (wie Anm. 1), S. 335ff. Es handelt sich um die §§ 12 bis 15 der KrV (wie Anm. 2).

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Im Hintergrund dieses Dokuments steht die übliche Dichotomie zwischen einer Konzeption (transzendentalen Charakters) der Zeit als „intuitus purus“79 und ihrer sinnlich-konkreten Vorstellung, die dem Gedanken der Leibnizianer entspricht, wonach „die Vorstellungen von Raum und Zeit objektive Beziehungen sind, die sich auf dem wechselseitigen Agieren der koexistierenden Substanzen und der Kausalverbindung ihrer Zustände begründen“.80 Aufgrund dieses Dualismus strukturiert sich daher die Argumentation von Eberhard, der zu allererst die Kantische „reine Anschauung“ der Zeit – d.h. die „von den äußern Dingen unabhängige Vorstellung“81 derselben – zurückweist. Seinem Urteil nach, kann in der Tat die Verstandesvorstellung von Raum und Zeit nicht leer bzw. von einem empirischen Gesichtspunkt aus betrachtet ‚abstrakt‘ sein, sondern muss ein ‚Mehr‘ an Erkenntnis beinhalten, welches als Grund der sinnlichen Vorstellung selbst gilt. Zweitens wehrt er sich gegen den Vorwurf eines Kreisschlusses, den, wie bereits erwähnt, Kant in § 14 der Dissertatio gegenüber sowohl Leibniz als auch den von ihm beeinflussten Denkern formuliert. Es handelt sich dabei um jene Stelle, an der Kant betont, dass die Leibnizsche Auffassung eines realen und objektiven Gehaltes der Zeit und damit der Zeit als realen und abstrakten Gehaltes der Sukzession der inneren Zustände, sich in Wahrheit auf einen circulum vitiosum stützt, zumal da die Definition der Zeit als series successivorum bereits ex ante die Vorstellung eines zeitlichen post annimmt.82 Wobei im Gegenteil, Eberhards Meinung nach, lediglich die „sinnlich-verworrene Erstvorstellung von der Zeit“83 vorauszusetzen ist. Demzufolge löst sich auch der von Kant beklagte „circulus vitiosus“ auf; demgemäß ein solcher Begriff tatsächlich „tantummodo lege mentis interna nititur, neque est intuitus quidam connatus, adeoque nonnisi sensuum ope actus ille animi, sua sensa coordinantis, eliciatur“.84 Seinerseits teilt Eberhard die damals verbreitete Auffassung mit, die zwischen sinnlicher und intellektueller Erkenntnis eine Differenz rein logischen Charakters aufstellt, (er spricht diese Differenz nicht erst dem Objekt der Erkenntnis sondern der Erkenntnis selbst zu). Für ihn fällt der als sinnlich wahrnehmbar vorausgesetzte Begriff der Zeit nicht mit dem ‚authentischen‘ Begriff zusammen, der Ergebnis eines intellektuellen Vorgangs ist. Und wenn Kant in der Folge eine auf den Begriff der Zeit bezogenen Argumentation feststellt, dass „potius ipsum principium contradictionis eundem praemittat ac sibi condicionis loco substernat“,85 so scheint Eberhard im Gutachten mit der Tatsache übereinzustimmen, dass der Ursprung des

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Kant: MSI. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 2, S. 400.24. Vgl. Ciafardone: La „Critica della ragion pura“ (wie Anm. 3), S. X. Eberhard: Gutachten (wie Anm. 1), 1: 6–11. Ebd., 1: 14. Ebd., 1: 5–6, 17. Kant: MSI. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 2, S. 401.9–12. Ebd.

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Widerspruchs „kann den intuitiven Begriff der Zeit nicht entbehren“;86 noch einmal jedoch bezieht er sich nicht auf die reine Anschauung der Zeit, von der in Kant die Rede ist, sondern vielmehr auf die subjektiv-sinnliche Empfindung derselben.87 Wie gemeinlich bemerkt, da Eberhard die Zeit-Anschauung von Kant empirisch deutet, kann er demzufolge nicht verstehen, wieso Kant diese Anschauung zur Bedingung für die Bewegung und damit die Objektivität etwa der „Gesetze der Mechanik“ erklärt. Es verhalte sich „sowohl [bei] der deutlichen als anschauenden Vorstellung der Zeit“ vielmehr umgekehrt: Nur von der Bewegung her ließe der Zeit als solche begreifen.88

Außerdem verwechseln sich in Eberhard die Ebene der Argumentation, da er zur transzendentalen Diskussion von Kant, in Bezug auf die Bedingung der Möglichkeit der objektiven Bewegung, die psychologische Diskussion, in Bezug auf subjektiv-sinnliche Vorstellung von Bewegung, entgegenstellt. Wie später im Philosophischen Magazin unterscheidet er zwischen abstrakten und konkreten Vorstellung des Raumes. Nur die letztere ist – anders als die erstere, die „in der Seele verbleibt“89 – tatsächlich mit den Objekten der Erfahrung verbunden. Der Kantischen Behauptung entgegen, nach der die durch Leibniz verfasste Definition des Raums den apodiktischen Charakter der Geometrie unmöglich macht, zumal da durch sie „omnis regularum certitudo plane aboletur“90 (denn, gesetzt den Fall der Raum wäre empirischen Ursprungs, seine Eigenschaften wären nicht notwendig und es daher keine Wissenschaft der Geometrie gäbe), führt Eberhard das Thema des ‚abstrakten Raums‘ ein, das er später im Philosophischen Magazin vertiefen wird. Indem er ein unendlicher und intuitiver, wie jener durch Kant vorgesetzte Gedanke von Raum als absurd verurteilt, (kein Bild kann unbestimmt sein und nichts Unbestimmtes kann dargestellt werden), weist er ganz und gar entschlossen die These der Dissertatio über die ‚Gleichzeitigkeit‘ als maximum temporis consectarium zurück.91

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Eberhard: Gutachten (wie Anm. 1), 2: 47–48. [Hervorh. H.S.] Vgl. Gawlina: Medusenhaupt der Kritik (wie Anm. 1), S. 271. Ebd. Eberhard: Gutachten (wie Anm. 1), 2: 56. Kant: MSI. In: AA (wie Anm. 2). Bd. 2, S. 401.7; Jedoch hat für Eberhard – der die Annahme teilt, nach der „die apodiktische Sicherheit der Geometrie sich auf der Notwendigkeit der Wahrheiten der Vernunft gründet, die auf unsere Vorstellungen der physischen Welt und nicht auf die Notwendigkeit der Vorstellung des Raums angewandt werden“ – die effektive Existenz oder Nicht-Existenz der Objekte und ihrer „inneren Eigenschaften“ keinerlei Einfluss auf Geometrie, zumal da sie sich mit den abstrakten Vorstellungen der Zeit beschäftigt. Für die Geometrie ist es gleichgültig, ob der Raum existiert oder nicht. (Vgl. Ciafardone: La „Critica della ragion pura“ [wie Anm. 3], S. XII; Gawlina: Medusenhaupt der Kritik [wie Anm. 1], S. 272). Eberhard: Gutachten (wie Anm. 1), 2: 37–38.

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0DQIUHG *DZOLQD 'DV 0HGXVHQKDXSW GHU .ULWLN 'LH .RQWURYHUVH ]ZLVFKHQ ,PPDQXHO .DQW XQG-RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG%HUOLQ1HZ1'G$XVJ+DOOH@,Q $HWDV.DQWLDQD%UVVHO  .DQW'HU6WUHLW ZLH$QP 6$$  (EG6

Eberhards Vorbehalte gegen Kants kritische Philosophie



 GHQ6WDWXVYRQRaumXQGZeit  GLH*OWLJNHLWGHV*HEUDXFKHVGHUKategorien  GLH%HGHXWXQJGHU,GHHGHVEinfachenXQG  GLH/HLVWXQJVIlKLJNHLWYRQLetztprinzipien  =ZHLIHOVRKQHKDQGHOWHVVLFKGDEHLXPYLHUKHUDXVUDJHQGHSKLORVRSKLVFKH7KHPHQ GLH ]ZLVFKHQ .DQW XQG (EHUKDUG NRQWURYHUV EHKDQGHOW ZHUGHQ $OOHUGLQJV IHKOW GHUIU.DQWHQWVFKHLGHQGH'LVSXWEHUGLH)UDJHQDFKGHQ%HGLQJXQJHQGHU0|J OLFKNHLW YRQ V\QWKHWLVFKDSULRULVFKHQ 8UWHLOHQ DOV *UXQGODJH IU HLQH DSULRULVFKH SKLORVRSKLVFKH (UNHQQWQLV 6RZRKO LQ GHU Kritik der reinen Vernunft DOV DXFK LQ GHQ Prolegomena KDW .DQW VHLQH 3RVLWLRQ VR GDU]XVWHOOHQ YHUVXFKW GDVV HV VLFK KLHUEHLXPGLHHLJHQWOLFKH6FKLFNVDOVIUDJHGHU0|JOLFKNHLWPHWDSK\VLVFKHQ(UNHQ QHQVXQG:LVVHQVXQGGDPLWGHU0HWDSK\VLNDOVDSULRULVFKHU:LVVHQVFKDIWKDQGHOW 'HQQZLHZLUYRUDOOHPGHQProlegomenaHQWQHKPHQN|QQHQJHKW.DQWGXUFKDXV GDYRQDXVGDVVHVV\QWKHWLVFKH8UWHLOHDSULRULQLFKWQXULQGHU0DWKHPDWLNVRQ GHUQ DXFK LP %HUHLFK GHU SKLORVRSKLVFKHQ 9RUDXVVHW]XQJHQ GHU 1DWXUZLVVHQ VFKDIWHQ JLEW XQG GDVV VLH DQGHUV DOV GLH DQDO\WLVFKHQ 8UWHLOH DSULRUL XQVHUH (U NHQQWQLVE]ZXQVHU:LVVHQLQIRUPDWLYHUZHLWHUQ$XV.DQWV6LFKWKDQGHOWHVVLFK GDEHL ]XPLQGHVW auch XP HLQ .DUGLQDOWKHPD XQG QDFK GHU $XIIDVVXQJ GHUKritik der reinen Vernunft XQGGHU Prolegomena VRJDUXPdas.DUGLQDOWKHPDVFKOHFKW KLQ0DQPDJDXVJXWHQ*UQGHQGLHOHW]WHUH(LQVFKlW]XQJLQ)UDJHVWHOOHQGDVVHV IU .DQW QLFKW DXFK DQGHUH .DUGLQDOWKHPHQ JLEW :DV LFK MHGRFK QRFK QLFKW VR UHFKW YHUVWHKH XQG ZDV PLU YRQ $QIDQJ DQ QLFKW VR UHFKW HLQOHXFKWHQ ZLOO LVW *DZOLQDV(QWVFKHLGXQJGLHVHV]XPLQGHVWIU.DQWHQWVFKHLGHQGH7KHPDQLFKW]X GHQ.DUGLQDOWKHPHQGHU.RQWURYHUVHKLQ]X]XQHKPHQ  

=XP 7HLO KDQGHOW HV VLFK VRJDU XP 3UREOHPH GLH PDQ QLFKW QXU ELV 3ODWRQ XQG $ULVWRWHOHV ]XUFNYHUIROJHQNDQQVRQGHUQGLHYRQHLQLJHQ3KLORVRSKHQDXFKKHXWHQRFKNRQWURYHUVGLV NXWLHUWZHUGHQ=ZDUKDEHQGLH3RVLWLYLVWHQXQG6]LHQWLVWHQLQGHU1DFKIROJHGHV:LHQHU.UHL VHVZLH]%&DUQDS1HXUDWKXQG4XLQHYHUVXFKWVROFKH3UREOHPHHKHUDOVEOR‰HÄPHWDSK\VL VFKH 6FKHLQSUREOHPH³ DE]XWXQ XQG ]ZDU KDEHQ DXFK GLH 6SUDFKDQDO\WLNHU LQ GHU 1DFKIROJH YRQ:LWWJHQVWHLQ5\OHXQG$XVWLQYHUVXFKWVLHDOVEOR‰H6SUDFKYHUZLUUXQJHQE]ZDOVPLVV EUlXFKOLFKH9HUZHQGXQJXPJDQJVSUDFKOLFKHU$XVGUFNH]XHQWODUYHQ$EHUDQGHUH]HLWJHQ|V VLVFKH3KLORVRSKHQGLHHKHUDQ5XVVHOO3RSSHURGHU6WUDZVRQDQNQSIHQQHKPHQGLHVHSKLOR VRSKLVFKHQ *UXQGSUREOHPH GLH QLFKW ]XOHW]W DXFK GLH ORJLVFKHQ EHJULIIOLFKHQ XQG PHWKRGL VFKHQ 9RUDXVVHW]XQJHQ GHU IRUPDOHQ XQG PDWHULDOHQ (LQ]HOZLVVHQVFKDIWHQ EHWUHIIHQ LPPHU QRFKHUQVW  9HUPXWOLFKOLHJWHVGDUDQGDVV.DQWLQVHLQHU5HSOLNDXI(EHUKDUGDXV*UQGHQGHUYRUJHJHEH QHQGLDOHNWLVFKHQ6LWXDWLRQ(EHUKDUGV$QJULIIHDEZHKUHQ]XPVVHQJDUQLFKWGHQ6SLHOUDXP XQGGLH*HVWDOWXQJVP|JOLFKNHLWEHVD‰EHUGDVQRWZHQGLJH5HWRXUQLHUHQKLQDXVHLQHVRNRP SOL]LHUWH$QJHOHJHQKHLWVRYROOVWlQGLJGDUOHJHQ]XN|QQHQZLHGDVYRQGHU6DFKHKHUQRWZHQ GLJJHZHVHQZlUH.ODULVWMHGHQIDOOVGDVV(EHUKDUGJDUQLFKWHUNDQQWKDWWHZHOFKHHQWVFKHL GHQGH 5HOHYDQ] GDV EULVDQWH 3UREOHP GHU )UDJH QDFK GHQ WUDQV]HQGHQWDOHQ %HGLQJXQJHQ GHU 0|JOLFKNHLW GHV V\QWKHWLVFKHQ $SULRUL JHUDGH DXFK IU GDV LQ GLHVHU .RQWURYHUVH XPVWULWWHQH 3UREOHPGHUSRWHQWLHOOHQ:LVVHQVFKDIWOLFKNHLWGHU0HWDSK\VLNKDWWH



Ulrich Diehl

 'DLFKLQGLHVHPNXU]HQ%HLWUDJVLFKHUQLFKW]XJOHLFKDXIDOOHÄYLHU.DUGLQDOWKH PHQ³ HLQJHKHQ NDQQ ZHUGH LFK PLFK DXI HLQHV GLHVHU YLHU *UXQGSUREOHPH EH VFKUlQNHQ PVVHQ ,FK ZHUGH GD]X HLQ 3UREOHP DXVZlKOHQ GDV P( DP EHVWHQ JHHLJQHWLVWGLH*UXQG]JHGHU.RQWURYHUVH]ZLVFKHQ.DQWXQG(EHUKDUG]XFKD UDNWHULVLHUHQ GLH LQWHOOHNWXHOOHQ 3URILOH GHU EHLGHQ .RQWUDKHQWHQ QDFK]X]HLFKQHQ XQG GLH 6WlUNHQ XQG 6FKZlFKHQ GHU EHLGHQ 3RVLWLRQHQ ]X EHQHQQHQ 0( HLJQHW VLFKGD]XYRUDOOHPGDVYRQ*DZOLQDDQ]ZHLWHU6WHOOHJHQDQQWH3UREOHPGHURE MHNWLYHQ Ä*OWLJNHLW GHV *HEUDXFKV YRQ Kategorien³ )ROJW PDQ GDQQ QRFK GHP YRQ.DQWLPREHQJHQDQQWHQ=LWDWJHJHEHQHQ+LQZHLVLVWHVUDWVDPVLFKXQWHUGHQ 9HUVWDQGHVNDWHJRULHQYRUDOOHPDXIGLH.DWHJRULHGHU.DXVDOLWlW]XNRQ]HQWULHUHQ XPGHQHLJHQWOLFKHQH[LVWHQ]LHOOHQ1HUYGHU'HEDWWH]XWUHIIHQ'HQQLQ%H]XJDXI GDV 'HVLGHUDW HLQHU DSRORJHWLVFKHQ $EZHKU GHU YRQ +XPH LQ )UDJH JHVWHOOWHQ REMHNWLYHQ *OWLJNHLW GHU .DWHJRULH GHU .DXVDOLWlW VLQG VLFK .DQW XQG (EHUKDUG HLQLJ%HLGH'HQNHUNlPSIHQJHJHQGLHUDGLNDOHQVNHSWL]LVWLVFKHQ.RQVHTXHQ]HQ GLHGHUVFKDUIVLQQLJH+XPHDXVGHP/RFNHVFKHQ(PSLULVPXVJH]RJHQKDW%HLGH 'HQNHU VLQG VLFK HLQLJ GDVV GLHVH .RQVHTXHQ]HQ QLFKW QXU IU GLH ZHLWJHKHQGH =XYHUOlVVLJNHLW GHU (UNHQQWQLVVH GHU QHX]HLWOLFKHQ 1DWXUZLVVHQVFKDIWHQ EHU GLH 6WUXNWXUYRQ5DXPXQG=HLWVRZLHEHUGLHPDWHULHOOHQ*HJHEHQKHLWHQXQGNDXVD OHQ=XVDPPHQKlQJHVRQGHUQDXFKIUGLHZHLWJHKHQGH=XYHUOlVVLJNHLWGHUDOOWlJ OLFKHQ:DKUQHKPXQJXQG(UNHQQWQLVGHU/HEHQVZHOWYHUKHHUHQGVLQG  1DWUOLFKODVVHQVLFKGLHGUHLDQGHUHQGHUYRQ*DZOLQDKHUYRUJHKREHQHQÄYLHU .DUGLQDOWKHPHQ³ GHV Ä6WDWXV YRQ Raum XQG Zeit³ GHU %HGHXWXQJ GHU ,GHH GHV Einfachen XQG GHU Ä/HLVWXQJVIlKLJNHLW YRQ Letztprinzipien³ ZHGHU EHL (EHUKDUG QRFKEHL.DQWJDQ]XQGJDUYRP.DWHJRULHQSUREOHPXQGGHP3UREOHPGHU.DXVD OLWlW DEVRQGHUQ 'HQQ VFKOLH‰OLFK LVW GDV 3ULQ]LS GHV ]XUHLFKHQGHQ *UXQGHV VHOEVW HLQÄ/HW]WSULQ]LS³GHVVHQ/HLVWXQJVIlKLJNHLWYRQ.DQWXQG(EHUKDUGXQWHUVFKLHG OLFKEHXUWHLOWZLUG$XFKVLQGGLH'LIIHUHQ]HQ]ZLVFKHQHLQHUOHLEQL]LDQLVFKHQXQG HLQHU NDQWLVFKHQ $XIIDVVXQJ YRQ 5DXP XQG =HLW JDQ] XQG JDU QLFKW XQHUKHEOLFK ZHQQPDQGLHEHLGHQ3RVLWLRQHQRGHU'HQNDQVlW]HDOV*DQ]HYHUVWHKHQXQGHUNOl UHQ ZLOO :HLWHUKLQ VLQG DXFK GLH XQWHUVFKLHGOLFKHQ $XIIDVVXQJHQ EHU GLH 0|J OLFKNHLWHQXQG*UHQ]HQHLQHU/HW]WEHJUQGXQJ6\VWHPDWLVLHUXQJXQG+LHUDUFKLVLH UXQJ YRQ REHUVWHQ HYLGHQWHQ SKLORVRSKLVFKHQ 3ULQ]LSLHQ ZLH GHP 3ULQ]LS GHV :LGHUVSUXFKHV XQG GHP 3ULQ]LS GHV ]XUHLFKHQGHQ *UXQGHV ZHGHU QHEHQVlFKOLFK QRFKLUUHOHYDQW8QGVFKOLH‰OLFKNRPPWDXFKGHUXQWHUVFKLHGOLFKHQ%HXUWHLOXQJGHU ,GHH GHV (LQIDFKHQ VHLW 3ODWRQ XQG $ULVWRWHOHV HLQH VR HUKHEOLFKH 5ROOH ]X GDVV VLFK ZHGHU (EHUKDUG QRFK .DQW HLQHU HLJHQHQ 6WHOOXQJQDKPH ]X GLHVHU .RQWUR YHUVHHQW]LHKHQN|QQWHQ  :LOOPDQMHGRFKGLH.RQWURYHUVH]ZLVFKHQ.DQWXQG(EHUKDUGNXU]XQGEQGLJ GDUVWHOOHQXQGHUNOlUHQGDQQHLJQHWVLFKNHLQ*UXQGSUREOHPEHVVHUDOVGDV3URE OHPGHUREMHNWLYHQ*OWLJNHLWGHV*HEUDXFKHVGHU.DWHJRULHGHU.DXVDOLWlW'HQQ  

.DQW'HU6WUHLW ZLH$QP 6

Eberhards Vorbehalte gegen Kants kritische Philosophie



HLQHUVHLWVNlPSIHQLQGLHVHU6DFKIUDJHEHLGH'HQNHUJHPHLQVDPJHJHQGHQVNHSWL ]LVWLVFKHQ (PSLULVWHQ +XPH DQGHUHUVHLWV XQWHUVFKHLGHQ VLFK EHLGH 'HQNHU HEHQ DXFK LQ GLHVHU 6DFKIUDJH KLQVLFKWOLFK GHU 5HLFKZHLWH GHV 6DW]HV YRP *UXQGH DOV GHPDOOJHPHLQHQ3ULQ]LSGHU.DXVDOLWlW'D(EHUKDUGV9HUVWlQGQLVGHV6DW]HVYRP *XQGHDQ/HLEQL]DQNQSIWXQGVLFKGDULQYRQ.DQWV9HUVWlQGQLVGHU9HUVWDQGHV NDWHJRULHGHU.DXVDOLWlWXQWHUVFKHLGHWHQW]QGHWVLFKHEHQJHUDGHKLHU(EHUKDUGV OHLEQL]LDQLVFKH.ULWLNDQ.DQWV3UREOHPREMHNWLYHQ*OWLJNHLWGHV*HEUDXFKHVGHU .DWHJRULHGHU.DXVDOLWlW8QGGLHVHOHLEQL]LDQLVFKH.ULWLNLVWVFKOLH‰OLFKGHU*UXQG XQG$QODVVGDIUGDVV(EHUKDUG.DQWVNULWLVFKHQ'HQNDQVDW]IlOVFKOLFKHUZHLVHLQ GLH 1lKH YRQ +XPHV (PSLULVPXV ]X UFNHQ YHUVXFKW XP LKQ DXI GLHVH :HLVH VFKlUIHUDQJUHLIHQ]XN|QQHQ  

 'HUH[LVWHQ]LHOOH1HUYGHU'HEDWWH  *OHLFKZRKO ZLUG GHU HLJHQWOLFKH Nerv der Debatte QLFKW QXU GXUFK GDV DEVWUDNWH 3UREOHP GHU REMHNWLYHQ *OWLJNHLW GHU .DWHJRULH GHU .DXVDOLWlW XQG GHU JHLVWLJHQ 5HLFKZHLWH GHV 6DW]HV YRP *UXQGH E]Z GHV DOOJHPHLQHQ 3ULQ]LSV GHU .DXVDOLWlW EHVWLPPW 'HU HLJHQWOLFKH Nerv der Debatte GHU GLH .RQWURYHUVH ]ZLVFKHQ .DQW XQG(EHUKDUGVRVFKDUIXQGOHLGHQVFKDIWOLFKZHUGHQOlVVWEHILQGHWVLFKYLHOPHKULQ GHUZHOWDQVFKDXOLFKHQXQGH[LVWHQ]LHOOHQ)UDJHQDFKGHP9HUKlOWQLVGHU6HHOHGHV 0HQVFKHQ ]X *RWW (EHUKDUGV OHLGHQVFKDIWOLFKHU XQG KHIWLJHU :LGHUVWDQG JHJHQ .DQWVQHXDUWLJHV3KLORVRSKLHUHQZlUHQlPOLFKNDXP]XYHUVWHKHQZHQQHVGDEHL EOR‰XPJHZLVVH*UXQGIUDJHQGHU3KLORVRSKLHGHU/RJLNZLH]%GHUDQJHEOLFKHQ $EOHLWEDUNHLWGHV6DW]HVYRP*UXQGHDXVGHP6DW]GHV:LGHUVSUXFKHVJLQJHRGHU EOR‰XPEHVWLPPWHSKLORVRSKLVFKH*UXQGSUREOHPHGHU.RVPRORJLHYRQ5DXPXQG =HLW ZLH ]% GHU DQJHEOLFKHQ hEHUOHJHQKHLW GHU UHODWLRQDOHQ $XIIDVVXQJ /HLEQL ]HQV JHJHQEHU GHU TXDVLVXEVWDQ]LHOOHQ .RQ]HSWLRQ 1HZWRQV RGHU EOR‰ XP HLQ WHLOVHSLVWHPRORJLVFKHVWHLOVRQWRORJLVFKHV*UXQGSUREOHPZLH]%GLH)UDJHQDFK GHUREMHNWLYHQ*HOWXQJEHVWLPPWHU.DWHJRULHQGHV9HUVWDQGHVLQLKUHU$QZHQGXQJ DXI EHVWLPPWH *HJHQVWlQGH GHU (UIDKUXQJ LQ 5DXP XQG =HLW 6ROFKH SKLORVRSKL VFKH )UDJHQ NDQQ PDQ PLW HLQHU IU DOOH JUR‰H 3KLORVRSKHQ FKDUDNWHULVWLVFKHQ 6DFKOLFKNHLW EHKDQGHOQ DEHU VLH IKUHQ LQ GHU 5HJHO NDXP ]X GHQ SHUV|QOLFKHQ $QLPRVLWlWHQ GLH SROHPLVFKH 6WUHLWVFKULIWHQ PRWLYLHUHQ N|QQHQ HV VHL GHQQ HV  

$XI lKQOLFKH $UWXQG :HLVH KDWEULJHQV VSlWHU GHU MXQJH +HJHO LQ VHLQHU -HQDHU )UKVFKULIW Glauben und Wissen  .DQWVÄ5HIOH[LRQVSKLORVRSKLHGHU6XEMHNWLYLWlW³LQGLH1lKHYRQ /RFNHVSV\FKRORJLVFKJHQHDORJLVFKHU8QWHUVXFKXQJGHV9HUVWDQGHV]XUFNHQYHUVXFKWXPVLH GDQQ6SLQR]DV0HWDSK\VLNHLQHUDEVROXWHQXQGZLUNOLFKHQ(LQKHLWJHJHQEHU]XVWHOOHQXQGLKU DOVXQWHUOHJHQ]XHUZHLVHQÄ1DFK.DQWLVWhEHUVLQQOLFKHVXQIlKLJYRQGHU9HUQXQIWHUNDQQW ]X ZHUGHQ GLH K|FKVWH ,GHH KDW QLFKW ]XJOHLFK 5HDOLWlW³ 6  YJO GD]X *HRUJ :LOKHOP )ULHGULFK+HJHOGlauben und Wissen oder Reflexionsphilosophie der Subjektivität in der Vollständigkeit ihrer Formen als Kantische, Jacobische und Fichtesche Philosophie. ,Q 'HUV :HUNHLQ]ZDQ]LJ%lQGHQ%G-HQDHU6FKULIWHQ í )UDQNIXUWD06



Ulrich Diehl

JHKWGDEHLXPDOO]XPHQVFKOLFKH(LWHONHLWHQSXUH5HFKWKDEHUHLXQLYHUVLWlUH3RVL WLRQHQRGHUILQDQ]LHOOH=XZHQGXQJHQHWF  'HU DOWH .DQW KDW VFKRQ JHVSUW ZR GHU +XQG EHJUDEHQ OLHJW GLH )UDJH QDFK GHUREMHNWLYHQ*HOWXQJGHU.DWHJRULHQZLHYRUDOOHPGHU.DWHJRULHGHU.DXVDOLWlW HUKlOW LKUH ZHOWDQVFKDXOLFKH XQG H[LVWHQ]LHOOH %ULVDQ] EHUKDXSW HUVW GXUFK GDV SHUV|QOLFKH%HGUIQLVGHVGRJPDWLVFKHQ0HWDSK\VLNHUVÄGHQ=XJDQJ]XGHQYRQ LKPJHSULHVHQHQIUXFKWEDUHQ)HOGHUQGHUUDWLRQDOHQ3V\FKRORJLHXQG7KHRORJLH³ RIIHQ ]X KDOWHQ 6R ZLH $XJXVWLQXV YRQ VLFK VDJWH HU ZROOWH QXU ]ZHL 'LQJH LQ VHLQHP/HEHQHUIRUVFKHQ*RWWXQGGLH6HHOHVRZLOO(EHUKDUGpartoutYHUKLQGHUQ GDVV.DQWLKPGLHQRWZHQGLJHQUDWLRQDOHQ%HZHLVPLWWHODXVGHU+DQGVFKOlJWGLH UDWLRQDOH 3V\FKRORJLH XQG UDWLRQDOH 7KHRORJLH QXQ HLQPDO EUDXFKHQ XP GLHVH ÄIUXFKWEDUHQ )HOGHU³ RKQH =XIOXFKW ]X HLQHU 2IIHQEDUXQJVUHOLJLRQ EHDFNHUQ ]X N|QQHQ  .DQWVKritik der reinen VernunftZDUEHNDQQWOLFKHLQJH]LHOWHUSKLORVRSKLVFKHU $QJULIIDXIHEHQGLHVHVWRO]HQ$QPD‰XQJHQGHUPHQVFKOLFKHQ9HUQXQIWQLFKWQXU LQ6DFKHQ.RVPRORJLHVRQGHUQYRUDOOHPDXFKLQ6DFKHQ3V\FKRORJLHXQG7KHR ORJLH DXV VLFK VHOEVW KHUDXV XQG DXV UHLQHP 'HQNHQ GK XQDEKlQJLJ YRQ DOOHU PHQVFKOLFKHQ (UIDKUXQJ DEHU DXFK RKQH %HUXIXQJ DXI HLQH 2IIHQEDUXQJ =XYHU OlVVLJHVEHUGLH:HOWGLHPHQVFKOLFKH6HHOHXQG*RWWLPHLJHQWOLFKHQXQGVWUHQ JHQ6LQQHEHZHLVHQ]XN|QQHQ(EHUKDUGJHKWQlPOLFKGDYRQDXVGDVVGRUWZRLP VWUHQJHQ 6LQQH QLFKWV PHKU GDUEHU EHZLHVHQ ZHUGHQ NDQQ ZDV *RWW XQG GLH PHQVFKOLFKH6HHOHVLQGXQGZLHVLHVLFK]XHLQDQGHUYHUKDOWHQGLHDOOJHPHLQHQXQG REMHNWLYHQ :DKUKHLWVDQVSUFKH HLQHU UHLQ UDWLRQDOHQ 3V\FKRORJLH XQG 7KHRORJLH XQKDOWEDUJHZRUGHQVLQG  (EHUKDUGVFKHLQWHEHQGLHVH.RQVHTXHQ]HQGHUNDQWLVFKHQ0HWDSK\VLNNULWLN]X EHIUFKWHQ ZHQQ EHU *RWW XQG GLH PHQVFKOLFKH 6HHOH MHQVHLWV GHU 9LHOIDOW GHU UHOLJL|VHQ(UIDKUXQJHQXQGMHQVHLWVGHUEHUOLHIHUWHQ*ODXEHQVIRUPHQGHU2IIHQED UXQJVUHOLJLRQHQ QLFKWV PHKU REMHNWLY HUNDQQW XQG DOOJHPHLQYHUELQGOLFK JHZXVVW ZHUGHQNDQQGDQQNDQQVHLQHU$XIIDVVXQJQDFKDXFKGLHPhilosophieQLFKWPHKU DPRIIHQEDUWHQ*ODXEHQGHU5HOLJLRQHQXQG.RQIHVVLRQHQYRUEHLDOOHLQHLP'HQ NHQEHJUQGHWH2ULHQWLHUXQJJHEHQVHLHVLQ)RUPHLQHUUDWLRQDOHQ7KHRORJLHXQG 3V\FKRORJLH VHL HV LQ )RUP HLQHU UDWLRQDOHQ .OXJKHLWV RGHU 3IOLFKWHQHWKLN RGHU HLQHU 1DWXUUHFKWVOHKUH (EHUKDUGV ZHOWDQVFKDXOLFK XQG H[LVWHQ]LHOO PRWLYLHUWH 9RUEHKDOWHJHJHQEHU.DQWV1HXHUXQJHQVLQG]ZDUKLVWRULVFKYHUVWlQGOLFK]XPDO VLH .DQWV HLJHQHQ 9RUEHKDOWHQ JHJHQEHU GHP HUNHQQWQLVWKHRUHWLVFKHQ (PSLULV PXV XQG GHP PRUDOSKLORVRSKLVFKHQ 6HQVXDOLVPXV ZHLWJHKHQG HQWVSUHFKHQ $EHU DQGHUV DOV (EHUKDUG ZUGHQ QDFKNDQWLVFKH 3KLORVRSKHQ NDXP QRFK YHUPXWHQ GDVV GLH 0|JOLFKNHLW HLQHU SKLORVRSKLVFKHQ 2ULHQWLHUXQJ LP SUDNWLVFKHQ 'HQNHQ YRQGHU0|JOLFKNHLWHLQHUUDWLRQDOHQ3V\FKRORJLHXQG7KHRORJLHDEKlQJW,P*H JHQWHLOKDWXQV.DQWJHUDGHJH]HLJWZDVHVKHL‰HQNDQQÄVLFKLP'HQNHQ]XRUL  

.DQW'HU6WUHLW ZLH$QP 6$$

Eberhards Vorbehalte gegen Kants kritische Philosophie



HQWLHUHQ³REZRKOZLUGLHWUJHULVFKH+RIIQXQJGHUGRJPDWLVFKHQE]ZUDWLRQDOLV WLVFKHQ 0HWDSK\VLN DXI GLH 0|JOLFKNHLW HLQHU UHLQ UDWLRQDOHQ 3V\FKRORJLH XQG 7KHRORJLHDXIJHEHQPVVHQ  +LQWHU(EHUKDUGV%HIUFKWXQJVFKHLQWGLH$QQDKPH]XVWHKHQGDVVSKLORVRSKL VFKH (WKLN GK .OXJKHLWVHWKLN 0RUDO XQG 5HFKWVSKLORVRSKLH  RKQH HLQH VROFKH GRJPDWLVFKH E]Z UDWLRQDOLVWLVFKHQ 0HWDSK\VLN JDU QLFKW P|JOLFK LVW 2EZRKO .DQW VLFK lKQOLFK ZLH +XPH JDQ] HQWVFKLHGHQ JHJHQ GLH %HZHLVEDUNHLW GHV 'D VHLQV*RWWHVXQGGHU8QVWHUEOLFKNHLWGHU6HHOHDXVVSULFKWKlOWHUlKQOLFKZLH(EHU KDUG DQ HLQHP JHZLVVHQ =XVDPPHQKDQJ ]ZLVFKHQ 0RUDO XQG 5HOLJLRQVSKLORVR SKLHIHVW1DFK.DQWIKUWGLH0RUDOSKLORVRSKLH]ZDU]XUHOLJLRQVSKLORVRSKLVFKHQ .RQVHTXHQ]HQZHLO*RWWXQGGLH8QVWHUEOLFKNHLWGHU6HHOHGXUFKDXV3RVWXODWHGHU SUDNWLVFKHQ9HUQXQIWEOHLEHQDEHUGLH0RUDOSKLORVRSKLHNDQQGDV'DVHLQV*RWWHV XQGGLH([LVWHQ]HLQHUXQVWHUEOLFKHQ6HHOHQLFKWPHKUDOVEHZHLVEDUH5HVXOWDWHGHU WKHRUHWLVFKHQ3KLORVRSKLHLQGHQEHLGHQ%HUHLFKHQGHU0HWDSK\VLNUDWLRQDOH3V\ FKRORJLHXQGUDWLRQDOH7KHRORJLHYRUDXVVHW]HQ  $XFKKLHU]HLJWVLFKHLQPDOPHKU.DQWVHLJHQWPOLFKH6WHOOXQJ]ZLVFKHQ+XPH XQG /HLEQL] 'HVZHJHQ YHUVXFKW (EHUKDUG DXFK LPPHU ZLHGHU .DQWV NULWLVFKH 3KLORVRSKLHLQGLH1lKH]XGHQHQJOLVFKHQ(PSLULVWHQ]XUFNHQDXFKZHQQHUVLH DXV .DQWV GDPDOLJHU 6LFKW XQG XQVHUHU KHXWLJHQ 6LFKW ]LHPOLFK XQGLIIHUHQ]LHUW EHWUDFKWHWXQGZHLWJHKHQGIDOVFKLQWHUSUHWLHUW6RXQWHUVFKHLGHW(EHUKDUG]%QLFKW DQJHPHVVHQ]ZLVFKHQGHQGUHLZLFKWLJVWHQ9DULDQWHQGHVHQJOLVFKHQ(PSLULVPXV ]ZLVFKHQ/RFNHVSV\FKRORJLVWLVFKHUDEHUUHDOLVWLVFKHU9DULDQWH+XPHVQDWXUDOLV WLVFKHU DEHU VNHSWL]LVWLVFKHU 9DULDQWH XQG %HUNHOH\V VSLULWXDOLVWLVFKHU DEHU LGHD OLVWLVFKHU 9DULDQWH .DQW KLQJHJHQ NDQQWH GLHVH 'LIIHUHQ]HQ VHKU ZRKO ZDV ZLU QLFKWQXUVHLQHUKritik der reinen VernunftVRQGHUQYRUDOOHPVHLQHQProlegomena HQWQHKPHQN|QQHQ   .DQW KLQJHJHQ IROJW GDULQ GHP SODWRQLVFKHQ 6RNUDWHV GDVV HV ZHGHU QRWZHQGLJ QRFK IU GLH

OHEHQGLJH 6LWWOLFKNHLW XQEHGLQJW I|UGHUOLFK LVW GLH VLWWOLFKH (UNHQQWQLV YRP *ODXEHQ DQ GLH ([LVWHQ]*RWWHVE]ZYRQ*|WWHUQDEKlQJLJ]XPDFKHQ3ODWRQKDWLQVHLQHP'LDORJEutyphron EHUHLWV]X]HLJHQYHUVXFKWGDVV GLHVLWWOLFKH(UNHQQWQLVYRPUHOLJL|VHP*ODXEHQQLFKWQXUXQ DEKlQJLJ LVW VRQGHUQ DXFK ZHJHQ GLHVHU 8QDEKlQJLJNHLW ]XYHUOlVVLJHU LVW $XFK VFKRQ YRU .DQWYHUWHLGLJWHQ/HLEQL]XQG:ROIIJHJHQGHQ3LHWLVPXVDP%HLVSLHOGHU&KLQHVHQGLH$XI IDVVXQJGDVVDXFKGLH+HLGHQHLQKRKHVHWKLVFKHV%HZXVVWVHLQKDEHQN|QQHQREZRKOVLHQLFKW DQGHQHLQHQSHUV|QOLFKHQ*RWWGHU-XGHQ&KULVWHQXQG0XVOLPHJODXEHQ9JO]X3ODWRQVEutyphron DXFK 8OULFK 'LHKO :DV LVW GDV HLJHQWOLFK GDV )URPPH" ,Q *UHJRU )LW]L 3ODWRQ LP 'LVNXUV+HLGHOEHUJ6±  .DQWV HLQJHKHQGH NULWLVFKH $XVHLQDQGHUVHW]XQJ PLW +XPHV VNHSWL]LVWLVFKHQ 1DWXUDOLVPXV EHJLQQW VFKRQ LQ GHU Vorrede ]X VHLQHQ Prolegomena .DQW .ULWLN GHU UHLQHQ 9HUQXQIW ZLH $QP   $$ 6±  VHW]W VLFK LQ GHU %HKDQGOXQJ GHV VRJ +XPHVFKHQ 3UREOHPV GHU .DXVDOLWlWIRUW $$6± XQGJLSIHOWLQGHPBeschluß: Von der Grenzbestimmung der reinen VernunftPLWHLQHU.ULWLNDQ+XPHV'HLVPXV $$6± /RFNHWULWWLQGHQProlegomena GDIU HWZDV LQ GHQ +LQWHUJUXQG $$ 6    ZLUG DEHU YRU DOOHP ZHJHQ VHLQHU 8QWHUVFKHLGXQJ ]ZLVFKHQ SULPlUHQ XQG VHNXQGlUHQ 4XDOLWlWHQ KHUDQJH]RJHQ .DQWV DXVIKUOLFKH.ULWLNDQ%HUNHOH\VGRJPDWLVFKHP,GHDOLVPXVE]ZRQWRORJLVFKHQ6SLULWXDOLVPXV ILQGHW PDQ KLQJHJHQ LP Anhang von dem, was geschehen kann, um Metaphysik als Wissen-



Ulrich Diehl

 'LHLQEHVWLPPWHQ*UXQG]JHQDXFKKHXWHQRFKLQWHUHVVDQWH.RQWURYHUVH]ZL VFKHQ.DQWXQG(EHUKDUGZXUGHGHP]XIROJHKDXSWVlFKOLFKGXUFKGLH)UDJHPRWL YLHUW RE .DQWV 9HUVXFK HLQHU HUNHQQWQLVNULWLVFKHQ XQG WUDQV]HQGHQWDOSKLORVRSKL VFKHQ*UHQ]EHVWLPPXQJGHUPHQVFKOLFKHQ(UNHQQWQLVLQGHQIUGLHPHQVFKOLFKH 9HUQXQIW XQDEZHLVEDUHQ PHWDSK\VLVFKHQ )UDJHQ QDFK *RWW XQG GHU 6HHOH GHV 0HQVFKHQLQVJHVDPWEHU]HXJHQGLVWRGHUREGLHVYRQ(EHUKDUG]XUHFKWYHKHPHQW EHVWULWWHQ ZLUG $XV GHU QHXWUDOHQ 3RVLWLRQ HLQHV 6FKLHGVULFKWHUV EHWUDFKWHW GUHKW VLFKGDQQDOVRGLHJDQ]H.RQWURYHUVHXPGLH)UDJHZHOFKHUSKLORVRSKLVFKH'HQN DQVDW]E]ZZHOFKHSKLORVRSKLVFKH3RVLWLRQDXFKLQGLHVHUZHOWDQVFKDXOLFKHQXQG H[LVWHQ]LHOOHQE]ZUHOLJL|VHQ+LQVLFKWEHU]HXJHQGHUXQGLP*UR‰HQXQG*DQ]HQ WUDJIlKLJHULVW.DQWVQHXDUWLJHUKritizismusGHULQYHUVFKLHGHQHQ+LQVLFKWHQ]ZL VFKHQ (PSLULVPXV XQG 5DWLRQDOLVPXV ]X YHUPLWWHOQ YHUVXFKW RGHU (EHUKDUGV DOW KHUJHEUDFKWHU'RJPDWLVPXVE]Z5DWLRQDOLVPXV  

 (LQH'HEDWWH]ZLVFKHQ]ZHLHEHQEUWLJHQ.RQWUDKHQWHQ"  .DQWKDWWHVLFKQDFKVHLQHUNULWLVFKHQ:HQGHYRUJHQRPPHQVLFKQLFKWLQODXIHQGH 'LVNXVVLRQHQ EHU VHLQ PHWDSK\VLNNULWLVFKHV E]Z WUDQV]HQGHQWDOSKLORVRSKLVFKHV 8QWHUQHKPHQ HLQ]XPLVFKHQ 6WDWW GHVVHQ ZROOWH HU OLHEHU VHLQH ZHUWYROOH YHUEOHL EHQGH /HEHQV]HLW QXW]HQ VHLQ HEHQVR WLHIVFKUIHQGHV ZLH XPIDQJUHLFKHV 8QWHU QHKPHQ LQ ZHLWHUHQ 8QWHUVXFKXQJHQ XQG 3XEOLNDWLRQHQ YRUDQ ]X WUHLEHQ 'XUFK (EHUKDUGV $QJULII MHGRFK IKOW HU VLFK MHGRFK RIIHQVLFKWOLFK VR VHKU SURYR]LHUW GDVVHUPLWVHLQHUDUEHLWV|NRQRPLVFKHQ0D[LPHEUDFKXQG]XU)HGHUJULIIXPVHLQ QHXDUWLJHV SKLORVRSKLVFKHV 8QWHUQHKPHQ ]X YHUWHLGLJHQ XQG GLH YRQ ZHLWJHKHQ GHP8QYHUVWlQGQLVXQGELVZHLOHQDXFKPDQJHOQGHQ:RKOZROOHQ]HXJHQGHQ$WWD FNHQ (EHUKDUGV DE]XZHKUHQ 1XQ VROOWH PDQ VLFKHU QLFKW YRQ YRUQHKHUHLQ GDYRQ DXVJHKHQGDVVHV(EHUKDUGHQWZHGHUDQLQWHOOHNWXHOOHP9HUP|JHQRGHUDXFKQXU DQSKlQRPHQRORJLVFKHU2IIHQKHLWXQGJHLVWLJHU%HZHJOLFKNHLWIHKOWHZHQQEHLGHU /HNWUHVHLQHUOHLEQL]LDQLVFKHQ9RUEHKDOWHLPPHUZLHGHUGHXWOLFKZLUGGDVVHUDQ YLHOHQ 6WHOOHQ ZHGHU GLH NDQWLVFKHQ 3RVLWLRQHQ 3UREOHPH XQG 5HIOH[LRQHQ QRFK GHQ6LQQXQG=ZHFNGHUPHWDSK\VLNNULWLVFKHQE]ZWUDQV]HQGHQWDOSKLORVRSKLVFKHQ 8QWHUVXFKXQJHQ ]X YHUVWHKHQ VFKHLQW *OHLFKZRKO VWHOOW VLFK DXV NDQWLVFKHU XQG KHXWLJHU 6LFKW GHU (LQGUXFN HLQ GDVV HV LKP DQ =HLW 0X‰H XQG JXWHP :LOOHQ JHIHKOWKDEHQN|QQWHVLFKDXI.DQWV1HXHUXQJHQHLQ]XODVVHQ  :LU PDFKHQ XQV KHXWH NDXP QRFK HLQH ]XUHLFKHQGH 9RUVWHOOXQJ GDYRQ ZLH EHGURKOLFK VFKRQ DOOHLQH GDV HPSLULVWLVFKH 'UHLJHVSDQQ /RFNH +XPH XQG %HU  schaft wirklich zu machen $$6± 'LHVHV1LYHDXDQ'LIIHUHQ]LHUWKHLWLQGHU.ULWLN DP(PSLULVPXVIHKOWKLQJHJHQEHL(EHUKDUG  9JO GD]X GLH EHUEOLFNVDUWLJH 'DUVWHOOXQJ GHU OLWHUDULVFKHQ $XVJDQJVSXQNWH GHU NDQWLVFKHQ 9HUPLWWOXQJ YRQ (PSLULVPXV XQG 5DWLRQDOLVPXV EHL (EHUKDUG '|ULQJ ,PPDQXHO .DQW (LQH (LQIKUXQJ:LHVEDGHQ6±

Eberhards Vorbehalte gegen Kants kritische Philosophie



NHOH\DXI(EHUKDUGXQGGLHVRJ/HLEQL]:ROIIVFKH6FKXOHJHZLUNWKDEHQPXVVWH $QJHVLFKWVGLHVHVHUOHEWHQ%HGURKXQJVV]HQDULRVNRQQWHQ(EHUKDUGXQGVHLQH]HLW JHQ|VVLVFKHQ $QKlQJHU NDXP ]ZLVFKHQ GLHVHQ WDWVlFKOLFK DXFK YRQ .DQW DOV EH GURKOLFKHUOHEWHQ3RVLWLRQHQXQG.DQWVHLJHQHU]ZLVFKHQ(PSLULVPXVXQG5DWLR QDOLVPXV YHUPLWWHOQGHU 3RVLWLRQ XQWHUVFKHLGHQ :ROIJDQJ 5|G KDW GLHVH $XV JDQJVODJHP(VHKUWUHIIHQGFKDUDNWHULVLHUWZHQQHUVFKUHLEW :LHJUR‰GHU6FKULWWZDUGHQ.DQWDXIGHP:HJHGHU3KLORVRSKLHJHWDQKDWZLUGDXJHQIlOOLJ ZHQQ PDQ VLFK YHUJHJHQZlUWLJW ZLH VFKZHU HV GHQ =HLWJHQRVVHQ XQG GHQ $QJHK|ULJHQ GHU IROJHQGHQ*HQHUDWLRQILHOGHU%HGHXWXQJGHVNULWLVFKHQ$QVDW]HVJHUHFKW]XZHUGHQ0DQHU NDQQWH]ZDUGDVVPLW.DQWHLQHQHXH$UWGHV'HQNHQV]XU*HOWXQJJHNRPPHQZDUPDQEH JULII DEHU RIW QLFKW ZRULQ GLHVHV QHXH ZLUNOLFK EHVWDQG 'HVKDOE JODXEWH PDQ LPPHU ZLHGHU .DQWLVFKH*HGDQNHQPLWWUDGLWLRQHOOHQ$XIIDVVXQJHQYHUELQGHQ]XN|QQHQXQGDXIGLHVH:HLVH HLQHQ6FKULWWEHU.DQWKLQDXV]XWXQ'DEHLVSLHOWHHLQHUVHLWVGLH/HLEQL]VFKH0HWDSK\VLNHLQH ZLFKWLJH5ROOHDQGHUHUVHLWVEOLHEIUPDQFKHGHU+XPHVFKH6NHSWL]LVPXVDWWUDNWLY

1XQ JHK|UW (EHUKDUG VLFKHUOLFK QLFKW ]X GHQ $QKlQJHUQ .DQWV GLH .DQWV 1HXH UXQJHQ EOR‰ PLW lOWHUHQ $XIIDVVXQJHQ ]X YHUELQGHQ YHUVXFKWHQ 9LHOPHKU YHU VXFKWH HU VLH JOHLFK JDQ] DE]XZHKUHQ LQGHP HU VLFK LQ ÄGLH IHVWH %XUJ³ GHU VRJ Leibniz-Wolffschen Schule ]XUFNJH]RJHQ KDWWH :DUXP XQG ZLHVR (EHUKDUG VR UHDJLHUW PDJ WHLOZHLVH PLW VHLQHU 3HUV|QOLFKNHLW VHLQHP LQWHOOHNWXHOOHQ )RUPDW XQGVHLQHQHLJHQHQSKLORVRSKLVFKHQhEHU]HXJXQJHQ]XWXQKDEHQGLHZHLWJHKHQG ]XGHQ*UXQGDXIIDVVXQJHQGHUVRJ/HLEQL]:ROIIVFKHQ6FKXOHSDVVWHQ]XPDOHU VLHZRKODXFKKDXSWVlFKOLFKGRUWHUZRUEHQKDWWH  ,Q VHLQHU JUQGOLFKHQ 6WXGLH ]XU .RQWURYHUVH ]ZLVFKHQ .DQW XQG (EHUKDUG VFKHLQW*DZOLQDQXQDEHUYRQ$QIDQJDQGHQ9HUVXFK]XPDFKHQHLQHHKHUneutrale Schiedsrichterposition HLQ]XQHKPHQELVKLQ]XGHUDP(QGHHU|UWHUWHQÄ)UDJH QDFKGHP6LHJHU³'DVKDWYRQ6HLWHQHLQHVZHQLJHUYRUHLQJHQRPPHQHQXQGHQW VFKLHGHQHQ 5H]LSLHQWHQ VHLQHU 6WXGLH YLHO IU VLFK ZHLO HV EHL GHU /HNWUH GLH 6SDQQXQJ ELV ]XP (QGH HUK|KW ZHQQ GLH EHLGHQ .RQWUDKHQWHQ DOV JOHLFKZHUWLJH 'LVNXVVLRQVSDUWQHUEHKDQGHOWZHUGHQ,QVHLQHPHUVWHQLQIRUPDWLYHQ.DSLWHOEHU GLH historische XQG SUDJPDWLVFKH .RQVWHOODWLRQ GHU .RQWURYHUVH EHVFKUHLEW XQG FKDUDNWHULVLHUW *DZOLQD ]XQlFKVW GDV WKHPDWLVFKH )HOG XQG GHQ JHVFKLFKWOLFKHQ +LQWHUJUXQG LQ GHU GLH .RQWURYHUVH VWDWWIDQG 'DEHL JHKW HU ]XQlFKVW GHU 5HLKH QDFK]XHUVWDXIGLHÄSKLORVRSKLVFKH/DQGVFKDIW³XPGHQSKLORVRSKLVFKHQ(UQHXH UHU .DQW HLQ VRGDQQ DXI GLH ÄLQVWLWXWLRQHOOH *HVWDOWXQJ GHV 'LVNXUVHV³ ]ZLVFKHQ GHQEHLGHQ.RQWUDKHQWHQZHLWHUKLQDXIGLHEHLGHQ/DJHUGHU.DQWLDQHUXQG(EHU KDUGLDQHU XQG VFKOLH‰OLFK DXI GDV 9HUKlOWQLV ]ZLVFKHQ .DQW XQG (EHUKDUG VRZLH DXI GLH EHVRQGHUH Ä5ROOH GHV $QJUHLIHUV³ *DZOLQDV 'DUVWHOOXQJ GLHVHU NRQWH[WX HOOHQ $VSHNWH ELHWHW YHUPXWOLFK LPPHU QRFK GHQ QHXHUHQ 6WDQG GHU )RUVFKXQJ 'DUEHU KLQDXV HQWKlOW VHLQH 0RQRJUDSKLH LP GULWWHQ .DSLWHO HLQH HEHQIDOOV VHKU   :ROIJDQJ5|G'HU:HJGHU3KLORVRSKLHYRQGHQ$QIlQJHQELVLQV-DKUKXQGHUW%G

ELV-DKUKXQGHUW0QFKHQ6

 *DZOLQD0HGXVHQKDXSWGHU.ULWLN ZLH$QP 69,,



Ulrich Diehl

LQIRUPDWLYH'DUVWHOOXQJNQDSSH=XVDPPHQIDVVXQJXQGVHOHNWLYH'LVNXVVLRQEHU GLHELVKHULJH/LWHUDWXU]XU.DQW(EHUKDUG.RQWURYHUVH  (LQHUVHLWVVLQG*DZOLQDVNRPSHWHQWHXQGELVKHXWHUHSUlVHQWDWLYHQ)RUVFKXQJHQ ]XU historischen Konstellation GHU .DQW(EHUKDUG.RQWURYHUVH VR DXVIKUOLFK XQG JUQGOLFK GDVV LFK VLH KLHU ZHGHU GHWDLOOLHUW JHQXJ GDUVWHOOHQ XQG ZUGLJHQ NDQQ QRFK DOV HLQ HKHU NXU]ZHLOLJHU /HVHU GLHVHU NRPSOL]LHUWHQ .RQWURYHUVH HUJlQ]HQ RGHUJDUNRUULJLHUHQN|QQWH$QGHUHUVHLWVNRPPHLFKDXIJUXQG PHLQHUELVKHULJHQ /HNWUHGHUEHLGHQ %HLWUlJHYRQ(EHUKDUG XQG.DQWWHLOZHLVH]X(LQGUFNHQ,Q WHUSUHWDWLRQHQ XQG %HZHUWXQJHQ GLH PLW GHQMHQLJHQ *DZOLQDV QLFKW LPPHU EHU HLQVWLPPHQ 'D *DZOLQD VLFKHUOLFK EHU HLQHQ HUKHEOLFKHQ .HQQWQLVYRUVSUXQJ LQ 6DFKHQELVKHULJHU/LWHUDWXUXQG(UIRUVFKXQJGHUKLVWRULVFKHQ.RQVWHOODWLRQYHUIJW XQGGDLFKKLHUJDUQLFKWJHQJHQG=HLWKDEHDOOHVHLQHZHUWYROOHQ,QIRUPDWLRQHQ XQG(LQVFKlW]XQJHQGDU]XVWHOOHQXQG]XGLVNXWLHUHQZHUGHLFKPLFKDXIGHQREHQ JHQDQQWHQQHXUDOJLVFKHQ3XQNWGHU'HEDWWHNRQ]HQWULHUHQ  $XFKZHQQ(EHUKDUGLQGHQ VLHEHQNULWLVFKHQ$UWLNHOQVHLQHVPhilosophischen MagazinsUKHWRULVFKXQGVDFKOLFKLQGHURolle des AngreifersJHJHQ.DQWVQHXDUWL JHQ SKLORVRSKLVFKHQ 'HQNDQVDW] DXIWULWW GDUI PDQ GDEHL QLFKW EHUVHKHQ GDVV HU VLFKGDEHLSUDJPDWLVFKXQGLQVWLWXWLRQHOOLQGHU5ROOHGHV9HUWHLGLJHUVGHVDOWKHU JHEUDFKWHQXQGEHUHLWVHWDEOLHUWHQ$QVDW]HVGHUYRQ.DQWXQGVHLW.DQWDOVÄGRJ PDWLVFK³ EH]HLFKQHWHQ UDWLRQDOLVWLVFKHQ 0HWDSK\VLN GHU VRJ /HLEQL]:ROIIVFKHQ 6FKXOH DXIWULWW :LH *DZOLQD ]XUHFKW EHPHUNW NDQQ PDQ .DQWV 5ROOH XPJHNHKUW DOV GLH HLQHV DQJHJULIIHQHQ $QJUHLIHUV YHUVWHKHQ .DQW 5HSOLN Über eine Entdeckung, nach der alle neue Kritik der reinen Vernunft durch eine ältere entbehrlich gemacht werden soll ]HXJW VDFKOLFK XQG UKHWRULVFK YRQ GHU 5ROOH HLQHV 9HUWHLGL JHUVGHUVLFKSUDJPDWLVFKXQGLQVWLWXWLRQHOOLQGHU3RVLWLRQHLQHV$QJUHLIHUVEHILQ GHWGHUGLHZRKOHWDEOLHUWHGRJPDWLVFKH0HWDSK\VLNGHUVRJ/HLEQL]:ROIIVFKHQ 6FKXOHLQ)UDJHVWHOOW  :HUGLHKontroverse zwischen Kant und EberhardYRUZLHJHQGDXVSKLORVRSKLH RGHU DXFK NXOWXUJHVFKLFKWOLFKHP ,QWHUHVVH VWXGLHUW GHU NDQQ NDXP JDQ] YRQ GHQ DOOVHLWV EHUOLHIHUWHQ YHUJOHLFKVZHLVH ]XYHUOlVVLJHQ XQG ZHLWJHKHQG XQDQJHIRFK WHQHQ $XIIDVVXQJHQ XQG (LQVFKlW]XQJHQ GLHVHU EHLGHQ .RQWUDKHQWHQ DXI GHP +LQWHUJUXQG GHU *HVFKLFKWH GHU 3KLORVRSKLH GHU )UKHQ 1HX]HLW XQG $XINOlUXQJ DEVHKHQ 'LHVHQ EHUOLHIHUWHQ $XIIDVVXQJHQ XQG (LQVFKlW]XQJHQ ]XIROJH KDEHQ ZLUHVEHL-RKDQQ$XJXVW(EHUKDUGPLWHLQHPHKHUGXUFKVFKQLWWOLFKHQXQGHSLJR QDOHQ'HQNHU]XWXQGHUELVKHXWHLPODQJHQ6FKDWWHQGHVRULJLQlUHQXQGVFK|SIH ULVFKHQ 8QLYHUVDOJHOHKUWHQ *RWWIULHG :LOKHOP /HLEQL] XQG GHV VLFK YRQ LKP KHU OHLWHQGHQV\VWHPDWLVFKHQ6FKXOSKLORVRSKHQ&KULVWLDQ:ROIIVWHKW  ,P 9HUJOHLFK GD]X KDEHQ ZLU HV EHL ,PPDQXHO .DQW PLW HLQHP PLW HLQHP PLQGHVWHQVHEHQVRRULJLQlUHQXQGVFK|SIHULVFKHQ3KLORVRSKHQZLH/HLEQL]]XWXQ GHU VRZRKO LQ TXDOLWDWLYHU DOV DXFK ZLUNXQJVJHVFKLFKWOLFKHU +LQVLFKW KHUDXVUDJW 6ROFKH EHUOLHIHUWHQ$XIIDVVXQJHQN|QQHQXQGGUIHQ ZLUVLFKHUOLFKQLFKWLPPHU YRQYRUQKHUHLQDOVEOR‰H9RUXUWHLOHRGHUXQJHUHFKWIHUWLJH5DQJYHUWHLOXQJHQDE]X

Eberhards Vorbehalte gegen Kants kritische Philosophie



WXQGLHGHPJHGHLKOLFKHQ*DQJGHUSKLORVRSKLHJHVFKLFKWOLFKHQ)RUVFKXQJHQQXU KLQGHUOLFK VHLQ N|QQHQ ,QVRIHUQ VLH EHU GLH *HQHUDWLRQHQ KLQZHJ QDFK ZLHGHU KROWHU JHLVWHVZLVVHQVFKDIWOLFKHU (UIDKUXQJ SKLORVRSKLHJHVFKLFKWOLFKHU hEHUSU IXQJ XQG HLJHQHU /HNWUHHUIDKUXQJ WDWVlFKOLFK ]X]XWUHIIHQ XQG JXW EHJUQGHW ]X VHLQVFKHLQHQGDUIPDQVLHDXFKELVDXI:HLWHUHVEHZDKUHQ  1DWUOLFKNDQQHVIUHLQHQphilosophie- oder kulturgeschichtlich Forschenden LQWHUHVVDQWUHL]YROOXQGVSDQQHQGVHLQVLFKJHUDGHHLQHQVROFKHQHKHU]ZHLWRGHU GULWWUDQJLJHQ'HQNHUYRU]XQHKPHQXQG]XYHUVXFKHQLKQHUQHXWXQWHUGLH/XSH]X QHKPHQ XP ELVKHU XQJHDKQWH 6HLWHQ KHUYRU]XNHKUHQ XP GDEHL XQHUNDQQWH 6WlU NHQ ]X HQWGHFNHQ XQG XP LKQ GDGXUFK HYWO VRJDU DXV GHP ODQJHQ 6FKDWWHQ YRQ /HLEQL] XQG :ROII KHUDXV]XKROHQ $XFK LVW HV VLFKHUOLFK HLQ OHJLWLPHV =LHO XQG HLQH HKUHQZHUWH $XIJDEH VROFKHU KLVWRULVFKHQ )RUVFKXQJHQ GLH ELVKHU HWDEOLHUWHQ $XIIDVVXQJHQXQG(LQVFKlW]XQJHQHUQHXW]XSUIHQLQGHU+RIIQXQJVLHHYWODXFK KLHUXQGGDNRUULJLHUHQ]XN|QQHQRGHUGHQHLQHQRGHUDQGHUHQ6FKDW]]XKHEHQ  :HUGLH.DQW(EHUKDUG.RQWURYHUVHMHGRFKDXFKDXVphilosophischem Interesse VWXGLHUWXPLQGHUHLQHQRGHUDQGHUHQ0HLQXQJVYHUVFKLHGHQKHLWDXIEHLGHQ6HLWHQ GLH )RUPXOLHUXQJ GHU YHUVFKLHGHQHQ 3RVLWLRQHQ GLH ([SOLNDWLRQ GHU ZLFKWLJVWHQ %HJULIIH XQG GLH hEHU]HXJXQJVNUDIW GHU YRUJHWUDJHQHQ $UJXPHQWH NHQQHQ ]X OHUQHQ XP VLFK GDQQ GHU HLQHQ RGHU DQGHUHQ 6HLWH DQ]XVFKOLH‰HQ RGHU VLFK VRJDU VHLQH HLJHQH GLIIHUHQ]LHUHQGH $XIIDVVXQJ ]X ELOGHQ GHU PXVV VLFK ZLH .DQW JH JHQEHU(EHUKDUGYRUVFKOlJWYRQGHU9RUVWHOOXQJIUHLPDFKHQGDVVHVGHQeinen ÄNODVVLVFKHQ3KLORVRSKHQ³JLEW+LHU]lKOHQZHGHU5XKPQRFK(KUHQRFKSKLORVR SKLHJHVFKLFKWOLFK VSH]LILVFKHV *HZLFKW DQJHVLFKWV ZLUNXQJVJHVFKLFKWOLFKHU (U IROJH,QVRIHUQWXW*DZOLQDVLFKHUOLFKJXWGDUDQJHZLVVHUPD‰HQDOVQHXWUDOHU%H REDFKWHU.RPPHQWDWRUXQG6FKLHGVULFKWHU.DQWXQG(EHUKDUGZLH]ZHLHEHQEU WLJH .RQWUDKHQWHQ ]X EHKDQGHOQ XP DXVVFKOLH‰OLFK GHUHQ 7KHVHQ %HJULIIH XQG $UJXPHQWH]XU*HOWXQJNRPPHQ]XODVVHQ1LFKWQXU/HLEQL]VRQGHUQDXFK.DQW NDQQQLFKWDOVGHUeine NODVVLVFKH3KLORVRSKJHOWHQ  

 .HLQH'HEDWWH]ZLVFKHQHEHQEUWLJHQ.RQWUDKHQWHQ  7URW]GHUlX‰HUVWVDFKOLFKHQPHWKRGLVFKEHKXWVDPHQLQWHOOHNWXHOOQDFKYROO]LHKED UHQ XQG IDVW VFKRQ QHXWUDOHQ 9RUJHKHQVZHLVH *DZOLQDV VWHOOHQ VLFK EHL PHLQHU HKHUWHLOQHKPHQGHQXQGHUZDUWXQJVYROOJHVSDQQWHQ/HNWUHYRQ(EHUKDUGVVLHEHQ $UWLNHOQXQG.DQWV5HSOLNLQ]ZHL7HLOHQGDQQDEHUGRFKJDQ]DQGHUHLeseerfahrungen HLQ *HUDGH GLHVH /HVHUHUIDKUXQJ EHVWlWLJW P( QXQ DEHU GLH EHUOLHIHUWH 6LFKWZHLVHGDVVGLH.RQWURYHUVH]ZLVFKHQ.DQWXQG(EHUKDUGJDQ]RIIHQVLFKWOLFK NHLQH .RQWURYHUVH ]ZLVFKHQ HEHQEUWLJHQ SKLORVRSKLVFKHQ .|SIHQ GDUVWHOOW :LH LFK REHQ EHUHLWV DQJHGHXWHW KDEH ]HLJW VLFK GDV ]XP %HLVSLHO DQ GHU TXDOLWDWLYHQ 'LIIHUHQ] LQ GHU .HQQWQLV ,QWHUSUHWDWLRQ XQG %HZHUWXQJ GHV HQJOLVFKHQ (PSLULV



Ulrich Diehl

PXV9RUDOOHPDEHU]HLJWHVVLFKMHGRFKDQGHU7DWVDFKHGDVV(EHUKDUGVLFKDXI /HLEQL] DOV HLQHQ JU|‰HUHQ 'HQNHU DOV VHLQHQ *HZlKUVPDQQ EHUXIHQ PXVV ZlK UHQG.DQWHVZDJWDXIJUXQGVHLQHVHLJHQHQVHOEVWWlWLJHQ'HQNHQVQLFKWQXU/HLE QL]VRQGHUQDXFKQRFK6SLQR]DXQG'HVFDUWHV:ROIIXQG%DXPJDUWHQ]XZLGHU VSUHFKHQ  (EHUKDUG KLQJHJHQ VFKHLQW ]XPLQGHVW JHDKQW ]X KDEHQ GDVV HU HV PLW HLQHP *U|‰HUHQ ]X WXQ EHNRPPHQ KDW GHQQ HU YHUOlVVW VLFK YRQ $QIDQJ DQ QLFKW DXI VHLQHHLJHQHQhEHU]HXJXQJHQXQG$UJXPHQWHVRQGHUQEHUXIWVLFKDXIGLH$XWRUL WlWGHVVLFKHUOLFKEHGHXWHQGHUHQ3KLORVRSKHQ/HLEQL]XQGGDPLWLQGLUHNWDXFKDXI GLHGDPDOVDQGHU8QLYHUVLWlW+DOOHEHUHLWVJXWHWDEOLHUWHLQWHOOHNWXHOOH+DXVPDFKW GHU VRJ /HLEQL]:ROIIVFKHQ 6FKXOH 'DEHL LVW HV VLFKHUOLFK NHLQH 6FKDQGH VLFK DXI /HLEQL] DOV VHLQHQ SKLORVRSKLVFKHQ *HZlKUVPDQQ ]X EHUXIHQ $EHU GLH VRJ Leibniz-Wolffsche Schule ZDU ZRKO GDPDOV QLFKW QXU DQ GHU 8QLYHUVLWlW +DOOH VRQGHUQDXFKDQGHUVZRZRKOHKHUHLQH%DXPJDUWHQ:ROII6FKXOH=XPLQGHVWKDW HV VLFK VFKRQ IU GHQ MXQJHQ .DQW GHU VHOEVW LQ GLHVHU SKLORVRSKLVFKHQ 6FKXOH DXVJHELOGHWZXUGHVRGDUJHVWHOOW$EHUDXFKEHU.DQWV/HEHQVXQG6WXGLHQHUIDK UXQJKLQDXVGUIHQZLUDQQHKPHQGDVVVLFKGLH%DXPJDUWHQ:ROII6FKXOHVHOEVW DXFK VFKRQ DOV LP %HVLW] HLQHU PHWKRGLVFK XQG V\VWHPDWLVFK DXVJHNOJHOWHQ 6\V WHPSKLORVRSKLHSUlVHQWLHUWKDWGHUHQZHVHQWOLFKH'RJPHQREHUVWH3ULQ]LSLHQXQG DEJHOHLWHWHQ 5HVXOWDWH PDQ JHZLVVHUPD‰HQ DOV HLQ ]X YHUEXFKHQGHV SKLORVRSKL VFKHV:LVVHQHUOHUQHQNRQQWH'DEHLPDJPDQVLFKGHVgIWHUHQDXFKDXIGDVEHU UDJHQGH*HQLH/HLEQL]HQVDOVRULJLQlUH6WLIWHUILJXUEHUXIHQKDEHQZlKUHQG:ROII HKHUGLHXQGDQNEDUH5ROOHGHV*UQGHUVGHUSKLORVRSKLVFKHQ6FKXOH]XJHNRPPHQ LVW  $XVKHXWLJHU6LFKWVFKHLQHQGLHVHVWUDWHJLVFKHQ%HUXIXQJHQMHGRFKZHQLJEHU ]HXJHQG ]X VHLQ 'HQQ GLHVHU V\VWHPSKLORVRSKLVFKHQ *UXQGHLQVWHOOXQJ ZDU JDU QLFKW HUVW GHU LQWHOOHNWXHOOH $XVEUXFK DXV GHQ EHUNRPPHQHQ 'HQN]ZlQJHQ GHU 6FKXOHXQGGHUVFK|SIHULVFKH$XIEUXFKLQHLQYRQGDDQ(SRFKHPDFKHQGHVSKLOR VRSKLVFKHV 1HXODQG HLQHV .DQW GLDPHWUDO HQWJHJHQJHVHW]W ZLH PDQ DOOHQWKDOEHQ K|UHQXQGOHVHQNDQQ$XFKVFKRQGDVVFK|SIHULVFKH7DOHQWHLQHV/HLEQL]OLH‰VLFK PLWGHQ'HQN]ZlQJHQHLQHUVFKULIWOLFKIL[LHUEDUHQXQGVFKXOPl‰LJOHKUEDUHQ6\V WHPSKLORVRSKLHNDXPYHUHLQEDUHQ'HQQGLHGLVSDUDWHQXQGRIWPDOVHKHUK\SRWKH WLVFKHQ*HGDQNHQH[SHULPHQWHLQGHQZLFKWLJVWHQ:HUNHQYRQ/HLEQL]VWHOOHQ]ZDU HLQH UHLFKKDOWLJH )XQGJUXEH IU GLH VSlWHUHQ 6\VWHPNRQVWUXNWLRQHQ VHLQHU (SLJR QHQ GDU DEHU VLH HQWKDOWHQ HLJHQWOLFK ZHGHU GLH 9RUDUEHLWHQ ]X HLQHP HLQ]LJHQ SKLORVRSKLVFKHP 6\VWHP QRFK HLQHQ HLQKHLWOLFKHQ XQG IHUWLJHQ (QWZXUI HLQHV SKLORVRSKLVFKHQ6\VWHPVIUGHQSKLORVRSKLVFKHQ6FKXOJHEUDXFK   9HUPXWOLFK N|QQWH PDQ LQ GHQ LQVJHVDPW HKHU GLVSDUDWHQ SKLORVRSKLVFKHQ 7KHRUHPHQ XQG

*HGDQNHQH[SHULPHQWHQ GHU ZLFKWLJVWHQ :HUNH HLQ]HOQHQ (QWZUIHQ XQG ]DKOUHLFKHQ %ULHIH YRQ/HLEQL]JHQJHQGÄ%DXVWHLQH³XQGWUDJHQGHÄ(OHPHQWH³ILQGHQXPVLFKHLQHJDQ]H5HLKH YRQ GLYHUJHQWHQ SKLORVRSKLVFKHQ 6\VWHPHQ DXV]XGHQNHQ XQG ]XVDPPHQ]XEDVWHOQ 'LH VRJ Leibniz-Wolffsche SchuleVFKHLQWPLUGHVZHJHQHKHUHLQH]ZHFNPl‰LJH(UILQGXQJVHLQHU(SL

Eberhards Vorbehalte gegen Kants kritische Philosophie



 (EHUKDUGMHGHQIDOOVKDWLQVHLQHUKritik an der kantischen PhilosophieYRQEHL GHQ NXOWXUHOOHQ 5HDOLWlWHQ ]X SURILWLHUHQ YHUVXFKW VRZRKO YRP EHUHLWV HWDEOLHUWHQ JXWHQ5XIGHUVRJ/HLEQL]:ROIIVFKHQ6FKXOHPLW/HLEQL]DOVXUVSUQJOLFKHUXQG VFK|SIHULVFKHU6WLIWHUILJXUXQG:ROIIDOVV\VWHPDWLVLHUHQGHPXQGNRQVHUYLHUHQGHP 6FKXOREHUKDXSW 0LW GLHVHU rhetorischen Strategie YHUVXFKW HU GXUFKDXV JHVFKLFNW XQWHU VHLQHQ /HVHUQ $QKlQJHU IU VHLQH 9RUEHKDOWH XQG (LQZlQGH JHJHQ .DQWV QHXH 0HWDSK\VLNNULWLN E]Z 7UDQV]HQGHQWDOSKLORVRSKLH ]X JHZLQQHQ (EHUKDUG NRQQWH GDYRQ DXVJHKHQ GDVV YRU DOOHP GLH $XWRULWlW GHV 6WLIWHUV LP /HVHUNUHLV VHLQHV Philosophischen Magazins QRFK PHKU (KUIXUFKW HUKHLVFKHQGHV *HZLFKW KDWWHDOVGHU1DPH:ROIIVRGHU%DXPJDUWHQVJDOWHUGRFKDOVGLHLQLKUHU$XWRULWlW ELVKHU XQEHVWULWWHQH *UQGHUILJXU HLQHU EHUHLWV DQHUNDQQWHQ XQG ZRKO HWDEOLHUWHQ SKLORVRSKLVFKHQ6FKXOH  'RFKZDVVHLQHQ/HVHUQGDPDOVQRFK]XPLQGHVWDOVHLQHLPrhetorischen AuftretenEHHLQGUXFNHQGH6WlUNHHUVFKHLQHQPXVVWHVWHOOWVLFK]XPLQGHVWGHPNXQGL JHQ /HVHU YRQ KHXWH GRFK ZRKO HKHU DOV HLQH 6FKZlFKH GDU :HU VLFK KHXWH PLW (EHUKDUGV .DQWNULWLN EHIDVVW XQG VLFK GDEHL HLQH EOHLEHQGH LQWHOOHNWXHOOH %H UHLFKHUXQJ LQ 6DFKHQ .DQW9HUVWlQGQLV XQG .DQW.ULWLN HUKRIIW RGHU JDU LP +LQ EOLFN DXI HLQH HYHQWXHOO GRFK QRFK P|JOLFKH hEHUZLQGXQJ GHU NDQWLVFKHQ 0HWD SK\VLNNULWLN]ZHFNV5HKDELOLWDWLRQHLQHUNODVVLVFKHQNRVPRORJLVFKHQE]ZWKHROR JLVFKHQ 0HWDSK\VLN HUZDUWHW GHU ZLUG YRQ (EHUKDUGV .DQWNULWLN ]ZDQJVOlXILJ HQWWlXVFKW ZHUGHQ =X ]DKOUHLFK VLQG GLH HKHU JUREHQ )HKOGHXWXQJHQ GHU SKLORVR SKLVFKHQ 3RVLWLRQHQ GHU HQJOLVFKHQ (PSLULVWHQ /RFNH +XPH XQG %HUNHOH\ =X IUDJZUGLJ VLQG YRU DOOHP VHLQH .HQQWQLVVH YRQ /HLEQL] VHOEVW=X RIIHQVLFKWOLFK LVW VHLQ 8QYHUVWlQGQLV JHJHQEHU GHP DQGHUVDUWLJHQ XQG QHXDUWLJHQ 'HQNDQVDW] .DQWV  'DVOLHJW]XPDQGHUHQQLFKWQXUDQGHUZLUNXQJVJHVFKLFKWOLFK(SRFKHPDFKHQ GHQ VRQGHUQ DXFK SKLORVRSKLVFK ELV KHXWH LQWHOOHNWXHOOHQ Stärke der kantischen PositionXQG]ZDUVRZRKOLP9HUJOHLFK]XGHQYHUVFKLHGHQHQ9DULDQWHQGHV(PSL ULVPXVDOVDXFKLP+LQEOLFNDXIGLHYHUVFKLHGHQHQ)RUPHQGHV5DWLRQDOLVPXV'HU NXQGLJH /HVHU YRQ KHXWH GHU DXFK QXU HLQLJHUPD‰HQ PLW GHQ XQEHVWULWWHQHQ *UXQG]JHQ GHU NDQWLVFKHQ 3KLORVRSKLH XQG LKUHQ YRQ $QIDQJ DQ YRUKDQGHQHQ UHDOHQ $PELYDOHQ]HQ LP LQWHOOHNWXHOOHQ 6SDQQXQJVIHOG ]ZLVFKHQ GHQ YHUVFKLHGH QHQ 6SLHODUWHQ GHV (PSLULVPXV XQG GHV 5DWLRQDOLVPXV YHUWUDXW LVW NHQQW GLH YRQ $QIDQJ DQ YRUKHUUVFKHQGHQ 6WROSHUVWHLQH XQG )DOOVWULFNH IU HLQH WH[WXHOO DQJH PHVVHQHXQGLQWHOOHNWXHOOKLQUHLFKHQGGLIIHUHQ]LHUWH,QWHUSUHWDWLRQ(VLVWLKPNODU GDVV HLQH MHGH WH[WXHOO DQJHPHVVHQH XQG LQWHOOHNWXHOO KLQUHLFKHQGH ,QWHUSUHWDWLRQ GHU V\VWHPDWLVFKHQ *UXQG]JH XQG DUJXPHQWDWLYHQ )HLQVWUXNWXUHQ GHU NDQWLVFKHQ  JRQHQ%DXPJDUWHQ:ROIIXQG(EHUKDUG]XVHLQDOVHLQYRQ/HLEQL]VHOEVWLQWHQGLHUWHVRGHUJDU DQYLVLHUWHV3URMHNW,QVRIHUQZlUHHVHLQLQWHUHVVDQWHVSKLORVRSKLHXQGXQLYHUVLWlWVJHVFKLFKWOL FKHV)RUVFKXQJVSURMHNWHLQPDOJUQGOLFKGHU(QWVWHKXQJGHV0\WKRVGHUVRJ/HLEQL]:ROII VFKHQ 6FKXOH QDFK]XJHKHQ XQG VLH PLW GHU 5HDOLWlW YRQ &KULVWDQ:ROIIV *HOHKUWHQOHEHQ VHL QHPSKLORVRSKLVFKHQ:HUNXQGVHLQHULQVWLWXWLRQHOOHQ:LUNXQJ]XYHUJOHLFKHQ



Ulrich Diehl

3KLORVRSKLHHLQHJHLVWLJH2IIHQKHLWSKlQRPHQRORJLVFKH:DFKVDPNHLWHPRWLRQDOH (PSDWKLHLQWHOOHNWXHOOH'LIIHUHQ]LHUWKHLWXQGSKLORVRSKLVFKH%HJDEXQJYRUDXVVHW ]HQ EHU GLH HUIDKUXQJVJHPl‰ YLHOH /HVHU GHU NDQWLVFKHQ :HUNH OHLGHU JDU QLFKW YHUIJHQ  

 (EHUKDUGV+DXSWWKHVHLQ]ZHL9HUVLRQHQ  /lVVW VLFK PHLQH HPRWLRQDOH XQG LQWHOOHNWXHOOH (QWWlXVFKXQJ EHL GHU HUZDUWXQJV YROOHQ/HNWUHGHU(EHUKDUG¶VFKHQVLHEHQ$UWLNHO]XUNDQWLVFKHQ3KLORVRSKLHZH QLJVWHQVDQHLQHP%HLVSLHOGDUVWHOOHQYHUPLWWHOQXQGHUOlXWHUQ",P)ROJHQGHQZLOO LFKHVYHUVXFKHQLQGHPLFK  (EHUKDUGV+DXSWWKHVH  .DQWV(UZLGHUXQJDXI GLHVH +DXSWWKHVH   GLH 'LIIHUHQ]HQ EH]JOLFK GHV 3UREOHPV GHU *HOWXQJ GHU .DWHJRULHQ DP 3DUDGHEHLVSLHO GHU .DWHJRULH GHU .DXVDOLWlW   GLH VLFK GDUDXV HUJHEHQGHQ 'LIIHUHQ]HQ EH]JOLFK GHU UDWLRQDOHQ 3V\FKRORJLH XQG 7KHRORJLH XQG  GLH6WlUNHQXQG6FKZlFKHQGHUEHLGHQ3RVLWLRQHQDE]XZlJHQYHUVXFKH  (EHUKDUGV+DXSWWKHVHWDXFKWLQHLQHUHUVWHQ9HUVLRQLPHUVWHQ$UWLNHOÜber die Schranken der menschlichen ErkenntnisDXI 'DV5HVXOWDWGLHVHU%HWUDFKWXQJHQVFKHLQWPLU]XVHLQGDVVPDQRKQH9HUPHVVHQKHLWEHKDXS WHQN|QQHGLH*UHQ]EHVWLPPXQJGHUPHQVFKOLFKHQ(UNHQQWQLVQDFKGHU/HLEQL]LDQLVFKHQ9HU QXQIWNULWLN GUIH QRFK QLFKW DXIJHJHEHQ ZHUGHQ DOOHV ZDV GLH .DQWLVFKH .ULWLN JUQGOLFKHV HQWKlOW VHL LQ LKUHP 8PIDQJH HQWKDOWHQ XQG DX‰HUGHP QRFK YLHOHV ZDV GLHVH RKQH *UXQG YHUZLUIW'DVZLUGQRFKPHKUHLQOHXFKWHQZHQQZLUXQWHUVXFKHQPLWZHOFKHUYRQEHLGHQPDQ DPEHVWHQGHP+XPHVFKHQDOOJHPHLQHQ,GHDOLVPXVEHJHJQHQN|QQH

(LQPDO DEJHVHKHQ GDYRQ GDVV 'DYLG +XPH DQGHUV DOV %LVKRS %HUNHOH\ ZHGHU HLQHQ HUNHQQWQLVWKHRUHWLVFKHQ QRFK HLQHP RQWRORJLVFKHQ Idealismus YHUWULWW VRQ GHUQHLQHQHUNHQQWQLVWKHRUHWLVFKHQSkeptizismusXQG]XJOHLFKHLQHQRQWRORJLVFKHQ NaturalismusPVVHQEHLGH6SLHODUWHQGHU9HUQXQIWNULWLNLQGHU7DWHLQHHUNHQQW QLVWKHRUHWLVFKH 3RVLWLRQ HQWZLFNHOQ PLW GHU PDQ GLH VNHSWLVFKHQ 9RUEHKDOWH XQG (LQZlQGH +XPHV JHJHQEHU GHU 0|JOLFKNHLW HLQHU UHDOLVWLVFKHQ 'HXWXQJ YRQ 8UWHLOHQEHUKausalzusammenhängeLQGHU$OOWDJVHUNHQQWQLVXQGLQGHQ:LVVHQ VFKDIWHQ]XUFNZHLVHQNDQQ=XQlFKVWLVWHUVWHLQPDORIIHQREGLH9HUQXQIWNULWLN YRQ/HLEQL]RGHUYRQ.DQWGD]XEHVVHULQGHU/DJHLVW  3UlJQDQWHULVWGDV)D]LWDP(QGHGHVGULWWHQ$UWLNHOVÜber das Gebiet des reinen Verstandes LQ GHP (EHUKDUG HLQH OlQJHUH ]ZHLWH 9HUVLRQ VHLQHU +DXSWWKHVH SUlVHQWLHUWLQGHPHUEHKDXSWHW GD‰GLH/HLEQL]LDQLVFKH3KLORVRSKLHHEHQVRZRKOHLQH9HUQXQIWNULWLNHQWKlOWDOVGLH.DQWL VFKH GHQQ VLH JUQGHW LKUHQ 'RJPDWLVPXV DXIHLQH JHQDXH =HUJOLHGHUXQJ GHU (UNHQQWQLVYHU P|JHQLQGHPVLHJHQDXDQ]XJHEHQVXFKWZDVGXUFKHLQMHGHVP|JOLFKLVWQXUGLH5HVXOWDWH YRQEHLGHQVLQGYHUVFKLHGHQ6LHNDQQDOVRZHQQVLHJHWUHXGDUJHVWHOOWZLUGQLFKWXQNULWLVFK   .DQW'HU6WUHLW ZLH$QP 62$

Eberhards Vorbehalte gegen Kants kritische Philosophie



JHQDQQW ZHUGHQ  'D‰ GLH /HLEQL]LVFKH 3KLORVRSKLH DOOHV :DKUH GHU NDQWLVFKHQ HQWKDOWHQ NDQQDEHUDX‰HUGHPQRFKPHKU=XGLHVHP0HKULVWVLHGXUFKGLHJHJUQGHWH(UZHLWHUXQJGHV *HELHWHVGHV9HUVWDQGHVLP6WDQGH ZR]XVLHLKUHNULWLVFKH=HUJOLHGHUXQJGHU(UNHQQWQLVYHU P|JHQEHUHFKWLJW

(EHUKDUG YHUVXFKW   GLH leibnizianische Erkenntnistheorie DOV HLQH PLQGHVWHQV HEHQEUWLJH Ä9HUQXQIWNULWLN³ GDU]XVWHOOHQ =XWUHIIHQG LVW GDVV /HLEQL] VLFKHUOLFK HEHQIDOOVHLQHNULWLVFKHGKXQWHUVFKHLGHQGH$XIIDVVXQJYRPPHQVFKOLFKHQ9HU P|JHQGHU9HUQXQIWKDW(EHUKDUGYHUVWHKWMHGRFKQLFKWGDVVÄNULWLVFK³LP6LQQH YRQÄ9HUQXQIWNULWLN³EHL.DQWHLQHEHVWLPPWHSURJUDPPDWLVFKHXQG PHWKRGLVFKH %HGHXWXQJLP+LQEOLFNDXIGLHWUDQV]HQGHQWDOSKLORVRSKLVFKH)UDJHVWHOOXQJKDWGLH EHL /HLEQL] QRFK JDU QLFKW YRUNRPPW GD VLH WDWVlFKOLFK HLQH 1HXHUXQJ GDUVWHOOW =XWUHIIHQG LVW VLFKHUOLFK DXFK GDVV GHU VRJ 'RJPDWLVPXV YRQ /HLEQL] HEHQIDOOV HLQHÄ=HUJOLHGHUXQJGHU(UNHQQWQLVYHUP|JHQ³HQWKlOWXQGLQGLHVHPEHJULIIOLFKHQ 8QWHUVFKHLGHQNULWLVFKLVW$EHUGHVZHJHQLVWVLHQRFKODQJHQLFKWNULWLVFKLPVSH ]LILVFKNDQWLVFKHQ6LQQHGHQ(EHUKDUGRIIHQVLFKWOLFKJDUQLFKWNHQQWJHVFKZHLJH GHQQ YHUVWHKW *DZOLQD VWHOOW ]XUHFKW KHUDXV GDVV 9HUQXQIWNULWLN LP NDQWLVFKHQ 6LQQH XQG 'RJPDWLVPXV VLFK JHJHQVHLWLJ DXVVFKOLH‰HQ VRGDVV (EHUKDUG RKQH HV ]XPHUNHQ/HLEQL]HLQHLQVLFKZLGHUVSUFKOLFK3RVLWLRQXQWHUVWHOOW  (EHUKDUGYHUVXFKW  LQYDJHQXQGXQEHVWLPPWTXDQWLIL]LHUHQGHQ$XVGUFNHQ GLH Leibnizische Philosophie DOV HLQH VROFKH KLQ]XVWHOOHQ GLH ÄDOOHV :DKUH GHU .DQWLVFKHQ HQWKDOWHQ NDQQ³ DOV RE HV VLFK XP ]ZHL %HXWHO KDQGHOW XQG LQ GHQ JU|‰HUHQ %HXWHO DOOHV KLQHLQ SDVVW ZDV LQ GHQ NOHLQHUHQ %HXWHO DXFK KLQHLQ JHKW 'DV NOLQJW VFKRQ HKHU HLQIlOWLJ 'HQQRFK LVW GDV ZDV (EHUKDUG ]X GLHVHP HKHU VFKLHIHQ TXDQWLWDWLYHQ 9HUJOHLFK EHZHJW GLH DQ XQG IU VLFK EHUHFKWLJWH )HVWVWHO OXQJGDVV/HLEQL]¶$XIIDVVXQJYRQGHU5HLFKZHLWHE]ZGHP*HELHWGHU9HUVWDQ GHVHUNHQQWQLVVHZHLWHUJHIDVVWLVWDOV.DQWV$XIIDVVXQJ'DPLWWULIIWHULQGHU7DW HLQHUHOHYDQWH'LIIHUHQ]GLHDXFKGHQH[LVWHQ]LHOOHQ1HUYGHU'HEDWWHEHUKUW  

 .DQWVNOlUHQGH(UZLGHUXQJ  .DQWV5HSOLNEH]LHKWVLFKLQHLQHUIUHLHUHQXQGZRKOZROOHQGHQ3DUDSKUDVHDXIGLH EHLGHQ +lOIWHQ GHU OlQJHUHQ ]ZHLWHQ 9HUVLRQ GHU +DXSWWKHVH MHGRFK QLFKW RKQH HLQHQOHLFKWKHUDEODVVHQGHQLURQLVFKHQ8QWHUWRQ +HUU (EHUKDUG KDW GLH (QWGHFNXQJ JHPDFKW GDVV >@ GLH /HLEQL]LVFKH 3KLORVRSKLH HEHQ VR ZRKOHLQH9HUQXQIWNULWLNHQWKDOWHDOVGLHQHXHUOLFKHZREHLVLHGHQQRFKHLQHQDXIJHQDXH=HU JOLHGHUXQJ GHU (UNHQQWQLVYHUP|JHQ JHJUQGHWHQ 'RJPDWLVPXV HLQIKUH PLWKLQ DOOHV :DKUH GHUOHW]WHUHQEHUGHPDEHUQRFKPHKULQHLQHUJHJUQGHWHQ(UZHLWHUXQJGHV*HELHWHVGHV9HU VWDQGHVHQWKDOWH   .DQW'HU6WUHLW ZLH$QP 62$  (EG6$$



Ulrich Diehl

'DPLW WULIIW HU ZLH VFKRQ LP 7LWHO VHLQHU 5HSOLN (EHUKDUGV HKHU EOR‰ LURQLVFK DOV Ä(QWGHFNXQJ³ EH]HLFKQHWH7KHVH, QDFKGHUDOOHHLQH ÄQHXH.ULWLNGHUUHLQHQ9HU QXQIW GXUFK HLQH lOWHUH HQWEHKUOLFK JHPDFKW ZHUGHQ VROO³ (LQH VROFKH XQVLQQLJH %HKDXSWXQJ NDQQ .DQW QLFKW DXI VLFK VLW]HQ ODVVHQ =X JUR‰ LVW VHLQ 5HVSHNW YRU /HLEQL] DOV GDVV HU LKP DEVSUHFKHQ ZUGH DXFK HLQH EHVWLPPWH NULWLVFKH GK EHVWLPPWH%HJULIIHXQWHUVFKHLGHQGHXQGHUNHQQWQLVWKHRUHWLVFKDEZlJHQGH7KHRULH GHU 9HUQXQIW YRUZHLVHQ ]X N|QQHQ =X RIIHQVLFKWOLFK YHUNHKUW LVW (EHUKDUGV DXI 8QNHQQWQLV XQG 8QYHUVWlQGQLV EHUXKHQGH IDOVFKH 7KHVH GDVV .DQWV QHXHUH 9HU QXQIWNULWLN QLFKW ]XUHFKW HLQHQ JHZLVVHQ $QVSUXFK DXI 1HXKHLW PLW VLFK EULQJW ZHLOVLHHLQELVKHUXQEHNDQQWHV9HUVWlQGQLVYRQ0HWDSK\VLNNULWLN]XP3URJUDPP PDFKW $OOHLQPLWGHP)HKOVFKODJHQGHV$QVSUXFKVDXI1HXLJNHLWP|FKWHHVQRFKKLQJHKHQZHQQQXU GLHlOWHUH.ULWLNLQLKUHP$XVJDQJHQLFKWGDVJHUDGH:LGHUVSLHOGHUQHXHQHQWKLHOWH>«@

.DQWVWHOOWEberhards VerteidigungGHUlOWHUHQXQGDQGHUVDUWLJHQ/HLEQL]LDQLVFKHQ 9HUQXQIWNULWLN DOV GHQ 9HUVXFK GDU ÄGHU 1DFKIRUVFKXQJ GHU (OHPHQWH XQVHUHU (UNHQQWQLV D SULRUL XQG GHV *UXQGHV LKUHU *OWLJNHLW LQ $QVHKXQJ GHU 2EMHNWH³ DXV]XZHLFKHQ XP VWDWWGHVVHQ ÄHLQHP XQEHJUHQ]WHQ 'RJPDWLVP GHU UHLQHQ 9HU QXQIW3ODW]]XPDFKHQ³'DQQZHLVWHUGDUDXIKLQGDVVGLHKritik der reinen VernunftMHGRFKJHUDGHGDPLWDQIlQJWGLHVFKZLHULJH6FKOVVHOIUDJH]XEHDQWZRUWHQ Ä:LHVLQGV\QWKHWLVFKH8UWHLOHDSULRULP|JOLFK"³6FKOLH‰OLFKHULQQHUWHUGDUDQGDVV VLHHUVWÄQDFKHLQHUPKHYROOHQ(U|UWHUXQJDOOHUGD]XHUIRUGHUOLFKHQ%HGLQJXQJHQ³ Ä]XGHPHQWVFKHLGHQGHQ6FKOX‰VDW]HJHODQJHQ³NDQQ GDVVNHLQHP%HJULIIHVHLQHREMHNWLYH5HDOLWlWDQGHUVJHVLFKHUWZHUGHQN|QQWHDOVVRIHUQHULQ HLQHULKPNRUUHVSRQGLHUHQGHQ$QVFKDXXQJ GLHIUXQVMHGHU]HLW VLQQOLFKLVW GDUJHVWHOOWZHU GHQNDQQPLWKLQEHUGLH*UHQ]HGHU6LQQOLFKNHLWIROJOLFKDXFKGHUP|JOLFKHQ(UIDKUXQJKLQ DXVHVVFKOHFKWHUGLQJVNHLQH(UNHQQWQLVGLNHLQH%HJULIIHYRQGHQHQPDQVLFKHULVWGDVVVLH QLFKWOHHUVLQGJHEHQN|QQH

(EHUKDUGV .ULWLN KHEW QDFK .DQW MHGRFK JHUDGH PLW GHP 9HUVXFK HLQHU :LGHUOH JXQJYRQ.DQWV7KHVHGXUFKGHQ%HZHLVGHV*HJHQWHLOVDQ QlPOLFK GDVV HV DOOHUGLQJV (UZHLWHUXQJ GHU (UNHQQWQLV EHU *HJHQVWlQGH GHU 6LQQH KLQDXV JHEH XQG HQGLJW PLW GHU 8QWHUVXFKXQJ ZLH GHUJOHLFKHQ GXUFK V\QWKHWLVFKH 6lW]H D SULRUL P|JOLFKVHL

1XQ N|QQHQ ZLU HQGOLFK GLH wesentliche Differenz ]ZLVFKHQ (EHUKDUG XQG .DQW JHQDXHUPDUNLHUHQ(EHUKDUGVLHKWLQ.DQWIlOVFKOLFK±ZLHHWZDVVSlWHUGDQQDXFK 6FKRSHQKDXHU XQG +HLQH ± HLQHQ YLHOOHLFKW XQIUHLZLOOLJHQ DEHU MHGHQIDOOV WUDJL VFKHQ =HUVW|UHU GHU 0HWDSK\VLN ZHLO HU GLH 2EMHNWLYLWlW XQVHUHU 9HUVWDQGHVEH   (EG  (EG6$$±  (EG6$$

Eberhards Vorbehalte gegen Kants kritische Philosophie



JULIIH RGHU .DWHJRULHQ YRQ GHP .ULWHULXP DEKlQJLJ PDFKHQ ZLOO GDVV LKQHQ JUXQGVlW]OLFK HLQH VLQQOLFKH $QVFKDXXQJ NRUUHVSRQGLHUHQ N|QQHQ PXVV 9HUVWDQ GHVEHJULIIHQRGHU.DWHJRULHQGHQHQEHUKDXSWNHLQHVROFKH$QVFKDXXQJHQWVSUH FKHQ NDQQ VLQG .DQW ]XIROJH OHHU 'DV HULQQHUW QLFKW ]XIlOOLJ DQ .DQWV SURJUDP PDWLVFKH )RUPXOLHUXQJ Ä*HGDQNHQ RKQH ,QKDOW VLQG OHHU $QVFKDXXQJHQ RKQH %HJULIIH VLQG EOLQG³  (EHUKDUG NDQQ PLW /HLEQL] RKQH ZHLWHUHV GHU ]ZHLWHQ 7KHVH ]XVWLPPHQ GDVV $QVFKDXXQJHQ RKQH %HJULIIH EOLQG VLQG $EHU GHU HUVWHQ 7KHVH GDVV *HGDQNHQ E]Z %HJULIIH RKQH SRWHQWLHOOH  $QVFKDXXQJHQ OHHU VLQG GHPNDQQHUNHLQHVZHJV]XVWLPPHQ+LHUVFKHLGHQVLFKGLH*HLVWHU  %LV KHXWH KlOW VLFKGDVZHLWYHUEUHLWHWHXQGKDUWQlFNLJHVorurteilGHP]XIROJH .DQWV 0HWDSK\VLNNULWLN HLQH VNHSWLVFKH 'HPRQWDJH RGHU JDU PXWZLOOLJH =HUVW| UXQJ GHU 0HWDSK\VLN VHL DQVWDWW HLQHV NKQHQ 9HUVXFKHV GLH 0HWDSK\VLN HEHQ JHUDGHGDGXUFK]XUHWWHQGDVVPDQHQGOLFKHLQPDOJUQGOLFKGLHHUNHQQWQLVWKHRUH WLVFKHQ E]Z WUDQV]HQGHQWDOSKLORVRSKLVFKHQ %HGLQJXQJHQ LKUHU SRWHQWLHOOHQ :LV VHQVFKDIWOLFKNHLW XQWHUVXFKW *DZOLQD ZHL‰ XP GLHVHV HNODWDQWH 9RUXUWHLO XQG YHUWHLGLJW ]XUHFKW .DQWV SULQ]LSLHOOH Metaphysikfreundlichkeit LP =XVDPPHQKDQJ PLW (EHUKDUGV 9HUGDFKW JHJHQEHU .DQWV DQJHEOLFKHU Metaphysikfeindlichkeit 'DEHLEH]LHKWHUVLFKDXFKDXIGLHNDQWLVFKH7KHVHGDVVHVHLQHLQGHUPHQVFKOL FKHQ9HUQXQIWEHJDEXQJVHOEVWDQJHOHJWH1DWXUDQODJH]XPPHWDSK\VLVFKHQ)UDJHQ JLEW 'LHV VFKHLQW PLU MHGRFK QLFKW JHQXJ ]X VHLQ XP GLHVHQ 9HUGDFKW ]X ]HU VWUHXHQ GHQQ ZHGHU IU .DQW QRFK IU /HLEQL] RGHU (EHUKDUG NDQQ HV JHQJHQ HLQHVROFKHNaturanlage im MenschenYRU]XILQGHQZHQQGLHVH1DWXUDQODJHLQGHU PHQVFKOLFKHQ 9HUQXQIW DXV SULQ]LSLHOOHQ *UQGHQ QLHPDOV DQ LKU =LHO NRPPHQ N|QQWHXPVLFKLQPHWDSK\VLVFKHU(UNHQQWQLVRGHU:LVVHQ]XHUIOOHQ'HVZHJHQ EHKDUUW (EHUKDUG JHUDGH DXI GHU (UIOOEDUNHLW GHU 0|JOLFKNHLW PHWDSK\VLVFKHU (UNHQQWQLV EHU GLH *UHQ]HQ GHU 6LQQOLFKNHLW KLQDXV XQG GHVZHJHQ IRUGHUW .DQW HLQ]XYHUOlVVLJHV.ULWHULXPGHU8QWHUVFKHLGXQJ]ZLVFKHQHSLVWHPLVFKJHKDOWYROOHU (UIOOXQJ XQG SRWHQWLHOO LOOXVLRQlUHU 1LFKW(UIOOXQJ XQG NHQQW NHLQ DQGHUHV XQG EHVVHUHV.ULWHULXPDOVGLHSRWHQWLHOOH$QVFKDXOLFKNHLWHLQHV*HJHQVWDQGHVLQ5DXP XQG=HLW     .DQW.ULWLNGHUUHLQHQ9HUQXQIW ZLH$QP 6 $$$% 

 %HNDQQWLVW.DQWVbX‰HUXQJGDVVHUQXQHLQPDOGDV6FKLFNVDOKDEHLQGLH0HWDSK\VLNYHUOLHEW

]XVHLQ:DUXPVROOWHDXFKMHPDQGGHUJDQ]XQGJDUJHJHQGLH0HWDSK\VLNHLQJHVWHOOWLVWXQG GHVZHJHQ ZLH +XPH HPSILHKOW DOOH PHWDSK\VLVFKHQ %FKHU GHP )HXHU ]X EHUJHEHQ ZLH .DQWVHLQHJDQ]H/HEHQV]HLWGDIUDXIZHQGHQHLQHQ:HJ]XILQGHQGLHHZLJHQXQG]XNHLQHP (QGHNRPPHQGHQ6WUHLWHUHLHQGHU0HWDSK\VLNHUGDGXUFK]XEHHQGHQGDVVHUDXVIKUOLFKXQG JUQGOLFK XQWHUVXFKW RE XQG LQZLHIHUQ PHWDSK\VLVFKH (UNHQQWQLVVH EHUKDXSW P|JOLFK VLQG" .DQWVNULWLVFKHUE]ZWUDQV]HQGHQWDOSKLORVRSKLVFKHU$QVDW]GLHQWQlPOLFKGHUSKLORVRSKLVFKHQ $XVELOGXQJ GHU 8UWHLOVNUDIW LQ PHWDSK\VLVFKHQ $QJHOHJHQKHLWHQ XQG QLFKW GHU LUUHIKUHQGHQ 9HUZHUIXQJGHU0HWDSK\VLNLQVJHVDPWZLHEHLGHQ1DWXUDOLVWHQGHV-DKUKXQGHUWVGHQ3R VLWLYLVWHQGHV-DKUKXQGHUWVXQGGHQ6]LHQWLVWHQGHV-DKUKXQGHUWV



Ulrich Diehl

 'LH9HUVWDQGHVNDWHJRULHGHU.DXVDOLWlWXQGGHU6DW]YRP*UXQG  (EHUKDUGJHKWZLHVHOEVWYHUVWlQGOLFKGDYRQDXVGDVV/HLEQL]HLQÄJXWHU³HUNHQQW QLVWKHRUHWLVFKHU Realist VHL XQG GDVV .DQW MHGRFK *HIDKU ODXIH GHP ÄVFKOHFKWHQ³ Idealismus GHU (PSLULVWHQ DOO]X QDKH ]X NRPPHQ =ZDU JHVWHKW HU EHUHLWV LQ VHL QHP HUVWHQ $UWLNHO .DQW HEHQVR ZLH /HLEQL] ]X GDVV VLH HLQHQ VROFKHQ ÄVFKOHFK WHQ³,GHDOLVPXVYHUPHLGHQZROOWHQ(EHUKDUGLVWZLHLFKREHQEHUHLVWDQJHGHXWHW KDEH IlOVFKOLFK GHU $XIIDVVXQJ GDVV GLH englischen Empiristen LQVJHVDPW HU NHQQWQLVWKHRUHWLVFKH,GHDOLVWHQVHLHQ'DVWULIIWQDFKNDQWLVFKHUXQGKHXWLJHU$XI IDVVXQJ MHGRFK DOOHLQH DXI %HUNHOH\ ]X GHU HUNHQQWQLVWKHRUHWLVFK GDV 6HLQ HLQHV 'LQJHVPLWVHLQHP:DKUJHQRPPHQZHUGHQLGHQWLIL]LHUW esse est percipi XQGQXU HLQ]HOQH*HLVWHUXQGGHQDOOXPIDVVHQGHQ*HLVW*RWWHVIUUHDOH[LVWLHUHQGH:HVHQ KlOW/RFNHZDU]ZDUVHLQHQHLJHQHQ,QWHQWLRQHQQDFKHEHQIDOOVHLQerkenntnistheoretischer Realist REZRKO VHLQH JHQHDORJLVFKH XQG DVVR]LDWLRQVSV\FKRORJLVFKH 5HSUlVHQWDWLRQVWKHRULHDOOHVDQGHUHDOVEHVRQGHUVJHHLJQHW]XVHLQVFKHLQWZHQQHV GDUXP]XWXQLVW]XHUNOlUHQZLHVRZLUGDYRQDXVJHKHQGUIHQGDVV]ZHLIHOVIUHLH (UNHQQWQLVYRQ*HJHQVWlQGHQLQGHU$X‰HQZHOWP|JOLFKLVW  +XPH MHGHQIDOOV KDW GLH LQWHUQHQ 3UREOHPH XQG $SRULHQ GHU HPSLULVWLVFKHQ (UNHQQWQLVWKHRULH /RFNHV VR JHVFKLFNW KHUDXVSUlSDULHUW GDVV HU HLQHUVHLWV XQEH GDUIWH QDWXUDOLVWLVFKH $QQDKPHQ EHU GLH DOOJHPHLQ YHUEUHLWHWH *HZRKQKHLW GHU 0HQVFKHQPDFKWHDQGLH([LVWHQ]YRQYRPPHQVFKOLFKHQ%HZXVVWVHLQXQDEKlQ JLJHQ*HJHQVWlQGHQLQGHU$X‰HQZHOW]XJODXEHQDQGHUHUVHLWVMHGRFKGLHQRWZHQ GLJHQ9RUDXVVHW]XQJHQIUGLHVHQ*ODXEHQLQHLQLJHUPD‰HQ]XYHUOlVVLJHQ$QQDK PHQ EHU QLFKW EHREDFKWEDUH DEHU reale Kausalzusammenhänge UDGLNDO LQ )UDJH VWHOOWH ,QGHP +XPH GLH hEHU]HXJXQJ YRQ GHU REMHNWLYHQ *OWLJNHLW GHV %HJULIIV GHU .DXVDOLWlW DOV HLQHQ ]ZDU DOV EOR‰H *HZRKQKHLW DOO]X YHUVWlQGOLFKHQ DEHU GHQQRFK LOOXVLRQlUHQ ,UUJODXEHQ HQWODUYHQ YHUVXFKWH HUUHJWH HU QLFKW QXU .DQWV $XIVHKHQ VRQGHUQ ULVV LKQ JOHLFK DXFK QRFK DXV GHVVHQ ELV GDKLQ ZlKUHQGHQ ÄGRJPDWLVFKHQ6FKOXPPHU³  :HQQ LFK ]% DQ HLQHP GHU /LFKWVFKDOWHU LQ GLHVHP =LPPHU GDV /LFKW DQ VFKDOWH GDQQ QHKPHQ 6LH VWUHQJ JHQRPPHQ QXU GLH %HZHJXQJ HLQHV 0HQVFKHQ ZDKUGHVVHQ$UPXQG+DQGGHQ6FKDOWHU]XEHUKUHQVFKHLQW$XIGLHVH%HZHJXQJ IROJW HLQH .LSSEHZHJXQJ GHV 6FKDOWHUV GLH YRQ HLQHP OHLVHQ .OLFNHQ EHJOHLWHW ZLUG)DVWLPJOHLFKHQ0RPHQWZLUGDQGHU'HFNHGHU.URQOHXFKWHUKHOO:DVVLH VHKHQ XQG EHREDFKWHQ N|QQHQ VLQG EOR‰ EHVWLPPWH (UHLJQLVIROJHQ GLH HQWZHGHU XQJHIlKU JOHLFK]HLWLJ RGHU DEHU PHUNEDU ]HLWOLFK QDFKHLQDQGHU DXIWUHWHQ :DV VLH QLFKW VHKHQ XQG EHREDFKWHQ N|QQHQ VLQG EHVWLPPWH Verknüpfungen ]ZLVFKHQ VROFKHQ(UHLJQLVVHQGLHZLUDOVÄ8UVDFKHQ³EH]HLFKQHQXQGDQGHUHQ(UHLJQLVVHQ GLH ZLU DOV GHUHQ Ä:LUNXQJHQ³ EH]HLFKQHQ 7URW]GHP IlOOHQ ZLU 8UWHLOH XQG PD FKHQ ZLU $XVVDJHQ EHU Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge ZHQQ ZLU ]% VD JHQGDVV8'GDV/LFKWDQJHNQLSVWKDWGDVVGDV8POHJHQGHV6FKDOWHUVGDV$Q

Eberhards Vorbehalte gegen Kants kritische Philosophie



JHKHQ GHU /DPSHQ YHUXUVDFKW KDW GDVV GLH DQGDXHUQGH hEHUKLW]XQJ GHU %LUQHQ GD]XJHIKUWKDWGDVVHLQLJHYRQLKQHQSODW]WHQHWF  6RZRKOLP$OOWDJDOVDXFKLQGHQ:LVVHQVFKDIWHQIlOOHQZLUDOVRKausalurteile XQGPDFKHQAussagen über Ursachen und Wirkungen'LHVH8UWHLOHXQG$XVVDJHQ KDEHQ NHLQH KLQUHLFKHQGH (YLGHQ]EDVLV LQ GHP ZDV ZLU ZDKUQHKPHQ XQG EH REDFKWHQ N|QQHQ :LU SRVWXOLHUHQ PLW VROFKHQ 8UWHLOHQ XQG $XVVDJHQ EHU 8UVD FKHQXQG:LUNXQJHQverborgene ZusammenhängeGLHZLUDOVVRJKausalmechanismen EH]HLFKQHQ ,VW GDV DOOHV EOR‰ HLQH PHQVFKOLFKH *HZRKQKHLW RKQH UHDOH *UXQGODJHLQGHUEHREDFKWEDUHQXQGYHUERUJHQHQ:LUNOLFKNHLW")DOOV+XPHGDULQ UHFKW KlWWH GDVV HV HLJHQWOLFK NHLQH QDFKZHLVEDUHQ YHUERUJHQHQ Ursache-Wirkungs-ZusammenhängeJLEWVRQGHUQQXUPHKURGHUZHQLJHUHUIROJUHLFKHNDXVDOLV WLVFKH'HQNXQG9HUKDOWHQVJHZRKQKHLWHQZLHVLQGGDQQXQVHUHPHKURGHUZHQL JHU ]XYHUOlVVLJHQ 3URJQRVHQ LP $OOWDJ XQG LQ GHQ :LVVHQVFKDIWHQ ]X YHUVWHKHQ XQG ]X HUNOlUHQ GLH PLW UHODWLY KRKHQ :DKUVFKHLQOLFKNHLWHQ DXIZDUWHQ N|QQHQ" :HQQZLUDXIJUXQGYRQVROFKHQ3URJQRVHQ]%VRJDU6DWHOOLWHQLQGLH(UGXPODXI EDKQVFKLFNHQN|QQHQGHUHQ*HVFKZLQGLJNHLWXQG)OXJEDKQZLUYRQGHU(UGHDXV SHU)XQNNRQWDNWVWHXHUQXQGUHJHOQN|QQHQPXVVHVGDQQQLFKWGRFKVROFKHYHU ERUJHQHQ :LUN]XVDPPHQKlQJH JHEHQ DOV EHVWLPPWH (UHLJQLVNHWWHQ GLH ZLU DOV 8UVDFKHQXQG:LUNXQJHQDQDO\VLHUHQXQGHUNOlUHQN|QQHQ"  +XPHVHPSLULVWLVFKHV9HUVWlQGQLVGHU.DXVDOLWlWXQGVHLQHVNHSWLVFKH$QDO\VH GHU.DXVDOXUWHLOHXQG±DXVVDJHQDOVEOR‰H*HZRKQKHLWHQRKQHUHDOH*UXQGODJHLQ GHU :LUNOLFKNHLW YHUOLHUW DQJHVLFKWV VROFKHU 5FNIUDJHQ VFKQHOO DQ *ODXEZUGLJ NHLW .DQW XQG (EHUKDUG N|QQHQ EHLGH +XPHV VNHSWLVFKH 3RVLWLRQ P( JDQ] ]X UHFKW QLFKW DN]HSWLHUHQ :RULQ DEHU XQWHUVFKHLGHQ VLFK .DQWV NULWL]LVWLVFKH XQG (EHUKDUGV UDWLRQDOLVWLVFKH 3RVLWLRQ LP +LQEOLFN DXI GDV .DXVDOLWlWVYHUVWlQGQLV" (EHUKDUG IROJW :ROII LQ GHU UDWLRQDOLVWLVFKHQ $QQDKPH GDVV PDQ GHQ RQWRORJL VFKHQSatz vom GrundGDVVDOOH(UHLJQLVVHXQG7DWVDFKHQLQGHU:HOWHLQHQ*UXQG KDEHQDXVGHPORJLVFKHQSatz vom WiderspruchDEOHLWHQNDQQ.DQWKlOWGDVQLFKW IUP|JOLFK]XPDOHUVWULNW]ZLVFKHQORJLVFKHQDenkgesetzenZLHGHPGHQNQRW ZHQGLJHQPrinzip der WiderspruchsfreiheitXQGHLQHPDXIGLH5HDOLWlWKLQ]LHOHQ GHQ Seinsgesetz ZLH ]% GHP Prinzip der Kausalität XQWHUVFKHLGHW 'DIU KDW .DQWJXWH*UQGHGHQQHLQORJLVFKHV'HQNJHVHW]ZLHGHUVRJ6DW]YRP:LGHU VSUXFK E]Z GDV 3ULQ]LS GHU :LGHUVSUXFKVIUHLKHLW YHUPDJ EOR‰ DXV]XVFKOLH‰HQ ZDV UHLQ ORJLVFK EHWUDFKWHW QLFKW GHU )DOO VHLQ NDQQ ZHLO HV QLFKW HLQPDO ZLGHU VSUXFKVIUHLJHGDFKWZHUGHQ NDQQHVYHUPDJ DEHUQLFKW]XVDJHQZHOFKHQ 6HLQV XQG 1DWXUJHVHW]HQ GLH (UHLJQLVVH LQ GHU :HOW WDWVlFKOLFK XQWHUZRUIHQ VLQG (LQ 6HLQVJHVHW]ZLHGHU6DW]YRP*UXQGE]ZGDV3ULQ]LSGHU.DXVDOLWlWEHVDJWKLQ JHJHQGDVVHLQMHGHV(UHLJQLVLQGHU:HOWGXUFKDQGHUH(UHLJQLVVHYHUXUVDFKWVHLQ PXVV VRGDVV HV NHLQH VFKOHFKWKLQ XQYHUXUVDFKWHQ (UHLJQLVVH LQ GHU :HOW JHEHQ NDQQ$QKDQGGLHVHVDOOJHPHLQHQ3ULQ]LSVNDQQPDQ]ZDUGHILQLWLYDXVVFKOLH‰HQ GDVVHVVFKOHFKWKLQXQYHUXUVDFKWH(UHLJQLVVHJLEWZLH]%ZHQQMHPDQGEHKDXS WHQZUGHGDVVGDV/LFKWLQGLHVHP5DXPohneLUJHQGHLQH8UVDFKHXQGÄJDQ]YRQ



Ulrich Diehl

DOOHLQH³DQJHJDQJHQLVWPDQNDQQDEHUDQKDQGGLHVHV3ULQ]LSVDOOHLQHQRFKODQJH QLFKW EHVWLPPHQ GXUFK ZHOFKH 8UVDFKHQ EHVWLPPWH :LUNXQJHQ in concreto EH GLQJW VLQG 'D]X EUDXFKHQ ZLU HPSLULVFKH %HREDFKWXQJHQ XQG ([SHULPHQWH 'DV DOOJHPHLQH3ULQ]LSGHU.DXVDOLWlWLVWDSULRULVFKXQGQRWZHQGLJJOWLJ'LHEHVRQGH UHQ.DXVDOXUWHLOHVLQGDSRVWHULRULVFKXQGEOR‰K\SRWKHWLVFKJOWLJ  (EHUKDUG PHLQWH QRFK GHQ Satz vom Grund DXV GHP Satz vom Widerspruch GHGXNWLYIROJHUQ]XN|QQHQXPLKQGDQQDXIVFKOHFKWKLQDOOHVLQGHU:HOWDQZHQ GHQ ]X N|QQHQ DXFK DXI HLQ]HOQH 6HHOHQ XQG DXI *RWW DOV GHQ (QWVWHKXQJVJUXQG E]Z 8UKHEHU GHU :HOW )U LKQ LVW GDQQ YRU DOOHP GLH DULVWRWHOLVFKH )UDJH QDFK *RWW DOV /HW]WXUVDFKH GHU :HOW E]Z DOV HUVWHU %HZHJHU DOOHU .DXVDO]XVDPPHQ KlQJHQLFKWQXUHLQEHVWLPPWHU)DOOYRQNRQWLQJHQWHP:LVVHQGDVZLUXQV]XIlOOLJ HPSLULVFK HUZRUEHQ KDEHQ VRQGHUQ HV KDQGHOW VLFK IU LKQ QRFK XP HLQ SDUDGLJ PDWLVFKHV:LVVHQGHU0HWDSK\VLNDOVK|FKVWHU:LVVHQVFKDIWZHLOHVDQJHEOLFKPLW K|FKVWHU (YLGHQ] XQG K|FKVWHU *HZLVVKHLW DXVJHVWDWWHW LVW XQG ZHLO HV DQJHEOLFK RKQH $XVQDKPH VWULNW QRWZHQGLJ XQG DOOJHPHLQ LVW .DQW KlOW HV KLQJHJHQ IU XQP|JOLFK GDV UHDOLWlWVEH]RJHQH Prinzip der Kausalität GHGXNWLY DXV GHP ORJL VFKHQPrinzip der WiderspruchsfreiheitHUVFKOLH‰HQ]XN|QQHQ  1DFK .DQW LVW GDV Prinzip der Kausalität HLQ HFKWHV V\QWKHWLVFKDSULRULVFKHV 3ULQ]LS GDV HLQHUVHLWV synthetisch LVW ZHLO HV ZHGHU deduktiv DXV GHQ 3ULQ]LSLHQ GHU IRUPDOHQ /RJLN DEJHOHLWHW QRFK begriffsanalytisch DOOHLQH DXV GHQ %HJULIIHQ YRQ 8UVDFKH XQG :LUNXQJ JHZRQQHQ ZHUGHQ NDQQ XQG ]XJOHLFK DQGHUHUVHLWV apriorischLVWZHLOHVDXFKQLFKWinduktivDXVGHU:DKUQHKPXQJXQG%HREDFKWXQJ HUVFKORVVHQ ZHUGHQ NDQQ /HW]WHUHV ZlUH QlPOLFK HLQ ]LUNXOlUHV 9HUIDKUHQ ZHLO PDQGDV3ULQ]LSGHU.DXVDOLWlWLPPHUVFKRQYHUIJHQN|QQHQPXVVXP(UIDKUXQ JHQ YRQ (UHLJQLVVHQ XQG *HJHQVWlQGHQ LQ 5DXP XQG =HLW PDFKHQ ]X N|QQHQ $X‰HUGHP JLOW GDV UHDOLWlWVEH]RJHQH UHJXODWLYH Prinzip der Kausalität QRWZHQGLJ XQG DOOJHPHLQ GXUFK ,QGXNWLRQ JHZRQQHQH hEHU]HXJXQJHQ N|QQHQ KLQJHJHQ LPPHUQXUHLQHEHVWLPPWH:DKUVFKHLQOLFKNHLWPLWVLFKIKUHQ.   $XFK LQ JHQHDORJLVFKHU +LQVLFKW JLEW HV GHXWOLFKH 'LIIHUHQ]HQ DXI GLH LFK KLHU MHGRFK QLFKW

DXVIKUOLFKHLQJHKHQNDQQ(EHUKDUGIROJW/HLEQL]XQG:ROIIGDULQGDVVVROFKHVerstandesbegriffeZLH8UVDFKHXQG:LUNXQJ*UXQGXQG)ROJHDQJHERUHQXQGQLFKWHUZRUEHQVLQG.DQW IROJWLQJHQHDORJLVFKHU+LQVLFKW/RFNHLQGHU$XIIDVVXQJGDVVHVNHLQHVROFKHQDQJHERUHQHQ 9HUVWDQGHVEHJULIIHJLEWZHLOPDQEHUVROFKH9HUVWDQGHVEHJULIIHHLJHQWOLFKQRFKQLFKWDOOHLQH GXUFKEOLQGH:DKUQHKPXQJHQRKQHEHJULIIOLFKH9HUDUEHLWXQJLQVWLQNWLYH PRWRULVFKH9HUKDO WHQVPXVWHU RKQH ZLOOHQWOLFKH 6WHXHUXQJ XQG GLVSRVLWLRQDOH (UZDUWXQJHQ RKQH SURSRVLWLRQDOH 8UWHLOHYHUIJW  'LHPRGHUQHIRUPDOH/RJLNQDFK3HDQRXQG)UHJH5XVVHOOXQG:KLWHKHDG:LWWJHQVWHLQXQG *|GHO VWLPPW .DQW GDULQ ]X 1DWXUJHVHW]OLFKHQ3ULQ]LSLHQ NRPPW NHLQH VWULNWH ORJLVFKH 1RW ZHQGLJNHLW ]X GLH UHLQ IRUPDO EHVWLPPW ZLUG VRQGHUQ QXU QRFK HLQH JHZLVVH DX‰HUORJLVFKH 1RWZHQGLJNHLW GLH PDWHULDOHU 1DWXU LVW JDQ] JOHLFK RE PDQ VLH HUNHQQWQLVWKHRUHWLVFK DOV DSRVWHULRULVFKH3ULQ]LSLHQLQGXNWLYHU9HUDOOJHPHLQHUXQJ +XPH0LOO DOVDSULRULVFKH3ULQ]L SLHQ WKHRUHWLVFKHU 1DWXUZLVVHQVFKDIW .DQW 0LWWHOVWUD‰  DOV PHWKRGRORJLVFKH 3ULQ]LSLHQ 'XKHP 'LQJOHU  RGHU JDU DOV NUHDWLYH +\SRWKHVHQ QDWXUZLVVHQVFKDIWOLFKHU 7KHRULHELOGXQJ 3RSSHU$OEHUW DXI]XIDVVHQYHUVXFKW

Eberhards Vorbehalte gegen Kants kritische Philosophie



1DFK(EHUKDUGPXVVHVDXIJUXQGGHVSatzes vom GrundDXFKHLQHOHW]WH8UVD FKHIUGLH([LVWHQ]GHU:HOWJHEHQ(LQNRVPRORJLVFKHU*RWWHVEHZHLVQDFKGHP DULVWRWHOLVFKHQ 9RUELOG GHU 1RWZHQGLJNHLW HLQHV HUVWHQ %HZHJHUV LVW IU LKQ QRW ZHQGLJ XQG JOWLJ .DQW KlOW GLHV IU HLQHQ 7UXJVFKOXVV ZHLO GHP Prinzip der Kausalität QXU HLQH UHJXODWLYH )XQNWLRQ LQ GHU $QZHQGXQJ DXI *HJHQVWlQGH XQG 5DXP XQG =HLW ]XNRPPW 'LH 9HUVWDQGHVNDWHJRULH GHU .DXVDOLWlW XQG GHU 6DW] YRP *UXQG VLQG QDFK (EHUKDUG HEHQVR XQEHJUHQ]W DQZHQGEDU ZLH GHU Satz vom Widerspruch 'K VLH VLQG DXFK DXI ÄPHWDSK\VLVFKH *HJHQVWlQGH³ ZLH *RWW DQ ZHQGEDU'HP]XIROJHLVWGDVIROJHQGHGLVMXQNWLYH8UWHLOQRWZHQGLJZDKUÄHQWZH GHU HV JLEW *RWW RGHU HV JLEW *RWW QLFKW³ 'LHVHV 8UWHLO KDW GLH ORJLVFKH )RUP ÄS RGHUQLFKWS³XQGLVWZLHÄ[LVWLGHQWLVFKPLW[³RGHUÄZHQQSGDQQS³JDQ]HLQ IDFKDXIJUXQGVHLQHUORJLVFKHQ)RUPZDKUDOVRORJLVFKQRWZHQGLJZDKU'LH9HU VWDQGHVNDWHJRULHGHU.DXVDOLWlWXQGGDV3ULQ]LSGHU.DXVDOLWlWVLQGQDFK.DQWDEHU HEHQJHUDGHQLFKWVRXQEHJUHQ]WDQZHQGEDUZLHGDV3ULQ]LSGHU:LGHUVSUXFKVIUHL KHLW1DFK.DQWLVWHV]ZDUDXIQLFKWPHWDSK\VLVFKHRGHUHPSLULVFKH*HJHQVWlQGH ZLHGDV/LFKWLQGLHVHP5DXPDQZHQGEDUDEHUHEHQJHUDGHQLFKWDXIÄPHWDSK\VL VFKH *HJHQVWlQGH³ ZLH *RWW XQG GLH :HOW 'HP]XIROJH LVW ]ZDU GDV HPSLULVFKH .DXVDOXUWHLOÄ'DV$QXQG$XVJHKHQGHV/LFKWHVLQGLHVHP5DXPPXVVLUJHQGHLQH 8UVDFKH KDEHQ³ ]ZHLIHOVRKQH JOWLJ DEHU QLFKW GDV PHWDSK\VLVFKH 8UWHLO Ä'LH (QWVWHKXQJ GHU :HOW PXVV HLQH HUVWH 8UVDFKH KDEHQ³ 5HLQ ORJLVFK EHWUDFKWHW N|QQWH GDV 8QLYHUVXP DXFK HLQHQ HZLJHQ %HVWDQG RKQH HUVWH 8UVDFKH  KDEHQ )DOOVHVDEHUNHLQHQHZLJHQ%HVWDQG RKQHHUVWH8UVDFKH KDWVRQGHUQHLQHQHUVWHQ ]HLWOLFKHQ$QIDQJ PLW(UVWXUVDFKH GDQQN|QQWHHVVLFKEHLGLHVHPHUVWHQ$QIDQJ HQWZHGHUXPHLQH$UWYRQ8UNQDOOKDQGHOQDXVGHP5DXP=HLW0DWHULH(QHUJLH XQG6WUXNWXUKHUYRUJHKHQRGHUXPHLQHQ6FK|SIHUJRWWGHUGDV8QLYHUVXPDXVGHP 1LFKWVHUVFKDIIHQKDW9RQ6HLWHQGHUIRUPDOHQ/RJLNOlVVWVLFKGDVQLFKWHQWVFKHL GHQZHVZHJHQVLHLQGLHVHUZHOWDQVFKDXOLFKHQ+LQVLFKWQHXWUDOLVW'DVVGHUHUVWH $QIDQJGHUVFK|SIHULVFKH$NW*RWWHVJHZHVHQVHLQPXVVOlVVWVLFKGDQQDEHUQLFKW PHKUUHLQORJLVFKRGHUSKLORVRSKLVFKEHZHLVHQ(VKDQGHOWVLFKEHLGLHVHUP\WKR ORJLVFKHQ *ODXEHQVEHU]HXJXQJ HEHQVR ZLH EHL GHU QDWXUZLVVHQVFKDIWOLFKHQ +\ SRWKHVH YRP 8UNQDOO XP HLQH ZHOWDQVFKDXOLFKH $QQDKPH EHU GHQ $QIDQJ GHU :HOW  

 Ä0L‰GHXWXQJGHU.ULWLN³XQGGLHÄ)UDJHQDFKGHP6LHJHU³  $XVGHPELVKHU'DUJHVWHOOWHQZXUGHGHXWOLFKGDVV.DQWV'LDJQRVH]XWULIIW(EHU KDUGKDW.DQWVNULWLVFKHQ'HQNDQVDW]QRFKQLFKWYHUVWDQGHQ7DWVlFKOLFKKDQGHOWHV VLFKXPHLQHÄ0L‰GHXWXQJGHU.ULWLN³VRZLHLQVEHVRQGHUHXPHLQ0LVVYHUVWlQG QLVGHU'LIIHUHQ]HQ]ZLVFKHQGHUNDQWLVFKHQXQGGHUOHLEQL]LDQLVFKHQ9HUQXQIWNUL   .DQW'HU6WUHLW ZLH$QP 6$$



Ulrich Diehl

WLN,FKZLOOQXQDEHUQLFKWGDUEHUVSHNXOLHUHQRE(EHUKDUGVHLQHQ*HJQHUQLFKW KDWWHYHUVWHKHQZROOHQRGHUQLFKWKDWYHUVWHKHQN|QQHQ0LUJHQJWHVKLHUIHVW]X VWHOOHQGDVVDXVKHXWLJHU6LFKWNODULVWGDVV(EHUKDUGGLHNDQWLVFKH3RVLWLRQQRFK QLFKW DQJHPHVVHQ YHUVWDQGHQ KDW 8P GLH SKLORVRSKLVFKH 3RVLWLRQ HLQHV $QGHUV GHQNHQGHQ HUIROJUHLFK NULWLVLHUHQ RGHU JDU ZLGHUOHJHQ ]X N|QQHQ PXVV PDQ VLH MHGRFK ]XHUVW HLQPDO DQJHPHVVHQ YHUVWDQGHQ KDEHQ :DV GDV 9HUVWHKHQ DQJHKW VFKHLQW HV PLU DEHU DXFK RIIHQVLFKWOLFK ]X VHLQ GDVV .DQW GXUFKDXV (EHUKDUGV OHLEQL]LDQLVFKH 3RVLWLRQ EHVVHU YHUVWHKW DOV (EHUKDUG GLH NDQWLVFKH 3RVLWLRQ 'DV PDJ SUDJPDWLVFK EHWUDFKWHW GDPLW ]XVDPPHQ KlQJHQ GDVV .DQW VHOEVW DXV GHU /HLEQL]:ROOIVFKHQ 6FKXOH VWDPPW XQG VHLQH ZRKOEHUOHJWHQ *UQGH KDWWH ]X PLQGHVWHLQLJHLKUHU$XIIDVVXQJHQLQIUDJH]XVWHOOHQ  'LHVHV(UJHEQLVZLUIWGDQQDEHUDXFKHLQ/LFKWDXIGLHYRQ *DZOLQD ]XP $E VFKOXVV EHKDQGHOWH Ä)UDJH QDFK GHP 6LHJHU³ LQ GHU .RQWURYHUVH ]ZLVFKHQ .DQW XQG(EHUKDUG/HLGHUJHKWHUGLHVHGXUFKDXVLQWHUHVVDQWH)UDJHKDXSWVlFKOLFKYRQ GHU ZLUNXQJVJHVFKLFKWOLFKHQ 6HLWH DQ RE XQG ZDUXP VLFK GLH HLQH RGHU DQGHUH 3RVLWLRQ EHL GHQ 6FKOHUQ XQG $QKlQJHUQ GHU HLQHQ RGHU DQGHUHQ 3RVLWLRQ KDW GXUFKVHW]HQ N|QQHQ 'DPLW YHUVFKLHEW HU GDV ,QWHUHVVH DQ GHU )UDJH QDFK GHP SKLORVRSKLVFKHQ:DKUKHLWVDQVSUXFKGHQVHOEVWYHUVWlQGOLFKEHLGH3RVLWLRQHQHUKH EHQ]XP,QWHUHVVHDQGHU)UDJHQDFKGHQNXOWXUJHVFKLFKWOLFKHQ)DNWHQGHVSROLWL VFKHQ.DPSIHVXPGLH6HOEVWEHKDXSWXQJGHUEHLGHQ'HQNULFKWXQJHQLQ)RUPGHU $Q]DKO YRQ $QKlQJHUQ =HLWVFKULIWHQ 6FKXOHQ 8QLYHUVLWlWHQ HWF 'DEHL KDQGHOW HVVLFKDEHUXPGLHNXOWXUJHVFKLFKWOLFKH)UDJHQDFKGHU:LUNXQJVPDFKWGHV6WlU NHUHQXQGQLFKW PHKUXPGLHSKLORVRSKLVFKH)UDJHQDFKGHUWKHRUHWLVFKHQ:DKU KHLWXQGGHPSUDNWLVFKHQ*XWHQ  'HVZHJHQNRPPHLFKVFKOLH‰OLFKLP+LQEOLFNDXIGLHÄ)UDJHQDFKGHP6LHJHU³ ]X HLQHP DQGHUHQ 5HVXOWDW DOV *DZOLQD ZREHL LFK EULJHQV QLFKW QXU NXOWXUJH VFKLFKWOLFKH9HUPXWXQJHQDQVWHOOHVRQGHUQDXFKHLQHQELVKHXWHJOWLJHQSKLORVR SKLVFKHQ*HOWXQJVDQVSUXFKHUKHEH   $XVORJLVFKHU6LFKWKDW.DQWXQGQLFKW(EHUKDUGUHFKW0DWHULDOH3ULQ]LSLHQZLH GHU 6DW] YRP *UXQG ODVVHQ VLFK QLFKW DXV GHQ 3ULQ]LSLHQ GHU IRUPDOHQ /RJLN JHZLQQHQ$XVORJLVFKHU6LFKWIKUW.DQWV'HQNHQ]XHLQHP=XJHZLQQDQORJL VFKHUXQGHSLVWHPRORJLVFKHU6WULQJHQ]XQGGDPLWDXFKDQSKLORVRSKLVFKHU5DWL RQDOLWlWLQGHU)RUWIKUXQJGHU$XIJDEHGHU9HUQXQIWNULWLN  'LHGRJPDWLVFKH0HWDSK\VLNLQ)RUPYRQUDWLRQDOHU3V\FKRORJLH.RVPRORJLH XQG 7KHRORJLH ODVVHQ VLFK QLFKW PHKU DXIUHFKWHUKDOWHQ LQVRIHUQ VLH DXV UHLQHU 9HUQXQIW REMHNWLY JOWLJH (UNHQQWQLVVH EHU GLH 6HHOH GLH :HOW XQG *RWW JH ZLQQHQ ZROOHQ ,Q GLHVHU +LQVLFKW LVW (EHUKDUGV OHLEQL]LDQLVFKH 3RVLWLRQ QLFKW KDOWEDU   *DZOLQD0HGXVHQKDXSWGHU.ULWLN ZLH$QP 6

Eberhards Vorbehalte gegen Kants kritische Philosophie



 -HQVHLWVGHUIRUPDOHQ/RJLNXQGSKLORVRSKLVFKHQ9HUQXQIWNULWLNJHKWHVLQ GHU .RQWURYHUVH ]ZLVFKHQ .DQW XQG (EHUKDUG XP HLQHQ 6WUHLW EHU ZHOWDQVFKDXOL FKHXQGH[LVWHQ]LHOOH)UDJHQGLHQLFKW]XOHW]WDXFKGDV9HUKlOWQLVYRQ3KLORVR SKLH XQG 7KHRORJLH LQ GHU +LHUDUFKLH GHU )DNXOWlWHQ EHWULIIW XQG GHQ ZLVVHQ VFKDIWOLFKHQ 6WDWXV GHU 7KHRORJLH DOV :LVVHQVFKDIW 1DFK .DQWV .ULWLN PXVV VLFK GLH 7KHRORJLH YRQ HLQHU DQJHEOLFK UHLQ UDWLRQDOHQ DOOJHPHLQJOWLJHQ XQG GRJPDWLVFKHQ:LVVHQVFKDIWLQHLQHWUDGLWLRQVJHEXQGHQHSDURFKLDOHVRZLHKLVWR ULVFKKHUPHQHXWLVFKH*ODXEHQVOHKUHHLQHUEHVWLPPWHQ5HOLJLRQXQG.RQIHVVLRQ YHUZDQGHOQ  .DQW OHLWHW PLW VHLQHP HUNHQQWQLVNULWLVFKHQ 8QWHUVXFKXQJHQ ]XU 0HWDSK\VLN GKLQVEHVRQGHUH]XUUDWLRQDOHQ.RVPRORJLH3V\FKRORJLHXQG7KHRORJLHHLQHQ HSRFKDOHQ 3DUDGLJPHQZHFKVHO HLQ GHU ]X HLQHU JHZLVVHQ (PDQ]LSDWLRQ GHU 3KLORVRSKLHYRQGHU7KHRORJLHIKUW(EHUKDUGKLQJHJHQEOHLEWGHPlOWHUHQ3D UDGLJPD GHU /HLEQL]:ROIIVFKHQ 0HWDSK\VLN YHUKDIWHW GHP]XIROJH VLFK GLH 3KLORVRSKLH±EHZXVVWRGHUXQEHZXVVW±GHP3ULPDWGHU7KHRORJLHXQWHURUGQHW  'LHHQGJOWLJH(QWVFKHLGXQJ]ZLVFKHQGHPNDQWLVFKHQ3DUDGLJPDHLQHVDXWRQR PHQ 3KLORVRSKLHUHQV XQG GHP /HLEQL]:ROIIVFKHQ 3DUDGLJPD HLQHV 3KLORVR SKLHUHQVXQWHUGHP3ULPDWGHU7KHRORJLHKlQJWYRQGHUZHLWHUIKUHQGHQ)UDJH DE RE HV VLFK EHL GLHVHP 3DUDGLJPHQZHFKVHO MHQVHLWV GHV XQEHVWUHLWEDUHQ =X JHZLQQV DQ IRUPDOORJLVFKHU 6WULQJHQ] XQG HSLVWHPRORJLVFKHU 9HUQXQIWNULWLN LQVJHVDPW DXFK XP HLQHQ =XZDFKV DQ SUDNWLVFKHU 8UWHLOVNUDIW VRZLH DQ SROLWL VFKHU.OXJKHLWKDQGHOW

/$85$$11$0$&25 3DGXD  

$VSHNWHGHU(EHUKDUG5H]HSWLRQDQGHU3KLORVRSKLVFKHQ )DNXOWlW7ELQJHQ ±  

 'DVYLHOVHLWLJH6FKULIWWXP(EHUKDUGVDQGHU7ELQJHU8QLYHUVLWlW  'LH8QWHUVXFKXQJGHU5H]HSWLRQ(EHUKDUGVLQ7ELQJHQLVWELVKHUQLHV\VWHPDWLVFK XQWHUQRPPHQZRUGHQXQGVWHOOWLQVRIHUQHWZDV1HXHVGDU+LHUVROOQXUHLQHHUVWH hEHUVLFKW YRUJHVFKODJHQ ZHUGHQ 'LH 9LHOVHLWLJNHLW YRQ (EHUKDUGV ,QWHUHVVHQ EH GLQJW DXFK GHUHQ 5H]HSWLRQ DQ GHU 7ELQJHU 8QLYHUVLWlW XQG ELHWHW GHP )RUVFKHU HLQEUHLWHV6SHNWUXPYRQSKLORVRSKLHJHVFKLFKWOLFKHQ)UDJHVWHOOXQJHQ,FKKDEHGUHL +DXSWULFKWXQJHQLQGHQYRQ(EHUKDUGV6FKULIWHQJHJHEHQHQ$QUHJXQJHQDXIILQGHQ N|QQHQGHQ9HUVXFKHLQHUQlKHUHQ'HILQLWLRQGHV$XINOlUXQJVZHVHQVGLH$XVHLQ DQGHUVHW]XQJPLW.DQWXQGGLHWKHRORJLVFKH3HUVSHNWLYHLQ$QOHKQXQJDQGLH)UDJH QDFKGHU6HOLJNHLWGHU+HLGHQ-HGHVGLHVHUGUHLSKLORVRSKLVFKHQ3UREOHPH ZLUG LQ 7ELQJHQGLVNXWLHUWXQGPDFKWHLQHQ7HLOGHU:LUNXQJVJHVFKLFKWH(EHUKDUGVDXV GHUHQ NRPSOHWWH 'DUVWHOOXQJ GLH 8QWHUVXFKXQJ DOOHU GLHVHU GUHL 7KHPHQEHUHLFKH HLQVFKOLH‰HQPVVWH'DLFKPLFKDEHUDXVGDUVWHOOXQJV|NRQRPLVFKHQ*UQGHQIU HLQH%HVFKUlQNXQJDXIGLH3KLORVRSKLVFKH)DNXOWlWHQWVFKLHGHQKDEHZHUGHQYRU DOOHP ]ZHL GHU GUHL +DXSWSXQNWH DXVIKUOLFK DQDO\VLHUW ZHUGHQ GD GHU WKHRORJL VFKH GLH )UDJH QDFK GHU 6HOLJNHLW GHU +HLGHQ HLQH JUQGOLFKH 8QWHUVXFKXQJ GHU 7KHRORJLVFKHQ)DNXOWlWHUIRUGHUQXQGGHQ5DKPHQYRUOLHJHQGHQ%HLWUDJVVSUHQJHQ ZUGH 1LFKWVGHVWRZHQLJHU ZHUGH LFK GLH QRWZHQGLJHQ +LQZHLVH ]XU $XVIKUXQJ GLHVHUYRQPLUQLFKWEHIROJWHQ6SXUOLHIHUQ $EVFKQLWW   ,P)ROJHQGHQZHUGHLFKDOVRGHU5H]HSWLRQ(EHUKDUGVLQ]ZHL3KDVHQQDFKJHKHQ GLHHLQHZLUG(EHUKDUGV$XIVDW]EHUGLH$XINOlUXQJLQGHQSKLORVRSKLVFKHQ'H EDWWHQYRQ6WXGHQWHQXQG5HSHWHQWHQGHU3KLORVRSKLVFKHQ)DNXOWlW $EVFKQLWW  GLHDQGHUHGLH5H]HSWLRQGHU.RQWURYHUVHPLW.DQWXQWHUVXFKHQ $EVFKQLWWH±   'LHYRQPLUJHZlKOWH=HLWVSDQQH ± HQWVSULFKWGHU3HULRGHGHUK|FKV WHQ9HUEUHLWXQJYRQ(EHUKDUGV$QVLFKWHQGHUHQ*ODXEZUGLJNHLWQDFKGHP$XI EUXFK ]XP 'HXWVFKHQ ,GHDOLVPXV JHJHQ 0LWWH GHU HU -DKUH HQGJOWLJ NRP SURPLWWLHUW LVW 'LHVH -DKUH VLQG DX‰HUGHP DXFK GLH GHU XQLYHUVLWlUHQ $XVELOGXQJ YRQ +|OGHUOLQ +HJHO XQG 6FKHOOLQJ GHUHQ SKLORVRSKLVFKH )RUPDWLRQ DXV GLHVHU 5HNRQVWUXNWLRQVSHUVSHNWLYHKHUDXV]XJOHLFKZHLWHUHUKHOOWZHUGHQNDQQ  %HL GLHVHU 5HNRQVWUXNWLRQ NDQQ LP hEULJHQ DXI GLH (UJHEQLVVH GHU .RQVWHOOD WLRQVIRUVFKXQJ QDPHQWOLFK 'LHWHU +HQULFKV VRZLH GHU HLQVFKOlJLJHQ (GLWLRQVSUR MHNWH]XUFNJHJULIIHQZHUGHQ'LH)RUVFKXQJEHUGLH8QLYHUVLWlW7ELQJHQXQGGLH LQLKUZLUNHQGHQ3URIHVVRUHQLVWYRQ'LHWHU+HQULFKXQWHUQRPPHQXQGPD‰JHEOLFK EHI|UGHUW ZRUGHQ 6HLQH SKLORVRSKLHJHVFKLFKWOLFKH 0HWKRGH GHU Ã.RQVWHOODWLRQV IRUVFKXQJµQDFKGHUDXFKPLQGHUEHGHXWHQGHXQGKHXWHIDVWXQEHNDQQWH$XWRUHQ

Aspekte der Eberhard-Rezeption



]XHLQHUNRPSOHWWHQ(UNOlUXQJGHUSKLORVRSKLVFKHQ(QWZLFNOXQJGHVDXVJHKHQGHQ -DKUKXQGHUWVHWZDVOHLVWHQN|QQHQXQGLQGLHVHU+LQVLFKWYRQGHP)RUVFKHUVWHWV EHUFNVLFKWLJWZHUGHQPVVHQKDWZHLWUHLFKHQGH$XVZLUNXQJHQDXIGLH(UVFKOLH ‰XQJQHXHU)RUVFKXQJVKRUL]RQWHJHKDEW'LH8QWHUVXFKXQJGHV:HUGHJDQJVHLQL JHUJUR‰HUDOVLVROLHUWH3HUV|QOLFKNHLWHQEHKDQGHOWHQ3KLORVRSKHQLVWVRHLQHUNRP SOH[HUHQPHKUVWLPPLJHQ'DUVWHOOXQJJHZLFKHQZRGLH3RVLWLRQVEH]LHKXQJHQDOOHU DQ GHU SKLORVRSKLVFKHQ 'LVNXVVLRQ %HWHLOLJWHQ HLQ QHXHV JDQ]KHLWOLFK RULHQWLHUWHV 9HUVWHKHQGHULQ)UDJHVWHKHQGHQ(QWZLFNOXQJHUP|JOLFKHQ,QPHWKRGLVFKHU+LQ VLFKWEHKDXSWHW+HQULFKHVVHLÄQLFKWPHKUP|JOLFKGLHZLVVHQVFKDIWOLFKH/HLVWXQJ HLQHU0RQRJUDSKLHLPZHVHQWOLFKHQDXIGLH8QWHUVXFKXQJGHV:HUNHV]XJUQGHQ GDVVLH]XP7KHPDKDW³GDGHPYRUDXVÄEHUHLWVGDV.UDIWIHOGGHU0RWLYHGDVIU GLHV:HUNYRQ%HGHXWXQJZDUEHUVLFKWOLFKJHZRUGHQVHLQ³PXVV'DVJHOWHYRU DOOHPÄIUGLH=HLWGHU(QWZLFNOXQJGHUQDFKNDQWLVFKHQ3KLORVRSKLH³  

 (EHUKDUGV$XIVDW]EHUGLH$XINOlUXQJLQGHQSKLORVRSKLVFKHQ 'HEDWWHQGHU3KLORVRSKLVFKHQ)DNXOWlW  ,QGHQDQJHIKUWHQQXQPHKU]XJlQJOLFKHQ'RNXPHQWHQZLUG(EHUKDUGVLPHUVWHQ 6WFN GHV 3KLORVRSKLVFKHQ 0DJD]LQV HUVFKLHQHQHU $XIVDW] 8HEHU GLH ZDKUH XQG IDOVFKH$XINOlUXQJZLHDXFKEHUGLH5HFKWHGHU.LUFKHXQGGHV6WDDWVLQ$QVH  

'LHWHU +HQULFK .RQVWHOODWLRQHQ 3UREOHPH XQG 'HEDWWHQ DP 8UVSUXQJ GHU LGHDOLVWLVFKHQ 3KLORVRSKLH ± 6WXWWJDUW  6 =X +HQULFKV SKLORVRSKLHJHVFKLFKWOLFKHU 0H WKRGH VLHKH DXFK'LHWHU +HQULFK .RQVWHOODWLRQVIRUVFKXQJ ]XU NODVVLVFKHQ GHXWVFKHQ 3KLORVR SKLH0RWLY(UJHEQLV3UREOHPH3HUVSHNWLYHQ%HJULIIVELOGXQJ,Q0DUWLQ0XOVRZ0DUFHOR 6WDPP +J  .RQVWHOODWLRQVIRUVFKXQJ )UDQNIXUW D0  6± VRZLH GHQ JDQ]HQ ]X GLHVHP3UREOHPJHZLGPHWHQ%DQG'LHVHUHLJHQHQ)RUGHUXQJJHPl‰KDWVLFK+HQULFKXPGLH +HUDXVJDEH XQSXEOL]LHUWHU 'RNXPHQWH EHPKW ZRPLW HU DXFK HLQHQ ZHVHQWOLFKHQ $QVWR‰ ]X DQGHUHQ lKQOLFKHQ (GLWLRQHQ JHJHEHQ KDW :LOKHOP * -DFREV KDW HLQH JUQGOLFKH 8QWHUVX FKXQJGHU3KLORVRSKLVFKHQ)DNXOWlW7ELQJHQGXUFKGLH9HU|IIHQWOLFKXQJZLFKWLJHU6FKULIWHQ GHU6WXGHQWHQXQWHUQRPPHQXQGDXFKHLQHIUXFKWEDUH=XVDPPHQDUEHLWPLW0LFKDHO)UDQ]DQ JHIDQJHQGHPGDVJDQ]H9HUGLHQVW]XHUNDQQWZHUGHQPXVVGLH)RUVFKXQJEHUGLH8QLYHUVLWlW 7ELQJHQZHLWHUJHEUDFKW]XKDEHQ,QGHU7DWKDW0LFKDHO)UDQ]GLHK|FKVWZLFKWLJHQXQGELV KHU QXU GHQ LQ 7ELQJHQ DQVlVVLJHQ )RUVFKHUQ ]XJlQJOLFKHQ 0DWHULDOLHQ GLH GDV GLGDNWLVFKH /HEHQVRZRKOGHU3KLORVRSKLVFKHQDOVDXFKGHU7KHRORJLVFKHQ)DNXOWlWEHWUHIIHQ 9RUOHVXQJHQ XQG3UIXQJHQ KHUDXVJHJHEHQEHUVHW]WXQGNRPPHQWLHUWXQGVRGLH0|JOLFKNHLWJHVFKDI IHQGLH+DXSWWKHPHQGHUSKLORVRSKLVFKHQ'HEDWWHQLQ7ELQJHQDXV]XPDFKHQXQGZDVYRU OLHJHQGHQ %HLWUDJ DQJHKW GHU 5H]HSWLRQ (EHUKDUGV DQKDQG GHU 4XHOOHQ JHQDX QDFK]XJHKHQ 9JO:LOKHOP*-DFREV=ZLVFKHQ5HYROXWLRQXQG2UWKRGR[LH"6FKHOOLQJXQGVHLQH)UHXQGH LP6WLIWXQGDQGHU8QLYHUVLWlW7ELQJHQ7H[WHXQG8QWHUVXFKXQJHQ6WXWWJDUW%DG&DQQVWDWW  0LFKDHO )UDQ] :LOKHOP * -DFREV +J  ÄVR KDW PLU  'DV .ORVWHU HWZDV JHQ]HW³ +|OGHUOLQVXQG6FKHOOLQJV6FKXOELOGXQJLQGHU1UWLQJHU/DWHLQVFKXOHXQGLQGHQZUWWHPEHU JLVFKHQ .ORVWHUVFKXOHQ (JJLQJHQ7ELQJHQ  0LFKDO )UDQ] +J  ÄLP 5HLFKH GHV :LV VHQVFDYDOLHUHPHQWH³"+|OGHUOLQV+HJHOVXQG6FKHOOLQJV3KLORVRSKLHVWXGLXPDQGHU8QLYHUVL WlW 7ELQJHQ (JJLQJHQ7ELQJHQ  'HUV +J  ÄDQ GHU *DOHHUH GHU 7KHRORJLH³" +|OGHUOLQV +HJHOV XQG 6FKHOOLQJV 7KHRORJLHVWXGLXP DQ GHU 8QLYHUVLWlW 7ELQJHQ (JJLQJHQ 7ELQJHQ



Laura Anna Macor

KXQJ GHUVHOEHQ H[SOL]LW HUZlKQW XQG GLVNXWLHUW 'LHVHQ LQWHUHVVDQWHQ +LQZHLV YHUGDQNHQ ZLU GHP .DQWLDQHU ,PPDQXHO &DUO 'LH] GHU DP 7ELQJHU 6WLIW ]ZHL -DKUH ODQJ ±  5HSHWHQW ZDU XQG GHVVHQ 3DSLHUH YRQ 'LHWHU +HQULFK KHUDXVJHJHEHQZRUGHQVLQG  ,Q HLQHP %ULHI YRP  $SULO  VDJW 'LH] HU KDEH Ä]XIlOOLJHUZHLVH³ GDV Philosophische Magazin LQ GLH +lQGH EHNRPPHQ ZRUDXV HU DXFK LP )ROJHQGHQ DXVIKUOLFK]LWLHUW'DV7KHPDGHV%ULHIHVLVWHLQYRQ'LH]NXU]]XYRUJHVFKULHEH QHU $XIVDW] GHU GLH hEHUVFKULIW WUlJW Über die Rechtmäßigkeit der Unterschrift unter die symbolischen Bücher,QGLHVHP$XIVDW]EH]LHKW'LH]]XGHPGDPDOLJHQ *HEUDXFKGHV5HOLJLRQVHLGHV3RVLWLRQGHUGXUFKGLH8QWHUVFKULIWGHUV\PEROLVFKHQ %FKHU GK GHU SURWHVWDQWLVFKHQ %HNHQQWQLVVFKULIWHQ JHZlKUOHLVWHW ZXUGH ,Q :UWWHPEHUJ ZDUHQ VRZRKO GLH JHLVWOLFKHQ DOV DXFK GLH ZHOWOLFKHQ $PWVWUlJHU GDUDXI YHUSIOLFKWHW =LHO YRQ 'LH]¶ $XIVDW] LVW GLH .ULWLN GLHVHU 9HUSIOLFKWXQJ ZHLO VLHGDVLQWHOOHNWXHOOH)RUWVFKUHLWHQXQGGLH$XINOlUXQJ KHPPH(EHQLQGLH VHP5DKPHQNRPPW'LH]DXI(EHUKDUGV$XIVDW]]XVSUHFKHQ (EHUKDUGGHQLFKKHXWH>«@]XIlOOLJHUZHLVHLQGLH+lQGHEHNDPVDJWLPHUVWHQ6WFNHVHLQHV SKLORVRSKLVFKHQ0DJD]LQVQDFKGHPHUGLH)UDJHDXIJHZRUIHQKDWWHREGLH.LUFKHLKUH/HKUHU YHUSIOLFKWHQ N|QQH VHKU VFK|Q Ä:LH Ol‰W VLFK GHQNHQ GD‰ GHU ZHOFKHU 8QWHUULFKW YHUODQJW VHLQHP /HKUHU VFKRQ ]XP YRUDXV GLH :DKUKHLWHQ YRUVFKUHLEHQ N|QQH GLH HU LKP YRUWUDJHQ VROO"³

'HU3DVVXVLP$XIVDW](EHUKDUGVDXVGHP'LH]]LWLHUWEHJLQQWPLWGHU%HWRQXQJ GHU:LFKWLJNHLWGHV/HKUHQVLQGHQSURWHVWDQWLVFKHQ.LUFKHQZDVHLQHEHVRQGHUH 5ROOHIUGLH7ELQJHU6WLIWOHUVSLHOWHZHLOVLHDOOH]XPJHLVWOLFKHQ%HUXIEHVWLPPW ZDUHQ XQG ZlKUHQG LKUHV GUHLMlKULJHQ WKHRORJLVFKHQ 6WXGLXPV 3UHGLJWHQ KDOWHQ PXVVWHQ Ä,Q GHQ SURWHVWDQWLVFKHQ .LUFKHQ LVW EHNDQQWOLFK GDV /HKUHQ HLQHV GHU ZLFKWLJVWHQ 6WFNH GHV |IIHQWOLFKHQ XQG 3ULYDWJRWWHVGLHQVWHV³ ZR]X ÄGLH 3UHGLJ WHQGHU&DWHFKLVPXVXQWHUULFKW³XQGÄGLH(UEDXXQJVEFKHU³JHK|UHQ(LQHQGLH]X OHKUHQGHQ /HKUHQ EHWUHIIHQGHQ (LG YRQ GHQ 3IDUUHUQ LP 9RUDXV ]X YHUODQJHQ LVW DEHU 8QVLQQ :HU VLFK ÄLQ GHU 9HUQXQIWOHKUH RGHU LQ GHU 6LWWHQOHKUH XQWHUULFKWHQ ODVVHQ³ ZLOO ZLUG GHQ ÄJHVFKLFNWHVWHQ XQG JHZLVVHQKDIWHVWHQ /HKUHU LQ GLHVHQ :LVVHQVFKDIWHQ³ ZlKOHQ XQG VLFK YRQ LKP ÄGLH JU|‰WH 7UHXH XQG 6RUJIDOW GLH ]ZHFNPl‰LJVWH 9ROOVWlQGLJNHLW GLH YROONRPPHQVWH 'HXWOLFKNHLW XQG *UQGOLFK NHLW³HUZDUWHQ'DVKHL‰WGDVVHUYRQVHLQHP/HKUHUNHLQHQ5HOLJLRQVHLGEHUVHLQ  

-RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG8HEHUGLHZDKUHXQGIDOVFKH$XINOlUXQJZLHDXFKEHUGLH5HFKWH GHU .LUFKH XQG GHV 6WDDWV LQ $QVHKXQJ GHUVHOEHQ ,Q 3KLORVRSKLVFKHV 0DJD]LQ  30      6± 'DV Philosophische Magazin XQG GDV Philosophische Archiv VLQG NRPSOHWW LP1'%UX[HOOHVHUVFKLHQHQ  9JO$QWRQ)ULHGULFK.RFK'LHV\PEROLVFKHQ%FKHUGHUHYDQJHOLVFKOXWKHULVFKHQ.LUFKHDOV *HJHQVWDQGGHU.ULWLNLQGHU$XINOlUXQJV]HLWXQGEHL,PPDQXHO&DUO'LH],Q,PPDQXHO&DUO 'LH]%ULHIZHFKVHOXQG.DQWLVFKH6FKULIWHQ:LVVHQVEHJUQGXQJLQGHU*ODXEHQVNULVH7ELQ JHQ-HQD ± +JY'LHWHU+HQULFK6WXWWJDUW6±  'LH] %ULHIZHFKVHO XQG .DQWLVFKH 6FKULIWHQ ZLH $QP   6I 'LH HUZlKQWH 6FKULIW 'LH]¶ EHILQGHWVLFKLQ(EG6±

Aspekte der Eberhard-Rezeption



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Laura Anna Macor

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Aspekte der Eberhard-Rezeption



 'DV Philosophische Magazin:-RKDQQ)ULHGULFK)ODWWDOV SURPLQHQWHU.DQW,QWHUSUHWLQ7ELQJHQ  ,QQHUKDOE GHV KLHU LQ )UDJH VWHKHQGHQ =HLWUDXPV ZDUHQ DQ GHU 7ELQJHU 3KLORVR SKLVFKHQ)DNXOWlWNHLQHVWUHQJHQ.DQWLDQHUWlWLJ*RWWIULHG3ORXFTXHWGHU,QKDEHU GHV/RJLNXQG0HWDSK\VLN/HKUVWXKOVKLHOWQDFKHLQHP6FKODJDQIDOONHLQH 9RUOHVXQJHQPHKUHUZXUGHSUDNWLVFKYRQ-RKDQQ)ULHGULFK)ODWWHUVHW]WGHUVHLW DX‰HURUGHQWOLFKHU3URIHVVRUZDUXQGHVDXFKELV]XP7RGYRQ3ORXFTXHWLP +HUEVWEOLHEXPGDQQ]XP3URIHVVRUGHU7KHRORJLHHUQDQQW]XZHUGHQ 'HU QRFK QlKHU ]X EHVSUHFKHQGH )ODWW ZDU ]ZDU NHLQ .DQWLDQHU DEHU GRFK GHU EHVWH .HQQHU GHU NULWLVFKHQ 3KLORVRSKLH LQ 7ELQJHQ $OV 1DFKIROJHU 3ORXFTXHWV NDP -DNRE )ULHGULFK $EHO GHU VHLW  DQ GHU 6WXWWJDUWHU .DUOVVFKXOH DOV 3KLORVRSKLH3URIHVVRUZLUNVDPXQGVHLW(QGH.ROOHJHYRQ-RKDQQ&KULVWRSK 6FKZDE GHP 0LWNlPSIHU (EHUKDUGV JHJHQ GLH .DQWLVFKH 3KLORVRSKLH JHZHVHQ ZDU$EHOZDUHLQW\SLVFKHU6SlWDXINOlUHUGHU$QWKURSRORJLH(UIDKUXQJVVHHOHQ NXQGH XQG 0HWDSK\VLN ]X YHUELQGHQ YHUVXFKWH XQG GHU VLFK LQ GHU 7DW PLW GHQ UDVFKHQ SKLORVRSKLVFKHQ 9HUlQGHUXQJHQ VHLQHU =HLW QLFKW DE]XILQGHQ YHUPRFKWH (UYHUVXFKWHQDWUOLFKVLFKGLH.DQWLVFKHQ,QQRYDWLRQHQDQ]XHLJQHQ6FKRQDQGHU .DUOVVFKXOHKLHOWHUHLQLJH9RUOHVXQJHQEHU .DQWXQGGLHKritik der reinen VernunftXQGHUYHUIDVVWHDXFKHLQ%XFKGDVGHU0HWDSK\VLNXQWHUSURJUDPPD WLVFKHU%HUFNVLFKWLJXQJGHU.DQWLVFKHQ7KHRULHJHZLGPHWZDU  OLFKVWDWWJHIXQGHQKDWZLVVHQZLUQLFKW]XPLQGHVWQDFKGHQMHW]W]XJlQJOLFKHQ'RNXPHQWHQ 9JO'LH]%ULHIZHFKVHOXQG.DQWLVFKH6FKULIWHQ ZLH$QP 6  =X 3ORXFTXHW XQG VHLQHQ SKLORVRSKLVFKHQ $QVLFKWHQ YJO .DUO $QHU *RWWIULHG 3ORXFTXHWV /HEHQXQG/HKUHQ+DOOH1'+LOGHVKHLP=ULFK1HZ«@ PLV



Laura Anna Macor

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Laura Anna Macor

 'LH)HKGHGHVNULWLVFKHQ.DQW,QWHUSUHWHQ)ODWWPLWGHP.DQW$SRORJHWHQ5HLQ KROGLVWDEHUQRFKQLFKW]X(QGH1DFKVHLQHUAntikritikYHUIDVVW)ODWWHLQH5H]HQ VLRQGHVVersuchs einer neuen Theorie des VorstellungsvermögensIUGLHTübingischen gelehrten AnzeigenGLHGDQQ5HLQKROGLPHUVWHQ%DQGVHLQHUBeyträge zur Berichtigung bisheriger Mißverständnisse der Philosophen   DXIQLPPW ,Q %H]XJDXIGLHNeue EntdeckungGLH5HLQKROGLQGHUAllgemeinen LiteraturZeitung YHU|IIHQWOLFKW KDWWH XQG GLH LP Versuch ZLHGHU HUVFKLHQ VFKUHLEW )ODWW (LQLJH %HPHUNXQJHQ ÄVFKHLQHQ XQV VR ZHQLJ DOV GHU 7RQ ZHOFKHQ VLFK GHU +U 9HUIDVVHUDQGHUQ3KLORVRSKHQJHJHQEHUHUODXEWJHUHFKWJHUWLJHWZHUGHQ]XN|Q QHQ³=XGLHVHQXQJHUHFKWIHUWLJWHQ%HWUDFKWXQJHQUHFKQHW)ODWWÄGDVDXVGHU$OOJ /LWHU=HLWXQJVFKRQEHNDQQWH5HVXOWDWGHUSKLORVRSKLVFKHQ*HVFKLFKWHLQ%H]LH KXQJDXIGLH)UDJHYRP'DVHLQ*RWWHV>«@YRQZHOFKHPEHKDXSWHWZLUGGD‰HV jedem merkwürdig sein müsse, der je in seinem Leben über Religion selbst gedacht, und für Religion gefühlt habe³)ULKQXQGÄDXFKIUPHKUHUHDQGHUH³VHL GLH 0HWKRGH ÄQDFK ZHOFKHU DOOHLQ MHQHV 5HVXOWDW KHUDXVJHEUDFKW ZHUGHQ NRQQWH QLFKWVZHQLJHUDOVDOOJHPHLQJOWLJ³8QWHUGLHVHQÄPHKUHUHQ³DXIGLHVLFK)ODWW KLHUEH]LHKWXQGGLHHUDXFKH[SOL]LWQHQQWILQGHWPDQZLHGHUGDVPhilosophische MagazinDXVGHVVHQ]ZHLWHP%DQG]ZHL$XIVlW]HKHUDQJH]RJHQZHUGHQ  $EHUZDVKDWWH5HLQKROGLQVHLQHUEntdeckungXQWHUQRPPHQ"(UKDWWHYHUVXFKW DOOH $QVLFKWHQ EH]JOLFK GHU *RWWHVHUNHQQWQLV LQ YLHU 3DUWHLHQ ]X XQWHUWHLOHQ XP GDQQ QDFK GHP 3ULQ]LSLXP GHU 0HKUKHLW GHU 6WLPPHQ ]X EHZHLVHQ GDVV .DQWV 3KLORVRSKLHGLHEHVWHVHLXQGDOOHDQGHUHQEHUWUHIIH'LH]ZHL+DXSWSDUWHLHQZHU GHQ GXUFK GLH $QWZRUW DXI GLH )UDJH Ä*LHEW HV HLQHQ Erkenntnißgrund IU GDV 'DVH\Q *RWWHV"³ DXVJHPDFKW (LQHUVHLWV ILQGHQ ZLU GLHMHQLJHQ GLH VROFKH 0|J OLFKNHLW EHMDKHQ GLH VLFK DEHU LKUHUVHLWV ZLHGHU LQ ÄDogmatische Theisten³ QDFK GHQHQGHUÄ(UNHQQWQLVVJUXQGIUGDV'DVH\Q*RWWHVinnerhalb³GHVÄ*HELHWHVGHU 9HUQXQIW³ OLHJW XQG ÄSupernaturalisten³ QDFK GHQHQ GLHVHU Äausserhalb GHV *H ELHWHV GHU9HUQXQIW³OLHJWXQWHUVFKHLGHQDQGHUHUVHLWVILQGHQZLUGLHYHUQHLQHQGH 3DUWHLGLHSDUDOOHOLQ]ZHLDQGHUH/DJHU]HUIlOOWQlPOLFKGDVMHQLJHGHUHUGLHÄMH GHQ (UNHQQWQLVVJUXQG IU GDV 'DVH\Q *RWWHV YHUZ>HUIHQ@ ZHLO VLH GLH )UDJH DQ VLFK VHOEVW IU VFKOHFKWHUGLQJV XQEHDQWZRUWOLFK HUNOlU>HQ@³ XQG GHUHU GLH ÄGLH   7ELQJLVFKHJHOHKUWH$Q]HLJHQ 7J$ 6WFN 0DL 6±  8UWHLO GHV +HUUQ 3URI )ODWW LQ 7ELQJHQ EHU GLH 7KHRULH GHV 9RUVWHOOXQJVYHUP|JHQV  6W

GHU 7E $Q] QHEVW PHLQHQ %HPHUNXQJHQ EHU GDVVHOEH ,Q .DUO /HRQKDUG 5HLQKROG %H\ WUlJH]XU%HULFKWLJXQJELVKHULJHU0L‰YHUVWlQGQLVVHGHU3KLORVRSKHQ%G-HQD1'+J Y)DXVWLQR)DEELDQHOOL+DPEXUJ6I)UGHQ3DVVXVLQ5HLQKROGYJO'HUV9HU VXFKHLQHUQHXHQ7KHRULHGHVPHQVFKOLFKHQ9RUVWHOOXQJVYHUP|JHQV ZLH$QP 6± )U GLH (UVWYHU|IIHQWOLFKXQJ GHV YRQ 5HLQKROG LQ $QVSUXFK JHQRPPHQHQ 7H[WHV YJO 'HUV 1HXH (QWGHFNXQJ ,Q $OOJHPHLQH /LWHUDWXU=HLWXQJ  D /LWHUDULVFKH 1DFKULFKWHQ  6HSWHPEHU 6I  (VKDQGHOWVLFKXP8HEHUHLQQHXHVPHUNZUGLJHV5HVXOWDWGHUSKLORVRSKLVFKHQ*HVFKLFKWH LQ%H]LHKXQJDXIGLH)UDJHYRP'DVH\Q*RWWHV,Q30 ZLH$QP   6± 8HEHU +HUU 5HLQKROGV 5HVXOWDWH GHU *HVFKLFKWH GHU SKLORVRSKLVFKHQ /HKUH YRQ *RWW ,Q 30 ZLH$QP   6±

Aspekte der Eberhard-Rezeption



)UDJH YHUQHLQHQG EHDQWZRUWHQ ]X PVVHQ JODXE>HQ@³ (V KDQGHOW VLFK XP GLH ÄDogmatische[n] Skeptiker³XQGGLHÄAtheisten³(VIlOOWDEHUVRIRUWDXIGDVVVLFK GLHVHVWUHLWHQGHQ+DXSWSDUWHLHQQLFKWYHUHLQLJHQN|QQHQDXFKXQGYRUDOOHPLQVR IHUQÄYRQMHGHUGHUVHOEHQGLHHLQH+lOIWHJHJHQLKUHHLJHQHDQGHUH+lOIWHPLWGHU HLQHQ +lOIWH LKUHU *HJQHU³ HLQYHUVWDQGHQ LVW GK GLH 6XSHUQDWXUDOLVWHQ PLW GHQ 6NHSWLNHUQ LQ GHU %HKDXSWXQJ GDVV VLFK LQ GLHVHU $QJHOHJHQKHLW GXUFK GLH 9HU QXQIWQLFKWVHQWVFKHLGHQODVVHXQGGLHGRJPDWLVFKHQ7KHLVWHQPLWGHQ$WKHLVWHQ LQ GHU %HKDXSWXQJ GDV VHL GDJHJHQ P|JOLFK 'LH 3KLORVRSKLH .DQWV JHVWDWWH GHQ QLFKWDOOJHPHLQDN]HSLHUWHQ.HUQDOOHU7KHVHQZHJ]XVFKDIIHQXQGQXUGLHMHZHLOV YRQGUHL3DUWHLHQDQHUNDQQWHQ*UXQGVlW]H]XEHKDOWHQ9RQGHUVNHSWLVFKHQ6LFKW ZHLVH ZLUG GLH 7KHVH QLFKW HLQEH]RJHQ ÄDass die Frage vom Daseyn Gottes schlechterdings unbeantwortet bleiben müsse³ YRQ GHU VXSHUQDWXUDOLVWLVFKHQ Ädass die Gründe der Beantwortung jener Frage ausserhalb des Gebietes der Vernunft läge³ YRQ GHU DWKHLVWLVFKHQ Ädass sich das Nichtseyn Gottes beweisen lasse³XQGHQGOLFKYRQGHQGRJPDWLVFKHQ7KHLVWHQÄdass sich das Daseyn Gottes beweisen lasse³ 'DJHJHQ ZHUGHQ ÄGLH Gegensätze GLHVHU %HKDXSWXQJHQ EHU GHUHQ MHJOLFKHQ LQ GHU SKLORVRSKLVFKHQ :HOW drey Partheyen gegen eine einzige HLQLJVLQG³DOVDOOJHPHLQJHOWHQGHUNDQQWXQGDOV0HUNPDOGHU.DQWLVFKHQ3KLORVR SKLHYRQ5HLQKROGJHSULHVHQ8QGGLHVHVLQGGLHIROJHQGHQ7KHVHQÄDie Frage über das Daseyn Gottes lässt sich nicht durch Offenbarung beantworten³ ZDV JHJHQGLH6XSHUQDWXUDOLVWHQYRQGHQGUHLEULJHQ3DUWHLHQEHKDXSWHWZLUGÄDie Frage über das Daseyn Gottes lässt sich nicht verneinend beantworten³ZDVJH JHQGLH$WKHLVWHQYRQGHQGUHLEULJHQ3DUWHLHQEHKDXSWHWZLUGXQGÄDie bejahende Antwort auf die Frage von dem Daseyn Gottes lässt sich durch keine apodiktischen Beweise darthun³ ZDV JHJHQ GLH GRJPDWLVFKHQ 7KHLVWHQ YRQ GHQ GUHL EULJHQ 3DUWHLHQ EHKDXSWHW ZLUG 'LHVH GUHL *UXQGVlW]H EHU GLH LPPHU GUHL 3DUWHLHQ XQWHU VLFK HLQLJ VLQG KDW .DQW LQ VHLQHU 3KLORVRSKLH IHVWJHVHW]W XQG LQ VHLQHPPRUDOLVFKHQ(UNHQQWQLVJUXQGEHVWlWLJW  :DV)ODWWXQGGLHDQRQ\PHQ9HUIDVVHUGHUEHLGHQYRQLKP]LWLHUWHQ%HLWUlJHLP Philosophischen MagazinGLHVHU(LQWHLOXQJYRUZHUIHQLVWGHUHQ8QYROOVWlQGLJNHLW GDQLFKWDOOH KLVWRULVFKHQXQG P|JOLFKHQ3DUWHLHQGDULQYHUWUHWHQVHLHQ)ODWWVDJW DXVGUFNOLFK5HLQKROGKDEHQLFKWGLHÄJDUQLFKWXQDQVHKOLFKH>@3DUWHLYRQ3KLOR VRSKHQ>EHDFKWHW@ZHOFKHGLH9HUQXQIWPLWGHU2IIHQEDUXQJYHUELQGHQ³ZRPLW HUDXIVHLQHHLJHQH3RVLWLRQKLQZHLVW$EHUDXFKEHUHWZDVDQGHUHVVLQG)ODWWXQG GLH 9HUIDVVHU GHU ]ZHL LP Philosophischen Magazin YHU|IIHQWOLFKWHQ %HLWUlJH HLQYHUVWDQGHQ

  5HLQKROG1HXH(QWGHFNXQJ ZLH$QP 6  (EG6  8UWHLO GHV +HUUQ 3URI )ODWW LQ 7ELQJHQ EHU GLH 7KHRULH GHV 9RUVWHOOXQJVYHUP|JHQV ZLH

$QP 6



Laura Anna Macor

(LQHDQGHUHQRFKEHPHUNHQVZHUWKHUH,GHHGXUFKZHOFKHVLFKGLH.DQWLVFKH3DUWKH\QLFKWEORV YRQ GHQHQ GHUHQ 6WLPPHQ +U 5 YHUQLPPW VRQGHUQ DXFK YRQ GHQ EULJHQ GLH XQWHU VHLQHU .ODVVLILNDWLRQQLFKWEHJULIIHQVLQGXQWHUVFKHLGHWXQGZHOFKHYRQDOOHQGLHVHQ3DUWKH\HQeinstimmig verworfen ZLUG LVW GLHVH GD‰ GHU PRUDOLVFKH (UNHQQWQL‰JUXQG GHU einzig EHIULHGL JHQGHXQGXQHUVFKWWHUOLFKIHVWH(UNHQQWQL‰JUXQGYRP'DVH\Q*RWWHVVH\

)ODWWEHHQGHWVHLQH5H]HQVLRQPLWHLQHULURQLVFKHQ%HVFKUHLEXQJGHVYRQ5HLQKROG HUP|JOLFKWHQ *ROGHQHQ =HLWDOWHUV LQ ZHOFKHP Ä'RJPDWLNHU .ULWLNHU XQG 6NHSWL NHU³ÄJDQ]XQWHUVLFKHLQLJXQWHUGHU/HLWXQJDOOJHPHLQJHOWHQGHU3ULQ]LSLHQXQG YLHOOHLFKWDXFK±LUJHQGHLQHVSKLORVRSKLVFKHQ+LUWHQ]XHLQHU+HUGHYHUHLQWVHLQ ZHUGHQ³  ,QVHLQHU)HKGHPLW5HLQKROGKDWWH)ODWWDOVRLPPhilosophischen MagazinHLQH ZLFKWLJH 6WW]H JHIXQGHQ GLH LKP 5DXP IU HLJHQVWlQGLJH 5HSOLNHQ ZLH DXFK +LOIH EHL GHU =XUFNZHLVXQJ GHU LKP JHJHQEHU HUKREHQHQ 9RUZUIH JHOHLVWHW KDWWH'D)ODWWELVDX‰HURUGHQWOLFKHU3URIHVVRUIU0HWDSK\VLNDQGHU3KLOR VRSKLVFKHQ)DNXOWlW7ELQJHQ ZDUNDQQ PDQ ZRKOYHUPXWHQGDVVGLHVH .RQWUR YHUVHXQGGDV2UJDQGD]XZHLWYHUEUHLWHWXQGYLHOJHOHVHQZDUHQ8QGLQGHU7DW ILQGHWPDQLP%ULHIZHFKVHOYRQ'LH]HLQHQH[SOL]LWHQ+LQZHLVDXIÄGLH)ODWWLVFKH 5H]HQVLRQYRQ5HLQKROGV7KHRULHGHV9RUVWHOOXQJVYHUP|JHQV³GLHHUJHOHVHQKDW XQG1LHWKDPPHUJHJHQEHUNRPPHQWLHUW     8HEHU

HLQ QHXHV PHUNZUGLJHV 5HVXOWDW GHU SKLORVRSKLVFKHQ *HVFKLFKWH ZLH $QP   6  8UWHLO GHV +HUUQ 3URI )ODWW LQ 7ELQJHQ EHU GLH 7KHRULH GHV 9RUVWHOOXQJVYHUP|JHQV ZLH $QP   6 'DV LUHQLVFKH %LOG ZLUG )ODWW QRFK HLQPDO LQ HLQHU DQRQ\P HUVFKLHQHQHQ 6WUHLWVFKULIWEHQXW]HQLQGHUHVXPGHQ9HUVXFKJHKWGHQHLQÄIULHGOLHEHQGHU5HJHQWLQ*H VHOOVFKDIWHLQLJHUXQJHPHLQDXIJHNOlUWHQXQGQLFKWPLQGHULUHQLVFKJHVLQQWHQ+RISKLORVRSKHQ XQG +RIGDPHQ³ XQWHUQRPPHQ KDW GHP ÄDOOHV ]HUUWWHQGHQ .ULHJ GHQ GLH VRJHQDQQWH Critik der reinen VernunftLQGHUSKLORVRSKLVFKHQ:HOWYHUDQOD‰WKDW³HLQ(QGH]XVHW]HQ'LHELVKHU JHPDFKWHQ 9HUVXFKH VHLHQ XPVRQVW JHZHVHQXQG GHVKDOE KDEH GHU 5HJHQW ÄHLQHSKLORVRSKL VFKH6\QRGH³YHUDQVWDOWHWLQGHUDOOHDQGHU'HEDWWH%HWHLOLJWHQLKUH7KHVH]XYHUWHLGLJHQKD EHQDEHUDXFKHLQH9HUHLQEDUXQJPLWGHQDQGHUHQILQGHQPVVHQYJO>-RKDQQ)ULHGULFK)ODWW@ $FWHQPl‰LJH1DFKULFKWHQYRQGHUQHXHVWHQSKLORVRSKLVFKHQ6\QRGHXQGYRQGHUDXIGHUVHO EHQDEJHID‰WHQDOOJHPHLQJOWLJHQ&RQFRUGLHQIRUPHOIUGLHSKLORVRSKLVFKHQ*HPHLQGHQ+J Y,VRQRPLRSKLOXV%UJHUGHVSKLORVRSKLVFKHQ)UHLVWDDWV)UDQNIXUWD0/HLS]LJ%G 6'DVPhilosophische MagazinZLUGDXFKLQGLHVHU6FKULIWHUZlKQW 6   'LH]DQ1LHWKDPPHU±-XQL,Q'LH]%ULHIZHFKVHOXQG.DQWLVFKH6FKULIWHQ ZLH $QP   6± $QGHUH GLH )ODWW5HLQKROG.RQWURYHUVH EHWUHIIHQGH +LQZHLVH LQ 'LH]¶ %ULHIZHFKVHOILQGHQVLFKLQ'LH]DQ1LHWKDPPHU0DLVRZLH'LH]DQ1LHWKDPPHU 'H]HPEHU,Q(EG6±6±hEHUGLH:LFKWLJNHLWGHU5HIOH[LRQHQ)ODWWV]XU .DQWLVFKHQ 3KLORVRSKLH XQG EHU GHUHQ 5ROOH DXFK IU GLH WKHRUHWLVFKH (QWZLFNOXQJ HLQHV VWUHQJHQ.DQWLDQHUVZLH'LH]LQIRUPLHUW0LFKHDO)UDQ]3DUDGR[H.RQVWHOODWLRQHQ'LHWHU+HQ ULFKV (GLWLRQ GHU 3DSLHUH YRQ , & 'LH] ±  ,Q 3KLORVRSKLVFKH 5XQGVFKDX    6±ZLUG)ODWWXQWHUGHQÄ.DQWLVFKHQ*HJQHUQ³YRQ.DUO*RWWORE+DXVLXV JHUHFKQHW.DUO*RWWORE+DXVLXV +J 0DWHULDOLHQ]XU*HVFKLFKWHGHUFULWLVFKHQ3KLORVRSKLH LQGUH\6DPPOXQJHQ1HEVW(LQHUKLVWRULVFKHQ(LQOHLWXQJ]XU*HVFKLFKWHGHU.DQWLVFKHQ3KL ORVRSKLH/HLS]LJ1'%UX[HOOHV%G6;;;9±/;,9KLHU6;/,9I6/9I

Aspekte der Eberhard-Rezeption



 )ODWWDOV3URIHVVRU'LHYRQLKPEHWUHXWHQ$UEHLWHQXQGVHLQH Metaphysik9RUOHVXQJ  (V JLEW ]ZHL DQGHUH ZLFKWLJH 4XHOOHQ ]XU (UIRUVFKXQJ GHU YRQ )ODWW YHUPLWWHOWHQ 5H]HSWLRQ(EHUKDUGVGLH0DJLVWHUVSHFLPLQDXQGGLH9RUOHVXQJHQ  'LH0DJLVWHUVSHFLPLQDVLQGNXU]H$XIVlW]HGLHGLH6WXGHQWHQIUGDV0DJLVWHU H[DPHQYHUIDVVHQ PXVVWHQXQGGLHHLQV RGHU PHKUDOVHLQVYRQGHQIQI)lFKHUQ GHU 3KLORVRSKLVFKHQ )DNXOWlW 0HWDSK\VLN 0RUDO 0DWKHPDWLN XQG 3K\VLN *H VFKLFKWH 3KLORORJLVFKH .ULWLN  EHWUHIIHQ PXVVWHQ 1RUPDOHUZHLVH YHUIDVVWH MHGHU 6WXGHQW ]ZHL GDYRQ DEHU LQ HLQLJHQ )lOOHQ VFKHLQW GHU .DQGLGDW DXFK QXU HLQHQ RGHU VRJDU GUHL JHVFKULHEHQ ]X KDEHQ 'LH PHLVWHQ 0DJLVWHUVSHFLPLQD VLQG QLFKW PHKUYRUKDQGHQDEHUYRQGHQZHQLJHQGLHVLFKHUKDOWHQKDEHQNRQQWHQJOFNOL FKHUZHLVHHLQLJHSXEOL]LHUWZHUGHQ6LHVWHOOHQHLQHVHKUZLFKWLJH4XHOOH]XU8Q WHUVXFKXQJ GHU DP KHIWLJVWHQ GLVNXWLHUWHQ 7KHPHQNRQVWHOODWLRQHQ XQG GHU EHWULH EHQHQ/HNWUHQLQ7ELQJHQGDU'LH7LWHOKDEHQVLFKGDJHJHQDOOHHUKDOWHQGD VLHLP6HSWHPEHUMHGHV-DKUHVLQGHQ0DJLVWHUSURJUDPPHQDXIJHIKUWZXUGHQLQ GHQHQ ]XP )HVWDNW GHU 0DJLVWHUSURPRWLRQ HLQJHODGHQ ZXUGH ,Q GLHVHQ 3URJUDP PHQ EHIDQG VLFK GLH /LVWH GHU MHZHLOLJHQ 3URPRWLRQµ DOVR DOOHU .DQGLGDWHQ PLW LKUHQ/HEHQVOlXIHQXQGGHQ7LWHOQGHU6SHFLPLQD'LH7LWHOGHU]ZLVFKHQXQG  YHUIDVVWHQ 0DJLVWHUVSHFLPLQD JHEHQ LQWHUHVVDQWH $XVNQIWH DXFK EHU GLH 9HUEUHLWXQJGHU3KLORVRSKLH.DQWVXQGGHPHQWVSUHFKHQGEHUGLH5H]HSWLRQGHU GXUFKVLHYHUDQODVVWHQ.RQWURYHUVHQ  'LH3KLORVRSKLH.DQWVZLUGVFKRQLQHLQHPYHUIDVVWHQ0DJLVWHUVSHFLPHQ EHKDQGHOWZRGHU.DQGLGDWHLQHQEntwurf einer Prüfung des Kantischen Systems YHUVXFKW 'DV LVW HLQ EHPHUNHQVZHUW IUKHV =HXJQLV GHU 5H]HSWLRQ .DQWV LQ 7ELQJHQ ZHQQ PDQ EHGHQNW GDVV GLH Allgemeine Literaturzeitung HEHQ  DQIlQJW ]X HUVFKHLQHQ $EHU GDV LVW HKHU HLQH $XVQDKPH 'LH .DQWLVFKH 3KLORVR SKLHJHZLQQWDQ=HQWUDOLWlWYRUDOOHPJHJHQGDV(QGHGHUHU-DKUHGDVGXUFK HLQH JHVWHLJHUWH $XIPHUNVDPNHLW GHU 3URIHVVRUHQ JHJHQEHU .DQWV 3KLORVRSKLH JHSUlJWLVW  ,QGHQSKLORVRSKLVFKHQ9RUOHVXQJHQVSLHOWGLH3KLORVRSKLH.DQWVHLQHZLFKWLJH 5ROOH6LHWDXFKWLQGHQ$QNQGLJXQJHQGHU9RUOHVXQJHQYRQ)ODWWXQG$EHODXI ,P6RPPHUNQGLJW)ODWWÄ(PSLULVFKH3V\FKRORJLHXQGNDQWLVFKH.ULWLN³DQ LP :LQWHU  OLHVW HU EHU Ä.DQWV 3UROHJRPHQD XQG WUDQV]HQGHQWDOH bVWKH WLN³ ZlKUHQG GLH 9RUOHVXQJHQ GHU -DKUH  XQG  H[SOL]LW GLH Kritik der reinen Vernunft EHKDQGHOQ %HVRQGHUV EHPHUNHQVZHUW LQ GHU KLHU JHZlKOWHQ 3HU VSHNWLYHLVWGLHIUGDV:LQWHUVHPHVWHUYRQ)ODWWDQJHNQGLJWH9RUOHVXQJ   (LQLJH

0DJLVWHUVSHFLPLQD VLQG YHU|IIHQWOLFKW ZRUGHQ LQ -DFREV =ZLVFKHQ 5HYROXWLRQ XQG 2UWKRGR[LH ZLH$QP 6±  .DUO +HLQULFK *URV (QWZXUI HLQHU 3UIXQJ GHV .DQWLVFKHQ 6\VWHPV   ,Q -DFREV =ZL VFKHQ5HYROXWLRQXQG2UWKRGR[LH ZLH$QP 6



Laura Anna Macor

ÄSDUDWXVHWLDPYHODGH[SRQHQGDPHWFXPLockianaLeibnitianaHWMalebranchiana FRPSDUDQGDP Kantianam GH repraesentationem >VLF@ SULPLWLYDUXP origine WKHRULDP³ ,P 6RPPHUVHPHVWHU  OLHVW $EHO publice EHU 0HWDSK\VLN LP 6RPPHU  EHU Ä3UROHJRPHQD 0HWDSK\VLFHV VHFXQGXP WKHRULDP 5HLQKROGL DQDP³  :DV PLU GLH 7ELQJHU 5H]HSWLRQ .DQWV ]X NHQQ]HLFKQHQ VFKHLQW LVW GHU 9HU VXFKGLH.DQWLVFKH3KLORVRSKLHLP5DKPHQGHUSKLORVRSKLVFKHQ7UDGLWLRQYRU]X VWHOOHQ XQG GDV (UEH DQGHUHU 3KLORVRSKHQ LQ .DQWV 7KHRULH DXV]XPDFKHQ ,Q GHQ 7LWHOQ GHU 0DJLVWHUDXIVlW]H ILQGHQ ZLU KlXILJ 9HUJOHLFKH ]ZLVFKHQ .DQW XQG /RFNH .DQW XQG GHU 6WRLVFKHQ 3KLORVRSKLH .DQW XQG +XPH .DQW XQG 3URWDJRUDV.DQWXQGGHQYRUKHUJHKHQGHQ7KHRULHQGHV*HVFKPDFNV.DQWXQG GHU VNHSWLVFKHQ 7UDGLWLRQ 9LHOOHLFKW N|QQWH PDQ VRJDU EHKDXSWHQ HV VHL HLQH JHQHUHOOHDQGHU3KLORVRSKLVFKHQ)DNXOWlW7ELQJHQZLUNHQGH7HQGHQ]HLQ3URE OHP DXV VHLQHP KLVWRULVFKHQ +LQWHUJUXQG KHU YHUVWHKHQ XQG GLH ZLFKWLJVWHQ YRU KHUJHKHQGHQ3RVLWLRQVEH]LHKXQJHQLQGLH$QDO\VHHLQEH]LHKHQ]XZROOHQ3DUDOOH OHQILQGHQVLFKQLFKWQXULP)DOO.DQWV'LHVWRLVFKH$XIIDVVXQJYRQ)UHLKHLWZLUG PLWGHUYRQ/HLEQL]YHUJOLFKHQGLH9RU]JHGHUQHXHUHQ3KLORVRSKHQJHJHQGLH DOWHQZHUGHQGLVNXWLHUWGLH0HLQXQJHQ]XU(QWVWHKXQJGHU(UGHXQGGHU%HJULII *RWWµZHUGHQLQGHQlOWHUHQXQGQHXHUHQSKLORVRSKLVFKHQ6\VWHPHQXQWHUVXFKW   -DFREV=ZLVFKHQ5HYROXWLRQXQG2UWKRGR[LH ZLH$QP 6  (EG60DQGDUIDQQHKPHQGDVVVLFK$EHODXFKDXIVHLQHLJHQHV:HUN]XUVSHNXODWLYHQ

9HUQXQIWLQ$QOHKQXQJDQ.DQWV6\VWHP ZLH$QP EH]RJ

 0DUWLQ%UHFKW'LH$QIlQJHGHULGHDOLVWLVFKHQ3KLORVRSKLHXQGGLH5H]HSWLRQ.DQWVLQ7ELQ

JHQ ±  ,Q +DQVPDUWLQ 'HFNHU+DXII *HUKDUG )LFKWQHU .ODXV 6FKUHLQHU +J  %HLWUlJH ]XU *HVFKLFKWH GHU 8QLYHUVLWlW 7ELQJHQ ± 7ELQJHQ  6± KLHU6  (UQVW)ULHGULFK+HVOHUhEHUGHQ.DQWLVFKHQ3XULVPXVXQG/RNLVFKHQ(PSLULVPXV  ,Q -DFREV=ZLVFKHQ5HYROXWLRQXQG2UWKRGR[LH ZLH$QP 6±6  &DUO &KULVWLDQ )ODWW 3DUDOOHOH ]ZLVFKHQ GHQ .DQWLVFKHQ XQG 6WRLVFKHQ 0RUDO3ULQFLSLHQ  ,Q(EG6.DUO&KULVWRSK)ULHGULFK%LOILQJHU9HUJOHLFKXQJGHU+DXSWVl]HLQGHU 6WRLVFKHQXQG.DQWLVFKHQ6LWWHQOHKUH  ,Q(EG6  *HRUJ )ULHGULFK /XGZLJ .DXIIPDQQ hEHUGLH +DXSW0RPHQWH GHV +XPLVFKHQ 6FHSWLFLVPXV PLW EHVRQGHUHU 5NVLFKW DXI GLH $UW LKUHU :LGHUOHJXQJ GXUFK GLH .DQWLVFKH 9HUQXQIW&ULWLN  ,Q(EG6&KULVWLDQ+HLQULFK%HFKHU8QWHUVXFKXQJGHU)UDJH:LHYHUKlOWVLFK GLH .DQWLVFKH 'HGXNWLRQ GHU .DWHJRULH GHU .DXVVDOLWlW ]X GHU +XPLVFKHQ (QWZLNOXQJ GLHVHV %HJULIIV"  ,Q(EG6  &KULVWLDQ.DUO$XJXVW.ORW]3DUDOOHOH]ZLVFKHQ3URWDJRUDVXQG.DQWLQGHU7KHRULHGHV(PSL ULVP  ,Q(EG6  -RKDQQ&KULVWLDQ3ILVWHUhEHUGDV9HUKlOWQL‰GHU&ULWLNGHUlVWKHWLVFKHQ8UWKHLOVNUDIW]XGHQ ELVKHULJHQ7KHRULHQGHV*HVFKPDNV  ,Q(EG6  .DUO :LOKHOP )ULHGULFK %UH\HU %HWUDFKWXQJHQ EHU GDV 9HUKlOWQL‰ GHV 6FHSWLFLVP ]XU FULWL VFKHQ3KLORVRSKLHGHVJHJHQZlUWLJHQ-DKU]HKHQGV  ,Q(EG6  &KULVWLDQ,PPDQXHO+RIIPDQQ'RFWULQDVWRLFRUXPGHDQLPLOLEHUWDWHFRPSDUDWDFXP/HLEQLWL DQD  ,Q(EG6  (OLDV%HQMDPLQ%XUFNKDUGWhEHUGHQ9RU]XJGHUQHXHUHQ3KLORVRSKHQYRUGHQDOWHQ   ,Q(EG6  -RKDQQ -DNRE (IIHUHQQ hEHU HLQLJH 0HLQXQJHQ lOWHUHU XQG QHXHUHU 3KLORVRSKHQ YRQ GHU (QWVWHKXQJ GHU (UGH   ,Q (EG 6 3KLOLSS +HQULFK :ROII %HWUDFKWXQJ GHU lOWHUQ

Aspekte der Eberhard-Rezeption



XQG HLQ]HOQH /HEHQVOlXIH ZHUGHQ QDFK GHP 0XVWHU 3OXWDUFKV QHEHQHLQDQGHU JH VWHOOWXPQXUHLQSDDU%HLVSLHOH]XQHQQHQ  :LHLFKVFKRQNXU]EHPHUNWKDEH]LHOWHGDVPhilosophische MagazinDXIHLQH $UW 5HVWDXUDWLRQµ GHU /HLEQL]VFKHQ 3KLORVRSKLH ZDV (EHUKDUG GXUFK VWHWH 9HU JOHLFKH]ZLVFKHQ.DQWXQG/HLEQL]]XUHDOLVLHUHQKRIIWH,QGHUNachricht von dem Zweck und der Einrichtung dieses philosophischen Magazins GLH (EHUKDUG DOV HLQOHLWHQGHV9RUZRUWLPHUVWHQ+HIWGHU=HLWVFKULIWYHU|IIHQWOLFKWHVSULFKWHUVHLQH 6WUDWHJLH H[SOL]LW DXV Ä+HUU 3URI .DQW LQ .|QLJVEHUJ³ KDEHÄGHQ 0XWK³ JHKDEW ÄGHU3KLORVRSKLHHLQH5HYROXWLRQYRU]XEHUHLWHQPLWGHUVLHHQWZHGHUDOOHVJHZLQ QHQRGHUDOOHVYHUOLHKUHQVROOWH³'HU+HUDXVJHEHUXQGVHLQH0LWDUEHLWHUZHUGHQ DOVR LKUH Ä/HVHU RIW PLW GHQ (LJHQKHLWHQ GHU 3KLORVRSKLH GHV .|QLJVEHUJLVFKHQ 3KLORVRSKHQXQWHUKDOWHQ³XQG]ZDUDXVHLQHUEHVRQGHUHQ3HUVSHNWLYH6LHZHUGHQ ÄGLH QHXH SKLORVRSKLVFKH 6SUDFKH PLW GHU DOWHQ YHUJOHLFKHQ³ ZRGXUFK VLH ÄPDQ FKHP :RUWVWUHLWH ]XYRUNRPPHQ PDQFKHP 0L‰YHUVWDQGH HLQ (QGH PDFKHQ XQG PDQFKH 'XQNHOKHLW LQ GHQ .DQWLVFKHQ 6FKULIWHQ KHEHQ³ ZHUGHQ ,QGHP VLH ÄGDV $OWHQHEHQGDV1HXHVWHOOHQ³KDEHQVLHYRUÄGLH1RWKZHQGLJNHLWXQG*UlQ]HQGHU SKLORVRSKLVFKHQ5HIRUPDWLRQJHQDXHU]XEHXUWKHLOHQ³XQGÄGHQ:HUWKYRQEH\GHQ ULFKWLJHU]XVFKlW]HQ³(EHUKDUGV$EVLFKWZDUDOVR.DQWV$QVSUXFKDXI1HXKHLW GXUFKGHQ9HUZHLVDXIGLHSKLORVRSKLVFKH7UDGLWLRQ VSH]LHOODXI/HLEQL] ]XQHX WUDOLVLHUHQ :DV VFKRQ VHLQH :XU]HOQ LQ GHQ YHUJDQJHQHQ 6\VWHPHQ KDW NDQQ JHJHQ VHLQH HLJHQH +HUNXQIW QLFKW KHUDQJH]RJHQ ZHUGHQ ,UJHQGZR PXVV HLQ ,UU WXPHLQ0LVVYHUVWlQGQLVVWDWWJHIXQGHQKDEHQ(EHQGLHVHYHUPHLQWOLFKHQ0L‰YHU VWlQGQLVVHZHJ]XVFKDIIHQZDUGLH%HVWLPPXQJGHVPhilosophischen Magazins  .DQW.ULWLNGXUFK3KLORVRSKLHJHVFKLFKWHGXUFK5HNRQVWUXNWLRQGHU*HQHVHGHU .DQWLVFKHQ7KHVHQVHOEVW9HUJOHLFKHDOVR(VKDQGHOWVLFKDOOHVLQDOOHPXPHLQHQ 9HUVXFKGHUGHP7ELQJHU%OLFNDXIGDVSKLORVRSKLVFKH'HQNHQVHKUlKQOLFKLVW $XVGHQ7LWHOQGHU0DJLVWHUVSHFLPLQDHUKHOOWQlPOLFKGDVVGLH6WXGHQWHQ]X9HU JOHLFKHQYRQLKUHQ3URIHVVRUHQDXIJHIRUGHWZXUGHQ'LHVHJHQHUHOOHSKLORVRSKLH JHVFKLFKWOLFKH7HQGHQ]µILQGHWZLHJHVDJWDXFKLPVSH]LHOOHQ)DOOGHV.DQWLVFKHQ 6\VWHPV $QZHQGXQJ XQG ]XP *OFN KDW VLFK HLQV GHU HLQVFKOlJLJHQ 0DJLVWHU VSHFLPHQD HUKDOWHQ 'LHVHU $XIVDW] GDWLHUHQG YRP  -XOL  LVW GHP 9HU JOHLFK YRQ .DQW XQG /RFNH JHZLGPHW XQG WUlJW GHQ 7LWHO Über den Kantischen Purismus und Lokischen Empirismus ,Q GHU (LQOHLWXQJ VLHKW GHU 9HUIDVVHU GHQ 9RUWHLO HLQHV 9HUJOHLFKV GHU 3RVLWLRQHQ .DQWV XQG /RFNHV GDULQ ÄVLFK GLH )RUW  XQGQHXHUQSKLORV>RSKLVFKHQ@6\VWHPHEHUGLH(QWZLNOXQJGHV%HJULIIVYRQ*RWW  ,Q (EG6  ,PPDQXHO *RWWOLHE :XQGHUOLFK 3DUDOOHOH ]ZLVFKHQ .DLVHU 7LWXV XQG .|QLJ +HQULFK 9 LQ (QJODQG  ,Q(EG6-RKDQQ)ULHGULFK)UDQ]0LWWOHU&RQVWDQWLQXQG&KORGRZLFK ±GLH*URVVHQ±HLQH3DUDOOHOHQDFK3OXWDUFK  ,Q(EG6  >-RKDQQ $XJXVW (EHUKDUG@ 1DFKULFKW YRQ GHP =ZHFN XQG GHU (LQULFKWXQJ GLHVHV SKLORVR SKLVFKHQ0DJD]LQVQHEVWHLQLJHQ%HWUDFKWXQJHQEHUGHQJHJHQZlUWLJHQ=XVWDQGGHU3KLORVR SKLHLQ'HXWVFKODQG,Q30 ZLH$QP   6±KLHU6  (EG6I



Laura Anna Macor

VFKULWWHVHLQHV=HLWDOWHUVGXUFKGLH9HUJOHLFKXQJPLWHLQHPlOWHUHQLQHLQKHOOHUHV /LFKW ]X VHW]HQ XQG QLFKW KLQWHU LKP ]XUN]XEOHLEHQ³ $P (QGH VHLQHU NXU]HQ 8QWHUVXFKXQJ QDFKGHP HU YRQ GHQ .DQWLVFKHQ ,GHHQ JHVSURFKHQ KDW VDJW GHU .DQGLGDW+HVOHUGDVVXQV.DQWIUGLHNULWLVFKH(LQVFKUlQNXQJGHUPHQVFKOLFKHQ (UNHQQWQLVÄPLWGHU1RWZHQGLJNHLWHLQHVPRUDOLVFKHQ*ODXEHQV³HQWVFKlGLJWXQG HUIlKUWIRUWÄ2KQHUDFKWHWHVDXVJHPDFKWLVWGD‰DXVVSHNXODWLYHQ*UQGHQbisher GDV 'DVH\Q EHUVLQQOLFKHU 'LQJH QLFKW HUZLHVHQ ZHUGHQ NDQQ VR LVW GRFK HLQ YHUQQIWLJHU*ODXEHQRWZHQGLJGD‰HVEHUVLQQOLFKH'LQJHJHEH>«@³  'HU7HUPLQXVÄELVKHU³YRQGHP9HUIDVVHUVHOEVWXQWHUVWULFKHQLVWEHPHUNHQV ZHUW XQG ZLFKWLJ GD HU HLQH VSDQQHQGH $XVHLQDQGHUVHW]XQJ PLW GHU NULWLVFKHQ 3KLORVRSKLH EHOHJW XQG GLH 5ROOH GHU PHWDSK\VLVFKHQ 7KHRULHQ DOV .HUQ GHU 'H EDWWH EHVWlWLJW 'LHVH 0LVVGHXWXQJ .DQWV EHWRQW GLH 6WlUNH GHU ]HLWJHQ|VVLVFKHQ (UZDUWXQJHLQHU5HKDELOLWDWLRQGHUDOWHQµ0HWDSK\VLN,QGHUVFKRQ]LWLHUWHQNachricht von dem Zweck und der Einrichtung dieses philosophischen MagazinsKDWWH VLFK (EHUKDUG QLFKW YRQ XQJHIlKU DOV GHU 9HUWHLGLJHU ÄGHU ELVKHULJHQ 0HWDSK\VLN JHJHQLKUH$QNOlJHU³YRUJHVWHOOWLQGHU$EVLFKWÄLKUVRJDUYLHOOHLFKWQRFKKLHXQG GD YRU GHP 5LFKWHUVWXKOH HLQHU HUOHXFKWHWHQ 8QSDUWH\OLFKNHLW *QDGH ]X YHUVFKDI IHQ³  'DVV DXFK GLH .RQWURYHUVH .DQWV PLW (EHUKDUG HLQH 5ROOH LQ GHQ 7ELQJHU 5HIOH[LRQHQ ]XU 0HWDSK\VLN JHVSLHOW KDW ZLUG ]ZDU YRQ GHUHQ :LFKWLJNHLW XQG YRQ GHU 7HLOQDKPH )ODWWV DQ GHU 'HEDWWH QDKHJHOHJW MHGRFK DXFK YRQ HLQLJHQ =HXJQLVVHQ EHVWlWLJW ,P %ULHI DQ 6FKHOOLQJ YRP  $XJXVW  VDJW +HJHO Ä-DNREZLUGZRKODQGHU)LFKWH¶VFKHQ3KLORVRSKLH]XP5LWWHUZHUGHQZROOHQZLH (EHUKDUGDQGHU.DQWLVFKHQXQGLKUHSURPSYROODQJHNQGLJWHQ=HLWVFKULIWHQZHU GHQHLQJOHLFKHV6FKLFNVDOKDEHQ³'DUDXVHUKHOOWGDVVGHUHKHPDOLJH6WLIWOHUPLW GHU.RQWURYHUVHXQGPLWGHUHQRIIL]LHOOHQ2UJDQHQYHUWUDXWZDU$X‰HUGHPEHJH JQHW PDQ LP 9HU]HLFKQLV GHU 0DJLVWHUVSHFLPLQD VHOEVWYHUVWlQGOLFK PHKUPDOV /HLEQL]¶ HQWOHKQWHQ 3UREOHPHQ DEHU DXFK HLQPDO H[SOL]LW GHP 9HUJOHLFK ]ZL   +HVOHUhEHUGHQ.DQWLVFKHQ3XULVPXVXQG/RNLVFKHQ(PSLULVPXV ZLH$QP 6'HU

%HWUHXHUGLHVHV$XIVDW]HVLVWRKQH=ZHLIHO)ODWWJHZHVHQ

 (EG 6 /DXW 0DUFR GH $QJHOLV 'LH 5ROOH GHV (LQIOXVVHV YRQ - - 5RXVVHDX DXI GLH

+HUDXVELOGXQJYRQ+HJHOV-XJHQGLGHDO(LQ9HUVXFKGLHÄGXQNOHQ-DKUH³ ± GHU-X JHQGHQWZLFNOXQJ +HJHOV ]X HUKHOOHQ )UDQNIXUW D0  6I ZXUGH ÄGDV 6WXGLXP YRQ .DQWV(UNHQQWQLVWKHRULH>DQGHU7ELQJHU8QLYHUVLWlW@YRUDOOHPLQ9HUJOHLFKPLWGHUGHV(P SLULVPXVXQGLQVEHVRQGHUHYRQ/RFNHEHWULHEHQ³'DVVGLHVHV)D]LWGXUFKHLQHEUHLWHUH%HUFN VLFKWLJXQJ GHV YRQ )ODWW JHI|UGHUWHQ SKLORVRSKLHJHVFKLFKWOLFKHQµ $QVDW]HV HUJlQ]W ZHUGHQ PXVVLVWGLH7KHVHYRUOLHJHQGHQ%HLWUDJV  (EHUKDUG 1DFKULFKW YRQ GHP =ZHFN XQG GHU (LQULFKWXQJ GLHVHV SKLORVRSKLVFKHQ 0DJD]LQV ZLH$QP 6  -RKDQQHV+RIIPHLVWHU +J %ULHIHYRQXQGDQ+HJHO%G+DPEXUJ6  9JO -RKDQQ )ULHGULFK 'DXEHQKDXHU *RWW NRQQWH NHLQH EHVVHUH :HOW VFKDIIHQ   ,Q -DFREV=ZLVFKHQ5HYROXWLRQXQG2UWKRGR[LH ZLH$QP 6&KULVWLDQ/XGZLJ+RQROG 'H PXQGR RSWLPR   ,Q (EG 6 (OLDV %HQMDPLQ %XUFNKDUGW hEHU GLH EHVWH :HOW  ,Q(EG6-RVHSK0DWWKLDV)ULHGULFK6FKROO:LGHUOHJXQJHLQLJHUYRPhEHOKHU

Aspekte der Eberhard-Rezeption



VFKHQ GHU /HLEQL]VFKHQ XQG GHU .DQWLVFKHQ $XIIDVVXQJ GHV 5DXPHV 'LHVHU $XIVDW] KDW VLFK OHLGHU QLFKW HUKDOWHQ 'D HU DEHU  YHUIDVVW ZRUGHQ LVW LVW HV PHKUDOVZDKUVFKHLQOLFKGDVVGHU]XVWlQGLJH/HKUHU)ODWWZDUDXVGHUHQ0HWDSK\ VLN9RUOHVXQJLP)ROJHQGHQ]LWLHUWZHUGHQVROO  ,P 6RPPHUVHPHVWHU  KLHOW )ODWW HLQH 0HWDSK\VLN9RUOHVXQJ XQWHU DQGH UHPDXFKYRU+|OGHUOLQXQG+HJHOGLHGLHKritik der reinen VernunftLQGLH'DU VWHOOXQJHLQEH]RJ9RQGLHVHU9RUOHVXQJKDWVLFKHLQH1DFKVFKULIWHUKDOWHQGLHYRQ HLQHP.RPSURPRWLRQDOHQ+|OGHUOLQVXQG+HJHOVQDPHQV$XJXVW)ULHGULFK.OS IHOJHVFKULHEHQZXUGHXQGGLHVLFKMHW]WLP%HVLW]GHU7ELQJHU8QLYHUVLWlWVELEOL RWKHN EHILQGHW 'LH 9HU|IIHQWOLFKXQJ GLHVHU 1DFKVFKULIW LVW HLQV GHU GULQJHQGVWHQ 'HVLGHUDWH GHU )RUVFKXQJ GDV GHPQlFKVW YRQ 0LFKDHO )UDQ] XQG (UQVW2WWR 2QQDVFK EHIULHGLJW ZHUGHQ ZLUG )ODWWV 0HWDSK\VLN9RUOHVXQJ EHVWHKW DXV ]ZHL 7HLOHQ'HUHUVWHEHVFKlIWLJWVLFKPLW.DQWZlKUHQGGHU]ZHLWHGDVHUVFKLH QHQH.RPSHQGLXPYRP-HQHQVHU-RKDQQ$XJXVW+HLQULFK8OULFKNRPPHQWLHUW  ,Q GLHVHU )ODWWVFKHQ 9RUOHVXQJ NRQQWHQ GLH 6WXGHQWHQ HLQH NODUH XQG JHQDXH $QZHLVXQJ]XP.DQWLVFKHQ 6WXGLXPILQGHQ'LH+DXSWSXQNWHGHUKritik der reinen VernunftZHUGHQWUHXQDFKGHU]ZHLWHQ$XIODJHGDUJHVWHOOWRKQHDEHUGDVVGLH .DQWLVFKH6LFKWZHLVHGLHHLQ]LJHZLUG  6FKRQ LQ GHU (LQOHLWXQJ GLH GDV DOOJHPHLQH 7KHPD GHU 9RUOHVXQJ YRUVWHOOHQ VROO EHJHJQHQ ZLU LQWHUHVVDQWHQ %HPHUNXQJHQ )ODWW ELHWHW VRIRUW HLQHQ SKLORVR SKLHJHVFKLFKWOLFKHQ $XVEOLFN LQGHP HU DXI GLH 9RUJHVFKLFKWH RGHU EHVVHU GLH 9RUEHGLQJXQJHQGHU.DQWLVFKHQ7KHRULHKLQZHLVW %HLlOWHUQXQGQHXHUQ6FKULIWVWHOOHUQEHVRQGHUV/RNHXQG/HLEQL]NRPPHQVFKRQ)UDJPHQWH GHU .ULWLN GHU UHLQHQ 9HUQXQIW YRU ± /RNHV 9HUVXFK EHU GHQ PHQVFKOLFKHQ 9HUVWDQG XQG /HLEQL]HQV8QWHUVXFKXQJEHUGHQ/RNLVFKHQ9HUVXFKKDEHQYLHObKQOLFKNHLWGDPLW±'RFK

 JHQRPPHQHQ (LQZUIH JHJHQ GLH 9ROONRPPHQKHLW GHU :HOW   ,Q (EG 6 .DUO )ULHGULFK$PDQGXV'RHUQHU'H/HLEQLWLDQR:ROIILDQDSKLORVRSKLD  ,Q(EG6  -RKDQQ -DNRE (IIHUHQQ hEHU GHQ 8QWHUVFKLHG ]ZLVFKHQ GHU /HLEQL]LVFKHQ XQG .DQWLVFKHQ 7KHRULHYRP5DXP  ,Q(EG6  'LH (GLWLRQ GLHVHU 1DFKVFKULIW ZLUG EHLP 9HUODJ )URPPDQQ+RO]ERRJ HUVFKHLQHQ +HUUQ 0LFKDHO)UDQ]GDQNHLFKGDIUGDVVHUPLUHLQHQ7HLOVHLQHU7UDQVNULSWLRQGHU9RUOHVXQJ]X JlQJOLFKJHPDFKWKDWXQGGDVVHUPLUHUODXEWKDWGDUDXVLPYRUOLHJHQGHQ$XIVDW]]X]LWLHUHQ (UVWH+LQZHLVHGDUDXIILQGHWPDQEULJHQVDXFKLQ)UDQ],P5HLFKHGHV:LVVHQV ZLH$QP  6±  -RKDQQ$XJXVW+HLQULFK8OULFK,QVWLWXWLRQHV/RJLFDHHW0HWDSK\VLFDH-HQD=X8OULFK VLHKH 1RUEHUW +LQVNH 'DV HUVWH $XIWDXFKHQ GHU .DQWLVFKHQ 3KLORVRSKLH LP /HKUDQJHERW GHU 8QLYHUVLWlW -HQD $XV GHQ 9RUOHVXQJVYHU]HLFKQLVVHQ XQG DQNQGLJXQJHQ GHU -DKUH ± ,Q1RUEHUW+LQVNH(UKDUG/DQJH+RUVW6FKU|SIHU +J 'HU$XIEUXFKLQGHQ.DQWLDQLVPXV 'HU)UKNDQWLDQLVPXVDQGHU8QLYHUVLWlW-HQDYRQ±XQGVHLQH9RUJHVFKLFKWH6WXWW JDUW%DG&DQQVWDWW6±6FKU|SIHU.DQWV:HJLQGLHgIIHQWOLFKNHLW ZLH$QP  $XFK$EHOKDWWHDXI8OULFKKLQJHZLHVHQYJO-DNRE)ULHGULFK$EHO3ODQHLQHUV\VWHPDWL VFKHQ0HWDSK\VLN6WXWWJDUW1HXGUXFN%UX[HOOHVVorrede XQQXPHULHUW 



Laura Anna Macor

KDWNHLQHUGLH8QWHUVXFKXQJVRWLHIXQGJUQGOLFKDQJHVWHOOWDOV.DQWXQGHUKDWDXFKGDV9HU GLHQVWGLHVH:LVVHQVFKDIW]XHUVWLQHLQ6\VWHPJHEUDFKW]XKDEHQ

:DV PLU KLHU YRU]XOLHJHQ VFKHLQW LVW HLQH JHZRJHQHUH 3RVLWLRQ DOV GLHMHQLJH GHU AntikritikZR.DQWV(LQZUIHDQ/HLEQL]DXIHLQJDQ]HV0LVVYHUVWlQGQLV]XUFN JHIKUWZRUGHQZDUHQ  ,Q GHU (LQOHLWXQJ GHU 9RUOHVXQJ NHKUW GHU 9HUJOHLFK PLW /HLEQL] QRFK HLQPDO ZLHGHU 'DVNDQWLVFKH6\VWHP]HLFKQHWVLFKGXUFKVHLQHDQJHQRPPHQH.HQQWQLVVHDSULRULQXUHLJHQW OLFKYRQGHPUHLQHQ(PSLULVPXVDXV/HLEQL]KDWLQHEHQGLHVHU0DWHULHVHKUYLHO$HKQOLFKNHLW PLW .DQW HU NRPPW PLW OH]WHUHP GDULQQ EHUHLQ GD‰ HV 9RUVWHOOXQJHQ XQG *UXQGVl]H JHEH GLH QLFKW DXV VLQQOLFKHQ :DKUQHKPXQJHQ VRQGHUQ EORV DXV GHP PHQVFKOLFKHQ (UNHQQWQLV 9HUP|JHQDOOHLQJHVFK|SIWZHUGHQPVVHQ±0DQN|QQHVROFKH*UXQGVl]HJDUQLFKWGHQNHQ RKQHVLHVRJOHLFKDXFKIUZDKU]XKDOWHQ,QHLQLJHPVFKHLQW/HLEQL]YRQ.DQWDE]XJHKHQZR VLH DEHU LP ZHVHQWOLFKHQ GRFK ]XVDPPHQVWLPPHQ XQG QXU LQ GHQ :RUWHQ YHUVFKLHGHQ VLQG =(.DQWVDJWQLUJHQGVGD‰9RUVWHOOXQJ>HQ@DSULRULXQVDQJHERKUHQVHLHQ/HLEQL]KLQJHJHQ UHGW YRQ DQJHERKUQHQ %HJULIIHQ LP *UXQG DEHU YHUVWHKW HU QLFKWV DQGHUV GDUXQWHU DOV ZDV .DQW9RUVWHOOXQJDSULRULKHL‰W$XFKYHUVWHKW/HLEQL]HEHQVRZHQLJQXUHLQHEORVH)lKLJNHLW VHOELJHDOVZDKU]XHUNHQQHQGDUXQWHUXQGYHUZLUIWDXFKVRZLH.DQWGDVDQJHERKUHQVHLQGHU %HJULIIH ZDQQ PDQ GHXWOLFKHV %HZX‰WVHLQ GHUVHOEHQ VLFK GDEHL GHQNHQ ZLOO $XFK JLHEW HU IHUQHU]XGD‰EORVGXUFKVLQQOLFKH:DKUQHKPXQJHQZLUXQVGHUVHOEHQEHZX‰WZHUGHQ/HLEQL] VDJWHUZLVVHGLHVHDQJHERKUQH%HJULIIHQLFKWEHVVHU]XEHQHQQHQDOVFRQQRLVVDQFHYLUWXHOOH XQGYHUJOHLFKWGLH6HOHLQ$QVHKXQJLKUHUPLWHLQHP0DUPRUZRGHU.QVWOHUGLH)LJXUGLHHU KLQHLQDUEHLWHQZLOOLQGHQQDWUOLFKHQ$GHUQEHUHLWVYRUJH]HLFKQHWILQGHW

)ODWWVFKHLQWKLHUHLQNRQNUHWHV%HLVSLHO]XELHWHQGDV(EHUKDUGVDOOJHPHLQH7KHVH EHVWlWLJW 'LH 8QWHUVFKLHGH ]ZLVFKHQ /HLEQL] XQG .DQW VHLHQ RIW DXI GLH WHFKQL VFKH 6SUDFKH]XUFN]XIKUHQ:LHLFKVFKRQHUNOlUWKDEHEHVWDQGGDV3URMHNWGHV Philosophischen Magazins LQ GHU ÃhEHUVHW]XQJµ GHU QHXHQ GK GHU .DQWLVFKHQ 6SUDFKHLQGLHDOWHGKGLHGHUWUDGLWLRQHOOHQ/HLEQL]VFKHQ0HWDSK\VLN1XUGLH VHU9HUJOHLFKHUP|JOLFKHHLQHWDWVlFKOLFKH:UGLJXQJGHUSKLORVRSKLVFKHQ5HYR OXWLRQ .DQWV 8QG JHQDX GDV PDFKW )ODWW LQ GLHVHP 3DVVXV DXV GHU 0HWDSK\VLN 9RUOHVXQJ'LH.DQWLVFKH$XIIDVVXQJGHVa prioriJHKWYRQGHU/HLEQL]VFKHQGHV $QJHERUHQHQ ÄQXU LQ GHQ :RUWHQ³ DE ZlKUHQ GLH EHLGHQ ÄLP ZHVHQWOLFKHQ ]X VDPPHQVWLPPHQ³



-RKDQQ)ULHGULFK)ODWW0HWDSK\VLN9RUOHVXQJ 6RPPHUVHPHUVWHU 1DFKVFKULIW.OSIHO



7UDQVNULSWLRQY0LFKDHO)UDQ]6I'LH+DQGVFKULIWEHILQGHWVLFKDQGHU8QLYHUVLWlWVELEOLR WKHN7ELQJHQ6LJQDWXU0K,,'HUJHQDXH7LWHOODXWHW0HWDSK\VLVFKH9RUOHVXQJHQYRQ 3URI)ODWWLP6RPPHUKDOE-DKUJHKDOWHQ  9JO$QP  )ODWW 0HWDSK\VLN9RUOHVXQJ ZLH $QP   6 )U GHQ 3DVVXV EHL /HLEQL] YJO *RWWIULHG :LOKHOP/HLEQL]1RXYHDX[(VVDLVVXUO¶HQWHQGHPHQWSDUO¶$XWHXUGX6\VWpPHGHO¶+DUPRQLH SUppWDEOLH,Q'HUV3KLORVRSKLVFKH6FKULIWHQ+JYG/HLEQL])RUVFKXQJVVWHOOHGHU8QLYHU VLWlW0QVWHU%G%HUOLQ6

Aspekte der Eberhard-Rezeption



 1LFKWVGHVWRZHQLJHU VFKHLQW )ODWW GLH 9HUVFKLHGHQKHLW GHU ,GHHQ$XIIDVVXQJ .DQWV XQG /HLEQL]¶ ± XQG GHU JDQ]HQ QHX]HLWOLFKHQ 7UDGLWLRQ ± NODU JHVHKHQ ]X KDEHQGDHUGLHZDKUH4XHOOHIUGLH,GHHQ/HKUH.DQWVLQ3ODWRDXVPDFKW  ,QGHU(LQOHLWXQJ]XU0HWDSK\VLN9RUOHVXQJEHJHJQHWPDQDXFK+LQZHLVHQDXI .ULWLNHU .DQWV GHUHQ $QVLFKWHQ DQJHIKUW HUNOlUW XQG GDQQ EHXUWHLOW ZHUGHQ 2IIHQVLFKWOLFK OHJW )ODWW :HUW GDUDXI GLH .DQWLVFKH 7KHRULH LQ GHU %UHLWH LKUHU 5H]HSWLRQDOVRDXFKLP9HUJOHLFKPLWGHQYRQLKUYHUDQODVVWHQ3RVLWLRQVEH]LHKXQ JHQYRU]XVWHOOHQ'DEHLKDWHUDEHUQLFKWYRU.DQW]XGLVNUHGLWLHUHQZDVGXUFK GLHDQ)ODWWV%HWUDFKWXQJHQLQGHQBriefen über den moralischen Erkenntnisgrund der ReligionHULQQHUQGH%HKDXSWXQJEHVWlWLJWZLUG.DQWV3KLORVRSKLHÄVHLHKDXSW VlFKOLFKEHPKWGLH,GHHYRQ*RWW8QVWHUEOLFKNHLWXQG)UHLKHLW]XUHWWHQ³)ODWWV $EVLFKWLVWQXUVHLQHQ6WXGHQWHQGDVJDQ]H6SHNWUXPGHU'HEDWWHPLW]XWHLOHQ  6HKULQWHUHVVDQWXQGPLW+LQEOLFNDXIGLHVFKRQNRPPHQWLHUWH.RQWURYHUVHDXFK YHUVWlQGOLFK LVW GDV WRWDO QHJDWLYH 8UWHLO GDV EHU 5HLQKROG LQ GLHVHU 9RUOHVXQJ JHIlOOW ZLUG 5HLQKROG KDEH ÄGLH .DQWLVFKH 3KLORVRSKLH VR ZLH VLH .DQW OHKUWH³ QLFKW YRUJHWUDJHQ HU KDEH YLHOPHKU ÄVHLQ 6\VWHP DOV HLQ HLJHQHV³ JHEDXW ÄGDV ]ZDU DXI .DQWV 5HVXOWDWH IKUW DEHU DXV K|KHUHQ 3ULQFLSLHQ DEJHOHLWHW LVW³ 2IW ZHLFKH 5HLQKROG ÄVRJDU YRQ .DQW ZLUNOLFK DE RKQH QXU HLQH >VLF@ )LQJHU]HLJ GDYRQ ]X JHEHQ³ :LH LFK VFKRQ HUNOlUW KDEH KDWWH VLFK 5HLQKROG DX‰HUGHP LQ VHLQHP NXU]HQ $XIVDW] Neue Entdeckung LQ HLQHP SKLORVRSKLHJHVFKLFKWOLFKHQ $XVEOLFNµ YHUVXFKW GHU GLH YLHOHQ 7KHVHQ ]XU (UNHQQWQLV *RWWHV EHWUDI 'XUFK GLHVHQ LKP VR YHUZDQGWHQ $QVDW] KDWWH )ODWW 5HLQKROGV 3DUWHLOLFKNHLW NODU VHKHQ   )ODWW 0HWDSK\VLN9RUOHVXQJ ZLH $QP   6I Ä'HU 9HUVWDQG NDQQ VHLQH %HJULIIH QXU

DXI VLQQOLFKH *HJHQVWlQGH DQZHQGHQ NRPPW DEHU QLFKW GLH 9HUQXQIW YLHOOHLFKW DXI GDV )HOG QLFKWVLQQOLFKHU*HJHQVWlQGH".DQWDQWZRUWHWKLHUDXI6RIHUQGLH9HUQXQIWQXUGDV9HUP|JHQ LVW PLWWHOEDU ]X VFKOLH‰HQ VR PX‰ VLH GHQ 6WRII GD]XQXU DXV 6LQQOLFKNHLW XQG 9HUVWDQG QHK PHQ (V LVW GDKHU NODU GD‰ 9HUQXQIW LQ GLHVHU 5NVLFKW EHWUDFKWHW QLFKW EHU GDV )HOG GHU 6LQQOLFKNHLWKLQEHUJHKHQN|QQH,VWDEHUGLH9HUQXQIWQLFKWPHKUDOVHLQORJLVFKHV9HUP| JHQ"$OOHUGLQJVVDJW.DQWNRPPWGLH9HUQXQIWDXIJHZLVVH%HJULIIHGLHZHVHQWOLFKYHUVFKLH GHQVLQGYRQGHQ9RUVWHOOXQJHQGHV9HUVWDQGVXQGGHU6LQQOLFKNHLW(UQHQQWVLH±,GHHQ QDFK 3ODWR ³'HU%H]XJVSDVVXVLQGHUKritik der reinen VernunftEHILQGHWVLFKQDWUOLFKLPHUVWHQ %XFK GHU Transscendentalen Dialektik LP $EVFKQLWW Von den Ideen überhaupt YJO .U9 % 6II $$ ZLH $QP   %G  6II (LQ DQGHUHU DQWLNHU 9RUOlXIHU .DQWV ZDV GLH Ä6XEMHNWLYLWlW³GHU=HLWYRUVWHOOXQJDQJHKWLVW)ODWWV$QVLFKWQDFK$ULVWRWHOHVYJO)ODWW0HWD SK\VLN9RUOHVXQJ ZLH$QP 6  :DVGLHHPSLULVWLVFKH.DQW.ULWLNEHWULIIW]LWLHUW)ODWW)HGHUXQG7LWWHOGHUHQ$QJULIIHQJHJHQ .DQWVDSULRUL%HJULII)ODWWQLFKW]XVWLPPWÄ.DQWKDWDOVRLQDOOZHJ5HFKWGD‰HV(UNHQQWQLVVH DSULRULJHEHREZLUXQVJOHLFKGHUVHOEHQHUVWGXUFKVLQQOLFKH:DKUQHKPXQJEHZX‰WZHUGHQ³ HEG6 .HLQHhEHUUDVFKXQJDOVRGDVV)ODWWDOV)RUXPIUVHLQH'HEDWWHPLW5HLQ KROG GDV Philosophische Magazin XQG QLFKW GLH Philosophische Bibliothek ZlKOWH  VFKUHLEWHLQ.DQGLGDWHLQ0DJLVWHUVSHFLPHQÜber einige Tittelsche Behauptungen gegen Kants Kategorien,Q-DFREV=ZLVFKHQ5HYROXWLRQXQG2UWKRGR[LH ZLH$QP 6:DVGLH 7ELQJHU=XUFNZHLVXQJµGHUHPSLULVWLVFKHQ.DQW.ULWLNDQJHKWNDQQ$EHOV3RVLWLRQVEH]LH KXQJ  LQWHUHVVDQW VHLQ YJO )UDQ] ,P 5HLFKH GHV :LVVHQV ZLH $QP   6I Ä;;,, 0HKUHUH*HJQHUGHVEHUKPWHQKantKDEHQGLH,GHHQDSULRULYRQGHQDQJHERUHQHQ,GHHQQLFKW JHQJHQGXQWHUVFKLHGHQ³  )ODWW0HWDSK\VLN9RUOHVXQJ ZLH$QP 69JO$QP



Laura Anna Macor

N|QQHQ1LFKWYRQXQJHIlKULVWGDVGHILQLWLYH8UWHLO)ODWWVGDVV5HLQKROGV9HUVXFK ÄQLFKW JDQ] JHJONW³ VHL GDVV GDULQ KlXILJ Ä:LOONKUOLFKH 8QWHUVFKHLGXQJ>HQ@ ZLGHUVSUHFKHQGH6l]H³YRUNRPPHQíZDVDXFKYRQGHU7DWVDFKHEHVWlWLJWZHUGH Ä.DQWVHOEVW>VHL@PLWGLHVHP:HUNJDUQLFKW]XIULHGHQ³  8QWHUGHQYLHOVHLWLJHQ.ULWLNHQDQ.DQWWDXFKHQGLHLPSOL]LWH(LQEH]LHKXQJXQG GDQQDXFKGLHH[SOL]LWH=XUFNZHLVXQJGHV(LQZDQGHVYRQ0DD‰DXIGDV8QWHU VFKHLGXQJVNULWHULXP ]ZLVFKHQ DQDO\WLVFKHQ XQG V\QWKHWLVFKHQ 8UWHLOHQ N|QQH UHODWLYVHLQ ,VW DEHU GLHVH 8QWHUVFKHLGXQJ ]ZLVFKHQ V\QWKHWLVFKHQ XQG DQDO\WLVFKHQ 8UWKHLOHQ QLFKW VFKZDQNHQG":LUGQLFKWGHPHLQHQHLQ8UWKHLOV\QWKHWLVFKGHPDQGHUQDQDO\WLVFKVHLQ"/H]WH UHVPX‰]ZDU]XJHJHEHQZHUGHQ:DQQLFKVDJHGLH/XIWLVWHODVWLVFKVRLVWGL‰GHPHLQDQD O\WLVFKHV8UWKHLOGHUVLFKXQWHU/XIWHLQHODVWLVFKHV:HVHQGHQNWGHPDEHUGHUVROFKHVQLFKW ZHL‰HLQV\QWKHWLVFKHV±+LHUDXVIROJWDEHUQRFKQLFKWGD‰PDQQLFKWYRQHLQLJHQLPDOOJH PHLQHQEHKDXSWHQNDQQVLHVHLHQDQDO\WLVFKHRGHUV\QWKHWLVFKH8UWKHLOH

$P(QGHGHU(LQOHLWXQJJLEW)ODWWHLQLJHELEOLRJUDSKLVFKH+LQZHLVHXQGXQWHUGHQ 6FKULIWHQGHU$QWLNDQWLDQHUILQGHWPDQQDWUOLFKDXFKGDVPhilosophische Magazin (EHUKDUGV 3KLORVRSKLVFKHV 0DJD]LQ HQWKlOW PDQFKH YRU]JOLFKH $XIVl]H ± (EHUKDUG VFKHLQW GHQ3ODQGLHVHV0DJD]LQVGDKLQDQJHOHJW]XKDEHQXP]XEHZHLVHQGDV/HLEQL]LVFKH6\VWHP VHLHGHP.DQWLVFKHQYRU]X]LHKHQXQGDXFKVHOEVWGDVJXWHZDV.DQWKDEHVHLHYRQ/HLEQL] JHVFK|SIW /HLEQL] KDWWH JHZLV QRFK NHLQHQ VFKDUIVLQQLJHUHQ 9HUWKHLGLJHU JHIXQGHQ DOV +( (EHUKDUGHUZHL‰GDV/HLEQL]LVFKH6\VWHPLPPHUDXIHLQHUVRYRUWKHLOKDIWHQ6HLWHGDU]XVWHO OHQXQG]XJOHLFKGDV.DQWLVFKHDXIHLQHVRJHKlVVLJHDOVHVQRFKYRQNHLQHPDQGHUQJHVFKH KHQVHLQPDJ

(LQHXPIDVVHQGH:UGLJXQJYRQ)ODWWV%HXUWHLOXQJGHU$QVLFKWHQ(EHUKDUGVZLUG QXU DQKDQG GHV JDQ]HQ 7H[WHV GHU 9RUOHVXQJ VWDWWILQGHQ N|QQHQ :DV PDQ DEHU VFKRQ MHW]W IHVW]XVWHOOHQ JHUHFKWIHUWLJW LVW LVW GLH %HVWlWLJXQJ GHV YRQ GHQ 7LWHOQ GHU 0DJLVWHUVSHFLQLPD JHZRQQHQHQ (LQGUXFNV DQ GHU 3KLORVRSKLVFKHQ )DNXOWlW 7ELQJHQ GK EHL )ODWW JLQJ HV XP HLQH XQSDUWHLLVFKH VR]XVDJHQ TXHOOHQJH

  (EG6I  (EG 6 'HU HQWVSUHFKHQGH 3DVVXV EHL 0DD‰ ODXWHW Ä'DV QlPOLFKH 8UWHLO ZDV IU PLFK

DQDO\WLVFKLVWNDQQIUHLQHQDQGHUQV\QWKHWLVFKVH\QLQGHPGHUHLQHGLHVHVGHUDQGHUHMHQHV GHU HLQH PHKU GHU DQGHUH ZHQLJHU LQ HLQHPJHJHEHQHQ %HJULIIH GHQNW³ LQ -RKDQQ *HEKDUG (KUHQUHLFK0DD‰8HEHUGHQK|FKVWHQ*UXQGVDW]GHUV\QWKHWLVFKHQ8UWKHLOHLQ%H]LHKXQJDXI GLH7KHRULHYRQGHUPDWKHPDWLVFKHQ*HZLVKHLW,Q30 ZLH$QP   6± KLHU6  )ODWW 0HWDSK\VLN9RUOHVXQJ ZLH $QP   6I 9JO HEG 6 Ä$XFK WUXJHQ PHKUHUH ,GHHQ 9RU.DQWLVFKHU 3KLORVRSKHQ ZDKUVFKHLQOLFK VHKU YLHO ]XU %LOGXQJ GLHVHV 6\VWHPV EHL 'LH+DXSW,GHHQGHUVHOEHQZHUGHQJU|VWHQWHLOVLQGHQ6FKULIWHQDQGHUHU3KLORVRSKHQVFKRQDQ JHWURIIHQ ZLHZRKO .DQW QLFKW VDJW>JHVWULFKHQ JHVWHKHQ ZLOO/$0@ GD‰ HU DXVGHQVHOEHQ JHVFK|SIW KDEH³ ,Q %H]XJ DXI +XPH VDJW )ODWW HV VHL ÄNODU GD‰ GLH +XPLVFKHQ 6FKULIWHQ .DQWHQ 9HUDQODVVXQJ JHJHEHQ KDEHQ ]X XQWHUVXFKHQ RE HV V\QWKHWLVFKH 8UWKHLOH D SULRUL JHEH³

Aspekte der Eberhard-Rezeption



VFKLFKWOLFKRULHQWLHUWH/HNWUH.DQWVXQGXPGDV9HUVWlQGQLVYRQGHVVHQ9RUOlX IHUQÄYRQGHU(QWVWHKXQJXQG*HVFKLFKWHGHU.DQWLVFKHQ&ULWLN³ 

 'LH5H]HQVLRQHQGHV3KLORVRSKLVFKHQ0DJD]LQVLQGHQ 7ELQJLVFKHQJHOHKUWHQ$Q]HLJHQ  (LQHDQGHUHZLFKWLJH4XHOOH]XU%HXUWHLOXQJGHU5H]HSWLRQ(EHUKDUGVLQ7ELQJHQ VLQGGLHTübingischen gelehrten AnzeigenDQKDQGGHUHQLP)ROJHQGHQGHQ5H]HQ VLRQHQ GHU (EHUKDUGVFKHQ 6FKULIWHQ NXU] QDFKJHJDQJHQ ZHUGHQ VROO (EHUKDUGV -RXUQDOHGDVPhilosophische Magazin ± XQGGDVPhilosophische Archiv ± GDVDXIGLHHUVWH=HLWVFKULIWIROJWHXQGGHUHQ7RQYHUVFKlUIWHZHUGHQ DXVIKUOLFKEHVSURFKHQXQGEHVRQGHUHU:HUWZLUGDXIGLH$XVHLQDQGHUVHW]XQJPLW .DQW JHOHJW 'LH 5H]HQVLRQHQ VLQG QDFK *HZRKQKHLW GHU =HLW LPPHU DQRQ\P QLFKWVGHVWRZHQLJHU EHVLW]HQ ZLU HLQLJH .ULWHULHQ GLH EHL GHU ,GHQWLIL]LHUXQJ GHV 5H]HQVHQWHQKLOIUHLFKVHLQN|QQHQ  ,P DOOJHPHLQHQ NDQQ PDQ DQQHKPHQ GDVV GLH 7ELQJHU 3URIHVVRUHQ IU GDV VFKZlELVFKH5H]HQVLRQVRUJDQLPHLJHQHQ)DFKJHELHWWlWLJZDUHQZDVHLQHDNWLYH 5ROOH)ODWWVLQ6DFKHQ0HWDSK\VLNQDKHOHJW$OVSURPLQHQWHU7ELQJHU.DQW,QWHU SUHWLVWHVHEHQ)ODWWGHU.DQWV6FKULIWHQUH]HQVLHUWZDVGHVVHQ7lWLJNHLWDOV5H ]HQVHQWDXFKGHUYRQ(EHUKDUGKHUDXVJHJHEHQHQ=HLWVFKULIWHQ]XIROJHUQJHVWDWWHW DXV FKURQRORJLVFKHQ *UQGHQ NDQQ )ODWWV $NWLYLWlW DOV 5H]HQVHQW QXU IU GDV Philosophische Magazin EHKDXSWHW ZHUGHQ  $X‰HUGHP JLEW HV HLQLJH H[SOL]LWH +LQZHLVHLQGHQ7H[WHQGHU5H]HQVLRQHQVHOEVWDXVGHQHQHUKHOOWGDVVGHU$XWRU   (EG6  5H] ]X 30 ZLH $QP       ,Q 7J$ ZLH $QP    6WFN  'HFHPEHU

 6±30 ZLH$QP   ,Q7J$ ZLH$QP 6WFN )HE UXDU 6±30 ZLH$QP I  ,Q7J$ ZLH$QP 6WFN  6HSWHPEHU 6±30 ZLH$QP   ,Q7J$ ZLH$QP 6WFN -DQXDU 6±30 ZLH$QP ±  ,Q7J$ ZLH$QP 6WFN $SULO 6±30 ZLH$QP   ,Q7J$ ZLH$QP 6WFN -XQL 6±30 ZLH$QP   ,Q7J$ ZLH$QP 6WFN 6HSWHPEHU 6±30 ZLH$QP ±  ,Q7J$ ZLH$QP  6WFN -DQXDU 6±30 ZLH$QP ±  ,Q7J$ ZLH$QP  6WFN 6HSWHPEHU 6±30 ZLH$QP   ,Q7J$ ZLH$QP  6WFN 'HFHPEHU 6±3KLORVRSKLVFKHV$UFKLY 3$   ,Q7J$ ZLH$QP 6WFN 0lU] 6±3$±  ,Q7J$ ZLH$QP    6WFN 6HSWHPEHU   6± 3$     ,Q 7J$ ZLH $QP    6WFN 0D\ 6±3$  ,Q7J$ ZLH$QP  6WFN -XOL  6±3$  ,Q7J$ ZLH$QP 6WFN 6HSWHPEHU  6±  )UGLHLQGHQTübingischen gelehrten AnzeigenHUVFKLHQHQHQ5H]HQVLRQHQ]X.DQWV :HUNHQ VLHKH $OEHUW /DQGDX +J  5H]HQVLRQHQ ]XU .DQWLVFKHQ 3KLORVRSKLH ± %HEUD  ZR GLH 5H]HQVLRQHQ ]XP Philosophischen Magazin XQG Philosophischen Archiv DEHU QLFKW ZLHGHUYHU|IIHQWOLFKWZHUGHQ )UDQ],P5HLFKHGHV:LVVHQV ZLH$QP 6I



Laura Anna Macor

)ODWWLVW'DVEHGHXWHWQLFKWGDVVDOOH5H]HQVLRQHQGHVPhilosophischen Archivs XQEHGLQJWYRQ)ODWWVWDPPHQ,QGUHL)lOOHQZHQQHVXP)ODWWV5ROOHLQGHUWKHR UHWLVFKHQ.RQWURYHUVHEHUGLH3KLORVRSKLH.DQWVXQGVHLQHEHWUHIIHQGHQ6FKULIWHQ JHKWVFKHLQWGHU5H]HQVHQWHLQHDQGHUH3HUVRQ]XVHLQ,P-DKUJDQJZHQQ GHU 5H]HQVHQW DXI (EHUKDUGV %HXUWHLOXQJ GHU .RQWURYHUVH ]ZLVFKHQ )ODWW XQG 5HLQKROG ]X VSUHFKHQ NRPPW UHIHULHUW HU (EHUKDUGV 8UWHLO GLH $UJXPHQWH GHV HUVWHQ VHLHQ ÄJUQGOLFKH JHQDX JHGDFKWH XQG PLW 3UlFL‰RQ DXVJHGUNWH %HPHU NXQJHQ³JLEWDEHUGLHEHWUHIIHQGHQ$XVGUFNHQLFKWDXVIKUOLFKZLHGHUÄXPQLFKW SDUWH\LVFK]XVFKHLQHQ³2EGLH*HIDKUGHU3DUWHLOLFKNHLWQXUDXVGHUEHVRQGHUHQ 3HUVSHNWLYHGHULPSOL]LHUWHQ=HLWVFKULIWGHUTübingischen gelehrten AnzeigenRGHU HEHQGHV9HUIDVVHUVGHUDOVR)ODWWZlUHKHU]XOHLWHQVHLNDQQPDQQLFKWHQWVFKHL GHQREZRKOGLH:DKUVFKHLQOLFKNHLWGHV]ZHLWHQ)DOOVPHLQHU0HLQXQJQDFKVHKU KRFKLVW,QDQGHUHQ)lOOHQNDQQGLH9HUIDVVHUVFKDIW)ODWWVDXVGHU$QDORJLHGHULQ GHVVHQ DQGHUHQ 9HU|IIHQWOLFKXQJHQ DQZHVHQGHQ $UJXPHQWDWLRQ JHVFKORVVHQ ZHU GHQ'LH]ZHL$XIVlW]HDXVGHPPhilosophischen Archiv]X5HLQKROGVNeuer EntdeckungGLH)ODWWLQVHLQHU5H]HQVLRQGHVVersuchs einer neuen Theorie des Vorstellungsvermögens OREHQG ]LWLHUW ZHUGHQ DXFK LQ GHQ Tübingischen gelehrten Anzeigen NXU] EHVSURFKHQ XQG ]ZDU LQ HLQHU DQ )ODWWV *HGDQNHQJDQJ VWDUN HULQ QHUQGHQ :HLVH $X‰HUGHP ZLUG DXI GHU YRUKHUJHKHQGHQ 6HLWH SROHPLVFK JHJHQ 5HLQKROG3RVLWLRQEH]RJHQZDVDOVHLQH(LJHQWPOLFKNHLW)ODWWVDQJHVHKHQZHUGHQ NDQQ 'DVVHOEH ELRJUDSKLVFKHµ $UJXPHQW NDQQ DXFK IU HLQH DQGHUH 5H]HQVLRQ LQ $QVSUXFK JHQRPPHQ ZHUGHQ LQ GHU DXI 5HLQKROG ]ZHLPDO SROHPLVFK %H]XJ   :HQQGHU5H]HQVHQW]XU%HVSUHFKXQJGHU)ODWWVFKHQFragmentarischen

BeyträgeLP6WFN GHV%DQGHVGHVPhilosophischen MagazinsNRPPWVDJWHUÄ(LQH5HFHQVLRQGHUYRQ5HFLP YRULJHQ-DKUHKHUDXVJHJHEHQHQfragmentarischen Beyträge zur Bestimmung und Deduction des Begriffs und Grundsatzes der CaussalitätGHUHQ9HUIVLFK0XQWHUVFKUHLEW5HFJODXEWGLH VHPNHLQJU|‰HUHV=HLFKHQVHLQHU+RFKDFKWXQJJHEHQ]XN|QQHQDOV³,Q7J$ ZLH$QP  6WFN )HEUXDU 6  9JO GLH IROJHQGHQ $XVGUFNH ÄGHU )ODWWLVFKHQ %H\WUlJH >«@ )ODWWV ,GHHQ³ ,Q 7J$ ZLH $QP 6WFN 6HSWHPEHU 6ÄYRQXQVHUP+UQ3URI)ODWW³,Q7J$ ZLH $QP    6WFN  -DQXDU   6 ÄYRQ XQVHUP +HUUQ 3URI )ODWW >«@ XQVHUV +UQ 3URI)ODWWV³,Q7J$ ZLH$QP 6WFN $SULO 66:HJHQGLHVHU :HQGXQJHQ QHLJH LFK )ODWW GLH 9HUIDVVHUVFKDIW GLHVHU 5H]HQVLRQHQ DE]XVSUHFKHQ ,P OHW]WHQ )DOOVFKHLQWDXFKQLFKWGHUDQGHUH3KLORVRSKLH3URIHVVRUGHU7ELQJHU8QLYHUVLWlWLQ)UDJH]X NRPPHQÄYRQXQVHUP+UQ3URI%|FN³ HEG6 =X%|NV7lWLJNHLWDOV5H]HQVHQWIUGLH 7J$VLHKH)UDQ],P5HLFKHGHV:LVVHQV ZLH$QP 6I  7J$ ZLH$QP 6WFN 6HSWHPEHU 6I(VNRQQWHLQ(LQ]HOQIlOOHQDXFK SDVVLHUHQGDVVQLFKWLQ7ELQJHQWlWLJH5H]HQVHQWHDQGHQ7J$PLWDUEHLWHWHQYJO)UDQ],P 5HLFKHGHV:LVVHQV ZLH$QP 6I  7J$ ZLH$QP 6WFN -XQL 6  (EG6ÄGHU9HUIDVVHUGHUneuen Theorie des Vorstellungsvermögens>«@IlOOWRIIHQEDU LQ:LGHUVSUXFKPLWVLFKVHOEVWZHQQHUHLQHUVHLWVOlXJQHW ZDVKantQLUJHQGVJHOlXJQHWKDW  GD‰LUJHQGHLQHVYRQGHQ3UlGLFDWHQGLHLQGHU9RUVWHOOXQJYRUNRPPHQ GHQ'LQJHQDQVLFK EH\JHOHJWZHUGHQN|QQHXQGDQGHUHUVHLWVEHKDXSWHWGD‰GDV'DVH\QGHU'LQJHDQVLFKJHZL‰ VHL³

Aspekte der Eberhard-Rezeption



JHQRPPHQXQGLKPYRUJHZRUIHQZLUGGHU.DQWLVFKHQ/HKUHQLFKWWUHXJHEOLHEHQ ]XVHLQ  'HQ XQWHUVFKLHGOLFKHQ 3RVLWLRQLHUXQJHQ GHU Tübingischen gelehrten Anzeigen REJOHLFKJHZLVVQLFKWUHLQ.DQWLVFKHQ$QVLFKWHQYHUSIOLFKWHWNDQQLPDOOJHPHLQHQ QLFKWHLQDQWL.DQWLVFKHV9RUXUWHLOYRUJHZRUIHQZHUGHQ(EHUKDUGZLUGDOV3KLOR VRSKXQG6FKULIWVWHOOHUH[SOL]LWJHOREWVHLQH(LQZUIHJHJHQGDVNULWLVFKH6\VWHP ZHUGHQ DXVIKUOLFK ZLHGHUJHJHEHQ GLVNXWLHUW DEHU QLFKW XQEHGLQJW EHMDKW 'LH 5H]HQVLRQ GHV HUVWHQ +HIWHV GHV Philosophischen Magazin EHJLQQW PLW GHU $QHU NHQQXQJYRQGHPÄ6FKDUIVLQQXQG7LHIVLQQ³GHPÄ*HVFKPDFN³GHUÄ*HOHKUVDP NHLW³GHPÄ7DOHQWGHU3UlFLVLRQXQG>GHU@'HXWOLFKNHLWLP9RUWUDJH³GLHGHU+HU DXVJHEHU EHVLW]W XQG GLH KRKH (UZDUWXQJHQ DQ GLH QHXH =HLWVFKULIW JHUHFKWIHUWL JHQ 6RIRUW ZLUG GLH $EVLFKW GHV Magazins GDUJHVWHOOW ÄWKHLOV GXUFK $XIVlW]H WKHLOV GXUFK 5HFHQVLRQHQ ]XU %HOHXFKWXQJ GHU .DQWLVFKHQ 3KLORVRSKLH EH\]XWUD JHQ³ZRHLQHVSH]LHOOH$XIPHUNVDPNHLWGHUÄ9HUJOHLFKXQJGHUQHXHQSKLORVRSKL VFKHQ 6SUDFKH PLW GHU DOWHQ³ JHVFKHQNW ZHUGHQ VROO +LHU EHJHJQHW PDQ QRFK HLQPDO GHUVHOEHQ SKLORVRSKLHJHVFKLFKWOLFKHQµ 3HUVSHNWLYH GLH VFKRQ LQ )ODWWV Fragmentarischen Beyträgen XQG Metaphysik-Vorlesung EHPHUNW ZXUGH 'LHVH Ä1HEHQHLQDQGHUVWHOOXQJGHV$OWHQXQGGHV1HXHQ³VROOÄHLQHULFKWLJHUH6FKlW]XQJ GHV :HUWKV YRQ EH\GHU XQG HLQH JHQDXHUH %HXUWKHLOXQJ GHU 1RWKZHQGLJNHLW XQG *UlQ]HQ GHU SKLORVRSKLVFKHQ 5HIRUPDWLRQ P|JOLFK PDFKHQ³ 1LFKW YRQ XQJHIlKU ZLUG GHU $XIVDW] Ueber die Schranken der menschlichen Erkenntniß GHU HLQH Ä8HEHUVLFKW GHV 8PIDQJV GHU PHQVFKOLFKHQ (UNHQQWQLV QDFK GHU /HLEQL]LVFKHQ +XPLVFKHQXQG.DQWLVFKHQ9HUQXQIWNULWLN³]XOLHIHUQEHVWLPPWLVWDOVHLQHÄ]ZDU NXU]HDEHUPHLVWHUKDIWH$EKDQGOXQJ³GHILQLHUW   7J$ ZLH $QP    6WFN  6HSWHPEHU   6 ÄRE DEHU +HUU Reinhold GHU

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Laura Anna Macor

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Aspekte der Eberhard-Rezeption



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Laura Anna Macor

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BERND OBERDORFER (Augsburg)

Sinnlichkeit und Moral. Zur Bedeutung der Erfahrungstheorie für die „intellektuelle und moralische Bildung des Menschen“ in Eberhards Allgemeiner Theorie des Denkens und Empfindens Johann August Eberhard fühlte, nein: wusste sich auf der Höhe der Zeit. Das mag überraschen bei einem Autor, der in der philosophiehistorischen Erinnerung allenfalls als „eklektischer Vielschreiber“,1 als anachronistische Spätgestalt der LeibnizWolffschen Schulphilosophie präsent geblieben ist, die der Wucht der Kantischen Angriffe nichts entgegen zu setzen hatte. Zwar ist gerade der letztgenannte Eindruck durch Manfred Gawlinas umfassende Rekonstruktion von Eberhards Streit mit Kant erschüttert worden;2 Originalität und Eigenständigkeit ist ihm damit freilich noch nicht notwendigerweise zugeschrieben. Wohlgemerkt: Auf der Höhe der Zeit wusste Eberhard sich nicht nur als aufklärerischer Theologe, der mit seiner Neuen Apologie des Sokrates die orthodoxe Theologie provozierte und eine geordnete kirchliche Karriere aufs Spiel setzte, sondern ebenso und mit Nachdruck als Philosoph. Davon legen – um gleich die Werke zu nennen, mit denen ich mich im Folgenden vorrangig beschäftigen werde – die Einleitungen seiner Allgemeinen Theorie des Denkens und Empfindens3 von 1776 wie seiner Sittenlehre der Vernunft4 von 1781 unzweideutiges Zeugnis ab. Die Aufgabe, die Eberhard seiner Epoche gestellt sah, bestand, kurz gesagt, in der Integration der sogenannten „untern Seelenkräfte“ in die Erkenntnistheorie, die Anthropologie und die Ethik. Die Sinnlichkeit sollte nicht mehr nur als störender Faktor vernünftiger Erkenntnis und verantwortlicher Lebensführung wahrgenommen werden, sondern in ihrer eigenständigen Bedeutung für die „intellektuelle und moralische Bildung des Menschen“5 Anerkennung finden. Deshalb bildet die Analyse des menschlichen Vorstellungsvermögens, die Eberhard in der Allgemeinen Theorie zu leisten beansprucht, die Grundlage seines Theorieprogramms. Dabei ist von vornherein eine elementare Verknüpfung der Vorstellungstheorie mit der Ethik unverkennbar, die sich spiegelbildlich auch in der Sittenlehre der Vernunft offenbart. Wollte man die 1

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Max Frischeisen-Köhler, Willy Moog: Friedrich Ueberwegs Grundriß der Geschichte der Philosophie. Dritter Teil: Die Philosophie der Neuzeit bis zum Ende des XVIII. Jahrhunderts. Stuttgart 141957 (= 121924), S. 473. Manfred Gawlina: Das Medusenhaupt der Kritik. Die Kontroverse zwischen Immanuel Kant und Johann August Eberhard. Berlin, New York 1996. Johann August Eberhard: Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens. Berlin 1776. [ND der Neuen verb. Aufl. Berlin 1786] Brüssel 1968 (= Aetas Kantiana Bd. 61). Nach dem Nachdruck im Folgenden zitiert als: AThDE. Johann August Eberhard: Sittenlehre der Vernunft. Berlin 1781. Verb. Aufl. Berlin 1786. Nach dieser Ausgabe im Folgenden zitiert als: SdV). AThDE (wie Anm. 3), S. 13.

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Bernd Oberdorfer

Leitimagination, die Eberhard antreibt, auf eine knappe Formel bringen, so könnte man sagen, Eberhards Denken kreise um die Frage, wie vernünftige Wirklichkeitserkenntnis und Wirklichkeitsgestaltung im Modus und unter den Bedingungen empirisch bestimmter Endlichkeit möglich sind. Dies will ich im Folgenden näher erläutern. Zunächst will ich eingehen auf Eberhards programmatische Selbstverortung in die Philosophiehistorie und den aktuellen philosophischen Diskurs. Dann möchte ich Grundzüge seines vorstellungstheoretischen Ansatzes in Erinnerung rufen und schließlich in einem dritten Schritt dessen ethische Implikationen herausarbeiten.6

1 Die Integration der „untern Seelenkräfte“ Die Einleitung der Allgemeinen Theorie des Denkens und Empfindens7 bietet einen interessanten Einblick in Eberhards Motivation und seine Deutung der zeitgenössischen philosophischen Situation. Fast uneingeschränkt stimmt er dem weit verbreiteten Vorwurf zu, lange Zeit habe die „speculative[] Philosophie“ „für den Gebrauch des Lebens wenig Nutzen“ gehabt.8 Dies sieht er (neben einer mangelnden Bereitschaft der „Weltweisen“ zu „Gefälligkeit“)9 darin begründet, dass die „ältere Philosophie“10 sich programmatisch von den empirisch-konkreten Lebensbedingungen der Menschen abgewendet habe, indem sie die „untern Seelenkräfte“11 gegenüber dem Intellekt gering schätzte. Ethisch habe dies die Forderung der möglichst vollständigen Befreiung des Verstandes und des Willens von den Empfindungen und Leidenschaften nach sich gezogen, die als „der Herrschaft des Körpers“ unterworfen galten;12 was für „abentheuerliche“ Konsequenzen das habe, könne man an den weltverneinenden Exzessen von Mystik und Asketentum besichtigen.13 Demgegenüber bietet sich der Gegenwart die Chance, „die Weltweisheit aus dem Himmel der Schulen herabzuziehen, und in die menschliche Gesellschaft einzuführen“.14 Denn jetzt habe man „angefangen […], sich mit den 6

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Vgl. dazu ausführlich Bernd Oberdorfer: Geselligkeit und Realisierung von Sittlichkeit. Friedrich Schleiermachers Theorieentwicklung bis 1799. Berlin, New York 1995, S. 98–147, sowie meinen Beitrag: Schleiermachers frühe Ethik in ihrem Verhältnis zu Johann August Eberhard. In: Ulrich Barth, Claus-Dieter Osthövener (Hg.): 200 Jahre „Reden über die Religion“. Berlin, New York 2000, S. 262–276. Die folgenden Belege im Text beziehen sich auf dieses Werk. AThDE (wie Anm. 3), S. 3. Ebd., S. 4. Ebd., S. 5. Ebd., S. 7. Ebd., S. 6. Zu Eberhards negativer Beurteilung der spätantiken und der mittelalterlichen Philosophie vgl. Johann August Eberhard: Allgemeine Geschichte der Philosophie. Zum Gebrauche academischer Vorlesungen. Halle 1788. AThDE (wie Anm. 3), S. 4.

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Empfindungen der menschlichen Seele näher bekannt zu machen, über dieselben Beobachtungen anzustellen, und diese Beobachtungen durch die Verbindung mit einer unverwickelten und lichtvollen Theorie fruchtbar zu machen“.15 Der Theorie fällt also die Aufgabe zu, „Beobachtungen“ der menschlichen Seelenprozesse so zu deuten, dass ihre Kenntnis der menschlichen Lebensführung dienlich ist. Vorausgesetzt ist dabei, dass die „Empfindungen“ eine konstitutive Rolle sowohl bei der Wirklichkeitserkenntnis als auch bei der Verhaltensorientierung spielen. Beides sieht Eberhard nun durch zwei neuere „Begebenheiten in der Geschichte der Philosophie“16 für erwiesen an: Zum einen habe die Entdeckung, dass die Farben „in den Gegenständen nichts Wirkliches und Selbstständiges seyn, sondern dass sie als sinnliche Eindrücke, auf die Art, wie sie durch die Sinnen erscheinen, empfunden würden“, den Blick auf die „Nothwendigkeit“ gelenkt, „sich mit diesem noch so fremden Theile des menschlichen Geistes bekannt zu machen, und seine Natur zu erforschen“.17 Zum anderen hätten „Beobachtungen über die moralischen Empfindungen“18 die Entdeckung einer „innige[n] Vereinigung der schönen Künste mit den moralischen Wissenschaften“ mit sich gebracht. Denn es war „die nämliche Empfindlichkeit“, die die Seele „zur Liebe des Schönen“ wie „zur Liebe des Guten neigte“.19 Diese Entdeckung habe nicht nur den Philosophen eine „Würde und Brauchbarkeit“ der „schönen Künste“ offenbart, „die man vorher nur ganz dunkel gefühlt hatte“.20 Vielmehr habe die Erkenntnis, „dass in der Seele gewisse unüberlegte Empfindungen des moralischen Guten und des intellektuellen Schönen seyn, womit die Gesetze des Naturrechtes und die Regeln des Geschmackes übereinstimmen“,21 die Aufgabe erzeugt, „von dieser Übereinstimmung Grund anzugeben“.22 Mit anderen Worten: Die offenkundige ‚Wahrheitsfähigkeit‘ der sinnlichen Empfindungen nötigt zur Annahme einer elementaren Gemeinsamkeit von Denken und Empfinden. Diese stellen gewissermaßen zwei unterschiedliche Modi seelischer Prozesse dar; Eberhard spricht von zwei Arten von „Vorstellungen“. Diese Überlegungen haben einen mindestens dreifachen Fokus: Zum einen soll dadurch die (relativ eigenständige) Bedeutung der Empfindungen für Wirklichkeitskonstitution und Weltumgang gewürdigt werden. Zum anderen sollen sie eine „lichtvolle“, also theoretisch geklärte Antwort auf die Frage ermöglichen, wie die Vernunft gestaltenden Einfluss auf die Lebensführung auszuüben vermag. Drittens

15 16 17 18 19 20 21 22

Ebd., S. 4f. Ebd., S. 7. Ebd., S. 8. EBd., S. 9. EBd., S. 10. Ebd. Ebd., S. 10; Hervorh. B.O. Ebd.

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aber soll dadurch auch ein Licht fallen auf die Vernunft selbst, genauer: auf deren konkrete Existenzweise in endlichen, sinnlich definierten Individuen. Bevor ich diese Konzeption in ihren Grundlinien skizziere, möchte ich einen Blick werfen auf Eberhards methodologischen „Vorbericht“ zu seiner Sittenlehre der Vernunft. Auch hier nennt er als sein spezifisches Interesse, worin er „von der Methode der gewöhnlichsten akademischen Lehrbücher abgewichen“ sei,23 das Bemühen, „die analytische Lehrart mit der synthetischen zu verbinden“.24 Interessanterweise ordnet er nun die verschiedenen „Lehrarten“ unterschiedlichen philosophischen Nationaltraditionen zu: Den synthetisch-deduktiven Weg hätten „die Deutschen größtentheils betreten […], seit dem Wolf[f] sie durch seinen ganz synthetischen Vortrag hinter sich hergezogen hat“.25 Die „Sittenlehrer anderer Nationen“ seien hingegen den „gerade entgegen gesetzt[en]“ Weg, nämlich den analytisch-induktiven, gegangen.26 Eberhard will „die tiefsinnige Gründlichkeit des Einen mit dem Erfahrungsschatz [,] dem Popularen und Praktischen der Andern verbinden“.27 Dabei will er den Nachteil des prinzipienorientierten Vortrags ausgleichen, der darin besteht, dass er für den „Anfänger“ „in einer zu großen Entfernung von dem [bleibt]“, was dieser „außer de[m]selben gehört und gelesen hat“.28 Auch entspricht der Ausgang von der Empirie den spezifischen Bedingungen „bey moralischen Untersuchungen“, die ein dreischrittiges Verfahren erforderlich machen: „Denn ob wir gleich bey der Empfindung in der Beurteilung der Sittlichkeit nicht dürfen stehen bleiben: so fangen wir doch allezeit dabey an, und wir fühlen nicht eher das Bedürfniß, die höhern Gründe der Sittlichkeit aufzusuchen, als bis wir die Unzulänglichkeit der Empfindung in Beurtheilung derselben erkannt haben“.29 Die Stärke der ‚ausländischen‘ Sittenlehrer (Eberhard zitiert im Folgenden bevorzugt englischsprachige Moralphilosophen wie Francis Hutcheson und Adam Smith)30 besteht also darin, der inneren Dynamik der moralischen Urteilsbildung selbst zu entsprechen. Allerdings gibt Eberhard – das macht gewissermaßen das ‚Deutsche‘ an ihm aus – den Anspruch auf allgemeingültige „Grundsätze“31 nicht auf. Diese synthetisch „erkannten Grundsätze“ müssen dann freilich in einem dritten Schritt erneut „in die Empfindung […] zurück[gebracht]“ werden, damit sie praktisch wirksam werden können.32 Auch dafür ist die analytisch-induktive Genetisierung der sittlichen Grundsätze33 von Nutzen, wird sie 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33

SdV (wie Anm. 4), zweite Seite des unpaginierten „Vorberichts“. Ebd. Ebd., dritte Seite des „Vorberichts“. Ebd. Ebd., vierte Seite des „Vorberichts“. Ebd., dritte Seite des „Vorberichts“. Ebd., zweite Seite des „Vorberichts“. Vgl. z.B. ebd., § 12, S. 14. Ebd. D.h. „wenn wir danach handeln sollen“ (ebd.). D.h. „der analytische Weg, auf den [sic!] wir zu ihnen hinansteigen“ (ebd.).

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doch „das Interesse, das Licht und das Praktische ihrer Untersuchung unfehlbar befördern“.34 Gerade die Bedürfnisse der sittlichen Lebensgestaltung nötigen also dazu, das Denken aus dem Himmel herab zu holen und durch Einbettung in die Analyse empirischer Erfahrung gleichsam zu ‚erden‘. Genau dies will Eberhard in der Allgemeinen Theorie leisten.

2 Die Interdependenz von „Denken und Empfinden“ Grundlegend für Eberhard ist, wie bereits gesagt, die Überzeugung, dass zwischen dem Bereich rationaler Einsicht und der als dunkel und verworren erfahrenen Sphäre des Gefühls ein nicht nur negativ besetzter, sondern ein konstitutiver Zusammenhang besteht. Intellekt und Willen bedürfen für ihren eigenen Vollzug der Empfindung, ebenso wie umgekehrt. Die faktische wechselseitige Beeinflussung von Denkkraft und Empfindungskraft erfordert nun nach Eberhard die Annahme einer fundamentalen Gemeinsamkeit beider, einer ursprünglichen Grundkraft der Seele, die sich sowohl als Denken wie auch als Empfinden äußern kann. Eine solche ursprüngliche Einheit der Seelenregungen anzunehmen ist im übrigen schon deshalb nötig, damit der Gedanke einer sich im Wechsel der Zeiten kontinuierlich erhaltenden identischen Person nicht aufgegeben werden muss; dieser Gedanke ist aber durch das empirische Gefühl der Einheit und Selbigkeit der Seele erzwungen, das alle Bewusstseinsakte begleitet und als die je unseren kennzeichnet. Eberhard findet die gesuchte Grundkraft in dem „Bestreben Vorstellungen zu haben“.35 Alle Seelenvermögen müssen sich dann als spezifische Ausformungen dieses Grundvermögens ableiten und voneinander unterscheiden lassen. Eberhard arbeitet dazu mit diversen Begriffspaaren wie Verworrenheit / Deutlichkeit oder chaotisch-unmittelbar / distinkt-strukturiert. Besonders wichtig ist dabei die Unterscheidung von Aktivität und Passivität. Denn da im Denken, das einen Ordnungszusammenhang erzeugt, die Selektivität des momentan verfolgten Gedankens mitgewusst wird, kann es als sich der eigenen „Willkühr“ verdankend und deshalb als Tätigkeit aufgefasst werden. Dies ist auch der Grund für das menschliche Freiheitsbewusstsein, da im Denken das Gegebensein anderer Möglichkeiten immer mitgewusst wird, die konkret vollzogene Wahl also dem denkenden Subjekt als eigene Leistung zugerechnet werden kann. Empfindungen hingegen werden als passiv empfangen und insofern als unwillkürlich und nur bedingt steuerbar und kontrollierbar erfahren.36 Allerdings sind diese Unterschiede nur relative. Es ist geradezu die Pointe von Eberhards Vorstellungstheorie, dass er höchst subtil Übergänge von Empfindung 34 35 36

Ebd., dritte Seite des „Vorberichts“. AThDE (wie Anm. 3), S. 33. Vgl. ebd., S. 38f.

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in Denken und wiederum von Denken in Empfindung rekonstruiert und auf diese Weise die Fülle der menschlichen Seinsäußerungen vollständig erfassen zu können beansprucht. Er unterstellt dazu ein stetiges Spektrum spezifischer Mischungsverhältnisse von Denken und Empfinden, wobei es ein reines Denken ebenso wenig gibt wie ein völlig unmittelbares, abstraktionsfreies Empfinden. Denken und Empfinden sind also immer kopräsent. Denn wenn Denken als Tätigkeit bestimmt ist, die von einer gegebenen Mannigfaltigkeit durch Abstraktion allgemeinere Formen und Strukturen abhebt, so ist es eben dadurch vom Gegebensein der Empfindungen abhängig. Umgekehrt könnten Empfindungen nicht als Empfindungen eines bestimmten Empfindenden begriffen werden, wenn nicht das Denken die Identifikation eines Subjekts von Tätigkeit und Empfinden ermöglichen würde. Ich will für Eberhards im einzelnen höchst komplexe Beschreibungen seelischer Transformationsprozesse nur zwei besonders signifikante Beispiele anführen: erstens die Überführung von unmittelbarer Empfindung in Reflexion, zweitens den „Uebergang des Denkens in das Wollen und Handeln“.37 2.1 Empfindung und Reflexion Empfindungen sind lebhaft, aber gerade deshalb auch bedrängend. Bei starker innerer Erregung empfindet die Seele in der totalisierenden Unmittelbarkeit der andrängenden Empfindungen distanzlos nur noch sich selbst, ist gleichsam von sich selbst benommen.38 Doch dieser Zustand ist instabil. Ein „Theil“39 des wegen seiner Unmittelbarkeit „blendenden Anblickes […] schwindet“ alsbald „in Dunkelheit weg und läßt nur noch der allmähligen Abwechslung einiger einzelner Ideen Platz“,40 die dann im Medium der Reflexion erfasst werden können. Der „wieder freyathmende“,41 d.h. sich von den andrängenden Empfindungen unterscheidende Mensch kann jetzt Gefallen daran finden, die vergangene Empfindung in ihren Teilen und in ihrem distinkten Zusammenhang zu analysieren. Dies geschieht im Medium der Sprache. Rationale Reflexion impliziert mithin eine Versprachlichung von Empfindung. Denn Denken ist nach Eberhard symbolische Erkenntnis, im Empfinden ist die Erkenntnis hingegen im Modus des Anschauens, weshalb beim Denken die Vorstellung des Zeichens klarer ist als die der Sache, beim Empfinden aber umgekehrt. Versprachlichung ist daher auf der einen Seite ein Implikat des sich von seiner Umwelt selbsttätig unterscheidenden, diese analysierenden, sich selbst steuernden Selbstbewusstseins. Durch die Versprachlichung kann auf der anderen Seite aber

37 38 39 40 41

Ebd., S. 61 Vgl. ebd., S. 116. Ebd. Ebd., S. 117. Ebd.

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auch die ansonsten strikt individuelle Empfindung anderen mitgeteilt werden. Dabei bleibt freilich die Distanz zur konkreten (unmittelbaren) Empfindung zugleich Ermöglichungsbedingung und Preis der Kommunikabilität. Die Reflexion kommt gleichsam immer zu spät, die Fülle der Konkretheit der vergangenen Empfindungen bleibt dem, der empfunden hat, selbst auf ewig verschlossen, und weit mehr noch denen, denen er seine Empfindung – d.h. genauer: seine Beschreibung jener Empfindung – mitteilt. Dieser Überlegungsgang kann, nebenbei gesagt, belegen, dass das Interesse an Sprache bereits in den Grundlagen von Eberhards Denken verankert ist. Möglicherweise lassen sich daher Eberhards späte sprachwissenschaftliche Arbeiten organischer in sein Gesamtwerk integrieren, als das auf den ersten Blick erscheinen mag. 2.2 Denken, Wollen und Handeln Der „Uebergang des Denkens in das Wollen und Handeln“ ist nach Eberhard ein „große[s] Geheimniß“.42 Zugleich hängt daran aber natürlich die Möglichkeit sittlich-vernünftiger Lebensgestaltung. Nun gibt es nach Eberhard weder Willensbestimmung noch Handlungsvollzug unabhängig vom Empfinden. Eberhard unterscheidet zwischen der Wärme, der Stärke und dem Licht einer handlungsleitenden Vorstellung. Je mehr kleinere Vorstellungen in einer größeren vereinigt werden, desto wärmer ist sie; stark ist sie entsprechend dem Maße, wie sie „die Begehrungskräfte und den Körper in Bewegung setzt“; ihr „Licht“ heißt hingegen ihr „höher[er] Grad an Klarheit“.43 Klarheit (also Denken) allein kann zwar über rechtes Handeln orientieren, dieses aber nicht selbst herbeiführen; umgekehrt bewirken Wärme und Stärke der Vorstellung (d.h.: Empfinden) ohne das Licht der Klarheit nur ziellose, unstrukturierte, im genauen Sinne unwillkürliche Handlungen. Rationale Willensbestimmung muss also mit motivierenden Empfindungen verbunden bzw. in gewisser Hinsicht sogar in solche übergeführt werden, wenn sie wirklich handlungsprägend werden soll. Mit anderen Worten: Die praktische Vernunft allein vermag ihre Maximen nicht ohne ein förderndes Zusammenspiel mit anderen Seelenkräften zur Geltung zu bringen. Entsprechend deutet Eberhard im Übrigen auch die Phänomene des „moralischen Sinnes“44 und des „Gewissens“:45 Sie repräsentieren vorreflexive, aber intensiv-lebhafte Formen des Bestimmt-Seins durch das vernünftige Sittengesetz. Sie sind weniger deutlich als der elaborierte Schluss, durch den die Vernunft das allgemeine Gesetz urteilend auf den je konkreten Einzelfall appliziert; dafür vollziehen sie diesen Schluss schneller, nämlich intuitiv42 43 44 45

Ebd, S. 61. Ebd., S. 62. Vgl. SdV (wie Anm. 4), §§ 51–56, S. 50–58. Vgl. ebd., §§ 67–82, S. 69–81; bes. §§ 70–72 und § 81.

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situativ, und erleichtern so eine zeitnahe und motivationsstarke Verhaltensorientierung.46 Die vernünftige Reflexion ist damit allerdings nicht unnötig gemacht. Denn moralisches Gefühl und Gewissen sind instabil und bedürfen der Übung und der Bildung, in denen sich gleichsam vernünftig überprüfte Erfahrungen gelingender Verhaltensorientierung akkumulieren und damit die bewusste Lebensgestaltung stabilisieren. Mit diesen Überlegungen sind wir bereits wieder zur Ethik zurückgekehrt. Im folgenden Abschnitt will ich zeigen, wie Eberhard in seiner Sittenlehre der Vernunft die Integration und ausbalancierte Aktualisierung der Fülle der Seelenkräfte geradezu zum Inbegriff der „Glückseligkeit“ und damit zur entscheidenden Aufgabe moralischer Lebensgestaltung erklärt.

3 Die „intellektuelle und moralische Bildung des Menschen“ Wie bereits gezeigt, will Eberhard in seiner Ethik ein analytisch-induktives mit einem synthetisch-deduktiven Verfahren zusammenführen. Er hält fest an der vernünftigen Allgemeingültigkeit des Sittengesetzes, problematisiert aber dessen Erkennbarkeit und Realisierbarkeit am Ort des konkreten Individuums. Ethik bestimmt er als die Wissenschaft der Kunstregeln der Glückseligkeit, d.h. als „Inbegriff“ der Orientierung über die Mittel, wie der Mensch durch sein Handeln zur Erlangung seiner eigenen Glückseligkeit beitragen kann und darum muss.47 In dieser Glückseligkeit liegt die wesensmäßige Bestimmung des Menschen, sie fällt deshalb zusammen mit seiner Vollkommenheit.48 Glückseligkeit wird nun definiert als Zustand, worin jemand „wahres Vergnügen ununterbrochen genießt“.49 Wann ein Vergnügen wahr ist, ist freilich nicht selbstevident; darüber befindet die Vernunft. Eberhards Ethik ist jedoch keineswegs in dem Sinn rationalistisch, dass sie intellektuellen Genuss sinnlicher Freude vorzuziehen nötigte. Glückseligkeit besteht vielmehr in der tunlichsten Kopräsenz und Zusammenstimmung der verschiedenen Arten von Vergnügen. Im möglichst wohlgeordneten Zusammenspiel, in der „beste[n] Abwechslung“ sinnlich-körperlicher, ästhetischer, intellektueller und moralisch-sozialer angenehmer Vorstellungen50 realisiert der Mensch sein Wesen. Da die menschliche Rezeptionskapazität begrenzt ist und mithin die bevorzugte Pflege einer Anlage die Einschränkung aller anderen nach sich zieht, folgt daraus aber, dass keine Anlage zu der ihr immanenten ‚absoluten‘ Vollkommenheit ausgebildet werden kann (und auch gar nicht soll!), sondern nur so weit, als sie in 46 47 48 49 50

Vgl. Oberdorfer: Geselligkeit und Realisierung (wie Anm. 6), S. 113–115. SdV (wie Anm. 4), § 1, S. 1. Vgl. ebd., § 3, S. 3. Ebd. Ebd., § 8, S. 8.

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konkreter Situation die harmonische Entfaltung auch der anderen fördert oder zumindest nicht blockiert.51 Kriterium der Handlungsorientierung für den konkreten Einzelnen in eingeschränkter Lage ist demnach nicht (oder nicht unmittelbar) das Ideal des allseits Perfekten, sondern die unter gegebenen Verhältnissen erreichbare gleichmäßige relative Realisierung aller Anlagen. Der Vernunft wird dabei die Kompetenz der Einsicht in das Wesen der einzelnen Anlagen und in ihr je förderliches Mischungsverhältnis zugeschrieben. Allerdings gehört die Vernunft ja ihrerseits zu den Anlagen, deren möglichst harmonische Entfaltung sie selbst steuern soll. Wie kann jene Fähigkeit im Ensemble der Seelenkräfte angemessen zur Geltung kommen? Ja, wie kommt es überhaupt zu einem adäquaten Wissen von der konkret erreichbaren (und insofern verpflichtend anzustrebenden) relativen Vollkommenheit? Eberhard hält zwar dezidiert an der vernünftigen Allgemeingültigkeit der grundlegenden Pflicht zur Selbstvervollkommnung fest, da an dieser die soziale Verbindlichkeit und rechtliche Durchsetzbarkeit aller moralischen Regeln hängt, und er fasst das ethische Urteil als klassischen Syllogismus von einer allgemeinen Regel auf kontingente Einzelfälle. Für den Vollzug des moralischen Urteils spielt aber auf beiden Ebenen, der Erkenntnis der allgemeinen Regel und der Anwendung dieser Regel auf den konkreten Einzelfall, die Empirie eine entscheidende Rolle. Denn dass die wesentliche Vollkommenheit des Menschen „in der Abzweckung seiner Fähigkeiten und Kräfte zur Glückseligkeit“ besteht,52 lässt sich nach Eberhard aufgrund der „menschliche[n] Schwachheit nicht aus Begriffen herleiten“,53 der Mensch muss dies vielmehr „aus der Erfahrung kennen lernen“.54 Es ist, anders gesagt, die glückhafte Erfahrung harmonisch aktivierter Seelenkräfte und der dabei entfalteten Selbsttätigkeit selbst, die diese Harmonie als die anzustrebende „Vollkommenheit“ auf- und einleuchten lässt und die Aufgabe, solche Harmonie in konkreten einzelnen Handlungen zu realisieren, die einzelnen Fähigkeiten in förderlichem Zusammenhang zu entfalten, zu üben, zu steigern, als die „Bestimmung des Menschen“55 erkennen lässt. Aufgabe der Bildung ist es, die gleichmäßige Entwicklung der Seelenvermögen zu fördern und dadurch der Vernunft mehr Raum zu verschaffen, die Persönlichkeit selbsttätig zu gestalten. Für die Frage, wie das am besten geschehen kann, wie also die „intellektuelle und moralische Bildung des Menschen“ am besten gefördert werden kann, gewinnt dann die empirische Psychologie entscheidende Bedeutung: Sie beschreibt, analysiert und systematisiert die einzelnen Fähigkeiten der Seele, erhellt ihre innere Einheit und ihr Verhältnis untereinander und zeigt auf, wie durch das beständige Bemühen um ein Gleichgewicht aller Fähigkeiten die höchste Summe realisierter 51 52 53 54 55

Vgl. ausführlich AThDE (wie Anm. 3), S. 169–173; 180; 194. SdV (wie Anm. 4), § 22, S. 23. Ebd., S. 23f. Ebd., S. 24. Ebd., § 23, S. 25.

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Fähigkeiten erreicht werden kann. Die empirische Psychologie liefert mithin die materiale Bestimmtheit der wesentlichen Vollkommenheit, und sie liefert Orientierungswissen für die konkrete Vervollkommnung. Der Plausibilitätsanspruch von Eberhards Vollkommenheits-Konzept basiert also auf einer empirischen Evidenz des Gelingens selbsttätig-rationaler Ausbalancierung der Seelenvermögen; diese Evidenz motiviert dazu, solche Balance immer neu anzustreben, und dazu hilft die empirische Psychologie durch geordnetes Erfahrungswissen. So eindrucksvoll dieses Konzept einer – modern gesprochen – ‚ganzheitlich‘prozessualen Selbstbildungs-Ethik zweifellos ist, ein Grundlagenproblem bleibt ungelöst. Warum nämlich gerade dieser empirischen Evidenz verbindlichkeitsbegründende Normativität zugeschrieben werden muss, kann Eberhard nicht mehr aus dieser Erfahrung selbst begründen. Er muss den entsprechenden Vollkommenheits-Begriff bereits voraussetzen, obwohl dieser doch aufgrund der entsprechenden empirischen Realität allererst erhoben werden soll. Diese Zirkularität liegt letztlich darin begründet, dass Eberhard ein Konzept endlicher Erkenntnis vertritt, das er nicht mit seinem Verständnis der durchgängigen rationalen Transparenz der Wirklichkeit zu vereinen vermag. Es gelingt ihm nicht zu zeigen, inwiefern der induktiv-empirische und der deduktive Erkenntnisgang in nicht-zirkulärer Weise aufeinander bezogen sind. Es gelingt ihm nicht, die Spannung aufzulösen, dass die Vernunft auf der einen Seite jenem Ensemble der Seelenkräfte ordnend gegenübersteht, dem sie auf der anderen Seite selbst zugehört. Hier stößt Eberhards Konzept zwar deutlich an seine Grenzen. Aber vielleicht markiert diese Aporie in gewisser Weise auch eine Stärke seines Ansatzes: Eberhard will sich weder auf einen relativistischen Empirismus zurückziehen noch den Anspruch der Vernunft auf Allgemeingültigkeit um den Preis einer dualistischen Abstoßung von der Sinnlichkeit durchsetzen. Man wird kaum sagen können, dass dieses Programm obsolet geworden wäre. Jedenfalls bleibt Eberhards Konzept einer empirisch illustrierten, psychologisch abgestützten, sich in Bildungsprozessen realisierenden, ‚geerdeten‘ Rationalität durchaus beeindruckend als der Versuch, Vernunft und Sinnlichkeit phänomennah zusammenzudenken. Immerhin hat Eberhards größter Schüler Friedrich Schleiermacher – wenn auch auf sehr eigenen Wegen – auf dieser Linie weitergedacht.

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2 Theologie

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6RFUDWHVFKULVWLDQXV±6RFUDWHVDWKHXV=XU9RUJHVFKLFKWH YRQ(EHUKDUGVNeuer ApologieLQGHU)UKHQ1HX]HLW   Rudolf zur Lippe zum 75. Geburtstag Das achtzehnte Jahrhundert […] hat aus ihm einen perorierenden Quäker gemacht, der ununterbrochen Weisheit und Edelmut ausdampfte und sogar gewagt, ihn mit Christus zu vergleichen. (JRQ)ULHGHOO 

,Q VHLQHU Neuen Apologie des Sokrates   XQWHUQLPPW -RKDQQ $XJXVW (EHU KDUG GHQ JUR‰ DQJHOHJWHQ 9HUVXFK GHQ GRJPDWLVFKHQ /HKUVDW] YRQ GHU 9HUGDP PXQJ GHU +HLGHQ ]X ZLGHUOHJHQ (U PRELOLVLHUW GDV JHVDPPHOWH 5VW]HXJ DXV :ROIIVFKHU 6FKXOSKLORVRSKLH SURWHVWDQWLVFKHU $XINOlUXQJVWKHRORJLH XQG SRSXODU SKLORVRSKLVFKHU $QWKURSRORJLH XP GDV DXJXVWLQLVFKH (UEH GHU FKULVWOLFKHQ 6Q GHQXQG5HFKWIHUWLJXQJVOHKUH ÄMHQHHQWNUlIWHQGHQWURVWORVHQXQGPHQVFKHQIHLQG OLFKHQ 6SLW]ILQGLJNHLWHQ GHV KHLO Augustinus³  ]XUFN]XZHLVHQ ,QGHP HU GHQ /LHEOLQJVSKLORVRSKHQGHU$XINOlUXQJGHUODXWHLQHP&LFHUR:RUWGLH3KLORVRSKLH YRP+LPPHODXIGLH(UGHJHKROWKDEH]XP$XVJDQJVSXQNWVHLQHU%HWUDFKWXQJHQ   

(JRQ)ULHGHOO.XOWXUJHVFKLFKWHGHU1HX]HLW0QFKHQ6 9HUZHQGHWH$XVJDEHQ-RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG1HXH$SRORJLHGHV6RNUDWHVRGHU8QWHUVX FKXQJGHU/HKUHYRQGHU6HOLJNHLWGHU+HLGHQ%G%HUOLQX6WHWWLQ%G%HUOLQX 6WHWWLQ  ,P )ROJHQGHQ DEJHNU]W EH]HLFKQHW DOV Neue Apologie %HOHJH ]LWLHUW PLW GHU 6LJOH1$U|PLVFKHU=LIIHUIUGHQ%DQG  1$, ZLH$QP 6  'LH6RNUDWHVUH]HSWLRQGHU$XINOlUXQJLVWJXWHUIRUVFKW9JO0DULR0RQWXRUL7KH5LVHRIWKH 6RFUDWLF3UREOHPLQWKHWK&HQWXU\$PVWHUGDP:ROIJDQJYRQ/|KQH\VHQ'HUVWHU EHQGH 6RNUDWHV -DFTXHV/RXLV 'DYLGV *HPlOGH YRQ  LP 5DKPHQ GHU *HLVWHVJHVFKLFKWH GHV  -DKUKXQGHUWV ,Q 6RNUDWHV *HVFKLFKWH/HJHQGH 6SLHJHOXQJHQ6RNUDWHV6WXGLHQ %G  +J Y +HUEHUW .HVVOHU =XJ  6± 'DQLHO .URFKPDOQLN 0RVHV 0HQGHOVVRKQ XQGGLH6RNUDWHV%LOGHUGHV-DKUKXQGHUWV,Q'DV/lFKHOQGHV6RNUDWHV6RNUDWHV6WXGLHQ ,9+JY+HUEHUW.HVVOHU=XJ6±PHWKRGLVFKEHUKROWDEHUDOV0DWHULDOIXQ GXV XQG $QUHJXQJ XQHUVHW]OLFK %HQQR %RHKP 6RNUDWHV LP  -DKUKXQGHUW 6WXGLHQ ]XP :HUGHJDQJGHVPRGHUQHQ3HUV|QOLFKNHLWVEHZXVVWVHLQV/HLS]LJ>1'1HXPQVWHU@ ZHLWHUHVSH]LHOOHUH/LWHUDWXUZLUGLQGHQIROJHQGHQ.DSLWHOQJHQDQQW  0DUFXV7XOOLXV&LFHUR7XVFXODQDUXPGLVSXWDWLRQXPOLEUL969JOGD]XLP.RQWH[WGHV QHX]HLWOLFKHQ:LVVHQVFKDIWVLGHDOV+DQV%OXPHQEHUJ'HU3UR]H‰GHUWKHRUHWLVFKHQ1HXJLHUGH >(UZXEHUDUE1'YÄ'LH/HJLWLPLWlWGHU1HX]HLW³@7HLO)UDQNIXUWD06± GHUEHVGLHHQWVSUHFKHQGHQbX‰HUXQJHQ3ODWRQVDXVZHUWHW=XU&LFHUR5H]HSWLRQGHU$XINOl UXQJ YJO *QWHU *DZOLFN &LFHUR DQG WKH (QOLJKWHQPHQW ,Q 6WXGLHV RQ 9ROWDLUH DQG WKH (LJKWHHQWK&HQWXU\  6±(EHUKDUGEHNHQQWVLFKDQDQGHUHU6WHOOH]XGLHVHP $XVVSUXFK GHU LQ GHU 6SlWDXINOlUXQJ ]XU /RVXQJ GHU SRSXODUSKLORVRSKLVFKHQ $QWKURSRORJLH DYDQFLHUWH 'LH 7KHRULH GHU (PSILQGXQJHQ GHU 6HHOH VR (EHUKDUG VWHOOH GHQ ÄHUVWH>Q@ XQG



Björn Spiekermann

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Socrates christianus – Socrates atheus



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Björn Spiekermann

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Socrates christianus – Socrates atheus



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*LH‰HQ6±DXVIKUOLFKHUPHWKRGLVFKUHIOHNWLHUWHUDEHUPLWGHXWOLFKKDUPRQLVLH UHQGHU 7HQGHQ] (UQVW %HQ] &KULVWXV XQG 6RNUDWHV LQGHU DOWHQ.LUFKH (LQ %HLWUDJ ]XP DOW NLUFKOLFKHQ 9HUVWlQGQLV GHV 0lUW\UHUV XQG GHV 0DUW\ULXPV ,Q =HLWVFKULIW IU GLH QHXWHVWD PHQWOLFKH:LVVHQVFKDIW  6±.ODXV'|ULQJ6RNUDWHVLP8UWHLOGHUIUKHQ &KULVWHQ,Q.HVVOHU/lFKHOQGHV6RNUDWHV ZLH$QP 6±



Björn Spiekermann

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Socrates christianus – Socrates atheus



 0DUVLOLR )LFLQR ±  QHEHQ 3LFR GHOOD 0LUDQGROD GHU IKUHQGH .RSI GHV )ORUHQWLQHU 5HQDLVVDQFHKXPDQLVPXV HQWZLUIW HLQH Theologia Platonica   XP GLH :DKUKHLW GHU FKULVWOLFKHQ 5HOLJLRQ JHJHQ GHQ VFKRODVWLVFKHQ $YHUURwVPXV]XYHUWHLGLJHQ'HUHQ%HZHLV]LHOHLQHUhEHUHLQVWLPPXQJYRQ5HOL JLRQXQG3KLORVRSKLHIROJWDXFK)LFLQRV(LQVFKlW]XQJGHV6RNUDWHVbKQOLFKZLH GLHIUKFKULVWOLFKHQ$SRORJHWHQKHEWHUhEHUHLQVWLPPXQJHQ]ZLVFKHQVRNUDWLVFKHU XQG FKULVWOLFKHU /HKUH KHUYRU ,QGHP HU DEHU 6RNUDWHV TXDVL W\SRORJLVFK DOV 9RUOlXIHU EH]HLFKQHW GHU DXI &KULVWXV ÄKLQJHGHXWHW³ KDEH ÄSUDHVLJQDYLVVH³  JHKWHUHLQHQHQWVFKHLGHQGHQ6FKULWWEHUGLH.LUFKHQYlWHUKLQDXV  (EHQVR ZLH )LFLQRV Theologia Platonica JHKW GLH Philosophia Christi GHV 'HVLGHULXV (UDVPXV JHVW   YRQ GHU .ULWLN DQ GHU WKHRORJLVFKHQ 6FKRODVWLN DXV6LHVWHKWMHGRFKQRFKZHLWGHXWOLFKHULP=HLFKHQPRUDOLVFKHQ+DQGHOQV6WlU NHU DOV )LFLQR QlKHUW VLFK (UDVPXV EHUGLHV GHP HEHQIDOOV VWRLVFKHQ *HGDQNHQ HLQHU QDWUOLFKHQ 7KHRORJLH DQ GHU GLH 0|JOLFKNHLW GHU *RWWHVHUNHQQWQLV LQ GHU 1DWXU GHV 0HQVFKHQ YHUDQNHUW XQG GDPLW SULQ]LSLHOO DXFK DXI GLH YRUFKULVWOLFKHQ +HLGHQDXVGHKQW'LHVHU*HGDQNHHUKlOWEHL(UDVPXVZLHVFKRQEHLGHQ.LUFKHQ YlWHUQ HLQH 6WW]H GXUFK HLQHQ QHXSODWRQLVFKHQ 6SLULWXDOLVPXV 'DGXUFK ZLUG HV (UDVPXV P|JOLFKGLHIKUHQGHQ9HUWUHWHUDQWLNHU:HLVKHLWGHU*HPHLQVFKDIWGHU +HLOLJHQDQ]XQlKHUQ$QNHLQHU)LJXUZLUGGDVGHXWOLFKHUDOVDQ6RNUDWHV'HVVHQ :HUWVFKlW]XQJ YRQ FKULVWOLFKHU 6HLWH HUUHLFKW EHL (UDVPXV LKUH ZLUNPlFKWLJVWH )RUPXOLHUXQJLQGHPYLHO]LWLHUWHQ$XVUXIÄ6DQFWH6RFUDWHRUDSURQRELV³,QGHV   9JOQDFKZLHYRU3DXO2VNDU.ULVWHOOHU'LH3KLORVRSKLHGHV0DUVLOLR)LFLQR)UDQNIXUWD0

IHUQHU,YDQ3XVLQR)LFLQRVXQG3LFRVUHOLJL|VSKLORVRSKLVFKH$QVLFKWHQ,Q=HLWVFKULIW IU .LUFKHQJHVFKLFKWH    6± QHXHUGLQJV :DOWHU $QGUHDV (XOHU Ä3LD SKLORVRSKLD³HWÄGRFWDUHOLJLR³7KHRORJLHXQG5HOLJLRQEHL0DUVLOLR)LFLQRXQG*LRYDQQL3LFR GHOOD0LUDQGROD0QFKHQ  9JOHEG6I0LFKDHO-%$OOHQ0DUVLOLR)LFLQR6RFUDWHVDQGWKH'DLPRQLF9RLFHRI &RQVFLHQFH ,Q 9LYHQV +RPR    6± -DPHV +DQNLQV 6RFUDWHV LQ WKH ,WDOLDQ 5HQDLVVDQFH ,Q $ &RPSDQLRQ WR 6RFUDWHV +J Y 6DUD $KEHO5DSSH 0DOGHQ  6±   %ULHIDQGHQ7KHRORJHQ3DROR)HUREDQWL,Q0DUVLOLR)LFLQR2SHUDRPQLD7XULQ>1'G $XVJ%DVHO@%G,6>(SLVWRODUXP/LE9,,,@Ä0LWWRSUDHWHUHDPXOWD6RFUDWLVWDP IDFWDTXDPGLFWDQRQDELSVRTXLGHPVHGDGLVFLSXOLVHLXVTXDWXRUSUDHFLSXHVFULSWLTXLEXV &KULVWLDQD ILGHV DGXHUVXV /XFLDQXP PD[LPH FRQILUPDWXU 0XOWD HQLP VXQW  HD TXLGHP PD[LPD TXDH GH QXPLQH KXLF LQIXVR GHTXH DEVWUDFWLRQH PHQWLV D FRUSRUH  TXDVL TXDGDP WUDQVILJXUDWLRQHWUDGXQWXU³  (EGÄ1LVLXHUWHUHWRSWLPH3DXOHIRUHQRQQXOOORVTXLXHOSUDXLWDWH>VLF@LQJHQLMXHOSDUXLWDWH LXGLFLM DOLR TXDP QRV ORTXDPXU VHQVX FDSWHQW VLQJXOD GHPRQVWUDUHP 6RFUDWHP  VL QRQ IL JXUHTXD,REDWTXH,RKDQQHV%DSWLVWDWDPHQDGXPEUDWLRQHIRUWHTXDGDP&KULVWXPVDOXWLVDX WKRUHPTXDVL XWLWDORTXDU SUDHVLJQDXLVVH>«@³  =XP 3UREOHPIHOG LQVJHVDPW YJO ;DYLHU 7LOOLHWWH 3KLORVRSKLVFKH &KULVWRORJLH (LQH +LQIK UXQJ $XV GHP )UDQ]|VLVFKHQ EHUWUDJHQ YRQ -|UJ 'LVVH (LQVLHGHOQ )UHLEXUJ  EHV 6± Ä&KULVWXVVXPPXVSKLORVRSKXV³ ]XÄ6RNUDWHVXQG-HVXV³6±  9JOHEG6±  (UDVPXVYRQ5RWWHUGDP$XVJHZlKOWH6FKULIWHQLQDFKW%lQGHQ/DWHLQLVFKXQGGHXWVFK+J Y :HUQHU :HO]LJ 'DUPVWDGW  %G  &ROORTXLD)DPLOLDULDhEHUV HLQJHO X PLW $QP YHUVHKHQYRQ:HUQHU:HO]LJ6Ä3URIHFWRPLUDQGXVDQLPXVLQHRTXL&KULVWXPDFVDFUDV



Björn Spiekermann

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 *HJHQ GLH YHUPHLQWOLFKH &KULVWLDQLVLHUXQJ DQWLNHU 3KLORVRSKHQ GXUFK (UDVPXV ZHQGHW VLFK

HQWVFKLHGHQ&RUQHOLV$XJXVWLMQ'LH(NNOHVLRORJLHGHV(UDVPXV,Q'HUV(UDVPXV'HU+X PDQLVWDOV7KHRORJHXQG.LUFKHQUHIRUPHU/HLGHQXD6±EHV6  )ULHGULFK $OEHUW /DQJH *HVFKLFKWH GHV 0DWHULDOLVPXV XQG .ULWLN VHLQHU %HGHXWXQJ LQ GHU *HJHQZDUW/HLS]LJ6YJODX‰HUGHP'HUV9LYHV,Q(QF\NORSlGLHGHVJHVDP WHQ(U]LHKXQJVXQG8QWHUULFKWVZHVHQV+JY.DUO$GROI6FKPLGYHUE$XIOIRUWJHVY :LOKHOP 6FKUDGHU %G  /HLS]LJ  6± QHXHUH /LWHUDWXU YHU]HLFKQHW &KULVWLDQ .DKO 9LYHV -XDQ /XLV ,Q %LRJUDSKLVFK%LEOLRJUDSKLVFKHV .LUFKHQOH[LNRQ %DXW]  %G  +HU]EHUJ6S±  -XDQ/XLV9LYHV2SHUD2PQLD%GH+JY*UHJRULR0D\iQV\6LVFDU9DOHQFLD± >1'/RQGRQ@%G6Ä6RFUDWHVSULPXVSKLORVRSKLDPLQFRHOLVHOHPHQWLVTXHYHU VDQWHPHWGLYDJDQWHPDGFLYLWDWXPDWTXHKRPLQXPVLQJXORUXPXVXVYLWDPTXHGHYRFDYLW³  9JO /DQJH 9LYHV ZLH $QP   6± =X QHQQHQ LVW EHVRQGHUV GHU 7UDNWDW In pseudodialecticosYRQ9JOGD]XGLH(LQOHLWXQJLQ-XDQ/XLV9LYHV,QSVHXGRGLDOHFWL FRV $ &ULWLFDO (GLWLRQ ,QWURG WUDQVO DQG FRPPHQWDU\ E\ &KDUOHV )DQWD]]L /HLGHQ  6±  =X6RNUDWHVDOV*HJHQW\SXVGHVÃPRURVHQµ*HOHKUWHQLPIUKHQ-DKUKXQGHUWYJO:LOKHOP .KOPDQQ *HOHKUWHQUHSXEOLN XQG )UVWHQVWDDW (QWZLFNOXQJ XQG .ULWLN GHV GHXWVFKHQ 6SlW KXPDQLVPXVLQGHU/LWHUDWXUGHV%DURFN]HLWDOWHUV7ELQJHQ6±  6GD]XREHQ$QP  9LYHV2SHUD ZLH$QP %G6Ä1RQLOOHSKLORVRSKLDPGHWUD[HUDWHFRHORVLPRGR YHUDP JHUPDQDPTXH YLUWXWHP WUDGLGLVVHW VHG SRWLXV YDJDQWHP DF YRODQWHP WHPHUH PDJQDVTXHDPEDJHVQHTXLFTXDPVXVSLFLHQWHPLQFRHOXPUHWXOHUDWXWHDPLELKRPLQHVTXDHUH UHQWTXRHVVHQWSHULOODPUHYHUVXUL³  9JOHEG6I

Socrates christianus – Socrates atheus



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Björn Spiekermann

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Socrates christianus – Socrates atheus



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Björn Spiekermann

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Socrates christianus – Socrates atheus



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Björn Spiekermann

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Socrates christianus – Socrates atheus



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Socrates christianus – Socrates atheus



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Björn Spiekermann

HPSIHKOHQ'LHVHW\SLVFKKXPDQLVWLVFKH0HLQXQJGLHVLFKHLQHUFKULVWLDQLVLHUHQ GHQ 'HXWXQJ HQWKlOW ZlKUHQG VLH JOHLFK]HLWLJ 9HUGDPPXQJVXUWHLOH UHODWLYLHUW YHUWULWWQRFKXP  HLQHUGHUOHW]WHQ 9HUWUHWHUGHVQLHGHUOlQGLVFKHQ6SlWKXPD QLVPXVGHU3KLORORJHXQG7KHRORJH-RKDQQ/H&OHUF &OHULFXV LQVHLQHU$EKDQG OXQJDe SocrateHLQHUGHUHORTXHQWHVWHQXQGZRKOZROOHQGVWHQ:UGLJXQJHQGHV 3KLORVRSKHQ  6RNUDWHVDOVLGHDOHU6WDDWVEUJHU±GLHVH7HQGHQ]SUlJWDXFKHLQHGHUPHLVWJHOHVH QHQ 6FKULIWHQ EHU GHQ DWKHQLVFKHQ 3KLORVRSKHQ GLH LP JOHLFKHQ -DKU ZLH +HLQVLXV¶ 5HGH HUVFKHLQW  YHU|IIHQWOLFKW )UDQFRLV &KDUSHQWLHU 0LWJOLHG GHU $FDGHPLHIUDQoDLVHXQGHLQIOX‰UHLFKHU.RPEDWWDQWLQGHUQuerelle des Anciens et des ModernesVHLQHVie de SocrateGLHDOV(UJlQ]XQJ]XVHLQHU;HQRSKRQhEHU VHW]XQJ JHGDFKW LVW *HZLGPHW LVW VLH GHP PlFKWLJVWHQ NLUFKOLFKHQ :UGHQWUlJHU GHV /DQGHV .DUGLQDO 0D]DULQ &KDUSHQWLHUV ELRJUDSKLVFKHU (VVD\ ZHUWHW DOOH EHNDQQWHQ 4XHOOHQ EHU 6RNUDWHV DXV XQG EHPKW VLFK VR QDFK KXPDQLVWLVFKHP 9RUELOG XP HLQ KLVWRULVFKNULWLVFKHV 9HUVWlQGQLV 'DV VFKOlJW VLFK DXFK LQ GHU )UDJHQDFKGHU6HOLJNHLWRGHU&KULVWOLFKNHLWGHV3KLORVRSKHQQLHGHUGLHPLWZHQQ DXFKZRKOZROOHQGHU1HXWUDOLWlWJHKDQGKDEWZLUG:LHEHL/D0RWKHOH9D\HUZLUG GLH3DJDQLVLHUXQJXQGPRUDOLVFKH,QNULPLQDWLRQGHUDQWLNHQ3KLORVRSKHQGXUFKGLH .LUFKHQYlWHU PLW GHUHQ PLVVLRQDULVFKHQ $EVLFKWHQ HUNOlUW XQG GDPLW KLVWRULVFK UHODWLYLHUW'DEHL]HLJHQVLFKEHUHLWV$QVlW]H]XMHQHU+DOWXQJ]XU$QWLNHGLHVLFK LQ GHU Querelle VFKOLH‰OLFK GXUFKVHW]HQ VROOWH 0LW DOOHP 6HOEVWEHZXVVWVHLQ GHU 0RGHUQHQµ PDFKW &KDUSHQWLHU GHXWOLFK GDVV PDQ GDUEHU KHXWH DQGHUV GHQNH XQG NRPPW GDKHU ]X GHP 8UWHLO GDVV ]ZLVFKHQ DQWLNSDJDQHU XQG FKULVWOLFKHU 0RUDOLWlW NHLQ .RQNXUUHQ]YHUKlOWQLV PHKU ]X EHVWHKHQ EUDXFKH Ä2Q SHXW OX\ ODLVVHUVDYHUWX VDUHQRPPpHWRXWHHQWLHUHVDQVGLPLQXsUODJORLUHGHV6DLQWV  VDQVWURXEOHUOHVWULRPSKHVGX&KULVWLDQLVPH³(UQHXWVRUJWGLHVWULNWH7UHQQXQJ GHU.RPSHWHQ]EHUHLFKHYRQ7KHRORJLHXQG3KLORVRSKLHIUHLQHPLOGH%HXUWHLOXQJ  ,, =ZLVFKHQSROLWLVFKHU.OXJKHLWXQGKLVWRULDOLWHUDULD 6RNUDWHVLQGHUGHXWVFKHQ)UKDXINOlUXQJ  (VLVWNHLQ=XIDOOGDVV&KDUSHQWLHUV:HUNHLQ'ULWWHOMDKUKXQGHUWVSlWHUGRUWUH]L SLHUW ZLUG ZR HLQH lKQOLFKH .RPELQDWLRQ DXV NULWLVFKHU 'LVWDQ] ]XU *HVFKLFKWH XQGSUDJPDWLVFKHU:HOWNOXJKHLWYRUKHUUVFKW,QGHUGHXWVFKHQ)UKDXINOlUXQJGLH   9JOGD]X.KOPDQQ*HOHKUWHQUHSXEOLN ZLH$QP 6±  -RKDQQ/H&OHUF'H6RFUDWH,Q$HVFKLQL6RFUDWLVGLDORJLWUHV>«@9HUWLWHWQRWLVLOOXVWUDYLW

-RKDQQHV &OHULFXV FXMXV  DG FDOFHP DGGLWDH VXQW 6LOYDH 3KLORORJLFDH $PVWHUGDP  6±KLHU6  )UDQoRLV &KDUSHQWLHU /D YLH GH 6RFUDWH >@ 7URLVqPH (GLWLRQ UHYHXs  DXJPHQWpH $PVWHUGDP6Ä0DLVSXLVTX¶DXMRXUG¶KX\RQQHFRQWHVWHSOXVVXUFHSRLQW³  (EG

Socrates christianus – Socrates atheus



VLFKHLQHNULWLVFKH(NOHNWLNHEHQVRDXIGLH)DKQHQJHVFKULHEHQKDWWHZLHGLH$E ZHKU ZHOWIUHPGHU ÃSHGDQWLVFKHUµ %XFKJHOHKUVDPNHLW  IHUWLJW &KULVWLDQ 7KRPDVLXV GHU IKUHQGH .RSI GHU GHXWVFKHQ )UKDXINOlUXQJ HLQH hEHUVHW]XQJ YRQ &KDUSHQWLHUV 6FKULIW DQ XQG JLEW LKU GHQ SURJUDPPDWLVFKHQ 7LWHO Das Ebenbild eines wahren und ohnpedantischen Philosophi. 'DPLW LVW GHU 6WDUWVFKXVV JHIDOOHQIUGLHEHLVSLHOORVH9HUHKUXQJGHV6RNUDWHVGXUFKGLHHXURSlLVFKH$XINOl UXQJ  :lKUHQGGHUDUWLJH.HQQ]HLFKQXQJHQ6RNUDWHV]XP6LQQELOGIUGLHSURJUHVVLY HPDQ]LSDWLYHQ =JH GHV =HLWDOWHUV VWLOLVLHUHQ QLFKW ]XOHW]W IU GLH )RUGHUXQJHQ QDFK'HQNIUHLKHLW7ROHUDQ]XQGLQGLYLGXHOOHU6HOEVWEHVWLPPXQJEHZHJHQVLFKGLH )UKDXINOlUHU DXV WLHIHU hEHU]HXJXQJ QRFK JDQ] LQ hEHUHLQVWLPPXQJ PLW GHU SURWHVWDQWLVFKHQ  /HKUPHLQXQJ =ZDU HUVFKHLQW 6RNUDWHV KLHU DOV *DOLRQVILJXU HLQHUÄRKQSHGDQWLVFKHQ³:HOWZHLVKHLW7KRPDVLXVOlVVWMHGRFKQLFKWGHQJHULQJV WHQ=ZHLIHOGDUDQGDVVHUYRQHLQHU&KULVWLDQLVLHUXQJGHV6RNUDWHVRGHUDXFKQXU HLQHU*OHLFKVHW]XQJYRQKHLGQLVFKHUXQGFKULVWOLFKHU0RUDOQLFKWVZLVVHQZLOO,Q VHLQHU9RUUHGHEHULFKWHWHUYRQGHP3ODQ]ZHLHU$EKDQGOXQJHQGHUHQHLQHRIIHQ EDUDXVJHJHEHQHP$QODVVÄGXUFKVDWWVDPH*UQGH³KlWWHEHZHLVHQVROOHQ GD‰6RFUDWHVEH\DOOHUVHLQHU7XJHQGQLFKWZHLWHUJHJDQJHQDOVHLQ3KLORVRSKXVGXUFK+OIIH GHVDOO]XVFKZDFKHQQDWUOLFKHQ/LFKWHVJHKHQNDQXQGGD‰REHUVFKRQGHP&KULVWHWKXPE VHKUQDKHXQGYLHOOHLFKWQlKHUDOVNHLQHLQLJHUYRQGHQHQ+H\GQLVFKHQ3KLORVRSKHQJHNRP PHQ MHGHQQRFK HLQ ZDKUHU &KULVW YHUPLWWHOVW GHU KHLOLJHQ (UOHXFKWXQJ *|WWOLFKHU *QDGH IU YLHOK|KHUXQGJHOHKUWHU]XDFKWHQVH\DOVKXQGHUW6RFUDWHV>«@

'DULQ LVW NHLQHVZHJV HLQ /LSSHQEHNHQQWQLV DXV SROLWLVFKHU .OXJKHLW ]X VHKHQ VRQGHUQ YLHOPHKU GLH hEHU]HXJXQJ GHV 1DWXUUHFKWVOHKUHUV 7KRPDVLXV GDVV GLH /HW]WEHJUQGXQJPRUDOLVFKHQ+DQGHOQVLQQHUKDOEHLQHUPHQVFKOLFKHQ*HVHOOVFKDIW QXUGXUFKGLH$QQDKPHHLQHVJ|WWOLFKHQ:LOOHQVJDUDQWLHUWZHUGHQNDQQ  5LFKWHW VLFK GHU LQ 6RNUDWHV YHUN|USHUWH HNOHNWLVFKH $QVSUXFK DXI 6HOEVWGHQNHQ XQG 3UIXQJ EHUOLHIHUWHU 0HLQXQJHQ EHL 7KRPDVLXV YHUVWlUNW DXI HWKLVFKH XQG UHFKWOLFKH )UDJHQ VR ZLUG HU EHL DQGHUHQ 9HUWUHWHUQ GHU )UKDXINOlUXQJ ]XU PH WKRGLVFKHQ5LFKWVFKQXUKLVWRULVFKHUDOVRDXFKSKLORVRSKLHKLVWRULVFKHU$UEHLW'DV KDW QLFKW ]XOHW]W )ROJHQ IU GLH KLVWRULVFKH )LJXU GHV 6RNUDWHV ,P 8PIHOG GHU   =X&KDUSHQWLHUXQG7KRPDVLXVYJO%RHKP6RNUDWHV ZLH$QP 6±

 9JOGD]XGLHVHKUHUKHOOHQGHQ%HPHUNXQJHQYRQ:LOKHOP6FKPLGW%LJJHPDQQ6RNUDWHVLP

'LFNLFKW GHU GHXWVFKHQ $XINOlUXQJ ,Q 'HU IUDJHQGH 6RNUDWHV +J Y .DUO 3HVWDOR]]L 6WXWWJDUW/HLS]LJ6±EHV6±  'DV (EHQELOG HLQHV ZDKUHQ XQG RKQSHGDQWLVFKHQ 3KLORVRSKL 2GHU 'DV /HEHQ 6RFUDWLV $XV GHP )UDQW]|VLVFKHQ GHV +HUUQ Charpentier LQV 7HXWVFKH EHUVHW]W YRQ &KULVWLDQ 7KRPDV ->XULV@&>RQVXO@WR+DOOH9RUUHGHIRO>DY@  9JO &KULVWRSK /LQN &KULVWHQWXP XQG PRGHUQHU 6WDDW =XU *UXQGOHJXQJ HLQHV IUHLKHLWOLFKHQ 6WDDWVNLUFKHQUHFKWV LP $XINOlUXQJV]HLWDOWHU ,Q &KULVWHQWXP 6lNXODULVDWLRQ XQG PRGHUQHV 5HFKW +J Y /XLJL /RPEDUGL 9DOODXUL *HUKDUG 'LOFKHU 0DLODQG :LHVEDGHQ  6± 



Björn Spiekermann

JHOHKUWHQhistoria literariaWULWWGLH)UDJHQDFKGHU6HOLJNHLW]XUFNXQGZLUG]XP *HJHQVWDQGVRXYHUlQHU4XHOOHQDXVZHUWXQJGKVLHWDXFKWDOVHLQH0HLQXQJQHEHQ YLHOHQ DQGHUHQ DXI XQG ZLUG ZHLWJHKHQG QHXWUDO UHIHULHUW 'HU GDULQ ZLUNVDPH DNWLYH/LEHUDOLVLHUXQJVHIIHNWGDUIQLFKWXQWHUVFKlW]WZHUGHQHUVWHOOWQLFKWQXUHLQ 6\PSWRP GDU VRQGHUQ WUHLEW GLH (QWZLFNOXQJ DNWLY YRUDQ ,QGHP GLH historia literaria PHWKRGLVFK LP =HLFKHQ GHU (NOHNWLN VWHKHQG GLH )DFKJHVFKLFKWH GHU HLQ]HOHQDNDGHPLVFKHQ'LV]LSOLQHQ±LQXQVHUHP)DOOGHU3KLORVRSKLH±]XVFKUHL EHQXQWHUQLPPWXQGDXVGHUHQMHZHLOLJHU(LJHQORJLNKHUDXVHQWZLFNHOWHQWKlOWVLH VLFKIDFKIUHPGHUDOVRDXFKWKHRORJLVFKHU8UWHLOH  (QWVFKHLGHQG IU XQVHUHQ =XVDPPHQKDQJ LVW GHU 8PVWDQG GDVV ]XJOHLFK PLW GHP9HUVXFKHLQHU&KULVWLDQLVLHUXQJDXFKGHU9RUZXUIGHV$WKHLVPXV IDOOHQJHODV VHQZLUGGHULP-DKUKXQGHUWDQGLH6HLWHGHURUWKRGR[HQ6HOLJNHLWVYHUZHLJH UXQJJHWUHWHQZDU'DV]HLJWVLFKEHLGHPHLQIOXVVUHLFKHQ-HQHQVHU3KLORVRSKHQ XQG7KHRORJHQ-RKDQQ)UDQ]%XGGHGHU6RNUDWHVLQVHLQHQTheses theologicae de atheismi et superstitione   YRP 9HUGDFKW GHV $WKHLVPXV IUHLVSULFKW HV EHVWlWLJWVLFKLQ-DNRE)ULHGULFK5HLPPDQQVHistoria atheismi  GHUHQ6RN UDWHV$UWLNHO HLQHQ SHUIRUPDWLYHQ :LGHUVSUXFK YROO]LHKW LQGHP GHU 3KLORVRSK ]ZDUDXIJHQRPPHQGDQQDEHULQGHUSRO\KLVWRULVFKHQ=XVDPPHQVFKDXGHU4XHO OHQEHKXWVDPH[NXOSLHUWZLUGXQGVFKOLH‰OLFKLQ%UXFNHUVPRQXPHQWDOHUHistoria critica philosophiae ± ZRGLHYHUVFKLHGHQHQ0HLQXQJHQ]XP7KHPD QFKWHUQ UHJLVWULHUW ZHUGHQ DOOHQ H[WUHPHQ 3RVLWLRQHQ MHGRFK HLQH $EVDJH HUWHLOW ZLUG   =XP

*HVDPWSKlQRPHQ YJO )UDQN *UXQHUW )ULHGULFK 9ROOKDUGW +J  +LVWRULD OLWHUDULD 1HXRUGQXQJHQGHV:LVVHQVLPXQG-DKUKXQGHUW%HUOLQ 6R HWZD EHL $QWRQ 5HLVHU 'H RULJLQH SURJUHVVX HW LQFUHPHQWR $QWLWKHLVPL VHX $WKHLVPL HSLVWRODULVGLVVHUWDWLRDG>«@7KHRSKLOXP6SL]HOLXP$XJVEXUJ6 9JOGDV.DSLWHOSocrates ab atheismi suspicione liberatur ± ,Q-RKDQQ)UDQ]%XGGH 7KHVHV 7KHRORJLFDH GH $WKHLVPR HW 6XSHUVWLWLRQH 8WUHFKW  >@ 'DVV 6RNUDWHV NHLQ $WKHLVW JHZHVHQ VHL Ä(XP DXWHP QRQ IXLVVH DWKHXP³  KHL‰W HV GRUW HUKHOOH KLQOlQJOLFK DXV GHU'DUVWHOOXQJGHVVRNUDWLVFKHQ*RWWHVELOGVEHL;HQRSKRQ 6$QP  9JO -DNRE )ULHGULFK 5HLPPDQQ +LVWRULD XQLYHUVDOLV DWKHLVPL HW DWKHRUXP IDOVR HW PHULWR VXVSHFWRUXP   0LW HLQHU (LQO KJ Y :LQIULHG 6FKU|GHU 6WXWWJDUW %DG &DQQVWDWW  3KLORVRSKLVFKH&ODQGHVWLQDGHUGHXWVFKHQ$XINOlUXQJ,, 6±±5HLPPDQQV8UWHLO EHU6RNUDWHVIlOOWLQGHVEHUUDVFKHQGPLOGHDXV6RNUDWHVVHLDOVHUVWHUZHJHQGHV9HUGDFKWV DXI$WKHLVPXVDQJHNODJWYHUXUWHLOWXQGKLQJHULFKWHWZRUGHQMHGRFK]X8QUHFKW ÄVHGLQMXVWH³ 6  6HLQ $UWLNHO GHU HLJHQWOLFK QXU HLQH .RPSLODWLRQ YRQ $XVVDJHQ EHNDQQWHU $XWRUHQ GDUVWHOOW GLVWDQ]LHUW VLFK YRQ GHP ([WUHP GHU RUWKRGR[HQ $EXUWHLOXQJ HEHQVR ZLH YRQ GHP HLQHUYRUVFKQHOOHQ+HLOLJVSUHFKXQJÄ,PR UHSHUWLVXQWQRQQXOOLTXLDEXQRH[WUHPRGHODSVL VXQW DG DOWHUXP SOXUD GHGHUXQW 6RFUDWL TXDP IDV HVW  ILGHL QRVWUDH UHJXOD SHUPLWWLW XW -XVWLQXV0DUW\U>«@³ 6I  9JO -RKDQQ -DFRE %UXFNHU +LVWRULD FULWLFD SKLORVSKLDH 7RPXV SULPXV /HLS]LJ  >1' +LOGHVKHLP1HZ@ 9JO *QWHU *DZOLFN 'LH HUVWHQ GHXWVFKHQ 5HDNWLRQHQ DXI $ &ROOLQV¶ Ä'LVFRXUVH RI )UHH

7KLQNLQJ³YRQ,Q(NOHNWLN6HOEVWGHQNHQ0QGLJNHLW+JY1RUEHUW+LQVNH+DPEXUJ  $XINOlUXQJ   6± GHUV Ä9RQ 'XOGXQJ GHU 'HLVWHQ³ =X HLQHP 7KHPD GHU /HVVLQJ=HLW,Q1HXHV]XU/HVVLQJ)RUVFKXQJ,QJULG6WURKVFKQHLGHU.RKUV]X(KUHQDP $XJXVW+JY(YD-(QJHOX&ODXV5LWWHUKRII7ELQJHQ6±

Socrates christianus – Socrates atheus



(UDVPXVPLW+HUEHUWV.RQ]HSWHLQHUQDWUOLFKHQ5HOLJLRQLQGDVHUGLH)LJXUGHV 6RNUDWHVQXUQRFKHLQ]XVHW]HQEUDXFKW 62&5$7(6WKHGLYLQHVW0DQWKDWHYHUDSSHDU¶GLQWKH+HDWKHQ:RUOGDQGWRZKRVH9LUWXH DQG:LVGRPDOO$JHVVLQFHKDYHGRQHMXVWLFHZDVDYHU\JUHDWFreethinker+HQRWRQO\GLV EHOLHY¶GWKHGodsRIKLV&RXQWU\>«@EXWREWDLQ¶GDMXVW1RWLRQRIWKH1DWXUHDQG$WWULEXWHVRI *RG H[DFWO\ DJUHHDEOH WR WKDW ZKLFK ZH KDYH UHFHLY¶G E\ 'LYLQH 5HYHODWLRQ DQG EHFDPH D WUXH Christian LI LW EH DOORZ¶G WKDW WKH 3ULPLWLYH )DWKHUV XQGHUVWRRG ZKDW WUXH &KULVWLDQLW\ ZDV 

(U]LWLHUW-XVWLQ0DUW\UVRGDQQDXVIKUOLFKGLHEHNDQQWH6WHOOHDXV(UDVPXV¶ColloquiaXQGNRPPWVFKOLH‰OLFK]XP$VHELHSUR]HVV'LH+LQULFKWXQJZLUGYRQ&RO OLQV QLFKW PHKU SUlFKULVWOLFK JHGHXWHW YLHOPHKU ZLUG 6RNUDWHV ]XP 0lUW\UHU GHV )UHLGHQNHUWXPVVWLOLVLHUW >«@6RFUDWHVKDGWKHFRPPRQIDWHRIFree-ThinkersWREHFDOXPQLDWHGLQKLVOLIHWLPHIRUDQ Atheist >«@ DQG DW OHQJWK VXIIHU¶G WKDW 3XQLVKPHQW IRU Free-Thinking ZKLFK .QDYHU\ DQG )ROO\ >«@ DUH HYHU UHDG\ WR LQIOLFW RQ DOO WKRVH ZKR KDYH WKH +RQHVW\ DQG &RXUDJH WR HQGHDYRXUWRLPLWDWHKLP

'RUW ZR GHU 'HLVPXV LQ 'HXWVFKODQG ]XVWLPPHQG DXIJHQRPPHQ ZLUG VR YRU DOOHPLQGHPYRQ:ROIIEHHLQIOXVVWHQ/HLS]LJHU*RWWVFKHG.UHLVZLUGDXFKGLH 5HKDELOLWDWLRQ GHU +HLGHQ YRUDXVJHVHW]W ,Q HLQHU 5HGH GLH *RWWVFKHG ]ZLVFKHQ XQGYRUGHPHQJHUHQ.UHLVGHUÄ6RFLHWDV&RQIHUHQWLXP³KlOWVHW]WHU VLFKGLH)UDJHYRUWie sich ein Weltweiser, der von einer göttlichen Offenbarung nichts wüßte, zufrieden stellen könnte $OV 6FKXOIDOO ZHUGHQ HLQPDO PHKU GLH %HLVSLHOH WXJHQGKDIWHU 3KLORVRSKHQ KHUDQJH]RJHQ QHEHQ $ULVWLGHV 6RNUDWHV XQG 9HUWUHWHUQGHU6WRDVWHKWKLHULQWHUHVVDQWHUZHLVH.RQIX]LXV*RWWVFKHGIRUPXOLHUW VHLQH$QWZRUWDXIGLH)UDJHDOV0RQRORJHLQHVVROFKHQ:HOWZHLVHQ'DV(UJHEQLV EHUUDVFKW QLFKW QHX LVW GLH GHP OLWHUDULVFKHQ 0HGLXP JHVFKXOGHWH HPRWLRQDOH )RUPXOLHUXQJ GHU DXINOlUHULVFKHQ 9HUQXQIWUHOLJLRQ Ä6R EOHLEH LFK GHQQ EH\ GHP 6LFKHUVWHQ GDV LVW EH\ GHP ZDV PLFK GDV UHLQH /LFKW GHU 9HUQXQIW YRQ GLU R *RWWXQGPHLQHQ+DQGOXQJHQOHKUHW³8QGVFKOLH‰OLFKÄ6RNDQQLFKPLFKGHQQ  $QWKRQ\&ROOLQV$'LVFRXUVHRI)UHH7KLQNLQJ)DNVLPLOH1HXGUXFNGHU(UVWDXVJDEH/RQGRQ

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Björn Spiekermann

PLWY|OOLJHU6LFKHUKHLWDXIGLFKR(ZLJHUYHUODVVHQVRNDQQLFKPLFKDXFKLW]R LQ GLH $UPH GHLQHU 9RUVLFKW ZHUIHQ XQG HV LQ DOOHU *HODVVHQKHLW HUZDUWHQ ZDV GHLQHYlWHUOLFKH)UVRUJHQRFKIHUQHUEHUPLFKEHVFKORVVHQKDW³,QLKUHUUKHWR ULVFK LQVWUXPHQWLHUWHQ 'HPRQVWUDWLRQ HUJHEHQHU )U|PPLJNHLW JHJHQEHU HLQHP K|FKVWHQ:HVHQJHK|UWGLHVH5HGHQHEHQGHQHQWVSUHFKHQGHQ0RQRORJHQLQYHU VFKLHGHQHQ Sokrates'UDPHQ ]X GHQ ZLFKWLJVWHQ JDWWXQJVJHVFKLFKWOLFKHQ 9RUOlXIHUQYRQ(EHUKDUGVHLJHQWOLFKHUApologieGHUILQJLHUWHQ9HUWHLGLJXQJVUHGH GHV 3KLORVRSKHQ LP ]HKQWHQ .DSLWHO , ±  %H]HLFKQHQGHUZHLVH EOHLEW GLH 5HGHELVLQGLHIQI]LJHU-DKUHXQYHU|IIHQWOLFKW  

  0LWDOOGHPLVWHLQ*HJHQJHZLFKW ]XUDXJXVWLQLVFKHQ6QGHQWKHRORJLHJHVFKDIIHQ GDVGLH9HUGDPPXQJGHU+HLGHQIUZHLWH7HLOHGHU*HELOGHWHQLQDN]HSWDEHOZHU GHQ OlVVW =XJOHLFK LVW GLH *UXQGODJH EHUHLWHW XP LKQHQ LP 5DKPHQ GHU QDWUOL FKHQ 5HOLJLRQ GLH 6HOLJNHLW ]X]XVSUHFKHQ 'LHVH 6FKOXVVIROJHUXQJ ZLUNW GRJPD WLVFKXPVRZHQLJHUDQVW|‰LJMHZHLWHUVLFKGLH7KHRORJLHGHUQDWUOLFKHQ5HOLJLRQ DQQlKHUW *HQDX GDV LVW GHU 9RUJDQJ GHU VLFK LQ GHU SURWHVWDQWLVFKHQ 7KHRORJLH GHV  -DKUKXQGHUWV DEVSLHOW =XJOHLFK ZLUG GLH %HUXIXQJ DXI 6RNUDWHV HSLGH PLVFK9RQHLQHUKLVWRULVFKHQ)LJXUDQGHUPDQHQWZHGHUSKLORVRSKLVFKH/HK UHQ RGHU YRUELOGKDIWH /HEHQVIKUXQJ EHZXQGHUWH YRP ([HPSHO IU GDV 9RUKDQ GHQVHLQIURPPHUXQGWXJHQGKDIWHU+HLGHQZLUGHUQXQ]XP0\WKRV]XP6\PERO  (EG6 'DV ZRKO EHNDQQWHVWH

([HPSHO GLHVHU *DWWXQJ VWDPPW YRQ 9ROWDLUH 'LHVHU OLWHUDWXU JHVFKLFKWOLFKH$VSHNW PXVVKLHUOHLGHUJDQ]DXVJHVSDUWEOHLEHQ9JOQHEHQ%RHKP6RNUDWHV ZLH $QP   SDVV EHV 5RVH 0DU\ 'DYLV 7KRPVRQ DQG 9ROWDLUH¶V Socrate ,Q 30/$    +  6± IHUQHU .URFKPDOQLN 0HQGHOVVRKQ ZLH $QP   6I /|KQH\VHQ'HUVWHUEHQGH6RNUDWHV ZLH$QP 6I 'LHVH7KHVHGLHELVKHXWHPLWGHP1DPHQGHV7KHRORJLHKLVWRULNHUV(UQVW7URHOWVFKYHUEXQGHQ LVWKDWVLFKELVLQGLH*HJHQZDUWDOVWUDJIlKLJHUZLHVHQ$XFKZHQQGHUGLUHNWH(LQIOXVVGHV HLJHQWOLFKHQ 'HLVPXV DXI GLH GHXWVFKH $XINOlUXQJVWKHRORJLH JHULQJHU JHZHVHQ LVW DOV 7URHOWVFK DQJHQRPPHQ KDW ]X GLHVHP (UJHEQLV JHODQJW &KULVWRSKHU 9RLJW 'HU HQJOLVFKH 'HLVPXVLQ'HXWVFKODQG(LQH6WXGLH]XU5H]HSWLRQHQJOLVFKGHLVWLVFKHU/LWHUDWXULQGHXWVFKHQ =HLWVFKULIWHQ XQG .RPSHQGLHQ GHV  -DKUKXQGHUWV 7ELQJHQ  EHV 6±  NDQQ GLH WKHRORJLVFKH $GDSWLRQ GHU QDWUOLFKHQ 5HOLJLRQ DOV LKU PD‰JHEOLFKHV &KDUDNWHULVWLNXP JHOWHQ 9JO (UQVW 7URHOWVFK 5HOLJLRQVZLVVHQVFKDIW XQG 7KHRORJLH GHV  -DKUKXQGHUWV ,Q 3UHX‰LVFKH -DKUEFKHU    6± GHUV 'HU 'HLVPXV   ,Q 'HUV *HVDPPHOWH6FKULIWHQ%G$XIVlW]H]XU*HLVWHVJHVFKLFKWHXQG5HOLJLRQVVR]LRORJLH+JY +DQV %DURQ 7ELQJHQ  6± ± =XP *HVDPWELOG LPPHU QRFK XQYHU]LFKWEDU (PPDQXHO+LUVFK*HVFKLFKWHGHUQHXHUQHYDQJHOLVFKHQ7KHRORJLHLP=XVDPPHQKDQJPLWGHQ DOOJHPHLQHQ%HZHJXQJHQGHVHXURSlLVFKHQ'HQNHQV%G*WHUVORK± 9JO GD]X DXVIKUOLFK %RHKP 6RNUDWHV ZLH $QP   IU GHQ IUDQ]|VLVFKHQ 6SUDFKUDXP JUXQGOHJHQG5D\PRQG7URXVVRQ6RFUDWHGHYDQW9ROWDLUH'LGHURWHW5RXVVHDX/DFRQVFLHQFH HQIDFHGXP\WKH3DULV &ROOHFWLRQÃ7KqPHVHW0\WKHVµ 

Socrates christianus – Socrates atheus



IUGLH$XINOlUXQJVHOEVW *OHLFKZRKON|QQHQJHLVWHVJHVFKLFKWOLFKH.HQQ]HLFK QXQJHQ ZLH ÄGDV VRNUDWLVFKH -DKUKXQGHUW³ RGHU EHJULIIOLFKH +\SRVWDVLHUXQJHQ ZLH Ä6RNUDWLVPXV³ NHLQH PHWKRGLVFKH *HOWXQJ EHDQVSUXFKHQ  1LFKW QXU GLH )UHLGHQNHU±DXFK.ULWLNHUGHU$XINOlUXQJ =LQ]HQGRUI+DPDQQ EHUXIHQVLFKDXI LKQLP1DPHQHLQHUSLHWLVWLVFKHPSILQGVDPHQ*HIKOVIU|PPLJNHLW+DWWHHU]XYRU PHLVWHQV QHEHQ 6HQHFD (SLNWHW =HQR 3ODWR XQG DQGHUHQ JHVWDQGHQ JHZLQQW HU QXQ HLQHQ GHXWOLFKHQ 9RUVSUXQJ YRU GHQ DQGHUHQ 'HQNHUQ 'LH )UDJH QDFK GHU 6HOLJNHLWWULWWGDEHL]XQlFKVWLQGHQ+LQWHUJUXQGXQGZLUGHUVWGXUFKGHQ6WUHLWXP 0DUPRQWHOVBelisaireQRFKHLQPDO]XP*HJHQVWDQGHLQHUHXURSlLVFKHQ'HEDWWH  ,Q VHLQHU Neuen Apologie des Sokrates IKUW (EHUKDUG VFKOLH‰OLFK EHLGH )lGHQ ]XVDPPHQ ,QVRIHUQ NRPPW VHLQHU 6FKULIW REVFKRQ VLH VLFK QLFKW DXI GHP 5H IOH[LRQVQLYHDXGHUNULWLVFKHQ3KLORVRSKLHEHZHJWHLQHHUKHEOLFKHHSRFKDOH6LJQL ILNDQ]]X$XFKZHQQGHU.RQIOLNWXPGLH6HOLJNHLWGHUKHLGQLVFKHQ:HLVHQGDPLW QLFKWYROOVWlQGLJEHLJHOHJWZDUGDUIPDQDQQHKPHQGDVV(EHUKDUGV3RVLWLRQGHQ 6WDQGSXQNW ]DKOUHLFKHU *HELOGHWHU LQ GHQ VLHE]LJHU -DKUHQ GHV  -DKUKXQGHUWV ZLGHUVSLHJHOW (V VROO DOVR QLFKW GHU (LQGUXFN HUZHFNW ZHUGHQ DOV KDEH VLFK GLHVH6LFKWDXIGDV+HLGHQWXPPLW(EHUKDUGVFKODJDUWLJDOVGLHKHUUVFKHQGHGXUFK JHVHW]W %HJUHLIOLFKHUZHLVH HQWIDFKW DXFK (EHUKDUGV Neuer Apologie VHOEVW QRFK HLQPDO GLH .ULWLN GHU SURWHVWDQWLVFKHQ 2UWKRGR[LH DEHU DXFK GHQ :LGHUVSUXFK /HVVLQJV XQG GXUFKDXV PRGHUDW JHVRQQHQHU 7KHRORJHQ *OHLFKZRKO GDUI (EHU KDUGV$EKDQGOXQJDOVOHW]WHJUR‰H6WHOOXQJQDKPHXQGJHZLVVHUPD‰HQDOV6FKOXVV SXQNW GHU 'LVNXVVLRQ DQJHVHKHQ ZHUGHQ 1LFKW ZHLO GLH 2UWKRGR[LH VFKOLH‰OLFK HLQJHOHQNW KlWWH 'DV ZlUH ZRKO NDXP ]X HUZDUWHQ VRQGHUQ ZHLO VHLW GHP (QGH GHV-DKUKXQGHUWVVFKOLFKWNHLQ'LVNXVVLRQVEHGDUIPHKU]XEHVWHKHQVFKHLQW  9JOHEG6 6RGHU7LWHOYRQ*QWHU)XQNHVYRU]JOLFKHU(LQOHLWXQJ]X'LH$XINOlUXQJ,QDXVJHZlKOWHQ

7H[WHQGDUJHVWHOOWYRQ*)6WXWWJDUW6±HEHQVR5DIIDHOH&LDIDUGRQH(LQOHLWXQJ ,Q 'LH 3KLORVRSKLH GHU GHXWVFKHQ $XINOlUXQJ 7H[WH XQG 'DUVWHOOXQJ 'HXWVFKH %HDUE Y 1RUEHUW+LQVNHX5DLQHU6SHFKW6WXWWJDUW6±KLHU6 'LHVHVK\SRVWDVLHUHQGH9HUIDKUHQLVWGLH6FKZlFKHGHV%XFKVYRQ%RHKP>ZLH$QP@GHU %HJULII DXFK EHL 7URXVVRQ 6RFUDWH ZLH $QP   6 Ä,O SRXYDLW GqV ORUV H[LVWHU XQ ÃVRFUDWLVPHµFRPPHLOH[LVWDLWXQFKULVWLDQLVPH³ (EHUKDUG JODXEW LP 9RUZRUW ]XU GULWWHQ $XIODJH   ± DOVR LP -DKU GHV :|OOQHUVFKHQ 5HOLJLRQVHGLNWV±HLQHVSUEDUH/LEHUDOLVLHUXQJIHVW]XVWHOOHQ 1$,>ZLH$QP@69Ä'HQQ HV NDQQ HLQHP DXIPHUNVDPHQ %HREDFKWHU GHV *DQJHV GHU WKHRORJLVFKHQ /LWWHUDWXU QLFKW XQEHPHUNWEOHLEHQGD‰QLFKWZHQLJH*HGDQNHQXQG9RUVWHOOXQJVDUWHQGLH]XU=HLWGHUHUVWHQ $XIODJH QRFK QHX XQG NKQ ZDUHQ MHW]W EH\ GHP XQWHUULFKWHWHUQ 7KHLOH GHU /HVHU JHPHLQHU JHZRUGHQVLQGXQGYLHOHVYRQLKUHP1HXHQXQG$XIIDOO>HQ@GHQYHUORKUHQKDEHQ³ 9JOGD]XYRUDOOHP (EHUKDUGV9RUUHGH]XU]ZHLWHQ$XIODJHGHUNeuenApologie 1$,>ZLH $QP@69,,±;,, IHUQHUGDV9RUZRUWYRQ:DOWHU6SDUQ]XP5HSULQWGHU$SRORJLHLQGHU 5HLKHHistoria Scientiarum +LOGHVKHLP>XD@ 69 ±;;;,,, KLHU69,,, IZHLWHUH +LQZHLVH EHVRQGHUV IU GHQ QLHGHUOlQGLVFKHQ 5DXP ELHWHW (LFNPH\HU 0DUPRQWHO ZLH $QP $QPX =XP6RNUDWHVELOGGHV-DKUKXQGHUWVYJO.DUOIULHG*UQGHU6RNUDWHVLP-DKUKXQGHUW,Q 'HUV5HIOH[LRQXQG.RQWLQXLWlWHQ=XP*HVFKLFKWVGHQNHQGHUOHW]WHQ-DKU]HKQWH*|WWLQJHQ 6±



Björn Spiekermann

1LHPDQGKDWGDVSRLQWLHUWHUDXVJHGUFNWDOVGHULURQLVFKH$XINOlUHU*HRUJ&KULV WRSK/LFKWHQEHUJGHULQHLQHU1RWL]GHUVSlWHQQHXQ]LJHU-DKUHIHVWKLHOWÄ6RNUDWHV ZlUHJHZL‰HLQVHKUJXWHU&KULVWJHZRUGHQ³

 *HRUJ &KULVWRSK /LFKWHQEHUJ 6FKULIWHQ XQG %ULHIH +HUDXVJHJHEHQ YRQ :ROIJDQJ 3URPLHV

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*,29$11$'¶$1,(//2 %DUL  

9RQGHU5HOLJLRQ]XU7KHRORJLH 6FKOHLHUPDFKHUDOV6FKOHU(EHUKDUGV"   1DFK ZLH YRU VHKU XPVWULWWHQ LVW GHU (LQIOXVV (EHUKDUGV DXI 6FKOHLHUPDFKHU RE ZRKO GLH %HUKUXQJVSXQNWH QLFKW IHKOHQ 6LH UHLFKHQ YRQ GHU 3KLORVRSKLHJH VFKLFKWH E]ZGHU%HJHLVWHUXQJIU3ODWRXQGIUGLH(WKLN$ULVWRWHOHV EHUGLH SKLORVRSKLVFKH(UNHQQWQLVWKHRULH E]ZGLH9HUEUHLWXQJGHVYRQ(EHUKDUGKHUDXV JHJHEHQHQPhilosophischen Magazins PLWVHLQHUEHNDQQWHQ 3ROHPLNJHJHQ .DQWV .ULWL]LVPXV  XQG GLH SKLORVRSKLVFKH 6LWWHQOHKUH E]Z GLH =HQWUDOVWHOOXQJ GHV ÄPRUDOLVFKHQ*HIKOV³DOV%HZHJXQJVJUXQGGHVPHQVFKOLFKHQ+DQGHOQV ELVKLQ ]XU7KHRORJLH E]Z]XUÄJHVFKLFKWOLFKHQ0LVVLRQ³GHV5DWLRQDOLVPXVGDV'RJPD GHU 5HIRUPDWLRQ 3XQNW IU 3XQNW DXI]XO|VHQ  'LH ZHVHQWOLFKH 9HUZDQGWVFKDIW  

6FKOHLHUPDFKHUV%HVFKlIWLJXQJPLWGHUDQWLNHQ3KLORVRSKLHVWDPPWRKQH=ZHLIHOYRQVHLQHP 8PJDQJPLW(EHUKDUG'DUEHUNDQQPDQEHLVSLHOVZHLVHIROJHQGH%HLWUlJHOHVHQ3DXO.URNHU 'LH7XJHQGOHKUH6FKOHLHUPDFKHUVPLWVSH]LHOOHU%HUFNVLFKWLJXQJGHU7XJHQGOHKUH3ODWRV(U ODQJHQ*XVWDY$GROI.UDSI3ODWRQLF'LDOHFWLFVDQG6FKOHLHUPDFKHU¶V7KRXJKW$Q(V VD\WRZDUGVWKH5HLQWHUSUHWDWLRQRI6FKOHLHUPDFKHU«@XWLOHVVXQWDG GHLJORULDPKLQFDGLOOXVWUDWLRQHPJORULDHGLYLQDH††>«@(UJRUHOLJLRHVWILQLVFUH DWLRQLV XOWLPXV † ³ ,Q %DXPJDUWHQV $XIIDVVXQJ LVW DOVR GLH 5HOLJLRQ OHW]WHV =LHO GHU 6FK|SIXQJ  69 ZLH$QP †  (EG†  (EG†



Giovanna D’Aniello

'XUFK GLH Religion befördert GHU 0HQVFK VHLQH Glückseligkeit GHQQ HU YHUPHKUHW GDGXUFK VHLQHVollkommenheiten>«@'LH5HOLJLRQLVWDOVRGLH4XHOOHGHUDQJHQHKPVWHQ(PSILQGXQ JHQVRIHUQVLHGLHOHEKDIWH(UNHQQWQL‰GHVYROONRPPHQVWHQ*HJHQVWDQGHVLVWXQVHUHUHL JHQHQ9ROONRPPHQKHLWGLHGDGXUFKEHI|UGHUWZLUGXQGZLUVLQG]XU5HOLJLRQYHUEXQGHQ

'LH 5HOLJLRQ EHWULIIW QDFK (EHUKDUG LQVRIHUQ GLH 6LWWHQOHKUH DOV VLH GLH YROONRP PHQH(UNHQQWQLVGHVK|FKVWHQ:HVHQVEHI|UGHUW'DGXUFKLVWDEHUQRFKQLFKWJH VDJW ZRUGHQ ZLH GLH 1HLJXQJ GD]X HQWVWHKW RE VLH HLQHU DQJHERUHQHQ $QODJH HQWVSULFKWXQGZLHPDQHQGOLFK]XGLHVHU(UNHQQWQLVJHODQJW:LUZLVVHQQXUGDVV *RWWGHUYROONRPPHQH*HJHQVWDQGGHU9HUQXQIW %HJULII LVWXQGGDVVGDV:LV VHQXP*RWW]XU9HUYROONRPPQXQJGHUPHQVFKOLFKHQ1DWXUGLHQW   , 9RQGHU5HOLJLRQVHUNHQQWQLV]XUFN]XU*OFNVHOLJNHLW (EHUKDUGV9RUEHUHLWXQJ]XUQDWUOLFKHQ7KHRORJLHRGHU GLHVernunftlehre der natürlichen Theologie    +DW GLH %HWUDFKWXQJ GHU SKLORVRSKLVFKHQ 6LWWHQOHKUH QRWZHQGLJ ]XU 5HOLJLRQ JH IKUW VR EHGDUI HV IU (EHUKDUG GDUEHU KLQDXV HLQHV ZHLWHUHQ 6FKULWWHV LQ GLHVH 5LFKWXQJ,QVHLQHUVernunftlehre der natürlichen Theorie  JHKWHUYRQGHU 5HOLJLRQ ]XU QDWUOLFKHQ 7KHRORJLH ± XP VRPLW ]XU )UDJH GHU *OFNVHOLJNHLW ]X UFN]XNHKUHQ,VWGLH6LWWHQOHKUHEHL(EHUKDUGGLH.XQVWGHU*OFNVHOLJNHLWXQGGLH 5HOLJLRQHLQ%HVWDQGWHLOGHU*OFNVHOLJNHLWVRZLUGGLH5HOLJLRQHLQNRQVWLWXWLYHU %HVWDQGWHLO GHU 6LWWHQOHKUH VHOEVW 9LHOPHKU LVW DEHU GLH 5HOLJLRQ HLQ 0LWWHO ]XU *OFNVHOLJNHLW GHV 0HQVFKHQ VR GDVV GLH 9HUELQGOLFKNHLW GD]X LKUHUVHLWV DOV QRW ZHQGLJH %HGLQJXQJ GLH 8QVWHUEOLFKNHLW GHU 6HHOH XQG GLH :LUNOLFKNHLW *RWWHV EHQ|WLJW 'LH 9RUEHUHLWXQJ ]XU QDWUOLFKHQ 7KHRORJLH LVW HQWVSUHFKHQG DOV ÄGLH :LVVHQVFKDIW GHU 5HJHOQ ]XU %LOGXQJ GHU YROONRPPHQVWHQ (UNHQQWQLV *RWWHV LQ GHPPHQVFKOLFKHQ9HUVWDQGHXQGLKUHU0LWWKHLOXQJ³]XYHUVWHKHQ'LHVH:LVVHQ VFKDIWEHVWHKWDXVHLQHPWKHRUHWLVFKHQ7HLOÄZRULQGLH(QWVWHKXQJGHU(UNHQQWQLV *RWWHV XQG GLH 5HJHOQ LKUHU 9ROONRPPHQKHLW ZHUGHQ YRUJHWUDJHQ³ XQG HLQHP SUDNWLVFKHQ 7HLO ÄGHU GLH 5HJHOQ GHU 0LWWKHLOXQJ GLHVHU (UNHQQWQLV HQWKDOWHQ ZLUG³  $XVJDQJVSXQNWGLHVHU%HWUDFKWXQJ±VRZLHHVSDUDOOHODXFKLQGHUSKLORVRSKL VFKHQ6LWWHQOHKUHGHU)DOOZDU±LVWGLH,GHHGHU9ROONRPPHQKHLW'LHVHLVWNHLQH EOR‰H (LJHQVFKDIW GHV *RWWHVEHJULIIV VRQGHUQ GHU *LSIHO MHGHV EHJULIIOLFKHQ *H ElXGHVGHV0HQVFKHQYHUVWDQGHV,P$OOJHPHLQHQLVWGLHVH$XIIDVVXQJGHPUDWLR   (EG†  -RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG9RUEHUHLWXQJ]XUQDWUOLFKHQ7KHRORJLH]XP*HEUDXFKDNDGHPLVFKHU

9RUOHVXQJHQ>LP)ROJHQGHQ]LWDOV97K +DOOH,Q.DQWVJHVDPPHOWH6FKULIWHQ+JY GHU .|QJOLFK 3UHX‰LVFKHQ $NDGHPLH GHU :LVVHQVFKDIWHQ %G  .DQWV KDQGVFKULIWOLFKHU 1DFKODVV0HWDSK\VLN%HUOLQ  97K ZLH$QP †

Von der Religion zur Theologie



QDOLVWLVFKHQ $QVSUXFK XQG VHLQHP 6\VWHPDQVSUXFK JHPl‰ ZRQDFK GDV %HVWLP PXQJVREMHNWLQVHLQHUK|FKVWHQ%HVWLPPEDUNHLWEHWUDFKWHWZLUGGKDOVomnitudo realitatis'LHDOOXPIDVVHQGH5HDOLWlWZLUGGDEHLLPPHUDOV'HQNEDUNHLWE]ZORJL VFKH 8QZLGHUVSUFKOLFKNHLW NRQ]LSLHUW QLFKW DEHU DOV :LUNOLFKNHLW HUIDVVW ,Q GLHVHU ORJLVFKHQ 6WUXNWXU IKUW (EHUKDUG HLQ ZHLWHUHV (OHPHQW HLQ 'HQ ± VFKRQ YRQGHQDQJHOVlFKVLVFKHQ3KLORVRSKHQIRUPXOLHUWHQ±$QVSUXFKGHQ9HUVWDQGEHL GHU 0LWWHLOXQJ GHU JHZRQQHQHQ (UNHQQWQLV ]X OHLWHQ ,Q GLHVHP 6LQQH EHWULIIW 5HOLJLRQ GDV /HEHQ MHGHV 0HQVFKHQ XQG QLFKW QXU GDVMHQLJH GHV *HOHKUWHQ RGHU GHV 7KHRORJHQ 9RQ GHU 5HOLJLRQ KlQJW DOOHUGLQJV GLH *OFNVHOLJNHLW GHV 0HQVFKHQ VR IHUQ VLH HLQ %HVWDQGWHLO GHU OHW]WHQ LVW DE (EHUKDUG ]LWLHUW KLHU EXFKVWlEOLFK%DXPJDUWHQV%HVWLPPXQJGHU5HOLJLRQDOVpars beatitudinis (LQMHGHU0HQVFKPXVV]ZDU5HOLJLRQKDEHQDEHUQLFKWHLQMHGHU0HQVFKEUDXFKWHLQ*RWWHV JHOHKUWHU]XVHLQ)HUQHUYHUVFKLHGQH)UDJHQ=ZHLIHO,UUWKPHUVLQGLQGHUVSHNXODWLYHQ7KH RORJLHZLFKWLJGLHHVIUGLHSUDNWLVFKH5HOLJLRQQLFKWVLQG

'LH5HOLJLRQLVWHLQHPSUDNWLVFKHQ=LHOJHPl‰GHU*OFNVHOLJNHLWGHV0HQVFKHQ]X EHPHVVHQ ZRKLQJHJHQ GLH 7KHRORJLH VSHNXODWLYH :LVVHQVFKDIW LVW ± MHGH *RWWHV JHOHKUWKHLWVHW]WGDEHLIUHLOLFKGLH5HOLJLRQVFKRQYRUDXV  $XIGLH)UDJHQDFKGHUÄ:DKUKHLWGHU(UNHQQWQLV*RWWHV³DQWZRUWHW(EHUKDUG PLW HLQHU .ULWHULHQEHVWLPPXQJ 1RWZHQGLJ VHL ]X EHUFNVLFKWLJHQ Ä GDVV GLH 0HUNPDOHGLH]XGHP%HJULIIHYRQ*RWWJHK|UHQRealitätKDEHQZLHVLFKGLH VHU%HJULIILQGHPPHQVFKOLFKHQ9HUVWDQGHELOGHWGDVVGHUlXVVHUH*HJHQVWDQG GLHVHV%HJULIIHVwirklichVHL³)HUQHUEHVWLPPWHUGLHÄLQQHUH5HDOLWlWHLQHV%HJULI IHV³DOVÄVHLQHMöglichkeit³XQGGLHÄlXVVHUH>Q@³DOVÄVHLQHWirklichkeit³±GD PLW LVW HLQHP UDWLRQDOLVWLVFKHQ 6FKHPD ]XIROJH GLH :LUNOLFKNHLW LQ GLH ORJLVFKH 0|JOLFKNHLWHLQJHEHWWHW  'HV:HLWHUHQXQWHUVFKHLGHW(EHUKDUGLP†ÄGUHL$UWHQGHU%HVWLPPXQJHQLQ *RWW³ :DVZLUDOVR*RWWEHLOHJHQGDVOHJHQZLULKP GXUFK9HUQHLQXQJ via negationis  GXUFK (UKHEXQJDXIHLQHYRU]JOLFKH$UWRGHULQXQHQGOLFKDXVQHKPHQGHU%HGHXWXQJ via eminentiae  GXUFKGHQ:HJGHU&DXVDOLWlW via causalitatis EHL$XIGHPOHW]WHUQ:HJHVFKOLHVVH LFKZHLO]XGHU+HUYRUEULQJXQJJHZLVVHU:LUNXQJJHZLVVH(LJHQVFKDIWHQLQGHU8UVDFKJHK| UHQVRPVVHQLKUGLHVH(LJHQVFKDIWHQ]XNRPPHQ'LHVHU:HJJLHEWXQVHUHU(UNHQQWQLVYRQ *RWWLKU3RVLWLYHVLQGHPZLUGLHDQVFKDXHQGH,GHH](EHLGHU:HLVKHLWDXIGLHZLUYRQVHL QHQ:HUNHQVFKOLHVVHQYRQGLHVHQ(LJHQVFKDIWHQDXVXQVVHOEVWKHUQHKPHQXQGVLH*RWWPLW $EVRQGHUXQJGHU6FKUDQNHQXQGGHV8QYROONRPPHQEHLOHJHQ

  (EG†  (EG†  (EG†  (EG†



Giovanna D’Aniello

(EHUKDUG EHYRU]XJW GLH .DXVDOLWlW DOV :HJ ]XU %HVWLPPXQJ GHU (LJHQVFKDIWHQ *RWWHVZREHLMHGHU:LUNXQJHLQH(LJHQVFKDIWHQWVSULFKW9RQKLHUDXVVFKOlJWHU GLH VR JHQDQQWH Physikotheologie /HLEQL]VFKHU +HUNXQIW  DOV %HZHLVIKUXQJ GHV 'DVHLQV*RWWHVYRU'HU†ODXWHWÄ%HZHLVDXVGHQ(QGXUVDFKHQLQGHU:HOW³ (VJLEWQRFKDQGHUH%HZHLVHa posterioriGLHMHQLJHQQlPOLFKGLHDXVGHQFinal- oder EndursachenKHUJHQRPPHQVLQG0DQVFKOLHVVWDOVGDQQZHQQGLH'LQJHLQGHU:HOWVRQHEHQHLQDQ GHU VLQG XQG DXI HLQDQGHU IROJHQ GDVV VLH DOV 0LWWHO XQG =ZHFNH XQWHU HLQDQGHU YHUEXQGHQ VLQGVRPVVHQVLHvon einem verständigen Wesen so geordnetVHLQ1XQQLPPWPDQDQGDVV GLHVH9HUELQGXQJLQGHU:HOWZLUNOLFKVHLXQGXUWKHLOWDOVRGDVVVLHHLQHQZHLVHQ8UKHEHUKD EHQPVVH

'LHQDWUOLFKH 7KHRORJLHLVWHLJHQWOLFKHLQ6\VWHPLQZHOFKHPGHUYROONRPPHQH %HJULII*RWWHVJHGDFKWZHUGHQNDQQXQGGHVVHQ(LJHQVFKDIWHQQDFKHLQHPNDXVD OHQ9HUKlOWQLVKHUJHOHLWHWZHUGHQ(EHUKDUGXQWHUVFKHLGHWHEHQGHQ%HJULII*RWWHV YRQ VHLQHQ (LJHQVFKDIWHQ 6R ODXWHW GHU †  ZHOFKHU GHQ 7LWHO Ä1DWUOLFKH *H VFKLFKWHGHU5HOLJLRQ³XQGÄ:LUNOLFKNHLWXQG%HVFKDIIHQKHLWGHUQDWUOLFKHQ7KH RORJLH³WUlJW  (V JLHEW HLQH QDWUOLFKH 7KHRORJLH GLHV LVW HLQH ZLVVHQVFKDIWOLFKH (UNHQQWQLVV GHVDaseins XQGGHUEigenschaften*RWWHVDXVGHU9HUQXQIWP|JOLFK±'HQQGDV'DVHLQ*RWWHVXQGVHLQH (LJHQVFKDIWHQN|QQHQGXUFKGLHPHQVFKOLFKH9HUQXQIWDXVGHPBegriffe*RWWHV> a priori@XQG GHU=XIlOOLJNHLWXQG(LQULFKWXQJGHUWeltKHUJHOHLWHWZHUGHQ> a posteriori@

,P† DXVGHP]ZHLWHQ+DXSWVWFNÄ9RQGHU0LWWKHLOXQJGHU5HOLJLRQVHUNHQQW QLVV³  XQWHUVFKHLGHW (EHUKDUG GUHL 6WXIHQ LQQHUKDOE ÄGHU VLQQOLFKHQ 0LWWKHLOXQJV DUW³ ZRQDFK ZLU ÄKLQUHLFKHQG GHXWOLFK ULFKWLJ XQG SUDNWLVFK JHQXJ³ GK PLW HLQHP:RUWÄYROOVWlQGLJ³RGHUÄYROONRPPHQ³ GLH5HOLJLRQHUNHQQHQGLH.HQQW   ,Q VHLQHU philosophischen Religionslehre   QLPPW .DQW GLH via

causalitatis DQ 'LH .DXVDOLWlW ZLUG DEHU HUVW analogice GK GXUFK HLQH analogia proportionalitatis  ]X *RWW JH IKUW 9JO ,PPDQXHO .DQW 9RUOHVXQJHQ EHU GLH SKLORVRSKLVFKH 5HOLJLRQVOHKUH +J Y .DUO +HLQULFK /XGZLJ 3|OLW] /HLS]LJ  ,Q .DQWV JHVDPPHOWH 6FKULIWHQ +J Y GHU .|QJOLFK 3UHX‰LVFKHQ $NDGHPLH GHU :LVVHQVFKDIWHQ %G   9RUOHVXQJHQ EHU 0HWDSK\VLN XQG 5DWLRQDOWKHRORJLH+JY*HUKDUG/HKPDQQ%HUOLQ6FKOHLHUPDFKHUZLUGHEHQIDOOVGLH VHQ :HJ JHKHQ LQGHP HU *RWW DOV schlechthinnige Ursächlichkeit GHV 6HOEVWEHZXVVWVHLQV ]X EHZHLVHQVXFKW,QGLHVHP)DOOHEOHLEWDEHUHUVWGLHIRUPHOOH6WUXNWXUHUKDOWHQZlKUHQGGHUHL JHQWOLFKH $XVJDQJVSXQNW ± ZLH ZLU VHKHQ ZHUGHQ ± HLQH 7DWVDFKH GHV %HZXVVWVHLQV LVW DOVR HWZDV*HVFKLFKWOLFKHV  ,QVHLQHUSKLORVRSKLVFKHQ5HOLJLRQVOHKUHEHVWUHLWHW.DQWGHQÄSK\VLNRWKHRORJLVFKHQ%HZHLV³ (EHUKDUGV6WDWWGHUPhysikotheologieIKUWHUGLHTranszendentaltheologieHLQDOV+HUOHLWXQJ GHURQWRORJLVFKHQ(LJHQVFKDIWHQ*RWWHVDXVHLQHPVRJHQDQQWHQUHLQHQ%HJULIIYRPK|FKVWHQ :HVHQ  97K ZLH$QP †  97K ZLH $QP   †  'DV 'DVHLQ *RWWHV ZLUG DOVR YRP %HJULII GHVVHOEHQ DEJHOHLWHW ZlKUHQGVHLQH(LJHQVFKDIWHQa contingentia mundiEHVWLPPWVLQG(VZLUGVLFKLP)ROJHQGHQ ]HLJHQGDVVEHL6FKOHLHUPDFKHUKLQJHJHQGDV'DVHLQ*RWWHVYRQHLQHP%HJULIIQLFKWDEOHLWEDU LVW VRQGHUQ HUVW HLQ %HOHJ GHV 6HOEVWEHZXVVWVHLQV LVW ZlKUHQG GLH J|WWOLFKHQ (LJHQVFKDIWHQ XQPLWWHOEDUYRP6HOEVWEHZXVVWVHLQDEJHOHLWHWVLQG

Von der Religion zur Theologie



QLVYRQD Ä:LUNOLFKNHLW³E Ä(LJHQVFKDIWHQ*RWWHV³XQGVFKOLH‰OLFKF Ä3IOLFKWHQ GHU5HOLJLRQ³  D  'LH HUVWH 6WXIH GHU 5HOLJLRQVHUNHQQWQLV LKUHU Wirklichkeit HQWVSUHFKHQG  NRPPWÄDXVGLHVHU%HVFKDIIHQKHLWGHVPHQVFKOLFKHQ9HUVWDQGHV³ $XV GLHVHU %HVFKDIIHQKHLW GHV PHQVFKOLFKHQ 9HUVWDQGHV GDVV LKP DXFK EHL HLQHP K|KHUQ *UDGHVHLQHU$XVELOGXQJGRFKLPPHUXPVHLQH(UNHQQWQLVV]XYHUPHKUHQ]XEHULFKWLJHQHYL GHQWHU XQG SUDNWLVFKHU ]X PDFKHQ 8QWHUULFKW QW]OLFK LVW HUKHOOHW GDV DOOJHPHLQH %HGUIQLVV K|KHUHU%HOHKUXQJDPEHVWHQ

E  'LH ]ZHLWH 6WXIH ZHLVW MHZHLOV QRFK GUHL LQWHUQH (EHQHQ DXI GLH Ähistorische (UNHQQWQLVVGHU5HOLJLRQ³GLHÄvernünftige(UNHQQWQLVV³XQGGLHGXUFKGLHÄheil. Schrift³PLWJHWHLOWH(UNHQQWQLV 'LHMHQLJHQ GLH JDU NHLQHV EHVRQGHUQ *UDGHV YRQ DOOJHPHLQHU YHUQQIWLJHU (UNHQQWQLVV XQG DOVRYRQ5HOLJLRQVHUNHQQWQLVVIlKLJVLQGN|QQHQZHQLJPHKUDOVHLQHKLVWRULVFKH(UNHQQWQLVV GHU5HOLJLRQHUKDOWHQDOVRGLHVLHDXIGDV=HXJQLVXQG$QVHKHQPLWHLQHPYHUQXQIWPlVVLJHQ *ODXEHQDQQHKPHQ'RFKZLUGGLHYHUQQIWLJH(UNHQQWQLVVRYLHOHVGLH6FKUDQNHQLKUHV9HU VWDQGHVHUODXEHQLPPHUGDPLW]XYHUELQGHQVHLQXQGZLUGDXFKLQGHUKO6FKULIWZLUNOLFKGD PLWYHUEXQGHQ

F  $EHU GLH YROOVWlQGLJH 5HOLJLRQVHUNHQQWQLV LVW GLHMHQLJH ZHOFKH ]XJOHLFK LKUHU 1W]OLFKNHLWEHZXVVWLVWDXIHEHQGLHVHU6WXIHQXQIKUWVLH]XU*OFNVHOLJNHLW 'D YRQ GHU 5HOLJLRQ VRZRKO DQ VLFK VHOEVW DOV DXFK LQ 9HUELQGXQJ PLW GHU 6LWWHQOHKUH GLH PHQVFKOLFKH*OFNVHOLJNHLWDEKlQJWVRLVWHLQHMHGH9HUDQVWDOWXQJ*RWWHVZRGXUFKLKUHYROO NRPPQHUH(UNHQQWQLVVKHUYRUJHEUDFKWXQGYHUPHKUWZLUGK|FKVWJQlGLJXQGOLHEHYROO

,P †  EHWUDFKWHW (EHUKDUG GLH ÄYHUQQIWLJH>Q@ 0LWWKHLOXQJVDUW³ GLH HQWZHGHU GXUFK Ä(UIDKUXQJHQ³ D  RGHU GXUFK HLQH ÄDOOJHPHLQH (UNHQQWQLV³ E  HUKDOWHQ ZHUGHQNDQQEHLGHN|QQHQDOOHUGLQJVGLH(UNHQQWQLV*RWWHVKHUYRUEULQJHQ GLHHLQHLQGHPVLHXQVGLH:HOWDOVGDVJ|WWOLFKH:HUNEHVVHUNHQQHQOHKUWGLHDQGHUHLQGHP VLHDXVVHUGHPGLH%HJULIIHYRQGHP:HVHQ*RWWHVXQGVHLQHU(LJHQVFKDIWHQKHUYRUEULQJWXQG HUK|KHWVRNDQQXQGPXVVDOOHPHQVFKOLFKH(UNHQQWQLVVDXIGLH5HOLJLRQDE]LHOHQ

=XVDPPHQIDVVHQG OlVVW VLFK IHVWVWHOOHQ GDVV (EHUKDUG YRQ GHU *OFNVHOLJNHLW DXVJHKWXPGLH5HOLJLRQGXUFKGLH6LWWHQOHKUH]XEHJUQGHQLQGHPHUVLFKDQGHQ 5HOLJLRQVEHJULII±QlPOLFKDOVparsbeatitudinis –GHU%DXPJDUWHQVFKHQMetaphysicaDQOHKQW   (EG†  9JO6FKOHLHUPDFKHUV'UHLJOLHGHUXQJLQSKLORVRSKLVFKHKLVWRULVFKHXQGSUDNWLVFKH7KHRORJLH

VRZLHVLHLQGHUKurzen Darstellung des theologischen StudiumsHUOlXWHUWZLUGYJO)ULHGULFK 'DQLHO (UQVW 6FKOHLHUPDFKHU .XU]H 'DUVWHOOXQJ GHV WKHRORJLVFKHQ 6WXGLXPV ]XP %HKXI HLQ OHLWHQGHU9RUOHVXQJHQHQWZRUIHQ>LP)ROJHQGHQ]LWDOV.'@+JY'LUN6FKPLG%HUOLQ1HZ Q@YRUWUHIIOLFKH>Q@0DQQ³í.*$ ZLH$QP  96

Von der Religion zur Theologie



nunft   HLQIKUW ,P Freiheitsgespräch EHKDXSWHW 6FKOHLHUPDFKHU GDVV GLH 9HUQXQIW XQIlKLJ VHL HLQH PRUDOLVFKH +DQGOXQJ XQPLWWHOEDU ]X EHVWLPPHQ 6LH ZLUNHDXIGDVPRUDOLVFKH*HIKOPLWWHOVGHU/XVWXQG8QOXVWZHOFKHGDV+DQGHOQ GDGXUFK EHVWLPPHQGDVVVLHHVPLW GHQ9RUVWHOOXQJHQGHV6LWWHQJHVHW]HVYHUJOHL FKHQ 'LH 9HUQXQIW NDQQ VLFK QlPOLFK GHXWOLFKH 9RUVWHOOXQJHQ ELOGHQ QLFKW DEHU HLQHQ XQPLWWHOEDUHQ (LQIOXVV DXI GLH +DQGOXQJHQ KDEHQ 'LHVH ZHUGHQ YLHOPHKU YRQHLQHPÄ*OFNVHOLJNHLWVWULHE³EHVWLPPW$EHUGDPLW/XVWXQG8QOXVWVLFKDXI HLQYHUQQIWLJHV6LWWHQJHVHW]MHZHLOVEH]LHKHQN|QQHQEHGUIHQ VLHHLQHU9HUPLWW OXQJGXUFKGLHÄ(LQELOGXQJVNUDIW³  (QWVFKHLGHQGIUGLHVH3UREOHPDWLN VFKHLQWDXFKGDV)UDJPHQWÜber den Werth des Lebens   LQ ZHOFKHP 6FKOHLHUPDFKHU PLW %H]XJQDKPH DXI GDV PHQVFKOLFKH +DQGHOQ HLQH UDGLNDOH (LQKHLW YRQ (UNHQQWQLV XQG %HJHKUXQJVYHU P|JHQIHVWVWHOOW±LP*HJHQVDW]]XUSUDNWLVFKHQ3KLORVRSKLH.DQWV(LQHGHUDUWLJH (LQKHLW OLHJH JHUDGH LP ÄVLWWOLFKHQ *HIKO³ YHUVWDQGHQ DOV LKUH XQPLWWHOEDUH 2I IHQEDUXQJ'LH6FKULIWÜber den Werth des LebensHUZlJWGHQQDXFKGLH0|JOLFK NHLW HLQHU Ä%HVWLPPXQJ GHV 0HQVFKHQ³ $OV 9HUZLUNOLFKXQJ VHLQHV Ä:HVHQ>V@³ JHGDFKWLPSOL]LHUWGLH%HVWLPPXQJGHV0HQVFKHQQLFKWEOR‰6LWWOLFKNHLWVRQGHUQ HLQHY|OOLJHÄ*OFNVHOLJNHLW³  'HU 9HUZHLV DXI GHQ %HVWLPPXQJV%HJULII JHZLQQW GDGXUFK 5HOHYDQ] GDVV 6FKOHLHUPDFKHU LQ GHU 7XJHQGKDIWLJNHLW HLQH NRQVWLWXWLYH Ä6FKZlFKH³ VLHKW 'HV KDOELVWGLHUHLQH6LWWOLFKNHLWXQJHQJHQGZlKUHQG7XJHQGXQG*OFNVHOLJNHLWÄHLQ GRSSHOWHV =LHO PHLQHV 'DVH\QV HLQ GRSSHOWHV 6WUHEHQ PHLQHU 6HHOH³ ELOGHQ ,Q $QOHKQXQJDQ(EHUKDUGV/|VXQJHQGHUHWKLVFKHQ)UDJHEHREDFKWHW6FKOHLHUPDFKHU DX‰HUGHP GDVV GLH 9HUQXQIW QLFKW GDV HLQ]LJH .ULWHULXP IU GLH %HVWLPPXQJ PHQVFKOLFKHQ :HVHQVVHLQNDQQGDVLHÄDOOJHPHLQJOWLJ³DEHUQLFKWÄDOOJHPHLQ JHOWHQG³LVW'LH9HUQXQIWLVW]ZDULPPHUSUlVHQWVLHGLULJLHUWMHGRFKQLFKWLPPHU XQVHU+DQGHOQ)ROJOLFKNDQQVLH QLFKWGDVDOOJHPHLQH.ULWHULXPVHLQGDV9HUKDO WHQ]XEHXUWHLOHQXQG]XRULHQWLHUHQ'LH*OFNVHOLJNHLWVHLKLQJHJHQGLHQRWZHQ GLJH %HGLQJXQJ XP GLH 7XJHQGKDIWLJNHLW ]X YHUDOOJHPHLQHUQ QlPOLFK DXI HLQ 6LWWHQJHVHW]]XNRPPHQ  6FKOHLHUPDFKHUV6WHOOXQJ|IIQHWGHQ:HJ]XU$XIO|VXQJGHV*HJHQVDW]HV]ZL VFKHQHLQHP$XINOlUXQJVGHQNHQHLQHUVHLWVQDFKZHOFKHPGLH9HUQXQIWVLFKHUVWLQ HLQHU ethischen 6SKlUH QlPOLFK GXUFK HLQH praxis pietatis  YROO]LHKW XQG GHU OXWKHULVFKHQ 2UWKRGR[LH DQGHUHUVHLWV GHU JHPl‰ GLH ontologische 6SKlUH GHXWOLFKHQ 9RUUDQJ EHVLW]W +LQVLFKWOLFK GHU V\VWHPDWLVFKHQ 3RVLWLRQLHUXQJ EHLGHU 6SKlUHQYHUWULWW6FKOHLHUPDFKHUGLH3RVLWLRQGDVVHVP|JOLFKVHLGLH9HUQXQIWUHOL JLRQ DXI HLQH HWKLVFKH *UXQGODJH ]X VWHOOHQ MHGRFK HUVW GXUFK GLH XUVSUQJOLFKH   (EG,6  9JO6FKOHLHUPDFKHUhEHUGHQ:HUWKGHV/HEHQV,Q.*$ ZLH$QP ,6±  (V VHL KLHU QXU DQJHGHXWHW GDVV GLH *OFNVHOLJNHLW GHV 0HQVFKHQ EHL (EHUKDUG EHJULIIOLFK

Ä9ROONRPPHQKHLW³LPSOL]LHUWHZlKUHQGVLHEHL6FKOHLHUPDFKHUÄ%HVWLPPXQJ³KHL‰W

 .*$ ZLH$QP ,6



Giovanna D’Aniello

*HJHEHQKHLWHLQHVPRUDOLVFKHQ*HIKOVZHOFKHVDOVHLQÄDQJHERUHQHV³ÄLPUHLQHQ 6HOEVWEHZX‰WVH\Q JHJHEHQ>HV@³ 9HUP|JHQ ]X YHUVWHKHQ LVW 'LHVHV *HIKO QXQ VFKOlJWHLQH%UFNH]ZLVFKHQWKHRUHWLVFKHUXQGSUDNWLVFKHU9HUQXQIW±LP8QWHU VFKLHG ]X .DQW GHU LP UHLQHQ 6HOEVWEHZXVVWVHLQ GLH .U|QXQJ WKHRUHWLVFKHU 9HU QXQIWVDK  'LH VSHNXODWLYH 5LFKWXQJ GLHVHU HUVWHQ (QWZUIH EHZHLVW GDVV 6FKOHLHUPDFKHU EHU GLH HWKLVFKSKLORVRSKLVFKHQ 'LVNXVVLRQHQ GHV +DOOHQVHU 0LOLHXV YROOVWlQGLJ LP%LOGLVWXQG]XJOHLFKEHUHLWVHLJHQVWlQGLJH0HLQXQJHQXQGNULWLVFKH'LVWDQ]]X GHQHLQVFKOlJLJHQ3RVLWLRQHQHQWZLFNHOWKDW  ,QVHLQHP$XIVDW]Über das höchste Gut  VXJJHULHUW6FKOHLHUPDFKHUGHU :HJ ]XU 9ROONRPPHQKHLW VHL PLW GHU 6LQQOLFKNHLW HQJ YHUEXQGHQ PVVH DEHU JDQ] LP 8QWHUVFKLHG ]X .DQW IU GHQ VLH ]XVDPPHQ PLW GHU 7XJHQG YRP XU VSUQJOLFK K|FKVWHQ *XWHabgeleitet ZDU YRQGHU,GHHGHV K|FKVWHQ*XWHVXQWHU VFKLHGHQ EOHLEHQ ,VW .DQWV SUDNWLVFKH 3KLORVRSKLH YRP K|FKVWHQ *XW DEJHOHLWHW JUQGHW KLQJHJHQ 6FKOHLHUPDFKHUV SUDNWLVFKH +LQVLFKW DXI GHP 8QVWHUEOLFKNHLWV JHGDQNHQ ZREHL VHOEVW GHU *RWWHVEHJULII ]ZHLWUDQJLJ ZLUG 6FKOHLHUPDFKHU ]HUVW|UW GDPLW DXFK GHQ OHW]WHQ %HVWDQG GHU UDWLRQDOHQ 7KHRORJLH (U YHUIROJW OHW]WOLFK GDV =LHO GLH %HWUDFKWXQJ GHV ÄDOOHU UHDOVWHQ³ :HVHQV YRQ GHU PHQVFKOLFKHQ(UIDKUXQJDXV]XHUP|JOLFKHQ'HU ÄK|FKVWH³±ZUGHLFKVDJHQ± QLFKWDEHUGHUÄHUVWH³ *HJHQVWDQGGHU(WKLNGDVK|FKVWH*XWEHVWHKWGHP]XIROJH LQ GHU (LQKHLW GHU 6LWWHQJHVHW]H innerhalb GHU 9HUQXQIW ZREHL GDV K|FKVWH *XW QDFK 6FKOHLHUPDFKHU ÄQLFKWV DQGHUV DOV GHU YROONRPQH ,QEHJULII DOOHV GH‰HQ ZDV QDFKJHZL‰HQ5HJHOQLQHLQHUJHZL‰HQ9HUIDKUXQJVDUWQHPOLFKGHUXQJHPLVFKWHQ UHLQ UDWLRQDOHQ ]X HUODQJHQ P|JOLFK LVW³ 'HQQRFK $XV GHU 1RWZHQGLJNHLW XQG $OOJHPHLQKHLW HLQHU YHUQQIWLJ EHJUQGHWHQ 6LWWOLFKNHLW IROJW IU 6FKOHLHUPDFKHU NHLQH 9HUELQGOLFKNHLW IU GDV PRUDOLVFKH +DQGHOQ HLQHV HPSLULVFKHQ 0HQVFKHQ GHVVHQ :LOOH ÄQLFKW XQPLWWHOEDU VRQGHUQ QXU YHUPLWWHOVW VXEMHNWLYHU YRQ GHP 6LWWHQJHVH] DEJHOHLWHWHU %HZHJXQJVJUQGH GXUFK GDVVHOEH EHVWLPPW ZHUGHQ NDQQ³ 6LQG 3RVWXODWH Äunvermeidlich³ ZLUG GLH 9HUQXQIW ÄVLFK GHV *HVFKlIWV QLFKWHUZHKUHQN|QQHQVLHLQGLHMHQLJH)RUP]XEULQJHQZHOFKHGHUZDKUHQ6LWW   (EG6  9JOHEG6  0DQGHQNHEHLVSLHOVZHLVHGDUDQGDVVVLFK(EHUKDUG]XIROJHGLH6LWWHQOHKUHQDFKGHU)lKLJNHLW

RULHQWLHUWGLHPLWZLUNHQGHQ)DNWRUHQDXV]XEDODQFLHUHQ'LH*OFNVHOLJNHLWGHV0HQVFKHQKDW HLJHQWOLFKLKUHQ8UVSUXQJLQHLQHUYHUQQIWLJHQÄ$XVEDODQFLHUXQJ³GHU6HHOHQYHUP|JHQGXUFK HLQH 9RUVWHOOXQJ .DQW VWHOOW JOHLFK]HLWLJ HLQ 0RGHOO UHLQHU 0RUDOLWlW IHVW EHL ZHOFKHP GLH 9HUELQGOLFKNHLW a priori YRQ GHU 9HUQXQIW VHOEVW HWDEOLHUW ZLUG 9JO GD]X %HUQG 2EHUGRUIHU 6FKOHLHUPDFKHUVIUKH(WKLNLQLKUHP9HUKlOWQLV]X-RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG,Q8OULFK%DUWK &ODXV'LHWHU2VWK|YHQHU +J -DKUHÄ5HGHQEHUGLH5HOLJLRQ³$NWHQGHV,QWHUQDWLR QDOHQ .RQJUHVVHV GHU 6FKOHLHUPDFKHU*HVHOOVFKDIW +DOOH ± 0lU]   %HUOLQ 1HZ das höchste Gut und das aller realste Wesen@LQGHU9HUQXQIWVHOEVWXQGDX‰HUGHQ*HJHQVWlQGHQLKUHU$QZHQGXQJJH JUQGHWVLQGGD‰VLHJHZL‰H*HVH]HGLHVHU$QZHQGXQJHUNHQQHQGLH*OFNVHOLJNHLWDEHURKQH GHQPLQGHVWHQ=XVDPPHQKDQJPLWHWZDVDQGHUHPEORVLQVLFKVHOEVWVWHKHQEOHLEW

'DVÄPRUDOLVFKH*HIKO³HQWVWHKWJHQDXGRUWZRGLH*OFNVHOLJNHLWDOVVLQQOLFKHU 9ROO]XJXQGGDVK|FKVWH*XWDOV*HJHQVWDQGGHUSUDNWLVFKHQ9HUQXQIWLQV9HUKlOW QLVNRPPHQ(VELOGHWGHU6DFKHQDFKGDV YHUELQGHQGH(OHPHQW]ZLVFKHQVLQQOL FKHP%HJHKUXQJVYHUP|JHQXQGUHLQHU9HUQXQIW 6REDOGZLUQHPOLFKHLQVHKQGD‰GDV6LWWHQJHVHW] QLFKWDQGHUVDOVYHUPLWWHOVWGHVVLFKGDUDXI EH]LHKHQGHQPRUDOLVFKHQ*HIKOVDXIXQVHUQ:LOOHQZLUNVDPVH\QXQGGHQVHOEHQEHVWLPPHQ NDQQVRZLUGHVHLQHVLFKYRQVHOEVWXQVDXIGULQJHQGH$XIJDEHGHQSUDNWLVFKHQ(LQIOX‰GLHVHV *HIKOV]XYHUPHKUHQ+LH]XLVWHVXQXPJlQJOLFKQRWKZHQGLJGLHHQWJHJHQVWHKHQGHQ+LQGHU QL‰HZHJ]XUlXPHQ>«@6RIOLH‰HQ6LWWHQXQG*OFNVHOLJNHLWVOHKUH]XVDPPHQ

6RZRKO GHP UDWLRQDOLVWLVFKHQ DOV DXFK GHP WUDQV]HQGHQWDOHQ %HJUQGXQJVNULWH ULXP VWHOOW 6FKOHLHUPDFKHU DOVR GHQ %HJULII GHV PRUDOLVFKHQ *HIKOV JHJHQEHU ZHOFKHU HUP|JOLFKW GLH *OFNVHOLJNHLW VWUHQJ innerhalb PHQVFKOLFKHU (UIDKUXQJ ]XJHZLQQHQ,QGHU7DWEHUXKWGLHVH6WHOOXQJDXIGHUDOOJHPHLQHQ$XIIDVVXQJGHU (WKLN LP +DOOHQVHU 0LOLHX ZHOFKH LQ GHU 1DFKIROJH GHU $QWLNH  GHQ 7XJHQGEH JULII DQVWHOOH GHV 3IOLFKWEHJULII IDYRULVLHUW 'LH 7XJHQG NHQQ]HLFKQH HLQ +DELWXV XQG VLH GUFNH GHPHQWVSUHFKHQG HLQH RQWRORJLVFKH %HVWLPPXQJ GHV 0HQVFKHQ   (EG6  (EG6I  (EG6  9JO69 ZLH$QP 6,  .*$, ZLH$QP 6í



Giovanna D’Aniello

DXV9RUGLHVHP+LQWHUJUXQGOlVVWVLFKHLQPDOPHKUYHUVWHKHQLQZLHIHUQLQ+DOOH GLH)HLQGVHOLJNHLWJHJHQ.DQWV3KLORVRSKLHKHUUVFKHQNRQQWH  8PGLH*OFNVHOLJNHLWVIUDJHJUQGOLFKHU]XEHDQWZRUWHQXQGGHPPRUDOLVFKHQ *HIKO HLQHQ JHQDXHUHQ 6WHOOHQZHUW ]X JHEHQ LVW LQ GHU )ROJH GLH 'HXWXQJ YRQ 6FKOHLHUPDFKV 5HOLJLRQVEHJULIIV XQZHLJHUOLFK =XYRU MHGRFK LVW LQ .U]H DXI GLH V\VWHPDWLVFKH6WHOOXQJGHUJHVDPWHQ3UREOHPNRQVWHOODWLRQ%H]XJ]XQHKPHQ  ,, 9RQGHU5HOLJLRQ]XU7KHRORJLH  6FKOHLHUPDFKHU JHKW YRQ GHU =HUVW|UXQJ GHU NODVVLVFKHQ 0HWDSK\VLN DXV XQG GDPLWDXFKGHUQDWUOLFKHQ7KHRORJLHDOVGHUHQ7HLO metaphysica specialis 'LH āEHO]XVDPPHQJHQlKWHQ%UXFKVWNH>Q@YRQ0HWDSK\VLNXQG0RUDOGLHPDQYHU QQIWLJHV &KULVWHQWXP QHQQW³ ÄGLHVH>Q@ 6\VWHPH>Q@ GHU 7KHRORJLH GLHVH>Q@ 7KHRULHQYRP8UVSUXQJXQG(QGHGHU:HOWGLHVH>Q@$QDO\VHQYRQGHU1DWXUHLQHV XQEHJUHLIOLFKHQ :HVHQV³ ÄGLHVHV *HPLVFK YRQ 0HLQXQJHQ EHU GDV K|FKVWH :HVHQRGHUGLH:HOWXQGYRQ*HERWHQIUHLQPHQVFKOLFKHV/HEHQ RGHUJDUIU ]ZHL QHQQW,KU5HOLJLRQ³  %HL 6FKOHLHUPDFKHU ZLUG GDV %HJULIIVSDDU ÄQDWUOLFK³ YV ÄJHRIIHQEDUW³ ]XP %HJULIIVSDDU ÄQDWUOLFK³ YVÄJHVFKLFKWOLFK³ 'DV 1DWUOLFKH YROO]LHKW VLFK LP JH VFKLFKWOLFK *HZRUGHQHQ GHVKDOE ZLUG 2EMHNW GHU %HVWUHLWXQJ GDV YHUPHLQWOLFK 1DWUOLFKH 'DVWesen der natürlichen ReligionEHVWHKWJDQ]HLJHQWOLFKLQGHUNegation alles PositivenXQG &KDUDNWHULVWLVFKHQLQGHU5HOLJLRQXQGLQGHUKHIWLJVWHQ3ROHPLNGDJHJHQ'DUXPLVWVLHDXFK GDV ZUGLJH 3URGXNW GHV =HLWDOWHUV GH‰HQ 6WHNHQSIHUG HLQH HUElUPOLFKH $OOJHPHLQKHLW XQG HLQH OHHUH 1FKWHUQKHLW ZDU GLH PHKU DOV LUJHQG HWZDV LQ DOOHQ 'LQJHQ GHU ZDKUHQ %LOGXQJ HQWJHJHQDUEHLWHW =ZHLHUOHL KD‰HQ VLH JDQ] YRU]JOLFK VLH ZROOHQ QLUJHQGV EHLP $X‰HURU GHQWOLFKHQ XQG 8QEHJUHLIOLFKHQ DQIDQJHQ XQG ZDV VLH DXFK VHLQ XQG WUHLEHQ P|JHQ VR VROO QLUJHQGV HLQH 6FKXOH KHUYRUVFKPHNHQ >«@ :HQQ eine bestimmte Religion QLFKW mit einem Faktum anfangen sollNDQQVLHJDUQLFKWDQIDQJHQ>«@XQGZHQQHLQH5HOLJLRQQLFKWHLQHEH VWLPPWHVHLQVROOVRLVWVLHJDUNHLQHVRQGHUQQXUORVHUXQ]XVDPPHQKlQJHQGHU6WRII(ULQQHUW (XFK ZDV GLH 'LFKWHU YRQ HLQHP =XVWDQGH GHU 6HHOHQ YRU GHU *HEXUW UHGHQ ZHQQ VLFK HLQH VROFKHJHZDOWVDPZHKUHQZROOWHLQGLH:HOW]XNRPPHQZHLOVLHHEHQQLFKW'LHVHUXQG-HQHU VHLQ P|FKWHVRQGHUQHLQ 0HQVFKEHUKDXSWGLHVH3ROHPLNJHJHQGDV/HEHQLVWGLH3ROHPLN

  9JO (UQVW 9ROOUDWK 'LH *OLHGHUXQJ GHU 0HWDSK\VLN LQ HLQH 0HWDSK\VLFD JHQHUDOLV XQG HLQH

0HWDSK\VLFDVSHFLDOLV,Q=HLWVFKULIWIU3KLORVRSKLVFKH)RUVFKXQJ  6±=XU )UDJH QDFK GHP *HJHQVWDQG GHU 0HWDSK\VLN LP SURWHVWDQWLVFKHQ 'HXWVFKODQG YJO 8OULFK * /HLQVOH 'DV 'LQJ XQG GLH 0HWKRGH 0HWKRGLVFKH .RQVWLWXWLRQ XQG *HJHQVWDQG GHU IUKHQ SURWHVWDQWLVFKHQ0HWDSK\VLN%GH$XJVEXUJ  )ULHGULFK'DQLHO(UQVW6FKOHLHUPDFKHUhEHUGLH5HOLJLRQ5HGHQDQGLH*HELOGHWHQXQWHULKUHQ 9HUlFKWHUQ>LP)ROJHQGHQ]LWDOV5@,Q.*$ ZLH$QP %G, 6FKULIWHQDXVGHU%HU OLQHU=HLW± +JY*QWHU0HFNHQVWRFN%HUOLQ1HZ«@ XQG DOOH ZDKUH *HVFKLFKWH KDW EHUDOO ]XHUVW HLQHQ UHOLJL|VHQ =ZHFN JHKDEWXQGLVWYRQUHOLJL|VHQ,GHHQDXVJHJDQJHQ

'LHVH :HQGXQJ ]XU *HVFKLFKWH YHUVWHKW VLFK DEHU HUVW DXV 6FKOHLHUPDFKHUV 8P GHXWXQJGHUWKHRORJLVFKHQ:LVVHQVFKDIW  ,QGHUKurzen Darstellung des theologischen Studiums  YHUKDQ GHOW 6FKOHLHUPDFKHU GLH YHUQQIWLJHQ 9HUIDKUHQVZHLVHQ ZHOFKH GLH 7KHRORJLH ]X HLQHU:LVVHQVFKDIWPDFKHQXQG]ZDU LQ+LQVLFKWDXIGLHDNWXHOOHQJHVFKLFKWOLFKHQ %HVWLPPXQJHQXQGGHQGD]XJHK|ULJHQ5DXPNDWHJRULDOHU0|JOLFKNHLWHQ  'LH7KHRORJLHLVWper definitionemHLQHÄSRVLWLYH:LVVHQVFKDIWGHUHQ7KHLOH]X HLQHP *DQ]HQ YHUEXQGHQ VLQG GXUFK LKUH JHPHLQVDPH %H]LHKXQJ DXI HLQH EH VWLPPWH*ODXEHQVZHLVHGKGXUFKHLQHEHVWLPPWH*HVWDOWXQJGHV*RWWHVEHZX‰W VHLQV³ ,P 8QWHUVFKLHG ]XU UDWLRQDOHQ 7KHRORJLH GLH ÄVSHNXODWLYH :LVVHQ VFKDIW³ZDULVW7KHRORJLHDOVSRVLWLYH:LVVHQVFKDIW HLQVROFKHU,QEHJULIIZLVVHQVFKDIWOLFKHU(OHPHQWHZHOFKHLKUH=XVDPPHQJHK|ULJNHLWQLFKWKD EHQDOVREVLHHLQHQYHUP|JHGHU,GHHGHU:LVVHQVFKDIWQRWKZHQGLJHQ%HVWDQGWKHLOGHUZLV VHQVFKDIWOLFKHQ 2UJDQLVDWLRQ ELOGHWHQ VRQGHUQ QXU VRIHUQ VLH ]XU /|VXQJ HLQHU SUDNWLVFKHQ $XIJDEHHUIRUGHUOLFKVLQG

6LHGLHQWDOVR]XP.LUFKHQUHJLPHQW  ,QGHU(LQIKUXQJ]XUTheologischen Enzyklopädie SRVWXPYRQ'DYLG)ULHG ULFK6WUDX‰KHUDXVJHJHEHQ VFKOlJW6FKOHLHUPDFKHUGLH7KHRORJLHGHQÄSRVLWLYHQ³ XQG QLFKW GHQ ÄUHLQHQ RGHU QRWKZHQGLJHQ :LVVHQVFKDIWHQ³ ]X ,P  -DKUKXQ GHUW EHPHUNW 6FKOHLHUPDFKHU GHXWHW GDV :RUW Ã7KHRORJLHµ IRUPDO DXI HLQHQ 7HLO GHU VSH]LHOOHQ 0HWDSK\VLN KLQ GLH LQ theologia rationalis XQG positiva HLQJHWHLOW LVW LQKDOWOLFKKLQJHJHQDXIHLQHdoctrina deiRGHU'RJPDWLN GLHDOOHLQLKU+DXSW   (EG596±  (EG5,,6  9JO.' ZLH$QP 

 (EG†6  9JOGD]X.DUO%DUWK'LH7KHRORJLH6FKOHLHUPDFKHUV9RUOHVXQJHQ*|WWLQJHQ:LQWHUVHPHVWHU

 ,Q 'LHWULFK 5LWVFKO +J  .DUO %DUWK *HVDPWDXVJDEH ,, $NDGHPLVFKH :HUNH  =ULFK6±6±  .' ZLH$QP †D6  0DQ EHDFKWH GDVV EHL 6FKOHLHUPDFKHU GLH SUDNWLVFKH 2ULHQWLHUXQJ HLQH JDQ] DQGHUH DOV GLH NDQWLVFKHLVW  )ULHGULFK 'DQLHO (UQVW 6FKOHLHUPDFKHU 7KHRORJLVFKH (Q]\NORSlGLH >LP )ROJHQGHQ ]LW DOV 7(@+JY:HUQHU6DFKV,Q6FKOHLHUPDFKHU$UFKLY%G%HUOLQ1HZLP)ROJHQGHQ]LWDOV6/@,Q.*$, 7KHRORJLVFKGRJPDWLVFKH$EKDQGOXQJHQXQG *HOHJHQKHLWVVFKULIWHQ  +J Y +DQV)ULHGULFK 7UDXOVHQ X 0DUWLQ 2KVW %HUOLQ 1HZ LP)ROJHQGHQ]LWDOV*/@+JY0DUWLQ5HGHNHU %HUOLQ1HZ1DFKGUGHU$XIO@  */ ZLH$QP †,6  (EG†6  */ ZLH$QP †,6



Giovanna D’Aniello

KDEHQ(UVWGDGXUFKZLUGGDVpositumGHUUHOLJL|VHQ(UIDKUXQJ]XHLQHPGRJPD WLVFKHQÄ%HJULII³  'LH Religionsphilosophie KDW IU 6FKOHLHUPDFKHU GLH VSH]LILVFKH )RUP GHU UHOLJL|VHQ *HPHLQVFKDIW ]XP *HJHQVWDQG ZREHL GLH PRQRWKHLVWLVFKH *HVWDOWXQJ GLH K|FKVWH 6WXIH GHU )U|PPLJNHLW DXVGUFNW ± QDFK GHP *|W]HQGLHQVW XQG GHU 9LHOJ|WWHUHL GHU 6FKHLGHSXQNW GLHVHU *HVWDOWXQJHQ OLHJW LQ GHU %H]LHKXQJ ]ZL VFKHQ 1DWUOLFKHP XQG 6LWWOLFKHP RGHU LQ GHU (LQZLUNXQJ YRQ 5H]HSWLYLWlW XQG 6SRQWDQHLWlWDXIHLQDQGHU $OV YHUVFKLHGHQDUWLJ HQWIHUQHQ VLFK DP ZHLWHVWHQ YRQHLQDQGHU GLHMHQLJHQ *HVWDOWXQJHQ GHU )U|PPLJNHLW ZHOFKH LQ EH]XJ DXI GLH IURPPHQ (UUHJXQJHQ HQWJHJHQJHVHW]W GLH HLQHQ das NatürlicheLQGHQPHQVFKOLFKHQ=XVWlQGHQGHP6LWWOLFKHQGLHDQGHUHQdas SittlicheGHP1D WUOLFKHQXQWHURUGQHQ

)U6FKOHLHUPDFKHULVWGDVVFKOHFKWKLQQLJH$EKlQJLJNHLWVJHIKOÄIUVLFKEHWUDFK WHWJDQ]HLQIDFK³(VPXVVVLFKDEHU±XPHLQHQ0RPHQWÄHUIOOHQ³]XN|QQHQ± ÄPLWHLQHUVLQQOLFKHQ(UUHJWKHLWGHV6HOEVWEHZX‰WVHLQVYHUHLQLJHQ³6RZLUGVLFK HQWZHGHU HLQH ÄWHOHRORJLVFKH )U|PPLJNHLW³ RGHU HLQH ÄlVWKHWLVFKH )U|PPLJNHLW³ JHEHQ,PHUVWHQ)DOOHUUHJHQGLHSDVVLYHQ=XVWlQGHÄQXULQVRIHUQGDVVFKOHFKWKLQ QLJH $EKlQJLJNHLWVJHIKO DOV VLH DXI GLH 6HOEVWWlWLJNHLW EH]RJHQ ZHUGHQ³ XQG GDGXUFKÄZHUGHQGLHOHLGHQWOLFKHQ=XVWlQGH]XUIURPPHQ(UUHJXQJJHVWHLJHUWQXU 9HUDQODVVXQJ XP HLQH EHVWLPPWH >«@ 7lWLJNHLW ]X HQWZLFNHOQ³ LP ]ZHLWHQ )DOOHVLQGGLHSDVVLYHQ=XVWlQGHYRUKHUUVFKHQGZREHLÄMHGHU0RPHQWGHU6HOEVW WlWLJNHLWQXUDOVHLQ%HVWLPPWVHLQGHV(LQ]HOQHQGXUFKGDVJHVDPWHHQGOLFKH6HLQ DOVRDXIGLHOHLGHQWOLFKH6HLWHEH]RJHQLQGDVVFKOHFKWKLQQLJH$EKlQJLJNHLWVJHIKO DXIJHQRPPHQ ZLUG³ ,Q GHU WHOHRORJLVFKHQ *HVWDOWXQJ ZLUG GDV +DQGHOQ GXUFK HLQHÄ,GHHYRQHLQHP5HLFKH*RWWHV³JHOHLWHW ]%LP&KULVWHQWXP LQGHUlVWKHWL VFKHQ*HVWDOWXQJKLQJHJHQZLUGGDV+DQGHOQGLHÄ9RUVWHOOXQJYRQHLQHU6FK|QKHLW GHU6HHOH³DXVGUFNHQ ]%LP-XGHQWXPXQG,VODP   'DUDXIIROJWLQ6FKOHLHUPDFKHUV%HWUDFKWXQJQRWZHQGLJHUZHLVHHLQH9HUWUHWXQJ YRP:HVHQGHV&KULVWHQWXPVGXUFK/HKQVlW]HDXVGHUApologetik

  9JO GDV ]ZHLWH Sendschreiben

an Lücke LQ GHP 6FKOHLHUPDFKHU YRUVFKOlJW GLH ÄJHPHLQH>@ (UIDKUXQJ³PLWGHUÄ6SHFXODWLRQ³]XYHUHLQLJHQ'DVHLJHQWOLFKH$QOLHJHQGHU5HIRUPZlUHHV YRQ $QIDQJ DQJHZHVHQ ÄHLQHQ HZLJHQ 9HUWUDJ]X VWLIWHQ ]ZLVFKHQGHP OHEHQGLJHQ FKULVWOL FKHQ*ODXEHQXQGGHUQDFKDOOHQ6HLWHQIUHLJHODVVHQHQXQDEKlQJLJIUVLFKDUEHLWHQGHQZLV VHQVFKDIWOLFKHQ)RUVFKXQJ³ 6/>ZLH$QP@,,6±   9JO*/ ZLH$QP †,  (EG†,6  (EG†,6  (EG†,6  (EG†,6  (EG†,6

Von der Religion zur Theologie



'DV&KULVWHQWXPLVWHLQHGHUWHOHRORJLVFKHQ5LFKWXQJGHU)U|PPLJNHLWDQJHK|ULJHPRQRWKHLV WLVFKH*ODXEHQVZHLVHXQGXQWHUVFKHLGHWVLFKYRQDQGHUQVROFKHQZHVHQWOLFKGDGXUFKGD‰DOOHV LQGHUVHOEHQEH]RJHQZLUGDXIGLHGXUFK-HVXPYRQ1D]DUHWKYROOEUDFKWH(UO|VXQJ

'DULQOLHJWGHU.HUQHLQHU1HXJHVWDOWXQJFKULVWOLFKHU)U|PPLJNHLWEHL6FKOHLHUPD FKHU1HEHQGHUDQWKURSRORJLVFKHQ5HGXNWLRQGHVNLUFKOLFKHQ3KlQRPHQVEHVWHKW GLH WHOHRORJLVFKH 5LFKWXQJ GHV FKULVWOLFKHQ *ODXEHQV ZREHL GLH (UO|VXQJ HLQ )OXFKWSXQNWDXVGUFNW  ,VW LPPDQHQWHV .ULWHULXP GHV Christlichen Glaubens GDV 6HOEVWEHZXVVWVHLQ LQ VHLQHU)DNWL]LWlWZLUGDOVRGLH'DUVWHOOXQJXQGGLH(QWZLFNOXQJGHUWKHRORJLVFKHQ $XIJDEHHLQH$UW3KlQRPHQRORJLHGHVFKULVWOLFKHQ%HZXVVWVHLQVOHEHQV  'LHHQWVFKHLGHQGVWHQ3KDVHQGLHVHU3KlQRPHQRORJLHVLQGHUVWHQVGLHÄ(QWZLFN OXQJGHVIURPPHQ6HOEVWEHZX‰WVHLQVZLHHVLQMHGHUFKULVWOLFKIURPPHQ*HPWV HUUHJXQJ LPPHU VFKRQ YRUDXVJHVHW]W ZLUG DEHU DXFK LPPHU PLW HQWKDOWHQ LVW³ XQG ]ZHLWHQV GLH Ä(QWZLFNOXQJ GHU 7DWVDFKHQ GHV IURPPHQ 6HOEVWEHZX‰WVHLQV ZLHVLHGXUFKGHQ*HJHQVDW]EHVWLPPWVLQG³ZREHLGHU*HJHQVDW]VHLQHUVHLWVDXV ]ZHL6HLWHQEHVWHKWDXVHLQHUÄ(QWZLFNOXQJGHV%HZX‰WVHLQVGHU6QGH³XQGHLQHU Ä(QWZLFNOXQJGHV%HZX‰WVHLQVGHU*QDGH³  'LHVH +DXSWVWUXNWXU LVW 6FKOHLHUPDFKHUV $XIIDVVXQJ ]XIROJH GDQQ IRUPHOO LQ GUHL$UWHQYRQGRJPDWLVFKHQ6lW]HQ]XXQWHUVFKHLGHQ $OOH 6lW]H ZHOFKH GLH FKULVWOLFKH *ODXEHQVOHKUH DXI]XVWHOOHQ KDW N|QQHQ JHID‰W ZHUGHQ HQW ZHGHUDOV%HVFKUHLEXQJHQPHQVFKOLFKHU/HEHQV]XVWlQGHRGHUDOV%HJULIIHYRQJ|WWOLFKHQ(L JHQVFKDIWHQXQG+DQGOXQJVZHLVHQRGHUDOV$XVVDJHQYRQ%HVFKDIIHQKHLWHQGHU:HOWXQGDOOH GLHVHGUHL)RUPHQKDEHQLPPHUQHEHQHLQDQGHUEHVWDQGHQ

'DV(QWVFKHLGHQGHLQGLHVHP%HVWLPPXQJVUDKPHQOLHJWQXQGDULQGDVVGLHWKHR ORJLVFKH:LVVHQVFKDIWQLFKWPHKU±ZLHHWZDEHL(EHUKDUG±DXIHLQHVSHNXODWLYH +\SRWKHVHJUQGHWLVWZRQDFKGDVens realissimumLQVHLQHUVSH]LILVFKHQRealität ]XEHVWLPPHQLVWYHUVWDQGHQDOVGHU,QEHJULIIDOOHU9ROONRPPHQKHLWHQ omnitudo realitatis  DXV GHP VLFK GHQQRFK NHLQH Wirklichkeit DEOHLWHQ OlVVW 6LH LVW MHGRFK DXFK NHLQH Transzendentaltheologie LP 6LQQH .DQWV ZHOFKH GHQ ÄNOHLQVWHQ³ %H JULII *RWWHV GDV minimum GHU 7KHRORJLH  DXIZHLVW ± GHU VLFK ZRKO GHQNHQ OlVVW QLFKWMHGRFKDOVH[LVWLHUHQGYLHOPHKUHLQIDFKDOVLQORJLVFKHP6LQQHQLFKWZLGHU VSUFKOLFK ± XQG LQ GLH Moraltheologie DOV 9HUQXQIWWKHRORJLH  PQGHW 'LH VR   (EG†,6  (EG , 6 'XUFK GDV %HJULIIVSDDU ÄYRUDXVJHVHW]WHQWKDOWHQ³ ZLHGHUKROW 6FKOHLHUPDFKHU

ZRKO HLQ UDWLRQDOLVWLVFKHV 6FKHPD HU OlVVW DEHU GLH %HVWLPPXQJ GHV 6HOEVWEHZXVVWVHLQV DOV *ODXEHQ QLFKW HLQIDFK LQ ORJLVFKHP 6LQQH YRQ GHU *HPWVHUUHJXQJ DEOHLWHQ 'LH REHQ JH QDQQWHÄ(QWZLFNOXQJ³LVWYLHOPHKUDOVHLQWUDQV]HQGHQWDO*HJHEHQHV]XYHUVWHKHQLP6LQQHHL QHVÄ:HVHQV³GDVHUVWLQHLQHU)DNWL]LWlWVHLQHYROOVWlQGLJH(QWZLFNOXQJILQGHW  (EG/,6  (EG†,6  %HL.DQWLVWGLH5HOLJLRQLPPHUVFKRQLQLKUHP8UVSUXQJa prioriYRQGHU9HUQXQIWEHVWLPPW XQGGHU1DPHGLHVHU%HVWLPPXQJODXWHW0RUDOLWlWGKUHLQHSUDNWLVFKH9HUQXQIW9|OOLJXQ



Giovanna D’Aniello

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Von der Religion zur Theologie



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Giovanna D’Aniello

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GÜNTER MÜHLPFORDT (Halle)

Johann August Eberhard und Karl Friedrich Bahrdt – Zwei Aufklärer im Diskurs Die mannigfachen Beziehungen zwischen dem gemäßigten Aufklärer Johann August Eberhard (1739–1809) und dem ein Jahr jüngeren Radikalaufklärer Karl Friedrich Bahrdt (1740–1792) spiegeln sich besonders deutlich auf 17 Seiten von Bahrdts Selbstbiografie, in elf Abschnitten mit mehr oder minder langen Darlegungen. Schon das zeigt, wie eingehend sich Bahrdt mit Eberhard befasste – welch wichtigen Platz dieser gesinnungsverwandte ,Selbstdenker‘ (so nannten Bahrdt und Zeitgenossen von ihm als Aufklärer sich und ihresgleichen) seit den 1770er Jahren in Bahrdts Gedankenwelt einnahm. Begonnen haben die vielseitigen Berührungen mit Eberhard für Bahrdt als aufklärerisches Erlebnis: Sein lebhaftes Temperament, das neue und streitbare Aufklärungsideen auf dem Bücher- und Zeitschriftenmarkt rasch aufgriff, begeisterte sich für Eberhards aufsehenerregende Neue Apologie des Sokrates, im Aufklärerverlag von Friedrich Nicolai.1 Dieser erste große Bucherfolg Eberhards machte ihn mit einem Schlag bekannt und erweckte auch Bahrdts volle Sympathie. Daher stand die Anfangsphase der geistigen Begegnung Eberhard – Bahrdt auf Seiten Bahrdts im Zeichen von Eberhards Sokrates. Unter dem Eindruck dieses Werkes wurde Bahrdt zum Verehrer Eberhards. Er blickte von seinen verschiedenen Wirkungsstätten aus der Ferne zu Eberhard auf, bevor er ihn persönlich kennenlernte. Dies geschah, nachdem Bahrdt als vom kaiserlichen Reichshofrat geächteter und aus dem gesamten Reichsgebiet verbannter Häretiker 1779 Aufnahme im preußischen Halle gefunden hatte. Die persönliche Bekanntschaft der beiden sinnesverwandten Aufklärungsphilosophen und -theologen war seither die zweier äußerlich Ungleicher: die des wohlsituierten Lehrstuhlinhabers Eberhard mit dem auf Grund von Denunziation reichsrechtlich verurteilten Ex-Professor dreier und Ex-Ordinarius zweier Universitäten Bahrdt als Asylanten. Von Eberhards Streitschrift Sokrates, mit dem Untertitel: oder Untersuchung der Lehre von der Seligkeit der Heiden – wider das Dogma starrer Konfessionalisten, alle Heiden seien zur Verdammnis verurteilt –, waren gleich Bahrdt viele Aufklärer und Aufklärungsfreunde außerordentlich angetan. Eberhard hatte ein heißes Eisen angepackt: die umstrittene, seitens rigoroser Orthodoxer kategorisch verneinte Gnadenwahl von Nichtchristen. Darüber wurde in Frankreich und in den Niederlanden eine heftige Kontroverse ausgetragen, die weite Kreise zog. Daran knüpfte Eberhard an. Er demonstrierte das Problem an der Person des vorbildli1

Johann August Eberhard: Neue Apologie des Sokrates. Berlin, Stettin 1772; 2., verb. Ausg. 1776; Bd. 2, 1778; 3., verb. Ausg. v. Bd. 1, 1788.

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chen Heiden Sokrates, wie zuvor Campanella u.a. Als Aufklärungstheologe bejahte Eberhard entschieden die mögliche Erwählung von Heiden für das Paradies. Wortführer der Gegenseite war der militante Rotterdamer Kontroverstheologe Petrus Hofstede, ein intoleranter Aufklärungsgegner. Gleich Eberhard bezog Bahrdt scharf Stellung wider Hofstede. Unter Eberhards Einfluss erscheint Hofstede auch bei Bahrdt als Verkörperung des hartherzigen Konfessionalisten, darüber hinaus als Prototyp des unduldsamen Antiaufklärers, als Antipode des eigenen Aufklärertums, als Widerpart schlechthin. Damit stellte sich Bahrdt an Eberhards Seite. Beide nahmen in jener transzendentalen Kernfrage – die Mehrheit der Menschheit betreffend – eine übereinstimmend aufgeklärt-tolerante Haltung ein. Deutlich wird das in Teil (Band) 1 von Bahrdts vierbändiger Selbstbiografie. Darin vermerkt Bahrdt missbilligend die Anfeindung von Eberhards Sokrates durch aufklärungsfeindliche konfessionelle Streittheologen in Berlin / Charlottenburg, Potsdam, Stadt Brandenburg und anderwärts, die ihn ketzerischer Devianz bezichtigten. Es ist dies Eberhards erste Nennung in Bahrdts Lebenserinnerungen, die einzige im einführenden ersten Teil. Bahrdt würdigt da eingangs seinen Vater, dessen Lieblingskind er war und der seine Talente hochschätzte. Sohn Karl Friedrich schreibt sich das Verdienst zu, den Vater Johann Friedrich Bahrdt (1713– 1775) – einen zweimaligen Rektor der Universität Leipzig und strenggläubigen Lutheraner („ganz orthodoxer Theologus“) – am Ende von dessen Leben zur Aufklärung „bekehrt“ zu haben (1, 30).2 Der Vater habe die Schriften des Sohnes intensiv studiert und auf diese Weise dessen Entwicklung zum Aufklärer nachvollzogen: „So schrit er gleichsam mit mir fort“ (1, 31) – von der Erfurter Stufe des Bahrdtschen Aufklärertums (1768–1771) zur höheren Gießener Stufe (1771–75); an beiden Universitäten hatte Karl Friedrich Bahrdt Lehrstühle inne. Als Beweis dient dem Sohn, J. Friedrich Bahrdt habe kurz vor seinem Tode, durch einen Band Predigten zu Bestreitung schädlicher Vorurtheile in der Religion, wo er selbst Eberhard, dem damals durch seine Apologie des Sokrates ziemlich verkezerten Philosophen, seinen lauten Beifal gab, deutlich genug gezeigt, daß er angefangen hatte ein Selbstdenker zu werden (1, 31).

Dass Bahrdt Senior den „verkezerten“ Eberhard verteidigte, ihm sogar nachdrücklich zustimmte („lauten Beifal gab“), war für Karl Friedrich Veranlassung, den Vater unter die Aufklärer („Selbstdenker“) einzureihen. Auch in Teil 2 der Bahrdtschen Lebensgeschichte wird Eberhard auf Grund seines Sokrates genannt. Daraus erhellt erneut, dass von allen Schriften Eberhards diese Bahrdt zuerst und am stärksten beeindruckt hat. Sie wird von ihm beidemal 2

Belege im Text geben die Originalpaginierung (Teil [Band] und Seite) der Selbstbiografie an: Karl Friedrich Bahrdt: Geschichte seines Lebens, seiner Meinungen und Schicksale, neu hg. v. Günter Mühlpfordt, Teil 1 und 2, Stuttgart-Bad Cannstatt 1983 (Deutsche Autobiographien 2/1–2) [ND d. Ausg. Berlin 1790 u. 1791]. Der erste Teil wurde, als die Druckgenehmigung ausstand, 1790 zunächst separat in Frankfurt a.M. publiziert.

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als Musterbeispiel eines ausgeprägt aufklärerischen Grund- und Hauptwerkes angeführt. Tenor und Tendenz von Bahrdts Urteil über Eberhard als hervorstechenden Aufklärer sind in den zwei Bänden jedoch unterschiedlich, ja entgegengesetzt. Während Bahrdt in Teil 1 zutreffend betont, Eberhards Sokrates sei „ziemlich verkezert“ worden, schwächt er in Teil 2 sehr ab: Diese Apologie von Eberhard habe „wenig Lärm gemacht“ (2, 198). In Teil 2 fragt Bahrdt geradezu: Warum hat Eberhards Apologie so wenig Lärm gemacht? Weil er ein Philosoph von entschiedenem Kredit in den preußischen Staaten war und man wol sahe, daß ihm weder Brod noch Ehre noch des etwas entgehen würde, wenn man einen noch so algemeinen Waffenaufstand erregte gegen ihn (2, 198).

Wiederum geht Bahrdt somit auf die Kritik von Aufklärungsgegnern an Eberhards Apologie des Sokrates ein. Er bewertet den Grad, die Schärfe der ‚Verketzerung‘ hier aber umgekehrt wie in Teil 1, betont vielmehr Eberhards hohen ‚Kredit‘, sein Ansehen. Eberhard war ein wegweisender, führender Aufklärer in Preußen geworden, während Bahrdt als analoger Aufklärer außer- und innerhalb Preußens angefeindet wurde oder unbeachtet blieb; dies der Grundton von Bahrdts Klagen. Entsprechend zeichnet Bahrdt auch in Teil 4 der Selbstbiografie, über seine hallesche Zeit, Eberhard als sein Ebenbild in der Gesinnung und als sein Gegenbild hinsichtlich Anerkennung. Über dies Missverhältnis beschwert er sich öfter. Das Urteil in Band 2 über die Aufnahme von Eberhards Sokrates lässt sich so nicht uneingeschränkt aufrechterhalten. Ihm widersprechen der laute Chor konfessionalistischer Gegenstimmen und die Tatsache, dass Eberhard auf Grund seines Sokrates ernste Schwierigkeiten als Prediger bekam. Diese Einschätzung ist daher, zeitlich unbegrenzt formuliert wie hier, nicht haltbar. Sie gilt für Eberhards Zeit in Halle ab 1778, als er beruflich saturiert war und, abgesehen von der Fehde mit Kant, kaum noch angefochten wurde, zumindest nicht wegen des Sokrates. Sie passt indes nicht auf Eberhards Jahre davor in und um Berlin. Der abweichende Akzent in Teil 2, im Vergleich zu Teil 1, beruht auf andersartigem Kontext und Gedankengang. Die andere Argumentation Bahrdts führt in Teil 2 zu neuer Interpretation. Anlass der Ausführungen über Eberhard in Teil 2 der Bahrdtschen Selbstbiografie ist eine Polemik Bahrdts wider den „Geist der theologischen Intoleranz und Streitsucht“, als dessen Opfer er sich sieht (2, 197). Bahrdt protestiert und geißelt, dass er von Aufklärungsfeinden, „den religiösen Zeloten“, den „Zionswächtern“ zu Unrecht angegriffen werde, wogegen die positiven Lehren seiner Schriften von ihnen unbeachtet blieben. Er prangert an, dass die Streittheologen einzig Aufklärer wie ihn aufs Korn nähmen, denen sie „zu schaden“ suchten, die sie „persönlich zu verwunden“, zu „beschädigen“ vermöchten. Bahrdt brandmarkt, die „Wächter Zions“ (pharisäerhafte Gesetzeschristen) wollten ihn und seinesgleichen, verletzbare Aufklärer in ungesicherter Position, „stürzen“, um die unverdient und ungerecht Beschuldigten „auf den Richtplatz zu schleppen“ (2, 197f.). Ausgangspunkt

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dieser schiefen Auffassung, einer einseitigen Zuspitzung, ist Bahrdts Unzufriedenheit mit seiner Lage und der seiner Familie in Halle. Dahinter steckt auch Neid auf den gut situierten, vielfach gelobten und geschätzten Eberhard, das Ressentiment eines Zurückgesetzten, der sich für unter Wert behandelt sieht, sich für missachtet hält und deshalb grollt. Auch um des Kontrastes willen hebt Bahrdt Ansehen (‚Kredit‘) und Anerkennung des gesinnungsverwandten Aufklärers Eberhard, dem er sich gleichwertig erachtet, in friderizianischen Kreisen hervor: Eberhard hatte erreicht, wonach Bahrdt vergebens trachtete. Laut Bahrdts Philippika wider die Intoleranz der Gegenaufklärung wagen sich deren Wortführer lediglich an Aufklärer wie ihn heran, die in ihrer Stellung angreifbar seien – die nicht fest im Sattel säßen. Nur mit solchen Aufklärern legen sie sich seiner Meinung nach an. Er sieht sich selbst als Opfer dieser Antiaufklärer. Über Aufklärer in fester Position wie Eberhard hingegen fielen sie nicht her. Vor denen hätten sie Scheu, getrauten sich nicht an sie heran: Die Herren wollen von ihren Kriegen Effekt sehen. Es sol der Mann gezüchtiget werden, dessen Meinungen sie bestreiten. – Warum hat Eberhards Apologie so wenig Lärm gemacht? Weil er ein Philosoph von entschiedenem Kredit in den preußischen Staaten war (2, 198).

Durch einen neuen Kunstgriff nähert sich Bahrdt hier der friderizianischen Opposition im nachfriderizianischen Preußen und sucht sich ihrer zu versichern, zugunsten von Aufklärern wie des ohnehin von ihr protegierten Eberhard, vor allem aber natürlich zum Vorteil seiner selbst als fingiertem und suggeriertem Ebenbild von Eberhard. Dies geschieht, indem er dem aufgeklärten Freigeist und angeblichen Bahrdt-Konterfei Eberhard den verstorbenen deistischen ‚Alten Fritz‘ unmittelbar voranstellt, dadurch gleich- und überordnet: „Warum haben z. B. die Herren Zionswächter sich nicht an eine Widerlegung der religiösen Aeuserungen Friedrichs des Großen gemacht? Weil das ein Kezzer war, dem sie nicht schaden konten.“ Hier folgt die zitierte Stelle: „Denn die Herren wollen von ihren Kriegen Effekt sehen […] – Warum hat Eberhards Apologie so wenig Lärm gemacht?“ (2, 198). Zu Lebzeiten des Königs hätte Bahrdt ihn kaum so offen, dreist und respektlos zum „Kezzer“ gestempelt. Auf diese Weise wurde Eberhards Reputation von Bahrdt noch mehr gehoben: Er stufte Eberhard – und damit indirekt auch sich selbst als Eberhards vermeintliches Ebenbild, als dessen aufklärerische Entsprechung – in der Rangordnung aufgeklärter Freigeister unmittelbar nach dem königlichen Deisten ein, Eberhard als Zweiten und unsichtbar, verhüllt sich selbst als Dritten der Reihenfolge. Indem Bahrdt den als sein Analogon hingestellten Eberhard und somit verdeckt die eigene Person der Autorität des absoluten Monarchen höchstpersönlich als freigeistige Aufklärer an die Seite stellt, macht er Eberhard vollends unangreifbar und sucht überdies sich selbst als Mitaufklärer, als sinnesgleichen Freigeist mit abzuschirmen. Der geheime Republikaner Bahrdt, der allen Fürsten die Zugehörigkeit zu seinem demokratisierenden Geheimbund Deutsche Union verwehrte, bezieht die Gestalt der verblichenen aufgeklärt-absolutistischen

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Majestät zu Eberhards und damit auch zum eigenen Besten in die Betrachtung ein. Durch die geistige Ein-, Über- und Vorordnung des freigeistig-aufgeklärten Monarchen wird die Erhöhung des freigeistigen Aufklärers Eberhard und seines vorgespiegelten Pendants Bahrdt (der Reputation und beruflichen Stellung nach) in Ideologie und System des aufgeklärten Absolutismus verankert. Solcherart dient der „Kezzer“ Friedrich II. dem aufklärenden Freigeist Bahrdt als unangreifbares Musterexempel. Der ‚Alte Fritz‘ ist dem verdeckten Republikaner Bahrdt hierbei Mittel zum Zweck, um Eberhard und sich selbst zu erheben und abzusichern. Darüber hinaus ist Bahrdt namentlich in Band 4 seiner Lebensgeschichte bemüht, das Unbefriedigende, ja Unerträgliche seiner eigenen Behandlung, Anfeindung und Ignorierung durch den Vergleich mit Eberhard und die Einbeziehung des verstorbenen Königs als alarmierend aufzuzeigen. Bahrdt gibt zu verstehen, dass Eberhard und er geistig an den deistischen Preußenkönig heranreichen und dieser mit ihnen theologisch eines Sinnes war. Deshalb sollen die intoleranten Scharfmacher abgeschreckt werden, damit sie sich hüten, Eberhard wieder und ihn selbst weiter zu attackieren. Bahrdt möchte erreichen, dass sie auch ihn künftig in Frieden lassen. Hierzu dient ihm die seltsame Zusammenführung Friedrich II. – Eberhard. Zweifellos darum zollt er dem Zollern hier Achtung. Damit näherte sich Bahrdt seit 1788, offen nach seiner Freilassung im Juli 1790, der friderizianischen Opposition gegen das Regime Friedrich Wilhelm II. / Wöllner, das ihn im April 1789 hinter Gitter gebracht hatte. Eberhard war ja 1786/87 der letzte friderizianische (Pro-)Rektor der Universität Halle. Es handelt sich an dieser Stelle um eine der verhüllenden Anpassungen des demokratisierenden Geheimrepublikaners Bahrdt unter den obwaltenden Umständen im nachfriderizianischen Preußen, dessen Machthaber ihn verhaften und 15 Monate einkerkern ließen. Festzuhalten bleibt über die widersprüchliche Beurteilung der Resonanz Eberhards in Band 1 und 2 der Bahrdtschen Selbstbiografie: „Ziemlich verkezert“ und „wenig Lärm“ vertragen sich nicht. Dennoch haben beide Einschätzungen ihre relative Berechtigung. Jede von ihnen ist für eine bestimmte Phase gültig. Ein Stück Wahrheit enthält die eine wie die andere. Anfangs, in den Jahren 1772–1777, überwogen Anfeindung und Verlästerung Eberhards durch Aufklärungsgegner, sodass er zeitweise keine Predigerstelle bekam. Danach, ab 1778, seit Eberhards Ruf auf den ursprünglich Kant zugedachten Philosophie-Lehrstuhl Georg Friedrich Meiers in Halle, wurde die positive Aufnahme des Eberhardschen Sokrates maßgebend. Zustimmung von Aufklärern und Anerkennung in friderizianischen Kreisen bestimmten in Eberhards und Bahrdts gemeinsamer hallescher Zeit den Ton des Urteils über Eberhard und gaben den Ausschlag. Bahrdt bezieht, wie unter verschiedenen Aspekten aufgezeigt, Eberhard jeweils auf sich. Er zeichnet ihn als sein avanciertes Ebenbild, das er von Fall zu Fall zum Gegenbild umfunktioniert: zum saturierten Aufklärer neben dem unzufriedenen, immer im eigenen Interesse, um das Mangelhafte seiner Situation am geistesverwandten Eberhard zu demonstrieren. Eberhard war, als kongenialer Mitaufklärer, für Bahrdt die Inkarnation des

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Gesinnungsverwandten, der an Äußerem besaß, was ihm selber in Halle fehlte: feste Anstellung, Ansehen bei Maßgebenden, Anerkennung durch Kapazitäten. Eberhard ist bei Bahrdt betontermaßen das Muster eines toleranten aufgeklärten Freigeists, den zu attackieren Aufklärungsfeinde zurückscheuen, mit dem sie nicht die Klingen kreuzen wollen, den sie mit ihren Ausfällen verschonen, weil Eberhard und seinesgleichen Rückhalt in regierungsnahen Sphären haben. Eberhard war in Bahrdts Augen der charakteristischste Repräsentant dieser für unduldsame Verfolger von der Gegenseite unantastbaren Gattung freisinniger Aufklärer. Eberhard kam Bahrdt auch deshalb so oft in die Feder, weil er in Bahrdts Nähe errungen hatte, was diesem ebenfalls vorschwebte, aber misslang. Was Bahrdt vergeblich für sich ersehnte, war ein besoldeter Universitätslehrstuhl, auf dem er frei lehren und schreiben konnte. Eberhard erscheint, nach schwierigen Anfängen, als erfolgreicher Karrieremacher, mit glänzender Laufbahn – ganz anders als Bahrdt, dem nach frühen Professuren und Lehrstühlen an Intoleranz und Willkür seiner Feinde gescheiterten sinnesverwandten Mitaufklärer, der nirgendwo mehr fest angestellt war. Infolgedessen ist Bahrdts Eben- und Gegenbild Eberhard für ihn zugleich das Wunsch- und Hochbild des von Gegnern unbehelligten Aufklärers in gesicherter Position. So, als anerkanntes Muster und konträres Glanzlicht, wird er auch den Lesern vorgeführt. Eberhard figuriert als Protagonist der arrivierten Aufklärer, Bahrdt hingegen als Prototyp der Opfer. Bahrdt war ein Jahrzehnt vor dem etwas älteren Eberhard, 1768, Ordinarius geworden. Sein Anspruch auf aufklärerische Gesinnungsgemeinschaft und Gleichwertigkeit mit Eberhard wird während seiner halleschen Periode, ab 1779, bei ihm zur fixen Idee, zum Axiom und Argument für die eigene berufliche Ebenbürtigkeit, das heißt für seinen Anspruch auf einen Lehrstuhl in Halle oder anderswo in Preußen. So rankte sich Bahrdts aufgeklärtes Selbstbewusstsein als Selbstwertgefühl an der Gegenüberstellung mit Eberhard empor. Je mehr Bahrdt sein Seitenstück im Geist und Gegenstück in der Lebensstellung Eberhard erhebt, umso krasser vermag er das Missverhältnis zu den kärglichen eigenen Lebensumständen hervorzukehren. M.a.W.: Indem Bahrdt Eberhards Stellung über Gebühr als gehoben und gefestigt präsentiert, kann er die Disproportion zur eigenen Lebenssituation und das Unbehagen über sie verstärkt zur Schau stellen. Es ist unübersehbar, dass er damit zugleich das Mitgefühl der Leser wecken will. Hinter überzogenen oder einseitigen Formulierungen dieser etwas verzerrten Version steckt spürbar auch eine bereits berührte – verständliche – Portion Neid Bahrdts auf Eberhard. Denn Bahrdt war, wie erwähnt, Eberhard als Ordinarius zehn Jahre voraus gewesen und hinkte ihm nun hinterdrein. Ihn wiedereinzuholen, blieb sein Wunschtraum, dessen Erfüllung er nicht zuletzt auch von Eberhards Fürsprache erhoffte. Alles in allem schließen die einander widersprechenden Beurteilungen der Resonanz Eberhards und von dessen Reputation in Band 1 und 2 der Bahrdtschen Lebenserinnerungen – „verkezert“ gegenüber „wenig Lärm“ und hohem Ansehen

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(‚Kredit‘) – sich gegenseitig nicht aus. Die ‚Verketzerung‘ passt auf die Jahre 1772–1777, insb. zu Lebzeiten von Johann Friedrich Bahrdt, bis 1775, als Eberhards Neuerscheinung Sokrates bei Aufklärungsgegnern viel Staub aufwirbelte. „Wenig Lärm gemacht“ und bedeutenden Ruf gewonnen hat Eberhard indes, wie dargelegt, spätestens ab 1778, sodass man ihm von da an, mit erwähnter Ausnahme Kants und der Kantianer, nur noch schwer etwas anhaben konnte. Mithin ist jede der beiden Auffassungen Bahrdts von Eberhard partiell, für begrenzte Zeit berechtigt. In Halle kamen Eberhard und Bahrdt seit 1779 auf Tuchfühlung, zunächst weniger aus eigenem Antrieb als auf Berliner Veranlassung, später zumeist durch Annäherungsversuche des schlechtgestellten Bahrdt an den gutsituierten Eberhard. Auf den 15 Seiten über Eberhard in Band 4 der Selbstbiografie, zu beider hallescher Zeit, kommt anhand zahlreicher Kontakte detailliert zur Sprache, welches Bild Bahrdt sich von Eberhard machte und welchen Eindruck über ihn, auch im eigenen Interesse, er zu erzeugen suchte. Schlüsselgestalt für Eberhard wie für Bahrdt war Wilhelm Abraham Teller (1734–1804). Teller hat wesentlich, ja mitentscheidend in die Geschicke des einen wie des anderen eingegriffen. Er war Aufklärungstheologe, ein freisinniger Neologe, Vertrauensmann des aufklärungsfreundlichen Bildungsministers Karl Abraham v. Zedlitz. Teller zeichnete sich als Berliner Verteidiger, Fürsprecher, Beschützer und Förderer sowohl Eberhards als auch Bahrdts aus. Er war tatkräftiger Anwalt und Schirmherr beider in einer Person, nahm sie gegen Anschuldigungen in Schutz und setzte sich für ihre Beförderung ein. Auch als Zensor stellte sich Teller auf Eberhards und Bahrdts Seite, indem er beiden Druckgenehmigungen verschaffte. Teller, Zögling der Mitteldeutschen Aufklärung, ihres Halle-Leipziger Kerns, ähnlich wie Eberhard und Bahrdt, gehört gleich Leibniz und Thomasius zu den großen Aufklärern aus Leipziger Professorengeschlechtern. Er wirkte zuvor als Universitätsprofessor in Helmstedt, wo er Lehrer von Bahrdts Verbündetem im Philanthropismus Campe war, einem Korrespondenten von Bahrdts demokratisierendem Geheimbund Deutsche Union. Der Berliner Aufklärer aus Leipzig ist einer der entschiedensten und breitenwirksamsten deutschen Aufklärungstheologen auf der Stufe der Neologie gewesen. Teller war ein ‚Liberaler‘ nach damaligen Begriffen, d.h. freisinniger, undogmatischer Aufklärungstheologe und Neologe, ähnlich wie Johann Salomo Semler. Sein Bruder Johann Friedrich Teller in Zeitz hingegen wurde vom Studienfreund Bahrdts zu dessen aufklärungsfeindlichem scharfen Widersacher, der vor allem Bahrdt, aber auch den eigenen Bruder und Semler als ,Liberale‘, als freidenkende Theologen bekämpfte.3 Als Neologe und undogmati-

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Vgl. Günter Mühlpfordt: Mitteldeutsche Anfänge des Gesinnungsbegriffs „liberal“. In: Heiner Lück, Bernd Schildt (Hg.): Recht – Idee – Geschichte. Beiträge zur Rechts- und Ideengeschichte für Rolf Lieberwirth. Köln, Weimar, Wien 2000, S. 523–590, insb. S. 559 u. S. 586– 589.

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scher Freigeist wurde Wilhelm Abraham Teller schon vor Eberhard und Bahrdt, seit 1764 heftig angegriffen und der Häresie bezichtigt, darüber hinaus mehrfach verboten. Auch aus eigener bitterer Erfahrung war Teller daher aufgeschlossen für Eberhard und Bahrdt, jenem wie diesem wohlwollend. Er sympathisierte mit den Verfolgtenschicksalen seiner beiden Gesinnungsfreunde und Leidensgenossen, trat nachdrücklich für beide ein. Als Vertrauter des Ministers wurde Teller zum mittelbaren Rückhalt sowohl Eberhards wie Bahrdts bei Zedlitz und durch diesen bei Friedrich II. So war es hauptsächlich Teller, der den Minister und über diesen den König zur Ernennung Eberhards an der Alma mater halensis wie zur Einweisung Bahrdts nach Halle bewog. Für seine Schützlinge Eberhard und Bahrdt plädierte Teller, wo er konnte, bei zahlreichen Gelegenheiten. Er führte und fügte die Lebensbahnen seiner Gesinnungsfreunde in Halle zusammen. Teller initiierte mithin sowohl den Ruf Eberhards nach Halle 1778 als auch die Unterbringung des aus dem Reich verbannten Asylanten Bahrdt in Halle 1779. Auf Tellers Betreiben erhielt Eberhard den Lehrstuhl G. Friedrich Meiers.4 Der Fürsprache Tellers bei Zedlitz und von Zedlitz beim König verdankte Bahrdt seine Aufnahme mit Familie in Preußen. Teller sorgte dafür, dass Eberhard sich Bahrdts in Halle annahm, sich um dessen Unterbringung mit Familie kümmerte. Entsprechend wies Teller Bahrdt an, sich beim Umzug nach Halle an Eberhard um Hilfe zu wenden. Minister und König hatten zunächst erwogen, dem verbannten Bahrdt gleich anderen Verfolgten ein Unterkommen in Berlin oder an der Oderuniversität Frankfurt zu gewähren. Teller optierte in beiden Fällen – dem Eberhards wie dem Bahrdts – für den preußischen Vorposten Halle, mit Preußens größter, führender und modernster Universität, sichtlich um da das Lager der Aufklärung zu stärken. Die sachkundigen Voten Tellers gaben jeweils den Ausschlag. Teller hat Bahrdt, den vom höchsten Reichsgericht aus dem Reich Verbannten, brieflich zur Flucht nach Preußen aufgefordert und ihm Asyl mit Unterkunft in Halle angeboten. Einer von Tellers Gründen hierfür war ohne Zweifel, dass er dort seinen zuvor berufenen Schützling Eberhard wusste, der ihm zu Dank und Erkenntlichkeit verpflichtet war. Demzufolge hat Teller Bahrdt an Halle gebunden und damit dessen weitere Schicksale an der Wirkungsstätte Eberhards bis zu einem gewissen Grade vorbestimmt. So sprach Teller beidemal – im Fall Bahrdt wie im Fall Eberhard – das entscheidende Wort.

4

Kant hatte zuvor diesen ihm zugedachten Lehrstuhl, so angesehen und verlockend er war, abgelehnt, weil er sich auf die Arbeit an seinen drei Kritiken konzentrieren wollte und deshalb zusätzlichen Lehrverpflichtungen aus dem Weg ging. Auf diese Weise hat Kant Platz für seinen späteren Kontrahenten Eberhard gemacht. Da Kant Vorlesungen nach drei halleschen Professoren hielt (Georg Friedrich Meier, Alexander Gottlieb Baumgarten u. Eberhards Namensvetter Johann Peter Eberhard), hätte er in Halle seine Kollegs neu ausarbeiten müssen. (Vgl. Günter Mühlpfordt: Christian Wolffs Lehre im östlichen Europa. In: Aufklärung. Interdisziplinäre Halbjahresschrift, Jg. 12, H. 2. Hamburg 2001, S. 133–137, insb. S. 135).

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Seit 1788 war Teller Haupt des offenen Widerstands gegen die aufklärungsfeindliche Wöllnersche Reaktion in Preußen unter Friedrich Wilhelm II. und in abhängigen Staaten. Den vereinten Kampf gegen das Wöllnersche Religionsedikt, das auf den Westfälischen Frieden von 1648 rekurrierte (Duldung nur der offiziellen Dogmen der drei Hauptkonfessionen, mit Unterdrückung aller Abweichungen), führten Teller und Bahrdt an getrennten Fronten: Teller auf kirchlicher Barrikade im Berliner Oberkonsistorium, Bahrdt im Untergrund mit seiner derb persiflierenden Satire Das Religionsedikt wider Wöllner und Friedrich Wilhelm II., die ihn 15 Monate hinter Gitter brachte – ins Gefängnis und auf Festung. Alles in allem wurzeln bei Teller demzufolge viele Kontakte zwischen Eberhard und Bahrdt, zahlreiche freundliche Begegnungen, aber auch Reibungen und Spannungen, bis zu Ansätzen von Zerwürfnissen. Daher war das Verhältnis Eberhard-Bahrdt aufs Ganze gesehen ein wechselvolles, zwiespältiges, widersprüchliches. Die von Bahrdt gewünschte persönliche Freundschaft kam infolge Eberhards Zurückhaltung nicht zustande. Dabei nahm Eberhard auf seinen einflussreichen Lehrer Semler Rücksicht, der, obschon selbst führender Neologe, Bahrdts kämpferisches Aufklärertum missbilligte und verurteilte. Bahrdt seinerseits hat Eberhard vornehmlich deshalb als sehr angesehen dargestellt (großer „Kredit in den preußischen Staaten“), weil dieser bei Teller in hoher Gunst stand und via dessen Vertrauensstellung bei Zedlitz auch bei Friedrich II. einen guten Ruf hatte. Begreiflicherweise schmeichelte Bahrdt Eberhard zugleich, um seine Fürsprache zu erringen, zumal Eberhard Altrektor und erneuter Rektoranwärter war. Gehäuft finden sich Äußerungen Bahrdts über Eberhard in Band 4 seiner Selbstbiografie, der ihre gemeinsamen Jahre in Halle 1779–1792 behandelt. Am 28. Mai 1779 traf der Flüchtling Bahrdt mit seiner fünfköpfigen Familie – Ehefrau und drei Töchter – in Halle ein: „In einem Koffer brachte ich alle meine und der Meinigen Habseligkeiten mit“ (4, 18).5

Herr Teller hatte mich dem Herrn Eberhard empfohlen, (so wenigstens hatte mir Herr Teller geschrieben, daß ich mich in allen Stükken an Herrn Eberhard halten und mich seiner Leitung bedienen solte) und dieser war ersucht worden, mir ein Quartier auszumachen. Es war also mein erstes, zu Herrn Eberhard zu gehen, und mein Quartier in Augenschein zu nehmen. Er empfing mich mit der ihm eignen Lebhaftigkeit, welche ich mit der eines Franzosen vergleichen würde, der bereits in die Jahre der Reife und des Ernstes gekommen ist. Sein[e] Gespräche und sein Air waren munter und hatten eine milde Farbe von Jovialität, mit einigen feinen (gar nicht krallen) [nicht krassen, G. M.] Zügen

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Belege im Text nach Teil [Band] 4 und Seite(n) von: Carl [Karl] Friedrich Bahrdts Geschichte seines Lebens, seiner Meinungen und Schicksale. Berlin 1791. (In Teil [Band] 3, ebenfalls Berlin 1791, keine Nennungen Eberhards).

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von Professorischer Würde. Auf die wenigen Worte, mit welchen [ich] ihm das Harmvolle meiner Lage anwinkte, erwiederte er ein flüchtiges und sorgloses: ja ja – nun, es wird sich mit der Zeit wohl geben. Zum freundschaftlichen Einklange in den Ton meiner Klagen war er gar nicht gestimt. Seine Handlungsweise wie sein Ton verscheuchten augenbliklich alle fernere Ausbrüche meines Kummers von meinen Lippen. Man hört auf zu klagen, wenn man kein Herz findet, das die Töne zurükgiebt (4, 19f.).6

Bahrdt berichtet weiter: Er [Eberhard, G. M.] führte mich in der [jetzigen Großen, G. M.] Steinstrasse in ein Haus, und – was er für mich besprochen hatte, war eine einfache Studentenstube mit einer Kammer. Da ich vorstelte, daß ich [mit Ehefrau und drei Töchtern, G. M.] so mich nicht behelfen könte, hieß es, es sey allenfals, eine Treppe höher, noch eine solche Stube zu haben: aber nichts von Küche u[nd] d[ergleichen] m[ehr]. Es befremdete mich. Denn es hatte ganz das Ansehen, als wenn man mich wie einen Bettler aufnehmen und auch so lassen wolte. Es schien, als solte ich als dürftiger Privatmann mich mit meinen Kindern in ein Stübchen pressen, aus dem Gasthause speisen und – verputten [verstummen, G. M.], bis – man mich rufen würde, daß ich wieder laut werden solte (4, 20).

Bahrdt fährt fort: Ich verbat mir das Logis und ging auf den Kronprinz [Gasthaus in der Kleinen Ulrichstraße, wo Familie Bahrdt übernachtet hatte, G. M.] zurük, um durch einen Lehnlakai mich selbst um eins zu bewerben. Zufälligerweise wußte der Mensch, daß in dem großen Weimannischen Hause zwei schöne Stuben mit Kammern vakant waren. Ich ging, sie zu besehen. Herr Weimann hatte die ganze Etage an das Institut [Seminar, G. M.] vermiethet, welches damals Herr Prof. Schüz7 und Herr D[oktor] Semler veranstaltet hatten und das […] wieder in Stekken [ins Stocken, G. M.] gerathen war. Er [Weinmann, G. M.] glaubte, […] daß es H[errn] Semlern angenehm seyn würde, wenn er einen Theil der leer stehenden Etage vermiethete und ihm dadurch Kosten ersparte. […] Ich bezog noch an dem selben Tage die neue Wohnung […]. Es war mein Glük, daß ich so geeilt hatte. Denn gleich am andern Morgen kam Herr Semler und bezeigte seinen Unwillen. […] Ich legte […] bei Herrn Semler meine Visite ab und er bekannte mir offenherzig, daß er herzlich erschrokken sey, da er von meiner Ankunft gehört habe. Mein Ruf sey zu schlim, als daß ich mich hier würde halten können, und seine eigne Ehre erfodere es, daß er gegen mich schreibe (4, 21ff.).

Bahrdts Schilderung seiner ersten Begegnung mit Eberhard und der Konfrontation mit Semler vermittelt ein anschauliches Bild von beiden, so von Eberhards gewandten Umgangsformen, seiner leicht französelnden „Lebhaftigkeit“, leutseligherablassendem Ton, aber wenig wirklicher Hilfe. Der Menschenkenner Bahrdt war enttäuscht. Eberhard als sein vom Beauftragten der Regierung Teller angewiesener Beistand hielt nicht das, was Bahrdt sich auf Tellers Mitteilungen hin versprochen hatte. Die ihm und seiner Familie von Eberhard angebotene Unterbrin6 7

Semler zeigte sich teilnahmsvoller in Worten, ließ es aber an jeder Hilfe fehlen und verhielt sich ausgesprochen feindselig (4, 23). Christian Gottfried Schütz (1747–1832), Professor in Jena, ab 1804 in Halle, Herausgeber der Allgemeinen Literatur-Zeitung, die Schütz bei seiner Berufung aus Jena nach Halle mitnahm. Sie brachte Rezensionen im Sinne Kants gegen Eberhard (Vorgängerin der Deutschen Literaturzeitung für Kritik der internationalen Wissenschaft).

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gung in einer Studentenbude empfand Bahrdt als Zumutung. Es war für Eberhard schwierig, die Familie Bahrdt zufrieden zu stellen. Mehr Anteilnahme in Worten als Eberhard äußerte Semler, wie schon bemerkt, der aber unverhohlen seinen Unmut über Bahrdts Erscheinen in Halle bekundete und ihm eine Gegenschrift ankündigte. Demgegenüber schnitt Eberhard noch günstig ab. Gemessen an Bahrdts Auseinandersetzungen mit Semler war sein Verhältnis zu Eberhard rosig. Weiteren Einblick gewährt Bahrdts zweite Schilderung Eberhards, der im Vergleich zu den (im Zitat stark gekürzten) Zusammenstößen mit Semler in wesentlich besserem Licht erscheint: Herr Eberhard – war der einzige Mann, welcher mich besuchte und mir Zutritt verstattete. Schade, daß mein Herz keinen Ankergrund zur Freundschaft fand. An Zuneigung fehlte mirs nicht. Und ich wünschte mir es wirklich, einen Mann von so viel Geist, als meinen Freund lieben zu können: zumal, da ich hörte, daß er überall gut und rühmlich von mir sprach und gegen manche Kabale mich verfocht [verteidigte]. Aber er hielt sich beständig so, daß ich den Gönner nur – äuserlich ehren konnte. Er kam zwar fast alle Tage, aber nur auf zwei bis drei Minuten, und gewöhnlich so preß vor der Mittagsmahlzeit, daß kein Aufenthalt möglich war. Und ein leichtes, mit französischem Bon-Ton vorgebrachtes: ‚Bon jour, mein lieber Herr Doktor, wie geht’s Ihnen?‘ konte mein Herz, das nach Freundschaft sich sehnte, nicht befriedigen (4, 25).

Bahrdt blieb zutiefst unzufrieden mit Eberhards unzureichender Unterstützung. Dennoch war Eberhard der Einzige, der sich seiner annahm: „So einsam und von Menschen verlassen lebte ich beinahe den ganzen Sommer. Mein Balbier war, ausser Eberharden, der einzige Sterbliche, den ich zu sprechen bekam“ (4, 26). Bahrdt war niedergeschlagen: Was für traurige Aussichten! – Auf ein Amt [Professur, G. M.] durfte ich nach dem Tone des Herrn Eberhards und meiner Berliner Korrespondenten [Teller u. a., G. M.] jetzt gar nicht Rechnung machen. Alles, was ich hoffen durfte, war eine [von Teller an Eberhard für Bahrdt übermittelte, G. M.] Samlung, von Berliner Freunden veranstaltet, zu welcher mir Herr Teller […] Hofnung gemacht hatte, welche dreihundert Thaler ohngefähr betragen und ein paar Jahre dauern solte. Von Kollegiis konte ich nichts erwarten, weil ich keine theologischen Kollegia lesen durfte und mit Vorlesungen über lateinische Autoren, Alterthümer u[nd] d[ergleichen] nirgends viel zu verdienen ist (4, 27f.).

Friedrich II. hatte, während des Bayerischen Erbfolgekriegs wider die Habsburgermonarchie (1778/79), seines vierten Kriegs mit Österreich, aus reichs- und außenpolitischen Rücksichten, gegen Bahrdt, den reichsgerichtlich als Häretiker aus dem Reich Verbannten, den er dennoch als Universitätsdozenten zuließ, Theologieverbot verhängt. Der König ließ durch Zedlitz, via Teller, Bahrdt „Philosophie und Humaniora“ (antike Literatur sowie Rhetorik) als Ersatzfächer empfehlen (4, 82). Von Philosophievorlesungen sah Bahrdt zunächst ab, um Eberhard keine Konkurrenz zu machen. Wie Christian Wolff in seinen frühen halleschen Jahren nach eigenem Zeugnis mit Rücksicht auf Christian Thomasius keine Vorlesungen

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über Philosophie hielt,8 so unterließ Bahrdt philosophische Kollegs mit Rücksicht auf Eberhard. Leiden der Armuth überschreibt Bahrdt das nächste Kapitel. Darin vermeldet er, dass er Geldzuwendungen von Gesinnungsfreunden, Sympathisanten und Mitfühlenden aus Berlin, der Mark Brandenburg und Kurland erhielt. Die aus Berlin gingen ihm über Eberhard zu. Bahrdt beginnt diesen Abschnitt: Ich empfieng, wo ich nicht irre, durch Herrn Eberhard funfzig Thaler von Berliner Freunden, mit dem Bedeuten, daß ich nach und nach ein mehreres erhalten würde. Es wurde schon jezt nichts festgesezt, worauf ich sichere Rechnung machen konte. […] Aber mein Geld wurde bald wieder alle. / Regelmässige Zahlungen des Verheissenen hatte ich nicht. Wenn ich in Noth war, klagte ichs Herrn Eberhard. Da bekam ich einmal 1, 2, 6 Louisd’or.9 Es schmerzte mich, daß ich immer erst klagen und bitten und mirs zuzeddeln lassen mußte. Es schien, als ob Herr Eberhard Auftrag hätte, fleißig nachzusehn, wie ich aussehe, wie meine Haushaltung stehe, und die Grade meiner Armuth zu messen. Er solte mirs nur nach den äusersten Bedürfnissen zutheilen. Ich solte nur das Küchenleben behalten. Man besorgte, ich möchte zu muthig werden, wenn man mich zu fett werden ließe. – So mußte ich also bei der äußersten Nothdurft mein Leben – schleppen (4, 29f.).

Weitere Hilfe kam von Bahrdts persönlichem Lehrer im Philanthropismus Johann Bernhard Basedow. Aber dessen Unterstützung empfand Bahrdt als zu aufdringlich, da er sich fest bei ihm einquartierte. Basedow fiel Bahrdt zudem lästig; denn er hielt laufend „Reden und Vorlesungen (mit denen er damals auch Herrn Eberhard häufig quälte, indem er ihn seine Urkunde gegen D[oktor] Semler mit anzuhören zwang)“ (4, 38f.). Basedow war ja auch Aufklärungstheologe, ging aber in der Kritik am Offenbarungsglauben nicht so weit wie Semler und dessen Schüler Eberhard und Bahrdt. Immerhin fungierte Basedow auch als Überbringer von handfestem Sukkurs: Basedow brachte mir im Sommer [1779, G.M.] ein Paket mit zwanzig Thalern und gestund mir, daß es ihm von Herrn v. Rochow10 für mich zugesandt sey. Durch Herr D[oktor] Beseke11 in Mitau und Herrn D[oktor] Stark12 erhielt ich von Kurländischen Menschenfreunden (meist Maurern) [Freimaurern, G. M.] zweimal funfzig Dukaten. Die Berliner Geschenke, die durch Herrn Eberhard mir zuflossen, betrugen im ersten und folgenden Jahre zusammen, wo ich nicht irre, nahe an 400 Th[a]l[e]r. Sobald ich aber mich nur einigermaßen aus der tiefsten Armuth herausgerissen und mit Wäsche, Kleidung und vornehmlich Hausgeräthschaften versorgt hatte, verbat ich selbst die Fortsetzung dieser Geschenke (4, 43f.).

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Vgl. Christian Wolffs eigene Lebensbeschreibung. Hg. mit einer Abhandlung über Wolff v. Heinrich Wuttke. In: Christian Wolff. Biographie. Hg. v. Hans Werner Arndt. Hildesheim, New York 1980. In: Ders.: Gesammelte Werke, Abt. I: Deutsche Schriften. Bd. 10 [ND der Ausg. Leipzig 1841], 3. Paginierung, S. 146. Goldmünze im Wert von mehreren Talern. Friedrich Eberhard v. Rochow, dem Philanthopismus nahe stehender brandenburgischer Volksschulreformer auf dem Lande; verwertete Bahrdts Lehrbuch des Philanthropismus (Philanthropinischer Erziehungsplan). Dr. Johann Melchior Gottlieb Beseke, stark von Bahrdt beeinflusst, später Mitglied von Bahrdts Deutscher Union. Prof. Johann August Starck, führender Freimaurer; Korrespondent Bahrdts.

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Bahrdts Angabe von annähernd 400 Talern ist kein Widerspruch zu den zuvor von ihm genannten 50, ebenfalls durch Eberhard übermittelten, Berliner Talern (4, 29), da es sich bei diesen nur um die erste Rate handelte. Bahrdt rechnet vor, dass er trotz der über Eberhard erhaltenen und sonstigen Gaben sowie der eigenen Autorenhonorare mit den Seinigen „in Halle nicht anders als kümmerlich leben konte“. Dennoch habe er „dreimal armen Studenten geholfen, die mich angiengen“ (4, 44). Als seine drei hauptsächlichen Lehrmeister der Aufklärungstheologie würdigt und anerkennt Bahrdt drei Professoren, die ihm nacheinander die Augen geöffnet hätten: Eberhards Lehrer Semler, Eberhard selbst – der hiernach ein neues Stadium von Bahrdts Aufklärertum herbeiführte – und, im Zusammenhang mit Eberhard, den Philanthropisten Ernst Christian Trapp. Damit bestätigt Bahrdt, dass Eberhard eine wichtige Etappe der Entfaltung seines Aufklärungsdenkens maßgeblich mitgeformt hat. Weitere Lehrmeister Bahrdts in der Aufklärung waren nach seinen Selbstzeugnissen sein Doktorvater Johann August Ernesti (Leipzig), der in Halle gebildete Semler-Meisterschüler und Neologe Johann Gottlieb Töllner (Oderuniversität Frankfurt) sowie der Naturwissenschaftler und Akademiegründer Wilhelm Baumer (Erfurt / Gießen; 2, 178). Das Dreigestirn Semler / Eberhard / Trapp ist die Krönung der Gegenargumente Bahrdts zu seiner Entlastung von den Anklagen und Vorwürfen aufklärungsfeindlicher Konfessionalisten, Doktrinäre und Traditionalisten. Durch Semler, Eberhard und Trapp gelangte Bahrdt nach eigener Angabe über die Basedowsche Stufe der Aufklärungstheologie hinaus. Diese drei erst zerstörten in ihm laut seiner Version die Anhänglichkeit an den herkömmlichen Offenbarungsglauben oder bloßen Zweifel an ihm. Den entscheidenden ersten Anstoß gab Semler, den zweiten Eberhard. Bahrdt formuliert das so: In diesem lezten Schlafe meines geistigen Lebens hat Hr. Semler zuerst mich gewekt und Eberhard vollends munter gemacht. Ich las […] Semlers Schriften über den Kanon und – ward erschüttert. Darauf bekam ich seine Widerlegung des Ungenanten in die Hände (in welcher er die Evangelien so äusserst zweifelhaft macht und von ihrer Entstehung und Verfälschung so viel bedenkliches sagt – die Auferstehungsgeschichte so unkörperlich macht und – das Pfingstfest so natürlich erklärt) und das gab mir den lezten Stoß, daß ich wie aus einem tiefen Schlafe erwachte (4, 111).

Aber noch immer war Bahrdt unsicher. Er hielt fest an dem Gedanken, daß Christus doch unmöglich ein so volkomnes Lehrgebäude selbst erfunden haben könnte. Diese lezte Stütze zerbrach Eberhard. Ich geriet mehrmal mit diesem großen Philosophen (wenn ich ihn besuchte) in spekulative Gespräche und unter andern kam einmal die Rede auf den Vater Sokrates, von welchem Hr. Eberhard mit einem so ausserordentlichen Enthusiasmus sprach, daß mirs eine Art von Ehrgeiz ward, mich gegen die alzu großen Lobsprüche dieses Mannes aufzulehnen. Bei dieser Gelegenheit behauptete ich, daß denn doch des Sokrates moralische Weisheit mit dem Lehrgebäude des Christentums nicht zu vergleichen sey. Und Hr. Eberhard überführte mich, daß Christus keinen wesentlichen Lehrsaz vorgetragen habe, den Sokrates nicht ebenfals gelehrt hätte (4, 112).

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Bahrdt widersprach noch; beim Überdenken der überzeugenden Beweisführung Eberhards daheim aber musste er ihm recht geben und erklärte sich für „besiegt“ (4, 112f.). Daraufhin brach Bahrdts Haupteinwand zusammen: daß nämlich Christus Dinge gelehrt hätte, die er ohne Offenbarung nicht wissen konte. Ich sahe die klare Möglichkeit, daß Christus sein herrliches Lehrgebäude aus den Schriften der griechischen Weisen (die ihm die Vorsehung durch den Umgang mit griechischen Juden in die Hände gebracht haben konte) erlernt und zusammen gesezt haben konte. […] Die Vernunft […] bestürmte mich mit Semlers Thatsachen und Eberhards Möglichkeiten (4, 113).

Durch diese nachdrücklichen Hinweise auf Semler und Eberhard als Urheber des ihm zugeschobenen „Unglaubens“ (4, 113), wie Bahrdt es sarkastisch nannte, suchte er zugleich sich selbst von der Beschuldigung der Ketzerei zu entlasten und ganz zu befreien. Die Tendenz bei diesen Darlegungen Bahrdts über Semler und Eberhard bestand darin, beide für seine Heterodoxie verantwortlich zu machen, ihnen gleichsam die Schuld zuzuweisen, wenn er der Devianz und Häresie, des Abfalls vom Glauben bezichtigt wurde. Er habe lediglich die Dogmenkritik von Semler und Eberhard übernommen und sich angeeignet, sei bei der Verwerfung von Kirchenlehren in keinem Fall über Semler oder über Eberhard hinausgegangen. Die Vollendung des Sieges der „Vernunft“ in Bahrdt über die „Erziehung“ (4, 113) brachte nach seiner Darstellung Ernst Christian Trapp, Mitbegründer des Philanthropismus gleich ihm. Trapp machte die nach dem Umdenken infolge von Semler und Eberhard noch verbliebenen Reste von Bahrdts Offenbarungsglauben lächerlich (4, 113ff.). Bahrdt bekundet seine Zuneigung zu Trapp und seine Hochachtung vor ihm mit rührenden Worten. Er rühmt Trapp als seinen ersten Freund in Halle: Der erste Mensch, der sich über das Vorurtheil hinweg sezte und mit dem verschrienen Kezzer öffentliche Freundschaft zu halten beschloß, war Herr Professor Trapp, ein Mann, dessen biederer und unbestechlich redlicher Charakter, dessen herrliche Laune, dessen heller Geist und ausgebreitete Kenntnisse mir eine ewige Sehnsucht nach ihm einflössen (4, 87).

In zwei Absätzen, die Trapps Wohlwollen für Bahrdt bezeugen, verschweigt dieser Trapps Namen, das eine Mal hauptsächlich Eberhards wegen. Bahrdt unterdrückt zum einen, dass Trapp derjenige war, der ihm, trotz zu erwartendem Missfallen von Philosophieprofessor Eberhard, zu Vorlesungen in Philosophie ermunterte und ermutigte (4, 100). Zweitens verrät Bahrdt nicht, dass eine geistvoll-bissige anonyme Satire zugunsten Bahrdts, wider seine Gegner an der Universität, von Trapp stammt. Auch da war Eberhard einer der Gründe, Trapp nicht zu nennen. Bahrdt gibt lediglich an: „Der augenscheinliche Beweis, daß der D. Bahrdt schuld an dem Erdbeben zu Kalabrien sei, ist nicht aus meiner Feder geflossen.“ Diese Schrift habe „den allgemeinsten Beifall“ gefunden (4, 151f.). Einen weiteren Namen hat Bahrdt um Eberhards willen in seiner Selbstbiografie völlig weggelassen: Kant. Bahrdt verschweigt, dass er unter dem Einfluss des

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halleschen Kantianers Ludwig Heinrich Jakob, mit dem er zusammenwirkte, den er zu Leihbücherei, Lesegesellschaft und Zeitschriftenaufsätzen anregte, zum Kantischen Kritizismus überging. Dies verbarg er Eberhard. Bahrdt sandte eigene Schriften an Kant und erhielt von Kant Danksagung. Jakob war Schüler und späterer Nachfolger Eberhards, auch Schüler Trapps und Bahrdts. Dieser schweigt über Jakob als Kantianer, obwohl er ihn in anderem Zusammenhang als seinen Vertrauten nennt (4, 273). Bahrdt wertet seine Wandlung unter dem Einfluss jenes Dreigestirns Semler / Eberhard / Trapp als seine „vollendete Aufklärung“ (4, 118). Er versteht darunter seine Umstellung vom Theologen, Philologen und humanistischen Altertumswissenschaftler zum „philosophisch-moralischen Schriftsteller“ (4, 118), zum konsequenten Radikalaufklärer. Trapp war es, der seinem Freund Bahrdt gegenüber Eberhard den Rücken steifte. Von der Lehrbefugnis in Philosophie, die wahrzunehmen Friedrich II. Bahrdt, über Zedlitz, nahegelegt hatte, machte Bahrdt erst nach langem Zögern, auf nachdrückliches Zureden Trapps Gebrauch. Zuvor scheute er sich besagtermaßen, um Eberhard nicht ins Gehege zu kommen. Allein Eberhards wegen nahm Bahrdt von Philosophievorlesungen Abstand, entgegen allerhöchster Empfehlung, „als Privatdocent Philosophie und Humaniora [antike Literatur, G. M.] zu lesen“ (4, 82). Um Eberhards willen klammerte Bahrdt vorerst die Philosophie aus seinem Lehrprogramm aus und beschränkte sich auf zwei nichtphilosophische Vorlesungen (4, 96): An die theoretische Philosophie wolte ich mich nicht wagen, weil Herr Eberhard in dieser Wissenschaft bisher das Monopol gehabt hatte und ich es folglich der Klugheit gemäß fand, einen Mann, dessen Freundschaft ich wünschte und dessen Verdienste ich ehrte, durch Theilung des Applausus nicht misvergnügt zu machen (4, 82).

Als Ersatz für Philosophie hielt Bahrdt „Vorlesungen über die Rhetorik“ (4, 82). Nach seiner Angabe hatte er anfangs „über 900 Studenten“ als Hörer. Trotz eingeschleuster „Häscher“ (4, 85f., 198) und Spitzel (4, 86) sowie gegnerischer Versuche, Tumulte zu provozieren, um Vorwände für das Verbot der Vorlesung zu finden, verhielten sich die Studenten auf Bahrdts Aufforderung hin ruhig. „Indessen kam doch Herr Eberhard des folgenden Tages zu mir und rieth mir, die gewählte Abendstunde, wo doch alzuleicht eine Unordnung vorgehen könte, wenn der erstaunende Zulauf bliebe, zu verändern.“ Bahrdt folgte der unmissverständlichen Aufforderung, verlegte seine Vorlesungen auf „Sonnabend früh […] und behielt bis Ende“ des Semesters nach eigener Angabe „über 500 Zuhörer“ (4, 85). Ein ungenannter „Freund unter den Professoren“ (4, 100) – nach meinen Ermittlungen Ernst Christian Trapp – stimmte Bahrdt um. Er zerstreute Bahrdts Bedenken gegen eigene Philosophiekollegs und nahm ihm seine Hemmungen. Das sei falsche, unnötige Rücksicht auf Eberhard:

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Einer von meinen redlichsten Freunden unter den Professoren (ein Mann von dem vortreflichsten Herzen, der nie an Kabalen Theil nahm) rieth mir, um meines großen Applausus willen, mehrere Kollegia zu lesen und mich in das Gebiet der Philosophie hinüber zu wagen. Er benahm mir alle meine Bedenklichkeiten und auch die wegen Herrn Eberhards. Ich folgte ihm und fing an, über Logik und Metaphysik Vorlesungen zu halten (4, 100).

Als diesen anonymen redlichen Freund und Professor habe ich den schon angeführten Philanthropisten Trapp identifiziert, den ersten Professor der Pädagogik an einer deutschen Universität. Trapp wurde 1779, im Jahr von Bahrdts Eintreffen in Halle, von Minister Zedlitz an die Universität Halle berufen. Als Vorlage und Handbuch für seine Philosophiekollegs wählte Bahrdt Johann August Ernestis Initia (Einführung in die Philosophie; 4, 100). Er vermied Eberhard, entschied sich aber für seinen eigenen Leipziger Doktorvater (der übrigens die gleichen Vornamen wie Eberhard hatte). Bahrdt suchte Eberhards Verärgerung oder Verstimmung zu verringern, indem er auf Latein vortrug und jenes lateinische Werk zugrunde legte; dadurch verminderte sich die Zahl der Hörer. Da Trapp Halle 1783 verließ und Semler im März 1791 starb, hing die Erfüllung von Bahrdts Wunschtraum einer Professur in Halle seither umso mehr an Eberhard. Mit Semlers Tod entfiel umgekehrt das stärkste Hemmnis. Letztlich haben Bahrdts eigene schwere Erkrankung 1791 – im Erscheinungsjahr von Band 3 und 4 seiner Lebenserinnerungen – und sein Hinscheiden 1792 das von ihm Ersehnte verhindert. Eberhards erstes Universitätsrektorat (der Form nach Prorektorat) 1786/87 hatte Bahrdts Lage an der Universität nicht wesentlich gebessert.13 Unter Eberhards Nachfolger wurde er 1787 von der Universität verwiesen. Insgesamt hatten Eberhard und Bahrdt während ihrer dreizehn gemeinsamen Jahre in Halle 1779–1792 vielfältige Begegnungen und Berührungen, Diskurse und Dispute, Annäherungen wie Entfremdungen, Konfrontationen neben Konnexen – ein Kaleidoskop reichhaltiger Beziehungen. Daraus resultierte ein, wie bereits betont, im Ganzen widersprüchliches, zwiespältiges Verhältnis. Zwei gebürtige Mitteldeutsche trafen hier zusammen: ein Zögling Halles aus Halberstadt und ein Zögling Leipzigs von lausitzisch-thüringischer Herkunft. Sie ergaben ein eigenartiges Paar im Spannungsbogen der mitteldeutschen Spätaufklärung, insbesondere ihres Kerns, der Halle-Leipzig-Jenaer Aufklärung. Auch zwischen Schriften Eberhards und Bahrdts bestehen mancherlei Querverbindungen, Wechselwirkungen und Anklänge. Sie erklären sich durch wechselseitige Übernahmen, Entlehnungen – wobei Eberhard zumeist der gebende Teil war – und aus gemeinsamen Quellen, Gewährsleuten, Autoritäten. Deutlich wird die Verwandtschaft bei Eberhards Vorbereitung zur natürlichen Theologie (Halle 1781) und Bahrdts zehn Jahre jüngerer Würdigung der natürlichen Religion und des Naturalismus in Beziehung auf Staat und Menschenrechte (Halle 1791), 13

Nach Bahrdts Ableben amtierte Eberhard erneut als (Pro-)Rektor 1795/96 und 1804/05. Den Titel Rektor führten leitende Professoren der Universität Halle erst ab 1854.

Eberhard und Bahrdt – Zwei Aufklärer im Diskurs

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dem ersten Buch mit dem Leitwort der Aufklärung ,Menschenrechte‘ in der Überschrift. Besonders Bahrdts Gedichte zeigen ihn in Eberhards Spuren. Bahrdt gab seinen ein Jahr nach Eberhards Natürlicher Theologie veröffentlichten gesammelten Poesien den Titel: Gedichte dieses Naturalisten, Germantown bei Philadelphia [Berlin] 1782.14 Der Freiheitsenthusiast Bahrdt begeisterte sich für das freie Amerika. Er bot George Washington 1783 seine Dienste für den Aufbau des amerikanischen Bildungswesens an.15 Zu tieferer persönlicher Verbundenheit zwischen Eberhard und Bahrdt kam es nicht. Das festeste Band ihrer Gesinnungsverwandtschaft war und blieb die Aufklärungstheologie, auf der Stufe einer beiderseits an Semler angelehnten Neologie, mit Hochschätzung der natürlichen Religion. Politisch-sozial gingen sie besonders seit 1788 und noch mehr ab 1789 unterschiedliche Wege. Als geschichtlich bedeutsamste Gemeinsamkeit von Eberhard und Bahrdt erscheint die Ausstrahlung des einen wie des anderen auf die Berlin-Brandenburgische, gesamtdeutsche und europäische Aufklärung. Beide richteten ihre Blicke, wie Bahrdt in seinen Programmen für die Deutsche Union betonte, auf die Aufklärung in ‚ganz Europa‘.16

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Nachauflagen: Gedichte eines Naturalisten. Halle 1782 und 1787; verm. Nachauflage: Gedichte Doktor Bahrdts des Naturalisten. Berlin 1782. Auf Bahrdts Natürliche Religion folgte D. Karl Friedrich Bahrdts naturalistische Gedichte Germanien im Freiheitstal [Hamburg] 1792. Im Jahr nach Eberhards Natürlicher Theologie erschienen somit drei Ausgaben von Sammlungen ‚naturalistischer‘ Gedichte Bahrdts. Vgl. Sten Gunnar Flygt: The Notorious Dr. Bahrdt. Nashville, Tennessee, USA 1963, S. 239, 345, 379, 388, 398; Heinrich Schneider: Karl Friedrich Bahrdt’s Letter to George Washington. In: Germanic Review, 29, New York 1954, H. 3 (Oktober), S. 230–234. Vgl. Günter Mühlpfordt: Deutsche Union, Einheit Europas, Glück der Menschheit. Ideale und Illusionen des Aufklärers Karl Friedrich Bahrdt (1740–1792). In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Jg. 40, H. 12 (1992), S. 1148f.

HANS-JOACHIM KERTSCHER (Halle)

Briefe eines „Weltphilosophen“ – Eberhards Roman Amyntor

Eberhard bezeichnet seinen Roman im Untertitel als Eine Geschichte in Briefen und sich selbst als deren „Herausgeber“.1 In der Tat wird diese Fiktion bis zum Schluss gewahrt, sie wird sogar durch eine Mitteilung in einer Fußnote erhärtet: Es müssen zwischen dem elften und zwölften einige Briefe verlohren gegangen seyn. Die Lücke ist offenbar. Indeß will sie der Herausgeber lieber der Einbildungskraft des Lesers auszufüllen überlassen, als durch eine ungeschikte Ergänzung, die ganze Sammlung verdächtig machen.2

Insgesamt sind es 44 Briefe, die mitgeteilt werden. Bereits in der „Vorerinnerung“ wird der Leser darauf verwiesen, dass er hier nicht mit einem Roman konfrontiert werde, bei dem das delectare im Vordergrund stehe, sondern vielmehr mit einer Sammlung, die ihn „zu richtigen Begriffen von der Religion“ führen solle. Dabei wolle er nicht jenem Muster folgen, das die Schäden aufzeigt, die bei Menschen mit einem „lasterhaften Gemüthe“ entstehen, wenn sie sich „unsittlichen epikuräischen Grundsätzen“ unterwerfen und so zu Wüstlingen werden, die sich mit Verweis auf die epikuräische Philosophie „von einem Verbrechen zum andern, von einem Unglück zum andern“ treiben ließen. Vielmehr gehe es ihm um die Vorstellung von Menschen, die „eine gute Erziehung“ genossen haben und epikuräische Vorstellungen „mit den Maximen der Klugheit zu verbinden“ in der Lage sind, einen feinen „Geschmack“ und ein lebhaftes „moralisches Gefühl“ besitzen, sich demzufolge auch jeglicher „Ausschweifungen“ enthalten. Vielmehr solle es darum gehen zu zeigen, wie sich solche Menschen durch die Anwendung jener epikuräischen Grundsätze der „Glückseligkeit […] berauben“. Es handle sich also nicht lediglich um „einen bloßen Roman“, der „nach den Gesetzen des epischen Gedichts“ beurteilt werden könne, sondern um ein Werk, in dem „das Interesse der Herzensangelegenheiten dem Interesse der Angelegenheiten des Verstandes untergeordnet“ werden solle, d.h. der Roman werde wohl vornehmlich „diejenigen anziehen und fesseln […], die mit den Verlegenheiten des Verstandes aus Erfahrung bekannt sind“. So werde der Leser auf Personen stoßen, die ihm als „etwas zu betrachtend“ erscheinen könnten. Diesem Vorwurf könne der Herausgeber lediglich mit der Feststellung begegnen, „daß es wirklich solche Personen gebe, denen jede Gelegenheit leicht einen Anstoß zu Betrachtungen geben kann, und daß dies gewöhnlich der Fall bey solchen sey, denen die Einsamkeit, worin sie leben, keine 1 2

Vgl. Amyntor. Eine Geschichte in Briefen. Herausgegeben von Johann August Eberhard. Berlin, Stettin 1782. Ebd., S. 40.

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andere Art der Tätigkeit zuläßt.“ Auch müsse der Herausgeber darum bitten, daß der Leser die „Briefe der Phila[r]ete, wegen ihres philosophischen Geistes, der die Wärme ihres Gefühls durchwebt“, nicht als „unwahrscheinlich“ empfinde. Auch das weibliche Geschlecht könne „durch häufige Erfahrungen abwechselnder Schicksale und die Betrachtungen der Einsamkeit“ durchaus in die Lage versetzt werden, in solcher Weise zu reflektieren. Ein so gearteter Text mache „Zusätze“ erforderlich, die als Vertiefungen der in den Briefen angesprochenen Probleme zu verstehen seien. Sie können „als besondere Aufsätze“3 gelesen werden und sind demzufolge auch gesondert positioniert, d.h. die Wiedergabe der Brieftexte erfolgt erst nach der Vorstellung der Zusätze. Hinsichtlich der Verwendung griechischer Namen erfährt der Leser, daß sich der Herausgeber zu solchen entschlossen habe, „um der Ceremoniensprache des deutschen Briefstils auszuweichen, die dem Schreiber und Leser […] gleich ekelhaft seyn muß.“4 Der Eberhard befreundete Berliner Verleger und Aufklärer Friedrich Nicolai zählte denn auch den Roman „zu den besten prosaischen Schriften in unserer Sprache“. Ihn fasziniere die „[k]unstlose, simple, klare und gefällige Schreibart“.5 Der Roman verrate „Kenntniß der Welt und des menschlichen Herzens“.6 Ein so gearteter ,Roman‘ verzichtet notwendigerweise auf eine detaillierte und ausgefeilte Handlung. Sie sei hier vorgestellt: Amyntor, ein junger Hofmann, hat infolge einer Denunziation die Ungnade seines Fürsten erfahren. Er verbindet seinen ,Fall‘ nicht mit Trotzreaktionen oder Larmoyanz, sondern entwickelt in der ländlichen Einsamkeit seiner Güter einen neuen Lebensstil mit neuen Lebensinhalten. Am Hofe lernte er vor allem, „liebenswürdig“ zu sein, „das ist, so [zu] werden, wie andere waren, die die meiste Aufmerksamkeit und Vorzüge genossen.“7 Er hatte die deutschen Höfe kennengelernt, kam auch nach Paris und besuchte hier gelehrte Gesellschaften, war bestürzt, daß dort die Meinung vorherrschte, „kein Mann von grossem Verstande könne einen Gott glauben“.8 Er paßte sich an, übernahm das „System des Unglaubens, und lernte zu dessen Verfechtung Waffen handhaben“.9 Die Landflucht war ihm nicht unwillkommen, denn ohnehin erschien ihm das Hofleben als höchst bedenklich. Die dort miteinander verkehrende Jeunesse D’oree sah, man kennt das, ihr einziges Lebensziel in der Steigerung ihrer Vergnügungen. Er, Amyntor, hat, so erfahren wir „die frölichen Zerstreuungen des Hofes […] bis auf die Hefe ausgeleeret“,10 sie hätten bei ihm

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Ebd., Vorerinnerung, o.S. Da die Zusätze die gleiche Paginierung tragen wie die Briefe, werden hier deren Seitenangaben mit einem * kenntlich gemacht. Ebd. Friedrich Nicolai: Gedächtnißschrift auf Johann August Eberhard. Berlin, Stettin 1810, S. 47f. Ebd., S. 48. Eberhard: Amyntor (wie Anm. 1), S. 248. Ebd., S. 250. Ebd., S. 251. Ebd., S. 2.

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immer wieder die „nämlichen unerträglichen Leeren“11 hinterlassen. In guter horazischer Manier findet er im Landleben eine neue Existenzmöglichkeit. Ich fange an zu begreifen, daß Arbeit nicht unglücklich macht, und daß, wenn die Bedürfnisse gering sind, auch zu ihrer Befriedigung nicht viel erfordert wird. Alles kömmt auf die Zufriedenheit und den Muth an, der beyde begleitet; und indem ich diese vermehre, werde ich der Beförderer der Glückseligkeit des Fleißes in den Hütten seyn.

Indem so für den nächsten Tag gesorgt sei, schwinde die Angst vor „einer ungewissen Zukunft“.12 Befördert wird sein Entschluss durch seine Mutter Metra, die sich, neben positiven Folgen für seine Persönlichkeitsentwicklung, auch für dessen Tochter Agathe ein geordnetes Familienleben erhofft. Sie sei das „lebende Bild“ der „in ihrem Leben oft vernachläßigten, an ihrer Liebe gekränkten – Euphrosyne“,13 d.h. ihrer jung verstorbenen Mutter. Dazu bedarf es einer Ehepartnerin, die Metra bereits ausgesucht hat. Es handelt sich um Philarete, eine auf dem Land aufgewachsene und mittlerweile verwitwete junge Frau, die von Metra als eine „Himmelverwandte milde Schwärmerin“14 bezeichnet wird. Diese war genötigt, sich in der Einsamkeit ihre „Kenntniß des menschlichen Herzens gröstentheils aus Büchern zu schöpfen“15 und ist nunmehr der Auffassung, „daß eine gewisse Empfänglichkeit der Seele zu den Empfindungen der Religion gehöre“16. Vor allem „die sittlichen Empfindungen“ seien dabei hervorzuheben, nämlich „die Empfindlichkeit für die Schönheiten der Natur, für alles wahre Schöne der Kunst, für die sittliche Schönheit“. Man müsse zu der „Gewohnheit“ gelangen, in der Erfahrung der Wahrheit Vergnügen zu finden und sich für fremdes Wohl zu intereßiren. Denn diese Gewohnheit zu denken muß in der Seele seyn, wenn das Nachdenken über den Urheber der Welt nicht mühsam und unangenehm seyn; – dieses Gefühl der Schönheit muß die Seele durchdringen, wenn der Anblick der Natur in Liebe der Gottheit übergehen, – dieses sittliche Gefühl muß bereits eine Quelle von Glückseligkeit für uns seyn, wenn uns der Gedanke von einer vaterlosen Welt unerträglich werden, hingegen der Gedanke an eine Welt, worin ein allgemeiner Vater für das Wohl der Familie aller Lebendigen durch die Verwaltung des Leblosen sorgt, vergnügen soll.17

Philarete ist einer Verbindung mit Amyntor nicht abgeneigt, aber sie befürchtet, dass dieser in seinem neuen Ambiente noch nicht gefestigt genug sei, dass er allzu leicht wieder in sein vorheriges Leben zurückfallen könne. Der Verdacht ist nicht unberechtigt, denn Amyntor pflegt einen Briefwechsel mit seinem Freund Hedion, der weiterhin den Hofbelustigungen frönt, Kavaliersreisen unternimmt: Beispiels-

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Ebd., S. 5. Ebd., S. 7. Ebd., S. 9. Ebd., S. 14. Ebd., S. 23. Ebd., S. 23f. Ebd., S. 24.

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weise weilt er gerade in Paris, wo man „endlich das wahre Vergnügen“18 entdeckt habe: nämlich „Marionetten, die Affen und Hunde“.19 Philaretes Bedenken sind also nicht ungegründet, denn mit dem Briefwechsel ist die Verbindung zum Hof, nicht völlig aufgegeben. Hedion warnt den Freund vor einer Verbindung mit Philarete: „Ihre schöne Grausame wird mit Ihren verschrobenen Ideen von grossen Leidenschaften, ehe Sie sich es versehen, Ihren Kopf völlig verstimmt haben.“20 Amyntor hält dem entgegen: „Ihre Gesinnungen mögen streng, fromm, und wenn sie wollen, eingeschränkt seyn, aber sie sind warm, aufrichtig und ungekünstelt.“21 Als Beleg referiert er ein Gespräch mit Philarete, in dem er Einblicke in deren Geschichte erhielt: Philaretes Mutter starb nach der Geburt der Tochter, der Vater kämpfte in den Schlachten des Siebenjährigen Krieges. Das Kind wurde in einem Ursulinerinnen-Kloster erzogen, lernte hier die „weiblichen Arbeiten“ kennen und unterhielt sich „mit Musik und Zeichnen“,22 absolvierte die Andachten und beschäftigte sich mit dem Ausschmücken von Zellen und Altären. Hier lernte sie auch den jungen Flötisten namens Ariston kennen, der den Nonnen unverfänglich erschien und sich deshalb Philarete als Erzieher widmen konnte. Er gab ihr „die besten Schriften der Deutschen, Franzosen und Engländer“23 zu lesen und fügte denen „mündliche[] Erläuterungen“24 hinzu. Im Prozess dieser Erziehungsarbeit wurde ihr klar, „wie wenig die Lebensart eines Klosters die Bestimmung eines vernünftigen und geselligen Wesens seyn könne“. Die „Langeweile“ vertrieben die Nonnen durch „kindische Beschäftigungen“ und „unedle Belustigung“, so dass deren Gesellschaft ihr „eckelhaft und unerträglich“25 wurde. Ariston heiratete sie, starb jedoch nach vier Ehejahren. Auf dem Lande hat Amyntor bald Gesprächspartner gefunden, die unterschiedliche Charaktere vorstellen und demzufolge auch unterschiedene Weltsichten vermitteln.26 Der eine ist Philokles.27 Der, so erfährt der Leser, habe unter den „Ungerechtigkeiten der Welt“ gelitten und mannigfaltige „Fehlschlagungen“ hinnehmen müssen. Darüber sei er „etwas erbittert“, auch „ungeselliger“, d.h. „in der Wahl seiner Gesellschaft eigensinniger“ geworden. Er habe lange Zeit in „Kriegsdiensten“ gestanden und in diesem Zusammenhang den „Geist der Ordnung und der

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Ebd., S. 104. Ebd., S. 105. Ebd., S. 172. Ebd., S. 173. Ebd., S. 180. Ebd., S. 192. Ebd., S. 193. Ebd., S. 196. Nicolai vermerkt dazu: „Wir interessieren uns für die verschiedenen Charaktere und werden unvermerkt belehrt, indem wir fast meinen, der Verfasser habe uns nur unterhalten wollen.“ Vgl. Nicolai: Gedächtnißschrift (wie Anm. 5), S. 48. Philokles („der für seine Freunde sorgende“) ist die Hauptgestalt in Shaftesburys The Moralists, a Philosophical Rhapsody (London 1705).

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Strenge gegen sich selbst“28 erlernt. Dieser sei ihm „zur andern Natur geworden.“ Auch sein Sohn übte das Kriegshandwerk aus, den aber habe er „im vorigen Kriege verlohren“, was ihn, Philokles, bewog, nunmehr „allem freundschaftlichen Umgange mit der Welt“ zu entsagen. Er kompensierte diesen durch „Beschäftigung mit den ernsthaften Wissenschaften“,29 was ihn nötigte, alle Empfindungen zu unterdrücken. Freilich lebe er nun in der ständigen Sorge, dass diese sich seiner wieder bemächtigen könnten. Er zeichne sich durch einen „traurige[n] Ernst“ aus, der lediglich durch „Freundlichkeit des Wohlwollens“, nicht aber durch „die Lustigkeit der Laune oder des Temperaments“30 gelockert erscheine. Amyntor hat ihn verstehen gelernt, kennt sein „Inneres“ und schätzt den Umgang mit ihm, der ihm „tausendmahl lehrreicher und interessanter“ erscheint als der „mit den abgeschliffenen, glatten Allgefälligen, die eben darum so glatt zu seyn pflegen, weil sie auch sehr hart sind.“ Mittlerweile habe sich Philokles „wieder etwas mit der menschlichen Gesellschaft ausgesöhnt. Er findet Vergnügen in der Mittheilung seiner Kenntnisse und Erfahrungen“.31 Der andere heißt Hermeas und ist Seelsorger in jenem Dorf, in dem Amyntor seine Bleibe gefunden hat. Beim Besuch einer sonntäglichen Predigt konnte Amyntor feststellen, dass diese „gut“, „verständlich“ und „der Lage der Zuhörer angepaßt“32 war. Er könne es sich gut vorstellen, mit ihm in engere Kontakte zu treten. Hermeas ist jene Romanfigur, die mit großem Realitätssinn die Welt betrachtet und namentlich auf „Erfahrung und Beobachtung der Dinge, die uns umgeben“,33 Wert legt und auf „Gewohnheit, Erfahrung und Nachdenken“34 sein Vertrauen baut. Schließlich findet noch Theophron,35 der Geistliche aus der Stadt, seine Bleibe in der ländlichen Runde. Der sei ihm, Amyntor, zu einem „angenehmen und nützlichen Gesellschafter“36 geworden. Er habe manches, was diesem in den Unterredungen mit Philokles noch unklar geblieben ist, deutlicher erscheinen lassen. Mit ihm gewinne die Gesellschaft allmählich den Charakter „einer kleinen Akademie“.37 Im Verlauf der ,akademischen‘ Diskurse stellt sich heraus, dass Philarete die verloren geglaubte Tochter des Philokles ist. Diese überraschende Nachricht erschüttert Amyntors physischen und psychischen Zustand. Metra berichtet Philokles 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37

Eberhard: Amyntor (wie Anm. 1), S. 43. Ebd., S. 44. Ebd., S. 37. Ebd., S. 45. Ebd., S. 35. Ebd., S. 68. Ebd., S. 300. Friedrich Nicolai meinte, dass Theophron die Züge Eberhards trage: „Er hatte sich selbst geschildert ohne es zu wissen.“ Vgl. Nicolai: Gedächtnißschrift (wie Anm. 5), S. 48. Eberhard: Amyntor (wie Anm. 1), S. 117. Ebd., S. 119.

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von einem „schweren Gallenfieber“, das ihren Sohn heimgesucht habe. Sie meint, die Ursache der Krankheit in einer „geheimen Unruhe des Gemüths“38 suchen zu müssen. Im Fieberdelirium habe er Philaretes Namen häufig erwähnt, eine Besserung seines Zustands deute sich wohl an, aber eine wirkliche Heilung sei erst nach einer Verehelichung der beiden zu erwarten. Philokles möge helfen, die beiden zusammenzubringen. Der möchte dies auch. Er habe die Auffassung gewonnen, dass Amyntor durchaus „für die ernsten und großen Empfindungen der Religion […] gewonnen“39 sei, wovon freilich auch Philarete überzeugt werden müsse. Amyntor verständigt sich während der Rekonvaleszenz per Briefverkehr mit Philokles, das sei unter diesen Umständen die beste Möglichkeit der Kommunikation. Diesen Briefen nun – und das teilt er Amyntor auch mit – entnimmt Philokles, dass es Amyntor noch an „Gemüthsruhe“ fehle, die Briefe ließen „noch die Sprache einer zu gespannten Empfindlichkeit“ erkennen, Amyntor sei „des Leidens noch ungewohnt“.40 Ein harmonisches Individuum könne seine endgültige Ausprägung nur in der Erfahrung von „Vergnügen und Schmerz“ erhalten. Und er empfiehlt Amyntor, er möge „einige Bücher des Neuen Testamentes, insbesondere die Lebensgeschichte Jesu“,41 noch einmal lesen. Das macht dieser auch und schildert dem Mentor seine Leseerfahrungen. Diese kann man, das sei in Parenthese mitgeteilt, als eine Ergänzung von August Hermann Niemeyers Charakteristick der Bibel lesen. Eberhards Universitäts-Kollege und Freund hatte bekanntermaßen die Jesus-Charakteristik als Bestandteil des sechsten Bandes bereits angekündigt, dann jedoch auf eine Publikation verzichtet.42 Amyntor empfindet das Leben Jesu als den Entwurf eines großen Plans, nämlich „der Sittenverbesserer des verderbtesten Zeitalters“43 werden zu wollen. Amyntors langes und schwärmerisches Bekenntnis zu diesem Leben erschien Philokles wiederum höchst problematisch: Amyntor sei noch nicht „genug gegen das Uebermaaß der Empfindlichkeit“44 gefeit, die Briefe seien „voll Wärme“ geschrieben, solch ein Zustand könne die „völlige Wiederherstellung“45 verzögern, Amyntors Ausführungen ließen die vom Verstand geprägte Reflexion vermissen. Nachdem auch Philarete sich von Hermeas überzeugen läßt, dass die häufig zu hörenden Elogen über Amyntors „Gerechtigkeit, seine Aufrichtigkeit, seine Menschenliebe“46 durchaus ernstzunehmen seien, stimmt diese einer Vermählung zu. 38 39 40 41 42

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Ebd., S. 209. Ebd., S. 211. Ebd., S. 217. Ebd., S. 218. Vgl. dazu: Hans-Joachim Kertscher: Niemeyers Charakteristick der Bibel – ein Buch und sein Verleger. In: Ders.: Literatur und Kultur in Halle im Zeitalter der Aufklärung. Aufsätze zum geselligen Leben in einer deutschen Universitätsstadt. Hamburg 2007, S. 509–518, hier S. 513. Eberhard: Amyntor (wie Anm. 1), S. 223. Ebd., S. 245. Ebd., S. 246. Ebd., S. 295.

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Philokles setzt schließlich noch durch, dass das Paar wechselweise in der Stadt und auf dem Land leben sollte. Der Fürst denke jetzt anders, denn der Fürstin sei es gelungen, „das Geheimniß der Bosheit aufzudecken“,47 die Amyntors Fall am Hof besiegelte. Philokles bekennt, dass er seinen Entschluss, den Dienst zu quittieren, bereut habe, denn einerseits berge auch der „Zwang“48 des Dienstes persönlichkeitsfördernde Momente und andererseits hätten viele, die sich zur Ruhe begeben haben, jene „Glückseligkeit […], die sie sich darin versprochen haben“,49 nicht gefunden. Die hier notwendigerweise ,umständlich‘ vorgetragene Fabel deutet an, dass in den Briefen des Romans Diskurse referiert werden, die anthropologische Fragestellungen zum Inhalt haben. In diesem Zusammenhang sei auf Immanuel Kant verwiesen, in dessen Schaffen etwa ab 1781 eine ,anthropologische Wende‘ festgestellt werden kann, die er in seiner folgenden Vorlesungstätigkeit zu interpretieren und die daraus gewonnenen Erkenntnisse in der 1798 erschienen Schrift Anthropologie in pragmatischer Hinsicht zusammenzufassen suchte. Kant unterscheidet hier zwischen physiologischer und pragmatischer Anthropologie („Menschenkenntniß“). „Die physiologische Menschenkenntniß geht auf die Erforschung dessen, was die Natur aus dem Menschen macht, die pragmatische auf das, was er als freihandelndes Wesen aus sich selber macht, oder machen kann und soll.“50 Ähnliche Fragestellungen behandeln auch die Debatten in Eberhards Roman. Heinrich Döring, der Verfasser des Eberhard-Artikels in der Allgemeinen Encyklopädie, teilt über Entstehung des Romans folgendes mit: Die Ideen zu diesem Werke hatte er [Eberhard, H.-J. K.] schon während seines Aufenthalts in Charlottenburg gefaßt, als noch ein Predigtamt zu seinen Wünschen gehörte. Er gerieth indessen, als er die freimüthige Rüge mancher religiöser Mißbräuche, welche d’Alembert, Diderot, Voltaire u.a. französische Schriftsteller sich erlaubt hatten, zum Theil in Schutz nahm, in den ungegründeten Verdacht, als Gegner aller positiven Religion auftreten zu wollen.51

Eberhard wurde 1774 als Prediger nach Charlottenburg berufen. Hier entstand auch seine Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens, die 1776 publiziert wurde. Es ist anzunehmen, dass die ersten konzeptionellen Vorstellungen zum Amyntor im gleichen Jahr erfolgt sind. 1772 war seine Neue Apologie des Sokrates erschienen. Der Roman kann als ein Bekenntnis seines Autors gelesen werden, das ihm gleichsam im Gefolge der öffentlichen und privaten Diskussionen um jene zwei Schriften abgerungen wurde. So stehen denn auch folgende dem anthropologischen Reser47 48 49 50 51

Ebd., S. 302. Ebd., S. 303. Ebd., S. 304. Immanuel Kant: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. In: Kant’s gesammelte Schriften [Akademieausgabe]. 1. Abt.: Werke. Bd. 7. Berlin 1917, S. 119 (Vorrede). Heinrich Döring: Art. Eberhard (Johann August). In: Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste […] herausgegeben von J. S. Ersch und J. G. Gruber. 30. Tl. Leipzig 1838, S. 223–226, hier S. 225.

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voir entnommene Begriffe im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen: Glückseligkeit, Erziehung, Tugend, Empfindung, Empfindlichkeit, Religion, Schwärmerei, Wissenschaft, Vorurteil, Charakter, Epikuräismus, Natur, Freundschaft, Einbildungskraft, Glaubensbekenntnis, Menschenkenntnis, Weltkenntnis, Vernunft, Verstand, Herz, Moral, Sittlichkeit, Vollkommenheit, Trieb, Selbstbeobachtung, Seele, Wahrheit, Gesetz, Anlagen, Geschmack, Schönheit – die Liste ließe sich fortsetzen. Ein den gesamten Text konstituierender Begriff ist die Religion und das Verhältnis der Individuen zu ihr. Metra, die Mutter Amyntors, berichtet aus der Stadt: Hier auf dem Schauplatz des Ehrgeizes und der Vergnügen sehe ich der Unglücklichen genug, die ohne Religion leben und es giebt nicht wenige unschädliche unter ihnen; ja einige, die sich durch besondere Strenge und Regelmäßigkeit der Sitten unterscheiden, nöthigen uns den Wunsch ab, daß sie sich die Seligkeiten der Religion gönnen möchten.52

Sie scheuen die „Anstrengung“ oder fürchten, der „Schwachheiten“ verdächtigt zu werden. In der Kindheit vermittle die Religion „ein gewisses dunkles Gefühl einer allgemeinen Ursach des Weltgebäudes und der Begebenheiten in demselben“, dieses aber verliere sich „allgemach, wenn es nicht durch Nachdenken neue Nahrung erhält.“ Nachgerade seien es die „Zerstreuungen“, die das „Interesse der Seele nach aussen [ziehen]“.53 Jene „Unglücklichen“ unterdrücken die Kraft zum Nachdenken über Gegenstände, die ausser dem engen Kraise der sinnlichen Vergnügen und der kleinen Leidenschaften der Eitelkeit und des Ehrgeizes liegen. Wenn nun ein Theil der Erleuchtung in den Wissenschaften diese lustige Sphäre erreicht, wenn die Nachricht bis dahin dringt, daß der Scharfsinn grosser Naturforscher, deren Lob man hier mehr aus Glauben nachspricht als fühlt, manche Geheimnisse der Natur enträtselt habe: so glaubt man die Sache der Religion zum Besten des Leichtsinns entschieden, man glaubt der Gottheit zur Regierung der Welt nicht nöthig zu haben.

Diese Menschen kommen zu der Auffassung, „daß die Irreligion ein Zeichen eines ungemeinen Verstandes und eines starken Geistes sey.“54 Philarete bestätigt dies und meint, dass Irreligiosität Menschen hervorbringe, denen, weil sie unter dem „Zwange“ ihrer „Pflichten“ stehen, „eine stete Selbstverleugnung zur andern Natur“ werde. Sie versagen sich jegliche „angenehme Empfindung“,55 da dies mit den

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Amyntor (wie Anm. 1), S. 15f. Ebd., S. 16. Ebd., S. 17. In einer Anmerkung wird diese Auffassung erhärtet: jenen Leuten stünde eine „Mannigfaltigkeit der Vergnügen“ zur Verfügung, aber diese strahlten „eine gewisse Kälte und Seichtigkeit der Empfindung“ aus, was von einer „frühzeitige[n] Verwahrlosung des Herzens und immer fortwährender Zerstreuung“ herrühre. Das Herz könne sich nicht „zu der Innigkeit des Gefühls […] erheben, die zur Religion gehört.“ Ebd., S. 6*f. Ebd., S. 27.

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Pflichten nicht zu vereinbaren sei. Sie, Philarete, könne mit solch einem Menschen, „als seine Gattinn, nicht glücklich“56 werden. Amyntor, wir hörten es, gehörte zu jenen hier beschriebenen Charakteren, bevor er sich aufs Land zurückzog. Neue Einsichten eröffneten sich ihm, als er beim ländlichen Gottesdienst mit der Religiosität der einfachen Landleute konfrontiert wurde. Er berichtet dem Freund Hedion: Ich fühlte nun zum erstenmale eine sonderbare Weisheit und Menschlichkeit in einer Einrichtung, deren Absicht und wohlthätige Würkung ich nie so in ihrem ganzen Umfange gefühlt habe, als in dieser kleinen einfachen Gesellschaft. Ruhe […] ist erst Süssigkeit, wenn man gearbeitet hat, und die härteste Arbeit selbst verliert vieles von ihrer Härte, wenn man den Genuß ihres Lohnes in der Ruhe sieht. Ich sahe die guten Leute nun zum erstenmale auf eine Art glücklich, die meiner Art glücklich zu seyn, etwas näher kam. Bisher hatte ich sie immer mit ihren Geschäften und Sorgen gesehen, nun sah ich sie in ihrer sorgenfreyen, geniessenden Ruhe.

Eine solche Ruhe könne man „nur in dem Tempel der Gottheit empfinden […], in dem die mehresten Anbeter nicht bloß vom Müßiggehen ausruhen.“57 Hinsichtlich seiner geistigen Verfassung aber, so äußert er sich gegenüber Philarete, fühle er sich noch dem „Glaubensbekenntniß aller erfahrnen Weltleute“ verpflichtet, nämlich „daß die allgemeine Quelle aller sogenannten guten Handlungen der Eigennutz sey.“58 Dies erscheint Philarete als „menschenfeindlich“,59 die ganze Konstruktion würde auch durch die Einbeziehung des Moments der Erziehung „nicht menschlicher“,60 zudem nehme Amyntor „der Tugend […] eine starke Stütze, wenn sie ihr den edlen Stolz nehmen, das was recht ist, ohne niedrige Furcht und Eigennutz, gethan zu haben“.61 Sie halte nicht viel von Amyntors „ausgebreiteter Weltkenntniß“, man lerne damit wohl den äußeren Menschen kennen, wichtiger sei ihr, „durch gründliche Bekanntschaft mit meinem eigenen Herzen“ jenen „Schlüssel“ zu finden, der ihr „die geheime Schrift in den Herzen Anderer lesen“62 helfe. Da könne sie sich durchaus mit dem „Weltkenner“63 Amyntor messen. Amyntor will dies nicht bestreiten, beharrt jedoch darauf, daß tugendhafte Verhaltensweisen nicht angeboren seien, sondern erworben werden: Wenn sich mit einer ziemlichen Anzahl von Handlungen und Eigenschaften durch öfteres Wiederholen die Begriffe von Lob und Tadel vergesellschaftet haben, wenn sich diese Vergesellschaftung zu Folge zu dem Bewußtseyn verschiedener Handlungen und Eigenschaften die Empfindungen von Stolz oder Scham, Zufriedenheit oder Reue gesellen: so wird nun allge-

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Ebd., S. 28. Ebd., S. 31. Ebd., S. 41. Ebd., S. 47. Ebd., S. 48. Ebd., S. 49. Ebd., S. 50f. Ebd., S. 51.

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mach eine gewisse Empfindlichkeit für die Sittlichkeit der Handlungen und Eigenschaften merklich, die man das sittliche Gefühl nennt.64

Er sei der Auffassung, „daß das moralische Gefühl von je her von der herrschenden Religion und den politischen Gesetzen und Verfassungen ist gebildet worden.“65 Hier nun schaltet sich Philokles ein, der überzeugt ist, dass es eine „ursprüngliche[] Güte der menschlichen Natur“ gebe. Er habe allerdings Schwierigkeiten, diejenigen zu überzeugen, daß sie nicht Sklaven sind, die es sich gefallen lassen, Gesetzen zu gehorchen, die ihnen nicht ihr eigenes Herz gegeben hat, Gesetzen, die nicht von dem Ansehen des ewigen Gesetzgebers, von de[r] eigenthümlichen Güte der Handlungen, die sie gebieten, und von der innern Zufriedenheit, womit sie den Rechtschaffenen belohnen, ihre Kraft erhalten.

Der „höhere Stolz“ und die gering ausgeprägte „Bekanntschaft mit sich selbst“ veranlasse die Menschen, sich stärker an das verläßlichere „Gesetzbuch“66 zu halten, als an „die leisere Stimme des Gewissens, und der Richter, der sie drohet, macht sich ihnen fürchterlicher, als der Richter, den der Bessere in seinem Innern verehret.“ Freilich: Dies werde den „Bösewicht […], der alle Furcht verlohren hat“, nicht von seiner Tat abhalten, wie auch „der Reiz des Vergnügens der Sinne bey dem, der keine sittlichen Vergnügen kennt“, nicht verebben. Wenn also das „sittliche Gefühl noch nicht die Fülle und den Umfang gewonnen hat, der seine Vollkommenheit ausmacht“, müssen die „kindischen Belohnungen die Stelle des Gefühls der Pflicht und des Vergnügens vertreten“.67 Aber, so fragt er: „[…] würden wir selbst uns nicht freyer und edler fühlen, wenn wir einem Gesetz in unserm eignem Busen, als wenn wir dem unbedingten Willen der Stärkern oder Verschlagenern gehorchten?“68 Das nun veranlasst Amyntor zu der Frage: „Woher haben wir unsere sittlichen Urtheile, da sie ursprünglich nicht durch geschriebene Gesetze, nicht durch die Erziehung unter die Menschen gekommen sind?“ Philokles gibt lapidar zur Antwort: „Wir finden sie in uns selbst“.69 In einer Anmerkung wird diese These näher erläutert. Deren Quintessenz lautet: Wenn also der moralische Sinn, als Fähigkeit betrachtet, der Verstand ist, so fern er Vorstellungen hat, die er nicht durch die Sinnen, und die Vernunft, so fern sie das Wesen und die Natur des Menschen aus seinen natürlichen Verrichtungen abnimmt, und die Uebereinstimmung der freyen Handlungen mit diesen [!] Wesen und dieser Natur des Menschen erforscht: so muß er dem Menschen so gut angebohren seyn, als der Verstand und die Vernunft selbst, aber auch

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Ebd., S. 53. Ebd., S. 54. Ebd., S. 62. Ebd., S. 63. Ebd., S. 65. Ebd., S. 67.

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zu seiner Erhöhung, Berichtigung, Erweiterung eben so wohl einer regelmäßigen Uebung bedürfen, als diese beyden Vermögen der Seele.70

Philokles spricht von einem „Grundtrieb“ der Seele jedes Menschen, nämlich „das zu wollen, was sich ihm unter der Gestalt des Angenehmen darstellt, was ihm das Gefühl seiner Thätigkeit, seines Lebens, seines Vorwärtsdringens gewährt.“ Der Unterschied zum Ungebildeten bestehe darin, dass es der Gebildete „bey dem blossen Gefühl nicht“ belasse, er fange an, „sich von sich selbst zu trennen“71 und in dem Prozeß der „Selbstbeobachtung […] stellt sich ihm allgemach das Gebäude der Glückseligkeit für ein Wesen, wie der Mensch, vollständiger dar, und mit ihm eine Reihe von Urtheilen, man nenne sie Maximen, Gesetze, oder wie man sonst will“.72 In einer Anmerkung wird dazu ergänzt: „[E]s ist ein nothwendiges Gesetz der menschlichen Seele, daß sie sich nichts denken kann, ohne zugleich zu denken, es müsse einen zureichenden Grund haben.“73 Das sei der „Grundsatz aller menschlichen Erkenntniß“,74 demzufolge „unsere freyen Handlungen mit unserer vernünftigen Natur übereinstimmen, und durch sie bestimmt werden“75 müssen. „Sind nun die sittlichen Gesetze in der Natur des Wesens gegründet, dem sie gegeben sind: so sind sie Naturgesetze, die allgemein, nothwendig und ewig sind, und die eben so wenig auf zufälligen Verbindungen der Ideen beruhen können“.76 Amyntor berichtet daraufhin Philarete, dass er aus den Argumenten Philokles’ „Keime von neuen Gedanken“77 empfangen habe, die er nun verinnerlichen müsse. Philokles habe recht, wenn er sage, „daß die Vernunft ohne den trüglichen Anspruch der Sinne abzuwarten, über die ewigen Wahrheiten, sich selbst ihre Orakel spreche, daß die Seele sich selbst der ewiggegenwärtige Gegenstand ihres inneren Sinnes sey“.78 Deshalb habe er sich nun „selbst zum Gegenstande der Betrachtung“ gemacht und ist dabei auf „dieses allgemeine Gesetz“ gestoßen: „nichts zu wollen, als was ich als gut erkannt, indem ich aus der Betrachtung meiner Anlagen und Kräfte entdeckte, was einem Wesen, wie ich, gut sey“.79 Philarete schreibt Amyntor daraufhin, dass sie dessen Briefe zwar „mit Vergnügen gelesen“, sie jedoch nicht „verstanden“ habe. Das sei aber auch nicht nötig, da sie stets ihrem „innern Gefühl“ folge. Sie freue sich, „daß Amyntor für das seines Herzens so würdige Gefühl des Schönen und Guten gewonnen ist.“80 Auch sie sei überzeugt, dass die Seele „sich selbst zum Gegenstande ihrer Beobachtung“ machen müsse, nur so 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80

Ebd., S. 30*. Ebd., S. 72. Ebd., S. 73. Ebd., S. 42*. Ebd., S. 41*. Ebd., S. 44*. Ebd., S. 44*f. Ebd., S. 92. Ebd., S. 93. Ebd., S. 94f. Ebd., S. 96.

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könnten Begriffe wie „Pflicht, Gesetz, Tugend, Gewissen“81 genauer bestimmt werden. Spezifisch für die Gattung Mensch sei die „Uebereinstimmung der Empfindungen […], der die einzelnen Menschen durch das ganze Geschlecht zu einander anzieht und vereinigt.“ Die „Aehnlichkeit ihrer Natur“,82 das ihnen „angebohrne Gefühl des Guten“83 prädestiniere sie zur Geselligkeit. Misstrauen dagegen bringe sie um das „Vergnügen im menschlichen Umgange“.84 Das unterstreicht auch Philokles, der jene armen und bedauernswerten Leute vom Schlage eines Hedion beklagt, die es sich schwer machen müssen, „um vergnügt zu seyn“.85 Sie seien ständig auf der Suche nach neuen Vergnügungen, deren schlimmster Grad jener sei, wo der Reiche, trotz aller Langeweile, „glücklich scheinen [muß]“, damit ihm „die Bewunderung seines Glücks“86 erhalten bleibe. Wenn sogar die Mittel des natürlichen Vergnügens bey einem verwöhnten Geschmacke nicht für sich selbst gefallen, wenn selbst die Schönheit der Gärten nicht nach ihrer natürlichen Anmuth, sondern nach der Kunst und dem Aufwande, womit sie angelegt sind, gewählt werden: warum solte nicht der Muthwille des Reichthums, statt der schönen Formen der edelsten Natur, Ungeheuer und Fratzengesichter in karrarischen Marmor einhauen, wenn diese durch ihre Kostbarkeit von den Schätzen ihres Besitzers eben so grosse, und durch ihre Seltenheit von seiner eigensinnigsten Unabhängigkeit noch grössere Begriffe erregen können, als die natürlichen?87

In einem Zusatz wird von Palast und Garten eines Sizilianers berichtet, wo sich „die Ungereimtheit der elenden Einbildungskraft“88 in Darstellungen austobt, die sich „nach dem Grade der Häßlichkeit und Ungestaltheit“89 gegenseitig zu überbieten suchen. Theophron, der Geistliche aus der Stadt, ergänzt die Ausführungen Philokles’ dahingehend, dass wohl jeder irgendwann einsehen werde, dass er nicht nur empfangen könne, sondern auch geben müsse. Der Reiche kompensiere das zunächst mit Geld, aber auf diese Weise würden „die Bande der Gesellschaft loser und unmerklicher“. Die „Freundschaften des Heldenalters und der Ritterzeiten“90 seien längst vergangen, in den bürgerlichen Zeiten sehe man das „Geld so gut als Freunde“91 an. Damit aber sei die krisenhafte Situation in der Gesellschaft nicht zu lösen. In dem gegenwärtigen Zustande der Gesellschaft, worin die Werke der Kunst, und alle Theile der Wissenschaften zu einem so hohen Grade der Vollkommenheit gestiegen sind, leuchtet uns 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91

Ebd., S. 98. Ebd., S. 99. Ebd., S. 102. Ebd., S. 102. Ebd., S. 109. Ebd., S. 112. Ebd., S. 113. Ebd., S. 52*. Ebd., S. 53*. Ebd., S. 122. Ebd., S. 123.

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die Nothwendigkeit einer gesellschaftlichen Bearbeitung derselben so häufig in die Augen, daß sie uns, als eine alltägliche Sache, beynahe nicht mehr genug rührt, um in uns die grosse Wahrheit von der Verbindung unseres eigenen mit dem Wohlseyn anderer Menschen lebhaft zu erhalten.92

Philokles möchte Theophrons Ansicht, „daß uns die Beförderung des Vergnügens und der Glückseligkeit anderer empfindlicher Wesen angenehm sey, indem wir dabey unsere eigene Vollkommenheit empfinden“, dahingehend erweitern, „daß uns alles gefalle, was Vollkommenheit, Leben, ungehinderte Thätigkeit, unaufgehaltene Kraft enthält oder ausdruckt, auch dann, wenn wir sie ihm nicht gegeben haben; wofern wir nur mit einem beträchtlichen Grade von Lebhaftigkeit davon gerührt werden.“93 Hieraus entspringe „die allgemeine Quelle unseres Wohlgefallens an dem Schönen, wie an dem Guten“, woraus sich „sowohl die Gesetze des Geschmacks als des Gewissens, der Kritik wie der Sittenlehre herleiten“ ließen. Diese seien nicht „willkührlich“. Das jedoch bestreitet Amyntor vehement. Die „Erfahrung“ lehre, dass „Verschiedenheit und Veränderlichkeit des Geschmacks eine so allgemein erkannte Sache [ist], daß sie beynahe zum Sprichwort geworden ist.“94 Die sich ständig verändernden Moden wiesen das eindeutig nach. Ein langer Zusatz „Von den Urtheilen über die Schönheit“ versucht nachzuweisen, dass Unterschiede im Geschmack u.a. daher rühren, dass „die Ideen von schön und gut“95 häufig in einen Zusammenhang gebracht werden. So könne uns ein als unschön erkannter Gegenstand, auf Grund seiner Gutheit, allmählich als schön erscheinen. Ein so als unschön empfundener Gegenstand könne jedoch, integriert in eine andere Ganzheit, durchaus als schön erscheinen – und umgekehrt. Wenn nemlich ein schöner Gegenstand sehr zusammengesetzt ist; so können die Grundtheile seiner Schönheit, um der Schönheit und Vollkommenheit des Ganzen willen, von ihrer eigenthümlichen Schönheit etwas verlieren. Ich kann also von der nemlichen Linie und in der Tonkunst von der nemlichen Dissonanz, je nachdem ich sie für sich betrachte, oder als Element eines schönen Werkes, unbeschadet der Allgemeinheit und Beständigkeit der Gesetze des Geschmackes, ein ganz verschiedenes Urtheil fällen.96

Es entstehe „eine Schönheit, die nicht bloß in dem Verhältniß der Theile allein liegt.“97 Das könne man auch angesichts „der Natur in ihren schönsten Werken beobachte[n]“. Schönheit in ihrer häufigen Wiederholung verursache „den unerträglichsten Ueberdruß“, Vergnügen hingegen bereite „die Abwechselung der Grade des Schönen und Angenehmen“. Dieses Vergnügen entstehe „aus dem Gefühl der Schicklichkeit“.98 Man sehe so in die „die ganze Harmonie der Schönheit 92 93 94 95 96 97 98

Ebd., S. 124. Ebd., S. 140. Ebd., S. 141. Ebd., S. 68*. Ebd., S. 69*. Ebd., S. 70*. Ebd., S. 73*.

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und Vollkommenheit“ hinein, empfinde mit der „erstern die letztere“ mit und mache sich „die letztere durch die erstere […] sinnlich“.99 Schwierig sei es auch, so Philokles, die Mitte zwischen „Unthätigkeit“ und „Ueberspannung“ zu finden, denn genau da sei das „Angenehme“100 situiert. Es leuchte ein, dass hier individuelle Unterschiede lägen, was als ein „Grund der Verschiedenheit des Geschmacks“ bezeichnet werden könne. Ein weiterer Grund bestehe in den „ungewählten Lagen des Lebens […], worinn die Umstände verschiedentlich auf uns wirken“.101 Das Bedürfnis nach Abwechslung hänge mit „dem Bedürfniß der Seele, ihre Thätigkeit zu äussern“, zusammen, „wozu ihr einerley Gegenstand nur auf eine sehr kurze Zeit Nahrung geben kann.“ Die vorher als schön empfundene Neuheit kann „verhaßt“102 werden. Das sei hinsichtlich der Mode noch akzeptabel, könne jedoch in anderen Bereichen zum Problem werden: „[W]ir müssen fort, wir jagen schon wieder einem fernern Ziele nach.“103 Es ließen sich noch weitere Gründe aufführen, die auf die Unterschiede von Geschmacksurteilen Einfluss ausüben, „die besondere Natur eines jeden Menschen“ etwa oder „Erziehung, Lebensart, Schicksale[]“. Dennoch stünden alle „unter der Herrschaft des Einen grossen Gesetzes […], daß uns nichts gefalle, was nicht unsere Kraft in Bewegung setzt“. Davon werde auch der „Eigensinn des willkürlichsten Geschmacks beherrsch[t]“.104 Amyntor läßt sich von diesen Argumenten überzeugen, meint aber, daß es noch manches Widersprechende gebe – beispielsweise „in den sittlichen Urtheilen“.105 So sei bei den Spartanern der Diebstahl nicht als ehrenrührig betrachtet, sondern sogar gelobt worden, wenn er geschickt ausgeführt wurde. Oder die Gartenkunst: Ein Garten galt vormals als vollkommen, wenn er nach den Gesetzen der Geometrie gestaltet war. Gegenwärtig aber werden Gärten schön genannt, wenn sie „der Natur am ähnlichsten angelegt werden“.106 In einem Zusatz „Ueber die sittliche Schönheit und ihren Ausdruck“ wird dazu ausgeführt, dass der Urteilende die Fähigkeit besitzen muss, um „ein gewisses Ideal von Tugend und sittlicher Vollkommenheit, dessen Schönheit zu empfinden“.107 Es sei absurd, jemanden zu tadeln, der mangels „Einsichten und Uebung“ ein Schönheitsurteil nicht fällen könne. Es bestehe eine Wechselwirkung zwischen der „Tugend der Seele“ und der „Schönheit des Körpers“.108 Aber auch Täuschungen seien möglich. Man erwartet „innere Güte […], wo wir Schönheit wahrnehmen“,109 fühlt sich 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109

Ebd., S. 74*. Ebd., S. 147. Ebd., S. 148. Ebd., S. 149. Ebd., S. 150. Ebd., S. 152. Ebd., S. 153. Ebd., S. 154. Ebd., S. 79*. Ebd., S. 81*. Ebd., S. 82*.

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jedoch getäuscht. Hier wirke der „Zauber der Einbildungskraft, der vielleicht zu vielen Täuschungen bey den Auslegungen der Physiognomien Anlaß giebt“.110 Jedes Werk, so Philokles, habe „seine eigene Schönheit“ und seine „inner[e] Vollkommenheit“. Man spreche deshalb „von der specifiken Schönheit der Werke der Kunst und der Natur“.111 So unterscheide sich beispielsweise die Vollkommenheit einer Frau von der eines Mannes durch unterschiedliche Tugenden: „Stärke, Entschlossenheit, Kraftgefühl“ stünden „Liebreitz, Gefälligkeit, Nachgeben, schamhafte Bescheidenheit“ gegenüber. Das seien keine „äussere[n] Zeichen des Innern“, sondern eben Spezifika, die den Mann von der Frau unterscheiden. Philokles’ „Kopfweh“112 führt leider zum Abbruch des interessant werdenden Diskurses. Da auch Amyntor, wie bereits gesagt, einer Krankheit anheimfiel und als ,Gegengift‘ die Lektüre des Lebens Jesu auferlegt bekam, wird von weiteren Exkursen in ästhetici abgesehen und stattdessen die Religion bemüht. Der letzte Trumpf, den Amyntor gegen die Argumentationen Philokles’ noch ausspielt, ist die im ausgehenden 18. Jahrhundert landläufig gewordene Wertschätzung von Mathematik und Astronomie, nämlich, „daß die Kunst der Mathematiker diejenige Kunst ist, die alle andern Künste unter sich begreift“113 und somit am ehesten in der Lage sei, über die Weltzusammenhänge gültige Aussagen zu machen. Philokles meint, dass Amyntor einem gängigen Vorurteil aufsitze und relativiert diese Auffassung. Er ist der Auffassung, daß der Naturforscher und der Astronom bey weitem nicht alles wissen. Sie kennen zwar die Gesetze, wonach die Naturbegebenheiten des Himmels und der Erde erfolgen; ob sie aber dennoch bedeutend sind oder nicht, das können Sie aus den bloßen Grundsätzen ihrer Wissenschaft nicht ausmachen, dazu bedürfen sie die Grundsätze einer anderen Wissenschaft.114

Die höchst komplizierte Ordnung des Weltalls könne nicht durch einen Zufall zustande gekommen sein, sondern er sei der festen Überzeugung, dass die Einrichtung des Weltalls „bereits bey der Anordnung des entferntesten Elements mußte zubereitet, daß alles dazu gleich in der ursprünglichen innigsten Verbindung der Elemente mußte angelegt werden“, daß also ein weiser Schöpfer hier am Werke war. Amyntor gesteht nunmehr, „daß Sie [Philokles, H.-J. K.] in mir der Gottheit einen freywilligen überzeugten Verehrer mehr gewonnen haben.“115 „Mein Unglaube war nicht eine Thorheit, die die Eitelkeit erheuchelt, mein Bekenntniß ist nicht eine Gefälligkeit der Dankbarkeit und Freundschaft.“116 Dabei hatte er verabsäumt, jene Frage zu stellen, die in so gearteten Diskursen jener Zeit häufig gestellt wurde, die nach den Ursachen des Bösen in der Welt. Eberhard 110 111 112 113 114 115 116

Ebd., S. 84*. Ebd., S. 159. Ebd., S. 160. Ebd., S. 255. Ebd., S. 265. Ebd., S. 292. Ebd., S. 293.

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beantwortet dennoch diese nicht gestellte Frage, indem er in einem Zusatz mit der Überschrift „Ueber das Böse in der Welt“ zum einen auf die „bessernde und exemplarische Kraft“ der Übel verweist, die „zu Mitteln der allgemeinen und besondern Glückseligkeit werden könnten.“117 Zum anderen verweist er auf eine Arbeit von Thomas Balguy, die 1781 unter dem Titel Divine Benevolence in London erschienen war.118 Eberhard hatte diese in deutscher Sprache 1782 mit Zusätzen herausgegeben119 und zudem wesentliche Gesichtspunkte daraus in seinem Roman mitgeteilt. Balguy weist in seinem Buch nach, dass die „Weltmaschine“ ohne die Übel empfindlich gestört wäre. Diese seien beispielsweise Veranlassung, „die Thätigkeit des Menschen in Bewegung“ zu setzen, denn der solle die Hände nicht „in den Schooß legen“,120 Gott habe „ein Uebel zugelassen, um eines Guten willen, das sonst nicht hätte können erhalten werden.“121 Dennoch, so Eberhard, sei Balguy auf halbem Wege stehengeblieben, es bleibe die fatale Situation, dass dem Individuum deutlich gemacht werden müsse, „daß das Beste des Ganzen das Beste eines jeden, auch des aufgeopferten Theils sey“.122 Hier müsse an die Stelle der Erfahrung die Arbeit der Vernunft treten. Nur sie belehrt uns […], daß der Schöpfer keine andere, als die beste Einrichtung aller Dinge habe wählen können, daß keine andere Einrichtung der Dinge die beste sey, worin nicht vollkommenste Verbindung alle Theile durchwebt, keine Einrichtung, worin nicht das Leiden und die Arbeit des Theils, die dem Ganzen nützlich ist, auch dem Theil zum Segen, Glück und Wohlseyn gedeihet.

Diese Antwort habe freilich bereits „ein großer Deutscher“123 gegeben. Seinen Namen nennt Eberhard nicht, aber es ist unschwer zu erkennen, dass er sich hier auf Leibniz beruft. Die zeitgenössische Literaturkritik reagierte weitgehend positiv auf den Roman. In der Allgemeinen deutschen Bibliothek wurde betont, die Schrift sei „eine der vortrefflichsten, mit welchen unsere Literatur seit zwey Jahren bereichert ist“. Man sollte sie eher „unter die Beyträge zur Philosophie des Lebens“, denn „zum Gebiete der Romane rechnen“. Auch die Bezeichnung „eines philosophischen Romans“124 gehe an dessen Intentionen vorbei. Man habe Eberhard bereits als einen 117 118

Ebd., S. 106*. Vgl. Thomas Balguy: Divine benevolence asserted and vindicated from the objections of ancient and modern sceptics. London 1781. 119 Vgl. Die göttliche Güte gerechtfertiget und gegen die Einwürfe alter und neuer Zweifler vertheidigt von Thomas Balguy. In einer teutschen Uebersetzung mit einer vorläufigen Abhandlung und einigen Zusätzen und Anmerkungen herausgegeben von Joh. Aug. Eberhard. Leipzig 1782. 120 Eberhard: Amyntor (wie Anm. 1), S. 114*. 121 Ebd., S. 116*. 122 Ebd., S. 117*. 123 Ebd., S. 119. 124 Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd. 56, 2. St. (1783), S. 482–485, hier S. 482. Die Rezension ist mit „Fr.“ unterzeichnet, dürfte also von Friedrich Nicolai selbst verfasst sein.

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„scharfsinnigen, aufgeklärten Denker, und zugleich als einen sehr angenehmen und unterhaltenden Schriftsteller“ kennengelernt, doch werde dieser hier noch „übertroffen“: „Ueberall leuchtet der reinste Verstand, die edelste Gesinnung, die feinste Weltkenntniß hervor“, der Leser werde überzeugt „von der Glaubenspflicht und dem Einflusse der Religion auf die moralische Vollkommenheit des Charakters“.125 Und noch Döring vermeldet 1838: „Auch abgesehen von dem moralischen Zwecke jenes Buchs, gehört es zu den vorzüglichsten teutschen Schriften durch die kunstlose, klare und gefällige Schreibart, durch ernste Ruhe in den Reflexionen und durch die darin entwickelte Welt- und Menschenkenntniß.“126 Auch die Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste betonte die die Einzigartigkeit des Romans. Deutschland werde gegenwärtig „mit einer Sündfluth von Romanen überschwemmt“, sie seien eine „allgemeine Modelectüre“ geworden. Diesen gegenüber stehe nun jener Roman, „der gewisse nützliche, die Glückseligkeit und Vervollkomm[n]ung des menschlichen Geschlechts sicherlich befördernde Wahrheiten“ vermittele und bemüht sei, „sie der Menge faßlicher, anschaulicher [zu] machen“.127 Der bislang den Romanen unterstellte Vorwurf, es lasse „sich bey ihnen nichts denken“, sondern „höchstens amüsiren und unterhalten“, sei hier glänzend widerlegt. Amyntor biete „viel Stoff zum Nachdenken“ – und wer den Philosophen vorwerfe, „daß sie nichts als Compendien, Schulbücher, und Systeme zu schreiben wissen“,128 werde eines Besseren belehrt. Der Roman rege zur „Beschauung unsrer eigenen Seele“129 zur Selbsterfahrung an und verbreite die Zuversicht, dass die Glückseligkeit des Menschen „von seiner Thätigkeit, von der Uebung aller seiner Kräfte“130 abhänge. Umfangreich beschäftigten sich die von Carl Friedrich Bahrdt herausgegebenen Neuen Litteratur-Briefe mit dem Roman. Die Rezension, die direkt An Herrn Prof. Eberhard adressiert ist und aller Wahrscheinlichkeit nach vom Herausgeber selbst stammt, konstatiert „verschiedene Urtheile über dies Buch“. „Einige behaupten, daß Ihre eigentliche Absicht es gewesen sey, der Orthodoxie, und der Katechismusreligion ihre alte Ehre wiederzugeben, und dabei das Christenthum auf blasse Empfindungen und dunkle Gefühle zurückzuführen.“131 Andere hingegen meinten, dass die Briefe „die Schwärmerei begünstigten, und daß sie wenigstens Schwärmerei und Vernunft durch so feine und spitzige Distinctionen von einander abgesetzt hätten, daß es schien, als hätten Sie gesucht beiden Partheien zu gefallen.“132 Der 125 126 127

Ebd., S. 484. Döring: Eberhard (wie Anm. 51), S. 225. Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste. Bd. 27, 2. St. (1782), S. 248–280, hier S. 248. 128 Ebd., S. 249. 129 Ebd., S. 269. 130 Ebd., S. 271. 131 [Carl Friedrich Bahrdt]: Ueber Amyntor. An Herrn Prof. Eberhard. In: Neue Litteratur-Briefe. Bd. 1. Berlin 1786, S. 103–142, hier S. 11. 132 Ebd., S. 12.

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Rezensent teilt weder die eine noch die andere Auffassung. Er habe den Eindruck, dass man Eberhard damit „Unrecht thut“, der vielmehr seinem „alten System […] treu“ geblieben sei. Jene falschen Eindrücke seien der Wahl des Genres geschuldet. Die „Form eines Romans“ habe ihm zwar „viele Leser und Leserinnen verschaft“,133 aber die hätten in ihrem beschränkten Verstand zumeist nur die ersten Briefe gelesen und sich daraus den Ausgang selbst zusammengereimt. Ihm hingegen missfalle vor allem Eberhards „Vertheidigung des angebornen moralischen Gefühls, und der angebornen Begriffe überhaupt“. Diese erhebe er zum „Princip der ganzen Religion und Sittenlehre“.134 Hier sei er bei Leibniz und Locke stehengeblieben. Was in den Diskursen jedoch fehle, seien die Argumente der gegenwärtigen Philosophie. Diese würden dem Ganzen erst die eigentliche Spannung verleihen. Eberhard täte gut daran, davon Abstand zu nehmen, etwas als „erwiesen“ zu nehmen, „wovon wir nicht durch unmittelbare Anschauung, Empfindung oder Erfahrung gewiß seyn können.“135 Bahrdts Rezension verweist auf Umbrüche in seinem philosophischen Denken. Hatten ihn Mitte der achtziger Jahre geführte Diskussionen mit Eberhard zum Verzicht auf den Glauben „an einen übernatürlichen Ursprung des Christenthums“136 bringen können, zeigt die Rezension deutlich, dass der Amyntor-Lektüre eine Bekanntschaft mit modernen philosophischen Auffassungen, u.a. den kritischen Schriften Kants vorausgegangen ist, was wiederum zu einem allmählichen Abrücken von Eberhards Positionen führte. Bald geriet der Roman beim Lesepublikum allerdings in Vergessenheit. Auch die literaturwissenschaftliche Forschung widmete sich mehr Eberhards ästhetischen Fragestellungen denn seinem Roman. Der Verfasser des Eberhard-Artikels in Walther Killys Literatur Lexikon, Dieter Kimpel, erwähnt lediglich den Titel, geht aber mit keiner Silbe auf dessen Intentionen ein.137 Eingehender beschäftigt sich Friedrich Vollhardt mit dem Roman, den er in der Tradition von Johann Michaels v. Loens Staatsroman Der redliche Mann am Hofe (1740) angesiedelt und diesen durch die „Einbeziehung neuer anthropologischer Fragestellungen“ hinsichtlich der „Problemsicht“ und des „Gattungsschema[s] verändert“138 sieht. Hervorgehoben wird der Geselligkeit erheischende Charakter des Strebens nach Glückseligkeit und Vollkommenheit. Dieses kann nur Erfüllung finden, wenn sich

133 134 135 136

Ebd., S. 13. Ebd., S. 18. Ebd., S. 142. Carl Friedrich Bahrdt: Geschichte seines Lebens, seiner Meinungen und Schicksale. Von ihm selbst geschrieben. Vierter und letzter Theil. Berlin 1791, S. 116. 137 Vgl. Dieter Kimpel: Art. Eberhard, Johann August. In: Literatur Lexikon. Bd. 3. Gütersloh, München 1989, S. 140–142, hier S.141. 138 Friedrich Vollhardt: Die Kritik der anthropologischen Begründung barocker Staatsphilosophie in der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts (J. M. v. Loen und J. A. Eberhard). In: Klaus Garber (Hg.): Europäische Barock-Rezeption. Wiesbaden 1991, S. 377–395, hier S. 393.

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der Strebende bemüßigt fühlt, dem Anderen zur Vollkommenheit zu verhelfen, indem er ihn zu seinem „eignen Glück zwingt“.139 Fassen wir zusammen: Eberhards 1782 publizierter Roman reagiert auf eine krisenhafte Situation innerhalb der gesellschaftlichen Entwicklung des deutschen Ancien Regime. Neue naturwissenschaftliche, philosophische und psychologische Erkenntnisse haben eine ganze Reihe scheinbar unverrückbarer Grundsätze innerhalb des individuellen und gesellschaftlichen Lebens zur Disposition gestellt. Das höfische Leben gefällt sich, anstatt auf politische Konsequenzen zu reagieren, in einem lustbetonten Leben, in dem festgefügte religiöse Grundhaltungen mit atheistischen Versatzstücken dem Spott anheimgestellt werden. Vorgeführt wird dies in der Person Amyntors, einem Protagonisten, der eine Hofkarriere, die vor allem durch einen subtilen Hedonismus und Atheismus geprägt war, zugunsten einer ländlichen Existenz vertauschen musste. Über eine Zeitspanne von einem knappen Jahr hinweg erfährt er im geistigen Zusammenspiel mit Personen unterschiedlicher Welterfahrungsbereiche eine Wandlung seines Menschenbildes dahingehend, dass der Mensch ein Wesen ist, das nicht durch natürliche Einflüsse seine Determination erfährt, sondern vielmehr, freilich in unterschiedlichen Graduierungen, ein frei handelndes Individuum, das sich vermittels seiner ihm angeborenen, d.h. potentiell in ihm ruhenden Tugendhaftigkeit seine Zwecke selbst zu setzen vermag. Nicht der „Eigennutz“ wirke als gesellschaftliches movens, sondern die „Uneigennützigkeit“ in der Erziehung weniger weit Entwickelter. „Die Anlage der menschlichen Natur scheint mir daher mehr zur Uneigennützigkeit als zum ungeselligen Eigennutz gemacht zu seyn. Denn die Menge der geselligen Vergnügen ist unbegränzt, indeß die Anzahl der ungeselligen sehr umschränkt ist.“140 Aus diesem ,allgemeinen Gesetz‘ entspringe „die allgemeine Quelle unseres Wohlgefallens an dem Schönen, wie an dem Guten“, daraus ließen sich „sowohl die Gesetze des Geschmacks als des Gewissens, der Kritik wie der Sittenlehre herleiten“.141 So ist jene kurze Zeit der ländlichen Zurückgezogenheit und Muße Amyntors lediglich ein Zwischenstadium, das es ihm ermöglicht, durch vielerlei Reflexionen und Gespräche, durch Selbstbeobachtung und Lektüre zum Aufbau einer neuen Existenz, die ihre Prägung durch die bewusste Teilhabe am traditionellen religiösen Leben erfährt, zu gelangen. Diese nun ist gekennzeichnet durch eine Zweiteilung: Einen Teil des Jahres wird Amyntor von der Stadt aus als Landrat im Interesse der Gesellschaft tätig sein, der andere Teil bleibt der Familie und Muße im ländlichen Refugium vorbehalten.

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Ebd., S. 394. Eberhard: Amyntor (wie Anm. 1), S. 135. Ebd., S. 141.

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Nachtrag Der Roman hat eine interessante Vorgeschichte. Es wurde schon berichtet, dass Eberhard die „Ideen zu diesem Werke […] schon während seines Aufenthalts in Charlottenburg gefaßt“142 hatte. Zur Ausführung kam der Plan allerdings erst nach 1779, also nach Eberhards Antritt einer Professur in Halle. Seinem Brief vom November 1781 an den Berliner Freund Friedrich Nicolai ist zu entnehmen, dass von dem Manuskript bereits „16 Bogen“ gedruckt vorlägen –und zwar, wie später berichtet wird, realisiert von dem halleschen Drucker Franke. Er, Eberhard, habe „die Zeit zu einer Bekanntmachung zu einer Subscription verstreichen lassen.“ Ob Nicolai das Werk „in Verlag nehmen“ wolle? Ansonsten müsse er „den Weg des gelehrten Buchhandels in Dessau gehen.“143 Den ging er nicht, denn Anfang Dezember berichtet er, dass Franke „die Aushängebögen von meinem Amyntor“ bereits nach Berlin geschickt habe. Er gesteht, dass er dem Drucker suggeriert habe, Nicolai würde den Verlag übernehmen und beruhigt den Berliner Freund: Sie sind also zu nichts gehalten, sondern wenn wir nicht eins werden, bezahle ich den Drucker und bitte Sie nur zu dem Accord den Namen herzugeben. Die Zeit der Pränummeration oder subscription ist nun einmahl verstrichen, und geschehene Dinge sind nicht zu ändern, ich dachte es wohl, daß ich zu so etwas nicht taugte, und das Ding bis 1782 liegen zu lassen, halte ich nicht für rathsam, denn unterdeß könnte es mir selbst nicht mehr gefallen. Ich trage es also Ihnen zum Verlage an und zwar zuerst, wie Sie es mir mehrmals, bey unserer Freundschaft, aufgegeben haben. Sollten Sie aber in jetzigen Umständen gerade es nicht thunlich finden, so machen Sie nicht la petite bouche, sagen Sie, ich will nicht. Steht es Ihnen also auf die nemlichen Bedingungen, worauf Sie meine Moral übernommen haben, an: so lassen Sie mir Ihre Entschließung mit nächster Post wissen!144

Nicolai war offenbar angetan von dem Projekt, denn noch im Dezember beantwortet Eberhard Fragen des Verlegers. Er habe „1500 auflegen lassen, weil [S]ie immer so viel von meinen Schriften haben auflegen lassen.“ Hinsichtlich der Bezahlung des Druckers habe er „noch nichts bedungen, habe aber d. H. Franke so in den Händen, daß ich von ihm abgehen kann, wenn er nicht billig ist. Ich hoffe aber, er wird es seyn; denn er ist ein armer Stümper, der beynahe um Arbeit bettelt, und gewiß [S]ie das erstemahl gut behandeln wird.“ Der Verleger könne getrost „meinen Namen daraufsetzen. Unter Uns gesagt: Ich denke das Ding soll den neuern Theologen behagen.“ Hinsichtlich des Titelkupfers unterbreitet Eberhard zwei Möglichkeiten:

142 143

Döring: Eberhard (wie Anm. 51), S. 225. Eberhard an Nicolai, 24.11.1781; zit. nach: Briefe an Friedrich Nicolai, 1772–1808; Staatsbibliothek Berlin, Nachlaß Nicolai, Bd. 16, Nr. 84. Für die Überlassung der Briefe bin ich Herrn Cem Senguel, Berlin, zu Dank verpflichtet. Die Allgemeine Buchhandlung der Gelehrten war 1781 in Dessau entstanden, um Autoren von Verlegern unabhängig zu machen. 144 Eberhard an Nicolai, 1.12.1781; ebd., Nr. 85.

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Hans-Joachim Kertscher

1. Ein Zimmer in einem Kloster, worin 2 junge Damen, die Kostgängerinnen sind, und ein junger aber gesetzter Offizier, der aber nicht in seiner Uniform zu erscheinen braucht, weil er auf Urlaub auf dem Lande ist! Die eine junge Dame sinkt entkräftet und in einiger Verwirrung nicht in Ohnmacht auf den Sopha, weil sie (wie ein wohlerzogenes Frauenzimmer) durch Nicht Nein sagen darinnen gewilliget, daß er sie aus dem Kloster befreye, u. indem sie ihn schleunig und geschäftig abgehen sieht, erwägt worin sie zu willigen geschienen, u. in der Verwirrung und Schrecken auf den Sopha sinkt. Er müßte also gerührt abzugehen scheinen; und die andere Dame um die sinkende unruhig und beschäftigt. 2. Ein Rondel mit Eichen rund herum besetzt, zwischen denen Rasenbänke, in der Mitte eine größere Eiche. An den mehresten sieht man ein vierecktes Blech aufgeschlagen, worauf Gedächtnisverse entfernter Freunde.145 Zu diesen Sitzen führt ein kurzer Gang vor an beyde Seiten durch nicht gar zu hohe Akacienhecken mit einzelnen Bogen hie und davon schranken Zweige, woran verwelkte Kränze hängen, Überreste von ländlichen Festen. In dem Rondel sitzen und stehen zum Theil wie [S]ie wollen 2 Geistliche, wovon der 1. ein höherer Stadtgeistlicher, der andere vom Lande, ein alter wackerer verabschiedeter Offizier, und ein jüngerer Mann doch von gesetztem Wesen, dem man es ansehen muß, daß er am Hofe erzogen, aber doch kein Windbeutel ist. Der Stadtgeistliche oder auch der verabschiedete Offizier redet, die andern hören aufmerksam zu. Ich weiß nicht ob es die Perspektive zulassen wird, daß man an der Seite im Hintergrund eine Laube sehe, worauf eine längliche Begräbnisurne auf einem Postement steht. Wohl mir wenn Chodowiecky aus meiner Beschreibung kann klug werden.146 Nicolai hat sich für die zweite Variante entschieden. Auch Eberhard meint, daß die ländliche Scene vorzuziehen sey, weil die Klosterscene nur episodisch ist. Es versteht sich, daß ich die mahlerische Anordnung ganz allein H. Chodowiecky überlasse, und so wie er sie auf dem mitgeschickten Blatt verzeichnet. Wenn ich gesagt: Rondel, so verstand des von selbst, daß solches nur durch ein Segment sollte angedeutet werden. Die Scene ist übrigens S. 132 beschrieben, und wenn H. Chodowiecky sich die Mühe geben würde in der Gegend des Buchs ein wenig zu lesen, so wird er sich von dem Antheil, den die Personen an der Unterredung nehmen einen kleinen Begriff machen können.147

Anfang März 1782 bittet Eberhard den Verleger um Erlaubnis, den Kupferstecher Liebe148 in Halle mit dem Druck des Titelkupfers für den Amyntor beauftragen zu 145

Diese Szenerie, die Chodowiecki nicht realisiert hat, erinnert an den sog. Lyrischen Baumkreis im Park von Dieskau, den Eberhard häufig aufgesucht hat; vgl. Hans-Joachim Kertscher: „die Natur pflanzt nichts nach der Schnur“ – Carl Christoph v. Hoffmann und sein englischer Garten in Dieskau. In: Kertscher: Literatur (wie Anm. 42), S. 227–246, hier S. 243–245. 146 Eberhard an Nicolai, 11.12.1781; zit. nach: Briefe (wie Anm. 137), Nr. 86. 147 Eberhard an Nicolai, 22.12.1781; ebd., Nr. 87. 148 Gemeint ist der hallesche Kupferstecher Gottlob August Liebe (1746–1819).

Eberhards Roman ,Amyntor‘

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dürfen und fragt: „Dürfte ich mir H. Chodowieckys Zeichnung wohl zum Andenken ausbitten?“149 Und Mitte März geht das Projekt seinem Ende zu: Franke druckt jetzt und alles ist um Ostern fertig. Er wird diese Woche schon den Titelbogen gedruckt haben. Sie müssen also die Platte schicken, je eher je lieber. Dabey kömmt aber meine Bitte, der ich es nicht ansehen kann, ob sie unbescheiden ist, nähmlich: daß Sie oder H. Chodowiecky selbst mir die Zeichnung zu dem Kupfer schenkten, die ich als von der Hand eines so trefflichen Meisters unter Glas würde fassen und in dem besten Zimmer meines neuen Hauses aufhängen.150

149 150

Eberhard an Nicolai, 5.3.1782; zit. nach: Briefe (wie Anm. 137), Nr. 90. Eberhard an Nicolai, 19.3.1782; ebd., Nr. 91.

3 Ästhetik

NORMAN KASPER (Halle)

Ontologischer Sensualismus als Restitution der sinnlichen Erkenntnis und dessen Kritik: Zweierlei Begründung der seelischen Empfindung durch die Sichtbarkeit (Eberhard und A.W. Schlegel) Dass das von der philosophischen Ästhetik baumgartenscher Provenienz nur unzureichend thematisierte Verhältnis von Malerei und Plastik in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in den Mittelpunkt ästhetik- wie auch kunsttheoretischen Interesses rückt, wird entscheidend durch veränderte wirkungsanalytische Modellbildungen begründet: Die Erfahrungen des Gesichtssinnes und deren modal-konstruktives Derivat, die Sichtbarkeit, müssen aus der Perspektive einer psychophysisch und rationalistisch orientierten Ästhetiktheorie mit Bezug auf die abnehmende organisationsfunktionale Prävalenz des Vorstellungskomplexes thematisiert werden, ohne das Konzept einer vis repraesentativa als grundlegende Bedingung der Modi des Vergnügens zu verabschieden. Mit dem Ziel, die sinnliche Erfahrung des Schönen zu gewährleisten, verpflichtet eine vollkommenheitstheoretisch begründete Behandlung der Schönen Künste die sich nur schwer aus der rationalistischen Metaphysik lösende Sinnlichkeit gleichsam kompensatorisch auf die kunsttheoretisch funktionalisierte klassizistische idea-Lehre, deren rhetorische Fundierung und – damit verbunden – auf die Entgegensetzung von ontologisch legitimiertem disegno und impressionistisch begründetem colore. In der spätaufklärerischen Ästhetiktheorie konstituiert sich diese Teilung als Spannungsverhältnis von logico-ontologisch motiviertem Schönheits- und Subjekt resp. Körper bezogenem Eindrucksgefühl1: In nuce erkennbar ist innerhalb dieser normativen Heuristik jene durch Heinrich Wöfflins Kunstgeschichtliche Grundbegriffe bekannt gewordene deskriptive Polarität des Linearen und Malerischen, damit eine in der Wahrnehmungsart gegründete Verbindung von Sehweise und Weltsicht, wie sie eine Fundierung des Linearen im Sein, des Malerischen im Schein darstellt.2 Die mit der notwendigen Integration der bildenden Künste in den Diskurs einer spezifisch popularphilosophischen Ästhetiktheorie verbundene spannungsvolle 1

2

Vgl. zum Prinzip der logico-ontologischen Äquivalenz als Voraussetzung der rationalistischen Metaphysik Horst-Michael Schmidt: Sinnlichkeit und Verstand. Zur philosophischen und poetologischen Begründung von Erfahrung und Urteil in der deutschen Aufklärung (Leibniz, Wolff, Gottsched, Bodmer und Breitinger, Baumgarten). München 1982, S. 21–24. Der lineare Stil und die ihm zugrunde liegende Anschauungsform ist „wesentlich objektiv“, gibt „die Dinge nach ihren festen, tastbaren Verhältnissen“ und ist somit durch „plastisch empfundene Bestimmtheit“ gekennzeichnet. Der malerische Stil hingegen löst sich vom „fortlaufenden Umriss“, nur „die Erscheinung der Wirklichkeit ist aufgegangen“, der „optische […] Schein der Sache“, der sich in „[l]auter Flecken“ zeigt. Heinrich Wölfflin: Kunstgeschichtliche Grundbegriffe. Das Problem der Stilentwicklung in der neueren Kunst. 11. Aufl. Darmstadt 1957 [1915], S. 33f.

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Restitution der sinnlichen Erkenntnis zu einem Zeichenklassifikation und Erfahrungssinn verbindenden ontologischem Sensualismus lässt sich innerhalb Eberhards ästhetischer Schriften rekonstruieren und zur Kritik an der Aufklärungsästhetik durch A.W. Schlegel in Bezug setzen – am Leitfaden der Begründung der seelischen Empfindung durch die Sichtbarkeit.

1 Wesentliche Zeichen als Prämisse der sinnlichen Erkenntnis bei Eberhard Ein genuin ästhetisches Verständnis der Schönen Künste kann sich zwar auf Baumgartens Aesthetica und Meiers Anfangsgründe berufen, jedoch widmeten diese, wie Mendelssohn bereits 1757 kritisiert, ihr Hauptaugenmerk der Dichtung und Beredsamkeit, also den Schönen Wissenschaften. Damit erweist sich die Ästhetik, die „Wissenschaft der schönen Erkenntnis überhaupt“ sein soll, eben nicht als „Theorie aller schönen Wissenschaften und Künste“.3 Die Bemühungen um eine differenzierende Charakterisierung der Schönen Künste und Wissenschaften erfolgen zunächst auf der Grundlage einer einheitlichen wirkungsästhetischen Bestimmung. Diese besteht nach Mendelssohn unter Anschluss an Baumgarten und Meier in der Evozierung einer „künstlichen sinnlich-vollkommenen Vorstellung, oder in einer durch die Kunst vorgestellten sinnlichen Vollkommenheit.“4 Damit wird eine explizit ästhetisch-rationalistische Verwendung des Begriffspaares Schöne Künste und Schöne Wissenschaften begründet, die die schöne analog der vernünftigen Erkenntnis behandelt und zugleich die Regeln liefert, die für die Verfertigung einer schönes Denken bedingenden Kunst entscheidend sind.5 Dieser logico-ontologische, wirkungskognitive Fokus lässt die Frage danach laut werden, auf welche Art die einzelnen Künste im Rahmen einer praktischen Ästhetik zu einer sinnlich-vollkommenen Erkenntnis als Prämisse der theoretischen Ästhetik beitragen. Ein erster Schritt zur Beantwortung dieser Frage ist eine typologische Trennung der Schönen Künste von den Schönen Wissenschaften, ein zweiter die weiterge3

4 5

Mit Blick auf Meiers Anfangsgründe kritisiert Mendelssohn: „Der Figuren, Linien, Bewegung, Töne und Farben wird mit keiner Silbe gedacht, und alle Lehren und Grundsätze sind so vorgetragen, als wenn diese letztere (sic!) Schönheiten gar keinen Anspruch“ auf die Schönheit der „sinnlichen Erkenntnis“ machen könnten. Moses Mendelssohn: Georg Friedrich Meiers Auszug aus den Anfangsgründen aller schönen Künste und Wissenschaften. In: Ders.: Ästhetische Schriften. Mit einer Einl. u. Anm. hg. v. Anne Pollok. Hamburg 2006, S. 102–107, hier S. 103, S. 106, Hervorh. jeweils im Original. Ders.: Über die Hauptgrundsätze der schönen Künste und Wissenschaften. In: Ders: Ästhetische Schriften (wie Anm. 3), S. 188–215, hier S. 193. Vgl. zum semantischen Wandel des Begriffsfeldes ‚Schöne Wissenschaften‘ und ‚Schöne Künste‘ von einer humanistisch-philologischen zu einer ästhetischen Konnotation Werner Strube: Die Geschichte des Begriffs „Schöne Wissenschaften“. In: Archiv für Begriffsgeschichte. Bd. 33. Bonn 1990, S. 136–216, hier S. 152–181.

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hende Differenzierung der unter dem Begriff Schöne Künste zusammengefassten Kunstdisziplinen. Nach Mendelssohn bestehen die Schönen Wissenschaften aus Beredsamkeit und Dichtkunst; ihre Gegenstände drücken sie durch „willkürliche Zeichen“ aus. Dem gegenüber operieren die Schönen Künste mit natürlichen Zeichen, die dann vorliegen, „wenn die Verbindung des Zeichens mit der bezeichneten Sache in den Eigenschaften des Bezeichneten selbst gegründet ist.“6 Diese Konzeption der natürlichen Zeichen kann sich sowohl auf eine kunsttheoretische Fundierung berufen, wie sie Abbé Dubos’ Réflexions critiques sur la poésie et la peinture formuliert,7 als auch auf eine spezifisch philosophisch-ästhetische. Letztere wird in der Identifizierung der von Wolff verwendeten und von Meier aufgegriffenen natürlichen Zeichen mit dem Darstellungsmodus der Schönen Künste deutlich, wie sie zahlreiche deutsche popularphilosophische Ästhetiken vornehmen. Auch Eberhard motiviert die Dichotomie von Schönen Künsten und Schönen Wissenschaften zunächst im Anschluss an Mendelssohns Konzeption der natürlichen Zeichen, spezifiziert diese jedoch mit Blick auf die bildenden Künste in der Theorie der schönen Künste und Wissenschaften,8 im Handbuch der Aesthetik9 und in dem mit direktem Bezug auf Mendelssohns Hauptgrundsatz-Schrift konzipierten Aufsatz Über den Unterschied der nachahmenden und zeichnenden Künste, wie auch über die Schönheit der Farben10 unterschiedlich. Das Wesen der Schönen Künste und Wissenschaften ist nach Eberhard – in der Theorie formuliert und im Handbuch auch mit Bezug auf die bildenden Künste ausgestaltet – „die künstliche sinnlichvollkommne Vorstellung“: Kunst soll demnach eine „sinnlichvollkommne Erkenntniß hervorbringen“, ihre Werke müssen „ästhetischvollkommen“11 sein. Die von Gegenständen ausgehende Wirkung wie auch diese selbst lassen sich als schön klassifizieren, wenn ihre „Vollkommenheit“ – näher spezifiziert als Einheit in der Mannigfaltigkeit – sinnlich vorgestellt wird; „ästhetische Vollkommenheit“ liegt hingegen dann vor, wenn die sinnlich vorgestellte Einheit in der Mannigfaltigkeit zweckbezogen realisiert wird. Das Vergnügen hängt neben der „Menge der vorgestellten Realitäten“12 zwar auch von deren Lebhaftigkeit ab, jedoch kommt der extensiven gegenüber der intensiven Größe des Vergnügens insofern der Primat zu, als „uns ein schönes Werk um deswillen 6 7 8

9 10

11 12

Mendelssohn: Hauptgrundsätze (wie Anm. 4), S. 199. Vgl. dazu Tzvetan Todorov: Symboltheorien. Aus dem Frz. v. Beat Gyger. Tübingen 1995, S. 126–128. Johann August Eberhard: Theorie der schönen Künste und Wissenschaften. Zum Gebrauche seiner Vorlesungen herausgegeben (im Folgenden zitiert als ET). 3., verbess. Aufl. Halle 1790 (1783, ²1786). Ders.: Handbuch der Aesthetik für gebildete Leser aus allen Ständen herausgegeben (im Folgenden zitiert als EH I.–IV., Bd. 3. zit. nach der 2. Aufl. v. 1814). 4 Bde. Halle 1803–1805. Ders.: Über den Unterschied der nachahmenden und zeichnenden Künste, wie auch über die Schönheit der Farben (im Folgenden zitiert als EU). In: Ders.: Vermischte Schriften. 1. Bd. Halle 1784, S. 111–134. ET (wie Anm. 8), S. 8, § 8. Ebd.

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Vergnügen macht, weil es uns viele Vorstellungen gewährt, weil es uns also das Gefühl unserer Vollkommenheit giebt.“13 Diesem Ziel werden die Schönen Künste verpflichtet, indem sie als Teil der freien Künste neben den Schönen Wissenschaften den unteren Erkenntnisvermögen zugeordnet werden. Die Bildhauerkunst und die Malerei operieren wie die Gebärden-, die Ton- und die Baukunst mit wesentlichen natürlichen Zeichen. Bereits hier wird eine implizite Trennung ersichtlich, die Eberhard im Handbuch deutlicher herausarbeiten wird: Während das natürliche Zeichen (signum naturale) mit dem Bezeichneten in einem notwendigen, indikatorischen Zusammenhang steht, der auf dem Ursache-Wirkungs-Prinzip basiert, ist das wesentliche Zeichen (signum essentiale) dem Bezeichneten ähnlich. Meier fasst in seinem Versuch einer allgemeinen Auslegungskunst die wesentlichen als Spezifizierung der natürlichen Zeichen auf, wobei die Ähnlichkeitsbeziehung die Verbindung des Zeichens mit der bezeichneten Sache herstellt und diese in den formal-geometrischen, nicht in den indikatorischen Eigenschaften des Bezeichneten gründet.14 Mendelssohn subsumiert hingegen unter die natürlichen Zeichen sowohl jene Künste, die auch Eberhard dieser Zeichenklasse zuordnet, als auch solche, für deren Charakterisierung Eberhard die wesentlichen Zeichen im engeren Sinne reserviert wissen will. So sind es besonders Malerei und Bildhauerkunst, die bei Mendelssohn als natürliche Zeichen firmieren und bei Eberhard in der Theorie zunächst als wesentliche und natürliche, im Handbuch als wesentliche nicht-natürliche spezifiziert werden. Gelten bei Meier die wesentlichen Zeichen als Unterklasse der übergeordneten Kategorie der natürlichen Zeichen, bestimmt Eberhard beide Zeichenklassen als disjunkt. Die wesentlichen sind nun keine nähere Bestimmung der natürlichen Zeichen mehr, sondern von diesen kategorial verschieden. Demnach gibt es zwei unterschiedliche den willkürlichen Zeichen gegenübergestellte nichtarbiträre „Natursprachen“: „eine ausdruckende und eine mahlende: jene bedient sicht der natürlichen, diese der wesentlichen Zeichen.“15 Maler und Bildhauer stellen den „äußern Sinnen die Bilder“ mit nicht-natürlichen wesentlichen Zeichen dar, die als trans13 14

15

Ebd., S. 12, § 10. „Wesentliche Zeichen (signa essentialia) sind diejenigen, deren Teile und Art der Zusammensetzung den bezeichneten Sachen in einem hohen Grade ähnlich sind. Das eine unter ähnlichen Dingen kann sehr leicht aus dem andern erkannt werden, je ähnlicher sie einander sind.“ Georg Friedrich Meier: Versuch einer allgemeinen Auslegungskunst. Mit einer Einl. u. Anm. hg. v. Axel Bühler u. Luigi Cataldi Madonna. Hamburg 1996 [1757], S. 23, § 54. EH III. (wie Anm. 9), S. 11/12. Bei Meier sind deshalb alle wesentlichen auch notwendig natürliche Zeichen, da er die Ähnlichkeit von Ursache und Wirkung auch bei der Ähnlichkeit, die in der Zusammensetzung gegründet ist, als Grundprinzip annimmt. Eberhard trennt hingegen die Verweisbeziehung, die von einer Wirkung auf eine Ursache schließen lässt, von einem Verweisen, das nicht primär kausal, sondern formal begründet wird: Dass Rauch auf Feuer schließen lässt, ist ein anderes Bedingungsverhältnis, als dasjenige, das ein wesentliches Zeichen mit dem Bezeichneten verbindet. Vgl. zum Verhältnis von natürlichen und wesentlichen Zeichen bei Christian Wolff grundsätzlich David Wellberry: Lessing’s Laocoon. Semiotics and Aesthetics in the Age of Reason. Cambridge u.a. 1984, S. 24–30.

Zweierlei Begründung der seelischen Empfindung durch die Sichtbarkeit

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zendentale „Urbilder“ auf geometrischen Figuren basieren und damit auf einen Wahrheitsbegriff verweisen, der die künstlerische inventio als Konstruktion der reinen Verstandestätigkeit analog dem mathematischen Kalkül begreift.16 Eberhard merkt zum Begriff wesentlich an: Das Kunstwort ist vermuthlich aus der Geometrie genommen, worin die Figuren auf dem Papiere in ihrer Zusammensetzung der Form und dem Wesen der Figuren in dem Verstande des Meßkünstlers ähnlich sind. Denn an diese denkt er nur; er zeichnet seine Triangel, Quadrate, Zirkel, u.s.w. vor sich hin, wie er sie in seiner Seele schafft, unbekümmert, ob sie im Himmel oder auf der Erde vorhanden sind.17

Mit der Verpflichtung der Naturnachahmung auf das genuin rationalistische Wahrscheinlichkeitsprinzip, das Bildvorstellungen vor aller Erfahrung (a priori) als Elementarideen ansiedelt, muss der Künstler eine „Abbildung von Verstandesideen“ liefern, die unberührt von aktualen „sinnlichen Eindrücken in dem Verstande“ vorliegen und „nur durch die Empfindung zur Klarheit gebracht“,18 gleichsam im Modus der Entfaltung in ihrem präfigurierten Charakter bestätigt werden. Die sich wesentlicher Zeichen bedienenden Kunstwerke sind nicht in erster Linie sichtbaren tatsächlichen Gegenständen ähnlich, denn, so fragt Eberhard, von welcher Natur soll ein Bild nach deren Zerstörung noch ein Bild sein, wenn nicht das „Abbild von dem innern Gegenstande“,19 der sich – gleich den Konstruktion und Definition eines Gegenstandes vereinigenden Messverfahren der Geometrie – auf eine dem Verstand unterstellte Phantasie gründet. Bereits in der Theorie ordnet Eberhard die Naturnachahmung der „Hervorbringung einer vollkommen sinnlichen Erkenntniß“20 unter, so dass die Orientierung an der sichtbaren Erscheinung nur dann statthaft ist, wenn sie sich – vergleichbar der merkmalsdistinktiven Gegen16

17 18 19

20

Vgl. zum rationalistischen Wahrheitsbegriff und dessen Fundierung in der Geometrie Gottfried Wilhelm Leibniz: Die Methoden der universellen Synthesis und Analysis. In: Ders.: Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie. Übers. v. A. Buchenau. Durchgesehen u. mit Einl. u. Erl. hg. v. E. Cassirer. 1. Bd. 2. Aufl. Leipzig 1924, S. 39–50. EH III (wie Anm. 9)., S. 12. Ebd., S. 16. Ebd., S. 12. Dieses Argument sieht Eberhard in der Entstehung mythologischer Gestalten bestätigt: „Wo hat auch je das Urbild dem olympischen Jupiter, der Venus Urania, der Minerva auf der Akropolis von Athen dagestanden, als in dem schaffenden Verstande und der erhabenen Phantasie, des Phidias?“ Ebd., S. 13. Der geometrische Abstraktionsdrang steht jedoch zur Welt der Erscheinungen in keinem Widerspruch: Letztere wird vielmehr dem Individuationsprinzip gemäß als mögliches Derivat der ursprünglichen Verstandesidee verstanden. Abstraktion und Nachahmung sind demnach komplementär konzipiert. Die sichtbare Erscheinung verweist bei Eberhard auf die Idee, genauso wie sich die Idee in ihrer Realisierung in Kunst und Natur ausmachen lässt. Der Sichtbarkeit kommt lediglich die Rolle einer Initiationsfunktion der präfigurierten Verstandesidee zu: „Freilich mußte“ der Künstler „das Bild“ der künstlerischen „Gestalt aus der Natur nehmen, wo es nur der ewige Verstand der Gottheit darstellen konnte […] Nachdem sie aber der menschliche Künstler einmal in der Natur gefunden, so stand nur die ewige Idee, die er in seinem Bilde dargestellt hat, in ihrer ganzen Allgemeinheit vor seinem Verstande dar. Hier hatte es immer schon in seinen Keimen geschlafen, und diese hatte die Empfindung nur zum Leben geweckt“. Ebd., S. 14. ET (wie Anm. 8), S. 9, § 9.

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standbehandlung durch den Verstand, mithin deutlich – als analogon rationis, also klar-verworren konstituiert. Im Handbuch wendet er sich im Namen eben jenes einer sinnlichen Erkenntnis zuarbeitenden Nachahmungsprinzips gegen Batteux’ Diktum, die Kunst solle die schöne Natur nachahmen und fordert stattdessen: „Ahme die Natur nach, aber verschönere sie.“21 Gemeint ist hiermit weniger, der Künstler solle durch Auswahl solche Naturelemente verbinden, die erst durch ihre Zusammenstellung gefallen. Vielmehr steht bei der „ästhetischen Nachahmung“22 die Kompatibilität der künstlerischen Gegenstände mit einer sinnlich-vollkommenen Erkenntnis und damit ihr Bezug auf die Vorstellungstätigkeit und deren begrifflich-propositionale Repräsentationsleistung im Mittelpunkt. Die der Kunst zugedachte Exemplifizierung des durch den Verstand strukturierten Wahrscheinlichkeitsprinzips soll somit von einer Legitimation entlastet werden, die über eine Ähnlichkeitsrelation mit dem Sichtbar-Vorhandenen motiviert ist. Die produktionsästhetisch formulierte Relevanz der wesentlichen Zeichen in den bildenden Künsten stellt sich in wahrnehmungstheoretischer Perspektive als notwendige Sicherstellung des für die Schönheit entscheidenden Kriteriums der Vollkommenheit dar. Die uneingeschränkte intersubjektive Geltung der Vollkommenheit und deren ontologisch-essentialistische Dignität lässt sich nur vom Standpunkt einer sinnlichen Erkenntnis aus formulieren und bestätigen, deren Bezug auf die Rationalität begrifflicher Erkenntnis prinzipiell gewährleistet ist. Anderenfalls unterminiert die Sinnlichkeit das eng an eine vollkommenheitstheoretische Begründung gebundene Primat eines objektiven gegenstandsreferentiellen Schönheitsverständnisses. Das ästhetische Empfinden schreibt sich dann störend in die ästhetisch-vollkommene Vorstellung ein. Mit Blick auf die bildenden Künste bedeutet dies, dass die Zeichenwesentlichkeit und damit der repräsentative Zeichenstatus über eine künstlerische Objektmodellierung als merkmalsdistinktive Gegenstandskonstitution zu gewährleisten ist. Eberhard nennt dieses Verfahren in der Theorie „ästhetische Malerey“: Wenn wir einen merklichen Grad der Lebhaftigkeit das ästhetische Licht, so wie einen grössern Grad des Lichtes den ästhetischen Glanz, und die geringern Schatten nennen, wenn wir ferner unter ästhetischen Farben die sinnlichen Merkmahle einer ästhetischen Vorstellung und unter den verhältnißmäßigen Graden der Lebhaftigkeit das ästhetische Kolorit verstehen: so muß eine ästhetischvollkommne Vorstellung eine richtige Vertheilung von Licht und Schatten, so wie ein ästhetischvollkommnes Kolorit haben, welche Vertheilung man die ästhetische Mahlerey nennen kann.23

21 22 23

EH I. (wie Anm. 9), S. 143. ET (wie Anm. 8), S. 9, § 9. Ebd., S. 56f., § 44. Eberhard knüpft hier an Baumgarten an. „Alle ästhetischen Farben sollen unter sich dies gemeinsam haben, daß die Dinge, die mit ihnen gemalt werden sollen, wenigstens in klarer Weise gedacht werden.“ Alexander Gottlieb Baumgarten: Ästhetik [1750/1758]. Übers., mit einer Einführung, Anm. u. Register hg. v. Dagmar Mirbach. Bd. 2. Hamburg 2007,

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Im Handbuch wird die „ästhetische Mahlerey“ dann auch innerhalb der praktischen Ästhetik zur maßgeblichen Prämisse der bildenden Künste und deren Hierarchisierung ausgebaut.

2 „Ästhetische Malerey“, disegno und Plastizitätsillusionismus als Garanten eines ontologischen Sensualismus Mehr noch als auf die Farben, ist die Malerei auf die Linie, die gegenstandsumreißende Zeichnung angewiesen, um die Zeichenwesentlichkeit als Ähnlichkeitsrelation gewährleisten zu können: „Was in den bildenden Künsten die Zeichnung ist, das ist in den redenden die genaue Bestimmung der Begriffe“.24 Der Primat des disegno kann sich zum einen auf die von einer evolutionär orientierten Kunstgeschichte vertretene These von der Entstehung der bildenden Künste aus der objektgestaltenden Kraft des Umrisses berufen, wobei sowohl dessen Komprimierungsund Reduktions- als auch dessen Grundlegungsfunktion bei der Herstellung künstlerischer Bedeutungseinheiten zentral ist.25 Wirkungsmächtiger und für Eberhards Argumentation bestimmender scheint jedoch die italienische Diskussion des disegno-colore-Verhältnisses zu sein, die sich innerhalb der Debatten der Académie Royale de Peinture et de Sculpture und den Auseinandersetzungen mit Roger de Piles zu einem Streit um die Vorherrschaft von Farbe oder Form zuspitzt.26 Trotz der im Detail durchaus unterschiedlichen Positionen von Paolo Pino und Lodovico Dolce über Giorgio Vasari bis hin zu den französischen Klassizisten ist die Diskussion um den „mentalen Habitus“27 der Zeichnung gegenüber einer zumeist abgewerteten Farbsinnlichkeit auch für Eberhards Konzept der Urbilder

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27

S. 685, § 689. Vgl. auch S. 661–683, §§ 666–687 („Die rechte Einteilung des Lichtes und des Schattens“) sowie S. 683–699, §§ 688–703 („Die ästhetischen Farben“). EH II. (wie Anm. 9), S. 63. Vgl. Heinrich Füssli: Vorlesungen über die Malerei. Aus dem Engl. v. Johann Joachim Eschenburg. Braunschweig 1803, S. 17f. Füssli beruft sich auf Mutmaßungen von Johann Andreas Riem: Über die Malerei der Alten. Ein Beitrag zur Geschichte der Kunst. Berlin 1787, S. 4. Während Raffael dem französischen Klassizismus als Gewährsmann für eine mustergültige disegno-Beherrschung gilt, wird Peter Paul Rubens aufgrund seiner Farbverwendung abgewertet. Die Auseinandersetzung zwischen Poussinisten, dem im Anschluss an Charles Le Bruns Lob für Nicolas Poussin das Primat der Zeichnung verteidigenden Akademieflügel und den das Eigenrecht der Farbe verteidigenden Rubenisten zeichnet nach Max Imdahl: Farbe. Kunsttheoretische Reflexionen in Frankreich, 2. unveränd. Aufl. München 1988, S. 35–73. Vgl. auch Martin Rosenberg: Raphael and France. The Artist as Paradigm and Symbol. Pennsylvania 1995, S. 53–60. So Kemps Charakterisierung der umfassenden disegno-Konzeption Vasaris. Wolfgang Kemp: Disegno. Beiträge zu einer Geschichte des Begriffs zwischen 1547 und 1607. In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 19 (1974), S. 219–240, hier S. 225. Vgl. zu den disegno-Positionen der Italiener grundlegend Thomas Puttfarken: The Dispute about Disegno and Colorito in Venice: Paolo Pino, Lodovico Dolce and Titian. In: Peter Ganz u.a. (Hg.): Kunst und Kunsttheorie 1400–1900, Wiesbaden 1991, S. 75–99.

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und der sinnlich-vollkommenen Erkenntnis prägend. Charles Le Bruns Verbindung von ‚dessin theorique‘ und ‚dessin pratique‘ zeigt deutlich die Verknüpfung von künstlerisch gestalteter Linie und dem Verstand unterstellten Begriff an: [O]n doit savoir qu’il y a deux sortes de dessin: l’un qui est intellectuel ou théorique, et l’autre pratique. Que le premier dépend purement de l’imagination, qu’il s’exprime par des paroles et se répand dans toutes les productions de l’esprit. Que le dessin pratique est produit par l’intellectuel et dépend par conséquent de l’imagination et de la main. Il peut aussi s’exprimer par des paroles. C’est ce dernier qui, avec un crayon, donne la forme et la proportion, et qui imite toutes les choses visibles […] toutes les choses réelles.28

Sieht man davon ab, das es Eberhard nicht um eine Nachahmung der sichtbaren Natur geht, so ist hier jene Identifizierung der Verstandesidee mit der Umrisszeichnung formuliert, die sich im Vergleich von Begriff und Form, Komposition sowie Zeichnung ausdrückt, somit die Hand des Künstlers auf die Umsetzung des ‚dessin intellectuel‘ verpflichtet. Einher mit der mentalen Begründung des Umrisses geht eine Abwertung der Farbe: „tout l’apanage de la couleur est de satisfaire les yeux, au lieu que le dessein satisfait l’esprit.“29 Während die Linie substantiell der Idee zugeordnet wird, kommt der Farbe als Akzidenz lediglich die untergeordnete Rolle zu, die durch den Umriss hergestellte Form auszufüllen – wenn sie nicht nur dem Auge gefallen soll. Vorweggenommen ist hier die für Eberhard charakteristische Trennung von Eindrucks- und Schönheitsgefühl,30 der er mit Blick auf die Farben durch deren körperillusionierende Funktionalität zu begegnen sucht und damit die Lokalfarbe als Teil der plastischen Objektmodellierung unter die Vorherrschaft der Verstandesidee stellt. Dieses Verfahren bezeichnet er mit dem der Kunstkritik entlehnten Begriff der „Haltung“. Er schränkt diesen jedoch auf die perspektivischen Regeln der Licht- und Schattengestaltung, des gegenstandsillusionierenden Hell-Dunkel-Verhältnisses ein, und schließt damit die Harmonien, die sich allein aus möglichen Farbkombinationen ergeben, aus.31 28

29 30 31

Charles Le Brun: Sentiments sur le discours du mérite de la couleur. In: Conférences de l’Académie royale de Peinture et de Sculpture. Les Conférences au temps d’Henry Testelin 1648–1681. 1. Bd. 1. Teil. Hg. unter der Leitung v. Jacqueline Lichtenstein u. Christian Michel. Paris 2006, S. 449–456, hier S. 450. Imdahl bestimmt unter Hinweisen auf die ältere Forschung Le Bruns Terminologie als Adaption von Federico Zuccaris disegno interno und disegno esterno (Federico Zuccari: L’Idea de’Pittori, Scultori ed Architteti. Turin 1607). Vgl. Imdahl: Farbe (wie Anm. 26) S. 36, S. 160f. Winckelmann lobt den „edlen Contur“ als Symbiose von ideal-urbildlicher und sichtbar-vorfindlicher Natur: „Der edelste Contur vereiniget oder umschreibet alle Theile der schönen Natur und der Idealischen Schönheiten in den Figuren der Griechen ; oder er ist vielmehr der höchste Begrif in beyden.“ Johann Joachim Winckelmann: Gedancken über die Nachahmung der griechischen Wercke in der Mahlerey und BildhauerKunst. In: Frühklassizismus. Bibliothek der Kunstliteratur. Bd. 2. Position und Opposition; Winckelmann, Mengs, Heinse. Hg. v. Helmut Pfotenhauer u.a. Frankfurt a.M. 1995, S. 11–50, hier S. 25f. Le Brun: Sentiments (wie Anm. 28), S. 452. Vgl. dazu Kap. 3. Auch hier bleibt Eberhard auf der Linie des französischen Klassizismus. Bereits Roger de Piles, dessen Dialogue sur le Coloris (1673) die Vorherrschaft des Umrisses zugunsten des

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Ohne Haltung ist zuvörderst keine Deutlichkeit möglich. Wenn alle Farben den höchsten Glanz der Lebhaftigkeit haben, wenn also das Licht Glanz ist, und die Farben glänzend sind, so blenden sie […] Die Umrisse verschwinden in der glänzenden Lichtmasse eben so wohl als in dem tiefen Schatten, und das geblendete Auge kann sie ebenso wenig wahrnehmen, als das unerleuchtete. So wie hier die Außenlinien der Bilder in den Schimmer, welcher die sichtbaren Farben überströmt, zerfließen, so zerfließen auch die Umrisse der Begriffe in den Werken der redenden Künste in den Glanz der ästhetischen.32

Die Bestimmtheit der Erkenntnis ist dann bedroht, wenn die nur verworren-lebhaften Begriffe der Sinnlichkeit nicht der Idealität des Deutlichkeit gewährleistenden Umrisses unterstellt sind. Zeichnung, Komposition und Perspektive in den bildenden Künsten entspricht die begrifflich deutliche Verbindung der Gedanken in den redenden. In typisch rationalistischer Diktion gibt Eberhard der Malerei auf, „durch Deutlichkeit und Klarheit zu den Augen zu reden“, also zum einen die Zeichnung der Gegenstände so zu gestalten, dass „zugleich ihre Beziehungen aufeinander“33 bemerk- und benennbar sind, zum anderen perspektivisch und projektionsgeometrisch korrekt Abstände und Farben wiederzugeben. Lässt er in der Theorie die Lebhaftigkeit als Ursache des Vergnügens auch tendenziell dann gelten, wenn es sich nicht aus einem Zugewinn an distinktiven Merkmalen ergibt,

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Kolorits zu beseitigen sucht, indem er die Farbe als Beseelung der Form deutet, verwendet den Begriff „Haltung“ in einem weiteren Sinne als Eberhard. Nicht nur das körperillusionierende farbliche Hell-Dunkel-Verhältnis (‚le clair-obscur‘), so de Piles in seinem Cours de Peinture par Principes (1708), wird durch diesen Begriff geltend gemacht, sondern auch die bei einer werkimmanent gegründeten Analyse entscheidende Dimension der Farbharmonien an sich. „Haltung“ meint demnach auch, „diejenigen Lichter und Schatten vortheilhaft zu vertheilen, welche sich sowohl zur Ruhe und zum Vergnügen der Augen, als auch wegen der guten Wirkung des ganzen Werks überhaupt, in einem Gemälde finden müssen.“ Roger de Piles: Einleitung in die Malerey aus Grundsätzen. Übers. aus dem Frz., Leipzig 1760, S. 285. Eine solche Bestimmung der „Haltung“ korrespondiert bei de Piles mit einem Nachahmungsbegriff, der – im Gegensatz zu Eberhard – ausdrücklich auf das Sichtbar-Farbige abstellt und darüber die Vollkommenheitskategorie zu bestimmen sucht: „Wenn nun der Maler, ein vollkommener Nachahmer der Natur, mit der Fertigkeit einer vortrefflichen Zeichnung […] versehen ist, so muß er die Farbe als seinen vornehmsten Gegenstand betrachten: denn er sieht eben diese Natur nicht anders, als nachahmlich, an; sie ist ihm aber nicht [anders, N.K.] nachahmlich, als in so ferne sie sichtbar ist; und sichtbar ist sie, in so ferne sie gefärbt ist.“ Ebd., S. 246. EH II. (wie Anm. 9), S. 64. In der Theorie empfiehlt Eberhard einen Aufsatz, an den sich seine Argumentation hier anlehnt. Der anonyme Verfasser setzt die „schöne und wahre Farbe“ mit deren körperillusionierend-perspektivischer Wirkung gleich, was er als Brechung der Farben durch den Verstand bezeichnet. „Es ist leichter, lebhafter und glänzender Farben sich zu bedienen, und sie einander auf eine Art entgegen zu setzen, die ihren Glanz erhebt: die Schwierigkeit ist, sie ohne Härte zu vereinigen, sie mit Verstande zu brechen, um den Gegenständen die gehörige Rundung zu geben, und ihre Wirkungen nach den Graden der Entfernung wohl auszuführen: frische und abwechselnde Töne zu erhalten, die weder zu hoch über die Natur noch zu tief unter dieselbe gehen.“ Anon.: Von der Kenntniß derjenigen Künste, die sich auf die Zeichnung gründen, und besonders von der Malerey. In: Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste. 7. Bd., 1. St., 1761, S. 11–31, hier S. 21. Ähnlich argumentiert Gotthilf Samuel Steinbart: Grundbegriffe zur Philosophie über den Geschmack. Erstes Heft, welches die allgemeine Theorie sämtlicher schönen Künste, und die besondre Theorie der Tonkunst enthält. Züllichau 1785, S. 49. EH II. (wie Anm. 9), S. 62.

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sondern sich lediglich durch die Intensität begründet, so verfährt er mit Blick auf die Lebhaftigkeit der sichtbaren Farben restriktiver – indem er das Konzept der sinnlichen Erkenntnis hin zu einem ontologischen Sensualismus radikalisiert. Die ästhetisch-vollkommene Erkenntnis, die gegenüber der vernünftigen nicht formal sondern lediglich graduell verschieden ist, wird von Eberhard auf eine Deutlichkeit verpflichtet, die die Trennung von ästhetischer und vernünftiger Erkenntnis vollends unterminiert. Denn eigentlich kann die sinnliche Erkenntnis nur klar-verworren, nicht jedoch bereits deutlich sein.34 Es ist für sie gleichsam konstitutiv, dass sie unterhalb der Deutlichkeitsschwelle liegt. Wenn Meier fordert, die „Aesthetick mus also der Vernunftlehre den Stof zubereiten“, den diese dann von deutlichen über ausführliche bis hin zu vollständigen Begriffen auszubilden hat, so siedelt Eberhard bereits den rudimentär ausgebildeten Stoff, die deutlichen Begriffe, innerhalb der Ästhetik an. Die Motivierung der sinnlichen Vorstellung als ideale Objektrepräsentation, die im Verbund des Gesichtssinnes mit anderen unteren Erkenntnisvermögen geleistet werden soll, wird von ihm schon immer auf die Verdeutlichungsarbeit des Verstandes bezogen, verbleibt also innerhalb eines kognitivistischen Korsetts, das die sinnesspezifische Rezeptionsform allein unter Maßgabe ihres repräsentationalistischen Progressionszieles – der durch wesentliche Zeichen gewährleisteten Ähnlichkeit von Kunst- und Urbild – thematisiert, weshalb er in produktionsästhetischer Perspektive den Maler das zu Gestaltende dem Wahrscheinlichkeitsprinzip folgend nur denken lassen kann, genauso wie er in wirkungsästhetischer Hinsicht die sinnlich zugänglichen klar-verworrenen Begriffe der Vollkommenheit als notwendige, jedoch nicht graduell verschiedene Komplementärinformation ihrer deutlichen Erschließung behandelt. So verwundert es denn nicht, dass Eberhards kunstgeschichtliche Einlassungen im engeren Sinne die partielle Emanzipation der Farbe bei Correggio, Tizian und Rembrandt als Abfall von der Formbehandlung Raffaels, mithin als Verfallsgeschichte deuten.35 Damit ist auch die Grenze der „ästhetischen Malerey“ benannt, die dann erreicht ist, wenn die Farben nicht dem Umriss unterstellt sind und sich in ihrer Eigenwertigkeit geltend machen. Eberhard verdächtigt die Farben in diesem 34

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„Alle unsere Erkentnis ist entweder deutlich vernünftig philosophisch, oder undeutlich und sinlich. Mit der ersten beschäftiget sich die Vernunftlehre, und mit der letztern die Aesthetick.“ Georg Friedrich Meier: Anfangsgründe aller schönen Wissenschaften. 1. Teil. Hildesheim, New York 1976 [Reprint der Ausg. 1754, 1. Aufl. 1748], S. 8, § 5. Vgl. EH III. (wie Anm. 9), S. 236f. Auf einer Linie mit Eberhard ist Johann Heinrich Füsslis Argumentation zu verorten, die gleichfalls das Spannungsfeld von Sinnlichkeit und Verstand am Leitfaden einer wertnormativen Hierarchisierung umreißt. Gegen die venezianische Malerei des 16. Jahrhunderts, den „geringere[n] aber anziehendere[n] Reiz der Farben“ gewendet, formuliert Füssli: „Wird das Kolorit einmal in einem sehr hohen Grade erreicht, so verträgt es keine Unterordnung weiter, und bemächtigt sich des Ganzen […] und wer einmal die Oberherrschaft über das Auge gewonnen hat, der wird sie schwerlich wieder aufgeben, um sich des sprödern Beifall des Verstandes zu bewerben, und den Beifall einiger Wenigen um das Lob der bei weitem größern Menge zu vertauschen.“ Vorlesungen (wie Anm. 25), S. 121.

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Falle, Mängel der Zeichnung gleichsam kompensatorisch kaschieren zu wollen.36 Mehr noch als die Malerei, ist die Plastik der eigentliche Garant für Vollkommenheit, Wahrheit und damit Schönheit: Vor allen Dingen deshalb, da die durch die Zeichenwesentlichkeit geforderte Ähnlichkeit mit dem Urbild bei ihr in einem höheren Maße realisiert und objektiv verbürgt ist.37 In der plastischen Kunst muß die Schönheit das Höchste seyn, ihr muß der Ausdruck untergeordnet werden; in der Mahlerey kann auch der Ausdruck herrschen, er kann die Aufopferung eines Theils der Schönheit verlangen […] Ist also in den Werken der Mahlerey mehr Täuschung, und in den Werken der plastischen Kunst mehr Wahrheit, so wird der Künstler in dieser weit öfter den Ausdruck der Schönheit aufopfern, und in jener die Schönheit dem Ausdrucke unterordnen müssen, wenn sie beyde gefallen wollen.38

Hinter der Spannung von Farbe und Gestalt, von Ausdruck und Schönheit, verbirgt sich die für Eberhards ästhetiktheoretische Position entscheidende Begründung der seelischen Empfindung eines Vergnügens aus einem selbstbezüglichen Vollkommenheitsgefühl heraus, das sich seinerseits nicht von einer ästhetisch-vollkommenen Erkenntnis lösen lässt. Um den paradigmatischen Charakter dieser Trias erhalten zu können, darf der Malerei nur eingeschränkte Schönheitsrelevanz zugestanden werden. Genau dies tut Eberhard, wenn er – auf die Anschlussfähigkeit der Ästhetik an das vernünftige Denken insistierend – den Betrachter auf einen Nachvollzug der objektiv-gegenstandsbezüglich konstituierten Kategorie der Vollkommenheit, mithin eines kognitivistischen, auf merkmalsdistinktive Teil-GanzesRelationen abstellenden rationalistischen Schönheitsbegriffes, verpflichtet.39 Mit anderen Worten: Nur die Plastik lässt sich im Gegensatz zur vollkommenheitsunterminierenden Farbsinnlichkeit der Malerei schön denken. Damit bestätigt er in 36

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„Was ist indeß gemeiner, als daß der Mahler und der Schriftsteller unter einem blendenden Colorit, jener seine fehlerhafte Zeichnung, dieser die Unbestimmtheit seiner Begriffe verbirgt.“ EH II., S. 64. Bereits Lodovico Dolce, der Verfasser des Dialogo della Pittura, intitolato l’Aretino, Venedig 1557, deutet in einem Brief an Gasparo Ballini die nicht dem Umriss unterstellte Farbverwendung im Vergleich mit einer ungenauen Begrifflichkeit. Vgl. Ludovico Dolce: A letter to Gasparo Ballini. In: Dolce’s „Aretino“ and Venetian Art Theory of the Cinquecento. Hg., übers. u. komm. v. Mark W. Roskill. New York 1968, S. 200–211, hier S. 207. Die Schönheit der Plastik als wesentliches Zeichen verweist auf den ästhetikologischen Wahrheitsbegriff Baumgartens. Der Unterschied zwischen den Allgemeinbegriffen und den individuellen Vorstellungen besteht in ihrer graduellen Abstufung im Wahrheitsgehalt. Die „ästhetikologische[…] Wahrheit eines Individuums oder Einzelnen ist, ihrer Art nach, die Vorstellung der größten metaphysischen Wahrheit.“ In diesem Sinne kommen der Plastik die höchste Wahrheit und damit die größte Schönheit zu. Baumgarten: Ästhetik (wie Anm. 23), Bd. 1, S. 419, § 441. EH III. (wie Anm. 9), S. 223–224f. Auch hier verfährt die sinnliche Erkenntnis nicht klar-verworren, sondern bereits deutlich: „Vermittels dieser Deutlichkeit des Anschauens der Gegenstände nach ihren Formen, Theilen und Zusammensetzungen, kann der Verstand und die Vernunft sowohl bey dem Schaffen als auch bey dem Genießen eines Kunstwerks mitwirken; bei den Empfindungen der undeutlicheren Sinne sind beyde ganz davon ausgeschlossen. Denn die Formen und Wesen der Dinge schafft und ergreift allein der Verstand; er hat Begriffe von ihren Elementen, und aus diesen dichtet die Vernunft ihre Schöpfungen zusammen.“ EH I. (wie Anm. 9), S. 52.

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der Bewertung der Malerei den für sie konstitutiven Täuschungsvorbehalt, dass der von ihr vorgestellte Raum immer nur eine Illusion, wenn auch eine notwendige sei, die, bei näherem Herantreten an das Bild, verfliege. Entscheidend ist, dass Eberhard die Wahrheit der Bildhauerkunst an die Wirklichkeit des von ihr besetzten Raumes bindet, das heißt an den projektionsgeometrisch konstruierten, ‚gewussten‘ Raum und nicht wie Herder in seinen zu Lebzeiten unveröffentlichten Arbeiten zur Plastik an die individuelle sinnlich-leibnahe Erfahrung des sich im Raum Entfaltenden.40 Ausdrücklich lehnt er in expliziter Auseinandersetzung mit Herder den Tastsinn als Erfahrungsgrundlage der Bildhauerkunst ab, bezeichnet ihn als „ein ungeschicktes Werkzeug um die bloße, abgesonderte Gestalt in ihrer vollkommnen Reinheit, ohne all die übrigen Eigenschaften des Stoffes, der Seele dazustellen.“41 Dies gelingt allein dem Auge, das, unbemerkt seines äußeren impressionistischen Empfindungsmodus’, der Seele zuarbeitet und deren urbildlich präfiguriertes Reservoir entfaltend bestätigt. Damit gelangt Eberhard zu einem Modell idealisch gedachter Plastizität, dessen signifikantes Merkmal es ist, weder von der individuell fühlbaren noch der individuell sichtbaren Erfahrung des Marmors auszugehen, sondern letztere lediglich zum bestätigenden Anlass der idealisch-unsinnlichen Vorgängigkeit einer geometrischen Körperlichkeit zu nehmen. Hierbei nähert sich Eberhard nun dem Herder der Plastik von 1778,42 der gegenüber Lavater betont, dass der Marmor in seiner Materialität sich unter der Hand eigentlich „beleben u[nd] zuletzt ganz verschwinden“43 solle. Die plastische Kunst ist damit der eigentliche Ort der sich in das sinnliche Material entäußernden wesenhaften Urbilder. Eberhards „platonische[…] Speculazionen“ über die Entstehung der geometrischen Urbilder, die nach eigenem Bekunden deshalb so „tief in das Übersinnliche“ spielen, da die „Formen der schö40

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Vgl. Johann Gottfried Herder: Studien und Entwürfe zur Plastik. In: Ders.: Sämtliche Werke. Hg. v. Bernhard Suphan. Bd. 8. Berlin 1892, S. 88–115. Vgl. Ders.: Plastik von 1770. In: Ebd., S. 116–163. EH I. (wie Anm. 9), S. 122. Neben Gesicht und Gehör lässt Eberhard zunächst „das Gefühl der äußern Umrisse der Körper, oder das Betasten“ als deutlicheren Sinn gelten (vgl. EH I., S. 50). Jedoch sind es die vom Tastsinn in der aktualen Erfahrungssituation ebenfalls bestätigten Temperatureigenschaften und die Oberflächenstruktur des Körpers, die ihn für eine Funktionalisierung in schönheitstheoretischer Hinsicht letztendlich unbrauchbar machen. Johann Gottfried Herder: Plastik. Einige Wahrnehmungen über Form und Gestalt aus Pygmalions bildendem Traume. In: Ders.: Studien und Entwürfe (wie Anm. 40), S. 1–87. Herder an Johann Kaspar Lavater, Juli 1779. In: Johann Gottfried Herder: Briefe. Gesamtausg. Unter der Leitung v. Karl-Heinz Jahn hg. v. den Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar. Bd. 4. Oktober 1776 – August 1783. Bearb. v. Wilhelm Dobbek und Günter Arnold. Weimar 1979, S. 97–99, hier S. 97. Vgl. umfassend zu Herders Konzeption des Tastsinns, der Empfindung und der Plastik Natalie Binczek: Kontakt: Der Tastsinn in Texten der Aufklärung. Tübingen 2007, S. 345–406; Ulrike Zeuch: Umkehr der Sinneshierarchie. Herder und die Aufwertung des Tastsinns seit der frühen Neuzeit. Tübingen 2000, besonders S. 123–166, für einen Forschungsüberblick vgl. S. 1–35; Inka MülderBach: Im Zeichen Pygmalions. Das Modell der Statue und die Entdeckung der ‚Darstellung‘ im 18. Jahrhundert. München 1998, S. 49–102; Marion Heinz: Sensualistischer Idealismus. Untersuchungen zur Erkenntnistheorie des jungen Herder (1763–1778). Hamburg 1994.

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nen Künste diesem verwandter“ sind, „als uns ihr sinnlicher Stoff zu glauben verstattet“,44 knüpfen sichtlich an Winckelmanns Nachahmungsverständnis an: Sowohl in der unbedingten Idealität des Plastisch-Schönen, als auch in dessen Legitimation über innere, neuplatonisch legitimierte Vorstellungsbilder folgt er dem Verständnis Winckelmanns.45 In wirkungsästhetischer Hinsicht scheint diesem Phänomen nur eine gegensatzaufhebende Begriffsbildung beizukommen. So stellt sich die deutlich-sinnlich-vollkommene Erkenntnis als eine sensualistische Ontologie des Plastischen dar, die dessen Wesentlichkeit auch unter den Bedingungen einer aktual-empirischen Anschauungssituation bestätigt wissen will.46

3 Farbe und „eigenthümliche“ Schönheit als Problem des Konzepts einer rationalistischen „Zeichenschönheit“ Dass Eberhard in prononcierter Form am kognitiven Primat der ästhetischen Erfahrungsweise festhält, dieses gar durch die produktionsästhetisch sanktionierte und wirkungsästhetisch akzentuierte Synthese von disegno, „ästhetischer Malerey“ resp. plastischer Idealität und idea zu einer konstruktiv-geometrischen inventio radikalisiert, liegt in den Zumutungen begründet, die von Seiten der sensualistischen Ästhetik an die rationalistische herangetragen werden und denen sich Eberhard durchaus bewusst ist. Das betrifft zum einen die abnehmende organisationsfunktionale Prävalenz des Vorstellungskomplexes, die sinnliche Erfahrung des Gesichtssinnes repräsentationalistisch, mithin urbildlich essentialistisch organisieren zu können, zum anderen – damit zusammenhängend – die konstruktive Eigentätigkeit dieses Sinnesvermögens, die in physiologischer Perspektive immer mehr ins Mittel tritt. Aus rationalistischer Sicht fällt dies vor allen Dingen als ein Versagen der Verbindung von zeichentheoretisch fundiertem Darstellungsmedium und sinnesspezifisch-erkenntnisdienlicher Erschließungsform, von symbolischer und anschauender Erkenntnis auf.47 Wiederum in Anknüpfung an Mendelssohns 44 45

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EH III. (wie Anm. 9), S. 20. „Die Kenner und Nachahmer Griechischer Wercke finden in ihren Meister-Stücken nicht allein die schönste Natur, sondern noch mehr als Natur; das ist, gewisse Idealische Schönheiten derselben, die, wie uns ein alter Ausleger des Plato lehret, von Bildern bloß im Verstande entworffen, gemachet sind.“, Winckelmann: Gedancken (wie Anm. 28), S. 15. Winckelmann bezieht sich hier auf Proclos’ Kommentar zu Platons Timaios. Gleich Winckelmann deutet Eberhard mit Proclos das Kunstwerk als „Abbild des ewigen Seienden“. Proclos zit. nach Hans Zeller: Winckelmanns Beschreibung des Apollo im Belvedere. Zürich 1955, S. 243. Vgl. zu Eberhards Laokoon-Interpretation EH III. (wie Anm. 9), S. 217–222. Darin ist eine Radikalisierung der rationalistischen Kunsttheorie zu sehen, wie sie Schmidt: Sinnlichkeit und Verstand (wie Anm. 1), S. 36–79, als rhetorische Fundierung des ut-picturapoesis-Postulates herausgearbeitet hat und der Eberhard grundsätzlich verpflichtet ist. Nach Baumgarten ergibt sich die „anschauende Erkenntnis“ aus einer solchen Beziehung der „Vorstellung des Bezeichneten“ mit der „des Zeichens“, bei der jenes durch das Zeichen Vorgestellte bedeutender ist, als das Zeichen. Ist hingegen die „Vorstellung des Zeichens bedeu-

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Hauptgrundsatz-Schrift verhandelt Eberhard in dem Aufsatz Über den Unterschied der nachahmenden und zeichnenden Künste, wie auch über die Schönheit der Farben48 die Frage nach dem Zusammenhang von Schönheit, Nachahmungsprinzip und Betrachter, eine Frage, deren Beantwortung über die Feststellung der für die rationalistischen Ästhetik konstitutiven Rolle einer sinnlich-vollkommenen Erkenntnis hinausgeht. Die Schönen Künste werden hier in nachahmende und zeichnende unterteilt: Erstere sind nicht für sich bestehend und werden am menschlichen Körper ausgeführt; letztere sind unabhängig von ihrer Herstellung, indem sie durch Materialien hergestellt werden. Auf ein grundlegendes und folgenreiches Problem trifft Eberhard bei der Zuordnung der Baukunst. Diese lässt sich weder den nachahmenden Künsten untergliedern, da ihre Werke für sich bestehend sind und keine Veränderung vorstellen, noch den zeichnenden Künsten, da sie zu keinem Werk der Natur in einer Ähnlichkeitsbeziehung stehen „und also nicht durch Vergleichung mit demselben gefallen“49 können. Damit stellt sich anhand der Baukunst ein auch für die Typologisierung der anderen Schönen Künste zentrales Problem, nämlich: Dass sich die Verbindung des Zeichens mit der bezeichneten Sache nicht in den Eigenschaften des Bezeichneten selbst gründen lässt, da es kein außerhalb des Bezeichnenden zu verortendes Bezeichnetes gibt. Durch den Wegfall der für eine Klassifizierung als wesentliche Zeichen entscheidenden Ähnlichkeitsrelation, die ihren Bezugspunkt im wesenhaften Bezeichneten hat und von da aus den künstlerischen Darstellungsmodus als Abbildungsprozess modelliert, scheinen auch die natürlichen Zeichen, als deren Unter- oder Nebenklasse die wesentlichen geführt werden, ergänzungsbedürftig. Eberhards schönheitstheoretische Analyse der Baukunst zeigt, dass es neben dem Vergnügen an dem durch Witz und Verstand gewährleisteten Vergleich von künstlerischem Werk und diesem zugrunde liegenden Objektbereich oder Urbild ein Vergnügen gibt, das nicht aus einer ästhetisch-vollkommenen Vorstellung entspringt und sich somit auch nicht über ein sich aus einem solchen Vorstellungsmodus ergebenden Gefühl der Selbstvollkommenheit begründen lässt. „Die Schönheit der Bewegungen und Linien“, resümiert Eberhard diese Beobachtung, indem er sie auf die anderen Künste ausweitet, „wäre also eine doppelte, die eigenthümliche und die Zeichenschönheit. Ebenso ist es mit den Farben.“50 Genauso wenig, wie die Linien mit der Urbildlichkeit der idea konvergieren müssen, stimmen die Farben einer eigentümlichen Schönheit not-

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tender […] als diejenige des Bezeichneten“, so liegt eine symbolische Erkenntnis vor. Alexander Gottlieb Baumgarten: Metaphysica (§§ 501–623) [1738/71779]. In: Ders.: Texte zur Grundlegung der Ästhetik. Übers. u. hg. v. Hans Rudolf Schweizer. Hamburg 1983, S.1–65, hier S. 63, § 620. Vgl. Anm. 10. EU (wie Anm. 10), S. 115. Ebd., S. 122.

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wendig mit der „ästhetischen Mahlerey“ überein.51 Als Gründe des Gefallens an Farben und Linien lassen sich neben deren Funktionalisierung als Zeichentypen auch „subjektive“ Ursachen benennen, die Eberhard besonders bei den Farben in der „Beschaffenheit unserer Sinnesglieder“52 ausmacht. Entscheidend ist zunächst, dass den eigentümlichen Schönheiten kein Zeichenund damit kein Verweischarakter zukommt53: Sie zeigen nichts an, was sie selbst nicht sind, so dass sie die Beziehung von symbolischer und anschauender Erkenntnis – ob nun mehr auf das Zeichen oder das Bezeichnete reflektierend – unterlaufen. Damit nehmen Farben nur auf sich selbst, auf andere Farben und auf die Sinnlichkeit des Betrachters Bezug. Eberhards Rede von der eigentümlichen Schönheit orientiert sich sowohl an Henry Homes „intrinsic beauty“54 wie auch an Hutchesons „Original“ oder „Absolute Beauty“,55 die innerhalb der begrifflichen Analysekategorien deutscher spätaufklärerischer Ästhetiken den sinnlichen Schönheiten zugeordnet werden können. Unter „intrinsic beauty“ versteht Home „an object of sense merely […] no more is required but singly an act of vision“; mithin gilt: „intrinsic beauty is ultimate“.56 Die deutsche Übersetzung von Homes KritizismusSchrift spricht von der „eigne[n] Schönheit“,57 an die Eberhards Begriffsbildung anzuknüpfen scheint. Eberhards „Zeichenschönheit“ hingegen entspricht in zeichentheoretischer Perspektive dem, was Mendelssohn natürliche Zeichen nennt, und was schönheitsanalytisch bei Home unter „relative beauty“ und bei Hutcheson unter „Comparative Beauty“ firmiert. Innerhalb des Projekts einer Integration der Schönen Künste in den Diskurs der philosophischen Ästhetik ist dies jedoch nicht unproblematisch, denn das Diktum einer sinnlich-vollkommenen Erkenntnis kann von der eigentümlichen Schönheit nicht erfüllt werden, weshalb Eberhard in der Theorie lediglich die „Zeichen-

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Mit Blick auf eine Trennung von Linienwert und Umrissdarstellung weist bereits François Hemsterhuis in seinem Lettre sur la sculpture (1769) darauf hin, dass Figuren als „sichtliche Größen“ („quantités visibles“) nicht deshalb als schön gelten können, „in so fern sie Umrisse sind, oder den Gegenstand umschließen oder beschreiben […] sondern in so fern sie eine gewisse Menge sichtlicher Punkte enthalten.“ Auf diesem Weg entsteht die „Zierrathe“. Diese ermöglicht es der Seele „in dem möglichst kürzesten Zeitraum, eine große Anzahl von Ideen“ zu haben, ohne dabei an ein Objekt und von vollkommenheitstheoretischer Warte aus formulierte Ansprüche gebunden zu sein. François Hemsterhuis: Über die Bildhauerei in einem Briefe an H. Theodor v. Smeth, zu Amsterdam. In: Ders.: Vermischte philosophische Schriften. Aus dem Frz. übersetzt. Bd. 1. Leipzig 1782, S. 1–70, hier S. 11, S. 13. EU (wie Anm. 10), S. 117, S. 123. „Ein Zeichen (signum, character) ist ein Mittel, wodurch die Wirklichkeit eines anderen Dinges erkannt werden kann.“ Meier: Auslegungskunst (wie Anm. 14), S. 7, § 7. Henry Home [Lord Kames]: Elements of Criticism. Gesammelte Werke. Bd. 3. London 1993 [Reprint der Ausg. v. 1785, 1. Aufl. 1762], S. 197. Francis Hutcheson: An Inquiry into the Original of our Ideas of Beauty and Virtue. Gesammelte Werke. Bd. 1. Hildesheim, New York 1990 [Reprint der Ausg. v. 1725], S. 13. Home: Elements (wie Anm. 54), S. 198. Heinrich Home: Grundsätze der Kritik, in drey Theilen. Aus dem Engl. übersetzt. Erster Teil. Leipzig 1762, S. 298.

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schönheit“ berücksichtigt. Als Pendant der von Home verzeichneten „intrinsic beauty“ wird zwar das „Eindrucksgefühl“ erwähnt, etwa wenn er die sichtbare „formlose Masse“58 oder – besonders bei Kindern – das Farb- und Lichtspiel als angenehm gelten lässt, jedoch ist hiermit keine schönheitsrelevante Disposition gemeint, da es sich lediglich um eine angemessene Bewegung der Sinnesglieder handelt, die der Gesichtssinn mit den gröberen Sinnen teilt. In dem Maße, wie sich die Eigentümlichkeit der Schönheit einer vollkommenheitstheoretisch fixierten, merkmalsdistinktiven Bestimmung durch den Verstand entzieht, kann auch eigentlich nicht vom Schönen die Rede sein, da der „letzte […] Grund des Schönheitsgefühls“ somit nicht erfüllt wäre, wie ein Blick auf Eberhards Definition zeigt: So wie das Vergnügen des Eindrucksgefühl seinen letzten Grund in der angemessenen Beschäftigung der Sinnen und der Einbildungskraft hat: so hat das Vergnügen des Schönheitsgefühls seinen letzten Grund in der angemessenen Beschäftigung des Verstandes und der Vernunft.59

Das Empfinden farblicher Harmonie- oder Disharmonieverhältnisse gründet Eberhard denn auch konsequent in der „Verschiedenheit der Organisation“60 des Gesichtssinnes und nicht in Urteilsdivergenzen der Reflexion des Verstandes. Das Farbempfinden wird so zum potentiellen Einfallstor eines nicht dem Umriss unterstellten Kolorits und somit einer nicht begriffsgeleiteten Wahrnehmung. Indem Eberhard die Farben als Sichtbarkeitswerte verhandelt, muss er von den Maßstäben abrücken, die er im Rahmen eines körperillusionierenden Hell-Dunkel-Verhältnisses für einen richtigen, dass heißt sinnlich-vollkommenen Farbgebrauch geltend macht: Farbe bezeichnet als optischer Wert etwas anderes als ihre funktionale Verwendung mit dem Ziel einer Modellierung projektionsgeometrisch korrekter Objektvolumina. Damit lässt sich die Farberscheinung als Wahrnehmungssequenz nicht vollumfänglich mit dem Wahrnehmungsurteil bezeichnen, das den Farbton angibt.61 Das Farbige an den Farben, ihr Buntcharakter, erscheint, bevor die Farbe als möglicher Darstellungswert in Betracht kommt und bleibt – gerade bei harmonischen Farbkompositionen – als eigener Erscheinungsmodus gegenüber einer prädikativen Zuschreibung dominant. Der sinnliche Eindruck der Farben geht 58 59 60 61

ET (wie Anm. 8), S. 148, § 120. Ebd., S. 151, § 125. EU (wie Anm. 10), S. 124. „In den sichtbaren Gegenständen sind die Farben das über die ganze Schöpfung ausgegossene Licht, aber ein gebrochenes und reflectirtes Licht. Sie sind die rothe, die grüne, die gelbe, die blaue u.s.w., die alle das menschliche Auge unterscheidet, ohne das man sie mit Worten beschreiben und eine deutliche Idee von ihnen mittheilen kann.“ EH II. (wie Anm. 9), S. 55. Die Farben entziehen sich damit einer Nominaldefinition. Doch auch als Realdefinition geht die gesehene Farbe nicht in ihrer Zuschreibung auf, bleibt eine Definition der Farben über den je unterschiedlichen Einfallswinkel der Lichtstrahlen in ihrem unmittelbaren Sehen unkenntlich. Auf diesen Umstand macht Eberhard bereits in der Allgemeinen Theorie aufmerksam. Vgl. Johann August Eberhard: Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens. Hildesheim, New York 1984 [Reprint der Ausg. v. 1776], S. 55f.

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somit dem prädikativen Urteil voraus und lässt sich in seinem Ereignischarakter nicht auf dieses reduzieren. Die eigentümliche Farbschönheit ist mit ihrer Fundierung in der Erscheinung von der Wesentlichkeit des Plastisch-Schönen am weitesten entfernt: Durch die Konvergenz von Erscheinung und Wesen entzieht sie sich dem ontologischen Sensualismus. Sicheren Argumentationsboden gewinnt Eberhard da wieder, wo er die Grade der Farbschönheit in ihrer Beziehung auf den durch sie zur Geltung gebrachten Umriss bestimmen will. Die Schönheit der sichtbaren Farbe richtet sich dann nach dem „Grad der Vollkommenheit der Form, mit dem die Farbe, wenn sie schön sein soll, harmoniren muß.“62 Doch ist mit dem Wechsel von der Farbe als sichtbarkeitsbezogenem Buntwert zu ihrer objektkonstitutiven Illusionsfunktion bereits die Grenze von der eigentümlichen zur Zeichenschönheit überschritten, das Schönheitsgefühl wiederum dem Verstand überantwortet. Keinen Zweifel lässt Eberhard daran, dass da, wo das Schönheitsgefühl am meisten gefordert ist, die Farbe als sinnlicher Sichtbarkeitswert am weitesten zurückgedrängt sein muss. Das schöne Himmelsgewölbe kleidet sie (die Natur, N.K.) in ein mildes blau, lebhaft genug die Schönheit seiner sphärischen Formen zu erhöhen, aber nicht glänzend genug, um das Auge gegen diese Schönheit der Form unempfindlich zu machen […] In dem Verhältniß, worin ihre Formen an Schönheit zunehmen und zusammengesetzter werden, mildert sie das Licht ihrer Farben, und bleibt endlich mit ihrer sanften Abstufung bey dem Meisterstück ihrer Bildungskunst, bey dem menschlichen Körper stehen.63

Der menschliche Körper als plastische Modellierung ist die Bildsäule, die sich desto mehr als Zeichenschönheit begreifen lässt, je weniger sie diese über sekundäre Objektqualitäten motiviert und damit über den Ausdruck zu rechtfertigen sucht. Bereits Hutcheson wollte die „Absolute“ oder „Original Beauty“ nicht als Objekt-, sondern als Empfindungseigenschaft verstanden wissen, die besonders dann, wenn sie sich sekundären Qualitäten verdankt, mit dem Gegenstand in keiner Ähnlichkeits-, lediglich in einer Verursachungsbeziehung stehen kann. Da die Ähnlichkeitsbeziehung der Garant der wesentlichen Zeichen ist, müssen die vom Gesichtssinn bestätigten sekundären Objekteigenschaften in schönheitstheoretischer Perspektive weitestgehend irrelevant bleiben. Dies theoretisch zu legitimieren gelingt neben Eberhard auch anderen Popularästhetikern, indem sie die Linie als eigentlichen Gegenstand der Sichtbarkeit herausstellen.64 Um das Auge auf eine 62

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EU (wie Anm. 10), S. 127. „Hat die Form eines Werks einen hohen Grad an Schönheit, so würde sie durch die Anmuth, die Helligkeit und den Glanz der Farben verdunkelt werden; der Reitz der Farben würde die Seele zu sehr afficiren, als daß er den Eindruck von der Schönheit der Form nicht schwächen sollte.“ Umgekehrt darf sich die Seele nur dann dem Farbreiz überlassen, wenn ihre Aufmerksamkeit nicht durch die Eruierung des die Formschönheit konstituierenden Teil-Ganzes-Verhältnisses absorbiert wird, vielmehr von der Form kaum Vergnügen zu erwarten hat. Ebd., S. 128f. Auch wenn dies in popularphilosophischen Ästhetiken selten explizit thematisiert wird, kann doch die gegenstandskonstitutive Umrisslinie in ihrer formsetzenden Kraft als Garant eines

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merkmalsdistinktive Gegenstandsbestimmung zu verpflichten, werden die Gesichtsempfindungen – so bei Andreas Heinrich Schott, der Eberhards Theorie als Rehabilitation Baumgartens würdigt – mehr als seelische Vorstellungstätigkeit denn als körperliche Gefühle verstanden, was ihren Auszeichnungsgrund gegenüber den anderen Sinnen markiert. Während sich die undeutlicheren Sinne permanent in den von ihnen initiierten Erkenntnisprozess einschreiben und damit Vermittlungsfunktion und Vermittlungsinhalt untrennbar miteinander verbinden, so die ubiquitäre Argumentation, kann der Sehsinn allein die „erkennende und vergleichende Seele“ beschäftigen und gibt ihr so ein „leichtes und ungehindertes Gefühl ihrer Thätigkeit“. „[B]ei den steten Linien, insofern diese Gesichtsvorstellungen sind“,65 ist die Seele gleichsam mit den Dingen an sich beschäftigt. Dietrich Tiedemann, der sich als Professor für klassische Sprachen in Kassel und der Philosophie in Marburg im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts sowohl um die empirische Psychologie, die Entwicklungspsychologie wie auch die Erklärung des Sprachursprungs verdient macht, geht sogar soweit, den Gesichtssinn als Gefühl zu beschreiben, „denn so wie man beim Betasten die Spize der Finger an dem Gegenstand hinbewegt; so bewegt man beym Sehen die Augenachse an der Aussenlinie fort.“66

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materiellen Gedächtniseindruckes (innere Impression, idea materialis, simulacrum, vestigum, imago, effigies idea) gelten, der den Körper-Seele-Kommerz durch physiologisch akzentuierte influxus-physicus-Modelle, mit einer Strukturhomologie äußerer und innerer Eindrücke, begründet. So erwägt Platner noch in der ersten Auflage der Anthropologie, „daß die Impressionen im Gehirnmark den Gegenständen körperlich ähnlich seyn koennten“, rückt jedoch davon ab und will in der zweiten Auflage das „Augenbild nicht allein als Bild, sondern auch als Stoß des Sehnerven betrachten.“ Ernst Platner: Anthropologie für Aerzte und Weltweise. Erster Theil. Leipzig 1772, S. 66, § 236. Ders.: Neue Anthropologie für Aerzte und Weltweise. Mit besonderer Rücksicht auf Physiologie, Pathologie, Moralphilosophie und Aesthetick. Erster Band. Leipzig 1790, S. 128, § 345. Ähnlich argumentiert König in seiner Kunstphilosophie, auch wenn er Platners Nervengeisterhypothese durch eine bewusstseinstheoretisch akzentuierte Argumentation ersetzt: „Sind nun wirklich die von den Gegenständen in unsere offenen Augen strömenden Lichtstralen bis auf das sogenannte Netzhäutchen durchgedrungen, und haben sich daselbst concentrirt und das Bild des Gegenstandes im Kleinen nachgebildet: so pflanzt der Sehnerve diese Perception bis in das Gehirn fort, und dieses bringt sie zur Apperception.“ Das Bild des Auges ist dem gesehenen Gegenstand genauso ähnlich, wie die wesentlichen Zeichen dem urbildlich Bezeichneten. Johann Christoph König: Philosophie der schönen Künste. Nürnberg 1784, S. 142. Vgl. umfassend zur Diskussion um die materiellen Gedächtniseindrücke Hans-Peter Nowitzki: Der wohltemperierte Mensch. Aufklärungsanthropologien im Widerstreit. Berlin, New York 2003, S. 223–249. Andreas Heinrich Schott: Theorie der schönen Wissenschaften, Erster Theil. Tübingen 1789, S. 2, S. 4. Dietrich Tiedemann: Aphorismen über die Empfindnisse. In: Deutsches Museum, Bd. 2. 1777, S. 505–519, hier S. 507. Die Annahme, dass das Sehen ein räumliches Tasten sei, verweist auf die passiv-mechanistische Modellierung der Sinnlichkeit, wie sie etwa auch in dem beliebten Vergleich der Seele mit der Funktionsweise einer camera obscura zum Ausdruck kommt. Vgl. zur Verbindung von Sehen und Tasten in der Frühaufklärung Binczek: Kontakt (wie Anm. 43), S. 13–75.

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Damit kann die Farbe als Derivat des „Sinnlich-Schönen“ in vermögenspsychologischer Perspektive zwar sowohl zum „Imaginativ-“ und „Verständlich-“, als auch zum „Moralisch-Schönen“67 progredieren – dadurch erhält sie unter dem Primat des disegno und durch ihre Funktionalisierung als Zeichenschönheit im Modus der körpermodellierenden Lokalfarbe auch ihre ästhetische Dignität; sie läuft jedoch permanent Gefahr, über den sinnesbezogenen Affizierungsmodus ein lediglich subjektbezogenes Selbstverhältnis zu begründen, anstatt einer erkenntnisdienlichen Objektkonstitution zuzuarbeiten. Somit wird die rationalistische Duplizität von sinnlich-vollkommener Erkenntnis und sich darauf gründendem Vergnügen unterminiert.

4 Die Kunst der Sichtbarkeit als Empfindungskunst bei Schlegel Innerhalb A.W. Schlegels Kunstlehre basiert die Begründung der seelischen Empfindung durch die Sichtbarkeit auf der Kritik an zentralen Annahmen spätaufklärerischer Ästhetiktheorie. Bereits in den Vorlesungen über philosophische Kunstlehre attackiert Schlegel die für das „dogmatische System der rationalen Ästhetik“ (Wolff, Baumgarten) zentrale Annahme einer Verbindung von Vollkommenheit und Vergnügen. Zum einen – so Schlegel – liegen hier zwei unterschiedliche Modi des Empfindens vor, die zueinander in keinem Bedingungsverhältnis zu sehen sind; selbst wenn man zum anderen einräumen würde, die Empfindung eines Vergnügens und die Empfindung der eigenen Vollkommenheit seien miteinander verbunden, „so folgt noch nicht, daß das Vergnügen von der Vollkommenheit bewirkt; noch weniger, daß es aus verworrenen Begriffen der Vollkommenheit entstehe.“68 Aus dieser Annahme würde sich die völlig unhaltbare Konsequenz ergeben, dass deutliche Begriffe der Vollkommenheit zu einem noch größeren Vergnügen führen müssten. Die formalen Unterscheidungen des Bewusstseins in begriffliche Deutlichkeits- resp. Undeutlichkeitsgrade machen letztendlich die „Sinnlichkeit zu etwas Negativem, zu einem Mangel an Deutlichkeit.“69 In Schlegels Kunstlehre werden daran anknüpfend einerseits die Begriffsbildung „Theorie der schönen Künste und Wissenschaften“ und die damit angegebene Textgattung abgelehnt. Zudem bezeichnet Schlegel sowohl „das Aesthetische“ in der Nachfolge 67

68

69

Christian Friedrich Daniel Schubart: Kurzgefasstes Lehrbuch der schönen Wissenschaften. 2., ganz umgearbeitete u. verm. Aufl. Münster, Osnabrück 1781, S. 5. Diese häufig in der popularphilosophischen Ästhetiktheorie anzutreffende Einteilung des Schönen, die auf dessen ethische Relevanz abstellt, gründet sich auf Sulzers Untersuchung über den Ursprung der angenehmen und unangenehmen Empfindungen (1751/52) wie auch auf Mendelssohns Briefe Über die Empfindungen (1755). August Wilhelm Schlegel: Vorlesungen über philosophische Kunstlehre (Jena 1798–1799). In: Ders.: Vorlesungen über die Ästhetik (17981–803). Mit Komm. u. Nachwort hg. v. Ernst Behler. Paderborn u.a. 1989, S. 1–177, hier S. 156f. Ebd., S. 157.

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Baumgartens, das er anhand von Eberhards Theorie zu studieren empfiehlt, als auch im Sinne der Kantischen Akzentuierung in der „Kritik der Urteilskraft“ als eine „wahre qualitas occulta“.70 Im Feld der bildenden Künste zeitigt die Abkehr von der Vorherrschaft der sinnlichen Erkenntnis weitgehende Veränderungen, welche auch maßgeblich das durch die Sichtbarkeit begründete Empfindungsgeschehen modifizieren. Deutlich präfiguriert erscheinen bei Schlegel zunächst die für Wölfflins Kunstgeschichtliche Grundbegriffe zentralen Kategorien des Malerischen und des Linearen. Die Qualifizierung der Landschaftsmalerei als Sichtbarkeitsgestaltung enthält dabei im Kern das, was Wöfflin als malerischen Stil an die gleichnamige Anschauungsform bindet und was innerhalb Eberhards urbildlicher, die Zeichenschönheit formierender wesentlicher Zeichen ausgeschlossen oder als eigentümliche Schönheit ein Schattendasein fristen muss: Die Orientierung an der Erscheinung und damit am aisthetischen Eindruck. Mit der endgültigen Herauslösung der Sinnlichkeit aus der rationalistischen Metaphysik wird die Farbe gegenüber dem Umriss aufgewertet und als Teil der physischen Natur des Menschen rehabilitiert. „Der reine Gesichtssinn giebt uns nichts als Lichtgrade und Farben, Gränzen derselben und folglich Umrisse und Figuren, und endlich relative Größen dieser colorirten Massen“, aber keine „Formen der Gegenstände“. Die Malerei werfe demnach das „reine ursprüngliche Sehen gleichsam aus uns heraus“.71 Bei der Landschaft als Kunst des Scheins wird diese Eigenschaft des Sehens offensichtlich, denn: „die Landschaft als solche existirt nur im Auge ihres Betrachters.“72 Ausdrücklich rügt Schlegel die für die Aufklärungsästhetik charakteristische Bewertung der Malerei unter Maßgabe der Plastik, die immer zu dem gleichen Ergebnis kommen muss: dass nämlich die Darstellung von Körpern über die Herstellung von Formen, wie es der im zweidimensionalen Raum operierenden Malerei aufgegeben ist, gegenüber der Plastik so lange defizitär bleiben muss, wie deren Dreidimensionalität als perspektivisches Illusionsziel und, damit in eins, als Wahrheitsgarant gilt. Dem hält er die künstlerische Gestaltung eines mehr flächigen Farb- als räumlich konturiertem Tiefensehens entgegen, das den Eigenwert des Malerischen ausmacht und sich nicht an der Vorgängigkeit eines urbildlich-essentialistischen idea-Konstruktivismus und damit am vollkommenheitstheoretisch begründeten Primat des Geometrisch-Linearen orientieren muss. Deutliche Konturen gewinnt das Malerische besonders da, wo es sich als eigenständiger Sichtbarkeitswert in das Bild einschreibt 70

71 72

August Wilhelm Schlegel.: Die Kunstlehre. In: Ders.: Vorlesungen (wie Anm. 68), S. 181–472, hier S. 181f. An einer Rehabilitation der Sinnlichkeit arbeitet Schlegel, indem er Ästhetik als die „Lehre von den sinnlichen Wahrnehmungen“ bezeichnet, als Aisthesis, die sich sowohl physiologisch (Sehen) als auch transzendentalästhetisch (Anschauung) akzentuieren lässt. Ebd., S. 323. Ebd., S. 338. Übereinstimmend mit Schlegel geht auch Schelling davon aus, dass die Landschaft „nur im Auge ihres Betrachters Realität“ hat. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Philosophie der Kunst. In: Ders.: Ausgewählte Werke. Hg. v. Manfred Frank. 2. Bd. Frankfurt a.M. 1985, S, 181–565, hier S. 372.

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und nicht auf seine erkenntnisdienliche Funktion befragt wird. Wenn Schlegel dem Landschaftsmaler empfiehlt, die Einheit seines Werkes nicht als Einheit in der Mannigfaltigkeit, sondern als „musikalische“ zu begreifen, die in der „Hervorbringung einer Stimmung, oder einer Reihe von Eindrücken“ besteht und die „das Gemüthe in einem gewissen Schweben erhalten soll“,73 so werden jene nicht an der Plastik zu bestätigenden Wirkungseigenschaften hervorgehoben, die sich erst durch eine Trennung von Empfindung resp. Stimmung und Erkenntnis, mithin gerade nicht ästhetisch-vollkommen begründen lassen. Auch Eberhard blieb diese Entwicklung nicht verborgen. Im Handbuch sieht er den zeitgenössischen Publikumsgeschmack dadurch charakterisiert, das dieser sich mehr den Farben als der Komposition zuneige. So macht er – wohl mit Blick auf die junge Romantikergeneration – eine „sanfte schwärmerische Religiosität und warme Sentimentalität“74 aus. Die Kunst hierarchisierend, rettet er die schönheitstheoretische Relevanz der Plastik, indem er Malerei und Bildhauerkunst geschlechtsspezifisch zuordnet: Der Ausdruck der Malerei ist für das weibliche Publikum, die Schönheit der Plastik für das männliche. Die Malerei, so Eberhard, ist gleich der Metapher eine uneigentliche Darstellung, die dazu verleitet, die Täuschung für das Vorgetäuschte zu halten und damit – indem sie Wahrheit fingiert – einer nur vom Betrachter aus begründeten Vollkommenheitsfundierung (weiblich) zuarbeitet, anstatt einem objektiven Schönheitsbegriff (männlich) zu unterliegen.75 Damit läuft Eberhard zwar Gefahr, der Bildhauerei die Rolle einer unzeitgemäß allegorischen Kunst zu geben, allein: die „abgesonderte Gestalt in ihrer vollkommnen Reinheit“,76 wie sie Eberhard durch einen ontologischen Sensualismus bestätigt wissen will, lässt sich so gegenüber den Zumutungen eines sinnlich-malerischen Sehens verteidigen. Dass dies durchaus als Annäherung an die klassizistische Kunsttheorie zu werten ist, macht wiederum Schlegel in den 1808 gehaltenen Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur deutlich. Dort wird der Geist der antiken Kunst und Poesie als „plastisch“ im Gegensatz zum vorherrschenden „pittoresken“77 Ton der modernen charakterisiert.

5 Zweierlei Empfindung – Zweierlei Abstraktion: Zusammenfassung und Ausblick In dem Maße, wie sich Eberhards ontologischer Sensualismus als Restitution der sinnlichen Erkenntnis beschreiben lässt, bleiben die seelischen Empfindungen an die umfassende Geltung der Vollkommenheit gebunden. In Rede stehen hier so73 74 75 76 77

Schlegel: Kunstlehre (wie Anm. 70), S. 339. EH II. (wie Anm. 9), S. 67. Vgl. EH III. (wie Anm. 9), S. 223–225. EH I. (wie Anm. 9), S. 122. August Wilhelm Schlegel: Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur. 1. Teil. Kritische Schriften und Briefe. Bd. 5. Hg. v. Edgar Lersch. Stuttgart u.a. 1966, S. 22.

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wohl die sinnlich-vollkommene Erkenntnis als auch ein daraus abgeleitetes subjektbezügliches Vollkommenheitsgefühl, die als Grundlage der Empfindung eines Vergnügens dienen. In produktionsästhetischer Hinsicht markieren die durch den Verstand des Künstlers entworfenen wesentlichen Zeichen jenes Prinzip der Abstraktion, das unter Abziehung, ja in Negation jeglicher sinnlicher Erscheinungsqualitäten die Dinge konstruktiv-geometrisch projektiert. Jenes geometrische Urbild „hatte immer schon in seinen Keimen“ in des Künstlers Seele „geschlafen“78. Von dort aus entfaltet es sich im Rahmen seiner Ontogenese zum Kunstwerk, das im Modus des ontologischen Sensualismus auch in rezeptionsästhetischer Perspektive vollkommenheitstheoretischen Ansprüchen zu genügen sucht. Mit Schlegel nun kann man nicht nur geltend machen, dass die Empfindung der Vollkommenheit nichts mit der Empfindung eines Vergnügens zu tun hat. Grundsätzlich gilt zunächst: „[D]ie Vollkommenheit der sinnlichen Erkenntnis kann nicht empfunden werden; zur Entscheidung des Vollkommenen bedarf es des Urteils des Verstandes.“79 Auf diese Weise wird die von der Logik erborgte Orientierung am Vollkommenen der seelischen Empfindung entzogen. Die Begründung der seelischen Empfindungen durch die Sichtbarkeit fundiert Schlegel nun innerhalb des Sehens – und nicht durch das, was sich durch dieses Sehen als Erkenntnisprodukt modellieren lässt. Daraus ergibt sich ein gewandeltes Abstraktionsverständnis, das mit einer veränderten Auffassung über die Natur der Empfindungen einhergeht. Jene eigentümliche Schönheit, die Eberhard sich in der Diskussion mit dem englischen Sensualismus erarbeitet, jedoch nur unzulänglich in schönheitstheoretischer Hinsicht integrieren kann, begründet bei Schlegel die Empfindung eines Vergnügens innerhalb einer Stimmung. Das Landschaftsgemälde avanciert deshalb zum Paradebeispiel der Begründung seelischer Empfindungen durch die Sichtbarkeit, da es das physiologische Netzhautbild eines reinen und konkreten Sehens – Farbkomplexe und Buntwerte – als sinnliches Datum im Bild registriert. Ohne „einen wesentlichen Zusammenhang“ unter den präsentierten Gegenständen aufzuzeigen und damit ohne einen Anlass zum „eigentlichen Denken“80 zu liefern, dementiert es in seinem Absehen vom Gegenständlichen (‚ungegenständlich‘) vollkommenheits- und schönheitstheoretische Ansprüche. Während Eberhard die potentiellen Kunstobjekte durch die konstruktive Verstandesarbeit von allen sinnlichen Sichtbarkeitsqualitäten reinigen will, reinigt Schlegel die Landschaft von allem was nicht aisthetisch-visuelle Sinnlichkeit ist. Da also, wo ersterer den Notwendigkeitswert und die Wesentlichkeitsgeltung des Geometrischen um die gesetzesgeberische Formarbeit des Verstandes zentriert, konstituiert der andere einen sinnlichen Optozentrismus. Schlegel abstrahiert somit in gleichem Maße vom Verstand, wie Eberhard von diesem alle sinnlichen Einflüsse abziehen will. Nicht mehr jene 78 79 80

EH III. (wie Anm. 9), S. 14. Schlegel: Vorlesungen über philosophische Kunstlehre (wie Anm. 68), S. 158. Schlegel: Die Kunstlehre (wie Anm. 70), S. 339.

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Einheit in der Mannigfaltigkeit lässt sich durch die Landschaft aufzeigen, wie sie objektive Geltungsbestimmungen des Schönen in dem gelungenen Verhältnis der einzelnen Teile zu deren Gesamtheit begründen. Die „musikalische“ „Einheit“81, wie sie Schlegel dem Landschaftsmaler als gestalterisches Ziel aufgibt, bezeichnet vielmehr gegenüber der am Werk gewonnenen Objektivität vollkommenheitsrelevanter Merkmale den subjektiven Wirkungszusammenhang, mithin das seelische Empfindungsgeschehen, das es zu evozieren gilt. Es liegt in der Konsequenz dieser subjektivistischen Bestimmung des künstlerischen Einheitsbegriffes, dass die Rede von den sinnlich- und ästhetischvollkommenen Vorstellungen, wie sie die popularphilosophisch-spätaufklärerische Textsorte Theorie der Schönen Künste und Wissenschaften charakterisiert, da abgelehnt wird, wo nicht mehr die Schönheit der Dinge mit Blick auf deren Beitrag zu einem Gefühl der Selbstvollkommenheit zur Diskussion steht. Hätte Schlegel nicht seine Abneigung gegen das Aesthetische auf Grund der von ihm diagnostizierten diffusen Mehrdeutigkeit bekundet, so ließe sich mit Blick auf das bisher Skizzierte zweifelsohne von einem ästhetiktheoretischen Paradigmenwechsel bei der Begründung der seelischen Empfindungen durch die Sichtbarkeit sprechen; einem Paradigmenwechsel, dessen Geltung in historischer wie auch systematischer Perspektive aufschlussreich ist. Zum einen wird an der Entwicklung von Eberhard zu Schlegel exemplarisch deutlich, dass die Positionen von der am Kallistischen orientierten philosophischen Ästhetik und einer anthropologisch-sensualistisch argumentierenden Kunsttheorie kaum miteinander vereinbar sind.82 Mit anderen Worten: Die Kunstphilosophie Schlegels hat kaum noch etwas mit der Ästhetiktheorie Eberhards zu tun. Zum anderen wird damit jedoch die Grenze zwischen der Empfindung des Schönen (‚Form‘) und der des Angenehmen, Wohlgefallenden (‚Farbe‘), die die philosophische Ästhetik in der Nachfolge Baumgartens wie auch die Kantische Geschmackslehre auf unterschiedliche Art so gut bewachte, durchlässig. Dies verdeutlicht Schlegels Auseinandersetzung mit Kants berühmter Konzeption einer „freie[n] Schönheit (pulchritudo vaga)“,83 wie sie dieser in der Kritik der Urteilskraft formuliert. Da nach Kant u.a. „Laubwerk“,84 „Zieraten (parerga)“85 81 82

83 84 85

Ebd. Einer genaueren Prüfung vorbehalten bleiben muss hier die Frage, ob die im anthropologischpopularphilosophischen Vorfeld eines spekulativ-idealistischen Bezugshorizontes geübte Kritik an der rationalistischen Aufklärungsästhetik bereits jene Unvereinbarkeit von Ästhetik und kunsthistorischem Interesse impliziert, wie sie um 1900 in der schroffen Entgegensetzung von allgemeiner Ästhetik und Kunsttheorie virulent wird. Vgl. zum schwierigen Verhältnis von Ästhetik und Kunstwissenschaft in der Nachfolge der idealistischen Ästhetik Ursula Franke: Nach Hegel – Zur Differenz von Ästhetik und Kunstwissenschaft(en). In: ZÄK (2007), Sonderheft 8, S. 73–92. Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft. In: Ders.: Werke in 6 Bänden. Hg. v. Wilhelm Weischedel. Bd. 5. Darmstadt 1983, S. 237–620, hier 310, § 16, B 49. Ebd. Ebd., S. 306, § 14, B 43, 44.

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und Blumen „keinen Begriff“ von dem voraussetzen, „was der Gegenstand sein soll“86 und deshalb die Erkenntnisvermögen (Einbildungskraft, Verstand) in ein freies, ihnen gemäßes Spiel versetzen, lassen sie sich gegenüber der begriffsgeleiteten „anhängende[n] Schönheit (pulchritudo adhaerens)“87 abgrenzen. Schlegel lehnt demgegenüber die Rede von einer Freiheit der Schönheit mit Blick auf ornamental-florale Muster durch den Hinweis auf deren zweckgebundene Funktion und gattungstypologische Zugehörigkeit ab und zieht stattdessen „Luftphänomene von höchst veränderlichen Farben und Gestalten, z.B. Abendroth, Morgenroth, Wolken, Nordscheine“ als „freye Naturschönheiten“88 – vergleichbar Eberhards eigentümlicher Schönheit der Farben – in Betracht: „weil hier kein Gattungsbegriff vorhanden ist, wie bey den organischen Gestalten.“89 Mit der Aufwertung des Farbspiels hebt Schlegel jedoch die Kantische Trennung von frei-geistigem Spiel mit der Form der Linie (‚schön‘) auf der einen und materieller, mithin passiver Organreizung durch die Farben (‚angenehm‘) auf der anderen Seite auf. Kant distanziert sich zwar von einer Begründung des Geschmacksurteils durch eine „vorgeblich-formale, gleichwohl aber doch objektive Zweckmäßigkeit“, mithin von einer vollkommenheitstheoretischen Empfindungsbegründung rationalistischer Provenienz, und sieht Schönheit lediglich als „eine formale subjektive Zweckmäßigkeit“90 an, gleichwohl hat der Ausschluss der Farbe weiterhin Konjunktur. Nach Kant ist wiederum die „Zeichnung das Wesentliche, in welcher nicht, was in der Empfindung vergnügt, sondern bloß, was durch seine Form gefällt, den Grund aller Anlagen für den Geschmack ausmacht.“91 Die eigentliche Pointe von Schlegels Auseinandersetzung mit Kant besteht jedoch darin, dass er im Rahmen eines idealistisch-spekulativen Deutungshorizontes in dem sinnlichen Genuss des Anorganischen – den bisher aufgewiesenen Ausschluss der Farben aus dem Gebiet des Seelisch-Idealischen revidierend – nun eine „Anspielung auf etwas höheres“92 ausmacht – mithin weder auf ein von der Materialität des Farbempfindens rein zu bewahrendes formal-subjektives Geschmacksurteil im Sinne Kants abstellt noch auf die rationalistische Einheit der Aisthesis in der Verbindung von sinnlich-vollkommener Erkenntnis und empfundener Vollkommenheit rekurriert. Auf diese Weise freilich geht die Kritik an der Aufklärungsästhetik in die konzeptionellen Überlegungen zur Darstellbarkeit und Erkennbarkeit eines Absoluten über.

86 87 88 89 90 91 92

Ebd., S. 310, § 16, B 49. Ebd. Schlegel: Die Kunstlehre (wie Anm. 70), S. 235. Ebd., S. 236f. Kant: KU (wie Anm. 83), S. 308, § 15, B 46, 47. Ebd., S. 305, § 14, B 42. Schlegel: Die Kunstlehre (wie Anm. 70), S. 236.

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Ernst Stöckmann

6LHJHV]XJ GHU 7UDQV]HQGHQWDOSKLORVRSKLH VROOWH LQ GHU )ROJH DOOHUGLQJV DXFK GDV 6FKLFNVDO GHU ÃYRUNULWLVFKHQµ bVWKHWLN EHVLHJHOW ZHUGHQ 'DV %DXPJDUWHQVFKH 3DUDGLJPD GHU lVWKHWLVFKHQ (SLVWHPH ± GLH 9HUNQSIXQJ GHU 7KHRULH GHU lVWKHWL VFKHQ 6LQQOLFKNHLW GHU Aisthesis PLW GHU 7KHRULH GHU 9ROONRPPHQKHLW ± VFKLHQ GXUFK .DQWV 1HXNRQ]HSWLRQ YRQ bVWKHWLN YHUDEVFKLHGHW ]XPLQGHVW WKHRULHJH VFKLFKWOLFK KLVWRULVLHUW 'HQQ HLQH transzendentale Ästhetik E]Z HLQH ÄbVWKHWLN³ WUDQV]HQGHQWDOSKLORVRSKLVFKHQ=XVFKQLWWVZLHVLHGHU3DUDJUDSKHLQVGHUKritik der reinen Vernunft NRQ]HSWLRQHOO XPUHL‰W PXVVWH DOV GH]LGLHUW DQWLSV\FKRORJLVFKH bVWKHWLN]ZDQJVOlXILJHLQHQ3DUDGLJPHQZHFKVHOLP*HELHWGHVlVWKHWLVFKHQ'HQ NHQV GHU VSlWHQ $XINOlUXQJ HLQOlXWHQ ,P .HUQ OLHIHUW .DQW PLW VHLQHP QHXHQ bVWKHWLNEHJULII YRQ  GDV 3URJUDPP ]X HLQHU DQDLVWKHWLVFKHQ 7KHRULH GHVbVWKHWLVFKHQ8QGLQGLHVHUSKLORVRSKLVFKHQ1HXEHJUQGXQJGHVbVWKHWLNYHU VWlQGQLVVHV QLFKW DOV *HVFKPDFNVWKHRULH VRQGHUQ DOV 7KHRULH GHU $SSHU]HSWLRQV IRUPHQGHVlVWKHWLVFKHQ6XEMHNWVLQ5DXPXQG=HLWíDXFKGDVHUKHOOWEHUHLWVDXV 3DUDJUDSKHLQVGHUKritik der reinen Vernunft íZLUGHVQLFKWPHKUXPGLH9HUP| JHQVOHLVWXQJHQ GHV lVWKHWLVFK ZDKUQHKPHQGHQ HUIDKUHQGHQ XQG XUWHLOHQGHQ 6XE MHNWV JHKHQ ,Q .DQWV QHXDUWLJHP 9HUVWlQGQLV YRQ ÃbVWKHWLNµ DOV HLQHU Ä:LVVHQ VFKDIWYRQDOOHQ3ULQ]LSLHQGHU6LQQOLFKNHLWDSULRUL³VROOHQQDFKGHUhEHU]HXJXQJ GHV3KLORVRSKHQDOOHLQQRFKGLH$QVFKDXXQJVIRUPHQHLQHUDSULRULVFKHQGKLKUHU VLQQOLFKHQ1DWXUHQWNOHLGHWHQÄ6LQQOLFKNHLWDSULRUL³WKHPDWLVFKHU*HJHQVWDQGGHU SKLORVRSKLVFKHQ 5HIOH[LRQ VHLQ ,Q GHU WUDQV]HQGHQWDOHQ bVWKHWLN VR KHL‰W HV GD KHUÄZHUGHQZLU]XHUVWGLH6LQQOLFKNHLWisolieren.³  (V LVW QLFKW ]X EHUVHKHQ XQG LP KLVWRULVFKHQ 5FNEOLFN HQWVSUHFKHQG NDXP YHUZXQGHUOLFK GDVV LQ GLHVHP 6FKULWW YRQ GHU bVWKHWLN GHV %DXPJDUWHQVFKHQ 7\SXV KLQ ]X HLQHU 7UDQV]HQGHQWDObVWKHWLN DP (QGH GHU 6SlWDXINOlUXQJ HLQH 5HYROXWLRQGHUÄ'HQNXQJVDUW³GHVbVWKHWLVFKHQLQ.UDIWWULWWGLHVRHLQVFKQHLGHQG LVW ZLH GHU WUDQV]HQGHQWDOSKLORVRSKLVFKH 'HQNDQVDW] LP %HUHLFK GHU SKLORVRSKL VFKHQ(UNHQQWQLVWKHRULH  0LW%OLFNDXIGLH(LQVFKlW]XQJHQGHUMQJHUHQVRZRKODOVDXFKGHUlOWHUHQ3V\ FKRORJLHXQGbVWKHWLNJHVFKLFKWVVFKUHLEXQJJHK|UWHV]XGHQDXVJHPDFKWHQ6DFK YHUKDOWHQGDVVHV-RKDQQ$XJXVW(EHUKDUGLVWGHUYRQGHQGLVNUHGLWLHUHQGHQ:LU NXQJHQGLHGLH]LWLHUWH.DQWLVFKH3RODULVLHUXQJHLQHUpsychologischenÄsthetik DXI GHU HLQHQ 6HLWH HLQHU transzendentalen bVWKHWLN DXI GHU DQGHUHQ 6HLWH QDFK VLFK ]RJDPVWlUNVWHQEHWURIIHQZXUGH:HGHU(EHUKDUGVVLFKEHUJXW-DKUHHUVWUH   

(EG (EG69JODHEG†6I %I Ä(LQH:LVVHQVFKDIWYRQDOOHQ3ULQ]LSLHQGHU 6LQQOLFKNHLW DSULRUL QHQQH LFKGLHtranszendentale Ästhetik >«@ ,Q GHU WUDQV]HQGHQWDOHQ bV WKHWLNDOVRZHUGHQZLU]XHUVWGLH6LQQOLFKNHLWisolieren, GDGXUFKGDVVZLUDOOHVDEVRQGHUQZDV GHU9HUVWDQGGXUFKVHLQH%HJULIIHGDEHLGHQNWGDPLWQLFKWVDOVHPSLULVFKH$QVFKDXXQJEULJ EOHLEW=ZHLWHQVZHUGHQZLUYRQGLHVHUQRFKDOOHVZDV]XU(PSILQGXQJJHK|UWDEWUHQQHQGD PLWQLFKWVDOVUHLQH$QVFKDXXQJXQGGLHEOR‰H)RUPGHU(UVFKHLQXQJHQEULJEOHLEHZHOFKHV GDVHLQ]LJHLVWGDVGLH6LQQOLFKNHLWDSULRULOLHIHUQNDQQ³

Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



FNHQGHSXEOL]LVWLVFKH7lWLJNHLWDXIGHP*HELHWGHUSV\FKRORJLVFKHQbVWKHWLNVHLQ LQ GHU ]HLWJHQ|VVLVFKHQ 5H]HSWLRQ DQHUNDQQWHV :LUNHQ DOV .RPSHQGLHQDXWRU GHU lVWKHWLVFKHQ7KHRULHDOVlVWKHWLVFKHU(Q]\NORSlGLVWXQG9HUIDVVHU]DKOUHLFKHUlV WKHWLVFKSV\FKRORJLVFKHU (LQ]HODEKDQGOXQJHQ ]X 6SH]LDOSUREOHPHQ GHU lVWKHWL VFKHQ7KHRULHPLW%H]XJDXIGLH3UREOHPHGHUSKLORVRSKLVFKHQ(UNHQQWQLVWKHRULH NRQQWHQHWZDVDQGHU(LQVFKlW]XQJlQGHUQGDVVGLHYRUNDQWLVFKHE]ZDX‰HUNDQWL VFKHLPOHW]WHQ'ULWWHOGHV-DKUKXQGHUWVGRPLQDQWQRFKSV\FKRORJLVFKEHJUQ GHWH bVWKHWLN IU HLQ KLVWRULVFK EHJUHQ]WHV 9HUVWlQGQLV YRQ bVWKHWLN VWHKH E]Z KLVWRULVFK GXUFK .DQWV bVWKHWLNNRQ]HSWLRQ EHUKROW ZXUGH :LH VHLQ +DOOHQVHU /HKUHU *HRUJ )ULHGULFK 0HLHU KDW (EHUKDUG VLFK JUXQGVlW]OLFK DQ GHQ IUKHQ %H JUQGXQJVHQWZUIHQ ]XU bVWKHWLN DOV SKLORVRSKLVFKHU ,QVWUXPHQWDOZLVVHQVFKDIW ± %DXPJDUWHQV Aesthetica   VRZLH 0HLHUV Anfangsgründe aller schönen Wissenschaften í ELOGHWHQGLH%H]XJVJU|‰HQíRULHQWLHUW,PKLVWRULVFKHQ 8UWHLO JLOW (EHUKDUG JHPHLQKLQ DOV GHU ÄZLFKWLJVWH :RUWIKUHU GHU VRJHQDQQWHQ ÃGRJPDWLVFKHQµ 6HLWH³ GLH ÄLP 6LQQH GHU /HLEQL]:ROIIVFKHQ 0HWDSK\VLN³ DOV +DXSWRSSRQHQW GHV NULWLVFKHQ ,GHDOLVPXV DXIWUDW HLQ 8QLYHUVDOJHOHKUWHU DXV GHU 7UDGLWLRQ GHU 6FKXOPHWDSK\VLN XQG HLQHU GHU +DXSWYHUWUHWHU GHU GHXWVFKHQ 3RSX ODUSKLORVRSKLH GHV VSlWHQ  -DKUKXQGHUWV GHU GLHVH 7UDGLWLRQVOLQLH ELV DQ GLH :HQGHGHV-DKUKXQGHUWVKLQHLQ]XYHUWHLGLJHQXQGLQGHQ6\VWHPJUHQ]HQGLH VHV $QVDW] PLW ]DKOUHLFKHQ 3XEOLNDWLRQHQ DXFK ]X HUZHLWHUQ VXFKWH LP 6FKODJ VFKDWWHQGHUIUKHUHQ*HQHUDWLRQVNRKRUWHSKLORVRSKLVFKHUbVWKHWLNLQ+DOOH %DXP JDUWHQ0HLHU HUVWDXQOLFKHUZHLVHMHGRFKELVKHXWHZHQLJHUEHGHXWVDPHUVFKHLQW  'LHQDFKZLHYRUVWULWWLJH)UDJHRE(EHUKDUGV%HLWUDJLQGHU7KHRULHJHVFKLFKWH GHV lVWKHWLVFKHQ 'HQNHQV DOV HLQ HSLJRQDOLQQRYDWLRQVDUPHU WKHRULHJHVFKLFKWOLFK HKHU]XYHUQDFKOlVVLJHQGHU1DFKVSDQQGHUYRQ$OH[DQGHU*RWWOLHE%DXPJDUWHQVR HUIROJUHLFKLQLWLLHUWHQSKLORVRSKLVFKHQ'LV]LSOLQbVWKHWLN]XEHZHUWHQLVWRGHURE (EHUKDUGVELVLQVIUKH-DKUKXQGHUWKLQHLQUHLFKHQGH9HUWHLGLJXQJHEHQGLHVHV +DOOLVFKHQ3URWRW\SVSKLORVRSKLVFKHUbVWKHWLNQLFKWYLHOPHKUDOVWKHRULHXQGNXO WXUJHVFKLFKWOLFKLQGLNDWLRQVUHLFKHUSUREOHPJHVFKLFKWOLFKDXIVFKOXVVUHLFKHUXQGEHL DOOHP (NOHNWL]LVPXV QLFKW ]XOHW]W DXFK DOV HLJHQVWlQGLJHU 7UDGLWLRQVEHZDKUXQJV YHUVXFKPLWJOWLJHQ,PSXOVHQ]XU1HXDXVULFKWXQJDQJHVHKHQZHUGHQPXVV±HEHQ GLHVHU )UDJH GLH DOV *UHWFKHQIUDJH PHWKRGLVFK HKHU XQDQJHEUDFKW ZlUH LVW ± VR PHLQ $XVJDQJVEHIXQG ± ELV KHXWH YRQ 6HLWHQ GHU bVWKHWLN XQG 3V\FKRORJLHJH VFKLFKWVVFKUHLEXQJQRFKQLFKWPLW(QWVFKLHGHQKHLWQDFKJHJDQJHQZRUGHQ  'DVV GLH JHQDQQWH )UDJH HV GXUFKDXV YHUGLHQW JHVWHOOW ]X ZHUGHQ EHJUQGHW VLFKQXQZHGHUGXUFKGHQ9HUVXFKHLQHU5HKDELOLWDWLRQGHU(EHUKDUGVFKHQ3RVLWLR QHQLQ DSRORJHWLVFKHU +LQVLFKW9LHOPHKU P|FKWHQGLHQDFKIROJHQGHQ $XVIKUXQ JHQ]XPHUVWHQGHQ%HZHLVHUEULQJHQGDVVGLHEH]HLFKQHWH)UDJHVWHOOXQJíMHQDFK  

(OLVDEHWK%|KP'LH$XVHLQDQGHUVHW]XQJ]ZLVFKHQ,PPDQXHO.DQWXQG-RKDQQ$XJXVW(EHU KDUGEHU)UDJHQGHUbVWKHWLNXQG5KHWRULN(LQHVHPLRWLVFKH8QWHUVXFKXQJ)ULHGULFKVKDIHQ 



Ernst Stöckmann

]XJUXQGHJHOHJWHP%HXUWHLOXQJVNULWHULXPíELVKHXWHNRQWURYHUVH6WHOOXQJQDKPHQ ]XOlVVWZLHGLH5HQDLVVDQFHGHUDQWKURSRORJLVFKSV\FKRORJLVFKHQ7KHPHQLQGHU $XINOlUXQJVIRUVFKXQJ GHU OHW]WHQ EHLGHQ -DKU]HKQWH GXUFKDXV GHPRQVWULHUW =XP ]ZHLWHQ VFKHLQW HLQH HLQJHKHQGHUH 5HYLVLRQ LQ GLHVHP QLFKW VRQGHUOLFK JXW HU IRUVFKWHQ 7KHRULHIHOG PHLQHU (LQVFKlW]XQJ QDFK JHERWHQ LQVRIHUQ DOV (EHUKDUGV 6WHOOXQJ DOV bVWKHWLNHU DXI GHU LPPHUKLQ ]ZHL *HQHUDWLRQVNRKRUWHQ XPIDVVHQGHQ SHUVRQHOOHQ .RQWLQXLWlWVOLQLH %DXPJDUWHQ ± 0HLHU ± (EHUKDUG  DXFK YRP 4XHO OHQPDWHULDO KHU QRFK QLFKW DXVUHLFKHQG EHVLFKWLJW ZRUGHQ LVW 8QG ZHLO GULWWHQV MHQHVÄHUVWH$YDQFHPHQWGHUbVWKHWLN³GDV(EHUKDUGVbVWKHWLNNROOHJK|UHU)ULHG ULFK 'DQLHO (UQVW 6FKOHLHUPDFKHU DQ GHP 1DPHQ .DQW IHVWPDFKWH LQ VHLQHQ *UXQGSRVLWLRQHQ LQ HQJVWHU NULWLVFKHU $XVHLQDQGHUVHW]XQJ PLW GHQ $QVlW]HQ DXV GHU 6FKXOH %DXPJDUWHQV KHUYRUJHJDQJHQ LVW MHQHU ZLUNXQJVPlFKWLJHQ 3LRQLHU SKDVH lVWKHWLVFKHU :LVVHQVFKDIW DOVR GLH DOV VRJHQDQQWH YRUNDQWLVFKH $XINOl UXQJVlVWKHWLN XQWHU GHQ DOWHUQLHUHQGHQ 7LWHOQ Ä9ROONRPPHQKHLWV³ Ä*HIKOV³ E]ZÄ3RSXODUlVWKHWLN³EHNDQQWLVWXQGJDQ]VSH]LILVFKDXIGHQKLVWRULVFKHQ:LV VHQVFKDIWVVWDQGRUW+DOOHEH]RJHQLVW  'LH /HLWIUDJH PHLQHU $XVIKUXQJHQ N|QQWH HQWVSUHFKHQG DXFK ODXWHQ :DV LVW HV GDV (EHUKDUGV lVWKHWLNWKHRUHWLVFKHQ 6WDQGSXQNW ]X HLQHU ORKQHQVZHUWHQ $XV NXQIWGDUEHUZHUGHQOlVVWZLHDP(QGHGHV-DKUKXQGHUWVJHJHQOlXILJH3RVLWL RQHQ LQ 6DFKHQ bVWKHWLN YHUKDQGHOW XQG YHUWHLGLJW ZHUGHQ" ,VW GLH WKHRULHJH VFKLFKWOLFKH 0DUJLQDOVWHOOXQJ (EHUKDUGV LQ GHU KLVWRULVFKHQ :DKUQHKPXQJ GHU SKLORVRSKLVFKHQ bVWKHWLNWUDGLWLRQ VDFKOLFK VWLFKKDOWLJ RGHU EHUXKW VLH DXI HLQHU YHU]HUUWHQ(LQVFKlW]XQJGLHGHQDXFKLP7KHRULHIHOGGHVlVWKHWLVFKHQ:LVVHQVDOV 'RJPDWLNHU und (NOHNWLNHU DOV 6FKXOSKLORVRSKHQ und 3RSXODUSKLORVRSKHQ DJLH UHQGHQ(EHUKDUGLPWRWHQ:LQNHO]ZLVFKHQVLFKEHUOHEHQGHP5DWLRQDOLVPXVE]Z 9ROONRPPHQKHLWVlVWKHWLN HLQHUVHLWV .DQWLDQLVPXV XQG )UKLGHDOLVPXV DQGHUHU VHLWVQXUQLFKWJHOWHQODVVHQZROOWH"/lVVWVLFKPLWDQGHUHQ:RUWHQGHUYHUPHLQW OLFKKLVWRULVFKH9HUOLHUHUPLW*HZLQQIUGDV9HUVWlQGQLVGHU6SDQQXQJHQKLVWRUL VFKHU:DQGOXQJVSUR]HVVHOHVHQ"  





 

=XYHUZHLVHQLVWLQGLHVHP=XVDPPHQKDQJEHUHLWVDQGLHVHU6WHOOHDXIVHLQHVSlWHYLHUElQGLJH LQVJHVDPWUXQG6HLWHQVWDUNH 3XEOLNDWLRQ]XlVWKHWLVFKHQ*UXQGIUDJHQPLW+LQVLFKWDXI GLH]HLWJHQ|VVLVFKH*HVFKPDFNVELOGXQJYJO-RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG+DQGEXFKGHU$HVWKH WLNIUJHELOGHWH/HVHUDXVDOOHQ6WlQGHQ,Q%ULHIHQKHUDXVJHJHEHQ%GH+DOOH  )ULHGULFK'DQLHO(UQVW6FKOHLHUPDFKHUbVWKHWLN  +JY7KRPDV/HKQHUHU+DP EXUJ6

Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



 3V\FKRORJLHGHV9HUJQJHQVXQG.XQVWWKHRULHGHU (PRWLRQHQ-RKDQQ$XJXVW(EHUKDUGVVersuch eines Plans zu einer praktischen Aesthetik    ,P YLHOVFKLFKWLJHQ 'HEDWWHQIHOG GHU DQWKURSRORJLVFKHQ bVWKHWLN GHU GHXWVFKHQ 6SlWDXINOlUXQJEHVWlWLJWVLFKGDVV(QWZLFNOXQJVYHUOlXIHWKHRUHWLVFKHU6WDQGRUWEH VWLPPXQJHQJHUDGHGRUWDQWKHRULHJHVFKLFKWOLFKHU%ULVDQ]JHZLQQHQZRVLHZLGHU UXIHQRGHULQJUXQGVlW]OLFKHU:HLVHUHYLGLHUWZHUGHQ'HU%HIXQGPLWGHP-RKDQQ $XJXVW (EHUKDUG LQ GHU +RFKSKDVH WUDQVGLV]LSOLQlUHU .RRSHUDWLRQHQ YRQ HPSLUL VFKHU3V\FKRORJLH(UIDKUXQJVVHHOHQNXQGHXQG$QWKURSRORJLH]XHLQHUJUXQGVlW] OLFKHQ.ULWLNGHUELVKHULJHQbVWKHWLNGHU%DXPJDUWHQVFKHQ6FKXOHDQVHW]WLVWHLQH VROFKH 5HYLVLRQ XQG JHHLJQHW HLQH 5HLKH SDUDGLJPDWLVFKHU :DQGOXQJHQ LQ GHU 7KHRULHVLWXDWLRQ GHU DQWKURSRORJLVFKHQ bVWKHWLN ]XP (QGH GHV  -DKUKXQGHUWV YRU$XJHQ]XIKUHQ  :LH HLQH 6HOEVWNULWLN VHLQHU QRFK JXW  -DKUH ]XYRU í LQ GHU SKLORVRSKLVFK SV\FKRORJLVFKHQ +DXSWVFKULIW Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens   í IRUPXOLHUWHQ hEHU]HXJXQJ ZRQDFK DOOH LP )HOG GHU HPSLULVFKHQ XQG HLQ]HOZLVVHQVFKDIWOLFKHQ $QDO\VH HQWVWHKHQGHQ ,UULWDWLRQHQ EHU GLH 1DWXU GHV *HIKOV DOOHLQ GXUFKGHQ 5FNJDQJDXILKU PHWDSK\VLVFKHV6XEVWUDWGHQUDWLRQD OLVWLVFKHQ %HJULII GHU .UDIW XQG GDPLW GLH .DWHJRULH GHU 6HHOH DOV YRUVWHOOHQGHP %HZXVVWVHLQEHIULHGLJHQGH$XINOlUXQJILQGHQN|QQWHQVRPXWHWLQGHU7DW(EHU KDUGVQHXHUOLFKH)HVWVWHOOXQJDQ :HQQ GLH $HVWKHWLN GDV ZlUH ZDV VLH VH\Q VROO>«@ ZHQQ LKUH HUVWHQ*UXQGZDKUKHLWHQ DOOH 8UWKHLOH GHV *HVFKPDFNV ELV DXI GLH VSHFLHOOHVWHQ HUUHLFKHQZHQQ GLH 7KHRULH DXFK IU GLH EHVRQGHUVWHQ(LQGUFNHDXIGDV*HIKOGHV6FK|QHQVROO*UXQGDQJHEHQN|QQHQVRPX‰GLH :LVVHQVFKDIW]ZLVFKHQEH\GHQNHLQH/FNHODVVHQVRPX‰VLHEH\GHLQGHQHLQOHXFKWHQGVWHQ =XVDPPHQKDQJ EULQJHQ GDV *HIKO PX‰ VLFK GXUFK GLH QlFKVWHQ *HVHW]H GHV *HVFKPDFNV UHFKWIHUWLJHQXQGGLHVHQlFKVWHQ*HVHW]HPVVHQDXVGHQHUVWHQXQGDOOJHPHLQVWHQKHUJHOHLWHW VH\Q  

-RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG9HUVXFKHLQHV3ODQV]XHLQHUSUDNWLVFKHQ$HVWKHWLN'HQSKLORVRSKL VFKHQ.XQVWULFKWHUQ]XU3UIXQJYRUJHOHJW,Q'HUV +J 3KLORVRSKLVFKHV0DJD]LQ%G 6WFN+DOOH6±>LP)ROJHQGHQ]LWDOV93b@0LW$XVQDKPHGHUUHIHULHUHQGJHKDO WHQHQ'LVVHUWDWLRQYRQ*HRUJ'UDHJHU YJO'HUV-RKDQQ$XJXVW(EHUKDUGV3V\FKRORJLHXQG bVWKHWLN +DOOH:LWWHQEHUJ  6±  LVW (EHUKDUGV VSlWHU $XIVDW] ]XU SKLORVRSKLVFKHQ bVWKHWLN YRQ GHU ELVKHULJHQ bVWKHWLNKLVWRULRJUDSKLH ELVODQJ QLFKW DXVJHZHUWHW ZRUGHQ 'DEHL LVW GHU 6WHOOHQZHUW GHU $EKDQGOXQJ IU GDV 9HUVWlQGQLV GHV (EHUKDUGVFKHQ bVWKHWLNEHJULIIV YRQ NDXP ]X XQWHUVFKlW]HQGHU %HGHXWXQJ XQG DOOHV DQGHUH DOV HLQ 6HLWHQVWFN GHU WKHRUHWL VFKHQ $XVHLQDQGHUVHW]XQJ GHV 3RSXODUSKLORVRSKHQ LP 6SDQQXQJVIHOGYRQ (UIDKUXQJVSV\FKR ORJLH XQG HPSLULVFKHU $QWKURSRORJLH HLQHUVHLWV .DQWLVFKHU 7UDQV]HQGHQWDOSKLORVRSKLH DQGH UHUVHLWV'HUVersuch LVW]HLWJOHLFKPLWGHUGULWWHQ$XIODJHVHLQHVbVWKHWLNOHKUEXFKVYHU|IIHQW OLFKWZRUGHQ -RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG7KHRULHGHUVFK|QHQ.QVWHXQG:LVVHQVFKDIWHQ=XP *HEUDXFKH VHLQHU 9RUOHVXQJHQ  YHUE $XIO +DOOH   GRUW MHGRFK RKQH GLH ]XVDPPHQ KlQJHQGH $UJXPHQWDWLRQ 'HU LP Versuch DXVIRUPXOLHUWH 7KHRULHDEVFKQLWW Ä3UDNWLVFKH $HVW KHWLN³ELOGHWLP9RUOHVXQJVNRPSHQGLXPGDV%UFNHQJOLHG]ZLVFKHQDOOJHPHLQHUWKHRUHWLVFKHU



Ernst Stöckmann

Ä(LQGUFNH³ Ä*HIKO GHV 6FK|QHQ³ NRUUHOLHUW PLW GHP Ä*HVFKPDFN³  GHU KLHU IL[LHUWHWHUPLQRORJLVFKH5DKPHQZLH]X]HLJHQPDUNDQWHU$XVGUXFNHLQHVJHVWHL JHUWHQ 3V\FKRORJLVLHUXQJVEHGUIQLVVHV YRP %RGHQ GHV UDWLRQDOLVWLVFKHQ 9RUVWHO OXQJVEHJULIIVDXVOlVVWVLFKLQGHU7DWDOV7ULEXWGHVYRQ/HLEQL]¶6\VWHPSKLORVR SKLHJHSUlJWHQ3RSXODUSKLORVRSKHQDQGLH]HLWJHQ|VVLVFKHQ(PSLULVLHUXQJVWHQGHQ ]HQ GHU VSlWHQ $XINOlUXQJ  LP 7KHRULHIHOG YRQ *HVFKPDFNVNULWLN HPSLULVFKHU 3V\FKRORJLHXQG$QWKURSRORJLHUHNRQVWUXLHUHQ=XJOHLFKZLUGKLHUHLQWKHRUH WLVFK EHPHUNHQVZHUWHU 3URWHVW JHJHQ GLH $EVWUDNWKHLW GHU lVWKHWLVFKHQ 5HIOH[LRQ NHQQWOLFK 8QG HV LVW LQ GLHVHP =XVDPPHQKDQJ GXUFKDXV DXIVFKOXVVUHLFK IHVW]X KDOWHQGDVVGLH0RWLYHIU(EHUKDUGV5HYLVLRQVEHGUIQLVGHUVFKXOSKLORVRSKLVFKHQ bVWKHWLNWUDGLWLRQ]XJOHLFKEHUGLH]HLWJHQ|VVLVFKH.ULWLNYHUPLWWHOWVLQGGLHLKUHU VHLWVGLH3UD[LVIHUQHGHUlVWKHWLVFKHQ7KHRULH]XQHKPHQGEHNODJWHXQGDOVJUXQGOH JHQGHQ 0DNHO GHU GHXWVFKHQ bVWKHWLN VHLW %DXPJDUWHQ GLDJQRVWL]LHUWH Ä$OOH 1D WLRQHQ GLH LQ GHQ VFK|QHQ :LVVHQVFKDIWHQ HWZDV OHLVWHWHQ³ VR GHU DQRQ\PH 5H ]HQVHQWGHULP-DKUHUVFKLHQHQHQbVWKHWLNHQ(EHUKDUGV(QJHOVXQG(VFKHQ EXUJVÄVFKULHEHQHUVWMusterXQGGDQQTheorienQXUGLH 'HXWVFKHQNHKUWHQGLH 2UGQXQJXPXQGILQJHQEH\GHQ7KHRULHQDQ³'DKHUZDUHVIROJHULFKWLJÄZlK UHQG GDVV XQVHUH /LWWHUDWXU YRQ HLQHU 6WXIH GHU 9ROONRPPHQKHLW ]XU DQGHUQ >«@ IRUWJLQJHLOWHQLKU7KHRULHXQG.ULWLNPLW5LHVHQVFKULWWHQ]XYRU0DQNDQQGDKHU VDJHQGDVVXQVHUHVFK|QH/LWWHUDWXUHLJHQWOLFKDXI8QLYHUVLWlWHQLQ'LVSXWDWLRQV VlOHQDXV.RPSHQGLHQ9RUOHVXQJHQ7KHRULHQXQG.ULWLNHQDXIJHZDFKVHQLVW³  )UHLOLFK GDV 3URJUDPP HLQHU (PSLULVLHUXQJ GHV 3V\FKLVFKHQ LQ lVWKHWLVFKHU +LQVLFKWZDUYRQ(EHUKDUGEHUHLWVPHKUIDFKDOVXQHUOlVVOLFKH%HGLQJXQJIUHLQH ]HLWJHPl‰H7KHRULHGHVlVWKHWLVFKHQ:LVVHQVIHVWJHVWHOOWXQGHLQJHNODJWZRUGHQ  (UVWHU 7HLO  XQG GHU DXI 'LFKWNXQVW E]Z 3RHWLN DQJHZHQGHWHQ bVWKHWLN 'ULWWHU 7HLO  YJO 'HUV 7KHRULH GHU VFK|QHQ .QVWH 9RUEHULFKW ]XU GULWWHQ $XVJDEH 6;,,, =ZH\WHU 7KHLO 3UDNWLVFKH$HVWKHWLN††±6±'LH]HLWJHQ|VVLVFKHbVWKHWLNWKHRULHKDWLPE ULJHQ QLFKW (EHUKDUGV DPELWLRQLHUWHQVersuch JHZUGLJW VRQGHUQ LKUH .ULWLN DQ GHQ 3DUDJUD SKHQ ]XU Ä3UDNWLVFKHQ $HVWKHWLN³ LQ GHU V\QFKURQ   HUVFKLHQHQHQ Theorie der schönen Künste und Wissenschaften IHVWJHPDFKW YJO $OOJHPHLQH /LWHUDWXU=HLWXQJ   1U     1HEHQ GHQ ]HLWJHQ|VVLVFKHQ lVWKHWLVFKHQ 3HULRGLND Bibliothek der neuen Wissenschaften Briefe über die neueste Literatur HUKHEW(EHUKDUGGLHEULWLVFKH0RUDOSKLORVRSKLH +XWFKHVRQ  XQG bVWKHWLN %XUNH  VRZLH 0HQGHOVVRKQ XQG 6XO]HU ]X GHQ ]HQWUDOHQ :HJEHUHLWHUQ EHL GHU ÄJHQDXH>Q@ =HUJOLHGHUXQJ GHU (PSILQGXQJHQ³ YJO 93b >ZLH $QP @ 6I  +HQU\ +RPH GL /RUG .DPHV  IHKOW LQ GHU DXVIKUOLFKHQ $XI]lKOXQJ EH]HLFKQHQGHUZHLVH HEHQVR ZLH GLH 9HUWUHWHUGHVIUDQ]|VLVFKHQ(PRWLRQDOLVPXV  $QRQ >6DPPHOUH]HQVLRQ ]XU 7KHRULH GHU VFK|QHQ :LVVHQVFKDIWHQ@ >(EHUKDUG (QJHO (VFKHQEXUJ@,Q1HXH%LEOLRWKHNGHUVFK|QHQ:LVVHQVFKDIWHQ%G6WFN/HLS]LJ 6±KLHU6í  9JO DX‰HU GHQ HLQVFKOlJLJHQ )RUPXOLHUXQJHQ LQ (EHUKDUGV 3UHLVVFKULIW YRQ Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens GHVVHQ ZLVVHQVFKDIWVV\VWHPDWLVFKHQ *UXQGULVV GHU bV WKHWLNDOVSKLORVRSKLVFKHU'LV]LSOLQLQ'HUV9RQGHP%HJULIIHGHU3KLORVRSKLH%HUOLQ EHV6II Ä:LVVHQVFKDIWHQGLHGHU3V\FKRORJLHXQWHUJHRUGQHWVLQG³/RJLNXQGbVWKHWLN  =XU QDFKIROJHQG HKHU YHUQDFKOlVVLJWHQ ,QWHUGHSHQGHQ] YRQ *HIKOVWKHRULH XQG 6LWWHQOHKUH LQ (EHUKDUGV Allgemeiner Theorie YHUJOHLFKH GLH OX]LGHQ ([SOLNDWLRQHQ YRQ %HUQG 2EHUGRUIHU

Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



'HUQHXH*HVLFKWVSXQNWGHVVersuchKLQJHJHQXQGGDVPDFKWGHQVHOEHQ]XHLQHP H[HPSODULVFKHQ=HXJQLVGHU7KHRULHVLWXDWLRQVSlWDXINOlUHULVFKHUbVWKHWLNSRVLWLR QLHUW lVWKHWLVFKH 7KHRULH QXQPHKU H[SOL]LW XQG SURJUDPPDWLVFK DOV 5HIOH[LRQVIR UXP GHU :DKUQHKPXQJV XQG (UNHQQWQLVSRWHQ]HQ GHU PHQVFKOLFKHQ 6HHOH LP ZLUNXQJVlVWKHWLVFKHQ%HJULIIGHU(PRWLRQHQ  

 bVWKHWLNÃYRQXQWHQµYHUVXVWUDQV]HQGHQWDOHbVWKHWLN (EHUKDUGV3URMHNWHLQHUPraktischen Ästhetik  $QGHUV DOV LP REHQ UHNRQVWUXLHUWHQ 9HUVXFK HLQHU YRUVWHOOXQJVWKHRUHWLVFKHQ 'H GXNWLRQ GHU (PRWLRQHQ LQ GHUAllgemeinen Theorie des Denkens und Empfindens EHVWLPPHQLQ(EHUKDUGV(QWZXUIHLQHUÄSUDNWLVFKHQbVWKHWLN³GHQQDXFKGHXWOLFK YHUlQGHUWH $XVJDQJVGLDJQRVHQ EH]JOLFK GHV 6WHOOHQZHUWV GHU SKLORVRSKLVFKHQ bVWKHWLN GLH 5LFKWXQJ GHU $UJXPHQWDWLRQ .ULWLN DQ GHU $EVWUDNWKHLW GHU lVWKHWL VFKHQ 7KHRULH XQG GHU SKLORVRSKLVFKHQ 3V\FKRORJLH GXUFK GLH VR (EHUKDUG GHU ÄHLQOHXFKWHQGVWH =XVDPPHQKDQJ³ ]ZLVFKHQ GHU allgemeinen *HVFKPDFNV XQG 6FK|QKHLWVWKHRULH XQG GHQ besonderen *HVHW]HQ LP )HOG GHU lVWKHWLVFKHQ (UIDK UXQJ ELVODQJ YHUKLQGHUW ZRUGHQ VHL VLQG LKUH PD‰JHEOLFKHQ 3DUDPHWHU 'HQQ VR KHL‰W HV QXQ PLW SROHPLVFKHU 3LNH JHJHQ GHQ DEVWUDNWHQ 8QLYHUVDOLVPXV GHV %DXPJDUWHQVFKHQ ZLH 0HLHUVFKHQ bVWKHWLNV\VWHPV XQG PLWKLQ JHJHQ GLH 7UDGL WLRQGHU6FKXOSKLORVRSKLH&KULVWLDQ:ROIIV $OVR GLH $HVWKHWLN ZDU ]X HLQVHLWLJ VLH ZDU QLFKW DOOJHPHLQ DQZHQGEDU QLFKW YLHOXPIDVVHQG JHQXJ$OOHLQGLHVHVZDUQLFKWLKUHLQ]LJHU0DQJHOVLHZDUDXFK]XDEVWUDNWVLHJLQJEORVYRQ GHQHUVWHQ*UXQGVlW]HQDXVRKQHGLHDQJHQHKPHQXQGXQDQJHQHKPHQ(LQGUFNHZHOFKHGLH :HUNH GHU 1DWXU XQG GHU .XQVW DXI GDV EOR‰H *HIKO PDFKHQ JHK|ULJ ]X EHREDFKWHQ GLHVH *HIKOH]X]HUJOLHGHUQXQGLKUH=HUJOLHGHUXQJVRZHLWIRUW]XVHW]HQGDVVVLHVLFKPLWGHQ9HU QXQIWZDKUKHLWHQGHUUHLQVWHQ7KHRULHEHJHJQHQNRQQWHQ

9HUVFKUlQNXQJ YRQ HPSLULVFKHU DP ZLUNXQJVlVWKHWLVFKHQ 3RWHQWLDO GHU (PRWLR QHQDXVJHULFKWHWHU$QDO\VHGHUSV\FKLVFKHQ:DKUQHKPXQJVXQG(UIDVVXQJVOHLV WXQJHQ GLHLQMHQHPÄVRHLQIDFKHQ=ZHFNDOVGDV9HUJQJHQLVW³LKUHDQWKURSR ORJLVFKH %DVLV KDEHQ  PLW HLQHU JUXQGVDW]SKLORVRSKLVFK RULHQWLHUWHQ 5HIOH[LRQ (VLVWGLHVH.RPELQDWLRQYRQGHUVLFK(EHUKDUGGLHQDFKKDOWLJVWH(UQHXHUXQJGHU :LVVHQVFKDIWGHVbVWKHWLVFKHQYHUVSULFKWXQGGHPJHPl‰VRZRKOGLH9HUPHLGXQJ  *HVHOOLJNHLWXQG5HDOLVLHUXQJYRQ6LWWOLFKNHLW'LH7KHRULHHQWZLFNOXQJ)ULHGULFK6FKOHLHUPD FKHUVELV%HUOLQXD  93b ZLH$QP 6  'DVÄEOR‰H*HIKO³DOV3ODW]KDOWHUIUGLHQLFKWUDWLRQDOHQ6HHOHQIDNXOWlWHQ ÄGLHVH*HIKOH³  ±0DQVLHKWZLHZHLW(EHUKDUGKLHULQ$EZHLFKXQJYRQGHUVFKXOSKLORVRSKLVFKHQ7HUPLQROR JLH GHP ]HLWJHQ|VVLVFKHQ %HGUIQLV QDFK HLQHU WHUPLQRORJLVFKHQ )L[LHUXQJ lVWKHWLVFK UHOH YDQWHU6HHOHQWlWLJNHLWHQGXUFKGHQ(PRWLRQVEHJULIIHQWJHJHQ]XNRPPHQYHUVXFKW  93b ZLH$QP 6



Ernst Stöckmann

GHV ELVKHULJHQ 5HGXNWLRQLVPXV LQ GHU lVWKHWLVFKHQ 7KHRULH í ]X HLQHU Ä:LVVHQ VFKDIW GHU 5HJHOQ GHU 9ROONRPPHQKHLW GHU XQWHUQ Erkenntnißkräfte³ í DOV DXFK GLH(QWVFKlUIXQJGHV+LDWXV]ZLVFKHQspekulativemXQGDXIGLHPraxis der Kunst EH]RJHQHP lVWKHWLVFKHQ :LVVHQ (EHUKDUGV LQ GLHVHP =XVDPPHQKDQJ ODQFLHUWH %DXPJDUWHQ.ULWLN DOV JUXQGVlW]OLFKHU (LQZDQG DQ GHU JHQDQQWHQ 5HVWULNWLRQ lVWKHWLVFKHU 7KHRULH LVW PLWKLQ GRSSHOW epistemologischer (LQVSUXFK JHJHQ GLH .RQ]HSWLRQlVWKHWLVFKHU7KHRULHDOV/RJLNDQDORJHU:LVVHQVFKDIW ÄYRQHLQHPVR DEVWUDNWHQ*HVLFKWVSXQNWH³DXV XQGanthropologischer(LQZDQGJHJHQGLH(LQHQ JXQJ DXI GLH lVWKHWLVFKHQ 9ROONRPPHQKHLWVPHUNPDOH GHU (UNHQQWQLVNUlIWH GK JHJHQGLH$XVEOHQGXQJGHUlVWKHWLVFKHQ3RWHQWLDOHGHUDX‰HUNRJQLWLYHQ:DKUQHK PXQJHQÄEOR‰HQ*HIKOV³  'LH KLHU KHUYRU]XKHEHQGHQ WHUPLQRORJLVFKHQ ZLH VDFKOLFKHQ 3DUDOOHOHQ GHV (EHU KDUGVFKHQ :LVVHQVFKDIWVSURJUDPPV IU GLH bVWKHWLN PLW GHP DP (QGH GHV  -DKUKXQGHUWV YRQ *XVWDY 7KHRGRU )HFKQHU HQWZLFNHOWHQ 7\SRORJLVLHUXQJVVFKHPD GHU]ZHL:HLVHQV\VWHPDWLVFKHU:LVVHQVNRQVWLWXWLRQUHVS(UNHQQWQLVVLQGDXJHQ IlOOLJ )HFKQHUV 8QWHUVFKHLGXQJ HLQHU ÄbVWKHWLN YRQ 8QWHQ³ JHJHQEHU HLQHU ÄbVWKHWLN YRQ 2EHQ³ ELHWHW WKHRULHJHVFKLFKWOLFK ZHUWYROOH +LQZHLVH GDUDXI PLW ZHOFKHP'LIIHUHQ]LHUXQJVJUDGEHUHLWVGLHVSlWDXINOlUHULVFKHbVWKHWLNGHQ9HUVXFK XQWHUQRPPHQ KDWWH GLH 7KHRULH GHV lVWKHWLVFKHQ :LVVHQV LP .RQVWLWXWLRQVIHOG LPPHU NRPSOH[HU ZHUGHQGHU KHWHURJHQHU %HJUQGXQJV]XJlQJH DQ]XVLHGHOQ 'HQQ DXI GHU HLQHQ 6HLWH ÄYRQ XQWHQ DQ>]X@IDQJHQ³ EHGHXWH VR (EHUKDUG QLFKWV DQGHUHV DOV ÄGXUFK HLQH YROOVWlQGLJH =HUJOLHGHUXQJ GHU 0LWWHO HLQHU MHGHQ .XQVW GLH(OHPHQWHLKUHU6FK|QKHLWDXI>]X@VXFKHQLKUHlVWKHWLVFKP|JOLFKHQ=XVDPPHQ VHW]XQJHQ>]X@HUIRUVFKHQ>«@VRZLHGLH$UWHQXQG*UDGHGHUlVWKHWLVFKHQ9ROO NRPPHQKHLWGHV*DQ]HQ]XEHVWLPPHQ³XQGXQWHUGHP*HVLFKWVSXQNWGHUMHZHLOV NRQNUHWHQ5HDOLVLHUXQJVYDULDQWHQ]XUHIOHNWLHUHQ    (EG6>+HUYRUK(6@   9JOHEG6   *XVWDY7KHRGRU)HFKQHU9RUVFKXOHGHUbVWKHWLN%G/HLS]LJ  8P GLH GLUHNWHQ 3DUDOOHOHQ NHQQWOLFK ]X PDFKHQ VHL )HFKQHUV 7\SRORJLH

GHU lVWKHWLVFKHQ %HJUQGXQJVPXVWHUKLHUDXVIKUOLFKHU]LWLHUWÄ0DQEHKDQGHOWVLH>GLHPHQVFKOLFKH(UNHQQWQLV LQ*HVWDOWGHVlVWKHWLVFKHQ:LVVHQV(6@QDFKHLQHPNXU]HQ$XVGUXFNHvon Oben KHUDELQ GHPPDQYRQDOOJHPHLQVWHQ,GHHQXQG%HJULIIHQDXVJHKHQG]XP(LQ]HOQHQDEVWHLJWvon Unten KHUDXILQGHPPDQYRP(LQ]HOQHQ]XP$OOJHPHLQHQDXIVWHLJWDortRUGQHWPDQGDVlVWKHWLVFKH (UIDKUXQJVJHELHWHLQHPYRQREHUVWHQ*HVLFKWVSXQFWHQDXVFRQVWUXLUWHQLGHHOOHQ5DKPHQQXU HLQ XQG XQWHU hier EDXW PDQ GLH JDQ]H bVWKHWLN DXI *UXQG lVWKHWLVFKHU 7KDWVDFKHQ XQG *H VHW]H YRQ 8QWHQ DQ DXI Dort KDQGHOW HV VLFK LQ HUVWHU XQG ]XJOHLFK K|FKVWHU ,QVWDQ] XP GLH ,GHHQXQG%HJULIIHGHU6FK|QKHLWGHU.XQVW>«@$XVGHUUHLQHQ+|KHVROFKHU$OOJHPHLQKHL WHQ VWHLJW PDQ GDQQ LQ GDV LUGLVFKHPSLULVFKH *HELHW GHV HLQ]HOQHQ GHV ]HLWOLFK XQG |UWOLFK 6FK|QHQKHUDEXQGPLVVWDOOHV(LQ]HOQHDP0DVVVWDEHGHV$OOJHPHLQHQ³)HFKQHU9RUVFKXOH GHUbVWKHWLN ZLH$QP 6  93b ZLH $QP   6 9JO -RKDQQ $XJXVW (EHUKDUG 7KHRULH GHU VFK|QHQ .QVWH XQG :LVVHQVFKDIWHQ =XP *HEUDXFKH VHLQHU 9RUOHVXQJHQ >@  YHUE $XIO +DOOH  >LP

Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



 $XIGHUDQGHUHQ6HLWHNRPPHHVVR(EHUKDUGLQIDVWLGHQWLVFKHU7HUPLQRORJLH ZLH GHU 3V\FKRORJH GHV  -DKUKXQGHUWV GDUDXI DQ ÄQXQ DXFK PLW GHQ REHUVWHQ 7KHLOHQ KHUXQWHU>]X@JHKHQ³ GK GLH ÄHUVWH 4XHOOH GHV 9HUJQJHQV GDV XQV GLH :HUNHGHUVFK|QHQ.QVWHJHZlKUHQELV]XLKUHQDOOHUEHVRQGHUVWHQ$EWKHLOXQJHQ KHUDE>]X@OHLWHQ³XP]X]HLJHQGXUFKZHOFKHÄEHVRQGHUVWHQ*UQGH³GDV:RKOJH IDOOHQ DP 6FK|QHQ LP %UHLWHQVSHNWUXP DOOHU NXQVWlVWKHWLVFKHQ 0|JOLFKNHLWHQ MHZHLOVNRQVWLWXLHUWZLUG,P8QWHUVFKLHG]X)HFKQHUVDOVPHWKRGRORJLVFKH'LV MXQNWLRQYRQinduktiver ÃYRQXQWHQµ XQGdeduktiver ÃYRQREHQµ SKLORVRSKLVFKHU :LVVHQVNRQVWLWXWLRQDQJHOHJWHP7\SRORJLVLHUXQJVVFKHPDPRGHOOLHUW(EHUKDUGPLW GHP KLHU HQWZLFNHOWHQ $XIULVV HLQHU V\VWHPDWLVFKHQ 7KHRULH GHV 6FK|QHQ  LP 'RSSHO]XJULIIHLQHVNXQVWlVWKHWLVFKGLIIHUHQ]LHUWHQ6FK|QKHLWVXQG/XVWEHJULIIV GLHXQWHUVFKLHGOLFKHQ%HJUQGXQJVYHUIDKUHQDOVkomplementäre:HLVHQGHUlVWKH WLVFKHQ7KHRULHELOGXQJ  3KLORVRSKLVFKH bVWKHWLN VRYLHO ZLUG GDPLW GHXWOLFK KDW DXFK DOV DQWKURSROR JLVFKLP%HJULIIGHV:RKOJHIDOOHQVGHU/XVWEHJUQGHWHQLFKWLPHPSLULVFKHQ XQG HLQ]HOZLVVHQVFKDIWOLFKHQ =XJULII DXI GHQ lVWKHWLVFKHQ 3KlQRPHQEHUHLFK LKU lVWKHWLVFKHV /HW]WNULWHULXP VR ZLH VLH XPJHNHKUW QLFKW EOR‰ HLQH LP lVWKHWLVFKHQ 5HIOH[LRQVPRPHQW UHDOLVLHUWH )RUP GHU 0HWDSK\VLNNULWLN GDUVWHOOW ,KU OHLWHQGHU ÃSUDNWLVFKHUµ ,PSHWXV UHNUXWLHUW VLFK DXV GHU %HPKXQJ XP HLQH DV\PSWRWLVFKH $QQlKHUXQJ GHU ÄVSHFLHOOHVWHQ .ULWLN³ PLW GHU ÄDEVWUDNWHVWHQ $HVWKHWLN³  HLQH )RUGHUXQJGLH(EHUKDUGQXQPHKULQ(UJlQ]XQJVDEVLFKWGHU9RUDUEHLWHQLQVEHVRQ GHUH+XWFKHVRQVXQG%XUNHV0HQGHOVVRKQVXQG6XO]HUVHUVWHQVEHUGLHGRSSHOWH 'LIIHUHQ]LHUXQJ GHV lVWKHWLVFKHQ :LVVHQV DQWKURSRORJLVFK XQG lVWKHWLVFK XQG ]ZHLWHQVEHU GLH=HQWUDOVWHOOXQJGHVZLUNXQJVlVWKHWLVFKHQ*HVLFKWVSXQNWVLQGHU lVWKHWLVFKHQ7KHRULH]XUHDOLVLHUHQVXFKW   )ROJHQGHQ ]LW DOV 76.:@ †† ± 6± IU GLH $QZHQGXQJVIHOGHU 5KHWRULN 'LFKW NXQVW%DXNXQVW0LPLN%LOGKDXHUNXQVW0DOHUHL0XVLN    93b ZLH$QP 6   (EG6   'LH $XIJDEH GHU bVWKHWLN DOV WKHRUHWLVFKHU 9HUPLWWOXQJVLQVWDQ] ]ZLVFKHQ VSHNXODWLYHP bVWKHWLNEHJULIIXQGNRQNUHWHU%H]XJQDKPHDXIGLHNXQVWlVWKHWLVFKH3UD[LVKDWWH(EHUKDUGEH UHLWV IUK JHVHKHQ XQG EHU GLH HLQVFKOlJLJHQ 3RVLWLRQLHUXQJHQ LQ GHU Allgemeinen Theorie KLQDXV VRZLH LP $QVFKOXVV DQ 6XO]HU DQ HLQ EHREDFKWXQJVDQDO\WLVFKHV 8QWHUVXFKXQJVSUR JUDPP EHU GLH (PSILQGXQJHQ JHNQSIW YJO 'HUV9RQ GHP %HJULIIH GHU 3KLORVRSKLH ZLH $QP 6Ä'LH$HVWKHWLNKDWELVKHUQXULPPHUYRU]JOLFKGLHDOOJHPHLQVWHQ5HJHOQIU GLH XQWHUH (UNHQQWQL‰NUDIW HQWKDOWHQ GLH QlPOLFK GLH DXV LKUHU 'HILQLWLRQ KHUJHOHLWHW ZDUHQ 6LHHUZDUWHWQRFKKlXILJHUHXQGJHQDXHUH%HREDFKWXQJHQEHUGLH(PSILQGXQJHQLKUHQ*DQJ LKUH(UUHJXQJXQG/HQNXQJLKUH$HX‰HUXQJHQXQG$XVGUXFNXPGHQ9LUWXRVHQLQVHLQHU$U EHLW]XOHLWHQLKQGLH*DWWXQJHQVHLQHU.XQVWZHUNHNHQQHQ]XOHKUHQXQGLKQPLWLKUHQ0LW WHOQLKUHU%HKDQGOXQJVDUWXQG:LUNXQJEHNDQQW]XPDFKHQ³ 6REHVHKHQDUWLNXOLHUWVLFK LP VSlWHUHQ Versuch LQ GHU 7DW DXFK HLQ .RQWLQXLWlWVPRPHQW LP SV\FKRORJLVFKHQ $QVDW] QXQ PHKUIUHLOLFKZHQLJHUPLW%OLFNULFKWXQJDXIHLQHHPSLULVFKH$QDO\WLNGHUHPRWLRQDOJHOHLWHWHQ 6LQQHVHUIDKUXQJ DOV LP GH]LGLHUWHQ %H]XJ DXI LKUH ZDKUQHKPXQJV XQG OXVWSV\FKRORJLVFKHQ ,PSOLNDWLRQHQ



Ernst Stöckmann

 'DVÄ*HIKOXQVHUHU.UlIWH³ (EHUKDUGVDQWKURSRORJLVFKHbVWKHWLNGHU(PRWLRQHQ  9RU GHP +LQWHUJUXQG GLHVHU ZLVVHQVFKDIWVJHVFKLFKWOLFKHQ 3RVLWLRQLHUXQJ GHU lV WKHWLVFKHQ 7KHRULH LVW QLFKW HUVWDXQOLFK GDVV (EHUKDUG GHQ QRFK LQ VHLQHU Allgemeinen Theorie des Denkens und Empfindens OHLWHQGHQ *HVLFKWVSXQNW HLQHU NRQ VHTXHQW YRUVWHOOXQJVWKHRUHWLVFKHQ .RQ]HSWLRQ GHU 6HHOH DXIIlOOLJ ]XUFNVWHOOW XQG HLQHQlVWKHWLNWKHRUHWLVFKDQWKURSRORJLVFKHQ1HXDQVDW]HWDEOLHUWGHUDXIHLQHDQWK URSRORJLVFKH'LIIHUHQ]LHUXQJGHUÄ.UlIWH³  GHU6HHOH]LHOWDXIHLQHÄ=HUVSDOWXQJ GHU *HIKOH³ DOV 9HUVXFK HLQHU ZLUNXQJVSV\FKRORJLVFKHQ 'LIIHUHQ]LHUXQJ GHU OXVWYROOHQ:DKUQHKPXQJXQG%HWlWLJXQJGHVlVWKHWLVFKHPSILQGHQGHQ6XEMHNWV 'HUOHW]WH*UXQGDOOHV9HUJQJHQVLVWThätigkeitsgefühl>+HUYRUK(6@RGHUGDV*HIKOGHU DQJHPHVVHQHQ %HVFKlIIWLJXQJ ZHOFKHV XQV HLQ *HJHQVWDQG YHUPLWWHOVW GHU 9RUVWHOOXQJHQ JLHEWGLHHULQXQVHUHU6HHOHHUUHJWDOVR*HIKOXQVHUHU.UlIWH$OOHLQGLHVHU.UlIWHVLQGPHK UHUHLQXQVHUHU6HHOH

'LH KLHU XQVWULWWLJ DXI GHQ IUDQ]|VLVFKHQ 3KLORVRSKHQ XQG HLQIOXVVUHLFKHQ *H IKOVWKHRUHWLNHU /RXLV-HDQ /HYHVTXH GH 3RXLOO\ YHUZHLVHQGH DQWKURSRORJLVFK SV\FKRORJLVFKH$XVJDQJVSUlPLVVHGHVVersuchEHQHQQWDXJHQVFKHLQOLFKNHLQHPLW HLQHU PHWDSK\VLVFKHQ Ä8UNUDIW³ NRUUHOLHUHQGH DEVWUDNWH 3RWHQ] GHV 3V\FKLVFKHQ PHKU VRQGHUQ HLQH DXI GLH VXEMHNWLYHQ :DKUQHKPXQJVHLQGUFNH EH]RJHQH )lKLJNHLWGHUSV\FKLVFKHQ$IIL]LHUXQJRKQHHLQYHUP|JHQVSV\FKRORJLVFKHLQGHXWLJ LGHQWLIL]LHUEDUHV.RUUHODW%HUHLWVLQGHQHUVWHQEHLGHQ$XIODJHQVHLQHUbVWKHWLN KDWWH (EHUKDUG GLHVH $QVFKDXXQJ DOV GHQ OXVWWKHRUHWLVFKHQ $QJHOSXQNW LQ GHU lVWKHWLVFKHQ 7KHRULH GHNODULHUW Ä$QJHQHKPH (PSILQGXQJHQ³ VR ODXWHWH KLHU GHU 7LWHOIUGHQ,QEHJULIIGHUlVWKHWLVFKHQ:DKUQHKPXQJHQXQG]XJOHLFKGLHYHUP| JHQEHUJUHLIHQGH ÄOHW]WH 4XHOOH GHV 9HUJQJHQV³ $XV LKQHQ OLH‰ VLFK HLQH 6XEMHNWLYLHUXQJGHVlVWKHWLVFKHQ:DKUQHKPXQJVEHJULIIVKHUOHLWHQGLHVRZRKOGHQ PHWDSK\VLVFKHQ 6FK|QKHLWVEHJULII ZLH GHQ REMHNWLYHQ 9ROONRPPHQKHLWVEHJULII

  93b ZLH$QP 6  (EG6  9JO-RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG$OOJHPHLQH7KHRULHGHV'HQNHQVXQG(PSILQGHQV%HUOLQ

>1'GHU1HXHQYHUE$XIO%HUOLQ@%UVVHO $HWDV.DQWLDQD%G 6

 9HUJQJHQGDUDQKlOW(EHUKDUGDOV:ROIILDQHUund/HLEQL]LDQHUIHVWLVWQXUEHUGLHYRUVWHO

OHQGH7lWLJNHLWGHU6HHOHYHUPLWWHOEDUMDVHW]WQLFKWDQGHUVDOVGDV%HJHKUHQ(UNHQQWQLVYRU DXVRKQHGDPLWMHGRFKVRGHUHQWVFKHLGHQGH=XVDW]Ä]XP(UNHQQWQL‰YHUP|JHQ>]X@JHK| UHQ³GKPLWGHQNRJQLWLYHQ/HLVWXQJHQGHU6HHOHLGHQWLVFK]XVHLQ YJO-RKDQQ$XJXVW(EHU KDUG(LQLJH$QPHUNXQJHQEHUGLH5HFHQVLRQPHLQHU7KHRULHGHUVFK|QHQ.QVWHXQG:LV VHQVFKDIWHQLQGHU$OOJ>HPHLQHQ@/LWW>HUDWXU@=HLW>XQJ@,Q'HUV +J 3KLORVRSKLVFKHV0D JD]LQ%G6WFN+DOOH6±KLHU6   9JO -RKDQQ $XJXVW (EHUKDUG 7KHRULH GHU VFK|QHQ :LVVHQVFKDIWHQ =XP *HEUDXFKH VHLQHU 9RUOHVXQJHQ>+DOOH@=ZH\WHYHUEHVVHUWH$XIODJH+DOOH††±6±

Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



EHU GLH DQWKURSRORJLVFKH 'LVSRVLWLRQ GHU 6HHOH LKUH .UDIW ]X EHVFKlIWLJHQ XQG 9HUJQJHQDQGLHVHU%HWlWLJXQJ]XILQGHQUHIOHNWLHUWH  'LHQRFKLQGHUAllgemeinen Theorie des Denkens und Empfindens PD‰JHEOLFKH $EOHLWXQJGHU6HHOHQWlWLJNHLWHQQDFKGHP*UDGDWLRQVPRGHOOGHUXQWHUVFKLHGOLFKHQ 9RUVWHOOXQJVJUDGHXQGGDPLWEHUGDVUDWLRQDOLVWLVFKH3DUDGLJPDGHU5HSUlVHQWD WLRQ LVW GDPLW DXIJHVSUHQJW JHQDXHU VLH WULWW DXI GHU 'LIIHUHQ]LHUXQJVHEHQH GHU /XVW8QOXVWEmotionenWHQGHQ]LHOO]XUFN$QGHUHQ6WHOOHHWDEOLHUW(EHUKDUGQXQ ZLHLP)ROJHQGHQ]XUHNRQVWUXLHUHQLVWHLQHQGUHLVWXILJHQ'LIIHUHQ]LHUXQJVDQVDW] GHV DOV YHUP|JHQVEHUJUHLIHQG DXVJHZLHVHQHQ  Ä7KlWLJNHLWV³ E]Z ÄBeschäftigungsgefühls³ PLW GHP QLFKWV ZHQLJHU DOV HLQH DQWKURSRORJLVFKH %LQQHQXQWHU VFKHLGXQJ GHU HPRWLRQDOHQ 6HHOHQOHLVWXQJHQ LQ lVWKHWLVFKHU 'LIIHUHQ]LHUXQJVDE VLFKWLQWHQGLHUWLVW  9HUODQJHQQDFK,PSUHVVLRQHQ (EHUKDUGV.RQ]HSWLRQGHUlVWKHWLVFKHQ/XVWDOVEindrucksgefühl  0LWGHPÄ(LQGUXFNVJHIKO³VR(EHUKDUGV7LWHOIUGLHersteDXVGHPSV\FKLVFKHQ Ä7lWLJNHLWVJHIKO³DEJHOHLWHWHlVWKHWLVFKDIILQH(PRWLRQLVWGLHVHQVLWLYH6HLWHGHU lVWKHWLVFKHQ (UIDKUXQJ JHNHQQ]HLFKQHW 'LH EHUHLWV LQ GHU $XVJDQJVSUlPLVVH PDQLIHVWH ,GHQWLILNDWLRQ YRQ /XVWFKDUDNWHU XQG %HWlWLJXQJVFKDUDNWHU ZLUG GDPLW DOVR ]XQlFKVW LQ GHU 6WUXNWXU GHU 6LQQHVHUIDKUXQJ VHOEVW YHUDQNHUW XQG VR GLH PDUNDQWH $N]HQWVHW]XQJ EHU GLH VFKXOSKLORVRSKLVFK NRUUHNWH .ODVVLILNDWLRQ GHU 6LQQHVHUIDKUXQJ DOV ErkenntnisIRUP KLQDXV DOV .RUUHVSRQGHQ]HPRWLRQ HLQHV ÄTrieb>es@ RGHU HLQHV GXQNOHQ 9HUODQJHQ>V@ GHU 6HHOH QDFK DQJHQHKPHQ (PSILQ GXQJHQ³ EHVWLPPW 'HPQDFK JHK|UW GLH DSSHWLWLYH 'LVSRVLWLRQ  GHU *UXQG GHU   'HU HLJHQWPOLFKH 'RSSHOFKDUDNWHU GHV UDWLRQDOLVWLVFKHQ 9ROONRPPHQKHLWVEHJULIIV LQ VHLQHU

lVWKHWLNWKHRUHWLVFKHQ$XVULFKWXQJKDWKLHULQGHUDQWKURSRORJLVFKHQ$XV]HLFKQXQJGHU%HWlWL JXQJVOXVW VHLQH :XU]HOQ Ä'D VLH >GLH 6HHOH (6@ LKUH .UDIW QLFKW DQGHUV DOV GXUFK LKUH +DQGOXQJHQ IKOHQ NDQQ XQG LQ GLHVHU .UDIW LKUH 9ROONRPPHQKHLW EHVWHKW >«@ VR HQWVWHKW ZLHGHUXP>«@GDV9HUJQJHQDXVGHP*HIKOGHU9ROONRPPHQKHLW³ YJOHEG†6 $QP   (V LVW GLH 9HUVFKUlQNXQJ YRQ kunstästhetischer XQG wahrnehmungsästhetischer SV\FKRORJL VFKHU 3HUVSHNWLYHGLH(EHUKDUGKLHU]XP'HVLGHUDWGHUNRQWHPSRUlUHQlVWKHWLVFKHQ7KHRULH ELOGXQJHUNOlUWXQGYRQ6XO]HUVGLHVEH]JOLFKHQ8QWHUQHKPXQJHQLQGHUAllgemeinen Theorie der schönen Künste RIIHQNXQGLJQLFKW HLQJHO|VW VLHKWÄ:HOFKHQ $QWKHLO KDW HLQH MHGH >.UDIW GHU6HHOH(6@DQGHP9HUJQJHQGDVXQVGLH:HUNHGHU.XQVWJHZlKUHQ"'DVPX‰]XHUVW JHQDXHU DQJHJHEHQ ZHUGHQ XQG GDV KDW PDQ QRFK LPPHU DQ]XJHEHQ YHUVlXPW³ 93b >ZLH $QP@6   Ä'LHVHV *HIKO ZRKQW LQ DOOHQ 6LQQHQ HV ZLUG YRQ DOOHQ *HJHQVWlQGHQ GHU 1DWXU XQG GHU .XQVWEHUKUWXQGZHQQGLHVHHVLQHLQHXQVHUHU(UNHQQWQL‰NUDIWDQJHPHVVHQH7KlWLJNHLWVHW ]HQVRVLQGVLHDQJHQHKP³ HEG6   (EG6'LHKLHUPLWGHP7HUPLQXVÄ7ULHE³JHJHEHQHQ.RQQRWDWLRQHQ]XUSV\FKRORJLVFKHQ :LOOHQVWKHRULHVLQGDOOHVDQGHUHDOVEHLOlXILJXQGXQWHUVWUHLFKHQQDFKKDOWLJ(EHUKDUGV,QWHJUD WLRQVDEVLFKW YRQ (UNHQQWQLV XQG %HJHKUXQJVYHUP|JHQ GHU 6HHOH LP SV\FKRORJLVFKHQ *H IKOVEHJULIIHLQ=XVDPPHQKDQJGHULQGHUIUGLH6SlWDXINOlUXQJPD‰JHEOLFKHQHPSLULVFK



Ernst Stöckmann

6HHOH DOV /XVWEHJHKUHQ    IU (EHUKDUG QXQPHKU ]XP *UXQGFKDUDNWHU GHU VLQ QHQJHOHLWHWHQ:DKUQHKPXQJVHOEVW  +LHUGHXWHWVLFKEHUHLWVHLQHIROJHQUHLFKH9HUPLWWOXQJ]ZLVFKHQNRJQLWLYHQXQG HPRWLYHQ6WUXNWXUHQGHUVLQQHQJHOHLWHWHQlVWKHWLVFKHQ:DKUQHKPXQJDQ1LFKWQXU JHK|UHQ  HUVWHV ,QGL]  GLH *HVHW]H GHV (LQGUXFNVWULHEV GHU 6HHOH ]XP Ä*HVHW] GHV (PSILQGXQJVYHUP|JHQV³ 'LH 6SLHODUWHQ GHU /XVW DXI GLHVHU (EHQH YRQ (EHUKDUG XQWHU 9HUZHQGXQJ YRQ GUHL 9ROONRPPHQKHLWVNDWHJRULHQ GHU %DXPJDU WHQVFKHQ 7RSLN FKDUDNWHULVLHUW VLQG MHGRFK  ]ZHLWHV ,QGL]  QLFKW EOR‰ DXI NRJQLWLYH /HLVWXQJHQ YHUZHLVHQGH :DKUQHKPXQJVPRGDOLWlWHQ GHU VHQVLWLY HUNHQ QHQGHQ 6HHOH =X GHU Ä.UDIW³ VR (EHUKDUG LP 5FNJULII DXI HLQH GHU YRQ 6XO]HU lVWKHWLNWKHRUHWLVFK HWDEOLHUWHQ *UXQGNDWHJRULHQ XQG PLW GHXWOLFKHP 9HUZHLV DXI GDV 0RPHQW GHU lVWKHWLVFKHQ Rührung ÄJHK|UW GLH Bewegungskraft >+HUYRUK (6@GLH9HUVWDQGHVNUDIWGLH*U|‰HXQG6WlUNHGHU6HHOH³  SV\FKRORJLVFKHQ:LOOHQVWKHRULHHLQHVDQGHUHQQDPKDIWHQ3RSXODUSKLORVRSKHQ-*+)HGHUV GHXWOLFK DXVJHSUlJW LVW 'LH ÄPHKUHUQ Neigungen GHV :LOOHQV GLH DXFK Triebe Willenstriebe JHQDQQWZHUGHQLQVRIHUQ7KlWLJNHLWGDPLWYHUNQSIWLVW³VR)HGHULP$EVFKQLWW]XUGHU,Q WHUGHSHQGHQ] YRQ :LOOH XQG 9HUVWDQG VLQG (OHPHQW GHU ÄWillenskraft RGHU >GHV@ Begehrensvermögen>V@³ XQG ÄPLW Wohlgefallen RGHU Mißfallen³ HUIOOWH :DKUQHKPXQJVWlWLJNHLWHQ GHU PHQVFKOLFKHQ 6HHOH YJO -RKDQQ *HRUJ +HLQULFK )HGHU 8QWHUVXFKXQJHQ EHU GHQ PHQVFKOL FKHQ:LOOHQGHVVHQ1DWXUWULHEH9HUlQGHUOLFKNHLW9HUKlOWQL‰]XU7XJHQGXQG*OFNVHOLJNHLW XQGGLH *UXQGUHJHOQ GLH PHQVFKOLFKHQ *HPWKHU ]X HUNHQQHQ XQG ]X UHJLHUHQ (UVWHU 7KHLO 1HXHVWH$XIO/LQ]†6I   /HLEQL]¶'HILQLWLRQGHVDSSHWLWLYHQ*UXQGFKDUDNWHUVGHU6HHOH YJO*RWWIULHG:LOKHOP/HLEQL] 'LH3ULQ]LSLHQGHU3KLORVRSKLHRGHUGLH0RQDGRORJLH,Q'HUV.OHLQH6FKULIWHQ]XU0HWDSK\ VLN6±KLHU6 LVWRIIHQNXQGLJQLFKW]XUFNJHQRPPHQVRQGHUQ]XPOXVWWKHRUHWL VFKHQ3ULQ]LSGHUSV\FKLVFKHQ$NWLYLWlWWUDQVSRQLHUWHLQ=XJULIIGHU(EHUKDUGGHQ3UlPLV VHQVHLQHU$EKDQGOXQJYRQJHPl‰QRFKYHUZHKUWZDU  93b ZLH$QP 6  :LH VLFK DQ VHLQHP bVWKHWLNOHKUEXFK GHU Theorie der schönen Wissenschaften DEOHVHQ OlVVW DGDSWLHUW(EHUKDUGGLH%DXPJDUWHQVFKHQ+DXSWNULWHULHQGHUlVWKHWLVFKHQ9ROONRPPHQKHLWGHU cognitio sensitiva Pulchritudo cognitionis  QLFKW LQ GHU 5HLKHQIROJH JHPl‰ GHU Aesthetica 5HLFKWXP*U|‰H:DKUKHLW.ODUKHLW*HZL‰KHLWvita cognitionisYJO%DXPJDUWHQ7b† 6  VRQGHUQ LQ GHU $EIROJH YRQ Ä$HVWKHWLVFKH>P@ 5HLFKWKXP *U|‰H .ODUKHLW :DKUKHLW *HZL‰KHLW/HEHQ³YJO(EHUKDUG7KHRULHGHUVFK|QHQ:LVVHQVFKDIWHQ ZLH$QP 6;9  93b ZLH $QP   6 (EHUKDUG DGDSWLHUW H[SOL]LW 6XO]HUV 7KHRULH GHU lVWKHWLVFKHQ .UDIW DOV 7KHRULH GHU 0RGL lVWKHWLVFKHU ÄBewegung³ YJO -RKDQQ *HRUJ 6XO]HU 9RQ GHU .UDIW (QHUJLH LQGHQ:HUNHQGHUVFK|QHQ.QVWH,Q'HUV9HUPLVFKWH3KLORVRSKLVFKH6FKULIWHQ $XV GHQ -DKUEFKHUQ GHU $NDGHPLH GHU :LVVHQVFKDIWHQ ]X %HUOLQ JHVDPPHOW /HLS]LJ  6± KLHU 6  ZHQQ HU LQ $EJUHQ]XQJ YRQ GHU āEHUUHGHQGHQ³ ZLH GHU ÄHUOHXFK WHQGHQ³ .UDIW GHU lVWKHWLVFKHQ 9RUVWHOOXQJHQ DOV 0HUNPDO GHU Ärührenden³ .UDIW GHILQLHUW Äargumentia moventia³XQGÄbewegende³lVWKHWLVFKH9RUVWHOOXQJHQ]XHQWKDOWHQ'HQHLQGHX WLJHQ%H]XJDXIGLH(EHQHGHV%HJHKUXQJVYHUP|JHQVHUKHOOWGDUEHUKLQDXVHLQPHWDSKRULVFK SUlJQDQWHU3DVVXVDXV(EHUKDUGVAllgemeiner Theorie des Denkens und EmpfindensÄ:lUPH³ XQGÄ6WlUNH³VLQGQRWZHQGLJXPGDV6XEMHNWÄJOHLFKGHQ:LQGHQZHOFKHGDV6FKLIIIRUWWUHL EHQLQ%HZHJXQJ]XVHW]HQ³íYJO(EHUKDUG$OOJHPHLQH7KHRULH ZLH$QP 6'LH WHUPLQRORJLVFKPLVVYHUVWlQGOLFKH)RUPXOLHUXQJÄ(PSILQGXQJVYHUP|JHQ³DOV6\QRQ\PIUGDV (LQGUXFNVJHIKO 6 LVWIU(EHUKDUGDXJHQVFKHLQOLFK6DPPHOEHJULIIIUDOOHGDVÄ9HUODQ JHQ QDFK DQJHPHVVHQHQ (LQGUFNHQ³ HEG  EHWUHIIHQGHQ 5HL]H GHU VLQQHQJHOHLWHWHQ :DKU QHKPXQJXQG]HLJWGDVVVLHDOVYHUP|JHQVSV\FKRORJLVFKH%H]HLFKQXQJHLQHVHLJHQVWlQGLJHQ GULWWHQ *HPWVYHUP|JHQV LP bVWKHWLNGLVNXUV GLHVHU -DKUH QRFK QLFKW HWDEOLHUW ZDU 2EJOHLFK

Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



9HUODQJHQQDFK(PRWLRQHQ (EHUKDUGV.RQ]HSWLRQGHUlVWKHWLVFKHQ/XVWDOVRührungsgefühl  (EHUKDUGV ]ZHLWH DXV GHP 7lWLJNHLWVJHIKO DEJHOHLWHWH lVWKHWLVFKH (PRWLRQ GHV Ä5KUXQJVJHIKOV³ VHW]W GLH EHPHUNWHQ 7HQGHQ]HQ HLQHU YHUP|JHQVWKHRUHWL VFKHQ'LIIHUHQ]LHUXQJDXIGHP:HJlVWKHWLVFKHU5HIOH[LRQHEHQVRNRQVHTXHQWIRUW ZLHGLH$EVLFKWLP5FNEH]XJDXIGLHDSSHWLWLYHQ3RWHQ]HQGHU6HHOHHLQHWKHR ULHJHVFKLFKWOLFKRIIHQVLYH.ULWLNGHV%DXPJDUWHQVFKHQ$QVDW]HVLQGHUbVWKHWLN]X OHLVWHQ 'DV 5KUXQJVJHIKO HLQGHXWLJ DOV HLJHQVWlQGLJH .ODVVH DQJHQHKPHU (PRWLRQHQDXVJHZLHVHQLVWGHUDQWKURSRORJLVFKH3ODW]KDOWHUIUGLHbegehrenden .UlIWHGHUPHQVFKOLFKHQ6HHOH 'LH *HJHQVWlQGH N|QQHQ GXUFK LKUH IUHLOLFK RIW VHKU YHUVWHFNWH Beziehung auf uns >+HUYRUK (6@ DQJHQHKPH RGHU XQDQJHQHKPH /HLGHQVFKDIWHQ HUUHJHQ GLH ZLU LQ LKUHQ XQPHUNOLFKHQ *UDGHQEmotionenQHQQHQN|QQWHQ

1LFKWQXUGLHWHUPLQRORJLVFKH6LFKHUVWHOOXQJGHV(PRWLRQVEHJULIIVLP.RQWH[WGHU DSSHWLWLY %HJHKUHQ XQGDIIHNWLY /HLGHQVFKDIWHQ NRQ]LSLHUWHQ/XVWYHUGLHQWKLHU $XIPHUNVDPNHLW,QGHP(EHUKDUGGDV5KUXQJVJHIKOLP$QVFKOXVVH[SOL]LWPLW GHU OHW]WHQ .DWHJRULH GHU %DXPJDUWHQVFKHQ 7RSLN GHUvita cognitionis NRUUHOLHUW XQGGLH%DXPJDUWHQVFKH9HUZHQGXQJGHU.DWHJRULHVDFKOLFKDOVhEHUGHKQXQJGHU  QLFKW PLW GHU lOWHUHQ facultas cognoscendi LGHQWLVFK RUGQHW (EHUKDUG GDV 9HUODQJHQ LQ GHU +DXSWVDFKH GHQ XQWHUHQ (UNHQQWQLVYHUP|JHQ VFKXOSKLORVRSKLVFK GHP Ä6LQQH³  ]X ZRPLW XQPLVVYHUVWlQGOLFK LVW GDVV (PSILQGXQJVYHUP|JHQ KLHU QLFKW DOV 3ODW]KDOWHU IU GLH LQQHUHQ (PSILQGXQJHQ DOV DIIHNWDIILQH (PRWLRQHQ UHVSHNWLYH Ä*HIKO³  IXQJLHUW E]Z QLFKW DOV SV\ FKRORJLVFKDXWRQRPH9HUP|JHQVVSKlUHDXVJH]HLFKQHWZLUG'DPLWLVW]XJOHLFKHWZDVEHUGHQ FKDUDNWHULVWLVFKHQ8QWHUVFKLHGVHLQHUDQWKURSRORJLVFKHQKunst- und Ästhetiktheorie ]XGHQGL YHUVHQ$QOlXIHQ]XHLQHUanthropologisch-vermögenspsychologischen'UHLWHLOXQJGHV*HPWV ZLHVLH]HLWJOHLFKYRQ(UQVW3ODWQHULP$QVFKOXVVDQ-RKDQQ1LNRODXV7HWHQV¶Philosophische Versuche  XQWHUQRPPHQZHUGHQJHVDJW1LFKWDXIHLQHWULDGLVFKH1HXRUGQXQJGHU6HH OHQYHUP|JHQ]LHOW(EHUKDUGVVersuchVRQGHUQDXIHLQHlVWKHWLVFKH2UGQXQJGHULPDOOJHPHL QHQ 7lWLJNHLWVJHIKO GHU 6HHOH YHUDQNHUWHQ 6SLHODUWHQ GHU /XVW 9JO GDJHJHQ 'UDHJHU (EHU KDUGV3V\FKRORJLH ZLH$QP 6  (EHUKDUGV HPRWLRQDOLVWLVFKlVWKHWLVFKHU 1HRORJLVPXV LVW HLJHQWOLFK VR GRNXPHQWLHUW GDV )RO JHQGH HLQ 3OHRQDVPXV IU GHQ V\VWHPDWLVFKHQ %HVWLPPXQJVUDKPHQ DP /HLWEHJULII GHV Ä7KlWLJNHLWVJHIKOV³LVWHUMHGRFKXQYHUPHLGEDU'LHYRQ(EHUKDUGHUKRIIWH(LQEUJHUXQJGLH VHVÄIUHPGNOLQJHQGH>Q@:RUW>V@³YJOHEG6 LQGLHlVWKHWLVFKH7KHRULHEOLHELQGHVDXV  9JO93b ZLH$QP 6Ä'DV5KUXQJVJHIKOYHUPHKUWDOVRGLH9HUJQJHQGHVEOR‰HQ (LQGUXFNVJHIKOVHVLVWHLQHQHXH4XHOOHDQJHQHKPHU(PSILQGXQJHQ³  93b ZLH$QP 6  'LH9HUZHQGXQJGHU.DWHJRULHLPV\VWHPDWLVFKHQ=XVDPPHQKDQJPLWGHUlVWKHWLVFKHQ7KHR ULHGHV%HJHKUHQVLVWWKHRULHJHVFKLFKWOLFKHV1RYXPLQQHUKDOEGHU(EHUKDUGVFKHQbVWKHWLNXQG ]HLJWGDVLP7KHRULHEHUHLFKYRQ$QWKURSRORJLHXQGbVWKHWLNJHVWHLJHUWH%HGUIQLVHLQHUDXFK WHUPLQRORJLVFKHQ$OOHLQVWHOOXQJGHU(PRWLRQHQ±DOVDSSHWLWLYXQGDIIHNWLYUHOHYDQWHQlVWKHWL VFKHQ 9HUP|JHQVNRPSHWHQ]HQ ± DQ 9RP VDQIWHQ ÄXQPHUNOLFK³  lVWKHWLVFKHQ %HJHKUHQ VSULFKW(EHUKDUGDOOHUGLQJVEHUHLWVLQGHU]ZHLWHQ)DVVXQJVHLQHVbVWKHWLNNRPSHQGLXPV(VLVW HLQH ÄVFKZDFKH (PRWLRQ ]X 7DQ] XQG 0XVLN³ GLH GHQ 5H]LSLHQWHQ JXWHU 9HUVH ÄXQPHUNOLFK DQZDQGHOW³XQG]XÄOHEKDIWHQ9RUVWHOOXQJHQ³HUUHJH9JO(EHUKDUG7KHRULHGHUVFK|QHQ:LV VHQVFKDIWHQ ZLH$QP (LQOHLWXQJ6;,,,I



Ernst Stöckmann

$QDORJLH YRQ /RJLN XQG bVWKHWLN NULWLVLHUW ZLUG GDV $XVPD‰ GHV WKHRULHJH VFKLFKWOLFKHQ 5HYLVLRQVDQVSUXFKV GHV 3RSXODUSKLORVRSKHQ GHXWOLFK 'LH VHOEVWEH ]JOLFKH6WUXNWXUGHUOXVWXQGDIIHNWDIILQHQ(PRWLRQHQLKUHÄ%H]LHKXQJDXIXQV³ LVWQLFKWHLQGLHlVWKHWLVFKH6LQQHVHUIDKUXQJOHGLJOLFKVWHLJHUQGHVE]ZYROOHQGHQ GHV0RPHQWVRQGHUQNRQVWLWXWLYHU%HVWDQGWHLOGHUlVWKHWLVFKHQ(UIDKUXQJVHOEHU 'LH %HZHJXQJ GHU EHJHKUHQGHQ .UlIWH PDJ IU GLH ZLVVHQVFKDIWOLFKH (UNHQQWQL‰ GLH OHW]WH 9ROOHQGXQJ LKUHU 9ROONRPPHQKHLW VH\Q IU GLH VLQQOLFKH LVW VLH HV JHZLV QLFKW 6FKRQ EOR‰H (LQGUFNHN|QQHQDQJHQHKPHRGHUXQDQJHQHKPH(PRWLRQHQHUUHJHQHKHQRFKGHUHQYLHOH]X HLQHPKDUPRQLVFKHQ*DQ]HQ]XVDPPHQJHID‰WVLQGXQGLQGLHVHPKDUPRQLVFKHQ*DQ]HQPX‰ GLH5KUXQJVNUDIWMHGHV7KHLOHVGHP=ZHFNHGHUJDQ]HQ.RPSRVLWLRQXQWHUJHRUGQHWZHUGHQ (VLVWDOVRQDWUOLFKGDVVGLH9HUJQJHQGHV5KUXQJVJHIKOVXQPLWWHOEDUQDFKGHQ9HUJQ JHQGHVEOR‰HQ(LQGUXFNVJHIKOVLQ%HWUDFKWXQJNRPPHQ

,P 8QWHUVFKLHG ]XU %DXPJDUWHQVFKHQ XQG 0HLHUVFKHQ  .RQ]HSWLRQ GHU lVWKHWL VFKHQ$LVWKHVLVVROlVVWVLFKIRUPXOLHUHQLVWGLHDSSHWLWLYH6HOEVWEH]JOLFKNHLWGHU VLQQHQJHOHLWHWHQ:DKUQHKPXQJQDFK(EHUKDUGÃJOHLFKXUVSUQJOLFKµPLWGHUVHQVL WLYHQ6HLWHGHUVLQQOLFKlVWKHWLVFKHQ:DKUQHKPXQJJHJHEHQELOGHWGHUVXEMHNWLYH (UIDKUXQJVJHKDOWGHUGLH6HHOHDIIL]LHUHQGHQíDQJHQHKPHQZLHXQDQJHQHKPHQí (PRWLRQHQJOHLFKVDPGHQYHUP|JHQVEHUJUHLIHQGHQ,QILOWUDWLRQVIDNWRUDOOHUlVWKH WLVFKHQ:DKUQHKPXQJVXQG(UIDVVXQJVOHLVWXQJHQ)UGDV)HOGGHUNXQVWlVWKHWL VFKHQ(UIDKUXQJZHQQJOHLFKQLFKWQXUIUGLHVHVGHNODULHUW(EHUKDUGVRPLW]XP HLQHQ GLH 6HOEVWlQGLJNHLW GHV %HJHKUHQV (PRWLRQ 5KUXQJ  JHJHQEHU GHP (U NHQQHQ LQVRIHUQ LP lVWKHWLVFK YHUPLWWHOWHQ 5KUXQJVJHIKO QLFKW GLH %HVFKlIWL JXQJ GHU VHQVLWLYHQ (UIDVVXQJVOHLVWXQJHQ í GXUFK GLH 6LQQH XQG GLH 3KDQWDVLH í GRPLQLHUW VRQGHUQ GLH VXEMHNWLYH (UUHJXQJ GHU DIIHNWLY ]XUFNJHEXQGHQHQ *H PWVNUlIWH=XPDQGHUHQXQWHUOlXIW(EHUKDUGV0RGHOOGHU5H]LSUR]LWlWYRQNRJQL WLYHQXQGHPRWLYHQ(UIDVVXQJVOHLVWXQJHQGHU6HHOHVRZRKOGLHIU%DXPJDUWHQZLH 0HLHUVHOEVWYHUVWlQGOLFKH6XERUGLQDWLRQGHUlVWKHWLVFKHQ.DWHJRULHGHVVRJHQDQQ WHQ Ä/HEHQV GHU (UNHQQWQLV³ GL GLH Rührung  XQWHU GLH JHJHQVWDQGVEH]RJHQHQ 0HUNPDOVEHVWLPPXQJHQ GHU cognitio sensitiva 5HLFKWXP *U|‰H /HEKDIWLJNHLW  DOV DXFK GLH VWUDWLILNDWRULVFKH 2UGQXQJ GHU lVWKHWLVFKHQ *HJHQVWDQGVNRQVWLWXWLRQ QDFKGHP0XVWHUGHU%DXPJDUWHQVFKHQ7RSLNbVWKHWLVFKH5KUXQJLVWGHPHQW   93b ZLH$QP 6I  (EHUKDUGV EUHLW JHIlFKHUWHU

.DWDORJ GHU lVWKHWLVFKHQ 6XEYDULDQWHQ GHV Rührungsgefühls Ä%HZXQGHUXQJVJHIKO³ Ä6FKDXGHUJHIKO³ Ä/LHEHJHIKO³ Ä)UHXGHJHIKO³ Ä0LWOHLGVJHIKO³ HWF XQGGHUMHZHLOLJHQ*HIKOVREMHNWLYLHUXQJHQ (UKDEHQHV6FKUHFNOLFKHV)HLHUOLFKHVÄ*H QX‰GHV/HEHQV³HWF ±GLH(UIDKUXQJGHV6FK|QHQIlOOWZRKOJHPHUNWQLFKWLQGLH=XVWlQGLJ NHLWGHV5KUXQJVJHIKOV  YJO93b>>ZLH$QP@6I PDQLIHVWLHUWQDFKGUFNOLFKGLH DQWKURSRORJLVFKH 5HOHYDQ] GHU lVWKHWLNWKHRUHWLVFKHQ 8QWHUVFKHLGXQJHQ (EHUKDUGV QDFK ÃXQ WHQµ KLQ RIIHQH 6NDOD GHU lVWKHWLNWKHRUHWLVFKHQ 'LVWLQNWLRQHQ Ol‰W HUNHQQEDU ZHUGHQ ZLH GLH )HLQGLIIHUHQ]LHUXQJ GHU PHQVFKOLFKHQ *HIKOVSKlQRPHQH EH]JOLFK LKUHU OHEHQVZHOWOLFKHQ 3UlJXQJHQLPDOOJHPHLQHQLKUHUlVWKHWLVFKHQ5HOHYDQ]LPEHVRQGHUHQDP(QGHGHV-DKU KXQGHUWVIRUWJHVFKULWWHQLVW  (VLVWHLQZHLWHUHU6FKULWWLQ5LFKWXQJDXIGLHlVWKHWLNWKHRUHWLVFKH'LIIHUHQ]LHUXQJGHU9HUP| JHQVVSKlUH GHV %HJHKUHQV ZHQQ (EHUKDUG PLW GLHVHU %HVWLPPXQJ GHU vita cognitionis GLH

Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



VSUHFKHQGHLQHGLHNXQVWlVWKHWLVFKH6LQQHVZDKUQHKPXQJLQMHGHPLKUHU.RQVWLWX WLRQVPRPHQWHEHJOHLWHQGHXQGSRWHQ]LHUHQGH'LVSRVLWLRQGHV*HPWVDXIDIIHNWLY HPRWLRQDOHU9HUP|JHQVEDVLV  (EHUKDUGV GHPRQVWUDWLY DQJHOHJWH %HLVSLHOH GLHQHQ IUHLOLFK QLFKW OHGLJOLFK GHU 9HUDQVFKDXOLFKXQJGHV6DFKYHUKDOWVGDVVGLHlVWKHWLVFKH/XVWGHU5KUXQJJHQDX JHQRPPHQEHUHLWVDXIGHU(EHQHGHV6LQQHQUHL]HVGHUVHQVXHOOHQ$LVWKHVLVVWDWW ILQGHWGLH6LQQHQOXVWGHV*DIIHUVJHZlKUWGLHVHPVFKRQDXIGHU(EHQHGHVEOR‰HQ (LQGUXFNVJHIKOVGDV(UOHEQLVDQJHQHKPHU(PRWLRQHQXQGGDVästhetische*HO WXQJVPRPHQWGHU$LVWKHVLVVRQDFKDXFKGLHUH]HSWLYH6HLWHGHUlVWKHWLVFKHQ(UIDK UXQJXPIDVVW$QDORJ]XUGRSSHOWHQ.RQVWLWXWLRQGHV(LQGUXFNVJHIKOVTXD%HWl WLJXQJVEHZXVVWVHLQ XQG /XVWEHJHKUHQ E]Z 7ULHE EHVWLPPW (EHUKDUG DXFK GDV 5KUXQJVJHIKO GXUFK GLH 'RSSHOVWUXNWXU YRQ OHLGHQVFKDIWOLFKHU $IIL]LHUWKHLW GXUFKGHQlVWKHWLVFKHQ*HJHQVWDQGXQGMHQHPDQWKURSRORJLVFKIXQGLHUWHQ%HGUI QLV GHV lVWKHWLVFKHQ 6XEMHNWV GDV GLH /XVW8QOXVW(UIDKUXQJ DOV GLH LKP VHLQHU Ä6HKQVXFKW QDFK (PRWLRQHQ³ JHPl‰H DIILUPLHUW 'HVKDOE IRUPXOLHUW (EHUKDUG LQ GLHVHP =XVDPPHQKDQJ VR HPSKDWLVFK Ä6R JUR‰ LVW GLH *HZDOW GHV 5KUXQJVJH IKOV (PRWLRQHQ (PRWLRQHQ GDV LVW HV ZRQDFK ZLU DOOH XQV VHKQHQ >«@³ 'XERV¶7KHRUHPGHVDQJHQHKPHQ*UDXHQVZLUGZHQQJOHLFKQLFKWXQHLQJHVFKUlQNW E]Z IUHL YRQ NULWLVFKHQ 9RUEHKDOWHQ JHJHQEHU GHQ ]HLWJHQ|VVLVFKHQ 7HQGHQ]HQ YHUZHLFKOLFKWHUµ (PSILQGVDPNHLW YRQ (EHUKDUG QDKH]X Z|UWOLFK DOV DQWKURSROR JLVFKHV 7ULHE0RPHQW GHU lVWKHWLVFKHQ (UIDKUXQJ EHNUlIWLJW :HQQ LUJHQGZR  SUDJPDWLVFKHQ .RQWXUHQ GHV %HJULIIV ± VHLQH 9HUPLWWOXQJVIXQNWLRQ ]XU6SKlUH GHV EHJHKUWHQ *XWV PLWKLQ GHV +DQGHOQV ± QXQPHKU YROOVWlQGLJ DXVEOHQGHW  (LQH 9HUVHOEVWlQGLJXQJ GHU lVWKHWLVFKHQ(UIDKUXQJJHJHQEHUGHPVLWWOLFKHQ0RPHQWVLQQHQJHOHLWHWHU:DKUQHKPXQJXQG (UNHQQWQLVGLHLPHWKLVFKXQWHUPDXHUWHQ(PSILQGXQJVNRQ]HSWGHUAllgemeinen TheorieQLFKW UHDOLVLHUEDUZDU 9JO(EHUKDUG $OOJHPHLQH7KHRULH ZLH$QP 6'HUÄ$QEDXGHV (PSILQGXQJVYHUP|JHQV³ LVW ÄYRQ GHU JU|‰WHQ (UKHEOLFKNHLW >«@ IU GLH $XVEXQJ GHU 7X JHQG³GDVlVWKHWLVFKSV\FKRORJLVFKH9HUVWlQGQLVGHU(PRWLRQHQVROOGHP9HUVWlQGQLVGHVPR UDOLVFKHQ+DQGHOQV]XDUEHLWHQ  9JO93b ZLH$QP 6Ä'DV5KUXQJVJHIKOYHUPHKUW>«@GLH9HUJQJHQGHVEOR‰HQ (LQGUXFNVJHIKOVHVLVWHLQHQHXH4XHOOHDQJHQHKPHU(PSILQGXQJHQ³  (EHUKDUGV%HLVSLHOGHVGHP0‰LJJDQJIU|QHQGHQ*DIIHUV QDFK]HLWJHQ|VVLVFKHP9RUELOGLP hEULJHQHLQ)UDQ]RVH PDFKWQRFKHLQPDODXIGLHWKHRULHJHVFKLFKWOLFKH8PGHXWXQJGHVUDWLR QDOLVWLVFKHQ9RUVWHOOXQJVSDUDGLJPDVDXIPHUNVDPGLHPLWGHUlVWKHWLVFKHQ7KHPDWLVLHUXQJGHU YRUVWHOOHQGHQ6HHOHDOV7lWLJNHLWVJHIKOYHUEXQGHQLVW'HQQDQGHUVDOVHWZDQRFKLQ6XO ]HUV$NDGHPLHDEKDQGOXQJHQDXVGHQIQI]LJHU-DKUHQLVWGLHKLHUDOV6LQQHQOXVWGHV6FKDXHQV JHIDVVWHVXEMHNWLYH/XVWHUIDKUXQJQXQQLFKWPHKUDXVVFKOLH‰OLFKEHUGLHSV\FKLVFKH$NWLYLWlW HLQHU 9RUVWHOOXQJHQ SURGX]LHUHQGHQ 6HHOH NRQ]HSWXDOLVLHUW VRQGHUQ DOV passiver UH]HSWLYHU  6LQQHQUHL] OHJLWLPLHUW  GDV UDWLRQDOLVWLVFKH 3DUDGLJPD GHU TXD 9RUVWHOOXQJHQ DNWLYLWlWVEH VWLPPWHQ6HHOHLVWZLUNXQJVlVWKHWLVFKXQWHUODXIHQ  9JO93b ZLH$QP 6I  9JOHEG6  9JO HEG 6 'HU Ä6HKQVXFKW QDFK (PRWLRQHQ³ NRUUHVSRQGLHUW GHU Ä7ULHE >«@ VLFK JHUQ GXUFKGDV*HIKOGHV*UDXVHQVIHVVHOQ]XODVVHQ³*HPHVVHQDQGHU7DWVDFKHGDVV(EHUKDUG VLFKLQVHLQHU(LJHQVFKDIWDOV7KHRORJHXQG0RUDOSKLORVRSKQRFKZHQLJH-DKUH]XYRUDOV.ULWL NHUGHUÄQHXPRGLVFKH>Q@7XJHQG³GHU(PSILQGVDPNHLW ÄHLQH7KRUKHLWLQZHOFKHRKQHKLQQXU LPPHU GLH VFKZlFKVWHQ 6HHOHQ YHUIDOOHQ³  KHUYRUJHWDQ KDW YJO -RKDQQ $XJXVW (EHUKDUG



Ernst Stöckmann

GDQQ KDW (EHUKDUGV lVWKHWLVFKH 3DWKRORJLH KLHU LKUHQ 3ODW] ,Q GHU DIIHNWWKHR UHWLVFKHQ$XIZHUWXQJGHU5KUXQJIUGLHlVWKHWLVFKH7KHRULHGXUFKGLHKLVWRULVFK GHU$QVFKOXVVDQ0HLHUV7KHRULHGHVÄlVWKHWLVFKHQ/HEHQV³KHUJHVWHOOWLVW  9HUODQJHQQDFK:RKOJHIDOOHQ (EHUKDUGV.RQ]HSWLRQGHUlVWKHWLVFKHQ/XVWDOVSchönheitsgefühl  9HUPLWWHOW(EHUKDUGVOXVWWKHRUHWLVFKHU=XJULIIDXIGLHlVWKHWLVFKHQ.UlIWHELVKLHU KLQ GHQ (LQGUXFN HLQHU NRQVHTXHQWHQ 3V\FKRORJLVLHUXQJ GHU %DXPJDUWHQVFKHQ 0HLHUVFKHQ  .DWHJRULHQ IU GLH lVWKHWLVFKH *HJHQVWDQGVHUNHQQWQLV E]Z XPJH NHKUW GHU 3URPRWLRQ GHU vita cognitionis ]XU lVWKHWLVFKHQ )XQGDPHQWDONDWHJRULH VR YHUGHXWOLFKW (EHUKDUGV GULWWH $EOHLWXQJVIRUP GHV PHQVFKOLFKHQ 7lWLJNHLWVJH IKOV  LP %HJULII GHV Ä6FK|QKHLWVJHIKOV³  GDVV GLH lVWKHWLVFKDQWKURSRORJL VFKHQ %HJUQGXQJVLQWHUHVVHQ GHV 3RSXODUSKLORVRSKHQ DOOHV DQGHUH DOV LQ HLQHU 7KHRULH GHU DQJHQHKPHQ *HIKOH HLQHU EOR‰ SV\FKRORJLVFK IXQGLHUWHQ $LVWKHVLV DOVVXEMHNWLYLVWLVFKHU7KHRULHGHVbVWKHWLVFKHQDXIJHKHQ'HQQVR(EHUKDUGMHW]W PLW GHXWOLFKHP 3HUVSHNWLYHQZHFKVHO YRQ GHQ VXEMHNWLYSV\FKRORJLVFKHQ :DKU QHKPXQJV XQG (UOHEQLVGLVSRVLWLRQHQ KLQ ]X GHQ JHJHQVWDQGVJHULFKWHWHQ (UIDV VXQJVOHLVWXQJHQGHVlVWKHWLVFKDIIL]LHUWHQ6XEMHNWV (PSILQGHQXQGEHJHKUHQVLQGQLFKWGLHHLQ]LJHQ.UlIWHLQXQVHUHU6HHOHGHUHQ7KlWLJNHLWHLQH 4XHOOH GHV 9HUJQJHQV ZHUGHQNDQQ :LU KDEHQDXFK HLQHQ 9HUVWDQG GHU GLH 7KHLOH LQ GHP *DQ]HQVRQGHUWXQGLKU$OOJHPHLQHVGHQNWHLQH9HUQXQIWGLHGLHVH7KHLOHLQ9HUELQGXQJ]X VDPPHQID‰W XQG LQ GHP *DQ]HQ +DUPRQLH ZDKUQLPPW :LW] GHU LQ GHP 9HUVFKLHGHQHQ 8HEHUHLQVWLPPXQJ XQG 6FKDUIVLQQ GHU LQ GHP $HKQOLFKHQ XQG *OHLFKHQ 9HUVFKLHGHQKHLW ZDKUQHKPHQ ZLOO GDV HUVWHUH XP GLH 8HEHUVLFKW GHV 9HUVFKLHGHQHQ ]X HUOHLFKWHUQ GDV OHW] WHUHXPGDV8HEHUHLQVWLPPHQGHGXUFK$EZHFKVOXQJDQ]LHKHQG]XPDFKHQ$OOHGLHVHHLQ]HO QHQ HUNHQQHQGHQ .UlIWH ZLUNHQ HLQ JOHLFKDUWLJHV *HIKO EHU GHVVHQ %HQHQQXQJ LFK DEHU LQ  1DFKVFKULIW 8HEHU GHQ VLWWOLFKHQ :HUWK GHU (PSILQGVDPNHLW ,Q -RKDQQ &KULVWLDQ )ULHGULFK %HKUHQV8HEHUGHQ:HUWKGHU(PSILQGVDPNHLWEHVRQGHUVLQ5FNVLFKWDXIGLH5RPDQH+DOOH  6± KLHU 6I  VLQG GLH KLHU IRUPXOLHUWHQ %HNUlIWLJXQJHQ GHU DQWKURSRORJL VFKHQ $OOJHPHLQKHLW GHV (PRWLRQVYHUODQJHQV HLQGUXFNVYROO XQG QLFKW QXU DXV GHP 6\VWHP ]ZDQJ]XHUNOlUHQ'HU/XVWDPJUDXVDPHQ6FKDXVSLHOJHKHQKLHU ZLHEHL'XERV 3|EHOund *HOHKUWHUQDFK±GLH/XVWGHVÄ8QJOlXELJVWHQ³DQGHUJHPHLQHQ*HVSHQVWHUJHVFKLFKWHZLHDQ %UJHUVÄ/HQRUH³NHQQWNHLQHVR]LRORJLVFKH'LIIHUHQ] YJO93b>ZLH$QP@6 =XUHX URSlLVFKHQ7UDGLWLRQGHVOXVWYROOHQ6FKDXGHUVYJO&DUVWHQ=HOOHÃ$QJHQHKPHV*UDXHQµ/LWH UDWXUKLVWRULVFKH%HLWUlJH]XUbVWKHWLNGHV6FKUHFNOLFKHQLP-DKUKXQGHUW+DPEXUJ  :LH VHKU (EHUKDUG KLHU WDWVlFKOLFK GHQ WKHRULHJHVFKLFKWOLFKHQ $QVFKOXVV ]XU 0HLHUVFKHQ 7KHRULHGHVÄlVWKHWLVFKHQ/HEHQV³ XQGGHVVHQ$XIZHUWXQJ]XUlVWKHWLVFKHQ)XQGDPHQWDONDWH JRULH LP .ULWHULHQNDWDORJ GHU cognitio sensitiva KHUVWHOOW YHUDQVFKDXOLFKHQ LQ GHU 7DW PLW 1DFKGUXFNVHLQHHQWVSUHFKHQGHQ$XVIKUXQJHQ]XGLHVHU.DWHJRULHLPbVWKHWLNNRPSHQGLXP 'LH lVWKHWLVFK ÄEHOHEHQGH .UDIW³ WHUPLQRORJLVFK ZLH VDFKOLFK MHW]W LGHQWLVFK PLW Ä5KUXQJ³ LVW ÄRKQH =ZHLIHO >«@ GLH YRUQHKPVWH 9ROONRPPHQKHLW HLQHV VFK|QHQ :HUNHV³ LQVRIHUQ HV ÄLeidenschaften erregt³í(EHUKDUG7KHRULHGHUVFK|QHQ:LVVHQVFKDIWHQ ZLH$QP † 6+HUYRUK(6 Ä'DV9HUP|JHQHLQHVVFK|QHQ:HUNHVRGHUHLQHU9RUVWHOOXQJHLQHVRO FKH 5KUXQJ RGHU GHQ K|FKVWHQ *UDG GHU 5KUXQJ KHUYRU]XEULQJHQ LVW GDV Pathos³ HEG 6 

Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



9HUOHJHQKHLWVH\QZHUGHZHQQPDQVLFKQLFKWGHQ1DPHQGHVSchönheitsgefühlsZLOOJHIDOOHQ ODVVHQ

,VW GLH DSSHWHQ] XQG DIIHNWWKHRUHWLVFKH )XQGLHUXQJ GHV ELVKHULJHQ $QVDW]HV PLW GHP (EHUKDUG VLFK GH IDFWR JlQ]OLFK LQ WKHRUHWLVFKHU hEHUHLQVWLPPXQJ PLW GHU .DQWLVFKHQ %HJUQGXQJ GHU lVWKHWLVFKHQ (UIDKUXQJ GXUFK GLH 6XEMHNWLYLWlW GHV /XVW8QOXVW*HIKOVEHIDQGGDGXUFK]XUFNJHQRPPHQGDVVGLH/XVWDPSchönen MHW]W DOV /XVW DP NXQVWlVWKHWLVFKHQ *HJHQVWDQG XQG GDULQ DOV JHPHLQVFKDIWOLFK NRRUGLQLHUWHV*HIKOGHUJHJHQVWlQGOLFKÄHUNHQQHQGHQ.UlIWH³NRQ]LSLHUWZLUG"  0LW GHU =XRUGQXQJ GHU LQWHOOHNWJHEXQGHQHQ (UIDVVXQJVOHLVWXQJHQ ]XP %HJULII GHV 6FK|QHQ VR KDW HV GHQ $QVFKHLQ JLEW (EHUKDUG GHU ELVKHULJHQ $EOHLWXQJV ULFKWXQJ VHLQHU lVWKHWLVFKHQ $QWKURSRORJLH ZRQDFK GLH 2UGQXQJ GHU lVWKHWLVFK UHOHYDQWHQ 9HUP|JHQ VLFK SULPlU QLFKW DXV GHQ 2EMHNWLYLHUXQJVOHLVWXQJHQ GHU ZDKUQHKPHQGHQ6HHOHKHUOHLWHWHVRQGHUQXPJHNHKUWDXVGHQ:LUNXQJHQGHVYHU P|JHQVEHUJUHLIHQGHQ 7lWLJNHLWVJHIKOV GHU PHQVFKOLFKHQ 6HHOH HLQH HQWVFKHL GHQGH :HQGXQJ 'HQQ GHQ DQJHJHEHQHQ %HVWLPPXQJHQ ]XIROJH OHLWHW VLFK GDV SchönheitsJHIKOQLFKWYRQÃXQWHQµDXVGHQ(LJHQVFKDIWVPHUNPDOHQGHUVLQQOLFK lVWKHWLVFKHQ :DKUQHKPXQJ GDV $QJHQHKPH GHV VLQQOLFKHQ 5HL]HV  DE VRQGHUQ DXV HLQHP REMHNWLYHQ %HJULII GHU 6FK|QKHLW GHP QDFK (EHUKDUG GLH (UIDVVXQJV OHLVWXQJHQGHVVerstandesXQGGHUVernunftNRUUHVSRQGLHUHQ'LHVHIUHLOLFKEH]LH KHQVLFKDXIGLH0HUNPDOHGHVlVWKHWLVFKHQGHVschönen*HJHQVWDQGVLQhEHU QDKPHGHU]HLWJHQ|VVLVFKHQ)RUPHOGHVPHWDSK\VLVFKHQ9ROONRPPHQKHLWVEHJULIIV IUGHQ3RSXODUSKLORVRSKHQVHOEVWYHUVWlQGOLFKÄ(LQKHLWXQG0DQQLJIDOWLJNHLWRGHU 6LPSOLFLWlWXQG$EZHFKVOXQJ³  ,P 5DKPHQ GLHVHU .RQVWUXNWLRQHQ LVW HV IROJHULFKWLJ ZHQQ (EHUKDUG MHW]W GLH DIIHNWLYHQ XQG HPRWLRQDO EHVWLPPWHQ 9ROO]XJVOHLVWXQJHQ JHJHQEHU GHQ 9RUVWHO OXQJVDNWLYLWlWHQ]XUFNWUHWHQOlVVWXQGGHQTXDQWLIL]LHUHQGHQ$QVDW]VHLQHUlOWHUHQ 9RUVWHOOXQJVWKHRULH LQ GHQ .ULWHULHQNDWDORJ GHV QRUPDWLY GHILQLHUWHQ 6FK|QHQ UHLQWHJULHUW :lKUHQG GHU 9HUVWDQG GDEHL GLH *HJHQVWDQGVHUIDVVXQJ ÄLQ 7KHLOHQ³ UHDOLVLHUW XQG JOHLFKVDP DXI GHP QXPHULVFKHQ :HJ GHV =lKOHQV GLH lVWKHWLVFKH /XVWHUUHLFKWIXQJLHUWGLHíVROFKHUPD‰HQaisthetischWUDQVIRUPLHUWHíÄVLQQOLFKH   93b ZLH$QP 6I  9HUVWDQG 9HUQXQIW DOV obere :LW] XQG 6FKDUIVLQQ DOV .DWHJRULHQ GHU unteren (UNHQQWQLV

YHUP|JHQ GHUHQ JHPHLQVFKDIWOLFKHV =XVDPPHQZLUNHQ GLH %DVLV GHV lVWKHWLVFKHQ *HIKOV ELOGHW  EHL DOOHU WKHRUHWLVFKHQ 9HUELQGOLFKNHLW JHJHQEHU %DXPJDUWHQV lVWKHWLVFKHU 7KHRULH ]HLJW VLFK KLHU QDFKGUFNOLFK (EHUKDUGV ,QWHQWLRQ GLH SV\FKRORJLVFKH XQG DQWKURSRORJLVFKH (UZHLWHUXQJGHV%HJUQGXQJVDQVDW]HVGHUAestheticaGXUFKGLH$XIVSUHQJXQJGHU(LQKHLWGHU $LVWKHVLVLPanalogon rationis]XUHDOLVLHUHQ$QVHLQH6WHOOHWULWWGDVOXVWlVWKHWLVFKH3ULQ]LS GHU EHVFKlIWLJWHQ 6HHOHQNUlIWH 7lWLJNHLWVJHIKO DOV Ä*HIKO XQVHUHU .UlIWH³ 93b >ZLH $QP@6   93b ZLH$QP 6  (EHUKDUGDGDSWLHUWHLQHQ*UXQGJHGDQNHQGHU/HLEQL]VFKHQ+DUPRQLHOHKUH 6HHOHQWlWLJNHLWGHV XQEHZXVVWHQ 0LW]lKOHQV  ZHQQ HU GLH lVWKHWLVFKHQ (UIDVVXQJVOHLVWXQJHQ GHV 9HUVWDQGHV DOV



Ernst Stöckmann

9HUQXQIW³  DOVV\QWKHWLVLHUHQGH(UIDVVXQJVJU|‰HGHUÄlVWKHWLVFKHQ7HLO*DQ]H 5HODWLRQ³6RHQWVWHKW HUVWHQV GDVÄ9HUJQJHQDXV 9RUVWHOOXQJHQGHUHQ*HJHQ VWlQGH GHU Verstand LQ 7KHLOHQ GHQNW GLH EORV GHU 0HQJH XQG *U|‰H QDFK YHU VFKLHGHQ VLQG³ ÄHarmoniegefühl³ DOV REMHNWLYLHUHQGHV (UIDVVHQ GHV lVWKHWLVFKHQ *HJHQVWDQGHVYRQVHLQHQ(LQ]HOPHUNPDOHQKHU8QGHVHQWVWHKW]ZHLWHQVlVWKHWL VFKH/XVWÄDXVGHUVLQQOLFKYRUJHVWHOOWHQ9ROONRPPHQKHLWGLHin dem Gegenstande selbst >+HUYRUK(6@LVW³ÄVollkommenheitsgefühl³DOV5HVXOWDWGHVVLQQHQJHOHL WHWHQ(UIDVVHQVGHUlVWKHWLVFKHQ7RWDOLWlWXQWHU0D‰JDEHGHVlVWKHWLVFKHQ=ZHFN EHJULIIVGHU9ROONRPPHQKHLW  (EHUKDUGV GXUFKJlQJLJ HPRWLRQDOLVWLVFKH .ODVVLILNDWLRQ  Gefühle  GHU QDFK NODVVL]LVWLVFKHU 7UDGLWLRQ VXEMHNWXQDEKlQJLJ NRQ]LSLHUWHQ .DWHJRULHQ GHV RQWROR JLVFK6FK|QHQ]HLJWGHXWOLFKGDV%HGUIQLVDQGHQ6XEMHNWEH]XJGHUlVWKHWLVFKUH OHYDQWHQ9ROO]XJVWlWLJNHLWHQNRQVHTXHQWDXFKDXIGHQ%HUHLFKGHU6FK|QKHLWVPH WDSK\VLN DXV]XGHKQHQ 1LFKWVGHVWRWURW] EOHLEW GLH *UXQGULFKWXQJ GHU ± DXI GHQ (EHQHQ GHV (PSILQGHQV (LQGUXFNVJHIKO  XQG %HJHKUHQV 5KUXQJVJHIKO  EH UHLWVNHQQWOLFK JHZRUGHQHQ± 3V\FKRORJLVLHUXQJJHZDKUW:LHGHPÃlVWKHWLVFKHQµ 9HUVWDQG GDV $EVRQGHUQ XQG 7HLOHQ GHU lVWKHWLVFKHQ *HJHQVWDQGVPHUNPDOH ÄJH IlOOWZHLOHVLQGHQ(LQGUFNHQVLQQOLFKLVWXQGmitLeichtigkeitJHVFKLHKHW³OlVVW (EHUKDUGDXFKGHUlVWKHWLVFKHQ9HUQXQIWWlWLJNHLWGDVSV\FKRORJLVFKH0RPHQWGHU  Ä8HEHU]lKOHQ³ GHU (LQ]HOPHUNPDOH UHVSHNWLYH GHU NOHLQHUHQ lVWKHWLVFKHQ (LQKHLWHQ  GHV .XQVWZHUNVEH]HLFKQHW$XVGHUTXDQWLWDWLYHUPHVVHQHQ3URSRUWLRQDOLWlWGHU(LQ]HOPHUNPDOH GLH GLH 6HHOH ÄXQYHUPHUNW XQG PLW XQEHJUHLIOLFKHU 6FKQHOOLJNHLW EHUUHFKQHW³ UHVXOWLHUH GDV $QJHQHKPHGHU(PSILQGXQJHQZLHLQGHU(XUK\WKPLH6\PPHWULHXQGPXVLNDOLVFKHQ+DUPR QLH YJOHEG6IVRZLH'HUV7KHRULHGHUVFK|QHQ:LVVHQVFKDIWHQ ZLH$QP † 6 $UWÄ0XVLN³   Ä6LQQOLFK³ IXQJLHUW KLHU LQ GHU %HGHXWXQJ YRQ ÄXQGHXWOLFK³ í YJO (EHUKDUG $QPHUNXQJHQ EHUGLH5HFHQVLRQ ZLH$QP 6 $QDORJ]XU.DWHJRULHGHV9HUVWDQGHVGLH(EHUKDUG LQ VHLQHU bVWKHWLN LP EULJHQ DOV FRQGLWLR VLQH TXD QRQ GHV ÄlVWKHWLVFKHQ *HQLHV³ GHILQLHUW HUJLEW VLFK GLH DLVWKHWLVFKH )XQNWLRQ GLHVHU .DWHJRULH GHV begrifflichen (UNHQQHQV OHGLJOLFK GXUFKGLH(QWSIOLFKWXQJYRPGHXWOLFKHQ(UNHQQHQGHUÄ7LHIVLQQLJNHLW³XQGGLH9HUSIOLFKWXQJ ÄGDV 0DQQLJIDOWLJH VHKU VLQQOLFK YRU]XVWHOOHQ ³  XQWHU %HLEHKDOWXQJ DOVR GHU (UNHQQWQLV IXQNWLRQÄLQGHP:HUNHGDV0DQQLJIDOWLJH>«@lX‰HUVWVFKQHOO]XXQWHUVFKHLGHQ³ YJOHEG 6   (EG6I  9JO93b ZLH$QP 6'LH7lWLJNHLWGHVsinnlichRSHULHUHQGHQ9HUVWDQGHVGHQNW (EHUKDUG DOVR RIIHQNXQGLJJDQ] DQDORJ ]XPlogischen9HUVWDQGHVJHEUDXFK 'DV LQ GHQÄ%LO GHUQXQG(LQGUFNHQ³DOVpars9RUJHVWHOOWHLVW]XJOHLFKGDVZDVDXIGDVlVWKHWLVFKHtotumEH ]RJHQZLUGÄLQGHQ7|QHQ$Q]DKOGHU6FKZLQJXQJHQLQGHQ*HVLFKWVJHJHQVWlQGHQ6FKUDQNHQ GHU$XVGHKQXQJRGHU)LJXU>«@$XVGLHVHQ7KHLOHQPX‰HU>GHU9HUVWDQG(6@VLFKDXIHLQH OHLFKWH $UW GDV *DQ]H ]XVDPPHQVHW]HQ N|QQHQ³ YJO HEG 6  =XP V\VWHPDWLVFKHQ =X VDPPHQKDQJ GHU lVWKHWLVFKHQ 7HLO*DQ]H/HKUH PLW %OLFNULFKWXQJ DXI %DXPJDUWHQ +HUGHU .DQWYJO+DQV$GOHU7RWXPFRQIXVH±3DUVGLVWLQFWH'LH(QWVWHKXQJGHUbVWKHWLNDOV5HGXN WLRQLVPXV.ULWLN,Q:DOWHU.RFK +J 'DV*DQ]HXQGVHLQH7HLOH 7KHZKROHDQGLWVSDUWV ,QWHUQDWLRQDOHVXQGLQWHUGLV]LSOLQlUHV6\PSRVLXP%RFKXP6±  9JO 93b ZLH $QP   6 Ä>'@HQQ GLH =XVDPPHQVWLPPXQJ GHU %HVFKDIIHQKHLWHQ XQG 7KHLOHGHVVHOEHQ>«@]XGHP=ZHFNHGHV:HUNVLVW9ROONRPPHQKHLW³

Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



/XVWHUIDKUXQJ jOD/HYHVTXH GH3RXLOO\ GLHÄOHLFKWH%HVFKlIWLJXQJ³NRUUHVSRQ GLHUHQ  'DPLW LVW ]XP HLQHQ XQPLVVYHUVWlQGOLFK  XQG GLHVHU WKHRULHJHVFKLFKWOLFK IU GLHDQWKURSRORJLVFKHbVWKHWLNGHU%DXPJDUWHQVFKHQ6FKXOHZLHIUGLHlVWKHWLVFKH /XVWWKHRULH.DQWVYHUELQGOLFKHQ3UlPLVVHYHUOHLKWQLFKW]XOHW]WDXFK(EHUKDUGKLHU V\VWHPDWLVFKH6WW]XQJ'LHlVWKHWLVFKH/HW]WEHJUQGXQJUXKWDXIGHP*UXQGGHU /XVWGHVDIIL]LHUWHQÄ*HIKO>V@XQVHUHU.UlIWH³  *OHLFKZRKO VR GLH ZHLWHUH WKHRULHJHVFKLFKWOLFK PDUNDQWH %HJUQGXQJVHQWVFKHL GXQJ(EHUKDUGVLPVersuch'LHlVWKHWLVFKH(PRWLRQGHUÄSinn für Schönheit³ JHK|UW ]XP (UNHQQWQLVYHUP|JHQ 6WDWW LQ HLQH $QWKURSRORJLH GHV lVWKHWLVFKHQ *HIKOV HLQH 7KHRULH GHV bVWKHWLVFKHQ DXI GHU %DVLV HLQHV lVWKHWLVFK DXWRQRPL VLHUWHQ  /XVW8QOXVW*HIKOV VFKZHQNW (EHUKDUGV lVWKHWLVFKH $QWKURSRORJLH LP 'HILQLWLRQVEHUHLFK GHV bVWKHWLVFKHQ DOV GHV Schönen XQG GDUEHU NDQQ DXFK GHU lVWKHWLVFKH 3V\FKRORJLVPXV QLFKW KLQZHJWlXVFKHQ KLHU LQ GLH WUDGLWLRQHOOHQ %DK QHQGHUGXDOLVWLVFKHQ9HUP|JHQVSV\FKRORJLH]XUFN  

 (EHUKDUGFRQWUD.DQWRGHUÄREMHFWLYH³YVÄVXEMHFWLYH³bVWKHWLN  :DV(EHUKDUGLQVDFKOLFKHU(QWVSUHFKXQJ]XPKLHUJHZlKOWHQ%HJUQGXQJVYHUIDK UHQGHVVersuchsDQQlKHUQG]HLWJOHLFKDQDQGHUHU6WHOOHDOV9RUJHKHQUHFKWIHUWLJHQ ZLUGGHQ*HOWXQJVSULPDWGHUÄXQPLWWHOEDUHQ4XHOOH³GHVlVWKHWLVFKHQ:RKOJHIDO OHQVXQG9HUJQJHQV]XJXQVWHQHLQHUÄREMHFWLYHQ0HWKRGH³]XUFN]XVWHOOHQYHU GLHQW LQ GLHVHP =XVDPPHQKDQJ EHVRQGHUH $XIPHUNVDPNHLW 'HQQ GXUFK GLHVHQ 6FKULWWODVVHQVLFKQLFKWDOOHLQZHVHQWOLFKH0RWLYHGHUVSlWDXINOlUHULVFKHQSKLORVR SKLVFKHQ bVWKHWLN LP (LQIOXVVIHOG YRQ .DQWV 7UDQV]HQGHQWDOlVWKHWLN XQG *H VFKPDFNVNULWLN YHUDQVFKDXOLFKHQ VRQGHUQ HEHQ DXFK GLH WKHRULHJHVFKLFKWOLFKHQ   (EG6 +HUYRUK(6 6  'LH DLVWKHWLVFKH .RPSRQHQWH GHU

SULPlUHQ 6LQQHVHUIDKUXQJ XQG GLH OXVWSV\FKRORJLVFKH .RPSRQHQWHGHUlVWKHWLVFKHQ:LUNXQJVHUIDKUXQJZLUNHQGDEHLNRRUGLQDWLYZLHIUGLHAesthetica naturalis %DXPJDUWHQ LVWGHU*HVLFKWVSXQNWGHULQWHJUDWLYHQ9HUP|JHQVHQWIDOWXQJOHL WHQG YJO 93b ZLH $QP   6 Ä$OOHV ZDV XQV UKUHW PX‰ HUVW DXI 6LQQH XQG (LQELO GXQJVNUDIW RGHU DXI GDV (LQGUXFNVJHIKO ZLUNHQ VR ZLH QLFKWV DXI GLHVHV ZLUNHQ NDQQ ZDV QLFKWPLWPHKURGHUZHQLJHUEHPHUNOLFKHQ(PRWLRQHQVROOWHEHJOHLWHWVH\Q³  (EHUKDUG$QPHUNXQJHQEHUGLH5HFHQVLRQ ZLH$QP 6  =XP9HUJOHLFKYRQ(EHUKDUGV7KHRULHQLYHDXPLWGHU]HLWJHQ|VVLVFKHQSV\FKRORJLVFKHQbVWKH WLNWKHRULH ELHWHQ VLFK LQVEHVRQGHUH GLH DQQlKHUQG ]HLWJOHLFK HQWZLFNHOWHQ $QVlW]HQ $ELFKWV XQG=VFKRNNHVDQZHOFKHGLH(LJHQDUWGHVbVWKHWLVFKHQEHUGLHYHUP|JHQVWKHRUHWLVFKH%LQ GXQJDQGDVÄ(PSILQGXQJVYHUP|JHQ³]XHWDEOLHUHQVXFKHQ-RKDQQ+HLQULFK$ELFKW.ULWLVFKH %ULHIH EHU GLH 0|JOLFKNHLW HLQHU ZDKUHQ ZLVVHQVFKDIWOLFKHQ 0RUDO 7KHRORJLH 5HFKWVOHKUH HPSLULVFKHQ 3V\FKRORJLH XQG *HVFKPDFNVOHKUH PLW SUIHQGHU +LQVLFKW DXI GLH .DQWLVFKH %HJUQGXQJ GLHVHU /HKUH 1UQEHUJ  +HLQULFK =VFKRNNH ,GHHQ ]XU SV\FKRORJLVFKHQ bVWKHWLN%HUOLQ)UDQNIXUWDG2GHU



Ernst Stöckmann

.RQWXUHQ GHU YLHO]LWLHUWHQ $QWLWKHVH YRQ SRSXODUSKLORVRSKLVFKHU VLYH ÃYROONRP PHQKHLWVWKHRUHWLVFKHUµVLYHÃSV\FKRORJLVFKHUµ XQG.DQWLVFKHUbVWKHWLNNRQ]HSWLRQ LPVSlWHQ-DKUKXQGHUWSUl]LVLHUHQ  ,Q GH]LGLHUW WKHRULHJHVFKLFKWOLFKHU 2SSRVLWLRQVVWHOOXQJ ]XP .DQWLVFKHQ bVWKHWLN NRQ]HSW GHU Kritik der Urteilskraft QlPOLFK XQG ZLH NDXP DQGHUV ]X HUZDUWHQ XQWHU HQWVSUHFKHQGHU %HNUlIWLJXQJ GHU V\VWHPDWLVFKHQ *HOWXQJ GHV %DXPJDUWHQ VFKHQ XQG 0HLHUVFKHQ $QVDW]HV LQ GHU bVWKHWLN YHUWHLGLJW (EHUKDUG LQ GLHVHU 6WHOOXQJQDKPH VHLQ REMHNWLYLVWLVFKHV %HJUQGXQJVYHUIDKUHQ IU GLH lVWKHWLVFKH 7KHRULH GHV 6FK|QHQ ZHOFKHVÄGLH lX‰HUQ *UQGH >GHV:RKOJHIDOOHQV DQ .XQVW ZHUNHQ(6@LQGHU%HVFKDIIHQKHLWGHU:HUNH]XHUIRUVFKHQ³XQGGLH7KHRULHGHU lVWKHWLVFKHQ /XVW PLWKLQ DXFK DXI GLH ÄPLWWHOEDUHQ 4XHOOHQ RGHU GLH JHIDOOHQGHQ *HJHQVWlQGHDX‰HUPLU³]XEH]LHKHQVXFKW  ,P8QWHUVFKLHG]X.DQWV%HJUQGXQJVDQVDW]LQGHUlVWKHWLVFKHQ7KHRULHGUIH GLHSKLORVRSKLVFKHbVWKHWLNVR(EHUKDUGLPEULJHQJDQ]RKQHGHVSHNWLHUOLFKHQ RGHU SROHPLVFKHQ 8QWHUWRQ QLFKW ÄEH\ GHQ VXEMHFWLYHQ *UQGHQ GHV :RKOJHIDO OHQVDQGHQ:HUNHQGHU.XQVWVWHKHQ³EOHLEHQ   9JO

HWZD GLH 'DUVWHOOXQJ EHL 'LHWHU .OLFKH bVWKHWLN XQG $LVWKHVLV =XU %HJULIIV XQG 3UREOHPJHVFKLFKWHGHVbVWKHWLVFKHQ,Q:HLPDUHU%HLWUlJH  +6±KLHU 6II  93b ZLH$QP 6  (EG 6 $XV (EHUKDUGV GLHVEH]JOLFKHQ )RUPXOLHUXQJHQ JHKW KHUYRU GDVV QLFKW .DQWV %HJULIIGHUÄWUDQV]HQGHQWDOHQ bVWKHWLN³ DOV 7KHRULH GHU Ä3ULQ]LSLHQGHU 6LQQOLFKNHLW DSULRUL³ DXVGHUKritik der reinen VernunftVRQGHUQGHVVHQVRHEHQ  HUVFKLHQHQH7KHRULHGHUlV WKHWLVFKHQ8UWHLOVNUDIWLQ*HVWDOWGHUKritik der UrteilskraftGHU*HJHQVWDQGGHU.ULWLNLVW'HQQ GHP%HJULIIGHVbVWKHWLVFKHQDOV9ROONRPPHQKHLWVPRGXVGHUcognitio sensitiva YROOHQGVHQW JHJHQJHVHW]W LVW .DQWV (UNOlUXQJ GHV bVWKHWLVFKHQ EHU GHQ %HJULII GHU Ä=ZHFNPl‰LJNHLW³ ZRQDFKHVZHGHUHLQH(UNHQQWQLVGHVlVWKHWLVFKHQ*HJHQVWDQGHVQRFKHLQ%HJHKUHQQDFKLKP JLEWVRQGHUQQXUÄGDV6XEMHNWLYH³HLQHV LPIUHLHQ6SLHOYRQ(LQELOGXQJVNUDIWXQG9HUVWDQG  VLFKREMHNWLYLHUHQGHQ*HIKOVGHU/XVWRGHU8QOXVW9JO,PPDQXHO.DQW'LH.ULWLNHQ+JY :LOKHOP:HLVFKHGHO%G.ULWLNGHU8UWHLOVNUDIW)UDQNIXUWD0(LQOHLWXQJ6I >%I@   Ä,FKWDGHOHGLHVH0HWKRGH>GLHÄVXEMHNWLYH0HWKRGH³.DQWV(6@QLFKWLFKNDQQVLHDEHUQLFKW GHUREMHFWLYHQ0HWKRGHYRU]LHKHQ³í(EHUKDUG$QPHUNXQJHQEHUGLH5HFHQVLRQ ZLH$QP   6 :LH LQ GHU )ROJH GHU $UJXPHQWDWLRQ EHUXIW VLFK (EHUKDUG DXFK KLHU DXI GLH *HVFKPDFNVWKHRULHVHLQHV)UHXQGHV0DUFXV+HU]GHPHVJOHLFKLKPQLFKWGDUXPJLQJHÄJH JHQGLHNULWLVFKH3KLORVRSKLH3DUWH\]XQHKPHQ³VRQGHUQ]XHUZHLVHQGDVVVLFKHLQHÄJUQGOL FKH*HVFKPDFNVWKHRULHDPEHVWHQDXIGLH%DXPJDUWHQVFKHQ%HJULIIH³EDXHQOLH‰H YJOHEG 6  :lKUHQG .DQW GLH lVWKHWLVFKH (UIDKUXQJ YRP UDWLRQDOLVWLVFKHQ 9ROONRPPHQKHLWVEH JULII VWULNW HQWNRSSHOW Ä'DV *HVFKPDFNVXUWHLO LVW YRQ GHP %HJULIIH GHU 9ROONRPPHQKHLW JlQ]OLFKXQDEKlQJLJ³YJO.DQW.ULWLNGHU8UWHLOVNUDIW†6± KDWWH+HU]LQVHL QHU 7KHRULH GHV lVWKHWLVFKHQ *HVFKPDFNV GLH YROONRPPHQKHLWVWKHRUHWLVFKH $EOHLWXQJ GHV 6FK|QKHLWVEHJULIIVGHU%DXPJDUWHQVFKHQ6FKXOHQRFKHLQPDOYHUWHLGLJWXQGLP5DKPHQHLQHU JHQHUHOOHQ 3ROHPLN JHJHQ GLH ÄVerwechslung des Geschmackes mit dem Gefühl³ GDV lVWKHWL VFKH %DVLVYHUP|JHQ GHV *HVFKPDFNV DQ GHQ (UNHQQWQLVEHJULII ]XUFNJHEXQGHQ V 0DUFXV +HU] 9HUVXFK EHU GHQ *HVFKPDFN XQG GLH 8UVDFKHQ VHLQHU 9HUVFKLHGHQKHLW %HUOLQð  6IYJOEHV6II+HUYRUK(6 

Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



 =XPHUVWHQQLFKWZHLOVR(EHUKDUGVHUVWHV JQRVHRORJLVFKHV *HJHQDUJXPHQW GLH.RUUHVSRQGHQ]YRQVXEMHNWLYHU*HJHQVWDQGVSHU]HSWLRQXQGREMHNWLYHQ*HJHQ VWDQGVHLJHQVFKDIWHQGD]XEHUHFKWLJHGLH.XQVWHUIDKUXQJDOVHLQHREMHNWLYYHUPLW WHOWHDQ]XVHKHQ0LWDQGHUHQ:RUWHQ'HUVXEMHNWLYH:DKUKHLWVJHKDOWGHUlVWKHWL VFKHQ (UIDKUXQJ  LP (OHPHQW GHU ÄXQDXVZHLFKOLFKHQ XQG XQDXIO|VOLFKHQ ,OOX VLRQ³ GHU lVWKHWLVFKHQ Ä7lXVFKXQJ³  KDW QDFK $QVLFKW GHV 3KLORVRSKHQ VHLQHQ LQWHUVXEMHNWLYHQ *HOWXQJVJUXQG LP :DKUKHLWVJHKDOW GHU lVWKHWLVFK YHUPLWWHOWHQ *HJHQVWlQGH  8QWHUPDXHUW (EHUKDUG PLW GLHVHP $UJXPHQW GLH HLQH WKHRULHJHVFKLFKWOLFKH .RQVWDQWH GHU YRUNULWLVFKHQ bVWKHWLN LKUH %LQGXQJ DQ GHQ metaphysisch-objektiven 9ROONRPPHQKHLWVEHJULII VR PDUNLHUW VHLQ )ROJHHLQZDQG JHJHQ GLH OXVWSV\ FKRORJLVFKH/HW]WEHJUQGXQJGHVlVWKHWLVFKHQ:LVVHQVGHUHQ]ZHLWH'LH%LQGXQJ DQ GHQ VXEMHNWLYHQ 9ROONRPPHQKHLWVEHJULII XQG PLW GLHVHP QRWZHQGLJ YHUEXQ GHQ DQ GDV pragmatische /HJLWLPDWLRQVPRPHQW GHU YRUNULWLVFKHQ bVWKHWLN GHU VSlWHQ$XINOlUXQJ'HQQEOLHEHPDQVR(EHUKDUGV]ZHLWHV*HJHQDUJXPHQW]XP   (EHUKDUGV

LQ GLHVHP =XVDPPHQKDQJ EHWRQWH *HOWXQJ GHU RQWRORJLVFKHQ 3UlPLVVHQ GHV /HLEQL]LDQLVPXV YJO HWZD HEG 6   VWHKW LQ GHU GHXWOLFKHQ $EVLFKW VHLQH lVWKHWL VFKHQ 3RVLWLRQHQ LQ GLH SROHPLVFKH 9HUWHLGLJXQJ GHV VRJ Ä'RJPDWLVPXV³ JHJHQEHU GHP .DQWLVFKHQ .ULWL]LVPXV HLQ]XELQGHQ PD: GLH HUNHQQWQLVWKHRUHWLVFK RULHQWLHUWH .ULWLN GHU 7UDQV]HQGHQWDOSKLORVRSKLH YRP %RGHQ GHU lVWKHWLVFKHQ 7KHRULH DXV ]X XQWHUVWW]HQ =XP WKHRULHJHVFKLFKWOLFKHQ .RQWH[W GHU (EHUKDUG.DQW.RQWURYHUVH VLHKH HLQJHKHQG 0DQIUHG *DZOLQD'DV0HGXVHQKDXSWGHU.ULWLN'LH.RQWURYHUVH]ZLVFKHQ,PPDQXHO.DQWXQG-RKDQQ $XJXVW(EHUKDUG%HUOLQ1HZ+HUYRUK (6@ YJO HEG †† ± 6± =XU SURJUDPPDWLVFKHQ .RQMXQNWLRQ EHLGHU %HGHXWXQJVVHLWHQ YJO DXFK'HUV$QPHUNXQJHQEHUGLH5HFHQVLRQ ZLH$QP 6



Ernst Stöckmann

lVWKHWLVFKHQ 6XEMHNWLYLVPXV GHV .DQWLVFKHQ $QVDW]HV LQ GHU bVWKHWLN EHL GHU DQDO\WLVFKHQ(UIDVVXQJGHU lVWKHWLVFKHQ:LUNXQJHQDXIGDV *HPW GDVUHLQVXE MHNWLY EHVWLPPWH *HIKO GHU /XVW XQG 8QOXVW  XQG GDPLW EHL GHU ÄVXEMHNWLYHQ (UNOlUXQJVPHWKRGH³ VWHKHQ ZlUH GHU bVWKHWLN DOV Ä:LVVHQVFKDIW GHU 5HJHOQ GHU 9ROONRPPHQKHLWGHUVLQQOLFKHQ(UNHQQWQL‰³GHU%RGHQHQW]RJHQ'DV,QWHUHVVHDQ Ä5HJHOQIUGLH+HUYRUEULQJXQJVFK|QHU:HUNH³MHGRFK±GLHVDIILUPLHUW(EHU KDUGXQWHU$QVFKOXVVDQ%DXPJDUWHQXQG0HLHUDOVXQHUOlVVOLFKH%HGLQJXQJSKLOR VRSKLVFKHUbVWKHWLNDOVHLQHUÄRUJDQLVFKHQ'LV]LSOLQ³VHW]WGLH9HUVFKUlQNXQJ YRQZLUNXQJVlVWKHWLVFKHU SV\FKRORJLVFKHU XQGSURGXNWLRQVlVWKHWLVFKHU8QWHUVX FKXQJVSHUVSHNWLYH YRUDXV XQG YHUODQJW SULQ]LSLHOO DXFK DXI ÄGLH JHIDOOHQGHQ *H JHQVWlQGH DX‰HU PLU³ ]X UHIOHNWLHUHQ 'LH 6WR‰ULFKWXQJ YRQ (EHUKDUGV $UJXPHQWDWLRQ LVW XQVFKZHU ]X HUNHQQHQ 0LW Ä6ROLSVLVPXV³ GHU GDV 9HUJQJHQ GHUlVWKHWLVFKHQ:DKUQHKPXQJQXUDXIGLH,UUHGX]LELOLWlWGHVVXEMHNWLYHQ/XVWJH KDOWV]XEH]LHKHQZHL‰LVWGLHVH7KHRULHYDULDQWHMHGHQIDOOVHEHQVRZHQLJLGHQWLVFK ZLHPLWGHUÄILQDOLVWLVFKHQ%HWUDFKWXQJGHU.XQVW³±DOVEOR‰HP0LWWHOGHVVXEMHN WLYHQlVWKHWLVFKHQ=ZHFNV    9JO.DQW.ULWLNGHU8UWHLOVNUDIW ZLH$QP (LQOHLWXQJ6>%;/,,,@  93b ZLH$QP 6  'LH YRQ (EHUKDUG LQ VHLQHP GLV]LSOLQJHVFKLFKWOLFKHQ $XIULVV GHU SKLORVRSKLVFKHQ

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Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



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Ernst Stöckmann

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Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



GXQJGHUDQWKURSRORJLVFKlVWKHWLVFKHQ9HUP|JHQVKLHUDUFKLHHUJLEWVLFKGDUDXVGLH 5HVHUYLHUXQJ GHV 0LPHVLV*UXQGVDW]HV IU GHQ 3KlQRPHQEHUHLFK GHV (LQGUXFNV JHIKOV0LWGLHVHPVLQGZRKO6WLOOOHEHQQLFKWDEHU5DPOHUV2GHQRGHU:LHODQGV Ä2EHURQ³DOVVFK|QH.XQVWZHUNHDXVZHLVEDU  %OHLEW (EHUKDUG PLW GLHVHU UKUXQJVlVWKHWLVFKHQ 5HODWLYLHUXQJ GHV 1DFK DKPXQJVSULQ]LSV LP 5DKPHQ GHU DQWKURSRORJLVFKlVWKHWLVFKHQ $XIZHUWXQJ GHV DIIHNWLYHQ 0RPHQWV NXQVWZHUNlVWKHWLVFKHU *HJHQVWDQGVNRQVWLWXWLRQ VR XQWHU VWUHLFKWHULP5FNJULIIDXIGLHEHLGHQYHUEOHLEHQGHQ.DWHJRULHQGHU%DXPJDUWHQ VFKHQ 7RSLN  Ä:DKUKHLW³ XQG Ä8HEHUUHGXQJVNUDIW³  GHQ (UNHQQWQLVFKDUDNWHU GHUlVWKHWLVFKHQ5H]HSWLRQXQG3URGXNWLRQDXIOXVWWKHRUHWLVFKHU*UXQGODJH:DKU KHLW als lVWKHWLVFKH LVW *HJHQVWDQG GHV DXI Vergnügen QLFKW DXI (UNHQQWQLV EH GDFKWHQ ÄVLQQOLFKHQ 9HUVWDQGHV³ VR ZLH hEHUUHGXQJ GHU ZLUNXQJVlVWKHWLVFKH ,QEHJULIIMHQHUlVWKHWLVFKHQ7lXVFKXQJGHVlVWKHWLVFKHQÄ9LUWXRVHQ³ *HQLHV LVW GLHGHP=ZHFNEHJULIIGHV.XQVWZHUNV5HFKQXQJ]XWUDJHQKDW lVWKHWLVFKH7RWD OLWlW Ä=ZHFN³  RKQH YRP VXEMHNWLYHQ /XVWFKDUDNWHU GHU VLQQHQJHOHLWHWHQ :DKU QHKPXQJ ÄEHOHEHQGH.UDIW³ ]XDEVWUDKLHUHQ  'LHYRQ(EHUKDUGLQGLHVHQ.DWHJRULHQ]XVDPPHQJHIDVVWHQ(OHPHQWHGHUNXQVW lVWKHWLVFKHQ*HJHQVWDQGVZDKUQHKPXQJVLQGLQVRIHUQGRSSHOWDQGLH6HOEVWEH]J OLFKNHLW GHU /XVW und DQ GLH DX‰HUVXEMHNWLYH .DWHJRULH GHV lVWKHWLVFKHQ =ZHFNV ]XUFNJHEXQGHQ 'HU LQ GHU (EHUKDUGVFKHQ (UNHQQWQLVWKHRULH GRPLQLHUHQGH 2Q WRORJLVPXVGHVlVWKHWLVFKHQ*HJHQVWDQGVLVWGDPLWJHQXVVlVWKHWLVFKXQGSV\FKROR JLVFKGXUFKEURFKHQ(VLVWVR(EHUKDUGV3RLQWHLQGHU*HQXVVWKHRULHGHUNXQVWlV  *HVFKPDFNXQGGLH8UVDFKHQVHLQHU9HUVFKLHGHQKHLW>@=ZH\WHYHUPHKUWHXQGYHUEHV VHUWH$XIODJH%HUOLQ6   9JO 93b ZLH $QP   6 'LH OHW]WH 6FKOXVVIROJHUXQJ GHV 3KLORVRSKHQ PDFKW GHXWOLFK GDVV DOV HLJHQWOLFKH )ROLH GHU (EHUKDUGVFKHQ .ULWLN DQ GHU lVWKHWLNWKHRUHWLVFKHQ 'RJPDWLVLH UXQJ GHV 0LPHVLV3RVWXODWV QLFKW GHU $ULVWRWHOLVFKH $QVDW] GLHQW VRQGHUQ GHVVHQ QRUPDWLYH 8QLYHUVDOLVLHUXQJ LQ %DWWHX[¶ NODVVL]LVWLVFKHU .XQVWWKHRULH YJO &KDUOHV %DWWHX[ /HV EHDX[ DUWVUpGXLWVjXQPqPHSULQFLSH(LQVFKUlQNXQJGHUVFK|QHQ.QVWHDXIHLQHQHLQ]LJHQ*UXQG VDW] $XV GHP )UDQ]|VLVFKHQ EHUV X P $EKDQGOXQJHQ EHJOHLWHW Y -RKDQQ $GROI 6FKOHJHO /HLS]LJ $ULVWRWHOHV¶$UJXPHQWDWLRQVHOEVWYHUVFKOLH‰WVLFKGHQ'HXWXQJVP|JOLFKNHLWHQ ZLH VLH (EHUKDUG KLHU LP $QVFKOXVV DQ GHQ *HQLH%HJULII YHUVXFKVZHLVH XQWHUQLPPW DOOHU GLQJVNHLQHVZHJVÄ:HQQPDQLQGHVGHQGDUJHVWHOOWHQ*HJHQVWDQGQRFKQLHHUEOLFNWKDWGDQQ EHUHLWHWGDV:HUNQLFKWDOV1DFKDKPXQJ9HUJQJHQVRQGHUQZHJHQGHU$XVIKUXQJRGHUGHU )DUEHRGHUHLQHUDQGHUHQGHUDUWLJHQ(LJHQVFKDIW³í$ULVWRWHOHV3RHWLN ZLH$QP 6  Ä8HEHUUHGXQJVNUDIW³ (EHUKDUGV YRUOHW]WH .DWHJRULH LQ VHLQHU HLJHQHQ lVWKHWLVFKHQ 7RSLN LVW LGHQWLVFK PLW GHU %DXPJDUWHQVFKHQ .DWHJRULH GHU ÄVLQQOLFKHQ *HZL‰KHLW³ 9JO (EHUKDUG 7KHRULHGHUVFK|QHQ:LVVHQVFKDIWHQ ZLH$QP ††±6±   (EG6I  (EHUKDUGKlOWKLHU ZLHLPhEULJHQDXFKLQGHQ$QPHUNXQJHQ DP7HUPLQXVGHVÄ9LUWXRVHQ³ IHVW6DFKOLFKLGHQWLVFKLVWZDV(EHUKDUGXQWHUGHP7LWHOGHVÄlVWKHWLVFKHQ*HQLHV³LQVHLQHU V\VWHPDWLVFK DXVJHIKUWHQ bVWKHWLN WKHPDWLVLHUW GLH DOOVHLWLJ DXVJHELOGHWHQ lVWKHWLVFKHQ 9HU P|JHQVSRWHQWLDOHGHVÄKHUYRUEULQJHQGHQ³.QVWOHUV YJO76.:†6I   Ä'LH $UWLVWHQ LQ GHQ GLFKWHQGHQ .QVWHQ PVVHQ DOVR GLH (OHPHQWH GHU 6FK|QKHLW IU GLH VLQQOLFKH 9HUQXQIW ]X HLQHP :HUNH ]XVDPPHQVHW]HQ GDV GXUFKGLH Einheit des Zwecks RGHU GHUbelebenden Kraft>+HUYRUK(6@]XHLQHP*DQ]HQZLUGVLHP|JHQVHLQH)RUPEHUHLWVLQ GHU1DWXUILQGHQRGHUQLFKW³ 93b>ZLH$QP@6 



Ernst Stöckmann

WKHWLVFKHQ*HJHQVWDQGVWKHRULH PLWGHUGHIDFWRGLH9HUVFKUlQNXQJGHUÄVXEMHNWL YHQ³PLWGHUÄREMHNWLYHQ³0HWKRGHJHOHLVWHWLVWGLHYROOHQGHWH/XVWLP:DKUQHK PXQJVYROO]XJ lVWKHWLVFK YROONRPPHQHU :HUNH ÄGDV 9HUJQJHQ VHOEVW³   LQ ZHOFKHPVLFKGHU8PVFKODJYRQ YROONRPPHQKHLWVJHULFKWHWHU *HJHQVWDQGVRULHQ WLHUXQJ ]X OXVWEHVWLPPWHU  6HOEVWEH]JOLFKNHLW YROO]LHKW XQG MHQHQ =XVWDQG GHU lVWKHWLVFKHQ .RQWHPSODWLRQ HU]HXJW GHU GDV lVWKHWLVFKH :RKOJHIDOOHQ JOHLFKVDP XQLQWHUHVVLHUWYROO]LHKW :HQQGDV:HUNHLQHQVRKRKHQ*UDGGHU6FK|QKHLWKDWGDVVHVGLHJHQLH‰HQGH6HHOHELV]X HLQHU$UWGHU(QW]FNXQJEH]DXEHUW>«@ZHQGHWVLFKGLH$XIPHUNVDPNHLWGHU6HHOH>«@DOV GDQQJDQ]PHFKDQLVFKYRQGHQ6HLWHQGHV*HJHQVWDQGHVDEZHOFKHVLHDQLKUHP*HQXVVHKLQ GHUQN|QQWH

5HODWLYLHUW ZLUG GLH 2EMHNWYROONRPPHQKHLW 6FK|QKHLW DOV 9ROONRPPHQKHLW  LP *HQXVV DP lVWKHWLVFKHQ *HJHQVWDQG GDGXUFK GDVV GLH :DKUQHKPXQJVOXVW DOV VXEMHNWJHULFKWHWH 9ROO]XJVOXVW GLH NRJQLWLYHQ $VSHNWH GHU lVWKHWLVFKHQ *HJHQ VWDQGVHUIDVVXQJSUlGRPLQLHUW'LH6HHOHVR(EHUKDUGDQDQGHUHU6WHOOHLQ$XVIRU PXOLHUXQJ GLHVHV 6DFKYHUKDOWV ZLUG GHPJHPl‰ DOOHV WXQ GLHVH Ä0DJLH GHV 9HU JQJHQV³IRUW]XVHW]HQXQGGLH6LQQOLFKNHLWXQDXVJHVHW]WÄZLOOLJ³]XKDOWHQIUGLH lVWKHWLVFKH ,OOXVLRQ bVWKHWLVFKH :DKUKHLW DOV :DKUKHLW GHU ÄVLQQOLFKHQ 9HU QXQIW³ KDW GHPQDFK LKU )XQGDPHQW LP %HGUIQLV QDFK VLQQOLFK YHUPLWWHOWHP *H QXVV 'DV ,QWHUHVVH DQ GHU $XIUHFKWHUKDOWXQJ GHU 9ROO]XJVOXVW í GHU lVWKHWLVFKHQ (UIDVVXQJVOHLVWXQJHQíGLNWLHUWGLH/XVWGHUlVWKHWLVFKHQ7lXVFKXQJ  

 0LW%DXPJDUWHQJHJHQ.DQW (EHUKDUGV2SHUDWLRQDOLVLHUXQJGHUHUNHQQWQLVWKHRUHWLVFKHQ bVWKHWLN]XHLQHU7KHRULHGHU*HVFKPDFNVELOGXQJ  9RUGHP+LQWHUJUXQGGHUYRUVWHKHQGHQ%HIXQGHQOlVVWVLFKGHUWKHRULHKLVWRULVFKH 6FKULWW (EHUKDUGV EHU GLH %DXPJDUWHQVFKH %HVWLPPXQJHQ GHU ästhetischen (U NHQQWQLV KLQDXV JHQDXHU SRVLWLRQLHUHQ =XJOHLFK NDQQ JHQDXHU EHVWLPPW ZHUGHQ LQZLHIHUQ (EHUKDUGV bVWKHWLNEHJULII HLQHUVHLWV HLQH SROHPLVFKH *HJHQRIIHQVLYH JHJHQEHU .DQWV bVWKHWLNYHUVWlQGQLV DOV WUDQV]HQGHQWDOHU bVWKHWLN DQGHUHUVHLWV ]XJOHLFK HLQ JHJHQEHU .DQWV $QVDW] LQ GHU bVWKHWLN LQNRPPHQVXUDEOHV 3URMHNW GDUVWHOOW   93b ZLH$QP 6  (EG  'DV YRUVWHKHQG (QWZLFNHOWH KDW VHLQH VDFKOLFK HQJVWHQ 3DUDOOHOHQ LQ (EHUKDUGV 7KHRULH GHU

ÄSDWKHWLVFKHQ 7lXVFKXQJ³ ,P =XVWDQG GLHVHU lVWKHWLVFKHQ *HPWVHUUHJXQJ ZHUGHQ GLH 9RU VWHOOXQJHQGHVXQWHUHQ(UNHQQWQLVYHUP|JHQVJOHLFKVDPJHVHW]Pl‰LJÄYHUGXQNHOW³XPGHQlV WKHWLVFKHQ *HQXVV XQJHVFKPlOHUW DXIUHFKWHUKDOWHQ ]X N|QQHQ HLQ =XVWDQG GHV YRU]JOLFK LQ GHU (UIDKUXQJ GHV :XQGHUEDUHQ YHUN|USHUWHQ  lVWKHWLVFKHQ (QW]FNHQV GHU GHU ÄNDOWHQ 9HU QXQIWVRDQVW|‰LJLVW³ HEG6 

Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



 +DOWHQZLUELVKLHUKLQIHVW    (EHUKDUGV 5HYLVLRQ LQ GHU lVWKHWLVFKHQ 7KHRULH NDQQ QDFK GHP YRUVWHKHQG (QWZLFNHOWHQ QLFKW DXI GHQ 9HUVXFK HLQHU 3V\FKRORJLVLHUXQJ GHU %DXPJDUWHQ VFKHQ .ULWHULHQ GHU lVWKHWLVFKHQ *HJHQVWDQGVHUNHQQWQLV 6FK|QKHLW DOV 9ROO NRPPHQKHLWGHUcognitio sensitiva HLQJHVFKUlQNWZHUGHQ6LHPXVVYLHOPHKU IXQGDPHQWDOHU DOV 9HUVXFK HLQHU NXQVWlVWKHWLVFK PRWLYLHUWHQ 1HXRUGQXQJ GHU lVWKHWLVFK UHOHYDQWHQ 9HUP|JHQVOHLVWXQJHQ GHU PHQVFKOLFKHQ 6HHOH JHOHVHQ ZHUGHQ í KLQ ]X HLQHU SKLORVRSKLVFKHUNHQQWQLVWKHRUHWLVFK IXQGLHUWHQ *H VFKPDFNVWKHRULH*OHLFK]HLWLJEHGLQJWGLHVWDUNH6WHOOXQJGHUZLUNXQJVSV\FKR ORJLVFKHQ $VSHNWH lVWKHWLVFKHQ :DKUQHKPHQV XQG (UNHQQHQV GLH $XVULFKWXQJ GHUSKLORVRSKLVFKJUXQGLHUWHQ:DKUQHKPXQJVXQG(UIDVVXQJVOHLVWXQJHQKLQ]X HLQHUSV\FKRORJLVFKHQbVWKHWLN:LH(EHUKDUGQRFKDQGHUWKDOE'H]HQQLHQVSl WHU VHOEVW IU HLQ EUHLWHUHV 3XEOLNXP YHUGHXWOLFKHQ VROOWH JLQJ PLW GLHVHU $XI IDVVXQJYRQbVWKHWLNDXFKHLQHWHQGHQ]LHOOH$EO|VXQJGHUSKLORVRSKLVFKHQbV WKHWLNYRQGHU VSHNXODWLYHQ(UNHQQWQLVWKHRULHKLQ]XHLQHU7KHRULHGHUlVWKHWL VFKHQ9HUP|JHQXQGGHU8UWHLOVNRPSHWHQ]HQGHV*HVFKPDFNVHLQKHU   $QWKURSRORJLH ZLH lVWKHWLNJHVFKLFKWOLFK DXIVFKOXVVUHLFK LVW (EHUKDUGV 8PELO GXQJ GHV lVWKHWLVFKHQ .ULWHULHQNDWDORJV  QLFKW LQ +LQVLFKW DXI GLH .ULWHULHQ VHOEVW VRQGHUQ LQ +LQVLFKW DXI LKUH *HOWXQJVHEHQH :lKUHQG IU %DXPJDUWHQ GLH lVWKHWLVFKH $IIL]LHUXQJ GHV %HJHKUHQV vita cognitionis  VRZRKO GDV 6XSS OHPHQWGHUDLVWKHWLVFKHQ6LQQHVHUIDKUXQJGDUVWHOOWZLHLKUHílVWKHWLVFK P|JOL FKH QLFKW QRWZHQGLJH í 3RWHQ]LHUXQJ XPIDVVW (EHUKDUGV 9DOLGLHUXQJ GHU lV WKHWLVFKHQ (PRWLRQHQ (UNHQQWQLV und %HJHKUXQJVYHUP|JHQ XQG ]ZDU YRP %DVLVEHJULII GHU VXEMHNWLYHQ :LUNXQJ Tätigkeitsgefühl  DXV 'LH DQWKURSROR JLVFKOXVWSV\FKRORJLVFKH )XQGLHUXQJ GHU $LVWKHVLV LP DOOJHPHLQHQ 7lWLJNHLWV JHIKOGHUPHQVFKOLFKHQ6HHOHWUDQVSRQLHUWGHQHUNHQQWQLVWKHRUHWLVFKHQ$QVDW] %DXPJDUWHQV PLWKLQ LQ HLQH 9HUP|JHQVWKHRULH GHU lVWKHWLVFKHQ $IIL]LHUXQJV ZHLVHQLP%HJULIIGHV*HIKOV%DXPJDUWHQVQRUPDWLYH3UREOHPVWHOOXQJGLH )UDJH QDFK GHQ REMHNWLYHQ .ULWHULHQ GHU VLQQOLFKlVWKHWLVFKHQ 9ROONRPPHQ KHLWZLUGGDPLWLQGHQSV\FKRORJLVFKHQ=XVDPPHQKDQJYRQHPRWLYEHJOHLWH   9JOVR'UDHJHU(EHUKDUGV3V\FKRORJLH ZLH$QP 6  (EHUKDUGV HYROXWLRQlU ]X QHQQHQGH 5HYLVLRQ GHV EHUNRPPHQHQ

bVWKHWLNEHJULIIV :ROII %DXPJDUWHQVFKHU 3UlJXQJ GLHVHQ 6DFKYHUKDOW JLOW HV QLFKW ]X PDUJLQDOLVLHUHQ VWHKW DXFK LP .RQWH[WHLQHUVWDUN|IIHQWOLFKNHLWVZLUNVDPHQMDSUDJPDWLVFKHQ9HUPLWWOXQJVDQVWUHQJXQJSKL ORVRSKLVFKJUXQGLHUWHU*HVFKPDFNVELOGXQJ,QVHLQHPHandbuch der ÄsthetikYRQKHL‰W HVUFNEOLFNHQGÄ(LQH]XVSLW]ILQGH(U|UWHUXQJGHUHUVWHQ*UXQGVlW]HGHU$HVWKHWLN³VHLÄEH\ GHUJHJHQZlUWLJHQ/DJHGHUGHXWVFKHQ/LWWHUDWXUXQGGHULPPHUVWHLJHQGHQ%LOGXQJGHUK|KHUQ 6WlQGH³QLFKWPHKUDP3ODW]'LHbVWKHWLNGHUlOWHUHQ3UlJXQJÄGLHQWHPHKU]XHLQHU%HVFKlI WLJXQJGHV*HOHKUWHQDOV]X%HOHKUXQJGHVEOR‰HQ/LHEKDEHUVGHU.XQVWXQGGHUVFK|QHQ/LWWH UDWXU-HW]WHUZDUWHWGLHVHUYRQLKUGLH%LOGXQJVHLQHV*HVFKPDFNVXQG]XGLHVHP=ZHFNHPX‰ VLHLKQLQVHLQHUZHQLJHUDEVFKUHFNHQGHQ*HVWDOWHUVFKHLQHQ³(EHUKDUG+DQGEXFKGHU$HVW KHWLN ZLH$QP 69,,I



Ernst Stöckmann

WHU *HJHQVWDQGVZDKUQHKPXQJ XQG NRJQLWLY JHOHLWHWHU *HJHQVWDQGVHUIDVVXQJ EHUIKUW  0HKU DOV HLQH EOR‰H HPRWLRQVWKHRUHWLVFKH (UZHLWHUXQJ GHU lVWKHWLVFKHQ .ULWHULHQ GHU 9RUVWHOOXQJVWKHRULH YHUOHJW (EHUKDUGV lVWKHWLVFKH $QWKURSRORJLH DXI GLHVH :HLVHGDVlVWKHWLVFKH*HOWXQJVNULWHULXPNRJQLWLYZLHHPRWLRQDOEHVWLPPWHU(UIDV VXQJVOHLVWXQJHQ GHU 6HHOH YRP 9HUP|JHQVEH]LUN GHU (UNHQQWQLV LQ GLH YHUP| JHQVEHUJUHLIHQGH:DKUQHKPXQJVXQG9ROO]XJVTXDOLWlWGHV9HUJQJHQVÄ*HIKO XQVHUHU.UlIWH³LVWQDFKGHUhEHU]HXJXQJGHV3RSXODUSKLORVRSKHQGDVHLJHQWOLFKH DQWKURSRORJLVFKH$SULRULGHUlVWKHWLVFKHQ:DKUQHKPXQJVHUIDKUXQJE]ZGDVMHQLJH (LJHQVFKDIWVPHUNPDO GHU lVWKHWLVFKHQ *HJHQVWDQGVNRQVWLWXWLRQ GDV DOOH DLVWKHWL VFKH 6LQQHVHUIDKUXQJ EHJOHLWHW ,P (IIHNW GLHVHU HPRWLRQDOLVWLVFKHQ 1HXRUGQXQJ ZLUG GHU %DXPJDUWHQVFKH 9HUP|JHQVGXDOLVPXV YRQ NRJQLWLYHU XQG DSSHWLWLYHU YROXQWDWLYHU  9HUP|JHQVVSKlUH DXIJHJHEHQ XQG LQ HLQ WULDGLVFKHV 6FKHPD ZLU NXQJVlVWKHWLVFKGHILQLHUWHU.UlIWH Ä*HIKOH³ EHUIKUW  ,P8QWHUVFKLHG]X.DQWVlVWKHWLNWKHRUHWLVFKHSRFKDOHU%HJUQGXQJVHQWVFKHLGXQJ GLH(LJHQDUWGHVbVWKHWLVFKHQEHUGLHYHUP|JHQVSV\FKRORJLVFKH$XWRQRPLVLHUXQJ GHV /XVW8QOXVW*HIKOV JHJHQEHU GHQ (UNHQQWQLVYHUP|JHQ XQG GHQ %HJHK UXQJVYHUP|JHQ GHU 6HHOH VLFKHU]XVWHOOHQ ZlKOW (EHUKDUGV $QWKURSRORJLH GHV lVWKHWLVFKHQ*HIKOVGLH%HJUQGXQJEHUGLH3V\FKRORJLVLHUXQJGHVlVWKHWLVFKHQ (UNHQQHQVPLWGHP(UJHEQLVHLQHUdoppelten UKUXQJVlVWKHWLVFKHQXQGJHJHQ VWDQGVWKHRUHWLVFKHQ  %HJUQGXQJ GHU lVWKHWLVFKHQ (UIDKUXQJ =ZDU YHUGHXWOLFKWH (EHUKDUGV $SRORJLH GHV 5KUXQJVJHIKOV GDVV GDV 9HUODQJHQ QDFK lVWKHWLVFKHQ (PRWLRQHQ WKHRULHJHVFKLFKWOLFK EHVHKHQ ]XQlFKVW LQ GHQ $XIZHUWXQJVSUR]HVV GHV bVWKHWLVFKHQDOVGHVAngenehmenQLFKWGHV6FK|QHQJHK|UW*OHLFKZRKOGHPRQV WULHUWGDV0RGHOOIUGLH(UIDKUXQJGHVbVWKHWLVFKHQDOVGHV6FK|QHQGDV6FK|QH GHV .XQVWZHUNV Schönheitsgefühl, Harmoniegefühl, Vollkommenheitsgefühl   DXVGUFNOLFK GLH .RH[LVWHQ] GHU subjektiven 6HLWH GHU $LVWKHVLV DIIHNWLYHPRWLR   $XFKGLHVHQ*HVLFKWVSXQNWLP7KHRULHYHUVWlQGQLVGHUbVWKHWLNZLUG(EHUKDUGLQVHLQHQVSlWH

UHQ 'DUVWHOOXQJHQ YHUVWlUNHQ GDPLW ]XJOHLFK DQ UH]HSWLRQVlVWKHWLVFKH 0RGHOOH GHU IUDQ]|VL VFKHQ *HVFKPDFNV XQG .XQVWWKHRULH 'XERV  ZLH DQ -RKDQQ *HRUJ 6XO]HUV SV\FKRORJLVFKH bVWKHWLNNRQ]HSWLRQHQDXVGHQIQI]LJHU-DKUHQDQVFKOLH‰HQGÄ$OOHV6FK|QHLQWHUHVVLUWXQVDOVR VFKRQ LQ HLQHP KRKHQ *UDGH VRIHUQ HV XQVHUH erkennenden .UlIWH LQ%HZHJXQJ VHW]W QRFK VWlUNHU DEHU ZHQQ HV DXFK GLH EHJHKUHQGHQ EHVFKlIWLJW XQG DP VWlUNVWHQ ZHQQ HV GDV +HU] DIIL]LUWXQG]X:HKPXWKXQG0LWOHLGVWLPPW/HLGHQVFKDIWXQG(PSILQGXQJLVWLPPHUGDVZDV XQVHULQWHUHVVHLPK|FKVWHQ*UDGHZHFNW³(EG6  93b ZLH$QP 6  ,P 7KHRULHIHOG GHV bVWKHWLVFKHQ DXFK GDV YHUPDJ (EHUKDUGV VSlWH bVWKHWLNWKHRULH ]X YHUGHXWOLFKHQLVWGHUHUNHQQWQLVWKHRUHWLVFKH*HJHQVDW]]ZLVFKHQEOR‰SDVVLYHU UH]HSWLYHPS ILQGHQGHU XQGEOR‰DNWLYHU YRUVWHOOHQGHUUHVSHNWLYHHUNHQQHQGHU 6HHOHDXIKHEEDU,PlVWKH WLVFKHQ*HQXVVVLQGGLHÄ9RUVWHOOXQJHQGHU6HHOHGLHHandlungen>+HUYRUK(6@ZRGXUFKVLH beschäftiget ZLUG 0DQ NDQQ GDKHU VDJHQ GDVV 9ROONRPPHQKHLW XQG 6FK|QKHLW LKU JHIDOOHQ ZHLO VLH LKUH .UDIW beschäftigen³ (EHUKDUG 7KHRULH GHU VFK|QHQ :LVVHQVFKDIWHQ ZLH $QP  †6 $QP 

Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



QDOH :DKUQHKPXQJ DOV lVWKHWLVFKH 5KUXQJ  PLW LKUHU objektiven (UIDVVHQ GHU lVWKHWLVFKHQ 7RWDOLWlW GHV .XQVWZHUNV  'LH (UIDKUXQJ GHV bVWKHWLVFKHQ DOV GHV SchönenKDWGDKHUZHGHUQXULP%HJHKUHQLKUHQWKHRULHJHVFKLFKWOLFKHQ2UWQRFKLQ GHPYRQDOOHU5KUXQJORVJHO|VWHQlVWKHWLVFKHQ(UNHQQHQ  $QGHUVDOVLP.DQWLVFKHQ%HJULIIGHUlVWKHWLVFKHQ$LVWKHVLVVHW]WGLHlVWKHWLVFKH *HJHQVWDQGVNRQVWLWXWLRQ VRPLW IU (EHUKDUG MHQHV lVWKHWLVFKH Ä,QWHUHVVH³ YRUDXV GDVLQGHUQRQNRJQLWLYHQ:DKUQHKPXQJVHUIDKUXQJYRQVLQQOLFKHP5HL]XQG5K UXQJ MD LP lVWKHWLVFK VWLPXOLHUWHQ $IIHNW VHLQHQ DQWKURSRORJLVFKHQ *UXQG KDW bVWKHWLVFKHV,QWHUHVVHDEHUOlVVWVLFKQLFKWDQGHUVDOVXQWHU5FNJULIIDXIGLHSUL PlUH6LQQHQQDWXUGHVlVWKHWLVFKHQ6XEMHNWVíXQGGDPLWXQWHUHOHPHQWDUHU%HUFN VLFKWLJXQJGHUAisthesis íEHJUQGHQ,P.HUQVRNDQQGLHVHU%HJUQGXQJVNRP SOH[]XVDPPHQJHIDVVWZHUGHQJHK|UW(EHUKDUGVRPLW]XGHQKLVWRULVFKHQ0LWEH JUQGHUQ QLFKW HLQHU SRSXODUSKLORVRSKLVFK ÃYHUZlVVHUWHQµ 7KHRULH SRSXOlUHU *H VFKPDFNVELOGXQJVRQGHUQGHUSDWKRORJLVFKHQbVWKHWLNWUDGLWLRQjOD'XERV  (VEOHLEW]XUHVPLHUHQ,QGHP(EHUKDUGGLHDQWKURSRORJLVFKH/XVWGLVSRVLWLRQGHU VLQQOLFKHQ:DKUQHKPXQJVHUIDKUXQJLP%HJULIIVVSHNWUXPGHUlVWKHWLVFKHQGefühle XQG GDV KHL‰W VlPWOLFKHU lVWKHWLVFK P|JOLFKHQ 6SLHODUWHQ YRQ (PRWLRQ  DOV SV\ FKRORJLVFKH *UXQGVWUXNWXU GHU VHHOLVFKHQ 7lWLJNHLWHQ VHOEVW DXVGHXWHW LVW GHU LQ VHLQHU)UKVFKULIW Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens NRQVWDWLHUWH LQ GLH DQWKURSRORJLVFKH 3V\FKRORJLH XQG bVWKHWLN KLQHLQJHWUDJHQH 'XDOLVPXV ]ZLVFKHQ.RJQLWLRQXQG(PRWLRQQLFKWLPHLJHQWOLFKHQ6LQQYHUP|JHQVSV\FKROR JLVFKDXIJHKREHQMHGRFKLQHLQHUV\VWHPDWLVFKEHJUQGHWHQ:HLVHOXVWWKHRUHWLVFK EHUEUFNW 'HU VFK|QKHLWVPHWDSK\VLVFKH 2EMHNWLYLVPXV DOV bVWKHWLN GHV .XQVW   ,P

VWLPXOLHUHQGHQ QLFKW QRWZHQGLJ LP VWDUNHQ $IIHNW UHDOLVLHUHQ VLFK QDFK (EHUKDUG GLH lVWKHWLVFKHQ(PRWLRQHQÄ'HQQLFKQHQQHHLQHQ*HJHQVWDQGJDQ]HLJHQWOLFKUKUHQGZHQQHU /HLGHQVFKDIWHQKHUYRUEULQJW(LQMHGHUschöner*HJHQVWDQG>+HUYRUK(6@PDFKW9HUJQJHQ XQGZHQQGLHVHV9HUJQJHQJUR‰JHQXJLVWGDVVHULUJHQGHLQH/HLGHQVFKDIWHUUHJWPLWWHOEDU RGHU XQPLWWHOEDU VH\ HV DXFK QXU %HZXQGHUXQJ VR LVW HU UKUHQG³ (EHUKDUG $QPHUNXQJHQ EHUGLH5HFHQVLRQ ZLH$QP 6  bVWKHWLVFKHV :DKUQHKPHQ EOHLEW IU (EHUKDUG GDPLW ]ZLQJHQG DQ GHQ /XVWEHJULII JHEXQGHQ JHQDX GDVMHQLJH 0RPHQW lVWKHWLVFKHU (UIDKUXQJ DOVR GDV GLH PRGHUQH bVWKHWLNWKHRULH XQWHU GHP%HJULIIGHU6HOEVWEH]JOLFKNHLWXQG9ROO]XJVRULHQWLHUWKHLWlVWKHWLVFKTXDOLIL]LHUWHU(UIDK UXQJIDVVW YJOJUXQGOHJHQG0DUWLQ6HHObVWKHWLNXQG$LVWKHWLNhEHUHLQLJH%HVRQGHUKHLWHQ lVWKHWLVFKHU:DKUQHKPXQJPLWHLQHP$QKDQJEHUGHQ=HLWUDXPGHU/DQGVFKDIW,Q'HUV (WKLVFKlVWKHWLVFKH6WXGLHQ)UDQNIXUWD06± %HL(EHUKDUGKHL‰WHVÄ'RFKZDV LVW GDV K|FKVWH ,QWHUHVVH"³ LQ 6DFKHQ GHU bVWKHWLN IUDJW GHU 'LVNXVVLRQVSDUWQHU LQ (EHUKDUGV VSlWHP bVWKHWLNNRPSHQGLXP Ä,FK DQWZRUWH GDV ,QWHUHVVH KDW GD VHLQHQ K|FKVWHQ *LSIHO HU UHLFKWZRGDV9HUJQJHQDPOHEKDIWHVWHQLVW'DVLVWDEHUGHUNXU]H0RPHQWZRGDV9RUKHU VHKHQ]XU(PSILQGXQJZLUGZRZLUGDVZDVZLUELVKHUQXUJHKRIIWRGHUJHIUFKWHWKDEHQQXQ ZLUNOLFKVHKHQ>«@>'@DVZDVXQVLQGHP9RUJHIKOPLWGXQNHOQ%HVRUJQLVVHQRGHUPLWIUHX GLJHQ$KQGXQJHQHUIOOWHGDVKDWXQVQXQPLWGHUJDQ]HQ.UDIWGHUNODUVWHQXQGJHZLVVHVWHQ (PSILQGXQJHUJULIIHQ³(EHUKDUG+DQGEXFKGHU$HVWKHWLN ZLH$QP 6I  9JO JUXQGOHJHQG ]XP SDWKRORJLHlVWKHWLVFKHQ %HJUQGXQJV]XVDPPHQKDQJ GHU bVWKHWLN GHV -DKUKXQGHUWV'LHWHU.OLFKHbVWKHWLVFKH3DWKRORJLH(LQ.DSLWHODXVGHU%HJULIIVJHVFKLFKWH GHUbVWKHWLN,Q$UFKLYIU%HJULIIVJHVFKLFKWH%G  6±



Ernst Stöckmann

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Psychologische vesus transzendentale Ästhetik



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4 Sprachtheorie

GERDA HAßLER (Potsdam)

Eberhard als Sprachtheoretiker und Lexikologe: die Preisschrift über die Universalität des Französischen und der Versuch einer allgemeinen deutschen Synonymik 1 Eberhards Hinwendung zur Synonymik Mit der Behandlung der Frage der Tugendhaftigkeit von Heiden und der Polemik gegen Immanuel Kant1 hatte Johann August Eberhard in die philosophische Diskussion seiner Zeit eingegriffen und sich damit aber letztlich ins Abseits der durch Kant geprägten Entwicklung der Philosophie gestellt. Noch in den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts hatten sich viele Philosophen Leibniz zugewandt und waren sich dabei durchaus bewusst, dass die Schulphilosophie das Leibnizsche Denken nur teilweise erschlossen hatte. Eberhard konnte diese Tendenz für sich nutzen, indem er sich gegen Kant auf Leibniz bezog und eine neuere Strömung, die Neoleibnizianische, gegen eine andere, die Kantianische, lenkte. Damit verband sich jedoch die Gefahr, dass seine Argumentation nur so stark sein konnte, wie seine Leibnizinterpretation verlässlich war. Für Kant ergab sich daraus die Möglichkeit, Eberhards Hauptthesen bereits durch den Nachweis als unglaubwürdig hinzustellen, dass Eberhard von Leibniz nicht gedeckt sei.2 Damit hatte sich ein neues System auch der Philosophie Eberhards entgegenstellt und diese schon zu Lebzeiten des Autors als randständig und möglicherweise obsolet gekennzeichnet. Kants Kritik der reinen Vernunft hatte wenige Jahre nach ihrem Erscheinen in allen philosophischen Hörsälen Deutschlands eine große Erschütterung verursacht. Die Akteure dieses Umbruchs waren wenig geneigt, nach Anschlussmöglichkeiten der kritischen Philosophie an die vorige Philosophie zu suchen. Andererseits schien auch Eberhard immer weniger geneigt, das beständige Streiten über spekulative Materien fortzusetzen.3 Nach Eberhards Schüler 1

2 3

Zum Streit zwischen Kant und Eberhard vgl. Henry E. Allison: The Kant-Eberhard Controversy. An English translation together with supplementary materials and a historicalanalytic introduction of Immanuel Kant’s „On a Discovery According to which Any New Critique of Pure Reason Has Been Made Superfluous by an Earlier One“. / Über eine Entdeckung nach der alle neue Kritik der reinen Vernunft durch eine ältere entbehrlich gemacht werden soll. Baltimore, London 1973; Reinhold Aschenberg: Sprachanalyse und Transzendentalphilosophie. Stuttgart 1982 (Deutscher Idealismus. Philosophie und Wirkungsgeschichte in Quellen und Studien 5); Manfred Gawlina: Das Medusenhaupt der Kritik. Die Kontroverse zwischen Immanuel Kant und Johann August Eberhard. Berlin, New York 1996 (Kantstudien. Ergänzungshefte 128); Moltke S. Gram: The Crisis of Syntheticity: The Kant-Eberhard Controversy. In: Kant-Studien 71 (1980); Marion Lauschke (Hg.): Der Streit mit Johann August Eberhard / Immanuel Kant. Hamburg 1998 (Philosophische Bibliothek 481). Vgl. Gawlina: Medusenhaupt (wie Anm. 1), S. 42. Friedrich Nicolai: Gedächtnißschrift auf Johann August Eberhard. Berlin, Stettin 1810, S. 43.

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Gerda Haßler

Eberstein haben sich die Kantianer durch Schweigen einer weiteren Diskussion entzogen. Eberhard und seinen Anhängern sei daher gar nichts anderes übrig geblieben, als die Angriffe einzustellen.4 Argumentativ wäre der Dogmatische Rationalismus nicht beeinträchtigt worden, auf pragmatischer Ebene sei er jedoch durch die Kantische Philosophie unwiderrufbar überholt worden. In dieser Situation wandte sich Eberhard einem Tätigkeitsfeld ganz anderer Art zu: der Synonymik. Vorbilder in Frankreich seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatten gezeigt, dass philosophischer Geist auf diesem Gebiet durchaus gefordert war. Hinzu kam der offensichtlich größere allgemeine Nutzen, den ein solches Unternehmen im Vergleich zu Streitigkeiten über transzendentale Gegenstände versprach. Eberhards Versuch einer allgemeinen deutschen Synonymik der sinnverwandten Wörter der hochdeutschen Mundart erschien von 1795 bis 1802.

2 Eberhards Preisschrift Ueber die Allgemeinheit der französischen Sprache Zuvor hatte sich Eberhard bereits in einem prominenten Zusammenhang mit Sprachfragen beschäftigt. Er hatte in einem Versuch Ueber die Allgemeinheit der französischen Sprache auf die für das Jahr 1784 gestellte Preisfrage der Berliner Akademie geantwortet. Allerdings stellt er im Vorbericht zu den Vermischten Schriften selbst fest, dass er sich an die Ausarbeitung einer Antwort „aber zu spät gemacht habe, als daß [er] hätte hoffen können, daß [seine] Arbeit werde glücklich seyn“.5 Die Preisfrage steht in einem Kontext, in dem die Vorrangstellung der französischen Sprache in Europa ins Wanken gekommen war und man sich veranlasst sah, nach ihren Perspektiven zu fragen. Hinzu kam die Missachtung, die Friedrich II. der deutschen Aufklärung entgegenbrachte und die ihn zu einer gering schätzenden Darstellung der deutschen Literatur und Sprache in seiner Schrift De la littérature allemande (1780) geführt hatte. Bereits am 15. Mai 1778 hatte Merian den Vorschlag zu einer entsprechenden Frage vorgelegt. Merian wünschte eine Bewertung des Französischen im Hinblick auf seine führende Position in Europa und eine Wichtung des Anteils der einzelnen möglichen Faktoren, die zum Aufschwung des Französischen beigetragen haben. Nun schließt Merian die Frage nach der künftigen Position an. Eine solche Frage drängt sich nur dann auf, wenn es Gesichtspunkte gab, die an der führenden Rolle Zweifel aufkommen ließen. Merian fragt sogar schon, wie lange es wohl mit dem Französischen so weitergehen wird und

4

5

Wilhelm L. G. Eberstein: Versuch einer Geschichte der Logik und Metaphysik bey den Deutschen von Leibnitz bis auf die gegenwärtige Zeit. Hildesheim 1985 [ND der Ausg. Halle 1794–1799]. Bd. 2, S. 219f. Johann August Eberhard: [Vorbericht]. In: Ders.: Vermischte Schriften. Erster Theil. Halle 1784, S. 31, [o.S.].

Eberhard als Sprachtheoretiker und Lexikologe

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welche Umstände es aus seiner privilegierten Position verdrängen könnten.6 Folgerichtig ergibt sich die Frage, welche Sprache nach aller Wahrscheinlichkeit die Stellung des Französischen in Europa einnehmen könnte. Zwar war es nicht gleich 1778 zur Ausschreibung der von Merian angeregten Frage gekommen, bei der Brisanz der Diskussion, die Friedrichs Visionen über die deutsche Sprache ausgelöst hatten, ist es jedoch nicht verwunderlich, dass man 1782 darauf zurückgriff und sie für 1784 ausschrieb. In dieser Situation die Frage nach den Ursachen der Universalität der französischen Sprache und nach ihrer zukünftigen Entwicklung zu stellen, bedeutete ein emotional gefärbtes Thema auf eine akademische Diskussionsebene zu verlagern, ihm aber zugleich auch Lösungsperspektiven aufzuzeigen. Den Preis teilten sich schließlich Antoine de Rivarol (1753–1801) und Johann Christoph Schwab (1743–1821), die als Repräsentanten der gegenüberstehenden Positionen betrachtet werden können. Die Kriterien, die lange Zeit das Festhalten am Französischen als Wissenschaftssprache gestützt hatten, bildeten bei den Antworten auf die Preisfrage das gängige, teils apologetische, teils auch kritisch hinterfragte Gerüst für die Auseinandersetzung mit dem Problem. Auch hier bediente man sich, vor allem was die Begründung von Vorteilen und Nachteilen betrifft, universalistischer Argumente. So begründet Rivarol die besondere Stellung des Französischen damit, dass es den allgemeingültigen Gesetzen des Denkens, etwa der natürlich festgelegten Reihenfolge der Gedanken, am besten entspreche: Ce qui distingue notre langue des langues anciennes et modernes, c’est l’ordre et la construction de la phrase. Cet ordre doit toujours être direct et nécessairement clair. Le français nomme d’abord le sujet du discours, ensuite le verbe qui est l’action, et enfin l’objet de cette action: voilà la logique naturelle à tous les hommes; voilà ce qui constitue le sens commun. Or cet ordre, si favorable, si nécessaire au raisonnement, est presque toujours contraire aux sensations, qui nomment le premier l’objet qui frappe le premier. C’est pourquoi tous les peuples, abandonnant l’ordre direct, ont eu recours aux tournures plus ou moins hardies, selon que leurs sensations ou l’harmonie des mots l’exigeaient; et l’inversion a prévalu sur la terre, parce que l’homme est plus impérieusement gouverné par les passions que par la raison. / Le français, par un privilège unique, est seul resté fidèle à l’ordre direct, comme s’il était tout raison, et on a beau par les mouvements les plus variés et toutes les ressources du style, déguiser cet ordre, il faut toujours qu’il existe.7

Er greift damit in der Sprachdiskussion des 18. Jahrhunderts bereits widerlegte sprachtheoretische Argumente des Rationalismus wieder auf und ordnet sie in apologetische Zusammenhänge ein. Bemerkenswert ist hingegen bei Eberhard, dass er einerseits an die vier klassischen Hauptkriterien des wertenden Sprachvergleichs perspicuitas ‚Klarheit‘ (dt. 6

7

Vgl. Jürgen Storost: Langue française – langue universelle? Die Diskussion über die Universalität des Französischen an der Berliner Akademie der Wissenschaften. Zum Geltungsanspruch des Deutschen und Französischen im 18. Jahrhundert. Bonn 1994, S. 13–23. Antoine de Rivarol: ‚Universalité de la langue française [1786]. Présenté par Jean Dutard de l’Académie Française. Paris 1998, S. 72.

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Deutlichkeit, Gewandtheit; engl. perspicuity; frz. clarté), energeia ‚Energie, Kraft‘ (dt. Energie, Nachdrücklichkeit, Nachdruck; engl. energy; frz. énergie, force, puissance de la parole), abundantia ‚Reichtum‘ (dt. Reichthum; engl. copious; frz. abondance) und harmonia ‚Harmonie‘ (dt. Harmonie, Wohlklang; engl. harmony, numbers; frz. harmonie, nombre, cadence) anknüpft, dabei aber durchaus die im 18. Jahrhundert geführte Diskussion berücksichtigt. So stellt er im Unterschied zu Rivarol in Rechnung, dass die Deutlichkeit nicht der einzige Zweck der Rede sein kann, außerdem nimmt er verschiedene weitere Faktoren an, die Einfluss auf die informationsstrukturelle Gliederung der Rede haben können, nicht zuletzt die Absicht des Sprechers. In diesem Sinne nimmt er mehrere natürliche Wortstellungen an, die von der Anordnung Subjekt–Verb–Objekt abweichen. Selbst die französische Sprache weiche von dieser ab, obwohl sie sich stärker als andere Sprachen an die festgelegte Wortfolge halte, was aber ihre Möglichkeiten gegenüber den alten Sprachen einschränke: Wenn wir annehmen, daß die Deutlichkeit nicht die einzige Absicht einer Rede seyn kann, daß also noch andere Gründe auf die Bestimmung der Wortfolge einen Einfluß haben müssen, daß die Worte auch nach der Absicht können gestellet werden, wie durch ihre Folge ein gewisser Affekt am fühlbarsten ausgedruckt, die Aufmerksamkeit auf einen gewissen Begriff am meisten hingezogen und am längsten festgehalten oder der Wohlklang am besten befördert werde: so kann es mehrere natürliche Wortstellungen geben, die von der ersten natürlichen Wortstellung, die bloß durch den höchsten Grad der Deutlichkeit bestimmt wird, abweichen können. Von der ersten Wortfolge, die bloß um ihrer Deutlichkeit willen natürlich wäre, muß es also schon in jeder Sprache nothwendig sehr viele Ausnahmen geben. Bloß die abstraktesten Materien, die nur wenige sehr einfache Begriffe enthalten, und keine Theilnehmung, als die Theilnehmung des reinsten Verstandes zulassen, würden einen solchen Vortrag erfodern und gestatten. Selbst die französische Sprache, der man diese natürliche Wortfolge beynahe ausschließend beylegt, ist daher weit entfernt, durch ihre eigenen Gesetze ganz allein daran gebunden zu seyn. Aber sie weicht weniger davon ab, als andere neuere Sprachen, und noch weniger als die beyden gelehrtesten Sprachen des Alterthums. Ihre ganze Organisation, wenigstens so wie sie jetzt in ihren besten Schriftstellern ist, zielt mehr darauf ab, die Deutlichkeit zu befördern. Das schränkt freylich die Mannigfaltigkeit ihrer Wortfügungen ein, worin aber die alten Sprachen überhaupt den neuern überlegen sind, und wegen verschiedener Mittel der Deutlichkeit auf andere Art zu Hülfe zu kommen, es auch allen neuern Sprachen, denen diese Hülfsmittel fehlen, natürlicher Weise seyn können.8

Die Logik, die dem Phänomen der Universalität innewohnt, trug dazu bei, dass bestimmte Argumente oder Fakten immer wieder beweiskräftig angeführt werden. Daraus entsteht auch der Eindruck eines Gleichklangs der Argumentation bei den beiden Preisträgern Rivarol und Schwab. Genannt werden bei Schwab und anderen vor allem folgende Ursachen der Universalität des Französischen: die Natur der französischen Sprache (Leichtigkeit, Regelmäßigkeit, Klarheit, Ausbildung), die Qualität der französischen Nation, die französische Außenpolitik.

8

Johann August Eberhard: Ueber die Allgemeinheit der französischen Sprache. In: Ders.: Vermischte Schriften (wie Anm. 5), S. 48f.

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Eberhard ordnet die Frage nach den Ursachen der Überlegenheit des Französischen gleich in den damit verbundenen Problemhorizont ein: Der Vorzug, den seit geraumer Zeit die französische Sprache genießt, die allgemeine Sprache der höhern Stände in dem ganzen kultivirten Europa zu seyn, erregt ebenso natürlich den Neid der Fremden, als den Stolz derjenigen, deren Muttersprache sie ist. Beyde haben ein gleiches Interesse die Ursachen dieses Vorzuges zu untersuchen, und jeder erwartet ohne Zweifel, daß diese Untersuchung zu seinem Vortheil ausfallen werde. Der unpartheyische Philosoph, der den Ursachen der Begebenheiten bloß zur Befriedigung seiner Wißbegierde nachforscht, sieht dem Ausgange seiner Untersuchungen ohne Unruhe entgegen; er hat seinen Zweck erreicht, wie sie auch ausfallen mögen.9

Bei Eberhard liest man als Gründe: die Vortrefflichkeit des Französischen (Perfektion, Reichtum des Wortschatzes, Deutlichkeit), die überlegene Kultiviertheit dieser Sprache und der Franzosen (Literatur, Geschmack, Vorbildwirkung), die Wirkung nach außen: Welches sind die Ursachen der allgemeinen Ausbreitung der französischen Sprache in Europa? […] Die französische Sprache hat also ihre Aufnahme weder der Eroberung noch der Einwanderung zu verdanken. Was kann sie dann veranlaßt haben? / Ich weiß nicht, ob man noch mehr, als drey andere Ursachen wird finden können, warum eine fremde Sprache außer den Gränzen ihres Landes aufgenommen wird. I. Ihre Vortrefflichkeit. II. Die größere Kultur derselben, und die größere Kultur des Volkes, dessen Muttersprache sie ist, und III. der politische Einfluß dieses Volks auf diejenigen, die seine Sprache annehmen. Alle diese Ursachen sind zusammen gekommen, die französische Sprache zu der Allgemeinheit zu verhelfen, der sie genießt; und sie mußten alle zusammen kommen, wenn sie die allgemeine Sprache von Europa werden sollte.10

Neben den klassischen Kriterien der Rhetorik, die im 17. Jahrhundert eine Umdeutung zu systematisch betrachteten Vorzügen von Sprachen erfahren haben, bezieht sich Eberhard damit auch auf den erreichten Ausbaugrad der Sprache sowie den politischen Einfluss der Sprachträger. Die Aufzählung der Preisbewerber, die sich in diesem Gleichklang befinden und die bekannten Topoi wiederholen, ließe sich fortsetzen.11 Wie die beiden Preisträger Antoine de Rivarol und Schwab zieht Eberhard die herausragenden Qualitäten des Französischen keineswegs in Zweifel und betont auch, dass letztlich die Leistungen auf kulturellem und politischem Gebiet die Ausbreitung des Französischen befördert hätten. Zum Schluss der Abhandlung geht Eberhard jedoch zu einer Argumentation über, die von der Akademie keineswegs beabsichtigt war. Ebenso wie die französische Sprache vervollkommnet worden war, sei es nun an der Zeit, sich dem Ausbau des Deutschen zu widmen, damit auch die Deutschen in ihrer Muttersprache Wissenschaft betreiben könnten. Denn

9 10 11

Ebd., S. 63. Ebd., S. 63 u. 65. Vgl. Storost: Langue française (wie Anm. 6), S. 64–328.

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eben so wenig kann der Gelehrte selbst, wenn er nur in einer fremden Sprache gelehrt ist, zu dem höchsten Grade der Bildung gelangen, den er würde erreicht haben, wenn seine Kenntnisse und sein Geschmack sich auch mit seiner Muttersprache der Seele eingedrückt hätten.12

Der Gedanke, dass ein begrifflich klares und den Horizont erweiterndes Denken nur in der Muttersprache möglich ist, findet sich auch in Eberhards Schrift Über die Zeichen der Aufklärung einer Nation. Dort zwar zunächst auf die Entwicklung ausgehend vom Lateinischen als Gelehrtensprache bezogen, gewinnt dieser Gedanke in einer Situation der Konkurrenz europäischer Kultursprachen neue Brisanz. Eberhard kennzeichnet die Bearbeitung der Wissenschaften in einer Fremdsprache als großes Hindernis für den Fortschritt des Denkens einer Nation. Da die ersten Grundbegriffe von sinnlich wahrnehmbaren Gegenständen über die Muttersprache vermittelt würden, würden die Ausdrücke in der Landessprache bestimmtere, genauere, lebendigere, bildlichere Begriffe erregen, als die Ausdrücke einer fremden Sprache: Ein fast eben so grosses Hinderniß der Verbesserung der Wissenschaften ist es, wenn die Sprache, worin sie in einer Nation bearbeitet werden, auch nur eine fremde ist. Wir erlernen die fremde Sprache erst vermittelst unserer Muttersprache; in dieser erhalten wir unsere ersten klaren Begriffe, ihr kleben also die Bilder und Empfindungen unmittelbar an, die bey unserm ganzen Gedankensysteme zum Grunde liegen […] Der Gelehrte wird nicht als Gelehrter geboren, er ist es nicht von seiner Kindheit an; die erste Entwickelung seines Geistes erhält er unter den Händen seiner Wärterinnen; er kann auch nicht in jedem Augenblicke seines Lebens Gelehrter seyn. Seine ersten Grundbegriffe von den Gegenständen der Sinne erhält er also aus solchen Händen, die sie ihm in keiner fremden Sprache liefern können; sie setzen sich in seiner Seele mit den Ausdrücken fest, womit er sie zuerst erhalten hat, und werden an diese durch den Gebrauch im gemeinen Leben noch immer fester geknüpft. Die Ausdrücke der klaren Begriffe in der Landessprache müssen also für den Eingebohrnen viel mehr Anschauen geben, bestimmtere, genauere, lebendigere, bildlichere Begriffe erregen, als die Ausdrücke einer fremden Sprache.13

Als Bedingung für den Fortschritt der Aufklärung kennzeichnet Eberhard schließlich das Betreiben der Wissenschaft nicht auf lateinisch, sondern in der jeweiligen Landesprache: Die Aufklärung konnte also in Europa keine beträchtliche Fortschritte thun, so lange die Wissenschaften noch in den gelehrten Sprachen allein fortgepflanzt wurden; sie blieben so lange immer noch bloß das Eigenthum Eines einzigen Standes; und selbst dieser Stand konnte die Wissenschaften noch nicht so glücklich bearbeiten, so lange er sie bloß in einer fremden und noch dazu ausgestorbenen Sprache bearbeitete.14

12 13 14

Eberhard: Allgemeinheit (wie Anm. 8), S. 78. Eberhard, Johann August: Ueber die Zeichen der Aufklärung einer Nation. Halle 1783, S. 29– 31. Ebd., S. 27.

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3 Eberhards Leistung für die unterscheidende Synonymik Für die weiteren Arbeiten Eberhards ist es nicht belanglos, dass er bereits in seiner Preisschrift Ueber die Universalität des Französischen von einem philosophischen Grammatiker fordert, die Bedeutungsunterschiede der Wörter seiner Sprache genau zu beobachten. Auch auf diesem Gebiet habe die französische Sprache durch das Wirken hervorragender Autoren den Weg vorgezeichnet: Was der aufgeklärte Gesellschafter und der klassische Schriftsteller durch das Gefühl unterscheidet, wird mit der Zeit dem philosophischen Grammatiker Gelegenheit geben, die feinsten Unterschiede der Ausdrücke, die auf den ersten Anblick gleichbedeutend scheinen, auf deutliche Begriffe zurückzubringen, er wird die Synonymen seiner Sprache sammlen und die feinen Schattirungen ihrer Bedeutungen richtig und deutlich anzugeben finden. Daß dieses zuerst am glücklichsten und vollständigsten an der französischen Sprache versucht worden, ist einem jeden, der die schätzbaren Arbeiten von Girard, La Bauzee15 und der Encyclopädie in diesem Fache kennt, hinreichend bekannt.16

Eberhards Synonymenwörterbuch steht in der Tradition der unterscheidenden Synonymik, die vor allem von Gabriel Girard entwickelt und später von mehreren Autoren für das Französische ausgebaut worden war. 1718 war Girards Arbeit unter dem Titel La Justesse de la langue française, ou les différentes significations des mots qui passent pour synonymes erschienen und hatte damit das Programm einer genauen, den wirklichen Gegebenheiten der französischen Sprache entsprechenden Synonymenunterscheidung versprochen. Für spätere Ausgaben war ein praktisch sinnvoller, auf den pragmatischen Bedarf der Wortwahl für den korrekten Sprachgebrauch gerichteter Titel gewählt worden: Synonymes français, leurs significations et le choix qu’il faut en faire pour parler avec justesse (1736). Girards Synonymik beruht auf der Annahme, dass eine Sprache zu einem bestimmten Zeitpunkt ein geordnetes System bildet, obwohl ihre Entwicklung keinesfalls nach systematischen Prinzipien verläuft. Er geht dabei rationalistisch vor und nimmt ein System von Ideen an, die durch die Wörter nur bezeichnet werden. Die Bedeutung (valeur) der Wörter besteht in der Repräsentation der Ideen, die durch den Sprachgebrauch mit ihnen verbunden wurden, sie ist somit durch gesellschaftliche Übereinkunft oder durch ausdrückliche individuelle Setzung festgelegt. Bei der Untersuchung der Synonyme stellt Girard die Unterschiede in ihren Bedeutungen in den Vordergrund: Pour acquérir la justesse, il faut se rendre un peu difficile sur les mots: ne point imaginer que ceux qu’on nomme synonymes le soient dans toute la rigueur d’une ressemblance parfaite, ensorte que le sens soit aussi uniforme entre eux que l’est la saveur entre les goutes d’eau d’une même source. Car en les considérant de près, on verra que cette ressemblance n’embrasse pas 15 16

Gemeint ist Nicolas Beauzée, Fortsetzer der Synonymik Girards und Autor eines beträchtlichen Teils der grammatischen Artikel der Enzyklopädie. Eberhard: Allgemeinheit (wie Anm. 8), S. 69.

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toute l’étendue & la force de la signification : qu’elle ne consiste que dans une idée principale, que tous énoncent, mais que chacun diversifie à sa maniere par une idée accessoire qui lui constitue un caractere propre & singulier. La ressemblence que produit l’idée générale fait donc les mots synonymes; & la différence qui vient de l’idée particuliere qui accompagne la générale, fait qu’ils ne le sont pas parfaitement, & qu’on les distingue comme les diverses nuances d’une même couleur.17

Synonyme sind nach seiner Auffassung Wörter, die eine gemeinsame Idee ausdrücken, sich aber durch Nebenideen voneinander unterscheiden. Die Bedeutungsähnlichkeit erfasst somit nicht den gesamten Bedeutungsumfang der Synonyme. Aufgrund der von ihm ausgedrückten Nebenideen hat jedes Synonym seinen eigenen und besonderen Charakter, der die Notwendigkeit der Auswahl des richtigen Wortes in einer bestimmten Redesituation bedingt. Nicht die rein quantitative Vielzahl der Wörter ist daher ein Kennzeichen des Reichtums der Sprache, wirklicher Wortreichtum zeigt sich vielmehr darin, welche Unterschiede im Bedeutungsumfang, in der Präzision, Zusammensetzung und Einfachheit der Ideen ausgedrückt werden können. In der praktischen Unterscheidung der Synonyme gibt Girard Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Bedeutungen der einzelnen Synonymgruppen an. Bei dieser Differenzierung zwischen Gemeinsamem und Trennendem überträgt er das antik-scholastische Denkschema genus proximum – differentia specifica auf die Erscheinung der Synonymie. Die einzelnen Synonyme verhalten sich demnach entweder zu einem unter ihnen oder zu einem gemeinsamen, sprachlich jedoch nicht bezeichneten Oberbegriff wie verschiedene Spezies zu einem Gattungsbegriff. Girard wendet sich ausdrücklich gegen die Auffassung, dass Synonyme nur äußere Monotonie vermeiden sollen und dies durch Unterschiede im Lautbild (diversité d’articulation) erreichen. Wichtiger als die diversité d’articulation sei die diversité de valeur, durch die die Stellung des Einzelwortes innerhalb der Reihe bedeutungsverwandter Wörter bestimmt wird. Girard versucht dabei nicht, durch ein willkürlich-schematisches Eingreifen Bedeutungen auseinander zu reißen, wo deren Verschiedenheit aus dem Sprachgebrauch nicht abzulesen ist. Sein Verfahren ist nur insofern normativ, als er eine bestimmte Idealsprache, die des honnête homme, zugrunde legt, innerhalb dieses Bereichs geht er scheinbar rein deskriptiv vor. In vielen Artikeln bemüht sich Girard jedoch, zwischen den Synonymen einer Reihe ein logisches Verhältnis aufzuzeigen, wie z.B. ein Gradationsverhältnis (ordinaire, commun, vulgaire, trivial), ein Zweck-Mittel-Verhältnis (projet-dessein) oder kausale Verhältnisse (réformation-réforme). Kennzeichnend für sein Verfahren ist dabei, dass er zuerst Definitionen aufstellt und dann Beispielsätze anführt, die bereits auf der Grundlage dieser Definition gebildet sind.

17

Gabriel Girard: Synonymes françois, leur différentes significations, & le choix qu’il en faut faire pour parler avec justesse. Paris [11718] 1741, S. X–XIV).

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Die Synonyme, die den Begriff der ,Geschicklichkeit‘ bezeichnen, setzt er z.B. mit unterschiedlichen Bereichen, in denen sich die Geschicklichkeit äußert, in Beziehung. Während dextérité sich in der Ausführung von Aktionen äußert, beziehe sich adresse mehr auf die Mittel der Ausführung und habileté auf die systematische Erkenntnis der Dinge. Mit dextérité wird also das von der adresse vorgeschriebene Verfahren nach dem Plan der habileté ausgeführt. Es erfolgt auch zugleich eine soziale Zuordnung der entsprechenden Eigenschaften: Während Prinzen und ihre Minister habileté nötig hätten, brauchten diejenigen, denen man die Verantwortung für bestimmte Aufgaben übertrage, adresse, und diejenigen, die die Handlungen ausführen müssten, benötigten dextérité. Die verschiedenen Arten der Geschicklichkeit werden auch im Zusammenhang mit weiteren Eigenschaften, die auf sie zurückgehen, dargestellt: dextérité verleihe ein leichtes Wesen und Eleganz in den Handlungen, während adresse kunstvolles und feines Auftreten hervorbringt und habileté mit einem verständnisvollen und gelehrten Erscheinungsbild einhergehe. Schließlich werden Beispiele für die Verwendung der drei Synonyme aus dem Sprachgebrauch des honnête homme gegeben: mit dextérité tranchiert man bei Tisch und bewirtet seine Gäste, eine Intrige schmiedet man mit adresse und mit habileté bewegt man sich im Handel und in der Musik: dextérité. adresse. habileté / La dextérité a plus de rapport à la maniere d’exécuter les choses; l’adresse en a davantage aux moyens de l’exécution; & l’habileté regarde plus le discernement des choses mêmes. La premiere met en usage ce que la seconde dicte suivant le plan de la troisieme. / Pour former un gouvernement avantageux à l’État, il faut de l’habileté dans le Prince ou dans ses Ministres; de l’adresse dans ceux à qu l’on confie la maneuvre du détail; & de la dextérité dans ceux à qui l’on commet l’exécution des ordres. / Avec un peu de talent & beaucoup d’habitude à traiter les affaires, on acquiert de la dextérité à les manier; de l’adresse pour leur donner le tour qu’on veut; & de l’habileté pour les conduire. / La dextérité donne un air aisé, & répand des graces dans l’action. L’adresse fait opérer avec art & d’un air fin. L’habileté fait travailler d’un air entendu & savant. / Savoir couper à table & servir ses convives avec dextérité; mener une intrigue avec adresse; avoir quelque habileté dans les jeux de commerce & dans la musique; voilà avec un peu de jargon sur quoi roule aujourd’hui le mérite de nos amables gens.18

Das Beispiel verdeutlicht, dass es Girard bei der Synonymenunterscheidung stets auch um die Herstellung systematischer Beziehungen im Wortschatz geht. Die drei Synonyme werden in ein Gradationsverhältnis von ,Tragweite‘ und ,Verantwortung‘ bei der Nutzung der Geschicklichkeit gestellt und mit bestimmten Wörtern in Beziehung gesetzt. Auch die Zuordnung von Eigenschaften zu ihren Trägern und die damit erfolgende Aufstellung lexikalischer Solidaritäten sind nicht selten. Schließlich sind Beispielsätze, die ebenfalls zur Bindung der Synonyme an bestimmte Begriffsbereiche beitragen, bei Girard obligatorisch. Die Synonymik Girards hatte im 18. Jahrhundert großen Erfolg. Sie erschien in mehreren Auflagen in der erweiterten Fassung von Beauzée und regte Voltaire, 18

Ebd., S. 7.

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Duclos, Condillac, Jaucourt, d’Alembert und Rivarol zu eigenen Überlegungen über die Synonymenproblematik an. Mehrere Artikel von Girard wurden in die Enzyklopädie übernommen. Auf diesem Wege, aber auch über die unmittelbare Rezeption von Girards Synonymik wurde seine Methode auch auf die Betrachtung der Bedeutungsverhältnisse in anderen europäischen Sprachen übertragen.19 Eberhards Anwendung der Synonymenlehre auf das Deutsche stützte sich auf breite Kenntnis der Texte deutscher Schriftsteller. In seinem Versuch einer allgemeinen deutschen Synonymik und dem darauf aufbauenden für pädagogische Zwecke gedachten Handbuch Synonymisches Wörterbuch der deutschen Sprache für alle, die sich in dieser Sprache richtig ausdrucken wollen beruft sich Eberhard auf Girard, Voltaire, d’Alembert und Jaucourt. Analog zu Girard geht es ihm dann auch in der konkreten Ausführung des Werkes um die Abgrenzung von Wortbedeutungen. Völlige Bedeutungsgleichheit von Wörtern würde nach seiner Auffassung voraussetzen, „daß sie immer wechselseitig mit einander vertauscht werden könnten“.20 Dagegen führt er die unterschiedliche Kombinierbarkeit der Synonyme als Einwand an: „Wir können z.B. die Zeichen der zärtlichen Theilnahme einer Mutter bei den Leiden ihres Kindes ihre Thränen und ihre Zähren, aber den Thau nur die Thränen und nicht die Zähren der Morgenröthe nennen.“21 Gerade solche Wörter, für die er auf d’Alemberts Bezeichnung halbe Synonyme verweist, sind nun für Eberhard das eigentlich Interessante. Eberhard geht davon aus, dass die Sprachentwicklung erst allmählich und in Wechselwirkung mit dem zunehmenden Unterscheidungsvermögen des Verstandes zur Abgrenzung von Synonymen führte: Der Verstand sieht aber zuerst die Dinge in großen Massen mit einer Hauptfarbe und mit schwankenden Umrissen. In diesem Zustande der Sprache giebt es größere und kleinere Wörtergruppen, die sich um einerlei Begriff herumstellen; ein Hauptbegriff wird durch mehrere Wörter ausgedruckt, deren Bedeutungen man erst nach und nach durch ihre eigentlichen Nebenbegriffe unterscheiden lernt.22

Wenn Eberhard dann davon spricht, dass Kenntnisse „in ihrer vollständigsten Bestimmtheit durch die Synonymik“23 angeeignet werden müssen, so weist er Beziehungen zwischen benachbarten Wörtern eine für ihre Bedeutung und damit die Erkenntnis der bezeichneten Begriffe wesentliche Funktion zu. Praktische Arbeiten zur Synonymik beziehen auch bei Eberhard Überlegungen zur erkenntnisleitenden Rolle der Sprache durchaus ein. Er bezieht sich auf den Zusammenhang der Spra19 20

21 22 23

Vgl. Gerda Haßler: Der semantische Wertbegriff in Sprachtheorien vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Berlin 1991, S. 40–69. Johann August Eberhard: Synonymisches Wörterbuch der deutschen Sprache für alle, die sich in dieser Sprache richtig ausdrucken wollen. Nebst einer ausführlichen Anweisung zum Gebrauche derselben. Berlin 1814, S. XVII. Ebd., S. XVI. Ebd., S. VIIf. Ebd., S. XIV.

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che mit wissenschaftlicher Erkenntnis und nennt Lavoisiers Anfangsgründe der Chemie als Beispiel für ein Werk, das nicht nur eine vervollkommnete Nomenklatur der Sprache der Chemie vorführt, sondern zugleich ein Lehrbuch dieser Wissenschaft ist. Was eine gute Fachsprache für ihre Wissenschaft leisten kann, soll nun eine allgemeine Synonymik für „die ganze Sphäre des gesunden Verstandes“ vollbringen: Sie soll die „feine Metaphysik, die in allen gebildeten Sprachen herrscht und darin alles geleitet hat“,24 freilegen. Eberhard geht dabei von einer Korrespondenz zwischen Wortschatz und Wissen aus: „Ein vollständiges Wörterbuch wird also der beste Maasstab des Verstandes einer ganzen Nation seyn; so wie der Grad ihres Scharfsinns insonderheit in ihrer vollständigsten Synonymik sichtbar werden müßte.“25 Eberhard hatte mit der Verlagerung des Schwerpunktes auf die Synonymik somit den erkenntnistheoretischen Rahmen keinesfalls verlassen. Gerade in diesem Bereich werden die Einflüsse des englischen und des französischen Empirismus auf ihn noch viel deutlicher als in der Polemik gegen Kant. Sprachtheoretische Überlegungen werden Ende des 18. Jahrhunderts zu einer Form, in der der Empirismus die Herausforderung der Kantianer annahm.26 Eberhard hält den Stand des Ausbaus des Deutschen für so weit fortgeschritten, dass die Zeit für die Entwicklung einer Synonymik als Wissenschaft Ende des 18. Jahrhunderts gekommen erscheint: Wenn also das Bedürfnis soll gefühlet werden, ähnliche Wörter in der Sprache zu unterscheiden, so muß der Sprachvorrath schon beträchtlich seyn, der Scharfsinn des gebildeten Theils der Nazion muß sich schon daran geübt und das Werk ihres Unterscheidungsvermögens in ihren Reden und Schriften niedergelegt haben., dem Sinne der Wörter und durch Vernunft, Geschmack und Schönheitsgefühl eine bestimmte Form eingedrückt seyn, mit der ihn der Sprachforscher auffassen, mit Sicherheit nachbilden und mit Deutlichkeit dem Verstande darstellen kann. / Das ist der Zeitpunkt, wo eine Wissenschaft entstehen wird, welche die nicht leicht zu bemerkenden Unterschiede ähnlicher Wörter zu erforschen und deutlich anzugeben bestimmt ist, und diese Wissenschaft ist die Synonymik.27

Er geht von einem differentiellen Synonymenbegriff aus und rechnet ihm Wörter zu, die verschiedene, aber ähnliche Bedeutungen haben, wobei die Verschiedenheit nicht leicht zu bemerken ist. Zur Bestimmung dessen, was er unter größter Ähnlichkeit ohne Gleichheit der Bedeutung versteht, entwickelt er eine Theorie der Unterordnung und Zuordnung der Begriffe, deren Kern in der Annahme gemeinsamer Merkmale besteht. Wenn Wörter ähnliche Bedeutungen haben, so müssen die Begriffe, die sie bezeichnen, in gemeinsamen Merkmalen überstimmen. Je 24 25 26 27

Ebd., S. IX. Ebd., S. VIII. Vgl. Lia Formigari: La sémiotique empiriste face au kantisme. Liège 1994. Johann August Eberhard, Joh. Gebh. Ehrenr. Maaß: Versuch einer allgemeinen teutschen Synonymik in einem kritisch-philosophischen Wörterbuche der sinnverwandten Wörter der hochdeutschen Mundart. Dritte Ausg., fortges. u. hg. v. J. G. Gruber. Halle [1795–1802] 1826, S. XV.

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größer die Anzahl der gemeinsamen Merkmale ist, umso ähnlicher sind die Bedeutungen der Wörter, die sie bezeichnen. So könne man Fluss und Strom nicht ohne weiteres voneinander unterscheiden, während die Anzahl der gemeinsamen Merkmale von See und Fluss geringer sei: Welche Wörter gehören in die allgemeine Synonymik / Diejenigen Wörter, welche in der allgemeinen Synonymik sollen erklärt werden, müssen verschiedene Bedeutungen haben, aber diese Bedeutungen müssen einander so ähnlich seyn, daß ihre Verschiedenheit nicht leicht zu bemerken ist. / Welche sind aber diejenigen, deren Verschiedenheiten schwer zu bemerken sind? Das muß genauer angegeben werden, wenn man den Umfang der Synonymik durch deutliche Grenzlinien festsetzen will; denn der Ausdruck: schwer zu bemerken, ist nicht bestimmt genug. / Wenn wir die Verschiedenheit der Bedeutungen der Wörter sollen angeben können, so müssen wir ihre Unterschiede, oder die Züge und Merkmale, die einem jeden eigen sind, genau und bestimmt bemerken. Das wird aber immer schwerer werden, je ähnlicher sie sind, und je geringer ihre Verschiedenheit ist. Wenn ihre Aehnlichkeit so groß und ihre Unterschiede so dunkel sind, daß sie nicht anders als durch eine genauere und vollständigere Zergliederung können entdeckt werden: so wird ihre Verschiedenheit nicht leicht zu bemerken seyn. / Allein 1. wann ist ihre Aehnlichkeit so groß? Nicht eher, als wenn sie die größte ist, ohne daß die Bedeutungen völlig einerlei sind. / Um die Linie mit Sicherheit zu ziehen, welche diese größte Aehnlichkeit von der völligen Einerleiheit trennet, müssen wir die Theorie von der Unterordnung und Zuordnung der Begriffe zu Hilfe nehmen. Die Wörter, welche der Gegenstand der Synonymik sind, können keine eigenthümliche Namen (propria), sie müssen gemeinschaftliche Namen (appellativa) seyn, sie müssen also nicht einzelne Dinge, sondern allgemeine bezeichnen. Wenn sie aber ähnliche Bedeutungen haben, so müssen die Begriffe, die sie bezeichnen, in gemeinschaftlichen Merkmalen übereinkommen, und in je mehrern gemeinschaftlichen Merkmalen diese Begriffe übereinkommen, desto ähnlicher werden die Bedeutungen der Wörter seyn, die sie bezeichnen. Sie werden daher am ähnlichsten seyn, wenn sie den nächsten höhern Begriff mit einander gemein haben. Haben sie nur einen entferntern höhern Begriff mit einander gemein: so wird der Unterschied leicht in die Augen fallen, es wird keiner langen Zergliederung bedürfen, um ihn bemerkbar zu machen; sie werden also keine Gegenstände der Synonymik sey. So wird man ohne Mühe See und Fluß von einander unterscheiden; denn sie haben nur den entferntern höhern Begriff des Wassers gemein. Hingegen: Fluß und Strom können Gegenstände der Synonymik werden, ihr Unterschied ist nicht ohne tieferes Nachdenken zu finden; denn sie kommen durch den nächsten höhern Begriff eines fließenden Wassers überein.28

Bewerkenswert ist dabei, wie Eberhard die Verschränkung der Synonymie mit anderen Bedeutungsrelationen betrachtet. So unterscheidet er zwei Bedeutungen des deutschen Wortes Betrachten, das in der einen Bedeutung mit Besehen, in der anderen mit Überlegen, Erwägen verwandt sei. Diese Zergliederung der Begriffe muß oft in mehr als einer Hinsicht vorgenommen werden. So ist nämlich möglich, daß ein Wort von einer Seite mit einer, und von der andern mit einer andern Wörterfamilie verwandt ist. So ist Betrachten von der einen Seite mit Besehen, von der andern mit Überlegen, Erwägen verwandt.29

Während in diesem Fall die Ursachen unterschiedlicher synonymischer Beziehungen in der Polysemie erkannt werden, liegen sie bei zusammengesetzten Begriffen 28 29

Ebd., S. XVIf. Ebd., S. XVIII.

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tiefer. So verfüge das Wort Geschäft über zwei Merkmale: (1) ,Anstrengung seiner Kräfte‘, (2) ,Wichtigkeit zu einem gewissen Zweck‘. Aufgrund des ersten Merkmals ergibt sich eine Synonymiebeziehung zu Arbeit, aufgrund des zweiten zu Angelegenheit. Ein zusammengesetzter Begriff kann so aufgrund seiner unterschiedlichen Merkmale an verschiedene Begriffe grenzen und die entsprechenden Bezeichnungen können Synonymiebeziehungen eingehen: Bei andern liegt der Grund tiefer. Ein zusammengesetzter Begriff besteht nämlich aus mehrern Merkmalen; mit dem Einen kann er an das eine Wörtergebiet, mit dem Andern an das andre grenzen. So ist in dem Begriff, den das Wort Geschäft bezeichnet, das Merkmal von Anstrengung seiner Kräfte, und der Wichtigkeit zu einem gewissen Zwecke enthalten: mit dem erstern grenzt es an Arbeit, mit dem andern an Angelegenheit. Der Synonymist muss es in beiden .Rücksichten jedesmal unter einer besondern Vergleichung zergliedern. Wollte er es mit seinen von beiden Seiten verwandten Wörtern zugleich aufführen, so würde er Wörter mit einander vergleichen, die nicht mehr sinnverwandt genug sind, und erst durch eine mühsame Zergliederung unterschieden werden.30

Eberhard unterscheidet zwischen gleichbedeutenden und sinnverwandten Wörtern und nimmt damit die seit langem bekannte Unterscheidung zwischen bedeutungsgleichen und bedeutungsähnlichen Wörtern auf: Nun sind Wörter, die völlig einerlei bedeuten, augenscheinlich etwas anderes, als Wörter, deren Bedeutungen blos ähnlich sind. Das ist insonderheit der Fall in der Wissenschaft, wo der genauere Vortrag auch den Gebrauch bestimmter Ausdrücke nothwendig macht. Da wenigstens würde man die Wörter, deren Bedeutung gar nicht verschieden ist, von denen, deren Verschiedenheit verborgen ist, auch durch den Ausdruck unterscheiden müssen. Ich trage kein Bedenken, für die erstern den Ausdruck gleichbedeutend vorzuschlagen. Die letztern hat die teutsche Gesellschaft zu Mannheim zuerst sinnverwandt genannt, und dieser Ausdruck scheint sowohl der Sprache gemäß, als dem Begriffe, den er ausdrücken soll, völlig angepaßt zu seyn.31

Wörter, die gegenständlich vorliegende Arten von Dingen bezeichnen, bedürfen nach Eberhard keiner Analyse und gehören folglich nicht zum Gegenstand der Synonymik. Ebenso klammert er künstlich festgelegte Fachwörter aus. Die Wörter, welche die Arten der Dinge bestimmt bezeichnen, bedürfen, so bald die Gegenstände, die sie anzeigen, den Sinnen dargestellt werden können, keiner ausführlichen Zergliederung, um sie voneinander zu unterscheiden, und gehören also nicht in die Synonymik; und das ist der Fall bei Stuhl und Schemel, Pokal und Becher, Palast und Hütte, und bei allen Wörtern dieser Art.32

Ob in einer Sprache vollständige Synonyme vorliegen, kann nach Eberhard nur für die jeweilige Sprache und nicht allgemein festgestellt werden. Im Deutschen gab es anfangs viele gleichbedeutende Wörter, auch Luther verwendete im 16. Jahrhundert noch Erfinden statt Finden und Zeugen statt Gebären. Als Zeichen von

30 31 32

Ebd. Ebd., S. XIX. Ebd., S. XXII.

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Vollkommenheit einer Sprache wertet Eberhard jedoch das vollständige Fehlen absoluter Synonyme. Das, was man mit Gründen behaupten kann, ist: eine vollkommene Sprache sollte keine völlig gleichbedeutenden Wörter haben; und ein dunkles Gefühl von dieser Wahrheit ist es ohne Zweifel, was dem Sprachlehrer die Meinung aufdringt, daß seine Sprache keine vollkommenen Synonymen habe, weil sie keine haben solle.33

Dieses Fehlen vollständiger Synonyme im Zustand höchster Vollkommenheit habe viele Sprachlehrer veranlasst, sie auch für den gegebenen Sprachzustand auszuschließen und die Differenzierung von Synonymen zu verlangen. Allerdings hält er den höchsten Zustand der Vollkommenheit für ein Ideal, das wohl niemals erreicht werden kann. Dass es überhaupt Synonyme gibt, führt Eberhard auf die Art der Sprachentstehung zurück. Die Sprachen sind nicht in einer bewussten Verabredung erfunden worden, bei der man sicher jedem Begriff seinen passenden Namen gegeben hätte, sondern jeweils kleine Gruppen von Menschen hätten den Gegenständen Bezeichnungen beigelegt, die nur in einem kleinen Gebiet verwendet wurden. Wenn die Erfindung der Wörter das Werk einer absichtlichen Berathschlagung und Verabredung der ganzen Nazion gewesen wäre; so würde das allem Ansehen nach nicht geschehen seyn. Allein zu der Zeit, da noch die ganze Nazion aus kleinen Heerden zerstreuter Wilden bestand, zu einer solchen Zeit konnte ein Wort nur in einem Kreise bekannt werden. In einem anderen Kreise machte man sich also ein anderes Wort, weil man nicht wußte, dass bereits ein gleichbedeutendes vorhanden war.34

Auf diese Weise seien mehrere unterschiedliche Bezeichnungen für dieselben Begriffe entstanden, die gegenseitig nicht verstanden wurden. Deshalb hätten die Gelehrten für Pflanzen künstliche Wörter erfinden müssen, um das Verständnis darüber zu gewährleisten. Daher kommen die sehr vielfältigen Synonymen gerade der bekanntesten Naturprodukte, insonderheit von dem Pflanzenreiche. Sie wurden in jedem kleinen Bezirke benannt, ohne daß man von den Namen, womit es in den benachbarten bereits benannt war, Kenntniß hatte; in dem einen nach seinen Wirkungen, wie Tollbeere, Tollkirsche, Schlafbeere, in dem andern, um seine Zuneigung oder Abneigung dagegen auszudrücken, Wolfskirschen, Teufelsbeeren.35

Den Nutzen der Synonymik sieht Eberhard nicht vorrangig in der Schönheit, die der Rede durch abwechslungsreichen Ausdruck verliehen wird, sondern in erster Linie in der Schulung, die das Denken durch die exakte Unterscheidung der Bedeutungen erfahren würde. Der Synonymik kommt somit eine propädeutische Funktion zu, die für alle Wissenschaften nützlich ist und darüber hinaus zur Schulung des Scharfsinns beiträgt. 33 34 35

Ebd., S. XXV. Ebd., S. XXIX. Ebd., S. XXX.

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Nutzen der Synonymik / […] 1. Zuvörderst gehört dahin die Uebung des Scharfsinns. […] 2. Da wir aber nur vermittelst der Sprache denken, so wird unser Denken auch desto richtiger sein, je genauer wir reden und je mehr wir also die Bedeutung der sinnverwandten Wörter unterscheiden. […] 3. Mit diesem Nutzen ist ein anderer, der in der Verminderung der Anzahl gelehrter Streitigkeiten besteht, nahe verwandt. 4. Allein auch da, wo die Synonymik nicht so dem Verstand und der Wissenschaft nützlich ist, wird sie immer dem vernünftigen und geistigen Vergnügen dienstbar seyn. 5. Diese Schönheit, welche der Vortrag der Synonymik verdankt, hängt genau mit der zusammen, welche die ganze Sprache durch die Unterscheidung der sinnverwandten Wörter erhält. Schon Girard hat richtig bemerkt, dass es eine falsche Idee von dem Reichthum einer Sprache sein würde, wenn man ihn in die bloße Menge der Wörter setzen wollte. Die Wörter können nur einen Werth haben, sofern sie Begriffe bezeichnen, und ihre Menge kann der Sprache nur den Vorzug geben, sofern sie der Anzahl der Begriffe entspricht. Die Vollkommenheit einer Sprache in die Menge der Wörter, ohne Rücksicht auf ihren Sinn, setzen, würde eben so viel heißen, als ein Gastmahl bloß durch die große Anzahl der Schüsseln, die aber alle einerlei Gericht enthielten, prächtig machen wollen.36

Den Nutzen der Synonymik bestimmt Eberhard in einer Art hierarchischen Form. (1) Zuallererst dient sie der Übung des Scharfsinns. (2) Aus der Tatsache, dass wir vermittelst der Sprache denken, leitet er aus der genauen Bestimmung der Bedeutung der Wörter auch Nutzen für das Denken ab. (3) Mit diesem Nutzen ist ein anderer, der in der Verminderung der Anzahl gelehrter Streitigkeiten besteht, nahe verwandt. (4) Doch auch dort, wo die Synonymik nicht so dem Verstand und der Wissenschaft nützlich ist, wird sie immer dem vernünftigen und geistigen Vergnügen dienstbar sein. (5) Diese Schönheit, welche der Vortrag der Synonymik verdankt, hängt genau mit der zusammen, welche die ganze Sprache durch die Unterscheidung der sinnverwandten Wörter erhält. Man sieht hier, dass die Synonymik Eberhards keinesfalls auf die bloße Variation im Ausdruck abzielt, sondern immer auf exakter Differenzierung beruhende Ausdrucksmöglichkeiten beschreibt. Abschließend soll Eberhards Synonymik am Beispiel des Begriffsfeldes ,Aufklärung‘ erläutert werden: Aufklärung. Erleuchtung. [ü] Ein Zustand der höheren Klarheit der Erkenntnis. [v.] Das erste Wort zielt blos auf die mehr trockene Deutlichkeit, das andere mehr auf die Lebhaftigkeit der Erkenntniss: den in eigentlicher Bedeutung heisst z.B. ein Zimmer aufklären: so viel Licht hinein bringen, dass die Gegenstände darin deutlich unterschieden werden können. Hingegen zeigt das Erleuchten eine grössere Verstärkung des Lichtes an, also eigentlich ein völliges Hellmachen. Eine Stadt wird erleuchtet, wenn sie durch Licht in allen Häusern erhellet wird. Vieles Licht wirkt aber stärker auf das Gesicht, und macht einen lebhafteren Eindruck. Erleuchtung in Bezug auf die Erkenntniss sagt daher mehr, als Aufklärung. Das Wort Erleuchtung ist aber besonders in der Theologie üblich und von den Mystikern darin aufgenommen, welche die Gottheit selbst als ein Licht vorstellten, dessen Ausflüsse in die eingeschränkten Geister übergehen. Erleuchtung im mystisch-theologischen Sinne ist eine durch den göttlichen Geist geweckte Einsicht in übernatürliche Dinge. Diese Erleuchtung und die weltliche Aufklärung sind im beständigen Kampfe miteinander begriffen. / Aufklärung. 36

Ebd., S. XXXV–XXXVIII.

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Gelehrsamkeit. Wissenschaft. [ü] Erkenntnis eines Menschen, deren Vollkommenheit über das Gemeine hinausgeht. [v.] Wenn Aufklärung von Gelehrsamkeit und Wissenschaft unterschieden wird, so wird sie Demjenigen beigelegt, der deutliche Kenntnisse hat von gemeinnützigen Gegenständen, ohne kunstmäßige Methode. Die Gelehrsamkeit erstreckt sich auf alle Gegenstände, welche gelehrt und gelernt werden können, und sie zerfällt daher in viele Fächer, in derem einem oder mehreren Jemand sehr gelehrt sein kann., während er in den übrigen ganz unwissend ist. Von der Gelehrsamkeit unterscheidet sich Wissenschaft dadurch, dass bei dieser noch die kunstmässige Methode hinzukommt, wodurch der höchste Grad der Gründlichkeit und Gewissheit befördert wird. Wissenschaft ist nämlich die Erkenntnis, sofern sie Kenntnis der letzten Gründe, worauf sie beruht, und Einsicht in ihren Zusammenhang mit denselben einschliesst; denn nur dann ist sie eigentliches Wissen. Hierbei ist Wissenschaft in subjectiver Bedeutung genommen, als ein wirkliches Wissen eines denkenden Wesens; objectiv bezeichnet man damit einen Inbegriff von Wahrheiten, die man wissen kann. In dieser Bedeutung wird öfters Gelehrsamkeit für Wissenschaft genommen: Gottes-Gelehrsamkeit u.s.w. Es kann jemand sehr aufgeklärt sein, der kein Gelehrter ist, und sehr gelehrt, der nicht sehr aufgeklärt ist; (N.N. ist ein gelehrter, aber nicht aufgeklärter Theolog) auch kann er gelehrt sein, ohne eigentlich Wissenschaft zu haben, wenn nämlich seine Kenntnisse nicht methodisch sind, und sein Wissen nicht auf die letzten Gründe gestützt ist.37 Zunächst führt Eberhard eine auf Polysemie beruhende Unterscheidung ein in Aufklärung als Synonym von Erleuchtung und als Synonym von Gelehrsamkeit. Für die Unterscheidung von Aufklärung, Gelehrsamkeit und Wissenschaft führt Eberhard dann jeweils spezifische Merkmale an: Aufklärung unterscheidet er von Gelehrsamkeit und Wissenschaft durch das Merkmal der ,Deutlichkeit der Kenntnisse‘, Gelehrsamkeit erstreckt sich auf alle Gegenstände, welche gelehrt und gelernt werden können, und sie zerfällt daher in viele Fächer, von der Gelehrsamkeit unterscheidet sich Wissenschaft dadurch, dass bei dieser noch die ,kunstgemäße Methode‘ hinzukommt. Danach werden die Synonyme auf Austauschbarkeit und Kompatibilität in der Verwendung überprüft.

4 Schlussbetrachtung Eberhard hat als Sprachtheoretiker und Lexikologe durchaus Anregungen aus den verschiedenen Strömungen der Sprachtheorien des 18. Jahrhunderts aufgegriffen und in seiner Synonymik auch produktiv umgesetzt. Er folgt dabei wie andere Synonymiker der Zeit in anderen Ländern weitgehend Girard und übernimmt auch 37

Art. Aufklärung. In: Johann August Eberhard, Johann Gebhard Ehrenreich Maass, Johann Gottfried Gruber: Deutsche Synonymik. Hildesheim, New York 1971 [ND der Ausg. Leipzig 1852] Bd. 2, S. 101f.

4

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dessen Modell der geometrischen Differenzierung von Bedeutungen. In einigen Überlegungen zur Bedeutungstheorie geht er jedoch durchaus über seine Vorgänger hinaus. Es ist gerechtfertigt, ihn als Begründer der deutschen Synonymie zu bezeichnen.

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-RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG9HUVXFKHLQHUDOOJHPHLQHQGHXWVFKHQ6\QRQ\PLNLQHLQHPNULWLVFK SKLORVRSKLVFKHQ:|UWHUEXFKH GHU VLQQYHUZDQGWHQ :|UWHU GHU KRFKGHXWVFKHQ 0XQGDUW (UVWHU 7KHLO $ ± & 1HEVW HLQHP 9HUVXFKH HLQHU 7KHRULH GHU 6\QRQ\PLN +DOOH /HLS]LJ  =ZH\WHU 7KHLO ' ± (  'ULWWHU 7KHLO ) ± *  9LHUWHU 7KHLO * ± -  )QIWHU 7KHLO/±56HFKVWHU7KHLO6±=1HEVWHLQHPYROOVWlQGLJHQ5HJLVWHUEHUDOOHVHFKV 7KHLOH)RUWJHVHW]WXQGHUJlQ]WZXUGHGDV:HUNYRQ-RKDQQ*HEKDUG(KUHQUHLFK0DD‰ ±  GHVVHQ VLQQYHUZDQGWH :|UWHU ]XU (UJlQ]XQJ GHU (EHUKDUGVFKHQ 6\QRQ\PLN LQ VHFKV%lQGHQLQGHQ-DKUHQELVHUVFKLHQHQXQGLQGHU%DQG]lKOXQJGLH(EHUKDUG VFKH6\QRQ\PLNHLQHUVHLWVZHLWHUIKUWHQGXUFKGLHLQWHUQH1XPPHULHUXQJDEHUDQGHUHUVHLWVLQ LKUHU (LJHQVWlQGLJNHLW VLFKWEDU EOLHEHQ 7HLO  7HLO  7HLO  7HLO   9RQ GHP (EHUKDUG 0DD‰VFKHQ:HUNZXUGHLQGHQ-DKUHQELVHLQH]ZHLWHYHUPHKUWHXQGZRKOIHLOHUH $XIODJHHEHQIDOOVLQ%lQGHQYHUDQVWDOWHW)UGLHGULWWH$XIODJHYRQELV 7HLOH LQ%GQ ZXUGHQ(EHUKDUGV6\QRQ\PLNXQG0DD‰¶(UJlQ]XQJYRQ-RKDQQ*RWWIULHG*UXEHU ±  LQHLQDQGHU JHDUEHLWHW XQG XP HLQLJH =XVlW]H YHUPHKUW (LQH YLHUWH $XIODJH LQ ]ZHL%lQGHQQXQPHKU'HXWVFKH6\QRQ\PLNYRQ(EHUKDUG0DD‰XQG-**UXEHUEHWLWHOWXQG YRQ&DUO+HUPDQQ0H\HUYHUDQWZRUWHWHUVFKLHQLQGHQ-DKUHQ  -RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG6\QRQ\PLVFKHV+DQGZ|UWHUEXFKGHUGHXWVFKHQ6SUDFKHIUDOOHGLH VLFK LQ GLHVHU 6SUDFKH ULFKWLJ DXVGUFNHQ ZROOHQ 1HEVW HLQHU DXVIKUOLFKHQ $QZHLVXQJ ]XP QW]OLFKHQ*HEUDXFKHGHVVHOEHQ+DOOH        1DFKVFKXVV       >XPJHDUEHLWHW YHUP X YHUE Y )ULHGULFK 5FNHUWXQG0LW%H]HLFKQXQJGHU:|UWHULQHQJOLVFKHUIUDQ]|VLVFKHULWDOLHQLVFKHUXQGUXVVL VFKHU 6SUDFKH YRQ 'DYLG $VKHU XQG $XJXVW %ROW]@  >XPJ YHUP X YHUE KJ Y 2WWR /\RQXQG):LOEUDQGW0LWhEHUVHW]XQJGHU:|UWHULQGLHHQJOLVFKHIUDQ]|VLVFKHLWDOLHQLVFKH XQGUXVVLVFKH6SUDFKHY'DYLG$VKHUXQG$XJXVW%ROW]XQGHLQHUYHUJOHLFKHQGHQ'DUVWHOOXQJ GHU GHXWVFKHQ 9RU XQG 1DFKVLOEHQXQWHU HUOlXWHUQGHU %H]LHKXQJ DXI GLH HQJOLVFKH IUDQ]|VL VFKHLWDOLHQLVFKHXQGUXVVLVFKH6SUDFKHYRQ$XJXVW%ROW]@ %GH   

Popularphilosophie und philosophische Grammatik



 )UDJHQGHVOH[LNDOLVFKHQ5HLFKWXPVZLHVLHPLWGHUDUWLJHQ:|UWHUEXFKSURMHNWHQ WKHPDWLVFKZXUGHQZDUHQHOHPHQWDUHU%HVWDQGWHLOGHU6SUDFKHQIUDJHEHUHLWVVFKRQ LQIUKHUHQ-DKUKXQGHUWHQ0LWGHUIUDQ]|VLVFKHQ.XOWXUKHJHPRQLHDEHUZXUGHLKU YHUPHKUWH$XIPHUNVDPNHLW]XWHLO'DVLOOXVWULHUWQLFKW]XOHW]WGLH7DWVDFKHGDVVHV VHLWGHPDXVJHKHQGHQ-DKUKXQGHUWELV]X*RWWVFKHGVBeobachtungen über den Gebrauch und Misbrauch vieler deutscher Wörter und Redensarten YRQ  LP 'HXWVFKHQ NHLQH QHQQHQVZHUWHQ 6\QRQ\PZ|UWHUEXFKYHUVXFKH JHJHEHQ KDW GD QDFKDEHUVROFKH3URMHNWHYLHOHURUWVHUZRJHQXQGPLWPDOPHKUPDOPLQGHUJXWHP (UIROJEHJRQQHQZXUGHQhEHUVLHKWPDQGHQEHWUHIIHQGHQ=HLWUDXPZLUGPDQ]X GHP 6FKOXVV NRPPHQ N|QQHQ GDVV GLH GLVWLQNWLYH 6\QRQ\PHQOH[LNRJUDSKLH GHV 'HXWVFKHQHLQ(UJHEQLVGHUGHXWVFKHQ$XINOlUXQJLVWXQGQXUVHNXQGlUYRQGHP YRQ YLHOHQ VHLQHU]HLW DOV .XOWXULPSHULDOLVPXV ZDKUJHQRPPHQHQ IUDQ]|VLVFKHQ 6SUDFKXQG.XOWXUHLQIOXVVHYR]LHUWXQGIRUFLHUWZRUGHQLVW$P$QIDQJGHVGH]L GLHUWHQ,QWHUHVVHVGHU$XINOlUXQJDQGHU6\QRQ\PLNVWHKW-RKDQQ*RWWIULHG/HLEQL] PLW VHLQHU 1L]ROLXV$EKDQGOXQJ 'LHVHU %HIXQG GHFNW VLFK PLW (EHUKDUGV 6HOEVW YHURUWXQJLQGHU3KLORVRSKLHXQG6\QRQ\PLNJHVFKLFKWH'HQ$EVFKOXVVGHU3HULR GH GHU DXINOlUHULVFKHQ 6\QRQ\PHQOH[LNRJUDSKLH PLW %OLFN DXI GDV (EHUKDUGVFKH 6\QRQ\PHQSURMHNWPDUNLHUWKLHU.DUO/HRQKDUG5HLQKROGPLWVHLQHQEHLGHQOHLGHU ZRKOLP-DKUKXQGHUWZHLWJHKHQGZLUNXQJVORVJHEOLHEHQHQ$EKDQGOXQJHQ'LH Grundlegung einer Synonymik für den allgemeinen Sprachgebrauch in den philosophischen Wissenschaften YRQ  XQG Das menschliche Erkenntnißvermögen, aus dem Gesichtspunkte des durch die Wortsprache vermittelten Zusammenhangs zwischen der Sinnlichkeit und dem DenkvermögenYRQ  

, (EHUKDUGV9HUVXFKHLQHUDOOJHPHLQHQGHXWVFKHQ6\QRQ\PLN  Ä9RU HLQLJHU =HLW³ VR VFKUHLEW (EHUKDUG  LQ GHU Vorrede ]XP HUVWHQ %DQG VHLQHV 6\QRQ\PZ|UWHUEXFKV KDEH HU DQJHIDQJHQ VLFK PLW GHP 3UREOHP GHU 6\QRQ\PLN]XEHVFKlIWLJHQ0LWVROFKÄKDUPORVHQ8QWHUVXFKXQJHQ³KRIIWHHUVLFK  

=XU&KDUDNWHULVWLNGHU/H[LNRJUDSKLHGHU$XINOlUXQJV]HLWLQVEGHU6\QRQ\PHQOH[LNRJUDSKLH YJOXD*HUGD+DVVOHU6SUDFKWKHRULHQGHU$XINOlUXQJ=XU5ROOHGHU6SUDFKHLP(UNHQQWQLV SUR]H‰ %HUOLQ  6WDQLVODZ 3LRWU 6]OHN =XU GHXWVFKHQ /H[LNRJUDSKLH ELV -DFRE *ULPP :|UWHUEXFKSURJUDPPH:|UWHUEFKHUXQG:|UWHUEXFKNULWLN%HUQ%HUOLQ)UDQNIXUWDP0DLQ XD  6± 8OULNH +D‰=XPNHKU 'HXWVFKH :|UWHUEFKHU ± %UHQQSXQNW YRQ 6SUDFK XQG .XOWXUJHVFKLFKWH %HUOLQ  VRZLH 0DULRQ +DKQ 'LH 6\QRQ\PHQOH[LNRJUDILH YRP  ELV ]XP  -DKUKXQGHUW +LVWRULVFKH (QWZLFNOXQJ XQG NRPPHQWLHUWH %LR%LEOLRJUD SKLH+HLGHOEHUJLQVE6±X6± 6SUDFKH±/LWHUDWXUXQG*HVFKLFKWH 6WXGLHQ]XU/LQJXLVWLN*HUPDQLVWLN   (EHUKDUG KDW GLH ]ZHLWH $XVJDEH VHLQHV VHFKVElQGLJHQ 6\QRQ\PZ|UWHUEXFKV QLFKW PHKU KHUDXVJHEHQ N|QQHQ =XVlW]H GLH LQ GLH HUVWH $XIODJH QLFKW PHKU HLQIOLH‰HQ NRQQWHQ ILQGHQ VLFKDEHULQVHLQHP+DQGZ|UWHUEXFKHLQHP$XV]XJGHU]ZDUGLH'LVWLQNWLRQHQELHWHWDXIGH UHQ+HUOHLWXQJMHGRFKYHU]LFKWHW'LHVHZXUGHQYRQ-RKDQQ*RWWIULHG*UXEHUPLWGHQVHFKV(U JlQ]XQJVElQGHQYRQ-RKDQQ*HEKDUG(KUHQUHLFK0DD‰XQG±ZHQQDXFKQLFKWOHPPDWLVFK±



Hans-Peter Nowitzki

XQG VHLQHQ ,QWHUHVVHQ IULHGYROOHUH *HILOGHQ ]X HU|IIQHQ ZHLWDE YRQ 6FKXOJH]lQN XQG6\VWHPJHLVW:DVVLFKIULKQDQIDQJVQRFKZLHHLQ=HLWYHUWUHLEDXVJHQRPPHQ KDEHQ PDJVFKZROOVFKQHOOVFKRQ]XHLQHUJUR‰HQMDGHUJU|‰WHQGHUDUWLJHQ8Q WHUQHKPXQJ GHV  XQG EHJLQQHQGHQ  -DKUKXQGHUWV DQ 'HQ ÄJDQ]HQ :|UWHU VFKDW] GHU WHXWVFKHQ 6SUDFKH³ ZROOWH HU GXUFKIRUVWHQ XQG HLQH DOOJHPHLQH 6\QR Q\PLNGHV'HXWVFKHQYHUIDVVHQ(LQJDQJLQGLH6\QRQ\PLNVROOWHQVROFKH:|UWHU ILQGHQ GHUHQ bKQOLFKNHLW VHKU JUR‰ XQG GHUHQ 8QWHUVFKLHGH VHKU GXQNHO VLQG 6\QRQ\PH VLQG GDQDFK :|UWHU GLH EHGHXWXQJVJOHLFK ]X VHLQ VFKHLQHQ HV MHGRFK QLFKWVLQGXQGXQWHUVFKLHGOLFKH*HJHQVWlQGHE]Z%HJULIIHEH]HLFKQHQ%HLJU|‰WHU bKQOLFKNHLW VLQG VLH GRFK EHGHXWXQJVYHUVFKLHGHQ 8QG GLHVH bKQOLFKNHLWHQ GHV %HGHXWXQJVYHUVFKLHGHQHQ JHOWH HV LP HLQ]HOQHQ DXI]XNOlUHQ XQG OH[LNDOLVFK ]X EXFKHQ  +LHUIUZDUHQNRQ]HSWLRQHOOHhEHUOHJXQJHQEHU$XIEDX=LHOXQG0HWKRGHGHV /H[LNRQV QRWZHQGLJ QLHGHUJHOHJW LQ VHLQHP GHP HUVWHQ 7HLO HLQOHLWHQG YRUDQJH VWHOOWHQ XQG GHU NULWLVFKHQ 'XUFKVLFKW GHU ÄSKLORVRSKLVFKHQ 6SUDFKOHKUHU³ HPS IRKOHQHQ Versuch einer Lehre von der Sinnverwandtschaft der Ausdrücke in der teutschen Sprache    'DVV GLH 6\QRQ\POH[LNRJUDSKLH GHQQRFK NHLQ IHUQDE DOOHQ SKLORVRSKLVFKHQ 6WUHLWV OLHJHQGHV 8QWHUQHKPHQ ZDU GHVVHQ ZDU VLFK (EHUKDUG QDWUOLFK EHZXVVW (UYHUVWDQGVLHDOV%HVWDQGWHLOGHVVSUDFKNULWLVFKHQ)XQGDPHQWVGHU3RSXODUSKLOR VRSKLH GLH GHU SKLORVRSKLVFKHQ %HKDQGOXQJ GHU 6SUDFKH JUR‰HV ,QWHUHVVH HQWJH JHQEUDFKWH 6R ZLUG HV EHLVSLHOVZHLVH DXFK QLFKW EHUUDVFKHQ ZHQQ VLFK .DUO /HRQKDUG5HLQKROG±GHUVHLQHU]HLWPLWGHPFundament des philosophischen Wissens  GHQ.DQWLVFKHQ.ULWL]LVPXVHOHPHQWDUSKLORVRSKLVFKXQWHU=XJUXQGH OHJXQJ GHV Ä6DW]HV GHV %HZX‰WVH\QV³ ]X XQWHUPDXHUQ VXFKWH ± QDFK  PLW VHLQHU 6SlWSKLORVRSKLH QHXHUOLFK QXQPHKU DEHU PLW GH]LGLHUW VSUDFKSKLORVRSKL VFKHQ 0LWWHOQ DQ GLHVHV 8QWHUQHKPHQ PDFKWH ZLH ZHLWHU XQWHQ JH]HLJW ZHUGHQ ZLUG   %HUHLWV GLH %HWLWHOXQJ VWHOOW GLH SKLORVRSKLVFKH 5HOHYDQ] GHV (EHUKDUGVFKHQ :|UWHUEXFKV GHXWOLFK KHUDXV HUVFKLHQ HV GRFK YRQ  ELV  DOV Versuch einer allgemeinen deutschen Synonymik in einem kritisch-philosophischen Wörter YHUPHKUW LQ GHU GULWWHQ $XVJDEH ]XVDPPHQJHIKUW 0DD‰¶ (UJlQ]XQJHQ JHKHQ LQVRIHUQ EHU (EHUKDUG KLQDXV LQGHP HU ZHLW VWlUNHU DOV MHQHU QRFK GLH HW\PRORJLVFKH $QDO\VH VLQQYHU ZDQGWHU:|UWHULQGLH/H[LNRQDUWLNHOKDWHLQIOLH‰HQODVVHQ  -RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG9RUUHGH]XUHUVWHQ$XVJDEH>+DOOH0lU]@,QGHUV9HU VXFK HLQHU DOOJHPHLQHQ WHXWVFKHQ 6\QRQ\PLN LQ HLQHP NULWLVFKSKLORVRSKLVFKHQ :|UWHUEXFKH GHUVLQQYHUZDQGWHQ:|UWHUGHUKRFKWHXWVFKHQ0XQGDUW'ULWWH$XVJIRUWJHVXKJY-RKDQQ *RWWIULHG*UXEHU%G+DOOHS9  -RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG9HUVXFKHLQHU/HKUHYRQGHU6LQQYHUZDQGWVFKDIWGHU$XVGUFNHLQ GHUWHXWVFKHQ6SUDFKH,Q(EHUKDUG6\QRQ\PLN ZLH$QP SS;9í/KLHUS;9,  9JO 0DQIUHG *DZOLQD 'DV 0HGXVHQKDXSW GHU .ULWLN 'LH .RQWURYHUVH ]ZLVFKHQ ,PPDQXHO .DQWXQG-RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG%HUOLQ1HZXQG@ WUHIIHQGH :DKO GHU $XWRULWlWHQ³ YJO (EHUKDUG 9HU VXFKHLQHU/HKUHYRQGHU6LQQYHUZDQGWVFKDIW ZLH$QP S;/9,,   9RQGHP%HJULIIHGHU3KLORVRSKLHXQGLKUHQ7KHLOHQ(LQ9HUVXFKZRPLWEH\P$QWULWWGHVYRQ 6HLQHU.|QLJOLFKHQ0DMHVWlW$OOHUJQlGLJVWLKPDQYHUWUDXHWHQ$PWVHLQHV|IIHQWOLFKHQ/HKUHUV GHU3KLORVRSKLHDXIGHU.|QLJO)ULHGULFKV8QLYHUVLWlW]X+DOOHVHLQH9RUOHVXQJHQDQNQGLJW -RKDQQ$XJXVW(EHUKDUG0DJGHU3KLORVRSKLH%HUOLQ



Hans-Peter Nowitzki

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Popularphilosophie und philosophische Grammatik

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Gelegentlich der Überlegung, dass die Logik, die Ästhetik und die eigentlichen moralischen Wissenschaften den praktischen Wissenschaften zugerechnet werden können, was durch deren instrumentelle Ausrichtung gerechtfertigt sei,15 kommt er auch auf die allgemeine Grammatik zu sprechen, die ebenfalls als eine praktische Wissenschaft anzusehen sei. Sie gehöre in die Philosophie, weil der Mensch, so Eberhard, „zum Denken und Mittheilen der Ideen willkührliche Zeichen, sichtbar oder hörbar, also eine Sprache“ benötige. Die Wissenschaft, diese Zeichen nach den Abänderungen, deren die Ideen fähig sind, abzuändern, ist die allgemeine philosophische Grammatik. Diese ist, sofern sie sich mit den Abänderungen und Beziehungen der Ideen beschäftigt, und danach allgemeine Regeln für die Abänderung der Worte, ihre Beugung und Ordnung angiebt, allerdings ein Ast der Philosophie, der von der Metaphysik ausgeht.16

In seiner fünf Jahre später publizierten, Moses Mendelssohn gewidmeten Theorie der schönen Wissenschaften. Zum Gebrauche seiner Vorlesungen (1783)17 kommt er erneut auf das Verhältnis Sprache – Philosophie, nun jedoch im Verbund mit der Rhetorik, zu sprechen, dabei auch schon dezidiert auf die Synonymik hinweisend, wenn auch, wie in einem der Ästhetik verpflichteten Werk nicht anders zu erwarten, in Hinsicht auf den Sprachgebrauch des Dichters und nicht des Philosophen. Dort heißt es: Das Wort […], welches alle Nebenvorstellungen ausdruckt, die der Schriftsteller ausdrucken will, ist das eigenthümliche Wort für seinen Gedanken. Die Wörter […] müssen also so verschieden seyn als die Gedanken mit den auszudruckenden Nebenvorstellungen. Daher auch die Wörter, deren Bedeutung im höhern Grade ähnlich ist, oder die Synonimen (gleichbedeutende Wörter) nicht müssen mit einander verwechselt werden.18

Auch in seiner anlässlich der für das Jahr 1784 von der Berliner Akademie der Wissenschaften gestellten Preisfrage über die Allgemeinheit der französischen Sprache

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sinnlichen Welt hingegen nur zufällig und scheinbar (ebd., S. 48). (2) „Enthält der Begriff von Gott alle die Vollkommenheiten eines Geistes, die die Seele in sich selbst anschauen kann, Weisheit, Güte, Gerechtigkeit, im höchsten Grade, also wiederum außersinnliche Ideen.“ (ebd.) Daher vermag die Seele den Begriff Gottes mit seinen Prädikaten ‚Einheit‘, ‚Vollkommenheit‘ und ‚Substantialität‘ ganz aus sich selbst zu schöpfen, indem sie auf sich selbst, auf ihre eigenen Operationen als geistiges Wesen aufmerkt bzw. „durch unmittelbares Anschauen fühlt“ (ebd., S. 49). „So erhebt die Reflexion sich zum Anschauen des unendlichen Unsichtbaren, so wird der Gedanke Empfindung, die Betrachtung Andacht.“ (ebd., S. 49f.) Denn über die „Betrachtung der Erkenntnißkraft“ hinaus beschäftigen sie sich auch mit den „Regeln zur Lenkung derselben auf einen gewissen Zweck“. Er erwägt daher auch, ob man nicht von: (a) theoretischen, (b) praktischen und (c) organischen Wissenschaften sprechen sollte (ebd., S. 51). Ebd., S. 53f. Theorie der schönen Wissenschaften. Zum Gebrauche seiner Vorlesungen herausgegeben von Johann August Eberhard. Halle 11783, 21786. Im Folgenden wird zit. nach der dritten Aufl. (1790), die unter dem Titel Theorie der schönen Künste und Wissenschaften. Zum Gebrauche seiner Vorlesungen erschien. Ebd., S. 123.



Hans-Peter Nowitzki

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Popularphilosophie und philosophische Grammatik



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Hans-Peter Nowitzki

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Popularphilosophie und philosophische Grammatik



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Hans-Peter Nowitzki

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Popularphilosophie und philosophische Grammatik



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Hans-Peter Nowitzki

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Popularphilosophie und philosophische Grammatik



KHLW³E]ZÄ3Ul]LVLRQ³EHVWHKW'HQQQXUZHUGDVMHQLJHZDVHUDXV]XGUFNHQEH DEVLFKWLJWJHQDXGHQNWXQG]XJOHLFKÄPLWGHQIHLQVWHQ=JHQXQG6FKDWWLUXQJHQLQ GHQ %HGHXWXQJHQ DXFK GHU VLQQYHUZDQGWHVWHQ :|UWHU YHUWUDXW LVW³ ZHUGH GHQ HLQ]LJULFKWLJHQ$XVGUXFNPLW6LFKHUKHLW]XILQGHQZLVVHQ$XIGLHVH:HLVHODVVH VLFKGLHJHIRUGHUWHÄ+DUPRQLH]ZLVFKHQ*HGDQNHQXQG$XVGUXFN³LPPQGOLFKHQ RGHU VFKULIWOLFKHQ 9RUWUDJ HUUHLFKHQ GLH GDV ÄJHQDXH>@ $QSDVVHQ>@ GHV $XVGUX FNHV³YRUDXVVHW]WZRGXUFKDOOHLQGLHÄ)RUP GHV*HGDQNHQV³DXFKHLQHÄVFK|QH³ ZHUGHXQGZRUDXVHLQHYROOHQGHWHÄ+DUPRQLHGHUbKQOLFKNHLWXQG9HUVFKLHGHQ KHLWGHU/DXWHPLWGHUbKQOLFKNHLWXQG9HUVFKLHGHQKHLWGHV6LQQHVLQLKUHQIHLQVWHQ $EVWXIXQJHQ³UHVXOWLHUH±:DVIUGLHMHZHLOLJHQNRQNUHWHQVSUDFKOLFKHQ0DQL IHVWDWLRQHQ 6DXVVXUHV parole, JLOW OlVVW VLFK DXFK YRQ GHU 6SUDFKH DQ VLFK 6DXVVXUHV langue, VDJHQ 'LH RUGQXQJVWLIWHQGH +DUPRQLH ]ZLVFKHQ :RUW XQG %HJULII]ZLVFKHQ/DXWELOGE]Z%H]HLFKQHQGHP signifiant XQG9RUVWHOOXQJE]Z %H]HLFKQHWHP signifié  ZLUNW VLFK   DXFK DXI GDV JHVDPWH YRQ GHU 6SUDFKJH PHLQVFKDIWLQWHUQDOLVLHUWHXQGUHSUlVHQWLHUWH6SUDFKV\VWHP Ä6SUDFKJHElXGH³ DXV XQGYHUOHLKWGLHVHPVR(EHUKDUGÄ9ROONRPPHQKHLWXQG6FK|QKHLW³  1DWUOLFK JHEH HV HLQDQGHU ZLGHUVWUHLWHQGH 0RPHQWH ÄVSUDFKOLFKHU 9ROONRP PHQKHLWHQ³HLQHUVHLWVXQGÄVSUDFKOLFKHU6FK|QKHLWHQ³DQGHUHUVHLWV'LH)RUGHUXQ JHQGLH3RHWHQXQG3URVDLVWHQ±LP6SUDFKJHEUDXFK(EHUKDUGVÄ'LFKWHUXQG5KH WRUHQ³±DQGLH6SUDFKHVWHOOHQVHLHQLQPDQFKHPYHUVFKLHGHQYRQGHQHQGHU*H OHKUWHQ %HLGHU 9HUODQJHQ VWHKH ZLHGHUXP QLFKW VHOWHQ DXFK TXHU ]X GHQ $QIRU GHUXQJHQ GHQHQ GLH $OOWDJVVSUDFKH ]X JHQJHQ KDW $OOHVDPW VHLHQ VLH MHGRFK GXUFKDXV±KLQVLFKWOLFKGHU6\QRQ\PH]XPLQGHVW±PLWHLQDQGHUYHUPLWWHOEDU'HQQ VLHEHVWHOOWHQJOHLFKVDPQXUEHVWLPPWH6SUDFKSURYLQ]HQPHKURGHUZHQLJHUVWDUN YRQHLQDQGHU DEJHJUHQ]WH %H]LUNH VSUDFKOLFKHU 3UD[LV VR GDVV HWZDV GDV LQ GHP HLQHQ GDV $XIHQWKDOWVUHFKW IU VLFK EHDQVSUXFKHQ NDQQ GLHVHV LQ HLQHP DQGHUHQ XQWHU 8PVWlQGHQ GXUFKDXV YHUVDJW EHNRPPHQ NDQQ ,QVEHVRQGHUH LP )DOO GHU 'LFKWHUVSUDFKHVHLGDVDXJHQIlOOLJ'HQQGRUWJHEHHVQRFKVRPDQFKHQ$XVGUXFN GHU LQ GHU *HPHLQVSUDFKH EHUHLWV YHUDOWHW LQ GHU 6SUDFKH GHU 'LFKWHU GHQQRFK JHEUlXFKOLFK LVW D  $XFK GDV JHUDGH *HJHQWHLO KDW KLHU VWDWW =XZHLOHQ VFKULWWHQ GLH 'LFKWHU DXFK ]XU 6FKDIIXQJ QHXHU OH[LNDOLVFKHU $XVGUXFNVIRUPHQ E  $UFKD LVPHQ D XQG1HRORJLVPHQ E ZHUGHLKQHQGDKHUQLHPDQGHUQVWKDIWDOVOHJLWLPH GLFKWHULVFKH 0LWWHO EHVWUHLWHQ ZROOHQ 9LHOPHKU HUZHLVH VLFK GLH GDULQ DXVGU FNHQGH6SUDFKVFKLFKWXQJDOV9RUDXVVHW]XQJIUGLH$XVELOGXQJHLQHU*HPHLQVSUD FKHVFKOHFKWKLQ'LH*HOHKUWHQKLQJHJHQWUJHQPLWLKUHP)DFKZRUWVFKDW]ZHQLJHU GD]X EHL GLH *HPHLQsprache ]X YHUVFK|QHUQ DFKWHWHQ VLH GRFK YLHOPHKU GDUDXI GHQ ÄJHVXQGHQ 0HQVFKHQverstand“ ]X EHI|UGHUQ (LQH .RQVHTXHQ] DXV GHU $Q   (EGS;;;9,,  (EG  (EGS;/,,,  (EGS;;;9,,,



Hans-Peter Nowitzki

QDKPHMHQHU6SUDFKVFKLFKWXQJLVWGLH0|JOLFKNHLWHLQHVDXVJHZRJHQHUHQ8PJDQJV PLWHFKWHQ6\QRQ\PHQ(EHUKDUGXQWHUVFKHLGHWGHVKDOEQXQPHKU]ZLVFKHQOHJLWL PHQXQGLOOHJLWLPHQHFKWHQ6\QRQ\PHQ=XOlVVLJVHLHQVROFKHQXUGDQQZHQQVLH gleichbedeutend DEHU QLFKW LQ DOOHQ 6SUDFK XQG GDPLW :LVVHQVEH]LUNHQ gleichgeltendVLQGVHLHQVLHDEHUEHUDOOJOHLFKEHGHXWHQGXQGJOHLFKJHOWHQGVRVHLHQVLH ]XYHUOlVVLJHQWEHKUOLFKDOVREHUIOVVLJXQGPVVWHQDXVJHPHU]WZHUGHQ  :HQQHLQJHGHQNGHURIIHQHQQLHDOVDEJHVFKORVVHQ]XEHWUDFKWHQGHQ(UNHQQW QLVHQWZLFNOXQJÄGHU,GHHQNUHLVGHU1D]LRQ>VLFKDEHU@QDFKXQGQDFKLPPHUPHKU HUZHLWHU>W@³VRGDVVÄ]XGHQELVKHUXQEHPHUNWHQ8QWHUVFKLHGHQLQGHQ%HJULIIHQ 8QWHUVFKLHGH LQ :|UWHUQ³ HLQJH]RJHQ ZHUGHQ PVVHQ GDVV DOVR GLH /H[LN GHQ YHUVFKLHGHQHQ%HJULIIHQDQJHSDVVWZHUGHQPXVVNDQQHVSDVVLHUHQGDVVSO|W]OLFK ELVODQJEHU]lKOLJHV9RNDEXODUQRWZHQGLJZLUG 'DGDVELVKHUVFKRQJHVFKHKHQLVWZDUXPVROOWHHVQLFKWQRFKNQIWLJJHVFKHKHQXQGGDGLH 8QWHUVFKHLGXQJ QHXHU %HJULIIH PDQFKHV QHXH :RUW HLQHP DOWHQ >«@ EHLJHVHOOHW KDW ZDUXP VROOWHQQLFKWDXFKQHXH%HJULIIHQHXH9HUVFKLHGHQKHLWHQLQGLH%HGHXWXQJHQDOWHU6\QRQ\PHQ EULQJHQ"

'LHVHU$VSHNWZLUG.DUO/HRQKDUG5HLQKROGVSlWHU$QVWR‰]X.ULWLNXQG$QOD‰]X ZHLWHUIKUHQGHQhEHUOHJXQJHQ  (LQVWZHLOHQ EOHLEW IHVW]XKDOWHQ GDVV (EHUKDUG ± ZLH YLHOH VHLQHU =HLWJHQRVVHQ DXFK±VLFKGLH9HUEHVVHUXQJGHU*HPHLQVSUDFKHYRQGHU'LFKWHUVSUDFKHKHUZLH VLH LQ GHQ :HUNHQ GHU EHVWHQ GHU NODVVLVFKHQ 6FKULIWVWHOOHU QLHGHUJHOHJW LVW HU KRIIWH'HU*UDPPDWLNHUKDWLQ)lOOHQZRÄGLH6WLPPHQGHUEHVWHQ6FKULIWVWHOOHU QRFKQLFKWVHQWVFKLHGHQKDEHQ³XQGGHU6SUDFKJHEUDXFKQRFKQLFKWHQWVFKLHGHQ KDW =XUFNKDOWXQJ ]X EHQ XQG GHU (QWZLFNOXQJ QLFKW GRNWULQlU YRU]XJUHLIHQ ,KQHQVHLLQGHP)DOOHGDQQQXU]XU3IOLFKWJHPDFKWDQKDQGYRQHW\PRORJLVFKHQ XQGDQDORJLVFKHQ)lOOHQGHQ6FKULIWVWHOOHUQ9RUVFKOlJH]XXQWHUEUHLWHQ  'DV IKUWH LKQ DXI HLQH JUXQGOHJHQGH VHLQHU]HLW YLHOGHEDWWLHUWH )UDJH :HOFKH 0RPHQWH GHV 6SUDFKV\VWHPV ODVVHQ XQWHU %HUXIXQJ DXI ZHOFKH ,QVWDQ]HQ ZDQQ ZHVKDOE XQG LQ ZHOFKHP 8PIDQJ NRUULJLHUHQGH XQG NRGLIL]LHUHQGH (LQJULIIH ]X" :RUDXVNDQQHLQ6\QRQ\PLNHUVFK|SIHQXQGZHOFKH+LOIVPLWWHOVWHKHQLKPKLHUIU ]X*HERWH"(EHUKDUGVFKORVVVLFKGHQMHQLJHQDQGLH  GHQDOOJHPHLQHQ6SUDFK JHEUDXFKDOVÄK|FKVWH>Q@*HVHW]JHEHULQGHU6\QRQ\PLNZLHLQGHU6SUDFKHEHU KDXSW³ DQHUNHQQHQ 1DFKUDQJLJ VHLHQ   GLH (W\PRORJLH XQG GLH $QDORJLH OHW] WHUH IDOOH LQ GHU 6\QRQ\PLN DOV HKHU V\QWDNWLVFK UHOHYDQWHV 9HUIDKUHQ RKQHKLQ ZHQLJHULQV*HZLFKW +LQ]XNlPHQDOV$QDO\VHPHWKRGHQGLH%HUFNVLFKWLJXQJ   (EGSS;/,VHT  6FKRQ 4XLQWLOLDQ KDWWH

IU GLH JUDPPDWLVFKH ODXWOLFKH XQG OH[LNDOLVFKH 1RUPLHUXQJ DOV ZLFKWLJVWHV.ULWHULXPGHQ*HEUDXFK GLHconsuetudoIU]usage QDPKDIWJHPDFKW 4XLQWLQVW    hEHUGLH6SUDFKULFKWLJNHLWYRQ$XVGUFNHQ ars recte loquendi ZXUGHWUDGLWLRQHOODQKDQGGHV 6SUDFKJHEUDXFKV DQHUNDQQWHU $XWRUHQ auctoritas  GHV JHJHQZlUWLJHQ 6SUDFKJHEUDXFKV

Popularphilosophie und philosophische Grammatik



GHVMHZHLOLJHQZ|UWOLFKHQXQGPHWDSKRULVFKHQ6LQQHV  VRZLHGLH.RQWH[WXDOLVLH UXQJGHU:|UWHU    $XJHQPHUN VFKHQNW GHU 6\QRQ\PLNHU DEHU QLFKW GHP DOOJHPHLQHQ 6SUDFKJH EUDXFKDOOHUVRQGHUQQXUGHPÄJHZlKOWH>Q@XQGJHELOOLJWH>Q@*HEUDXFKGHUNODVVL VFKHQ *HLVWHU >«@ 'LH 6WHOOHQ ZRULQ HU JHIXQGHQ ZLUG VLQG $XWRULWlWHQ³ 6LH VHLHQ GDQQ QLFKW PHKU QXU $XWRULWlWHQ IU GHQ EULJHQ 7HLO GHU 6SUDFKJHPHLQ VFKDIWVRQGHUQQXQHEHQVRIUGHQ6FKULIWVWHOOHUVHOEVWÄ>'@HQQHUNDQQVLFKQXU GDYRQ WUHQQHQ EHL 6WUDIH QLFKW YHUVWDQGHQ ]X ZHUGHQ³ 'HU 6\QRQ\PLNHU ZLUG GLHVHQ6SUDFKJHEUDXFKPXVWHUQGLH6\QRQ\PHGDULQDXIVXFKHQVDPPHOQRUGQHQ XQG VHLQHP 6\QRQ\PZ|UWHUEXFK DOV DXWRULWDWLYH %HOHJH ]XU %HJUQGXQJ GHU MH ZHLOLJHQ'LVWLQNWLRQHLQYHUOHLEHQ  $Q +LOIVPLWWHOQ VWQGHQ GHP %HDUEHLWHU YRQ 6\QRQ\PZ|UWHUEFKHUQ lOWHUH *ORVVDULHQ XQG :|UWHUEFKHU ]XU 9HUIJXQJ GDUEHU KLQDXV DOOJHPHLQH :|UWHU EFKHU ÄGHU JHJHQZlUWLJHQ NODVVLVFKHQ 6SUDFKH³ $GHOXQJV Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart EHLVSLHOVZHLVH VRZLH IUHPGVSUD FKLJH6\QRQ\PZ|UWHUEFKHU1XUVROOWHYRQOHW]WHUHQQLFKW]XXQNULWLVFK*HEUDXFK JHPDFKWZHUGHQGDGHU%DXGHU6SUDFKHQLQVHPDQWLVFKHUXQGV\QWDNWLVFKHU+LQ VLFKWKlXILJVHKUYHUVFKLHGHQVHLXQGGLHlKQOLFKVWHQ:|UWHULQGHQYHUVFKLHGHQHQ 6SUDFKHQRIWÄHLQHQVHKUYHUVFKLHGHQHQLQHLQDQGHUHLQJUHLIHQGHQ8PIDQJ³KlWWHQ $XFKVHL]ZHLIHOKDIWREGLHNRQVXOWLHUWHQ6\QRQ\PLNHUVWHWVGDV5HFKWH]XWUHIIHQ JHZXVVW KDEHQ RGHU RE VLH QLFKW PLWXQWHU DXFK IHKOWHQ ÄStosch >EHLVSLHOVZHLVH@ GHURIWGHPGirardRKQHKLQOlQJOLFKH3UIXQJJHIROJWLVWKDWVLFKGDKHUYRQGLH VHPVFKDUIVLQQLJHQ6\QRQ\PLVWHQ>]XZHLOHQ@LUUHOHLWHQODVVHQ³  

9 .DUO/HRQKDUG5HLQKROGV5H]HSWLRQGHU(EHUKDUGVFKHQSynonymik  (EHUKDUGV Versuch einer allgemeinen deutschen Synonymik IDQG EUHLWH $QHUNHQ QXQJ1LFKWZHQLJWUXJGD]XDXFKGHU8PVWDQGEHLGDVV-RKDQQ*HEKDUG(KUHQ UHLFK 0DD‰ VRZLH -RKDQQ *RWWIULHG *UXEHU XQG DQGHUH GDV :HUN HUJlQ]HQG XQG EHULFKWLJHQGZHLWHUIKUWHQVRGDVVGLH(EHUKDUGVFKHSynonymik]XUEHGHXWHQGVWHQ GHV  -DKUKXQGHUWV ZHUGHQ NRQQWH 'DVV VLH LQ GHU 7DW QLFKW QXU OLQJXLVWLVFKHV ,QWHUHVVH ZHFNWH VRQGHUQ DXFK JDQ] ZHVHQWOLFK GLH %HPKXQJHQ XP SKLORVRSKL VFKH *UXQGOHJXQJVIUDJHQ ]X EHIUXFKWHQ YHUPRFKWH ]HLJW VLFK XD DQ .DUO /HRQ KDUG 5HLQKROGV %HVFKlIWLJXQJ PLW LKU $QDORJ ]X (EHUKDUG GHVVHQ $UEHLWHQ ]XU Synonymik GHP DXINRPPHQGHQ .DQWLDQLVPXV 3DUROL ELHWHQ VROOWHQ XQG GHP PLW GLHVHPDQKHEHQGHQ6FKLVPDXQWHUGHQ$XINOlUXQJVSKLORVRSKHQEHJHJQHQZROOWHQ  consuetudo  GHU $QDORJLH analogia  XQG GHU (W\PRORJLH ratio  VRZLH GHU hEHUOLHIHUXQJ vetustas HQWVFKLHGHQ YJO4XLQWLQVWí   (EHUKDUG9HUVXFKHLQHU/HKUHYRQGHU6LQQYHUZDQGWVFKDIW ZLH$QP S;/,9  (EG  (EGS;/9,,



Hans-Peter Nowitzki

QDKP 5HLQKROG GLH VHLQHU]HLW YRQ (EHUKDUG EHJRQQHQH 8QWHUQHKPXQJ QXQ DEHU LP1DFKJDQJ]XU7UDQV]HQGHQWDOSKLORVRSKLHGHVNODVVLVFKHQGHXWVFKHQ,GHDOLVPXV ZLHGHU DXI XQG VXFKWH VLH ZHLWHU]XIKUHQ 1RFK LPPHU ZDU 5HLQKROG GDPLW EH VFKlIWLJW GHU 3KLORVRSKLH HLQ QHXHV JHVLFKHUWHV )XQGDPHQW ]X YHUVFKDIIHQ QXU MHW]W XQWHU VSUDFKSKLORVRSKLVFKHP 9RU]HLFKHQ 'DPLW VFKORVV HU JHZLVVHUPD‰HQ ZLHGHUDQVHLQHIUKHQ$UEHLWHQDQDQVHLQHBeyträge zur Berichtigung bisheriger Mißverständnisse der PhilosophenHWZDZRHVHLQOHLWHQGKHL‰W $EHUPDQKDWNHLQHQEHVWLPPWHQ%HJULIIYRQ3KLORVRSKLHRGHUPDQKDWLKQQXUGXUFKGHQEH VWLPPWHQ 6LQQ GLHVHV :RUWHV GHU YRQ GHP *HEUDXFKH GHU 'HQNNUDIW XQG NHLQHVZHJV YRP (PSILQGHQ DEKlQJW >«@ 'D VLFK GHU %HJULII YRQ 3KLORVRSKLH DXI QLFKWV $QVFKDXOLFKHV XQG (PSILQGEDUHVEH]LHKWVROl‰WHUVLFKZHQQHUHLQPDOHU]HXJWLVWQXUGXUFK:RUWHIHVWKDOWHQ KHUYRUUXIHQ XQG DQGHUQ PLWWKHLOHQ XQG HU VHOEVW LVW LQ VR IHUQH QLFKWV YRQ GHP 6LQQH GHU :RUWHRGHUGHV:RUWHVZRPLWHUEH]HLFKQHWZLUG9HUVFKLHGHQHV'HUEHVWLPPWH%HJULIIXQG GLHEHVWLPPWH%HGHXWXQJGHV:RUWHV3KLORVRSKLHVLQGLP*UXQGHQXU(LQHVXQGHEHQGDVVHOEH 'LHVJLOWVRJDUYRQDOOHQSKLORVRSKLVFKHQ%HJULIIHQXQGGHQ%HGHXWXQJHQLKUHU=HLFKHQ-HGHV :RUWNDQQLQGHU3KLORVRSKLHQXUHLQHQHLQ]LJHQEHVWLPPWHQ%HJULIIEH]HLFKQHQXQGIUGLH 6SUDFKHGHU3KLORVRSKLHNDQQHVGXUFKDXVNHLQHY|OOLJJOHLFKEHGHXWHQGH:RUWHJHEHQ:LUKD EHQGDKHUNHLQHQEHVWLPPWHQ%HJULIIYRQ3KLORVRSKLHZHQQZLUNHLQHEHVWLPPWH%HGHXWXQJ GHV:RUWHVDXI]XZHLVHQKDEHQ

±6RGHU.DQWLDQHU5HLQKROGEHUHLWVLP-DKUH=XHLQHU5HSULQWLVLHUXQJMHQHU hEHUOHJXQJHQVFKULWWHUPLWGHUGrundlegung einer Synonymik für den allgemeinen Sprachgebrauch in den philosophischen Wissenschaften 'DV VHLQHP YHUWUDXWHQ )UHXQG )ULHGULFK +HLQULFK -DFREL ]XJHHLJQHWH :HUN OHQNWH GLH $XI PHUNVDPNHLWHUQHXWDXIGDV:HFKVHOYHUKlOWQLVYRQ6SUDFKHXQG9HUQXQIWGLHVLFK ± HLQ *HGDQNH -DFRELV DXV GHP -DKUH  ± ZLH GDV VDJHQKDIWH HLQDQGHU VLFK Y|OOLJ JOHLFKHQGH %UGHUSDDU GHU 0HQlFKPL LQ GHU JOHLFKQDPLJHQ .RP|GLH GHV 3ODXWXV LQ DQGDXHUQGHQ 9HUZHFKVOXQJVVSLHOHQ ]HLJWHQ 9LHUPDO KDEH HU 5HLQ KROG LQ]ZLVFKHQ VFKRQ VHLQH SKLORVRSKLVFKH 3RVLWLRQ JHZHFKVHOW MHGHV 0DO LP *ODXEHQ QXQPHKU IHVWHQ *UXQG HUUHLFKW ]X KDEHQ 8QG MHGHV 0DO KlWWHQ GLH 0HQlFKPL IRUWJHVSLHOW 'HU HLQH 0HQlFKPXV GLH 6SUDFKH WULHE VHLQ ÄJHKHLPHV 6SLHO³ QXU ÄKLQWHU GHQ &RXOLVVHQ³ ZlKUHQGGHVVHQ GHU DQGHUH 0HQlFKPXV GLH  .DUO/HRQKDUG5HLQKROG%H\WUlJH]XU%HULFKWLJXQJELVKHULJHU0L‰YHUVWlQGQLVVHGHU3KLORVR SKHQ%GH-HQD 5HLQKROG %H\WUlJH ]XU %HULFKWLJXQJ ELVKHULJHU 0L‰YHUVWlQGQLVVH GHU 3KLORVRSKHQ    6í .DUO/HRQKDUG5HLQKROG*UXQGOHJXQJHLQHU6\QRQ\PLNIUGHQDOOJHPHLQHQ6SUDFKJHEUDXFK LQ GHQ SKLORVRSKLVFKHQ :LVVHQVFKDIWHQ .LHO  9RUEHUHLWHW KDWWHQ GLHVH GLH %H\WUlJH ]XU OHLFKWHUQ hEHUVLFKW GHV =XVWDQGHV GHU 3KLORVRSKLH EH\P $QIDQJH GHV  -DKUKXQGHUWV í 'LH$QIDQJVJUQGHGHU(UNHQQWQL‰GHU:DKUKHLWLQHLQHU)LEHOIUQRFKXQEHIULH GLJWH)RUVFKHUQDFKGLHVHU(UNHQQWQL‰  GLH5JHHLQHUPHUNZUGLJHQ6SUDFKYHUZLUUXQJ XQWHUGHQ:HOWZHLVHQ  VRZLHGLH$EKDQGOXQJ'DV6WUHEHQQDFK:DKUKHLWGDUJHVWHOOWLQ VHLQHP.DPSIJHJHQ]ZH\HUOH\'RSSHOVLQQ   5HLQKROG*UXQGOHJXQJHLQHU6\QRQ\PLN ZLH$QP S99JO)ULHGULFK+HLQULFK-DFREL (GXDUG$OOZLOOV%ULHIVDPPOXQJ=XJDEH$Q(UKDUG2

>@ ,QGHUV5RPDQH,(GXDUG $OOZLOO+JY&DUPHQ*|W]:DOWHU-DHVFKNH+DPEXUJ6WXWWJDUWS

Popularphilosophie und philosophische Grammatik



9HUQXQIWÄXQWHUZHFKVHOQGHQ9HUNOHLGXQJHQDXIGLH%KQHKHUYRUWU>D@W³.HLQHP VHL HV ELVODQJ YHUJ|QQW JHZHVHQ ÄGLH HLJHQWOLFKH $QVWLIWHULQ GHV DOWHQ 0L‰YHU VWlQGQLVVHV XQG DOOHU 9HUZLFNOXQJHQ³ GLH 6SUDFKH ]X HQWODUYHQ 8QG ELV GDWR IHKOHHVDQHLQHUÄ&ULWLNGHU6SUDFKHGLHHLQH0HWDNULWLNGHU9HUQXQIWVH\QZUGH XP XQV $OOH EHU 0HWDSK\VLN (LQHV 6LQQHV ZHUGHQ ]X ODVVHQ³ ]LWLHUW 5HLQKROG VHLQHQ )UHXQG -DFREL 1RFK GDXHUH GHU =XVWDQG GHU ÄXQEHPHUNWHQ DEHU QLFKW XQPHUNOLFKHQ (LQZLUNXQJ GHU Wandelbarkeit und Vieldeutigkeit des Sprachgebrauches³ IRUW ÄGXUFK ZHOFKH GLH Wörter ZHOFKH GHP Denken GLHQHQ VROOWHQ GDVVHOEH EHKHUUVFKWHQ XQG GLH 9HUQXQIW LQ GLH LKUHP :HUN]HXJH GHU 6SUDFKH HLJHQWKPOLFKH:DQGHOEDUNHLWXQG'LHQVWEDUNHLWKLQHLQ]|JHQ³'HVKDOEKDEHHV DXI GHP )HOGH SKLORVRSKLVFKHQ :LVVHQV ELVODQJ NHLQH HLJHQWOLFKH (QWZLFNOXQJ VRQGHUQ QXU HLQH ÄHQGORVH>@ )HKGH >JHJHEHQ@ ZHOFKH ]ZLVFKHQ YHUVFKLHGHQHQ HLQDQGHU EHNlPSIHQGHQbesonderen, SDUWLNXOlUHQ  Sprachgebräuchen, XQG XQWHU GHUEHZXVVWORVHQ+HUUVFKDIWGHVYLHOGHXWLJHQgemeinen, YXOJlUHQ 6SUDFKJHEUDX FKHV JHIKUW ZXUGH JHIKUW ZLUG XQG GDUXP QLFKW DXVJHIKUW ZHUGHQ NDQQ³ $OOHLQ HLQ DOOJHPHLQHU SKLORVRSKLVFKHU :LVVHQVFKDIWOLFKNHLW YHUEUJHQGHU 6SUDFKJHEUDXFKN|QQHKLHU$EKLOIHVFKDIIHQ8PGLHVHU)RUGHUXQJ]XJHQJHQVHL PDQ ]XQlFKVW JHKDOWHQ DOOH 6\QRQ\PH XQG +RPRQ\PH ]X LGHQWLIL]LHUHQ XQG LQ LKUHQ hEHUHLQVWLPPXQJHQ XQG 9HUVFKLHGHQKHLWHQ LQ HLQHP D[LRPDWLVFKHQ 9HU ]HLFKQLV ]X HUIDVVHQ 'HQQ GLH JHJHQZlUWLJH 9HUZLUUXQJ LQ SKLORVRSKLVFKHQ 'LQJHQ ZXU]HOH LQ GHU PDQJHOQGHQ 8QWHUVFKHLGXQJ GHU VLQQYHUZDQGWHQ :|UWHU XQG JOHLFKEHQDPWHQ %HJULIIH (UVW ZHQQ GLHVH LQ *lQ]H H[SOL]LHUW ZRUGHQ VHLHQ N|QQH DXFK YRQ HLQHU DOOJHPHLQHQ GK HLQGHXWLJHQ EHVWlQGLJHQ XQG DOOJHPHLQ YHUVWlQGOLFKHQ 6SUDFKH JHVSURFKHQ ZHUGHQ YRQ GHU KHU DXFK HLQH DOOJHPHLQH 3KLORVRSKLHLKUHQ$XVJDQJQHKPHQPVVWH'DEHLLVWGDUDXI]XDFKWHQGDVVÄGHU allgemeine 6SUDFKJHEUDXFK >«@ YRU DOOHQ $QGHUQ GHQ *HGDQNHQ]HLFKHQ GHU 'HQNOHKUHXQG:HVHQOHKUHJHEKUW³  +DXSWDQJULIIVSXQNW 5HLQKROGV VLQG .DQWV 'HQNIRUPHQ GLH VRJ .DWHJRULHQWD IHOGLHHUJUXQGVlW]OLFKLQ)UDJHVWHOOW=XZHQLJKlWWHQ.DQWXQGVHLQH1DFKIROJHU GHP9HUKlOWQLVÄGHV'HQNHQV]XP6SUHFKHQ³XQGGHPSKLORVRSKLVFKHQ6SUDFKJH EUDXFKLKUH$XIPHUNVDPNHLWJHVFKHQNW6RVHLLKQHQDXFKGHUÄ0DQJHODQIHVWVWH KHQGHQ*HGDQNHQ]HLFKHQDXIGHP*HELHWHGHUVSHNXODWLYHQ3KLORVRSKLHGLH9LHO GHXWLJNHLW LKUHU XQHQWEHKUOLFKVWHQ XQG JHEUlXFKOLFKVWHQ :|UWHU >XQG@ GLH 0HQJH XQG 9HUVFKLHGHQKHLW GHU SDUWLNXOlUHQ 6SUDFKJHEUlXFKH³ XQEHNDQQW JHEOLHEHQ  5HLQKROG*UXQGOHJXQJHLQHU6\QRQ\PLN ZLH$QP S9, (EG S9,, ± Ä8QG HV IHKOWH QXU QRFK DQ HLQHU .ULWLN GHU 6SUDFKH GLH HLQH 0HWDNULWLN GHU

9HUQXQIW VH\Q ZUGH XP XQV DOOH EHU 0HWDSK\VLN HLQHV 6LQQHV ZHUGHQ ]X ODVVHQ³ -DFREL $OOZLOOV%ULHIVDPPOXQJ ZLH$QP 6 

5HLQKROG*UXQGOHJXQJHLQHU6\QRQ\PLN ZLH$QP S9,,, (EGS;, (EGSS;,9;;,, (EGS;;9, (EG6



Hans-Peter Nowitzki

$XFKLKPVHLHUVWNU]OLFKEHZXVVWJHZRUGHQGDVVGDVZDVHUPLWVHLQHULP-DKUH SXEOL]LHUWHQ6FKULIWÜber das Fundament des philosophischen Wissens. Nebst einigen Erläuterungen über die Theorie des Vorstellungsvermögens LQ $QJULII JHQRPPHQ KDEH QRWZHQGLJ VFKHLWHUQ PXVVWH GD LKP GDPDOV GLH 6\QRQ\PLWlW JUXQGOHJHQGHU %HJULIIH GHU 'HQNOHKUH QLFKW HLQVLFKWLJ JHZHVHQ VHL 'HU QXQPHKULJH 9HUVXFK NQSIH LQVRIHUQ DQ GDV YRU  -DKUHQ EHJRQQHQH 8QWHUQHK PHQ DQ QXU QXQ QLFKW PHKU XQWHU EHZXVVWVHLQVSKLORVRSKLVFKHP VRQGHUQ XQWHU VSUDFKNULWLVFKHP 9RU]HLFKHQ XQG XQWHU =XJUXQGHOHJXQJ GHU 6\QRQ\PLN DOV Ä'ROOPHWVFKHULQGHVDOOJHPHLQHQ6SUDFKJHEUDXFKHV³  'HU Ä*HLVW³ GHV =HLFKHQV GHU *HGDQNH VR 5HLQKROG PDFKH ]XVDPPHQ PLW GHPÄLKPGLHQVWEDUHQ%XFKVWDEHQ³GDVÄ:HVHQGHVZDKUHQ:LVVHQV³DXVLVWGDV QLFKW GHU )DOO LVW HV ÄIDOVFKHV :LVVHQ³ $OO]X RIW QRFK ]LWLHUW 5HLQKROG DXV -DFRELVVon den göttlichen Dingen und ihrer Offenbarung  WUHWHGDV:RUW ÄvorGDV:HVHQKLQ±VRGDVVGLHVHVJDUQLFKWPHKUJHVHKHQZLUGXQGPDQYRU JLHEWJOHLFKGHQ=DXEHUHUQXQGDXFKVLFKVHOEVWEHUUHGHWAlles mit Worten machen zu können,Q:DKUKHLWDEHUYHUOLHUWPDQPLWGHPGrundeGHU5HGHGLH5HGH VHOEVWGHQQZDVPDQYRUEULQJWLVWOHHUHU6FKDOO³  9RU GHP +LQWHUJUXQG GHU VHLQHU]HLW HLIHUQGHQ ÄFULWLVFKSKLORVRSKLVFKHQ *ODX EHQVOHKUHU³ XQG ÄPRGHUQHQ 6HKHU GHV $EVROXWHQ³ PDFKWH 5HLQKROG PLW VHLQHU Grundlegung einer Synonymik GHQ 9HUVXFK GDV .DQWLVFKH 8QWHUQHKPHQ DXIV 1HXH IXQGDPHQWDOSKLORVRSKLVFK ]X EHJUQGHQ 'LH Ä&ULWLN GHU 6SUDFKH³ VROOH VR VHLQ $QVLQQHQ HLQH Ä0HWDNULWLN GHU 9HUQXQIW³ VHLQ XQG DXI GLHVH :HLVH GHQ 6WUHLW XQWHU GHQ SKLORVRSKLVFKHQ 6HNWHQ EHLOHJHQ KHOIHQ 'LH 6SUDFKNULWLN GLH VLFKVRZRKOJHJHQGHQVRJÄJHPHLQHQ6SUDFKJHEUDXFK³DOVDXFKJHJHQGHQGDUDXV UHVXOWLHUHQGHQÄEHVRQGHUHQ³GHUSKLORVRSKLVFKHQ6HNWHQZHQGHVROOHHLQHQDOOJH PHLQHQ ÄIHVWVWHKHQGHQ³ 6SUDFKJHEUDXFK JHQHULHUHQ KHOIHQ 'HQQ QXU LQ LKP ±  .DUO /HRQKDUG 5HLQKROG hEHU GDV )XQGDPHQW GHV SKLORVRSKLVFKHQ :LVVHQV 1HEVW HLQLJHQ

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Popularphilosophie und philosophische Grammatik



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Hans-Peter Nowitzki

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Popularphilosophie und philosophische Grammatik



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Hans-Peter Nowitzki

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5 Rezeptionskontexte und Anstoßimpulse

CEM SENGÜL (Freiberg i. Br.)

„Noch einmahl vale.“ Johann August Eberhards Briefe an Friedrich Nicolai1 Halle d. 7. 9br. 1778. Nun endlich, theuerster Freund! schöpfe ich Atem und setze mich hin, Ihnen zu schreiben. Wenn Sie mich bereits verdammt haben, so nehmen Sie Ihr Verdammungsurtheil zurück; denn hier ist mein Brief. Daß ich in Halle existire, wenn Ihnen daran gelegen ist, das zu wissen, daß haben Sie aus den Hallischen Intelligenzen erfahren können. Dem Vergnügen aber, mich mit Ihnen zu unterhalten, habe ich mich nicht eher überlassen wollen, bis ich es ganz konnte mit etwas freyern Ellnbogen. Ich bin nun in meinen Professorbeschäftigungen bis über die Ohren. Wenn das mir keinen Anspruch auf Ihre Achtung giebt, so giebt es mir doch desto mehr auf Ihr Mitleid; und damit will ich dann als ein kluger Professor vor der Hand gern zufrieden seyn. Wie leben Sie? Sind Sie wieder ganz gesund und insonderheit starck genug dem häßlichen Wieland seine Wahrheiten zu sagen. Ich habe eben seinen Merkur gelesen, worin er Sie mißhandelt. O ihr Poeten! Ihm ist es gleich, sich selbst zu brandmarken, wenn er einem Mann wehe tun kann, der seine Eitelkeit beleidigt hat. Denn er hat es gerade heraus dem M. Niemeyer gesagt, daß es Rache sey für die Recension seiner Alceste.2 Ich werde rezensiren. 1.) Ploucquet El. Phil. Specul. 2.) Hartrotz Psychol. 3.) Auszug aus Bayles Wörterbuch 4.) Pacto gegen die Materialisten.

1

2

Der Titelanfang stammt aus Johann August Eberhards Brief an Friedrich Nicolai vom 1. Dezember 1781. Wie sämtliche im vorliegenden Aufsatz zitierten Briefe Eberhards befindet dieser sich im Nachlass Nicolai in der Staatsbibliothek Berlin; vgl. Briefe an Friedrich Nicolai, 1772–1808,Bd. 16, Nr. 85. Eberhard nimmt hier Bezug auf Wielands Rezension des in Nicolais Verlag erschienenen Romans Leben, Bemerkungen und Meinungen Johann Bunkels (1778) im Teutschen Merkur (Drittes Vierteljahr 1778, S. 75–90 u. S. 165–172). Zur Kontroverse zwischen Nicolai und Wieland vgl. Alexander Košenina: Zur deutschen Übersetzung zweier Romane Thomas Amorys und der sich anschließenden Fehde zwischen Wieland und Nicolai. In: Daphnis 18 (1989), S. 179–198. Wielands Alceste erfuhr in der Allgemeinen Deutschen Bibliothek (ADB) hingegen ein differenziertes, aber insgesamt positives Urteil, der Rezensent bezeichnet sie als „vortreffliche Poesie“ (vgl. ADB 21.1 (1774), S. 188f., hier S. 189). Der Rezensent ist vermutlich Johann Joachim Eschenburg. Der Theologe, Pädagoge und Publizist August Hermann Niemeyer (1754–1828), zeitweise mit literarischen Ambitionen als Librettist (vgl. Anm. 4), gehört zu den ersten Bekanntschaften Eberhards in Halle.

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Cem Sengül

Es soll vor Weynachten alles fertig seyn.3 Schreiben Sie mir nur, wohin ich es schicken soll. Seitdem ich den M. Niemeyer kennen gelernt, thut es mir leid, daß mir in der Recension des Museums ein Speer gegen ihn entfahren ist, da mir seine Selbstgefälligkeit abdrang.4 Nun find ich an ihm ein so gutes harmloses, heimliches Männchen, daß ich vorhersehe, die Posse wird ihn tief verwunden. Was macht H. Moses u. H. Prof. Engel?5 Haben sie mich noch ein wenig lieb? Ach wie sehr vermisse ich meine ewig verehrte und geliebte Berlinischen Freunde! Wie schwer fält es hier aus der großen Menge von gelehrten Handwerkern einen oder den andern herauszufinden, mit dem man sich nur einigermaßen verstände. Mein liebster Umgang ist Karsten, mein Namensvetter Eberhard, und Thunmann. Den letztern werden wir leider! nur nicht lange mehr besitzen. Sein Verlust wird mir unendlich empfindlich seyn. Er ist unter allen Geschichtsforschern der hellste philosophische Kopf, (selbst Schlötzern nicht ausgenommen) und einer der edelsten Menschen. Unter seinen Papieren liegen trefliche Untersuchungen, die er mir bereits vorläufig als dem Vollstrecker seines litterarischen Testaments empfohlen hat.6 Ich muß Ihnen das Buch eines hiesigen Mag. Prange empfehlen: Academie der bildenden Künste. Dieser Mensch ist eine Art von kleinen Wundern in seiner Art. Er hat das praktische und theoretische der bildenden Künste ohne Anweisung gelernt, und mahlt und sticht ein Kupfer zum Bewundern für einen Autodidactus. Der Minister protegirt ihn sehr und denkt ihn zu einer Zeichenschule zu gebrauchen. Er ist arm und hat Aufmunterung nöthig. Ich mache nur auf ihn aufmerksam, daß nur in Ihrer Bibliothek nichts vorkommen möge, was ihn verwüstlich

3

4

5 6

Eberhards Rezension der Elementa philosophiae (1778) von Gottfried Ploucquet findet sich in der ADB 41.1 (1780), S. 186f., das Historisch-kritische Wörterbuch für Theologen (Übers. v. 1779 [sic] von Pierre Bayle) in der ADB 41.1 (1780), S. 40f., Isaac de Pintos Der Jude für die Religion, oder Kern der Beweisgründe wider die Materialisten (1776) in der ADB, Anhang 25– 36.6 (1780), S. 3203f. Eine Rezension der Elementa psychologiae empiricae (1778) von S. C. Harttrodt konnte in der ADB allerdings nicht ermittelt werden. Eberhards umfangreiche Rezension zu den ersten Jahrgängen des Deutschen Museums erschien in der ADB, Anhang 25–36.4 (1780), S. 2295–2315. Eberhard urteilt über Niemeyers Abraham auf Moria (Deutsches Museum, Januar 1777), S. 2304: „Mit vielem Enthusiasmus über sich und sein eignes Werk [verfasst]. […] Als Poesie scheinet uns A. auf M. sehr mittelmäßig zu seyn. Die Musik [sie stammt von Johann Heinrich Rolle, C. S.] ist gut, besonders in den sanften Stellen; aber wahrlich nicht so etwas ganz ausserordentliches, wie es Hrn. N. dünkt.“ Die beiden langjährigen Berliner Freunde Eberhards und Nicolais: Moses Mendelssohn und Johann Jacob Engel. Dabei handelt es sich um den Mathematiker Wenceslaus Johann Gustav Karsten (1732–1787) und vermutlich um den Mediziner und Naturwissenschaftler Johann Peter Eberhard (1727– 1779). Auf den Rhetorik- und Philosophieprofessor Hans Erich Johann Thunmann (1746– 1778), der offenbar zu diesem Zeitpunkt bereits im Sterben lag, verfasst Eberhard im Jahr darauf seine Lobschrift auf Herrn Johann Thunmann Prof. der Weltweisheit and Beredsamkeit auf der Universität zu Halle (Halle 1779).

Eberhards Briefe an Nicolai

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machen oder ganz niederschlagen könnte.7 Ich umarme Sie. J. A. Eberhard. Empfehlen Sie mich H. Moses u. Prof. Engel. Dies ist der erste Brief, den Johann August Eberhard nach seiner Ankunft in Halle im Herbst 1778 an seinen Berliner Korrespondenten und Freund Friedrich Nicolai schreibt.8 Zugleich ist es der 49. der insgesamt 139 zwischen 1772 und 1808 erhaltenen Briefe Eberhards an ihn.9 Dieser Brief, in dem bereits wesentliche Charakterzüge Eberhards anklingen, ist der Ausgangspunkt für den vorliegenden Beitrag, in dem die Beziehungen zwischen Eberhard und Nicolai anhand einiger exemplarischer Episoden aus dem Briefwechsel umrissen werden sollen. Im Umgang mit dem Briefwechsel sind biographische Seitenblicke unerlässlich. In der Beziehung Eberhard–Nicolai nehmen diese eine besondere Rolle ein, denn ein Teil der erhaltenen Informationen aus dem Leben Eberhards stammt von Nicolai selbst, von seiner 1810 verfassten Gedächtnisschrift zu Eberhards Leben und Werk. Darin ist u. a. festgehalten, wie Eberhard im Laufe des Jahres 1766, im Alter von 27 Jahren also, beschließt, seinem ehemaligen Arbeitgeber (dem designierten Staatsminister Julius August von der Horst) von Halberstadt nach Berlin zu folgen, und sich mit dem Geistesleben der preußischen Metropole vertraut zu machen. „Nicht lange nach seiner Ankunft“, so Nicolai, „erwarb ich seine Freundschaft, welche bald in eine enge Freundschaft überging.“10 Moses Mendelssohn gehört ebenfalls zu diesem engeren Kreis, und fortan werden Gespräche, Gesellschaft und gemeinsame literarische Arbeiten gesucht. Eberhards Freundschaft mit

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Christian Friedrich Prange (1756–1836), zur Zeit der Niederschrift des Briefes Gymnasialprofessor für Mathematik und Zeichenkunst, veröffentlichte 1778 den zweibändigen Entwurf einer Akademie der bildenden Künste. Wohlwollend, aber kritisch rezensiert Johann Jacob Eschenburg in der ADB 37.2 (1779), S. 493–497 Pranges Entwurf, vermutlich war die Rezension Ende 1778 bereits abgefasst. Eberhard an Nicolai, 7.11.1778; zit. nach: Briefe (wie Anm. 1), Nr. 49. Zu Nicolai sei stellvertretend verwiesen auf: Sigrid Habersaat: Verteidigung der Aufklärung. Friedrich Nicolai in religiösen und politischen Debatten. Würzburg 2001; Horst Möller: Aufklärung in Preußen. Der Verleger, Publizist und Geschichtsschreiber Friedrich Nicolai. Berlin 1974; Marcel ReichRanicki: Die Anwälte der Literatur. Stuttgart 1994, S. 32–52. An Moses Mendelssohn schreibt Eberhard gut eine Woche später, „die Vorsehung [habe ihn] hieher auf eine Art von wüster Insel verwiesen […]. So kann ich meinen gegenwärtigen Aufenthalt nennen, wenn ich ihn mit dem vergleiche, den ich verlassen habe.“ Dieser Brief Eberhards an Mendelssohn vom 15. November 1778 findet sich in: Moses Mendelssohn: Gesammelte Schriften. Jubiläumsausgabe. Bd. 12.2: Briefwechsel. Stuttgart 1976, S. 139–141, hier S. 139. Die Briefe Nicolais an Eberhard haben sich übrigens nicht erhalten. Die meisten der etwa 20.000 Autographen im Nachlass Nicolai (Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Berlin) sind An-Briefe, nur ein Bruchteil davon aus Nicolais Feder. Zur Einführung in den Nachlass Nicolai sei auf den Beitrag meines verehrten Lehrers verwiesen: Erhard Weidl: Vorüberlegung zur editorischen Erschließung der Nicolaischen Korrespondenz. Ein Werkstattbericht. In: Jahrbuch für Internationale Germanistik 21 (1989), S. 154–178. Friedrich Nicolai: Gedächtnißschrift auf Johann August Eberhard. Berlin, Stettin 1810, S. 9.

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Mendelssohn stößt in der Öffentlichkeit allerdings auf Widerwillen, wie Nicolai dokumentiert: Ich schäme mich fast, es zu sagen, und es ist nichts destoweniger wahr, warum vermeint ward, Eberhard schicke sich nicht recht zum Prediger, in seinem beynahe täglichen Umgang mit Moses Mendelssohn gesucht ward, und besonders ward es anstößig gefunden, daß er oft mit dem jüdischen Philosophen über die Straße ging. Es ward ihm sogar mündlich zu verstehen gegeben, daß er dieses nicht thun möchte, aber er war freylich so verstockt gewesen, über eine solche Zumuthung nur bloß zu lächeln.11

Bei Nicolai kann man sich zudem über die mitunter schwierige theologische Berufsgeschichte Eberhards in Berlin informieren, über die in Nicolais Verlag erschienenen Werke Eberhards, über dessen Abschied von Berlin und der Übersiedlung nach Halle. Einige statistische Bemerkungen zum Briefverkehr: Man könnte annehmen, dass die meisten der zwischen 1772 und 1808 geschriebenen Briefe aus der Hallenser Zeit, also ab 1778, stammen, und es wäre leicht damit zu begründen, dass das schriftliche Informations- und Gesprächsbedürfnis durch die nun entfernteren Wohnorte anstieg. Jedoch ist die höchste postalische Dichte während Eberhards Berliner und Charlottenburger Jahre festzustellen. Auf die 1770er Jahre fallen 66 Briefe, auf die 1780er 62, in den 1790ern sind es nur noch sechs und in der ersten Dekade des 19. Jahrhunderts findet sich lediglich ein Brief aus dem Jahre 1808. ‚Out of sight, out of mind‘ wäre eine nahe liegende Mutmaßung – wenngleich die tatsächliche Anzahl der Briefe höher sein kann. In den Berliner Briefen finden sich verständlicherweise häufig zwischenmenschliche Bezüge, Einladungen, Verabredungen und Freudebekundungen wie am 26. Mai 1774: „Künftigen Montag bin ich den ganzen Tag zuhause vom Morgen bis in den späten Abend. Wollen Sie dann zu Mittage meine Suppe fürlieb nehmen: so werden Sie mir einen ganzen vergnügten Tag machen.“12 Bei genauerer Betrachtung aber fällt auf, dass der kontinuierliche Briefwechsel sehr stark an Eberhards Tätigkeit als Rezensent für Nicolais ADB13 gebunden ist, dass darüber hinaus wichtige Gesprächsthemen in dieser Zeit stärker vertreten sind. Man kann diesen Briefwechsel folglich primär als einen Arbeitsbriefwechsel bezeichnen. Dabei macht es grundsätzlich keinen Unterschied, ob Eberhard Berliner, Charlottenburger oder Hallenser Rezensent der ADB ist. Was die Intensität der Freundschaft zwischen den beiden Korrespondenten anbetrifft, so ist es müßig und irreführend, aus diesen Zahlen Schlüsse zu ziehen. Die beiden arbeitsamen Freunde dürften sich auch in Zeiten weniger regen Briefverkehrs bei regelmäßigen Besuchen in Halle, Leipzig und Berlin gesehen und 11 12 13

Ebd., S. 23. Eberhard an Nicolai, 26.3.1774; zit. nach: Briefe (wie Anm. 1), Nr. 6. Die ADB, das bis dato umfangreichste deutsche Rezensionsorgan, erschien von 1765 bis 1794 und in den Jahren 1794 bis 1806 unter dem Titel Neue Allgemeine Deutsche Bibliothek im Verlag Nicolais in Berlin. Die Herausgeberschaft Friedrich Nicolais (1733–1811) wird lediglich durch die Übernahme durch den Hamburger Verleger Carl Ernst Bohn in den Jahren 1792 bis 1800 unterbrochen.

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gesprochen haben. Der freundschaftlich-zärtliche Ton wird von Eberhard bis zum letzten Brief beibehalten, ein Zeichen für Nicolais beständige Freundschaft wäre in der bereits genannten Gedächtnisschrift zu sehen. Gleichwohl sticht bei der Lektüre der Briefe hervor, wie sehr sich Eberhard in seiner Auseinandersetzung mit Kant Unterstützung von der eher langsamen und nie tagesaktuellen ADB, besonders aber von Nicolai wünschte. Man beachte Eberhards Freundschaftserinnerung in dessen Brief vom 23. November 1790: Nachdem mich H. Kant so übermüthig behandelt hat, muß mir sehr daran gelegen seyn, daß die A. d. B. öffentlich sage, daß ich wenigstens kein ganz zu verachtender Gegner bin. Ich sitze hier ganz verlassen, und keiner meiner ältesten und liebsten Freunde sagt ein Wort zu meiner Aufmunterung. Die Freundschaft macht doch sonst, daß man sonst wohl einmahl ein Blatt in die Hand nimmt, das uns nicht interessiert.14

Im selben Brief beklagt Eberhard Nicolais fehlende Muße zu freundschaftlichen Briefen, auch diese Stelle sei zitiert: „Schreiben Sie mir doch bald einen Brief aus Ihrem Herzen, nach unserer alten Weise. Sie glauben nicht, wie sehr mich das aufrichten wird.“15 Wenn oben die Rede von einer Arbeitskorrespondenz war, so fallen besonders Bemerkungen zu Rezensionen Eberhards ins Gewicht. Eberhard kommentiert z.B. beigelegte Rezensionen, macht auf empfindliche Stellen aufmerksam, entschuldigt oder bekräftigt, einen Rezensierten besonders geschont zu haben. Wichtig für beide Korrespondenzpartner ist der Informationsaustausch. Die Vorgänge in Eberhards universitärer Umgebung interessieren Nicolai ebenso sehr, wie Eberhard Nachrichten aus der ‚Gelehrtenrepublik‘, über die Nicolai teilweise besser informiert war. Natürlich steht auch die Stadt Berlin, der Eberhard bis zu seinem Lebensende verbunden ist, im Blickfeld. Und es ist Nicolai, von dem sich Eberhard verlässliche Informationen über die Arbeit Lessings verspricht: „Ist Nathan ganz fertig, oder wie viel davon?“16 Besonders in den ersten Jahren in Halle drängt Eberhard nach Nachrichten aus Berlin: „Sie haben ja mit dem Könige gesprochen, sagt man hier, nun darf ich nichts von Ihrer Unterredung erfahren. Es ist, als wenn Berlin todt für mich wäre.“17

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Eberhard an Nicolai, 23.11.1790; zit. nach: Briefe (wie Anm. 1), Nr. 134. Zwar reduziert Gawlina im Rahmen seiner Untersuchung zur Kontroverse mit Kant den Eberhard–Nicolaischen Briefwechsel auf eine „rein technische Korrespondenz“, die er für seine Fragestellung „weder in historischer noch in philosophisch-systematischer Hinsicht von Interesse“ bewertet, allein birgt der Briefwechsel mit zahlreichen Selbstbekundungen Eberhards in diesem Zusammenhang eine Fülle illustrierender biographischer Details (vgl. Manfred Gawlina: Das Medusenhaupt der Kritik. Die Kontroverse zwischen Immanuel Kant und Johann August Eberhard. Berlin, New York 1996, S. 24). Eberhard an Nicolai, 23.11.1790; zit. nach: Briefe (wie Anm. 1), Nr. 134. Eberhard an Nicolai, 6.2.1779; ebd., Nr. 51. Eberhard an Nicolai, 13.1.1784; ebd., Nr. 103. Nicolai zog es übrigens vor, über seine Unterredung mit Friedrich II. im Jahre 1783 – zumindest schriftlich – zu schweigen, wie er Johann Georg Zimmermann mitteilte; vgl. Habersaat: Verteidigung (wie Anm. 8), S. 140.

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Als Rezensent erweist sich Eberhard für Nicolai als verlässlicher und engagierter Mitarbeiter an der ADB. In der Zeit zwischen 1769 und 1793 wirkt er in knapp 100 Rezensionen als beständiger Kritiker. Seine erste Rezension erscheint mit stattlichen 30 Seiten in Band 9.1 über Friedrich Carl von Mosers Reliquien. Darin kritisiert er den bereits im Nationalgeist der Deutschen postulierten Reichspatriotismus Mosers18 und die Herleitung eines Nationsbegriffes aus dem Umfeld des Wiener Hofes.19 In mehreren Rezensionen zu der von Lavater öffentlich angestifteten Religionskontroverse mit Moses Mendelssohn nimmt Eberhard, wen nimmt es wunder, Partei für Toleranz und gemäßigte Streitkultur.20 Weitere Rezensionen Eberhards erscheinen zu Herder, Iselin, Platner.21 Als Freund und enger Vertrauter Nicolais scheint Eberhard besonderes Interesse am Fortkommen des kritischen Journals zu haben. So stellt er eigenverantwortlich Rezensenten ein, empfiehlt regelmäßig Mitarbeiter und bemüht sich, qualifizierte Kräfte für das Rezensionsorgan zu halten.22 Meines Wissens wurden Eberhards Rezensionen nur ansatzweise erforscht, was zu bedauern ist, umso mehr, da sie mitunter an die Qualität des Preisschriftaufsatzes Ueber die Allgemeinheit der französischen Sprache (1784) heranreichen. Das Arbeitsverhältnis zwischen den beiden Freunden geht über das Rezensionsgeschäft hinaus. Nicolai bittet Eberhard beispielsweise 1776, ein theologisches Manuskript zu prüfen,23 Eberhard veröffentlicht einige seiner Werke in Nicolais Verlag, darunter den Amyntor (1782),24 und nimmt Anteil an Nicolais literarischer Produktion, etwa bei dessen Leben und Meinungen des Herrn Magisters Sebaldus Nothanker (1773–1776).25 Im Vorfeld dieses Romans fungiert Eberhard als theologischer Lektor (während Nicolai den Berliner Horaz-Übersetzer Karl Wilhelm Ramler um die sprachliche Überarbeitung bat). Über die Pläne Nicolais haben die beiden sicherlich bereits Anfang der 1770er Jahre gesprochen. Konkrete Züge zeichnen sich im Verlauf des Jahres 1774 ab. Eberhard, im Gegensatz zu Nicolai kein theologischer Laie, beschäftigt sich 18 19 20 21

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ADB 9.1 (1769), S. 229. Ebd., S. 233. Vgl. die Rezension zu Mendelssohns Schreiben an den Herrn Diaconus Lavater zu Zürich. In: ADB 13.2 (1770), S. 388f. Etwa Johann Gottfried Herder: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. In: ADB 36.1 (1778), S. 8–14; Isaak Iselin: Ephemeriden der Menschheit. In: ADB 36.1 (1778), S. 304–315; Ernst Platner: Philosophische Aphorismen. In: ADB 31.1 (1777), S. 28–39. Dabei handelt es sich u. a. um den Feldprediger Johann Gottfried Kletschke, den Geographen und Historiker Matthias Christian Sprengel und den Organisten und Komponisten Daniel Gottlob Türk (vgl. die Briefe Eberhards [wie Anm. 1] o.D. [Nr. 38], 3. Juli 1779 [Nr. 56] und 5. Dezember 1782 [Nr. 90]). Eberhard an Nicolai, April 1776; zit. nach: Briefe (wie Anm. 1), Nr. 29. Das gemeinsame Verlagsprojekt wird sehr aufschlussreich in den Briefen Eberhards an Nicolai vom 1. bis 22. Dezember 1781 (Nr. 85ff.) dokumentiert; vgl. den Aufsatz von Hans-Joachim Kertscher in diesem Band, S. 202–223. In diesem Roman geht es um den Landpfarrer Sebaldus Nothanker, dessen allzu vaterländische Sonntagspredigt – angeregt durch Thomas Abbts Vom Tode für das Vaterland – ihm zum existenziellen Verhängnis und zum Anlass einer abenteuerlichen Flucht wird.

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mit der für den Sebaldus so elementaren Thematik der Apokalypse bereits in der Apologie des Sokrates (1772). Eberhard schreibt im September 1774 an Nicolai: Sie sollen nicht unbelohnt davon reiten. Denn ich habe ein recht leckeres Gericht für Sie. Die Erkl. der Apocalypse von Ihrem Seb. Nothanker ist Historie u. keine Erdöffnung. Ich habe es gefunden. Und wenn Sie heute zu mir kommen: so will ich Ihnen die vergangene u. künftige Geschichte von Frankreich in den Zahlen der Apokalypse zeigen, 666. Die 2. Hörner des Thieres, alles das ist aus der Geschichte von Frankreich wie genommen. Sie sollen es aber nicht anders erfahren, als wenn Sie selbst kommen. Denken Sie doch, wenn Sie den guten Seb., nach Leipzig bringen, u. er soll bey D. Crusius seine Hypothese vertheidigen, was wird er sagen können, wenn ich Ihnen die Schrift nicht communicire, worin sie verbotenus enthalten ist. Ich scherze nicht, Sie sollen es sehen.26

Eberhards Reaktionen auf erste Abschriften des Romans zeugen gleichermaßen von freundschaftlicher Diplomatie und kritischer Unnachgiebigkeit: Ich überschicke Ihnen Ihr Mst. wieder zurück. Ich habe es mit allem Fleiße durchcorrigirt, und da, wo einige kleine Nachläßigkeiten in der Schreibart waren, theils geändert. Als ich es das erstemahl las, durchlas ich es als Liebhaber, und nicht als Kunstrichter. Diese Cura Secunda haben mich nun auf folgende Bemerkungen gebracht. Einige sind Kleinigkeiten; ich will sie aber nacheinander heransetzen, wie sie mir einfallen.

Letztere zeigen sich beispielsweise an Nicolais Umgang mit den Herrnhutern, die Eberhard kritisiert: […] S. 17. wünschte ich, daß Sie nicht der Herrnhuter gesetzt, sondern es bey Pietisten gelassen hätten; aus folgenden Gründen. Das Wort Pietist ist ein allgemeines Wort, das keine besondere Gesellschaft mehr anzeigt. Es kann das Gleißnerische und Uebertriebene in aller Religion bedeuten. Hiernächst ist es als Sektenname jetzt veraltet. Die Herrnhuter sind eine Gesellschaft, bey denen ich die Pietisterey für unwesentlich halte. Sie könnten auch einmahl, als Religionsgemeinschaft, erleuchtete u. reine Grundsätze bekommen, wie die Quäker und Anabaptisten; ja diese Verbesserung halte ich bey Ihnen und allen Religionsgesellschaften, die in sich selbst bestehen, und nicht herrschende Religion sind, für möglicher und näher, da sie mehr von den veränderlichen und wachsenden Einsichten ihrer Lehrer gestützt werden, als die Staatsreligionen, die an schwer umzuwälzenden Gesetzen hängen. Sie sind als Gesellschaft ehrwürdig, und ich halte es für Sünde, in die gegenwärtigen Umständen, als Weltbürger, einer Gesellschaft zu spotten, deren Gutes wesentlich, und deren Böses zufällig ist. Man spotte Ihrer, so fern sie Pietisten nicht so fern sie Herrnhuter sind.27 [Hervorh. im Original]

Mit diesen Fingerzeigen überzeugt Eberhard Nicolai. Zwar ist jenes Manuskript nicht mehr erhalten, im gedruckten Nothanker findet sich alsdann aber kein Spott gegen die Herrnhuter. Nicolais zahlreiche literarische Fehden, insbesondere mit Wieland und Johann Georg Jacobi,28 Eberhards Antipathien gegen Lavater,29 wer26 27

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Eberhard an Nicolai, September 1774; zit. nach: Briefe (wie Anm. 1), Nr. 13. Eberhard an Nicolai, Dezember 1774; ebd., Nr. 14. Eberhards geistigen Anteil am NothankerRoman seit der Veröffentlichung der Apologie des Sokrates (1772) hat Schwinger in Teilen erforscht. Vgl. Richard Schwinger: Friedrich Nicolais Roman „Sebaldus Nothanker“. Ein Beitrag zur Geschichte der Aufklärung. Weimar 1897, S. 49–55 u. pass. Eberhard an Nicolai, 16.5.1789; zit. nach: Briefe (wie Anm. 1), Nr. 131. Einige Schriften und Briefe Lavaters bezeichnet Eberhard als „Lavatera Fanatica“. (Vgl. Eberhard an Nicolai, [vermutlich 1776]; ebd., Nr. 31).

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den geteilt und diskutiert. Ein wichtiges Mitteilungsfeld betrifft das soziale und berufliche Leben, vor allem in Halle. Eberhard berichtet von besonderen Vorkommnissen des Gelehrten- und Universitätsalltages und stellt dem Berliner Korrespondenten seine Eindrücke und Meinungen dar, etwa über Karl Friedrich Bahrdt,30 Ernst Christian Trapp31 und Johann Salomo Semler.32 Auffällig ist Eberhards Bemühen um den Kompromiss zwischen menschlicher Gerechtigkeit und dessen, was er das Decorum eines Standes33 nennt, das zünftige Anstandsgefühl beispielsweise eines Predigers. Wenig zeigt sich indes vom Familienleben Eberhards. Immerhin erfährt man, dass der Professor der Philosophie verheiratet ist. Aber man muss schon suchen, um auf Details zu stoßen: „Für den [Roman Johann, C. S.] Buncle sage ich Ihnen noch vor Druck; er läßt sich recht gut lesen […] u. selbst meine Frau liest ihn mit lauter Entzücken.“34 Von der Wissenschaft wurde der Briefschreiber Eberhard bisher marginal wahrgenommen, wenngleich sich eine Reihe von Beiträgen aufzählen lässt, in denen der Briefwechsel zu aufschlussreichen Erörterungen herangezogen wurde. Etwa, wenn man sich mit der Rolle Eberhards als Mediator befasst. Vor diesem Hintergrund lassen sich drei markante Beispiele anführen: Als sich 1769 während der ,Nationalgeistdebatte‘ die Fronten zwischen Reichs- und Landespatriotismus verhärten und sich bis in die Korrespondenz Nicolais mit dem Reichspublizisten Friedrich Carl von Moser fortsetzen, fordert Nicolai Eberhard zur Mithilfe beim Verfassen einer ,Berliner Position‘ auf. Dabei zeigt sich Eberhards diplomatisches

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So informiert Eberhard Nicolai häufig über Bahrdts Fortkommen in Halle und bittet Nicolai um Rat, z.B.: „Mit Bardthen ist jetzt alles stille. Er fing wieder an zu lärmen, da er unbesonnen genug war, des Abends publice bey Lichte auf der Wage zu lesen! […] Helfen Sie mir, daß alles im Gleise bleibt, damit seine Freunde keine Schande von ihm haben. Er denkt schon daran sich ein Haus zu kaufen, das sehen selbst seine besten Freunde für viel zu voreilig an.“ (Vgl. Eberhard an Nicolai, 30.11.1779; zit. nach: Briefe (wie Anm. 1), Nr. 65). Für Bahrdts Absicht, sich auf den Lehrstuhl des 1780 verstorbenen Philosophieprofessors Karl Andreas Christiani in Königsberg zu bewerben, macht sich Eberhard zum Mittelsmann: „Ich schreibe Ihnen bloß auf Bahrdts Verlangen.“ (Vgl. Eberhard an Nicolai, 22.7.1780; ebd., Nr. 75). Jedoch konnte Nicolai seine Kontakte zum Kabinettsminister von Zedlitz nicht nutzen, denn der ehemalige Kant-Schüler Christian Jacob Kraus sollte die freigewordene Stelle Christianis übernehmen. Das zunehmend gespannte Verhältnis Bahrdts zu seinem ehemaligen Förderer Semler dokumentiert die Momentaufnahme vor der Veröffentlichung der illuminatennahen Briefsammlung Ausführung und Plan des Zweks Jesu (Halle 1783; Berlin 1784–1792): „Bahrdt schreibt jetzt vom Zwecke Jesu und seiner Jünger, welches D. Semler in der Censur hat, der es sehr arg beschreibt.“ (Vgl. Eberhard an Nicolai, 22.12.1783; ebd., Nr. 102). Vgl. die Briefe Eberhards ab dem 25. Januar 1780; ebd., Nr. 69. Zum Verhältnis Eberhards zu Trapp vgl. Hans-Joachim Kertscher: „Erziehung ist Bildung zur Glückseligkeit“ – Ernst Christian Trapp an der halleschen Universität. In: Ernst Christian Trapp (1745–1818). Dokumentation der Fachtagung zur Enthüllung des Trapp-Reliefs 20.06.2008. Halle 2009. S. 33–44. Vgl. die Briefe Eberhards u.a. vom Februar 1777; ebd., Nr. 41; 6. September 1779; ebd., Nr. 63; 1. Februar 1771; ebd., Nr. 71. Vgl. z.B. den Brief Eberhards vom 26. März 1774. Eberhard an Nicolai, Mai 1778; ebd., Nr. 46.

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Geschick vor allem in der Abmilderung zu harter Formulierungen, in taktischer Rhetorik und fungiert letztendlich als wirksames Korrektiv seines Freundes Nicolai.35 1780 beobachtet Eberhard akademische Ränke an der Hallenser Universität: Ernst Christian Trapps Invektiven gegen die ‚Chikanen‘ seines Dekans Johann Salomo Semler ahndet die Universität Halle mit einem Verfahren. Eberhard setzt sich für Trapp ein und versucht, ihn in Halle zu halten. Als Daniel Gottlob Türk – der von Eberhard protegierte Hallenser Universitätsmusikdirektor und Komponist und ebenfalls Mitarbeiter an der ADB – 1793 nach einer darin erschienenen, für ihn jedoch unvorteilhaften Rezension damit droht, selbige zu verlassen, sucht Eberhard einen Weg, um beiden Seiten einen Gesichtsverlust zu ersparen, indem er eine neue, seine einzige musikalische Rezension verfasst. Im Jahre 2007 sind zwei Forschungsbeiträge erschienen, die die letzten beiden Ereignisse behandeln. Die Beiträge von Hanno Schmitt und Gudula Schütz36 zeigen im Interesse der historischen Pädagogik und Musikgeschichte Johann August Eberhard als Menschen, als Berichterstatter, dem es um Schlichtung und Gerechtigkeit geht, der sich für seine Mitmenschen, wenn er es vermag, einsetzt. Zwar geht es Schmitt in erster Linie um den Pädagogen Trapp und Schütz um den Musiker Türk, aber beide stellen den Anfang der Auswertung des Briefwechsels für die wissenschaftliche Allgemeinheit dar. Zusammen betrachtet drängt sich die berechtigte Frage auf, warum Eberhards vielfältiges Wirken in toto bislang vernachlässigt wurde. Wenn 2009 das Eberhard-Jahr und 2011 das Nicolai-Jahr begangen wird, so mag eine nähere Auseinandersetzung nicht nur reizvoll, sondern auch notwendig erscheinen. Seine Briefe an Nicolai sind mit der Gedächtnißschrift die wichtigsten Quellen für eine biographische Darstellung.37 Denkbar wäre auch eine Edition seiner Briefe mit den Rezensionen aus der ADB.38 Denn diese Quellen sind ein eindrucksvoller Beleg für das größtenteils noch unbekannte Wirken Eberhards als Lektor und Rezensent, als Schriftsteller, Kollege und Freund, als mitfühlender Mensch und aufmerksamer Beobachter.

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Ein größerer Ausschnitt dieses Briefentwurfes Nicolais an Friedrich Carl von Moser vom 26. Dezember 1769 (Nachlass Nicolai, Friedrich Carl von Moser) findet sich bei Cem Sengül: Patriotische Fronten zwischen Preußen und dem Reich. Friedrich Nicolai und Friedrich Carl von Moser. In: Rainer Falk, Alexander Košenina (Hg.): Friedrich Nicolai und die Berliner Aufklärung. Berlin 2008, S. 281–304, hier S. 300f. Vgl. Hanno Schmitt, Ernst Christian Trapp: Halle und die Widrigkeiten der Welt. In: Ulrich Kronauer, Wilhelm Kühlmann (Hg.): Aufklärung. Stationen – Konflikte – Prozesse. Festgabe für Jörn Garber zum 65. Geburtstag. Eutin 2007, S. 247–260; Gudula Schütz: Vor dem Richterstuhl der Kritik. Die Musik in Friedrich Nicolais „Allgemeiner Deutscher Bibliothek“. Tübingen 2007. Hinzuzufügen wäre auch noch der Nachruf im Neuen deutschen Merkur 1 (1809), S. 283–300. Bis auf einen Brief (vom Juli 1774 – vgl. Briefe [wie Anm. 1], Nr. 12 – bei Martin Sommerfeld: Friedrich Nicolai und der Sturm und Drang. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Aufklärung. Halle (Saale) 1921, S. 347) ist der Briefwechsel mit Nicolai ungedruckt.

MATTHIAS LÖWE (Jena)

Wohlgeordnete Monarchie: Eberhards politische Theorie und ihre romantische Imitation in Glauben und Liebe von Novalis Die Frühromantiker, insbesondere die Brüder Schlegel und Ludwig Tieck, aber auch Friedrich von Hardenberg (genannt Novalis), unterhielten bekanntermaßen nicht die besten Beziehungen zur Popularphilosophie der deutschen Spätaufklärung.1 Ihre ablehnende Haltung speiste sich aus dem Vorwurf, dass die deutsche Popularphilosophie keinerlei Konsequenzen aus Kants Vernunft- und Moralkritik gezogen habe und die Ontologie sowie den Eudämonismus der Frühaufklärung unbeirrt weitertradiere.2 Vor dem Hintergrund dieser Frontstellung, in der sich Frühromantik und Spätaufklärung am Ausgang des 18. Jahrhunderts befinden, liegt es alles andere als nahe, den Einfluss zu untersuchen, den Eberhards popularphilosophische Theorie des aufgeklärten Absolutismus auf die romantische Staatsauffassung des mehr als 30 Jahre jüngeren Friedrich von Hardenberg ausgeübt haben soll. Im Frühjahr 1798 haben sich Eberhard und Hardenberg jedoch in derselben Zeitschrift und in kurzem zeitlichen Abstand zueinander zur Rolle der preußischen Monarchie für die öffentliche Moral geäußert. Diesem historischen Zufall verdankt sich ein Rezeptionsphänomen, das aufschlussreiche Einblicke in die Überlagerung der verschiedenen philosophischen und literarischen Normensysteme am Ausgang des 18. Jahrhunderts gewährt, denn Hardenberg hat sich für seinen Beitrag einiger charakteristischer Argumente aus Eberhards politischer Theorie bedient.

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Zu den wenigen Stellungnahmen, die sich bei Hardenberg zur deutschen Popularphilosophie finden, zählt etwa die abfällige Notiz „Gemeinplätze – Popularphilosophie“; vgl. Novalis: Schriften. Die Werke Friedrich von Hardenbergs [= HKA]. Begründet von Paul Kluckhohn und Richard Samuel. Hg. von Richard Samuel in Zusammenarbeit mit Hans-Joachim Mähl und Gerhard Schulz. 3., nach den Handschriften ergänzte, erweiterte u. verbesserte Aufl. in vier Bänden mit einem Begleitband. Stuttgart 1977ff.; hier HKA III (1983), S. 640, oder auch die Invektive gegenüber Popularphilosophen wie Karl Heinrich Ludwig Pölitz und den Leipziger Philosophieprofessor Karl Heinrich Heydenreich im 103. Blüthenstaub-Fragment: „Manche Bücher sind länger als sie scheinen. Sie haben in der That kein Ende. Die Langeweile die sie erregen, ist wahrhaft absolut und unendlich. Musterhafte Beyspiele dieser Art haben die Herren Heydenreich, Jacob, Abicht und Pölitz aufgestellt“; HKA II (1981), S. 457 u. 459. Vgl. Wolfdietrich Rasch: Zum Verhältnis der Romantik zur Aufklärung. In: Ernst Ribbat (Hg.): Romantik. Ein literaturwissenschaftliches Studienbuch. Königstein/Ts. 1979, S. 7–21, hier S. 8f.; Wolfgang Frühwald: Der Zwang zur Verständlichkeit. August Wilhelm Schlegels Begründung romantischer Esoterik aus der Kritik rationalistischer Poetologie. In: Silvio Vietta (Hg.): Die literarische Frühromantik. Göttingen 1983, S. 129–148, hier S. 129–131; Ludwig Stockinger: Die Auseinandersetzung der Romantiker mit der Aufklärung. In: Helmut Schanze (Hg.): Romantik-Handbuch. Stuttgart ²2002, S. 79–106, hier S. 87f.; Christoph Böhr: Philosophie für die Welt. Die Popularphilosophie der deutschen Spätaufklärung im Zeitalter Kants. Stuttgart-Bad Cannstatt 2003, S. 203–215.

Wohlgeordnete Monarchie

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Der Kontext dieses Rezeptionsphänomens soll im Folgenden zunächst knapp skizziert und daran anschließend erörtert werden, wie Eberhards Staatsauffassung im Rahmen einer spätwolffianischen Ontologie und Ethik zu verstehen ist, um schließlich aufschlüsseln zu können, welche von Eberhards Argumenten Hardenberg übernimmt, und wie er sie transzendentalpoetisch umfunktioniert. Den Abschluss bilden generelle Überlegungen zur Kontinuität und Diskontinuität zwischen den Politikkonzepten der popularphilosophischen Spätaufklärung und der Frühromantik.

1 Eberhards und Hardenbergs Beiträge in den Jahrbüchern der Preußischen Monarchie Seit Januar 1798 erschienen in Berlin die Jahrbücher der Preußischen Monarchie unter der Regierung Friedrich Wilhelms III., an denen typische Autoren der Spätaufklärung mitarbeiteten, neben Eberhard u.a. Friedrich Eberhard Rambach, Christian Garve, Johann Jakob Engel und Johann Erich Biester. Die Zeitschrift war anlässlich der Thronbesteigung des neuen preußischen Königs begründet worden, mit dem die reformoffene, bürgerliche und adelige Intelligenz große Hoffnungen verband, da Friedrich Wilhelm III. seit 1793 mit seiner Frau Luise in glücklicher Ehe lebte, und man von der moralischen Integrität des Monarchen auf seine politischen Fähigkeiten schloss. Einen entsprechend hohen Stellenwert sollte in der neu gegründeten Zeitschrift auch die Charakteristik der Regentenfamilie erhalten, denn von der öffentlichen Verbreitung des moralkonformen königlichen Familienlebens versprachen sich die Herausgeber einen wesentlichen Beitrag zur sozialen Integration Preußens. Nach vier Monaten seit Bestehen der Jahrbücher erscheint im April-Heft Eberhards Artikel Über die wohlgeordnete Monarchie. In Briefen an einen Freund in der Schweiz.3 Den Anlass dazu boten neben den innenpolitischen Entwicklungen um die Thronbesteigung auch die aktuellen außenpolitischen Ereignisse im Frühjahr 1798, denn das französische Revolutionsheer war am 5. März in Bern einmarschiert. Eberhard nutzt diese Gemengelage von innenpolitischer Aufbruchsstimmung und außenpolitischer Bedrohung, um seine politische Theorie, die er fünf Jahre zuvor in der vielgelesenen Abhandlung Ueber Staatsverfassungen und ihre Verbesserung4 entworfen hatte, in anschaulicher Form zu reformulieren. In Halle 3

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Johann August Eberhard: Über die wohlgeordnete Monarchie. In Briefen an einen Freund in der Schweiz. In: Jahrbücher der Preußischen Monarchie unter der Regierung Friedrich Wilhelms III. April-Heft (1798), S. 397–414. Johann August Eberhard: Ueber Staatsverfassungen und ihre Verbesserung. Ein Handbuch für Deutsche Bürger und Bürgerinnen aus den gebildeten Ständen (In kurzen und faßlichen Vorlesungen über bürgerliche Gesellschaft, Staat, Monarchie, Freyheit, Gleichheit, Adel und Geistlichkeit). Hg. von Walter Sparn. Hildesheim, Zürich, New York 2002 [ND der Ausg. Berlin 1793/94].

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Matthias Löwe

besonders bekannt für seinen lebendigen Vorlesungsstil,5 bedient er sich auch in seinem Artikel zur ‚wohlgeordneten Monarchie‘ rhetorischer Darstellungstechniken, um seine staatswissenschaftlichen Theoreme pointiert und unter Bezug auf das aktuelle politische Zeitgeschehen zu demonstrieren: So korrespondiert Eberhard in seinem Aufsatz mit einem fingierten Schweizer Briefpartner über die Frage, welche Regierungsform am besten in der Lage sei, eine Nation zu vervollkommnen und zudem im Angriffsfall möglichst effektiv ihre Unabhängigkeit zu verteidigen. Die französische Besetzung zeigt für Eberhard, dass die Eidgenossenschaft diesen Anforderungen nicht gewachsen war, weil ihr ein „Mittelpunkt der Macht“6 fehlte. Er nimmt dies zum Anlass, dem fingierten Schweizer Briefadressaten die Vorteile der monarchischen Regierungsform anschaulich zu entwickeln. Bis auf seine entschiedene Präferenz der Erbmonarchie unterscheiden sich Eberhards Argumente dabei kaum von der gängigen Theorie des aufgeklärten Absolutismus in den 1790er Jahren, für die in der Garantie öffentlicher Ruhe und Sicherheit eine der Hauptstärken der Monarchie lag. Da sich Eberhard zufolge die Erbmonarchie aber aus einer instinktiven Urwahl der frühen Völker entwickelt habe, stimme gerade sie vollständiger mit dem Staatsinteresse und dem Willen der Nation überein als die Wahlmonarchie und sei daher die beste mögliche Regierungsform. Ausgerechnet dieser Argumentkomplex zur Erbmonarchie taucht kurze Zeit später in einem Kerntext der deutschen Frühromantik wieder auf, nämlich in Hardenbergs Fragmentsammlung Glauben und Liebe oder Der König und die Königin. Am 11. Mai 1798, also gut einen Monat nach dem Erscheinen von Eberhards Aufsatz in den Jahrbüchern, gibt der in Freiberg studierende Friedrich von Hardenberg eine Manuskriptsendung in die Post, adressiert an Friedrich Schlegel in Berlin. In dem Begleitschreiben heißt es: „Ich schicke Dir hier etwas, was ich gern bald irgendwo abgedruckt hätte. Am besten schickt es sich in die Jahrbücher der preußischen Monarchie, ihrem Plane nach.“7 Schlegel tut sein Möglichstes und kann bereits am 28. Mai an Hardenberg einen Teilabdruck der Fragmente im Juni-Heft berichten, dem dann im Juli-Heft ein weiterer umfänglicher Abdruck folgt. Den Druck der Schlussfragmente im August-Heft unterband allerdings die königliche Zensur. Die Novalis-Forschung hat vielfach darüber spekuliert, weshalb Hardenberg es so eilig mit der Drucklegung hatte und welche Motive sich mit der ungewöhnlichen Entscheidung für die Jahrbücher als Publikationsorgan verbinden. Berücksichtigt man Eberhards kurz zuvor erschienenen Artikel, dann spricht vieles dafür, dass er damit das Anliegen verfolgte, gängige Argumente des aufgeklärten Absolutismus in einem seiner Publikationsorgane so zu imitieren, dass die „politischen“ 5

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Vgl. die biographischen Informationen zu Eberhard bei Klaus Epstein: Die Ursprünge des Konservatismus in Deutschland. Der Ausgangspunkt: Die Herausforderung durch die Französische Revolution 1770–1806 (Übersetzung aus dem Englischen von Johann Zischler). Frankfurt a.M., Berlin 1973, S. 570. Eberhard: Monarchie (wie Anm. 3), S. 398. Novalis an Friedrich Schlegel, 11.5.1798; zit. nach: HKA IV (2. Aufl. 1975), S. 253.

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Vorstellungen der Frühromantik sich nicht ohne weiteres zum ideologischen Gegner stilisieren ließen, sondern ernst genommen werden mussten, obwohl sie aufgeklärte Argumente transzendentalpoetisch umfunktionieren. Gerade Eberhards Artikel zur wohlgeordneten Monarchie, der einzige Beitrag zur Staatsformendebatte in den Jahrbüchern im ersten halben Jahr ihres Bestehens, hat dem staatswissenschaftlichen Laien8 Friedrich von Hardenberg die Argumente des aufgeklärten Absolutismus mit popularphilosophischer Anschaulichkeit präsentiert. Eberhards Theorem der ‚wohlgeordneten Monarchie‘ dürfte für ihn daher als willkommene Kontaktstelle fungiert haben, an der sich sein frühromantisches Konzept der ‚ächten Monarchie‘ öffentlichkeitswirksam platzieren ließ.9 Um diese These zu überprüfen, sollen im folgenden Kapitel zunächst die Eckpunkte von Eberhards politischer Theorie erarbeitet werden.

2 Eberhards Modell der ‚wohlgeordneten Monarchie‘ im Rahmen seiner politischen Theorie Richtungsweisend für Eberhards Staatsauffassung ist der wolffianische Vollkommenheitsbegriff10 und das damit verbundene Ordnungsmodell einer „Zusammenstimmung des mannigfaltigen“,11 das Wolff auch zum regulativen Prinzip seiner 8 9

10

Vgl. Hermann Kurzke: Romantik und Konservatismus. Das »politische« Werk Friedrich von Hardenbergs (Novalis) im Horizont seiner Wirkungsgeschichte. München 1983, S. 258. Der einzige bislang verfügbare Forschungsbeitrag zur Beziehung zwischen Eberhards und Hardenbergs Artikeln in den Jahrbüchern blieb ungedruckt. Es handelt sich um das Kapitel zu den Jahrbüchern der Preußischen Monarchie im Typoskript zur Habilitationsschrift von Hermann Kurzke; [vgl. Kurzke: Romantik (wie Anm. 8)], das für deren Druckfassung leider gestrichen wurde (für die gewährte Einsichtnahme in das Typoskript sei dem Autor an dieser Stelle ganz herzlich gedankt): Kurzke rekonstruiert hier kursorisch die wichtigsten thematischen Anknüpfungspunkte, die Hardenberg in einigen Beiträgen der Jahrbücher findet, und liefert Ansätze zur Beantwortung der Frage, wieso dieser seine frühromantische Fragmentsammlung ausgerechnet in diesem spätaufklärerischen Organ publiziert hat und welches ,Romantisierungspotential‘ Hardenberg offenbar in einigen Beiträgen der Zeitschrift entdeckte. Kurzke weist jedoch auch darauf hin, dass Hardenberg die Jahrbücher möglicherweise nur sehr oberflächlich rezipiert hat. Allerdings gesteht er zu, dass gerade der Argumentkomplex zum Erbkönigtum aus Eberhards Aufsatz der einzige direkt nachweisbare Einfluss der Jahrbücher in Glauben und Liebe ist; vgl. Hermann Kurzke: Romantik und Konservatismus. Das politische Werk Friedrich von Hardenbergs (Novalis) im Horizont seiner Rezeptionsgeschichte. Habilschrift [masch.] Mainz 1980, S. 279–287. Da mithin davon ausgegangen werden kann, dass Hardenberg zumindest Eberhards Beitrag in den Jahrbüchern verhältnismäßig gut kannte, scheint es mir um so erforderlicher, die Grundzüge von Eberhards politischer Theorie und deren frühromantische Rezeption bei Hardenberg systematisch aufzuarbeiten. Zum Stellenwert des Vollkommenheits-Begriffs bei Christian Wolff vgl. Manfred Riedel: Moralität und Recht in der Schulphilosophie des 18. Jahrhunderts. In: Jürgen Blühdorn, Joachim Ritter (Hg.): Recht und Ethik. Zum Problem ihrer Beziehung im 19. Jahrhundert. Frankfurt/M. 1970, S. 83–101; Anton Bissinger: Zur metaphysischen Begründung der Wolffschen Ethik. In: Werner Schneiders (Hg.): Christian Wolff (1679–1754). Interpretationen zu seiner Philosophie und deren Wirkung. Hamburg ²1986, S. 148–160; Clemens Schwaiger: Das

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Sittenlehre erhebt: Sittliche Vollkommenheit erreicht der Mensch, wenn seine freien Handlungen „mit einander zusammen stimmen, dergestalt, daß sie endlich alle insgesamt in einer allgemeinen Absicht gegründet sind“.12 Der ‚consensus in varietate‘ als erkenntnisleitendes Prinzip für die sittliche Vervollkommnung des Einzelnen wird bei Wolff aber nicht unabhängig von der Vergemeinschaftung gedacht. Wolff in diesem Punkt folgend, geht auch Eberhard davon aus, dass in einer Gesellschaft von Individuen mit gleichermaßen hochentwickelter Vernunft „ein jeder, indem er dem Willen der Gesellschaft folgte, seinem eigenen Willen folgen“13 würde. Diesem konjunktivisch, als Regulativ formulierten Zusammenhang von vollkommenem individuellen Sein und vollkommener kollektiver Organisationsform hat Eberhard auch einen sprachlichen Ausdruck gegeben: Das Adjektiv ‚wohlgeordnet‘ gebraucht er nicht nur zur Kennzeichnung einer aufgeklärten Erbmonarchie, sondern bereits in seiner Ethik, der Sittenlehre der Vernunft. Hier spricht er dann von ‚wohlgeordneter Selbstliebe‘, wenn die Selbstliebe „den gemeinschaftlichen Gesetzen unserer Vollkommenheit gemäß ist“.14 Eberhard greift damit auf eine lange staatswissenschaftliche Tradition zurück, nämlich auf den Grundsatz des ‚wohlverstandenen Interesses‘ und auf die Idee eines kausalen Zusammenhangs zwischen Selbstliebe und Geselligkeit, mithilfe derer in den frühneuzeitlichen Naturrechtssystemen der Eigenliebe eine gesellschaftserhaltende Rolle zugedacht wird. Aus der naturrechtlichen und moralistischen Thematisierung menschlicher Selbstbezogenheit hat die moraldidaktische Literatur im 18. Jahrhundert schließlich versucht, moralische Normen und Verbindlichkeiten, also eine Sittenlehre zu entwickeln.15 Dabei sind allerdings verschiedene Entwicklungslinien zu differenzieren. Signifikant an der Wolffschen Ethik ist etwa die Vehemenz, mit der sie sich gegen die Integration des Eigennutzens in eine vernünftige Geselligkeit wehrt.16 Diesem spezifischen Konzept von

11

12 13 14 15

16

Problem des Glücks im Denken Christian Wolffs. Eine quellen-, begriffs- und entwicklungsgeschichtliche Studie zu Schlüsselbegriffen seiner Ethik. Stuttgart-Bad Cannstatt 1995, S. 93– 120. Christian Wolff: Vernünfftige Gedancken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt [Deutsche Metaphysik]. In: Ders.: Gesammelte Werke [WW], Bd. I.2. Hg. von Charles A. Corr. Hildesheim, Zürich, New York 1983 [ND der Ausg. 1751], § 152, S. 78. Ebd., S. 79. Eberhard: Staatsverfassungen (wie Anm. 4), H. 1 (1793), S. 14f. Johann August Eberhard: Sittenlehre der Vernunft. Frankfurt/M. 1971 [ND der Ausg. Berlin 1781], S. 188. Vgl. Friedrich Vollhardt: Selbstliebe und Geselligkeit. Untersuchungen zum Verhältnis von naturrechtlichem Denken und moraldidaktischer Literatur im 17. und 18. Jahrhundert. Tübingen 2001; vgl. zudem ders.: Eigennutz – Selbstliebe – Individuelles Glück. In: Richard van Dülmen (Hg.): Entdeckung des Ich. Die Geschichte der Individualisierung vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Köln, Weimar, Berlin 2001, S. 219–242. „Und dannenhero billigen wir nicht die Meinung derer, welche den Eigen=Nutz zum Grunde des Gesetzes der Natur machen. Wer eigennützig ist, siehet nur auf sich, und suchet seinen Nutzen auch mit anderer ihrem Schaden, woferne er ihn nur ohne seinen grösseren Schaden er-

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Selbstliebe, eingebettet in eine mit dem Vollkommenheitsbegriff metaphysisch begründete Ethik, begegnen wir auch bei Eberhard wieder. In der Sittenlehre der Vernunft warnt er davor, daß man die Selbstliebe mit dem Eigennutze oder der Selbstsucht (selfishness) vermenge[…]. Da wir uns nur durch die geselligen Handlungen als Mittel vollkommner machen: so müssen unsere Handlungen, wenn sie nicht bloß besondern, sondern gemeinschaftlichen Gesetzen der Vollkommenheit gemäß seyn sollen, auch durch die Vollkommenheit anderer bestimmt werden.17

Richtungsweisend dürfte für Eberhard dabei auch der Terminus des ‚egoismus moralis‘ gewesen sein, den Baumgarten in seiner Ethik geprägt hat.18 Mit der ‚wohlgeordneten Selbstliebe‘ versucht Eberhard jedenfalls der Selbstbezogenheit eine sittliche Funktion zu geben, indem er sie, wie schon Wolff, mit dem christlichen Caritas-Gedanken versöhnt. Dies funktioniert allerdings nur im Rahmen der wolffianischen Pflichtenlehre, also vor dem Hintergrund einer in der menschlichen Natur liegenden, vernunftmäßig einsichtigen Pflicht, den eigenen Zustand zu vervollkommnen, und zur Vervollkommnung anderer soviel beizutragen, wie es die Pflicht zur eigenen Vervollkommnung zulässt. Mit dieser ‚obligatio naturalis‘ ließ sich schon bei Wolff staatlicher Zwang problemlos rechtfertigen, nämlich unter Berufung auf die Erfahrungstatsache, dass wegen Vernunftdefiziten nicht jeder pflichtkonform handelt, der Zweck der Natur also dazu legitimiert, den Einzelnen zur Moralität zu zwingen.19 Eberhard entwickelt ausgehend von dieser Erfahrungstatsache ungleicher Verstandeskräfte seine Theorie des aufgeklärten Absolutismus, denn „der erste Schritt zu einiger Kultur wird gerade dadurch bemerkbar, daß sich Einige unter ihr durch Weisheit, Künste und gebildetere Sitten über den großen Haufen erheben“.20 „Es ist daher eine unbegreifliche Verblendung, die Vertilgung aller Ungleichheit in einer großen Nation für einen Schritt zu einer höhern Vollkommenheit zu halten,“21 denn auch die „Natur zweckt nirgends auf völlige Gleichheit ab; sie strebt nach Reichtum und nach einer Mannichfaltigkeit, in den Theilen, die durch wechselseitige Bedürfnisse und Dienste Einheit und Vollkommenheit in das Ganze bringen“.22 Mit der Übertragung des ‚consensus in varietate‘-Modells auf den Staat versucht Eberhard für diese natürliche Ungleich-

17 18 19 20 21 22

halten kan: hingegen wer sich suchet so vollkommen zu machen als möglich ist, der suchet auch was des andern ist, und verlanget nichts mit anderer ihrem Schaden“; vgl. Christian Wolff: Vernünfftige Gedancken von der Menschen Thun und Lassen, zu Beförderung ihrer Glückseligkeit [Deutsche Ethik]. In: WW (wie Anm. 11), Bd. I.4. Hg. u. m. e. Einl. vers. v. Hans Werner Arndt. Hildesheim, Zürich, New York 1976 [ND der Ausg. 1733], § 43, S. 31. Eberhard: Sittenlehre (wie Anm. 14), S. 189f. Alexander Gottlieb Baumgarten: Ethica philosophica. Halae / Magdeburgicae ²1751, § 300, S. 167. Vgl. Riedel: Moralität (wie Anm. 10), S. 95. Eberhard: Staatsverfassungen (wie Anm. 4), H. 1 (1793), S. 65. Ebd., S. 64f. Ebd., S. 56f.

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heit eine möglichst vollkommene politische Handhabe zu entwickeln. Am besten dazu eignet sich für ihn die Erbmonarchie: Den erblichen Monarchen […] bindet sein eigenes Interesse und das Interesse seines Stammes an die Erhaltung und die Glückseligkeit des Staates; […] so wird er sich freywillig die Hände binden, und die […] Staatsverwaltung […] solchen Staatsbeamten anvertrauen, deren Fähigkeiten hinlänglich geprüft und bewähret […] sind.23

Bei der Erbmonarchie folgt das wohlverstandene Eigeninteresse des Regenten den gemeinschaftlichen Gesetzen der Vollkommenheit, da Eigen- und Staatsinteresse hier identisch sind, die wohlgeordnete Selbstliebe des Erbmonarchen also die Wohlgeordnetheit des Staates konditioniert. Nur die völlige Unabhängigkeit des Monarchen garantiert daher Ruhe, Sicherheit und Vervollkommnung im Staat, weil jeder Akt der Volkssouveränität immer die Gefahr in sich birgt, dass statt einer wohlgeordneten, eine unordentliche, selbstsüchtige Selbstliebe die Entscheidungen motiviert. Die generelle Ungleichheit der Verstandeskräfte ließe sich auch nicht vermittels völliger Gleichheit staatlich organisieren, da „ein sinnloses System von Gleichheit […] die Gefühle der Ehre vertilgt“.24 In der wohlgeordneten Monarchie findet man stattdessen eine ‚vollkommene‘ Gleichheit, die die Vernunft befriedigt und ein adäquates Entsprechungsverhältnis zwischen intellektueller Befähigung und politischem Amt herstellt, „denn sie theilt die Ämter und Würden nach der Tüchtigkeit und den erkannten Verdiensten derjenigen aus, die sie damit bekleidet“.25 Eberhards Positionierung gegen das Egalitätsprinzip fußt damit auf den Parametern einer Leistungsethik, die den Ehrbegriff an die persönlichen Verdienste und Fähigkeiten rückbindet. Um mit einem affirmierten Leistungsprinzip allerdings nicht die Ausbreitung des moralisch gefährlichen Eigennutzens zu befördern, bedarf es des Erbmonarchen, der zwar als Mensch wie jeder andere sein Eigeninteresse verfolgt, dieses ist jedoch über das Mittelglied der Dynastie an die Glückseligkeit des Staats gekoppelt. Als eigennütziger Garant gesellschaftlicher Glückseligkeit stellt der Erbmonarch daher sicher, dass die Ungleichheit der Verstandeskräfte sich nicht aufklärungsgefährdend auswirkt, indem sie das einzige Mittel zur Beförderung von gesellschaftlichem und sittlichem Fortschritt, nämlich den vernünftigen Zusammenhang von Leistung und Ehre vertilgt.

23 24 25

Eberhard: Staatsverfassungen (wie Anm. 4), H. 2 (1794), S. 95. Ebd., S. 134. Eberhard: Monarchie (wie Anm. 3), S. 409.

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3 Hardenbergs Konzeption von Transzendentalpoesie und seine „Ethik der Einbildungskraft“26 Meine Rekonstruktion von Eberhards Staatsauffassung hat sich auf jene zentrale Argumentationslinie beschränkt, die sich auch durch seinen Beitrag in den Jahrbüchern zieht. Im folgenden Kapitel (4) soll ein vertiefender Blick auf diejenigen Argumente Eberhards geworfen werden, die sich in Glauben und Liebe wiederfinden, um zu demonstrieren, wie Hardenberg diese hier neu kontextualisiert. Dazu bedarf es zunächst aber noch einiger positionsbestimmender Vorbemerkungen: Im Anschluss an die jüngere, maßgeblich durch die Arbeiten von Manfred Frank27 inspirierte Frühromantikforschung, wird Frühromantik hier als ein literarisch-philosophisches Normensystem verstanden, das sich in wesentlichen Punkten von der frühidealistischen Hauptlinie der nachkantischen Philosophie unterscheidet. Während der Idealismus, so wie ihm Hardenberg in den frühesten Fassungen von Fichtes Wissenschaftslehre begegnete, vereinfachend gesagt, die Grundgegebenheiten der Wirklichkeit auf geistige / ideelle Entitäten, also auf das Bewusstsein zurückführt, eint die Frühromantiker die Überzeugung von einem dem Bewusstsein vorgängigen Sein, aus dem das Bewusstsein seine Selbstgewissheit bezieht. Allerdings, und darin liegt wiederum der Hauptunterschied zwischen Frühromantik und traditioneller Metaphysik, kann es von diesem vorgängigen Sein kein Wissen, sondern nur ein präreflexives Fühlen geben. Die reflexive Darstellung dieses nur mit sich selbst identischen Existenz-Gefühls ist nach Hardenberg aber lediglich in einem Scheinsatz möglich, denn „[w]ir verlassen das Identische um es darzustellen“ (HKA II, S. 104). Jeder Versuch, das gefühlte Selbstsein bzw. die gefühlte Ich-Existenz in einem Begriff oder Bild zu repräsentieren oder sich bewusst zu machen, gilt ihm daher als aktive Täuschungsleistung des Ich. Insofern bleibt Hardenberg dem kritizistischen Grundimpuls der Philosophie Kants durchweg treu, denn die Vorstellung eines ‚absoluten Ich‘, das sich selbst als Einheit setzt, versteht er zwar als notwendiges regulatives Postulat des empirischen Ich, aber dezidiert auch als ein Produkt der Einbildungskraft.28 Macht sich allerdings das Ich 26

27

28

Herbert Uerlings: Einbildungskraft und Poesie bei Novalis. In: Ders. (Hg.): Novalis. Poesie und Poetik. Tübingen 2004 (Schriften der Internationalen Novalis-Gesellschaft 4), S. 21–62, hier S. 38. Vgl. u.a. die monumentale Darstellung der philosophischen Frühromantik in Manfred Frank: ,Unendliche Annäherung‘. Die Anfänge der philosophischen Frühromantik. Frankfurt/M. ²1998, hier insb. S. 26–30, 662–689, 781–861. „Es giebt nur Einbildungskraft – Gefühl und Verstand. Anschauung und Vorstellung sind nur die Namen, die man dem Gefühl und d[er] Einbildungskraft und dem Begriff und d[er] Einbild[ungs]Kraft zusammen giebt“; HKA II (1981), S. 167; „Jede regulative Idee ist von unendlichem Gebrauch – aber sie enthält keine selbständige Beziehung auf ein Wirckliches – Man kann die Unendlichkeit, man kann ein Sonnenstäubchen in sie legen – Sie bleibt sich immer gleich – denn sie ist ganz außer der Sfäre des Wircklichen – des sich wircklich verhaltenden. Sie ist ein Gesetz der Vorstellung – ein schematischer Begriff“; ebd., S. 252; „Begriffe überhaupt sind nichts reales – sie haben nur idealen Gebrauch. So ist auch Ich etc. eine regulative

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diese Produktion von Scheinsätzen über das eigene Selbst bewusst, dann kann es sich damit zumindest für einen Moment seine „unendliche freye Thätigkeit“ (HKA II, S. 270) vor Augen führen und sich selbst als unendlichen Selbstvermittlungsprozess, als „Selbsthervorbringung“ (HKA II, S. 200), als „unendliche Realisirung des Seyns“ (HKA II, S. 267) erfahren. Diese Erfahrung der Einbildungskraft als eigentlichen „Ort“ von Ichheit, als die „gemeinschaftliche Sfäre“ (HKA II, S. 189), die Selbstgefühl und Selbstgedanke, jene entgegengesetzten Pole des Ich umschließt, gilt Hardenberg als „das Einzige mögliche Absolute, was uns gegeben werden kann und was wir nur durch unsre Unvermögenheit ein Absolutes zu erreichen und zu erkennen, finden“ (HKA II, S. 270). Mit der ichkonstitutiven Schlüsselrolle, die Hardenberg der Einbildungskraft zuweist, legt er den Grundstein für sein Konzept von Transzendentalpoesie und die damit verbundene „poëtische Ethik“ (HKA III, S. 420). Ausgehend von der Einsicht, dass das Ich sich vermöge seiner Einbildungskraft ein Bild von sich macht, bedeutet Transzendentalpoesie eine Einübung und Schulung im transzendentalphilosophisch disziplinierten Gebrauch dieses Vermögens: Da man nach Hardenberg eine Sache leichter versteht, „wenn man sie repraesentirt sieht“ (HKA III, S. 246), meint Transzendentalpoesie, das Nicht-Ich als ein „Symbol des Ich“ (Ebd.) zu gebrauchen, sprich, die Natur als einen ganzheitlichen Zusammenhang zu konstruieren, ihr die geschichtsphilosophische Tendenz einer unendlichen Entwicklung zu unterstellen und sie insofern als symbolische Repräsentation für die frühromantische Idee von Ichheit als unendlicher Selbstvermittlung und von Selbstbewusstsein als Zeitlichkeit zu behaupten. Die transzendentalphilosophische Erkenntniskritik respektierend, warnt Hardenberg dabei aber ausdrücklich vor einer „Verwechselung des Symbols mit dem Symbolisirten“, denn „auf ihre[r] Identisirung – auf de[m] Glauben an wahrhafte, vollst[ändige] Repraesentation – und Relation des Bildes und des Originals […] beruht der ganze Aberglaube und Irrthum aller Zeiten“ (HKA III, S. 397). Hardenberg hat diese transzendentalpoetische „Hin und her Direction“ (HKA II, S. 117) zwischen gefühlsmäßiger Verwechslung von Bild und Idee und der reflexiven Bewusstmachung dieser Verwechslung allerdings keineswegs als ein Allheilmittel, sondern lediglich als ein Linderungsmittel konzipiert, das die notwendigen Verstandesurteile nicht ersetzen, sondern deren trennende Auswirkungen mildern soll.29 Mit Transzendentalpoesie ist daher „keine Decomposition, und

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Idee“; ebd., S. 256; „Alles Absolute muß aus der Welt hinaus ostraciren. In der Welt muß man mit der Welt leben“; ebd. S. 395. Vgl. Ludwig Stockinger: „Die Poësie heilt die Wunden, die der Verstand schlägt.“ Novalis’ Poesiebegriff im begriffs- und literaturgeschichtlichen Kontext. In: Uerlings: Einbildungskraft (wie Anm. 26), S. 63–79, hier S. 67–72. Wie Stockinger gezeigt hat, heilt Poesie „die Wunden, die der Verstand schlägt“ (HKA III [1983], S. 653), eben nur insofern, als sie dem „beleidigenden Irrthum“ (ebd.) der unvermeidbaren, trennenden Verstandesurteile mit der „angenehme[n] Täuschung“ (ebd.) eines ganzheitlichen Zusammenhangs begegnet. Unter epistemischen Gesichtspunkten verfehlen aber Verstandesurteil und Poesie gleichermaßen die Wahrheit des

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Umschaffung der Welt“ (HKA II, S. 554) gemeint, sondern eine „Variations Operation“ (Ebd.), deren ethischer Effekt darin besteht, das identiäre Selbstgefühl in den Dingen, „in jeder Kleinigkeit des Alltagslebens“ (HKA II, S. 291), zu repräsentieren. Für den Moment der transzendentalpoetischen Praxis verleiht das Ich dem Nicht-Ich der Objektwelt damit den Status eines Du,30 demgegenüber es kein bloß funktionales Besitz- oder Gebrauchsverhältnis einnimmt, sondern ein relationales Repräsentationsverhältnis, mithilfe dessen sich das Ich als Konstruktionsprinzip erfährt. Nach Hardenberg romantisiere ich daher immer dann, wenn „ich ein Object vor mir sehe, in welchem das gemeine Object und das Ideal, wechselseitig durchdrungen, nur Ein wunderbares Individuum bilden“ (HKA II, S. 433). Die Dinglichkeit und Objektivität der Dinge wird damit allerdings nicht dekonstruiert, sondern lediglich für einen Moment relativiert. Transzendentalpoesie bedeutet für Hardenberg insofern ein notwendiges Gegengewicht zur Objektivierung der Dingwelt durch die ebenso notwendigen Verstandesurteile. Die poetische Bestimmung des Objektes als Produkt des Ich ermöglicht für den Moment der gebrauchten Einbildungskraft eine ‚indirecte Selbstbezweckung‘ (HKA III, S. 399), denn das Ich „findet sich, außer sich“ (HKA II, S. 150). Gerade aufgrund dieses Wirkmechanismus kann Transzendentalpoesie, Hardenberg zufolge, die moralgefährdenden Auswirkungen der Verstandesurteile mildern, die die Dinge als bloße Objekte behandeln und dabei Gefahr laufen, das Ich durch ununterbrochene „directe Selbstbezweckung“ in einen „groben Egoïsm“ zu verstricken (HKA III, S. 399). Das auf diesem Weg für einen Moment zu erreichende anthropologische Modell einer moralisierenden Indifferenz den Dingen gegenüber bezeichnet er in Glauben und Liebe als den „ächten Cyniker“ (HKA II, S. 499), ein Terminus, den er über Friedrich Schlegel kennenlernte. Im 35. Athenäums-Fragment schreibt dieser: Der Cyniker dürfte eigentlich gar keine Sachen haben: denn alle Sachen, die ein Mensch hat, haben ihn doch in gewissem Sinne wieder. Es kömmt also nur darauf an, die Sachen so zu haben, als ob man sie nicht hätte. Noch künstlicher und noch cynischer ists aber, die Sachen so nicht zu haben, als ob man sie hätte.31

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31

Seins. Hardenberg konzipiert Poesie daher keineswegs als Substitut für Verstandesurteile, aber als eine Art „Medizin, mit der die chronische Krankheit, die immer neuen Wunden der Trennung und des Verfehlens wahrer Individualität, erträglich gemacht werden“; vgl. Stockinger: Poësie (wie Anm. 29), S. 72. Vor diesem Hintergrund sind etwa folgende Äußerungen zu verstehen: „Wird nicht der Fels ein eigenthümliches Du, eben wenn ich ihn anrede?“ (HKA I [1977], S. 100); „Wir sind gar nicht Ich – wir können und sollen aber Ich werden. Wir sind Keime zum Ich werden. Wir sollen alles in ein Du – in ein zweytes Ich verwandeln“ (HKA III [1983], S. 314); „Statt N[icht] I[ch] – Du“ (ebd., S. 430). Athenaeum. Eine Zeitschrift. Hg. von August Wilhelm Schlegel und Friedrich Schlegel. Berlin 1798, 1. Bd., 2. St., S. 187f. Hardenberg wusste allerdings noch nicht, dass der zweite Teil dieses an die paulinische Theologie (vgl. 1 Korinther 7,29–31) angelehnten Fragments eigentlich von Schleiermacher stammte; vgl. Friedrich Schlegel: Athenäums-Fragmente. In: Kritische

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Der Gebrauch seiner transzendentalphilosophisch disziplinierten Einbildungskraft befähigt den „Cyniker“ also zu einer gegen alle relativen Reize immunen ‚absoluten Liebe‘ (HKA II, S. 500).

4 Hardenbergs transzendentalpoetische Imitation von Eberhards politischen Theoremen In Glauben und Liebe hat Hardenberg für sein transzendentalpoetisches Romantisierungsprogramm erstmals eine ästhetische Umsetzung entwickelt, wozu ihm die Jahrbücher und besonders Eberhards Beitrag eine willkommene Repräsentationsvorlage lieferten. Die in den Jahrbüchern und bei Eberhard vorgeprägte Behauptung, dass sich im preußischen Königspaar Moral und Politik vereinen und es daher als nachzuahmendes Muster für die sittliche Vervollkommnung der Untertanen dienen könne, imitiert Hardenberg und funktioniert sie transzendentalpoetisch um: Dabei benutzt er die absolutistische Metaphorik vom aufgeklärten Souverän als sinnliche Repräsentation für die frühromantische Idee von moralischer Souveränität. Zugleich implementiert er aber bestimmte Textsignale, die den Rezipienten vor einer Verwechslung von Bildspender und Idee warnen, artikuliert also auch eine unüberbrückbare Distanz zwischen dem regulativen Postulat moralischer Souveränität und der Erfahrungswirklichkeit und gibt den Täuschungscharakter seiner symbolischen Konstruktion zu erkennen. Das wichtigste sprachliche Mittel, mithilfe dessen dieses Darstellungsprinzip in Glauben und Liebe umgesetzt wird, ist die Kombination von indikativischen Behauptungen, die das Ideal, wie bei Eberhard, als wirklich unterstellen, und konjunktivischen Fragmenten, die diese Unterstellung als solche entlarven und die Kontrafaktizität des Ideals offenlegen. Eine der bekanntesten und provokativsten dieser Behauptungen lautet: „Wer den ewigen Frieden jetzt sehn und lieb gewinnen will, der reise nach Berlin und sehe die Königin“ (HKA II, 498). Novalis imitiert hier ein in den Beiträgen der Jahrbücher und besonders bei Eberhard vorgeprägtes Muster, nämlich die augenscheinliche Sichtbarkeit von vollkommener Staatlichkeit im preußischen Königspaar, die bei Eberhard jedoch im Sinne einer tatsächlichen Identisierung konzipiert ist. Am Schluss seiner Verteidigung der wohlgeordneten Monarchie schreibt Eberhard in die Schweiz: „Sie sind mit meiner Schilderung einer wohlgeordneten Monarchie zufrieden. Das freuet mich desto mehr, m. th. Fr. da sie mir so leicht geworden ist; denn sie ist bloß die getreue Kopie von dem, was ich in meinem Vaterlande vor Augen habe.“32 Bei Eberhard liefert also gerade die Sichtbarkeit der wohlgeordneten Monarchie, ihre historische Realität, das ent-

32

Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Hg. von Ernst Behler. Unter Mitw. von Jean-Jacques Anstett und Hans Eichner. Bd. II. München, Paderborn, Wien 1967, S. 171. Eberhard: Monarchie (wie Anm. 3), S. 405.

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scheidende Überzeugungsargument.33 Er bemüht sich daher auch, das darstellungslogische Problem zu beseitigen, das sich mit dieser Argumentationsstrategie gegenüber dem fingierten Briefpartner zwangsläufig ergibt, der die preußische Monarchie in der Schweiz ja nicht sehen kann. Sein letzter Brief schließt mit der Aufforderung: Wundern Sie sich nun nicht, daß es in einer solchen Monarchie glückliche und patriotische Bürger giebt, die eben so gern für ihren König als für ihre Verfassung alles aufopfern, und um sich davon zu überzeugen, wenden Sie Ihre Augen auf das nahe Neufchatel.34

Das in der Westschweiz gelegene und zu Preußen gehörige Fürstentum Neuchâtel blieb 1798 von einem Anschluss an die ‚Helvetische Republik‘ verschont, da bereits der Frieden von Basel (1795) dessen Verbleib im Besitz Preußens geregelt hatte. Für Eberhard fungiert die preußische Enklave Neuchâtel mithin als sichtbares Zeichen der wohlgeordneten Monarchie, auf das er seinen Schweizer Briefpartner mitten in den politischen Wirren zwischen den ersten beiden Koalitionskriegen verweist. Gerade Eberhards Theorie des aufgeklärten Absolutismus und ihre sich an der vorfindlichen Wirklichkeit orientierende Argumentation dürfte Hardenberg daher einen wesentlichen Anstoß geliefert haben, diese Mischung von Staatswissenschaft, Panegyrik und popularphilosophischer Anschaulichkeit im Rahmen einer transzendentalpoetischen Konstruktion zu imitieren. Dies geht bei ihm allerdings mit der Absicht einher, die falschen Voraussetzungen des aufgeklärten Absolutismus zu eliminieren. Auch dabei fungiert Eberhards Beitrag als wichtiger Bezugspunkt, wie Hardenbergs Gebrauch genuin Eberhardscher Argumente belegt. Am markantesten ist seine Adaption von Eberhards Argumentkomplex zur Erbmonarchie. Im 15. Glauben und Liebe-Fragment schreibt Novalis: Übrigens ist auch ein geborner König besser, als ein gemachter. Der beste Mensch wird eine solche Erhebung nicht ohne Alteration ertragen können. Wer so geboren ist, dem schwindelt nicht, den überreizt auch eine solche Lage nicht. Und ist denn am Ende nicht die Geburt die primitive Wahl?35

In Eberhards Beitrag zu den Jahrbüchern findet sich die hier imitierte Argumentationslogik anschaulich vorgeprägt: „Das ist in der menschlichen Natur gegründet. Wen sogleich seine Geburt über Andere erhoben hat, der besitzt den höchsten 33

34 35

Eberhard entspricht damit der in der Frühaufklärung entwickelten Bindung von Entwürfen vollkommener Staatlichkeit an ihre Realisierbarkeit, wie eine Bemerkung am Schluss seines staatswissenschaftlichen Handbuchs illustriert: „Zu dem Entwurfe einer vollkommenen Verfassung gehört, daß sie könne ausgeführt werden; es ist nicht genug, daß sie bloß ein überirdisches Wonneleben verspreche. Ein perpetuum mobile ist eine schöne Sache; nur Schade, daß es der menschlichen Kunst nicht möglich ist. Wer würde aber alle seine Maschinen zerbrechen, in der Hoffnung eine jede als ein perpetuum mobile wieder aufzubauen?“ Vgl. Eberhard: Staatsverfassung (wie Anm. 4), H. 2 (1794), S. 135. Eberhard: Monarchie (wie Anm. 3), S. 414. HKA II (1981), S. 487f.

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Rang ohne Genuß und sieht sich darinn ohne Stolz“.36 Nach Eberhard gilt die Erbmonarchie gerade deshalb als vernünftigste Staatsverfassung, weil jene durch die dynastische Erbfolge bedingte, unverletzbare monarchische Personalunion zwischen Eigen- und Staatsinteresse den Erbmonarchen zum „Muster sittlicher Vollkommenheit“37 und zum Agenten der Vervollkommnung qualifiziert, denn er repräsentiert insofern die Zusammenstimmung der mannigfaltigen Interessen und kann und soll den Untertanen daher „zum Gegenstande der Nachahmung, der Verehrung, der Liebe und Bewunderung dienen“.38 Allerdings – und darauf hebt Hardenbergs frühromantische Imitation dieses Konstrukts ab – basiert auch Eberhards Modell auf dem in der frühneuzeitlichen Staatslehre tradierten Nexus zwischen Selbstliebe und Geselligkeit. Bei Eberhards wohlgeordneter Monarchie wird nicht nur die Kopplung von Eigen- und Staatsinteresse mithilfe des naturrechtlichen Selbstliebekonzepts begründet, sondern auch die Bindung des Volkes an die regierende Oberschicht. In seinem Aufsatz zur wohlgeordneten Monarchie ist Eberhard überzeugt, daß die Befriedigung der Eigenliebe und der Eitelkeit durch die völlige Ebenung leiden müsse, dieser Genuß, der nicht ohne Süßigkeit ist, zu dem Umgange der Höhern zugelassen zu werden. Denn auch dieser hat, wie Alles, seine Guten Seiten. Er hat, was auch eine vielleicht zu strenge Moral dagegen sagen mag, doch wenigstens die vortheilhafte Wirkung, daß diese Glücklichen von den Höhern lernen können, indem sie ihre feinern Sitten annehmen.39

Genau diese selbstrechtfertigende Konstruktion des vermeintlich aufgeklärten Absolutismus gerät ins Fadenkreuz von Hardenbergs Kritik: „Das Prinzip des alten berühmten Systems ist, jeden durch Eigennutz an den Staat zu binden. Die klugen Politiker hatten das Ideal eines Staats vor sich, wo das Interesse des Staats, eigennützig, wie das Interesse der Unterthanen“ ist, so „daß beide einander wechselseitig beförderten. […] Indeß ist durch diese förmliche Aufnahme des gemeinen Egoismus, als Prinzip, ein ungeheurer Schade geschehn und der Keim der Revolution unserer Tage liegt nirgends, als hier.“40 36

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Eberhard: Monarchie (wie Anm. 3), S. 401. In seinem staatswissenschaftlichen Handbuch behauptet Eberhard zudem, „daß auch das blinde Glück der Geburt eben so gut zu entscheiden pflege, als das oft noch blindere Glück einer nicht immer ganz freyen Wahl“; vgl. Eberhard: Staatsverfassung (wie Anm. 4), H. 1 (1793), S. 112. Ebd., H. 2 (1794), S. 133. Ebd. Eberhard: Monarchie (wie Anm. 3), S. 411f. HKA II (1981), S. 494f. Die Forschung zu Glauben und Liebe ist sich uneins darüber, was genau Hardenberg mit dem ‚alten berühmten System‘ meint: Hans-Wolfgang Kuhn bezieht die Bemerkung auf den Merkantilismus, Rolf-Peter Janz auf den Liberalismus nach Adam Smith und Ulrich Stadler auf den Physiokratismus nach François Quesnay; vgl. Hans-Wolfgang Kuhn: Der Apokalyptiker und die Politik. Studien zur Staatsphilosophie des Novalis. Freiburg/Br. 1961, S. 187; Rolf-Peter Janz: Autonomie und soziale Funktion der Kunst. Studien zur Ästhetik von Schiller und Novalis. Stuttgart 1973, S. 185; Ulrich Stadler: Die theuren Dinge. Studien zu Bunyan, Jung-Stilling und Novalis. Bern, München 1980, S. 325 u. 327. Allerdings sind diese Assoziationen wohl zu eingeschränkt, eher liegt es nahe, dass Hardenberg

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Mit welcher Motivation imitiert Hardenberg aber dann ausgerechnet die seiner Kritik anheim gefallenen Argumentationsmuster der frühneuzeitlichen Staatslehre in der Gestalt einer Theorie des aufgeklärten Absolutismus? Was Hardenberg an Eberhards Erbmonarchie-Konzeption und dem damit verbundenen Modell sittlicher Erziehung interessiert, ist die besondere Symboleignung, die sich aus der repräsentativen Unabhängigkeit des Erbmonarchen ergibt. Dessen Autonomie beruht jedoch Novalis zufolge nur auf dem Glauben „an ein Wesen, was zur Menschheit, aber nicht zum Staate gehört“ (HKA II, S. 489). Eberhard entwirft die Erbmonarchie und ihre moralisierende Wirkung demnach nur als eine „Glaubensconstruction“ (HKA II, S. 387), gibt diese jedoch als ‚wahrhafte Repräsentationen‘, als ‚Kopie‘ der Wirklichkeit aus. Als transzendentalpoetisches ‚Erziehungsmittel‘ taugt die Erbmonarchie dagegen lediglich dann, wenn Bild und Idee nicht verwechselt werden. Ganz ausdrücklich warnt Novalis vor einer ‚identisierenden‘ Fehllektüre seiner Fragmentsammlung: „Wer hier mit seinen historischen Erfahrungen angezogen kömmt, weiß gar nicht, wovon ich rede, und auf welchem Standpunct ich rede; dem sprech ich arabisch“ (HKA II, S. 488). Dementgegen versucht die Theorie des aufgeklärten Absolutismus aber gerade der historischen Wirklichkeit einen politischen Entwurf aufzuprägen, wie Eberhards Behauptung, die wohlgeordnete Monarchie täglich vor Augen zu haben, beweist. Deshalb ist sie auch gezwungen, unleugbare Erfahrungstatsachen wie die menschliche Selbstbezogenheit zu berücksichtigen und ihnen etwa als ‚wohlgeordnete Selbstliebe‘ eine politische und moralische Funktion zuzuweisen. Nach Hardenberg hingegen darf die historische Erfahrung aber gerade nicht zum Bezugspunkt politischer und moralischer Ideen dienen, sondern nur als Bildspender, als „Gedankenreiz“ (HKA II, S. 485), der die Differenz zwischen Wirklichkeit und Idee bewusst macht und zugleich eine vorläufige Versinnlichung des sich immer wieder entziehenden Absoluten liefert. Während das sittliche Muster des Erbmonarchen, Eberhard zufolge, von den Untertanen aus egoistischen Motiven nachgeahmt wird, nämlich weil es die Eitelkeit erzeugt, zum ‚Umgange der Höhern zugelassen zu werden‘, entwirft Novalis den König als den „mystische[n] Souverain“ (HKA II, S. 487), als den „sichtbare[n] Geist [des Volks]“ (HKA II, S. 444). Um ihn bildet sich eine belebende „Lichtatmosphäre“, so dass die „Äußerungen des Staatsbürgers in der Nähe des Königs […] glänzend, und so poetisch als möglich“ (HKA II, S. 488) werden. Novalis’ ‚mystischer Souverain‘ soll die Staatsbürger also zur transzendentalpoeti-

sich hier auf die naturrechtliche Idee des ‚wohlverstandenen Interesses‘ bezieht, die, wie u.a. Vollhardt gezeigt hat, Eingang in den Physiokratismus, Merkantilismus sowie die aufklärerische Moraldidaktik findet und im späten 18. Jahrhundert von der liberalen Wirtschaftstheorie beerbt wird. In diesem globalen Anspielungsrahmen verstehen auch Klaus Peter und Hermann Kurzke die Passage; vgl. Klaus Peter: Stadien der Aufklärung. Moral und Politik bei Lessing, Novalis und Friedrich Schlegel. Wiesbaden 1980, S. 85–93; Kurzke: Romantik (wie Anm. 8), S. 140–143.

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schen Selbsthervorbringung reizen und die unendliche, freie Tätigkeit und moralische Souveränität in ihnen aktivieren. Durch Hardenbergs Imitation des Erziehungsauftrages, der sich in Eberhards Theorie des aufgeklärten Absolutismus mit dem Erbmonarchen verbindet, wird dieser zum Bild für die frühromantische Idee von vollständiger Individualität als unendlicher Selbstvermittlung und ‚Selbsthervorbringung‘. Der ‚mystische Souverain‘ symbolisiert insofern das in jedem Einzelnen veranlagte selbständige und selbstbestimmte, moralische Wesen. Erfahren kann der Einzelne diese moralische Souveränität aber nur im Gebrauch der transzendentalphilosophisch disziplinierten Einbildungskraft bzw. nur durch seine unendliche freie Tätigkeit: Nur indem man sich, wie Hardenberg, beispielsweise im preußischen König ein transzendentalpoetisches Symbol für die Idee vollständiger Individualität konstruiert, versichert man sich, dass man diese Idee in sich trägt. Hardenbergs Entscheidung für die preußische Monarchie ist allerdings keineswegs beliebig und besitzt nicht nur eine transzendentalpoetische, sondern auch eine ,politische‘ Bedeutung, die sich direkt an die transzendentalpoetische anschließt: Mit der Imitation bestimmter Argumentschleifen aus Eberhards Aufsatz unterstreicht Hardenberg nachdrücklich, dass er den Grundgedanken seiner ‚poëtischen Ethik‘ und seines transzendentalpoetischen Erziehungskonzepts schon in der Theorie des aufgeklärten Absolutismus vorgebildet sieht. Diese basiert für Hardenberg allerdings auf der falschen ethischen Voraussetzung einer wohlgeordneten Selbstliebe und bedient sich des christlichen Caritas-Gedankens nur, um die sittliche und politische Funktionalisierung menschlicher Selbstbezogenheit zu rechtfertigen, aber nicht als eine Idee, um sie zu überwinden. Als Sittlichkeitsideal eignet sich nach Hardenberg aber gerade nicht das Selbstliebe-Konzept, sondern ausschließlich die „[u]neigennützige Liebe im Herzen und ihre Maxime im Kopf“ (HKA II, S. 495). Mit der transzendentalpoetischen Imitation des panegyrischen Bildes vom preußischen Königspaar führt er insofern die Fundamentalaporie eines sich aufgeklärt gebenden Absolutismus vor Augen, wie Eberhard ihn konzipiert: Diese besteht darin, dass der Gedanke sittlicher Erziehung selbstrechtfertigend zum Staatszweck erhoben, dabei aber verschwiegen wird, dass eine fortschreitende sittliche Vervollkommnung der Staatsbürger den Staat letzten Endes überflüssig machen müsste.41 Novalis bringt diese Aporie zum Ausdruck, wenn er postuliert: „Alle 41

Zu dieser für den aufgeklärten Absolutismus charakteristischen Aporie in Eberhards politischer Theorie vgl. Friedrich Vollhardt: Die Kritik der anthropologischen Begründung barocker Staatsphilosophie in der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts (J. M. v. Loen und J. A. Eberhard). In: Klaus Garber (Hg.): Europäische Barock-Rezeption. Wiesbaden 1991, S. 377– 395, hier S. 394f. Die These einer dem aufgeklärten Absolutismus inhärenten Widerspruchsstruktur geht bekanntermaßen zurück auf Karl Otmar Freiherr von Aretin: Einleitung. In: Ders. (Hg.): Der aufgeklärte Absolutismus. Köln 1974, S. 11–51. Aretin geht davon aus, dass Aufklärung und Absolutismus sich in letzter Konsequenz ausschließen: „Das Bündnis zwischen beiden war daher ein Bündnis auf Zeit, das so nur in einer bestimmten Situation möglich war. Der Aufgeklärte Absolutismus trug daher im Gegensatz zum Absolutismus und zur konstituti-

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Menschen sollen thronfähig werden. Das Erziehungsmittel zu diesem fernen Ziel ist ein König“ (HKA II, S. 489). Hardenbergs Insistieren auf einer Veröffentlichung in den Jahrbüchern – und nicht etwa in der programmatischen Zeitschrift der Frühromantik, dem Athenäum – unterstreicht daher sein eigenwilliges Anliegen, die Theorie des aufgeklärten Absolutismus durch eine Romantisierung ihrer Argumente zu „reformieren“ und ihre Aporien aufzudecken. Wie sehr er dabei bemüht war, besonders auf Eberhards Artikel zu reagieren, zeigen schlussendlich auch die ‹Politischen Aphorismen›, jener dritter und letzte Teil der Fragmentsammlung, den die königliche Zensur der zeitgenössischen Rezeption vorenthielt. In diesen 1846 erstgedruckten Fragmenten versucht Novalis in einer diskursiven Argumentation zu demonstrieren, dass seine Glaubenskonstruktion einer ‚ächten Monarchie‘ mit der Theorie des aufgeklärten Absolutismus durchaus kompatibel ist, sobald man letztere von ihren ethisch-bedenklichen Voraussetzungen befreit. In Anlehnung an den fingierten Briefdialog in Eberhards Beitrag konzipiert er die Schlussfragmente der ‹Politischen Aphorismen› daher auch als einen Dialog, bei dem ein Sprecher A einem Sprecher B im anschaulichen Ton der Popularphilosophie die Vorteile der Monarchie auseinandersetzt.42 Zudem reaktiviert er hier eines der frühkonservativen Standardargumente gegen die repräsentative Demokratie, nämlich die Behauptung, dass die Volksmehrheit „nicht die Vortrefflichsten, sondern im Durchschnitt nur die Bornirtesten und Weltklügsten“ (HKA II, S. 502) wählt. Diese Polemik gegen die repräsentative Demokratie dient bei Hardenberg allerdings nur dazu, seinen frühromantischen Repräsentationsbegriff vom demokratischen Repräsentationsprinzip abzugrenzen: Der Volksrepräsentant soll eben nicht demokratisch gewählt werden, sondern ist das potenzierte ‚transcendentale Selbst‘ (HKA II, S. 425) seiner Bür-

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onellen Monarchie den Keim der Überwindung in sich“; ebd., S. 43. So plausibel Aretins These auch ist, so setzt sie doch einige problematische Annahmen über politischen Wandel voraus, die inzwischen kritisch hinterfragt worden sind; vgl. u.a. Andreas Gestrich: Die Grenzen des aufgeklärten Absolutismus. In: Harm Klueting, Helmut Reinalter (Hg.): Der aufgeklärte Absolutismus im europäischen Vergleich. Wien, Köln, Weimar 2002, S. 275–289. Gestrich widerspricht insbesondere Aretins Behauptung, dass der dem aufgeklärten Absolutismus inhärente Widerspruch als Agens des historischen Wandels zu verstehen sei. Ob Widersprüche in politisch-gesellschaftlichen Systemen zum Faktor von Instabilität und Wandel werden, hat Gestrich zufolge hauptsächlich soziale oder mentalitätsgeschichtliche Gründe; ebd., S. 285. Bei der Theorie des aufgeklärten Absolutismus handelt es sich um ein Phänomen, das sich dem politischen Denken der Frühaufklärung verdankt und auch auf deren anthropologischen Prämissen fußt. Der jungen Generation der nach 1770 Geborenen waren diese Prämissen nicht mehr ohne weiteres kommunizierbar, und erst dieser mentalitätsgeschichtliche Wandel habe nach Gestrich die Widersprüche in der Theorie des aufgeklärten Absolutismus hervor getrieben. Mit Blick auf Hardenbergs transzendentalpoetische Imitation von Eberhards politischer Theorie lässt sich zudem zeigen, dass dieser Wandel sich entgegen der zeitgenössischen Polemik nicht als Bruch oder radikale ,Wende‘ ereignete, sondern die ,alten‘ Theorieangebote von der jungen Frühromantikergeneration gezielt als Anknüpfungspunkte benutzt wurden. Die Theorie des aufgeklärten Absolutismus und die Frühromantik können und müssen insofern gleichermaßen als Phänomene der ,Sattelzeit‘ verstanden werden. Vgl. dazu Kurzke: Romantik (wie Anm. 8), S. 185–191.

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ger, das in jedem Einzelnen angelegte ‚bessre Selbst‘ (HKA IV, S. 40) unendlicher freier Tätigkeit, dessen man sich durch den Gebrauch der Einbildungskraft und die Konstruktion symbolischer Repräsentationen ‚bemächtigen‘ (HKA II, S. 425) soll, um ‚thronfähig‘ zu werden. Resümierend kann man festhalten, dass der mikroskopische Blick auf ein scheinbar unbedeutendes kulturgeschichtliches Detail zeigt, in welcher komplexen Gemengelage sich die verschiedenen literarischen, philosophischen und politiktheoretischen Normensysteme am Ausgang des 18. Jahrhunderts befinden. Allzu schnell lässt man sich allerdings von der Polemik der beteiligten Zeitgenossen darüber hinwegtäuschen, dass es eine zwar kritische, dennoch aber auch anknüpfend-fortführende und integrative Auseinandersetzung zwischen Frühromantik und popularphilosophischer Aufklärung durchaus gab. An Hardenbergs frei-variierendem Umgang mit Eberhards popularphilosophisch-anschaulicher Theorie der Erbmonarchie zeigt sich, dass die Epochengrenzen in den 1790er Jahren allenfalls für die zeitgenössische Polemik entlang der Opposition ‚popular‘ und ‚transzendental‘ oder Aufklärung und Frühromantik verlaufen, bei genauerem Hinschauen oft aber deutlich durchlässiger sind.